»Mora debitoris« und »mora creditoris« im klassischen römischen Recht [1 ed.] 9783428516704, 9783428116706

Beschäftigt man sich mit den Aussagen der römischen Juristen zum Schuldnerverzug, setzt man zunächst stillschweigend vor

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German Pages 116 [117] Year 2005

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»Mora debitoris« und »mora creditoris« im klassischen römischen Recht [1 ed.]
 9783428516704, 9783428116706

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JAN DIRK HARKE

Mora débitons und mora créditons im klassischen römischen Recht

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universitat, Freiburg i. Br.

Neue Folge · Band 46

Mora débitons und mora créditons im klassischen römischen Recht

Von Jan Dirk Harke

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 3-428-11670-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 β Internet: http://www.duncker-humblot.de

Maria Beatriz

Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel Wirkungen der mora débitons

11

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

11

I. Leistungszeit und Leistungspflicht

11

II. Die unbedingte Zufallshaftung

14

III. Zweifel am Konzept der perpetuatio obligationis IV. Strafgedanke

25 28

4

§ 2 , Verewigung der Ansprüche auf incertum

29

I. Strengrechtliche Verbindlichkeiten

29

II. Bonae fidei iudicia

30

III. ,Abstrakte' Schadensberechnung und utilitas circa ipsam rem § 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte

34 38

I. Wirkungsbereich der mora

38

II. Rechtsnatur der Verzugsfrüchte

43

Zweites Kapitel Voraussetzungen der mora débitons § 4 Mora ex re I. Quellen zur mora ex re

48 48 48

II. Potestas und iusta causa zur Kenntnis der Leistungszeit § 5 Mora ex persona

55 61

I. Verzug durch Mahnung

61

II. Vertragliche Bestimmung der Leistungszeit

66

8

Inhaltsverzeichnis Drittes Kapitel Mora accipiendi

74

§ 6 Purgatio morae und Haftungserleichterung I. Strengrechtliche Speziesschulden II. Die mora emptoris III. Strengrechtliche Gattungsschulden... § 7 Aufwendungsersatz

74 74 81 86 91

I. Purgatio morae bei der Zinspflicht

91

II. Aufwendungsersatz und Preisgaberecht

93

III. Aufwendungsersatz und Annahmepflicht

98

§ 8 Der Tatbestand der mora accipiendi

100

I. Verschulden

100

II. Bringschuld

104

III. Holschuld

106

Zusammenfassung

109

Quellenverzeichnis

114

Abkürzungen

Apathy , SZ 101

P. Apathy, Mora accipiendi und Schadensersatz, in: SZ 101 (1984) 190-205

Cannata, ED

C A. Cannata, Art. Mora (storia), ED XXVI, 1976, Sp. 921 - 934

Elefante, Labeo 6

A. Elefante, Interpellate e mora, in: Labeo 6 (1960) 30-49

Elefante, Mnem. Solazzi ders., La mora ex ret Y interpellate, in: Mnemeion Solazzi, 1964, S. 397-431 Genzmer, SZ 44

E. Genzmer, Der subjektive Tatbestand des Schuldnerverzugs im klassischen römischen Recht, in: SZ 44 (1924) 86-163

Guarneri Citati

A. Guarneri Citati, Contributi alla dottrina della mora, Annali Palermo 11 (1923) 161 - 328

Heymann

Heymann, Das Verschulden beim Erfüllungsverzug, 1913

Jakobs, TR 42

H. H. Jakobs, Culpa und interpellate bei der mora débitons nach klassischem Recht, in: TR 42 (1974) 23 - 56

Käser, RE

M. Käser, Art. Mora, in RE XVI, 1, 1933, Sp. 252 - 277

Käser, Quanti

ders., Quanti ea res est, 1935

Käser, Restituere

ders., Restituere als Prozeßgegenstand, 2. Aufl. 1968

10

Abkürzungen

Käser, SDHI46

ders., Perpetuari 87 -146

Knütel, SZ 105

R. Knütel, Zum Nutzungszins, in: SZ 105 (1988) 514-540

Montel

A. Montel, La mora del debitore, 1930

Niedermeyer

Η. Niedermeyer , Studie zu den wissenschaftlichen Grundlagen der Lehre von der mora seit Sabinus, FS Schulz I, 1951, S. 399-457

Riccobono jr.

S. Riccobono jr., Profilo storico della dottrina della mora in diritto romano, Annali Palermo 29 (1964) 103 - 458

Siber, SZ 29

H. Siber, Interpellate und mora, in: SZ 29 (1908) 47-113

Wey and, TR 51

S. Weyand , Kauiverständnis und Verkäuferhaftung im klassischen römischen Recht, in: TR 51 (1983) 225 - 269

obligationem, in: SDHI 46 (1980)

Erstes Kapitel

Wirkungen der mora debitoris § 1 Perpetuatio obligationis certae rei

I. Leistungszeit und Leistungspflicht Bei den auf certum gerichteten Klagen beschränkt sich die Wirkung der mora auf den Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz zufälliger Unmöglichkeit: Der Schuldner, dessen Leistung ohne sein Zutun unmöglich wird, haftet dem Gläubiger ebenso wie der, welcher seine Leistung aktiv unmöglich gemacht hat. Wegen der Begrenzung des Schuldinhalts hätte ein Ausfall der Leistungsmöglichkeit eigentlich den Wegfall der obligatio zur Folge. Denn die unmöglich gewordene Leistung ist wertlos; und ihre Ersetzung durch eine andere, erbringbare Leistung scheitert daran, daß der Schuldner eben nur zur Übereignung einer bestimmten Sache verpflichtet ist. Überwunden wird dieses Hindernis seit den veteres durch die perpetuatio obligationis. Sie erlaubt eine Verurteilung wegen Nichterfüllung der Leistungspflicht durch Fiktion der Leistungsmöglichkeit und hat ein Fehlverhalten des Schuldners zur Voraussetzung. Dieses kann von vornherein nicht in einer Vernachlässigung des zu leistenden Gegenstandes wie beispielsweise einem Verhungernlassen des versprochenen Sklaven bestehen, weil es zur Sanktion eines solchen Verhaltens einer korrespondierenden Pflicht zu facere bedürfte, die als Verpflichtung auf ein incertum keinen Platz in einer obligatio hat, welche nur auf dare gerichtet ist: D45.1.91pr. Paul 17 Plaut Si servum stipulatus fuero et nulla mora intercedente servus decesserit: si quidem occidat eum promissor, expeditum est. sin autem neglegat infirmum, an teneri debeat promissor, considerantibus, utrum, quemadmodum in vindicatione hominis, si neglectus a possessore fuerit, culpae huius nomine tenetur possessor, ita et cum dari promisit, an culpa, quod ad stipulationem attinet, in faciendo accipienda sit, non in non faciendo? quod magis probandum est, quia qui dari promisit, ad dandum, non faciendum tenetur.

Ein Verstoß gegen die Pflicht zu facere läßt sich freilich auch in dem „ausgemachten" Fall feststellen, daß der Schuldner seine Leistung, beispielsweise durch Tötung des versprochenen Sklaven, aktiv unmöglich macht. Daß er hier

12

. Kapitel:

rungen der mora debitoris

nicht für die Verletzung seiner Leistungs-, sondern für den Verstoß gegen eine ungeschriebene Nebenpflicht haftet, verdeckt gerade die Wirkungsweise der perpetuatio obligations , die kraft einer Fiktion zur Haftung wegen Nichterfüllung führt. Ohne systematische Schwierigkeit scheint dagegen die Haftung bei Unmöglichkeit nach Eintritt der mora zu sein. Denn die Verzögerung der Leistung stellt sich auf den ersten Blick als Verstoß gegen die Leistungspflicht, die Verewigung des Schuldverhältnisses als Reaktion auf dessen Verletzung dar. Verhielte es sich so, wäre aber die Frage unausweichlich, warum bei mora überhaupt eine perpetuatio obligationis eintreten soll. Die Verletzung der Leistungspflicht durch nicht rechtzeitige Erfüllung sollte eigentlich genügen, um die Haftung des Schuldners ohne Rücksicht auf das weitere Schicksal des Leistungsgegenstandes und damit auch dann zu begründen, wenn dessen Übereignung später unmöglich wird. Reicht die Verzögerung der Leistung nicht hin und bedarf sie zu ihrer Wirkung derselben Denkform wie die aktive Vereitelung der Leistungsmöglichkeit, heißt dies, daß sie, für sich genommen, noch kein Verstoß gegen die Leistungspflicht selbst ist. Diese besteht bei den Klagen auf ein certum stets nur in der Übereignung. Der Schuldinhalt ist exklusiv und einer zeitlichen Bestimmung ebensowenig zugänglich wie der Anerkennung von Nebenpflichten zur Erhaltung der Leistungsmöglichkeit. Wäre es anders, könnten die Wirkungen der mora bei den auf certum lautenden Klagen nicht auf die perpetuatio obligationis beschränkt sein. Statt dessen müßte die mora des Schuldners auch zum Ersatz des Interesses am rechtzeitigen Erhalt der Leistung führen und demnach selbst dann Folgen zeitigen, wenn der Leistungsgegenstand nicht individuell und damit vergänglich, sondern der Gattung nach bestimmt ist. Daß dies nicht so ist, belegt D 22.1.38.7 Paul 6 Plaut Si actionem habeam ad id consequendum quod meum non fuit, veluti ex stipulatu, fructus non consequar, etiamsi mora facta sit: quod si acceptum est iudicium, tune Sabinus et Cassius ex aequitate fructus quoque post acceptum iudicium praestandos putant, ut causa restituatur, quod puto recte dici.

Die vermutlich auf ein incertum gerichtete actio ex stipulatu ist nur als Beispielsfall erwähnt, läßt aber ohne weiteres den Schluß a maiore ad minus auf die Rechtslage bei der Forderung eines certum zu: Kann die mora des Schuldners schon bei einer auf quidquid dare facere oportet lautenden Klage keine Pflicht zur Fruchterstattung begründen, muß dies erst recht bei Klagen gelten, deren Gegenstand allein in der Übereignung besteht. Nur mit der Trennung der Leistungszeit von der Leistungspflicht ist auch zu erklären, warum die Einlassung auf den Rechtsstreit nur bei dolus des Schuldners mora bedeutet. Für die Stipulationsschuld zeigt dies D 45.1.82.2 Ulp 78 ed Et hic moram videtur fecisse, qui litigare maluit quam restituere.

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

13

Daß in mora gerät, wer lieber streitet als leistet, ist die positive Wendung des Satzes, daß die arglose Provokation eines Rechtsstreits über die Leistungspflicht keine mora bewirkt: D 50.17.63 lui 17 dig Qui sine dolo malo ad judicium provocai, non videtur moram facere. D 22.1.47 Scaev 9 dig Respondit paratum iudicium accipere, si ab adversario cessatum est, moram facere non videri. D 22.1.24pr. Paul 37 ed Si quis solutioni quidem moram fecit, iudicium autem accipere paratus fuit, non videtur fecisse moram: utique si iuste ad iudicium provocavit.

Die Aussagen von Julian, Scaevola und Paulus haben ihre allgemeine Bedeutung vielleicht erst durch die Kompilation erhalten. Ihr palingenetischer Zusammenhang spricht dafür, daß sie sich ursprünglich nur auf die actio rei uxoriae bezogen haben. Obwohl hier der Anspruchsinhalt ungewisser als bei den Verpflichtungen auf ein certum ist, zwingt dies entgegen Jakobs 1 noch nicht zu einem abweichenden Verständnis des Auszugs aus Ulpians Ediktskommentar in D 45.1.82.2. Der Unterschied zwischen Verpflichtungen auf ein certum und der actio rei uxoriae ist, was die Vorhersehbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung anbelangt, nur gradueller Natur: Der Anspruchsgrund kann in beiden Fällen gleichermaßen ungewiß sein, der Anspruchsinhalt auch bei der Verpflichtung zur Leistung eines certum im Dunkeln liegen. Die Stellungnahmen von Julian, Scaevola und Paulus konnten die Kompilatoren daher ohne inhaltlichen Wandel verallgemeinern.2 Sie lassen ohne weiteres die von Siber 3 und Käser* vorgeschlagene Interpretation der Ulpianstelle zu: Auch bei Verpflichtungen auf ein certum gilt, daß nur in Verzug gerät, wer sich in Kenntnis seiner Leistungspflicht auf den Streit einläßt und so die Auseinandersetzung der Leistung vorzieht (, maluit Die begründete Annahme des Schuldners, er könne sich gegen das Leistungsbegehren des Gläubigers verteidigen, schließt mora dagegen aus. Da die falsche Erwartung des Schuldners aber die Verurteilung wegen seiner Leistungspflicht nicht hindern kann, muß diese unabhängig von der Pflicht zur rechtzeitigen Leistung sein. Sie kann auch dann unerfüllt sein, wenn dem Schuldner noch keine mora zur Last fällt; und umgekehrt bedeutet mora noch keine Nichterfüllung der Leistungspflicht.

1

TR 42, 36. Ebenso für D 50.17.63 Riccobono jr., S. 313. 3 SZ 29,71. 4 SDHI 46, 118. 2

14

. Kapitel:

rungen der mora dbitos

II. Die unbedingte Zufallshaftung Erklärt die Trennung von Leistungspflicht und Leistungszeit die Gleichbehandlung von mora und aktiver Vereitelung der Leistungsmöglichkeit als Grundlage der perpetuatio obligationis, kann die hierdurch begründete Haftung bei zufälliger Unmöglichkeit nicht auf dem Interesse beruhen, das der Gläubiger an der Leistungspflicht selbst hat. Da dieses nicht auf einen bestimmten Leistungszeitpunkt gerichtet ist, fällt es mit Eintritt der Unmöglichkeit vor litis contestatio automatisch weg. Der Verstoß gegen die zusätzliche Pflicht zur rechtzeitigen Leistung kann nur sanktioniert werden, indem sie selbst zum Anknüpfungspunkt der Haftung gemacht oder indem der Zeitpunkt für die Bestimmung des Interesses an der Leistungspflicht verändert wird. Der erste Weg ist den römischen Juristen versperrt, weil er die Anerkennung einer weiteren Pflicht außerhalb des auf ein certum begrenzten Schuldinhalts offensichtlich machen würde. Der zweite Weg besteht in der Statuierung einer Zufallshaftung, die keine Ausnahmen für den Fall duldet, daß der Leistungsgegenstand nach rechtzeitiger Leistung auch beim Gläubiger untergegangen wäre. Diese unbedingte Zufallshaftung kommt in zahlreichen Stellungnahmen klassischer Juristen zum Ausdruck, die den Schuldner ohne Einschränkung schon dann haften lassen, wenn die Sache nach Eintritt von mora untergegangen ist. Positiven Ausdruck hat sie beispielsweise in zwei aufeinanderfolgenden Auszügen aus Pomponius' und Paulus' Sabinuskommentar gefunden, in denen es um Verpflichtungen aus Stipulation und Legat geht: D 45.1.23 Pomp 9 Sab Si ex legati causa aut ex stipulatu hominem certum mihi debeas, non aliter post mortem eius tenearis mihi, quam si per te steterit, quo minus vivo eo eum mihi dares: quod ita fit, si aut interpellatus non dedisti aut occidisti eum. D 45.1.24 Paul 9 Sab Sed si ex stipulatu Stichum debeat pupillus, non videbitur per eum mora fieri, ut mortuo eo teneatur, nisi si tutore auctore aut solus tutor interpelletur.

Im Gegenschluß ergibt sich die unbedingte Zufallshaftung unter anderem aus den folgenden Texten Pomponius' und Paulus', wiederum zu Legat und Stipulation: D 30.36.3 Pomp 6 Sab Si alteri Stichum heres dederit, quem duobus dare damnatus fuerat, et antequam interpellaretur ab altero Stichus mortuus est, heres non tenetur, quia nihil per eum factum intellegitur. D 33.2.6 Pomp 15 Sab Si usus fructus mihi in biennium continuum a morte testatoris legatus sit et per heredem steterit, quo minus eum mihi daret, praeterito biennio nihilo minus tenetur (quemadmodum teneretur, si res legata in rerum natura esse desisset, quam quis deberet, moratusque esset in ea danda), ut peti quidem iam usus fructus qui

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

15

legatus sit non possit, quia alius futurus sit quam qui legatus fuerit, sed aestimatio eius bima dumtaxat facienda sit. D 46.3.92pr. Pomp 9 epist Si mihi alienum servum dari promiseris aut testamento dare iussus fueris isque servus, antequam per te staret quo minus dares, a domino manumissus sit, haec manumissio morti similis sit: si autem decessisset, non tenearis. D 45.1.49.3 Paul 37 ed Si promissor hominis ante diem, in quem promiserat, interpellates sit et servus decesserit, non videtur per eum stetisse. D 18.4.21 Paul 16 quaest5 ... non enim deberet Stichi promissor, si eum vendidisset, mortuo eo, si nulla moraprocessisset. ...

Die unbedingte Zufallshaftung trifft auch den Schuldner einer condictio furtiva , der ,semper moram facere videtur* und schon nach Ansicht der veter es und Sabinus' auch über den Tod des gestohlenen Sklaven hinaus haftet: D 13.1.8pr. Ulp 27 ed In re furtiva condictio ipsorum corporum competit: sed utrum tamdiu, quamdiu exstent, an vero et si desierint esse in rebus humanis? et si quidem optulit fur, sine dubio nulla erit condictio: si non optulit, durât condictio aestimationis eius: corpus enim ipsum praestari non potest. D 47.2.52.28 Ulp 37 ed Si servus subreptus heres institutes fuerit, furti iudicio actor consequetur etiam pretium hereditatis, si modo servus, antequam iussu domini adeat, mortuus fuerit. condicendo quoque mortuum idem consequetur. D 45.1.83.7 Ulp 72 ed Stichum, qui decessit, si stipuler, si quidem condici etiam mortuus potuit, ut furi, utiliter me stipulatum Sabinus ait: si vero ex aliis causis, inutiliter, quia et si deberetur, morte promissor liberetur. idem ergo diceret et si mora facta defunctum stipularer. D 13.1.3 Paul 9 Sab Si condicatur servus ex causa furtiva, id venire in condictionem certum est quod intersit agentis, veluti si heres sit institutes et periculum subeat dominus hereditatis perdendae. quod et Iulianus scribit. item si mortuum hominem condicat, consecuturum ait pretium hereditatis. D 13.1.20 Tryph 15 disp Licet fur paratus fuerit excipere condictionem et per me steterit, dum in rebus humanis res fuerat, condicere eam, postea autem perempta est, tamen durare condictionem veteres voluerunt, quia videtur, qui primo invito domino rem contrectaverit, semper in restituenda ea, quam nec debuit auferre, moram facere. 5 6

Zu diesem Text auch unten § 2 II. D 13.1.8.1 Ulp 27 ed; vgl. unten im Text.

16

. Kapitel:

rungen der mora debitoris

Von der Zuweisung des periculum, das auch die Sachverschlechterung umfaßt, spricht Afrikan in D30.108.il (5 quaest) Si servus legatus sit et moram heres fecerit, periculo eius et vivit et deterior fit, ut, si debilem forte tradat, nihilo minus teneatur.

Daß der Schuldner ohne Rücksicht auf das mögliche Schicksal des Leistungsgegenstandes in den Händen des Gläubigers haften soll, wird in der modernen Literatur zumeist aus dem vermeintlich archaischen Charakter der perpetuatio obligationis gefolgert und einer aus dem Interessengedanken abgeleiteten Lösung gegenübergestellt. Zugrunde liegt die Auffassung, eine Interessenlehre könne nicht ohne die Frage auskommen, ob der Umstand, der die zufällige Unmöglichkeit bewirkt hat, nach rechtzeitiger Leistung auch den Gläubiger getroffen und ihm den Vorteil der Leistung genommen hätte. Eine solche Prüfung ist aber keineswegs zwingend und nur dann unerläßlich, wenn man das Interesse des Gläubigers zu einem Zeitpunkt bestimmt, der nach dem Moment liegt, in dem die Leistung unmöglich geworden ist. In den klassischen Quellen finden wir einen solchen Maßstab nur außerhalb der mora bei Klagen auf Sachübereignung und lediglich dort, wo der Leistungsgegenstand nach Rechtshängigkeit untergegangen ist: D 16.3.14.1 Gai 9 ed prov Si ve autem cum ipso apud quem deposita est actum fuerit si ve cum herede eius et sua natura res ante rem iudicatam interciderit, veluti si homo mortuus fuerit, Sabinus et Cassius absolvi debere eum cum quo actum est dixerunt, quia aequum esset naturalem interitum ad actorem pertinere, utique cum interitura esset ea res et si restituta esset actori.

Der mit der actio depositi belangte Verwahrer oder sein Erbe sind nach Sabinus' und Cassius' Ansicht freizusprechen, wenn die zurückzugebende Sache im Laufe des Prozesses sua natura untergeht und so das gleiche Schicksal erfährt, das sie auch bei vorheriger Rückgabe an den Kläger ereilt hätte.7 Käser 8 hat gezeigt, daß sich diese Aussage auf die formula in factum concepta der actio depositi bezieht. Urteilsvoraussetzung ist hier die Feststellung, die in Verwahrung gegebene Sache sei, dolo malo non redditam s, und damit ein der mora vergleichbarer Zustand. D 4.2.14.11 Ulp 11 ed ... sed et si non culpa ab eo quocum agitur aberit, si tarnen peritura res non fuit, si metum non adhibuisset, tenebitur reus: sicut in interdicto unde vi vel quod vi aut

7 Gegen Wacke Wimmer, S. 60f. Fn. 275. 8 Restituerez S. 73ff. 9 Gai inst 4.47.

Besitz und Haftung des Vindikationsbeklagten, 1995,

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

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clam observatur. itaque interdum hominis mortui pretium recipit, qui eum venditurus fuit, si vim passus non esset. Metusklage, interdictum unde vi und quod vi aut clam führen auch dann zu einer Verurteilung, wenn die entwendete Sache zwar ohne Zutun des Beklagten, aber in einer Weise untergegangen ist, die dem Kläger nicht zum Schaden gereicht hätte. Daher ist auch für einen verstorbenen Sklaven Ersatz zu leisten, wenn der Kläger ihn noch vor seinem Tod verkauft hätte. Im Umkehrschluß bedeutet dies: Hatte der Kläger keine konkrete Verkaufsabsicht, scheidet eine Haftung des Beklagten aus, 10 obwohl sich dieser wegen des vorangegangenen Delikts in einer ähnlichen Situation wie der fur 11 und so schon vor litis contestatio in einer der mora entsprechenden Lage befindet. 12 D 6.1.15.3 Ulp 16 ed Si servus petitus vel animal aliud demortuum sit sine dolo malo et culpa possessoris, pretium non esse praestandum plerique aiunt: sed est verius, si forte distracturus erat petitor si accepisset, moram passo debere praestari: nam si ei restituisset, distraxisset et pretium esset lucratus. Sind ein Sklave oder ein Tier nach Erhebung der Herausgabeklage ohne dolus oder culpa des Besitzers gestorben, soll dieser nach Ansicht der plerique nicht aus der rei vindicatio haften. Ulpian will eine Ausnahme für den Fall machen, in dem sich der beklagte Besitzer in mora befand 13 und der Eigentümer die Sache bei rechtzeitiger Rückerstattung verkauft hätte. 14

10 Anders sieht dies offenbar Julian, der für das interdictum unde vi einen Vergleich zur condictio furtiva anstellt; vgl. D 43.16.1.35 Ulp 69 ed: ,Denique scribit Iulianus eum, qui vi deiecit ex eo praedio, in quo homines fuerant, propius esse, ut etiam sine culpa eius mortuis hominibus aestimationem eorum per interdictum restituere debea sicuti fur hominis etiam mortuo eo tenetur. huic consequens esse ait, ut villae quoque aedium incendio consumptarum pretium restituere cogatur: ubi enim quis, inquit, deiecit, per eum stetisse videtur, quo minus restitueret. ' Daß wir es hier mit einer besonderen, zumindest auf Julian zurückgehenden Auffassung zu tun haben, macht die weitere ausdrückliche Erwähnung dieses Juristen bei Tryphonin wahrscheinlich; vgl. D 43.16.19 (15 disp): Merito Iulianus respondit, si me de fundo vi deieceris, in quo res moventes fuerunt, cum mihi interdicto unde vi restituere debeas non solum possessionem soli, sed et ea quae ibi fuerunt, quamquam ego moram fecero, quo minus interdicto te convenirem, subtractis tamen mortalitate servis aut pecoribus aliisve reb casu intercedentibus tuum tamen onus nihilo minus in eis restituendis esse, quia ex ips tempore delieti plus quam frustrator debitor constitutus es. ' - Offen ist dagegen Ulpians eigene Ansicht zum interdictum quod precario ; vgl. D 43.26.8.6 (71 Sab): ,Et generaliter erit dicendum in restitutionem venire dolum et culpam latam dumtaxat, cetera non venire, plane post interdictum editum oportebit et dolum et culpam et omne causam venire: nam ubi moram quis facti fecit precario, omnem causam debebit constituere. ' 11 Vgl. Käser, Resituere, S. 85. 12 Vgl. zum interdictum unde vi PS 5.6.8. 13 Auch wenn sich bezweifeln läßt, daß mora die technische Bezeichnung für die Verzögerung der Sachherausgabe ist (vgl. Wimmer, Besitz und Haftung des Vindikati-

18

. Kapitel:

rungen der mora dbitos

In allen aufgeführten Fällen liegt mora oder ein vergleichbarer Zustand vor, so daß unabhängig vom Maßstab der Haftung nach Rechtshängigkeit15 stets eine unbedingte Zufallshaftung zu erwarten wäre. Statt dessen soll der natürliche Sachuntergang zu Lasten des Klägers gehen, sofern dieser nicht die konkrete Absicht hatte, die Sache zu verkaufen, und dadurch die Gefahr auf den Käufer abgewälzt hätte. Ist diese Lösung erst das Ergebnis einer nachklassischen Interessenlehre, die im Widerspruch zur klassischen Regel der perpetuatio obligationis steht?16 Oder gibt es einen Unterschied zu den Klagen auf Sachübereignung, welcher die Einbeziehung des hypothetischen Kausalverlaufs hier anders als dort rechtfertigt? Die rei vindicatio mit formula petitoria und die Metusklage sind iudicia arbitraria und verfügen über eine Restitutionsklausel der Form: ,neque ea res arbitrio iudicis restituetur' 11. Die actio depositi mit formula in factum concepta ist zwar nicht im eigentlichen Sinne restitutorisch und ohne clausula arbitraria . Sie knüpft die Verurteilung mit der Bedingung: , eamque rem ... redditam non esse' jedoch an eine vergleichbare Feststellung und sanktioniert so ebenfalls einen Fall mangelnder Restitution. Sie verfügt daher auch über die Kondemnationsformel: ,quanti ea res erit ' 1 8 , die den iudicia arbitraria eigen ist 19 . Die futurische Formel zwingt zu einer Untersuchung des hypothetischen Kausalverlaufs, den der Fall bei rechtzeitiger Erstattung an den Kläger genommen hätte, sei es, daß sie wie bei der actio depositi vor Streiteinsetzung, sei es, daß sie wie bei den iudicia arbitraria zumindest auf den Restitutionsbefehl des iudex hin erfolgen muß. Sie führt zur absolutio, wenn der Sachuntergang jedenfalls und bei gehöriger Erstattung auch zum Schaden des Klägers eingetreten wäre. Würde der Beklagte in diesem Fall verurteilt, fände keine Restitution statt: Der Kläger erhielte statt dessen mehr, als er haben würde, wenn der Beklagte seiner Rückgabepflicht genüge getan hätte.20

onsbeklagten [1995] 62ff. mwN), genügt dies nicht, um den Text mit Pernice , Labeo II.2.12, 1900, S. 21 Fn. 2 zu verdächtigen. 14 Daß es um eine konkrete Verkaufsmöglichkeit geht, meint auch Wimmer (Fn. 13), S. 62ff., 68. 15 Dazu Käser, Restituere, S. 68ff. und Wimmer (Fn. 13), S. 12ff. 16 So Pernice , Labeo II.2.12, 1900, S. 140ff. N. 1. Lenel, EP3 (1927), S. 112, 185f. 18 Gai inst 4.47. 19 Lenel aaO (Fn. 17). 20 Spuren einer Berücksichtigung des hypothetischen Kausalverlaufs finden wir daher auch bei den exhibitorischen Judizien, die den Charakter der restitutorischen teilen, vgl. D 10.4.12.4 Paul 26 ed:, Si post iudicium acceptum homo mortuus sit, quamvis sine dolo malo et culpa possessoris, tarnen interdum tanti damnandus est, quanti actoris interfuerit per eum non effectum, quo minus tunc cum iudicium acciperetur homo

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

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Eine Ausnahme gilt bei der hereditatis petitio: D 5.3.40pr. Paul 20 ed Illud quoque quod in oratione divi Hadriani est, ut post acceptum iudicium id actori praestetur, quod habiturus esset, si eo tempore quo petit restituta esset hereditas, interdum durum est. quid enim, si post litem contestatam mancipia aut iumenta aut pecora deperierint? damnari debebit secundum verba orationis, quia potuit petitor restitutahereditate distraxisse ea.... 2 1 Hier ist es nicht die mora des Erbschaftsbesitzers, sondern die oratio Hadriani, die eine unbedingte restitutio und damit die Zufallshaftung für die Zeit nach der litis contestatio begründet. Diese Haftung steht freilich nicht mehr unter dem Vorbehalt, daß die Sache bei vorheriger Rückgabe dem Erben erhalten geblieben wäre. Dieser dringt mit seiner Klage schon deshalb durch, weil er die Erbschaftssachen verkauft haben könnte. Auf die konkrete Absicht zum Verkauf kommt es nicht an. Der hypothetische Kausalverlauf bei vorheriger Herausgabe bleibt unberücksichtigt, weil der Kläger nach der oratio Hadriani das erhält, was er bei Herausgabe der Erbschaft im Zeitpunkt der litis contestatio gehabt hätte. Dies sind ungeachtet ihres nachfolgenden Todes die im Zeitpunkt der litis contestatio noch lebenden Erbschaftssklaven und Tiere. Paulus hält diese von den übrigen restitutorischen Klagen abweichende Lösung für durus. Unter Hinweis auf die Verkaufsmöglichkeit kann er sie jedoch rechtfertigen. Die gleiche Begründung gibt Ulpian für die Zufallshaftung beim Legat: D 30.47.6 Ulp 22 Sab Item si fundus chasmate perierit, Labeo ait utique aestimationem non deberi: quod ita verum est, si non post moram factam id evenerit: potuit enim eum acceptum legatarius vendere.

exhiberetur: tanto magis si apparebit eo casu mortuum esse, qui non incidisset, si tum exhibitus fuisset. ' Daß der mit der actio ad exhibendum belangte Besitzer eines Sklaven nach dessen Tod ohne Rücksicht auf sein Verschulden haftet, gilt nur interdum und jedenfalls, wenn der Sklave bei Auslieferung im Zeitpunkt der litis contestatio nicht gestorben wäre. Darin liegt kein offener Widerspruch zu Ulpians Aussage in D 10.4.7.5 (Ulp 24 ed), wenn man Paulus' Entscheidung mit Käser, Restituere, S. 88f. und wegen der Formulierung: ,per eum non effectum, quo minus ... auf einen der mora ähnlichen Fall bezieht. 21

Der Fortgang des Textes lautet: ,et hoc iustum esse in specialibus petitionibus Proculo placet : Cassius contra sensit, in praedonis persona Proculus recte existimat, bonae fidei possessoribus Cassius. nec enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut propter metum huius periculi temere indefensum ius suum relinquere. Zum Ausdruck kommt hier der Schulenstreit über die Frage, ob der mit einer actio in rem Belangte stets oder nur für den verschuldeten Besitzverlust haftete; dazu Käser, SZ 51, 92ff., der sich später allerdings für die Annahme einer Interpolation von D 5.3.40pr. entschieden hat (vgl. Restituere, S. 71f.; anders wiederum in RP I 2 , 1971, S. 436 Fn. 48), und Wimmer (Fn. 13), S. 68ff.

20

. Kapitel:

rungen der mora dbitos

Ob Labeo den Schuldner des vom Erdbeben zerstörten Grundstücks stets befreien wollte oder den Fall der mora nicht bedacht hat, ist ungewiß.22 Ulpian ändert oder vervollständigt die Aussage des älteren Juristen jedenfalls so, daß sie zu übrigen klassischen Texten über Klagen auf ein certum paßt: Die mora des Schuldners löst eine unbedingte Zufallshaftung aus, die nicht dadurch in Frage gestellt wird, daß der Leistungsgegenstand bei rechtzeitiger Leistung auch dem Gläubiger abhanden gekommen wäre. Sein Anspruch hängt nicht davon ab, ob er die Absicht hatte, die geschuldete Sache zu verkaufen und das Verlustrisiko so einem Dritten aufzubürden. Es reicht aus, daß er die Sache verkaufen konnte. Die condictio, mit der ein Gläubiger den Schuldner eines certum belangt, ist nicht restitutorisch, sondern auf Leistung gerichtet. Ihre Ästimationsformel fragt nicht danach, was der Gegenstand wert sein werde, sondern:,quanti ea res est'l Dies bedeutet nicht nur, daß die Wertschätzung für den Zeitpunkt der litis contestatio zu erfolgen hat. Es bedeutet auch, daß das mögliche Schicksal des Leistungsgegenstandes beim Gläubiger nicht ins Gewicht fallen darf. Bestätigt finden wir diese Überlegung in D 42.1.8 Paul 5 Plaut Si homo ex stipulatu petitus post litem contestatam decesserit, absolutionem non faciendam et fructuum rationem habendam placet.

Paulus' Aussage zur actio ex stipulatu erlaubt einen Schluß auf die Rechtslage bei der condictio: Der nach litis contestatio eintretende Sachuntergang vermag die bei der actio ex stipulatu stattfindende Beurteilung nach der gleichfalls präsentischen Formel: ,quidquid dare facere oportet' ebensowenig zu beeinflussen wie die Schätzung von, quanti ea res est ' bei der condictio. 23 Dazu steht nicht in Widerspruch, daß sich Paulus hier ebenso wie in D 22.1.38.724 und die dort zitierten Sabinus und Cassius für eine Erstattung der Prozeßfrüchte ausspricht. Diese ex aequitate hergeleitete Pflicht muß noch nicht einmal eine Besonderheit der actio ex stipulati i 2S sein, sondern kann, wie die überlieferte Fassung von D 22.1.38.7 nahelegt, gleichermaßen bei anderen Klagen ad id consequendum quod meum non fuit und damit auch bei der condictio bestanden haben. Denn die nach litis contestatio anfallenden Früchte sind schon zu diesem Zeitpunkt in der Sache angelegt und erhöhen dadurch automatisch , quanti ea

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Ebenso Käser, SDHI 46, S. 144; anders Riccobono jr., S. 202f. Für die Annahme von Käser, Restituere 96f., Paulus sei es nicht um die Zufallshaftung, sondern nur um die Erstattung der Prozeßfrüchte gegangen, bietet der überlieferte Text keine Anhaltspunkte. 24 Siehe oben unter I. 25 Oder der actio ex testamento, vgl. D 30.91.7 lui 36 dig und Käser, Restituere, S. 5Off. 23

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

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res est'. Ihre Erstattung bedeutet nur, daß dieser Zustand wiederhergestellt wird (, ut causa restituatur *). 26 Allgemeiner zur Zufallshaftung nach litis contestatio äußert sich Pomponius in D 16.3.12.3(22 Sab) Quemadmodum quod ex stipulatu vel ex testamento dari oporteat, post iudicium acceptum cum detrimento rei perirei, sic depositimi quoque eo die, quo depositi actum sit, periculo eius apud quem depositum fuerit est, si iudicii accipiendi tempore potuit id reddere reus nec reddidit.

Die Gefahr des Sachuntergangs nach litis contestatio, die Paulus am Fall des homo ex stipulatu petitus darstellt, trifft nach Pomponius auch bei der actio ex testamento und bei der actio depositi den Beklagten. Der vermeintliche Widerspruch dieser Aussage zu den schon untersuchten Äußerungen Sabinus' und Cassius', die Gaius in D 16.3.14.1 mitteilt, löst sich auf, wenn man diese mit Käser 27 auf die formula in factum concepta, die Stellungnahme Pomponius' dagegen auf die formula in ius concepta der actio depositi bezieht. Nur dann leuchtet auch der Vergleich zu actio ex stipulatu und actio ex testamento ein. Ebenso wie diese enthält die formula in ius concepta der actio depositi die präsentische Formel ,quidquid dare facer e oportet\ die den Richter bei der Interessenschätzung nicht anders als das ,quanti ea res est' der condictio auf den Zeitpunkt der litis contestatio festlegt. Da die Leistung in diesem Moment noch möglich war, 28 ist ein nachträglicher Sachuntergang für die Schätzung des Interesses ohne Belang. Ist die Leistung vor der litis contestatio unmöglich geworden, ist sie eigentlich gar nichts wert. Wird ihre Möglichkeit bei der perpetuatio obligationis unterstellt, hat sie ohnehin nur einen fiktiven Wert, der keineswegs zwingend mit Rücksicht auf das mögliche Schicksal der rechtzeitigen Leistung beim Gläubiger ermittelt werden muß. Zu einem Ausschluß der Haftung bei einer nicht verzögerungsbedingten Unmöglichkeit könnte man nur durch einen eltsprechenden Vorbehalt im Tatbestand der perpetuatio obligationis gelangen. Er lautet in der paulinischen Kurzfassung in D 45.1.91.3 ,culpa débitons' und sonst, wie Gradenwitz' 19 nachgewiesen hat: ,per debitorem stetit, quo minus daret' 30. Diese

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Entgegen Käser, Restituere, S. 48f., ist der „Restitutionsgedanke", wie er bei den iudicia mit Astimationsklausel im Futur gilt, hier entbehrlich. 27 Restituere, S. 93f. 28 Nur dies und nicht etwa ein Verzug des Beklagten ist entgegen Käser, Restituere, S. 94, der Sinn von ,si iudicii accipiendi tempore potuit id reddere reus ... 29 SZ 34 (1913) 260ff. 30 So ansatzweise schon Pernice, Labeo II.2.12, 1900, S. 23, 26, 134, der allerdings auch culpa im Sinne von „Verschuldung" als Sprachgebrauch der veteres gelten lassen will.

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Formulierung erscheint im überwiegenden Teil der Quellen zu mora und perpetuatio obligationis 31 und in abgewandelter Form auch in einem Text, der ein Sabinuszitat enthalten könnte: D 12.1.5 Pomp 22 Sab Quod te mihi dare oporteat si id postea perierit, quam per te factum erit, quominus id mihi dares, tuum fore id detrimentum constat. ...32

Die Voraussetzung: ,per debitorem stetit, quo minus dar et ist stets erfüllt, wenn der Schuldner deshalb nicht mehr zur Leistung imstande ist, weil er sie verzögert hat. Bei rechtzeitigem Angebot wäre es immer und auch dann zur solutio gekommen, wenn der Leistungsgegenstand später aufgrund eines Ereignisses untergeht, das nicht nur beim Schuldner, sondern gleichermaßen beim Gläubiger eingetreten wäre. Warum sieht der Tatbestand der perpetuatio obligationis für diesen Fall keine Ausnahme vor? Die Antwort fällt leicht: Weil er dem Tatbestand der Nichterfüllung, für den der Schuldner hier kraft der Fiktion der perpetuatio obligationis haftet, nachgebildet ist. Der in Wahrheit sanktionierte Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung folgt den gleichen Regeln wie die Nichterfüllung der Leistungspflicht. So wie hier das weitere Schicksal des Leistungsgegenstands nach litis contestatio unbeachtlich ist, kann der hypothetische Kausalverlauf auch im Fall der mora keine Berücksichtigung finden. Durch die Sanktion der Leistungsverzögerung wird der Gläubiger so gestellt, wie er stünde, wenn die litis contestatio bei Eintritt der mora stattgefunden hätte. Die Streitbefestigung ist unter gewöhnlichen Umständen der Zeitpunkt, der für die Bestimmung des Gläubigerinteresses an der Leistungspflicht maßgeblich ist. Kraft der perpetuatio obligationis wird er bei mora des Schuldners vorverlegt, um der zusätzlichen Pflicht zur rechtzeitigen Leistung Wirkung zu verleihen: D 13.3.3 Ulp 27 ed In hac actione si quaeratur, res quae petita est cuius temporis aestimationem recipiat, verius est, quod Servius ait, [condemnationis] tempus spectandum: si vero desierit esse in rebus humanis, mortis tempus, sed en platei secundum Celsum erit spectandum: non enim debet novissimum vitae tempus aestimari, ne ad exiguum pretium aestimatio redigatur in servo forte mortifere vulnerato, in utroque autem, si post moram deterior res facta sit, Marcellus scribit libro vicensimo habendam aestimationem, quanto deterior res facta sit: et ideo, si quis post moram servum eluscatum dederit, nec liberari eum: quare ad tempus morae in his erit reducenda aestimatio.

Der Zeitpunkt, der für die aestimatio bei der condictio certae rei ausschlaggebend ist, verschiebt sich Servius zufolge mit dem Sachuntergang von der litis 31

Vgl. D 7.1.36.2 Afr 5 quaest(dazu unten im Text), D 45.1.23 Pomp 9 Sab (unten § 5 I), D 46.3.92 Pomp 9 epist (oben im Text), D 44.7.45 Paul 5 Plaut (unten § 2 I), D45.1.49pr. Paul 37 ed. 32 Zum Fortgang des Textes unten § 4 II.

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

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contestatici* auf das mortis tempus. Celsus stellt klar, daß damit nicht der letzte Moment gemeint ist, in dem die Sache existiert, sondern der Zeitpunkt, in dem das zum Sachuntergang führende Ereignis eintritt. Andernfalls käme es bei der tödlichen Verwundung eines Sklaven zur aestimatio eines wertlosen Objekts. Diese Einschränkung ist geboten bei der perpetuatio obligationis wegen aktiver Herbeiführung des Sachuntergangs, aber unnötig bei der Haftung wegen mora . Hier beugt einer unsachgemäßen Schätzung zum ,novissimum vitae tempus' schon die Rückverlagerung des Ästimationszeitpunkts auf den Eintritt der mora vor. Nach Marceil gilt nämlich für ,beide4 Fälle, also sowohl bei fortdauernder Existenz als auch bei Untergang des Leistungsgegenstands, daß eine Sachverschlechterung nach Eintritt der mora zu Lasten des Schuldners geht, weil es für die aestimatio auf das tempus morae ankommt. Bei der condictio furtiva , wo der Schuldner immer mora begeht, vervielfältigt sich so der Zeitpunkt der Schätzung: D 13.1.8.1 Ulp 27 ed Si ex causa furtiva res condicatur, cuius temporis aestimatio fiat, quaeritur. placet tarnen id tempus spectandum, quo res umquam plurimi fuit, maxime cum deteriorem rem factam fur dando non liberatur: semper enim moram fur facere videtur.

Der Bestohlene kann vom fur den höchsten Wert verlangen, den die Sache vor ihrem Untergang oder der litis contestatio hatte. Der fur begeht stets und damit in jedem Moment, in dem er die Sache hat, erneut mora 34. Die Vorverlagerung des Ästimationszeitpunkts kann auf jeden beliebigen Moment erfolgen, in dem das furtum andauert, und damit auch auf den, in dem die Sache den höchsten Wert hatte. Wertsteigernde Verwendungen, die der fur auf die Sache gemacht hat, bleiben aus dem gleichen Grund unberücksichtigt: D 13.1.13 Paul 39 ed Ex argento subrepto pocula facta condici posse Fulcinius ait: ergo in condictione poculorum etiam caelaturae aestimatio fiet, quae impensa iuris facta est, quemadmodum si infans subreptus adoleverit, aestimatio fît adulescentis, quamvis cura et sumptibus iuris creverit. 35

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Zur Interpolation von , condemnationis ' Käser, Quanti , S. 93f. Käser, Quanti, S. 124. 35 Diese Lösung läßt sich entgegen Pika, Ex causa furtiva, 1988, S. 106f. gerade nicht damit erklären, daß die condictio furtiva allgemeine Schadensersatzklage ist. Wäre sie es, müßten wertsteigernde Verwendungen des fur Berücksichtigung finden, weil der Kläger nur so gestellt werden dürfte, wie er stünde, wenn der Diebstahl unterblieben wäre. Ohne die Annahme einer Schadensersatzfunktion muß man auch bei der Deutung von Ulpians und Paulus' Entscheidung im Fall der Erbeinsetzung des entwendeten Sklaven (D 47.2.58.28 Ulp 37 ed, D 13.1.3 Paul 9 Sab, siehe oben II 1) auskommen. Kann der Bestohlene auch die Herausgabe der Erbschaft verlangen, liegt dies daran, daß sich der Wert des Sklaven mit der Erbeinsetzung erhöht hat, vgl. Käser, Quanti , S. 120f. 34

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Die unbedingte Zufallshaftung des Schuldners beruht also, wie Niedermeyer 36 richtig erkannt hat, auf einer Ausblendung der Gläubigersphäre. Diese ergibt sich aber nicht aus einer räumlichen, sondern aus einer zeitlichen Abgrenzung. Sie folgt aus der Vorverlagerung des für die Interessebestimmung maßgeblichen Zeitpunkts von der litis contestatio auf den Eintritt der mora. Sie ist kein Produkt archaischer Formelhörigkeit, sondern nur die konsequente Weiterbildung des bei den Klagen auf ein certum geltenden Interessebegriffs. Dieser ist normalerweise an den Zeitpunkt der litis contestatio gebunden und daher für spätere Ereignisse unzugänglich. Es genügt, daß der Leistungsgegenstand zur Zeit der litis contestatio von Wert war, weil der Gläubiger ihn verkaufen konnte. Nichts anderes gilt bei mora des Schuldners: Es reicht aus, daß der Gegenstand bei rechtzeitiger Leistung werthaltig gewesen wäre oder, wie Ulpian in D 30.47.6 sagt: potuit eum acceptum vendere? 1 Keine Ausnahme bedeutet es, wenn bei der aestimatio der spätere Sachuntergang berücksichtigt wird, weil dieser ausnahmsweise auf den Wert der Leistung bei Eintritt der mora rückwirkt. Der Fall ist dies beim unveräußerlichen und auf den Sachuntergang befristeten usus fructus, den Julian im Gegensatz zu Ulpian38 als certum angesehen haben könnte:39 D 7.1.36.2 Afr 5 quaest Ususfructus servi Titio legatus est: cum per heredem staret, quo minus praestaretur, servus mortuus est: aliud dici non posse ait, quam in id obligatum esse heredem, quanti legatarii intersit moram factam non esse, ut scilicet ex eo tempore in diem, in quo servus sit mortuus, ususfructus aestimetur. cui illud quoque consequens esse, ut si ipse titius moriatur, similiter ex eo tempore, quo mora sit facta, in diem mortis aestimatio ususfructus heredi eius praestaretur.

Der Sachuntergang wirkt hier nicht anders als der nachfolgende Tod des Vermächtnisnehmers, der sich gleichfalls auf den Wert des usus fructus im Zeitpunkt der Eintritts mora auswirkt.40

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S. 402f. und passim, dagegen zu Unrecht Käser, SDHI 46, 140 Fn. 232. Der Interpolationsverdacht, den Heymann, S. 42, Käser, RE, Sp. 261, Quanti, S. 93 und Niedermeyer, S. 401 f. gegen diesen Satz hegen, beruht auf der unzutreffenden Voraussetzung, Ulpian verlange hier den Nachweis einer konkreten Verkaufsabsicht Statt dessen genügt Ulpian die abstrakte Möglichkeit zum Verkauf die nicht Voraussetzung, sondern allgemeine Begründung der unbedingten Zufallshaftung und entgegen Pernice, Labeoü.2.1 , 1900, S. 140 auch keineswegs „von einer gewissen Naivität" ist. Ähnlich Riccobono jr., S. 207, dessen Annahme einer Veränderung von ,potuisset' in,potuit ' esfreilich gerade nicht bedarf. 38 D 45.1.75.3 Ulp 22 ed. 39 Vgl. D 45.1.56.7 lui 52 dig, 45.1.58 lui 54 dig und dazu Käser, Quanti, S. 102ff. 40 Entgegen Käser, Quanti, S. 101 und Riccobono jr., S. 322 ist diese Entscheidung nicht nur vom Standpunkt einer Interesselehre, sondern auch vor dem Hintergrund der perpetuatio obligationis keineswegs ,zweifelhaft 4. 37

§ 1 Perpetuatio obligationis certae rei

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III. Zweifel am Konzept der perpetuatio obligationis Ist die ausnahmslose Zufallshaftung auch mit dem Interessebegriff vereinbar, hat sie doch eine sehr bedenkliche Konsequenz. Hält man sich an die Formel: per debitorem stetit, quo minus daret, und verlagert den für das Interesse entscheidenden Zeitpunkt der litis contestatio auf den Eintritt der mora vor, bleibt nicht nur unberücksichtigt, ob der zufällige Sachuntergang auch den Gläubiger getroffen hätte. Gleichermaßen folgenlos muß es sein, wenn die Leistung später aufgrund eines Umstands unmöglich wird, der dem Gläubiger zuzurechnen ist. Die Voraussetzungen der perpetuatio obligationis sind nicht nur dann erfüllt, wenn der Leistungsgegenstand nach Eintritt der mora zufällig untergegangen ist. Sie liegen schon dann vor, wenn die Sache nach mora überhaupt untergegangen ist. Unter diesen Umständen gilt stets, daß es am Schuldner liegt, wenn der Gläubiger keine Leistung erhielt, die bei Einhaltung der Leistungszeit für ihn von Wert gewesen wäre. Ob der Gläubiger selbst zum späteren Sachuntergang beigetragen hat, kann ebensowenig eine Rolle spielen wie die Frage, ob die Sache auch bei ihm zufällig untergegangen wäre. Die bloße Kombination von Unmöglichkeit und mora débitons führt zur perpetuatio obligationis, durch die das Geschehen nach Eintritt der mora irrelevant wird. Daher lautet ihr Tatbestand auch schlicht, daß die Sache ,post moram ' untergeht. Außer in D 30.47.6 finden wir diese Formel noch in einem Auszug aus Ulpians Ediktskommentar: D 45.1.82.1 Ulp 78 ed Si post moram promissoris homo decesserit, tenetur nihilo minus, proinde ac si homo viveret.

Daß sie zu ungerechten Ergebnissen führt, zeigt eine Note Scaevolas zum 22. Buch von Julians Digesten: D 2.14.54 Si pactus sim, ne Stichum, qui mihi debebatur, petam: non intellegitur mora mihi fieri mortuoque Sticho puto non teneri reum, qui ante pactum moram non fecerat.

Ist der geschuldete Sklave gestorben, nachdem Gläubiger und Schuldner ein pactum de non petendo eingegangen sind, wird der Schuldner befreit. Dies gilt jedoch nur, wenn der Schuldner sich zuvor keine mora hat zuschulden kommen lassen. Ist dies der Fall, bleibt das anschließende pactum ohne Wirkung. Denn es trifft nach wie vor zu, daß die Sache post moram untergegangen ist. Mit einem noch krasseren Fall, in dem der Gläubiger für den Nichteintritt des Leistungserfolges allein verantwortlich ist, konfrontieren uns nach Paulus' Bericht Celsus und Julian41:

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Zum Folgenden siehe auch Harke, Argumenta Iuventiana ,1999, S. 134ff. mwN.

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D 45.1.91.3 Paul 17 Plaut ... si vero moratus sit tantum, haesitatur, an, si postea in mora non fuerit, extinguatur superior mora, et Celsus adulescens scribit eum, qui moram fecit in solvendo Sticho quem promiserat, posse emendare earn moram postea offerendo: esse enim hanc quaestionem de bono et aequo: in quo genere plerumque sub auctoritate iuris scientiae perniciose, inquit, erratur. et sane probabilis haec sententia est, quam quidem et Iulianus sequitur: ...

Celsus, dessen Ansicht Julian teilt, untersucht den Fall eines erfolglosen Angebots, das der Schuldner nach Eintritt der mora macht. Soll er hier für einen späteren Sachuntergang einstehen müssen, oder hat er seine mora durch das Angebot wettgemacht? Celsus hält die Frage für eine quaestio de bono et aequo und wirft der Gegenansicht vor, geschützt durch die auctoritas iuris scientiae, in einem verderblichen Irrtum zu verharren. Worin besteht die so massiv attackierte Ansicht? Wäre - wie heute - mora des Schuldners ein Rechtszustand, würden auch Celsus' Gegner nicht leugnen wollen, daß sie durch ein nachfolgendes Angebot endet. Das Angebot bleibt jedoch ohne Konsequenzen, wenn die mora kein Rechtszustand, sondern Ausdruck eines einmaligen Rechtsverstoßes, der Auslöser der perpetuatio obligationis lediglich ein Sachuntergang post moram ist. Diese Voraussetzungen bleiben auch dann erfüllt, wenn die Leistungsverzögerung durch nachfolgendes Angebot beendet wird. Vermeiden läßt sich die perpetuatio obligationis nur, wenn das Angebot des Schuldners nicht nur der Leistungsverzögerung ein Ende setzt, sondern auch denfrüheren Verstoß beseitigt. Daß Celsus' Gegner sich dieser Möglichkeit verschließen, ist deshalb so kritikwürdig, weil sie die mora damit wie eine Tatsache behandeln, die, einmal eingetreten, nicht mehr ungeschehen zu machen ist. Mora ist jedoch nur die Rechtsbezeichnung eines Verstoßes gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Verfallsbedingung einer stipulatio poenae, wo Celsus den Schuldner, der seine vom Schiedsrichter aufgegebene Leistung verspätet anbietet, nur mit Hilfe einer exceptio doli und lediglich dann schützt, wenn der Gläubiger die Leistung annimmt: D 4.8.23pr. Ulp 13 ed Celsus ait, si arbiter intra kalendas Septembres dari iusserit nec datum erit, licet postea offeratur, attamen semel commissam poenam compromissi non evanescere, quoniam semper verum est intra kalendas datum non esse: sin autem oblatum accepit, poenam petere non potest doli exceptione removendus. ...

Das nachträgliche Angebot kann nicht mehr die zur Verfallsbedingung gemachte Tatsache aus der Welt schaffen, daß der Schuldner innerhalb der vom Schiedsrichter gesetzten Zeit nicht geleistet hat: semper verum est intra kalendas datum non esse. Anders verhält es sich mit mora. Sie ist Rechtsfolge und als solche ohne weiteres mit der Konsequenz aufzuheben, daß der Schuld-

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TI

ner nicht nur ope exceptionis, sondern zivilrechtlich von seiner Leistungspflicht befreit wird. 42 Wenn Celsus diesen Schritt beim nachträglichen Angebot einer stipulationsweise versprochenen Leistung macht, will er an Funktion und Tatbestand der perpetuatio obligationis nicht rühren. Er macht keine Ausnahme von dem Satz, daß ein Sachuntergang post moram die Haftung des Schuldners zeitigt. Statt dessen legt er nur den normativen Charakter des Tatbestandselements mora offen und bestimmt diese nicht nur aus dem Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung, sondern auch aus dem späteren Verhalten des Schuldners und dessen Verhältnis zum Sachuntergang. Ohne es zu wollen, hat er damit freilich das Konzept der perpetuatio obligationis selbst in Frage gestellt und deren inneren Widerspruch aufgedeckt: Einerseits besteht sie in der Vorverlagerung des für die Bestimmung des Gläubigerinteresses maßgeblichen Zeitpunkts von der litis contestatio auf den Eintritt der mora und ist damit unanfällig für spätere Entwicklungen. Andererseits findet das die Haftung auslösende Ereignis: der Sachuntergang, erst nach diesem Zeitpunkt statt.43 Fragt man nun wie Celsus danach, ob der Sachuntergang noch mit der mora des Schuldners in Zusammenhang steht, kommt man eigentlich nicht umhin, eine Haftung des Schuldners auch dann zu verneinen, wenn die Sache nach rechtzeitiger Leistung beim Gläubiger untergegangen wäre. Denn unter diesen Umständen ist die mora des Schuldners ebensowenig kausal für den Wegfall des Leistungsinteresses wie in Celsus' Fall. Die Formel: per debitorem stetti, quo minus daret, und die Vorverlagerung des für das Gläubigerinteresse maßgeblichen Zeitpunktes ermöglichen zwar eine Anknüpfung der Haftung für mora an die Verletzung der Leistungspflicht. Sie erweisen sich aber als ungeeignet, um aus der Pflichtverletzung des in mora befindlichen Schuldners die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Eine Berücksichtigung des Kausalzusammenhangs zwischen mora und Sachuntergang gelänge nur, wenn man es für die Bestimmung des Gläubigerinteresses beim Zeitpunkt der litis contestatio beließe und entweder die Leistungszeit zum Inhalt der Leistungspflicht machte oder die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung als gesonderte Pflicht neben der Leistungspflicht offen anerkennen würde. In beiden Fällen haftete der Schuldner nach Sachuntergang nur dann, wenn dieser auf der Leistungsverzögerung beruht. Beide Wege sind den römischen Juristen jedoch versperrt, weil der Schuldinhalt bei Klagen auf ein certum abschließend auf die Sachübereignung festgelegt ist. Weder kann diese Leistung um ein zeitliches Element ergänzt werden, noch läßt sich der Schuldinhalt um die zusätzliche Pflicht zur rechtzeitigen Leistung erweitern. Der vermeintliche Ausweg der 42

Ebenso für die condictio furtiva D 13.1.8.1 Ulp 27 ed; vgl. oben § 1 I. Entgegen Cannata , ED, S. 929 kann die perpetuatio nicht ohne Sachuntergang oder -Verschlechterung eintreten, weil die obligatio andernfalls unberührt bleibt. 43

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perpetuatio obligationis, bei welcher die Nichteinhaltung der Leistungszeit durch die Fiktion eines Verstoßes gegen die Leistungspflicht sanktioniert wird, führt, wie Celsus' Kritik zeigt, in eine dogmatische Sackgasse. IV. Strafgedanke Da die perpetuatio obligationis nicht nur bei mora, sondern auch bei einer vom Schuldner aktiv herbeigeführten Unmöglichkeit künstlich wirkt, indem sie eine Haftung trotz Ausschluß der Leistungspflicht, aber gerade aus dieser ermöglicht, verwundert es nicht, daß sie mit einem Strafgedanken unterlegt wird: PS 5.7.4 Cum facto promissorie res in stipulatum deducta intercidit, perinde agi ex stipulatu potest, ac si ea res extaret: ideoque promissor aestimatione eius punitur, maxime si in dolum quoque eius concepta fuerit.

Dem Verfasser der Paulussentenzen scheint die Haftung bei einem facto promissoris eingetretenen Untergang des Leistungsgegenstandes dann ohne weiteres erklärlich, wenn die auf incertum gerichtete stipulatio mit einer clausula doli versehen ist. Denn hier hat die perpetuatio obligationis, die er als Strafe für die Handlung des Schuldners deutet, einen Anhalt in der Stipulationsformel. Daß der Strafgedanke nicht erst das Produkt einer nachklassischen Rechtsentwicklung ist,44 zeigt Papinians Argumentation im § 1 von D 46.3.95 Pap 28 quaest ,Stichum aut Pamphilum, utrum ego velim, dare spondes?' altero mortuo qui vivit solus petetur, nisi si mora facta sit in eo mortuo, quem petitor elegit: tunc enim perinde solus ille qui decessit praebetur, ac si solus in obligationem deductus fuisset. (§ 1) Quod si promissoris fuerit electio, defuncto altero qui superest aeque peti poterit. enimvero si facto debitoris alter sit mortuus, cum debitoris esset electio, quamvis interim non alius peti possit, quam qui solvi etiam potest, neque defuncti offerri aestimatio potest, si forte longe fuit vilior, quoniam id pro petitore in poenam promissoris constitutum est, ...

Der promissor, der Stichus oder Pamphilus versprochen und sich die Wahl vorbehalten hat, kann sich nicht dadurch befreien, daß er die aestimatio des Sklaven anbietet, der durch seine Zutun gestorben ist und billiger geworden war als der überlebende Sklave. Mit dem Tod des einen Sklaven wandelt sich die Wahlschuld in eine Verpflichtung zur Leistung des überlebenden Sklaven. Eine auf den verstorbenen Sklaven gerichtete perpetuatio obligationis, wie sie Papinian im principium für den Fall erwähnt, daß das Wahlrecht dem Gläubiger zu-

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Dies glauben im Unterschied zu Genzmer, SZ 44, 93 auch Heymann, S. 28f. und Käser, SDHI 46, 140, Fn. 233, der seinefrüheren Interpolationsvermutungen (vgl. RE, Sp. 260, 264) offenbar aufgegeben hat.

§ 2 , Verewigung* der Ansprüche auf incertum

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steht und der Schuldner in mora ist, scheidet aus. Sie sei in poenam promissoris constituta und könne daher nicht zu seinen Gunsten wirken. 45 Der Strafgedanke, der nicht von vornherein mit der perpetuatio obligationis verbunden gewesen sein muß, sondern durchaus erst ein spätklassisches Deutungsmuster sein kann, bietet das passende Erklärungsmodell für ein Haftungsinstitut, das dogmatisch nicht zu rechtfertigen ist. Er begründet zum einen den Fortbestand der Haftung trotz Unmöglichkeit der Leistung, ohne daß die Leistungspflicht um weitere Schuldnerpflichten, insbesondere zur Erhaltung der Leistungsmöglichkeit und zur rechtzeitigen Leistung, ergänzt werden müßte. Zum anderen beantwortet er die Frage, warum der Zeitpunkt der Schätzung auf den Eintritt der mora vorverlegt wird, obwohl das die perpetuatio auslösende Ereignis: der Sachuntergang, später stattfindet. Sieht man in der perpetuatio eine Strafe und damit ein Druckmittel zur Erhaltung der Leistungsmöglichkeit und zur rechtzeitigen Leistung, ist man ihrer dogmatischen Verankerung und systemgerechten Ausgestaltung enthoben.

§ 2 , Verewigung* der Ansprüche auf incertum I. Strengrechtliche Verbindlichkeiten Konnten wir die unbedingte Zufallshaftung, die den Schuldner eines certum trifft, auf den untauglichen Mechanismus zurückführen, mit dem die römischen Juristen die Beschränkung des Schuldinhalts zu überwinden trachten, dürfen wir erwarten, daß die Rechtslage bei den Klagen auf, quidquid dare facer e oportet' grundlegend verschieden ist. In diesen Fällen ist der iudex nämlich nicht auf die Entscheidung über den Bestand einer einzigen Leistungspflicht festgelegt, sondern kann selbst bestimmen, wozu der Schuldner verpflichtet war. Für den Sachuntergang nach Eintritt der mora dürfen wir demnach nicht mit einer so komplizierten und in sich widersprüchlichen Denkform wie der perpetuatio obligationis rechnen. Statt dessen dürfen wir eine ungekünstelte Beurteilung erwarten, ob sich der Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung in deren Unmöglichkeit niedergeschlagen hat oder ob der Sachuntergang unabhängig davon eingetreten ist und damit nicht am Schuldner liegt. Aus PS 5.7.446 mußten wir freilich erfahren, daß die perpetuatio obligationis und der ihr innewohnende Strafgedanke auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Schuldner eines incertum eine mit der actio ex stipulatu einzuklagende Leistung unmöglich gemacht hat. Die Klassizität dieser Lösung wird zwar 45

Für eine justinianische Interpolation dieses Passus gibt es entgegen Impallomeni, SDHI 25, 83 keine Anhaltspunkte. 46 Oben § 1 IV.

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nicht durch Papinians Stellungnahme in D 46.3.95.1 bestätigt, wo es um eine nachträglich zum certum gewordene Schuld geht. Sie ergibt sich aber aus D 44.7.45 Paul 5 Plaut Is, qui ex stipulatu Stichum debeat, si eum ante moram manumiserit et is, priusquam super eo promissor conveniretur, decesserit, non tenetur: non enim per eum stetisse videtur, quo minus eum praestaret.

Noch vor Erhebung der actio ex stipulatu und Eintritt von mora ist der zum geschuldeten incertum gehörende Sklave vom Schuldnerfreigelassen worden und anschließend gestorben.47 Paulus verneint eine Haftung, weil der Tatbestand der perpetuatio: ,per debitorem stetit, quo minus daret nicht erfüllt ist. Entscheidend für diese Einschätzung kann nicht die Freilassung des versprochenen Sklaven sein, die der Schuldner ja gerade zu vertreten hat. Maßgeblich muß also statt dessen der Tod des Sklaven sein, der seine Übereignung auch dann verhindert hätte, wenn der Schuldner ihn nichtfreigelassen hätte. Daß der Tod des Sklaven die Haftung ausschließt, kann wiederum nur an dem zeitlichen Verhältnis zur mora liegen, der er vorangeht. Dies bedeutet aber im Umkehrschluß: Wäre der Sklave nach Eintritt von mora gestorben, haftete der Schuldner ohne Rücksicht auf den Umstand, daß der Sklaventod auch beim Gläubiger eingetreten wäre. II. Bonae fidei iudicia Man ist versucht, die Übertragung der perpetuatio obligationis auf die mit ,quidquid '-Formel ausgestattete actio ex stipulatu deren strengrechtlichem Charakter zuzuschreiben und eine andere Beurteilung jedenfalls für die bonae fidei iudicia zu erwarten. Denn bei diesen ist der Richter nicht an die rechtsgeschäftliche Bestimmung des Schuldinhalts gebunden und frei, das Pflichtenprogramm der Parteien innerhalb der Grenzen der bonafides selbst zu bestimmen. Daher kann die Haftung des Verkäufers, der seine Leistung unmöglich gemacht hat, hier unmittelbar an die schädigende Handlung anknüpfen, zu deren Unterlassung der Schuldner als Teil von ,quidquid dare facere oportet ex fide bona ' verpflichtet ist.48 Ganz entsprechend müßte der iudex bei der emptio venditio auch ohne weiteres eine selbständige Haftung für Leistungsverzögerung vorsehen können, bei der die Kausalität von Sachuntergang und Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung geprüft wird. Doch auch beim Kauf stoßen wir wieder auf die unbedingte Zufallshaftung:

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Vgl. Genzmer, SZ 44, 128, der mit diesem Verständnis des Textes die Interpolationsannahme von Käser, RE, Sp. 261 entbehrlich macht. 48 Vgl. D 19.1.23 lui 13 dig und dazu J. G. Wolf TR 45 ( 1977), 1 ff.

§ 2 , Verewigung der Ansprüche auf incertum

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D 18.4.21 Paul 16 quaest ... nam si eundem hominem tibi vendidero et necdum tradito eo alii quoque vendidero pretiumque accepero, mortuo eo videamus ne nihil tibi debeam ex empto, quoniam moram in tradendo non feci (pretium enim hominis venditi non ex re, sed propter negotiationem percipitur) et sic sit, quasi alii non vendidissem: tibi enim rem debebam, non actionem, at cum hereditas venit, tacite hoc agi videtur, ut, si quid tamquam heres feci, id praestem emptori, quasi illius negotium agam: quemadmodum fundi venditor fructus praestet bonae fidei ratione, quamvis, si neglexisset ut alienum, nihil ei imputare possit, nisi si culpa eius argueretur. ...

In einem Vergleichsfall zur Konstellation eines Erbschaftskaufs, bei dem Paulus die Verpflichtung zur Auskehr des lucrum ex negotiatione erwägt,49 klärt uns der Jurist über das Verhältnis von periculum und mora auf: Hat der Verkäufer den einzeln verkauften Sklaven vor der Übergabe an den Käufer erneut verkauft, 50 ist er dem ersten Käufer nicht zur Auskehr des vom zweiten Käufer erhaltenen Kaufpreises verpflichtet, wenn der Sklave verstorben ist, noch bevor er gegenüber dem ersten Käufer in Verzug geriet. Daß die so verwirklichte Gefahr eines zufälligen Sachuntergangs der Käufer tragen soll, leuchtet vor dem Hintergrund der Barkaufstruktur, die die klassische emptio venditio hat, ohne weiteres ein.51 Daß er aber keinen Anspruch auf das vom Zweitkäufer gezahlte pretium haben soll, ist offensichtlich unbillig und konfrontiert uns mit den Systemfehlern, welche die Ausbildung der emptio venditio zum Verpflichtungsgeschäft hervorbringt: Wäre Paulus dem Barkaufgedanken und damit der Entäußerungsnatur der emptio venditio treu geblieben, hätte er dem Erstkäufer, dessen Vermögen die Kaufsache schon zugerechnet wird, einen Anspruch auf Herausgabe des pretium als eines durch Fremdgeschäftsführung erlangten Gegenstands zugestehen müssen. Zwar ist richtig, daß sich der Verkäufer den Kaufpreis ,ηοη ex re', sondern ,propter negotiationem' verschafft hat.52 Diese Differenzierung ist jedoch bei Einzel- und Erbschaftskauf gleichermaßen ohne Wert. 53 Der zutreffende Vergleich, den Paulus zur Fruchtherausgabepflicht des

49 Hierzu Weyand, TR 51, 259ff., Reichard, Die Frage Drittschadensersatzes im klassischen römischen Recht, 1993, S. 77ff., Jakobs, Lucrum ex negotiatione, 1993, Schmidt-Ott, Pauli Quaestiones, 1993, S. 137ff., Pennitz, Das periculum rei venditae, 1998, S. lOlff. 50 Für eine Übergabe des Sklaven an den zweiten Käufer gibt es keine Anhaltspunkte; vgl. Pennitz (Fn. 49), S. 110 N. 25. 51 Für die Interpolationsvermutung von Haymann, SZ 40, 325f. besteht kein Anlaß. 52 Die negotiatio liegt entgegen Jakobs (Fn. 49), S. 67ff. schon im Abschluß des zweiten Kaufvertrags, nicht in der Verleitung des Zweitkäufers zur Vorleistung; vgl. Weyand, TR 51, 263. Die Angabe:,pretiumque accepero ist nicht entscheidungserheblich, vgl. Reichard (Fn. 49), S. 86, Pennitz (Fn. 49), S. 110 Fn. 26. 53 Obwohl diese Argumentation unbefriedigend ist, bietet sie keinen Grund für die von Haymann, SZ 40, 323, 325 angestellte Interpolationsvermutung.

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Grundstücksverkäufers zieht,54 und der Hinweis, daß die Kaufsache für den Verkäufer nach dem ersten Verkauf gleichsam , alienus ' sei,55 tragen die Zuerkennung eines Anspruchs auf Preisauskehr sowohl beim Einzel- als auch beim Erbschaftskauf. Traut sich Paulus diesen Schritt nur beim Erbschaftskauf zu56, bleibt die Zuweisung des periculum an den Stückkäufer ohne volle Berechtigung. Daß der Käufer die Gefahr trägt, gilt, ,quoniam mora in tradendo non feci'. Dies bedeutet im Umkehrschluß: Ist der Verkäufer mit der Übergabe der Kaufsache in Verzug geraten, trifft ihn die Gefahr des zufälligen Sachuntergangs,57 und zwar - dies zeigt das Beispiel des Sklaventodes - auch dann, wenn die Sache beim Käufer untergegangen wäre.58 In allgemeinen Wortenfinden wir Paulus' Entscheidung in einem Reskript Gordians, für den Fall des Sklaventodes in einer Konstitution Diokletians bestätigt: CJ 4.48.4 (239) Gord. A. Silvestro mil. Cum inter emptorem et venditorem contractu sine scriptis inito de pretio convenit moraque venditoris in traditione non intercessit, periculo emptoris rem distractam esse in dubium non venit. CJ 4.48.6 (294) Diocl. et Maxim. AA. et CC. Aurelio Cyrillo. Mortis casus ancillae distractae etiam ante traditionem sine mora venditoris dilatam non ad venditorem, sed ad emptorem pertinet, et hac non ex praeterito vitio rebus humanis exempta solutionem emptor pretii non recte récusât.

Das wiederum nur im Gegenschluß zu gewinnende Ergebnis, daß mora des Verkäufers zum Wechsel der Gefahrtragungslast führt, bezeugt ausdrücklich eine Aussage Ulpians zur dos aestimata , deren Beurteilung den Regeln der emptio venditio folgt:

54

Die Interpolationsannahme von Schmidt-Ott (Fn. 49), S. 140f. ist ebenso unberechtigt wie das Urteil von Jakobs (Fn. 49), S. 82, der Vergleich sei für die Geschäftsführungsfrage unergiebig; vgl. auch Weyand, TR 51, 267f., Pennitz (Fn. 49), S. 113f. Fn. 37, S. 117 Fn. 46. Für die Echtheit spricht sich sogar Haymann, SZ 40, 326 aus. 55 Diese Formulierung spricht entgegen Pennitz (Fn. 49), S. 116f., gerade für und nicht gegen eine ,wertzuweisende Kaufbetrachtung 4, wie Weyand den Barkaufgedanken nennt. 56 Daß hier die Vorstellung eines Wechsels der Vermögenszuständigkeit zugrunde liegt, erkennt Weyand, TR 51, 266, 269. 57 Von einem Übergang der Gefahr vom Käufer auf den Verkäufer sprechen hier Sekkel/Levy, SZ 47 (1927) 258ff. 58 Die Folge wäre freilich eine Haftung wegen Nichterfüllung und weder eine Verpflichtung zur „preiwm-Restitution", wie Weyand, TR 51, 261 f. meint, noch ein „Schadensersatzanspruch aus dem Erstkauf 4, wi e Pennitz (Fn. 49), S. 110 annimmt. ,Quoniam mora in tradendo non feci ' begründet nicht die fehlende Sanktion des Zweitverkaufs oder die Pflicht zur Auskehr des pretium, sondern allgemein: , nihil tibi debeam ex empto

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D 23.3.14 Ulp 34 ed Si rem aestimatam mulier in dotem dederit, deinde ea moram faciente in traditione in rerum natura esse desierit, actionem earn habere non puto. D 23.3.15 Pomp 14 Sab Quod si per eam non stetisset, perinde pretium aufert ac si tradidisset, quia quod evenit emptoris periculo est.

In dem von den Kompilatoren angehängten Fragment aus Pomponius' Sabinus-Kommentar stoßen wir auf den schon bekannten Satz, mangels mora trage der Käufer die Gefahr, weil es nicht am Verkäufer liegt, daß die Sache nicht übergeben worden ist. Ulpian zieht den Umkehrschluß für die dos aestimata : War die Frau mit der Übergabe der Mitgift in mora , trägt sie anders als im Normalfall die Gefahr des Sachuntergangs und verliert mit diesem die actio rei uxoriae. Ob ein Zusammenhang zwischen mora und dem Untergang der Sache besteht, spielt keine Rolle. In der unbedingten Zufallsverantwortung des in mora befindlichen Verkäufers erkennen Heymann 59, Genzmer 60 und Käser 61 einen Widerspruch zur Interesselehre, den sie auf eine Transplantation des Prinzips der perpetuatio obligationis in die bonaefidei iudicia zurückführen. Diese Deutung ist nur zum Teil richtig. Wir haben gesehen, daß die unbedingte Zufallshaftung bei den auf certum gerichteten Klagen keineswegs im Gegensatz zum Interessegedanken steht, sondern nur eine besondere Ausprägung desselben ist: Bei mora wird der für die Bestimmung des Gläubigerinteresses maßgebliche Zeitpunkt von der litis contestatio auf den des Eintritts der mora vorverlegt, so daß hier wie dort das weitere Schicksal des Leistungsgegenstands unberücksichtigt bleibt. Auch wenn die Sache nach rechtzeitiger Leistung dem Gläubiger abhanden gekommen wäre, trifft zu, daß es am Schuldner liegt, daß sie nicht geleistet worden ist. Diesen Tatbestand: ,per debitorem stetit, quo minus daret', finden wir leicht variiert auch in Pomponius' Stellungnahme in D 23.3.15. Seine Verwendung bei den auf incertum gerichteten Klagen und insbesondere bei den bonae fidei iudicia bereitet deshalb keine Schwierigkeiten, weil deren intentio ebenso wie die Ästimationsklausel der auf certum gerichteten Klagen im Präsens gehalten ist. Der Richter prüft ,quidquid dare facer e oportet' im Zeitpunkt der litis constestatio und hat damit den gleichen Ausgangspunkt wie bei der Frage: , quanti ea res est Das zukünftige Schicksal des Leistungsgegenstandes und die sich daraus ergebende hypothetische Stellung des Gläubigers sind ohne Relevanz. Nichts anderes darf gelten, wenn man den für das Interesse entscheidenden Zeitpunkt auf den Eintritt der mora vorverlegt. Die unbedingte Zufallsverantwortung des Verkäufers folgt also gleichfalls aus der Interesselehre. Sie be59 60 61

S. 27. SZ 44, 115. RE, Sp. 263. Zurückhaltender in SDHI 46, 140f.

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ruht jedoch - insoweit ist die von Heymann begründete Ansicht zutreffend - auf dem gleichen Mechanismus wie die perpetuatio bei den Klagen auf certum. III.,Abstrakte' Schadensberechnung und utilitas circa ipsam rem Der Gedanke der perpetuatio obligationis löst auch das Rätsel um die vermeintlich ,abstrakte' Berechnung des Käuferschadens: D 19.1.3.3 Pomp 9 Sab Si per venditorem vini mora fuerit, quo minus traderet, condemnari eum oportet, utro tempore pluris vinum fuit, vel quo venit vel quo Iis in condemnationem deducitur, item quo loco pluris fuit, vel quo venit vel ubi agatur.

Medicus 62 entnimmt dem Text, der Käufer könne bei mora des Verkäufers zwischen dem Wert der Kaufsache bei Vertragsschluß und ihrem Wert im Zeitpunkt der condemnatio wählen. Jener habe ihm die Rückzahlung des Kaufpreises als „Minimum des Ersatzes" gesichert, dieser sei kraft des officium iudicis zu berücksichtigen gewesen. Warum sollte aber der Käufer, der nur unter ,utrum tempus ' wählen darf 63, vom Ersatz des Wertes im Zeitpunkt der litis contestatio ausgeschlossen sein, wenn die Kaufsache zu dieser Zeit am meisten wert war? Die Berücksichtigung von Preisveränderungen nach der Streiteinsetzung kann kaum zu Lasten des Klägers ausfallen, wenn schon vor litis contestatio mora eingetreten ist. Daher spricht viel dafür, unter dem , tempus quo Iis in condemnationem deducitur' mit Honseif 4 den Zeitpunkt der litis contestatio zu verstehen, der schon aufgrund der präsentischen intentio der Klageformel:, dare facere oportet der maßgebliche Moment sein muß. Auch beim , tempus quo venit' scheint Medicus ' Deutungfragwürdig. Gemeint kann damit sowohl der Zeitpunkt des Vertragsschlusses als auch der Moment sein, in dem der Verkäufer liefern mußte. Der Hinweis auf die mora des Verkäufers legt den zweiten Zeitpunkt nahe, für den sich wiederum Honseif 5 entscheidet. Geht es mithin um die beiden Zeitpunkte, die für die Konstruktion der perpetuatio obligationis maßgeblich sind, bietet diese ein plausibles Erklärungsmuster für Pomponius' Lösung: Seit dem Eintritt seiner mora trifft den Verkäufer die Gefahr einer Sachverschlechterung, so daß er sich bei einem späteren Preisverfall eine aestimatio des Sachwertes im Zeitpunkt des Leistungstermins gefallen lassen muß. Die perpetuatio wirkt jedoch nur ,in poenam débitons so daß sie bei einer Erhöhung des Preises bis zur litis contestatio 62

Id quod interest, 1962, S. 3 Iff. Die Auswahl irgendeines Moments zwischen den beiden Zeitpunkten ist ausgeschlossen, vgl. Medicus (Fn. 62), S. 32, Honseil, Quod interest im bonaefidei iudicium, 1969, S. 5. 64 AaO (Fn. 63), S. 4. 65 AaO (Fn. 63), S. 3f. 63

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nicht zum Zuge kommt. Die hypothetische Frage, wie der Käufer mit der Kaufsache verfahren wäre, spielt in beiden Fällen keine Rolle. Ebenso, wie bei der Bemessung des Wertes zum Zeitpunkt der litis contestatio das künftige hypothetische Schicksal der Kaufsache im Käufervermögen unerheblich bleiben muß, kann es bei Vorverlagerung des Schätzungszeitpunkts auf den Eintritt der mora nicht darauf ankommen, ob der Käufer den so berücksichtigten Preisvorteil auch bei rechtzeitiger Leistung realisiert hätte. Mit einer „abstrakten" Berechnung des Käuferschadens „nach dem Marktpreis", wie sie in modernen Rechtsordnungen zugelassen und von HonselZ 66 auch für das römische Recht vermutet wird, hat diese Lösung nichts gemein67. Sie ergibt sich schlicht aus der Anwendung der Regeln über die perpetuatio obligationis. Eine Bestätigung erfährt Pomponius' Lösung durch die bekannte Stellungnahme Paulus' in D 19.1.21.3 (33 ed) Cum per venditorem steterit, quo minus rem tradat, omnis utilitas emptoris in aestimationem venit, quae modo circa ipsam rem consistit: neque enim si potuit ex vino puta negotiari et lucrum facere, id aestimandum est, non magis quam si triticum emerit et ob eam rem, quod non sit traditum, familia eius fame laboraverit: nam pretium tritici, non servorum fame necatorum consequitur. nec maior fit obligatio, quod tardius agitur, quamvis crescat, si vinum hodie pluris sit, merito, quia sive datum esset, haberem emptor, sive non, quoniam saltern hodie dandum est quod iam olim dari oportuit.

Als Ausnahme von dem Satz, daß die obligatio nicht deshalb wachsen könne, weil später geklagt wird 68 , nennt Paulus die Wertsteigerung der Kaufsache. Ist sie heute, also im Zeitpunkt der litis contestatio, mehr wert als im Leistungstermin, kann der Käufer den aktuellen Preis der Kaufsache verlangen. Die Begründung ist zweigeteilt. Die erste Erwägung entspricht der modernen Differenzbetrachtung: Hätte der Verkäufer die Sachefrüher geliefert, hätte der Käufer vom Preisanstieg profitiert. Diese Argumentation ist zweifelhaft, solange nicht feststeht, daß der Käufer die Sache auch behalten und nicht alsbald wieder veräußert hätte. Paulus ergänzt sie daher um eine zweite Erwägung, die ohne Hypothese auskommt und den wirklichen Fall trifft: Hat der Verkäufer die Kaufsache, wie tatsächlich geschehen, nicht zum Termin geliefert, ändert dies nichts daran, daß er nach wie vor zur Lieferung verpflichtet bleibt. Daß der 66

AaO (Fn. 63), S. 3. Kritik an Honsells Deutung übt auch Kupisch, TR 43 (1975) 2ff., der mit der Bestimmung des konkreten Käuferinteresses aus dem generellen Marktpreis jedoch keinen plausibleren Lösungsansatz bietet. 68 Es besteht kein Anlaß, diesem Satz mit Kupisch, TR 43 (1975) 9ff. von vornherein den „rechten Sinn" abzusprechen und ,tardius agitur' auf die Leistungshandlung des Schuldners zu beziehen. Die von Kupisch so rekonstruierte Aussage: „bei konstantem Marktpreis wächst die obligatio nicht", ist nicht weniger banal, als Paulus' Satz bei unbefangenem Verständnis scheint. 67

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Käufer ,dare facere oportet \ trifft auch noch im Zeitpunkt der Streiteinsetzung zu und führt ohne weiteres zur Verurteilung in den aktuellen Preis. Eine Anknüpfung an den Wert zum Leistungstermin erfolgt nur kraft perpetuatio obligationis, also , in poenam debitoris und hat eine Sachverschlechterung, hier in Form des Preisverfalls, zur Voraussetzung. Ist der Preis dagegen gestiegen, bleibt es bei der einfachen Verurteilung wegen Nichterfüllung im Zeitpunkt der litis contestatio. Das rechte Verständnis des Schlußsatzes erlaubt auch eine neue Deutung der seit jeher umstrittenen Formel, der Käufer könne nur die .utilitas circa ipsam rem ' beanspruchen.69 Betrachtet man Paulus' Beispiele für die jenseits dieser utilitas 70 liegenden Schadensposten, ist man nicht auf eine sachliche Abgrenzung nach unmittelbaren und Folgeschäden festgelegt. 71 Die Abgrenzung kann auch zeitlich erfolgen. Der Käufer wird nämlich mit dem Vortrag ausgeschlossen, er ,habe' mit der Kaufsache profitablen Handel treiben oder seine Familie vor dem Hunger bewahren können72. Beides sind Umstände, die bei rechtzeitiger Leistung erst nach dem Leistungstermin eingetreten wären. Wird die Interesseschätzung auf diesen Zeitpunkt vorverlegt, findet keine Untersuchung des hypothetischen Schicksals der Leistung beim Gläubiger statt, weil sie auch bei der Bewertung des Interesses im Zeitpunkt der litis contestatio nicht stattfindet. Die gewöhnliche Folge ist gläubigerfreundlich und besteht in der unbedingten Zufallshaftung. Schneidet man dem Schuldner den Einwand ab, die Sache sei auch beim Gläubiger zu dessen Nachteil untergegangen oder verschlechtert worden, darf man umgekehrt den Gläubiger nicht mit dem Vortrag zulassen, er habe durch die Verzögerung der Leistung auch weitere Vorteile versäumt.73 Die Schätzung des Gläubigerinteresses erfolgt entweder zum Leistungstermin oder zum Zeitpunkt der litis contestatio. Wie hier die künftige, so bleibt dort die hypothetische Entwicklung des Falles außer Betracht. Die zu schätzende utilitas kann daher stets nur eine solche, circa ipsam rem ' und muß regelmäßig auf das ,pretium ' beschränkt sein: Der Käufer erhält entweder Ausgleich für

69

Zur Deutungsgeschichte vgl. die Übersicht bei Kupisch, TR 43 (1975) 16f. Die Bedeutung der Formel verschiebt sich nur unerheblich, wenn man unter res mit Kupisch, TR 43 (1975) 20f. nicht die Kaufsache, sondern die in der traditio liegende Verkäuferleistung versteht. 71 So noch Medicus (Fn. 62), S. 39, der einen Vergleich zu der Haftung des Käufers auf Verzugszinsen zieht, vgl. dazu unten § 3 III. 72 Daß Paulus bei ,negotiari' an , Geschäftemacherei 4 gedacht haben könnte (so Kupisch, TR 43 (1975) 18), wird durch das in gleicher Weise beurteilte Hungerbeispiel ausgeschlossen. Bei diesem läßt sich entgegen Honsell (Fn. 63), S. 11 auch keine „Zeit der Hungernot" unterstellen. 73 Entgegen Honsell (Fn. 63), S. 8f. geht es demnach auch hier nicht um die Auswahl zwischen „konkreter Interesseberechnung" und „abstrakter Berechnung nach dem Marktpreis". 70

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die Nichterfüllung im Zeitpunkt der litis contestatio, also den Preis der Sache zu diesem Zeitpunkt, oder er ist kraft perpetuatio obligationis zum Ausgleich für die Nichterfüllung im Leistungstermin, also zum damals bestehenden Preis, berechtigt 74 . In beiden Fällen ist die obligatio an den Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt gebunden75 und für danach eintretende, künftige oder hypothetische Entwicklungen unzugänglich76. Sie kann sich, abgesehen vom Preisanstieg bei perpetuatio obligationis, nicht dadurch vergrößern, daß der Käufer mit der Klageerhebung zögert:, nec maior fit obligatio, quod tardius agitur '.

74

Dies ist das Gegenteil der von Kupisch, TR 43 (1975) 1 Iff. beobachteten Einordnung des Verzugs als „zeitlich unvollständige Erfüllung". Diese könnte einen Ausschluß des Schadensersatzes für entgangenen Gewinn und vermeidbaren Hunger auch nicht mit der Hilfserwägung rechtfertigen, bei vertretbaren Sachen mit Marktpreis erschöpfe sich das Käuferineteresse im Marktwert (so Kupisch, TR 43 (1975) 18). Für seine These kann sich Kupisch auch nicht auf D 46.3.85 Call 1 ed mon und D 50.16.12.1 Ulp 6 ed berufen. Beide Texte beziehen sich nicht auf den Umfang des Nichterfüllungsschadens, sondern auf die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit: ,si quis sponsoribus creditoribusve suis renuntiaverit se solidum solvere non posse ' (Tab. Heracl. Ζ. 114f.); vgl. Le nel, Pal. I, Sp. 94 Ν. 5 und Pal. II, Sp. 444 Ν. 1. 75 Nicht im Widerspruch dazu stehen die beiden folgenden Kaiserkonstitutionen: CJ 4.49.10 (293): Diocl. et Maxim. AA. et CC. Titio Attalo. Cum venditorem carnis fide conventionis rupta tempore placito hanc non exhibuisse proponas, empti actione eum quanti interest tua tunc tibi praestitam fuisse apud praesidem provinciae convenire potes. CJ 4.49.12 (294): Diocl. et Maxim. AA. et CC. Egi Crispino., Sicut periculum vini mutati, quod certum fuerat comparatum, ad emptorem, ita commodum aucti pretii pertinet, utque hoc verum est, sic certae qualitatis ac mensurae distracto vino fidem placitis servandam convenit: quo non restituto non pretii quantitatis, sed quanti interest empti actio competit. Die Gegenüberstellung von pretium und quod interest in CJ 4.49.12 läßt sich wegen der Erwähnung des ,commodum aucti pretii' ohne Schwierigkeiten als Darstellung des Gegensatzes von vereinbartem Preis und aktuellem Marktwert verstehen; vgl. Honseil (Fn. 63), S. 7, der allerdings zu Unrecht auch erwägt, die Juristen der Spätzeit könnten eine „abstrakte Berechnung nach dem Marktpreis" nicht mehr verstanden haben; dagegen Kupisch, TR 43 (1975) 6. Die Formel: , quanti interest tua tunc tibi praestitam fuisse' , in CJ 4.49.10 besagt nicht mehr, als daß der Käufer auch den Marktpreis im Zeitpunkt des Leistungstermins fordern kann. Der zweifelhaften und von Kupisch, S. 7 zu Recht bemängelten Überlegung von Honsell, S. 12, Fleisch habe in Rom keinen Marktpreis gehabt, bedarf es nicht. 76 Dies schließt nicht aus, daß der Käufer interdum auch gegenwärtige weitere Nachteile ersetzt erhält: D 19.1.1pr. Ulp 28 Sab: Si res vendita non tradatur, in id quod interest agitur, hoc est quod rem habere interest emptoris: hoc autem interdum pretium egreditur, si pluris interest, quam res valet vel empta est. Honsell (Fn. 63), S. 14 entnimmt diesem Text zu Recht, daß für Ulpian pretium und quod interest im Regelfall identisch sind und nur ausnahmsweise auseinanderfallen.

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§ 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte Wir finden die Konstruktion der perpetuatio obligationis bei Klagen auf incertum also im gleichen Umfang verwirklicht wie bei den Klagen auf certum. Bei den auf, quidquid dare facere oportet ' gerichteten iudicia scheint es jedoch nicht an einer Alternative zu fehlen, um die Haftung und Gefahrtragung des Schuldners bei mora ohne künstliche Vorverlagerung des Schätzungszeitpunkts herzustellen. Warum lassen die römischen Juristen den Schuldner nicht einfach aus dem Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung haften, die sie doch aufgrund der bonafides zum Schuldinhalt erklären können? Ist die Leistungszeit vielleicht ein Umstand, der auch bei den auf incertum gerichteten Klagen grundsätzlich nicht zum Gegenstand einer obligatio gemacht werden kann? Die Antwort auf diese Fragen geben uns die römischen Juristen mit ihren Ausführungen zu den Verzugszinsen. I. Wirkungsbereich der mora Während eine Fruchterstattung nach dem Zeugnis von D 22.1.38.777 bei den strengrechtlichen iudicia keine Verzugsfolge ist und erst ab Einsetzung des Rechtsstreits in Betracht kommt, ist die Pflicht zur Entrichtung von usurae typische Folge der mora bei den bonaefidei iudicia: D 22.1.32.2 Marcian 4 reg In bonae fidei contractibus ex mora usurae debentur. CJ 3.34.2 (238) Gordianus a Celsino mil. Usurae in depositi actione sicut in ceteris bonae fidei iudiciis ex mora venire soient.

Eine allgemeine Pflicht zur Erstattung von Verzugsfrüchten gibt es auch beim Fideikommiß: D36.1.19pr. Ulp 15 Sab Infideicommissaria hereditatis restitutione constat non venire fructus, nisi ex mora facta est aut cum quis specialiter fuerit rogatus etfructus restituere. D 32.26 Paul 2 Ner Is qui fideicommissum debet post moram non tantum fructus, sed etiam omne damnum, quo adfectus estfideicommissarius, praestare cogitur.

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Vgl. oben § 11.

§ 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte

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D 22.1.14.1 Paul 14resp ... Neratius libro primo ita refert eum, qui similiter rogatus esset, ut mulierem restitueret, partum eius restituere cogendum non esse, nisi tunc editus esset, cum in fideicommisso restituendo moram fecisset. ... 78 D 22.1.39 Mod 9 difif Equis perfideicommissum legatis post moram heredis fetus quoque debentur.79

Den ersten Schritt zu einer Erstreckung der Fruchterstattungspflicht auf Legate macht Julian für das legatum sinendi modo: Gai 2.280 Itemfideicommissorum usurae etfructus debentur, si modo moram solutionis fecerit, quifideicommissum debebit; legatorum vero usurae non debentur, idque rescripto divi Hadriani significatur. scio tarnen Iuliano placuisse in eo legato, quod sinendi modo relinquitur, idem iuris esse quod in fideicomissis; quam sententiam et his temporibus magis optinere video.

Die Gleichstellung von Legaten und Fideikommissen erfolgt jedoch erst in nachklassischer Zeit: PS 3.8.4 Ex mora praestandorum fideicomissorum vel legatorum fructus et usurae peti possunt: mora autem fieri videtur, cum postulanti non datur.80

Den Verzugsfrüchten kommt beim wichtigsten Schuldverhältnis bonae fidei; dem Kauf, nur eingeschränkte, nämlich einseitige Bedeutung für den Verkäufer zu. Grund ist die Barkaufstruktur der klassischen emptio venditio, die, obgleich zum Verpflichtungsgeschäft ausgebildet, den Charakter eines Übereignungsgeschäfts hat: Die Kaufsache wird mit Abschluß des Vertrages dem Vermögen des Käufers zugerechnet, so daß dieser fortan nicht nur die Gefahr des Sachuntergangs trägt, sondern, wie Weyarni 81 außer Zweifel gestellt hat, auch die Gebrauchsvorteile in Form von Natural- und Zivilfrüchten zugewiesen erhält. Für eine besondere Pflicht des Verkäufers zur Erstattung der nach mora anfallenden Früchte ist daneben kein Platz. Denkbar ist eine Pflicht zur Fruchterstattung nur umgekehrt auf Seiten des Käufers, den eine regelrechte Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises trifft. Die Verzinsung des Kaufpreises tritt wiederum automatisch, allerdings erst mit Übergabe der Kaufsache ein:

78 Die Vermutung von Riccobono jr., S. 284, auch die Entscheidung von D 32.26 gehe auf Neraz zurück, hat wegen dieses Zitats eine gewisse Berechtigung. 79 Vgl. auch die Entscheidung von Papinian in D 22.1.8 (2 resp) = Vat. 65. 80 Daß wir es hier mit einer von der Kognitur angestoßenen Entwicklung schon des klassischen Rechts zu tun haben, glaubt offenbar auch Pernice, Labeo II.2.12, 1900, S. 143. 81 TR 51, 225, 229ff.

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PS 2.17.19 Post rem traditam nisi emptor pretium statim exsolvat, usuras eius praestare cogendus est. D 19.1.13.20 Ulp 32 ed Veniunt autem in hoc iudicium infra scripta, in primis pretium, quanti res venit. item usurae pretii post diem traditionis: nam cum re emptorfruatur, aequissimum est eum usuras pretii pendere.

Die Ungleichbehandlung der aus der Kaufsache gezogenen Früchte und der Kaufpreiszinsen hat ihre Ursache in der unterschiedlichen Struktur der beiden Leistungen: Während die Kaufsache als individueller Gegenstand noch den Wirkungen des in der emptio venditio verborgenen Übereignungsgeschäfts unterworfen wird, ist der Kaufpreis der Gattung nach bestimmt und daher bei einem Distanzgeschäft von vornherein nur als Gegenstand einer reinen obligatio denkbar. Eine automatische Zuweisung der nach Vertragsschluß anfallenden Früchte, die bei der Kaufsache aus dem Wechsel der Vermögenszuständigkeit folgt, ist hier ausgeschlossen. Sie wäre auch ohne innere Rechtfertigung, weil der Verkäufer als Gläubiger einer Geldschuld anders als der Käufer nicht die Gefahr eines zufälligen Untergangs der ihm geschuldeten Leistung trägt. 82 Siber 83, der schon die Zuweisung der nach Vertragsschluß gezogenen Früchte an den Käufer in Abrede stellt, hat versucht, das Zeugnis von PS 2.17.19 und D 19.1.13.20 als Produkt einer nachklassischen Rechtsentwicklung zu erweisen, durch die ein Zinsprivileg minderjähriger Verkäufer verallgemeinert worden sei. Für eine andere Beurteilung der Zinspflicht im klassischen Recht fehlt es jedoch an Belegen. Nicht im Widerspruch zur Aussage Ulpians und der Paulussentenzen steht D 22.1.18.1 Paul 3 resp Post traditam possessionem defuncto venditore, cui successor incertus fuit, medii quoque temporis usurae pretii, quod in causa depositi non fuit, praestabuntur.

Daß der Tod des Verkäufers den Zinslauf nicht bis zum Antritt der Erbschaft hemmt, ist keineswegs eine banale Äußerung, die juristischen Erkenntniswert erst vor dem Hintergrund eines Zinsprivilegs des mindeijährigen Verkäufers böte84. Das Problem des Falles liegt darin, daß der Käufer in der Zeit zwischen Todesfall und Erbschaftsantritt keine Möglichkeit hat, den Kaufpreis anzubieten. Ohne vorheriges Angebot kann aber auch eine depositio den Zinslauf normalerweise nicht stoppen:

82 83 84

Knütel, SZ 105, 522, 529. SZ 45(1925) 146ff. So aber Siber, SZ 45 (1925) 154.

§ 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte

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CJ 4.32.2 Sev. et Ant. AA. Lucio. Usuras emptor, cui possessio rei tradita est, si pretium venditori non obtulerit, quamvis pecuniam obsignatam in depositi causa habuerit, aequitate ratione praestare cogitur.

Ist ein Angebot nicht möglich, stellt sich die Frage, ob der Anfall von Zinsen ausnahmsweise von selbst und sogar ohne depositio gehindert sein soll. Paulus verneint dies und verlangt vom Käufer zumindest eine depositio, der er in diesem Fall vermutlich auch ohne vorangehendes Angebot zinshemmende Wirkung beimißt.85 Gegen eine automatische Verzinsung ab traditio der Kaufsache spricht auch nicht D 22.1.16.1 Paul ldecr Cum usurae pretii fundi ab eo qui a fisco emerat peterentur et emptor negaret traditam sibi possessionem, imperator decrevit iniquum esse usuras ab eo exigi, qui fructus non percepisset.

In der von Paulus mitgeteilten Entscheidung des Kaisers macht dieser eine Ausnahme vom Privileg desfiscus, der Zinsen auf den Kaufpreis schon mit Vertragsschluß und damit eigentlich ohne Rücksicht auf die traditio fordern kann86. Unter Berufung auf die aequitas stellt der Kaiser in diesem Fall die Rechtslage her, die bei einem gewöhnlichen Kauf bestehen würde:87 Ohne Übergabe der Kaufsache bleibt der Kaufpreis unverzinslich. Diese Entscheidung erlaubt nicht den Gegenschluß, daß der Kaufpreis normalerweise und ohne Eingriff des Kaisers auch nach traditio unverzinslich bleibt. Ins Gewicht fällt allerdings Sibers Hinweis auf zwei Konstitutionen, in denen der Zinslauf unbedingt an den Eintritt der mora geknüpft ist: CJ 4.54.5 Gord. A. Aurelio. Initio venditionis si pactus es, ut is cui vendidisti possessionem pretii tardius exsolvi tibi usuras pensitaret, non immerito existimas etiam eas tibi adito praeside ab emptore praestari debere, nam si initio contractus non es pactus, si coeperis experiri ex mora dumtaxat usuras tam ab ipso debitore quam ab eo, qui in omnem causam empti suamfidem adstrinxit, de iure postulabis. CJ 4.49.13(294) Diocl. et Max. AA. et CC. Flavio Alexandro. Fructus post perfectum iure contractum emptoris spectare personam convenit, ad quem et functionum gravamem pertinet: venditorque pretium tantum ac, si moram intercessisse probetur, usuras officio iudicis exigere potest.

85

Daß es in den beiden Texten um „Nutzungszins" unabhängig von mora geht, glaubt dagegen Knütel, SZ 105, 535. 86 Vgl. D 22.1.17.5, 6 Paul sing usur. 87 Ähnlich Knütel, SZ 105, 532f.

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rungen der mora debitoris

Der vermeintliche Widerspruch zwischen einer automatischen Verzinsung ab traditio und der Entscheidung, Zinsen auf den Kaufpreis könnten erst bei mora anfallen, löst sich freilich ohne weiteres auf, wenn man in der Nichtzahlung des Kaufpreises nach Übergabe der Kaufsache mora erkennt:88 Markiert die traditio den Zeitpunkt, in dem die Leistungen der Kaufvertragsparteien ausgetauscht werden, liegt im weiteren Einbehalt des Kaufpreises ein Verstoß gegen das Gebot zur rechtzeitigen Leistung. Einer solchen Deutung läuft auch nicht die Äußerung Papinians zuwider, der bei Fruchterstattung und Zinsleistung keine mora feststellen will: Vat 2 Usurae venditori post traditam possessionem arbitrio iudicis praestantur; ante traditam autem possessionem emptori quoquefructus rei vice mutua praebari necesse est: in neutro mora considerabitur.

Entgegen Siber 89 ist der Ausdruck ,vice' hier keineswegs „ganz schief 4: Die Pflichten zur Fruchterstattung und Zinsleistung sind durchaus vergleichbar. Sie entstehen zwar nicht im gleichen Zeitpunkt. Sie sind aber jeweils einseitige Pflichten der Vertragsparteien. 90 Vor der traditio schuldet nur der Verkäufer die Herausgabe der Früchte. Nach der traditio trifft nur den Käufer die Pflicht zur Leistung von Zinsen auf den Kaufpreis. Daß , in neutro mora considerabitur bedeutet nicht, daß Fruchterstattung und Zinslauf unabhängig von einer mora der jeweiligen Vertragsparteien sind.91 Vielmehr will Papinian zum Ausdruck bringen, daß eine mora bei der Frucht- oder Zinsleistung keine Konsequenzen hat, weil Käufer und Verkäufer keine Zinseszinsen schulden. Keinen Beweis gegen die Identität von mora und Nichtzahlung bei traditio macht schließlich CJ 4.49.5 (290) Diocl. et Maxim. AA. et CC. Decimo Caplusio. Curabit praeses provinciae compellere emptorem, qui nactus possessionemfructus percepit, partem pretii quam penes se habet cum usuris restituere, quas et perceptorum fructuum ratio et minoris aetatis favor, licet nulla mora intercesserit, generavit.

Soll der praeses provinciae dem mindeijährigen Verkäufer nach Übergabe der Kaufsache ausnahmsweise auch dann zu Zinsen auf den Kaufpreis verhelfen, wenn keine mora eingetreten ist, so gilt dies dem Sonderfall, daß die Par-

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So lautet schon die Erklärung, welche sich im Schrifttum zum gemeinen Recht durchgesetzt hat; vgl. die Nachweise bei Knütel, SZ 105, 529 N. 63f. 89 SZ 45(1925) 153. 90 Ähnlich Knütel, SZ 105, 524 der hier die „Nebenansprüche der Kaufparteien" gegenübergestellt sieht. 91 So aber Knütel, SZ 105, 518, 530, der jedoch keine Erklärung für das Futur (, considerabitur') und den bei seiner Lösung unbestreitbaren Widerspruch zu CJ 4.54.5, 4.49.13 gibt.

§ 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte

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teien einen Zahlungsaufschub vereinbart haben. Dieser schließt die gewöhnlich mit der traditio eintretende mora aus, wird zugunsten des Minderjährigen jedoch verdrängt, so daß die Rechtslage wie beim gewöhnlichen Kauf ohne diese Absprache ist.92 Daß es um eine besondere Vereinbarung eines Zahlungsaufschubs geht, zeigt die Fallfrage. Sie richtet sich auf die Verzinslichkeit der ,pars pretii quam penes se habet': Der Käufer hat bei Übergabe der Kaufsache bereits einen Teil des Kaufpreises entrichtet und wird zur Zinszahlung nur für die verbleibende Rate verpflichtet. II. Rechtsnatur der Verzugsfrüchte Für die Verzinsung des Kaufpreises gilt, auch wenn der Verzug mit der traditio der Kaufsache eintritt, nach dem Zeugnis von Vat. 2 und CJ 4.49.1, daß sie, arbitrio ' oder, officio iudicis ' erfolgt. Die Komplementäraussage, daß Zinsen nicht, in obligatione ' sind, finden whin: D 19.2.54pr. Paul 5 resp Quaero, an fideiussor conductionis etiam in usuras non illatarum pensionem nomine teneatur nec prosint ei constitutions, quibus cavetur eos, qui pro aliis pecuniam exsolvunt, sortis solummodo damnum agnoscere oportere. Paulus respondit, si in omnem causam conductionis etiam fideiussor se obligavit, eum quoque exemplo coloni tardius illatarum per moram coloni pensionimi praestare debere usuras: usurae enim in bonae fidei iudiciis etsi non tarn ex obligatione proficiscantur quam ex officio iudicis applicentur, tarnen, cum fideiussor in omnem causam se applicuit, aequum videtur ipsum quoque agnoscere onus usurarum, ac si ita fideiussisset: ,in quantum ilium condemnari ex bona fide oportebit, tantum fide tua esse iubes?' vel ita: ,indemnem me praestabis?'

Der fideiussor , der sich verpflichtet hat zu leisten, wozu der Pächter ex fide bona verurteilt werden kann, haftet auch für Zinsen auf den verspätet angebotenen Pachtzins. Ratio dubitandi ist, daß die Zinsen nur , ex officio iudicis ' geschuldet werden und nicht, in obligatione ' sind. Voraussetzung für die gleichwohl angenommene Verpflichtung des Bürgen ist freilich, daß der Verpächter das verspätete Angebot des Pächters ausschlägt. Kommt es dagegen zu einer solutio, entfällt mit dem Anspruch auf die Hauptleistung auch die Zinsforderung. Für den Kauf erfahren wir dies aus D 19.1.49.1 Herrn 2 iur epit Pretii, sorte licet post moram soluta, usurae peti non possunt, cum hae non sint in obligatione, sed officio iudicis praestentur.

92 Anders Knütel, SZ 105, 523, der an eine doppelte Verankerung der Zinspflicht sowohl im Minderjährigenschutz als auch im Gesichtspunkt der Sachnutzung erkennt. Die Sachnutzung ist jedoch der Umstand, der den Mindeijährigenschutz begründet.

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rungen der mora debitoris

Daß die Zinsen nicht, in obligatione ' sind, eröffiiet dem Käufer oder Pächter die Möglichkeit zu einer besonderen Form der purgatio morae: Ungeachtet seines Verzugs entgeht er der Zinspflicht, wenn sein Gläubiger die verspätet angebotene sors annimmt und damit den hierauf gerichteten Anspruch zum Erlöschen bringt.93 Die mora bleibt in diesem Fall folgenlos. Die mit ihr eintretende Verzinsung der Hauptleistung ist kein Ausgleich für das Interesse, das der Gläubiger an der rechtzeitigen Leistung hat, .sondern nur Druckmittel, um den Schuldner zur Erbringung der Hauptleistung zu bewegen. Ist diese erfolgt, verliert die Zinspflicht Sinn und Existenzberechtigung. Daß die bei mora eintretende Verzinsung nicht der Befriedigung eines Zeitinteresses des Gläubigers dient, sagt Paulus ausdrücklich in D 22.1.17.3(1 usur) Si pupillo non habenti tutorem fideicommissum solvi non potuit, non videri moram per heredem factam divus Pius rescripsit. ergo nec ei debetur, qui quod rei publicae causa afìiit vel ex alia causa iusta impeditus, ex qua restitutio indulgetur, petere non potuit: quid enim potest imputari ei, qui solvere, etiamsi vellet, non potuit? nec simile videri posse, quod placuit minoribus etiam in his succurri quae non adquisierunt: usurae enim non propter lucrum petentium, sed propter moram solventium infliguntur.

Paulus hält eine mora des Fideikommißschuldners auch dann für ausgeschlossen, wenn der Gläubiger aus wichtigem Grund nicht zum Empfang der Zahlung in der Lage ist. Er stützt sich auf eine Entscheidung von Antoninus Pius, derzufolge mora ausscheidet, wenn an den mit einem Fideikommiß bedachten Minderjährigen mangels Vormundschaft keine wirksamen Leistungen erbracht werden können. Eine Übertragung des Privilegs minderjähriger Gläubiger, die das ihnen zugewandte Vermächtnis noch nicht erworben haben,94 kommt für Paulus nicht in Betracht. Zinsen seien nämlich nicht eigentlich zum Vorteil des Gläubigers, sondern als Nachteil und Strafe für den Schuldner gedacht. Wo diesen wegen fehlender Zahlungsmöglichkeit kein Vorwurf trifft, sind mora und Zinspflicht in aller Regel nicht denkbar. Von einer zu bestrafenden frustratio des Gläubigerrechts und ihrem Gegenstück, dem rubor einer Zinsforderung, spricht auch Papinian, wo er über die Verzinslichkeit eines fideicommissum über ,aurum vel argentum factum ' urteilt: D 22.1.3.4 Pap 20 quaest Si auro vel argento facto per fideicommissum relicto mora intervener^, an usurarum aestimatio facienda sit, tractari solet. plane si materiam istam ideo relinquit, ut ea distracta pecuniaque refecta fideicommissa solverentur aut alimenta praestarentur, non oportere frustrationem impunitam esse responderi oportet: quod si forte ideo

93 Dementsprechend kommt nach einer Verurteilung in die sors auch keine selbständige Zinsklage in Betracht, vgl. CJ 4.32.13. 94 Dazu § 4 I.

§ 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte

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relinquit, ut his vasis uteretur, non sine rubore desiderabuntur usurae ideoque non exigentur.

In Papinians und Paulus' Argumentation kehrt der Strafgedanke wieder, den die römischen Juristen auch zur Begründung der perpetuatio obligationis einsetzen.95 Er rechtfertigt nicht nur die Zuerkennung eines Anspruchs, für den , in obligatione ' kein Platz ist, sondern wirkt auch forderungsbegrenzend: Hat der Gläubiger das nachträgliche Angebot des Schuldners angenommen, ist eine Zinspflicht weder zur Repression noch aus präventiven Gründen geboten. Ist es mangels Angebot oder Annahme nicht zur purgatio morae gekommen, beschränkt sich die Sanktion auf die Verzinsung und umfaßt nicht den Ersatz des Interesses, das der Gläubiger an der rechtzeitigen Leistung hat. Dies zeigt ein Text, der ebenso wie D 19.1.49.1 aus dem zweiten Buch von Hermogenians iuris epitomae stammt: D 18.6.20 Venditori si emptor in pretio solvendo moram fecerit, usuras dumtaxat praestabit, non omne omnino, quod venditor mora non facta consequi potuit, veluti si negotiator fuit et pretio soluto ex mercibus plus quam ex usuris quaerere potuit.

Daß der Verkäufer bei mora des Käufers nur Zinsen und nicht Ersatz für den Verlust eines darüber hinausgehenden Handelsgewinns verlangen darf, führt Medicus 96 im Anschluß an Pringsheim 97 auf eine besondere Sanktion der mora bei Geldschulden zurück. Die geschuldeten Zinsen seien exklusiv und nicht pauschalierter Ersatz für das Gläubigerinteresse. Honsel? 8 erkennt dagegen einen Zusammenhang mit der Zinsbeschränkung: Der in mora befindliche Schuldner hafte grundsätzlich auf das volle Gläubigerinteresse, sei vom Ersatz eines entgangenen Gewinns jedoch insoweit befreit, als der höchste zulässige Zinsfuß überschritten werde. Honsell ist zuzugeben, daß ,ηοη omne omnino praestabit nimmt man den Satz für sich, nur bedeuten kann: „Der Schuldner muß nicht schlechthin alles ersetzen." Im Zusammenhang mit , usuras dumtaxat ' bedeutet es jedoch den völligen Ausschluß eines über die Zinsen hinausgehenden Anspruchs.99 Außer95

Siehe oben § 1 IV. Id quod interest, 1962, S. 24ff., 39. 97 Zur Schadensersatzpflicht des Verkäufers und des Käufers, in: Ges. Abhandlungen II, 1961, S. 135ff. 98 Quod interest im bonaefidei iudicium, 1969, S. 169ff. 99 Nichts anderes folgt aus D 12.3.3 (sogleich im Text), der sich auf die actio depositi mit restitutorischer formula in factum concepta bezieht, sowie aus D 45.1.118.2 Pap 27 quaest, wo es nicht um mora, sondern um die schlichte Nichterfüllung einer Stipulation auf incertum geht. Beide Texte geben für die officio iudicis geschuldeten usurae nach mora nichts aus, so daß auch die Interpolationsannahmen von Pringsheim (Fn. 97), S. 136f. unnötig sind. Ohne Aussagekraft sind ferner D 13.4.2.8 sowie D 50.8.2.5, die einen Bezug zur mora nicht erkennen lassen. In dem von Pringsheim aaO und Medicus 96

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rungen der mora debitoris

dem bleibt Honsell eine Antwort auf die Frage schuldig, warum die Zinsbeschränkung überhaupt gelten soll, wenn es um das Gläubigerinteresse geht. Dessen Ersatz unterliegt bei einer der mora vergleichbaren Situation im Rahmen der actio depositi mit restitutorischer formula in factum concepta keinen Beschränkungen: D 12.3.3 Ulp 30 ed Nummis depositis iudicem non oportet in litem iusiurandum deferre, ut iuret quisque quod sua interfuit, cum certa sit nummorum aestimatio. nisi forte de eo quis iuret, quod sua interfuit nummos sibi sua die redditos esse: quid enim, si sub poena pecuniam debuit? aut sub pignore, quod, quia deposita ei pecunia adnegata est, distractum est?100

Das gleiche gilt für die actio de eo quod certo loco dari oportet: D 13.3.2.8 Ulp 27 ed ... in hanc arbitrarium quod interfuit veniet et quidem ultra legitimum modum usurarum. ...

Ist aber die Befriedigimg des Gläubigerinteresses nicht Ziel des arbitrio iudicis gewährten Zinsanspruchs, stellt sich sofort die von Pringsheim und Medicus unbeantwortete weitere Frage, welchen Zweck die Zinspflicht haben soll. Antworten finden sich erst, wenn wir auf die aus dem anderen Hermogeniantext D 19.1.49.1 und D 22.1.17.3 gewonnen Ergebnisse zurückgreifen: Die officio iudicis auferlegte Zinspflicht ist nicht auf den Ausgleich des Gläubigerinteresses an der rechtzeitigen Leistung gerichtet, sondern Strafe und damit Druckmittel zur Leistungserzwingung. Ebenso wie dem Schuldner der Einwand abgeschnitten ist, der Gläubiger habe mangels Möglichkeit oder Bereitschaft zur Geldanlage keinen ersatzfähigen Schaden gehabt,101 kann der Gläubiger nicht mehr verlangen als usurae zu einem abstrakt bemessenen Zinssatz, der das Höchstmaß der centesimae usurae nicht überschreiten darf: D22.1.1pr. Pap 2 quaest Cum iudicio bonae fidei disceptatur, arbitrio iudicis usurarum modus ex more regionis ubi contractum est constituitur, ita tamen, ut legi non offendat.

Für die Zinspflicht arbitrio iudicis gilt damit nichts anderes als für die durch pactum adiectum vereinbarte Vertragsstrafe:

(Fn. 96), S. 22 verdächtigten Schlußteil von D 13.4.2.8 geht es, wie Honsell (Fn. 98) S. 170 richtig bemerkt, um die Nichterfüllung der Leistungspflicht. 100 Für den von Honsell (Fn. 98), S. 173 gemachten Unterschied zwischen eingetretenem Schaden und entgangenem Gewinn gibt es keinen Anhaltspunkt. 101 Der Ausschluß dieses Einwands muß entgegen Pernice , Labeo II.2.12, 1900, S. 144, nicht mit der Vermutung erklärt werden, der Gläubiger habe geschuldetes Geld stets gewinnbringend angelegt.

§ 3 Usurae und andere Verzugsfrüchte

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D 19.1.26.13 Ulp 32 ed Ibidem Papinianus respondisse se refert, si convenerit, ut ad diem pretio non soluto venditori duplum praestaretur, in fraudem constitutionum videri adiectum, quod usurarum legitimam excedit:... 102

Sind die bei den Klagen auf incertum zuweilen officio iudicis zuerkannten usurae Strafe für den säumigen Schuldner und nicht, in obligatione so sehen wir die Vermutung bestätigt, die wir bei der Untersuchung der Zufallsverantwortlichkeit im bonae fidei iudicium geäußert haben.103 Auch die auf, quidquid dare facer e oportet ex fide bona ' gerichteten Klagen lassen keinen Raum für die Aufnahme der Leistungszeit in das Pflichtenprogramm des Schuldners. Sie unterscheiden sich insoweit nicht von den Klagen auf ein certum, die allein die Pflicht zur Sachübereignung verfolgen und bei denen die perpetuatio obligationis ein Systemfehler ist, der sich wiederum nur aus dem Strafgedanken rechtfertigen läßt. Damit gilt allgemein, daß die Klagen, die nicht restitutorisch, sondern auf Leistung gerichtet sind, keine Verpflichtung des Schuldners auf die Einhaltung einer Leistungszeit sanktionieren können. Abgesehen vom Sonderfall des constitutum, das nur eine Hilfsverbindlichkeit begründet und den Bestand einer anderen Verpflichtung voraussetzt, verhelfen sie dem Gläubiger nicht zum Ersatz seines Interesses an der Rechtzeitigkeit der Leistung. Um dieses zu wahren, muß er sofort Klage erheben und so für eine zügige Klärung der Streitfrage im Prozeß sorgen. Wartet er ab, nimmt er den mit der Verspätung der Leistung eintretenden Vermögensnachteil in Kauf. Sein Zögern kann lediglich die Strafe für den nach wie vor säumigen Schuldner erhöhen. Sie ist nicht als Vorteil für den Gläubiger gedacht, dessen Untätigkeit ohne Einfluß auf den Inhalt der Verpflichtung und der korrespondierenden Ersatzleistung bleiben soll: ,nec maior fit obligatio, quod tardius agitur ', wie Paulus in D 19.1.21.3 sagt.

102

Vgl. Vat. 11: ,Conventi ad diem pretio non soluto venditori alterum tantum praestari. quod usurarum centesimam excedit, in fraudem iuris videtur additum. ... ' 103 Oben I.

Zweites Kapitel Voraussetzungen der mora debitoris

§ 4 Mora ex re I. Quellen zur mora ex re Der Spätklassiker Marcian unterscheidet zwei Formen der mora nach ihrem Ursprung, res und persona: D 22.1.32pr. Marc 4 reg Mora fieri intellegitur non ex re, sed ex persona, id est, si interpellates oportuno loco non solverit:...

Wenn die mora ex persona mit einer Mahnung verknüpft ist, muß die mora , die ex re entsteht, eine mora ohne Mahnung sein. Diesen einfachen Schluß versucht Siber 1 zu widerlegen, indem er den mit, id est ' eingeleiteten Zusatz für interpoliert erklärt. An die Stelle der Mahnung setzen Siber und die ihm folgende herrschende Lehre2 das Verschuldenserfordernis. Aus mora ex persona wird so der vom Schuldner zu vertretende, aus mora ex re der verschuldensunabhängige Verzug. In der Tat stehen die übrigen Quellen zur mora ex re einer solchen Deutung nicht im Wege:3 Wichtigster Fall der mora ex re ist ein kaiserliches Verzugsprivileg zugunsten Minderjähriger, das die Juristen allmählich ausgedehnt haben:

1

SZ 29, 51 f. Gemmer, SZ 44, 117, Montel, S. 32ff. Riccobono jr., S. 290, Käser, RP I 2 , S. 515 und SDHI 46, 11 Iff., Zimmermann, The Law of Obligations (1990), S. 792. 3 Wohl aber einer Verdächtigung des Begriffs ,mora ex re', wie sie Montel, S. 35ff. anstrebt, oder der Annahme einer untechnischen Ausdrucksweise wie bei Käser, RP I 2 , S. 515 Fn. 16. 2

§ Mora ex r

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D 40.5.26.1 Ulp 5 fid Apparet igitur subventum fideicommissis libertatibus, ut in re mora facta esse his videatur et ex die quidem, quo libertas peti potuit, matri traderentur manumittendi causa, ex die vero, quo petita est, ingenui nascantur. plerumque enim per ignaviam vel per timiditatem eorum, quibus relinquitur libertas fideicommissa, vel ignorantiam iuris sui vel per auctoritatem et dignitatem eorum, a quibus relicta est, vel serius petitur vel in totum non petitur fideicommissa libertas: quae res obesse libertati non debet, quod igitur defendimus, ita determinandum est, ut ingenui quidem exinde nascantur, ex quo mora libertati facta est, manumitti autem partum dici debeat, ex quo peti libertas potuit, quamvis non sit petita, certe minoribus viginti quinque annis et in hoc tribuendum est auxilium, ut videatur in re mora esse: nam qua ratione decretum et a divo Severo constitutum est in re moram esse circa pecuniaria fideicommissa, quae minoribus relieta sunt, multo magis debet etiam in libertatibus hoc idem admitti. Im Anschluß an eine kaiserliche Entscheidung zum Verzug bei Geldvermächtnissen will Ulpian dem Mißstand begegnen, daß fideikommissarische Freilassungsansprüche aus Furcht oder Rechtsunkenntnis häufig zu spät oder gar nicht geltend gemacht werden, so daß Sklavenkinder, die bei rechtzeitiger Freilassung ingenui wären, noch als Sklaven zur Welt kommen. Bei seiner Lösung unterscheidet Ulpian zwischen zwei Gruppen von Kindern: Die einen werden nach Fälligkeit und Erhebung des Freilassungsanspruchs geboren, die anderen nach Fälligkeit, aber vor Erhebung des Freilassungsanspruchs. Während diese noch gebürtige Sklaven, aber ihrer Mutter zum Zwecke der Freilassung zu übergeben seien, sollen die nach Fälligkeit der Erhebung des Freilassungsanspruchs geborenen Kinder schon als ingenui auf die Welt kommen. Für einen solchen Automatismus bei fideikommissarischen Freilassungen haben sich schon Mark Aurel und Caracalla ausgesprochen: D 38.16.1.1 Ulp 12 Sab Quaeri poterit, si ex ea, quae in fideicommissa libertate moram passa est, conceptus et natus sit, an suus patri existât, et cum placeat eum ingenuum nasci, ut est a divis Marco et Vero et imperatore nostro Antonino Augusto rescriptum, cur non in totum pro manumissa haec habeatur, ut uxor ducta suum pariat? nec mirum sit, ex serva ingenuum nasci, cum et ex captiva rescriptum sit ingenuum nasci, quare ausim dicere, etsi pater huius pueri eiusdem sortis fuerit, cuius mater moram passa in libertate fideicommissa, ipseque moram passus est, suum eum patri nasci exemplo captivorum parentium, cum quibus rediit. ergo sive postea pater eius post moram manumittatur, recipiet eum in potestate, sive ante decesserit, definiendum erit suum existere. Die mora , die hier genannt wird, ist gewöhnlicher Verzug. Sie deckt sich mit der ,mora libertati facta \ die Ulpian in D 40.5.26.1 mit der Erhebung des Freilassungsanspruchs einsetzen läßt und sich von der eingangs des gleichen Textes

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

erwähnten ,mora in re facta ' unterscheiden muß4. Diese trägt allein die Entscheidung zugunsten der zwischen Fälligkeit und Erhebung des Freilassungsanspruchs geborenen Sklavenkinder. Eine passende Parallele findet Ulpian für sie in der , mora in re die Severus bei fideicommissa pecuniaria zugunsten von Minderjährigen angeordnet haben soll. Ulpian überträgt sie auf die von einem Fideikommiß mittelbar begünstigten Sklavenkinder: Was schon für Geldvermächtnisse zugunsten Minderjähriger gilt, muß erst recht befolgt, wenn es um deren Status geht. Die mora , die dem Schuldner zum Vorwurf gemacht wird, kommt sowohl ohne Mahnung als auch ohne Verschulden aus. Von der mora in re gegenüber Minderjährigen spricht Ulpian auch in D 34.4.3.2 (24 Sab) Idem dicendum est et fideicommissa hereditate puero data aut, si ante restitutam decessisset, matri eius relieta: ut, si puer ante diem legati cedentem decessisset, matri debeatur, si postea, ad pupilli heredes fideicommissum transmittatur utpote re ipsa mora subsecuta.5

Ist ein Minderjähriger mit einem Erbschaftsfideikommiß bedacht und für den Fall seines Todes angeordnet, daß es seiner Mutter zusteht, soll diese das Vermächtnis nur erwerben, wenn der Mindeijährige noch vor dem dies cedens stirbt. Dieser liegt noch vor dem Zeitpunkt des Erbschaftsantritts, zu dem der Vermächtnisanspruch erstmals geltend gemacht werden kann. Stirbt der Minderjährige nach dem dies cedens, soll der Anspruch auf seine Erben übergehen, und zwar, weil ,re ipsa', also noch vor Erbschaftsantritt, Verzug eingetreten ist. Auf den Verzugseintritt kommt es hier deshalb an, weil die Einsetzung der Mutter als Ersatzvermächtnisnehmerin nicht an den Tod des Minderjährigen vor einem bestimmten Zeitpunkt gebunden ist, sondern schon dann gelten soll, wenn der Minderjährige vor dem Empfang der Erbschaft ( ante restitutam *) gestorben ist. Diesem Zeitpunkt muß derjenige gleichstehen, in dem mora eintritt. Verlagert man sie entsprechend Ulpians Vorschlag schon auf den dies cedens vor, setzt sie in einem Zeitpunkt ein, in dem mangels Erbschaftsantritt noch kein Schuldner vorhanden ist und damit weder Mahnung noch schuldhafte Leistungsverzögerung denkbar sind. Erwähnt wird das Verzugsprivileg zugunsten Minderjähriger auch von Paulus in dem schon untersuchten Text D 22.1.17.3, wo es ebenfalls um mora bei einem Anspruch aus Fideikommiß geht: ... simile videri posse, quod placuit minoribus etiam in his succurri quae non adquisierunt: ... 4 Zu seinem hierauf gerichteten Interpolationsverdacht gelangt Siber, SZ 29, 80f. nur durch die willkürliche Unterstellung, Ulpian beschränke seine Entscheidung auf Kinder minderjähriger Mütter; dagegen ist auch Käser, SDHI 46, S. 124 Fn. 152. 5 Der Interpolationsverdacht, den Montel, S. 39 Fn. 2 gegenüber dem Schlußsatz hegt, ist grundlos.

§ Mora ex r

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Daß dem Minderjährigen Unterstützung auch bei Ansprüchen zuteil wird, die er noch nicht erworben hat, bedeutet, daß mora schon vor dem Zeitpunkt des Erbschaftserwerbs eintritt, in dem das Vermächtnis zu einer Forderung gegen den Erben wird. Die damit verbundene Zinspflicht will Paulus aber nur bis zum Beginn der Volljährigkeit gelten lassen: D 31.87.1 Paul 14resp Usurasfideicommissi post impletos annos viginti quinque puellae, ex quo mora facta est, deberi respondi. quamvis enim constitutum sit, ut minoribus viginti quinque annis usurae omnimodo praestentur, tarnen non pro mora hoc habendum est, quam sufficit semel intervenisse, ut perpetuo debeantur.

Nach Erreichen der Altersgrenze sollen der mit einem Fideikommiß bedachten puella Zinsen nur noch zustehen, wenn wirklich mora eingetreten ist. Auch wenn der Kaiser eine unbedingte Zinspflicht gegenüber den mindeij ährigen Vermächtnisgläubigern festgesetzt hat, so bedeutet dies für Paulus noch nicht, daß mit dem Eintritt der Zinspflicht zugleich mora vorliegt, die, einmal eingetreten, auch nach Erreichen der Volljährigkeit Wirkung zeitigen müßte. Im Gegensatz zu Ulpian scheut Paulus also die begriffliche Erfassung des Minderjährigenprivilegs als mora. Seine Reserve verwundert nicht. Denn auch Ulpian stellt in D 40.5.26.1 die ,mora in re ' der eigentlichen mora gegenüber und damit als Sonderfall heraus, der nicht in das herkömmliche Schema von mora paßt. Auch Ulpians Ausdehnung des Mindeij ährigenprivilegs auf den Fall der fideikommissarischen Freilassung ist vorsichtig und bleibt hinter den Möglichkeiten, welche die kaiserliche Konstitution eröffnet, zurück: Tritt die ,mora in re die Paulus gar nicht als Verzugsfall anerkannt und vermutlich erst Ulpian so genannt hat, schon mit dem dies cedens ein, hätte es nahegelegen, bereits die Kinder zu ingenui zu erklären, welche diefreizulassende Sklavin nach diesem Zeitpunkt geboren hat. Statt dessen will Ulpian nur die Kinder begünstigen, die geboren sind ,ex die quidem, quo libertas peti potuit also nach Erbschaftsantritt. Außerdem begrenzt er die Ingenuitätsfolge auf die Kinder, die zur Welt gekommen sind ,ex die vero, quo petita est\ also nach Eintritt des regelmäßigen Verzugs. Beide Einschränkungen sind inkonsequent und bis zur Entstehungszeit von Marcians regulae durch zwischenzeitliche Kaisererlasse überholt: D 40.5.53 Marc 4 reg Si quis rogatus ancillam manumittere moram fecerit, si interea enixa fuerit, constitutum est huiusmodi partum liberum nasci et quidem ingenuum. sed sunt constitutiones, quibus cavetur statim ex quo libertas deberi coeperit ingenuum nasci: et hoc magis est sine dubio sequendum, quatenus libertas non privata, sed publica res est, ut ultro is qui earn debet offerre debeat. (§ 1) Sed si nondum debita liberiate fideicommissa ancilla peperit, studio tamen heredis fuerit effectum, ut nondum libertas deberetur, veluti quod tardius adit hereditatem, ut qui nati sint ex ancilla servi eius fiant, placet manumittendos, sed tradì matri oportere, ut ab ea manumitterentur et liberti potius matris fiant: nam quos indignus est heres servos habere, ne quidem libertos habebit.

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

Im gleichen Buch, dem wir die Unterscheidung von mora ex re und mora ex persona verdanken, nennt Marcian die von Ulpian vorgeschlagene Ingenuit à der nach Erhebung des Freilassungsanspruchs geborenen Kinder ein , constitutum Die Kaiserrechtsprechung ist jedoch schon darüber hinausgegangen und hat die Ingenuitätsfolge bloß an eine Geburt nach Erbschaftsantritt geknüpft 6. Einen Anspruch der Mutter auf Freilassung gibt es nach Marcians Auffassung bereits für die vor Erbschaftsantritt und nach dem dies cedens geborenen Kinder, falls der Erbe den Erbschaftsantritt und damit die Entstehung des Freilassungsanspruchs absichtlich verzögert hat. Ein frühes Vorbild hat diese Lösung in einer Entscheidung Sabinus' zum legatum usus fructus, die als Vorläufer für die spätere Kategorie der mora ex re gelten kann: D 7.1.35pr. lui 1 Urs Fer Si usus fructus legatus est, sed heres scriptus ob hoc tardius adit, ut tardius ad legatum perveniretur, hoc quoque praestabitur, ut Sabino placuit.

Auch Marcians Einschränkung auf eine Verzögerungsabsicht des Erben könnte in der Folgezeit weggefallen sein: D 40.5.13 Mod 9 reg Si praegnas ancilla moram non studio manumissoris, sed fortuito patiatur, ne manumitteretur, liberum quidem non pariet, sed cogetur qui manumittere debuit natum matri tradere, ut per eam perveniat ad libertatem.

Zwar spricht Modestin ohne weitere Bestimmung nur von mora . Als regelrechter Verzug setzt diese nach den übrigen Quellen jedoch kein Studium manumissoris voraus7, so daß es nahe liegt, Modestins Entscheidung auf den Fall zu beziehen, der nach Marcians Darstellung noch aus dem Anwendungsbereich des Minderjährigenprivilegs herausfällt: die Geburt eines Sklavenkindes während der Zeit, in welcher der Erbe die Erbschaft noch nicht angetreten und den Antritt auch nicht absichtlich verzögert hat. Damit sind die Erweiterungsmöglichkeiten des Minderjährigenprivilegs fast ausgeschöpft. Auch die Kinderfreizulassender Sklaven profitieren nun ab dem dies cedens von einer mora ex re , wie sie, zumindest in der Deutung Ulpians, die kaiserliche Ausgangsentscheidung für fideicommissa pecuniaria vorgesehen hat. Der Unterschied zur echten mora besteht nur noch darin, daß die Kinder dort ingenui, hier der Mutter zu übergeben sind.

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Den auf diese Aussage gerichteten Interpolationsverdacht von Jakobs, TR 42, 41 f. vermag ich nicht nachzuvollziehen. Da die Rechtslage von Kindern fideikommissarisch freigelassener Sklavinnen offenbar in einer steten Entwicklung begriffen war, gibt es keinen Grund zu Zweifeln daran, daß zwischen der Entstehungszeit von Ulpians libri fideicommissorum und dem Erscheinen Marcians regulae ein weiterer Schritt favore libertatis getan wurde. 7 Die Aussage Modestins läßt sich daher entgegen Genzmer, SZ 44, 160 keineswegs für die Annahme eines Vorsatzerfordernisses beim Verzug in Anspruch nehmen.

§ Mora ex r

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In nachklassischer Zeit wird aus der kaiserlichen Rechtsprechung zu den fideicommissa pecuniaria ein allgemeines Minderjährigenprivileg, das recepto iure auch bei bonaefidei iudicia und sogar für Legate gilt: CJ 2.40.2 (290) Diocl. et Maxim. AA. Decimo Caplusio. In minorum persona re ipsa et ex solo tempore tardae pretii solutionis recepto iure moram fieri creditum est in his videlicet, quae moram desiderant, id est in bonae fidei contractibus et fideicommissis et in legato.

Soll hier zugunsten des Minderjährigen mora schon ,re ipsa' eintreten, zeigt dies, daß sich nicht nur Ulpians Tendenz zur Ausdehnung des Privilegs, sondern auch seine Begrifflichkeit durchgesetzt hat, vor deren leichtfertigem Gebrauch Paulus noch gewarnt ist. Die im Interesse des Minderjährigen allgemein unterstellte mora entsteht , ex solo tempore tardae pretii solutionis '. Sie läßt sich daher ebenso wie ihr klassischer Vorläufer, der beim fideicommissum mit dem dies cedens eintritt, durch zwei Merkmale von der gewöhnlichen mora unterscheiden: Einerseits setzt sie keine Mahnung voraus, die vor dem Erbschaftsantritt ohnehin unmöglich ist. Andererseits kommt sie ohne Verschulden aus, das dem Außenerben allenfalls dann zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn er den Erbschaftsantritt, wie im Fall von D 40.5.53, gezielt verzögert. Daß es neben dem Minderjährigenprivileg noch andere Fälle einer mora ex re gibt, legt der folgende Text nahe: D 22.1.23.1 Ulp 34 ed Aliquando etiam in re moram esse decerni solet, si forte non exstat qui conveniatur.

Der palingenetische Zusammenhang macht wahrscheinlich,daß es Ulpian um die actio rei uxoriae und hier vielleicht um die von mora abhängige Vererblichkeit des Anspruchs geht. Wie Siber* sieht, kann,non exstat qui conveniatur' nur bedeuten, daß kein Schuldner vorhanden ist9. Ob damit der Umstand gemeint ist, daß es nach dem Tod des Ehemannes und vor Antritt seiner Erben keinen Schuldner gibt,10 oder aber, daß sich niemand finden läßt, der verklagt werden könnte, ist nicht zu sagen und ebensowenig zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen mora eintritt. Nicht anders als bei der ,re ipsa' verwirklichten mora zugunsten eines minderjährigen Gläubigers gibt es wieder die beiden möglichen Merkmale, durch die sie sich von der gewöhnlichen mora unterscheiden könnte: die fehlende Mahnung11 dessen, qui non exstat, und sein mangelndes Verschulden12.

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SZ 29, 73f. Für seine weitergehende Interpolationsannahme spricht freilich nichts. 10 So Knütel, Stipulatiopoenae, 1976, S. 236f. 11 So Elefante , Mnem. Solazzi, S. 428ff. Unvergleichbar ist unter diesen Umständen die Entscheidung Labeos zum Vertragsstrafeversprechen beim fenus nauticum, wo es 9

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

Kein Fall der mora ex re begegnet uns in D 22.1.38.1 Paul 6 Plaut Et quidem si fundus ob rem datus sit, veluti dotis causa, et renuntiata adfinitas, fructus quoque restituendi sunt, utique hi qui percepti sunt eo tempore quo sperabatur adfinitas, sed et posteriores, si in re mora fuit, ut ab ilio, qui reddere debeat, omnimodo restituendi sunt, sed et si per mulierem stetit, quo minus nuptiae contrahantur, magis est, ut debeat fructus recipere: ratio autem haec est, quod, si sponsus non conveniebatur restituere fructus, licuerat ei neglegere fundum.

Damit der Empfänger einer datio dotis nomine ante nuptias den Leistungsgegenstand nicht ungestraft vernachlässigen kann, setzt Paulus ihn der Pflicht zur Fruchterstattung aus. Sie umfaßt - unabhängig davon, wer für das Ausbleiben der Hochzeit verantwortlich ist - sowohl die Früchte, die noch in Erwartung der Hochzeit gezogen worden sind, als auch die später anfallenden Früchte, ,si in re mora fuit Daß hiermit nicht die mora in re gemeint sein kann, die Ulpian beim Minderjährigenprivileg beobachtet, legt schon Paulus' Warnung vor diesem Begriff in D 31.87.1 nahe. Im übrigen unterscheidet sich die mora , die Paulus hier erwähnt, von der mit dem dies cedens eintretenden außerordentlichen mora , die einen zunächst noch gar nicht vorhandenen Schuldner trifft: Der Anspruch auf Rückgewähr der datio ob rem entsteht nicht einfach mit Wegfall des Hochzeitswunsches, sondern ,si sit renuntiata adfinitas '. Die Aufkündigung des Verlöbnisses ist ein Rechtsakt, der einer ausdrücklichen Mahnung des Schuldners gleichkommt; sie macht sie jedenfalls entbehrlich und ein weiteres Zuwarten mit der Rückerstattung vorwerfbar 13. Die mora , von der Paulus hier spricht, ist damit unter allen Umständen die gewöhnliche mora , die lediglich in re , nämlich „in dieser Sache", beobachtet wird. Der Text, der uns die Entscheidung über den Charakter der mora ex re liefern könnte, ist CJ 4.7.7 (294) Imp. Diocletianus et Maximianus AA. et CC. Zenonidae: Eum, qui ob restituenda quae abigerat pecora pecuniam accepit, tarn hanc, quam quae per hoc commissum tenuit restituere debere convenit, licet mortua vel alio fortuito casu perisse dicantur, cum in hoc casu in rem mora fiat.

um den Ersatz einer grundsätzlich erforderlichen Mahnung geht; vgl. D 22.2.2 Pomp 3 Plaut: ,Labeo ait, si nemo sit, qui a parte promissoris interpellari traiecticiae pecuniae possit, id ipsum testatione complecti debere, ut pro petitione id cederei . ' Daß sich diese Aussage auf eine Strafstipulation bezieht, erscheint mir entgegen Siber, SZ 29, S. 98 und Riccobono jr., S. 195 zumindest zweifelhaft. Das Fragment D 22.2.9 Lab 5 pith a Paul epit (dazu Knütel, Stipulatio poenae, 1976, S. 228fif.) muß mit dem bei Pomponius überlieferten Text in keinem Zusammenhang zu stehen. 12 So im Anschluß an Sibers Erklärung der mora ex re Genzmer, SZ 44, 148 und Käser, SDHI46, 125 (für Interpolation des Textes dagegen noch in RE, Sp. 271). 13 Entgegen Käser, SDHI 46, 124f. N. 155 geht es hier keineswegs um eine „schuldlose Verzögerung".

§ Mora ex r

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Daß der fur auch nach Sachuntergang verbindlich bleibt, gilt für Diokletian, ,cum in hoc casu in rem mora fiat'. Wäre die Deliktsmora des Diebs ein Unterfall der mora ex re , könnte diese nur eine mora ohne Mahnung, nicht aber eine mora ohne Verschulden sein. Denn der fur , der semper mora begeht,14 braucht nicht gemahnt zu werden, hat die mora jedoch gerade durch ein furtum und damit schuldhaft herbeigeführt. Zweifel an der Einordnung der Deliktsmora als solche ex re sind allerdings nicht nur deshalb angebracht, weil sie den klassischen Quellen fremd ist. Fraglich ist schon, ob mit der in CJ 4.7.7 erwähnten mora , die in rem geschieht, überhaupt die mora ex re gemeint ist. Ließ sich schon Paulus' Formel von der ,morainre ( nicht dem gleichnamigen Institut zuordnen, von dem Ulpian in D 40.5.26.1 spricht, gilt dies noch viel weniger für eine mora , die sich , in rem ' vollziehen soll. Diese entspringt nicht der Sache, sondern wird in sie hineingetragen. Sie kann daher auch nicht im Gegensatz zur mora ex persona stehen, die Marcian als Pendant zu der von ihm treffender als von Ulpian bezeichneten mora ex re wählt. Die mora , die nach Diokletians Worten in rem geschieht, ist daher schon begrifflich keine besondere mora und daher weder gleich noch schlechtes Imitat der klassischen mora ex re 15. Diokletian verweist schlicht auf die Rechtsfolgen von mora und zeigt nur den Grund an, warum der Sachuntergang , in hoc casu ' unbeachtlich ist. II. Potestas und iusta causa zur Kenntnis der Leistungszeit Ist nach den einschlägigen Quellen offen, ob ex re eine mora ohne Mahnung oder eine solche ohne Verschulden entsteht, könnte den Ausschlag nur geben, daß Sibers Theorie zwar unwiderlegt, das Mahnungserfordernis für die 'mora ex persona' in D 22.1.32pr. aber positiv belegt ist. Vielleicht erübrigt sich die Entscheidung zwischen Mahnung und Verschulden, wenn man untersucht, was Verschulden bei mora eigentlich bedeutet. Dieser Frage angenommen hat sich vor allem Genzmer 16. Er widerspricht der älteren Auffassung von Heymann 17, der für die mora des römischen Schuldrechts ein noch unausgebildetes Verschuldensprinzip vermutet, und entwickelt auf der Grundlage von Sibers Lehre ein differenziertes Konzept der subjektiven Verzugsvoraussetzungen: Der Maßstab der Haftung für mora falle mit dem allgemeinen Haftungsgrad für das jeweilige Schuldverhältnis zusammen, beschränke sich aber regelmäßig auf dolus. Culpa habe bei den Klassikern nämlich allein kommissives und nicht das omis14

Siehe oben § 1 II. Für die Interpolationsvermutungen von Siber, SZ 29, 65, Käser, RE, Sp. 269, Elefante, Mnem. Solazzi, S. 399 besteht daher kein Anlaß. 16 SZ 44, 119f., 161 f. 17 S. 19ff. 15

2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

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sive Fehlverhalten bedeutet, welches für mora prägend sei. Eine über dolus hinausgehende Haftung habe aus der Verantwortung für negligentia und custodia hervorgehen können und sei mit Tilgung der custodia in der Kompilation weitgehend verschwunden. Allein in diesem Punkt stößt Genzmers Lehre auf den Widerspruch von Käser 1*, der bezweifelt, daß die custodia überhaupt tauglicher Haftungsmaßstab für mora sein kann. Umfassende Kritik hat Genzmers Ansicht dagegen von Jakobs 19 erfahren, der ein Verschuldenskriterium schlechthin leugnet und statt dessen, ebenso wie Elefante 20, die Mahnung als regelmäßige Voraussetzung der mora betrachtet. Genzmers diffizile Ableitung der subjektiven Verzugs Voraussetzungen aus dem allgemeinen vertraglichen Haftungsmaßstab ist in der Tat ohne Anhalt in den Quellen. Nicht einmal eine generelle Anbindung der mora an dolus läßt sich erweisen: Daß in mora gerät, wer sich dolo malo auf einen Prozeß einläßt,21 ist kein Zeichen für einen allgemeinen Haftungsmaßstab bei mora 22 vielmehr nur billige Ausnahme von der allgemeinen Regel, daß die Verteidigung gegen den Anspruch des Gläubigers nicht verzugsbegründend wirken kann. Auch der selbstverständliche Satz, daß nicht in mora gerät, wem gegen den Anspruch des Gläubigers eine exceptio zusteht,23 bedarf nicht der Erklärung aus einem besonderen Verschuldenserfordernis. 24 Die Quellen, die von einer Haftung des Schuldners nach interpellate handeln, sprechen schließlich weniger für ein Verschuldenskriterium als für ein isoliertes Mahnungserfordernis. Auf ein darüber hinausgehendes Konzept der Verantwortung für Schuldnerverzug deutet nur eine abstrakte Äußerung von Pomponius. Aus ihr erfahren wir, daß das Urteil: ,per debitorem stat, quo minus dar et voraussetzt, daß der Schuldner die Möglichkeit hat, seine eigene Verbindlichkeit zu kennen: D 12.1.5 Pomp 22 Sab Quod te mihi dare oporteat si id postea perierit, quam per te factum erit quominus id mihi dares, tuum fore id detrimentum constat, sed cum quaeratur, an per te factum sit, animadverti debebit, non solum in potestate tua fuerit id nec ne aut dolo malo feceris quominus esset vel fuerit nec ne, sed etiam si aliqua iusta causa sit, propter quam intellegere deberes te dare oportere.

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RE, Sp. 258f., RP I 2 , S. 515, SDHI 46, 110. TR 42, 25ff. 20 Labeo 6 {passim). 21 Vgl. D 50.17.63 lui 17 dig (dazu oben § 1 I), D 22.1.21 Ulp 34 ed, D 22.1.22 Paul 37 ed (dazu unten § 4 II); ferner D 35.2.89.1 Marc 7 inst. 22 So Gemmer, SZ 44, 146ff. 23 D 12.1.40 Paul 3 quaest: .... non enim in mora est is, a quo pecunia propter exceptionem peti non potest ... '; vgl. ferner D 2.14.54 Scaev (dazu oben § 1 III). 24 Vgl. Montel, S. 175 und Jakobs, TR 42, 35 gegen Gemmer, SZ 44, 132. 19

§ Mora ex r

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Pomponius fächert die Voraussetzungen der perpetuatio obligationis bei Sachuntergang nach Verzugseintritt auf: Einerseits sei zu untersuchen, ob die Leistung überhaupt in potestate des Schuldners war oder ob er sich der Leistungsmöglichkeit dolo malo begeben hatte. Andererseits sei festzustellen, ob eine iusta causa vorlag, die dem Schuldner seine Leistungspflicht zur Kenntnis bringen mußte. Für Gemmer 25 ist der Text ein Beleg dafür, daß der Eintritt von mora bei den auf certum gerichteten Ansprüchen dolus voraussetzt: Der Schuldner, der zur Leistung außerstande war, hafte nur bei dolus malus. 26 Der Schuldner, der die Leistung hätte erbringen können, habe die eigene Verpflichtung kennen und damit ebenfalls dolos handeln müssen, was allerdings schon dann angenommen worden sei, wenn ein Grund vorlag, aus dem sich die Kenntnis der Verbindlichkeit ergab. Indem Genzmer diese Vermutungswirkung einer aliqua iusta causa unterstellt, trimmt er das Thema des Schlußsatzes künstlich auf dolus. Dem unbefangenen Leser sagt Pomponius jedoch nur, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit propter aliquam iustam causam hätte kennen müssen, und nicht, daß eine gegebene iusta causa die Annahme einer positiven Kenntnis rechtfertigt. Nimmt man Pomponius beim Wort, bedeutet dies freilich noch nicht, daß man mit Siber 27 und Heymann 28 die culpa zum allgemeinen Maßstab des Schuldnerverzugs erklären muß. Diese Annahme wäre unvereinbar mit Pomponius' vorangehender Aussage, daß bei fehlender pot est as zur Leistung nur haftet, wer sich dolo malo der Leistungsmöglichkeit begeben hat 29 . 30 Die potestas, von der Pomponius spricht, kann nur die Fähigkeit des Schuldners zur zeitgerechten Leistung, nicht die Leistungsfähigkeit schlechthin sein. Ist die Leistungsfähigkeit bei Eintritt von mora überhaupt ausgeschlossen, hängt die Entscheidung über Untergang oder perpetuatio der Verpflichtung nämlich allein davon ab, ob der Schuldner die Leistungsunmöglichkeit zurechenbar herbeigeführt hat. Es käme nicht mehr auf die mora an, um die es Pomponius aber allein gehen kann, wenn er die Frage nach dem detrimentum, also nach der Gefahr für zufällige Unmöglichkeit, stellt, falls die Sache nach der Leistungsstörung untergeht: ,si id ρ os tea perierit, quam per te factum erit quominus id mihi da25

SZ 44,139ff. Riccobono jr., S. 125 will aus D 45.1.91.3 das gleiche ableiten, obwohl hier von culpa die Rede ist (vgl. dazu unten Fn. 30). 27 SZ 29, 56 Fn. 2. 28 S. 32. 29 Auf die Annahme einer Textveränderung verfallen deshalb Montel, S. 183 und Riccobono jr., S. 346. 30 Kein Argument für Sibers und Heymanns Annahme ist auch die Nennung der culpa in D 45.1.91.3 (oben § 1 III), wo sie, wie Pernice, Labeo II.2.12, 1900, S. 133 und Jakobs, TR 42, 28 im Gegensatz zu Montel, S. 180 erkennen, nur Verschuldung4 im Sinne von Fehlverhalten meint. 26

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

res 31. Fälle fehlender pot estas sind demnach allein vorübergehende Leistungshindernisse, an die auch Sabinus bei der Strafstipulation denkt, deren Verfall so lange aufgeschoben ist, wie ,per promissorem non stetit, quo minus daret ': D 45.1.115.2 Pap 2 quaest Item si quis ita stipuletur: ,si Pamphilum non dederis, centum dari spondes?' Pegasus respondit non ante committi stipulationem, quam desisset posse Pamphilus dari. Sabinus autem existimabat ex sententia contrahentium, postquam homo potuit dari, confestim agendum et tamdiu ex stipulatione non posse agi, quamdiu per promissorem non stetit, quo minus hominem daret, ...

Beispiele sind die Annahmeunfähigkeit des mindeijährigen Gläubigers ohne tutor oder die zeitweilige Abwesenheit des Schuldners, die wir bei Ulpian und Paulus beschrieben finden: D22.1.23pr. Ulp 34 ed Sed et si rei publicae causa abesse subito coactus sit, ut defensionem sui mandare non possit, moram facere non videbitur: sive in vinculis hostiumve potestate esse coeperit. D 22.1.17.3 Paul lusur Si pupillo non habenti tutoremfideicommissum solvi non potuit, non videri moram per heredem factam divus Pius rescripsit. ergo nec ei debetur, qui quod rei publicae causa afuit vel ex alia causa iusta impeditus, ex qua restitutio indulgetur, petere non potuit: quid enim potest imputari ei, qui solvere, etiamsi vellet, non potuit? ... 32

Die beiden Spätklassiker führen nur Beispiele an, in denen dem Schuldner kein Vorwurf, nicht einmal der einer Fahrlässigkeit gemacht werden kann33. Die von Paulus gegebene ratio geht aber darüber hinaus:, quid enim potest imputari ei, qui solvere , etiamsi vellet, non potuit? ' Fehlende potestas schließt den Eintritt der mora also generell und nicht erst in Kombination mit mangelndem Verschuldens aus. Eben dies aber sagt Pomponius in D 12.1.5. Studieren wir den Text genau, können wir zwei alternative Verzugstatbestände und deren RegelAusnahme-Verhältnis feststellen: Die Haftung für zufälligen Sachuntergang setzt grundsätzlich die Leistungsfähigkeit des Schuldners voraus. Nur in Ausnahmefällen kommt sie ohne diese potestas aus, wenn der Schuldner die Leistungsfähigkeit dolo malo beseitigt hat. Hierin liegt nicht mehr als ein gewöhnlicher Vorbehalt für fraus, der auch die Verteidigimg mit der Behauptung nicht

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Richtig Genzmer, SZ 44, 139. Aus diesem Grund ist die Aussage Pomponius' entgegen Jakobs, TR 42, 29 auch nicht deshalb unvollständig, weil die perpetuatio obligationis auch bei fahrlässiger Herbeiführung einer nachträglichen Unmöglichkeit eintritt. Pomponius handelt nämlich von vornherein nur vom zufälligen Sachuntergang nach mora. 32 Zu diesem Text auch oben § 3 III. 33 Es sind aber auch subjektive Hindernisse, so daß die Annahme von Pernice, Labeo II.2.12, 1900, S. 137, Montel, S. 181 und Riccobonojr., S. 346, Pomponius meine in D 12.1.5 mit potestas nur die objektive Leistungsmöglichkeit, zumindest erschüttert ist.

§ Mora ex r

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vorhandener Leistungshindernisse oder einer in Wahrheit unzuständigen exceptio trifft: D 22.1.21 Ulp 34 ed Sciendum est non omne, quod differendi causa optima ratione fiat, morae adnumerandum: quid enim si amicos adhibendos debitor requirat vel expediendi debiti vel fideiussoribus rogandis? vel exceptio aliqua allegetur? mora facta non videtur, D 22.1.22 Paul 37 ed si modo id ipsum nonfraudandi causa simuletur.34

Im Regelfall bedeutet mora also nicht schuldhafte Nichtleistung, sondern Nichtleistung trotz potestas. Die Leistungsfähigkeit ist ein selbständiges Merkmal des Verzugs. Sie wird nicht auf ihre Zurechenbarkeit geprüft; sie hat vielmehr ausnahmsweise einen Alternativtatbestand in der dolo malo verursachten Leistungsunfihigkeit. Läßt sich die potestas nur als eigenständiges Merkmal der mora und nicht als Element eines allgemeinen Verschuldenskriteriums begreifen, nimmt auch die zunächst befremdliche Verbindung von dolus malus und Kennenmüssen der eigenen Verbindlichkeit nicht mehr wunder. Auch die , iusta causa propter quam intellegere deberes te dare oportere ' ist nicht Teil eines übergeordneten Haftungsmaßstabs, sondern gleichfalls selbständiges Erfordernis der mora . Dessen Beurteilung kann durchaus anderen Regeln folgen als die Prüfung der potestas und ebenso wie diese nicht zur Grundlage einer einfachen Formel gemacht werden, derzufolge der Schuldnerverzug culpa oder dolus voraussetzt. Genau genommen ist noch nicht einmal das Kennenmüssen der Verpflichtung ein Tatbestandsmerkmal der mora. Voraussetzung der mora sind nicht Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis als innere Merkmale des Schuldners. Statt dessen ist es allein die iusta causa für die Kenntnis, die als zweiter äußerer Umstand neben die potestas tritt. Läßt sich der Tatbestand der mora nicht auf schuldhafte Nichtleistung reduzieren, bestätigt dies allerdings noch nicht Jakobs These, der Verzug unterliege überhaupt nicht dem Verschuldensprinzip. Eine solche Annahme wäre schon mit dem pönalen Charakter der Verzugsfolgen 35 unverträglich. 36 Die durch potestas und iusta causa konstituierte mora des römischen Schuldners entzieht 34 Entgegen Jakobs, TR 42, 38, der ebenso wie Montel, S. 192 an eine Interpolation glaubt, läuft die verzugshindernde Wirkung des Geldmangels bis zu dem Zeitpunkt, in dem sich die Mittel zur Leistungserbringung beschaffen lassen, nicht auf eine Anerkennung der subjektiven Unmöglichkeit hinaus, welche im Widerspruch zu D 45.1.137.3, 4 Venul 1 stip stünde. Was bei der Beurteilung des Schuldnerverzugs berücksichtigt wird, ist lediglich der vorübergehende Mangel an potestas, nicht das dauerhafte Unvermögen. 35 Vgl. oben §§ 1 IV, 3 III. 36 Daher grundsätzlich richtig Heymann, S. 28ff., 40.

2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

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sich einer klaren Einordnung in das Schema: verschuldensgebunden oder verschuldensunabhängig. Sie unterliegt zwar keinem allgemeinen Verschuldenskriterium und ist vom Zusammentreffen zweier äußerer Element abhängig. Diese füllen jedoch die Funktion aus, die sonst ein Verschuldensmaßstab hat. Da sie bei der mora ex re entbehrlich sind, kann man diese, wenn auch grob vereinfachend, durchaus mit Siber und der herrschenden Meinung Verzug ohne Verschulden nennen, ohne sich in Widerspruch zu Marcians negativer Definition in D 22.1.32pr. zu setzen: Mora ex re ist entweder Verzug ohne potestas zur Leistung oder Verzug ohne Mahnung, die gewöhnlich , iusta causa propter quam intellegere deberes te dare oportere ' ist. Wenn die Mahnung iusta causa für die Kenntnis der eigenen Verbindlichkeit ist, erhellt auch, worin diese Kenntnis bestehen muß. Daß nicht das allgemeine Wissen der Verpflichtung gemeint sein kann, hat schon Jakobs 37 gezeigt: Pomponius' Formel wäre nur sonst im praktischen Ausnahmefall eines Erben bedeutsam, der die Schulden des Erblassers nicht kennt. Im Anschluß an Pernice 3* versteht Jakobs Pomponius', intellegere dare oportere ' daher als Kenntnis von der Pflicht zur unverzüglichen Leistung.39 Zu diesem Schluß zwingt die Deutung der Mahnung als iusta causa für die Kenntnis: Die interpellate ist Aufforderung zur sofortigen Leistung. Die durch sie vermittelte Kenntnis besteht in dem Wissen des Schuldners, daß er jetzt leisten soll. Sie ist also kein Mittel dem Schuldner die eigene Verpflichtung schlechthin zur Kenntnis zu bringen, sondern benennt vielmehr die vom Gläubiger erwartete Leistungszeit. In dieser Funktion steht die Mahnung freilich nicht allein: Über den Zeitpunkt der Leistung unterrichtet den diebischen Schuldner auch das Delikt, aus dem er die Rückgabe einer Sache schuldet. Der fur , der semper mora begeht, hat ebenfalls eine iusta causa für die Kenntnis seiner Pflicht zur sofortigen Leistung. Zwar bedarf es zur Begründung seiner Zufallshaftung mit der condictio furtiva keiner Mahnung. Reichern wir Marcians enge Bestimmung der mora ex persona mit Pomponius' weiterem Begriff der iusta causa an, ist es jedoch evident, warum die Haftung des fur aus einer mora ex persona folgt und nicht ein Fall der mora ex re ist. Das gleiche trifft auf die mora des Käufers zu, die ohne weiteres mit traditio der Kaufsache eintritt. 40 Auch hier hat der Schuldner, obgleich ungemahnt, eine iusta causa für die Einsicht, daß er den Kaufpreis nun sofort entrichten muß. Nichts anderes darf schließlich für die vertragliche Vereinbarung einer bestimmten Leistungszeit gelten. Führte die Überschreitung der verabredeten Lei37 38 39 40

TR 42, S. 30. Labeo II.2.12, 1900, S. 136. Ebenso jetzt Käser, SDHI 46, 108. Vgl. oben § 3 II.

§ 5 Mora ex persona

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stungszeit auch ohne Mahnung zum Eintritt von mora, könnte diese nur mora ex persona sein. Denn bei dem Schuldner, der sich zur Leistung bis zu einem bestimmten Termin verpflichtet, liegt trotz fehlender interpellate eine iusta causa für die Kenntnis des Leistungszeit vor. Daß wir die vertragliche Bestimmung des Leistungszeitpunktes in den Quellen nicht als Fall der mora ex re genannt finden, spricht also nicht gegen einen automatischen Verzugseintritt mit Ablauf der Leistungsfrist. Seine Einordnung als außerordentliche mora ex re liefe vielmehr Pomponius' Beschreibung des gewöhnlichen Verzugstatbestandes zuwider. Diese spricht statt dessen für eine Gleichbehandlung von interpellatio und vertraglicher Leistungszeitbestimmung als Erscheinungsformen der regelmäßigen mora kraft iusta causa intellegendi.

§ 5 Mora ex persona I. Verzug durch Mahnung Können wir mit Hilfe von D 12.1.5 Verschulden und Mahnung zusammenführen, indem wir die iusta causa für die Kenntnis der Leistungszeit an die Stelle eines regelrechten Verschuldenserfordernisses setzen und in der interpellatio eine solche iusta causa sehen, fällt der Interpolationsverdacht, dem Siber die Texte ausgesetzt hat, welche eine Mahnung als Verzugserfordernis nennen. Ihre Zahl ist ohnehin zu groß, ihre Sprache zu vielfältig, als daß sich das Mahnungserfordernis als Bestandteil des klassischen Rechts in Abrede stellen und zu einem Produkt systematischer Überarbeitung durch die Kompilatoren erklären ließe. Allein die Stellen zu Legat und Fideikommiß enthalten drei verschiedene Ausdrücke für die Mahnung: In dem schon untersuchten Text D 40.5.26.141 stellt Ulpian die gewöhnliche mora der außerordentlichen ,mora in re facta ' gegenüber und läßt diese mit dem , dies quo petita potuit \ jene mit, dies quo petita est' eintreten. Mit petitio kann Ulpian nichts anderes meinen als die interpellatio, von der Pomponius und Paulus sprechen: D 30.63.3 Pomp 6 Sab Si alteri Stichum heres dederit, quem duobus dare damnatus fuerat, et antequam interpellaretur ab altero Stichus mortuus est, heres non tenetur, quia nihil per eum factum intellegitur.42

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Vgl. oben § 41. Entgegen Riccobono jr., S. 355 läßt sich das Mahnungserfordernis hier nicht mit den Besonderheiten der Gläubigermehrheit erklären. 42

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris D 35.2.24pr. Paul 6 lui et Pap Si penum heres dare damnatus sit vel fundum et, si non dedisset, decern, ego accepi et penum legatum et translatum esse in decern, si noluerit penum heres dare, et tunc pecuniam deberi, cum interpellates fundum non dedisset,...

In den Paulussentenzen schließlich stoßen wir auf den Begriff postulare ': PS 3.8.4 Ex mora praestandorum fideicommissorum vel legatorum fructus et usurae peti possunt: mora autem fieri videtur, cum postulanti non datur.

Angesichts dieser Zeugnisse kommen auch Siber* 3 und der ihm folgende MonteÛ* nicht umhin, bei Vermächtnissen ein Mahnungserfordernis einzuräumen. Dieses will Siber jedoch damit erklären, daß ein Vermächtnis der Annahme bedürfe, und damit gleichsam in das Erfordernis einer Annahmeerklärung umdeuten. Daß dieser Versuch nicht gelingen kann, ergeben die Quellen zur mora bei vertraglichen Verpflichtungen, wo ein Annahmeerfordernis nicht denkbar ist.45 Hier erscheint die Formulierung: , debitor interpellate non solvit\ zuweilen gar als Synonym für mora: D 46.3.72pr., 1 Marc 20 dig Qui decern debet, si ea optulerit creditori et ille sine iusta causa ea accipere recusavit, deinde debitor ea sine sua culpa perdiderit, doli mali exceptione potest se tueri, quamquam aliquando interpellatus non solverit: ... (§ 1) ... nam verum est eum, qui interpellates dare noluit, offerentem postea periculo liberari. 46

Marceil betrachtet Fälle, in denen sowohl der Verzugstatbestand als auch eine Annahmeverweigerung durch den Gläubiger vorliegen. In der Konstellation, der er sich im principium widmet, hat der Schuldner einer Geldschuld den Betrag vergeblich angeboten, bevor er ihn sine sua culpa verliert. Er kann sich gegen die Klage des Gläubigers auch dann mit einer exceptio doli schützen, wenn er ursprünglich trotz Mahnung des Gläubigers nicht geleistet hat. Marceil hätte diesen Umstand ohne weiteres mora nennen können. Gleichwohl spricht er konkret: , interpellatus non solvit und zwar auch im Fall von § 1, wo Schuldner· und Gläubigerverzug bei der Stückschuld aufeinandertreffen: Der Schuldner ist in mora gekommen, weil er , interpellatus dare noluit kann sich von

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SZ 29, 60f. S. 33 Fn. 2, S. 34 Fn. 1. 45 Daß sich Sibers These, wie Elefante, Labeo 6, S. 40f. meint, anhand von D 34.1.18.1 Scaev 20 dig widerlegen läßt, erscheint mir dagegenfraglich. Zwar spricht Scaevola sowohl von petitio als auch von interpellate, beide erscheinen aber nicht als getrennte Elemente der Fallösung. 46 Diesen Text setzt Elefante, Labeo 6, S. 44f. zu Recht als Beleg für das Mahnungserfordernis ein. 44

§ 5 Mora ex persona

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dem Risiko des zufälligen Sachuntergangs jedoch im Wege der purgatio morae durch späteres Angebot befreien. 47 Auf die besondere Ausdrucksweise Marcells stoßen wir auch in einem Zitat bei Ulpian48: D 18.3.4.4 Ulp 32 ed Marcellus libro vicensimo dubitat, commissoria utrum tunc locum habet, si interpellatus non solvat, an vero si non optulerit. et magis arbitror offerre eum debere, si vult se legis commissoriae potestate solvere: quod si non habet cui offerat, posse esse securum.

Ulpian löst das von Marceil aufgeworfene Problem, ob eine lex commissoria schon bei Ausbleiben der Kaufpreiszahlung oder erst bei Verzug des Käufers verfällt. Diesen nennt Marceli:, interpellatus non solvere 49. Die Nichtleistung nach interpellatio erscheint als Standardbeispiel für den Schuldnerverzug auch bei Pomponius, der sich ebenso wie Marceli in D 46.1.72 mit Fällen beschäftigt, in denen die Tatbestände von Gläubiger- und Schuldnerverzug gleichermaßen verwirklicht sind: D 18.6.18 Pomp 31 QM ... sed videndum est, ne posterior mora damnosa ei sit. quid enim si interpellavero venditorem et non dederit id quod emeram, deinde postea offerente ilio ego non acceperim? ... 50

Um die rhetorische Frage zu veranschaulichen,51 ob nicht die spätere mora ausschlaggebend sei, führt Pomponius den Fall an, daß Gläubiger- auf Schuldnerverzug folgt. Den Gläubigerverzug bewirkt, daß der Käufer die verspätet angebotene Sache nicht annimmt. Der Schuldnerverzug liegtfrüher und vor, seitdem der Verkäufer die Kaufsache auf die interpellatio des Käufers hin nicht übergeben hat. Noch weiter reicht die Bedeutung von , interpellatus non dedit' in einem anderen Fragment, in dem Pomponius Legats- und Stipulationsschuld unterschiedslos nebeneinanderstellt und damit Sibers These von der angeblichen Sonderstellung der Vermächtnisverpflichtung widerlegt: D 45.1.23 Pomp 9 Sab Si ex legati causa aut ex stipulatu hominem certum mihi debeas, non aliter post mortem eius tenearis mihi, quam si per te steterit, quo minus vivo eo eum mihi dares: quod ita fit, si aut interpellatus non dedisti aut occidisti eum. 47

Zu D 46.3.72pr. unten § 6 III, zu § 1 unten § 61. Entgegen Riccobono jr., S. 410 ist sie daher über einen Interpolationsverdacht erhaben. 49 Vgl. Jakobs, TR 42, S. 52. 50 Auf diesen Text beruft sich völlig zu Recht wiederum Elefante, Labeo, S. 44f. 51 Hierzu unten § 6 II. 48

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

Der Interpolationsverdacht, den Siber 52 und die ihm folgende herrschende Ansicht53 gegenüber dem Schlußsatz hegen,54 beruht auf der vermeintlichen Unvollständigkeit der Aussage über die perpetuatio obligationis bei tätiger Herbeiführung der Unmöglichkeit durch den Schuldner: Er hafte nicht nur, wenn er den Sklaven getötet, sondern auch, wenn er ihnfreigelassen habe. Dieser Einwand ignoriert, wie Jakobs 55 gezeigt hat, die vorangehende Sachverhaltsschilderung, in der nicht abstrakt von der Unmöglichkeit der Leistung, sondern konkret vom Tod des Sklaven die Rede ist. Zwar würde der Schuldner auch dann haften, wenn er den Sklaven noch vor dessen Todfreigelassen hätte. Eine Auseinandersetzung mit diesem Fall ist jedoch nicht angezeigt, weil ausschlaggebendes Ereignis für die perpetuatio obligationis dann nicht mehr der Tod des Sklaven, sondern seine Freilassung wäre. Sind so einmal die Bedenken gegen die Vollständigkeit der Aussage über die Haftung bei aktiv herbeigeführter Unmöglichkeit beseitigt, gibt es keinen Grund, nicht auch die Formulierung: , interpellatus non dedisti', als echte und abschließende Beschreibung des Verzugsfalles gelten zu lassen. Vor dem Hintergrund dieser Quellen verschwinden die Zweifel an der Authentizität des Textes, dem wir die theoretische Unterscheidung von mora ex re und mora ex persona verdanken: D22.1.32pr. Marc 4 reg Mora fieri intellegitur non ex re, sed ex persona, id est, si interpellatus oportuno loco non solverit: quod apud iudicem examinabitur: nam, ut et Pomponius libro duodecimo epistularum scripsit, difficilis est huius rei definitio. divus quoque Pius Tullio Balbo rescripsit, an mora facta intellegatur, neque constitutione ulla neque iuris auctorum quaestione decidi posse, cum sit magis facti quam iuris.

Ihren Interpolationsverdacht gegen den Zusatz: ,id est, si interpellatus oportuno loco non solverti', begründen Siber 56 und die ihm folgende Mehrheit der modernen Autoren 57 mit der angeblichen Unklarheit der Aussage und mit Widersprüchen zum übrigen Text: Der Hinweis auf den , locus oportunus ' sei dunkel, wahrscheinlich auf den vereinbarten Erfüllungsort zu beziehen, nach dem Wortlaut jedoch der interpellatio zugeordnet. Der Begriff mora ex persona könne nur auf die Person des Schuldners und nicht auf den Gläubiger zielen, dessen Mahnung der Halbsatz aber gerade in den Vordergrund rücke. Vor allem könne die Frage, ob der Gläubiger den Schuldner gemahnt habe, anders als das

52

SZ 29, 53. Genzmer, SZ 44, 131, Montel, S. 29, Käser, RE, Sp. 255, Riccobono jr., S. 353. 54 Zu Recht vorsichtig ist dagegen Gradenwitz, SZ 34 (1913) 270 Fn. 4. 55 S. 48. 56 SZ 29, 50ff. 57 Heymann, S. 32f, Genzmer, SZ 44, 131, Montel, S. 27f., 83f., Käser, RE, Sp. 255 und SDHI 46, 112f., Riccobono jr., S. 350ff. 53

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Problem des Verschuldens keineswegs eine vom iudex im Einzelfall zu untersuchende quaestio facti sein, die sich einer regelrechten definitio entziehe. Diese Argumente reichen für eine Interpolationsannahme indessen nicht hin. Scheinen sie auch vordergründig überzeugend, gehen sie doch an der Aussage des verdächtigten Halbsatzes vorbei. Darin wird für den Eintritt von mora nicht allein die interpellate , sondern auch die folgende Nichtleistung des Schuldners gefordert. Erst die Kombination beider Merkmale macht den Sinn des Halbsatzes aus: Ob der , locus oportunus' der Ort der interpellate oder Platz der geschuldeten Leistung ist, ist für das Textverständnis unerheblich. Entscheidend ist das Verhältnis beider Orte zueinander und die so bestimmte Opportunität des Leistungsbegehrens. Ist die Mahnung Aufforderung zur sofortigen Leistung, ihr Ausbleiben verzugsbegründend, bereitet die Frage, wann mora eintritt, zuvörderst ein räumliches Problem: Darf der Gläubiger Leistung sofort, also schon am Ort der Mahnung verlangen? Oder ist dies nicht der ,oportunus locus! Wann darf er mit einer Leistung am richtigen Leistungsort rechnen? Die Antwort bestimmt, wie weit der Ort der Mahnung vom Leistungsort entfernt ist. Mora kann erst in dem Zeitpunkt eintreten, in dem ein zur sofortigen Leistung bereiter Schuldner vom Ort der Mahnung an den richtigen Leistungsort gelangen kann. Beim Verzug gilt hier nichts anderes als für die Fälligkeit: D 45.1.41.1 Ulp 50 Sab Quotiens autem in obligationibus dies non ponitur, praesenti die pecunia debetur, nisi si locus adiectus spatium temporis inducat, quo ilio possit perveniri. ...

Wann ein leistungsbereiter Schuldner seine Leistung auf die Mahnung am richtigen Leistungsort erbringen kann, ist durchaus quaestio facti und im Einzelfall schwer zu beurteilen58: Welche Anstrengungen darf der Gläubiger, der nicht zur Leistung am Ort der interpellate berechtigt ist, unter den gegebenen Umständen von dem Schuldner erwarten? Wie lang dauert es für einen gewissenhaften Schuldner, vom Mahnungsort aus für Erfüllung am Leistungsort zu sorgen? Welcher Hilfsmittel muß er sich dabei bedienen? Die Antwort auf diese im Einzelfall schwierigen Fragen wird noch zusätzlich erschwert, wenn der Schuldner überhaupt nichts unternommen hat, um den Gläubiger zu befriedigen. Ab wann unter diesen Umständen gilt, daß er , interpellatus non solvit \ muß anhand des hypothetischen Verhaltens eines redlichen Schuldners beurteilt werden, ohne daß hierfür tatsächliche Bemühungen des wirklichen Schuldners als Erfahrungswert zur Verfügung stehen. Da über den Eintritt von mora nicht allein die Mahnung des Gläubigers, sondern zugleich das erwartete Schuldnerverhalten entscheidet, steht die Aussage: ,id est, si interpellatus oportuno loco non solvent auch dann nicht im Wider58

Ebenso Elefante , Labeo 6, 36.

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spruch zum so beschriebenen Begriff mora ex persona, wenn dieser auf die Person des Schuldners gemünzt ist. Anders als bei der mora ex re muß der Schuldner die Aufforderung des Gläubigers zunächst erhalten und kann erst dann in Verzug geraten, wenn sein tatsächliches Verhalten nicht den gebotenen Bemühungen zur Leistungserbringung entspricht. Der Marciantext ist also auch in seiner überlieferten Fassung sinnvoll und widerspruchsfrei. Er gibt nicht einmal Anlaß, in dem von der herrschenden Ansicht beanstandeten Halbsatz mit Jakobs 59 ein Glossem mit klassischem Inhalt zu erkennen. D 22.1.32pr. ist ein einwandfreies Zeugnis dafür, daß die mora ex persona durch interpellatio ausgelöst wird. II. Vertragliche Bestimmung der Leistungszeit Fraglich ist nur, ob die Mahnung, abgesehen von den Fällen der mora ex re , stets erforderlich ist oder ob es für die Kenntnis des Schuldners von seiner Verbindlichkeit weitere iustae causae gibt. Als solche kommen zum einen das Delikt des fur und die traditio der Kaufsache, 60 zum anderen die vertragliche Bestimmung der Leistungszeit in Betracht. Daß sie zum Eintritt der mora auch ohne Mahnung führen, schließen die bisher untersuchten Quellen nicht aus. Denn sie handeln weder von der condictio furti und dem Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises noch von einer Terminsschuld. Sofern die Mahnung als Synonym oder Standardbeispiel für mora erscheint, kann dies einer Rücksicht auf den Normalfall geschuldet sein, wo die Bestimmung einer Leistungszeit im Interesse des dann mit der Mahnung sofort zur Leistung berechtigten Gläubigers ausbleibt. Daß der Verzug des Käufers automatisch mit der traditio der Kaufsache eintritt, haben wir schon bestätigt gefunden 61. Zwischen den beiden Momenten: traditio und Leistungstermin, gibt es freilich insofern einen Unterschied, als die traditio ein besonderer, dem Vertragsschluß nicht notwendig zeitgleicher Akt und so der interpellatio immerhin ähnlich ist, was sich von der vertraglichen Bestimmung eines dies nicht sagen läßt. Gegen einen automatischen Verzugseintritt mit Ablauf der Leistungsfrist spricht auf den ersten Blick allerdings D 22.1.17.4 Paul sing de usur Ex locato qui convenitur, nisi convenerit ut tardius pecuniae illatae usuras deberet, non nisi ex mora usuras praestare debet.62

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TR 42, 47. Vgl. oben § 4 III. 61 Siehe oben § 3 III. 62 Ohne jeden Aussagewert ist entgegen Elefante , Mnem. Solazzi, S. 414 die Entscheidung von CJ 4.49.10 (siehe oben § 2 III Fn. 75), wo nur von einer nicht rechtzeitigen Leistung die Rede ist, ohne daß feststeht, woraus sich die Säumnis ergibt. Der Text 60

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Die Aussage, bei der locatio conducilo folge eine Verzinsung mangels Zinsvereinbarung für den verspätet entrichteten Mietzins nur aus mora , legt den von Elefante 63 gezogenen Schluß nahe, daß die Bestimmung einer Leistungszeit, die in der Zinsvereinbarung enthalten sein muß, nicht zu den Fällen der mora gehört. Eine solche Schlußfolgerung wäre jedoch nicht gerechtfertigt. Paulus stellt hier lediglich den Gegensatz von rechtsgeschäftlich vereinbarter und kraft mora eintretender Zinspflicht dar. 64 Selbst wenn die Vereinbarung einer Leistungszeit in beiden Fällen zinspflichtbegriindend wirkte, bleiben noch hinreichende Unterschiede: Der Zinsfuß richtet sich bei der Zinsvereinbarung nach dieser, beim Verzug nach dem mos regionis 65. Liegt eine Zinsvereinbarung vor, ist offen, ob auch in diesem Fall die vorübergehend mangelnde potestas zur Leistung Berücksichtigung findet, welche den Verzug ausschließt. Schließlich bleibt der Anspruch auf vereinbarte Zinsen auch nach Erfüllung der Hauptleistungspflicht erhalten, während Verzugszinsen wegen ihrer spezialpräventiven Straffunktion nur mit der Hauptleistung eingeklagt werden können.66 Paulus' Differenzierung zwischen Vertrags- und Verzugszinsen ist für die Frage, ob mora auch mit Ablauf der Leistungsfrist eintreten kann, also unergiebig. Doppeldeutig ist auch die Aussage von D 45.1.49.3 Paul 37 ed Si promissor hominis ante diem, in quem promiserat, interpellatus sit et servus decesserit, non videtur per eum stetisse.

Paulus läßt den promissor nicht für den Tod des versprochenen Sklaven haften, wenn die Mahnung noch vor dem Eintritt des dies erfolgt ist67. Was dies für das Verhältnis von Verzug und Vereinbarung einer Leistungszeit bedeutet, hängt davon ab, ob der Sklave in Paulus' Fall vor oder nach dem vereinbarten Leistungstermin gestorben ist.68 Ist er vorher gestorben, unterrichtet uns Paulus nur darüber, daß eine Mahnung vor Ablauf der Leistungsfrist keinen Verzug auslösen kann. Offen bleibt, ob auch nach dem Leistungstermin eine Mahnung

läßt sich daher freilich auch nicht für die gegenteilige Auffassung von Montel, S. 110 in Anspruch nehmen, der hier einen Beleg für die Regel: ,dies interpellât pro homine', erkennt. 63 Mnem. Solazzi, S. 418. 64 So ansatzweise auch Montel, S. 105. 65 Vgl. D 22.1.1pr. Pap 2 quaest. 66 Siehe oben § 3 III. 67 Elefante , Labeo 6, 38 und Jakobs, TR 42, 49 sehen hierin entgegen Siber, SZ 29, S. 56 zu Recht ein weiteres Argument für ihre These, daß die interpellate regelmäßig verzugsbegründend wirkt. Ansonsten würde sich die Fallfrage nämlich gar nicht erst stellen. 68 Im zuerst genannten Sinn deuten den Text Siber aaO, Montel, S. 85 und Jakobs aaO, im zuletzt genannten Genzmer, SZ 44, 129f. und Käser, RE, Sp. 256, die allerdings eine Holschuld annehmen, welche sich dem Sachverhalt nicht entnehmen läßt.

2. Kapitel: Voraussetzungen der mora dbitos

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notwendig ist, um den Schuldner in mora zu setzen.69 Anders ist dies, wenn Paulus von einem Tod des Sklaven nach dem dies ausgeht. Hier begnügte sich Paulus nicht mit der Feststellung, daß die vorzeitige Mahnung wirkungslos ist. Implizit teilte er auch mit, daß der Eintritt des dies für sich allein keinen Verzug begründet. Daß er nicht diesen Fall im Auge hatte, vielmehr davon ausging, daß der Sklave vor dem dies gestorben war, läßt der folgende Auszug aus Pomponius' Sabinuskommentar vermuten: D 45.1.33 Pomp 25 Sab Si Stichus certo die dari promissus ante diem moriatur, non tenetur promissor.

Wenn der promissor mangels interpellatio auch durch einen Tod des Sklaven nach dem Leistungstermin nicht befreit würde, wäre die Aussage, der Sklaventod vor Eintritt des dies befreie ihn, zwar nicht eigentlich falsch, 70 aber doch irritierend. 71 Der entscheidungserhebliche Umstand wäre nämlich nicht der dies, sondern die interpellatio. Der Leistungstermin entschiede nur über die Wirksamkeit der Mahnung. Pomponius hätte sie nicht unerwähnt lassen können, ohne den Leser auf eine falsche Fährte zu locken. Daß seine Aussage nachträglich verändert wurde, ist auch nicht wahrscheinlich. Zwar hat Justinian angeblich die frühere Unsicherheit in der Frage beseitigt, ob der Verfall einer Strafstipulation zur Sicherung einer auf Termin versprochenen Leistung eine Mahnung voraussetzt, und sich in dieser Frage gegen das Erfordernis der interpellatio 72 entschieden: CJ 8.37.12(529) lust, a. Menae pp. Magnam legum veterum obscuritatem, quae protrahendarum litium maximam occasionem usque adhuc praebebat, amputantes sancimus, ut, si quis certo tempore facturum se aliquid vel daturum se stipuletur vel quae stipulator voluit promiserit et addiderit, quod, si statuto tempore minime haec perfecta fuerint, certam poenam dabit, sciat minime posse ad evitandam poenam adicere, quod nullus eum admonuit: sed etiam citra ullam admonitionem eidem poenae pro tenore stipulationis fiet obnoxius, cum ea quae promisit ipse in memoria sua servare, non ab aliis sibi manifestari poscere debeat.

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Ebenso Käser, SDHI 46, 115 gegen Jakobs, TR 42, 50. Entgegen Montel, S. 107 macht der Text daher nicht ohne weiteres Beweis für die Regel:, dies interpellât pro homine '. 71 Sie läßt sich daher entgegen Elefante, Mnem. Solazzi, S. 414f., Jakobs, TR 42, 53f. und Käser, SDHI 46, 114f., nicht einfach als offen bezeichnen. 72 Hierzu aufschlußreich Knütel, Stipulatio poenae, 1976, S. 216f., der aus D 44.7.23 Afr 7 quaest und D 4.8.21.23 Ulp 13 ed die Erkenntnis gewinnt, daß mit der Bestimmung eines modicum tempus zur Befolgung eines unbefristeten Schiedsrichterbefehls für Servius, Julian und Celsus auch die Entbehrlichkeit einer Mahnung verbunden war. 70

§ 5 Mora ex persona

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Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Kompilatoren das Mahnungserfordernis auch bei der mora hätten tilgen wollen.73 Für die Annahme eines Eingriffs mit rechtsänderndem Effekt sind D 45.1.33 und D 45.1.49.3, die beiden einzigen direkten Aussagen über das Verhältnis von dies und interpellate , nämlich wiederum zu undeutlich. Sie machen es nur wahrscheinlich, daß der Ablauf der vertraglichbestimmten Leistungsfrist allein und ohne Mahnung mora auslöst. Erhöht wird diese Wahrscheinlichkeit freilich durch D 45.1.114 Ulp 17 Sab Si fundum certo die praestari stipuler et per promissorem steterit, quo minus ea die praestetur, consecuturum me, quanti mea intersit moram fact[i] non esse.

Ulpian läßt den promissor, der die Übereignung eines Grundstücks certo die versprochen hat, auf das Interesse am Nichteintritt der mora , dies bedeutet: auf den Wert des fundus bei Verzugseintritt, haften. 74 Diese Lösung trifft auch Afrikans Auffassung: D 17.1.37 Afr 8 quaest ... aliter in stipulatione servatur: nam tunc id tempus spectatur quo agitur, nisi forte aut per promissorem steterit, quo minus sua die solverei, aut per creditorem, quo minus acciperet: etenim neutri eorumfrustratio sua prodesse debet.

Der Verzugstatbestand lautet bei beiden Juristen annähernd gleich: ,per promissorem steterit, quo minus ea (sua) die praestetur (solverei) '. Zwar is nicht völlig ausgeschlossen, daß Afrikan und Ulpian mit dieser Formel auch sagen wollen, daß eine Mahnung erforderlich und vorgekommen ist. Sie hätte jedoch mit dem Leistungstermin zusammenfallen müssen. Einefrühere Mahnung wäre, wie wir von Pomponius und Paulus wissen, ohne Wirkung gewesen, eine nachfolgende hätte keinen Verzug, ea die ' auslösen können. Ist Ulpians Formulierung: , interesse moram factam non esse ', auf den vertraglich ausbedungenen Termin bezogen, läßt sich dies am einfachsten durch einen automatischen Verzugseintritt mit Ablauf des vereinbarten dies erklären. 75 Bewiesen werden kann dieser freilich nur durch Quellen, aus denen sich ergibt, daß die für mora charakteristische Vorverlegung des Ästimationszeitpunktes ohne interpellate eintritt. Solche Aussagen wären unvereinbar mit einem strikten Mahnungserfordernis, das eine Schätzung allein für den Moment der Mahnung und nur zufällig auch zum Leistungstermin zulassen würde. 73

CJ 8.37.12 erlaubt daher entgegen Elefante , Mnem. Solazzi, S. 413 noch nicht einmal den Schluß, daß auch bei der Frage der mora im klassischen Recht Unsicherheit geherrscht habe; vgl. Siber, SZ 29, S. 85f. 74 Montel, S. 107 entnimmt diesem Fragment ohne weiteres einen Nachweis der Regel: ,dies interpellât pro homine und damit zu viel. 75 Auch die Aussage von D 45.1.114 ist damit entgegen Elefante, Mnem. Solazzi, S. 413, Jakobs, TR 42, 54 und Käser, SDHI 46, 115 keineswegs ambivalent.

2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

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Belege für eine automatische Verschiebung des Ästimationszeitpunktes auf den vereinbarten Leistungstermin gibt es nun in der Tat. Sie spiegeln eine einheitliche Rechtsauffassung von Sabinus über Cassius, Celsus und Julian bis Gaius wider. Im Gegensatz zu Afrikan und Ulpian verzichten die Aussagen dieser Juristen auch auf die immerhin interpretationsfähige Formel ,per debitorem stare, quo minus... ': D 12.1.22 lui 4 ex Min Vinum, quod mutuum datum erat, per iudicem petitum est: quaesitum est, cuius temporis aestimatiofieret, utrum cum datum esset an cum litem contestatus fuisset an cum res iudicaretur. Sabinus respondit, si dictum esset quo tempore redderetur, quanti tunc fuisset, si dictum non esset, quanti tunc fuisset, cum petitum esset. D 13.3.4 Gai 9 ed prov Si merx aliqua, quae certo die dari debebat, petita sit, veluti vinum oleum frumentum, tanti litem aestimandam Cassius ait, quanti fuisset eo die, quo dari debuit: si de die nihil convenit, quanti tunc, cum iudicium acciperetur. D 42.1.11 Cels 5 dig Si kalendis fieri aliquid stipulatus sum, nempe quandocumque post kalendas accepto iudicio tanti tarnen aestimanda lis est, quanti interfuit mea kalendis id fieri: ex eo enim tempore quidque aestimatur, quo[d] novissime solvi poterit.76

Steht damit außer Zweifel, daß der vertraglich bestimmte dies der Zeitpunkt ist, ,quo novissime solvi poterit* und zu dem die Schätzung erfolgt, muß an diesem Termin auch ohne weiteres Verzug eintreten. Eine zusätzliche Mahnung wäre ohne jede Wirkung, weil die einzige Rechtsfolge der mora bei strengrechtlichen Judizien: die Verschiebung des Schätzungszeitpunkts, schon mit dem dies eingetreten ist. Haben wir nunmehr Sicherheit erlangt, daß die vertragliche Bestimmung einer Leistungszeit einer Mahnung gleichsteht, hätte jede andere Lösung auch wundergenommen: Ist nach D 12.1.577 für den Eintritt von mora entscheidend, ob der Schuldner einen hinreichend Grund hat zu glauben, daß er jetzt leisten muß, ist dieses Erfordernis durch die Vereinbarung eines Leistungstermins genauso erfüllt wie durch interpellatio 78. Statt dessen ist es vielmehr das Mahnungserfordernis, welches mit der Regel in Einklang gebracht werden muß, daß der Schuldner ohne Bestimmung einer Leistungszeit sofort zur Leistung verpflichtet ist:

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Auf diesen Text und D 12.1.22 berufen sich auch Montel, S. 112 und Riccobono jr., S. 299, 316 für ihre - freilich nicht näher begründete - Annahme eines automatischen Verzugseintritts mit Eintritt des Leistungstermins. 77 Dazu oben § 4 II. 78 Daß der Hinweis auf die iusta causa zur Kenntnis in D 12.1.5 keine adäquate Bezeichnung für ein reines Mahnungserfordernis wäre, meint auch Riccobono jr., S. 347.

§ 5 Mora ex persona

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D 50.17.14 Pomp 5 Sab In omnibus obligationibus, in quibus dies non ponitur, praesenti die debetur. D 50.16.213pr. Ulp 1 reg ,Cedere diem* significat incipere deberi pecuniam:,venire diem* significat eum diem venisse, quo pecunia peti possit. ubi pure quis stipulates fuerit, et cessit et venit dies: ubi in diem, cessit dies, sed nondum venit:... D 36.2.21pr. Paul 2 Vit Si dies adposita legato non est, praesens debetur aut confestim ad eum pertinet cui datum est: adiecta quamvis longa sit, si certa est, veluti kalendis Ianuariis centesimis, dies quidem legati statim cedit, sed ante diem peti non potest: ... IJ 3.15.2 Omnis stipulatio aut pure aut in diem aut sub condicione fit. pure veluti ,quinque aureos dares spondes?' idque confestim peti potest, in diem, cum adiecto die quo pecunia solvatur stipulatio fit: veluti ,decern aureos primis kalendis Martiis dare spondes?4 id autem, quod in diem stipulamur, statim quidem debetur, sed peti prius quam dies veniat non potest: ... 79

Geriete der Schuldner schon unmittelbar mit Vertragsschluß in mora , würden freilich Sinn und Zweck des Distanzgeschäfts verkannt. Hätten die Parteien wirklich eine sofortige Leistung gewünscht, hätten sie ein Bar- oder Handgeschäft abgeschlossen. Die Begründung einer Leistungspflicht macht nur dann Sinn, wenn der Schuldner auch nach der Vorstellung des Gläubigers nicht sofort leisten soll. Der Gläubiger soll lediglich befugt sein, die Leistung des Schuldners jederzeit abzufordern und so die potentielle Pflicht des Schuldners zur sofortigen Leistung zu aktualisieren. Daher wäre die aus den aufgeführten Quellen gewonnene Aussage, eine unbefristete Schuld sei sofort fällig, zumindest dann mißverständlich, wenn damit eine Voraussetzung des Verzuges beschrieben werden soll. Der Gläubiger ist zwar in der Lage, den Schuldner stets zu verklagen. Die Einlassung auf den Prozeß begründet, wie wir schon gesehen haben,80 jedoch noch keine mora . Diese kann der Gläubiger dem Schuldner nur dann zum Vorwurf machen, wenn er ihn zuvor gemahnt und der Schuldner darauf nicht in angemessener Zeit reagiert hat. Die Fälligkeit der Leistung ist bei unbefristeten Schuldverhältnissen also allein Voraussetzung der Klage und für den Eintritt von mora ohne jede Bedeutung.81 Im gleichen Zeitpunkt treffen Fälligkeit und mora nur bei den Termi-

79 Vgl. femer D 45.1.41.1 Ulp 50 Sab und D 50.17.17 Ulp 21 Sab. Daß die Bestimmung eines Leistungstermins nach Ulpians Zeugnis im Interesse des Schuldners liegen soll, ist im übrigen entgegen Elefante , Mnem. Solazzi, S. 402ff. noch kein Argument gegen einen automatischen Verzugseintritt mit Ablauf einer vereinbarten Leistungsfrist; denn die Entbehrlichkeit der Mahnung bedeutete noch keine Umkehrung des dem Schuldner verstatteten Vorteils, vgl. Jakobs, TR 42, 54 Fn. 119. 80 Oben § 1 I. 81 Unrichtig sind daher die allgemeinen Aussagen von Riccobono jr., S. 116.

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2. Kapitel: Voraussetzungen der mora debitoris

schulden zusammen. An die Stelle der hier auch über mora entscheidenden Leistungszeitvereinbarung tritt bei unbefristeten Schuldverhältnissen die interpellatio. Diese bedeutet also eigentlich nur die nachträgliche Bestimmung einer Leistungszeit, die der Gläubiger nach der Parteivereinbarung einseitig vornehmen darf. Ist die Mahnung typengleich mit der ursprünglichen Abrede eines bestimmten Leistungstermins, erhellt auch, warum die römischen Juristen ihr rechtsgeschäftlichen Charakter beimessen: Paulus sieht sich vor die Frage gestellt, weshalb die interpellatio durch einen freien Geschäftsführer des Gläubigers nicht unter das Verbot von ,per liber am personam adquiri' fällt: D 22.1.24.2 Paul 37 ed Mora videtur creditori fieri, sive ipsi sive ei cui mandaverat sive ei qui negotia eius gerebat mora facta sit: nec hoc casu per liberam personam adquiri videtur, sed officium impleri, sicuti, cum quis furtum mihi facientem deprehendit, negotium meum agens manifesti furti actionem mihi parat: item cum procurator interpellaverit promissorem hominis, perpetuam facit stipulationem.

Die Zweifel, die Siber* 2, Genzmer 83 und Kaser u an der Echtheit des Schlußsatzes äußern, um das Mahnungserfordernis zu leugnen, sind unbegründet und werden auch nicht durch Vat. 112 geweckt: Apud magistratus de plano L. Titius his verbis a marito repetit. Anicius Vitalis dixit: quoniam praesto est Flavius vetus iunior, peto rem uxoriam Seiae nomine ab eodem ex legibus et edictis. dotem et peculium scripta habere se dixit tabulis signatis nec protulit. Flavius vetus iunior dixit:... us sum. Duumvirum dixit: sermo vester in actis erit. quaero, Seia mortua an ad heredes eius rei uxoriae actio transierit, cum is qui repetisset neque tutor Seiae neque curator neque procurator neque cognitor aut actor eius fuisset neque omnino actionem haberet. Paulus respondit mulieris nomine postulatum videri et per quemcunque posse actionem rei uxoriae perpetuari.

Daß Paulus hier eine ähnliche Rechtsfrage für die actio rei uxoriae beantwortet, bedeutet noch nicht, daß er in D 22.1.24.2 nicht das Sklavenbeispiel gewählt haben kann.85 Daß er den Sklaventod nicht als Merkmal der perpetuatio obligationis erwähnt, ist deshalb unschädlich, weil die Vorverlagerung des Ästimationszeitpunktes nicht nur beim Untergang des Leistungsgegenstandes Wirkung entfaltet und durch den Hinweis auf die perpetuatio hinreichend beschrieben ist. Daß der negotiorum gestor von der Mahnung ausgeschlossen wäre, weil er nur im Prozeß eine cautio zu leisten hat, kann schon deshalb nicht Paulus' Problem sein, weil die interpellatio keine Emp-

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SZ 29, 67f. SZ 44, 149. 84 RE, Sp. 255. 85 Daher bedarf es auch nicht der Überlegung von Gradenwitz, SZ 34 (1913) 260 und Jakobs, TR 42, 51, in diesem Fall könne eine Parallelstelle beigeschrieben worden sein. 83

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fangszuständigkeit des Mahnenden voraussetzt, der durchaus auch nur Leistung an den Gläubiger verlangen kann. Paulus geht es allein um die Frage, ob die interpellate durch den negotiorum gestor einen Rechtserwerb durch Freie darstellt. Zwar spricht der von Paulus angestellte Vergleich mit der Ergreifung des Diebes auf frischer Tat zunächst nicht für die rechtsgeschäftliche Natur der interpellate. Paulus beobachtet jedoch in beiden Fällen ein , negotium meum agere und die ratio dubitandi aus dem Satz: ,per liberam personam adquiri non potest \ ergibt sich im Vertragsfall erst, wenn die interpellate ein Rechtserwerb ist, der ebenso wirkt wie eine vertragliche Vereinbarung. Noch deutlicher kommt der rechtsgeschäftliche Charakter der Mahnung zum Ausdruck, wenn es um die interpellate gegenüber einem mindeijährigen Schuldner geht: D 45.1.24 Paul 9 Sab Sed si ex stipulatu Stichum debeat pupillus, non videbitur per eum mora fieri, ut mortuo eo teneatur, nisi si tutore auctore aut solus tutor interpelletur.

Daß zur Begründung von mora durch interpellate die auctoritas tutoris des Gemahnten nötig sein soll, wäre schwerlich einzusehen, wenn die Mahnung nur ein einseitiger Realakt des Gläubigers wäre. Die so begründeten Echtsheitszweifel von Siber* 6. Montef 7 und Kaser %% schwinden sofort, wenn man in der interpellate einen Ersatz für die vertragliche Bestimmung der Leistungszeit erkennt.89 Ebenso wie diese nicht ohne die auctoritas des Vormunds auskommt, kann auch die interpellate keine Wirkung entfalten, wenn sie ohne Beteiligung des tutor erfolgt.

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SZ 29, 54f. S. 30. 88 RE, Sp. 255f.; dagegen Elefante , Labeo 6, S. 37f. 89 In diesem Fall bedarf es auch nicht der Erklärung von Jakobs, TR 42, 48, der meint, Paulus habe hier die Voraussetzungen eines gegenüber dem Minderjährigen vorgenommenen Rechtsgeschäfts auf einen Realakt übertragen. 87

Drittes Kapitel

Mora accipiendi § 6 Purgatio morae und Haftungserleichterung

I. Strengrechtliche Speziesschulden Eine Folge der mora accipiendi haben wir schon kennengelernt: Das erfolglose Angebot des in mora befindlichen Schuldners macht nach Celsus' und Julians Ansicht den Schuldnerverzug wett und verhindert die perpetuatio einer auf certum gerichteten Verbindlichkeit: D 45.1.91.3 Paul 17 Plaut ... si vero moratus sit tantum, haesitatur, an, si postea in mora non fuerit, extinguatur superior mora, et Celsus adulescens scribit eum, qui moram fecit in solvendo Sticho quem promiserat, posse emendare eam moram postea offerendo: esse enim hanc quaestionem de bono et aequo: in quo genere plerumque sub auctoritate iuris scientiae perniciose, inquit, errato, et sane probabilis haec sententia est, quam quidem et Iulianus sequitur: ...

Zum Ausgangspunkt für eine weitere schuldnerfreundliche Entscheidung macht diese Lösung Marceli: D 46.3.72.1 Marceli 20 dig Cum Stichum mihi deberes et in solvendo moram fecisses, sub condicione eum promisisti: pendente ea Stichus decessit: videamus, an, quia novari prior obligatio non potest, petitio servi competat ea, quae competerei, si non intercessisset stipulatio. sed in promptu contradictio est debitorem, cum stipulanti creditori sub condicione promisit, non videri in solutione hominis cessasse: nam verum est eum, qui interpellatus dare noluit, offerentem postea periculo liberari.

Marceli gilt als verum, daß sich der Schuldner, der auf die interpellatio des Gläubigers nicht leisten wollte und so in mora geraten ist, durch ein späteres Angebot vom periculum der unbedingten Zufallshaftung befreien kann. Die gleiche Rechtsfolge soll eintreten, wenn der in mora befindliche Schuldner eines Sklaven diesen erneut unter einer Bedingung versprochen hat. Daß die zweite Stipulation trotz mora bei der ersten Verbindlichkeit keine Novationswirkung haben kann, wenn der Sklave noch vor Eintritt der Bedingung stirbt, ist für Marceil scheinbar ausgemacht. Anders sieht dies Venuleius, der eine kraft

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mora perpetuierte Stipulationsschuld für uneingeschränkt novationsfähig hält und auch in Marcells Fall eine wirksame Überleitung der Ursprungsverpflichtung annimmt: D 46.2.3 lpr. Venul 3 stip Si rem aliquam dari stipulates sum, deinde eandem sub condicione novandi animo ab eodem stipuler, manere oportet rem in rebus humanis, ut novationi locus sit, nisi si per promissorem steterit, quo minus daret. ideoque si hominem mihi dare te oporteat et in mora fueris, quo minus dares, etiam defuncto eo teneris: et si, priusquam decederet, cum iam mora facta sit, eundem a te sub condicione stipulates fuero et servus postea decesserit, deinde condicio exstiterit, cum iam ex stipulatu obligates es mihi, novatio quoque fiet. 1 Noch Paulus entscheidet sich aber nur zögernd für die Novationsfähigkeit einer schon vor Abschluß der Novationsstipulation perpetuierten Verbindlichkeit. Er gibt zu Bedenken, daß es der Novationsstipulation trotz perpetuatio der ersten Verbindlichkeit an einem rechten Gegenstand fehlt: D 45.1.91.6 Paul 17 Plaut ... novari autem an possit haec obligatio, dubitationis est, quia neque hominem qui non est neque pecuniam quae non debetur stipulali possumus. ego puto novationem fieri posse, si hoc actum inter partes sit, quod et Iuliano placet. Wie Paulus und der von ihm zitierte Julian über Marcells Fall geurteilt hätten, läßt sich nicht einmal vermuten. Sicher ist nur, daß Julian der bedingten Novationsstipulation durch einen neuen Schuldner zumindest dann die Wirksamkeit abspricht, wenn nicht nur der Untergang des Leistungsgegenstandes, sondern auch die mora des ursprünglichen Schuldners in die Zeit zwischen Abschluß der Novationsstipulation und Bedingungseintritt fällt: 2 D 45.1.56.8 lui 52 dig Si hominem, quem a Titio pure stipulates fueram, Seius mihi sub condicione promiserit et is pendente condicione post moram Titii decesserit, confestim cum Titio agere potero, nec Seius existente condicione obligetur: at si Titio acceptum fecissem, 1

Der Passus: ,cum iam ex stipulatu obligatus es mihi', ist ein Hinweis auf die perpetuatio der Ausgangsverbindlichkeit und entgegen Haymann, SZ 41 (1920) 87f. völlig unverdächtig. 2 Vgl. Apathy , Animus novandi, 1975, S. 154, 165 Ν. 1. So auch dierichtige Deutung von Haymann, SZ 41 (1920) 91 f., der freilich grundlose Textkritik an der überlieferten Entscheidungsbegründung übt und die nota Scaevolae in D 2.14.54 (oben § 1 III) mißdeutet, um dem Einwand zu begegnen, den später Kaden, SZ 44 (1924), S. 199 erheben sollte: Kaden glaubt, eine mora nach Abschluß der Novationsstipulation könne schon deshalb nicht eintreten, weil die Ursprungsverpflichtung nach Gai inst 3. 179 (unten im Text) fortan durch eine exceptio doli oder pacti gehemmt sei. Dies gilt zweifelsohne nur in dem Fall, daß die Parteien der Novationsstipulation mit denen des ursprünglichen Schuldverhältnisses identisch sind. In dem von Julian behandelten Fall einer Schuldübemahme durch einen Dritten läßt sich die von Gaius zur Grundlage der exceptio gemachte stillschweigende Vereinbarung über den Ausschluß der Ausgangsverbindlichkeit dagegen nicht ohne weiteres feststellen.

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3. Kapitel: Mora accipiendi Seius existente condicione obligari potest, idcirco haec tam varie, quod homine mortuo desinit esse res, in quam Seius obligaretur: acceptilatione interposita superest homo, quern Seius promiserat.3

Julians ratio , der Novationsstipulation fehle im Zeitpunkt des Bedingungseintritts ihr Gegenstand, läßt sich ohne weiteres auf Marcells Fall übertragen und zur Grundlage von Marcells Entscheidung gegen die Wirksamkeit der Novationsstipulation machen. Sogar wenn man mit Venuleius die Novationsfähigkeit einer perpetuierten Verbindlichkeit grundsätzlich bejaht, kann man der Ansicht sein, daß eine Verewigung erst nach Abschluß eines bedingten Novationsversprechens nicht ausreicht, weil die zu novierende Verbindlichkeit und mit ihr der Leistungsgegenstand der Zweitverpflichtung zwischen Vertragsschluß und Bedingungseintritt den Charakter gewechselt haben: Bei Abschluß der Novationsstipulation war die Ausgangsverpflichtung noch eine gewöhnliche und auf den Fortbestand des Leistungsgegenstands angewiesen. Bei Bedingungseintritt kommt sie ohne diesen aus, während sich die Novationsstipulation auf einen gewöhnlichen und nicht kraft perpetuatio obligationis fingierten Leistungsgegenstand richtet. Julian selbst könnte diese ratio im Gegensatz zu Marceli freilich auf den Fall beschränkt wissen wollen, daß nicht nur der Untergang des Leistungsgegenstandes, sondern auch die mora nach Abschluß der Novationsstipulation eingetreten ist. Ist die mora zuvor begangen, könnte man die Novationsstipulation schon bei Abschluß auf einen zwar noch nicht fingierten, aber der Fiktion immerhin zugänglichen Leistungsgegenstand gerichtet ansehen, so daß mit seinem Untergang vor Bedingungseintritt keine Änderung im Charakter der Stipulationsverbindlichkeit eintritt.4 In diesem Fall hätte erst Marceli Julians Erwägung auf die Konstellation ausgedehnt, in der die mora schon vor Abschluß der Novationsstipulation vorliegt. Mit seiner raschen Entscheidung gegen die Novationswirkung, für die wir bei Julian ein taugliches Erklärungsmuster gefunden haben, nimmt Marceli freilich nur vorweg, was sich aus der noch folgenden Untersuchung ohnehin und unabhängig von Julians Lösung ergeben wird. In der perpetuatio der Ausgangsverbindlichkeit erkennt Marceli einen offenkundigen Widerspruch, weil der Schuldner, der sich mit dem Gläubiger auf die Begründung einer zweiten Verpflichtung zur gleichen Leistung geeinigt hat, nicht mehr gegen die Pflicht zur Erfüllung der ersten verstoßen kann. Diese wird schon vor ihrer Novation, wenn auch nicht aufgehoben, so doch in der Weise verändert, daß die mora des Schuldners getilgt ist. Der Gläubiger, der sich die gleiche Leistung von demselben Schuldner unter einer Bedingung erneut versprechen läßt, sieht sich bei ei3

Zu diesem Text außer den schon Genannten Apathy (Fn. 2), S. 149ff. Von einem Übergang der mora auf die Verpflichtung aus der Novationsstipulation, wie Haymann, SZ 41 (1920) 87ff. sie vermutet, sprechen die Quellen nicht; vgl. Kaden, SZ 44 (1924) 202. Eindeutigen Beweis gegen Haymanns These macht sogar das tsine mora ' in D 45.1.29.1 Ulp 46 Sab (unten im Text). 4

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ner Klage aus der alten Verbindlichkeit nämlich gewöhnlich einer exceptio doli oder pacti ausgesetzt, solange die Bedingung für die neue Stipulationsverpflichtung noch nicht eingetreten ist: Gai inst. 3.179 Quod autem diximus, si condicio adiciatur, novationem fieri, sic intellegi oportet, ut ita dicamus factam novationem, si condicio extiterit; alioquin si defecerit, durât prior obligatio, sed videamus, num is qui eo nomine agat, doli mali aut pacti conventi exceptione possit summoveri, quia videtur inter eos id actum, ut ita ea res peteretur, si posterioris stipulationis exstiterit condicio. Servius tarnen Sulpicius existimavit statim et pendente condicione novationem fieri, et si defecerit condicio, ex neutra causa agi posse et eo modo rem perire;... sed in utroque casu alio iure utimur.... 5

Durch die novatio bekundet der Gläubiger sein mangelndes Interesse am sofortigen Leistungserhalt6 und steht damit ebenso wie ein Gläubiger, der das Angebot des in mora befindlichen Schuldners nicht annimmt7.8 In beiden Fällen kommt es gleichermaßen zu einer purgatio morae, die mit dem Schuldnerverzug auch die Grundlage für perpetuatio und novatio der Ursprungsverbindlichkeit beseitigt. Hier liegt ein Problem, das Venuleius vielleicht entgangen, bei ihm jedenfalls nicht behandelt ist. Julian, der sich nur mit dem Fall eines Novationsversprechens vor Eintritt von mora beschäftigt, hat es sich nicht gestellt. Einen Anhänger hat Marceil in Ulpian gefunden. In seinen disputationes gibt er die Entscheidung Marcells passivisch wieder und dehnt sie so auch auf den Fall aus, daß das bedingte Novationsversprechen statt vom ursprünglichen Schuldner von einem Dritten abgegeben wird: D 46.2.14pr. Ulp 7 disp Quotiens quod pure debetur, novandi causa sub condicione promittitur, non statim fit novatio, sed tunc demum, cum condicio extiterit. et ideo si forte Stichus fuerit in obligatione et pendente condicione decesserit, nec novatio continget, quia non subest res eo tempore, quo condicio impletur. unde Marcellus et si post moram stichus in condicionalem obligationem deductus sit, purgari moram nec in sequentem deduci obligationem putat.

Ob Ulpian eine solche Generalisierung anstrebt und mit ihr auch die Ansicht Marcells trifft, ist deshalb fraglich, weil zumindest Gaius dem bedingten Nova-

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Hierzu Apathy (Fn. 2), S. 124ff. Richtig Guarneri Citati , S. 308 und Riccobono jr., S. 414. 7 Der exzeptionsweise Schutz, der dem Schuldner normalerweise zuteil wird, bedeutet also entgegen Guarneri Citati, S. 279 keineswegs, daß auch die purgatio morae nur ope exceptionis wirken könnte. Für Echtheit der überlieferten Lösung ist auch Apathy, Animus novandi, 1975, S. 167. 8 Mit Hilfe dieses Vergleichs und D 2.14.54 (oben § 1 III) widerlegt Apathy, Animus novandi, 1975, S. 168 die Ansicht, derzufolge die purgatio morae nicht durch Umdeutung der Novationsstipulation in ein pactum de non petendo erfolgt. 6

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3. Kapitel: Mora accipiendi

tionsversprechen durch einen anderen als den ursprünglichen Schuldner keine Wirkung auf die Ausgangsverbindlichkeit zumißt: D 2.14.30.2 Gai 1 prov Si sub condicione stipulates fuerim a te quod Titius mihi pure deberet: an deficiente condicione si a Titio petam, exceptione pacti conventi et possim et debeam summoveri? et magis est exceptionem non esse opponendam.

Der bedingten Novationsstipulation von dritter Seite vermag Gaius nicht zu entnehmen, daß der Gläubiger die Leistung nur bei Bedingungseintritt haben will. Die Verpflichtung des ursprünglichen Schuldners will er nach Gaius' Auffassung vielmehr nur dann ersetzt wissen, wenn ihm der neue Promittent verbindlich wird. 9 Daß Marceli in diesem Punkt anderer Ansicht war, ergibt der Fortgang des Fragments D 46.3.72. Dessen § 2 lautet: Sed quid si ignorante debitore ab alio creditor eum stipulates est? hie quoque existimandus est periculo debitor liberates, quemadmodum si quolibet nomine eius servum offerente stipulator accipere noluisset.

Obwohl Marceli es nicht ausdrücklich sagt, kann es hier nur um eine bedingte Novationsstipulation gehen, wie sie auch schon Thema des vorangegangen § 1 ist. Wäre das Novationsversprechen des Dritten unbedingt, würde der Schuldner der Ausgangsverbindlichkeit jedenfalls dann keineswegs nur aus dem periculum entlassen, wenn das neue Versprechen Novationswirkung hat. In diesem Fall würde er mit Abgabe vielmehr sofort und vollständig von seiner Verbindlichkeit befreit. Der von Marceli erneut angestellte Vergleich zur Ablehnung eines Leistungsangebots durch den Gläubiger könnte auf das unbedingte Zweitversprechen nur dann zutreffen, wenn von diesem keine Novationswirkung ausgeht. Da eine solche Einschränkung nicht gemacht ist, kann Marceli nur das bedingte Zweitversprechen meinen, dessen Novationswirkung noch offen ist. Hält Marceli auch diesen Fall der Ablehnung eines Leistungsangebots für vergleichbar, muß er anders als Gaius im bedingten Novationsversprechen durch einen neuen Schuldner die Erklärung des Gläubigers sehen, an einem sofortigen Erhalt der Leistung kein Interesse zu haben. Ulpian übernimmt diese Ansicht und verzichtet in D 46.2.14 folgerichtig auf die Erwähnung der Person, die das Zweitversprechen abgibt. Zu grob und daher vermutlich erst das Ergebnis der Extrapolation durch die Kompilatoren ist dagegen die Aussage von D 46.2.8pr. Ulp 46 Sab Si Stichum dari stipulates fuerim et, cum in mora promissor esset, quo minus daret, rursus eundem stipulates filerò, desinit periculum ad promissorem pertinere quasi mora purgata. 9

Apathy (Fn. 2), S. 148.

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Diese Formel schließt auch die unbedingte Zweitstipulation ein. Geht sie vom alten Schuldner aus, ist sie mangels aliquid novi zwar ohne Novationswirkung, könnte aber gleichwohl zu einer purgatio morae führen. Von einer Entlassung aus dem periculum läßt sich jedoch dann nicht sprechen, wenn das zweite Versprechen von einem Dritten abgegeben wird, novierend wirkt und den Schuldner restlos befreit. Vereinfacht ist auch das Marcellzitat zur purgatio morae bei der condictio furtiva : D 45.1.29.1 Ulp 46 Sab Si a füre hominem sim stipulates, quaesitum est, an stipulatio valeat. movet quaestionem, quod stipulates hominem plerumque meum videor: non valet autem huiusmodi stipulatio, ubi quis rem suam stipulates est. et constat, si quidem ita stipulates sim: ,quod ex causa condictionis dare facere oportet?', stipulationem valere: si vero hominem dari stipulates fuero, nullius momenti esse stipulationem. quod si postea sine mora decessisse proponatur servus, non teneri furem condictione Marcellus ait: quamdiu enim vivit, condici potent, at si decessisse proponatur, in ea condicione est, ut evanescat condictio propter stipulationem.10

Anders als das einfache Versprechen des gestohlenen Sklaven fällt die Stipulation: ,quod ex causa condictionis dare facere oportet? \ nicht unter das Verbot der stipulatio rei suae und läßt die deliktische Ausgangsverbindlichkeit untergehen.11 Ein nachfolgender Tod des Sklaven soll Marceli zufolge den Dieb befreien, der bei der Erfüllung der Stipulationsschuld ohne mora ist,12 weil er hier noch nicht für Zufall, aus der condictio furtiva dagegen schon nicht mehr haftet. Diese Aussage scheint für beide Stipulationen: sowohl für das wirksame Versprechen der Erfüllung der condictio als auch für die unwirksame stipulatio rei suae, und zwar auch dann zu gelten, wenn sie unbedingt sind.13 Vor das Problem einer purgatio morae sieht sich Marceli aber wiederum nur bei einer bedingten Stipulation, und zwar in der wirksamen Variante eines Versprechens der Erfüllung der condictio, gestellt: D 46.3.72.3 Marceli 20 dig Idem responsum est, si quis, cum subreptus sibi servus esset, sub condicione stipulates fuerit quidquid furem dare facere oportet: nam et fur condictione liberatur, si dominus oblatum sibi accipere noluit. si tamen, cum in provincia forte servus esset, intercesserit stipulatio (et finge prius quam facultatem eius nancisceretur fur vel 10 Die haltlose Textkritik von Guarneri Citati, S. 300ff. hat Sturm, Stipulatio Aquiliana, 1972, S. 79ff. widerlegt. 11 Daß Sabinus im Gegensatz zu Ulpian auch das einfache Versprechen eines der condictio furtiva unterliegenden Sklaven für wirksam hält, macht Sturm (Fn. 10), S. 77 Fn. 95 anhand von D 45.1.83.7 plausibel. 12 Dies ist der Sinn des Ausdrucks: ,sine mora', der entgegen Riccobono jr., S. 424 keineswegs falsch ist; vgl. Sturm (Fn. 10), S. 80. 13 Von einer bedingten Novationsstipulation spricht der Text entgegen Riccobono jr., S. 423 nicht; vgl. Sturm (Fn. 10), S. 78 Fn. 98.

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3. Kapitel: Mora accipiendi promissor, decessisse servum), non potent rationi, quam supra reddidimus, locus esse: non enim optulisse eum propter absentiam intellegi potest.

Auch für die condictio furtiva zieht Marceil den Schluß von der verzugstügenden Wirkung der oblatio 14 auf die entsprechende Folge einer Novationsstipulation.15 Der gleichen Argumentation bedient sich auch Papinian: D 13.1.17 Pap lOquaest Parvi refert ad tollendam condictionem, offeratur servus furtivus an in aliud nomen aliumque statum obligationis transferatur: nec me movet, praesens homo fuerit nec ne, cum mora, quae eveniebat ex furto, veluti quadam [delegatione] 16 finiatur. 17

Noch Tryphonin könnte jedoch eine purgatio morae bei der condictio furtiva schlechthin geleugnet haben. Er beschäftigt sich mit dem Fall, daß der Schuldner im Gegensatz zum Gläubiger bereit ist, sich auf einen Prozeß einzulassen. Eine Befreiung des Schuldners bei nachträglichem Sachuntergang lehnt Tryphonin unter Berufung auf die veteres und mit durchaus scharfsinniger Begründung ab: D 13.1.20 Tryph 15 disp Licet fur paratus fuerit excipere condictionem et per me steterit, dum in rebus humanis res fuerat, condicere eam, postea autem perempta est, tarnen durare condictionem veteres voluerunt, quia videtur, qui primo invito domino rem contrectaverit, semper in restituenda ea, quam nec debuit auferre, moram facere.

Tryphonin stellt nicht in Abrede, daß der Dieb, welcher dem Gläubiger gegenüber zu , excipere condictionem ' bereit ist, aktuell ohne mora und damit vielleicht auch die zuvor begangene mora getilgt ist. Die mangelnde Bereitschaft des Gläubigers zur Klage berührt jedoch die späteren Pflichtverletzungen des Schuldners nicht, der semper mora begeht. Anders als die heutige Vorstellung vom Schuldnerverzug nahelegt, ist mit mora kein rechtlicher Zustand beschrieben, dem durch ein bestimmtes Ereignis wie beim Eintritt des Gläubigerverzugs ein Ende bereitet werden könnte. Die mora des römischen Schuldners ist, wie wir schon an Celsus' Auseinandersetzung mit der constitutio veterum gesehen haben,18 statt dessen eine einmalige Pflichtverletzung, die sich beim fur beständig wiederholt und stets neu die Grundlage für eine perpetuatio 14 15

Vgl D 13.1.8 Ulp 27 ed (oben § 1 III).

Der Untergang des Diebesgutes ist dabei vorausgesetzt, seine mangelnde Erwähnung entgegen Riccobono jrS. 421 kein Interpolationsindiz; vgl. Sturm (Fn. 10), S. 84, der sich auch gegen die völlig grundlose Verdächtigung des Textes durch Guarneri Citati, S. 294ff. wendet. 16 Vgl. CIC, Bd. II, 1999, S. 142 Fn. 2. 17 Wenn Papinian hier von , tollere condictionem ' spricht, wird dies durch das folgende , mora finiri ' als Befreiung mit Sachuntergang außerhalb von mora bestimmt und ist entgegen Guarneri Citati, S. 20Iff. kein Interpolationsindiz. 18 Oben § 1 III.

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obligationis ist. Die Befreiung des Schuldners von seiner unbedingten Haftung aus der condictio furtiva setzt demnach mehr voraus als nur die Tilgung des vorangehenden Schuldnerverzugs. Sie erfordert darüber hinaus auch den Ausschluß künftiger mora , welcher durch die Zulassung der purgatio vergangener mora keineswegs vorgegeben ist. Erstreckt Marceli die verzugsbereinigende Wirkung auch auf die künftige mora , bedeutet sein Konzept der purgatio morae einen ersten Schritt zur Ausbildung der mora als Rechtszustand und unterscheidet sich daher von dem Celsus' und Julians keineswegs nur in dem Schluß von der oblatio auf die bedingte novatio. Deren Gleichbehandlung befürwortet Marceli anders, als es nach seinen Aussagen in §§ 1 und 2 von D 46.3.72 den Anschein hat, und im Gegensatz zu Ulpian nur im Regelfall und nicht ausnahmslos. Dem Schlußsatz von § 3 entnehmen wir, daß eine purgatio morae nicht in Betracht kommt, wenn der zum Gegenstand einer bedingten Novationsstipulation gemachte Leistungsgegenstand untergeht, bevor er dem Gläubiger zur Erfüllung der Ausgangsverbindlichkeit hätte übergeben werden können. Unter diesen Umständen läßt sich der Abschluß der neuen Verbindlichkeit nicht wie ein erfolgloses Angebot ansehen. Der Gläubiger, der sich hier auf die bedingte novatio einläßt, bekundet nicht sein fehlendes Interesse am sofortigen Leistungserhalt. Auf diesen hätte er wegen der mangelnden Fähigkeit des Schuldners zur umgehenden Erfüllung nämlich ohnehin nicht zählen können. Anders sieht dies offenbar Papinian,19 der in D 13.1.17 ausdrücklich keine Einschränkung für den Fall machen will, daß der Leistungsgegenstand nicht präsent ist. II. Die mora emptoris Daß die Herausbildung der purgatio morae im wesentlichen erst auf die Hochklassiker Celsus, Julian und Marceli zurückgeht, steht aufgrund der Zitate Paulus' und Ulpians außer Zweifel. Der zeitliche Ablauf nähme keineswegs wunder, hätte die purgatio morae nicht schon eine deutlich ältere Parallele in der Haftungserleichterung, die dem in mora befindlichen Verkäufer zuteil wird. Mit ihr hat sich spätestens Labeo beschäftigt: D 18.6.18 Pomp 31 QM Illud sciendum est, cum moram emptor adhibere coepit, iam non culpam, sed dolum malum tantum praestandum a venditore, quod si per venditorem et emptorem mora fuerit, Labeo quidem scribit emptori potius nocere quam venditori moram adhibitam, sed videndum est, ne posterior mora damnosa ei sit. quid enim si interpellavero venditorem et non dederit id quod emeram, deinde postea offerente ilio ego non acceperim? sane hoc casu nocere mihi deberet. sed si per emptorem mora fuisset,

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Richtig Sturm (Fn. 10), S. 86.

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3. Kapitel: Mora accipiendi deinde, cum omnia in integro essent, venditor moram adhibuerit, cum posset se exsolvere, aequum est posteriorem moram venditori nocere.

Pomponius befaßt sich mit dem Zusammentreffen von mora emptoris und mora venditoris. Für ausschlaggebend hält er die jeweils spätere mora, so daß ein erfolgloses Angebot des in mora befindlichen Verkäufers die Rechtsfolgen der mora emptoris zeitigt. Diese Lösung entspricht der purgatio morae, wie sie Celsus und Julian zugunsten des Schuldners einer strengrechtlichen Verbindlichkeit vorgeschlagen haben. Die von Pomponius für den Kauf entwickelte Formel geht freilich darüber hinaus, indem sie auch den umgekehrten Fall deckt, in dem der Schuldnerverzug auf einfruchtloses Angebot folgt, ,cum omnia in integro essent '. Pomponius ergänzt oder korrigiert so die Auffassung des von ihm zitierten Labeo, dessen Ansicht auch an anderer Stelle überliefert ist: D 19.1.51pr. Lab 5 post a lav epit Si et per emptorem et venditorem mora fuisset, quo minus vinum praeberetur et traderetur, perinde esse ait, quasi si per emptorem solum stetisset: non enim potest videri mora per venditorem emptori facta esse ipso moram faciente emptore.

Treffen mora venditoris und mora emptoris aufeinander, ist für Labeo ausschließlich der Verzug des Käufers entscheidend, da eine mora venditoris nicht neben der mora emptoris bestehen könne. Diese schematisch anmutende Lösung will Pennitz 20 nur auf den Fall gleichzeitig eintretenden Käufer- und Verkäuferverzugs beziehen, wodurch ein Widerspruch zur Auffassung Pomponius' vermieden wird. Für einen gleichzeitigen Eintritt von Gläubiger- und Schuldnerverzug läßt der Tatbestand der mora debitoris, wie wir ihn kennengelernt haben,21 jedoch keinen Raum: Ist der Gläubiger zur Annahme der Leistung nicht bereit oder außerstande, fehlt dem Schuldner von vornherein die erforderliche potestas zur Leistung, ohne die nicht gelten kann, daß ,per eum stat, quo minus solvat' 22 Zwar ließe sich diese Feststellung auf den ersten Blick auch hinter dem bei Javolen zu findenden Satz vermuten: ,ηοη enim potest videri mora per venditorem emptori facta esse ipso moram faciente emptore In diesem Fall wäre jedoch die vorangehende Problemstellung falsch, die sich auch bei Pomponius findet und derzufolge sowohl der Käufer als auch der Verkäufer mora begehen. Daß hierin ohnehin ein Paradoxon liegt, läßt sich allenfalls behaupten, wenn man von der modernen Vorstellung von Schuldner- und Gläubigerverzug als zweier einander ausschließender Rechtszustände ausgeht. Ist mora dagegen wie zumindest bei den älteren römischen Juristen und noch bei Tryphonin eine einmalige Pflichtverletzung, 23 läßt sie sich ohne weiteres so20 21 22 23

Periculum rei venditae, 1998, 440. Oben § 4 II. Vgl. insbesondere D 22.1.17.3 Paul sing de usur (oben § 3 III, 4 II). Siehe oben § 1 III.

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wohl auf Gläubiger- als auch auf Schuldnerseite feststellen; und die Entscheidung über die Konkurrenz ihrer Rechtsfolgen ist nicht denknotwendig durch die zeitliche Abfolge vorgegeben. Labeos Lösung ist daher auch dann, wenn sie dem zeitlich aufeinanderfolgenden Eintritt von mora emptoris und mora venditoris gilt und hier stets jener unterordnet, keineswegs falsch. Sie ist nur weniger interessengerecht als die Ansicht Pomponius', der die zuerst eingetretene mora durch die spätere wettgemacht sieht und so die überholende Kausalität des Zweitereignisses berücksichtigt. Die Grundlage von Läbeos Auffassung dürfte in der einfachen schuldnerfreundlichen Erwägung zu finden sein, die Paulus in D 45.1.91.3 zur Begründung der purgatio morae bei den strengrechtlichen iudicia anführt und die jedenfalls im Munde des Spätklassikers etwas hilflos klingt: Nam dum quaeritur de damno et par utriusque causa sit, quare non potentior sit qui teneat, quam qui persequitur? 24

Der Widerspruch, der Labeo und Pomponius beim Kauf gleichermaßen zur Entscheidung drängt und den Labeo im Schlußsatz von D 19.1.51pr. beschreibt, liegt in den einander ausschließenden Rechtsfolgen von mora emptoris und mora venditoris. Während diese den Käufer sogar von der seit Abschluß des Kaufvertrags drohenden Gefahr des zufälligen Sachuntergangs befreit, 25 bewirkt die mora emptoris nahezu das Gegenteil: Mit der Reduktion des Haftungsmaßstabs auf dolus malus entfällt nicht nur die Verantwortlichkeit des Verkäufers für culpa, sondern auch seine Haftung für custodia, die in der Vorlage zu D 18.6.18 anstelle oder neben der culpa Erwähnung gefunden haben könnte. Die custodia-YLdfbmg ist Korrelat zum Gefahrübergang auf den Käufer und nimmt diesem das periculum zu einem erheblichen Teil ab. Ihr Wegfall mit Eintritt der mora emptoris bedeutet den römischen Juristen ihrerseits eine Form des Gefahrübergangs: D 18.6.13,15pr. Paul 3 Alfepit Lectos emptos aedilis, cum in via publica positi essent, concidit: si traditi essent emptori aut per eum stetisset quo minus traderentur, emptoris periculum esse placet, (fr. 15) Quod si neque traditi essent neque emptor in mora fuisset quo minus traderentur, venditoris periculum erit.

Sind verkaufte Betten, während sie auf einer via publica standen, von den Ädilen zerstört worden, bevor sie dem Käufer übergeben werden konnten, trifft die so verwirklichte Gefahr des Sachuntergangs den Verkäufer, welcher für custodia einzustehen hat26. Fand die Zerstörung dagegen nach Übergabe an den Käufer statt, trägt dieser als Eigentümer der Betten das Risiko. Die gleiche 24

Für den von Guarneri Citati , S. 230 erhobenen Interpolationsverdacht besteht hier freilich kein Anlaß. 25 Siehe oben § 2 II. 26 Vgl. Seckel/Levy, SZ 47 (1927) 246.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

Rechtsfolge ordnet Alfen für den Fall der mora emptoris an, in dem es am Käufer lag, daß die Betten vor ihrer Zerstörung nicht übergeben werden konnten. Der in mora befindliche Käufer steht damit ebenso wie ein Käufer, dessen Anspruch auf Übergabe der Kaufsache schon erfüllt worden ist.27 Daß ihm eine Haftung des Verkäufers für dolus verbleibt, ist lediglich ein Vorbehalt für den Schutz gegen arglistiges Verhalten. Zeitigt die mora emptoris wegen der Haftungserleichterung bei der Gefahrtragung eine vorverlagerte Erfüllungswirkung, kann der Gläubigerverzug bei den - vor allem strengrechtlichen - Klagen auf Übereignung einer bestimmten Sache keinen vergleichbaren positiven Effekt haben. Die Gefahr des zufälligen Sachuntergangs trifft hier ohnehin den Gläubiger, dessen Anspruch außerhalb des Schuldnerverzugs nur, dann aber stets erhalten bleibt, wenn die Leistung facto debitoris unmöglich geworden ist: D 45.1.91.1 Paul 17 Plaut Sed si sit quidem res in rebus humanis, sed dari non possit, ut fundus religiosus puta vel sacer factus vel servus manumissus, vel etiam ab hostibus si capiatur, culpa in hunc modum diiudicatur, ut, si quidem ipsius promissoris res vel tempore stipulationis vel postea fuerit et quid eorum acciderit, nihilo minus teneatur, idemque fiat et si per alium, posteaquam ab hoc alienatus sit, id contigerit. sin autem alienus fuit et ab alio tale quid accidit, non tenetur, quia nihil fecit, nisi si posteaquam moratus est solutionem, aliquid huiusmodi acciderit: quam distinctionem et Iulianus sequitur. item si homo, qui fuit promissoris, ex praecedenti causa ablatus ei fuerit, quod statuliber fuit, perinde habendus sit, ac si alienum promisisset, quia sine facto ipsius desiit eius esse.

Das zur Entscheidung über die perpetuatio obligationis herangezogene Kriterium, ob der aus dem Rechtsverkehr ausgeschiedene Leistungsgegenstand dem Schuldner oder einem Dritten gehörte, ist für Julian und Paulus nur eine Funktion des zugrundeliegenden Maßstabs, ob die Leistungsunmöglichkeit facto debitoris eingetreten ist.28 Dieses Kriterium bewährt sich auch bei der Ablehnung der perpetuatio im Fall einer Unmöglichkeit ,ex praecedenti causa'. Die culpa, die Paulus zur Voraussetzung der perpetuatio erklärt und im principium des Fragments als eine solche , in faciendo ' definiert hat, steht also nicht für einen bestimmten Haftungsmaßstab, sondern ist „Verschuldung". 27

Der Entfall der custodia-Hafhmg wirkt damit ähnlich dem regelrechten Übergang der Lohngefahr, welcher bei der locatio conductio mit Gläubigerverzug eintritt; vgl. D 19.2.36 Flor 7 inst: ,Opus quod aversione locatum est donec adprobetur, conductoris periculum est: quod vero ita conductum est sit, ut in pedes mensurasve praestetur, eatenus conductoris periculo est, quatenus admensum non sit: et in utroque causa nociturum locatori, si per eum steterit, quo minus opus adprobetur vel admetiatur. Die Textkritik, die Kaser , SZ 74 (1957) 192 an den hier überlieferten Aussagen zum periculum bei der locatio conductio übt, läßt den Passus zum Gefahrübergang bei Annahmeverzug unberührt. 28 Vgl. Harke, Si error aliquis intervenir § 15 III 2 Fn. 54.

§ 6 Purgatio morae und Haftungserleichterung

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Außerhalb der mora débitons erfordert sie nur die positive Einwirkung des Schuldners auf den Leistungsgegenstand und kommt ohne Feststellung eines Verschuldens im heutigen Sinne aus. Sie liegt sogar dann vor, wenn sich der Schuldner bei seiner leistungsstörenden Handlung der Verpflichtung gar nicht bewußt ist: D 45.1.91.2 Paul 17 Plaut De ilio quaeritur, an et is, qui nesciens se debere occident, teneatur: quod Iulianus putat in eo, qui, cum nesciret a se petitum codicillis restitueret, manumisit.

Die Entscheidung Julians zur Freilassung eines servus hereditaria, die Paulus zur Begründung der Haftung bei Tötung des geschuldeten Sklaven in Unkenntnis der Verbindlichkeit zitiert, ist uns im Original überliefert: D 36.1.26.2 lui 39 dig Si quis filium suum ex asse heredem instituit et codicillis, quos post mortem filii aperiri iussit, fidei eius commisit, ut, si sine liberis decesserit, hereditatem suam sorori suae restitueret, et filius cum sciret, quod in codicillis scriptum esset, Stichum servum hereditarium testamento suo liberum esse iussit: heredes filii pretium eius servi sorori defuncti praestare debent [libertate favore sui servata] 2 9 . hoc amplius et si ignorasset filius codicillos a patre factos, nihilo minus heredes eius pretium praestare debebunt, ne factum cuiusquam alteri damnum adferat.

Die aus dem bloßen factum débitons entspringende objektive Haftung ist einer Haftungserleichterung, wie sie die mora emptoris mit der Reduktion des Verschuldensmaßstabs beim Kauf bewirkt, von vornherein unzugänglich. Bevor er sich dem von Celsus und Julian aufgeworfenen Problem der purgatio morae widmet, scheidet Paulus einen Einfluß des Gläubigerverzugs auf die perpetuatio wegen herbeigeführter Unmöglichkeit daher von vornherein aus: D 45.1.91.3 Paul 17 Plaut Sequitur videre de eo, quod veteres constituerunt, quotiens culpa intervenit debitoris, perpetuali obligationem, quemadmodum intellegendum sit. et quidem si effecerit promissor, quo minus solvere possit, expeditum intellectum habet constitutio: si vero moratus sit tantum, haesitatur, an, si postea in mora non fuerit, extinguatur superior mora....

Liegt kein haftungsbegründendes factum debitoris vor, ist die einfache Annahmeverweigerung des Gläubigers, der kein Schuldnerverzug vorangeht, für Paulus nur unter dem Gesichtspunkt der perpetuatio wegen mora debitoris interessant. So wird begreiflich, warum die Anerkennung der purgatio morae bei den strengrechtlichen iudicia bis zu Celsus und Julian gedauert hat, während das Problem beim Kauf, wenn auch unvollkommen, schon von Labeo bewältigt wurde: Der Gläubigerverzug ist bei den strengrechtlichen Klagen, die auf eine 29

Der favor libertatis vermag die Entscheidung für die Schadensersatzpflicht der Rechtsnachfolger des beschwerten Erben nicht zu tragen. Die Wirksamkeit der Sklavenfreilassung steht unabhängig von der Restitutionspflicht im Innenverhältnis zur Vermächtnisnehmerin außer Zweifel.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

bestimmte Sache gerichtet sind, außerhalb der purgatio morae funktionslos. Er beeinflußt weder die Haftung für eine vom Schuldner positiv herbeigeführte Unmöglichkeit, die sich am reinen factum debitoris entscheidet, noch wirkt er auf die Gefahr des zufälligen Sachuntergangs. Deren Verteilung richtet sich zunächst allein danach, ob den Schuldner der Vorwurf der mora trifft. Ohne den Eintritt von Schuldnerverzug bereitet die mora accipiendi bei Speziesschulden kein Problem. Erst mit der Zulassung purgatio morae wird ihr ein Anwendungsbereich eröffnet. Auch hier wirkt die mora accipiendi aber anders als im Kaufrecht bloß negativ, indem sie nur die mora debitoris ungeschehen macht und die Rechtslage wiederherstellt, die vor Eintritt des Schuldnerverzugs bestand. III. Strengrechtliche Gattungsschulden Ist der Gläubigerverzug als Merkmal der purgatio morae im Recht der strengrechtlichen Klagen einmal etabliert, dauert es freilich nicht lang, bis ihm auch ein positiver Anwendungsbereich beschert wird, der von der mora debitoris unabhängig ist. Für den Sonderfall der Wahlschuld hat ihn vor den Hochklassikern schon Sabinus entdeckt: D 45.1.105 Iav 2 epist Stipulates sum Dam am aut Erotem servum dari: cum Damam dares, ego quo minus acciperem, in mora fui: mortuus est Dama: an putes me ex stipulate actionem habere? respondit: secundum Massurii Sabini opinionem puto te ex stipulate agere non posse: nam is recte existimabat, si per debitorem mora non esset, quo minus id quod debebat solveret, continuo eum debito liberari.

Die Frage, ob der Schuldner, der sich nach seiner Wahl zur Leistung von Dama oder Eros verpflichtet hat, nach erfolglosem Angebot und Tod des Dama weiterhin haftet, beantwortet Javolen mit der opinio Masurii Sabini. Danach wird der Schuldner, der für die mora nicht verantwortlich ist, sofort frei. Meinte Javolen damit, daß mangels mora debitoris die vollständige Befreiung von der Wahlschuld eintritt, 30 wäre die Annahmeverweigerung des Gläubigers, für sich genommen, bedeutungslos. Sie beseitigte nur die potestas des Schuldners zur ausgewählten Leistung, so daß mangels mora debitoris und perpetuatio die Regel gilt: ,impossibilium nulla obligatio est'. Daß dies nicht gemeint sein kann, hat Eckardt 31 erkannt und ergibt sich aus der Formulierung: , si per debitorem mora non esset'. Danach steht nicht in Frage, daß mora eingetreten ist. Der Verzug liegt bloß nicht am Schuldner, mithin am Gläubiger. Dieser hat auch dann einen Anspruch auf Übereignung des verbliebenen Sklaven, wenn der an-

30 31

So Seckel/Levy, SZ 47 (1927) 216. Iavoleni epistulae, 1978, S. 38.

§ 6 Purgatio morae und Haftungserleichterung

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dere Sklave ohne mora des Schuldners gestorben ist.32 Eine Ausnahme gilt nur bei mora accipiendi. Hier trägt der Gläubiger die besondere Gefahr, daß mit dem Untergang des angebotenen Leistungsgegenstands die gesamte Verbindlichkeit erlischt. Der Gläubiger steht so, als habe er das Angebot des Schuldners angenommen. Bedeutung gewinnt der Gläubigerverzug im Recht der strengrechtlichen Klagen allerdings erst, als Julian erkennt, daß die mora accipiendi die Gefahrverteilung bei der Gattungsschulden beeinflussen kann: D 30.84.3 lui 33 dig Si cui homo legatus fuisset et per legatarium stetisset, quo minus Stichum, cum heres tradere volebat, acciperet, mortuo Sticho exceptio doli mali heredi proderit.

Hat der mit einem Gattungsvermächtnis beschwerte Schuldner eines Sklaven erfolglos versucht, Stichus zu übereignen, schützt ihn nach dessen Tod gegen die Klage des Legatars die exceptio doli. Eine Befreiung des Erben nach der Regel: ,impossibilium nulla obligatio est ', wie sie bei einer Stückschuld eingreifen würde, kommt nicht in Betracht, weil die Leistung aus der Gattung nach wie vor möglich ist. Die Annahmeverweigerung des Gläubigers genügt Julian jedoch, um das gleiche Ergebnis auf honorarrechtlichem Wege herzustellen. Seine begründungslose Entscheidimg läßt offen, ob er nur die Rechtslage bei der Stückschuld imitieren möchte oder ob er eine ratio hat, die er aus der Funktionsweise des Gläubigerverzugs gewinnt. Unergiebig ist insoweit auch die Aussage Gaius' in D 44.4.6 (30 ed prov) Si opera creditoris acciderit, ut debitor pecuniam, quam soluturus erat, perderei, exceptione doli mali creditor removebitur. idem est et si creditori eius numeratam pecuniam ratam creditor non habeat.

Die von Julian gefundene Lösung soll auch bei der Geldschuld gelten und hier nicht nur die exzeptionsweise Befreiung des Schuldners zeitigen, der den angebotenen Geldbetrag anschließend verliert. Sie soll auch dem Schuldner zugute kommen, der mit befreiender Wirkung an den creditor seines Gläubigers gezahlt hat, falls dieser sich weigert, die Drittleistung zu genehmigen und als Erfüllung der eigenen Forderung gegen den Schuldner gelten zu lassen. Ebenso wie Julian gibt Gaius' für diese Entscheidung keine Begründung. Aufschlußreicher ist eine Stellungnahme Marcells, der Gaius erste Fallvariante um einen vorangegangen Schuldnerverzug anreichert und damit wiederum das Zusammentreffen von mora debitoris und mora creditoris behandelt:

32 Dies ergibt sich auch aus D 13.4.2.3 Ulp 27 ed und D 46.3.95.1 Pap 28 quaest (oben § 1 IV); Seckel/Levy aaO sehen sich daher zur Annahme eines Schulenstreits gezwungen.

3. Kapitel: Mora accipiendi

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D 46.3.72pr. Marceli 20 dig Qui decern debet, si ea optulerit creditori et ille sine iusta causa ea accipere recusavit, deinde debitor ea sine sua culpa perdiderit, doli mali exceptione potest se tuen, quamquam aliquando interpellatus non solvent: etenim non est aequum teneri pecunia amissa, quia non teneretur, si creditor accipere voluisset. quare pro soluto id, in quo creditor accipiendo moram fecit, oportet esse, et sane si servus erat in dote eumque optulit maritus et is servus decessit, aut nummos optulit eosque non accipiente muliere perdiderit, ipso iure desinet teneri.

Daß der Schuldner einst erfolglos gemahnt worden und dadurch in Schuldnerverzug gekommen ist, ändert nichts daran, daß ihm nachfruchtlosen Angebot der Zahlung und Untergang der Summe die exceptio doli zustatten kommt. Während Gaius offengelassen hat, ob der haftungsbefreiende Verlust des Geldbetrages zufällig oder mit Verschulden des debitor erfolgt ist, verlangt Marceli ausdrücklich, daß der Schuldner, damit ihm die exceptio doli zu Gebote steht, die angebotene Summe ,sine sua culpa' verloren haben muß. Hierin muß weder ein Unterschied zur Haltung Gaius' noch eine besondere Voraussetzung für die Befreiung des Schuldners von einer strengrechtlichen Gattungsschuld bei Sachuntergang nach Gläubigerverzug liegen.33 Einerseits kann culpa im hier verwendeten Sinne nur den dolus des Schuldners meinen, der auch beim Kauf beachtlich bleibt34 und bei der strengrechtlichen Gattungsschuld die Berufung auf die exceptio doli ausschließt. Andererseits kann die Verweigerung der exceptio wegen eines eigenen Fehlverhaltens des Schuldners schon bei dessen culpa im technischen Sinn in Betracht kommen. Denn es könnte wiederum als dolos gelten, dem Gläubiger im Prozeß die Annahmeverweigerung entgegenzuhalten, obwohl der Schuldner selbst zum Sachuntergang beigetragen hat. Diese Möglichkeit kann Gaius ohne weiteres durch seine Entscheidung für die exceptio doli stillschweigend ausgeschlossen haben, während Marceli sie besonders erwähnt. Seine Darstellung ist ohnehin ausführlicher und unterscheidet sich von der Gaius' und Julians noch dadurch, daß er seine Entscheidung für die exceptio doli umfassend begründet: Es sei ungerecht, den Schuldner, der bei Annahme seines Angebots durch den Gläubiger befreit worden wäre, weiter haften zu lassen, weshalb die geschuldete Leistung pro soluto gelten müsse. Zudem werde der aus einer actio rei uxoriae haftende Ehemann schon zivilrechtlich befreit, wenn ein zur dos gehörender Sklave gestorben oder die Ehefrau einen angebotenen Geldbetrag nicht angenommen habe. Mit dieser zweiten Erwägung will Marceil nur die Parallelität der Rechtsfolgen verdeutlichen, die beim zufälligen Untergang des Gegenstands einer Stück-

33

Für die Interpolationsvermutung von Riccobono jr., S. 428f. besteht daher kein Anlaß. 34 Siehe oben II.

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schuld und beim schuldlosen Verlust des zur Erfüllung einer Gattungsschuld angebotenen Gegenstands eintreten: Bei der actio rei uxoriae, wo die exceptio doli dem auf melius aequius gerichteten iudicium inhärent ist, gibt es keinen Unterschied zwischen einer zivil- und einer honorarrechtlichen Befreiung des Schuldners 35. Die eigentliche ratio seiner Entscheidung stellt Marceli in den vorangehenden Sätzen vor, in denen er schildert, warum die weitere Haftung des Schuldners ungerecht wäre: Bei Annahme seines Leistungsangebots wäre der debitor befreit und nicht mehr der Gefahr eines zufälligen Untergangs der von ihm zur Leistung bestimmten Gegenstände ausgesetzt worden. Durch die exceptio doli soll er bei der Gefahrverteilung nun so gestellt werden, als ob sein Angebot die Erfüllung der Verbindlichkeit gezeitigt hätte: ,pro soluto id, in quo creditor accipiendo moram fecit , oportet esse '. Hier stoßen wir auf die gleiche Begründung, die auch schon Alfens Darstellung des Kauffalles in D 18.6.13 erkennen ließ: Der in mora accipiendi befindliche Gläubiger steht bei der Gefahrtragung einem solchen gleich, dessen Anspruch auf Übergabe der Kaufsache schon erfüllt worden ist. 36 Die Übertragung dieser Regel auf die strengrechtliche Gattungsschuld bietet sich deshalb an, weil hier anders als bei der strengrechtlichen Speziesverpflichtung und ebenso wie beim Kauf von vornherein eine Gefahr

35

Die unterschiedlichen und zum Teil gegenläufigen Interpolationsvermutungen von Käser, RE, Sp. 275, SDHI 46, 521 und Riccobono jr., S. 430 sind unbegrtindet. Der Fundamentalverdacht, den Guarneri Citati, S. 170ff. passim gegen eine zivilrechtliche Befreiung des Schuldners und gegen alle in diesem Sinne interpretierbaren, auch ambivalenten, Formulierungen hat, steht auf tönernen Füßen, nämlich auf der unbewiesenen These, die Kompilatoren hätten unter oblatio stets auch das Erfüllungssurrogat der obsignatio und depositio verstanden. Die Annahme einer Gleichstellung von oblatio und solutio gewinnt Guarneri Citati aus D 46.3.60 Ulp 51 ed, wo eine denegatio actionis für den Fall angeordnet wird, daß der geschuldete Betrag in iure angeboten und vom Gläubiger nicht angenommen wird. Daß die denegatio hier für die Kompilatoren weiterreichende Wirkung als für die Klassiker gehabt und zu einem endgültigen Untergang des Anspruchs geführt haben könnte, ist nicht ersichtlich. In den übrigen Quellen, die auf den ersten Blick für eine Solutionswirkung der oblatio sprechen, läßt sich diese nur im Fall von D 46.3.9.1 Ulp 24 Sab nicht als Befreiung mit Sachuntergang nach mora accipiendi verstehen. Die schwer einsichtige Entscheidung für eine liberatio des Schuldners nach Teilleistung und Angebot des restlichen Leistungsgegenstands mag in der Tat verfälscht sein, bietet aber keine Basis für Guarneri Citatis Theorie einer grundlegenden Überarbeitung sämtlicher Quellen. Seine weitere Annahme einer nachklassischen Gleichstellung von oblatio mit obsignatio und depositio läßt sich auch nicht an CJ 8.42.9 (286) erweisen, wo die im zweiten Satz erwähnte oblatio aus dem Zusammenhang ohne weiteres als Teil der zuvor genannten obsignatio zu verstehen ist. Entscheidend gegen eine Identität von oblatio und obsignatio sowie depositio im justinianischen Recht spricht D 26.7.28.1 (unten § 7 I), wo Angebot und Erfüllungssurrogat klar geschieden werden und Guarneri Citati, S. 217f. sogar eine justinianische Interpolation annimmt. 36 Von einer völligen Gleichstellung von oblatio und solutio spricht entgegen Guarneri Citati, S. 180 auch der überlieferte Marcelltext nicht.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

besteht, die den Schuldner trifft: Während der Verkäufer für custodia einzustehen hat und dem Käufer so einen erheblichen Teil des periculum emptoris abnimmt, trägt der zur Leistung aus der Gattung verpflichtete Schuldner das Risiko, daß die von ihm ausgesuchten Gattungsstücke noch vor Erfüllung untergehen. In beiden Fällen bietet sich eine Umverteilung der Gefahr durch Fiktion der Erfüllung mit Eintritt des Gläubigerverzugs an. Diese Wirkung der mora accipiendi ist auf die Gefahrtragung beschränkt und setzt die spätere zufällige Unmöglichkeit der Leistung voraus. Sie weist eine gewisse Ähnlichkeit zur perpetuatio obligationis auf, die in einer Verschiebung des Ästimationszeitpunktes von der litis contestatio auf den Eintritt des Schuldnerverzugs besteht. Daß zumindest Julian diese Wirkung unmittelbar auf den Gläubigerverzug übertragen und ihm damit auch außerhalb der eigentlichen Unmöglichkeitsfälle Rechtsfolgen zugemessen hat, ergibt sich aus D 17.1.37 Afr 8 quaest ... aliter in stipulatione servatur: nam tunc id tempus spectatur quo agitur, nisi forte aut per promissorem steterit, quo minus sua die solverei, aut per creditorem, quo minus acciperet: etenim neutri eorum frustratio sua prodesse debet.

Wird erst mit der Befreiung des Schuldners, der erfolglos ein später untergegangenes Gattungsstück angeboten hat, eine positive Wirkung des Gläubigerverzugs im Recht der iudicia strida statuiert, erklärt dies eine zunächst rätselhaft erscheinende Aussage Paulus: D 45.1.73.2 Paul 27 ed Stichi promissor post moram offerendo purgai moram: certe enim doli mali exceptio nocebit ei, qui pecuniam oblatam accipere noluit.

Warum soll aus der Gewährung einer exceptio doli für den Geldschuldner, der den Betrag erfolglos angeboten hat, die Möglichkeit zur purgatio morae für den promissor Stichi folgen? 37 Die Antwort ergibt erst die Analyse der Funktionsweise von purgatio morae und exzeptionsweiser Befreiung des Gattungsschuldners. Gemeinsam machen sie den gesamten Wirkungsbereich der mora accipiendi bei den strengrechtlichen Verbindlichkeiten aus, welcher von den römischen Juristen erst spät und deutlich nach den Konsequenzen des Gläubigerverzugs beim Kauf erschlossen worden ist. Eine Entsprechung findet dieser allein in der honorarrechtlichen Befreiung des Gattungsschuldners. Nur hier tritt die kraft Erfüllungsfiktion herbeigeführte Umverteilung der Gefahr ein.38 Die purgatio morae bei der Stückschuld bleibt dagegen in ihren Wirkungen hinter dem Gläubigerverzug beim Kauf zurück. Sie stellt nur nach Schuldnerverzug 37

Die hierauf gestützte Interpolationsvermutung von Guarneri Citati, S. 272 ist zwar im Ergebnis unrichtig, jedoch keineswegs grundlos. 38 Daß Paulus den Untergang der angebotenen Geldsumme nicht nennt, ist entgegen Guarneri Citati, S. 184 und Käser, RE, Sp. 275 weder Zeichen für eine spätere Rechtsänderung noch für eine Interpolation.

§ 7 Aufwendungsersatz

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den vor seinem Eintritt bestehenden Rechtszustand wieder her und wirkt damit ausschließlich negativ. Damit sie diesen Effekt haben kann, muß die Kategorie des Gläubigerverzugs bei den strengrechtlichen iudicia erst einmal gelten. Dies läßt sich am einfachsten an der honorarrechtlichen Befreiung des Gattungsschuldners zeigen, welche dem älteren Muster der Haftungserleichterung beim Kauf folgt.

§ 7 Aufwendungsersatz I. Purgatio morae bei der Zinspflicht Sind purgatio morae und Haftungserleichterung die Umkehr der perpetuatio obligationis wegen Schuldnerverzugs, fehlt es bei der mora accipiendi auch nicht an einer Entsprechung zur Zinspflicht des säumigen Schuldners. Daß diese selbst durch den Eintritt des Gläubigerverzugs berührt wird, scheint allerdings nur die vereinzelte Auffassung Marcells gewesen zu sein: D 26.7.28.1 Marceli 8 dig Tutor, qui post pubertatem pupilli negotiorum eius administratione abstinuit, usuras praestare non debet ex quo optulit pecuniam: quin etiam iustius mihi videtur eum per quem non stetit, quo minus conventus restitueret tutelam, ad praestationem usurarum non compelli. Ulpianus notât : non sufficit optulisse, nisi et deposuit obsignatam tuto in loco.

Anders als Ulpian will Marceli die Zinspflicht des tutor , der nach Ende der pubertas die Verwaltung des Mündelvermögens aufgegeben hat, schon mit dem Angebot zur restitutio und nicht erst mit nachfolgender obsignatio und depositio, also durch Erfüllungssurrogat, enden lassen.39 Die Aussagekraft dieser Entscheidung für die Zinspflicht aus mora debitoris wird nicht dadurch geschmälert, daß der tutor schon mit dem Ende seines Amtes ohnehin und unabhängig von seiner mora zur Verzinsung des herauszugebenden Mündelvermögens verpflichtet ist. Dafür spricht zwar D 26.7.7.15 Ulp 35 ed Sciendum est tutorem et post officium finitum usuras debere in diem, quo tutelam restituit.

Gerade dieses Ergebnis stellt Marceil aber in Frage, indem er aus dem Ende der Verzinsung durch Angebot folgert, daß der tutor , der den Mangel der restitutio nicht zu verantworten hat, keine Zinsen schuldet. Dies bedeutet im Umkehrschluß, daß Marceli die Zinspflicht des tutor an den Eintritt von 39 Daß die zweite Lösung nicht Ulpian, sondern den Kompilatoren zuzuschreiben ist, meint Käser, RPI 2 , 1971, S. 518 Fn. 42 nun anders alsfrüher (RE, Sp. 276) nicht mehr.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

Schuldnerverzug knüpft, dessen Wirkungen mit dem erfolglosen Angebot zur restitutio enden. Für Ulpian kann sich eine solche Lösung schon deshalb verboten haben, weil er die Zinspflicht erst gar nicht vom Eintritt des Schuldnerverzugs abhängig macht. Er kann sie aber auch deshalb abgelehnt haben, weil er eine purgatio morae bei der Entscheidung über die Zinspflicht für ausgeschlossen hält. Ebenso ambivalent wie seine nota zu Marcells digesta ist eine Stellungnahme Papinians, der für das Ende der Zinspflicht des tutor gleichermaßen obsignatio und depositio fordert: D 22.1.1.3 Pap 2 quaest ... plane si tutelae iudicio nolentem experiri tutor ultro convenerit et pecuniam optulerit eamque obsignatam deposuerit, ex eo tempore non praestabit usuras.

Daß unterschiedliche Ansichten über die Zulässigkeit einer purgatio morae für die Divergenz in den Haltungen Marcells und der Spätklassiker bestimmend sind, legt folgende Überlegung nahe: Da die mora debitoris kein Rechtszustand, sondern eine einmalige Pflichtverletzung ist,40 führte ihre purgatio eigentlich nicht nur zum Ende, sondern zum völligen Entfall der Zinspflicht. Im Gegensatz zum modernen Schuldnerverzug, der Rechtsfolgen für einen bestimmte Zeitraum hervorbringen kann, vermag die mora des römischen Schuldners nach ihrer Bereinigung strenggenommen auch keine Verzinsung mehr für die Zeit zwischen ihrem Eintritt und dem verspäteten Angebot zu tragen. Über diese Konsequenz, die auch Marceil nicht will, kann sich nur ein Jurist hinwegsetzen, der sich ganz vom herkömmlichen Verständnis der mora löst. Daß Marceli dazu bereit ist, zeigt seine Entscheidung für die purgatio morae bei der condictio furtiva . Hier läßt er das Angebot des Schuldners nicht nur den vergangenen Schuldnerverzug, sondern auch die künftige mora ausgleichen, die eigentlich semper und damit nach dem Angebot stets neu eintreten müßte.41 Einen vergleichbaren Ausbruch aus dem hergebrachten Konzept von mora bedeutet es, wenn Marceil umgekehrt die vergangene mora des Schuldners durch ein nachfolgendes Angebot nicht völlig bereinigt, sondern nur in ihren Konsequenzen beschränkt sieht und die Zinspflicht bis zur purgatio bestehen läßt. Hier wie dort nähert sich Marceli an die Auffassung der mora als eines Rechtszustands an, der zeitlich begrenzte Rechtsfolgen zeitigt. Übernimmt Ulpian auch Marcells Ansicht zur purgatio morae bei der condictio furtiva , scheut er doch ebenso wie Papinian vor ihrer Anerkennung bei der Zinspflicht zurück. Zu groß ist in diesem Fall der Schritt vom überkommenen Verständnis der mora , die nur vorliegen oder fehlen, nicht aber zeitlich geteilte Rechtsfolgen hervorbringen kann. Die Entscheidung der Spätklassiker fällt daher zwischen alles oder nichts und hier zugunsten des Gläubigers aus. 40 41

Vgl. oben §§ 1111,61, II. Siehe oben § 6 I.

§ 7 Aufwendungsersatz

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II. Aufwendungsersatz und Preisgaberecht Das Pendant, das die Zinspflicht des säumigen Schuldners im Recht mora accipiendi hat, ist die Pflicht des säumigen Gläubigers zum Aufwendungsersatz. Während durch jene der Nutzen der verspäteten Leistung dem Gläubiger zugewiesen wird, bewirkt diese eine Befreiung von den Lasten, welche der weitere Verbleib des Leistungsgegenstands beim Schuldner mit sich bringt. Die Parallelität der Funktion läßt eine Gleichartigkeit der Rechtsdurchsetzung vermuten. Dies würde bedeuten, daß Aufwendungen des Schuldners nur ope exceptionis oder officio iudicis erstattet werden, ihr Ersatz nicht in obligatione und ausgeschlossen ist, wenn es nicht zum Prozeß über die Leistung kommt, weil der Schuldner sie später erneut angeboten, der Gläubiger sie angenommen hat. Daß zusätzliche Aufwendungen des Schuldners diesem nur ein Zurückbehaltungsrecht verschaffen, ist denn auch die vorherrschende Auffassung in der modernen Romanistik. Sie stützt sich auf die Überlegung, der Gläubiger sei zur Annahme der Leistung nicht verpflichtet und könne ohne korrespondierende Pflicht nicht zur Haftung herangezogen werden.42 Richtig ist diese Erwägung sicherlich bei den einseitigen Schuldverhältnissen, wo der auf die Leistung gerichteten actio von vornherein kein iudicium contrarium gegenübersteht. Vom Aufwendungsersatz beim Gläubigerverzug handelt in diesem Fall D 33.6.8 Pomp 6 epist Si heres damnatus sit dare vinum, quod in doliis esset, et per legatarium stetit, quo minus accipiat, periculose heredem facturum, si id vinum effundet: sed legatarium petentem vinum ab herede doli mali exceptione placuit summoveri, si non praestet id, quod propter moram eius damnum passus sit heres.

Pomponius gewährt dem Erben und Schuldner eines Weinlegats die exceptio doli gegen die Leistungsklage des Vermächtnisnehmers, wenn dieser dem Erben nicht den Schaden ersetzt, der durch den Gläubigerverzug entstanden ist. Dem Hinweis darauf, daß der Wein , in doliis ' war, dürfen wir entnehmen, daß der Schaden, um dessen Ersatz es geht, in dem entgangenen Gebrauchsvorteil liegt, den die dolia bei rechtzeitiger Leerung dem Erben verschafft hätten. Auf den ersten Blick spricht der Text für die These, Aufwendungsersatz werde nur durch Zurückbehaltungsrecht gewährt. Seine Beweiskraft stellt Apathy 43 jedoch mit der zutreffenden Erwägung in Frage, daß eine andere Form der Rechtsdurchsetzung beim Legat schon mangels Klagemöglichkeit des beschwerten Erben ausgeschlossen und deren Fehlen kein spezifisches Problem des Gläubigerverzugs ist. Die Beschränkung des Schuldners auf die exceptio

42 43

Vgl. Käser, RE, Sp. 272, 274 und RP I 2 , S. 517, Cannata, ED, S. 927f. SZ 101, 202f.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

doli scheint in diesem Fall also vorgegeben und für sich noch kein Argument für den Ausschluß eines eigentlichen Aufwendungsersatzanspruchs zu sein. Etwas anderes könnte sich allerdings daraus ergeben, daß Pomponius es lediglich für periculosus hält, wenn der Erbe den Wein nach Annahmeverzug des legatarius ausgießt. Haftet er nicht schlechterdings, bedeutet dies, daß er nicht unter allen Umständen zur Erhaltung des Leistungsgegenstandes verpflichtet ist. Daß Zweck der Haftungserleichterung ist, dem Schuldner nach Eintritt des Gläubigerverzugs die Sorge um den Leistungsgegenstand abzunehmen, sagt Pomponius ausdrücklich für die actio re uxoriae in D 24.3.9 (14 Sab) Si mora per mulierem fuit, quo minus dotem reciperet, dolum malum dumtaxat in ea re, non etiam culpam maritus praestare debet, ne facto mulieris in perpetuum agrum eius colere cogatur: fructus tamen, qui pervenissent ad virum, redduntur.

Aufwendungen, die der Schuldner zur Erhaltung des Leistungsgegenstandes tätigt, sind daher eigentlich freiwillig und auch, wenn es um die Vermeidung der Arglisthaftung geht, nicht selbst, sondern nur mittelbar geschuldet. Hierin liegt ein Grund für den Ausschluß eines Schadensersatzanspruchs und die Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht, der nicht nur für einseitige Schuldverhältnisse, sondern auch dann gilt, wenn der Klage auf die Leistung ein iudicium contrarium gegenübersteht. Mit einer vergleichbaren Konstellation wie der von Pomponius in D 33.6.8 beschriebenen beschäftigt sich für den Kauf Ulpian in D l 8.6.1.3 (28 Sab) Licet autem venditori vel effundere vinum, si diem ad metiendum praestituit nec intra diem admensum est: effundere autem non statim poterit, priusquam testando denuntiet emptori, ut aut tollat vinum aut sciat futurum, ut vinum efïunderetur. si tamen, cum posset effundere, non effudit, laudandus est potius: ea propter mercedem quoque doliorum potest exigere, sed ita demum, si interfuit eius inania esse vasa in quibus vinum fuit (veluti si locaturus ea fuisset) vel si necesse habuit alia conducere dolia. commodius est autem conduci vasa nec reddi vinum, nisi quanti conduxerit ab emptore reddatur, aut vendere vinum bona fide: id est quantum sine ipsius incommodo fieri potest operam dare, ut quam minime detrimento sit ea res emptori.

Hat der Käufer den vereinbarten Termin für die Zumessung des Weines versäumt, ist der Verkäufer grundsätzlich berechtigt, den Wein selbst zuzumessen und die für den Käufer bestimmte Menge wegzugießen. Dieses ius effundi ist schon bei Cato44 belegt und schreibt Ulpian im folgenden § 4 45 der Rechtsauffassung der veteres zu. Um es mit dem Arglistvorbehalt zu vereinbaren,46 hält

44 45 46

Hier als möglicher Inhalt einer Klausel; vgl. De agr 147. Unten § 8 III. Vgl. Pennitz, Periculum rei venditae, 1998, S. 435.

§ 7 Aufwendungsersatz

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Ulpian allerdings eine Einschränkung für geboten47: Der Verkäufer soll den Wein erst dann ausgießen dürfen, wenn er dem Käufer seine Absicht zuvor rechtzeitig angezeigt hat. Darüber hinaus meint er, der Verkäufer tue gut daran, überhaupt nicht von seinem ius ejfundi Gebrauch zu machen, sondern den Wein bona fide anderweitig zu verkaufen oder Ersatzfässer anzumieten und sein Interesse geltend zu machen, daß er am Ausfall des Gebrauchs der eigenen dolia habe. Während er im ersten Fall ohnehin nur zur Herausgabe des erzielten Preises oder zu seiner Verrechnung mit dem vereinbarten verpflichtet ist, soll er im zweiten die Übergabe des Weines von der Erstattung des Mietzinses für die Ersatzfässer abhängig machen. Gegen eine Beschränkung des Verkäufers auf dieses Zurückbehaltungsrecht führt Apathy 48 Ulpians einleitende Bemerkung an: ,ea propter mercedem quoque doliorum potest exigere Diese Formulierung spricht in der Tat für eine selbständige Klagbarkeit des Aufwendungsersatzanspruchs. Ulpian braucht sie im folgenden nicht mehr zu erwähnen, weil er nur eine Handlungsanweisung für den vom Gläubigerverzug betroffenen Verkäufer gibt. Für diesen ist es der sicherere Weg, schon die Herausgabe des Weines von der Erstattung seiner Aufwendungen abhängig zu machen?9 Was andererseits wiederum entschieden gegen eine selbständige Klagbarkeit des Aufwendungsersatzrechts spricht, ist das ius ejfundi, das schon Pomponius in seiner Entscheidung zum Weinlegat (D 30.6.8) untersucht hat. Es ist kein spezielles Recht und Besonderheit des Weinkaufs, 50 sondern nur Erscheinungsform der Regel, daß den Verkäufer mit Eintritt des Gläubigerverzugs nur noch die Pflicht zur Vermeidung von dolus malus, nicht jedoch zur Erhaltung der Kaufsache trifft 51 . 52 Dieses Prinzip erlaubt auch die Veräußerung des Weines an 47 Daß diese Einschränkungen bei Cato, De agr 147 nicht ersichtlich sind, muß entgegen Riccobono jr., S. 367 nicht daran liegen, daß sie jünger sind, sondern kann ohne weiteres darauf beruhen, daß das Preisgaberecht bei Cato Gegenstand einer verkäuferfreundlichen Klausel ist, die keinen dolus- Vorbehalt machen muß. 48 S. 201. 49 Ähnlich wohl Apathy , SZ 101, 201, der davon spricht, daß Ulpian dem Käufer nur den „bequemeren Weg" aufzeigt. 50 So aber Riccobono jr., S. 137, 142, 145 und Jakab, SZ 116 (1999) 7 Iff. die Ulpians Aussage auf Vertragsklauseln beim Verkauf von frischgepreßtem Most bezieht, wie sie in den Papyri anzutreffen sind. Zwar paßt Ulpians Lösung hierzu besser als zu Catos Klauseln für den Verkauf von fertigem Wein (oben Fn. 44). Es fehlt jedoch an hinreichenden Gründen für die Annahme, daß Ulpian überhaupt von einem Vertragsformular und nicht von einer allgemeinen Regel für Gläubigerverzug handelt, dem auch Pomponius' Bemerkung in D 30.6.8 gilt. 51 So ansatzweise schon Käser, RE, Sp. 274 und RP I 2 , S. 517f. 52 Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Beurteilung des „Preisgaberechts" bei Kauf und Legat kann es daher entgegen Apathy, SZ 101, 202 von vornherein nicht geben: Entweder man überträgt wie Pomponius in D 33.6.8 die Haftungserleichterung auch auf die strengrechtlichen Verbindlichkeiten, oder man unterläßt diesen Schritt.

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einen Dritten. Hierin ist ebenfalls kein selbständiges oder besonderes Recht zum Selbsthilfeverkauf, sondern wiederum nur eine Auswirkung der Haftungserleichterung zu sehen. Diese führt nachgerade zu einer Befreiung des Verkäufers von seiner Leistungspflicht, zu der sich die verbleibende dolus-Haftung wie die Ausnahme zur Regel verhält: D l 8.6.5 Paul 5 Sab Si per emptorem steterit, quo minus ad diem vinum tolleret, postea, nisi quod dolo malo venditoris interceptum esset, non debet ab eo praestari. ... 53

Für den Fall, daß der Weinverkäufer die Haftungserleichterung weder zur Ausgießung noch durch anderweitigen Verkauf nutzt, folgt daraus: Die Einbußen, die er durch den Nichtgebrauch der mit dem verkauften Wein gefüllten Fässer erleidet, sowie der Zins, den er für die Anmietung von Ersatzfässem zu leisten hat, sind Nachteile, welche der Verkäufer freiwillig und allein deshalb auf sich nimmt, damit er ,laudandus est' 54. Dieses Lob überschreitet nicht die Schwelle des Rechtserheblichen und führt nicht etwa zu einer Belastung des Käufers mit einem Ersatzanspruch auch in dem Fall, daß er die Kaufsache gar nicht mehr will. Der Verkäufer ist durch die Erleichterung seiner Haftung hinreichend geschützt und kann sich durch ungeschuldete Aufwendungen nur Lob, nicht einen Anspruch einhandeln. Die Einsicht in den freiwilligen Charakter der Aufwendungen des Schuldners nach Eintritt des Gläubigerverzugs hilft auch beim Verständnis der zunächst schwer einsehbaren Entscheidung in D 19.1.38.1 Cels 8 dig Si per emptorem steterit, quo minus ei mancipium traderetur, pro cibariis per arbitrium indemnitatem posse servari Sextus Aelius, Drusus dixerunt, quorum et mihi iustissima videtur esse sententia.

Warum verknüpft Celsus die Pflicht des säumigen Käufers eines mancipium zum Ersatz der vom Verkäufer gewährten cibaria mit dem Gläubigerverzug und bemüht für seine Meinung sogar die Ansicht von Sextus Aelius und Livius Drusus? Der Käufer, dessen Vermögen die Kaufsache schon mit Abschluß der emptio venditio zugerechnet wird, hat seit diesem Zeitpunkt ohnehin und schon vor Eintritt des Gläubigerverzugs die Lasten der Sache zu tragen. Nach Ansicht von Trebaz und Labeo muß er dem Verkäufer die notwendigen Verwendungen auf die Kaufsache ohne weiteres, die nützlichen dann ersetzen, wenn sie seinem eigenen mutmaßlichen Umgang mit der Kaufsache entsprechen:

53

Vgl. hierzu Seckel/Levy, SZ 47 (1927) 254. Umgekehrt Riccobono jr., S. 146, der durch den Verwendungsersatz das vermeintlich ältere Preisgaberecht überwunden sieht. 54

§ 7 Aufwendungsersatz

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D 19.1.13.22 Ulp 32 ed Praeterea ex vendito agendo consequetur etiam sumptus, qui facti sunt in re distracta, ut puta si quid in aedificia distracta erogatum est: scribit enim Labeo et Trebatius esse ex vendito hoc nomine actionem, idem et si in aegri servi curationem impensum est ante traditionem aut si quid in disciplinas, quas verisimile erat etiam emptorem velie impendi, hoc amplius Labeo ait et si quid in funus mortui servi impensum sit, ex vendito consequi oportere, si modo sine culpa venditoris mortem obierit. 55

Um diese Entscheidungen mit Celsus' Stellungnahme in D 19.1.38.1 in Einklang zu bringen, bemüht Apathy 56 das zeitliche Verhältnis, in dem die jeweils zitierten Juristen stehen. Da Sextus Aelius deutlich vor Trebaz wirkte, vermutet er, die Schutzbedürftigkeit des Verkäufers, der Verwendungen auf die Kaufsache gemacht hat, sei zunächst nur im Fall des Gläubigerverzugs und erst später schon dann erkannt worden, wenn die Verwendungen nach Kaufabschluß getätigt wurden. Diese Erklärung widerspricht der ratio der Entscheidung von Trebaz und Labeo: Beruht sie auf der Zuweisung der Kaufsache zum Vermögen des Käufers, entspringt sie der altertümlichen Barkaufstruktur der emptio venditio und kann damit nicht jünger sein als die Entscheidung im Fall des Gläubigerverzugs. Zudem bleibt bei Apathys Lösung offen, warum Celsus einen spätestens seit Trebaz und Labeo längst überwundenen Standpunkt wiedergeben sollte. Nicht zu befriedigen vermag auch die Erklärung von Weyané 7: Für Celsus' Verknüpfung der Ernährungskosten mit dem Gläubigerverzug macht er eine Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Erhaltungskosten verantwortlich. Während diese ab Abschluß des Kaufvertrags stets ersetzt werden müßten, seien jene durch die schlichten Gebrauchs vorteile ausgeglichen, für die der Verkäufer seinerseits kein Entgelt schulde. Anders als außergewöhnliche Verwendungen wie die von Trebaz und Labeo genannten Heilungs-, Ausbildungs- und Beerdigungskosten könnten Ernährungskosten daher erst mit Eintritt des Gläubigerverzugs veranschlagt werden. Diese aus einer Entscheidung Aristos zur redhibitio 58 gewonnene Lösung steht und fällt mit der schwer glaubhaften, jedenfalls unbeweisbaren Annahme, bei der Erstattung von Früchten der Kaufsache werde überhaupt sowie dogmatisch und nicht nur aus praktischen Rücksichten zwischen „schlichten" und besonderen Gebrauchsvorteilen unterschieden.59

55 Vgl. hierzu Weyand, TR 51, 250f. und auch CJ 4.49.16 (294): ,Post perfectam venditionem fetus quidem pecorum emptori, venditori vero sumptus, si quos bona fid fecerit, restituii debere notissimum est. ' 56 SZ101, 197f. 57 TR 51, 252. 58 D 21.1.30.1 Paul 1 ed aed cur. 59 D 19.1.54pr. Labeo 2 pith gibt für diese Frage entgegen Weyand, TR 51, 250 Fn. 144 nichts aus.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

Es gibt zumindest eine einfachere Erklärung: Ist der Verkäufer kraft der Beschränkung seiner Haftung nach Eintritt des Gläubigerverzugs nicht mehr zur Erhaltung der Sache verpflichtet 60, stehen die Ernährungskosten nicht mehr den notwendigen Verwendungen gleich, für die der Verkäufer vorher schon aufgrund des Barkaufgedankens Ersatz erlangt. Als freiwillige Aufwendungen entsprechen sie den nützlichen Verwendungen, deren Ersatzfähigkeit vor der mora accipiendi vom mutmaßlichen Umgang des Käufers mit der Kaufsache abhängt. Diese Prüfung der Voraussetzungen einer zulässigen Fremdgeschäftsführung ersparen Sextus Aelius, Livius Drusus und Celsus dem Verkäufer, indem sie seine Pflicht zur Herausgabe der Kaufsache unbedingt an den Ersatz der Erhaltungskosten binden, die nach Eintritt des Gläubigerverzugs angefallen sind. III. Aufwendungsersatz und Annahmepflicht Die Ersatzpflicht trifft den säumigen Käufer nach Celsus nur ,per arbitrium '. Damit kann entgegen Medicus 61, Honseif 2 und Apathy 63 nicht gemeint sein, daß der Verkäufer einen selbständig klagbaren Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat64. Mit dem Hinweis auf das arbitrium benennt Celsus vielmehr das officium iudicis als Grundlage der Ersatzleistung und legt so offen, daß die Aufwendungen eben nicht ,in obligatione', ihre Geltendmachung und Erstattung von einem Prozeß über die Verkäuferleistung abhängig sind. Der Aufwendungsersatz wird damit ebenso behandelt wie die Erstattung von Verzugsfrüchten, insbesondere Zinsen, deren Leistung die römischen Juristen nur aus dem Strafgedanken rechtfertigen können. Für sie ist in der obligatio kein Platz, weil diese nur die Verpflichtung zur Leistung, nicht auch die Pflicht zur ihrer rechtzeitigen Erbringung abdeckt.65 Ist schon die Leistungspflicht des Schuldners ohne zeitliche Komponente, muß dies erst recht für die Annahme der Leistung durch den Gläubiger gelten. Ebenso wie er die Nutzungen nur gemeinsam mit der ausgebliebenen Hauptleistung verlangen kann, schuldet er Ersatz für die mit Verbleib des Leistungsgegenstands beim Schuldner verbundenen Lasten nur officio iudicis im Rahmen der von ihm erhobenen Leistungsklage. Die Aufwen60

Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus der Haftungsbeschränkung und muß entgegen Apathy , SZ 101, 196 nicht auf ein besonderes „Preisgaberecht beim Sklavenkauf 4 zurückgeführt werden. 61 Id quod interest, 1962, S. 171. 62 Quod interest im bonae fidei iudicium, 1969, S. 114. 63 SZ 101, 198. 64 Nicht viel anders Bürge, Retentio im römischen Sachen- und Obligationenrecht, 1979, S. 191, der zwar von einem Zurückbehaltungsrecht des Verkäufers spricht, aber annimmt, dieser habe Verwendungsersatz bei Angebot der traditio auch mit der actio venditi begehren können. 65 Siehe oben § 3 II - IV.

§ 7 Aufwendungsersatz

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düngen des Schuldners sind nämlich genauso freiwillig wie der Verzicht des Gläubigers auf die Vorteile, die mit einer sofortigen Durchsetzung seines Leistungsanspruchs verbunden gewesen uören. Für den Ausschluß eines regelrechten Aufwendungsersatzanspruchs und die Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht ist damit nicht der Mangel einer Annahmepflicht schlechthin, sondern das Fehlen einer Pflicht zur rechtzeitigen Annahme ausschlaggebend. Daß bei den mit gegenseitigen Klagen ausgestatteten Schuldverhältnissen durchaus eine Pflicht zur Annahme besteht, die auch einer Klage des Schuldners auf Schadensersatz wegen fehlenden Vollzugs der solutio zugänglich ist, zeigt D 19.1.9 Pomp 20 Sab Si is, qui lapides ex fundo emerit, tollere eos nolit, ex vendito agi cum eo potest, ut eos tollat.

Die Konstellation, für die Pomponius einen klagbaren Anspruch des Verkäufers auf Abnahme der Kaufsache befürwortet, läßt sich nicht mit Käser 66 in einen Fall des Schuldnerverzugs umdeuten. Zwar mag es zutreffen, wenn Medicus 67 und Honseif 8 die schadensersatzbewehrte Annahmepflieht des Verkäufers zu den vertraglichen Nebenpflichten rechnen. Dies bedeutet jedoch weder, daß diese Pflicht nur ausnahmsweise und bei einem besonderen Interesse des Verkäufers besteht. Noch läßt sich, wie Apahthy 69 erkennt, daraus schließen, daß die mora , in welche der säumige Käufer gerät, mora debitoris und nicht mora creditoris ist. Die Klagbarkeit der Annahmepflicht im bonae fidei iudicium führt nur zu der von Pomponius statuierten Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Qualität der mora läßt sie dagegen unberührt. Auch die mora creditoris ist demnach zumindest beim bonaefidei iudicium mit einer Pflicht zur Annahme der Schuldnerleistung verknüpft. Einen Aufwendungsersatzanspruch vermag sie lediglich deshalb nicht zu tragen, weil die Verpflichtung des Gläubigers zur Annahme ebenso wie die Leistungspflicht des Käufers nicht mit einem zeitlichen Element angereichert ist. Daß die Annahmepflicht nur in D 19.1.9 erwähnt und allein in Konstellationen wie der hier beschriebenen praktisch wird, liegt daran, daß den Interessen des Verkäufers im Regelfall schon durch die Erleichterung seiner Haftung genügt ist. Kann der Schuldner, der arglistiges Handeln vermeidet, den Leistungsgegenstand seinem Schicksal überlassen, ohne seine Haftung befürchten zu müssen, muß er normalerweise nicht den Weg des Prozesses gehen.

66 67 68 69

RP I 2 , S. 551 N. 59. Id quod interest, 1962, S. 171. Quod interest im bonae fidei iudicium, 1969, S. 114. SZ 101, 204. Zustimmend Zimmermann, The Law of Obliagtions, 1990, S. 823.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

§ 8 Der Tatbestand der mora accipiendi I. Verschulden Die Formel, welche die Voraussetzungen des Gläubigerverzugs abstrakt beschreibt, ist die Umkehrung der Regel, die den Tatbestand des Schuldnerverzugs bestimmt: Es muß am Gläubiger liegen, daß er die Leistung nicht angenommen hat: ,per creditorem stat, quo minus accipiat'. Der Gleichlauf im Ausdruck spricht, wie Apathy 70 treffend bemerkt hat, für eine Identität der Voraussetzungen: Ebenso, wie der Schuldner ohne potestas zur Leistung und Grund zur Kenntnis der Leistungszeit nicht in mora gerät, muß der Gläubiger die potestas zur Annahme und eine iusta causa für das Wissen um die Leistungszeit haben. Dieser einfachen Schlußfolgerung stellt die herrschende Meinung, die den Gläubiger- im Gegensatz zum Schuldnerverzug für verschuldensunabhängig hält,71 Entscheidungen klassischer Juristen entgegen, die zulasten des schuldlos an der Annahme verhinderten Gläubigers ausfallen. Diese Äußerungen betreffen die mora accipiendi jedoch nicht. Sie gelten stipulatio poenae und constitutum, wo es einen Gläubigerverzug im eigentlichen Sinne gar nicht gibt. 72

Die maßgebliche Stelle zur stipulatio poenae ist D 4.8.23.1, 2 Ulp 13 ed Idem (sc. Celsus) ait, si iusserit me tibi dare et valetudine sis impeditus, quo minus accipias, aut alia iusta ex causa, Proculum existimare poenam non committi, nec si post kalendas te parato accipere non dem. sed ipse recte putat duo esse arbitri praecepta, unum pecuniam dari, aliud intra kalendas dari: licet igitur in poenam non committas, quod intra calendas non dederis, quoniam per te non stetit, tamen committis in earn partem, quod non das. (§ 2) Idem ait nihil aliud esse sententiae stare posse, quam id agere, quantum in ipso sit, ut arbitri pareatur sententiae.

Im Unterschied zu Proculus hält Celsus die versprochene Strafe auch dann für verfallen, wenn der Schuldner dem Schiedsrichterbefehl nicht innerhalb der gesetzten Frist genügen kann, an den später annahmebereiten Gläubiger aber auch in der Folgezeit nicht die vom arbiter aufgegebene Leistung erbringt. 73 Mit Proculus ist er sich allerdings immerhin insoweit einig, als der Ausfall der fristgemäßen Leistung keinen StrafVerfall zeitigt, wenn der Gläubiger 7O

SZ101,194. Vgl. Käser, RE, Sp. 273f. und RP I 2 , 1971, S. 517, Cannata, ED, S. 927, Honseil/Mayer-Maly/Selb, RR4, 1988, S. 247f. und Zimmermann, The Law of Obliagtions, 1990, S. 820, der für den Verwendungsersatz aber eine Einschränkung machen will (vgl. S. 822). 72 Zweifel an der Allgemeingültigkeit der Entscheidungen zu stipulatio poenae und constitutum hat auch Apathy, SZ 101, 193. 73 Hierzu Harke, Argumenta Iuventiana, 1999, S. 58ff. 71

§ 8 Der Tatbestand der mora accipiendi

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valetudine oder ex alia iusta causa an der rechtzeitigen Annahme verhindert ist. Zum Rechtssatz eignet sich diese Entscheidung freilich nicht, wenn man wie Celsus den Verfall der stipulatio poenae ohnehin davon abhängig macht, daß der Schuldner nicht das in seiner Macht Stehende getan hat, um dem Schiedsrichterbefehl Genüge zu tun. In den Fällen schuldloser Annahmeverhinderung ist der Strafverfall damit von vornherein ebenso ausgeschlossen wie bei schuldhafter Nichtannahme. Die von Celsus bestätigte Entscheidung Proculus' wäre nur dann Beleg für einen verschuldensunabhängigen Gläubigerverzug, wenn sie die ältere Formel Servius' ausfüllte, derzufolge die Strafe nicht verfällt,, si per stipulatorem stet, quo minus accipiat D 4.8.40 Pomp 11 var lect ... quemadmodum Servius ait, si per stipulatorem stet, quo minus accipiat, non committi poenam. D 22.2.8 Ulp 77 ed Servius ait pecuniae traiecticiae poenam peti non posse, si per creditorem stetisset, quo minus earn intra certum tempus praestitutum accipiat.

Für eine solche Annahme besteht jedoch kein Grund. Entweder hat Proculus seine Entscheidung schon auf der Grundlage des von Celsus befürworteten subjektiven Haftungsmaßstabs getroffen. Diesen hat schon Sabinus in die auch für den Schuldnerverzug geltende Formel: ,si per promissorem stet, quo minus daret\ gekleidet: D 45.1.115.2 Pap 2 quaest Item si quis ita stipuletur: ,si Pamphilum non dederis, centum dari spondes?' Pegasus respondit non ante committi stipulationem, quam desisset posse Pamphilus dari. Sabinus autem existimabat ex sententia contrahentium, postquam homo potuit dari, confestim agendum et tamdiu ex stipulatione non posse agi, quamdiu per promissorem non stetit, quo minus hominem daret,... D 44.7.23 Afr 7 quaest ... nam et si arbiter ex compromisso pecuniam certo die dare iusserit neque per eum, qui dare iussus sit, steterit, non committi poenam respondit: ...

Oder Proculus hat sich einen Schritt vom Standpunkt Servius' auf die Meinung Sabinus' zubewegt, indem er Servius' Ausnahme vom StrafVerfall bei Eintritt des Gläubigerverzugs um den Fall der schuldlosen Annahmeverhinderung ergänzte. Die Haftung des Schuldners wäre so von Proculus zunächst auf die nicht in der Gläubigersphäre wurzelnden Leistungshindernisse begrenzt und erst von Celsus im Anschluß an die Lehre Sabinus' auf die vom Schuldner zu vertretenden Hindernisse beschränkt worden. Für diese zweite Erklärungsvariante hat sich Knütel 74 entschieden. Sie hat nach der Darstellung Ulpians in D 4.8.23.1, 2 74

Stipulatio poenae, 1976, S. 212ff., 218f, 258f.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

die größere Wahrscheinlichkeit für sich und ergibt das stimmige Bild einer kontinuierlichen Entwicklung in der prokulianischen Rechtsschule, welche in einer Konvergenz mit der Auffassung der Sabinianer mündet. Zugrunde liegt die Einsicht, daß die stipulatio poenae Mittel zur Sicherung eines bestimmten Schuldnerverhaltens ist. Hierbei kann der Gläubigerverzug nur als Ausnahme von einer unbedingten Haftung des Schuldners eine Rolle spielen. Durch deren Anbindung an den Tatbestand des Schuldnerverzugs wird er gänzlich funktionslos. Schwerer fällt diese Einsicht beim constitutum, wo dem Gläubiger eine schuldlose Annahmeverhinderung gleichfalls zum Schaden gereichen soll: D 13.5.18pr. Ulp 27 ed Item ilia verba praetoris ,neque per actorem stetisse' eandem recipiunt dubitationem. et Pomponius dubitat, si forte ad diem constituti per actorem non steterit, ante stetit vel postea. et puto et haec ad diem constituti referenda, proinde si valetudine impeditus aut vi aut tempestate petitor non venit, ipsi nocere Pomponius scribit.

Ulpian kommentiert das Edikt, dessen einschlägige Bestimmung lautet: ,si apareat eum qui constituit neque solvere neque fecisse neque per actorem stetit, quo minus fieret quod constitutum est'? 5 Diesem Wortlaut zufolge scheidet eine Haftung des Schuldners nur aus, wenn sich der Kläger zum Leistungstermin in Gläubigerverzug befunden hat. Bezieht man hierauf das Pomponiuszitat: ,si valetudine impeditus aut vi aut tempestate petitor non venit, ipsi nocere gelangt man zu dem Ergebnis, daß mora accipiendi auch bei Annahmehindernissen eintritt, die der Gläubiger nicht zu vertreten hat. Dieser Schluß ist jedoch voreilig. Daß der überlieferte Text gestört sein muß, zeigt seine fehlende Stringenz: Pomponius' Entscheidung soll Konsequenz der Meinung Ulpians sein, daß es für die Feststellung der haftungsbefreienden mora accipiendi nur auf den vereinbarten Leistungstermin und nicht die Zeit davor oder danach ankommt. Die von Pomponius aufgeworfene Frage, was gelte, wenn der Ausfall der Leistung vor oder nach dem Termin am Gläubiger liege, beantwortet Ulpian damit in dem Sinne, daß nur das Fehlen von Gläubigerverzug im Termin entscheidend und für die Haftung des Schuldners hinreichend ist. Wäre nun das unverschuldete Annahmehindernis ein Fall der mora accipiendi, hätte Ulpian als Beispiel für die Folgen seiner Lösung eine Konstellation gewählt, die sich umgekehrt zu der von Pomponius untersuchten verhält. Dies ist grundsätzlich denkbar. Eine die Einleitung mit,proinde ' rechtfertigende Verbindung mit dem Vorangehenden bestünde aber allenfalls, wenn man den Beispielsfall um den Hinweis ergänzte, daß der Gläubiger vor oder nach dem Leistungstermin nicht an der Annahme der Leistung gehindert ist. Liegt der Fall so, wie im Pomponiuszitat beschrieben, ist er ohne Bezug zu der Problemstellung, mit der Ulpian sich befaßt.

75

Vgl. D 13.5.16.2 Ulp 27 ed.

§ 8 Der Tatbestand der mora accipiendi

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Sucht man nach einem passenden Anknüpfungspunkt für Pomponius' Beispiel, wird man im Fragment D 13.5.16 fündig, das in Ulpians Ediktskommentar eine Einheit mit Fragment 18 bildete. § 3 von D 13.5.16 lautet: Ergo si non stetit per actorem, tenet actio, etiamsi per rerum naturam stetit: sed magis dicendum est subveniri reo debere.

Diese Aussage steht in der überlieferten Fassung ihrerseits an der falschen Stelle. Denn § 2 gibt den Wortlaut des Edikts wieder, und § 4 enthält eine Auseinandersetzung mit der Ediktsformel:,neque fecisse reum quod constituit die dem hier maßgeblichen Passus: ,neque per actorem stetit vorangehen. Mit ihm beschäftigt sich Ulpian erst im principium von Fragment 18, wo er die in § 4 von Fragment 16 getroffene Entscheidung für die ausschließliche Relevanz des Leistungstermins auf den Fall des Gläubigerverzugs überträgt. Setzt man nun hierhinter das verirrte Textstück in § 3 von Fragment 16, gelingt zum einen der Anschluß an das Pomponiuszitat am Ende von D 13.1.18pr. Zum anderen erhält die zunächst überaus unpräzis wirkende Aussage: ,sed magis dicendum est subveniri reo debere ', 76 einen eindeutigen Sinn: Ulpian schließt aus dem Wortlaut des Edikts, daß der Schuldner mangels Gläubigerverzug auch bei Eintritt eines zufälligen Leistungshindernisses haftet. Diese harte Konsequenz sucht er abzumildern, indem er sich im Anschluß an Pomponius für einen Haftungsausschluß bei Leistungshindernissen ausspricht, die zwar nicht am Gläubiger liegen, aber in seine Sphäre fallen. 77 Die Ergänzung des Gläubigerverzugs um unverschuldete Annahmehindernisse als Ausschlußgründe für die Schuldnerhaftung entspricht, wie Knütel 78 festgestellt hat, der Entwicklung, die wir bei der stipulatio poenae beobachten konnten: Beim constitutum machen Pomponius und Ulpian den Schritt, den für das Strafversprechen Proculus unternommen hat79. Daß sie nicht zur Ansicht Sabinus' und Celsus' durchdringen, die den Verfall der stipulatio poenae an die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs gebunden haben, liegt am Wortlaut des Edikts, das den Gläubigerverzug als Maßstab vorgibt. Diese Regelung läßt sich zwar vorsichtig teleologisch reduzieren, indem unverschuldete Annahmehindernisse der mora accipiendi gleichgestellt werden. Einer Umkehrung in den Tatbestand des Schuldnerverzugs ist der Ediktswortlaut im Unterschied zu der von

76 Deren Verdächtigung durch Guarneri Citati, S. 237 ist bei isolierter Betrachtung nicht völlig grundlos. 77 Entgegen Knütel (Fn. 74), S. 219f. bringt ,sed magis dicendum est subveniri reo debere ' damit kein Verschuldenserfordernis auf Seiten des Beklagten zum Ausdruck. 78 AaO (Fn. 74), S. 219. 79 Ebenso im Ergebnis Apathy, SZ 101, 195.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

Servius für die Strafstipulation aufgestellten Juristenregel dagegen nicht zugänglich.80 Daß die Jurisprudenz in beiden Fällen die gleiche Richtung einschlägt, beruht auf der Ähnlichkeit in den Funktionen von stipulatio poenae und constitutum, wie sie Knütef 1 herausgestellt hat: Während jene ein sonst nicht erzwingbares Schuldnerverhalten sichert, soll diese die rechtzeitige Erfüllung einer schon bestehenden Schuld gewährleisten.82 Der Gläubigerverzug kann hier wie dort nur die Rolle einer Haftungsausnahme spielen, die nicht zwingend die einzige bleiben muß. II. Bringschuld Gibt es außerhalb der Sonderfälle von stipulatio poenae und constitutum keine Belege dafür, daß ein unverschuldetes Annahmehindernis zum Nachteil des Gläubigers ausfällt, steht dem naheliegenden Schluß auf die Gleichheit der Tatbestände von mora debitoris und mora accipiendi nichts im Wege. Die beiden Voraussetzungen: potestas zur Erfüllung und iusta causa für die Kenntnis vom Leistungszeitpunkt, fallen bei der mora accipiendi im Normalfall einer Bringschuld jedoch immer zusammen: Das Annahmevermögen und die Kenntnis von der Pflicht zur sofortigen Annahme können unabhängig von der Bestimmung einer Leistungszeit erst mit dem Angebot des Schuldners entstehen. Daher tritt an die Stelle der abstrakten Formel: ,per creditorem stat, quo minus accipiat ', zuweilen das , nolle accipere ' als konkrete Beschreibung des Tatbestands des Gläubigerverzugs. Noch präziser drücken sich die Juristen aus, wenn sie davon sprechen, daß der Gläubiger die Annahme der Leistung ohne zureichenden Grund abgelehnt habe: D 46.3.72pr. Marceil 20 dig Qui decern debet, si ea optulerit creditori et ille sine iusta causa ea accipere recusavit,... D 13.5.17 Paul 29 ed Sed et si alia die offerat nec actor accipere voluit nec ulla causa iusta fuit non accipiendi, ...

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Darum ist auch die Zulassung eines verspäteten Angebots mit haftungsbefreiender Wirkung, die Paulus in D 13.5.17 (29 ed) im Gegensatz zu Ulpian in D 13.5.16.4 befürwortet (dazu Knütel (Fn. 74), S. 192ff.), keine purgatio morae im eigentlichen Sinn. 81 AaO (Fn. 74), S. 193f. 82 Vergleichbar ist es dem pignus, das ebenfalls mit Erfüllung der gesicherten Verbindlichkeit oder mit Annahmeverzug des Gläubigers erlischt. Hier dürfte auch der Platz der von den Kompilatoren verallgemeinerten Sentenz in D 50.17.39 Pomp 32 Sab sein: ,Jn omnibus causis pro facto accipitur id, in quo per alium morae sit, quo minus fìat .' Vgl. hierzu Guarneri Citati , S. 183.

§ 8 Der Tatbestand der mora accipiendi

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Was unter einer, iusta causa non accipiendi ' zu verstehen ist, sagen Marceil und Paulus nicht ausdrücklich. In Paulus' Fall, in dem es um die Möglichkeit einer nachträglichen Zahlung von pecunia constituta geht, erscheint es immerhin möglich, daß der Gläubiger schon dann einen hinreichenden Grund zur Annahmeverweigerung hat, wenn der Schuldner nicht zugleich mit dem Betrag das Interesse leistet, das der Gläubiger an der Einhaltung des vereinbarten Leistungstermins hat.83 Eine solche spezifische Bedeutung kann die , iusta causa \ von der Marceli spricht, jedoch nicht haben.84 Es ist noch nicht einmal ersichtlich, daß der Annahmeverweigerung in seinem Fall überhaupt eine mora debitoris vorangegangen ist, welche eine Ausschlagung des einfachen Angebots zur Zahlung des Schuldbetrages rechtfertigen könnte. Als allgemeine und auch außerhalb der Konstellationen einer purgatio morae wirksame Voraussetzung kann der Mangel der , iusta causa non accipiendi ' nur den Zweck haben, den Gläubigerverzug bei untunlichen Angeboten auszuschließen. Hiervon handelt explizit D 46.3.39 Afr 8 quaest ... nam tunc perinde habendum erit, ac si parato me solvere tu ex aliqua causa accipere nolles. in qua specie non utique semper tuum periculum erit: quid enim, si inopportuno tempore vel loco optulerim? ...

Afrikan untersucht den Fall, daß der Gläubiger die Annahme der Zahlung, ex aliqua causa ' verweigert hat. Als Beispiel dafür, daß hier nicht stets der mit der mora creditoris verbundene Gefahrübergang stattfindet, 85 nennt Afrikan die Zahlung zur Unrechten Zeit oder am Unrechten Ort. Daß damit nicht zwingend die vereinbarten Leistungsmodalitäten gemeint sind, folgt aus der Zulassung der purgatio morae, die für Afrikans Zeit und insbesondere für seinen Lehrer Julian belegt ist: Löst das verspätete Angebot den Schuldnerverzug auf und Gläubigerverzug aus, kann die Versäumung der vereinbarten Leistungszeit keine, iusta causa non accipiendi', das tempus des Angebots nicht ,inopportunum' sein. Keine andere Behandlung kann das Angebot an einem anderen als dem vereinbarten Leistungsort erfahren. Mit , inopportunus ' kann Afrikan daher nur das untunliche Angebot meinen, bei dem es dem Gläubiger an der potestas zur sofortigen Annahme fehlt.

83 Vgl. Knütel (Fn. 74), S. 194, der eine solche Obliegenheit des Schuldners zum Ausgleich für die Verzugsnachteile freilich generell und nicht nur beim constitutum annimmt (vgl. S. 19lf.). Da der Verzugsschaden aber außerhalb der actio de pecunia constituta nicht Gegenstand einer obligatio ist (siehe oben § 3 II - IV), kann das Angebot zu seinem Ausgleich auch nicht für die verzugsbereinigende Wirkung der oblatio erforderlich sein. 84 Allein auf objektive Mängel des Angebots beziehen ließe sie sich entgegen Käser, RP I 2 , 1971, S. 517 Fn. 36 und Zimmermann,, The Law of Obligations (1990), S. 820 auch nur mit Hilfe anderer Belege. 85 Vgl. Seckel/Levy, SZ 47 (1927) 243.

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3. Kapitel: Mora accipiendi

Beim Schuldnerverzug entspricht ihm die Mahnung, auf die der Schuldner mangels potestas zur Leistung nicht sofort reagieren kann. Die sprachliche Parallele zu Marcian, der für den Eintritt des Schuldnerverzugs die , interpellate opportuno loco ' fordert, 86 ist also keineswegs zufällig. Das Angebot des Schuldners übernimmt beim Gläubigerverzug die Funktion, welche die Mahnung beim Schuldnerverzug hat. Es verschafft dem Gläubiger die Kenntnis von Leistungszeit und -ort, auf die er sich ungeachtet der getroffenen Vereinbarung nur dann nicht einzulassen braucht, wenn ihm die potestas zur Annahme fehlt. Hat er sie, gerät er ebenso in Verzug wie der Schuldner, der die opportune Mahnung des Gläubigers mißachtet. III. Holschuld Anders liegen die Dinge bei der Holschuld. Besteht auch hier eine Parallele zur mora debitoris, müßte der Gläubiger entweder durch Eintritt des vereinbarten Leistungstermins oder durch eine Mahnung des Schuldners in mora accipiendi geraten, wenn er die potestas hat, den Leistungsgegenstand beim Schuldner abzuholen. Daß die fehlende Leistungsfähigkeit des Schuldners den Eintritt von mora accipiendi ausschließt, erfahren wir aus D 19.1.3.4 Pomp 9 Sab Quod si per emptorem mora fuisset, ... mora autem videtur esse, si nulla difficultas venditorem impediat, quo minus traderet, praesertim si omni tempore paratus fuit tradere....

Der die mora erklärende Satz paßt zwar nicht zu den vorangehenden und folgenden Aussagen Pomponius', der sich eigentlich mit der aestimatio bei mora debitoris beschäftigt. Obwohl er in den Digesten an die falsche Stelle geraten ist, bedeutet dies aber noch keineswegs, daß er auch ohne Vorbild in Pomponius' Sabinuskommentar ist.87 Beziehen kann er sich nur auf die Holschuld, wo sich der Mangel von Leistungsfähigkeit und -bereitschaft nicht schon im Ausbleiben eines Angebots manifestiert. Der Käufer, der nicht den Versuch unternimmt, die Kaufsache abzuholen, gerät nicht in Annahmeverzug, wenn für den Verkäufer irgendeine difficultas besteht, die Kaufsache zu übergeben. Das gleiche gilt, wenn der Verkäufer zur Übergabe zwar imstande, aber

86 87

D 22.1.32pr. (oben § 5 I). So aber Guarneri Citati , S. 210 und offenbar auch Riccobono jr., S. 370.

§ 8 Der Tatbestand der mora accipiendi

107

nicht bereit ist. In beiden Fällen fehlt dem Gläubiger die potestas zur Annahme, ohne die er nicht mora accipiendi begehen kann.88 Die iusta causa zur Kenntnis der Leistungszeit verschafft dem zur Abholung des Leistungsgegenstands verpflichteten Gläubiger zunächst die Vereinbarung eines Leistungstermins: D l 8.6.1.3 (28 Sab) Licet autem venditori vel effondere vinum, si diem ad metiendum praestituit nec intra diem admensum est:...

Das mit dem Gläubigerverzug verbundene ius ejfundi des Weinverkäufers entsteht schon dann, wenn der für die Zumessung bestimmte dies verstrichen ist, ohne daß sich der Käufer zur Zumessung des vom Verkäufer bereitgestellten Weines eingefunden hätte.89 Was gilt, wenn die Parteien sich nicht auf einen bestimmten Leistungstermin geeinigt haben? Kann der Schuldner den Gläubiger hier ebenso wie dieser ihn durch Mahnung in Verzug setzen? Dagegen sprechen die folgenden Aussagen Ulpians und Gaius', welche die Kompilatoren aneinandergereiht haben: D l 8.6.1.4 Ulp 28 Sab Si doliare vinum emeris nec de tradendo eo quicquam convenerit, id videri actum, ut ante evacuarentur quam ad vindemiam opera eorum futura sit necessaria: quod si non sint evacuata, faciendum, quod veteres putaverunt, per corbem venditorem mensuram facere et effundere: veteres enim hoc propter mensuram suaserunt, si, quanta mensura esset, non appareat, videlicet ut apparerei, quantum emptori perierit. D 18.6.2pr. Gai 2 cott Hoc ita verum est, si is est venditor, cui sine nova vindemia non sint ista vasa necessaria: si vero mercator est, qui emere vina et vendere solet, is dies spectandus est, quo ex commodo venditoris tolli possint.

Ist ein Leistungstermin nicht ausdrücklich festgelegt, wird er den Umständen entnommen: Der Winzer soll sich stillschweigend ausbedungen haben, daß der Wein abgenommen ist, bis er die Fässer für die nächste Ernte benötigt. Beim Kauf von einem Händler, der seine Fässer wegen des steten Umschlags schon früher braucht, soll bereits der Tag maßgeblich sein, an dem der Wein unter Rücksicht auf die Belange des Verkäufers abgenommen werden kann. Diese Lösungen wären unangebracht, wenn der Verkäufer den Käufer auch durch Mahnung zur Abnahme in Verzug setzen könnte. Stünde dem Schuldner ebenso wie dem Gläubiger das flexible Instrument der interpellatio zur Verfügung, bedürfte es keiner ergänzenden Interpretation des Vertrages, die nur schematische 88

Für Möglichkeit oder Notwendigkeit eines wörtlichen Angebots bei der Holschuld gibt Pomponius' Aussage entgegen Käser, RP I 2 , 1971, S. 517 Fn. 33 und Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S. 819 ebensowenig aus wie D 45.1.122.5 Scaev 28 dig. 89 Daß der Gläubigerverzug hier ohne Angebot eintritt, glaubt auch Käser, RE, Sp. 273 und RP I 2 , 1971, S. 517.

108

3. Kapitel: Mora accipiendi

Ergebnisse auswerfen kann. Der Gläubigerverzug, dessen Voraussetzungen denen des Schuldnerverzugs ansonsten gleichen, muß also bei der Holschuld ohne die Mahnung auskommen, die dem säumigen Schuldner mangels Vereinbarung eines Leistungstermins die Kenntnis von der Leistungszeit verschafft. 90 Eine vergleichbare Funktion hat nur das Angebot bei der Bringschuld. Für die Holschuld unterstellen die Juristen eine vertragliche Bestimmung der Leistungszeit, deren Versäumung automatisch mora créditons auslöst.91

90

Nur insoweit lassen sich die Texte auch für das von Apathy, SZ 101, 200 bejahte Verschuldenserfordernis anführen, das es als solches weder beim Gläubiger- noch beim Schuldnerverzug gibt. 91 Eine Parallele hat diese Lösung in der Annahme eines modicum tempus zur Befolgung eines unbefristeten Schiedsrichterbefehls, mit der für die klassischen Juristen eine Mahnung für den Verfall der stipulatio poenae entbehrlich wurde; vgl. oben § 5 II Fn. 72.

Zusammenfassung I. Schuldverhältnisse, die nicht restitutorisch, sondern auf Leistung gerichtet sind, schützen, mit Ausnahme der akzessorischen Verpflichtung aus dem constitutum, nicht das Interesse, das der Gläubiger an der Rechtzeitigkeit der Leistung hat. Eine Sanktion findet die Verspätung der Leistung bei Verpflichtungen auf ein certum nur indirekt durch die perpetuatio obligationis. Wird nämlich die Leistung nach Eintritt der mora unmöglich, kann der Gläubiger nicht ohne weiteres sein Interesse an der bei rechtzeitigem Handeln des Schuldners noch möglichen Leistung geltend machen. Die Leistungspflicht entfällt statt dessen mit der Unmöglichkeit der Leistung und kann nur im Wege einer Fiktion aufrechterhalten werden: Die Verurteilung aus der Leistungspflicht erfolgt, indem der Ästimationszeitpunkt von der litis contestatio, bei der die Leistung unmöglich ist, auf den Eintritt von mora , als die Leistung noch möglich war, vorverlegt wird. Die Folge ist eine unbedingte Zufallshaftung, die den Schuldner selbst dann trifft, wenn der Leistungsgegenstand auch bei rechtzeitiger Leistung für den Gläubiger verloren gewesen wäre.1 Diese Lösung steht nicht im Gegensatz zur Interessenlehre, hat aber eine problematische Konsequenz: Wird das Schicksal des Leistungsgegenstands nach Eintritt von mora ausgeblendet, bleibt die hypothetische Entwicklung nach rechtzeitiger Leistung insgesamt und damit auch außer Betracht, ob der Gläubiger zur Unmöglichkeit der Leistung beigetragen hat. Celsus will hier mit der Vorstellung einer purgatio morae Abhilfe, kann so aber den grundlegenden Fehler der perpetuatio obligationis nicht beseitigen: Die Schätzung wird auf den Verzugseintritt und damit auf einen Zeitpunkt vorverlegt, welcher nach dem die Verschiebung auslösenden Moment: dem Eintritt der Unmöglichkeit, liegt.2 Diesen widersprüchlichen Mechanismus können die Juristen der Spätklassik nur noch mit dem Strafcharakter der perpetuatio rechtfertigen, der zugleich erklärt, warum eine Verzögerung der Leistung nachteilige Rechtsfolgen für den Schuldner zeitigt, obwohl es keine regelrechte Pflicht zur Einhaltung der Leistungszeit gibt.3

1 2 3

§ 1 II. § 1 HI. § 1IV.

110

Zusammenfassung

Die perpetuatio obligationis findet nicht nur bei Verpflichtungen auf ein certum statt. Wegen der Beschränkung des Schuldinhalts wären sie einer Ausdehnung um die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung ohnehin nicht zugänglich. Sie gilt auch bei strengrechtlichen Verpflichtungen auf ein incertum 4 und sogar bei den bonaefidei iudicia 5, wo der iudex prinzipiell frei ist, das Pflichtenprogramm des Schuldners festzulegen, die Unmöglichkeit der Leistung daher nicht über den Bestand des Schuldverhältnisses entscheidet. Die perpetuatio obligationis ist der Schlüssel sowohl für die fälschlich sogenannte ,abstrakte' Schadensberechnung beim Kauf als auch für die Beschränkung auf den Ersatz der , util it as circa rem': 6 Da der Gläubiger auf die Geltendmachung der perpetuatio, die nur als Strafe für den Schuldner gedacht ist, verzichten kann, ist er wahlweise zum Ersatz des Wertes berechtigt, den der Leistungsgegenstand bei Eintritt der mora oder im Zeitpunkt der litis contestatio hatte. Weil mit Hilfe der perpetuatio die Ästimation auf den Zeitpunkt des Eintritts der mora vorverlegt wird, bleiben bei der Ästimation nicht nur spätere zerstörend wirkende Ereignisse, sondern das hypothetische Schicksal der Leistung insgesamt und damit auch der entgangene Gewinn oder Folgeschäden des Gläubigers unberücksichtigt. Kann der zur Konkretisierung des ,quidquid dare facere oportet ' berufene iudex das unbestimmte Schuldverhältnis, selbst wenn es auf die bonafides ausgerichtet ist, nicht auf eine Pflicht zur Einhaltung der Leistungszeit erstrecken, so liegt dies nicht nur an den Klageformeln. Diese beschreiben das Klageziel ebenso wie bei den strengrechtlichen Verpflichtungen auf ein certum präsentisch und fordern daher nicht zur Berücksichtigung zukünftiger oder hypothetischer Entwicklungen auf. 7 Der tiefere Grund für diese Lösung ist indessen, daß die obligatio zur umgehenden Verwirklichimg im Prozeß bestimmt ist: Verzögert der Schuldner die Leistung, soll der Gläubiger sofort Klage erheben und auf diese Weise für eine zügige Klärung des Rechtsstreits sorgen. Wartet er mit der Klage, nimmt er den Vermögensnachteil freiwillig in Kauf. Sein Zuwarten soll seinen Leistungsanspruch nicht vergrößern, allenfalls die als Druckmittel zur Einhaltung der Leistungszeit vorgesehene Strafe erhöhen. Dies geschieht, indem dem säumigen Schuldner eines incertum eine Zinszahlung oder die Erstattung sonstiger Verzugsfrüchte auferlegt werden.8 Sie hat der Schuldner jedoch nur dann zu leisten, wenn er den Gläubiger bis zum Prozeß nicht befriedigt. Erbringt er bis zu diesem Zeitpunkt die verzögerte Leistung, kann der Gläubiger, dem kein Anspruch auf Ersatz seines Zeitinteresses zusteht, 4 5 6 7 8

§ § § § §

21. 2 II. 2 III. 2 II. 3 II.

Zusammenfassung

weder Zinsen noch Früchte verlangen, weil diese eben nicht in obligatione, sondern zur Strafe für den Schuldner gedacht sind. II. Die mora debitoris hat zwei verschiedene Tatbestände. Sie entsteht gewöhnlich ex persona und in Sonderfällen ex re . Die mora ex re ist nach den einschlägigen Quellen ein Privileg minderjähriger Gläubiger und Kinder freizulassender Sklavinnen, zu deren Gunsten ein automatischer Verzug des Schuldners angenommen wird. Die Quellen lassen zwar offen, ob diese besondere mora ohne Mahnung oder ohne Verschulden eintritt.9 Den Tatbestand der gewöhnlichen, der mora ex persona können wir dagegen dank Pomponius' Aussage in D 12.1.15 genau bestimmen:10 Er lautet weder ,schuldhafte Nichtleistung' noch Nichtleistung trotz Mahnung', sondern ist komplizierter: Um mora zu begehen, muß der Schuldner zunächst die potestas zur Leistung haben. Gleichgestellt ist der Fall, daß sich der Schuldner dieser Fähigkeit arglistig begeben hat. Darüber hinaus muß er hinreichenden Grund haben, die Leistungszeit zu kennen. Dieser Grund kann, muß aber nicht in einer Mahnung bestehen. Einen zureichenden Grund für die Kenntnis der Pflicht zur sofortigen Leistung haben auch der fur , und zwar wegen seines Delikts, sowie der Käufer, dem die Kaufsache übergeben wird und der unabhängig von einer Mahnung in mora gerät.11 Daß mora , von diesen Fällen abgesehen, regelmäßig durch Mahnung ausgelöst wird, zeigen die Texte klassischer Juristen, in denen die Nichtleistung auf interpellate als Synonym oder Standardbeispiel für den Tatbestand des Schuldnerverzugs erscheint. Es ergibt sich insbesondere aus D 22.1.32, einem gemeinhin, aber völlig zu Unrecht verdächtigten Text.12 Der Schluß, daß mora stets und auch bei Vereinbarung einer Leistungszeit eine Mahnung voraussetzte, wäre jedoch übereilt. Zwar sind die direkten Aussagen über das Verhältnis von vertraglich bestimmter Leistungszeit und Mahnung ambivalent. Zahlreich sind jedoch die Äußerungen, in denen sich die Juristen für eine Vorverlagerung des Ästimationszeitpunktes auf den vereinbarten Leistungstermin aussprechen. Sie lassen den Schluß zu, daß mora mit Ablauf der vereinbarten Leistungszeit automatisch und ohne Rücksicht auf eine interpellate eintritt. Denn die Vorverlagerung des Ästimationszeitpunkts ist die für mora charakteristische Rechtsfolge. Bei einem strikten Mahnerfordernis könnte der Ästimationszeitpunkt stets nur auf den Moment der erfolglosen interpellate fallen. 13 Sind Mahnung und Vereinbarung einer Leistungszeit gleichwertige Gründe für die Kenntnis vom Leistungstermin, kann die interpellate sogar als Ersatz 9

§ 41. § 4 II. 11 § 3 I. 12 § 5 I. 13 § 5 II. 10

112

Zusammenfassung

für eine vertragliche Regelung der Leistungszeit gedeutet werden. Eine solche Regelung kann der Gläubiger bei Schuldverhältnissen ohne bestimmten Leistungstermin einseitig treffen. Dem gleichzeitigen Eintritt von mora mit Fälligkeit der Leistung steht beim Distanzgeschäft entgegen, daß es im Unterschied zum Handgeschäft gerade nicht auf sofortigen Vollzug gerichtet ist. III. Bei den strengrechtlichen Speziesschulden gewinnt die mora accipiendi als Grundlage einer purgatio des Schuldnerverzugs erst bei Celsus und Julian Bedeutung; und erst Marceli mißt auch einer bedingten Novationsstipulation verzugsbereinigende Wirkung zu, wenn der Gläubiger mit ihr ebenso wie mit einer Annahmeverweigerung sein mangelndes Interesse am sofortigen Erhalt der Leistung bekundet.14 Demgegenüber ist beim Kauf die mora accipiendi in Form der mora emptoris schon seit Labeo eine feste dogmatische Kategorie: Sie bewirkt eine Reduktion des Haftungsmaßstabs für den Verkäufer auf dolus und führt mit dem Ende der custodia-Haftung gleichsam zu einem Gefahrübergang.15 Bei den strengrechtlichen Speziesschulden, wo die Gefahr stets beim Gläubiger liegt, kann es eine vergleichbare positive Wirkung, die über die bloße Beendigung der mora debitoris hinausgeht, von vornherein nicht geben. Ein Übergang der Leistungsgefahr als Folge der mora accipiendi kommt nur bei Gattungsschulden in Betracht und wird hier wiederum erst von Marcellus etabliert. Was die Sachgefahr anbelangt, stellt Marceli den Gläubiger, der mora accipiendi begeht, wie einen Gläubiger, der die Leistung wirklich angenommen hat.16 Während Haftungserleichterung und purgatio morae das Pendant zur perpetuatio obligationis sind, hat die Pflicht des säumigen Schuldners zur Erstattung der Verzugsfrüchte ihr Äquivalent im Aufwendungsersatz, den der säumige Gläubiger leisten muß. Daß der Schuldner ebenso wie der Gläubiger über keinen selbständig klagbaren Anspruch, sondern nur über ein Zurückbehaltungsrecht verfügt, liegt nicht daran, daß den Gläubiger keine Pflicht zur Annahme träfe. Entscheidend ist vielmehr, daß der Gläubiger ebensowenig wie der Schuldner zur rechtzeitigen Herstellung des Leistungserfolgs verpflichtet ist.17 Hinreichend geschützt ist der Schuldner im Regelfall schon durch die Haftungserleichterung: Solange er Arglist vermeidet, darf er den Leistungsgegenstand preisgeben. Macht er zu dessen Erhaltung gleichwohl Aufwendungen, sind diese allerdings ebenso freiwillig wie der Zinsverlust, den der Gläubiger bei der Säumnis des Schuldners erleidet.18

14 15 16 17 18

§ 61. §6II. § 6 III. § 7 III. § 7 II.

Zusammenfassung

Die Voraussetzungen der mora accipiendi entsprechen nahezu völlig denen der mora debitoris. Dies gilt nicht nur für die im einen wie im anderen Fall maßgebende Formel des ,per aliquem stare sondern auch für deren konkretes Verständnis. Zu Unrecht entnimmt die herrschende Meinung Entscheidungen zur stipulatio poenae und zum constitutum, daß mora accipiendi im Gegensatz zur mora debitoris kein Verschulden voraussetze. Stipulatio poenae und constitutum sind nur Sicherungsmittel, bei denen es einen Gläubigerverzug im eigentlichen Sinne gar nicht gibt. Eine Rolle spielt der Tatbestand des Gläubigerverzugs nur als Ausnahme für die strikte Schuldnerhaftung aus dem Sicherungsmittel. In dieser Funktion erscheint der Gläubigerverzug neben unverschuldeten Annahmehindernissen, die gerade nicht unter seinen Tatbestand fallen. 19 Die mora accipiendi setzt spiegelbildlich zum Schuldnerverzug voraus, daß der Gläubiger in der Lage ist, die Leistung anzunehmen (potestas), und daß er einen zureichenden Grund hat zu wissen, daß er sofort annehmen soll. Bei der Bringschuld hängt beides vom Angebot des Schuldners ab. Es ist der einzig denkbare Grund für die Kenntnis der Annahmezeit und darf vom Gläubiger nur abgelehnt werden, wenn es mangels konkreten Annahmevermögens untunlich ist.20 Bei der Holschuld tritt mora accipiendi mit der ausdrücklich vereinbarten oder in ergänzender Vertragsauslegung unterstellten Leistungszeit ein. Ein Äquivalent zur interpellate , die bei der Bringschuld ihre Entsprechung im Angebot des Schuldners hat, gibt es im Fall der Holschuld nicht.21

19 20 21

§ 8 I. § 8 II. § 8 III.

Quellenverzeichnis

Gai institutiones 2 3

280 179

4 4 4 4 4 5

42 47 Fn. 102 39 Fn. 79 72

7 7 10 10 12

8 8 8 8 8 3 1 1 1 4 4 1

40 39, 62 28

12 12 12 13 13 13

1 1 3 1 1 1

22 40 3 3 8 8

13 13 13 13 13 13 13 13 13 13 13 13

1 1 1 3 3 3 4 4 5 5 5 5

13 17 20 2 3 4 2 2 16 16 16 17

39 77

Fragmenta Vaticana 2 11 65 112

Pauli Sententiae 2 3 5

17 8 7

19 4 4

Institutiones 3

15

2

71

Digesta 2 2

14 14

30 54

4

2

14

11

78 25f., 56 Fn. 23, 75 Fn. 2, 77 Fn. 8 16ff.

21 23 23 23 40 40 15 35 36 7 12 5

12 pr. 1 2 pr. 3 2 5 4

pr. 1

8

3 8 2 3 4

68 Fn. 72 26f. lOOf. lOOf. 101 19 17ff. 52 22 Fn. 31, 24f. 19 Fn. 20 19 Fn. 20 22, 56ff., 61, 70 70 56 Fn. 23 45 Fn. 99,46 15, 24 Fn. 35 15 15 Fn. 6,23, 27 Fn. 42, 80 Fn. 14 23f. 80 15, 80f. 46 22f. 70 87 Fn. 32 46 Fn. 99 102 Fn. 75 103f. 104 Fn. 80 104f.

Quellenverzeichnis 13 16 16 17 18 18 18 18 18 18 18 18 18 18 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22

5 3 3 1 3 4 6 6 6 6 6 6 6 6

18 12 14 37 4 21 1 1 2 5 13' 15 18 20 1 3 3 9 13 13 21 23 26 38 49 51 54 36 54 1 1 3 8 14 16 17 17 17 17 18 21 22 23

pr. 3 1 4 3 4 pr.

pr.

pr. 3 4 20 22 3 13 1 1 pr. pr. pr. pr. 3 4 1 1 3 4 5 6 1

pr.

102 21 16ff., 21 69, 90 63 15, 31f. 94ff. 107f. 107f. 86 83 f. 83f. 63, 81f. 45 38 Fn. 76 34f. 106f. 99 40 97f. 35ff., 47 31 Fn. 48 47 96f. 44 82 97 Fn. 59 84 Fn. 27 43 46f„ 67 Fn. 65 92 44f. 39 Fn. 79 39 41 44, 50, 58, 82 Fn. 22 66f. 41 Fn. 86 41 Fn. 86 40 56 Fn. 21, 59 56 Fn. 21, 59 58

115

22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 22 23 23 24 26 26

2 2 2 3 3 3 7 7

30 30 30 30 30 30 31 32 33 33

36 47 63 84 91 108 87 26 2 6

3 6 3 3 7 11 1

34 34 35 35 36 36 36 38 40 40 40 42 42 43 43

1 4 2 2 1 1 2 16 5 5 5 1 1 16 16

18 3 24 89 19 26 21 1 13 26 53 8 11 1 19

23 24 24 30 32 32 38 39 47 2 8 9 14 15 9 7 28

1 pr. 2 1 pr. 2 1

15 1

6 8 1 2 pr. 1 pr. 2 pr. 1 1

35

53f. 13 72 97 Fn. 58 48, 60,64ff. 38 54 39 13 54 Fn. 11 101 54 Fn. 11 33 33 94 92 89 Fn. 35, 9ifr. 14 20, 24 62 87 20 Fn. 25 16 51 38 14f. 93, 95 Fn. 50, 96 Fn. 52 62 Fn. 45 50 62 56 Fn. 21 38 85 71 49f. 52 49,61 51f. 20f. 70 17 Fn. 10 17 Fn. 10

116 43 44 44 44 45

Quellenverzeichnis 26 4 7 7 1

8 6 23 45 23

45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45 45

24 29 33 41 49 49 56 56 58 73 75 82 82 83 91 91 91 91

45 45 45 45 45 45 45 46 46 46 46 46 46

91 105 114 115 118 122 137 8 14 31 9 39 60

2 2 2 3 3 3

6

1 1 pr. 3 7 8 2 3 1 2 7 pr. 1 2 3

6

2 2 5 3 pr. pr. pr. 1

17 Fn. 10 87 68 Fn. 72, 10 22 Fn. 31, 30 14, 22 Fn. 31, 63f. 14, 73 76 Fn. 4, 79 68 65, 71 Fn. 79 22 Fn. 31 15, 67f. 24 Fn. 39 75f. 24 Fn. 39 90 24 Fn. 38 25 12f. 15 llf. 84f. 85 21, 26f., 57 Fn. 30, 74, 83ff. 75 86 69 58, 101 45 Fn. 99 106 Fn. 88 59 Fn. 34 79 77f. 75 89 Fn. 35 105 89 Fn. 35

46 46 46 46 46 46 46 47 50 50 50 50 50 50 50

72

pr.

3 72 3 72 3 72 3 85 3 92 3 95 2 52 8 2 16 12 16 213 17 14 17 17 17 39 17 63

1 2 3

3

pr. 28 5 1 pr.

62f., 88ff., 104f. 62f., 74ff. 78 80 37 Fn. 74 15, 22 Fn. 31 28f., 87Fn. 32 15, 24 Fn. 35 46 Fn. 99 37 Fn. 74 71 71 71 Fn. 79 104 Fn. 82 13, 56 Fn. 21

Codex Iustinianus 2

8 8

40 34 7 32 32 48 48 49 49

2 2 7 2 13 4 6 5 10

49 49 49 54 37 42

12 13 16 5 12 9

53 38 54f. 41 44 Fn. 93 32f. 32f. 42f. 37 Fn. 75, 67 Fn. 62 37 Fn. 75 41f. 97 Fn. 55 41f. 68f. 89 Fn. 35