Nachtrag zu Dalcke, Strafrecht und Strafverfahren [30. Aufl., Reprint 2022] 9783112639429

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Nachtrag zu Dalcke, Strafrecht und Strafverfahren [30. Aufl., Reprint 2022]
 9783112639429

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Nachtrag zu

Dalcke

Strafrecht und Strafverfahren 30. Auflage

1939 I. Schweitzer Verlag, Berlin u. München

Inhalt. Seite

1. VO. über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich vom 20. Juni 1938 3 2. VO. zur Durchführung der VÖ. über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich vom 20. Juni 1938 ................................................. 5 3. Allgemeine Bestimmungen für die Anwendung von Straf­ vorschriften des Deutschen Reiches im Lande Österreich (Strafenanpassungsverordnung) vom 8. Juli 1938 ... 7 4. VO. über die Einführung strafrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich vom 23. Januar 1939 ............................................ 10 5. VO. über die Einführung des deutschen Strafrechts, der deutschen Gerichtsverfassung und anderer Gesetze in den sudeten­ deutschen Gebieten vom 16. Januar 1939 ........................... 11 6. Nachträge zu den einzelnen Paragraphen des StGB. ... 17 7. VO. zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände vom 25. Juni 1938 ....................................................................... 29 8. Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen vom 22. Juni 1938 32 Nachträge (Gesetzestexte): „ B II 7: 4. Krankenpflegeordnung.........................................36 „ B II7: 5. Heilpraktikergesetz........................................... 37 „ Bill4: b) VO. über den Schutz derFeiertage .... 38 „ BIII9: Zweite BO. zur Durchführungdes Waffengesetzes 38 VO. gegen den Waffenbesitz der Juden.... 39 VO. über die Einführung des deutschen Waffen­ rechts im Lande Österreich....................................... 39 VO. über die Einführung des deutschen Waffen­ rechts in den sudelendeutschen Gebieten . . 40 „ BIV 1: Hebammengesetz.................................................................. 42 Gesetz zur Änderung der Gelverbeordnung für das Deutsche Reich................................................... 43 VO. zur Abänderung des § 56 a GewO. ... 46 „ B V5: Gesetz über die Devisenbewirtschaftung .... 48 „ BVI6: Arbeilszeitordnung............................ .’.... 81 AussVÖ. zur Arbeitszeitordnung........................ 93 „ B VI7: Jugendschutzgesetz..................................................101 „ B VII2: Gesetz über Aus- und Einfuhrverbote .... 115 „ BIX 7,2.: Zweite VO. zur Durchs. des.Schwarzsenderges. 119 „ C II: VO. über die Rechtspflege in Österreich . . . 121 VO. über die Ausbildung des Richteramtes usw. 121 BO. zur vorläufigen Rechtspflege usw. ... 121 VO. zur weiteren Überleitung der Rechtspflege usw. 122 „ C 14: VO. über die Erweiterung der Zuständigkeit der Sondergerichte........................................................... 126 BO. über das Verfahren in erster Instanz usw. 127 Nachträge zu den einzelnen Paragraphen der StPÖ.........................129 „ D 3: VO. über die Strafverfolgung usw. ........ 134 „ D 4: 1. Regelung des Gnadenverfahrens im Lande Österreich 134 2. Handhabung der Vorschriften über das Verfahren in Gnadensachen in den sudetendeutschen Gebieten 136 „ D 8: Ausländerpoltzeiverordnung.................................................137 „ E4: Gesetz über die Schulpflicht im Deutschen Reich . . 145 Übersichtstabelle........................................................................................... 151

Zv A 2. 1. Unordnung über die Ginführnng -er Uorschristen über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich. Vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640). Auf Grund des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 (RGBl. I S. 237) wird folgendes verordnet: § 1. Für das Land Österreich gelten a) die §§ 80 bis 93a, 102 und 143 a des Reichsstrafgesetzbuchs, b) die §§ 49a und 139 des Reichsstrafgesetzbuchs, soweit sie sich auf Hochverrat oder Wehrmittelbeschädigung, der § 139 über­ dies, soweit er sich auf Landesverrat bezieht. § 2. Für Taten, die nach den angeführten Vorschriften strafbar sind, gelten die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Reichs­ strafgesetzbuchs und, wenn einer der Täter oder Teilnehmer ein Jugendlicher ist, die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Deut­ schen Jugendgerichtsgesetzes. Sie finden auch Anwendung, wenn die Tat zugleich den Tatbestand eines anderen Strafgesetzes erfüllt. § 3. (1) Zur Aburteilung der im § 1 bezeichneten Verbrechen und Vergehen ist der Volksgerichtshof zuständig, soweit nicht die Militärgerichtsbarkeit begründet ist. (2) Bei Taten, die nach §§ 82, 83, 85, 90b bis 90e oder 92a bis 92f des Reichsstrafgesetzbuchs strafbar sind, kann der Oberreichs­ anwalt beim Volksgerichtshof die Strafverfolgung an den Oberstaats­ anwalt bei dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien abgeben. Das» selbe gilt in den Fällen des § 49a und des § 139 des Reichsstrafgesetzbuchs, soweit sie sich auf Hochverrat, Landesverrat oder Wehrmittel­ beschädigung beziehen. (3) In den im Abs. 2 bezeichneten Strafsachen kann der Volks­ gerichtshof die Verhandlung und Entscheidung dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien überweisen, wenn es der Oberreichsanwalt bei der Einreichung der Anklageschrift beantragt.

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Nachtrag zu A 2.

(4) Der Oberreichsanwalt kann die Abgabe und den Antrag bis zur Eröffnung der Untersuchung zurücknehmen. § 4. In Strafsachen wegen der im § 1 bezeichneten Verbrechen und Vergehen gilt für die Untersuchung und Entscheidung, soweit nichts anders bestimmt ist, das reichsrechtliche Verfahrensrecht.

§ 5. In Strafsachen, die zur Zuständigkeit des Volksgerichtshofs gehören, sind die Sicherheitsbehörden, Staatsanwälte und Straf­ gerichte im Lande Österreich verpflichtet, bei Gefahr im Verzüge nach den für sie geltenden Verfahrensgesetzen alle Handlungen vor­ zunehmen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes, zur Festhaltung des Beschuldigten oder zur Sicherung von Gegenständen dienen können, die zur Begehung einer der im § 1 bezeichneten Handlungen gebraucht oder bestimmt sind. Von dem Veranlaßten haben sie unverzüglich den Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof in Kenntnis zu setzen; die weitere Verfügung steht dem Oberreichsanwalt zu. § 6. Fällt dem Beschuldigten außer einem Verbrechen oder Vergehen, das zur Zuständigkeit des Volksgerichtshofs gehört, noch eine andere selbständige Straftat zur Last, so hat sich das Verfahren vor dem Volksgerichtshof oder dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien auf die zu ihrer Zuständigkeit gehörenden strafbaren Handlungen zu beschränken.

§ 7. (1) Erachtet ein Gericht im Lande Österreich, daß die der Anklage zugrunde liegenden Tatsachen an sich oder in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgetretenen Umständen die Zuständigkeit des Volksgerichtshofs begründen, so beschließt es, diesem die Sache vorzulegen. Das Gericht muß so verfahren, wenn der Staatsanwalt es beantragt. (2) Solange die Hauptverhandlung nicht angeordnet ist, kann der Volksgerichtshof mit Zustimmung des Oberreichsanwalts die Sache an das Gericht zurückgeben; dieses darf sie nicht weiter wegen Zuständigkeit des Volksgerichtshofs von sich abweisen. In den Fällen des § 3 Abs. 2 kann der Volksgerichtshof mit Zustimmung des Ober­ reichsanwalts die Verhandlung und Entscheidung dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien überweisen. (3) Gegen einen Beschluß nach Abs. 1 findet kein Rechtsmittel

statt.

§ 8. (1) Hat jemand nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung auf Grund eines im Lande Österreich ergangenen Urteils eine Frei­ heitsstrafe zu verbüßen und wäre die Anordnung der Sicherungs­ verwahrung zulässig gewesen, wenn die Vorschrift des § 93 des Reichs­ strafgesetzbuchs schon bei der Aburteilung gegolten hätte, so kann der

Nachtrag zu A 2.

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Volksgerichtshof auf Antrag des Oberreichsanwalts ohne Rücksicht auf die Zeit der Begehung der strafbaren Handlung nachträglich die Sicherungsverwahrung anordnen. (2) Der Antrag kann nur gestellt werden, solange die Strafe nicht verbüßt oder nachgesehen oder der Verurteilte bedingt entlassen worden ist. (3) Auf das Verfahren findet § 429 b Abs. 1, 2 der ReichsstrafProzeßordnung sinngemäß Anwendung.

§ 9. (1) Diese Verordnung tritt mit dem 1. Juli 1938 in Kraft; sie findet, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 8), auf Taten An­ wendung, die nach dem 13. März 1938 begangen worden sind. (2) Gleichzeitig verlieren die §§ 58 bis 62, § 65 Abs. 1 Buchstabe a und die §§ 66 und 67 des österreichischen Strafgesetzbuchs, ferner Artikel I der österreichischen Strafgesetznovelle vom 17. Dezember 1862 (RGBl. 8/1863) ihre Wirksamkeit. § 10. Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Durchführung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

2. Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich. Vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 641). Auf Grund des § 10 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) wird verordnet: § 1. Strafsachen, für die der Volksgerichtshof oder der Gerichts­ hof zweiter Instanz in Wien auf Grund des § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) zuständig ist, sind bei diesen Ge­ richten besonderen Senaten zuzuweisen. § 2. Für den Volksgerichtshof ist eine entsprechende Anzahl ehrenamtlicher Mitglieder aus dem Lande Österreich zu bestellen. § 3. (1) Die Strafsenate des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien entscheiden in Strafsachen wegen der im § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 bezeichneten strafbaren Handlungen in der Haupt­ verhandlung in der Besetzung von fünf, außerhalb der Hauptver­ handlung in der Besetzung von drei Berufsrichtern, einschließlich des Vorsitzenden. (2) In den vom Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof an den Oberstaatsanwalt beim Gerichtshof zweiter Instanz in . Wien

Nachtrag zu A 2.

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Volksgerichtshof auf Antrag des Oberreichsanwalts ohne Rücksicht auf die Zeit der Begehung der strafbaren Handlung nachträglich die Sicherungsverwahrung anordnen. (2) Der Antrag kann nur gestellt werden, solange die Strafe nicht verbüßt oder nachgesehen oder der Verurteilte bedingt entlassen worden ist. (3) Auf das Verfahren findet § 429 b Abs. 1, 2 der ReichsstrafProzeßordnung sinngemäß Anwendung.

§ 9. (1) Diese Verordnung tritt mit dem 1. Juli 1938 in Kraft; sie findet, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 8), auf Taten An­ wendung, die nach dem 13. März 1938 begangen worden sind. (2) Gleichzeitig verlieren die §§ 58 bis 62, § 65 Abs. 1 Buchstabe a und die §§ 66 und 67 des österreichischen Strafgesetzbuchs, ferner Artikel I der österreichischen Strafgesetznovelle vom 17. Dezember 1862 (RGBl. 8/1863) ihre Wirksamkeit. § 10. Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Durchführung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

2. Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich. Vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 641). Auf Grund des § 10 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) wird verordnet: § 1. Strafsachen, für die der Volksgerichtshof oder der Gerichts­ hof zweiter Instanz in Wien auf Grund des § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) zuständig ist, sind bei diesen Ge­ richten besonderen Senaten zuzuweisen. § 2. Für den Volksgerichtshof ist eine entsprechende Anzahl ehrenamtlicher Mitglieder aus dem Lande Österreich zu bestellen. § 3. (1) Die Strafsenate des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien entscheiden in Strafsachen wegen der im § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 bezeichneten strafbaren Handlungen in der Haupt­ verhandlung in der Besetzung von fünf, außerhalb der Hauptver­ handlung in der Besetzung von drei Berufsrichtern, einschließlich des Vorsitzenden. (2) In den vom Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof an den Oberstaatsanwalt beim Gerichtshof zweiter Instanz in . Wien

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Nachtrag zu A 2.

abgegebenen Strafsachen trifft der Gerichtshof auch die im § 73 Abs. 1 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Entscheidungen.

§ 4. Für die Zuziehung von Hilfsrichtern gelten für den Gerichts­ hof zweiter Instanz in Wien sinngemäß die Bestimmungen des § 6 des Gesetzes über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936 (RGBl. I S. 369) und des § 11 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936(RGBl. IS. 398). § 5. (1) Bei den Gerichtshöfen erster Instanz, in Wien bei dem Landesgericht für Strafsachen Wien I, werden aus dem Kreise der Richter dieser Gerichtshöfe für die im vorbereitenden Verfahren nach reichsrechtlichem Verfahrensrecht dem Amtsrichter obliegenden Ge­ schäfte ein oder mehrere besondere Ermittlungsrichter bestellt. Sie sind in dieser Verwendung als Richter des Volksgerichtshofs, wenn die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien begründet ist, als Richter dieses Gerichts anzusehen. (2) Personen, die wegen Verdachts einer der im 8 1 der Ver­ ordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) bezeichneten straf­ baren Handlungen in Verwahrung genommen werden, sind statt an den nach österreichischem Verfahrensrecht zuständigen Untersuchungs­ richter an den Ermittlungsrichter abzuliefern. (3) Über die Beschwerde gegen eine Verfügung des Ermittlungs­ richters entscheidet der Volksgerichtshof, wenn die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien begründet ist, dieser. § 6. (1) Die Beschlagnahme von Gegenständen, die zur Be­ gehung einer zur Zuständigkeit des Volksgerichtshofs gehörenden strafbaren Handlung gebraucht oder bestimmt sind, insbesondere von Druckwerken, durch deren Inhalt der Tatbestand einer solchen Hand­ lung begründet wird, unterliegt keinen Beschränkungen. Sie bleibt, wenn sie nicht wieder aufgehoben wird, wirksam, bis das eingeleitete Verfahren endgültig beendet ist. (2) Ist die Beschlagnahme ohne richterliche Anordnung erfolgt, so kann der Betroffene jederzeit die Entscheidung des Ermittlungs­ richters begehren. Hebt der Ermittlungsrichter die Beschlagnahme auf, so hat eine Beschwerde des Oberreichsanwalts beim Volks­ gerichtshof oder des Oberstaatsanwalts beim Gerichtshof zweiter Instanz in Wien aufschiebende Wirkung. § 7. Bestellte Verteidiger (§ 140 Abs. 1 der Reichsstrafprozeß­ ordnung) werden nach den reichsrechtlichen Vorschriften entschädigt. Sie erhalten jedoch in Strafsachen wegen strafbarer Handlungen, die im bisherigen Reichsgebiet nicht zur Zuständigkeit des Volksgerichts­ hofs gehören, für die Verteidigung in der Hauptverhandlung 40 RM. und für die Verteidigung im Vorverfahren 20 RM.

Nachtrag zu A 2.

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§ 8. In Strafsachen wegen der im § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) bezeichneten strafbaren Handlungen richten sich die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen und Dol­ metscher nach den im Lande Österreich geltenden Vorschriften, sofern sich diese Personen im Lande Österreich aufhalten und dort vernommen oder verwendet werden.

3. Allgemeine Kestimmungen für -ie Anwendung von

Strafvorschristen -es Deutschen Reichs im Lande Österreich. (Strafenanpassungsversr-nung.)

Bom 8. Juli 1938 (RGBl. I S. 844). Auf Grund des Artikels III des Gesetzes über die Wiederver­ einigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 (RGBl. I S. 237) wird über die Anwendung der in Gesetzen oder Verordnungen des Deutschen Reichs enthaltenen Strafvorschriften, deren Geltung sich auf das Land Österreich erstreckt, folgendes verordnet:

Artikel I. § 1. Die allgemeinen Vorschriften des österreichischen Landesrechts sind sinngemäß auch auf Handlungen anzuwenden, die in einer im Lande Österreich geltenden Strafvorschrift des Deutschen Reichs mit Strafe bedroht sind, soweit nicht in dieser Verordnung oder in sonstigen Vorschriften ein anderes bestimmt ist. § 2. Strafbar sind nur vorsätzliche Handlungen, soweit sich aus der Sttafvorschrift nichts anderes ergibt. § 3. (1) Ist in der Strafvorschrift Zuchthaus, Gefängnis oder Haft angedroht, so ist im Lande Österreich auf diese Strafarten zu erkennen. (2) Ist danach auf Zuchthaus, Gefängnis oder Haft erkannt oder zu erkennen, so ist im Sinne der im Lande Österreich geltenden Vor­ schriften gleichzuhalten: Zuchthaus der Strafe des schweren Kerkers, Gefängnis der Strafe des strengen Arrestes, Haft der Strafe des Arrests. § 4. (1) Wo die Sttafvorschrift nicht ausdrücklich lebenslange Zuchthausstrafe androht, ist diese Freiheitsstrafe eine zeitige. (2) Soweit in der Sttafvorschrift kein besonderes Höchst- oder Mindestmaß bestimmt ist, beträgt: a) bei zeitigem Zuchthaus das Mindestmaß ein Jahr, das Höchstmaß fünfzehn Jahre,

Nachtrag zu A 2.

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§ 8. In Strafsachen wegen der im § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) bezeichneten strafbaren Handlungen richten sich die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen und Dol­ metscher nach den im Lande Österreich geltenden Vorschriften, sofern sich diese Personen im Lande Österreich aufhalten und dort vernommen oder verwendet werden.

3. Allgemeine Kestimmungen für -ie Anwendung von

Strafvorschristen -es Deutschen Reichs im Lande Österreich. (Strafenanpassungsversr-nung.)

Bom 8. Juli 1938 (RGBl. I S. 844). Auf Grund des Artikels III des Gesetzes über die Wiederver­ einigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 (RGBl. I S. 237) wird über die Anwendung der in Gesetzen oder Verordnungen des Deutschen Reichs enthaltenen Strafvorschriften, deren Geltung sich auf das Land Österreich erstreckt, folgendes verordnet:

Artikel I. § 1. Die allgemeinen Vorschriften des österreichischen Landesrechts sind sinngemäß auch auf Handlungen anzuwenden, die in einer im Lande Österreich geltenden Strafvorschrift des Deutschen Reichs mit Strafe bedroht sind, soweit nicht in dieser Verordnung oder in sonstigen Vorschriften ein anderes bestimmt ist. § 2. Strafbar sind nur vorsätzliche Handlungen, soweit sich aus der Sttafvorschrift nichts anderes ergibt. § 3. (1) Ist in der Strafvorschrift Zuchthaus, Gefängnis oder Haft angedroht, so ist im Lande Österreich auf diese Strafarten zu erkennen. (2) Ist danach auf Zuchthaus, Gefängnis oder Haft erkannt oder zu erkennen, so ist im Sinne der im Lande Österreich geltenden Vor­ schriften gleichzuhalten: Zuchthaus der Strafe des schweren Kerkers, Gefängnis der Strafe des strengen Arrestes, Haft der Strafe des Arrests. § 4. (1) Wo die Sttafvorschrift nicht ausdrücklich lebenslange Zuchthausstrafe androht, ist diese Freiheitsstrafe eine zeitige. (2) Soweit in der Sttafvorschrift kein besonderes Höchst- oder Mindestmaß bestimmt ist, beträgt: a) bei zeitigem Zuchthaus das Mindestmaß ein Jahr, das Höchstmaß fünfzehn Jahre,

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Nachtrag zu A 2.

b) bei Gefängnis das Mindestmaß einen Tag, das Höchstmaß fünf Jahre, c) bei Haft das Mindestmaß einen Tag, das Höchstmaß sechs Wochen, d) bei Geldstrafe, deren Höchstbetrag mit einhundertfünfzig Reichs­ mark festgesetzt ist, der Mindestbetrag eine Reichsmark, bei anderen Geldstrafen der Mindestbetrag drei Reichsmark, der Höchstbetrag, sofern nicht Geldstrafe in unbeschränkter Höhe oder eine nach dem Werte eines Gegenstandes zu bestimmende Geldstrafe an­ gedroht ist, zehntausend Reichsmark, und wenn die Tat aus Ge­ winnsucht begangen ist, einhunderttausend Reichsmark. § 5. (1) Im Sinne des österreichischen Landesrechts gilt 1. eine mit dem Tode oder mit Zuchthaus bedrohte Handlung: als Verbrechen, 2. eine Handlung, die a) mit Gefängnis schlechthin oder mit Gefängnis von mehr als sechs Monaten bedroht ist: als Vergehen, b) mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe über einhundertfünfzig Reichsmark bedroht ist: als Übertretung, sofern sie nicht ausdrücklich als Vergehen erklärt ist, 3. eine mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bedrohte Handlung: als Übertretung. (2) Handlungen der im Abs. 1 Nr. 2 b bezeichneten Art gehören zur gerichtlichen Zuständigkeit, sofern nicht die Rechtseinführungs­ vorschrift sie ausdrücklich zu Verwaltungsübertretungen erklärt. Handlungen der im Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Art gehören nur dann zur gerichtlichen Zuständigkeit, wenn die Rechtseinführungsvorschrift dies ausdrücklich bestimmt. (3) Maßgebend ist der gesetzliche Strafsatz unter Berücksichtigung etwaiger namentlich in der Strafvorschrift angeführter Erschwerungs­ oder Milderungsumstände. Sind Strafen verschiedener Art wahlweise angedroht, so ist die schwerste maßgebend.

§ 6. (1) Die auf Grund des Strafgesetzes oder anderer Vor­ schriften des Landes Österreich mit einer Verurteilung wegen Ver­ brechens verbundenen nachteiligen Folgen treten bei Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen, die nach § 5 dieser Verordnung im Sinne des österreichischen Landesrechts Verbrechen sind, nicht ein, wenn auf Gefängnis von weniger als drei Monaten oder auf eine mildere Strafe erkannt wird. (2) Vorschriften, wonach auf Verlust der bürgerlichen Ehren-

Nachtrag zu A 2.

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rechte oder auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zu er­ kennen ist oder erkannt werden kann, finden im Lande Österreich bis

aus weiteres keine Anwendung. § 7. (1) Auf die bei Kerker- und bei Arreststrafen zulässigen Ver­ schärfungen (§§ 19 bis 23, 253 bis 257 des österreichischen Strafgesetzes) darf bei Zuchthaus-, Gefängnis- und Haftstrafe nicht erkannt werden. (2) Auch die Milderungs- und Umwandlungsvorschrift des § 52 Satz 2 sowie der §§ 54, 55, 260 bis 262 und 266 des österreichischen Strafgesetzes, des § 265 a der österreichischen Strafprozeßordnung und des Artikels VI der österreichischen Strafprozeßnovelle vom Jahre 1918 (StGBl. Nr. 93) finden keine Anwendung. § 8. (1) An Stelle der angedrohten lebenslangen Zuchthausstrafe kann auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren erkannt werden, wenn es beim Versuch geblieben ist, wenn mildernde Umstände vorliegen, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen, oder wenn sich der Schuldige nur in entfernter Weise an dem Ver­ brechen beteiligt hat. Unter denselben Voraussetzungen kann, wenn in der Strafvorschrift zeitige Zuchthausstrafe angedroht oder für die angedrohte Gefängnisstrafe ein besonderes Mindestmaß festgesetzt ist, das Mindestmaß der angedrohten Strafe bis auf ein Viertel herab­ gesetzt werden. (2) Für die Ahndung strafbarer Handlungen, die von Jugend­ lichen begangen werden, gelten die Vorschriften des österreichischen Jugendgerichtsgesetzes mit der Maßgabe, daß statt auf Todesstrafe oder lebenslanges Zuchthaus auf Gefängnis von einem bis zu zehn Jahren, statt auf zeitige Zuchthausstrafe auf Gefängnisstrafe zu er­ kennen ist. § 9. Ist für eine strafbare Handlung, die mit Gefängnis oder mit Haft bedroht ist, Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten ver­ wirkt, so ist an deren Stelle, wenn der Strafzweck durch eine Geld­ strafe erreicht werden kann, auf Geldstrafe zu erkennen, und zwar an Stelle einer Haftstrafe auf Geldstrafe von einer bis zu einhundert­ fünfzig Reichsmark, an Stelle von Gefängnis auf Geldstrafe von drei bis zu zehntausend Reichsmark. § 10. Für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ist auf Arrest als Ersatzfreiheitsstrafe zu erkennen.

Artikel II. An die Stelle des § 13 des österreichischen Strafgesetzes tritt § 13 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich?)

1) Allgemein, nicht nur bei der Anwendung von Strafvorschriften des Deutschen Reichs.

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Nachtrag zu A 2.

4. Verordnung über die Einführung strafrechtlicher Uorschriflen im Lande Österreich. Vom 23. Januar 1939 (RGBl. I S. 80).

§ 1. Im Lande Österreich gelten: 1. das Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen vom 20. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1269) nebst den hierzu erlassenen DurchfVO. vom 15. Februar 1935 (RGBl. I S. 204), vom 22. Februar 1935 (RGBl. I S. 276) und vom 16. März 1935 (RGBl. I S. 387);

2. die §§ 130a, 134a, 134b des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich. § 2 (1) Zur Aburteilung der Verbrechen und Vergehen im Lande Österreich, die in den im § 1 bezeichneten Vorschriften mit Strafe be­ droht sind, ist das Oberlandesgericht zuständig, soweit nicht die Zu­ ständigkeit des Volksgerichtshofs oder der Wehrmachtgerichte be­ gründet ist. (2) Für das Verfahren gelten die Vorschriften der Verordnung über die Erweiterung der Zuständigkeit der Sondergerichte vom 20. November 1938 (RGBl. I S. 1632) und der Verordnung über das Verfahren in erster Instanz vor den Oberlandesgerichten im Lande Österreich und in den sudetendeutschen Gebieten vom 23. Dezember 1938 (RGBl. I S. 1928).

§ 3. Erachtet ein Gericht im Lande Österreich, daß die der An­ klage zugrunde liegenden Tatsachen an sich oder in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgetretenen Umständen die Zu­ ständigkeit des Oberlandesgerichts begründen, so verweist es die Sache an das Oberlandesgericht. Das Gericht muß so verfahren, wenn der Staatsanwalt es beantragt. Gegen den Beschluß des Gerichts findet kein Rechtsmittel statt. § 4. Das österreichische Gesetz zum Schutz der Parteiuniformen vom 25. März 1938 (Gesetzbl. für das Land Österreich Nr. 23/38) sowie die Kundmachung des Reichsstatthalters (Österreichische Landes­ regierung) zu diesem Gesetz (Gesetzbl. für das Land Österreich Nr. 121/38) werden aufgehoben. § 5. Der Neichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Durch­ führung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts­ und Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

Nachtrag git A 2.

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5. Verordnung über die Einführung -es deutschen Strafrechts,

-er deutschen Gerichtsverfassung un- anderer Gesetze

in -en fu-eten-eutfchen Gebieten. Vom 16. Januar 1939 (RGBl. I S. 38). Artikel I. Strafrecht, Strafversahrensrecht und Gerichtsverfassung.

§ 1. Vom 1. März 1939 ab gelten in den sudetendeutschen Ge­ bieten die nachstehenden Reichsgesetze und Verordnungen nebst den zu ihrer Änderung, Ergänzung, Einführung oder Ausführung im Reich erlassenen gesetzlichen oder sonstigen Bestimmungen, soweit sie nicht bereits in Kraft stehen und soweit nicht etwas anderes bestimmt wird: I.

1. das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich; 2. das Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61); 3. das Gesetz betreffend die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit vom 9. April 1900 (RGBl. S. 228); 4. die Verordnung des Reichspräsidenten gegen unbefugten Ge­ brauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom 20. Oktober 1932 (RGBl. I S. 496)/) 5. das Gesetz zur Abwehr politischer Gewalttaten vom 4. April 1933 (RGBl. I S. 162); 6. das Gesetz zur Gewährleistung des Rechtsfriedens vom 13. Ok­ tober 1933 (RGBl. I S. 723); 7. das Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen vom 20. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1269). II.

1. die Strafprozeßordnung; 2. das Gesetz, betr. die Entschädigung der im Wiederaufnahmever­ fahren freigesprochenen Personen, vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 345); 1) gilt bereits mit Wirkung vom 15. Febr. 39 (VO. vom 8. Febr. 39 — RGBl. I S. 164 —).

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Nachtrag zu A 2. 3. das Gesetz betreffend die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft vom 14. Juli 1904 (RGBl. S. 321); 4. das Gesetz über beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken vom 9. April 1920 (RGBl. S. 507); 5. das Jugendgerichtsgesetz vom 16. Februar 1923 (RGBl. I S. 315); 6. die Strafregisterverordnung in der Fassung vom 17. Februar 1934 (RGBl. I S. 140); 7. das Gesetz über die Vernehmung von Angehörigen der National­ sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen vom 1. Dezember 1936 (RGBl. I S. 994). III. 1. Das Gerichtsverfassungsgesetz mit Ausnahme der §§ 23, 71, 95 bis 104, 119; die Zuständigkeit und das Verfahren der Kammern für Handelssachen bestimmen sich in den sudetendeutschen Ge­ bieten nach den Vorschriften des bisherigen Rechts über die Handelssenate der Kreisgerichte; 2. das Gesetz über die Zuständigkeit der Gerichte bei Änderungen der Gerichtseinteilung vom 6. Dezember 1933 (RGBl. IS. 1037); 3. die Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsver­ fassung vom 20. März 1935 (RGBl. I S. 403).

IV.

1. die Verordnung über die Entschädigung der Schöffen, Geschwo­ renen und Vertrauenspersonen vom 18. März 1924 (RGBl. I S. 282); 2. die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 21. Dezember 1925 (RGBl. I S. 471), und zwar auch für Außer­ streitsachen. V. In Strafsachen berechnen sich die Gebühren der Rechtsanwälte nach der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 162). § 2. Artikel 5 des Gesetzes gegen gefährliche Gewohnheitsver­ brecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. No­ vember 1933 (RGBl. I S. 995) tritt mit der Maßgabe in Kraft, daß als Stichtag an Stelle des 1. Januar 1934 der 1. März 1939 tritt. § 3. Vom Inkrafttreten dieser Verordnung ab fließen gerichtlich erkannte Geldstrafen in die Reichskasse.

Nachtrag zu A 2.

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§ 4. Die Zuständigkeit des Sondergerichts nimmt in den sudeten­ deutschen Gebieten das Oberlandesgericht wahr (Artikel II der Ver­ ordnung über die Erweiterung der Zuständigkeit des Sondergerichts vom 20. November 1938, RGBl. I S. 1632). Artikel II.

Strafvollzug. § 5. Vom 1. März 1939 ab richtet sich der Vollzug aller Freiheits­ strafen und der mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregeln der Sicherung und Besserung in den sudetendeutschen Gebieten nach den reichsrechtlichen Vollzugsgrundsätzen (Artikel I der Verordnung über den Vollzug von Freiheitsstrafen und von Maßregeln der Sicherung und Besserung, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind, vom 14. Mai 1934, RGBl. I S. 383).

§ 6. (1) Soweit vom 1. März 1939 ab eine strafgerichtliche Ent­ scheidung vollstreckt wird, der das bisher in den sudetendeutschen Ge­ bieten geltende Recht zugrundeliegt, ist schwerer Kerker oder Kerker von mehr als einem Jahr wie Zucht­ haus, schwerer Kerker oder Kerker von nicht mehr als einem Jahr und strenger Arrest wie Gefängnis, Arrest wie Haft und Verschließung nach den Vorschriften über den Strafvollzug an jungen Gefängnis- und Haftgefangenen zu vollziehen. (2) Soweit es hiernach auf die Dauer einer Kerkerstrafe ankommt, ist die Zeit entscheidend, die der Verurteilte nach Abrechnung anzu­ rechnender Untersuchungshaft im Strafvollzug zuzubringen hat. Artikel III.

Sonstige reichddeutsche Strafvorschriften in den sudetendeutschen Gebieten. Soweit in den sudetendeutschen Gebieten sonstige reichsdeutsche Strafvorschriften eingeführt sind oder noch eingeführt werden, gelten die folgenden Vorschriften: § 7. Von Inkrafttreten dieser Verordnung ab gelten die allge­ meinen Vorschriften des reichsdeutschen Strafrechts auch dann, wenn die Tat vor diesem Zeitpunkt begangen ist. § 8. (1) Im Sinne des in den sudetendeutschen Gebieten bisher geltenden Rechts ist

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Nachtrag ju A 2.

a) eine Handlung, die mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe über einhundertfünfzig Reichsmark bedroht ist: Übertretung, sofern sie nicht ausdrücklich als Vergehen erklärt ist, b) eine mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bedrohte Handlung: Übertretung. (2) Handlungen der im Abs. la bezeichneten Art gehören zur gerichtlichen Zuständigkeit, sofern nicht die Rechtseinführungsvorschrift sie ausdrücklich zu Verwaltungsübertretungen erklärt. Handlungen der im Absatz lb bezeichneten Art gehören nur dann zur gerichtlichen Zuständigkeit, wenn die Rechtseinführungsvorschrift dies ausdrücklich bestimmt. (3) Handlungen, die in den im § 1 unter I genannten Gesetzen mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark bedroht sind, ge­ hören zur gerichtlichen Zuständigkeit.

§ 9. Handlungen, die nach § 8 oder nach dem in den sudeten­ deutschen Gebieten fortgeltenden Recht Verwaltungsübertretungen sind, werden im Verwaltungsstrafverfahren nach den bisher in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Vorschriften verfolgt. Artikel IV.

Das in den sudetendeutschen Gebieten fortgeltende Landesrecht.

Soweit in den sudetendeutschen Gebieten die vor ihrer Wieder­ vereinigung mit dem Reich dort geltenden Strafvorschriften in Kraft bleiben, sind die folgenden Vorschriften anzuwenden: § 10. (1) Auf Taten, die weiterhin nach dem früheren Recht zu beurteilen sind, sind auch die allgemeinen Vorschriften dieses Straf­ rechts anzuwenden. Jedoch ist an Stelle von schwerem Kerker oder Kerker von mehr als einem Jahr auf Zuchthaus, an Stelle von schwerem Kerker oder Kerker von nicht mehr als einem Jahr und an Stelle von strengem Arrest auf Gefängnis, an Stelle von Arrest auf Haft und an Stelle von Verschließung auf Gefängnis oder Haft zu erkennen; der Inhalt dieser Strafen bestimmt sich nach deutschem Strafrecht. (2) Auf die bei Kerker- und bei Arreststrafen zulässigen Verschär­ fungen (§§ 19 bis 23, 253 bis 257 des Strafgesetzes vom 27. Mai 1852) darf nicht erkannt werden. (3) Neben Zuchthaus und neben einer an Stelle von schwerem Kerker oder Kerker erkannten Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte (§§ 32 bis 34 des Reichsstrafgesetzbuchs) er­ kannt werden.

§ 11. Für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ist bei Vergehen auf Gefängnis, bei Übertretungen auf Haft als Ersatz-

Nachtrag zu A 2.

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freiheitsstrafb zu erkennen. Die Dauer der Ersatzstrafe ist mindestens ein Tag und bei Vergehe,! höchstens ein Jahr, bei Übertretungen höchstens sechs Wochen. Ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheits­ strafe von geringerer Höhe angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Ersatzstrafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden. Im übrigen richtet sich das Maß der Ersatz­ strafe nach freiem Ermessen des Gerichts.

§ 12. (1) Verletzt eine und dieselbe Handlung eine Strafvorschrist des Reichsrechts und zugleich eine Strafvorschrift des bisher in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Rechts, so kommt das Gesetz, das die schwerste Strafe, bei ungleichen Strafarten das Gesetz, das die schwerste Strafart androht, zur Anwendung. (2) Hat jemand eine Tat, auf welche die Vorschriften des Reichs­ rechts Anwendung finden, und außerdem eine weitere Tat, die nach dem bisher in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Recht zu be­ urteilen ist, begangen, so wird die Gesamtstrafe nach den Vorschriften des Reichsrechts gebildet. § 13. Für die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte gelten die Bestimmungen der §§ 14 bis 16 und für das Verfahren die in 8 1 ge­ nannten Gesetze. Dabei ist für die Unterscheidung von Verbrechen, Vergehen und Übertretungen das bisher in den sudetendeutschen Ge­ bieten geltende Recht anzuwenden. § 14. Der Amtsrichter als Einzelrichter ist zuständig für 1. die dem Gericht zur Aburteilung zugewiesenen Übertretungen, 2. Vergehen, wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden. § 15. Wegen der übrigen Vergehen und wegen Verbrechen kann der Staatsanwalt die Anklage vor dem Schöffengericht oder vor dem Landgericht erheben. § 16. In Jngendsachen richtet sich die Zuständigkeit nach § 17 des Jugendgerichtsgesetzes vom 16. Februar 1923 (RGBl. I S. 135) und der Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung — Erster Teil, Ka­ pitel I, Artikel 9 — vom 14. Juni 1932 (RGBl. I S. 285, 287). Artikel V.

Übergangs- und Schlußvorschriften.

§ 17 (1) Mit dem 1. März 1939 treten, soweit in dieser Ver­ ordnung nicht etwas anderes bestimmt ist, solche Vorschriften des bis­ her in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Rechts außer Kraft, die den neu eingeführten Vorschriften entgegenstehen. Soweit die im § 1 genannten Strafgesetze gleiche oder entsprechende Strafvor-

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Nachtrag zu A 2.

schriften nicht enthalten, wie sie im sudetendeutschen Gebiet gelten, bleiben diese letzteren in Kraft. (2) Soweit Vorschriften, die in den sudetendeutschen Gebieten eingeführt werden, auf reichsrechtliche Vorschriften Hinweisen, die in den sudetendeutschen Gebieten nicht gelten, erhält dieser Hinweis in den sudetendeutschen Gebieten seinen Inhalt aus dem in den sudeten­ deutschen Gebieten geltenden Recht. (3) Soweit die Vorschriften des bisher in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Rechts, die in Kraft bleiben, auf Vorschriften Hin­ weisen, die außer Kraft treten, treten die entsprechenden Vorschriften des eingeführten Reichsrechts an deren Stelle.

§ 18. Die im § 1 unter I bezeichneten Strafgesetze und die §§ 1 bis 15 des Jugendgerichtsgesetzes vom 16. Februar 1923 (RGBl. I S. 135) gelten für Taten, die nach dem 28. Februar 1939 in den su­ detendeutschen Gebieten begangen werden. Für Taten, die vor diesem Zeitpunkt begangen sind, gelten sie, wenn die Tat auch nach bis­ herigem Recht strafbar ist und wegen der Tat am 1. März 1939 bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht ein Strafverfahren noch nicht anhängig war.

§ IS. (1) Die am 1. März 1939 in erster Instanz anhängigen Strafsachen gehen in der Lage, in der sie sich befinden, auf das nach den neuen Vorschriften berufene Gericht über; in den Fällen des § 15 bestimmt der Staatsanwalt das zuständige Gericht. In der Rechts­ mittelinstanz anhängige Strafsachen gehen, wenn sie beim Landgericht anhängig sind, auf die kleine Strafkammer, im übrigen auf das Ober­ landesgericht über. Eine begonnene Hauptverhandlung ist jedoch nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen. (2) Gegen Urteile, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung oder auf Grund einer nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführten Verhandlung erlassen sind, sind Rechtsmittel nach den bisherigen Vorschriften gegeben. Über die Berufung gegen Urteile des Amts­ gerichts entscheidet die kleine Strafkammer. In allen anderen Fällen ist das Oberlandesgericht zuständig. Wird das Urteil auf ein Rechts­ mittel hin aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, so wird das Ver­ fahren vor dem Gericht zu Ende geführt, das nach dieser Verordnung zuständig ist. (3) Gegen die im Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Urteile kann Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach den neuen Vorschriften gestellt werden. Die Strafkammer entscheidet darüber, ob der Antrag zulässig und begründet ist. Die erneute Hauptverhandlung findet vor dem Gericht statt, das nach den neuen Vorschriften in erster Instanz zuständig ist.

Nachtrag zu A 2.

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§ 20. (1) Bis auf weiteres wirken in Strafsachen Schöffen und Geschworene nicht mit. Die kleine Strafkammer entscheidet in der Besetzung von drei Berufsrichtern. An die Stelle des Schwurgerichts tritt die große Strafkammer; sie entscheidet in der Besetzung von fünf Berufsrichtern, wenn die Tat mit dem Tode oder mit mehr als fünf­ jähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. (2) In Jugendsachen, die zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, entscheidet die große Strafkammer in der Besetzung von drei Berufsrichtern. § 21. Bis zur endgültigen Ernennung der richterlichen Beamten können auch solche Personen das Richteramt wahrnehmen oder den Vorsitz in den Gerichten fuhren, die auf Grund des § 8 der Verordnung zur vorläufigen Ausübung der Rechtspflege in den sudetendeutschen Gebieten vom 8. Oktober 1938 (RGBl. I S. 1345) oder des § 7 der Verordnung über die Laufbahn für das Amt des Richters und des Staatsanwalts vom 29. März 1935 (RGBl. I S. 487) berufen sind. § 22. Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Aus­ führung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Vorschriften durch Rechtsverordnung oder im Verwaltungsweg zu erlassen und sich ergebende Zweifelsfragen im Verwaltungsweg zu entscheiden.

§ 23. (1) Die Verordnung tritt, soweit nichts anderes bestimmt ist, eine Woche nach der Verkündung in Kraft. (2) Der Reichsminister der Justiz gibt die nach dieser Verordnung in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Vorschriften bekannt. (3) Die Verordnung gilt nicht für die Gebietsteile, die in die ehemals österreichischen Länder Niederösterreich und Oberösterreich eingegliedert werden.

6. Nachträgezu den einzelnen Paragraphen des StGS. Zu 8 2 (S. 8): § 24 Ms. 1 Nr. 1 Kraftfahrzeugges. (abgedr. B IX 1) ist entsprechend anwendbar, wenn der Täter — ohne Fahrprüfung und Fahrerlaubnis — den Besitz eines Führerscheins erschleicht und dann ein Kraftfahrzeug führt. E. 72 S. 158. — Auch der Beauftragte des Inhabers einer Einzelfirma, der diese tatsächlich leitet und die Bücher führt, ist in ent­ sprechender Anwendung des § 240 Abs. 1 Nr. 3 KO. für unordentliche Buch­ führung verantwortlich, wenn dem geschäftsunkundigen Geschäftsinhaber ein Verschulden nicht nachzuweisen ist (E. 72 S. 65 in Fortsetzung des in § 71 S. 112 für die G.m.b.H. ausgesprochenen Grundsatzes). S. ferner noch die unten zu §§ 27 b, 27 c, 133, 140, 156, 175 a Nr. 3, 183, 246, 249, 259 und 271 StGB, ausgeführten Entscheidungen und die Zusammenstellung der Analogieftagen behandelnden Urteile in JurW. 1938 S. 1553ff., 1564. Zu § 2b S. 13 (Anm. 2 i a): Keine Wahlfeststellung zwischen Mittäter­ schaft und Beihilfe; im Zweifel ist die leichtere Form anzunehmen. Ist nicht Dalcke, Strafrecht. Nachtrag zur 30. Aufl. 2

Nachtrag zu A 2.

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§ 20. (1) Bis auf weiteres wirken in Strafsachen Schöffen und Geschworene nicht mit. Die kleine Strafkammer entscheidet in der Besetzung von drei Berufsrichtern. An die Stelle des Schwurgerichts tritt die große Strafkammer; sie entscheidet in der Besetzung von fünf Berufsrichtern, wenn die Tat mit dem Tode oder mit mehr als fünf­ jähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. (2) In Jugendsachen, die zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, entscheidet die große Strafkammer in der Besetzung von drei Berufsrichtern. § 21. Bis zur endgültigen Ernennung der richterlichen Beamten können auch solche Personen das Richteramt wahrnehmen oder den Vorsitz in den Gerichten fuhren, die auf Grund des § 8 der Verordnung zur vorläufigen Ausübung der Rechtspflege in den sudetendeutschen Gebieten vom 8. Oktober 1938 (RGBl. I S. 1345) oder des § 7 der Verordnung über die Laufbahn für das Amt des Richters und des Staatsanwalts vom 29. März 1935 (RGBl. I S. 487) berufen sind. § 22. Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Aus­ führung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Vorschriften durch Rechtsverordnung oder im Verwaltungsweg zu erlassen und sich ergebende Zweifelsfragen im Verwaltungsweg zu entscheiden.

§ 23. (1) Die Verordnung tritt, soweit nichts anderes bestimmt ist, eine Woche nach der Verkündung in Kraft. (2) Der Reichsminister der Justiz gibt die nach dieser Verordnung in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Vorschriften bekannt. (3) Die Verordnung gilt nicht für die Gebietsteile, die in die ehemals österreichischen Länder Niederösterreich und Oberösterreich eingegliedert werden.

6. Nachträgezu den einzelnen Paragraphen des StGS. Zu 8 2 (S. 8): § 24 Ms. 1 Nr. 1 Kraftfahrzeugges. (abgedr. B IX 1) ist entsprechend anwendbar, wenn der Täter — ohne Fahrprüfung und Fahrerlaubnis — den Besitz eines Führerscheins erschleicht und dann ein Kraftfahrzeug führt. E. 72 S. 158. — Auch der Beauftragte des Inhabers einer Einzelfirma, der diese tatsächlich leitet und die Bücher führt, ist in ent­ sprechender Anwendung des § 240 Abs. 1 Nr. 3 KO. für unordentliche Buch­ führung verantwortlich, wenn dem geschäftsunkundigen Geschäftsinhaber ein Verschulden nicht nachzuweisen ist (E. 72 S. 65 in Fortsetzung des in § 71 S. 112 für die G.m.b.H. ausgesprochenen Grundsatzes). S. ferner noch die unten zu §§ 27 b, 27 c, 133, 140, 156, 175 a Nr. 3, 183, 246, 249, 259 und 271 StGB, ausgeführten Entscheidungen und die Zusammenstellung der Analogieftagen behandelnden Urteile in JurW. 1938 S. 1553ff., 1564. Zu § 2b S. 13 (Anm. 2 i a): Keine Wahlfeststellung zwischen Mittäter­ schaft und Beihilfe; im Zweifel ist die leichtere Form anzunehmen. Ist nicht Dalcke, Strafrecht. Nachtrag zur 30. Aufl. 2

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feststellbar, welcher von zwei Beteiligten Täter und welcher Gehilfe gewesen ist, so sind beide als Gehilfen zu betrachten. E. 71 S. 364. Dagegen erklärt RG. DStrN. 1938 S. 57 eine Wahlfeststellung zwischen Meineid und fahr­ lässigem Falscheid für zulässig. (Anm. 2 i c): (5. 72 S. 339 erklärt auch für diese Fälle den 8 2d für un­ mittelbar anwendbar, da „Mehrheit" der in Betracht kommenden Strafge­ setze — ebenso wie in § 73 StGB. — nicht Verschiedenheit bedeute. (Anm. 2 k): Das Gericht darf nicht deshalb davon absehen, den Sach­ verhalt noch weiter aufzuklären, weil in jedem Falle, wenn nicht eine un­ mittelbare, so doch mindestens eine entsprechende Anwendung eines be­ stimmten Strafgesetzes in Betracht komme; vielmehr ist eine solche in ent­ sprechender Anwendung des § 2b getroffene Wahlfeststellung nur möglich, wenn eine vollkommene Aufklärung des Sachverhalts unmöglich ist. E. 71 S. 311. Zu §§ 3, 4 S. 14 (Anm. 3a zu § 4): Wegen der Strafbarkeit einer im Ausland begangenen Rasseschande, wenn der jüdische Mann die deutsch­ blütige Frau vorübergehend zu sich ins Ausland hatte kommen lassen, vgl. E. 72 S. 91 u. S. 717, wiedergegeben unten zu § 2 Blutschutzges. (BI 1). Über diese Entscheidung hinaus hat RG. DJust. 1939 S. 102 ausgesprochen, der außereheliche Geschlechtsverkehr eines Juden mit einer Staatsangehörigen deutschen Blutes enthalte eine unmittelbare Verletzung deutschen Blutes und damit des deutschen Staatsvolkes als eines blutmäßig einheitlichen Organismus; die Straftat sei daher, wenn sie im Ausland vollzogen wurde, auch im Gebiet des Deutschen Reiches als dem Orte des Eintritts des Erfolgs begangen. Zu § 10 (S. 17): Das RStGB. gilt für die Taten aller Soldaten und Wehrmachtsbeamten, die sie im Lande Österreich während ihrer Zugehörig­ keit zur Wehrmacht begehen (VO. vom 13. Januar 1939 — RGBl. I S. 39 —). Zu § 20 L S. 19 (Anm. 15 bb): „Gefährlich" ist nicht nur der Gewohn­ heitsverbrecher, der aus starker Willenskraft hartnäckig die Rechtsordnung verletzt, sondern auch der, dessen verbrecherischer Hang auf einer ererbten oder erworbenen Willensschwäche oder leichter Beeinflußbarkeit beruht. E. 72 S. 259. (Anm. 15c): Eine Milderung gemäß § 51 Abs. 2 StGB, oder nach den Vorschriften des JGG. ist aber zulässig. E. 72 S. 326. S. auch zu § 42 e.

§ 27 b (S. 23): Keine entsprechende Anwendung des § 27b auf Ver­ brechen. RG. DStr. 1938 S. 188. § 27c ((5. 24): Keine entsprechende Anwendung des § 27c StGB, auf einen nicht unmittelbar aus der Tat gezogenen Vorteil. KG. DStrR. 1938 S. 246. Zu § 42b (S. 32): Wenn bei einem vermindert Zurechnungsfähigen sowohl die Anstaltsunterbringung nach § 42b wie die Sicherungsverwahrung nach § 42 e, jede für sich allein, zum Schutze der öffentlichen Sicherheit gleich gut geeignet ist, so muß das Gericht prüfen, welche Maßregel nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Persönlichkeit des Täters, den Vorzug ver­ dient. E. 72 S. 151. Zu § 42ä (S. 34): Bei Verurteilung wegen Bettelns kann die Revision auf die Anordnung beschränkt werden, daß der Täter in einem Arbeitshaus unterzubringen ist (E. 72 S. 224, abw. von RG. JurW. 1935 S. 52420). Weder der Wortlaut der Vorschrift („zu Ha'ftstrafe verurteilt") noch § 73, der nur für Strafen den Grundsatz der Ausschließlichkeit des strengeren Gesetzes

Nachtrag zu A 2.

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ausspricht, schließt die Anordnung der Unterbringung in einem Arbeitshaus aus, wenn der Täter wegen Verbrechens gegen § 175a Nr. 4 StGB, in Tateinheit mit Übertretung des § 361 Abs. 1 Nr. 6 StGB, zu Zuchthaus ver­ urteilt wird. E. 72 S. 107. Zu § 42 e (S. 35): Ein in der Persönlichkeit des Täters wurzelnder innerer Hang zur Begehung von Straftaten, der das Wesen des Gewohn­ heitsverbrechers ausmacht, kann auch vorliegen, wenn er die Taten in einer Notlage oder in Ausnutzung einer besonderen Gelegenheit begangen hat. E. 72 S. 295. Für die Frage, ob der Täter als gefährlicher Gewohn­ heitsverbrecher zu verurteilen ist, ist der Zeitpunkt der Hauptverhandlung entscheidend. Dagegen ist für die Frage, ob die Sicherungsverwahrung not­ wendig ist, von den voraussichtlich im Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft bestehenden Umständen auszugehen. Nach der neueren Recht­ sprechung des Reichsgerichts darf aber bei einem gefährlichen Gewohnheits­ verbrecher nur dann von der Anordnung der Sicherungsverwahrung ab­ gesehen werden, wenn mit dem Grade von Wahrscheinlichkeit, der bei einer solchen Beurteilung von Zukunftsmöglichkeiten überhaupt erreichbar ist, er­ wartet werden kann, daß durch Besserung während der Strafverbüßung, Abklingen des verbrecherischen Willens infolge zunehmenden Alters usw. ein Schutz der Allgemeinheit durch Anordnung der Sicherungsverwahrung im Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft nicht mehr erforderlich ist. E. 72 S. 356. Zu § 42 K S. 37 (Anm. 17): Daß die frühere Verurteilung wegen einer im jugendlichen Alter begangenen Straftat erfolgt ist, schließt die Anordnung der Entmannung nicht aus, sofern der Täter bei Begehung der letzten Straf­ tat das 18. Lebensjahr und bei Aburteilung dieser Tat das 21. Lebensjahr vollendet hat. RG. DJust. 1939 S. 53. § 43 S. 41 (Anm. 36): Einen Betrugsversuch hat E. 72 S. 66 bereits in folgendem Falle angenommen: Der Täter beachsichtigte, von einer Versicherungsgesellschaft, bei der sein Warenlager gegen Einbruch versichert war, die Versicherungssumme dadurch zu erschwindeln, daß er mit Dritten die Ausführung eines Einbruchsdiebstahls in sein Warenlager vereinbarte. Einen Teil des Lohnes leistete er ihnen durch Aushändigung von Waren aus dem Lager. Bei der Vornahme des Einbruches wurden sie gestört; eine Schadensanmeldung konnte nicht erfolgen. RG. sieht in der Hingabe von Waren, die als Teil des Verlustes mit angemeldet werden sollten, als Lohn an die gedungenen „Diebe" den Beginn der Täuschungshandlung. (Anm. 38): Wer sich irrig für einen Juden gehalten hat, kann wegen Versuchs der Rasseschande( §§ 2, 5 des Blutschutzges.) bestraft werden. E. 72 S. 109. Zu 8 46 S. 43 (Anm. 42): Kein Rücktritt vom Versuch, wenn der Täter nicht den Erfolgsvorsatz, sondern nur eine bestimmte Ausführungsweise aufgibt und dabei entschlossen ist, den Erfolg demnächst auf andere Weise zu verwirklichen. E. 72 S. 349. S. 45 (Anm. 45a): Die Verpflichtung zum Tätigwerden, um die Folgen einer selbstgeschaffenen Gefahr für Dritte abzuwenden, entfällt nicht deshalb, weil dadurch eine von dem Handelnden begangene Straftat aufgedeckt werden kann und er sich einem Strafverfahren deswegen aussetzt; er muß eher die Sühne für das eigene Unrecht auf sich nehmen als zusehen, wie aus der von ihm geschaffenen Lage einem Dritten ein neuer Schade erwächst. E. 72 S. 20. Eine Mutter kann als Inhaberin der elterlichen Gewalt wie als Haushaltungs­ vorstand wegen Beihilfe oder Mittäterschaft zum Tötungsverbrechen strafbar

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Nachtrag zu A 2.

sein, wenn sie nicht dem ihr bekannten Vorhaben ihrer Tochter, eine Ent­ bindung ohne jeden Beistand in der Wohnung der Mutter stattfinden zu lassen, damit das Kind in oder gleich nach der Geburt sterbe, nachdrücklich entgegen­ tritt. E. 72 S. 373. Zu § 47 (S. 44): Die Gehorsamspflicht eines SA.-Mannes reicht nicht weiter als die eines Wehrmachtsangehörigen; ein Befehl, der unter den Voraussetzungen des § 47 Nr. 2 MStGB. erteilt wird, befreit auch den SA.Mann nicht von der eigenen Strafbarkeit für seine Ausführung. E. 71 S. 284. Zu 8 50 (S. 51): s. zu § 246. Zu § 51 ((5. 51): s. zu § 20a. Zu § 52 Abs. 2 S. 53 (Anm. 60): Für den strafrechtlichen Begriff der „Verwandtschaft" sind nicht die Bestimmungen des BGB., sondern ist die natürliche (blutmäßige) Abstammung maßgebend; der Erzeuger ist mit seinem unehelichen Kind in gerader Linie verwandt und kann demgemäß wegen eines Betrugs zu dessen Nachteil (z. B. durch Bestreiten der Verwandten­ eigenschaft im Unterhaltsprozeß des Kindes) nur auf Antrag verfolgt werden. E. 72 S. 324. Zu § 53 S. 54 (Anm. 63 Abs. 1): Wie RG. JurW. 1936 S. 1220 auch E. 72 S. 183. (Anm. 63a): Wenn der Angegriffene den Angriff auf andere Weise abwenden kann, ohne seiner eigenen Ehre etwas zu vergeben oder eigene oder fremde Belange zu verletzen — namentlich dadurch, daß er Dritte (z. B. die Polizei) zum Einschreiten anruft — so widerspricht eine gewalt­ tätige Abwehr, die mit der Vernichtung eines Menschenlebens verbunden ist, so sehr dem gesunden Volksgefühl, daß sie nicht mehr als zur Verteidigung notwendig anerkannt werden kann. E. 72 S. 57. Ein jH-Mann in Uniform, der, um Hilfe gebeten, sich zum Schutze eines Volksgenossen gegen rechts, widrige Angriffe einsetzt, muß dabei auch das Ansehen seiner Uniform wahren. Da er den Volksgenossen nicht das Schauspiel einer öffentlichen Balgerei bieten darf, ist ihm selbst dann nicht zuzumuten, auf den Gebrauch seiner Waffe zu verzichten, wenn er sich seiner Angreifer auch noch mit der Faust erwehren könnte. E. 72 S. 383. Zu § 54 S. 56 (Anm. 69): Auf Notstand kann sich nicht berufen, wer beruflich oder dienstlich verpflichtet ist, unter Einsatz von Leib und Leben tätig zu werden wie Polizeibeamte, Feuerwehrmänner, Wettermänner in Bergwerken usw. E. 72 S. 246. Zu § 59 S. 57 (Anm. 1): Tritt der Erfolg, auf den der Vorsatz gerichtet ist, durch das Handeln des Täters ein, so ist eine Abweichung des vorgestellten ursächlichen Zusammenhangs von dem wirklich eingetretenen unerheblich. Der Täter, der sein Opfer zunächst durch einen Schlag betäuben und dann durch Sturz aus einem fahrenden Eisenbahnzug töten will, begeht auch dann eine vorsätzliche Tötung, wenn der Tod durch den Schlag verursacht wird. RG. vom 13. Jan. 39 — 4D 970/38 —. S. 58 (Anm. 3): § 71 des Devisenges. vom 12. Dezbr. 38 ist kein Schuld­ ausschließungsgrund, sondern nur ein Strafausschließungs- oder Straf­ milderungsgrund; daher ist § 44 unanwendbar, wenn bereits gemäß § 59 StGB, keine Straftat vorliegt. E. 72 S. 82.

Zu § 61 S. 62 (Anm. 78a): Der Strafantrag ist auch dann „schriftlich" bei der Staatsanwaltschaft gestellt (§ 158 StGB.), wenn mit Willen des Ver­ letzten von der Urschrift des Antrags eine Abschrift hergestellt und diese rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird. E. 81 S. 358. (Anm. 78b): Gegen E. 71 S. 38: Hagemann DJust. 1938 S. 2033.

Nachtrag zu A 2.

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Zu § 62 S. 63 (Amn. 82): Hat von mehreren durch dieselbe Tat Ver­ letzten nur einer Strafantrag gestellt, so deckt dieser Antrag nicht die fehlenden Anträge der anderen Antragsberechtigten und die Verurteilung darf nicht auf die Verletzung derjenigen erstreckt werden, die keinen Antrag gestellt haben. E. 72 S. 44. Zu § 64 S. 64 (Anm. 85): Einem auf Strafe lautenden Erlaß, dessen Verkündung die Zurücknahme des Strafantrags ausschließt, steht ein Urteil gleich, das wegen Unzurechnungsfähigkeit des Täters an Stelle der Strafe gemäß § 42b Abs. 1 StGB, die Unterbringung in einer Heil- oder Pflege­ anstalt anordnet. E. 72 S. 353. Zu § 74 S. 72 (Anm. 100): Ein allgemeiner Entschluß, zahlreiche Straf­ taten bis zur Erlangung von Verbrechensbeute in einem bestimmten Ge­ samtwert zu begehen, deren Ausführung nach Ort, Zeit und Art noch un­ gewiß ist, rechtfertigt nicht die Annahme einer Fortsetzungstat. E. 72 S. 211. Mehrere Bestechungen, die sich gegen verschiedene Beamte richten, können nicht in Fortsetzungszusammenhang begangen werden, da die Reinheit der Amtsführung ein so bedeutsames Rechtsgut der Volksgemeinschaft darstellt, daß eine Abschwächung des Rechtsschutzes mit gesunder Rechtsauffassung nicht vereinbar ist. E. 72 S. 174. In denjenigen Fällen, in denen die gewerbs-, gewohnheits- oder ge­ schäftsmäßige Begehung ein strafschärfendes oder strafbegründendes Tat­ bestandsmerkmal darstellt, bildeten nach der bisherigen Rechtsprechung mehrere Einzelhandlungen materiellrechtlich und verfahrensrechllich eine Straftat (ein sog. Sammelverbrechen). Diese Rechtsprechung hat das RG. angesichts der Nachteile für die Verbrechensbekämpfung, zu denen sie in ver­ fahrensrechtlicher Hinsicht führte, jetzt aufgegeben und ausgesprochen, daß die gewerbs-, gewohnheits- oder geschäftsmäßige Begehung der Einzeltat die Eigenschaft einer selbständigen Handlung nicht nimmt, wenn sich die Strafvorschrift gegen die aus strafwürdigem Willen heraus begangene Einzeltat richtet, und zwar ohne Unterschied, ob die Gewerbsmäßigkeit usw. strafbegründend oder strafschärfend wirkt (vgl. für die gewerbsmäßige Abtreibung — § 218 Abs. 4 Satz 2 — E. 72 S. 164 sBeschl. d. Gr. Sen. f. Strass, vom 21. April 38], für die gewerbsmäßige Unzucht mit Männern — § 175a Nr. 4 — E. 72 S. 257, für die gewerbsmäßige Hehlerei — § 260 — E. 72 S. 285, für geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten — §§ 1, 8 des Nechtsberatungsmißbrauchsges. vom 13. Dezbr. 35 — E. 72 S. 313). Zu § 123 S. 103 (Anm. 75): Von mehreren Mitinhabern des Hausrechts kann es ein jeder allein gegen jeden ausüben, der ohne Berechtigung in der gemeinsamen Wohnung verweilt. Ob der eine Wohnungsinhaber berechtigt ist, Familienmitglieder des anderen auszuweisen, denen dieser den Aufent­ halt gestattet hat, hängt von dem Inhalt der zwischen den Wohnungsinhabern ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Vereinbarungen ab. Darf danach Aufenthaltserlaubnis an Dritte nur mit beiderseitigem Einverständnis erteilt werden, so wird das Verweilen rechtswidrig, sobald ihm einer der Wohnungsinhaber widerspricht. E. 72 S. 57.

Zu § 132a S. 111 (Anm. 5^): s. § 17 Abs. 2 der Krankenpflegeverord­ nung') vom 28. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1310), abgedr. zu B II 7. Zu § 133 S. 112 (Anm. 8): Unter § 133 fallen solche Sachen nicht, bei denen der Zweck der amtlichen Aufbewahrung oder Übergabe — die dauernde oder vorübergehende Aufbewahrung bzw. die Erhaltung der amt­ lichen Verfügungsgewalt — nicht gegeben ist, sondern die nur zum Gebrauch

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oder Verbrauch bei amtlichen Stellen vorhanden sind, wie z. B. das Brief­ papier, das die Anstaltsverwaltung einem Gefangenen zum Briefschreiben aushändigt. Daher ist ein Verteidiger, der unter Umgehung der Überwachung die Briefe des in Haft befindlichen Beschuldigten aus dem Gefängnisse be­ fördert, nicht — auch nicht gemäß § 2— nach § 133 strafbar. E. 72 S. 172. Zu § 140 S. 142 (Anm. 28kk): Die §§ 140ff. finden keine entsprechende Anwendung auf den, der sich der Arbeitsdienstpflicht entzieht. E. 72 S. 260. Zu § 153 S. 156 (Anm. 53): Wer den Bestand des Nachlasses unter seinem Offenbarungseid anzugeben hat (§§ 2027, 260 BGB.), braucht nur den Aktivbestand, nicht auch die Schulden anzugeben. E. 71 S. 360. S. 127 (Anm. 55a): Bei Tateinheit zwischen Meineid und (Prozeß-) Betrug ist die Strafe dem § 263 zu entnehmen, da dieser neben Zuchthaus Geldstrafe androht. E. 72 S. 117. Zu § 156 S. 129 (Anm. 64): In dem gleichen Umfang wie die staat­ lichen Strafgerichte sind die Parteigerichte zur Entgegennahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig - § 156 StGB, ist daher auf e. V., die vor diesen abgegeben werden, entsprechend anwendbar. E. 72 S. 129. Zu § 159 S. 134 (Anm. 76): Nach § 159 ist auch strafbar, wer es unter­ nimmt, einen anderen zur Ablegung eines falschen Eides oder einer falschen eidesstattlichen Versicherung vor einer sachlich unzuständigen Behörde (z. B. vor der Polizei) zu verleiten, die er irrig für zuständig hält. E. 72 S. 80. Zu § 163: s. z. § 156. Zu § 164 S. 138 (Anm. 88): § 164 erstreckt sich nicht auf die mißbräuch­ liche Inanspruchnahme der Zivilrechtspflege. RG. DJust. 1938 S. 1917. Die Reichsschristtumskammer ist eine Behörde. E. 72 S. 216 (vgl. daselbst auch wegen der Behördeneigenschaft der ihr eingegliederten Fachverbände). Die Parteigerichte der NSDAP, sind staatlichen Behörden, das Verfahren vor ihnen ist einem behördlichen Verfahren gleichzuachten (§ 2 StGB.). E. 72 S. 129. S. 140 (Anm. 926): Eine leichtfertige falsche Anschuldigung (Abs. 5) kann stiitf) durch eine dienstliche Mitteilung eines Parteiamtsträgers an eine Staats- oder Partei di enststelle begangen werden- auch für diese Fälle ist § 193 StGB, unanwendbar. E. 72 S. 96. Zu § 165 S. 141 (Anm. 94): Anders als bei der Beleidigung (§§ 196, 200 StGB.) kann nur dem durch die Straftat verletzten Beamten, nicht auch seinem amtlichen Vorgesetzten die Veröffentlichungsbefugnis zugesprochen werden. E. 72 S. 169. Zu § 169 S. 145 (Anm. 20): Nach E. 72 S. 214 (vom 18. Oktbr. 37), liegt zwar schon darin, daß die uneheliche Mutter den Namen des Erzeugers des Kindes verschweigt, eine Unterdrückung des Personenstandes des Kindes; dies gilt aber nicht, wenn sie nach gesetzlicher Vorschrift (z. B. § 384 Nr. 2 ZPO., § 15 FGG.) das Recht hat, die Auskunft über den Kindesvater vor Gericht zu verweigern. Darüber hinaus hat der Gedanke Anerkennung ge­ funden, daß es überhaupt nicht angebracht ist, das bloße Verschweigen des Erzeugers unter Strafe zu stellen, weil eine solche Weigerung häufig auf achtenswerten Beweggründen beruht (vgl. dazu und wegen der in solchen Fällen der Strafverfolgungsbehörde obliegenden Berichtspflicht die RB. d. RIM. vom 21. Oktbr. 38 — 4032/1 Illa4 1540 —, abgedr. bei KrugSchäfer-Stolzenburg, Strafrechtl. Berwaltungsvorschriften, 2. Aufl. S. 324). Durch RdErl. d. RMdJ. vom 9. Jan. 39 (RMBliV. S. 61) sind die Jugend­ ämter angewiesen, von einer Anzeige gegen die Kindesmutter grundsätzlich dann abzusehen, wenn sich ihre Tat in dem bloßen Verschweigen des Namens des Erzeugers erschöpft.

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Zu § 174 Abs. 1 Nr. 1S. 150 (Anm. 39): Gegenüber einem in die Familie aufgenommenen „Ferienkind" ist neben der Hausfrau auch der Ehemann Er­ zieher. E. 71 S. 362. Zwischen einer jugendlichen, in die Familie auf­ genommenen Hausangestellten und der Hausfrau sowie deren Ehemann besteht nicht in jedem Falle das Verhältnis von Zögling und Erzieher. Zur Begründung eines solchen Verhältnisses ist aber im Einzelfall nicht notwendig, daß der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen durch Vertrag ausdrücklich seine Erzieherrechte und -Pflichten mehr oder weniger auf einen anderen überträgt; vielmehr können die gesamten Umstände ein Erziehungsverhältnis eines anderen zu dem Minderjährigen entstehen lassen (NG. DJust. 1939 S. 103). Zu § 174 Abs. 1 Nr. 3 S. 151 (Anm. 43): Dem Erfordernis der Aus­ bildung ist genügt, wenn der Täter zur selbständigen Ausübung von Heilund Pflegehandlungen angeleitet ist. Ferner ist eine gewisse Selbständigkeit in der Berufsausübung erforderlich, wozu z. B. selbständiges Abnehmen der Verbände, Auflegen von Salben ausreicht. Der Täter braucht nicht gerade zur Behandlung und Pflege des Kranken berufen zu sein, mit dem er die unzüchtige Handlung vorgenommen hat. E. 72 S. 296. Zu § 175 S. 152 (Anm. 46a): Zum Begriff des „Unzuchttreibens" gehört nur, daß der Körper des anderen Mannes in Mitleidenschaft gezogen worden ist; dazu genügt nicht ohne weiteres ein Betrachten des entblößten Körpers des anderen oder die Vornahme unzüchtiger Handlungen am eigenen Körper in seiner Gegenwart, wohl aber z. B. die an den anderen gerichtete Aufforderung, seinen Körper, namentlich den Geschlechtsteil, unzüchtigen Blicken preiszugeben oder bestimmte Stellungen einzunehmen. RG. vom 9. Jan. 39 — 2 D 268/38 —. Zu § 175a Nr. 3 S. 153 (Anm. 46 h): ist entsprechend anzuwenden, wenn der Täter den Minderjährigen durch Verleitung zum Alkoholgenuß oder durch Hypnose in einen willenlosen oder bewußtlosen Zustand versetzte und dann, vorgefaßter Absicht entsprechend, zur Unzucht mißbraucht. E. 72 S. 50 u. S. 352. Zu § 176 S. 155 (Anm. 51a): Abs. 1 Nr. 2 ist gegenüber § 185 der engere Tatbestand, der den des § 185 ausschließt. E. 71 S. 376. Zu § 180 S. 159 (Anm. 66): Die Pflicht eines Ehemannes, dem Ge­ schlechtsverkehr seiner Frau mit anderen Männern entgegenzutreten, ent­ fällt im Falle des Notstands (§ 54 StGB.). Der Umstand, daß er befürchten muß, von der Frau wegen eines früher begangenen Verbrechens angezeigt zu werden, erfüllt nicht die Voraussetzungen des Notstands. E. 72 S. 19. Zu § 181a S. 163 (Anm. 76): An dem zum Tatbestand der Zuhälterei gehörenden Erfordernis einer persönlichen Beziehung des Täters zu einer bestimmten Dirne, aus dem erkennbar ist, daß er in ihrem unzüchtigen Gewerbe zu ihr hält, fehlt es, wenn der Täter in Gastwirtschaften, in denen Dirnen verkehren, sich die tägliche Zeche von den anwesenden Dirnen be­ zahlen läßt. E. 72 S. 49 oder wenn ein Gefangener sich von einer Dirne aus ihrem Unzuchterlös Zuwendungen machen läßt. E. 72 S. 126. Zu § 183 S. 164 (Anm. 83): An der Rechtsprechung, daß eine Handlung i. S. des § 183 nur dann öffentlich ist, wenn unbestimmt welche und wieviele Personen sie wahrnehmen könnten, d. h. wenn Personen, die von der Tat selbst nicht umfaßt werden, ihr beiwohnen und sie entweder bemerken oder bemerken könnten, wenn sie ihre Aufmerksamkeit darauf richteten, hat das RG, bis in die neueste Zeit festgehalten. Den ersten Schritt zu einer Lockerung dieser Rechtsprechung bedeutet das Urteil E. 72 S. 67, wonach dann, wenn

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der Täter fortgesetzt an öffentlichen Orten durch unzüchtige Handlungen Ärgernis gegeben hat, die Tat, auch soweit die Einzelfälle nicht t. S. des § 183 öffentlich vorgenommen wurden, als Ganzes betrachtet eine Verletzung des Scham- und Sittlichkeitsgefühles der Allgemeinheit darstellen und in ent­ sprechender Anwendung des § 183 bestraft werden kann. In der Entscheidung des 1. Strassen, vom 31. Jan. 39, DJust. S. 353, die im Einvernehmen mit den übrigen Strafsenaten ergangen ist, ist die bisherige Auslegung des Begriffs „öffentlich" in § 183 aufgegeben; danach ist eine unzüchtige Handlung öffentlich begangen, wenn sie in einer Art und Weise vorgenommen wird, daß sie nach den örtlichen Verhältnissen von unbestimmt welchen und von unbestimmt vielen Personen wahrgenommen wird oder wahrgenommen werden kann, ohne daß diese unbestimmte Vielheit von Personen zur Stelle sein müßte; es genügt, wenn sie nach den örtlichen Verhält­ nissen im Augenblick der Tat zur Stelle sein könnte, ohne daß der Täter in der Lage wäre, dies zu verhindern. Darüber hinaus hat RG. DJust. 1938 S. 640 die entsprechende An­ wendung des § 183 in einem Fall für zulässig erklärt, in dem der Täter sich in einem Abteil einer öffentlichen Bedürfnisanstalt eingeschlossen und durch ein Loch in der Wand des angrenzenden Frauenabteils der Entblößung der sich dorthin zurückziehenden Frauen zugeschaut hatte, weil die Tat das Schamgefühl der durch die Frauen vertretenen Allgemeinheit verletze. Zu § 196 S. 185 (Anm. 35): Beglaubigte Abschrift des Antrags genügt. RG. JurW. 1939 S. 145. Zu § 200 S. 187 (Anm. 41): Die Beröffentlichungsbefugnis ist keine Nebenstrafe, sondern Schadenswiedergutmachung. RG. DJust. 1938 S. 1687 = JurW. 1938 S. 3031. Zu § 216 S. 193 (Anm. 60b): Ein beachtliches Verlangen liegt nicht vor, wenn der Verlangende wegen mangelnder Verstandesreife — Geistes­ krankheit, jugendliches Alter — keine hinreichende Einsicht in die Bedeutung des Rechtsguts hat, dessen Verletzung er verlangt. Jugendliche Personen unter 18 Jahren besitzen in der Regel noch kein hinreichendes Urteil über Wert und Unwert des Lebens. RG. DJust. 1939 S. 53. Zu § 218 S. 194 (Anm. 70): Die auf der Unkenntnis des Ges. z. Ver­ hütung erbkranken Nachwuchses und seiner AusfVO. beruhende Annahme, der Eingriff eines Nichtarztes sei zulässig, wenn die Schwangerschaft nach ärztlicher Auffassung für die betr. Schwangere mit Lebensgefahr verbunden ist, ist ein unbeachtlicher Strafrechtsirrtum. E. 72 S. 59. Zu § 222 S. 199 (Anm. 82): Daß eine Eisenbahnschranke offen steht, befreit den Kraftwagenführer, der den Bahnübergang benutzen will, nicht ohne weiteres von der Pflicht, sich rechtzeitig davon zu überzeugen, daß sich kein Eisenbahnzug in gefahrdrohender Weise nähert. E. 72 S. 286. S. 200 (Anm. 83a): Nach OLG. Hamburg DJust. 1939 S. 307 ist (abweichend von der Rechtsprechung des RG.) ein Handelsvertreter, der zum Aufsuchen seiner Kundschaft einen Kraftwagen ständig benutzt, nicht Berufs­ fahrer, wenn er lediglich Bestellungen entgegennimmt, aber keine Waren damit liefert.

Zu § 223b S. 205 (Anm. 98c): Es macht keinen Unterschied, ob der verwerfliche Beweggrund sich gegen den Fürsorgeberechtigten richtet, wie z. B. bei einem Handeln aus Haß oder Rache, oder ob der Täter dabei sein Ich in den Vordergrund stellt wie z. B. bei sadistischer Neigung oder Eigen­ nutz. E. 72 S. 118. Hinsichtlich der Gesundheitsschädigung genügt bedingter Vorsatz. RG. a. a. O.

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Die Zubilligung mildernder Umstände gem. § 228 ist auch im Falle des 8 223b zulässig. E. 71 S. 363. Vgl. noch 8 24 Abs. 3 des Jugendschutzges. vom 30. April 38, abgedr. zu B VI 7. Zu 8 224 S. 206 (Anm. 1): Völliger Verlust der Arbeitsfähigkeit kann als Verfall in Siechtum angesehen werden. E. 72 S. 345. (Anm. 3): Herabsetzung der Sehkraft auf 1/60 bedeutet Verlust des Sehvermögens, jedoch nur, wenn der Zustand einen längeren Zeitraum (nicht nur 4 Wochen oder 3 Monate) hindurch besteht und seine Heilung sich entweder überhaupt nicht oder doch nicht der Zeit nach bestimmen läßt. E. 72 S. 321. Zu 8 226a: s. zu § 216. Zu 8 227 S. 208 (Anm. 13): „Beteiligt" am Raufhandel ist auch der­ jenige, welcher erst eingreift, nachdem das Opfer des Raufhandels die töd­ liche Wunde schon empfangen hat, falls die Vorgänge, an denen der Täter teilnimmt, mit den vorangegangenen eine Einheit bildet. E. 72 S. 73. Zu 8 228 S. 209 (Anm. 14a): s. zu 8 223b. Zu 8 244 S. 228 (Anm. 75 a): Auch Urteile österreichischer Gerichte aus der Zeit vor der Wiedervereinigung begründen Rückfall. RG. DJust. 1939 S. 397. Zu 8 246 S. 234 (Anm. 83): „Anvertrautsein" bildet ein persönliches Verhältnis i. S. des 8 50 und kann dem Teilnehmer, bei dem der Umstand nicht vorliegt, nicht — auch nicht in Anwendung des 8 2 StGB. — zugerechnet werden. E. 72 S. 328. Zu § 249 S. 296 (Anm. 93): Anwendung von Betäubungsmitteln ist keine Gewalt. Die Verübung eines Diebstahls an dem Betäubten ist aber in entsprechender Anwendung des 8 249 zu bestrafen. E. 72 S. 349. Zu § 251: Vgl. dazu das Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen vom 22. Juni 1938, abgedr. unten S. 32 ff. Zu 8 252 (S. 238): Der Begriff „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben" ist weiter als in 8 52 StGB., doch genügen nicht Dro­ hungen mit einer völlig unerheblichen, wenn auch gegen den Körper oder das leibliche Wohl des anderen gerichteten Handlung. E. 72 S. 229. Zu 8 253 S. 239 (Anm. 6): Die verkehrsüüliche Abkehr von geschäft­ lichen Beziehungen ist kein Übel i. S. des 8 253; anders aber, wenn der Ab­ bruch der geschäftlichen Beziehungen nicht aus geschäftlichen Gründen, sondern aus Schikane erfolgt. E. 72 S. 75. Zu 8259 S. 245 (Anm. 26): Die Ersatzhehlerei ist entsprechend 8 259 zu bestrafen; den Strafgrund des 8 259 — eigennützige Aufrechterhaltung der durch die Bortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage — trifft auch hier zu, da die Ersatzsache nicht nur nach natürlichem Rechtsempfinden, sondern weitgehend auch nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (Anspruch des geschädigten Eigentümers auf Herausgabe der Ersatzsache nach 88 823, 249, 281 und 8 816 Abs. 1 BGB.) an die Stelle der durch die Straftat erlangten Sache tritt. Strafbar ist aber nur eine hehlerische Handlung, die sich in den Tatformen des 8 259 vollzieht und an ein Ersatzgut gebunden ist, dessen Beschaffung zeitlich, örtlich und nach den sonstigen Umständen noch in so naher Beziehung zu der Straftat steht, daß nach vernünftiger Auffassung der Ersatzsache noch der Makel anhaftet, mit dem die zunächst erworbene Sache behaftet gewesen ist. Dies trifft jedenfalls zu bei Ersatzsachen, die der Bor­ täter selbst mit dem Erlös aus den durch die Bortat erlangten Sachen ge­ kauft hat. Zum inneren Tatbestand genügt, daß der Täter weiß oder den Um­ ständen nach annehmen muß, es handle sich um eine Ersatzsache in diesem

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Sinn; die irrtümliche Annahme, es handele sich um den Gegenstand der Vor­ tat selbst und nicht um die Ersatzsache, ist unschädlich. E. 72 S. 146. Aus § 259 unmittelbar — ohne entsprechende Anwendung — kann bestraft werden, wer dabei hilft, Geld, das ein anderer durch eine strafbare Handlung erlangt hat, durch Ankauf von Waren und durch Bezahlung von Schulden wirtschaft­ lich zu verwerten („Mitwirken beim Absatz"). Es genügt dazu schon, daß der Hehler dem Vortäter angibt, in welcher Weise er das Geld ausgeben soll, oder daß er bei der Entstehung von Schulden mitwirkt, die der Bortäter mit dem Gelde bezahlen soll. E. 72 S. 87. Entsprechende Anwendbarkeit des § 259 bei Unzurechnungsfähigkeit des Vortäters. LG. Halle DStrR. 1938 S. 403. (Anm. 28): Auch wer ursprünglich gutgläubig erworben hat, kann sich der Hehlerei schuldig machen, wenn er die Sache verheimlicht — auch durch Ableugnen des Besitzes —, obwohl er inzwischen erfahren hat, daß der Vortäter sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt hatte; daß das Ver­ heimlichen zugleich dem Vortäter zugute kommen müsse — wie E. 57 S. 159, 161 verlangte — ist nicht erforderlich. E. 72 S. 380. Zu § 263 S. 251 (Anm. 38): Vollendeter (Prozeß-)Betrug kann auch vorliegen, wenn der Klage durch Versäumnis urteil stattgegeben wird; nach der neuen Auffassung des Verfahrensrechts hat die bewußt falsche Parteibehauptung überhaupt keinen Anspruch auf Rechtsschutz (E. 72