Modellvorstellungen in der Chemie: Eine Einführung in die Allgemeine Chemie [2. Aufl. Reprint 2011] 9783110847987, 9783110081428


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German Pages 542 [544] Year 1979

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Table of contents :
Einleitung: Was ist Chemie?
Chemie ist ein Teil der Naturwissenschaft
Wissenschaftliche Überlegungen benötigen Modelle
Ist die wissenschaftliche Methode ein Mythos
Chemische Technologie berührt unser aller Leben
1 Atome und Moleküle
1-1 Was ist Materie?
1-2 Mischungen und reine Stoffe
1-3 Verbindungen und Elemente
Elementare Atomtheorie
1-4 Chemische Zusammensetzung
Methoden zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung
Erhaltung der Masse
Konstante Zusammensetzung
1-5 Daltons Atomtheorie
1-6 Aufbau der Moleküle
1-7 Modelle
Molekülmodelle
Die Verwendung von Molekülmodellen zur Voraussage
Valenz
1-8 Atommassen und Molekülmassen
Relative Molekülmassen
Einfachste Formeln und Molekülformeln
1-9 Zusammenfassung
1-10 Nachwort: Die Bedeutung der Molekülstruktur
2 Gase und die Avogadrosche Hypothese
2-1 Die Eigenschaften von Gasen
Masse und Volumen
Druck
Kompressibilität
Temperatur
Diffusion
2-2 Die quantitativen Beziehungen zwischen Volumen, Temperatur und Druck
Das Boylesche Gesetz
Volumen und Temperatur
Das zusammengefaßte Gasgesetz
2-3 Volumenänderungen bei Gasreaktionen
2-4 Ein Modell für gasförmige Materie
Die Avogadrosche Hypothese
Das Mol
Die molekularkinetische Theorie
2-5 Partialdrücke
2-6 Reale Gase
2-7 Zusammenfassung
2-8 Nachwort: Die Anwendung der Gasgesetze
3 Die Periodizität chemischer Eigenschaften
3-1 Die einfachen Hydride
3-2 Die Zusammensetzung von Fluoriden
3-3 Klassifizierung der Elemente
3-4 Einige Familien der Elemente
Die Alkalimetalle
Die Erdalkalimetalle
Gruppe III
Gruppe IV
Gruppe V
Gruppe VI
Gruppe VII: Die Halogene
3-5 Valenz
3-6 Bindungen zwischen Atomen desselben Elements
3-7 Übergangsmetalle
3-8 Das Periodensystem
3-9 Zusammenfassung
3-10 Nachwort: Das Periodensystem-Gesetz, Theorie oder Philosophie?
4 Die Bestandteile der Materie
4-1 Atomtheorie
4-2 Faradays Elektrolyseexperimente
4-3 Kathodenstrahlröhren
4-4 Weitere hochenergetische Strahlungen
Radioaktivität
4-5 Charakteristische Einheiten der Strahlung
4-6 Photonen, die Elementarteilchen des Lichts
4-7 Das Rutherfordsche Atommodell
4-8 Die Zusammensetzung der Atomkerne
4-9 Isotope
4-10 Die Wechselwirkung von Licht mit Materie
4-11 Emissionsspektren
4-12 Zusammenfassung
4-13 Nachwort: Gesunder und ungesunder Menschenverstand
5 Die Elektronenstruktur der Atome
5-1 Quantentheorie der Atome
5-2 Moderne Quantentheorie
5-3 Die Quantenzahlen
Die Hauptquantenzahl, n
Die Bahndrehimpulsquantenzah, I
Die magnetische Quantenzahl, m
Die Spinquantenzahl, s
Die Anwendung der Quantenzahlen
5-4 Elektronenstrukturen von Atomen
5-5 Die schwereren Elemente
5-6 Zusammenfassung
5-7 Nachwort: Analytische und synthetische Wissenschaft
6 Bindungen in Molekülen
6-1 Wasserstoff und Helium
6-2 Fluor und Neon
6-3 Die Hydride und Fluoride
6-4 Bortrihydrid
6-5 Bortrifluorid
6-6 Ionenbindungen
6-7 Elektronegativität
6-8 Das HF-Molekül : Eine kovalente Bindung mit Ionencharakter
6-9 Dipolmomente
6-10 Bindungen zwischen Atomen desselben Elements
6-11 Weitere Übungen im Aufstellen von Lewis-Diagrammen
6-12 Formale Ladungen
6-13 Moleküle mit Doppel- und Dreifachbindungen
6-14 Bindungen mit schwereren Elementen
6-15 Resonanz
6-16 Zusammenfassung
6-17 Nachwort: Modelle und Wirklichkeit
7 Molekülgeometrie und Molekülorbitale
7-1 Elektronenabstoßung und Molekülgeometrie
7-2 Orbitale in Molekülen
7-3 Orbitale des Wasserstoffmoleküls
7-4 Energien der Wasserstoffmolekülorbitale
7-5 Warum gibt es kein He2?
7-6 Fluor und Fluorwasserstoff
7-7 Einfachbindungen in vielatomigen Molekülen
7-8 Atomare Hybridorbitale
7-9 Andere Hybridorbitale
7-10 Bortrifluorid (BF3) und Phosphorpentachlorid (PCl5)
7-11 Fluoride der schwereren Elemente
7-12 Moleküle, die Doppel- und Dreifachbindungen enthalten
7-13 Das Sauerstoffmolekül, O2
7-14 Ungesättigte Kohlenstoffverbindungen
7-15 Zusammenfassung
7-16 Nachwort : Wie wenig können wir an einem klaren Tag sehen?
8 Flüssigkeiten und Festkörper
8-1 Phasenumwandlungen
8-2 Phasendiagramme
8-3 Das Dampf-Flüssig-Gleichgewicht
8-4 Das Fest-Flüssig-Gleichgewicht
8-5 Volumenänderungen bei Phasenumwandlungen
8-6 Umwandlungswärmen
8-7 Der Aufbau der Festkörper
Molekulare Festkörper
Dipolanziehung
Wasserstoff(brücken)bindungen
Van der Waals-Kräfte
8-8 Umwandlungswärmen und Umwandlungstemperaturen
8-9 Ionische Festkörper
8-10 Kovalente Festkörper
Intermediäre Typen
8-11 Metalle
8-12 Die Struktur von Flüssigkeiten
8-13 Zusammenfassung
8-14 Nachwort: Eiszeiten und Sintfluten
9 Lösungen
9-1 Homogene und heterogene Mischungen
9-2 Definitionen einiger nützlicher Begriffe
Molarität
Formalität
9-3 Chemische Berechnungen von Lösungen
Titrationen
9-4 Löslichkeit und Gleichgewicht
Gleichgewicht in gesättigten Lösungen
Lösungswärmen
9-5 Beziehungen zwischen Struktur und Löslichkeit
Ionenverbindungen in polaren Lösungsmitteln
Ionenverbindungen in nichtpolaren Lösungsmitteln
Nichtpolare Verbindungen in Lösung
Einige allgemeingültige Löslichkeitsbeziehungen
9-6 Zusammenfassung
9-7 Nachwort: Modelle für flüssige Lösungen - Ein Flußpferd in einem Sumpf oder ein Kolibri im Flug?
10 Chemisches Gleichgewicht
10-1 Dynamisches chemisches Gleichgewicht
Inerte Mischungen
10-2 Gleichgewichtskonstanten
Die Dissoziation des Iods
Wie man Gleichungen für die Gleichgewichtskonstanten von Reaktionen aufstellt
Die Multiplikation von Ausdrücken für die Gleichgewichtskonstanten
10-3 Das Le Chateliersche Prinzip
Volumenänderungen
10-4 Änderungen der Gleichgewichtskonstanten
Wärmeinhalt und Standardzustände
Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten
Der Energieerhaltungssatz
10-5 Warum sind Reaktionen reversibel?
Entropie
Freie Enthalpie
10-6 Gleichgewichtskonstanten und Änderungen der freien Enthalpie
10-7 Zusammenfassung
10-8 Nachwort: Phasengleichgewichte und Wachstumshormone
11 Chemische Reaktionen
11-1 Chemische Gleichungen, die Grundlage für eine Klassifizierung
11-2 Substitutionsreaktionen
Reaktionen, an denen Ionen beteiligt sind
Säure-Base-Reaktionen; Protonentransfer
11-3 Additionsreaktionen
11-4 Eliminationsreaktionen
11-5 Isomerisationsreaktionen
11-6 Oxidations-Reduktionsreaktionen
Oxidationszahlen
Das Aufstellen von Redoxgleichungen
11-7 Zusammenfassung
11-8 Nachwort: Chemische Steuerung?
12 Protonensäuren und-basen
12-1 Konjugierte Säuren und Basen
12-2 Starke und schwache Säuren
12-3 Basen
12-4 Die pH-Skala
12-5 Puffer
12-6 Hydrolyse
12-7 Nichtwäßrige Lösungsmittel
12-8 Thermodynamik von Säure-Base-Reaktionen
12-9 Struktur und Acidität
12-10 Zusammenfassung
12-11 Nachwort: pH und gelbe Blätter
13 Raten und Mechanismen von chemischen Reaktionen
13-1 Schnelle und langsame Reaktionen
13-2 Die Kinetik chemischer Reaktionen
Terminologie
Reaktionen in der Gasphase
Reaktionen in nichthomogenen Mischungen
13-3 Reaktionsmechanismen
Der Zusammenhang zwischen Kinetik und Mechanismus
13-4 Theorie der elementaren Reaktionsraten
Unimolekulare Reaktionen
Bimolekulare Reaktionen
13-5 Katalyse
Eine Analogie
13-6 Der Zusammenhang zwischen Struktur und Reaktivität
Unterschiedliche Raten für Reaktionen mit demselben Mechanismus
Unterschiedliche Mechanismen für ähnliche Reaktionen
13-7 Reaktionsraten und chemisches Gleichgewicht
13-8 Zusammenfassung
13-9 Nachwort: Ein Problem der chemischen Dynamik
14 Strukturen und Reaktionen von Verbindungen des Kohlenstoffs und Siliciums
14-1 Klassen von Verbindungen
Kohlenwasserstoffe
Kohlenwasserstoffderivate
14-2 Nomenklatur
14-3 Reaktionen gesättigter Kohlenwasserstoffe
14-4 Reaktionen ungesättigter Kohlenwasserstoffe
14-5 Liganden-Substitutionsreaktionen
14-6 Addition und Substitution an Carbonylgruppen
14-7 Amide
14-8 Siliciumverbindungen
14-9 Zusammenfassung
14-10 Nachwort: Chemie und der Drogenmißbrauch
Anhang 1 Eine Auswahl von Gleichungen, die wichtige physikalische und chemische Zusammenhänge ausdrücken
Anhang 2 Nützliche physikalische Konstanten und Umwandlungsfaktoren
Anhang 3 Mathematische Hilfsmittel
Anhang 4 Logarithmentafel
Anhang 5 Sammlung der neuen Begriffe
Anhang 6 Molalität, Massenprozent, Molenbruch und Normalität
Anhang 7 Lösungen ausgewählter Aufgaben
Sachregister
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Modellvorstellungen in der Chemie: Eine Einführung in die Allgemeine Chemie [2. Aufl. Reprint 2011]
 9783110847987, 9783110081428

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Modellvorstellungen in der Chemie

Eine Einführung in die Allgemeine Chemie übersetzt und bearbeitet von Hans-Werner Sichting 2. Auflage

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Walterde Gruyter · Berlin New York 1979

Titel der Originalausgabe Models in Chemical Science - an introduction to general chemistry W.A.Benjamin, Inc., Menlo Park, California Copyright © 1971 by W. A. Benjamin, Inc. Autoren der Originalausgabe George S.Hammond, California Institute of Technology Janet Osteryoung, Colorado State University Thomas H.Crawford, University of Louisville Harry B. Gray, California Institute of Technology Übersetzung und Bearbeitung der deutschsprachigen Ausgabe Dr.-Ing. Hans-Werner Sichting, Technische Universität Berlin

Dieses Buch enthält zahlreiche Abbildungen und Tabellen.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek ModeUvorstellungen in der Chemie : e. Einf. in d. allg. Chemie / Hammond... Übers, α bearb. von Hans-Werner Sichting. - 2. Aufl. - Berlin, New York : de Gruyter, 1979. t Einheitssacht.: Models in chemical science c Φ Jä

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v0 ist, wird Licht mit einer Wellenlänge von 300 nm aus Kalium Photoelektronen auslösen. Wieviel Überschußenergie wird dabei übrigbleiben und als kinetische Energie der Elektronen erscheinen? Die Grenzenergie beträgt 3,59 χ 10" 19 J. Die Energie der einfallenden Photonen ergibt sich zu E — hv

= (6,63 χ 10_ 34 J s) χ (1,00 χ 1015 Hz) = 6,63 χ 10" 1 9 J Die Überschußenergie beträgt damit E — E b = 6,63 χ 10" 19 J - 3,59 χ 10"19 J = 3,04 χ 10"19 J Diese Energie erscheint als kinetische Energie eines jeden Photoelektrons. Zu der Zeit, als Einstein den photoelektrischen Effekt erklärte, lag die größte Bedeutung dieser Theorie darin, daß sie die Quantentheorie der Energie bestätigte. Einsteins Theorie besagt, daß Energie in diskreten Einheiten auftritt, die Quanten genannt werden. Wenn die Energie in einem Lichtstrahl nicht in solchen kleinen Portionen übertragen würde, würde die Grenzfrequenz der Photoionisation nicht existieren. Unser Interesse an diesem Phänomen beruht heute zum größten Teil darauf, daß wir daraus Informationen über die Art der Bindung von Elektronen an einem Atom erhalten können. Die Quantentheorie des Lichts sagt, daß Licht einer bestimmten Wellenlänge aus Photonen besteht, die alle dieselbe Energie besitzen. Wenn wir diese Hypothese akzeptieren, sagt uns der photoelektrische Effekt, daß Elektronen mit bestimmten, eindeutigen Bindungsenergien an Atome gebunden sind. Dieses wiederum läßt vermuten, daß auch die Energie der Elektronen im Atom quantisiert ist.

114

4-11

4 Die Bestandteile der Materie

Emissionsspektren

Es gibt viele Methoden, hochenergetische oder angeregte Atome zu erzeugen. Angeregte Atome kommen in Flammen vor und entstehen, wenn ein elektrischer Funke ein Gas durchschlägt. Diese energiereichen Atome können dadurch Energie abgeben, daß sie Licht aussenden. Das Licht, das wir bei einer Flamme oder einem Blitz sehen, wird von angeregten Atomen, Molekülen oder Ionen emittiert. Anstatt ein kontinuierliches Spektrum zu zeigen (d. h. aus Licht aller möglichen Wellenlängen zu bestehen), weist das von angeregten Atomen ausgestrahlte Licht scharfe Linien im Spektrum auf, die bestimmten Frequenzen entsprechen. Das emittierte Licht kann mit Hilfe eines Spektroskops (Abbildung 4-13) untersucht Lichtquelle-,

Abbildung 4-13 Ein Prismenspektroskop für die Zerlegung von Licht.

werden, einem Instrument, das ein Prisma enthält, das die Komponenten eines Lichtstrahls nach ihren Frequenzen zerlegt. Die Abbildung 4-14 zeigt einen Teil des Spektrums des Lichts, das von angeregten Wasserstoffatomen ausgestrahlt wird, wenn ein Funke gasförmigen Wasserstoff in einer Wasserstoff-Entladungsröhre durchschlägt. Das Licht, das von den angeregten Atomen eines jeden Elements emittiert wird, besteht aus einer für jedes Element charakteristischen Reihe von Linien verschiedener Wellenlängen. Diese Linien können zur Identifizierung der Elemente benutzt werden. Eine besonders auffallende Eigenart dieser sogenannten Emissionsspektren ist die, daß es irgendwelche Beziehungen zwischen den Wellenlängen vieler der auftretenden Linien zu geben scheint. So scheinen ζ. B. die Linien im Infrarotbereich zu einer Gruppe zu gehören, und auch die Sätze von Linien im sichtbaren und ultravioletten Bereich scheinen auf ähnliche Weise zusammenzugehören. Die mathematischen Beziehungen, die diese Sätze von Linien, die sogenannten Serien, beschreiben, ließen sich nicht so leicht entdecken, aber 1884 hatte John Balmer bei seiner Arbeit mit den Emissionslinien im sichtbaren Bereich des Wasserstoffspektrums Erfolg. Später formulierte Johannes Rydberg die folgende, umfassendere Beziehung, mit deren Hilfe es möglich ist, die Wellenlänge einer beliebigen Linie im

115

Emissionsspektren 5000 1000

- Infrarot

500

- Sichtbar

250

εe

150

- Ultraviolett

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Abbildung 4-14 Spektrallinien des von angeregten Wasserstoffatomen emittierten Lichts.

gesamten Emissionsspektrum des Wasserstoffs zu berechnen (4-7) R ist die sogenannte Rydbergkonstante, die einen Wert von 1,09678 χ 107 πΓ 1 besitzt, und und n2 sind ganze Zahlen, die davon abhängig sind, welche Linie (Wellenlänge) im Spektrum Sie berechnen wollen. Die erste Linie im ultravioletten Bereich kann ζ. B. mit nx = 1 und n2 = 2 berechnet werden; die zweite Linie in diesem Bereich mit ηί = 1 und n2 = 3 usw. Die Linien im sichtbaren Bereich (die sogenannte Balmer-Serie) können mit ny = 2 und n2 = 3, 4, ... für so viele Linien berechnet werden, wie Sie berechnen möchten. Die Beobachtungen, daß die Emissionslinien definierte Lagen besitzen, die untereinander in mathematischen Zusammenhang stehen, und daß Licht einer bestimmten Wellenlänge (Frequenz) eine definierte Photonenenergie darstellt, ebneten den Weg für ein neues Atommodell. Es sah ja so aus, als ob es auf irgendeine Weise diskrete Energiezustände im Atom geben würde. Es war diese Vermutung, die Niels Bohr zu seiner Entwicklung einer Quantentheorie des atomaren Aufbaus führte. Wir werden auf dieses Thema in Kapitel 5 noch zu sprechen kommen. Beispiel 4-7 Berechnen Sie die Wellenlänge der Linie im Emissionsspektrum des Wasserstoffs, die durch die Werte = 1 und n2 = 2 bestimmt ist. Lösung Die Rydberg-Gleichung ergibt nach Einsetzen der Werte für R, ηγ und n2

116

4 Die Bestandteile der Materie = (1,097 x 107 m _ 1 ) χ (1 - i ) = (1,097 χ i O ' m - ^ x 0,75 = 8,228 χ ΙΟ 6 !!!" 1 8,228 χ 106 m " 1 = 1,215 χ 1 0 - 7 m = 121,5 nm

4—12 Zusammenfassung 1. Atome setzen sich aus noch kleineren Bestandteilen zusammen. 2. Für die meisten Zwecke der Chemie kann ein Atom als ein Teilchen angesehen werden, das aus einem positiv geladenen Kern und einer Anzahl von Elektronen besteht, deren Gesamtladung der Kernladung dem Betrag nach gleich ist. 3. Die Ordnungszahl eines Elements ist gleich der Zahl von positiven Elementarladungen im Kern eines Atoms dieses Elements und definiert die Stellung des Elements im Periodensystem. 4. Isotope eines Elements besitzen dieselbe Ordnungszahl, aber unterschiedliche relative Atommassen. 5. Licht besteht aus Photonen. Jedes Photon besitzt eine klar definierte Energie, die von der Frequenz (oder Wellenlänge) des Lichts abhängt. 6. ß-Teilchen sind Elektronen. 7. α-Teilchen sind Heliumkerne oder -ionen, die eine positive Ladung von zwei Elementarladungen und eine Masse von 4 atomaren Masseneinheiten besitzen. 8. Röntgenstrahlen und y-Strahlen sind Photonen hoher Energie.

4—13 Nachwort: Gesunder und ungesunder Menschenverstand Den Naturwissenschaften wird gelegentlich vorgeworfen, daß sie die Dinge nur komplizierter oder unvernünftigerweise anders machen, als es der gesunde Menschenverstand gebietet. Diese Ansicht scheint uns der Gipfel des Unsinns zu sein; denn weder Naturwissenschaft noch gesunder Menschenverstand machen irgendetwas; sie sind beide nur lose strukturierte Systeme, die auf unserer Erfahrung aufbauen und uns beim Nachdenken über Dinge helfen sollen. Diese Gedankensysteme mögen widersprüchlich erscheinen, aber das liegt nur daran, daß die in beiden Systemen verwendeten Modelle eben Modelle und nicht die absolute Wirklichkeit sind. Die Modelle des gesunden Menschenverstands versagen nur mit großer Wahrscheinlichkeit, wenn ein Naturwissenschaftler oder auch irgendein anderer ein ungewöhnliches Experiment sorgfältig durchführt. Der gesunde Menschenverstand sagte Rutherford, Geiger und Marsden, was sie zu

Nachwort: Gesunder und ungesunder Menschenverstand

117

erwarten hatten, als sie α-Teilchen auf eine Goldfolie schössen. Ihre Erwartungen beruhten auf der Tatsache, daß die vorangehende Untersuchung der Goldfolie visuell, d.h. durch „Augenschein", erfolgte, und eine visuelle Beobachtung hängt nun einmal von der Verwendung von Licht ab, das Wellenlängen im sichtbaren Bereich besitzt. α-Teilchen besitzen jedoch wesentlich kürzere Wellenlängen, und so werden auch wesentlich andere Dinge „gesehen", wenn sie zur Anwendung kommen (siehe Nachwort zu Kapitel 7). Dieses ungewöhnliche Experiment erforderte die Abänderung eines Modells, das bislang völlig mit der experimentellen Alltagserfahrung im Einklang stand. Wurden Rutherford und die anderen vom „ungesunden" Menschenverstand geleitet? Sind Elektronen geheimnisvoll? Tatsächlich werden viele allgemein bekannte Phänomene weitaus besser mit Hilfe der Elektronen als durch ältere Modelle erklärt, die auf der Erfahrung aufbauten. Wir nehmen heute an, daß der Durchgang eines elektrischen Stroms durch einen Kupferdraht auf dem Fluß von Elektronen beruht. In Metallen sind einige der Elektronen nur sehr lose an die Atome gebunden und benötigen nur eine sehr geringe Energie, um in angeregte Zustände überführt zu werden, in denen sie sich frei durch das Gitter der Metallatome bewegen können. In anderen Stoffen, die Halbleiter genannt werden, muß eine kleine „Schwellen"-Spannung angelegt werden, bevor Elektronen zu fließen beginnen und die Substanz Elektrizität leitet. Silicium und Germanium sind Halbleiter, wenn sie extrem rein dargestellt werden. In anderen Stoffen, die Isolatoren genannt werden, kann keine noch so hohe Spannung einen Strom zum Fließen bringen. Diese Beschreibung ist eine äußerst vereinfachte Version einer weitaus komplizierteren Theorie der Elektronenleitung in Festkörpern. Ist sie nun zu kompliziert? Nein, denn sie führt zu Voraussagen, die bestätigt werden können, und zu brauchbaren Ergebnissen. Nach dieser Theorie wurden zunächst die Vakuumelektronenröhren und dann die Transistoren entwickelt, die die ersteren heute in Radios, Fernsehern und anderen elektronischen Geräten ersetzen. Wir können fast „sehen", wie die Elektronen von einer negativ geladenen Elektrode zur positiv geladenen durch den Raum springen, wenn die Elektroden einander ausreichend nahe sind und die elektrische Potentialdifferenz groß genug ist. Wenn die Drähte von den Klemmen eines Akkumulators einander dicht genug nahekommen, springt ein Funke von der negativen Leitung zur positiven über. Eine größere Ausgabe des elektrischen Funkens ist der Blitz. Bis vor kurzem sagten wir einfach, daß ein Blitz auftritt, wenn sich in einer Wolke ein ungewöhnlich hoher Überschuß von Elektronen aufgebaut hat, der durch einen riesigen Funken entladen wird, der von der Wolke zur Erde durchschlägt. Der Donner ergibt sich dann aus dem Einströmen der Luft in den Entladungskanal des Blitzes. Die Hochgeschwindigkeitsphotographie erzählt uns heute eine etwas kompliziertere Geschichte und erlaubt uns, eine etwas detaillierteres und interessanteres Modell zu formulieren: Die Blitzentladung beginnt schrittweise. Ein Strom von Elektronen stößt aus der Wolke mit einem Sechstel der Lichtgeschwindigkeit ungefähr 50 m nach unten vor, hält für annähernd 50 Mikrosekunden (50 χ 10" 6 s) inne und macht einen weiteren

118

4 Die Bestandteile der Materie

50 m-Schritt, der nicht notwendigerweise die gleiche Richtung haben muß. Diese „Stufenführer" zeigen sich nur als ein kleiner, heller Fleck auf der Photographie und sind nicht der blendende Blitz, den wir mit einer Blitzentladung in Verbindung bringen. Die vorangehenden Elektronen ionisieren die Moleküle der sie umgebenden Atmosphäre und machen sie damit zum Ionenleiter. Sobald der Stufenführer den Boden erreicht, haben wir einen leitenden Kanal von geladenen Teilchen zwischen der Wolke und der Erde. Zu diesem Zeitpunkt beginnen die Überschußelektronen in der Wolke zur Erde abzufließen. Der Blitz entsteht durch das Licht, das die angeregten positiven Ionen entlang des Kanals ausstrahlen. Die bei der Entladung erzeugte Wärme dehnt die Luft plötzlich aus und erzeugt den Donnerschlag. Auf den Photographien beginnt ein sogenannter „Gegenschlag" am Boden und bahnt sich nach und nach seinen Weg nach oben zur Wolke hin. Der dunkle Stufenführer fällt von der Wolke zur Erde, der Blitz aber steigt von der Erde zur Wolke empor. Nach einigen Hundertsteln einer Sekunde kann ein neuer, dunkler Stufenführer entlang des alten Weges nach unten emittiert werden, der noch mit Ionenbruchstücken übersät ist, und ein neuer Blitz kann von der Erde emporsteigen. Dieses kann einmal, zweimal oder ein dutzendmal oder gelegentlich noch häufiger geschehen, alles während eines „blitzschnellen" Blitzes. Die Wärme- und Lichteinstrahlung von der Sonne ist nicht nur ein Teil der Alltagserfahrung aller Lebewesen auf unserem Planeten, sondern auch die Quelle der Primärenergie für die Erhaltung des Lebens selbst. Modelle für die Sonne sind so alt wie unsere überlieferte Geschichte, und sie ändern sich ständig. Unsere gegenwärtige Beschreibung der Sonne hängt in hohem Maße von Experimenten mit Elektronen, Ionen und Gasmolekülen ab, die wir hier auf der Erde durchführen. Der größte Teil unserer Kenntnisse von der Sonne beruht auf den Untersuchungen des Lichtes, das sie aussendet. Nahezu alles Licht stammt von angeregten Wasserstoffatomen und He 2+ -Ionen. Strahlung von Ionen anderer Elemente ist zu erkennen, aber sie ist nur als geringfügige „Verunreinigung" vorhanden. Wir wissen auch, daß bei der Temperatur der Sonne (die sich von ungefähr 6000 Κ an der Oberfläche bis auf mehrere Millionen Kelvin in ihrem Inneren erstreckt) Wasserstoff und Helium fast vollständig ionisiert sein werden. Wir haben somit ein Bild von der Sonne als ein Gas aus H + (83%) und He 2+ (17%), Elektronen und geringen Mengen anderer Materie. Das Sonnenfeuer brennt, indem es Energie aus der Fusion (Verschmelzung) von Wasserstoffkernen zu Heliumkernen erzeugt. Wir kennen die Masse der Sonne aus dem Gravitationsgesetz und ihre Größe durch direkte Beobachtung. Dies erlaubt uns, ihre durchschnittliche Dichte (1,6 g cm - 3 ) zu berechnen. Wenn die Sonne ein Gas ist, sollte ihre Dichte sich auf dieselbe Weise ändern wie die der Erdatmosphäre. Wenn wir diese Berechnung einmal durchführen, kommen wir zu dem Schluß, daß im Mittelpunkt der Sonne die Dichte annähernd 100 g c m - 3 betragen muß. Wie können wir dann aber sagen, daß ein Stoff ein Gas ist, wenn seine Dichte höher ist als die irgendeines uns bekannten festen Stoffes auf der Erdoberfläche? Wieder einmal hilft uns Rutherfords Experiment weiter. Wir wissen ja seitdem, daß jeder feste Stoff zum größten Teil aus leerem Raum besteht. Wenn den Kernen und Elektronen in einer Goldfolie so

Neue Begriffe

119

enorm große Energien zugeführt würden, wie sie einer Temperatur von ΙΟ6 Κ entsprächen, dann würden sie sich auch frei wie Moleküle in einem Gas bewegen, selbst wenn sie durch Gravitationskräfte noch weiter zusammengedrängt werden. Stellen Sie sich einmal vor, welche Modelle Sie sich vom Aufbau der Erdmaterie machen würden, wenn ihre einzigen Erfahrungen vom Aufbau von Materie aus Beobachtungen des Sonneninneren stammen. Festkörper, Flüssigkeiten und Moleküle würden Ihnen als absolut abwegig und lächerlich weit von jeder Realität entfernt vorkommen. Die Beschreibung eines Menschen würde sicherlich das Vorstellungsvermögen einer sonnenbewohnenden Intelligenz arg strapazieren (was jedoch auch umgekehrt gilt, trotz aller Science-Fiction Literatur).

Neue Begriffe Alphastrahlen: Ausstrahlung von radioaktiven Stoffen. Die Strahlung besteht aus α-Teilchen, die Heliumkerne, He 2 + , sind. Jedes α-Teilchen besitzt eine Ladung von + 2e und setzt sich aus zwei Protonen und zwei Neutronen zusammen. Ampere: Basiseinheit für den elektrischen Strom im SI-System. Ein Maß für die Rate des Ladungsflusses. Ein Ampere ist gleich einem Ladungsfluß von einem Coulomb pro Sekunde: 1 A = 1 Cs" 1 . Anode: Die positiv geladene Elektrode in einer Elektrolysezelle oder einer Kathodenstrahlröhre ; die Elektrode, zu der die negativ geladenen Ionen (Anionen) wandern. Auch Elektronen wandern zur Anode. Betastrahlen: Ausstrahlung von radioaktiven Stoffen. Die Strahlung besteht aus ^-Teilchen (Elektronen); jedes dieser Teilchen besitzt eine Ladung von ~le. Coulomb: Die Einheit der elektrischen Ladung im SI-System. Sie entspricht dem Betrag nach der Ladung von 6,28 χ 1018 Elektronen. Elektrolyse: Die Zersetzung einer Substanz durch einen elektrischen Strom. Elektromagnetische Strahlung: Licht und alle anderen ähnlichen Strahlungsformen wie Röntgenstrahlen, y-Strahlen, ultraviolettes, sichtbares und infrarotes Licht, Radiowellen und Mikrowellen. Elektron: Ein Elementarteilchen, das beim Aufbau der Atome zusammen mit Protonen und Neutronen von Bedeutung ist. Das Elektron trägt eine negative Elementarladung und besitzt eine Masse von 1/1835 einer Protonenmasse. Ein ßTeilchen. Elektronenvolt: Die atomphysikalische Energieeinheit im SI-System: 1 eV = 1,602 χ 10"19 J. Die Energie, die ein einfach geladenes Teilchen (mit einer Elementarladung) beim Durchlaufen einer elektrischen Potentialdifferenz von einem Volt gewinnt. Elementarladung: Der Absolutwert der Ladung eines Elektrons oder Protons: e = 1,602 χ ΙΟ"19 C. Erg: Veraltete Energieeinheit des CGS-Systems : 1 erg = 1 g cm2 s~2 = 10"7 J. Ein erg ist die kinetische Energie einer Masse von 1 g, die sich mit einer Geschwindigkeit von 1 cm s - 1 bewegt. Faraday: Die Ladungsmenge, die dazu erforderlich ist, eine Grammäquivalent-

120

4 Die Bestandteile der Materie

masse einer Substanz zu elektrolysieren: 96500 C. Die Gesamtladung eines Mols von Elektronen. Frequenz: Die Zahl von vollständigen Wellen, die einen bestimmten Punkt in der Zeiteinheit (pro Sekunde) passieren. Gammastrahlen: Elektromagnetische Strahlung sehr hoher Energie, die von radioaktiven Stoffen ausgestrahlt wird. Grammäquivalent(masse): Die Menge einer Substanz, die mit einem Grammatom Wasserstoff reagiert oder die von einer Ladung von 1 Faraday elektrolysiert wird. Hertz: Die Einheit der Frequenz im SI-System: 1 Hz = 1 s _ 1 . Ion: Ein elektrisch geladenes Atom oder Molekül. Isotope: Formen desselben Elements (derselben Ordnungszahl), die chemisch im wesentlichen miteinander identisch sind, aber unterschiedliche relative Atommassen besitzen. Dieser Unterschied beruht auf unterschiedlichen Neutronenzahlen im Kern. Kalorie: Veraltete Energieeinheit: 1 cal = 4,1868 J. Die Energie, die dazu erforderlich ist, die Temperatur von 1 g Wasser von 14,5 °C auf 15,5 °C zu erhöhen. Kanalstrahlen: Der Strom von positiv geladenen Teilchen (Restgasionen), der sich im Inneren einer Kathodenstrahlröhre auf die Kathode zu bewegt. Kathode: Die negativ geladene Elektrode in einer Elektrolysezelle oder Kathodenstrahlröhre; die Elektrode, zu der positiv geladene Ionen (Kationen) wandern. Elektronen gehen von der Kathode aus. Kathodenstrahlen: Der Strom von negativ geladenen Teilchen, der sich im Inneren einer Kathodenstrahlröhre auf die Anode zu bewegt; der Strahl setzt sich aus Elektronen zusammen. Kern: Der kleine, sehr dichte Bestandteil von Atomen, der sich aus Protonen und Neutronen zusammensetzt. Masse-Energie-Äquivalenzprinzip: Die berühmte Gleichung von Einstein: Ε = mc2, die die Gleichwertigkeit von Masse und Energie beschreibt. Massenzahl: Die Summe der Anzahl von Protonen und Neutronen im Kern eines Isotops eines Elements. Wird oben links beim Symbol des Elements angegeben: 12 C, 2 3 5 U. Neutron: Ein Kernteilchen, das eine Masse von 1,0087 u (atomare Masseneinheiten) besitzt (ungefähr dasselbe wie die Masse eines Protons) und elektrisch neutral ist. Nukleon: Kernteilchen; Proton oder Neutron. Ordnungszahl: Die Zahl, nach der die Elemente ins Periodensystem eingeordnet werden. Sie ist gleich der Anzahl von Protonen im Kern eines Atoms eines Elements und gleich der Anzahl von Elektronen im neutralen Atom. Photoelektrischer Effekt: Die Emission von Elektronen aus der Oberfläche eines Metalls, die durch Einstrahlung eines Lichtstrahls ausgelöst werden, dessen Frequenz einen für das Metall charakteristischen Grenzwert überschreiten muß. Photon: Die Einheit oder das Quant der elektromagnetischen Strahlung, in dem eine Energie vom Betrag des Produktes aus Frequenz und Planckschem Wirkungsquantum (hv) enthalten ist.

Fragen und Aufgaben

121

Plancksches Wirkungsquantum: Eine der physikalischen Fundamentalkonstanten, die die Energie eines Photons der elektromagnetischen Strahlung mit ihrer Frequenz verknüpft; ihr Wert beträgt h = 6,626 χ 10" 34 J s. Proton: Ein Kernteilchen, das eine Masse von 1,0073 u besitzt (ungefähr dasselbe wie die Neutronenmasse) und eine einfache positive Elementarladung trägt. Quantentheorie: Energie tritt in diskreten Portionen auf, die wir als Quanten bezeichnen. Radioaktivität: Der spontane Zerfall von Atomkernen, der von einer Emission von α-, β- oder y-Strahlen begleitet wird. Relative Atommasse: Die relative Masse eines Atoms eines Elements bezogen auf den zwölften Teil der Masse eines Atoms von 12 C, dem eine Masse von genau 12 u zugeschrieben wird. Röntgenstrahlen: Hochenergetische elektromagnetische Strahlung, die von den Elementen ausgestrahlt wird, wenn sie mit energiereichen Elektronen bombardiert werden. Die Röntgenfrequenz ist für die Ordnungszahl des Elements charakteristisch. Rydbergkonstante: Die Proportionalitätskonstante R, die den Zusammenhang zwischen den Linienserien im Emissionsspektrum des atomaren Wasserstoffs in der Gleichung l/λ = RH{\jn\ - 1 jn22) herstellt. Der Wert von RH beträgt 1,09678 χ 107 m - 1 . Spektroskop: Ein Gerät, mit dessen Hilfe Licht (elektromagnetische Strahlung) in seine verschiedenen Komponenten (Wellenlängen) zerlegt wird. Strom: Das Fließen von elektrischer Ladung oder Elektronen; wird in Ampere (A) gemessen. Wellenlänge: Der Abstand zwischen zwei benachbarten, äquivalenten Punkten auf einer Welle. Wellenzahl: Der Kehrwert der Wellenlänge. Die Wellenzahl, v = Γ" 1 , ist der Frequenz ν proportional und wird häufig zur Beschreibung von Welleneigenschaften verwendet. Fragen und

Aufgaben

1. Was sind α-, β- und y-Strahlen ? Welche dieser Strahlungsarten setzen sich aus Teilchen zusammen? Welche sind Wellen? Warum ist diese Fragestellung unfair? 2. Wodurch unterscheiden sich Thomsons und Rutherfords Atommodelle voneinander, und wie kann dieser Unterschied mit Hilfe der Streuung von aStrahlen gezeigt werden? 3. Auf welche Weise trug Faradays Arbeit auf dem Gebiet der Elektrochemie etwas zur Entdeckung des Aufbaus von Atomen bei? 4. Ein Elektronenfluß von einem Coulomb pro Sekunde entspricht einem Strom von einem Ampere. Wie viele Mole von metallischem Aluminium können beim Durchgang eines Stroms von 1,00 Α während einer Zeit von 5 Stunden und 30 Minuten aus einer A1C13-Schmelze abgeschieden werden?

122

4 Die Bestandteile der Materie

5 Wie viele Faraday und Coulomb sind erforderlich, um 0,782 g Cu 2+ zu metallischem Kupfer zu reduzieren? 6 Häufig wird die durch einen Stromkreis hindurchgegangene Ladungsmenge dadurch gemessen, daß die Masse von festem Silber bestimmt wird, das durch Elektrolyse einer Ag + -Lösung abgeschieden wurde. Wenn eine dazu verwendete Kathode eine Massenzunahme von 0,197 g aufweist, sind wie viele Coulomb durch die Elektrolysezelle hindurchgegangen? 7 Welches Beweismaterial gibt es für die Behauptung, daß eine Ladungsmenge von einem Faraday 6,023 χ 1023 Elektronenladungen enthält? 8 , Angenommen, daß eine Reihe von elektrochemischen Zellen hintereinander aufgebaut wird, von denen jede ein anderes Element abscheidet, wenn durch sie ein Strom hindurchgeht. Wie viele Gramm von jeder der folgenden Substanzen werden in den jeweiligen Zellen abgeschieden, wenn ein Strom von 1,5 Α eine Stunde lang durch jede Zelle geschickt wird: Sauerstoff, Kalium, Aluminium und Brom? (Hinweis: Siehe Tabelle 4-1.) 9 Berechnen Sie die Ladung in Coulomb, die dazu nötig ist, ein Wasserstoffion (H + ) in ein Wasserstoffatom umzuwandeln. Erinnern Sie sich daran, daß zur Umwandlung eines Grammatoms von Wasserstoffatomen in H + -Ionen 96 500 C erforderlich sind. 10 Nehmen Sie einmal an, daß die mit der Umwandlung eines H + -Ions in ein IiAtom verknüpfte Ladung aus Aufgabe 4-9 die Ladung eines Elektrons ist. Berechnen Sie damit die Masse eines Elektrons aus dem von Thomson bestimmten Ladung/Masse-Verhältnis, ejm = 1,76 χ 108 C g - 1 . 11. Ein bestimmtes Stück Natrium wiegt 10,0 g. Wie viele Elektronen, Protonen und Neutronen sind in dieser Probe enthalten? Wie groß ist die Gesamtmasse der Elektronen? Wenn alle Elektronen aus der Probe entfernt würden, blieben wie viele Gramm Materie übrig? 1 2 . Geben Sie an, wodurch sich die folgenden Isotope hinsichtlich der Anzahl von Protonen, Neutronen und Elektronen in jedem Atom unterscheiden: Kohlens t o f f - 12 und - 1 3 ; Sauerstoff-16, - 1 7 und - 1 8 ; Chlor - 35 und - 3 7 . 13. Welche der folgenden Größen ist der Energie der elektromagnetischen Strahlung proportional: Geschwindigkeit, Wellenzahl oder Wellenlänge? 14. Warum wird in der Spektroskopie die Wellenzahl der Frequenz vorgezogen, wenn eine der Energie proportionale Größe gewünscht wird und wenn normalerweise in der Spektroskopie Wellenlängen gemessen werden ? 15. Wie würde die Farbe einer Lösung aussehen, die grünes Licht absorbiert? 16. Berechnen Sie die Gesamtenergie eines Mols von Heliumionen (α-Teilchen), die eine Geschwindigkeit von 8,4 χ 10 6 m s - 1 besitzen. 17. Wenn ein Photon auf ein Elektron in der Oberfläche eines Metalls trifft, kann es das Elektron zum Austritt aus der Metalloberfläche veranlassen. Welche Größen bestimmen, ob ein Photon diesen Effekt auslösen kann? Wo bleibt die Gesamtenergie des Photons? 18, Wie groß ist die Wellenlänge λ einer Strahlung, deren Frequenz ν gleich 5,0 χ 1014 Hz ist? Welche Farbe besitzt dieses Licht?

Fragen und Aufgaben

123

19. Die Wellenlänge von blaugrünem Licht beträgt 460 nm. Wie groß ist die Frequenz dieses Lichts? 20. Typische Röntgenwellenlängen liegen im Bereich von 0,1-1,0 nm. Berechnen Sie die Energie von Photonen mit einer Wellenlänge von 0,2 nm. Berechnen Sie die molare Energie solcher 0,2 nm-Photonen in kJ m o l - 1 , und vergleichen Sie diesen Wert mit der molaren Bindungsenergie einer Kohlenstoff-KohlenstoffEinfachbindung von 348 kJ m o l - 1 . Würden Sie erwarten, daß Röntgenstrahlen chemische Reaktionen hervorrufen können? 21. Berechnen Sie die Energie von Photonen der 1000-Kilohertz-Radiowellen in Joule/Photon und kJ mol" 1 . (Ein Kilohertz = 1 kHz ist eine Frequenz von 103 Hz = 103 s - 1 . ) Wie groß ist die Wellenlänge solcher Photonen? Wie sieht ihre Energie im Vergleich zur Energie einer Kohlenstoff—Kohlenstoff-Einfachbindung aus? Würden Sie erwarten, daß Radio wellen chemische Reaktionen hervorrufen können? 22. Wenn ein Photon auf eine Metalloberfläche auftrifft, ist eine bestimmte Minimalenergie erforderlich, um ein Elektron aus dem Metall auszulösen. Diese Minimalenergie wird auch als Schwellen- oder Grenzenergie oder auch als Austrittsarbeit bezeichnet und ist für jedes Metall charakteristisch. Jede Überschußenergie des ursprünglichen Photons, die über diese Minimalenergie hinausgeht, wird in kinetische Energie des ausgelösten Elektrons umgewandelt. Die Grenzwellenlänge für die photoelektrische Emission von Elektronen aus Li beträgt 520 nm. Berechnen Sie die Geschwindigkeit von Elektronen, die durch Licht mit einer Wellenlänge von 360 nm ausgelöst wurden. 23. Berechnen Sie den Energieunterschied zwischen den beiden Linien im Emissionsspektrum des Wasserstoffs, die Wellenlängen von 486,1 nm bzw. 434,0 nm besitzen. 24. Berechnen Sie die Energie zweier Linien, die im Emissionsspektrum des Wasserstoffs im sichtbaren Spektralbereich auftreten. Die sichtbare Serie oder Balmer-Serie des Wasserstoffspektrums wird nach der Rydberg-Gleichung mit = 2 und «2 — 3 , 4 , . . . , « berechnet.

5

Die Elektronenstruktur der Atome

In Kapitel 4 stellten wir Ihnen das Beweismaterial vor, das zeigte, daß Atome aus dichten, positiv geladenen Kernen und genug Elektronen bestehen, um die Atome elektrisch neutral zu machen. Dieses Kapitel geht nun auf die Art und Weise ein, wie sich Elektronen um den Kern herum anordnen, und berichtet kurz über die ersten Versuche, den Aufbau der Atome mit Hilfe eines Modells zu erklären, das auf einer Analogie zum Sonnensystem beruhte. Dieses klassisch-mechanische Modell wurde von der Beschreibung der Atome mit Hilfe der modernen Quantentheorie oder Wellenmechanik verdrängt. Wir werden zeigen, daß die Quantentheorie zu einem Bild von den Atomen führt, das einige der Eigenschaften von Atomen sehr gut erklärt. Das wichtigste Ergebnis dieser Theorie ist jedoch, daß sie die Grundlage für das Verstehen der Existenz von Familien oder Gruppen von einander chemisch ähnlichen Elementen liefert. Die Methoden der Quantenmechanik erfordern recht weit fortgeschrittene Kenntnisse der höheren Mathematik, deren Darstellung den Rahmen dieses Buches bei weitem übersteigen würde. Infolgedessen werden wir einfach einige Regeln aufstellen, die aus der mathematischen Analyse abgeleitet werden können, da diese Regeln ihrerseits ohne Schwierigkeiten dazu verwendet werden können, eine systematische Methode der Beschreibung des Verhaltens von Elektronen in Atomen zu entwickeln. Die Kapitel 4 und 5 könnten Sie wegen der außergewöhnlichen Unterschiede zwischen dem Verhalten von Körpern, die groß genug sind, daß wir sie erkennen und fühlen können, und dem Verhalten der winzigen, materiellen Teilchen, aus denen sich ein Atom aufbaut, leicht verwirren und ihr Vorstellungsvermögen zunächst etwas überfordern. Es ist dies jedoch einzig und allein eine Frage der Gewöhnung an neuartige Gedanken und Vorstellungen. Die hier dargestellten Gedanken und Modelle bilden eine unersetzliche Grundlage für das Verständnis vieler wichtiger Tatsachen über den Aufbau und das Reaktionsverhalten von Verbindungen. In gewissem Sinne legen diese beiden Kapitel das Fundament für den Rest des Buches.

5—1 Quantentheorie der Atome 1913 schlug Niels Bohr, ein dänischer Physiker, das Quantenmodell des Wasserstoffatoms vor. Er nahm an, daß der größte Teil der Energie eines angeregten Atoms mit der Bewegung des Elektrons um den Kern herum verknüpft ist, und stellte sich vor, daß die Elektronen sich auf Planetenbahnen bewegen, die denen

125

Quantentheorie der Atome

Abbildung 5-1 Das Bohrsche Modell des Wasserstoffatoms.

ähnlich sind, denen die Planeten auf ihrer Bahn um die Sonne herum folgen (Abbildung 5-1). Das erste Problem bei der Beschreibung der Bewegung des Elektrons im Bohrschen Modell für das Wasserstoffatom ist dem Problem der Beschreibung der Bewegung der Planeten im Sonnensystem ähnlich. Das Umlaufen eines kleinen Körpers auf einer Kreisbahn um einen größeren Körper erfordert ein Gleichgewicht der Kräfte: Die Zentrifugalkraft würde den kleineren Körper geradlinig von dem größeren Körper fortfliegen lassen, während ihr die Kräfte entgegenwirken, die zwischen den beiden Körpern anziehend wirken (Abbildung 5-2).

Richtung der Bahngeschwindigkeit

Richtung der Zentrifugalkraft

Abbildung 5 - 2 modell.

Darstellung der einander entgegenwirkenden Kräfte im Bohrschen Atom-

Jeder von uns ist mit der Zentrifugalkraft vertraut. Wenn Sie einen Ball an eine Schnur binden und ihn um sich herum kreisen lassen, wird die Zugkraft an der Schnur von der Zentrifugalkraft erzeugt. Wenn die Schnur reißt, fliegt der Ball geradlinig davon. In einem Sonnensystem stellt die Gravitation die Hauptanzie-

126

5 Die Elektronenstruktur der Atome

hungskraft zwischen der Sonne und ihren Planeten dar. In einem Wasserstoffatom besitzt die elektrostatische Anziehung zwischen dem positiven Kern und dem negativen Elektron die größte Bedeutung. Die Gravitationsanziehung zwischen dem Kern und dem Elektron ist vernachlässigbar klein, da ihre Massen sehr gering sind. Die einander entgegengesetzten, miteinander im Gleichgewicht stehenden Kräfte bei der Bewegung eines Elektrons auf einer Kreisbahn um ein Proton herum können mit Hilfe einfacher physikalischer Gesetze exakt formuliert werden. Die Beziehung lautet Zentrifugalkraft = Elektrostatische Anziehungskraft mev2

_

1

e2

wobei m e die Masse des Elektrons, ν seine Geschwindigkeit, r der Radius seiner Umlaufbahn, e die Elementarladung (d.h. -e für das Elektron und +e für das Proton) und 1/4 π % die Konstante aus dem Coulombschen Gesetz für die elektrostatische Anziehung oder Abstoßung zwischen zwei Ladungen bedeuten. Der Ausdruck auf der rechten Seite von Gleichung 5-1 stellt den üblichen Ausdruck für die Wechselwirkungskraft zwischen zwei elektrisch geladenen Teilchen dar, und der Ausdruck auf der linken Seite ist der mathematische Ausdruck für die Zentrifugalkraft. Derartige Kräfte sind nun stets Vektoren, d. h. sie besitzen sowohl eine Richtung als auch einen Betrag. Im vorliegenden Fall wirkt die Zentrifugalkraft in entgegengesetzter Richtung zur elektrostatischen Anziehungskraft zwischen den beiden Teilchen. Wenn die beiden einander entgegengesetzten Kräfte gleich groß sind, wie von Gleichung 5-1 verlangt wird, liegt ein Gleichgewicht vor, das es dem Elektron erlaubt, auf seiner Bahn zu bleiben. Bohr schlug vor, daß die verschiedenen Energiezustände des Wasserstoffatoms, die sich in den diskreten Linien seines atomaren Emissionsspektrums offenbaren (Abbildung 4-14), auf verschiedene Umlaufbahnen mit verschiedenen Energien des Elektrons zurückzuführen sind. Der niedrigste Energiezustand ist der, bei dem der Radius der Umlaufbahn am kleinsten und somit die Anziehungskraft zwischen dem Kern und dem Elektron am größten sind. Dem Atom muß Energie zugeführt werden, um das Elektron auf eine Umlaufbahn mit einem größeren Radius anzuheben, da zur Trennung von positiven und negativen Ladungen Arbeit erforderlich ist. Die Emission von Licht war dann mit dem Energieverlust verknüpft, der eintrat, wenn ein Elektron von einer Umlaufbahn auf eine andere mit kleinerem Radius „sprang". Das wirkliche Problem war jedoch die Erklärung des diskreten Emissionsspektrums. Die Gleichung (5-1) ergibt für einen beliebigen Wert von r einen bestimmten Wert für v, so daß alle möglichen Energieübergänge danach darstellbar wären. Warum gibt es dann nicht eine unbegrenzte Anzahl von Energiezuständen, die mit einer kontinuierlichen Änderung von r in Zusammenhang stehen? Bohr machte den ebenso einleuchtenden wie genialen Vorschlag, daß die Energie des Elektrons quantisiert sein muß, d. h. das Elektron kann nur bestimmte, genau vorgeschrie-

Quantentheorie der Atome

127

bene Energiebeträge aufnehmen oder abgeben. Mit dieser Einschränkung können wir erkennen, daß dem Elektron nur eine begrenzte Anzahl von stabilen Umlaufbahnen zur Verfügung stehen. Mit Hilfe der Quantenhypothese und der klassischen Gesetze der Physik entwickelte Bohr die folgende Formel zur Beschreibung der Quantenzustände des Wasserstoffatoms (5-2) wobei η eine ganze Zahl bedeutet, die Hauptquantenzahl genannt wird und die Werte von 1, 2, 3, ... annehmen kann; h ist das Plancksche Wirkungsquantum. Das negative Vorzeichen deutet einen stabileren (niedrigeren) Energiezustand an, bei dem sich das Elektron in größerer Nähe des Kerns befindet und mit ihm in Wechselwirkung treten kann. Wenn das Elektron völlig vom Kern entfernt ist, ist die Energie des Systems definitionsgemäß gleich Null. Die Gleichung (5-2) kann in eine einfachere Form umgeschrieben werden

Jede Größe in Gleichung (5-2) mit Ausnahme von η ist eine Konstante, und diese Konstanten wurden in Gleichung (5-3) zu der Größe R' zusammengefaßt. Die Gleichung (5-3) gibt die Gesamtenergie des Elektrons im Atom an, die seine potentielle und kinetische Energie umfaßt. Der Wert von Ε wird durch den Wert von η bestimmt. Wenn das Elektron in seinem niedrigsten Energiezustand Εj (auch Grundzustand genannt, bei dem η = 1 ist) Energie aus einer äußeren Quelle absorbiert, kann es ζ. B. auf den nächsthöheren Energiezustand (η = 2) übergehen, und das Atom besitzt die neue Energie E2. Der Energieunterschied /Inzwischen diesen beiden Zuständen ergibt sich dann zu ΔΕ = Ε2

~E (5-4)

Wenn wir ΔΕ mit Hilfe der Planckschen Gleichung für die Photonenenergie in Gleichung (5-4) substituieren c ΔΕ = hv = h — λ erhalten wir

(5-5)

5 Die Elektronenstruktur der Atome

128

und damit 1

R' { 1

1

λ

he l «χ

«2

(5-6)

Vergleichen Sie nun einmal diesen letzten Ausdruck mit der in Abschnitt 4-11 vorgestellten Rydberg-Gleichung (4-7). Das Verhältnis R'jhc kann berechnet werden, da alle in R' enthaltenen Größen und auch h und c bekannt sind. Dieser berechnete Wert von R'/hc stimmt sehr gut mit der experimentell bestimmten Rydbergkonstante überein. Diese Übereinstimmung zwischen Experiment und Theorie bedeutete einen großen Erfolg für das Bohrsche Atommodell. Die Werte von n, der Hauptquantenzahl, bestimmen die Energie des Atoms. Wenn wir η gleich eins setzen, können wir den Radius des Wasserstoffatoms in seinem Grundzustand berechnen, für den wir den Wert 0,0529 nm erhalten. Wenn η größer wird, erhöht sich die Energie des Systems (die Energie wird weniger negativ!), und das Elektron ist weiter vom Kern entfernt. Um die Energieverhältnisse in diesem einfachen System noch eingehender zu erläutern, lassen Sie uns auf Gleichung (5-3) zurückkommen: Das negative Vorzeichen deutet darauf hin, daß beim Wasserstoffatom anziehende Kräfte vorherrschen. Lassen Sie ζ. Β. η sehr groß werden, so daß es gegen Unendlich geht. Dies bedeutet dasselbe, wie wenn wir sagen würden, daß sich das Elektron so weit vom Kern entfernt hat, daß keine anziehenden Kräfte mehr auf es einwirken. Wenn sich jedoch das Elektron nun dem Kern nähert (d.h. η kleiner wird), beginnen die Anziehungskräfte zu wirken, und das System Elektron-Kern wird stabiler oder energieärmer. Dieser Sachverhalt wird durch das negative Vorzeichen dargestellt. Das Einsetzen der Zahlenwerte für die Größen, die in R' in Gleichung (5-3) enthalten sind, ergibt einen Wert von - 1 3 , 6 eV'für η = 1. Diese Energie muß aufgewendet werden, um das Elektron aus dem Wasserstoffatom zu entfernen. Beispiel 5-1 Berechnen Sie die Wellenlänge der Wasserstoffemissionslinie, die entsteht, wenn das Elektron vom Niveau η = 4 auf das Niveau η — 2 übergeht. Lösung Durch Einsetzen in Gleichung (5-6) erhalten wir

= 1,09678 χ 1 0 7 m - 1 ( j



yg·)

= 1,09678 χ 107 m""1 χ 0,1875 ~ 2,0569 χ 106 m _ 1 λ = 4,86 χ 1 0 - 7 m = 486 nm

129

Quantentheorie der Atome

Diese Linie liegt in der sichtbaren Balmer-Serie des Wasserstoffspektrums. Beispiel 5-2 Berechnen Sie die Energie, die dazu erforderlich ist, ein Mol Wasserstoffatome zu ionisieren. Lösung Die Energie, die zur Ionisierung eines Wasserstoffatoms benötigt wird, kann direkt aus der Beziehung AE = hc-

λ

=hcR\

Xr - -4-1 \nl n\)

berechnet werden. Wir können uns den Ionisierungsprozeß so vorstellen, als ob das Elektron aus dem Grundzustand mit «j = 1 in einen unendlich großen Abstand vom Kern überführt wird, was durch n2 = oo wiedergegeben wird. Wenn wir damit in die Gleichung gehen und auch die Werte für die Konstanten einsetzen, erhalten wir ΔΕ = (6,626 χ 10~ 34 J s) χ (3,00 χ 108 m s " 1 ) χ (1,097 χ 107 m - 1 ) χ ^

-

= 2,18 χ 10- 1 8 J Dieses ist die zur Ionisierung eines Wasserstoffatoms erforderliche Energie. Für ein Mol oder 6,022 χ 1023 Wasserstoffatome erhalten wir damit Α Ε = 6,022 χ ΙΟ23 ηιοΓ 1 χ 2,18 χ ΙΟ -18 J = 1,31 χ ΙΟ6 J mol - 1 = 1310 kJ ηιοΓ 1 Die Abbildung 5-3 zeigt die Anordnung der berechneten Energieniveaus des Wasserstoffatoms für die Quantenzahlen bis η = oo. Ein angeregtes Wasserstoffatom, dessen Elektron sich in der Umlaufbahn mit η — 4 befindet, könnte Licht ausstrahlen, indem das Elektron auf eine Umlaufbahn mit kleinerer Quantenzahl (n = 1,2 oder 3) übergeht. Diese Übergänge würden zu drei verschiedenen Emissionslinien führen, die in verschiedenen Bereichen des Spektrums lägen. Als erst einmal das Bohrsche Atommodell vorgestellt war, wurde es recht einfach, die verschiedenen Serien der atomaren Emissionslinien zu erklären, die Jahre zuvor von den Spektroskopikern beobachtet worden waren. Die Abbildung 5-3 zeigt einen größeren Energieunterschied zwischen dem Grundzustand, E x , und den höheren Energieniveaus, als er zwischen irgendwelchen zwei anderen Niveaus vorkommt. Daraus folgt, daß ein Elektron, das aus den Niveaus E2,E3, · · · , £ „ auf das Niveau Ex übergeht, mehr Energie abgibt als ein Übergang von, sagen wir einmal, E3, E4, ..., En auf das ^-Niveau. Da bei den Übergängen auf Ex mehr Energie freigesetzt wird, muß das bei diesen Übergängen emittierte Photon eine höhere Frequenz besitzen. Tatsächlich umfassen alle Übergänge auf

130

5 Die Elektronenstruktur der Atome

das E t -Niveau Photonen im ultravioletten Spektralbereich. Übergänge auf die Zustände E2 und E3 aus höheren Energieniveaus entsprechen der Emission von Photonen im sichtbaren (E2) bzw. infraroten (E3) Bereich des Spektrums. Die in Abbildung 5 - 3 gezeigten Linienserien wurden nach den Spektroskopikern benannt, deren Pionierarbeiten die Grundlage zur Überprüfung der Bohrschen Theorie lieferten. , η = °° (£ = 0) η = 7 (£7) / > n = 6 (£6) = 5 (£s) η = 4 (£4) η = 3 (£,)

η = 2 (£,)

Namen der Linienserien A = Lymanserie Β = Balmerserie C = Paschenserie D = Brackettserie

«= 1 (£,)

Abbildung 5 - 3

Die Energieniveaus des Wasserstoffatoms.

Beispiel 5-3 Ordnen Sie die folgenden Elektronenübergänge im Wasserstoffatom den jeweiligen Serien zu, und stellen Sie sie in einer Reihe nach anwachsender Energie zusammen "3

"2; «4

»3/ «4.

Lösung n3 -*• n2 (Balmer) ;« 4

; «2 ~*· «1; "5 ~*· «4 « 3 (Paschen); « 4

"1 (Lyman); n2

(Lyman); « 5

131

Moderne Quantentheorie

« 4 (Brackett). Die Reihenfolge der Übergänge nach wachsender Energie geordnet ist «s -»· «4; nA

«3; n3

n2; n2

nx; «4

ηx

5—2 Moderne Quantentheorie Die Bohrsche Theorie leistete Großartiges beim Wasserstoffatom, zeigte aber schwerwiegende Mängel bei allen anderen Atomen, die mehr als ein Elektron besitzen. Zahlreiche Versuche zur Verbesserung der Theorie wurden unternommen, indem eine Vielzahl von Annahmen gemacht wurden, einschließlich des Postulats, daß sich einige Elektronen auf elliptischen Bahnen und nicht auf den einfachen, von Bohr vorgeschlagenen Kreisbahnen bewegen. Es lohnt sich nicht, diese Modifizierungen im einzelnen zu betrachten. Bemerkenswert ist jedoch, daß der Hauptgrund fur die Einführung neuer Modelle von der Notwendigkeit ausging, weitere Quantenzahlen zu finden, um die Beobachtungen vieler unerwarteter Linien in den Emissionsspektren von Atomen zu beschreiben, die komplexer als das Wasserstoffatom aufgebaut sind. Die Versuche, die Bohrsche Theorie zu modifizieren, endeten nicht wegen ihres völligen Versagens, sondern wegen des Auftretens einer neuen, leistungsfähigeren Theorie. 1923 machte Louis de Broglie den sehr wichtigen Vorschlag, daß auch Teilchen wie Elektronen oder Protonen Welleneigenschaften besitzen könnten. Eine Art, sich die Bedeutung der Welleneigenschaften eines Teilchens zu veranschaulichen, ist es, sich die Bewegung eines geradlinig fliegenden Elektrons vorzustellen. Obwohl die Flugbahn im Durchschnitt eine gerade Linie darstellen würde (siehe Abbildung 5-4), könnten wir uns vorstellen, daß die tatsächliche Bewegung Mittlere F l u g b a h n des E l e k t r o n s

Abbildung 5 - 4 Eine Darstellung der Flugbahn eines Elektrons, bei der die mittlere, geradlinige Bahn von einer Wellenbewegung überlagert ist.

ein Hin- und Herschwingen des Elektrons um die Durchschnittsbahn sein könnte. Wir wissen heute, daß es nicht möglich ist, die genaue Flugbahn eines sich bewegenden Elektrons exakt genug zu messen, um bestimmen zu können, ob ein derartiges Hin- und Herschwingen wirklich stattfindet. Wir können nur sagen, daß die Art der Wechselwirkung des Elektrons mit anderen Teilchen entlang seiner Bahn darauf hindeutet, daß es gewisse Welleneigenschaften besitzt. De Broglie schlug nun vor, daß die Bewegung eines jeden beliebigen Körpers einer Wellengleichung und nicht den klassischen Bewegungsgesetzen folgen sollte. Jedoch wird der Einfluß der Welleneigenschaften mit wachsender Masse des Körpers immer geringer. Die Unbestimmtheit bei der momentanen Flugbahn eines Elektrons ist groß genug, um bei der Erklärung seines Verhaltens eine wichtige Rolle zu spielen. Bei

132

5 Die Elektronenstruktur der Atome

einem Teilchen von der Masse eines Protons ist jedoch diese Unbestimmtheit sehr klein, und sie wird bei Körpern, die groß genug sind, daß wir sie sehen können, völlig vernachlässigbar. Die Wellentheorie der Materie führt zur Heisenbergschen Unschärferelation. Die Unschärferelation besagt, daß es theoretische Grenzen für die Genauigkeit gibt, mit der die Bewegung irgendeines Körpers bestimmt werden kann. Der Begriff der Unschärfe oder Unbestimmtheit ist nicht so leicht zu verstehen, da er sich mit Dingen beschäftigt, die außerhalb des Bereiches unserer direkten Beobachtung, d. h. unserer Alltagserfahrung, liegen. Jedoch können uns einige „Gedankenexperimente" vielleicht ein Gefühl dafür vermitteln, was die Unschärferelation bedeutet: Stellen Sie sich einmal vor, daß wir versuchen, uns sehr kleine Körper dadurch „anzusehen", daß wir sie mit Elektronen beschießen. (Dies bedeutet keinen wesentlichen Unterschied zur Bestrahlung mit Licht, da wir uns das Licht auch als teilchenähnlich, aus Photonen zusammengesetzt vorstellen können.) Wenn die Körper viel größer als Elektronen sind, können wir beobachten, wie die Elektronen von ihnen abprallen. Wir wissen, daß ein Elektron beim Zusammenstoß einen Impuls an den größeren Körper abgeben muß, der ihn in Bewegung versetzt. Wir können die Bewegung des schwereren Körpers so lange vernachlässigen, wie er sehr viel schwerer als das Elektron ist. Wenn jedoch unser Beobachtungsgegenstand ein anderes Elektron ist, ist zu erwarten, daß es der Zusammenstoß in schnelle Bewegung versetzt. Infolgedessen vertreibt gerade die Beobachtung den Beobachtungsgegenstand, wodurch eine große Unbestimmtheit in seiner Lage entsteht. Eine mathematische Analyse des Sachverhalts mit Hilfe von Wellengleichungen führt zu der folgenden Fassung der Unschärferelation, wie sie zuerst von Heisenberg beschrieben wurde

f Unschärfe\ \ des Ortes/

χ

/ Unschärfe \ \des Impulses/

f

„ß g r ^

(Δ χ) χ (Δ m ν) > ~



Plancksches Wirkungsquantum 4π (5-7)

wobei χ die Ortskoordinate, m die Masse und ν die Geschwindigkeit des Körpers ist. Die Unschärferelation führt direkt zu dem Schluß, daß die Bohrsche Theorie falsch ist, da in ihr die Bewegung der Elektronen in Bezug auf ihre jeweiligen Kerne zu scharf definiert ist. Die Bewegung eines Photons oder eines Elektrons kann nur mit einer gewissen Unschärfe bekannt sein, wenn wir seine Position so genau bestimmt haben, wie es in der Aussage zum Ausdruck kommt, daß es sich in einem Volumen von einigen 1CT30 m 3 um den Kern herum aufhält. Beispiel

5-4

Die Unschärfe in der Ortskoordinate eines Elektrons sei 0,001 nm, und seine Masse betrage 9 χ 10"31 kg. Berechnen sie damit die Unschärfe in der Geschwindigkeit des Elektrons.

133

Moderne Quantentheorie

Lösung Amv χ Α χ — Amv =



6,63 χ KT 34 Js p: 4(3,14) χ (1 χ 10

m)

= 5,28 x 10"23 kg m s " 1 = m(A v) Damit ergibt sich für die Unschärfe in der Geschwindigkeit -23 1 Δ v= 5,28 9χ χΙΟ10"31kgkgm s "

= 5,8 χ 107 m s - 1 Dies bedeutet eine sehr große Unschärfe in der Geschwindigkeit des Elektrons (etwa 2,1 χ 108 km IT 1 oder 210000000 km h" 1 ). Die Formulierung von Wellengleichungen zur Beschreibung der Bewegung eines Elektrons in einem Wasserstoffatom beseitigt einerseits die unerwünschte, übergenaue Beschreibung der Bohrschen Theorie und führt gleichzeitig zu der Einführung zusätzlicher Quantenzahlen. Die Lösungen der Wellengleichungen werden Wellenfunktionen genannt und stellen mathematische Funktionen dar, die den Funktionen ähneln, die die Bewegung von Wellen über eine Wasserfläche beschreiben. Diese Funktionen besitzen nicht mehr die Form einer Flugbahn, sondern können als ein Maß für die Wahrscheinlichkeit interpretiert werden, mit der das Elektron an verschiedenen Punkten des Raums anzutreffen ist. Das moderne Modell eines Wasserstoffatoms baut sich auf die folgenden Schritte auf, wobei Sie jedoch stets daran denken sollten, daß diese Schritte einige recht komplexe mathematische Beziehungen umfassen: 1. Stellen Sie eine Wellengleichung für ein negatives Elektron auf, das sich unter dem Einfluß der elektrostatischen Kraft des positiv geladenen Kerns bewegt. 2. Lösen Sie diese Wellengleichung. Die Lösung ist eine Wellenfunktion, in der der Abstand zwischen dem Elektron und dem Kern vorkommt. 3. Berechnen Sie die Funktion für viele Punkte im Raum in der Nähe des Kerns. 4. Bilden Sie das Quadrat des Absolutbetrages der Funktion an den verschiedenen Punkten. Das Quadrat des Absolutbetrages der Wellenfunktion ist der Wahrscheinlichkeit proportional, ein Elektron in einem bestimmten Volumenelement des Raumes anzutreffen. 5. Zeichnen Sie die Ergebnisse auf, indem Sie Punkte zur Kennzeichnung relativer Wahrscheinlichkeitsdichten verwenden. Eine Darstellung des quadrierten Absolutbetrages der Wellenfunktion für das Wasserstoffatom in seinem niedrigsten Energiezustand zeigt Abbildung 5-5. Die

134

5 Die Elektronenstruktur der Atome

äußere Grenze schließt ein Volumen ein, das etwa 90% der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons umfaßt.

Abbildung 5 - 5 Darstellung der Elektronendichteverteilung für den niedrigsten Energiezuzustand des Wasserstoffatoms.

Wegen der Form der Ergebnisse diskutieren die Naturwissenschaftler die Position von Elektronen in Wasserstoffatomen und anderen Atomen mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsdichte oder Elektronendichte. Mit anderen Worten, wir können über das Elektron genauso gut diskutieren, als ob es eine große, diffuse Wolke von veränderlicher Dichte ist, wie wenn wir versuchen würden, irgendeine märchenhafte Geschichte über eine sehr schnelle Bewegung zu erfinden, die theoretisch nicht nachgeprüft werden kann. Wie bei der Bohrschen Theorie ergeben die verschiedenen Lösungen der Wellengleichung des Wasserstoffatoms dieselbe gute Übereinstimmung für die Differenzen zwischen den einzelnen Energieniveaus, die durch das Emissionsspektrum des atomaren Wasserstoffs experimentell bestimmt werden können. Die zusätzlichen Quantenzahlen, die aufgrund von mathematischen Bedingungen zur Lösung der Wellengleichung eingeführt wurden, helfen dabei, die Probleme zu lösen, die beim Vergleich von Wasserstoffatomen mit anderen, komplizierteren Atomen auftauchen. Die Lösungen der Wellengleichung werden Orbitale genannt, weil sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den Bohrschen Umlaufbahnen (Orbitalen) besitzen. Ein Orbital kann graphisch dadurch beschrieben werden, daß seine Wahrscheinlichkeitsdichte aufgetragen wird. Orbitale besitzen eine Vielzahl von Formen, und die meisten nichtmathematischen Diskussionen über die Elektronenstruktur von Atomen und Molekülen werden anhand von Eigenschaften der Orbitale geführt, die graphisch dargestellt werden können. Im nächsten Abschnitt werden wir die Orbitalformen vorstellen, die mit den verschiedenen Quantenzahlen verknüpft sind. Da wir nicht versucht haben, Ihnen die Mathematik der modernen Quantenmechanik darzustellen, müssen wir Sie bitten, die Quantenzahlen und ihre Bedeutung einfach zu akzeptieren, wobei wir Ihnen versichern, daß bei der Mathematik keine faulen Tricks im Spiele sind. Die Grundannahme, auf die sich die gesamte Quantenmechanik aufbaut, wurde bereits genannt: Materie besitzt Welleneigenschaften.

135

Die Quantenzahlen

5—3 Die Quantenzahlen Drei Quantenzahlen ergeben sich automatisch bei der Lösung der Wellengleichung des Wasserstoffatoms. Eine vierte Quantenzahl kommt hinzu, um die speziellen Eigenschaften eines Elektrons zu berücksichtigen, die beobachtet werden, wenn es sich in einem Magnetfeld befindet.

Die Hauptquantenzahl, η Die erste Quantenzahl entspricht ziemlich genau der Bohrschen Orbitalquantenzahl. Sie kann jeden beliebigen, ganzzahligen Wert, beginnend mit eins, annehmen. Die Energien der Wasserstofforbitale werden nur von der Hauptquantenzahl η bestimmt -

^

(

«

>

Wenn die Werte von η zunehmen, erhöht sich die Energie ( - 1 ist größer als - 2 , nämlich weniger negativ!), und das Orbital breitet sich weiter aus. Somit erhöht sich damit auch der durchschnittliche Abstand zwischen dem Elektron und dem Proton.

Die Bahndrehimpulsquantenzahl, / Das in Abbildung 5-5 dargestellte Orbital ist symmetrisch, d.h. bei ihm ist die Elektronendichte (genauer die Dichte der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons) nur vom Abstand zum Kern abhängig. Es gibt andere Orbitale, die Elektronendichtewolken besitzen, die in bestimmten Richtungen des Raumes konzentriert sind und somit eine Abhängigkeit von den räumlichen Winkeln aufweisen. Die Gestalt der Orbitale wird durch die sogenannte Bahndrehimpulsquantenzahl / bestimmt, die Werte von 0, 1, 2 , . . . , « - 1 annehmen kann, wobei die mathematischen Bedingungen, aus denen sich diese Quantenzahl ergab, ihr die Einschränkung auferlegen, daß / stets kleiner als η sein muß. Die Abbildung 5-6 zeigt die Darstellung einer Elektronendichteverteilung für ein Orbital mit η — 2 und 1=1.

ζ

χ

Abbildung 5 - 6 Elektronendichteverteilung für ein Orbital mit η = 2 und l = 1 (p-Elektron).

136

5 Die Elektronenstruktur der Atome

Beispiel 5 - 5 Welche Werte von l sind für Elektronen zugelassen, die sich in Orbitalen mit den Hauptquantenzahlen (η) 1, 2 und 3 befinden? Lösung Für η = 1 kann / nur den Wert null annehmen, da / höchstens so groß wie (η - 1) werden darf, was in diesem Fall 1 - 1 = 0 ergibt. Für n = 2 kann l die Werte 0 und 1 annehmen, nicht aber den Wert 2, da der Grenzwert für / wieder gleich (« - 1) oder 2 - 1 = 1 ist. Für η = 3 kann / die Werte 0,1 und 2 annehmen, nicht aber den Wert 3, da, wie wir gesagt haben, / stets kleiner als η bleiben muß.

Die magnetische Quantenzahl, m Ein sich bewegendes Elektron erzeugt ein magnetisches Feld. Auf diesem Prinzip beruht die Wirkung von Elektromagneten, bei denen ein elektrischer Strom durch einen Draht fließt, der, wie in Abbildung 5-7 gezeigt ist, um einen Eisenkern gewickelt ist. Ν

J

Elektrischer Strom

s

Abbildung 5 - 7 Ein Elektronenstrom erzeugt ein magnetisches Feld.

Die magnetischen Eigenschaften der Elektronen tragen unter gewöhnlichen Umständen nicht viel zu ihren Energien bei, aber sie werden wichtig, wenn Atome in ein Magnetfeld gebracht werden. Ein derartiges Magnetfeld besitzt immer eine bestimmte Richtung, was dazu führt, daß sich bevorzugte Bereiche mit hoher Wahrscheinlichkeitsdichte für Elektronen ausbilden.

Die Quantenzahlen

137

Die magnetische Quantenzahl m beschreibt die Anzahl von Orientierungsmöglichkeiten im Raum, die ein bestimmter Typ von Orbital relativ zur Richtung des magnetischen Feldes annehmen kann. Die magnetische Quantenzahl kann sowohl positive als auch negative ganzzahlige Werte sowie den Wert null annehmen (d. h. m = -l, - / + 1 - 2 , -1,0, 1 , 2 , . . . , / - 1 , / ) . Der Bereich der für m möglichen Werte ist wiederum durch mathematische Bedingungen eingeschränkt, die zur Lösung der Wellengleichung erfüllt sein müssen: m kann jeden ganzzahligen Wert einschließlich null zwischen den Werten - / und + / annehmen. Wenn 1 = 0 ist und das Orbital eine kugelsymmetrische Gestalt besitzt, hat die Orientierung im Raum keine Bedeutung für das Orbital, und es gibt nur einen Wert für m, der gleich null ist. Wenn jedoch / = 1 ist und die Elektronendichteverteilung eine Vorzugsrichtung besitzt (siehe Abbildung 5-6), gibt es drei Orientierungsmöglichkeiten dieser Orbitale im Raum entlang der X-, Y- und Z-Richtung. Diese entsprechen den drei Werten +1,0 und - 1 , die m annehmen kann, wenn 1 = 1 ist. Beispiel 5-6 Welche Werte können die Quantenzahlen / und m annehmen, wenn die Hauptquantenzahl eines Elektrons den Wert 3 besitzt? Lösung Der Wertebereich von / erstreckt sich von 0 bis 2. Die für m möglichen Werte hängen von dem jeweiligen Wert von / ab. Alle Möglichkeiten sind in Tabelle 5-1 dargestellt. Tabelle 5-1

Die für / und m erlaubten Werte bei η = 3.

/

m

Anzahl der Zustände

0 1 2

0

1 3 5 9

-1,0, 1 - 2 , - 1 , 0 , 1,2 Gesamtzahl der Zustände

Die Spinquantenzahl, s Die (nichtrelativistische) Wellenmechanik liefert drei Quantenzahlen für die Beschreibung der Bewegung eines Elektrons um einen Kern. Jedoch zeigten viele Experimente, daß diese drei Quantenzahlen nicht dazu ausreichen, die Eigenschaften von Atomen oder auch nur von freien Elektronen vollständig zu beschreiben. So werden ζ. B. durch ein Magnetfeld mehr Veränderungen des Wasserstoffspektrums hervorgerufen, als nach den Zuständen mit unterschiedlichen mWerten zu erwarten wäre. Tatsächlich erscheinen genau doppelt so viele Zustände, wie vorausgesagt wurden. Diese Art von Beobachtungen führten zu der Vorstellung, daß mit jedem Elektron ein winziges magnetisches Feld verknüpft sein muß,

138

5 Die Elektronenstruktur der Atome

daß auch vorhanden ist, wenn das Elektron ruht. Ein derartiges Magnetfeld könnte z.B. entstehen, wenn das Elektron eine kleine, geladene Kugel wäre, die sich um ihre eigene Achse dreht, wie sich auch die Erde um ihre Achse dreht. Da wir Elektronen natürlich nicht direkt beobachten können, können wir auch nicht sehen, ob sie sich ,wirklich' drehen. Die zusätzliche Quantenzahl wird jedoch als Spinquantenzahl s bezeichnet, da das Elektron einen Eigendrehimpuls oder Spin besitzt, der seinerseits das winzige Magnetfeld des Elektrons bedingt. Wir nehmen an, daß die Spinquantenzahl eines Elektrons nur einen von zwei möglichen Werten annehmen kann. Wegen des Zusammenhangs der Spineigenschaften des Elektrons mit den magnetischen Eigenschaften, die aufgrund seiner Bewegung durch den Raum entstehen, werden der Spinquantenzahl s die beiden Werte und zugeschrieben. (Die Spinquantenzahl s ist die einzige Quantenzahl, deren Wert nicht ganzzahlig ist. Wie aus den Emissionsspektren der Atome hervorgeht, kann der Spin oder Drehimpuls eines Elektrons nur zwei Zustände einnehmen, die sich um eine quantenmechanische Einheit des Drehimpulses unterscheiden, deren Betrag gleich 1 ή = 1 Λ/2 π ist. Dies geht jedoch nur, wenn der Drehimpuls des Elektrons in einem Feld + j f i bzw. — j h beträgt.) Beispiel 5-7 Beschreiben Sie den Grundzustand des Wasserstoffatoms durch einen Satz von Werten, die die vier Quantenzahlen η, /, m und s annehmen können. Lösung Der Ausdruck „Grundzustand" kennzeichnet den Zustand niedrigster Energie. Somit muß beim Wasserstoffatom η = 1 sein. Wenn aber η = 1 ist, kann l nur den Wert null besitzen. Da seinerseits m auf die Werte von + / , . . . , 0 , — / beschränkt ist, bleibt für die magnetische Quantenzahl ebenfalls nur der Wert m — 0 übrig, wenn 1 = 0 ist. Die Spinquantenzahl s kann die Werte + \ annehmen, und wir erhalten zwei Sätze von Quantenzahlen: η = 1, / = 0, m = 0 und s = ±

Die Anwendung der Quantenzahlen 1924 ging ein junger, deutscher Physiker, Wolfgang Pauli, in Bohrs Laboratorium, um den alten Meister über die Quantenmechanik aufzuklären. Darüber hinaus gelang ihm dies auch! Eines der Hauptprobleme der Theorie des Aufbaus der Atome war die Beschreibung von Atomen, die viele Elektronen besaßen. Diese Elektronen werden alle vom positiv geladenen Kern angezogen, stoßen sich aber selbst gegenseitig ab. Die mathematischen Probleme, die von Modellen aufgeworfen werden, bei denen viele Teilchen miteinander in Wechselwirkung treten, können heute noch nicht gelöst werden. Infolgedessen arbeiten Theoretiker hart daran, Näherungsoder Teillösungen zu finden, die wenigstens das Verhaltensmuster komplexer Systeme zu beschreiben erlauben. Ein besonders schwieriges Problem stellte in den zwanziger Jahren die Erklärung der Abhängigkeit von der Ordnungszahl dar, die sich bei einer Untersuchung der Energie ergab, die dazu benötigt wurde, ein Elek-

Elektronenstrukturen von Atomen

139

tron aus verschiedenen Atomen zu entfernen, d. h. ihre Ionisierungsenergien. Sehen Sie sich einmal die Ionisierungsenergien der ersten drei Elemente im Periodensystem an, die in Tabelle 5 - 2 angegeben sind.

Tabelle 5 - 2

Die Ionisierungsenergien der ersten drei Elemente.

Element

Ordnungszahl

Ionisierungsenergie (eV)

Η He Li

1 2 3

13,6 24,5 5,4

Ein derartiges Verhalten scheint völlig verrückt zu sein. Jede Erhöhung der Ordnungszahl führt dem Kern eine positive Elementarladung mehr zu, wobei sich dann auch die Zahl der Elektronen um eins erhöht. Wir können sehen, daß beide Elektronen des Heliums weitaus fester als das eine Elektron des Wasserstoffs an ihren Kern gebunden sind, da die Ionisierungsenergie ja die Energie angibt, die dazu erforderlich ist, ein Elektron aus dem Atom zu entfernen. Wie können wir diesen Sachverhalt nun erklären ? Offensichtlich zieht der zweifach positiv geladene Heliumkern jedes Elektron mit einer stärkeren Kraft an, als sie der nur einfach positiv geladene Kern des Wasserstoffatoms auf sein Elektron ausübt. Auf irgendeine Weise gehen sich die beiden Elektronen im Helium einander aus dem Weg, so daß die Abstoßung zwischen den Elektronen keine so große Bedeutung erlangt wie die verstärkte Anziehung durch den Kern. Beim Lithium ändert sich jedoch die Ionisierungsenergie in entgegengesetzter Richtung. Im Falle des Lithiums müssen wir also sagen, daß die Abstoßung der Elektronen untereinander die Hauptrolle spielt, obwohl sich auch die Kernladung weiter erhöht hat. Pauli machte nun einen sehr einfachen Vorschlag, der viel dazu beitrug, das Problem zu lösen. Er schlug vor, daß nur ein Elektron dieselben vier Quantenzahlen besitzen kann. Wenn wir einmal annehmen, daß die Orbitale, die zur Beschreibung von Elektronen in komplizierteren Atomen verwendet werden, denen des Wasserstoffatoms ähnlich sind, dann können wir damit fortfahren, ein Modell für die Elektronen in Atomen zu entwickeln, das eine Grundlage für den größten Teil der heutigen Vorstellungen von der chemischen Struktur und dem chemischen Reaktionsvermögen bildet. Der von Pauli gemachte Vorschlag ist unter dem Namen Paulisches Ausschließungsprinzip bekannt geworden.

5—4 Elektronenstrukturen von Atomen Im niedrigsten Energiezustand des Wasserstoffatoms wird das Elektron ein Orbital mit η — 1 besetzen. Die Werte von / und m sind dann notwendigerweise gleich null, und die Spinquantenzahl s kann die Werte + \ oder - j annehmen. Somit gibt es

140

5 Die Elektronenstruktur der Atome

zwei Arten von Grundzuständen (stabilste Zustände) des Wasserstoffatoms, die sich jedoch bei allen Experimenten, an denen kein Magnetfeld beteiligt ist, als einander gleichwertig erweisen. In einem Magnetfeld werden sich aber die Wasserstoffatome mit s = +j und s = - j unterschiedlich verhalten. Dieselbe Sachlage wird bei jedem Atom oder Molekül eintreten, das eine ungerade Anzahl von Elektronen enthält. Derartige Atome oder Moleküle können mit Hilfe der Elektronen-Spin-Resonanz (ESR) untersucht werden. Im Heliumatom können beide Elektronen dem Orbital mit η = 1 zugeschrieben werden, wobei beide Spinquantenzahlen benutzt werden. Die dem Grundzustand des Heliumatoms (He) zugeordneten Quantenzahlen sind Elektron 1: Elektron 2:

η= 1 n=1

1=0 1=0

m =0 m=0

s=

Diese Beschreibung setzt voraus, daß sich die beiden Elektronen im selben Volumen des Raumes um den Kern herum aufhalten, jedoch müssen sie sich gegenseitig aus dem Weg gehen, so daß sie nicht gleichzeitig irgendein bestimmtes, kleines Volumenelement besetzen. Es ist also möglich, daß zwei Elektronen dasselbe Orbital (gleiche η, l und m) besetzen, so lange sie sich durch ihre Spinquantenzahlen unterscheiden. Im Lithiumatom (Li) muß infolgedessen eines der drei Elektronen ein Orbital mit n = 2 besetzen. Somit lauten die Quantenzahlen für den Grundzustand des Lithiumatoms Elektron Elektron Elektron oder Elektron

1: 2: 3:

n=1 n= 1 n=2

/= 0 /= 0 /=0

m=0 m=0 m =0

5=

3:

n—2

1=1

m = 0, ± 1 s = ± i

1 2 s= ±i S

=

Der Unterschied zwischen Lithium und Helium beruht, einmal abgesehen von der Zuordnung der für /, m und s gewählten Werte, in der Hauptsache darauf, daß einem der drei Elektronen des Lithiums notwendigerweise aufgrund des Paulischen Ausschließungsprinzips die Hauptquantenzahl zwei zugeschrieben werden muß. Dieses Elektron ist damit im Durchschnitt weiter vom Kern entfernt als die beiden anderen Elektronen mit η = 1. Das Elektron mit η = 2 ist das Elektron, das mit der niedrigen, in Tabelle 5-2 gezeigten Ionisierungsenergie aus dem Li-Atom entfernt werden kann. Diese leichte Abgabe dieses Elektrons ist der Grund für die hohe Reaktionsfreudigkeit des Lithiums, und die Tatsache, daß es bei ihm nur ein derart lose gebundenes Elektron gibt, erklärt, warum Lithium die Wertigkeit eins besitzt. Die lose an die Atome gebundenen Elektronen besitzen die höchsten «-Werte und werden häufig als Valenzelektronen bezeichnet, da sie an den chemischen Reaktionen beteiligt sind. Beachten Sie ferner, daß der Verlust eines Elektrons aus einem Lithiumatom zur Bildung eines Lithiumions, Li + , führt. Die beiden übrigbleibenden Elektronen sollten im Li+ noch stärker an den Kern gebunden sein als die beiden Elektronen im Helium, da im Li+ die Kernladung höher ist. Wir würden

Elektronenstrukturen von Atomen

141

danach erwarten, daß Lithiumionen chemisch äußerst träge reagieren, und Experimente zeigen auch, daß dies der Fall ist. Weitere Beispiele für den Zusammenhang zwischen der Elektronenstruktur der Atome und ihrem chemischen Reaktionsverhalten finden Sie im nächsten Kapitel. Ein anderes Problem bildet bei der Aufstellung der Elektronenstru.ktur eines Lithiumatoms die Wahl der Quantenzahlen / und m. Beim Wasserstoffatom sind die Energien der Orbitale mit η = 2, / = 0 und η = 2, / = 1 gleich groß. In einem Atom mit mehreren Elektronen besitzt das erstere Orbital eine niedrigere Energie. Wir können dies dahin verallgemeinern, daß wir sagen, daß das Orbital mit der niedrigsten Energie, wenn die Wahl sonst frei ist, das Orbital mit dem niedrigstmöglichen /-Wert (d.h. hier: / = 0) sein wird. Orbitale mit 1 = 0 werden auch alss-Orbitale bezeichnet. Das s hat hier nichts mit der Spinquantenzahl, s, zu tun, und der Name „sOrbital" wird aus historischen Gründen verwendet, die auf die Spektroskopie zurückgehen und uns hier nicht weiter interessieren sollten. Eine kompakte Schreibweise zur Darstellung der Elektronenstruktur des Lithiums ist die Form (1 s)2 (2 s). Die Zahl vor dem Orbitalsymbol innerhalb der Klammern gibt den jeweiligen Wert der Hauptquantenzahl an. Der Exponent gibt an, daß sich zwei Elektronen mit den Spinquantenzahlen + \ und im 1 s-Orbital befinden. Beim 2 s-Orbital ist kein Exponent angegeben, da in diesem Orbital beim Lithium nur ein Elektron vorhanden ist. Die Konfiguration der Elektronenschale eines Berylliumatoms wird durch (ls) 2 (2 s)2 dargestellt. Hierbei werden keine neuen Begriffe benötigt, jedoch ist es bemerkenswert, daß die erste Ionisierungsenergie des Berylliums 9,3 eV beträgt. Ein zweites Elektron kann durch einen zusätzlichen Energieaufwand von 18,2 eV aus dem Be + -Ion entfernt werden. Die Ionisierung von zwei Elektronen läßt ein zweifach geladenes Berylliumkation, Be2 + , zurück. Mit einem Energieaufwand von 27,5 eV können also zwei Elektronen aus einem Berylliumatom entfernt werden. Diese Energie ist nur wenig größer als die 24,6 eV, die zur einfachen Ionisierung eines Heliumatoms benötigt werden. Somit besitzt die Konfiguration (1 s)2 (2 s)2 nicht die beim Helium mit der (1 s) 2 -Konfiguration angetroffene, große Stabilität. Beim nächsten Element, Bor, muß mit der Besetzung der Orbitale mit η = 2 und 1 = 1 begonnen werden. Es gibt drei solcher Orbitale mit den /w-Werten - 1 , 0 und + 1. In jedem freien Atom sind die Energien aller dieser / = 1-Orbitale gleich groß. Da es drei derartige Orbitale gibt, können insgesamt sechs Elektronen auf die Orbitale mit η = 2 und l = 1 verteilt werden. Jedes Orbital mit 1 = 1 wird p-Orbital genannt, wobei diese Bezeichnung wieder nur eine historische Bedeutung besitzt, die uns nicht zu interessieren braucht. Die Elektronendichtewolke eines p-Orbitals besitzt nicht dieselbe kugelsymmetrische (oder kugelförmige) Gestalt wie ein sOrbital. Die drei p-Orbitale, die zu einem Satz gehören, konzentrieren sich in verschiedenen Raumrichtungen. Jedes p-Orbital ist symmetrisch zu einer Achse, und die drei Achsen eines Satzes von p-Orbitalen stehen senkrecht aufeinander. Die Mitglieder eines solchen Dreiersatzes werden gewöhnlich als px-, py- und pzOrbitale bezeichnet. Dabei beziehen sich die Indices auf die Achsen eines dreidimensionalen Kartesischen Koordinatensystems.

142

5 Die Elektronenstruktur der Atome

Die Abbildung 5 - 8 zeigt die am häufigsten verwendete Form der Darstellung von s- und p-Orbitalen. Diese Darstellungen der Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung

Achsen des kartesischen

Ii-Orbital

2.v-Orbital

Koordinatensystems

Y

2/vOrbital Abbildung 5 - 8

2/yOrbital

2/vOrbitaI

Die Gestalten und räumlichen Orientierungen der s- und ^-Orbitale.

versuchen, die dreidimensionalen Charakteristiken der Orbitale zu veranschaulichen, aber derartige Bilder vermitteln insofern einen falschen Eindruck, als eine Wellenfunktion keine scharf definierte Grenze besitzt, sondern sich bis ins Unendliche erstreckt. Jedoch liegt der größte Teil der Funktion, die die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons beschreibt, in einem Volumenbereich von einigen Zehntel Nanometern Durchmesser um den Kern herum, und für die meisten praktischen Zwecke kann man sich ein Orbital als ein bestimmtes Volumen vorstellen, innerhalb dessen das Elektron mit recht großer Wahrscheinlichkeit anzutreffen ist. (Die Orbitale sind Flächen gleicher Wahrscheinlichkeitsdichte, innerhalb derer 90% der Aufenthalts Wahrscheinlichkeit des Elektrons lokalisiert sind.) Die Elektronenkonfigurationen der Atome mit den Ordnungszahlen von fünf bis zehn ergeben sich direkt aus den Überlegungen, die bei der Diskussion des Aufbaus der Lithium- und Berylliumatome vorgestellt wurden. Die Elektronenkonfigurationen dieser Elemente finden Sie in Tabelle 5-3. Die Ionisierungsenergie zeigt die Tendenz, mit wachsender Ordnungszahl anzusteigen, obwohl sich zwischen Stickstoff und Sauerstoff eine Diskontinuität in

143

Elektronenstrukturen von Atomen

dieser Abhängigkeit zeigt. Diese scheinbare Anomalie kann durch eine Betrachtung der Reihenfolge erklärt werden, in der die drei 2p-Orbitale besetzt werden: Im Stickstoffatom nimmt jedes der drei p-Orbitale ein einziges Elektron auf, während im Sauerstoffatom zwei Elektronen das gleiche p-Orbital besetzen müssen, so daß auf Grund der elektrostatischen Abstoßung zwischen diesen beiden Elektronen die Bindung an das Atom geschwächt wird. Das allgemeine Ansteigen der Ionisierungsenergien mit wachsender Ordnungszahl beruht darauf, daß jede zusätzliche Erhöhung der Kernladung zu einer festeren Bindung aller Elektronen an das Atom führt. Beachten Sie auch, daß die Ionisierungsenergie des Neons besonders hoch ist. Alle Edelgase (Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon und Radon) besitzen beträchtlich höhere Ionisierungsenergien als die ihnen vorangehenden Elemente. Darüber hinaus folgt auf jedes Edelgas ein Element, daß eine sehr niedrige Ionisierungsenergie besitzt. So beträgt ζ. B. der Wert der Ionisierungsenergie des Natriums (Ordnungszahl 11) nur 5,1 eV.

Tabelle 5-3 Elektronenkonfigurationen und erste Ionisierungsenergien für die Elemente mit der Ordnungszahl 5-10. Element

Ordnungszahl

Elektronenkonfiguration

Erste Ionisierungsenergie (eV)

Bor Kohlenstoff Stickstoff Sauerstoff Fluor Neon

5 6 7 8 9 10

(1

(b)W(2p)2 (l*)W(2/>)3 (l5)W(2p)4 (l*)W(2/>)5

8,3 11,3 14,5 13,6 17,4 21,6

s)W(2p)

(is)2(2s)2(2p)6

Beispiel 5-8 Beschreiben Sie die Verteilung der Elektronen auf die p-Orbitale von Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff, und geben Sie dafür eine schematische Darstellung an. Lösung Die Elektronenkonfigurationen der Elemente Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff sind C: (ls) 2 (2s) 2 (2p) 2

N: (ls) 2 (2s) 2 (2p) 3

O: (ls) 2 (2s) 2 (2p) 4

Diese Konfigurationen können wir schematisch darstellen durch it it J L J ls 2s 2p, 2py 2p z Kohlenstoff

ü ! t _ L J _ _ ! _ ls 2s 2px 2py 2p z Stickstoff

A i ü i L J L ls 2s 2p„ 2py 2p z Sauerstoff

Beachten Sie, daß die Elektronen, wenn sie sich auf Orbitale mit gleicher Energie (sogenannte „entartete" Orbitale) wie ζ. B. die drei 2p-Orbitale verteilen, zunächst

144

5 Die Elektronenstruktur der Atome

jedes der zur Verfügung stehenden Orbitale einfach besetzen, bevor sie sich in irgendein Orbital paarweise einordnen (wobei sie sich dann nur noch durch die entgegengesetzten Richtungen ihrer Spins unterscheiden, wie in der schematischen Darstellung in Beispiel 5-8 angedeutet ist). Dies entspricht der Hundschen Regel, die besagt, daß bei Vorliegen einer Reihe von Orbitalen mit derselben Energie die Elektronenspins, wenn möglich, ungepaart bleiben. Helium und Neon sind nun Elemente, bei denen gerade genug Elektronen vorhanden sind, um alle Orbitale mit der Hauptquantenzahl η = 1 für Helium und η = 2 für Neon vollständig zu besetzen. Wir folgern daraus, daß die bemerkenswerte chemische Trägheit der Gruppe der Edelgase daher rührt, daß sie über vollständig besetzte Orbitalsätze (Elektronenschalen) verfügen. Die Tatsache, daß auf die Edelgase stets ein sehr reaktionsfreudiges Element folgt, paßt sich widerspruchslos in unser Modell ein, da das nächste Elektron, das nach Auffüllung eines Satzes von Orbitalen in das Atom eingebaut wird, eine neue, weiter vom Kern entfernte Elektronenschale besetzen muß, in der das Elektron viel weniger fest gebunden ist.

5—5 Die schwereren Elemente Eine Untersuchung der Regeln für erlaubte Quantenzahlen zeigt einen einfachen Zusammenhang zwischen der Hauptquantenzahl η und der Anzahl der mit ihr im Höchstfalle verknüpften Elektronen. Die Maximalzahl von Elektronen mit einer Hauptquantenzahl η ist In2. Diese Beziehung besagt, daß zwei Elektronen in der η = 1-Schale und acht Elektronen in der η = 2-Schale untergebracht werden können. Sie sagt weiterhin voraus, daß in der Schale mit η — 3 achtzehn Elektronen ihren Platz finden können. Wir würden danach erwarten, daß das nächste Edelgas nach Neon eine Ordnungszahl von 10 -I-18 = 28 besitzen müßte. Das nächste Mitglied der Gruppe der Edelgase ist jedoch das Argon mit der Ordnungszahl 18. Darüber hinaus ist das Element 28, das Nickel, ein metallisches Element, das in vielen Verbindungen chemisch gebunden angetroffen wird. Die besonders stabile Konfiguration des Argons ist mit der Auffüllung der 3 s- und 3p-Orbitale verknüpft, wobei die Orbitale mit η = 3 und / = 2, die sogenannten d-Orbitale, nicht besetzt werden. Die 3d-Orbitale werden erst aufgefüllt, nachdem einige Elektronen Orbitale der nächsthöheren Elektronenschale mit η = 4 besetzt haben, was zu der Reihe der Übergangsmetalle führt. Dieses Ergebnis ist etwas verwirrend, aber es folgt aus der Tatsache, daß Elektronen mit der Bahndrehimpulsquantenzahl 1 = 2 recht stark von den anderen Elektronen desselben Atoms abgestoßen werden. Während die Buchstaben s und ρ zur Kennzeichnung der Orbitale mit / = 0 bzw. I = 1 verwendet werden, wird für Orbitale mit 1 = 2 der Buchstabe d benutzt. Die dOrbitale erlangen erstmals in der vierten Periode des Periodensystems Bedeutung. Wenn 1 = 2 ist, gibt es fünf d-Orbitale gleicher Energie genauso, wie es drei p-Orbitale mit 1=1 gab. Diese fünf Orbitale entsprechen den fünf Werten, die m

145

Die schweren Elemente

annehmen kann, wenn 1 = 2 ist, d.h. m = 2, 1, 0, - 1 , - 2 . D a jedes Orbital zwei Elektronen mit dem Spin + j und - j aufnehmen kann, nimmt der Satz der fünf dOrbitale maximal zehn Elektronen auf. D i e Elektronenkonfigurationen der Elemente sind in Tabelle 5 - 4 zusammen mit ihren ersten Ionisierungsenergien (die Energie, die aufgewendet werden muß, u m das erste Elektron aus einem A t o m zu entfernen, d. h. das A t o m einfach zu ionisieren) angegeben. Tabelle 5 - 4 Die Elektronenkonfigurationen und ersten Ionisierungsenergien der Elemente. Ζ

Atom

Elektronenkonfiguration der Orbitale

Erste Ionisierungsenergie (eV)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Η He Li Be Β C Ν Ο F Ne Na Mg Al Si Ρ s C1 Ar Κ Ca Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn Ga Ge As Se Br Kr Rb Sr Y

Ii is2 (He)2i (He)2i 2 (He)2s22p (He)2s22p2 (He)2s22p3 (He)2s22p4 (He)2s22p5 (He)2s22p6 (Ne)3 s (Ne)3i 2 (Ne)3s23p (Ne)3s23/>2 (Ne)3s23/?3 (Ne)3s23/>4 (Ne)3j23/?5 (Ne)3s23p6 (Ar)4j (Ar)4.s2 (Ar)4s23d (Ar)4s23d2 (Ar)4s23d3 (Ar)4s3d5 (Ar)4s23d5 (Ar)4s23d6 (Ar)4s23d7 (Ar)4s23d8 (Ar)4s3d10 (Ar)4s23d10 (Ar)4s23d104p (Ar)4s23d104p2 (Ar)4s23d104p3 (Ar)4s23d104p4 (Ar)4s23d'°4p5 (Ar)4s23d104p6 (Kr)5 s (Kr)5 52 (Kr)5i 2 4i/

13,60 24,48 5,39 9,32 8,30 11,26 14,54 13,61 17,42 21,56 5,14 7,64 5,98 8,15 10,48 10,36 13,01 15,76 4,34 6,11 6,54 6,82 6,74 6,76 7,43 7,87 7,86 7,63 7,72 9,39 6,00 7,88 9,81 9,75 11,84 14,00 4,18 5,69 6,38

146 Tabelle 5-4

5 Die Elektronenstruktur der Atome (Fortsetzung)

Ζ

Atom

Elektronenkonfiguration der Orbitale

Erste Ionisierungsenergie (eV)

40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86

Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Te I Xe Cs Ba La Ce Pr Nd Pm Sm Eu Gd Tb Dy Ho Er Tm Yb Lu Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg T1 Pb Bi Po At Rn

(Kr)5s24