Mitteleuropäische Bronzezeit: Beiträge zur Archäologie und Geschichte. Vom 24. bis 26. April 1975 in Dresden [Reprint 2022 ed.] 9783112614945, 9783112614938


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German Pages 336 [360] Year 1979

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Mitteleuropäische Bronzezeit: Beiträge zur Archäologie und Geschichte. Vom 24. bis 26. April 1975 in Dresden [Reprint 2022 ed.]
 9783112614945, 9783112614938

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Mitteleuropäische

Bronzezeit zur Archäologie und Geschichte Historiker - Gesellsch a f t der DDR

Akademie-Verlag Berlin

Bedeutende bronzezeitliche Fundplätze des Vorderen Orients, Südost- und Mitteleuropas. i . Ur 2. Susa 3. Babylon 4. Assur 5. Mari 6. Byblos 7. Ugarit 8. E m a r

9. Kap

Gelidonya 10. Knossos 1 1 . Boghazköy 12. T i o j a 13. Mykene 14. Kesthely i5.Caka 16. O'ckov 17. Velatice 18. Unetice 19. Leubingen 20. Waltersdorf 2 1 . Dresden-Coschütz 22. T o r n o w 23. Helmsdorf 24. Berlin-Buch 25. Seddin 26. L o s s o w 27. Ksiazek 28. Lutomiersk 29. Biskupin 30. Woryty

Mitteleuropäische Bronzezeit Beiträge zur Archäologie und Geschichte

HISTORIKER-GESELLSCHAFT DER DDR VIII. Tagung der Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte vom 24. bis 26. April 1975 in Dresden

Mitteleuropäische Bronzezeit Beiträge zur Archäologie und Geschichte

Im Auftrag der Historiker-Gesellschaft der D D R herausgegeben von W E R N E R COBLENZ und FRITZ H O R S T

mit 118 Textabbildungen

AKADEMIE-VERLAG 1978

BERLIN

Erschienen im Akademie-Verlag. 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1978 Lizenznummer: 202 • 100/117/78 • P 11/77 Umschlag: Annemarie Wagner Gesamtherstellung: VEB Druckerei „ T h o m a s M ü n t z e r " , 582 Bad Langensalza Bestellnummer: 752 959 3 (6323) • LSV 0225 Printed in G D R D D R 28.— M

Mitteleuropäische Bronzezeit

Berlin 1978

Seite V

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Klengel, Horst Vorderasien und Ägäis. Ein Überblick über den bronzezeitlichen Handel

5

Quitta, Hans Radiokarbondaten und die Zeitstellung der "verbrannten Stadt" von Troja

27

Bockisch, Gabriele Sozialökonomische Probleme der ausgehenden Bronzezeit im ägäischen Raum

31

Bouzek, Jan Östlicher Mittelmeerraum und Mitteleuropa Die bronzezeitlichen Beziehungen auf Grund der archäologischen Quellen

47

Otto, Karl-Heinz Die historische Bedeutung der mittleren und jüngeren Bronzezeit in Mitteleuropa

57

Breddin, Rolf Die mittel- und jungbronzezeitlichen Stämme im südlichen Teil der DDR (Lausitzer Kultur)

71

Peschel, Karl Die Gliederung der jüngeren Bronzezeit in Thüringen

87

Schmidt, Berthold Die jungbronzezeitlichen Stämme im Elb-Saale-Gebiet

121

Horst, Fritz Die jungbronzezeitlichen Stämme im nördlichen Teil der DDR .

.

.

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137

Mitteleuropäische Bronzezeit

Berlin 1978

Seite V

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Klengel, Horst Vorderasien und Ägäis. Ein Überblick über den bronzezeitlichen Handel

5

Quitta, Hans Radiokarbondaten und die Zeitstellung der "verbrannten Stadt" von Troja

27

Bockisch, Gabriele Sozialökonomische Probleme der ausgehenden Bronzezeit im ägäischen Raum

31

Bouzek, Jan Östlicher Mittelmeerraum und Mitteleuropa Die bronzezeitlichen Beziehungen auf Grund der archäologischen Quellen

47

Otto, Karl-Heinz Die historische Bedeutung der mittleren und jüngeren Bronzezeit in Mitteleuropa

57

Breddin, Rolf Die mittel- und jungbronzezeitlichen Stämme im südlichen Teil der DDR (Lausitzer Kultur)

71

Peschel, Karl Die Gliederung der jüngeren Bronzezeit in Thüringen

87

Schmidt, Berthold Die jungbronzezeitlichen Stämme im Elb-Saale-Gebiet

121

Horst, Fritz Die jungbronzezeitlichen Stämme im nördlichen Teil der DDR .

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137

Wüstemann, Harry Zur Sozialentwicklung während der Bronzezeit im Norden der DDR .

195

Jäger, Klaus-Dieter und Lozek, Vojen Umweltbedingungen und Landesausbau während der Urnenfelderbronzezeit in Mitteleuropa

211

Horst, Fritz Zum Stand der Erforschung des jungbronzezeitlichen Siedlungswesens auf dem Gebiet der DDR

231

Coblenz, Werner Zu den befestigten Siedlungen der Lausitzer Kultur in der DDR

.

.

.

239

Bukowski, Zbigniew Offene und befestigte bronzezeitliche Siedlungen in Polen

255

D^browski, Jan Feldforschungen im Siedlungskomplex der Lausitzer Kultur bei Woryty, Wojewodschaft Olsztyn

281

Gediga, Bogesjàw Forschungen zum bronzezeitlichen Siedlungswesen im westlichen Teil Polens

289

Gedl, Marek Probleme des Burgenbaues bei den Stämmen der Lausitzer Kultur in Süd-Polen

295

Breddin, Rolf Die Ausgrabungen auf dem bronzezeitlichen Hügelgräberfeld von Tornow, Kr. Calau. Ein Beitrag zum Grabkult der Lausitzer Kultur

299

Geisler, Horst Die Opferschächte von Frankfurt/O. - Lossow

307

Albrecht, Martin Anthropomorphe Darstellungen der jüngeren Bronzezeit aus dem nördlichen Mittel- und südlichen Nordeuropa

315

Mitteleuropäische Bronzezeit



Berlin 1978



Seite 1 - 3

Vorwort

Vom 24. - 26. April 1975 führte die Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte der HistorikerGesellschaft der DDR in Verbindung mit dem Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden ihre VIII. Zentrale Tagung'' in Dresden durch. Der Einladung waren etwa 130 Teilnehmer, Wissenschaftler, Lehrer, Studenten, kulturpolitisch Tätige und Interessierte, gefolgt. Unter ihnen befanden sich auch Gäste v

aus der CSSR und der VR Polen. Nachdem auf den vorangegangenen Veranstaltungen verschiedene urgeschichtliche Perioden behandelt worden waren, sollte diesmal die "historische Bedeutung der mittleren und jüngeren Bronzezeit in Mitteleuropa" gewürdigt werden. Das Ziel der Tagung bestand darin, den bei der Erforschung der mitteleuropäischen Bronzezeit erreichten Stand aufzuzeigen und zu diskutieren sowie ihn entsprechend der Aufgabenstellung der Historiker-Gesellschaft der DDR zu popularisieren. Die Bronzezeit ist die urgeschichtliche Periode, in der Geräte, Waffen und Schmuckgegenstände vorwiegend aus Bronze angefertigt wurden. Die Erzeugung der Bronze markierte nicht nur einen Wendepunkt in der mehrtausendjährigen Geschichte der Kupfermetallurgie, sie leitete auch bedeutende gesellschaftliche Umwälzungen ein. Im Vorderen Orient und in der Ägäis hatte die Erzeugung der Bronze zusammen mit anderen Faktoren Anteil an der Herausbildung und Entwicklung der altorientalischen Klassengesellschaft. Die Mehrzahl der Stämme der Alten Welt, darunter auch die im mitteleuropäischen Raum, übernahm die Bronzemetallurgie bei einem bestimmten Stand der Entwicklung der Produktivkräfte noch auf der Stufe urgesellschaftlicher Produktionsverhältnisse. Dem Stand der Produktivkräfte entsprechend waren diese in ihre Zerfallsphase, die "militärische Demokratie", eingetreten. In der Bronzezeit fand auf europäischem Boden erstmals eine Konfrontation zwischen Klassengesellschaft und in ur gesellschaftlichen Verhältnissen lebenden Stämmen statt. Während der mittleren Bronzezeit, in Mitteleuropa vorwiegend durch die Stämme der Hügelgräberkultur vertreten, bestanden vielfältige und weitreichende Handelsbeziehungen zur mykenischen Gesellschaft. Diese Zeit war jedoch keineswegs eine friedliche

Mitteleuropäische Bronzezeit



Berlin 1978



Seite 1 - 3

Vorwort

Vom 24. - 26. April 1975 führte die Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte der HistorikerGesellschaft der DDR in Verbindung mit dem Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden ihre VIII. Zentrale Tagung'' in Dresden durch. Der Einladung waren etwa 130 Teilnehmer, Wissenschaftler, Lehrer, Studenten, kulturpolitisch Tätige und Interessierte, gefolgt. Unter ihnen befanden sich auch Gäste v

aus der CSSR und der VR Polen. Nachdem auf den vorangegangenen Veranstaltungen verschiedene urgeschichtliche Perioden behandelt worden waren, sollte diesmal die "historische Bedeutung der mittleren und jüngeren Bronzezeit in Mitteleuropa" gewürdigt werden. Das Ziel der Tagung bestand darin, den bei der Erforschung der mitteleuropäischen Bronzezeit erreichten Stand aufzuzeigen und zu diskutieren sowie ihn entsprechend der Aufgabenstellung der Historiker-Gesellschaft der DDR zu popularisieren. Die Bronzezeit ist die urgeschichtliche Periode, in der Geräte, Waffen und Schmuckgegenstände vorwiegend aus Bronze angefertigt wurden. Die Erzeugung der Bronze markierte nicht nur einen Wendepunkt in der mehrtausendjährigen Geschichte der Kupfermetallurgie, sie leitete auch bedeutende gesellschaftliche Umwälzungen ein. Im Vorderen Orient und in der Ägäis hatte die Erzeugung der Bronze zusammen mit anderen Faktoren Anteil an der Herausbildung und Entwicklung der altorientalischen Klassengesellschaft. Die Mehrzahl der Stämme der Alten Welt, darunter auch die im mitteleuropäischen Raum, übernahm die Bronzemetallurgie bei einem bestimmten Stand der Entwicklung der Produktivkräfte noch auf der Stufe urgesellschaftlicher Produktionsverhältnisse. Dem Stand der Produktivkräfte entsprechend waren diese in ihre Zerfallsphase, die "militärische Demokratie", eingetreten. In der Bronzezeit fand auf europäischem Boden erstmals eine Konfrontation zwischen Klassengesellschaft und in ur gesellschaftlichen Verhältnissen lebenden Stämmen statt. Während der mittleren Bronzezeit, in Mitteleuropa vorwiegend durch die Stämme der Hügelgräberkultur vertreten, bestanden vielfältige und weitreichende Handelsbeziehungen zur mykenischen Gesellschaft. Diese Zeit war jedoch keineswegs eine friedliche

und ruhige Ära. Eine große Zahl befestigter Siedlungen und zahlreiche Waffenfunde deuten an, daß die Kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen zugenommen hatten und zu einer typischen Erscheinung in den Beziehungen zwischen den Gemeinschaften geworden waren. In der jüngeren Bronzezeit, in Mitteleuropa vorrangig durch die Stämme der Urnenfelder- und speziell der Lausitzer Kultur repräsentiert, sind weitere Veränderungen in den Beziehungen zwischen den Gemeinschaften zu beobachten. Diese sind wirtschaftlich, politisch und kulturell erstarkt und zu einer bedeutenden gesellschaftlichen Kraft geworden. Die militär-demokratisch organisierten Stämme verfolgten nun im Zusammenhang mit Beutekriegen auch expansive Ziele. Die Stoßrichtung zielte dabei eindeutig auf die mykenische Machtsphäre und war auf die Erbeutung des dortigen Reichtums gerichtet. Die spätmykenischen Zentren, darunter auch die Burg von Mykene, wurden zerstört, Bestattungsplätze aufgelassen, Kulturen hörten auf zu bestehen. Die Stämme der Urnenfelder- und der Lausitzer Kultur erweiterten ihre Siedlungsgebiete aber auch in nördliche Richtung und wurden dadurch zu direkten Nachbarn der Stämme im nördlichen Mitteleuropa, sie beeinflußten die Entwicklung dort von diesem Zeitpunkt an progressiv. Die historisch hoch interessante und für die nachfolgende Entwicklung in Mitteleuropa so wichtige Periode bedarf noch der weiteren Analysen und Interpretationen der archäologischen und der anderen Quellen sowie der Diskussion des gegenwärtigen Forschungsstandes mit dem Ziel, die marxistisch-leninistische Geschichtsschreibung für diese Periode weiter zu fördern. Diese Aufgabe wurde nun auf der VIII. Tagung der Fachgruppe für Ur- und Frühgeschichte der Historiker-Gesellschaft der DDR in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Orientalisten, Althistorikern, Archäologen, Metalv lurgen, Botanikern und Zoologen aus der DDR, der CSSR und der VR Polen in Angriff genommen. In dem 15 Vorträge umfassenden Programm, das zahlreiche Diskussionsbeiträge bereicherten, wurde versucht, die kulturellen Erscheinungen und deren Grundlagen in Mitteleuropa in Beziehung zum Bild von der Bronzezeit im Vorderen Orient und der Ägäis sowie zum südosteuropäischen Mittlerraum zubringen. Darüber hinaus sollte für das Gebiet der DDR eine möglichst geschlossene Übersicht über die Geschichte und Kultur der mittel- und jungbronzezeitlichen Stämme gegeben werden. Zum erfolgreichen Verlauf der Tagung haben alle Referenten und Diskussionsredner beigetragen, denen dafür gedankt sei. Das gilt besonders für die Referenten, die den Platz von erkrankten Kollegen eingenommen haben. So erklärte sich Herr Prof. Dr. K.-H. OTTO kurzfristig bereit, das Hauptreferat und Herr Dr. R. BREDDIN den Vortrag über die "Lausitzer Kultur" zu übernehmen.

2

Leider war es nicht möglich, alle Beiträge in diesem Band geschlossen vorzulegen. So wurde der Vortrag von Herrn Prof. Dr. G. BEHM-BLANCKE inzwischen an anderer Stelle (Ausgrabungen und Funde 21, 1976, S. 80-88) veröffentlicht, das Manuskript des Referats von Herrn Dr. G. BILLIG noch nicht eingereicht. Zur Komplettierung bzw. zur Abrundung des Bildes wurden deshalb einige zusätzliche Beiträge in den Band aufgenommen. Den Verfassern, Frau Dr. habil. G. BOCKISCH, Herrn Dipl. phil. M. ALBRECHT und Herrn Dr. B. SCHMIDT, sei für ihre Bereitschaft gedankt. Des weiteren wurden einige Diskussionsredner, die Herren Dozenten Dr. habil. J . DABROWSKI, Dr. habil. B. GEDIGA und Dr. habil. M. GEDL, gebeten, ihre Ausführungen für den Druck zu erweitern. Dankenswerterweise kamen sie dieser Bitte nach. Im Namen des Vorstandes der Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte sei auch allen ge2 dankt, die zum Gelingen der Tagung und der diese beschließenden Exkursionen beigetragen haben. Dazu gehören in erster Linie das Sekretariat der Historiker-Gesellschaft unter Leitung von Dipl. Hist. E. BIBOW und die Mitarbeiter des Landesmuseums für Vorgeschichte Dresden. Dank sei auch allen denen gesagt, die Anteil an der redaktionellen Bearbeitung des Bandes und seiner Ausstattung mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen hatten. Dazu gehören vor allem Frau G. EITNER und Frau M. ROTHE, die den größten Teil der Zeichnungen anfertigten, sowie Frau A. MAHN, die die Reinschrift nahezu aller Beiträge besorgte. W. COBLENZ

F. HORST

Anmerkungen 1 Übersichten über den Tagungsverlauf vermitteln Berichte in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 17, 1976, S. 164-166 (M. ALBRECHT), Wissenschaftliche Mitteilungen der Historiker-Gesellschaft der DDR in, 1975, S. 67-74 (R. BREDDIN), Zeitschrift für Archäologie 9, 1975, S. 322 (F. HORST) und Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 23, 1975, S. 1200-1202 (A. KOPPE). 2 Es wurden 2 Exkursionen unternommen: Die eine führte zu den Burgen des mittelsächsischen Gebiets (Leitung: Dr. H. KAUFMANN und Dipl. phil. W. BAUMANN), die andere in die Oberlausitz (Leitung: Dipl. phil. R. SPEHR und Dipl. prähist. K. KROITZSCH). Den Teilnehmern stand ein "Exkursionsführer" mit Abbildungen und Plänen von Dr. sc. W. COBLENZ zur Verfügung.

3

Mitteleuropäische Bronzezeit

Berlin 1978

Seite 5 - 2 5

Vorderasien und Ägäis. Ein Überblick über den bronzezeitlichen Handel von HORST KLENGEL

Ein Vertreter der Keilschriftforschung, der es übernommen hat, auf einer Tagung zu sprechen, die sich Problemen der mittleren und späten Bronzezeit widmet, muß zunächst bekennen, daß er zur eigentlichen Thematik keinen unmittelbaren Beitrag zu leisten vermag. Denn es gibt in dem von ihm überschauten oder erforschten inschriftlichen Material des bronzezeitlichen Vorderasiens so gut wie keinen Hinweis auf Kontakte zwischen den Hochkulturen Mesopotamiens, Syriens und Anatoliens einerseits und dem zentralen Europa andererseits. Der Horizont der Keilschrifttexte reicht über die Ägäis nicht hinaus; gelegentliche Versuche, geographische Namen weiter westlich zu lokalisieren, stehen auf einer so unsicheren Basis, daß sich aus ihnen keine Schlußfolgerungen ableiten lassen. Nur das plötzliche Auftauchen und Vordringen der sogenannten "Seevölker" im Überlieferungshorizont des Vorderen Orients markiert eine ethnische Umgruppierung, die aus dem Bereich der südosteuropäischen Urnenfelderkultur weit nach Vorderasien hinein wirkte und die auch in der materiellen Kultur der von ihr berührten Gebiete einige, wenngleich auch dürftige Spuren hinterlassen hat (R.D. BARNETT 1969). Jedoch mit diesem eher "passiven" Kontakt Vorderasiens zur europäischen Bronzezeit befinden wir uns zeitlich bereits an der unteren Grenze jener Periode, die wir als Bronzezeit Vorderasiens bezeichnen können und die etwa von 3100 bis 1200 v . u . Z . angesetzt wird. Was den archäologischen Befund betrifft, so lassen sich in ihm zwar eine Reihe von Übereinstimmungen, Gemeinsamkeiten oder Parallelen zwischen dem Vorderen Orient und Mitteleuropa feststellen, doch bleiben die zugrundeliegenden historischen Vorgänge ohne das Zeugnis entsprechender Schriftquellen im Dunkeln. * Dennoch wäre es unberechtigt, für die Bronzezeit das Bild allzu düster zu zeichnen und im Hinblick auf Zeugnisse gegenseitigen Kontaktes von einer tabula rasa zu sprechen. Wenn es aber einige Erscheinungen und Funde gibt, die in diesem Zusammenhang als Indiz für materielle und kulturelle Beziehungen zwischen diesen voneinander weit entfernten Bereichen angeführt werden können, so werden sie nur verständlich, wenn die Rolle des ägäischen Raumes berücksichtigt wird. Die Ägäis, d. h. die Küstengebiete des Ägäischen Meeres und seine Inselwelt einschließlich Kreta, liegt an der

Mitteleuropäische Bronzezeit

Berlin 1978

Seite 5 - 2 5

Vorderasien und Ägäis. Ein Überblick über den bronzezeitlichen Handel von HORST KLENGEL

Ein Vertreter der Keilschriftforschung, der es übernommen hat, auf einer Tagung zu sprechen, die sich Problemen der mittleren und späten Bronzezeit widmet, muß zunächst bekennen, daß er zur eigentlichen Thematik keinen unmittelbaren Beitrag zu leisten vermag. Denn es gibt in dem von ihm überschauten oder erforschten inschriftlichen Material des bronzezeitlichen Vorderasiens so gut wie keinen Hinweis auf Kontakte zwischen den Hochkulturen Mesopotamiens, Syriens und Anatoliens einerseits und dem zentralen Europa andererseits. Der Horizont der Keilschrifttexte reicht über die Ägäis nicht hinaus; gelegentliche Versuche, geographische Namen weiter westlich zu lokalisieren, stehen auf einer so unsicheren Basis, daß sich aus ihnen keine Schlußfolgerungen ableiten lassen. Nur das plötzliche Auftauchen und Vordringen der sogenannten "Seevölker" im Überlieferungshorizont des Vorderen Orients markiert eine ethnische Umgruppierung, die aus dem Bereich der südosteuropäischen Urnenfelderkultur weit nach Vorderasien hinein wirkte und die auch in der materiellen Kultur der von ihr berührten Gebiete einige, wenngleich auch dürftige Spuren hinterlassen hat (R.D. BARNETT 1969). Jedoch mit diesem eher "passiven" Kontakt Vorderasiens zur europäischen Bronzezeit befinden wir uns zeitlich bereits an der unteren Grenze jener Periode, die wir als Bronzezeit Vorderasiens bezeichnen können und die etwa von 3100 bis 1200 v . u . Z . angesetzt wird. Was den archäologischen Befund betrifft, so lassen sich in ihm zwar eine Reihe von Übereinstimmungen, Gemeinsamkeiten oder Parallelen zwischen dem Vorderen Orient und Mitteleuropa feststellen, doch bleiben die zugrundeliegenden historischen Vorgänge ohne das Zeugnis entsprechender Schriftquellen im Dunkeln. * Dennoch wäre es unberechtigt, für die Bronzezeit das Bild allzu düster zu zeichnen und im Hinblick auf Zeugnisse gegenseitigen Kontaktes von einer tabula rasa zu sprechen. Wenn es aber einige Erscheinungen und Funde gibt, die in diesem Zusammenhang als Indiz für materielle und kulturelle Beziehungen zwischen diesen voneinander weit entfernten Bereichen angeführt werden können, so werden sie nur verständlich, wenn die Rolle des ägäischen Raumes berücksichtigt wird. Die Ägäis, d. h. die Küstengebiete des Ägäischen Meeres und seine Inselwelt einschließlich Kreta, liegt an der

Grenze zwischen Europa und Vorderasien. Ihre rasche ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung im 3. und dann vor allem im 2. Jahrtausend v.u. Z. machte sie zum Partner Vorderasiens und zugleich zum Mittler zwischen dem östlichen Mittelmeergebiet und Europa. Kann demnach das, was im folgenden ausgeführt werden soll, nur in Verbindung mit der nachfolgenden Untersuchung J. BOUZEKS als ein Beitrag zur Tagungsthematik verstanden werden, so erscheint es andererseits nicht ohne Nutzen, den Blick aus dem mitteleuropäischen Bereich einmal nach dem bronzezeitlichen Orient zu wenden. Eine Information über die gesellschaftliche Entwicklung Vorderasiens im 3. und 2. Jahrtausend v.u. Z. und das Ausgreifen seiner Handelskontakte ist sogar geboten, wenn man sich um die Erkenntnis bemüht, welchen Platz die Entwicklung im bronzezeitlichen Mitteleuropa welthistorisch einnimmt. Der zeitliche Rahmen wurde bereits mit 3100 bis 1200 angegeben; er kann in die Abschnitte 3100 bis 2100 (frühe Bronzezeit), 2100 bis 1600 (mittlere Bronzezeit) sowie 1600 bis 1200 (späte Bronzezeit) aufgegliedert werden. Der Umstand, daß für das 3. und 2. Jahrtausend v.u. Z. die Geschichte Vorderasiens durch ein äußerst umfangreiches inschriftliches Material dokumentiert ist, daß dadurch insbesondere die politische Entwicklung der verschiedenen vorderasiatischen Regionen erfaßt werden kann, hat diese Periodisierung allerdings stark in den Hintergrund treten lassen. Sie wird fast nur noch dann verwendet, wenn entweder unterschiedliche Entwicklungen unter einem zeitlichen Begriff zusammengefaßt werden sollen, ohne daß dafür ein adäquater Terminus aus dem Gebiet der politischen Geschichte herangezogen werden kann, oder aber die inschriftliche Überlieferung für ein Gebiet zu spärlich oder lückenhaft ist, um die Grundlage für eine Periodisierung abzugeben. In Mesopotamien hat sich in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends der Übergang von der Urgesellschaft zur Klassengesellschaft vollzogen (H. KLENGEL 1973). Das war ein Ergebnis eines langwährenden Zerfallsprozesses der Urgesellschaft, während dessen sich die einzelnen Elemente der alt orientalischen Klassengesellschaft herausbildeten. Dieser weltgeschichtlich bedeutsame Umbruch vollzog sich zuerst im südmesopotamischen Bewässerungsbereich, wo die notwendige Kooperation, Koordinierung und Kontinuität bei der Durchführung der landwirtschaftlichen Arbeiten die Herausbildung und Verselbständigung einer politischen Gewalt begünstigte. Soll die frühe Bronzezeit, also etwa das 3. Jahrtausend, durch einige grundlegende Entwicklungen 2

charakterisiert werden, so könnte Folgendes herausgestellt werden:

Das ursprüngli-

che Gemeineigentum an Grund und Boden wurde endgültig als das dominierende Produktionsverhältnis überwunden und durch Eigentumsverhältnisse der Klassengesellschaft ersetzt. Es gliederte sich aus dem Gemeineigentum einerseits das staatliche Eigentum aus, zunächst vor allem als Tempeleigentum (d. h. eines Gottes), dann im6

mer mehr als Eigentum des Palastes (d.h. eines Herrschers). Die herrschende Klasse, die sich um die Tempel und den Palast gruppierte, kämpfte um einen größtmöglichen Anteil am gesellschaftlich erzeugten Mehrprodukt; das Ende des 3. Jahrtausends zeigt den vollen Sieg des Palastes über die Tempel, die in die Palastwirtschaft mehr, oder weniger integriert wurden. Andererseits kam es innerhalb der Gemeinden zu einer Ausdifferenzierung kleiner Bodeneigentümer; aus kollektiven Eigentümern wandelten sich die Gemeinden immer mehr in Kollektive von Eigentümern um (I. M. DIAKONOFF 1968, S. 5). Es entstand das, was oft als die beiden "Sektoren" altmesopotamischer Wirtschaft bezeichnet worden ist: Der staatliche (d.h. Tempel und Palast) sowie der private, in eine Gemeinde eingebundene Sektor (I. M. DIAKONOFF 1972, S. 43 ff.). Bei der Abschöpfung des Mehrprodukts durch die herrschende Klasse spielte der außerökonomische Zwang eine hervorragende Rolle, den der Herrscher als Souverän des gesamten Landes ausüben konnte; er vermochte sich dabei in zunehmendem Maße auf eine von ihm unmittelbar abhängige Beamtenschaft zu stützen. In einem engen Zusammenhang damit standen während der frühen Bronzezeit die volle Ausprägung und zugleich der Formwandel des mesopotamischen Staates: Zunächst als sogenannter sumerischer Stadtstaat existierend, bei dem der Herrscher noch eng mit einer Gemeinde und den lokalen Autoritäten verbunden war, erfolgte nach der Mitte des 3. Jahrtausends der Übergang zum Territorialstaat und die Durchsetzung der Despotie als der typischen und zunächst durchaus progressiven - Staatsform der altorientalischen Gesellschaft (I. M. DIAKONOFF 1969, S. 173 ff.). Die Zeit der Ol. Dynastie von Ur, die am Ende des 3. Jahrtausends fast ganz Mesopotamien zu einer politischen Einheit zusammenschloß, bedeutete einen ersten Höhepunkt dieser Entwicklung, zugleich - im Übergang zur mittleren Bronzezeit - auch den Beginn wesentlicher gesellschaftlicher Umbrüche. Diese hier nur knapp angedeutete Entwicklung vollzog sich auf der Grundlage von Produktivkräften, die - insbesondere in der Bewässerungslandwirtschaft - schon am Ende des 4. Jahrtausends ein beträchtliches Niveau erreicht hatten. Kanalsysteme mit Wasserstau- und Hebevorrichtungen (B. BRENTJES 1974, S. 46 ff.), Pflug, Rad und Wagen, ein sich immer mehr spezialisierendes Handwerk innerhalb der sich rasch vergrößernden Städte und nicht zuletzt ein bereits weit ausgreifender Handel mögen hier genannt sein. Für diesen mesopotamischen Fernhandel des 3. Jahrtausends sind mehrere Faktoren von maßgeblicher Bedeutung gewesen: Zunächst die sozialökonomische Entwicklung selbst, die zur Konzentrationeines beträchtlichen Teiles des gesellschaftlichen Reichtums in wenigen Händen führte. Waren damit einerseits bessere Voraussetzungen für einen Austausch über größere Räume hinweg gegeben, so wuchsen dadurch gleichzeitig die Bedürfnisse insbesondere hinsichtlich Luxusartikeln. Sodann ist auf die natürlichen Bedingungendes mesopotamischen Alluviallandes zu verweisen, d.h. auf das Fehlen 7

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Abb. 1 Entfaltung der Ausstattungsgruppen bei Männer- und Frauenbestattungen im Verlauf der älteren Bronzezeit (die Säulenhöhe bezieht sich auf die Gräberzahl: 1 Grab = 1 mm)

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