Mitteleuropäische Bronzezeit: Beiträge zur Archäologie und Geschichte. 24.–26. April 1975 in Dresden [2. Auflage, Reprint 2022] 9783112613900, 9783112613894


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German Pages 336 [337] Year 1981

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Mitteleuropäische Bronzezeit: Beiträge zur Archäologie und Geschichte. 24.–26. April 1975 in Dresden [2. Auflage, Reprint 2022]
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Mitteleuropäische

Bronzezeit Beiträge zur Archäologie und Geschichte Historiker-Gesellschaft der DDR

Akademie-Verlag Berlin

Bedeutende, in den Beiträgen erwähnte bronzezeitliche Fundplätze des Vorderen Orients, Südost- und Mitteleuropas. i . Ur 2. Susa 3. Babylon 4. Assur 5. Mari 6. Byblos 7. Ugarit 8. E m a r 9. K a p Gelidonya 10. Knossos 1 1 . Boghazköy 1 2 . Troja 1 3 . Mykene 14. Keszthely 1 5 . Caka 16. O c k o v 1 7 . Velatice 18. Uiietice 19. Leubingen 20. Waltersdorf 22. T o r n o w 23. Helmsdorf 24. Berlin-Buch 25. Seddin 26. Lossow 28. Lutomiersk 29. Biskupin 30. Woryty

2 1 . Dresden-Coschütz 27. Ksiazek

Mitteleuropäische Bronzezeit Beiträge zur Archäologie und Geschichte

HISTORIKER-GESELLSCHAFT DER DDR VIII. Tagung der Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte vom 24. bis 26. April 1975 in Dresden

Mitteleuropäische Bronzezeit Beiträge zur Archäologie und Geschichte

Im Auftrag der Historiker-Gesellschaft der DDR herausgegeben von WERNER COBLENZ und FRITZ HORST

mit 118 Textabbildungen

2. Auflage

AKADEMIE-VERLAG 1981

BERLIN

Erschienen im Akademie-Verlag, 1086 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1978 Lizenznummer: 202 • 100/210/81 • P 316/80 Umschlag: Annemarie Wagner Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer", 5820 Bad Langensalza Bestellnummer: 752959 3 (6323) • LSV 0225 Printed in G D R D D R 28,— M

Mitteleuropäische Bronzezeit

Berlin 1978

Seite V

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Klengel, Horst Vorderasien und Ägäis. Ein Überblick über den bronzezeitlichen Handel

5

Quitta, Hans Radiokarbondaten und die Zeitstellung der "verbrannten Stadt" von Troja

27

Bockisch, Gabriele Sozialökonomische Probleme der ausgehenden Bronzezeit im ägäischen Raum

31

Bouzek, Jan Östlicher Mittelmeerraum und Mitteleuropa Die bronzezeitlichen Beziehungen auf Grund der archäologischen Quellen

47

Otto, Karl-Heinz Die historische Bedeutung der mittleren und jüngeren Bronzezeit in Mitteleuropa

57

Breddin, Rolf Die mittel- und jungbronzezeitlichen Stämme im südlichen Teil der DDR (Lausitzer Kultur)

71

Peschel, Karl Die Gliederung der jüngeren Bronzezeit in Thüringen

87

Schmidt, Berthold Die jungbronzezeitlichen Stämme im Elb-Saale-Gebiet

121

Horst, F r i t z Die jungbronzezeitlichen Stämme im nördlichen Teil der DDR . . . .

137

Wüstemann, Harry Zur Sozialentwicklung während der Bronzezeit im Norden der DDR .

.

J ä g e r , Klaus-Dieter und Lozek, Vojen Umweltbedingungen und Landesausbau während der Urnenfelderbronzezeit in Mitteleuropa

195

211

Horst, F r i t z Zum Stand der Erforschung des jungbronzezeitlichen Siedlungswesens auf dem Gebiet der DDR

231

Cobl^nz, Werner Zu den befestigten Siedlungen der Lausitzer Kultur in der DDR

239

Bukowski, Zbigniew Offene und befestigte bronzezeitliche Siedlungen in Polen

255

Dabrowski, Jan Feldforschungen im Siedlungskomplex der Lausitzer Kultur bei Woryty, Wojewodschaft Olsztyn

281

Gediga, Bogesjkw Forschungen zum bronzezeitlichen Siedlungswesen im westlichen Teil Polens

289

Gedl, Marek Probleme des Burgenbaues bei den Stämmen der Lausitzer Kultiir in Süd-Polen

295

Breddin, Rolf Die Ausgrabungen auf dem bronzezeitlichen Hügeleräberfeld von Tornow, Kr. Calau. Ein Beitrag zum Grabkult der Lausitzer Kultur

299

Geisler, Horst Die Opferschächte von Frankfurt/O. - Lossow

307

Albrecht, Martin Anthropomorphe Darstellungen der jüngeren Bronzezeit aus dem nördlichen Mittel-und südlichen Nordeuropa

315

Mitteleuropäische Bronzezeit

Berlin 1978

Seite 1 - 3

Vorwort

Vom 24. - 26. April 1975 führte die Fachgruppe U r - und Frühgeschichte der HistorikerGesellschaft der DDR in Verbindung mit dem Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden ihre VIII. Zentrale Tagung

in Dresden durch.

Der Einladung waren etwa 130 Teilnehmer, Wissenschaftler, Lehrer, Studenten, kulturpolitisch Tätige und Interessierte, gefolgt. Unter ihnen befanden sich auch Gäste v aus der CSSR und der VR Polen. Nachdem auf den vorangegangenen Veranstaltungen verschiedene urgeschichtliche Perioden behandelt worden waren, sollte diesmal die "historische Bedeutung der mittleren und jüngeren Bronzezeit in Mitteleuropa" gewürdigt werden. Das Ziel der Tagung bestand darin, den bei der Erforschung der mitteleuropäischen Bronzezeit erreichten Stand aufzuzeigen und zu diskutieren sowie ihn entsprechend der Aufgabenstellung der Historiker-Gesellschaft der DDR zu popularisieren. Die Bronzezeit ist die urgeschichtliche Periode, in der Geräte, Waffen und Schmuckgegenstände vorwiegend aus Bronze angefertigt wurden. Die Erzeugung der Bronze m a r kierte nicht nur einen Wendepunkt in der mehrtausendjährigen Geschichte der Kupfermetallurgie, sie leitete auch bedeutende gesellschaftliche Umwälzungen ein. Im Vorderen Orient und in der Ägäis hatte die Erzeugung der Bronze zusammen mit anderen Faktoren Anteil an der Herausbildung und Entwicklung der altorientalischen Klassengesellschaft. Die Mehrzahl der Stämme der Alten Welt, darunter auch die im mitteleuropäischen Raum, übernahm die Bronzemetallurgie bei einem bestimmten Stand der Entwicklung der Produktivkräfte noch auf der Stufe urgesellschaftlicher P r o duktionsverhältnisse. Dem Stand der Produktivkräfte entsprechend waren diese in ihre Zerfallsphase, die "militärische Demokratie", eingetreten. In der Bronzezeit fand auf europäischem Boden erstmals eine Konfrontation zwischen Klassengesellschaft und in ur gesellschaftlichen Verhältnissen lebenden Stämmen statt. Während der mittleren Bronzezeit, in Mitteleuropa vorwiegend durch die Stämme der Hügelgräberkultur vertreten, bestanden vielfältige und weitreichende Handelsbeziehungen zur mykenischen Gesellschaft. Diese Zeit war jedoch keineswegs eine friedliche

und ruhige Ära. Eine große Zahl befestigter Siedlungen und zahlreiche Waffenfunde deuten an, daß die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen zugenommen hatten und zu einer typischen Erscheinung in den Beziehungen zwischen den Gemeinschaften geworden waren. In der jüngeren Bronzezeit, in Mitteleuropa vorrangig durch die Stämme der Urnenfelder- und speziell der Lausitzer Kultur repräsentiert, sind weitere Veränderungen in den Beziehungen zwischen den Gemeinschaften zu beobachten. Diese sind wirtschaftlich, politisch und kulturell erstarkt und zu einer bedeutenden gesellschaftlichen Kraft geworden. Die militär-demokratisch organisierten Stämme verfolgten nun im Zusammenhang mit Beutekriegen auch expansive Ziele. Die Stoßrichtung zielte dabei eindeutig auf die mykenische Machtsphäre und war auf die Erbeutung des dortigen Reichtums gerichtet. Die spätmykenischen Zentren, darunter auch die Burg von Mykene, wurden zerstört, Bestattungsplätze aufgelassen, Kulturen hörten auf zu bestehen. Die Stämme der Urnenfelder- und der Lausitzer Kultur erweiterten ihre Siedlungsgebiete aber auch in nördliche Richtung und wurden dadurch zu direkten Nachbarn der Stämme im nördlichen Mitteleuropa, sie beeinflußten die Entwicklung dort von diesem Zeitpunkt an progressiv. Die historisch hoch interessante und für die nachfolgende Entwicklung in Mitteleuropa so wichtige Periode bedarf noch der weiteren Analysen und Interpretationen der archäologischen und der anderen Quellen sowie der Diskussion des gegenwärtigen Forschungsstandes mit dem Ziel, die marxistisch-leninistische Geschichtsschreibung für diese Periode weiter zu fördern. Diese Aufgabe wurde nun auf der VIII. Tagung der Fachgruppe für Ur- und Frühgeschichte der Historiker-Gesellschaft der DDR in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Orientalisten, Althistorikern, Archäologen, Metalv lurgen, Botanikern und Zoologen aus der DDR, der CSSR und der VR Polen in Angriff genommen. In dem 15 Vorträge umfassenden Programm, das zahlreiche Diskussionsbeiträge bereicherten, wurde versucht, die kulturellen Erscheinungen und deren Grundlagen in Mitteleuropa in Beziehung zum Bild von der Bronzezeit im Vorderen Orient und der Ägäis sowie zum südosteuropäischen Mittlerraum zu bringen. Darüber hinaus sollte für das Gebiet der DDR eine möglichst geschlossene Übersicht über die Geschichte und Kultur der mittel- und jungbronzezeitlichen Stämme gegeben werden. Zum erfolgreichen Verlauf der Tagung haben alle Referenten und Diskussionsredner beigetragen, denen dafür gedankt sei. Das gilt besonders für die Referenten, die den Platz von erkrankten Kollegen eingenommen haben. So erklärte sich Herr Prof. Dr. K.-H. OTTO kurzfristig bereit, das Hauptreferat und Herr Dr. R. BREDDIN den Vortrag über die "Lausitzer Kultur" zu übernehmen.

2

Leider war es nicht möglich, alle Beiträge in diesem Band geschlossen vorzulegen. So wurde der Vortrag von Herrn Prof. Dr. G. BEHM-BLANCKE inzwischen an anderer Stelle (Ausgrabungen und Funde 21, 1976, S. 80-88) veröffentlicht, das Manuskript des Referats von Herrn Dr. G. BILLIG noch nicht eingereicht. Zur Komplettierung bzw. zur Abrundung des Bildes wurden deshalb einige zusätzliche Beiträge in den Band aufgenommen. Den Verfassern, Frau Dr. habil. G. BOCKISCH, Herrn Dipl. phil. M. ALBRECHT und Herrn Dr. B. SCHMIDT, sei für ihre Bereitschaft gedankt. Des weiteren wurden einige Diskussionsredner, die Herren Dozenten Dr. habil. J. DABROWSKI, Dr. habil. B. GEDIGA und Dr. habil. M. GEDL, gebeten, ihre Ausführungen für den Druck zu erweitern. Dankenswerterweise kamen sie dieser Bitte nach. Im Namen des Vorstandes der Fachgruppe Ur- und Frühgeschichte sei auch allen ge2

dankt, die zum Gelingen der Tagung und der diese beschließenden Exkursionen

beige-

tragen haben. Dazu gehören in erster Linie das Sekretariat der Historiker-Gesellschaft unter Leitung von Dipl. Hist. E. BIBOW und die Mitarbeiter des Landesmuseums für Vorgeschichte Dresden. Dank sei auch allen denen gesagt, die Anteil an der redaktionellen Bearbeitung des Bandes und seiner Ausstattung mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen hatten. Dazu gehören vor allem Frau G. E1TNER und Frau M. ROTHE, die den größten Teil der Zeichnungen anfertigten, sowie Frau A. MAHN, die die Reinschrift nahezu aller Beiträge besorgte. W. COBLENZ

F. HORST

Anmerkungen 1 Übersichten über den Tagungsverlauf vermitteln Berichte in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 17, 1976, S. 164-166 (M. ALBRECHT), Wissenschaftliche Mitteilungen der Historiker-Gesellschaft der DDR in, 1975, S. 67-74 (R. BREDDIN), Zeitschrift für Archäologie 9, 1975, S. 322 (F. HORST) und Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 23, 1975, S. 1200-1202 (A. KOPPE). 2 Es wurden 2 Exkursionen unternommen: Die eine führte zu den Burgen des mittelsächsischen Gebiets (Leitung: Dr. H. KAUFMANN und Dipl. phil. W. BAUMANN), die andere in die Oberlausitz (Leitung: Dipl. phil. R. SPEHR und Dipl. prähist. K. KROITZSCH). Den Teilnehmern stand ein "Exkursionsführer" mit Abbildungen und Plänen von Dr. sc. W. COBLENZ zur Verfügung.

Mitteleuropäische Bronzezeit

B e n i n 1978

Seite 5 - 2 5

Vorderasien und Ägäis. Ein Überblick über den bronzezeitlichen Handel von HORST KLENGEL

Ein Vertreter der Keilschriftforschung, der es übernommen hat, auf einer Tagung zu sprechen, die sich Problemen der mittleren und späten Bronzezeit widmet, muß zunächst bekennen, daß er zur eigentlichen Thematik keinen unmittelbaren Beitrag zu leisten vermag. Denn es gibt in dem von ihm überschauten oder erforschten inschriftlichen Material des bronzezeitlichen Vorderasiens so gut wie keinen Hinweis auf Kontakte zwischen den Hochkulturen Mesopotamiens, Syriens und Anatoliens einerseits und dem zentralen Europa andererseits. Der Horizont der Keilschrifttexte reicht über die Ägäis nicht hinaus; gelegentliche Versuche, geographische Namen weiter westlich zu lokalisieren, stehen auf einer so unsicheren Basis, daß sich aus ihnen keine Schlußfolgerungen ableiten lassen. Nur das plötzliche Auftauchen und Vordringen der sogenannten "Seevölker" im Überlieferungshorizont des Vorderen Orients markiert eine ethnische Umgruppierung, die aus dem Bereich der südosteuropäischen Urnenfelderkultur weit nach Vorderasien hinein wirkte und die auch in der materiellen Kultur der von ihr berührten Gebiete einige, wenngleich auch dürftige Spuren hinterlassen hat (R.D. BARNETT 1969). Jedoch mit diesem eher "passiven" Kontakt Vorderasiens zur europäischen Bronzezeit befinden wir uns zeitlich bereits an der unteren Grenze jener Periode, die wir als Bronzezeit Vorderasiens bezeichnen können und die etwa von 3100 bis 1200 v . u . Z. angesetzt wird. Was den archäologischen Befund betrifft, so lassen sich in ihm zwar eine Reihe von Übereinstimmungen, Gemeinsamkeiten oder Parallelen zwischen dem Vorderen Orient und Mitteleuropa feststellen, doch bleiben die zugrundeliegenden historischen Vorgänge ohne das Zeugnis entsprechender Schriftquellen im Dunkeln.' Dennoch wäre es unberechtigt, für die Bronzezeit das Bild allzu düster zu zeichnen und im Hinblick auf Zeugnisse gegenseitigen Kontaktes von einer tabula rasa zu s p r e chen. Wenn es aber einige Erscheinungen und Funde gibt, die in diesem Zusammenhang als Indiz für materielle und kulturelle Beziehungen zwischen diesen voneinander weit entfernten Bereichen angeführt werden können, so werden sie nur verständlich, wenn die Rolle des ägäischen Raumes berücksichtigt wird. Die Ägäis, d. h. die Küstengebiete des Ägäischen Meeres und seine Inselwelt einschließlich Kreta, liegt an der

Grenze zwischen Europa und Vorderasien.- Ihre rasche ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung im 3. und dann vor allem im 2. Jahrtausend v.u. Z. machte sie zum Partner Vorderasiens und zugleich zum Mittler zwischen dem östlichen Mittelmeergebiet und Europa. Kann demnach das, was im folgenden ausgeführt werden soll, nur in Verbindung mit der nachfolgenden Untersuchung J. BOUZEKS als ein Beitrag zur Tagungsthematik verstanden werden, so erscheint es andererseits nicht ohne Nutzen, den Blick aus dem mitteleuropäischen Bereich einmal nach dem bronzezeitlichen Orient zu wenden. Eine Information über die gesellschaftliche Entwicklung Vorderasiens im 3. und 2. Jahrtausend v. u. Z. und das Ausgreifen seiner Handelskontakte ist sogar geboten, wenn man sich um die Erkenntnis bemüht, welchen Platz die Entwicklung im bronzezeitlichen Mitteleuropa welthistorisch einnimmt. Der zeitliche Rahmen wurde bereits mit 3100 bis 1200 angegeben; er kann in die Abschnitte 3100 bis 2100 (frühe Bronzezeit), 2100 bis 1600 (mittlere Bronzezeit) sowie 1600 bis 1200 (späte Bronzezeit) aufgegliedert werden. Der Umstand, daß für das 3. und 2. Jahrtausend v.u. Z. die Geschichte Vorderasiens durch ein äußerst umfangreiches inschriftliches Material dokumentiert ist, daß dadurch insbesondere die politische Entwicklung der verschiedenen vorderasiatischen Regionen erfaßt werden kann, hat diese Periodisierung allerdings stark in den Hintergrund treten lassen. Sie wird fast nur noch dann verwendet, wenn entweder unterschiedliche Entwicklungen unter einem zeitlichen Begriff zusammengefaßt werden sollen, ohne daß dafür ein adäquater Terminus aus dem Gebiet der politischen Geschichte herangezogen werden kann, oder aber die inschriftliche Überlieferung für ein Gebiet zu spärlich oder lückenhaft ist, um die Grundlage für eine Periodisierung abzugeben. In Mesopotamien hat sich in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends der Übergang von der Urgesellschaft zur Klassengesellschaft vollzogen (H. KLENGEL 1973). Das war ein Ergebnis eines langwährenden Zerfallsprozesses der Urgesellschaft, während dessen sich die einzelnen Elemente der alt orientalischen Klassengesellschaft herausbildeten. Dieser weltgeschichtlich bedeutsame Umbruch vollzog sich zuerst im südmesopotamischen Bewässerungsbereich, wo die notwendige Kooperation, Koordinierung und Kontinuität bei der Durchführung der landwirtschaftlichen Arbeiten die Herausbildung und Verselbständigung einer politischen Gewalt begünstigte. Soll die frühe Bronzezeit, also etwa das 3. Jahrtausend, durch einige grundlegende Entwicklungen 2

charakterisiert werden, so könnte Folgendes herausgestellt werden:

Das ursprüngli-

che Gemeineigentum an Grund und Boden wurde endgültig als das dominierende Produktionsverhältnis überwunden und durch Eigentumsverhältnisse der Klassengesellschaft ersetzt. Es gliederte sich aus dem Gemeineigentum einerseits das staatliche Eigentum aus, zunächst vor allem als Tempeleigentum (d. h. eines Gottes), dann im6

mer mehr als Eigentum des Palastes (d.h. eines Herrschers). Die herrschende Klasse, die sich um die Tempel und den Palast gruppierte, kämpfte um einen größtmöglichen Anteil am gesellschaftlich erzeugten Mehrprodukt; das Ende des 3. Jahrtausends zeigt den vollen Sieg des Palastes über die Tempel, die in die Palastwirtschaft mehr oder weniger integriert wurden. Andererseits kam es innerhalb der Gemeinden zu einer Ausdifferenzierung kleiner Bodeneigentümer; aus kollektiven Eigentümern wandelten sich die Gemeinden immer mehr in Kollektive von Eigentümern um (I. M. DIAKONOFF 1968, S. 5). Es entstand das, was oft als die beiden "Sektoren" altmesopotamischer Wirtschaft bezeichnet worden ist: Der staatliche (d. h. Tempel und Palast) sowie der private, in eine Gemeinde eingebundene Sektor (I. M. DIAKONOFF 1972, S. 43 ff.). Bei der Abschöpfung des Mehrprodukts durch die herrschende Klasse spielte der außerökonomische Zwang eine hervorragende Rolle, den der Herrscher als Souverän des gesamten Landes ausüben konnte; er vermochte sich dabei in zunehmendem Maße auf eine von ihm unmittelbar abhängige Beamtenschaft zu stützen. In einem engen Zusammenhang damit standen während der frühen Bronzezeit die volle Ausprägung und zugleich der Formwandel des mesopotamischen Staates: Zunächst als sogenannter sumerischer Stadtstaat existierend, bei dem der Herrscher noch eng mit einer Gemeinde und den lokalen Autoritäten verbunden war, erfolgte nach der Mitte des 3. Jahrtausends der Übergang zum Territorialstaat und die Durchsetzung der Despotie als der typischen und zunächst durchaus progressiven - Staatsform der altorientalischen Gesellschaft (I.M. DIAKONOFF 1969, S. 173 ff.). Die Zeit der III. Dynastie vonUr, die am Ende des 3. Jahrtausends fast ganz Mesopotamien zu einer politischen Einheit zusammenschloß, bedeutete einen ersten Höhepunkt dieser Entwicklung, zugleich - im Übergang zur mittleren Bronzezeit - auch den Beginn wesentlicher gesellschaftlicher Umbrüche. Diese hier nur knapp angedeutete Entwicklung vollzog sich auf der Grundlage von Produktivkräften, die - insbesondere in der Bewässerungslandwirtschaft - schon am Ende des 4. Jahrtausends ein beträchtliches Niveau erreicht hatten. Kanalsysteme mit Wasserstau-und Hebevorrichtungen (B. BRENTJES 1974, S. 46 ff.), Pflug, Rad und Wagen, ein sich immer mehr spezialisierendes Handwerk innerhalb der sich rasch vergrößernden Städte und nicht zuletzt ein bereits weit ausgreifender Handel mögen hier genannt sein. Für diesen mesopotamischen Fernhandel des 3. Jahrtausends sind mehrere Faktoren von maßgeblicher Bedeutung gewesen: Zunächst die sozialökonomische Entwicklung selbst, die zur Konzentrationeines beträchtlichen Teiles des gesellschaftlichen Reichtums in wenigen Händen führte. Waren damit einerseits bessere Voraussetzungen für einen Austausch über größere Räume hinweg gegeben, so wuchsen dadurch gleichzeitig die Bedürfnisse insbesondere hinsichtlich Luxusartikeln. Sodann ist auf die natürlichen Bedingungendes mesopotamischen Alluviallandes zu verweisen, d.h. auf das Fehlen 7

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von Steinen, Hartholz und Metallerzen; es bedurfte des ständigen Imports dieser notwendigen Rohstoffe. Schließlich spielte auch der Umstand eine Rolle, daß das Zentrum der agrarischen Produktion, das Gebiet mit der größten Effektivität, im südlichen Mesopotamien lag. Dieser Bereich bildete auch das Kerngebiet des ersten straff zentralisierten Territorialstaates; die Königsresidenz Ur war dabei zugleich ein bedeutender Hafenplatz am Persischen Golf, dessen Küstenlinie an der Mündung von Euphrat und Tigris damals offenbar anders verlief als gegenwärtig. So ist es kein Zufall, daß die vorrangige Richtung des mesopotamischen Handels in der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends deutlich nach Osten wies: Steine, vor allem Steatit, Karneol und Lapislazuli, kamen aus dem Bereich des iranischen Hochlandes. Die archäologischen Forschungen auf dem südiranischen Tepe Yahya haben diese Siedlung als ein Exportzentrum für Speckstein erwiesen (C.C. LAMBERG-KARLOVSKY und M. TOSI 1973, S. 46 ff.), und das nordiranische Tepe Hissar (G. M. BULGARELLI 1974, S. 15 ff.) sowie Shahr-i Sokhta im Osten des iranischen Plateaus (M. TOSI und M. PIPERNO 1973, S. 15 ff.) haben bei der Verarbeitung und Weitervermittlung von Lapislazuli und Karneol eine Rolle gespielt. Lapislazuli kam aus dem Gebiet von Badachschan in Afghanistan (G. HERRMANN 1968, S. 22 ff.), Karneol vor allem aus dem Hindukusch (C. C. LAMBERG-KARLOVSKY und M. TOSI 1973, S. 46). Demnach reichten um die Mitte des 3. Jahrtausends Handelskontakte - über mehrere Zwischenstationen vermittelt - von Mesopotamien über das iranische Hochland bis nach Ostiran (Sistan) und Afghanisten (Abb. 1). Sowohl der archäologische Befund als auch inschriftliche Zeugnisse lassen für die 2. Hälfte des 3. Jahrtausends einen zunehmenden Kontakt Mesopotamiens mit den Ländern am Persischen Golf und am Golf von Oman erkennen. Kupfer, Gold, Ebenholz, Elfenbein und andere Produkte der in den Keilschrifttexten als Magan und Meluchcha bezeichneten Gebiete fanden ihren Weg nach dem Zweistromland. Während Magan mit Oman bzw. der gegenüberliegenden iranischen Küste identifiziert wird, ist für Meluchcha jetzt allgemein eine Gleichsetzung mit dem Bereich der Induskultur vertre3 ten worden. Dieser Seehandelsverkehr förderte das Entstehen und Aufblühen einer Reihe von Hafenplätzen im Persischen Golf, insbesondere von Dilmun (Bahrein-Inseln), das zum wichtigsten Umschlagplatz zwischen Indien und Mesopotamien wurde. Dänische Archäologen haben während der letzten zwei Jahrzehnte zahlreiche Zeugnisse für diese sog. ''Kultur des Persischen Golfes" ans Tageslicht gebracht (G. BIBBY 1973), und Keilschrifttexte aus südmesopotamischen Städten, vor allem aus Ur, haben den Golfhandel und seine Praxis ins Licht der Forschung gerückt (A. L. OPPENHEIM 1954, S. 6 ff.). Was die anderen Richtungen des mesopotamischen Handels betrifft, so spielte der Import von Zinn und Obsidian aus den nördlichen bzw. nordöstlichen Gebirgsländern eine Rolle, ebenso von Holz. Silber kam aus dem Bereich des Taurus, und wir wisser; 9

durch inschriftliche Hinweise, daß zur Zeit der HI. Dynastie vonUr auch Verbindungen mit der syrischen Hafenstadt Gubla (Byblos) bestanden (G. PETTINATO 1972, S. 99 ff.). Durch Zwischenhandel weitervermittelt, gelangten einige Erzeugnisse aus 4

dem Bereich des Persischen Golfes bis nach Kreta. Die mittlere Bronzezeit Vorderasiens (2100-1600) ist, was den Fernhandel als den wichtigsten Träger überregionaler Beziehungen betrifft, durch eine Umorientierung gekennzeichnet. Der Schwerpunkt des Kontakts zwischen den am weitesten fortgeschrittenen Gesellschaften dieser Zeit verlagerte sich aus dem Bereich des Persischen Golfes in das östliche Mittelmeergebiet. Die Ursachen dafür lassen sich nur hypothetisch benennen; es ist sicher, daß eine Reihe von Entwicklungen hierbei zusammenwirkten und zu diesem aus den Quellen deutlich ablesbaren Ergebnis geführt haben. In Mesopotamien war es zum Zusammenbruch des Reiches von Ur III gekommen, und die e r sten Jahrhunderte des 2. Jahrtausends waren durch ein starkes Hervortreten privaten Eigentums und privater Initiative - auch auf dem Gebiet des Fernhandels - gekennzeichnet. Die Individualisierung der Produktion, d.h. die Produktion in Form von einzelnen kleinen Familienwirtschaften, setzte sich durch und vermochte auch durch eine erneute Konzentration des Bodeneigentums in den Händen der Herrscher nicht mehr als effektivste und dominierende Betriebsform insbesondere des Bodenbaus rückgängig gemacht zu werden (H. KLENGEL 1976). Auf den Trümmern des Reiches von Ur entstanden eine Reihe kleinerer Staaten, die miteinander rivalisierten und unter denen vor allem Assur im Norden sowie Babylon im mittleren Mesopotamien Bedeutung gewannen. Das Zentrum der politischen Macht in Mesopotamien verlagerte sich dabei weiter nach dem Norden und entfernte sich vom Persischen Golf. Man darf zudem annehmen, daß das südliche Mesopotamien starke Verluste hinsichtlich der Effektivität seiner agrarischen Produktion zu verzeichnen hatte, bedingt .in erster Linie durch eine zunehmende Bodenversalzung (Th. JACOBSEN 1958, S. 79 ff.). In den östlichen Rohstoffgebieten bzw. bei den bislang vorrangigen Handelspartnern Mesopotamiens war es zu entscheidenden Veränderungen gekommen- Die iranischen Zentren zeigen im archäologischen Befund einen katastrophalen Niedergang am Ende des 3. Jahrtausends (C. C. LAMBERG-KARLOVSKY und TOSI, M. 1973, S. 52), und die Induskultur befand sich im frühen 2. Jahrtausend am Ende einer Jahrhunderte währenden Entwicklung - ein Ende, das für den indischen Subkontinent zugleich den 5 Zusammenbruch der ersten Klassengesellschaft altorientalisehen Typs bedeutete.

Die Zwischenstationen und Umschlagplätze am Persischen

Golf büßten damit ihre Bedeutung immer mehr ein, wofür vor allem die Ausgrabungen auf Bahrein den archäologischen Nachweis erbracht haben (G. BIBBY 1973, S. 400 f. und passim). Der mesopotamische Handel mußte sein Hauptinteresse nunmehr auf einen anderen Bereich konzentrieren, wofür sich das östliche Mittelmeer anbot: Hier gab es im küstennahen Gebiet - so in Kleinasien und Syrien - Zedernholz, Metallerze 10

Abb. 2

Mari am Mittleren Euphrat, a - Ausgrabung von Lehmziegelmauern (Anfang 2. Jt. v.u. Z . , mittlere Bronzezeit); b - Blick auf die Ausgrabungen. 11

Abb. 3

Kopf eines Kriegers aus Mari am Mittleren Euphrat. 18. Jh. v . u . Z . (Fotoarchiv des Nationalmuseums Damaskus).

Abb. 4

Ugarit (Ras Schamra). a - Poterne in der Mauer des Palastviertels. 2. Hälfte 2. Jt. v . u . Z. (späte Bronzezeit); b - Mauer des Palastviertels und Wächterhäuschen der französischen Grabungsexpedition.

Abb. 5a Ugarit. Goldschale mit der Darstellung von Jagdszenen (Fotoarchiv des Nationalmuseums Damaskus).

Abb. 5b Kretische Kanne, gefunden in Ägypten. Späte Bronzezeit (nach H.-G. BUCHHOLZ und V. KARAGEORGHIS 1972, Abb. 912).

und Steine, und für den Handel mit Kupfer hatte Zypern bereits Bedeutung gewonnen. Der Tigris sowie der Euphrat konnten als Handelswege genutzt werden, von denen mehrere Routen nach Kleinasien und zur syrischen Künste abzweigten (Abb. 2-3). Zur Küste hin führten - mit Mari als wichtigster Zwischenstation - vor allem zwei Wege: ein südlicher über die Oase Tadmur (Palmyra), der einer Reihe von Grundwasseroasen folgte, sowie ein nördlicher, der den Euphrat bei seiner größten Annäherung an die Küste verließ und durch die fruchtbaren Ebenen Nordsyriens zum Meer strebte.

An

der Küste gab es einige von der Natur begünstigte Hafenplätze, wie vor allem Ugarit (Ras Schamra) im Norden und Gubla (Byblos, heute Dschbel) weiter im Süden, die bereits auf eine lange Geschichte zurückblicken konnten und deren Bewohner erfahrene Seeleute waren. Für Mesopotamien ergab sich hier zudem die Möglichkeit, den Anschluß an den Ägyptenhandel zu gewinnen sowie mit dem aufblühenden Kreta in Kontakt zu kommen, dessen Handel bereits in der frühen Bronzezeit Zypern und die syrische Küste erreicht hatte. Die Entstehung der sog. Ostmittelmeerkultur datiert in das 3. Jahrtausend zurück; sie erhielt jedoch durch die Verlagerung des Handelsschwerpunkts des Vorderen Orients in ihren Bereich wesentliche Impulse, die zu ihrem raschen Aufblühen seit dem frühen 2. Jahrtausend und zu ihrem Höhepunkt in der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends - d. h. während der späten Bronzezeit - führte. Damit entstanden zugleich günstige Bedingungen für eine Vermittlung orientalischen Kulturgutes nach dem bronzezeitlichen Europa. Die Erforschung der Ostmittelmeerkultur der mittleren und späten Bronzezeit hat während der letzten Jahrzehnte einen großen Aufschwung genommen. Ursache dafür waren einerseits die erfolgreichen Ausgrabungen in der Ägäis - vor allem auf Kreta sowie auf Zypern und an der syrischen Küste, andererseits die weitere Erschließung des reichen inschriftlichen Materials aus der Hethiterhauptstadt Hattuscha (Boghazköy) in Anatolien (Türkei). Besonders hervorgehoben werden müssen die seit dem Jahre 1929 laufenden französischen Ausgrabungen in Ugarit (Ras Schamra - Abb. 4-5), die nicht nur zahlreiche Zeugnisse für die Kulturbeziehungen und Handelskontakte im östlichen Mittelmeergebiet erbrachten, sondern auch ein umfangreiches Tontafelmaterial, das deutlich enge Verbindungen zum Bereich der Ägäis aufzeigt. Der Nachweis von Orientalischem in der Ägäis und - umgekehrt - Ägäischem im Orientwurde auf vielen Gebieten der materiellen und geistigen Kultur möglich; es entstand eine kaum noch überschaubare Literatur, die alle Aspekte dieses Austausches und der gegenseitigen 7 Beeinflussung abhandelte. Die Grundlage für diesen Austausch gab der Handel ab, oder - genauer - der Seehandel. Kleinasien setzte dem Handelsverkehr trotz seiner geographischen Brückenlage erhebliche Schwierigkeiten entgegen: Seine Zergliederung in eine Reihe von Bek15

kenlandschaften mit steil aufragenden.Gebirgsrücken erschwerte nicht nur die Anlegung von Durchgangsstraßen, sondern förderte - vor allem in den Randgebieten - auch die politische Zersplitterung; die einen Durchgangszoll erhebenden lokalen Autoritäten s o wie die Unsicherheit der Wege dürften kaum stimulierend auf den Handelsverkehr gewirkt haben. E s fehlte überdies an Strömen, die die Gebirgsketten in ost-westlicher Richtung durchbrechen und denen die Kaufleute hätten folgen können. Dort, wo Flüsse fruchtbare Talböden geschaffen haben, die sich nach Westen zu öffnen, befinden wir uns bereits im Bereich der Ägäis, der dieser T e i l Kleinasiens eher zugehörte alö dem Orient. Trotz der gerade an der kleinasiatischen Südküste drohenden Stürme sowie der zeitweilig stark verbreiteten Piraterie war also das Meer der eigentliche Verkehrsweg zwischen Vorderasien und der Ägäis (C.W. BLEGEN 1956, S. 32 ff.). Auch im 2. Jahrtausend war Seefahrt in erster Linie Küstenschiffahrt. Soweit es möglich war, hielt man sich in Küstennähe und orientierte sich an ihren weithin sichtbaren Landmarken, insbesondere den Bergen: Für Ugarit war der fast 1800 m hohe, unmittelbar am Meer aufragende Dschebel el-Akra (Casius Möns) nicht nur ein heiliger Berg, sondern auch ein für die Küstenschiffahrt, wichtiges Zeichen. Verlor man das Land aus den Augen, scheint man sich der "Kompaßvögel" bedient zu haben: Man nahm Krähen, Tauben oder andere Landvögel an Bord und ließ sie im Notfall auffliegen; sie strebten dann gewöhnlich dem nächstgelegenen Punkt der Küste zu und boten dadurch g den Seefahrern eine Orientierungshilfe.

Zum Fortbewegen der Schiffe dienten Ruder,

jedoch auch Rahsegel (Abb. 6a) wurden angewendet. Darstellungen solcher mit Rudern und Segel versehenen Schiffe sind aus Ägypten, Syrien und Kreta, später auch aus dem mykenischen Bereich bekannt (R.D. BARNETT 1958, S. 220 ff.). Zur Verankerung dienten Steinanker, wie sie auch in Ugarit entdeckt wurden (Abb. 6c). Einige dieser Anker besitzen ein Gewicht von einer halben Tonne; sie können als Hinweise darauf gewertet werden, daß die entsprechenden hölzernen Schiffe eine Mindesttonnage von 200 Tonnen und eine minimale Länge von 20 Metern gehabt haben dürften (H. FROST 1969, S. 235 ff.). Auf Schiffe von recht beträchtlicher Ladefähigkeit weisen auch einige Texte aus Ugarit, die Schiffsladungen notieren. Wichtigstes Transportgut dieser Schiffe dürfte das Kupfer gewesen sein; hauptsächliches Herkunftland war zweifellos Zypern, von wo Kupfer über Ugarit nach Vorderasien sowie andererseits auch nach der Ägäis transportiert wurde. Mindestens seit dem Beginn der späten Bronzezeit wurde dieses Metall in Barrenform verhandelt (Abb. 6b), teilweise aber auch in Form von Gerätschaften, die am Bestimmungsort ein- oder umgeschmolzen wurden. Die Karte der Barrenfunde (vgl. Abb. 2) zeigt deutlich das Schwergewicht der Verbreitung im östlichen Mittelmeergebiet; von hier gelangten sie über die Ägäis hinaus bis nach Sizilien, Sardinien und Dalmatien (H.-G. BUCHHOLZ 1966, S. 58 ff.). Eine ägyptische Darstellung der Amarna-Zeit (14. Jh. 16

Abb. 6

a - Knossos. Gemme, Darstellung eines Schiffes mit Rahsegel. Späte Bronzezeit (nachH.-G. BUCHHOLZ und V. KARAGEORGHIS 1972, Abb. 39); b - Ugarit. Steinerne Anker (nach H. FROST 1969, Taf. 17); c - Kupferbarren aus Zypern (nach H . - G . BUCHHOLZ und V. KARAGEORGHIS 1972, Abb. 1899.

Abb. 7 Enkomi (Zypern). Bronzestatuette eines Gottes auf einem Barren, H. 35 cm (nach H.-G. BUCHHOLZ und V. KARAGEORGHIS 1972, Abb. 1741).

v.u. Z.) zeigt Kupferbarren in einem Lagerhaus gestapelt, und bei Grabungen auf Zypern kamen Statuetten von Gottheiten (Abb. 7) zutage, die auf einem Barren stehend abgebildet sind (Cl.F.-A. SCHAEFFER 1966, S. 59 ff.; H.W. CATLING 1971, S. 15 g ff.). Der Kupferhandel stand also unter einem göttlichen Schutz; daß er nicht ausreichte, um die Kupferschiffe sicher ihr Ziel erreichen zu lassen, bezeugt besonders das Schiffswrack, das Anfang der sechziger Jahre beim Kap Gelidonya vor der Südwestküste Kleinasiens entdeckt wurde (G. F. BASS 1967 und 1973, S. 29 ff.). Das Schiff ist hier, offenbar während eines Sturmes, zwischen zwei Felsenriffen gesunken; als Zeit der Katastrophe darf wohl das 13. Jahrh. v.u. Z. angenommen werden. Während vom Schiffskörper selbst kaum etwas erhalten blieb, konnten Taucher fast die gesamte Ladung bergen. Es handelt sich dabei um etwa 40 Kupferbarren, jeweils etwa 60 mal 45 cm groß und ungefähr 20, 6 Kilogramm wiegend; ferner um etwa 20 Kupferscheiben von je 4 Kilogramm Gewicht sowie um Zinn, um bronzene Werkzeuge und Geräte, darunter Pflugscharen, Hacken, Äxte, Spaten, Meißel und Messer. Auch Speer- und Pfeilspitzen aus Bronze gehörten zur Schiffsladung sowie ein bronzener Spiegel, Glasperlen und Keulenköpfe, Wetzsteine und Gewichte, ein Siegelzylinder und drei Skarabäen. Alle diese Gegenstände waren an Bord in Beuteln und Körben aufbewahrt worden; von einem Korb sind Reste erhalten geblieben. Dieser interessante Fund gibt nicht nur einen Eindruck von dem, was auf dem Seeweg zwischen Zypern bzw. Syrien und der Ägäis transportiert wurde, sondern bestätigt auch die Schiffsroute nahe der sUdwestkleinasiatischen Küste. Die Kupferbarren tragen teilweise Eigentümermarken, die den bronzezeitlichen Schriftsystemen Zyperns und der Ägäis entlehnt sind (H.-G. BUCHHOLZ 1958, S. 103 ff.). Solche Markierungen haben sich auch sonst auf Barren gefunden. Kyprische Herstellermarken und kretische Handelsmarken weisen darauf hin, daß kyprisches Kupfer von kretischen Händlern in den ägäischen Bereich oder sogar weiter in das westliche Mittelmeer verhandelt wurden; man darf aber wohl auch den Anteil kyprischer und syrischer Händler am Kupferhandel insbesondere der späten Bronzezeit nicht unterschätzen (G. F. BASS 1973, S. 37 f.). Ein wichtiges Zeugnis für die überregionalen Beziehungen ist stets die Keramik. Auch wenn Importkeramik und lokale Nachahmungen nicht sicher auseinanderzuhalten sind, so kann doch aus der Verbreitung einer typischen Keramik auf handelspolitische Verflechtungen geschlossen werden. In der mittleren Bronzezeit - oder, aus der Sicht Kretas, während der mittelminoischen Periode taucht Keramik im kretischen Kamares-Stil auf Zypern und auf Ugarit auf. Kreta scheint zu dieser Zeit im östlichen Mittelmeerhandel eine maßgebliche Rolle gespielt zu haben; bei den Grabungen in Ugarit wurde eine minoische Handelsniederlassung f r e i gelegt (Cl. F.-A. SCHAEFFER 1939, S. 54 ff.). Mit der Intensivierung der Handelsbeziehungen zwischen der Levante und der Ägäis in der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends ist auch ägäische, d.h. mykenische Keramik in größerem Umfang nach Vorderasien und 19

Ägypten gelangt; allein für den syrisch-palästinischen Bereich konnten bislang etwa 60 Fundplätze an der Küste bzw. im küstennahen Gebiet nachgewiesen werden ( F . - H . STUBBINGS 1951; V. HANKEY 1967, S. 107 ff.). Kyprische Keramik (Abb. 8) fand ihre Verbreitung von Ägypten über Syrien bis nach der Ägäis und sogar nach Süditalien (H.-G. BUCHHOLZ 1970, S.139). Ein typisches Importgut der Ägäis war Elfenbein; der Rohstoff kam aus Syrien - es gab dort noch den später ausgestorbenen syrischen Elefanten - sowie aus Afrika. In Kato Zakro auf Ostkreta kam ein ganzer Elfenbeinzahn zutage, und Werkstücke sowie Schnitzereien gelangten nach Mykene und anderen Plätzen der Ägäis. Die ägäis che Elfenbeinschnitzerei hat nicht nur auf die spätere griechische Kunst, sondern bis nach Mitteleuropa hinein anregend gewirkt (H.-G. BUCHHOLZ und V. KARAGEORGHIS 1972, S. 105 ff.). Auch in Syrien selbst sind Elfenbeinschnitzereien in größerer Zahl gefunden worden, vor allem in Ugarit. Sie zeigen dabei deutlich eine Synthese der verschiedenen Einflüsse, die hier aufeinandertrafen, mit den bodenständigen Traditionen. Auch hinsichtlich der Architektur lassen sich zwischen Levante und Ägäis Übereinstimmungen feststellen, die nicht allein aus einem etwa gleich hohen Stand der Bautechnik erklärt werden können. Vor allem dürften es die kretischen Paläste gewesen sein, die sowohl hinsichtlich ihrer architektonischen Gestalt als auch ihrer Ausstattung eine Vorbildwirkung gehabt haben (J.W. GRAHAM 1964, S. 195 ff.). Wohl nicht zufällig wird der in Handwerk und Künsten als besonders erfahren geltende Gott Koschar, der im ugaritischen Mythos den anderen Göttern als Baumeister dient, als in Kreta beheimatet angesprochen - vielleicht eine Erinnerung an die Tätigkeit ägäischer Bauleute im Orient? Der Einfluß der Ägäis mykenischer Zeit wird in Ugarit besonders bei den Grabanlagen deutlich, die sich gewöhnlich in Form großer gewölbter Grüfte unter den Wohnstätten - auch den Palästen - befanden (Cl. F . - A . SCHAEFFER 1939, S. 90 ff.). Diese Hinweise auf Zeugnisse für den kulturellen Austausch, wie er sich auf der Basis eines regen Seehandels im Bereich des östlichen Mittelmeerraumes vollzog, ließen sich leicht vermehren und auch auf andere Fundkomplexe - so etwa die Glyptik und die Schriftdenkmäler (H.-G. BUCHHOLZ und V. KARAGE ORGHIS 1972, S. 112 ff.) ausdehnen. ^

Auch hinsichtlich der religiösen Vorstellungen entwickelten sich Gemein-

samkeiten, die diesen Bereich gegenüber den Religionen Vorderasiens und Ägyptens abgrenzen lassen. Die mythologische Überlieferung, wie sie vor allem durch die Keilschrifttexte Ugarits auf uns gekommen ist, läßt manche Linie bis zur olympischen Götterwelt der Griechen und ihren Sagenkreis ziehen. Man darf annehmen, daß manche Vorstellungen und Motive, die später über die griechisch-römische Antike bis nach dem mittleren Europa gelangten, nicht erst durch die phönikische Handelsexpansion des frühen 1. Jahrtausends v. u. Z. der Ägäis bekannt wurden, sondern bereits während der Ostmittelmeerkultur der Bronzezeit. 20

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