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German Pages [915] Year 2021
Funktionen mittelalterlicher Städte und den Grundlagen und Kriterien, die den Typus „Stadt“ von anderen Siedlungsformen abgrenzen, wurde bislang für den thüringischen Raum und insbesondere für die große Zahl kleinerer und mittlerer Städte kaum nachgegangen. Hier setzt die vorliegende Arbeit an und untersucht zunächst in fünf Einzelstudien die thüringischen Orte Langensalza, Tennstedt, Schlotheim, Thamsbrück und Herbsleben in ihrer städtischen Entstehung und Entwicklung. Ausgehend von den dabei gewonnenen Erkenntnissen werden sie anschließend sowohl miteinander als auch mit Städten angrenzender Räume verglichen. Untersucht werden dabei erstmals für Thüringen Orte eines eng begrenzten Raumes hinsichtlich ihrer wechselseitigen Einflüsse und Beziehungen.
Mittelalterliche Städte in Thüringen
Den grundsätzlichen und breit diskutierten Fragen nach den
Sven Leiniger
Mittelalterliche Städte in Thüringen Eine Untersuchung ihrer Entstehung und Entwicklung
Sven Leiniger ist Lehrer für Geschichte, Ethik und Deutsch als „Johann Karl Wezel“ in Sondershausen. Mit der vorliegenden Arbeit wurde er 2018 an der Universität Erfurt promoviert.
Sven Leiniger
Zweitsprache (DaZ) an der staatlichen Regelschule Östertal
Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen Kleine Reihe Band 60
978-3-412-51942-1_leininger-K01.indd Alle Seiten
21.04.21 11:52
Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen Kleine Reihe Band 60
Sven Leiniger
Mittelalterliche Städte in Thüringen Eine Untersuchung ihrer Entstehung und Entwicklung
BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR
Gedruckt mit Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei und der Jutta Heidemann Stiftung Erfurt.
Mit 9 Karten und 21 Abbildungen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Cie KG, Lindenstraße 14, D-50674 Köln Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Stephanskirche Bad Langensalza, von Nordwesten, Foto: Leiniger, Februar 2018. Korrektorat: Kornelia Trinkaus, Meerbusch Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51944-5
INHALT
VORWORT....................................................................................................................... 11 I.
VORUNTERSUCHUNG.......................................................................................... 13
1. 2.
Das Thüringer Becken ........................................................................................ 14 Die theoretischen Grundlagen der Untersuchung ......................................... 16 2.1 Die Entstehung der thüringischen Städte ........................................ 16 2.2 Die Kleinstädte als Problem mittelalterlicher Stadtgeschichtsforschung ................................................................... 32 2.3 Die kleineren Städte als Residenzstädte............................................ 55 2.4 Zentralfunktion als Eigenschaft von Stadt ...................................... 60 3. Der Untersuchungsraum ....................................................................................... 65 4. Das methodische Vorgehen .................................................................................. 70 5. Literatur, Forschungsstand und Quellenlage ..................................................... 84 5.1 Literatur und Forschungsstand .......................................................... 84 5.2 Quellenlage ............................................................................................ 99 II.
EINZELUNTERSUCHUNGEN ............................................................................ 103
1.
Thamsbrück ........................................................................................................ 103 1.1 Forschungsstand und Quellenlage .................................................. 103 1.2 Geographische und verkehrsgeographische Lage – der Ortsname ...................................................................................... 104 1.3 Die Besitzgeschichte bis ins 14. Jahrhundert – die territorialpolitische Bedeutung Thamsbrücks ......................... 110 1.3.1 Von den frühen Besitzverhältnissen bis ins 12. Jahrhundert ...... 110 1.3.2 Das landgräfliche Landgericht zu Thamsbrück ............................ 114 1.3.3 Die ludowingische Herrschaft und das Kloster Homburg ......... 125 1.3.4 Thamsbrück im territorial- und reichspolitischen Kontext ........ 134 1.4 Stadtgründung und städtische Entwicklung .................................. 143 1.4.1 Die Stadtgründung und ihre zeitliche Einordnung ...................... 143 1.4.2 Die wirtschaftlichen Grundlagen und die weitere städtische Entwicklung...................................................................... 147 1.4.2.1 Markt und Münze ............................................................................... 147
6
INHALT
1.4.2.2 1.4.2.3 1.4.2.4 1.5 1.6 1.7
Thamsbrück im regionalen und überregionalen Wegenetz......... 151 Die wirtschaftlichen Grundlagen..................................................... 152 Thamsbrück als städtische Fehlgründung? .................................... 154 Der Rat und die städtische Oberschicht – die städtische Selbstverwaltung – Stadt- und Landgericht........... 160 Thamsbrück: Gründungsstadt und planmäßige Stadtanlage....... 170 Zusammenfassung ............................................................................. 179
2.
Tennstedt ............................................................................................................ 181 2.1 Forschungsstand und Quellenlage .................................................. 181 2.2 Geographische und verkehrsgeographische Lage – der Ortsname und die Siedlung(en) Tennstedt ............................. 184 2.3 Die Frühgeschichte ............................................................................ 190 2.4 Tennstedt im Besitz des Reichsstiftes Gandersheim und des Klosters Hersfeld – das Niederkirchenwesen ........................ 196 2.4.1 Das Reichsstift Gandersheim und das Kloster Hersfeld ............. 196 2.4.2 Das Niederkirchenwesen und die Besitzverhältnisse ................... 202 2.5 Der landgräfliche Besitz in Tennstedt ............................................ 217 2.6 Die Stadt Tennstedt ........................................................................... 242 2.6.1 Tennstedts Entwicklung zur Stadt .................................................. 242 2.6.2 Tennstedt als Stadt ............................................................................. 254 2.6.3 Die Stadtbefestigung – die Stadt- und Siedlungstopographie..... 265 2.7 Zusammenfassung ............................................................................. 277
3.
Schlotheim .......................................................................................................... 279 3.1 Forschungsstand und Quellenlage .................................................. 279 3.2 Verkehrsgeographische Lage ............................................................ 282 3.3 Die Frühgeschichte ............................................................................ 284 3.3.1 Der Ort im Besitz des Königtums und des Klosters Fulda ........ 284 3.3.2 Die Lage der frühmittelalterlichen civitas und curtis ....................... 287 3.3.3 Die Salvatorkirche – eine frühe Kirchengründung? ..................... 293 3.3.4 Schlotheim ein Erzpriestersitz? ........................................................ 297 3.4 Der Ortsname ..................................................................................... 301 3.5 Die Stadtgründung unter den Herren von Schlotheim................ 304 3.5.1 Die Ministerialen von Schlotheim zwischen dem Abt von Fulda und den thüringischen Landgrafen .............................. 304
INHALT
3.5.2 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.7 3.7.1 3.7.2 3.8 3.8.1 3.8.2 3.9 3.9.1 3.9.2 3.10 3.11 4.
7
Die Stadtgründung ............................................................................. 311 Die Stadtherrschaft im 14. und 15. Jahrhundert – Schlotheim zwischen den territorialen Gewalten ......................... 319 Die wettinischen Landgrafen, die Grafen von Schwarzburg, die Grafen von Hohnstein und das Reichsstift Fulda.................. 319 Die Ansprüche des Mainzer Erzbischofs....................................... 328 Die Herren von Hopfgarten als Nachfolger der Ministerialen von Schlotheim ........................................................... 333 Das Schlotheimer Stadtrecht ............................................................ 335 Die Entstehungszeit des Stadtrechtes ............................................. 335 Die Herkunft des Schlotheimer Stadtrechtes ................................ 339 Die innerstädtischen Verhältnisse .................................................. 344 Die innere Verfassung der Stadt ...................................................... 344 Die wirtschaftlichen Grundlagen und die Sozialstruktur ............ 348 Das Magdalenerinnenkloster und das Hospital............................. 356 Das Magdalenerinnenkloster ............................................................ 356 Das Hospital........................................................................................ 367 Schlotheim – eine Gründungsstadt? Stadtgrundriss und Stadtbefestigung ................................................................................. 370 Zusammenfassung ............................................................................. 377
Langensalza ......................................................................................................... 383 4.1 Forschungsstand und Quellenlage .................................................. 383 4.2 Geographische und verkehrsgeographische Lage – der Ortsname ...................................................................................... 386 4.3 Die Besitzgeschichte vom Früh- bis ins Hochmittelalter ............ 388 4.3.1 Das Frühmittelalter: das Erzstift Fulda und die Reichsabtei Hersfeld .......................................................................... 388 4.3.2 Das Hochmittelalter: die Welfen und die Landgrafen ................. 399 4.4 Die zeitliche Einordnung der Stadtwerdung ................................. 404 4.4.1 Die Frage der Stadterhebung: Forschung und Quellenlage ........ 404 4.4.2 villa, oppidum oder civitas – Dorf, Städtchen oder Stadt – das Problem der Quellenbegriffe..................................................... 413 4.4.3 Wann wurde Langensalza zur Stadt?............................................... 424 4.5 Die Herrschaftsverhältnisse im Spätmittelalter ............................. 433
8
INHALT
4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.2.1 4.6.2.2 4.6.2.3 4.6.3 4.6.4 4.6.5 4.7 4.7.1 4.7.2 4.7.3 4.7.4 4.7.4.1 4.7.4.2 4.8 4.8.1 4.8.2 4.8.3 4.9 5.
Von den Welfen zur landgräflich-mainzischen Doppelherrschaft ............................................................................... 433 Die landgräflich-mainzische Doppelherrschaft............................. 446 Die Herren von Salza als Stadtherren ............................................. 452 Die innere Entwicklung der Stadt ................................................... 461 Die Gerichtsbarkeit und die Wehrhoheit – Überlegungen zur Vogtei und zum Schultheißenamt ............................................ 461 Der Rat und die städtische Selbstverwaltung ................................ 465 Der Rat und seine Ersterwähnung im Jahr 1307 .......................... 465 Die Innungen, der Rat und die städtische Selbstverwaltung ...... 479 Wichtige städtische Privilegien ......................................................... 484 Die Münze ........................................................................................... 487 Die wirtschaftlichen Grundlagen der Stadt ................................... 489 Die jüdische Gemeinde ..................................................................... 494 Die Stadt- und Siedlungstopographie ............................................. 499 Die Marktplätze und das Rathaus.................................................... 499 Die Stadtbefestigung .......................................................................... 506 Die Siedlungskerne und die Burgen ................................................ 513 Die Teilstädte ...................................................................................... 521 Die Neustadt ....................................................................................... 521 Die Jakobsstadt und die Erfurter Vorstadt .................................... 525 Die geistlichen Einrichtungen – das Niederkirchenwesen .......... 531 Die Kirchen ......................................................................................... 531 Die Klöster .......................................................................................... 538 Die Hospitäler und Kapellen der Stadt – Einrichtungen auswärtiger Klöster ............................................................................ 548 Zusammenfassung ............................................................................. 560
Dorf, Flecken und Stadt Herbsleben.............................................................. 562 5.1 Forschungsstand und Quellenlage .................................................. 562 5.2 Die verkehrsgeographische Lage und Frühgeschichte – der Ortsname ...................................................................................... 564 5.3 Die Ministerialen von Herbsleben ................................................. 571 5.4 Die Grafen von Henneberg als Ortsherren ................................... 583 5.4.1 Der Eintritt der Grafen von Henneberg in die Ortsherrschaft – Herbsleben als Reichslehen .................... 583
INHALT
5.4.2 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3 5.5.4 5.5.5 5.5.6 5.6 5.7
9
Die Erteilung des Marktrechtes ...................................................... 598 Die Herrschaft der wettinischen Landgrafen ................................ 603 Die ersten Jahre unter wettinischer Herrschaft............................. 603 Dorf, Flecken oder Stadt? ................................................................. 606 Wettinische Ordnungen und Privilegien: der Ort aus verfassungsgeschichtlicher Perspektive .......................................... 611 Die Ortsbefestigung – Herbsleben als wirtschaftlicher Mittelpunkt .......................................................................................... 622 Herbsleben als wettinischer Stützpunkt – im Spannungsfeld zwischen Wettinern und Hennebergern ......................................... 633 Schloss, Haus und Stadt Herbsleben – ein begriffliches Problem................................................................................................ 640 Herbsleben als planmäßige Anlage – die Kirchen und die geistlichen Einrichtungen ............................. 645 Zusammenfassung ............................................................................. 653
III. VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG .............................................................. 659 1.
Die herrschaftliche Perspektive ....................................................................... 659 1.1 Thamsbrück, Tennstedt, Schlotheim, Langensalza und Herbsleben im Spannungsfeld landesherrlicher Territorialpolitik ........ 659 1.2 Die ortsansässigen ministerialischen/niederadligen Geschlechter und die Entstehung der Städte ................................ 685
2.
Die innere Entwicklung der Städte im Vergleich ......................................... 690 2.1 Die vorstädtische Geschichte........................................................... 690 2.2 Die Entwicklung der Orte aus rechts- und verfassungsgeschichtlicher Perspektive ............................................................... 693 2.2.1 Die Ausdifferenzierung der Ratsverfassung .................................. 693 2.2.2 Die Ratszusammensetzung ............................................................... 698 2.2.3 Die Gerichtsbarkeit ............................................................................ 701 2.2.4 Die Innungen und die städtische Oberschicht .............................. 702 2.3 Die wirtschaftlichen Grundlagen..................................................... 705 2.3.1 Handel, Markt, Münze und jüdische Bewohner ........................... 705 2.3.2 Das städtische Gewerbe .................................................................... 709 2.4 Die Siedlungstopographie ................................................................. 714 2.4.1 Planmäßige Gründungsstadt oder gewachsene Stadt? ................. 714
10
INHALT
2.4.2 2.4.2.1 2.4.2.2 2.4.3 2.5 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.7 2.7.1 2.7.2 2.8 2.8.1 2.8.2
Stadtbefestigung und stadtherrliche Burg ...................................... 718 Die Stadtbefestigung .......................................................................... 718 Die stadtherrliche Burg ..................................................................... 721 Einwohnerzahl, städtische Grundfläche und Steuerleistung ...... 732 Das Rathaus als politischer und kultureller Mittelpunkt.............. 738 Die geistlichen Einrichtungen .......................................................... 741 Die Kirchen ......................................................................................... 741 Die Klöster .......................................................................................... 744 Die Hospitäler und andere geistliche Einrichtungen ................... 750 Was ist eine Stadt? Civitas, oppidum, Stadt, Städtchen oder Flecken – das Problem der Quellenterminologie ........................... 754 Stadt, Städtchen und Flecken – civitas, oppidum und oppidulum .......... 754 Was macht eine Stadt zur Stadt? ...................................................... 758 Ackerbürgerstadt, Minderstadt und Kümmerform ...................... 767 Ackerbürgerstädte und Ackerbürger ............................................... 767 Die Minderformen: Minderstadt und Kümmerformen ............... 769
IV. ERGEBNISSE ....................................................................................................... 771 1. 2. 3.
Städte als Mittel der Territorialpolitik............................................................. 771 Die städtische Entwicklung.............................................................................. 773 Wichtige Ergebnisse für die thüringische Landesgeschichte ...................... 779
ANHANG ....................................................................................................................... 781 1. Pläne und Karten ............................................................................................... 782 2. Fotos .................................................................................................................... 794 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..................................................................................... 803 QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ............................................................ 805 1. Ungedruckte Quellen ........................................................................................ 805 2. Gedruckte Quellen ............................................................................................ 807 3. Literaturverzeichnis ........................................................................................... 820 REGISTER ...................................................................................................................... 879
1. Personenregister .................................................................................................... 879 2. Orts- und Sachregister ......................................................................................... 896
VORWORT
Die vorliegende Publikation stellt die teilweise überarbeitete und ergänzte Fassung meiner im Sommersemester 2018 an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt mit „opus eximium“ angenommenen Dissertation dar. Zunächst möchte ich vor allem meinen Betreuern Frau Prof. Dr. Sabine Schmolinsky und Herrn Prof. Dr. em. Karl Heinemeyer danken, welche mich immer mit fachlichem Rat, aber auch darüber hinaus unterstützten und die stets ein offenes Ohr für meine Anliegen hatten. Ohne sie wäre die Arbeit in der vorliegenden Form undenkbar gewesen. Darüber hinaus danke ich den Teilnehmern des Kolloquiums für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Erfurt, denen ich Teilergebnisse meiner Arbeit vorstellen konnte und die stets konstruktive und kritische Anmerkungen hatten. Zu großem Dank verpflichtet bin ich auch den Mitarbeitern der zahlreichen von mir genutzten Archive, welche stets versuchten, auch schwierigste Anfragen und Suchaufträge zu bearbeiten. Unterstützt wurde mein Promotionsprojekt durch die Jutta Heidemann Stiftung, welche seine Entstehung in einer entscheidenden Phase förderte und die Drucklegung finanziell unterstützte. Dankbar bin ich ebenso der Historischen Kommission für Thüringen für die Aufnahme in die Kleine Reihe ihrer Veröffentlichungen, aber auch für die Einwerbung von Fördermitteln, durch welche die Drucklegung überhaupt erst möglich wurde. Widmen möchte ich dieses Buch allen, die an seiner Entstehung beteiligt waren, aber insbesondere meiner Familie, welche mir mit ihrer unendlichen Geduld stets den Rücken frei hielt und vielfach auf mich verzichten musste.
I.
VORUNTERSUCHUNG
Am 23. April 1291 verlieh Landgraf Albrecht von Thüringen seinen rustici de Kindelbrücken…, tale ius, quo nostri cives in Weissensee utuntur. 1 Aus der vorher dörflichen Siedlung wurde damit eine Stadt und aus den dörflich-bäuerlichen Bewohnern Stadtbürger. Rechtlich gesehen war Kindelbrück nun eine Stadt, welche sich durch ihr städtisches Recht aus der Masse der dörflichen Siedlungen des Umlandes heraushob. Kindelbrück blieb in der Folge aber eine ausgesprochene Kleinstadt, welche sich kaum über städtische Ansätze hinaus entwickelte. Gleichwohl bildeten sich eine Ratsverfassung und eine bescheidene städtische Wirtschaft heraus. Ummauert wurde Kindelbrück aber erst 1508.2 Solche Kleinstädte, so hatte Heinz Stoob festgestellt, machten den großen Teil der im Mittelalter entstandenen europäischen Städte aus. Gleichwohl waren sie zugunsten der großen Städte bis in die 1970er Jahre durch die Forschung weitestgehend vernachlässigt worden. Es war erst Stoob selbst, welcher sie in den Blickpunkt stadtgeschichtlicher Untersuchungen rückte. In der Folge wurden dann unzählige Arbeiten zu den Kleinstädten bestimmter Regionen veröffentlicht.3 Gleichwohl gibt es für den thüringischen Raum bis auf wenige Einzelarbeiten bisher keine umfassenderen Untersuchungen zu diesen Städten. Gerade der thüringische Raum weist somit erhebliche Forschungslücken auf. Die Entstehung und Entwicklung thüringischer Städte und hier vor allem der Kleinstädte kann gleichsam als Desiderat der mittelalterlichen thüringischen Landesgeschichtsforschung gelten.4 Zuletzt berücksichtigte Christine Müller im Rahmen ihrer Dissertation über die ludowingischen Städte in Thüringen auch eine ganze Reihe kleiner Städte. Ihr Ziel war es dabei, alle Städte einer Herrscherdynastie zu untersuchen sowie in ihrer Entstehung und Entwicklung bis 1247 zu vergleichen.5 Hiervon soll sich die vorliegende Arbeit insofern absetzen, als nicht nur Städte eines Herrn, sondern Städte unterschiedlicher Herrschaftsträger in einer begrenzten Region untersucht werden. Zu betrachten ist hierbei, vor welchem Hintergrund sie entstanden und wie ihre Entwicklungsmöglichkeiten im Spannungsfeld unterschiedlichster herrschaftlicher Interessen waren. Im Ergebnis ist ein Beitrag 0F
1 2 3 4 5
Quellen zur älteren Geschichte des Städtewesens in Mitteldeutschland 2, Nr. 209b. Vgl. WIEMANN: Art. Kindelbrück, S. 233. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 151-156. STOOB: Stadtformen, S. 157-194. Stoob: Minderstädte, S. 1-28. JOHANEK: Stadtgeschichtsforschung, S. 45-92. GRÄF: „Small towns large implications“?, S. 145-158. WERNER: Perspektiven, S. 322f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 14.
14
VORUNTERSUCHUNG
zur vergleichenden Städteforschung Deutschlands beabsichtigt, welcher vielleicht auch für die Erforschung thüringischer Städte wegweisend sein kann.
1. Das Thüringer Becken Das Thüringer Becken ist ein flachwelliges, zwischen Harz und Thüringer Wald eingebettetes Keuperhügelland. Das innere Thüringer Becken wiederum wird im Norden und Nordwesten durch eine Kette von Kalktafelgebirgen, dem Dün, der Hainleite und der Schrecke mit Schmücke und Finne begrenzt. Diese Kalktafeln sind von Trockentälern mit fast ganzjährig wasserlosen, schottergefüllten Bachbetten durchzogen. Die Höhen waren im Mittelalter fast durchgehend bewaldet und frei von größeren Siedlungen. Durchbrochen werden diese Höhenzüge im Nordosten zwischen Heldrungen und Oldisleben von der Sachsenburger Pforte sowie dem etwas weiter westlich gelegenen Wipperdurchbruch. Im Nordwesten gibt es einen weniger steilen Anstieg entlang der in das Thüringer Becken fließenden Unstrut, welcher dann über das obere Eichsfeld in den nordhessischen Raum führt. Im Südosten und zum Teil auch im Osten begrenzt die Hochflächen der Ilm-Saale- und Ohrdrufer Kalkplatten das Thüringer Becken und im Südwesten bildet die Eichenberg-Gotha-Arnstädter Störung entlang der Linie Drei Gleichen, Seeberg und Krahnberg die Grenze.6 Im Südwesten durchbricht ebenfalls ein schmaler und flacher ansteigender Durchlass zwischen den Südausläufern des Hainichs und dem Nordwestrand des Thüringer Waldes die das Becken umschließenden Höhenzüge. Die die Abgrenzung des inneren Beckens im Südwesten und Süden fortsetzenden wallartigen Mittelgebirge Thüringer Wald und Thüringer Schiefergebirge waren ursprünglich ebenfalls von dichtem Wald bedeckt und ausgesprochen siedlungsfeindlich.7 Das Hauptsammelbecken der Flüsse des Thüringer Beckens ist die Saale. Einen Großteil des Beckens entwässert der wohl wichtigste Fluss des Naturraumes – die Unstrut, welche bei Gebesee noch die Gera aufnimmt. Diese wiederum ist mit ihrem Nebenfluss Apfelstedt ein weiteres wichtiges Gewässer im Thüringer
6
7
BAUER: Thüringer Becken und Randplatten, S. 741. SCHICK: Naturräumliche Grundlagen, S. 91-102. SEIDEL: Thüringer Becken, S. 8. PATZE: Landesherrschaft, S. 3-6. Übersichtskarte Thüringen, 1:250000. SCHICK: Naturräumliche Grundlagen, S. 108.
DAS THÜRINGER BECKEN
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Becken. Über das System der Hörsel entwässert die Werra den Westteil des Beckens.8
Das Thüringer Becken selbst ist ausgesprochen verkehrsgeeignet. Es ermöglicht einen leichten Verkehrsdurchgang und innerhalb erfolgt die Verteilung radial.9 Demgegenüber scheint sich anhand der naturräumlichen Gliederung anzudeuten, dass vor allem die das Becken umschließenden Gebirge und Höhenzüge ausgesprochen verkehrshinderlich waren. Eine besondere trennende Funktion könnte hier dem Thüringer Wald zugekommen sein. Gleichwohl überquerten auch ihn Straßen in Nord-Süd-Richtung, welche durch das Thüringer Becken weiter nach Norden verliefen und häufig Erfurt berührten.10 Ebenso überquerte eine nicht unwichtige und alte, aus dem Westen und Südwesten kommende und über Eisenach führende Straße den Hainich in Richtung Mühlhausen und ein weiterer Zweig führte über den Hainich in den Raum Thamsbrück-Langensalza. Beide Wege verzweigten sich dann, um weiter nach Norden zu verlaufen und das Becken zu verlassen, beziehungsweise führten sie nach Osten in das mittlere Thüringer Becken.11 Nördlich des Thüringer Beckens zwischen Hainleite, Schmücke und Finne sowie dem Harz befindet sich ein weiterer Verkehrs- und Siedlungsraum, der in keiner günstigen Anbindung an das Thüringer Becken stand. Lediglich über die Sachsenburger Pforte, den Wipperdurchbruch und einen Pass bei Sondershausen, welcher über die Hainleite führte, waren diese Region und die dort entlang führende wichtige Ost-West-Verbindung aus dem Thüringer Becken zu erreichen.12 Die wohl wichtigste Ost-Weststraße im Becken war die sogenannte via regia, auch als „Hohe Straße“ bezeichnet, welche bei Eisenach zwischen dem Thüringer Wald und dem Hainich das Thüringer Becken betrat und dann über Gotha nach Erfurt verlief. Von hier aus knickte sie dann leicht nach Nordosten ab und verlief über Eckartsberga – Naumburg – Weißenfels weiter nach Osten. Neben diesen bisher genannten Wegen gab es auch noch eine Reihe weiterer Ost-West-Verbindungen. Im Osten verließ eine von Erfurt kommende nach Weimar führende, wahrscheinlich sehr alte Straße das Becken, verlief weiter zum Saaleübergang bei (Jena) Kirchberg und verzweigte sich dann in Richtung Gera und Altenburg.13 8 9 10 11 12 13
SCHICK: Naturräumliche Grundlagen, S. 77 u. 82f. u. 85. SEIDEL:Thüringer Becken, S. 8f. SCHLÜTER: Einleitung, S. 1. SCHICK: Naturräumliche Grundlagen, S. 52. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 30-41. GERBING: Erfurter Handel und Handelsstraßen, S. 95-148. PATZE: Landesherrschaft, S. 31f. u. 39. SCHICK: Naturräumliche Grundlagen, S. 52f. PATZE: Landesherrschaft, S. 37. Übersichtskarte Thüringen, 1:250000. PATZE: Landesherrschaft, S. 4 u. 38f. RUGE: Via Regia, S. 3, mit Karten, S. 6 u. 8.
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VORUNTERSUCHUNG
Das Becken ist relativ arm an Rohstoffen. Wirtschaftlich stark geprägt war es von der Landwirtschaft. Landwirtschaftliche Grundlage sind noch heute die fruchtbaren Schwarzerde- und Lößböden. So wird das Thüringer Becken durchaus als die Kornkammer Thüringens bezeichnet. Sehr gute Böden gibt es vor allem im Raum Erfurt, Bad Tennstedt, Gebesee und Mühlhausen. Daneben spielte wohl auch die Fischerei in den Flüssen eine nicht unbedeutende Rolle und auch Salz war als Rohstoff nicht unwichtig. Ebenso war Waid als Färberpflanze spätestens seit dem Spätmittelalter ein wichtiges Fernhandelsgut, und der Waidbau die wirtschaftliche Grundlage großer Teile der städtischen und ländlichen Bevölkerung Zentralthüringens. Erfurt, Gotha, Tennstedt, Arnstadt, Weißensee, Greußen, Mühlhausen, Sömmerda und Weimar werden in diesem Zusammenhang sogar als Thüringer Waidstädte bezeichnet. Die Gesamtanbaufläche für Waid in Thüringen betrug an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert schätzungsweise etwa 2.000-2.500 km2. Grundlage hierfür waren die besonders günstigen naturräumlichen Bedingungen.14 Darüber hinaus gab es in Thüringen eine recht bedeutende Viehwirtschaft und auch die Wollweberei und Tuchmacherei waren wichtige Wirtschaftszeige. Ihre Produkte waren wie der Waid ebenfalls für den Fernhandel bestimmt.15
2. Die theoretischen Grundlagen der Untersuchung 2.1 Die Entstehung der thüringischen Städte In seiner Untersuchung zur Entstehungszeit der thüringischen Städte aus dem Jahr 1942 stellte Willy Flach fest: „Im Gau Thüringen liegen 127 Städte. Davon befinden sich 101 im Land Thüringen, 23 im Regierungsbezirk Erfurt und der Provinz Sachsen und drei im Kreis Herrschaft Schmalkalden.“16 Hierbei erfasste er alle Städte, welche zum Zeitpunkt seiner Untersuchung noch solche waren. Von diesen Städten sind jedoch nicht alle mittelalterlich. Denn 32 Stadterhebungen erfolgten nach 1500. Im Ergebnis wird aber deutlich, dass der Großteil dieser
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SELZER: Erfurt und Toulouse, S. 23. SELZER: Blau, S. 331-333. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchandel, S. 131-143. SCHNELLENKAMP: Thüringer Waidstätten. PATZE: Landesherrschaft, S. 3. SCHICK: Naturräumliche Grundlagen, S. 61-67, 89f., 101. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 30-49. SEIDEL: Thüringer Becken, S. 9. FLACH: Entstehungszeit, S. 54.
DIE THEORETISCHEN GRUNDLAGEN DER UNTERSUCHUNG
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Städte im Mittelalter entstanden war.17 Der thüringische Raum weist somit eine hohe Dichte mittelalterlicher Städte auf.18 Außerdem hatte Flach herausgearbeitet, dass für das gesamte 15. Jahrhundert keine förmlichen Stadterhebungen nachweisbar sind. Gleichwohl werden neun Städte in dieser Zeit erstmals Stadt genannt. Insofern stellte Flach fest: 43 der thüringischen Städte sind nach 1400 entstanden, und umgekehrt entstanden 84 Städte seines Untersuchungsraumes vor 1400. 19 Diese Beobachtung Flachs korrespondiert mit den Ergebnissen Heinz Stoobs, welcher für die mitteleuropäischen Städte herausarbeitete, dass im 15. Jahrhundert die Zahl der Stadterhebungen und -gründungen abebbte.20 In der Zeit vor 1200 tauchen im Untersuchungsgebiet Flachs sieben Orte erstmals mit der Bezeichnung Stadt auf. Zwischen 1200 und 1250 werden immerhin 15 Orte als Stadt bezeichnet oder ihre Bewohner erscheinen erstmals als cives in den Quellen.21 Für die Zeit nach 1250 bis 1300 hat Flach immerhin 19 Erstnennungen als Stadt oder entsprechende Bezeichnungen für städtische Bewohner nachgewiesen und von 1300 bis 1350 sind es 35 Ersterwähnungen. Für den Zeitraum von 1350 bis 1400 ermittelte er dann nur noch sieben.22 Im Ergebnis Flachs sind damit Städte seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in Thüringen nachweisbar, die Masse der Ersterwähnungen fällt jedoch in die Zeit zwischen 1250 und 1350.23 Auch dieses Ergebnis entspricht wiederum den Beobachtungen Stoobs über die Entstehung des Großteils der mittelalterlichen 17 18 19 20 21 22 23
FLACH: Entstehungszeit, S. 59-62. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 96. FLACH: Entstehungszeit, S. 62f. HESS: Verfassung der Städte, S. 330. STOOB: Stadtformen, S. 157f. FLACH: Entstehungszeit, S. 67, Anm. 53. FLACH: Entstehungszeit, S. 66-72. Nach Wolfgang Hess bestehen unter dem Verweis auf Flach 2/3 der thüringischen Städte bereits seit dem 13. Jahrhundert. (HESS: Anfänge des Städtewesens, S. 311.). Dieses vernachlässigt jedoch die große Zahl der Erstnennungen, welche erst nach 1300 in den Quellen anzutreffen sind. Es ist, wie noch zu zeigen sein wird, mit einer gewissen Unschärfe bezüglich der tatsächlichen Stadtwerdung und der Erstnennung als solche zu rechnen. In einigen Fällen ist sicherlich mit einer deutlich früher anzusetzenden Stadterhebung beziehungsweise -gründung zu rechnen. Eine abschließende statistische Erhebung über die Phasen der Stadtgründungen und -erhebungen in Thüringen ist jedoch solange nicht möglich, wie es keine ausreichenden und vollständigen neueren Untersuchungen, welche über Erstnennungen hinausgehen, gibt. So legen sich beispielsweise die Autoren der einzelnen Artikel im Band Mitteldeutschland des deutschen Städtebuches bezüglich Stadtentstehungszeit meist nicht genau fest. (Vgl. LÜRRMANN: Art. Greußen, S. 307. KORN: Art. Ellrich, S. 476.). Grundsätzlich dürfte aber eine Großzahl der mittelalterlichen Städte Thüringens zwischen 1250 und 1350 entstanden sein. (so auch: EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 96.).
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VORUNTERSUCHUNG
Städte in der Zeit zwischen 1250 und etwa der Mitte des 14. Jahrhunderts.24 Allerdings ergeben sich aus der Herangehensweise Flachs durchaus einige Schwierigkeiten. Seine statistische Erhebung steht vor allem vor dem Problem, dass die Erstnennung als Stadt selten mit der Stadterhebung oder -gründung an sich zusammenfällt und letztere zur Zeit der Ersterwähnung als Stadt schon einige Zeit zurückliegen können. Problematisch wird dieses etwa dann, wenn die Erstnennung nur kurze Zeit nach einer der von ihm festgelegten Zeitgrenzen erfolgte.25 Exemplarisch verwiesen sei hier auf die Erstnennung von Worbis als Stadt im Jahr 1255, die Erwähnung von cives bei Stadtroda im Jahr 1251 und auf die erstmalige Bezeichnung der Bewohner Weimars als burgensis im Jahr 1253.26 In allen drei Fällen könnte die Stadtwerdung bereits vor der Jahrhundertmitte abgeschlossen gewesen sein und damit würden diese Städte aus statistischer Sicht wiederum in die Zeit vor 1250 gehören.27 Gleiches gilt jedoch für das 1353 erstmals als stat erwähnte Clingen und für den 1358 in Greußen bezeugten Rat. Die Ersterwähnung Clingens als Stadt geschieht im Zusammenhang mit der Stadtrechtsaufzeichnung. Ob dabei älteres städtisches Recht aufgezeichnet wurde oder dieses im Zuge einer Stadtrechtsverleihung geschah, ist unklar.28 Im ersteren Fall bestünde die Möglichkeit, dass älteres städtisches Gewohnheitsrecht auch auf eine bereits seit längerem bestehende Stadt verweist. Immerhin verlegt die Forschung die Stadtwerdung im Allgemeinen auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, und die Erhebung zur Marktsiedlung könnte schon im 13. Jahrhundert geschehen sein. 29 Auch die Nennung eines Greußener Rates im Jahr 1358 dürfte doch eher Hinweis auf eine schon länger bestehende Stadtgemeinde mit Ratsverfassung sein. Insofern ergibt sich in Flachs Untersuchung gerade bei den dicht an den zeitlichen Grenzen erfolgten Ersterwähnungen doch eine gewisse Unschärfe. 24 25
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28
29
STOOB: Stadtformen, S. 157. Zur Kritik an Flach vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 17f. Flach selbst ist sich bewusst, dass häufig die Stadtentstehung deutlich früher anzusetzen ist: FLACH: Entstehungszeit, S. 72. FLACH: Entstehungszeit, S. 68. So gibt es wenigstens im Fall von Worbis Hinweise darauf, dass die Gründung bereits vor 1255 erfolgte. (GRESKY: Art. Worbis, S. 493. Vgl. auch: die Bezeichnung forense Worueze von 1238, welche auf einen bereits bestehenden Markt verweisen dürfte, ohne dass daraus sicher auf eine bereits existierende Stadt zu schließen ist. (UB Eichsfeld, Nr. 271. FLACH: Entstehungszeit, S. 111.). Hinweise auf älteres Gewohnheitsrecht gibt es im Clingener Recht sehr wohl. (Eberhardt: Clingen und Greußen, S. 170.). Zum Clingener Stadtrecht: GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 70. EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 180-187. GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 70. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 104-106. LÜRMANN: Art. Greußen, S. 307.
DIE THEORETISCHEN GRUNDLAGEN DER UNTERSUCHUNG
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Die Herangehensweise Flachs ist noch vor einem weiteren Hintergrund nicht unproblematisch. So wird am Beispiel Erfurts deutlich: Der Stadtwerdungsprozess setzte schon wesentlich früher ein, als die eindeutige Ersterwähnung als civitas im Jahr 1196. So werden schon 1120 cives in den Quellen genannt und seit 1183 finden sich Hinweise auf eine Stadtbefestigung.30 Wenigstens seit der Karolingerzeit ist in Erfurt mit Kaufleuten zu rechnen. So lässt sich im Jahr 805 erstmals ein Fernhandelsmarkt nachweisen, über welchen der Handel mit den Slawen abgewickelt und kontrolliert wurde. Mit dieser, wenn auch nur kurzzeitigen Konzentration des Fernhandels auf Erfurt dürfte – und hierauf hat neuerdings Karl Heinemeyer hingewiesen – zweifelsohne ein beträchtlicher wirtschaftlicher Aufschwung verbunden gewesen sein. Spätestens zu Beginn des 11. Jahrhunderts gab es am Ort eine Münze und seit der Mitte des 11. Jahrhunderts muss in Erfurt eine größere jüdische Gemeinde bestanden haben.31 Schon als Bonifatius 741/42 eines der drei mitteldeutschen Bistümer in Erfurt errichtete, dürfte Erfurt der zentrale Ort Thüringens gewesen sein. Heinemeyer vertrat vor diesem Hintergrund und im Zusammenhang mit der Bezeichnung Erfurts als urbs paganorum et rusticorum 32 sogar die Auffassung, es handele sich um „einen zentralen Ort, der im Vergleich zu den übrigen Siedlungen des Landes dieser Zeit als Stadt bezeichnet werden kann“.33 Bis zur Jahrtausendwende war Erfurt darüber hinaus ein wichtiger Platz des Reiches. Der König trat aber seine Herrschaft über den Ort spätestens im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts an den Mainzer Erzbischof ab. Damit wurde Erfurt der Hauptort der mainzischen Metropoliten in Thüringen und gleichzeitig nach Mainz der bedeutende Ort der Erzbischöfe in ihrer Diözese.34 Damit bleibt festzuhalten: Erfurt übte spätestens seit dem 8. Jahrhundert wesentliche zentrale Funktionen aus und schon recht früh entstand hier eine Siedlung, welche vielleicht nicht im Sinne der alten römischen Städte im Westen, aber wie Heinemeyer festgestellt hat, im Verhältnis zu den umliegenden Siedlungen durchaus als Stadt bezeichnet werden kann und die sich in den folgenden Jahrhunderten immer weiter entwickelte und wesentliche städtische Funktionen schon lange vor ihrer Erstbezeichnung als Stadt wahrnahm. 31F
30 31
32 33 34
UB Stadt Erfurt 1, Nr. 19, 45, 48, 62 u. 65. FLACH: Entstehungszeit, S. 89. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 55-62. WOLF: Erfurt, S. 5-19. GOCKEL: Art. Erfurt, S. 105 mit weiterführender Literatur, S. 114-139 u. 143. HEINEMEYER: Erfurt im frühen Mittelalter, S. 45-66. FLACH: Entstehungszeit, S. 89. Zum Nachweis des Fernhandelsmarktes im Jahr 805 vgl. Diedenhofer Kapitular Karls d. Großen, in: MGH LL capit. 1, Nr. 44, S. 123. Zur Münze: HESS: Verfassung der Städte, S. 313f. MGH Epp. sel. Nr. 50, S. 81. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 55, Anm. 222. Außerdem: HEINEMEYER: Erfurt im frühen Mittelalter, S. 45-66. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 57.
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VORUNTERSUCHUNG
Beim Vergleich von Flachs statistischer Erhebung mit den im Band Mitteldeutschland des deutschen Städtebuches bearbeiteten Städten ergibt sich noch eine weitere Schwierigkeit. Gegenüber den 93 mittelalterlichen Städten bei Flach werden im Städtebuch im Abschnitt „Städte in Thüringen“ 101 aufgezählt. Darüber hinaus sind die Städte Erfurt, Gebesee, Langensalza und Tennstedt, welche im Thüringer Becken liegen, der Provinz Sachsen zugeordnet. Die im heutigen Bundesland Thüringen befindlichen Städte Dingelstädt, Nordhausen oder Worbis gehören gleichfalls nicht zu Thüringen, sondern werden erst in den Kapiteln Provinz Sachsen und Land Anhalt bearbeitet.35 Geschuldet ist dieses den zugrunde liegenden unterschiedlichen politischen Gliederungen. Des Weiteren sind im Städtebuch auch Städte aufgenommen, deren Entstehungszeit nachmittelalterlich ist. Der der Provinz Sachsen zugeordnete Ort Dingelstädt beispielsweise wurde erst im 19. Jahrhundert zur Stadt erhoben, und Gleiches gilt für das im Abschnitt Thüringen bearbeitete Meuselwitz. 36 Ebenso muss ein als Stadt bezeichneter Ort zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Merkmale einer voll entwickelten Stadt besessen haben.37 Problematisch an der Herangehensweise Flachs ist ebenfalls, dass er nur Städte aufnahm, welche zum Zeitpunkt seiner Untersuchung noch solche waren, während er Märkte außen vor ließ und Orte, welche im Mittelalter gelegentlich Stadt genannt wurden, ebenso nicht berücksichtigte.38 Gerade bei den Orten, für die nur ein- oder zweimal die Bezeichnung als Stadt überliefert ist, und bei solchen, welche gelegentlich als Flecken bezeichnet werden, ist vollkommen unklar, welchen Status sie hatten. Lediglich sicher ist, dass sie nicht mehr nur als Dorf anzusprechen sind.39 Berücksichtigt wurden solche im thüringischen Raum gelegenen Orte dann durch Otto Schlütter und Oskar August in ihrem Atlas des Saale- und mittleren 35 36 37 38 39
Vgl. Städteverzeichnis in: KEYSER (Hg.): Deutsches Städtebuch, Bd. 2: Mitteldeutschland, S. 253 u. 397. PATZE: Art. Dingelstedt, S. 77. LEIST: Art. Meuselwitz, S. 278. EBERHARDT: Kleinstädte, S. 29. FLACH: Entstehungszeit, S. 54, mit Anm. 4. Vgl. die Auseinandersetzung mit solchen Orten bei: STOOB: Minderstädte, S. 1-28. Hierzu fand 2005 eine Tagung des Österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung statt, deren Vorträge dann 2006 in einem Sammelband publiziert worden sind: KNITTLER: (Hg.): Minderstädte, Kümmerformen, Gefreite Dörfer. Sie baute auf zwei Symposien des Instituts für vergleichende Städteforschung in Münster in den Jahren 2002 und 2003 auf, in deren Rahmen das Problem ebenfalls thematisiert worden war. Publiziert wurden die entsprechenden Beiträge in: GRÄF/KELLER (Hg.): Städtelandschaft, réseau urbain, urban network (2004). (JOHANEK/POST (Hg.): Vielerlei Städte (2004). Ebenfalls mit der Problematik setzte sich bereits Edith Ennen in den 1980er Jahren auseinander: ENNEN: Minderstadt, S. 70-85.
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Elbegebietes. Die Karte 28 zeigt nicht nur die Städte, sondern die Siedlungen, welche bis 1550 in den Quellen als Flecken bezeichnet worden sind. Darstellungskriterien und damit auch typologische Merkmale sind Erwähnungszeit, Befestigungsart und Größe. Im Dreieck Mühlhausen – Erfurt – Sondershausen kommen damit zu den sechs Städten Schlotheim, Thamsbrück, Langensalza, Tennstedt, Weißensee und Clingen/Greußen noch die wohl nicht mehr nur rein dörflichen Orte Herbsleben, Gräfentonna 40 und Schernberg hinzu.41 Allerdings wurden auch in dieser Karte nicht alle Orte aufgenommen, die bis 1550 städtische Merkmale ausgebildet hatten. Berücksichtigung fanden lediglich solche Orte, welche wenigstens einmal als Stadt bezeichnet wurden, während Landgemeinden, die einen durchaus städtischen Charakter erreicht hatten, aber nie als Stadt bezeichnet worden sind, nicht mit aufgenommen wurden.42 Auch der zwischen Langensalza/Thamsbrück und Mühlhausen gelegene Ort Großenoder Bischoffsgottern könnte im Mittelalter bereits Marktflecken gewesen sein, und es gibt Hinweise darauf, dass die Bewohner zum Teil typisch städtisches Gewerbe ausübten. Darüber hinaus verweisen Straßennamen wie Wahlstraße und Hoher Graben auf eine mögliche Ortsbefestigung. Ebenso gab es seit dem 14. Jahrhundert ein vor dem Ort gelegenes Hospital.43 In den Mittelpunkt der Betrachtung rückten solche Orte, wie erwähnt, erstmals bei Heinz Stoob, welcher sie in seiner Typologie der Städte durchaus berücksichtigte. Seine Typologie selbst ist zwar im Wesentlichen durch eine zeitliche Typenabfolge geprägt, beachtet aber auch charakteristische Merkmale und funktionale Aspekte. Stoobs erste große Gruppe umfasst die sogenannten „Mutterstädte“, welche sich allmählich im 11. und 12. Jahrhundert zu Städten entwickelten. Auf sie folgt noch im 12. Jahrhundert die Phase der Gründungsstädte. Diese Städte hatten häufig noch die Möglichkeit, in ihrer Bedeutung zu den älteren Mutterstädten aufzuschließen. Daran anschließend beginnt im 13. Jahrhundert die Zeit der Kleinstädte, welche sich dann durch das gesamte Spätmittelalter fortsetzt 39F
40
41
42 43
Nach Johann Georg August Galletti wird Gräfentonna jedoch erstmals 1621 Flecken genannt und ummauert wurde er, so stellte Galletti weiterhin fest, erst 1545. Eine umfangreiche Ortserweiterung soll aber bereits nach 1450 stattgefunden haben. So siedelten die Bewohner der Orte Östertonna und Reifenheim nach Gräfentonna über. In diesem Zusammenhang entstanden als Vorstädte bezeichnete Siedlungen. Gegenüber der Burg der Grafen von Tonna und Gleichen befand sich ein Markt, über dessen Alter jedoch nichts weiter bekannt ist. (GALLETTI: Tonna, S. 78-84.). SCHLÜTER/AUGUST (Hg.): Atlas das Saale und mittleren Elbegebietes 2, Karte 28, bearb. u. ausgf. v. Carl OPITZ. Vgl. auch: WIEMANN: Karte 28: Die mittelalterlichen Städte. S. 105-107. Vgl. Erläuterungen zu Karte 28, in: WIEMANN: Karte 28: Die mittelalterlichen Städte. S. 105. KLIPPSTEIN: Großengottern, S. 4f., 14 u. 27-29.
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VORUNTERSUCHUNG
und sie waren die größte Gruppe mittelalterlicher Städte in den deutschen Gebieten. Darüber hinaus lebte ein erheblicher Teil der mittelalterlichen Stadtbevölkerung in diesen Städten.44 Hinzu kamen jetzt noch Orte städtischen Charakters, welche es nicht geschafft hatten, einen dauerhaften städtischen Status zu erreichen. Stoob unterscheidet hier Orte mit gewollter minderer Qualität – „Minderstädte“ und Orte, welche sich als Stadt nicht halten konnten – sogenannte „Kümmerformen“. Hinzu kommen noch die von ihm so bezeichneten „Zwergstädte“, welche in ihrem städtischen Gesamtbild so bescheiden auftreten, dass sie kaum größer als ein Dorf waren. Darunter liegen noch einmal die Flecken und Märkte, welche sich vom Dorf abheben, aber eben nicht Stadt sind.45 Die Städte der ersten zwei Epochen der Stoobschen Typologie übten eine überregionale Mittelpunktfunktion aus. Die Städteketten, die sie bildeten, waren Achsen des politischen, wirtschaftlichen und geistigen Fernverkehrs und damit Zentren der überregionalen Verteilung.46 Zwischen diesen entstanden dann die Kleinstädte im Rahmen eines fürstlichen Stützpunktsystems.47 Diese wiederum waren Werkzeuge der landesherrlichen Politik mit dem Zweck der Erfassung des Raumes und der Herrschaftsverdichtung. Sie verdanken ihre Entstehung und Ausformung landesherrlicher Politik. 48 In diesem Zusammenhang sind häufig Konkurrenzgründungen zu beobachten. Hierbei kam es vielfach zu Überschneidungen des städtischen Einzugsgebietes. Ihre Entstehung erfolgte mit dem Ziel, Verkehrswege zu behindern und zu sperren sowie wirtschaftliches Potential abzuschöpfen. Eine in wirtschaftlicher Hinsicht gleichmäßige Verteilung von zentralen Orten fand nicht mehr statt. Ausschlaggebend waren vielmehr strategische Interessen der jeweiligen Landesherren.49 In der Folge dieser Feststellung stellt sich dann die Frage, inwiefern solche Gründungen überhaupt überlebensfähig waren. Tom Scott erarbeitet in diesem Zusammenhang für seinen Untersuchungsraum, die Romandie, dass vor allem die Diskrepanz zwischen politischem Willen und wirtschaftlichem Potential zu den sogenannten urbanen Kümmerformen und zu Fehlgründungen führte.50 44
45 46 47 48 49 50
Johanek: Landesherrliche Städte, S. 11-13. STOOB: Minderstädte, S. 19-24. Vgl. auch: ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 53-56. Vgl. auch: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 13. STOOB: Minderstädte, S. 21-24. Vgl. auch: ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 55f. STOOB: Hochmittelalterliche Städtebildung, S. 142. STOOB: Minderstädte, S. 20f. STOOB: Minderstädte, S. 20. Vgl. hierzu auch: JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 17f. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 11. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 182-185. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 197. Vgl. hierzu bereits: STOOB: Minderstädte, S. 22f.
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Bedeutsam sind alle diese Zusammenhänge vor allem deswegen, weil Thüringen in besonderem Maße ein Flickenteppich an Landesherrschaften und somit landesherrlichen Interessen ist. Gerade die Kleinstädte müssen, falls sie Mittel zur Durchsetzung und Festigung von Landesherrschaft sind, hier eine besondere Rolle gespielt haben.51 Immerhin sind sie im thüringisch-sächsischen genauso wie in fränkisch-hessischen Raum, am Niederrhein und im Südwesten der deutschen Gebiete in besonderer Häufigkeit anzutreffen. Bei allen diesen Regionen handelt es sich um stark zersplitterte Herrschaftsräume, während sie beispielsweise im territorial weit gegliederten Bayern kaum auftreten.52 So fiel Hartmut Wenzel auf, dass im Bereich des Tannrodaeer Sattels im Süden des heutigen Landkreises Weimarer Land eine außergewöhnliche Ballung von Kleinstädten und Marktflecken anzutreffen ist. Sie liegen zum Teil kaum eine Wegstunde auseinander. Ausschlaggebend für deren Entstehung sind auch nach Wenzel die herrschaftlichen Interessen verschiedenster Adelsgeschlechter, während wirtschaftliche Erwägungen bei ihrer Anlage kaum eine Rolle gespielt haben dürften.53 Ähnliche Situationen lassen sich auch an anderer Stelle im thüringischen Raum finden. So liegen beispielsweise im Landkreis Rudolstadt die Städte Remda, Orlamünde, Rudolstadt, Bad Blankenburg und Saalfeld zum Teil nur wenige Kilometer auseinander.54 Vergleichbares findet sich ebenfalls im Raum südlich der Schmücke und Hainleite. Auch hier sind die Städte zum Teil im Abstand von nur fünf bis zehn Kilometer zueinander entstanden. Die Stadtfluren von Clingen und Greußen grenzen sogar unmittelbar aneinander, und im heutigen Unstrut-Hainich-Kreis liegt Thamsbrück nur etwa drei Kilometer von der Stadt Langensalza entfernt. Bei Remda, Rudolstadt, Orlamünde und Bad Blankenburg handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um landesherrliche Konkurrenzgründungen. Bad Blankenburgs (1323 erstmals oppidum genannt)55 und Remdas (1286 erstmals civitas genannt) Stadtwerdung geht wohl auf eine schwarzburgisch/käfernburgische Initiative zurück. 56 Demgegenüber dürften die Stadterhebungen Orlamündes 51
52 53 54 55 56
So Hans Eberhardt, welcher feststellte, dass ein Großteil der thüringischen Städte Kleinstädte mit einer Einwohnerzahl von unter 2000 waren. (EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 96. EBERHARDT: Kleinstädte im mittleren Thüringen, S. 26.). ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 54. HIERETH/DIEPOLDER: Städte und Märkte im Mittelalter, S. 81-83 u. Karte 22/23a. WENZEL: „villa seu oppidum neuwenmarckt“, S. 40. Vgl. Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 1. DEVRIENT: Kampf der Schwarzburger, Nr. 2, S. 16. FLACH: Entstehungszeit, S. 84. SCHULZE: Art. Blankenburg, S. 28f. PATZE: Art. Remda, S. 351. FÜSSLEIN: Zisterzienserfrauenkloster zu Saalfeld und Stadtilm, T. III, Nr. 24, S. 456. Flach: Entstehungszeit, S. 100.
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VORUNTERSUCHUNG
(erstmals 1344 Stadt genannt)57 und Rudolstadts (erstmals 1326 stadt genannt)58 auf die Grafen von Weimar und Orlamünde zurückzuführen sein. Wobei wenigstens im Fall Orlamünde nicht auszuschließen ist, dass die Stadterhebung gleichfalls durch die Grafen von Schwarzburg/Käfernburg erfolgt sein könnte. So sind Burg und Ort seit dem beginnenden 14. Jahrhundert häufig an die Grafen von Schwarzburg verpfändet. 59 Allerdings könnte die Stadt schon wesentlich älter sein, als die doch recht späte Erstnennung als Stadt im 14. Jahrhundert andeutet. So wird der Ort 1194 als urbs bezeichnet und gleichzeitig ein Markt genannt. Des Weiteren wird schon 1278 hier eine Münze erwähnt.60 Diese Städte dürften damit im Spannungsfeld landesherrlicher Interessen entstanden sein. So gruppierte sich wesentlicher Besitz der Grafen von Weimar und Orlamünde im Raum zwischen Orlamünde und Rudolstadt.61 Südlich und nördlich davon lag älterer schwarzburgisch-käfernburgischer Besitz, auf dem dann jeweils die Städte Remda und Bad Blankenburg gegründet worden sind.62 Des Weiteren ist auffällig, dass Bad Blankenburg und Rudolstadt, welche sich in einer Entfernung von nur etwa fünf Kilometer unmittelbar gegenüberliegen, so zeitnah zueinander mit nur drei Jahren Abstand erstmals als Stadt in Erscheinung treten. Dieses könnte durchaus auf direkte Konkurrenzgründungen verweisen. Bis auf die möglicherweise früher durchgeführte Stadterhebung Orlamündes, entstanden alle Städte im Spätmittelalter. Alle vier waren darüber hinaus ausgesprochene Kleinstädte und übten nach bisherigem Forschungsstand lediglich Nahmarktfunktionen aus.63 Etwas anders stellt sich die Situation im Fall Saalfelds dar. Der Ort gilt als eine der ältesten Städte in Thüringen. Erstmals civitas genannt wird er 1208. Die Grundlagen für die Stadtwerdung selbst reichen jedoch bis weit in das 11. Jahrhundert zurück. In dieser Zeit nahm Saalfeld bereits zentralörtliche Funktionen war. In ottonischer Zeit befand sich hier eine Reichsburg, für welche mehrfache Aufenthalte ottonischer Herrscher und ihrer Familienangehörigen überliefert 57 58 59 60 61 62
63
Regesten der Grafen von Orlamünde, S. 162f. FLACH: Entstehungszeit, S. 99. LATh-StA Rudolstadt A VIII Hessesche Collectaneen: 2 c 6, fol. 422. FLACH: Entstehungszeit, S. 101. PATZE: Art. Orlamünde, S. 330f. HARTUNG/GRESKY: Art. Rudolstadt, S. 360f. PATZE: Politische Geschichte, S. 159f. Dob II, Nr. 950. Dob IV, Nr. 1578. Vgl. Karte: Besitz der Grafen von Weimar und Orlamünde von 1249-1349, in: PATZE: Politischen Geschichte, zwischen S. 158 u. 159. FLACH: Entstehungszeit, S. 99. Vgl. Karten: Besitz der Grafen von Schwarzburg-Käfernburg bis 1275 und Besitz der Grafen von Schwarzburg bis 1428, Einband hinten, in: PATZE/SCHLESINGER: Geschichte Thüringens II, 1. HARTUNG/GRESKY: Art. Rudolstadt, S. 360f. SCHULZE: Art. Blankenburg, S. 28f. PATZE: Art. Remda, S. 351. PATZE: Art. Orlamünde, S. 330f.
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sind. Bereits in der Karolingerzeit war Saalfeld Mittelpunkt einer königlichen Villikation. Im 11. Jahrhundert gelangte der Ort dann an den Kölner Erzbischof, welcher hier ebenfalls einen Villikationsmittelpunkt einrichtete. Spätestens ab dieser Zeit ist hier ebenfalls mit einem Markt zu rechnen. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts fiel der Ort zurück an das Reich und anschließend wurde er wohl noch unter Kaiser Friedrich Barbarossa zur Stadt erhoben.64 Ursache für die bereits recht frühe Bedeutung Saalfelds und seine Entwicklung zum zentralen Ort der Region war sicherlich die gute Verkehrslage. Der Ort lag an der Kreuzung zweier über den Thüringer Wald beziehungsweise Frankenwald verlaufenden Passstraßen mit einer aus Hessen über Südthüringen nach Osten führenden Fernverbindung. Von Bedeutung war Saalfeld spätestens in staufischer Zeit, weil es eine wichtige Wegstation auf der Verbindung zwischen den neugewonnen staufischen Gebieten am Obermain und dem 1158 errichteten Reichsland Pleißen war.65 Auffallend ist die sich bereits andeutende ungleichmäßige Verteilung der Städte in Thüringen. Bei einem Blick auf das Thüringer Becken ist gut zu erkennen, dass sich im südöstlichen Teil Erfurt befindet. In einem Umkreis von etwa 15-20 Kilometern um die Stadt ist auch über den Ostrand des Beckens hinaus keine weitere Stadt mittelalterlichen Ursprungs zu finden. Außerhalb dieser Zone umschließen dann weitere Städte kreisförmig Erfurt.66 Ursache hierfür kann vor allem für den westlich und nördlich an Erfurt anschließenden Raum nur sein, dass innerhalb dieses Radius von 15-20 Kilometer eine Stadtgründung unmöglich war, weil Erfurt als Wirtschafts- und Handelsplatz sämtliches dahingehendes Potential absorbierte. Damit würde deutlich werden: Erfurt beherrschte als Stadt das gesamte Thüringer Becken,67 wobei der Ort spätestens seit der Erhebung zum Bischofssitz durch Bonifatius im 8. Jahrhundert das Zentrum des Thüringer Beckens gewesen sein dürfte.68 Seit der Karolingerzeit war Erfurt ein wirtschaftlicher Mittelpunkt und bereits zu Beginn des 11. Jahrhunderts befand sich hier eine Münze. Gleichzeitig besaß der Ort auch für das Königtum eine gewisse Bedeutung und vom 9. bis 13. Jahrhundert sind in Erfurt eine Reihe von Königsaufenthalten nachzuweisen, welche
64 65 66 67 68
WERNER: Civitas Salevelt (1208), S. 66-69. GOCKEL: Art. Saalfeld, S. 468-523. PATZE: Art. Saalfeld, S. 369-374. GOCKEL: Art. Saalfeld, S. 467f. PATZE: Art. Saalfeld, S. 374. Vgl. WENZEL: „villa seu oppidum neuwenmarckt“, S. 22. Vgl. auch: WENZEL: „villa seu oppidum neuwenmarckt“, S. 22. Allerdings vertritt die Forschung durchaus die Auffassung, der Ort habe schon vorher wesentliche Zentralfunktionen ausgeübt. (HEINEMEYER: Erfurt im frühen Mittelalter, S. 45-66.).
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VORUNTERSUCHUNG
jedoch schwerpunktmäßig in die staufische Zeit fallen. Darüber hinaus ist wenigstens für die Karolingerzeit auch eine Pfalz anzunehmen. Um 1000 trat der König dann seine Herrschaft über Erfurt an den Mainzer Erzbischof ab und der Erzbischof wurde damit nicht geistlicher, sondern auch weltlicher Herr über die Stadt und die Stadt entwickelte sich in der Folge weiter. Sie behielt nicht nur ihre Funktion als wirtschaftlicher und kirchlicher Mittelpunkt Thüringens, vielmehr wurde diese noch erheblich ausgebaut.69 Erfurt dürfte somit zu Recht als das alte Zentrum des Thüringer Beckens bezeichnet werden.70 Die Stadt ist im Stoobschen Sinn eine gewachsene Mutterstadt, in der sich das städtische Leben und die städtische Verfassung allmählich herausgebildet hatten.71 In der Systematik Heinz Stoobs folgt auf die Mutterstädte die Phase der Gründungsstädte.72 Dieses Phänomen lässt sich auch in Thüringen beobachten und geht einher mit einem tiefgreifenden Wandel in der Wirtschaft. Allerorts gegründete Märkte entwickeln sich recht schnell zu Städten. Diese Orte bestanden in der Regel aus einem großzügig ausgebauten Markt, welcher durch einen oder mehrere Siedlungskomplexe vergrößert wurde und der in der Regel schon befestigt war. Diese Städte konnten sich als Großburgen nicht nur selbst unterhalten, sondern warfen auch Überschüsse ab. Sie waren als Wirtschaftszentren Mittel der sich entfaltenden Territorialpolitik. 73 Gleichwohl war nicht jeder Markt Ausgangspunkt einer Stadtentstehung. Zu nennen seien hier die Orte Mühlberg bei Arnstadt und Haina bei Gotha. In Mühlberg ist ein Markt vor der Mitte des 13. Jahrhunderts bezeugt. Für den fuldischen Villikationsmittelpunkt Haina kann zwar ein Markt nicht direkt nachgewiesen werden, das Bestehen eines solchen vor 1125 scheint aber nicht unwahrscheinlich. Zur Stadt entwickelten sich diese Orte jedoch nicht.74 In Hessen setzte die Welle von Städtegründungen in den 1170er Jahren ein. Vor allem die staufischen Könige versuchten auf diesem Weg ihre Machtbasis
69
70 71 72 73
74
Vgl. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 55-62. GOCKEL: Art. Erfurt, S. 105 mit weiterführender Literatur, S. 114-139 u. S. 143. HEINEMEYER: Erfurt im frühen Mittelalter, S. 45-66. HESS: Verfassung der Städte, S. 311-314 u. 320f. Vgl. hierzu: WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 321. PATZE: Art. Erfurt, S. 103-110. Vgl. HESS: Verfassung der Städte, S. 330-332. STOOB: Hochmittelalterliche Städtebildung, S. 142. Stoob: Minderstädte, S. 20f. HESS: Verfassung der Städte, S. 316-321. EHBRECHT: Mittel- und Kleinstädte, S. 136f. STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 563. ENNEN: Burg, Stadt und Territorialstaat, S. 48-50. Für den hessischen Raum vgl. HESS: Städtegründungen, S. 23-25. Vgl. Karte Märkte und Städte bis 1335 in Thüringen, in: PATZE/SCHLESINGER: Geschichte Thüringens 2,1 Einband hinten. Zu Haina: GOCKEL: Art. Haina, S. 181. Zu Mühlberg: PATZE: Art. Mühlberg, S. 285f.
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auszubauen. Dieses geschah zu erheblichen Teilen zu Ungunsten geistlicher Einrichtungen.75 Stadtgründungen auf fremden Boden waren ein Mittel, Ansprüche geltend zu machen und durchzusetzen. Dieses wiederum ist auch in Thüringen zu beobachten. Hier waren es die ludowingischen Landgrafen, welche ihr Territorium auf diesem Wege erheblich ausbauten.76 In diesem Zusammenhang fällt auf, dass sich unter den frühesten Erstnennungen thüringischer Städte neben den alten Reichsgutzentren Nordhausen, Mühlhausen und Saalfeld auch landgräfliche Orte wie etwa Creuzburg, Eisenach und Gotha befinden.77 Als frühe Förderer der Städtepolitik treten demnach einerseits das Königtum und andererseits die Landgrafen als die herausragenden Herrschaftsträger im Thüringer Raum in Erscheinung. Gleichzeitig waren sie Parteigänger der staufischen Könige und aus Letzterem wiederum lässt sich auch erklären, warum sie ihre Territorialpolitik nach staufischem Vorbild gestalteten und im thüringischen Raum neben den Staufern als Städtegründer in Erscheinung treten.78 Eisenachs und Gothas Stadtwerdung fällt nach Wolfgang Hess vielleicht schon in die Zeit um die Mitte des 12. Jahrhunderts.79 Christine Müller wiederum datiert sie eher in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts.80 Die Datierung Müllers erscheint aber vor allem deshalb etwas spät angesetzt zu sein, weil schon seit den 1150er Jahren die Wartburg erheblich ausgebaut worden ist und in diesem Zusammenhang auch die Stadtgründung Eisenachs geschehen sein könnte.81 Erstaunlicherweise ließ sich für den bedeutendsten Territorialherrn neben dem Landgrafen, dem Mainzer Erzbischof, bisher seitens der Forschung überhaupt keine ausgeprägte Städtepolitik in Thüringen für das 12. und 13. Jahrhundert feststellen. Lediglich das im Nordwesten Thüringens, im Eichsfeld liegende mainzische Heiligenstadt ist neben Erfurt vom Erzbischof in seiner städtischen Entwicklung gefördert worden.82 Damit lässt sich neben Erfurt lediglich eine weitere mainzische Stadt im thüringischen Raum für diese Zeit feststellen. Demgegenüber gründeten die Ludowinger bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts in Thüringen und den Randgebieten 8-10 und in Hessen sogar etwa 18 Städte.83 75 76 77 78 79 80 81 82
83
HESS: Städtegründungen, S. 25. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 11f. HESS: Verfassung der Städte, S. 320. HESS: Städtegründungen, S. 12. FLACH: Entstehungszeit, S. 67. HESS: Städtegründungen, S. 26. HESS: Städtegründungen, S. 31. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 235, 238f. u. 248f. Zum Ausbau der Wartburg vgl. STRICKHAUSEN: Burgen, S. 191-201. Die Neustadt Heiligenstadt dürfte von Erzbischof Siegfried Anfang des 13. Jahrhunderts gegründet worden sein und auch die Altstadt steht in engem Zusammenhang zu Mainz. (PATZE: Art. Heiligenstadt, S. 188f.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 12. HESS: Städtegründungen, S. 17-38.
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Ursache für eine fehlende ausgeprägte erzbischöfliche Städtepolitik könnte vielleicht die Schwäche des Erzstiftes in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gewesen sein. Hintergrund war, dass Erzbischof Konrad sich gegen Barbarossa auf die Seiten des Papstes stellte. Dieses führte in Thüringen und Hessen zu einem massiven Vorgehen der Landgrafen gegen erzbischöflichen Besitz. In der Folge gingen dem Erzbistum in diesen Gebieten Plätze von strategischer Bedeutung verloren und in das entstandene Machtvakuum drangen Gewalten ein, welche sich nicht mehr verdrängen ließen.84 Des Weiteren war Erzbischof Christian von Buch, der Nachfolger Konrads, so stark in die Italienpolitik des staufischen Kaisers eingebunden, dass er sein Bistum und damit auch Thüringen weitgehend vernachlässigte. 85 In dieser entscheidenden Phase der ersten umfangreicheren Städtepolitik im Reich und in Thüringen könnte die absolute Ausrichtung der mainzischen Politik auf Italien dazu geführt haben, dass im thüringischen Gebiet keine erzbischöflichen Städte gegründet worden sind. Aber auch im Zuge der Rückgewinnung des verlorenen thüringischen Besitzes des Erzstiftes während des zweiten Mainzer Pontifikats Erzbischof Konrads (1165-1183) sind keine Städtegründungen oder -erhebungen überliefert. Auch die Entwicklung Heiligenstadts fällt erst in das 13. Jahrhundert.86 Vorstellbar ist deshalb, dass in der Restaurierungsphase des mainzischen Besitzes in Thüringen zunächst keine Städte gegründet oder erhoben werden konnten und erst im Zuge einer Konsolidierung im 13. Jahrhundert mit Heiligenstadt jetzt auch dieses Element der Territorialpolitik durch die Mainzer Erzbischöfe genutzt worden ist. Die Städtepolitik der Mainzer Metropoliten konzentrierte sich demzufolge nach bisherigem Forschungsstand zunächst auf Erfurt, das alte mainzische Zentrum in Thüringen und dann im 13. Jahrhundert auch auf Heiligenstadt. Nach Erfurt zählen die königlichen Städte Mühlhausen, Nordhausen und Saalfeld zu den ältesten Städten in Thüringen. Aber auch die bei der Reichsburg und Pfalz Altenburg entstandene Stadt dürfte in das 12. Jahrhundert gehören. Die Gründung des dortigen Marktes geht vielleicht sogar auf Kaiser Lothar III. zurück. In den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts erhielt Altenburg im Zuge der staufischen Territorialpolitik im Reichsland Pleißen erhebliche Bedeutung und ein Ausbau zur Stadt dürfte deshalb spätestens in dieser Zeit geschehen sein. Darüber
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Vgl. hierzu: ORB: Erzstift und Territorium Mainz, S. 418. PATZE: Politische Geschichte, S. 210. HESS: Städtegründungen, S. 30. PATZE: Landesherrschaft, S. 223f. CHRIST: Erzstift und Territorium Mainz, S. 349. JÜRGENSMEIER: Pro und Contra, S. 333-337.
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hinaus war der Ort als Münzstätte im östlichen Thüringen bereits im ausgehenden 12. Jahrhundert von wesentlicher Bedeutung.87 Als entscheidender Wendepunkt in der Geschichte der deutschen Städte gilt der Sturz Heinrichs des Löwen und auch in Thüringen ist seit den 1180er Jahren erstmals eine größere Zahl von Städten bezeugt. Bei ihnen handelt es sich vor allem um Handelsplätze des 11. Jahrhunderts aber auch um einen Teil der in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gegründeten Märkte. Dabei hat Wolfgang Hess festgestellt, dass diese Gründungen aus numismatischer Sicht schon ein Jahrzehnt früher anzusetzen sind. Des Weiteren entstanden nach Hess die ersten Gründungsstädte, wie etwa Altenburg und Vacha, in den 60er Jahren des 12. Jahrhunderts als großzügige Plananlagen, bei denen die Befestigung eine stärkere Rolle spielte.88 Die Gründung der Mühlhäuser Altstadt um den Untermarkt wird im Allgemeinen Lothar von Süpplingenburg zugeschrieben, während die sich um den Obermarkt gruppierende Neustadt unter Friedrich Barbarossa entstanden sein soll. Die königliche Münzprägung setzte etwa 1170 ein.89 Wenn Münze und Stadtentstehung tatsächlich in einem engen Zusammenhang stehen, dann ist dieser Prozess für Nordhausen wiederum schon viel früher anzusetzen. Die Prägung von Brakteaten ist hier bereits für die Zeit um 1140 sicher nachzuweisen, wobei sich die Münzgerechtigkeit zunächst in den Händen des Nordhäuser Nonnenklosters befand. Königliche Münzen sind erst seit 1174 überliefert. Jahrmärkte lassen sich bereits für das späte 12. Jahrhundert nachweisen. Markt und Marktsiedlung sind wiederum bereits für das 10. Jahrhundert belegt.90 Die meisten der nach Erfurt entstandenen frühen Städte lagen verkehrsgeographisch günstig. Sie befanden sich entweder an wichtigen Fernstraßen oder am Schnittpunkt solcher Fernverbindungen. Die landgräflichen Städte Gotha und Eisenach entstanden direkt an der wichtigen als via regia oder „Hohe Straße“ bekannten West-Ost-Verbindung. Eisenach war das westliche Tor nach Thüringen. Hier vereinigten sich wichtige Straßen, um dann weiter nach Erfurt zu führen. Bei Gotha traf ein Weg aus dem Süden über den Thüringer Wald kommend auf die „Hohe Straße“ und ein weiterer Weg führte von hier nach Norden. In Eisenach befand sich darüber hinaus die erste landgräfliche Münzstätte in Thüringen und 90F
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HESS: Städtegründungen, S. 25. Vgl. GOCKEL: Art. Altenburg, S. 39-70. PATZE: Art. Altenburg, S. 8. HESS: Verfassung der Städte, S. 315-323. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 261f. DD O. II., Nr. 5. Gockel: Art. Nordhausen, S. 322f., 329 u. 377f. SCHWINEKÖPER: Königtum und Städte, S. 124.
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ein Markt war spätestens seit der Mitte des 12. Jahrhunderts vorhanden. Auch für Gotha ist Marktbetrieb seit den 1180er Jahren nachweisbar.91 Verkehrsgeographisch günstige Lage und Marktentwicklung hängen bei der Entstehung dieser Städte demnach eng zusammen. Ähnlich verhält es sich auch im Fall Nordhausens und Mühlhausens. Auch diese frühen Städte lagen an wichtigen alten Fernverbindungen und bei Mühlhausen befand sich darüber hinaus ein alter Übergang über die Unstrut.92 Auch das früh als Stadt bezeugte landgräfliche Creuzburg lag verkehrsgünstig. Der Ort entstand am Werraübergang der vom Rhein kommenden über Kassel führenden wichtigen Verkehrsader, die bei Creuzburg die Werra überquerte und dann weiter nach Eisenach verlief.93 Allerdings behinderte das sich besser entwickelnde etwa gleichzeitig zur Stadt gewordene Eisenach die Entwicklung Creuzburgs nachhaltig.94 Erstaunlich ist hier, dass derselbe Herrschaftsträger, in diesem Fall der ludowingische Landgraf Ludwig, etwa zur gleichen Zeit zwei Städte im Abstand von nur 11 Kilometern und damit nicht einmal drei Wegstunden voneinander entfernt gründete.95 Im Zusammenhang mit Creuzburg kommt Christine Müller deshalb zu dem Schluss, der Ausbau zur Stadt geschah vor allem unter territorialen Aspekten. Weiterhin stellt sie fest: Ein ehemaliger königlicher Zentralort in günstiger Verkehrs- und Schutzlage war zum wichtigen landesherrlichen Stützpunkt ausgebaut worden. In dieser Bemerkung übergeht sie jedoch einen wesentlichen Umstand, auf den sie in ihren Untersuchungen zu Creuzburg aber durchaus verweist. Der Erwerb des wohl ursprünglich königlichen Ortes durch die Landgrafen geschah 1170 aus fuldischer Hand. 96 Spätestens seit dem 10. Jahrhundert verfügte das Reichsstift über bedeutende Güter und Einkünfte im Ort, welcher mit einiger Wahrscheinlichkeit den Mittelpunkt des fuldischen Fiskalgutbezirkes Millingen bildete.97 Creuzburgs Bedeutung lag in der Torfunktion als Zoll- und Geleitstelle. Gleichzeitig verstärkte die bereits unter den Ludowingern ummauerte Stadt die militärische Funktion der Burg.98 In Creuzburg, so bemerkt Müller weiter, sei 91 92 93 94 95 96 97 98
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 235-238 u. 248f. PATZE: Landesherrschaft, S. 38f. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 260f. GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 320f. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 94. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 233 u. 237. HESS: Städtegründungen, S. 110. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 233. Vgl. Mittelalterliche Städte und Flecken in Thüringen. (Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 1.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 210. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 94. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 210. HESS: Städtegründungen, S. 110f. PATZE: Landesherrschaft, S. 418f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 233. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 95f. Zur Bedeutung des Platzes für die Ludowinger vgl. HESS: Städtegründungen, S. 32.
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erstmals das Modell einer militärischen Kleinstadtgründung realisiert worden, welches sich bewährte und deshalb bei wenigstens zwei weiteren ludowingischen Gründungen, nämlich bei Thamsbrück und Freyburg Anwendung fand. Bei der Planung solcher Städte standen laut Müller militärische und strategische Erwägungen im Vordergrund, während wirtschaftliche Aspekte eine untergeordnete bis gar keine Rolle spielten.99 Dieses erinnert in erheblichem Maße an die begrenzten Aufgaben der nach Stoob seit der späten Stauferzeit und in größerer Zahl eher im Spätmittelalter entstehenden Kleinstädte.100 Auch sonst beschreibt die Forschung die Entstehung solcher Städte eher als spätmittelalterliches Phänomen.101 Wenigstens Creuzburg wurde als Stadt aber noch in der Zeit Kaiser Friedrichs I. gegründet und auch das nach Müller vergleichbar angelegte Freyburg entstand eher im ausgehenden 12. Jahrhundert, vielleicht sogar schon in den 1180er Jahren.102 Damit wäre die Anlage von Kleinstädten als fürstliche Stützpunkte deutlich früher anzusetzen, als allgemein angenommen wird. Diese frühe Entstehung solcher Städte ist, wie Christine Müller festgestellt hat, eine Besonderheit der ludowingischen Städtepolitik und ist nach ihr darüber hinaus Kennzeichen der „Modernität und Differenziertheit der ludowingischen Städtepolitik“ in Thüringen. Erlauben konnten sich die Landgrafen diese wenig ertragreichen Burgstädte nach Müller nur, weil sie über genügend wirtschaftskräftige andere Städte verfügten.103 Laut Müller hatten diese Städte nur bescheidene Entwicklungsmöglichkeiten und deckten nicht mehr alle Stadtfunktionen ab.104 Wie bemerkt, hat Müller für die frühen thüringischen Vertreter dieser aus militärischen und herrschaftsstrategischen Überlegungen heraus errichteten Kleinstädte festgestellt, dass die wirtschaftliche Funktion zweitrangig war. Diese Vorstellung wird seitens der Forschung spätestens seitdem Edith Ennen formulierte, die Städte hätten die Burgen als herrschaftliches Mittel abgelöst, immer wieder vertreten.105 Allerdings darf, und dieses betonte wiederum Peter Johanek, keine Unvereinbarkeit zwischen militärischer und ökonomischer Funktion angenommen werden. Vielmehr greift beides ineinander und die wirtschaftliche Funktion ist diesen Städten ebenfalls eigen. Ein gesteigerter ökonomischer Ertrag muss 99 100 101 102 103 104 105
MÜLLER: Stadt als Burg, S. 101. Vgl. oben. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 19f. STÖRMER: Gründung von Kleinstädten, S. 584. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 101. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 97. Müller: Landgräfliche Städte, S. 84f. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 101 MÜLLER: Stadt als Burg, S. 101. ENNEN: Burg, Stadt und Territorialstaat, S. 48-88. STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 566-574 u. 584. EHBRECHT: Mittel- und Kleinstädte, S. 104-106 u. 136.
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ebenfalls im Interesse des Landesherrn gelegen haben.106 Ebenso vertrat Tom Scott die Auffassung, dass diesen Städten auch eine wirtschaftliche und kommerzielle Funktion zugedacht worden war. Jedoch sprach auch er der Funktion im Rahmen einer Herrschaftskonzeption wesentlichere Bedeutung zu. 107 Martina Stercken stellte für die kleineren habsburgischen Städte fest, dass auch bei ihnen die wirtschaftliche Förderung im Interesse der Herrschaft lag.108 Hierzu und zu weiteren grundsätzlichen Fragen der Erforschung mittelalterlicher Kleinstädte sind im folgenden Abschnitt weitere grundsätzliche Überlegungen anzustellen.
2.2 Die Kleinstädte als Problem mittelalterlicher Stadtgeschichtsforschung Nach Stoob machen die spätmittelalterlichen Kleinstädte die nächste und vor allem größte Gruppe mittelalterlicher Städtegründungen aus. Sie setzten nach ihm auch in Thüringen die Welle der Gründungen des 13. Jahrhunderts fort.109 Diese kleinen Städte waren Mittel der herrschaftlichen Expansion und Defension und entstanden vor allem in den territorialen Randzonen.110 Wilhelm Störmer bezeichnete die Stadt als sich selbst errichtende und erhaltende Großburg. Es wurden nicht mehr Bewohner umliegender Dörfer, wie bei einer Burg, zur Errichtung verpflichtet, sondern die Stadtbewohner selbst übernahmen diese Aufgabe.111 Gleichzeitig waren die Bewohner auch die Verteidiger und die Organisatoren der Verteidigung. Störmer formuliert an anderer Stelle dann, dass durch eine Stadterhebung fremde Hintersassen gewonnen werden konnten. Hierhinter stand dann ebenfalls der Zweck, die Wehrkraft zu steigern.112 Wehrhaftigkeit und Verteidigungsfähigkeit waren jedoch keine sich selbst erhaltendes Prinzipien und auf die Steigerung musste notwendigerweise ihre Erhaltung folgen. Eine in wirtschaftlicher Hinischt gut oder wenigstens ausreichend ausgebildte Stadt konnte einerseits durch Zuzug leichter neue Bewohner und somit Verteidiger gewinnen und schon vorhandene erhalten. Gleichzeitig waren bei besserer wirtschaftlicher Situation und einer die städtische Fläche füllende Ein-
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JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 21-23. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 193. STERCKEN: Städte der Herrschaft, S. 135. STOOB: Minderstädte, S. 21. STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 566-574. Vgl. auch. STERCKEN: Städte der Herrschaft, S. 94f. u. 134f. STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 574f. STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 574.
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wohnerzahl auch der Bau und die Erhaltung der Wehranlagen leichter zu bewerkstelligen. Des Weiteren verweist Störmer darauf, dass die Stadt auch als Steuereinnahmequelle für den Landesherrn eine Rolle spielte.113 Aus fiskalischer Sicht dürfte eine prosperierende Stadt deshalb durchaus wünschenswert gewesen sein. Ebenso, und das wurde oben am Beispiel Creuzburgs gezeigt, lagen auch kleine Städte an bedeutenden Fernhandelswegen und mit einem Durchzug größerer Warenmengen war zu rechnen. Wirtschaftlicher Aspekte dürften deshalb auch bei der Gründung kleinerer Städte eine Rolle gespielt haben. 114 Noch ein weiterer Gesichtspunkt darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden. Eine Beschränkung solcher im Rahmen einer territorialen Konzeption angelegter Kleinstädte auf ihre bloße militärische Funktion erscheint auch unter anderen Gesichtspunkten zu eng. So ist durchaus vorstellbar, dass wirtschaftliche Erwägungen hierbei eine noch vollkommen anders geartete Rolle spielten. Eine wirtschaftlich prosperierende (Klein-)Stadt war sicherlich auch in der Lage, die Wirtschaft von Herrschaftsträgern des Umlandes nachhaltig zu schädigen. Mit der Etablierung eines Marktes dürfte immer auch der Versuch verbunden gewesen sein, Wirtschaftskraft zu absorbieren. Dieses war vor allem dann von Bedeutung, wenn in der Nähe Städte oder Marktorte anderer Herren lagen und auf diesem Weg versucht wurde, Wirtschaftskraft von diesen abzuziehen. In der Folge konnte es dann auch zur beabsichtigten Verschiebung von Verkehrswegen gekommen sein. Ein frühes Beispiel einer solchen Politik ist die durch Heinrich den Löwen erfolgte Verlegung des Marktes, der Münze und des Zolles von Oberföhring in Bayern nach München. In der Folge entstand dann die Stadt München, während der Ort Oberföhring in der Bedeutungslosigkeit versank. Heinrich der Löwe ging damit gegen die herrschaftlichen Bestrebungen des Freisinger Bischofs vor, welcher bis zu diesem Zeitpunkt alles getan hatte, um den strategisch wichtigen, verkehrsgeographisch günstig gelegenen Platz Oberföhring zu fördern. Die Verlegung selbst führte dazu, dass die Verkehrswege sich jetzt auf München ausrichteten. Die wichtige von Salzburg und Reichenhall über Wasserburg nach Memmingen verlaufende Salzstraße führte jetzt über München und lag damit unter herzoglicher Kontrolle.115 Auch hier handelt es sich um eine Gründung im Rahmen einer herrschaftlichen Konzeption zu Ungunsten eines zentralen Platzes eines anderen Herrschaftsträgers. Dieses zwar hochmittelalterliche Beispiel macht deutlich, dass auch Einflüsse auf die Wirtschaftskraft eines Ortes eines konkurrierenden Herrn F
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STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 584. Vgl. STERCKEN: Städte der Herrschaft, S. 135. SCHATTENHOFER: Art. München, S. 465f. FRIED: Art. Oberföhring, S. 545. JORDAN: Heinrich der Löwe, S. 153-155.
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in der Herrschaftskonzeption einen Platz hatten. So fällt ebenfalls auf, dass gerade bei den planmäßig angelegten Gründungsstädten der Markt als topographisches Element mit eingeplant wurde.116 Seine Anlage dürfte damit auch bei der rechtlichen Ausstattung der „neuen“ Stadt eine Rolle gespielt haben. Schon deshalb muss das wirtschaftliche Element auch bei den strategischen Stadtgründungen durch den Gründer durchaus mitbedacht worden sein.117 Auch das schon erwähnte „Abwerben“ von Hintersassen anderer Herrschaftsträger dürfte zu einer nachhaltigen Schädigung der Wirtschaftskraft des Umlandes geführt haben. Es soll deshalb unterstellt werden: Dieser Umstand war gewollt beziehungsweise wurde er bewusst in Kauf genommen oder, anders formuliert, mittels einer auch wirtschaftlich gut funktionierenden Stadt wurden Hintersassen anderer Herren abgezogen. Umgekehrt war eine Stadt aber auch geeignet, die Abwanderung eigener Hintersassen in Städte fremder Herren zu vermeiden.118 Störmer sieht in den Städten neben ihrer Funktion als sich selbsterhaltende Burg noch einen weiteren Vorteil gegenüber der landesherrlichen Burg. Sie waren als Mittel besser geeignet, der Gefahr der Entfremdung durch die ministerialischen Burgmannen, welche nach ihm bei einer Burg ungleich höher war, entgegenzuwirken. So gab es in der Stadt die Bürger als neutralisierendes Element der Ministerialität.119 Letzteres setzt damit bereits eine einigermaßen stark ausgeprägte bürgerliche Gemeinde voraus, welche hinreichend gut organisiert war, um sich der Ministerialität im Bedarfsfall entgegenzustellen, und darüber hinaus über Mittel zur Durchsetzung verfügte. Häufig waren es aber gerade die stadtherrlichen Ministerialen, welche im Auftrag ihres Herrn die Geschicke der Stadt lenkten und die die wichtigsten städti-
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Zu verweisen ist hier im thüringischen Raum auf die bereits angesprochenen Städte Creuzburg, Freyburg und Thamsbrück, welche zwar im Hochmittelalter entstanden, aber durchaus als frühe Beispiele spätmittelalterlicher strategischer Städtegründungen angesehen werden, bei denen der militärische Aspekt weit im Vordergrund stand. (vgl. oben). Alle diese Städte besitzen als zentralen Platz einen Markt. (Vgl. Abb. 6, 10 u. 14, im Anhang, in: PATZE: Landesherrschaft.). Vgl. Abb. 10, in: MÜLLER: Landgräfliche Städte. Exemplarisch zu nennen ist hier die um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert einsetzende Auseinandersetzung zwischen dem Abt von Hersfeld und dem Landgrafen von Thüringen. Sie entzündete sich unter anderem an der Abwanderung hersfeldischer Bauern in die landgräflichen Städte, welche nun als städtische Bürger die hersfeldischen Güter weiter bewirtschafteten, aber die Abgaben nicht mehr an Hersfeld abführten. (CDS I, 3, Nr. 87. HESS: Verfassung der Städte, S. 321.). STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 576.
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schen Ämter, wie etwa das des Schultheißen, des Zöllners oder des Münzmeisters, ausübten.120 Vergleichbares lässt sich auch für Erfurt feststellen. Hier wurde wenigstens bis ins 12. Jahrhundert das Schultheißen- und Marktmeisteramt mit erzbischöflichen Beamten besetzt und durch diese im Auftrag des mainzischen Herrn verwaltet. Diese Ministerialen gehörten im späten 12. und 13. Jahrhundert zu der städtischen Führungsschicht, aus der sich später der städtische Rat entwickelte.121 Natürlich ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass diese Ministerialen vor allem in Phasen einer stadtherrlichen Schwäche gleichfalls versuchten, sich gegenüber ihrem Herrn zu verselbständigen, und eine organisierte, dem Stadtherrn verbundene Bürgerschaft dem entgegenwirken konnte. Gleichwohl bestand aber auch durch eine sich emanzipierende Bürgerschaft die Gefahr einer zunehmenden Ablösung der Stadt vom Stadtherrn. Was Störmer möglicherweise meint, ist der Umstand, dass sich dahingehende bürgerliche und ministerialische Bestrebungen gegenseitig neutralisieren konnten. Jedoch ist spätestens seit dem beginnenden Spätmittelalter eine klare Trennung bürgerlicher und ministerialischer Interessen kaum noch möglich. Häufig ist zu beobachten, dass wirtschaftlich gut situierte Bürger in den Kreis der stadtherrlichen Ministerialität aufstiegen. Gleichzeitig rückte auch die Ministerialität näher an die Bürgerschaft heran und distanzierte sich vom Stadtherrn. Sie verbanden sich in den größeren Städten sogar mit der Bürgerschaft und förderten die städtische Emanzipation. Die Ministerialen waren im Rat vertreten. Sie bildeten zusammen mit den herausragenden bürgerlichen Familien die städtische Oberschicht.122 Ein Patriziat selbst konnte sich in den kleineren Städten aber meist nicht entwickeln. Ursache hierfür war die starke Bindung an den Stadtherrn. Des Weiteren fühlten sich auch die zur städtischen Oberschicht gehörenden Ministerialen nicht ausschließlich als Bürger, sondern waren immer noch an ihren Herrn gebunden. 123 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie weit sich die städtische Gemeinde in kleineren Städten entwickeln konnte, wie ausgeprägt das bürgerliche Element, eine städtische Sozial- und Wirtschaftsstruktur waren und inwieweit es der Gemeinde gelang, stadtherrliche Rechte in die Hand zu bekommen. Störmer F
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123
FLECKENSTEIN: Ministerialität und Stadt, S. 5. SCHULZ: Ministerialität, S. 17. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 217-220. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 69-81. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 217-222. FLECKENSTEIN: Ministerialität und Stadt, S. 1-15. SCHULZ: Ministerialität, S. 16-42. KÄLBLE: Herrschaft und bürgerlicher Freiheit, S. 204. SCHMITT: Landesherr, Stadt und Bürgertum, S. 48. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 219. STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten, S. 576.
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bemerkt hierzu, besonders in den landesherrlichen Klein- und Kleinststädten sei keine allzu differenzierte Berufs- und Sozialstruktur zu erwarten. Dominantes Element waren hier die Ackerbürger.124 Zwar sind in diesen durchaus Handwerker vorhanden, es fehlen jedoch städtische Spezialberufe. Auch hatte sich in den Städten sehr wohl ein Stadtgericht herausgebildet, aber die Schöffen mussten vom Stadtherrn bestätigt werden und den Vorsitz führte häufig ein vom Stadtherrn bestellter Beamter. Des Weiteren waren die Rathäuser als Bau meist nicht mehr mittelalterlich.125 Dennoch soll hier die These aufgestellt werden, dass es vor allem im Rahmen der Erhaltung der Wehrhaftigkeit und damit des Erhalts der militärischen Funktion, welche die Forschung bei Kleinstädten als durchaus wesentlich ansieht, sehr wohl zur Ausbildung wenigstens rudimentärer städtischer Verwaltungsstrukturen gekommen ist. Es könnten sich durchaus entsprechende Organe städtischer Selbstverwaltung entwickelt haben. Zur Durchführung der übertragenen Aufgaben, aber auch zur Organisation der Verteidigung im Bedarfsfall muss deshalb ein gewisses Maß an städtischer Selbstverwaltung notwendig gewesen sein. Johanek meint des Weiteren, die landesherrlichen Zugriffsmöglichkeiten auf der einen Seite und die Spielräume bürgerlicher Autonomie auf der anderen Seite seien durchaus variabel gewesen.126 Insofern ist vorstellbar, dass sich auch in den kleineren Städten Selbstverwaltung unterschiedlichster Ausprägung entwickelt hatte. Den Gemeinden auch kleinerer Städte gelang es tatsächlich, die Verwaltung wenigstens teilweise in die Hand zu bekommen, wobei für Südwestdeutschland zu beobachten war, dass bereits eingeräumte Selbstverwaltungsrechte im Zuge einer erneuten herrschaftlichen Intensivierung zurückgenommen werden konnten. Gericht und Schultheißenamt blieben aber weitestgehend fest in landesherrlicher Hand. Eine Teilhabe am Gericht erreichten Gemeinden wenigstens auf dem Weg der Besetzung des Gerichtes mit Schöffen. Demgegenüber boten vor allem Rat und Bürgermeister als Einrichtungen Raum zu kommunaler Selbstbestimmung. 127 Auch für die habsburgischen Städte konnte Martina Stercken feststellen, dass die Habsburger sehr wohl ihren Einfluss auf die städtische Selbstverwaltung geltend machten. Dennoch konnten diese Orte erhebliche städtische Vorrechte erhalten. So wurden die Bürger von hofrechtlichen Leistungen und erbrechtlichen Bindungen befreit. Ihr Gerichtsstand vor dem Stadtgericht, aber auch Selbstverwaltungsorgane wurden mittels Privilegien fixiert.128 1F
124 125 126 127 128
STÖRMER: Gründung von Kleinstädten, S. 581. STÖRMER: Gründung von Kleinstädten, S. 581-583. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 10. SCHAAB: Landesherrliche Städte, S. 250. STERCKEN: Städte der Herrschaft, S. 134f.
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Zusammenfassend bleibt demnach festzuhalten: Die Gerichtsautonomie erreichten die kleineren, die landesherrlichen Städte in der Regel nicht. Die für die Selbstverwaltung notwendigen Organisationsstrukturen entstanden in diesen Städten aber sehr wohl. Eine Ratsverfassung bildete sich heraus. Im thüringischen Raum ging die Stadt Erfurt bei der Einrichtung einer Ratsverfassung voran und sicher nachweisbar ist ein solcher zu Beginn des 13. Jahrhunderts.129 Ihr folgten dann die Reichsstädte Nordhausen, Mühlhausen und Altenburg, in welchen sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Ratsverfassung ausbildete, wobei eine bürgerliche Selbstverwaltung gegen die Interessen des königlichen Stadtherrn erst nach der Mitte des 13. Jahrhunderts weitgehend durchgesetzt werden konnte. In den größeren landgräflichen Städten erfolgte die Entwicklung nach bisherigem Forschungsstand etwa zeitgleich zu den Reichsstädten und zu Erfurt. Bei den übrigen thüringischen Städten zeichnet sich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine städtische Selbstverwaltung nur schwach ab. Abhängig war sie letztendlich von der Größe und wirtschaftlichen Bedeutung eines Ortes. Gleichwohl lässt sich erst seit der Wende zum 14. Jahrhundert verstärkt eine Ausbildung städtischer Selbstverwaltung und die Etablierung einer Ratsverfassung auch in den kleineren landesherrlichen Städten erkennen.130 Störmer beobachtete für die landesherrlichen Kleinstädte im Mainland, dass in diesen der Weinbau eine wesentliche Rolle spielte und damit die Herstellung eines einzigen Spezialproduktes zentraler wirtschaftlicherAspekt war. Die Stadtbürger waren vorwiegend Bauern und zum Teil wiesen diese Städte mit einer Einwohnerzahl von 200-300 Personen eine geringere Bevölkerung als umliegende Dörfer auf.131 Er möchte diese Städte deshalb sogar lediglich als „Minderstädte“ verstehen. Damit fällt der Blick erneut auf die zwischen Dorf und Stadt angesiedelten Siedlungsformen, die nicht wirklich Stadt, aber auch nicht Dorf waren. Eingeführt worden ist dieser Begriff „Minderstadt“ von Heinz Stoob, um solche Siedlungen erfassen zu können. Für ihn setzten sie sich zwar eindeutig vom Dorf ab, sie waren aber ansonsten durch eine starke Verkürzung ihrer Privilegien und einer gehemmten Entwicklung gekennzeichnet.132 Der Begriff „Minderstadt“ selbst ist in der Forschung aber nicht unumstritten und vor allem im letzten Jahrzehnt vermehrt in die Kritik gekommen. Kritisiert wurde einerseits die starke verfassungsgeschichtliche Ausrichtung, andererseits
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WOLF: Erfurt, S. 51-55. HESS: Verfassung der Städte, S. 330-345. STÖRMER: Gründung von Kleinstädten, S. 581f. STOOB: Minderstädte, S. 23.
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aber die als Maßstab und Idealtyp zugrunde gelegte stauferzeitliche Stadt. 133 Störmer stellte deshalb fest, es sei besser, beim Begriff „Minderstadt“ nicht vom Stadtrecht, sondern vielmehr von den Funktionen und der Struktur der jeweiligen Stadt auszugehen.134 Edith Ennen kritisierte 1987 den pejorativen Beigeschmack des minderen Wertes, welcher diesem Begriff innewohnt.135 Für sie sind diese Orte spätmittelalterliche Zwischenformen zwischen Dorf und Stadt, bei denen es sich keinesfalls um missglückte Stadtgründungen beziehungsweise Orte minderer städtischer Qualität handelte. Vielmehr waren sie ein Instrument der landesherrlichen Territorialpolitik. Mit ihnen konnten abseits liegende Regionen erschlossen und das Hinterland wirtschaftlich und kulturell versorgt werden. Gegründet wurden sie ebenfalls aus bevölkerungspolitischen Erwägungen.136 Auch Stoob sah in ihnen ein solches Mittel, die gewollte Minderung war jedoch das Ergebnis der Erfahrungen der Landesherren mit den Vollstädten.137 Deutlicher bringt dann Willibald Katzinger das Problem, welches mit dem Begriff einhergeht, auf den Punkt. Er formuliert: „ Dem Begriffsteil ‚minder‘ ist eine Abwertung immanent […] Wertungen sollten in der Wissenschaft jedoch neutral sein.“ Wilfried Ehbrecht bemerkte dazu: „Formulierungen wie,das Recht bewusst gemindert‘, ,den Titel Stadt vorenthalten‘ oder ,vermieden‘ implizieren eine Vorgehensweise der Fürsten, deren Tendenz durch die Belege selten gedeckt sein dürfte“.138 Er verweist weiterhin darauf, dass hier Siedlungen durch gezielte Förderung in die Wirtschaft einer Region eingebunden werden sollten. Dieses wiederum ist eine Vorgehensweise, welche bereits in den vorangehenden Zeiten zu beobachten war. Auch in der älteren Grundherrschaft, so bemerkt er, wurde durch Privilegierung Mehrproduktion und Gewinn erwirtschaftet. So stellt er fest, falls am Minderstadtbegriff festgehalten werden soll, darf Minderung keinesfalls als Abqualifizierung verstanden werden, sondern als „typische Erscheinung einer Siedlungsform, die auf Grund aller mit dem Markt verbundenen Funktionen manchen ,echten Städten‘ überlegen war.“139 Willibald Katzinger wiederum stellte die Frage, ob solche Siedlungen nicht eher als „Mehrdörfer“ zu bezeichnen sind.140 Eine echte Lösung dürfte aber auch diese Begrifflichkeit nicht bieten. 7F
133 134 135 136 137 138 139 140
ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 55. GRÄF: Konjunktur in der historischen Kleinstadtforschung, S. 150. STÖRMER: Gründung von Kleinstädten, S. 584. So dann auch: Rolf Kießling und Helmut Flachenecker, in: FLACHENECKER/KIEßLING: Einleitung, in: DIES. (Hg.): Städtelandschaften in Altbayern, S. 8. ENNEN: Minderstädte, S. 85. ENNEN: Stadtrechtsorte und Freiheiten, S. 649f. STOOB: Minderstädte, S. 27. EHBRECHT: Minderstadt, S. 45. EHBRECHT: Minderstadt, S. 45-47. KATZINGER: Forum Austriae, S. 209.
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Vielmehr wird letztendlich nur deutlich, wie problembehaftet der Minderstadtbegriff ist. Die Minderstädte selbst gehören wiederum zur Kategorie der städtischen Minderformen. Friedrich Bernward Fahlbusch definiert Minderformen als einen „in der Stadtgeschichtsforschung üblich gewordenen Oberbegriff für alle Siedlungsformen, deren Funktionalität und/oder rechtliche Qualität über der eines Dorfes liegen, den Grad einer Stadt aber nur unvollkommen oder nur in einzelnen stadtdefinierenden Kategorien erreichen.“141 Die Quellenbegriffe für solche Minderformen sind dabei vielfältig. Als Bezeichnungen treten Flecken, Freiheit, Markt, Tal, Weichbild, libera villa, oppidulum und zum Teil auch oppidum als Übersetzung von Weichbild oder Freiheit auf. Diese Bezeichnungen erlauben im Einzelfall wiederum Unterscheidungen zwischen einzelnen minderstädtischen Formen. Den Grad erreichter Urbanität definieren aber weniger die sich vom Dorf unterscheidende Rechtsstellung als vielmehr die stadtähnliche Zentralfunktion, die Einwohnerzahl und das Siedlungsbild (geschlossene Bauweise, Befestigung, Planmäßigkeit und Größe der Anlage).142 Zu diesen Minderformen gehören die sogenannten Kleinst- und Zwergstädte mit weniger als 500 Einwohnern und unter etwa acht Hektar Fläche. Sie zeichnen sich vor allem durch gemindertes Recht, schwächere Befestigung, wenig ausgeprägte Gemeindeorgane aus und heben sich damit von den vollausgebildeten Kleinstädten ab. Entstanden sind sie vor allem im Rahmen des spätmittelalterlichen Ausbaus von Kleinstterritorien und oft sind sie Weiterentwicklungen eines zu einer Burg gehörigen suburbiums.143 Ebenfalls zu den Minderformen zählen die sogenannten „Kümmerformen“. Sie sind durch eine unfertige oder aber auch stagnierende städtische Entwicklung gekennzeichnet.144 Solche unfertigen Städte gibt es in allen Epochen der Stadtentwicklung des Mittelalters, sie treten jedoch hauptsächlich im Spätmittelalter auf.145 Als Ursache für die stagnierende oder rückläufige Entwicklung solcher Städte sieht Stoob vor allem, dass ihre wirtschaftliche Lage ein Aufschließen zu den anderen Städten nicht zuließ. Weiterhin konnte der Stadtherr zu stark oder zu schwach sein, beziehungsweise verhinderte eine strittige Stadtherrschaft einen Aufstieg zur Vollstadt. Ebenso wurde der Stadtwerdungsprozess häufig durch größere Nachbarstädte, welche mögliche Konkurrenten niederhalten wollten, ausgebremst. Des Weiteren führten Katastrophen zu einer Verkümmerung der 141 142 143 144 145
FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 633. FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 633. FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 634. STOOB: Minderstädte, S. 22. STOOB: Minderstädte, S. 22. FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 634. EHBRECHT: Minderstadt, S. 22. STOOB: Minderstädte, S. 17 u. 22f.
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VORUNTERSUCHUNG
Entwicklung. So nimmt vor allem in Zeiten von Kriegen und Seuchen die Anzahl der abgehenden Städte merklich zu.146 Die vom Minderstadtbegriff ausgehende Kritik kann konsequenterweise aber nicht nur auf diesen beschränkt werden. Die Minderstädte selbst gehören, wie gezeigt, zur Kategorie der städtischen Minderformen. Insofern wären dann auch Zweifel an diesem Begriff anzumelden, weil damit der Blick auf ihre von den Vollstädten zu unterscheidende Eigenständigkeit als Siedlungsform verstellt wird.147 Letztendlich bleiben der Minderstadtbegriff und damit auch die übergeordnete Kategoriebezeichnung „städtische Minderformen“ problematisch. Auch ist diese Siedlungsform nur eine von vielen zwischen Dorf und Stadt.148 Wilhelm Liebhart meint sogar, die von Stoob entwickelte Typologie, welche die bayerischösterreichischen Märkte als Minderstädte sieht, kann nicht überzeugen. Bei keinem, der von ihm untersuchten Beispiele, ließ sich eine absichtliche Minderung erkennen. Vielmehr stellen sie für Liebhart einen eigenen Siedlungstypen zwischen Dorf und Stadt dar.149 Trotz aller Kritik am Minderstadtbegriff, stellte jedoch Rolf Kießling fest, sei es das große Verdienst Heinz Stoobs, mit seiner Begriffsschöpfung den Blick auf die Siedlungen am unteren Rand des Stadtbegriffes gelenkt und damit die Schwelle für das, was als urban zu bezeichnen ist, herabgesetzt zu haben.150 Ausgangspunkt der bisherigen Überlegungen war die Typologie Stoobs, welche sich zunächst auf die Entstehungszeit der Stadttypen gründete, wobei er bereits funktionale Aspekte hinzunahm. Gerade den Begriffen Kleinstadt und Zwergstadt wohnt aber vor allem das Prinzip der Stadtgröße inne. Stoob wiederum erarbeitete deshalb eine weitere Typologie nach der Stadtgröße und der Bevölkerungszahl. An oberster Stelle stehen die Großstädte mit über 100 Hektar Fläche und über 10.000 Einwohnern. Ihnen folgen die Mittelstädte mit 30-100 Hektar und 4.000-10.000 Einwohnern. Hieran schließen sich die Kleinstädte an, welche er noch einmal in zwei Gruppen unterteilt. Die größeren Kleinstädte mit über 15 Hektar Fläche haben 2.000-4.000 Einwohner und die kleineren mit 8-15 Hektar Fläche 800-2.000. Darunter sind dann die Zwergstädte und anderen Minderformen angesiedelt.151 146 147
148 149 150 151
STOOB: Minderstädte, S. 17 u. 22f. Vgl. EHBRECHT: Mittel- und Kleinstädte, S. 106. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kam Hartmut Wenzel im Zuge seiner Untersuchung der Städte und stadtähnlichen Orte zwischen Weimar und Erfurt. (WENZEL: „villa seu oppidum Neuwenmarckt“, S. 56.). EHBRECHT: Minderstadt, S. 47. LIEBHART: Altbayerische Marktflecken, S. 300. KIEßLING: Zum Marktbegriff, S. 122. Zur Minderstadt vgl. auch: ENNEN: Minderstadt, S. 70-85. STOOB: Stadtformen im späten Mittelalter, S. 159f. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 31.
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Eine auf der Bevölkerungszahl fußende Klassifizierung legte ebenfalls Hektor Amman vor. Allerdings differenzierte er anders als Stoob innerhalb der Mittelstädte und untergliederte die Kleinstädte in kleine, mittlere und „ansehnliche“ Kleinstädte. Auch gestaltete er die Zahlenschwellen ganz anders als Stoob. Zwergstädte begannen bei einer Zahl von unter 200 Einwohnern. Die kleinen Kleinstädte mussten dann mindestens 200 Einwohner haben, ab 500 handelte es sich um eine mittlere Kleinstadt und mit 1.000-2.000 Einwohner war der Ort eine ansehnliche Kleinstadt. Kleine Mittelstädte besaßen 2.000-5.000 Einwohner und große dann 5.000-10.000. 152 Bei Edith Ennen wiederum musste eine wirkliche Großstadt mindestens 20.000 Einwohner haben und in anderen Regionen wie etwa Italien ist nach ihr die Grenze noch einmal deutlich heraufzusetzen.153 Damit wird deutlich, dass in einigen Bereichen die Zahlenschwellen doch voneinander abweichen. Der Hinweis Ennens auf andere Zahlenschwellen bei den italienischen Großstädten deutet des Weiteren darauf, dass eine solche Klassifizierung immer auch regionalen Unterschieden unterliegen dürfte und sie somit nicht generell anwendbar ist. So liegen Stoobs Klassifizierung die Städte der Großregion Mitteleuropa zugrunde und sie dürfte deshalb als sehr stark verallgemeinert anzusehen sein. Auch Ammann untersuchte Städte einer größeren Region. Die Herleitung seiner Klassifizierung aus der Untersuchung der schweizerischen und deutschen Städte entstammt jedoch einem wesentlich kleineren Raum als bei Stoob.154 Weiterhin ist dieses Ordnungsprinzip trotz aller mitgedachten Funktionalität vornehmlich quantitativ. Bereits Max Weber hatte jedoch mit dem Verweis auf Dörfer, welche größer als Städte sind und eine höhere Einwohnerzahl haben, festgestellt, dass eine rein quantitative Systematik nicht unproblematisch ist.155 Er entwickelte deshalb Ansätze einer soziologischen Typologisierung. Er benutzte zur Kategorisierung Begriffe wie Konsumentenstadt, Produzentenstadt, Händlerstadt und Gewerbestadt, wobei diese nicht sich gegenüberstehende Formen von Stadt meinen, sondern durchaus in einer städtischen Siedlung mehrfach vorkommen können.156 F
152
153 154
155 156
AMMANN: Wie groß war die mittelalterliche Stadt?, S. 503-506. IRSIGLER: Zur Konstruktion und Interpretation mittelalterlicher Stadttypen, S. 108. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 31. Vgl. auch: GRÄF: „Small towns“?, S. 149. ENNEN: Europäische Stadt im Mittelalter, S. 225-229. IRSIGLER: Zur Konstruktion und Interpretation mittelalterlicher Stadttypen, S. 109. Vgl. STOOB: Städtebildung, S. 131-156. STOOB: Stadtformen, S. 157-194. AMMANN: Wie groß war die mittelalterliche Stadt?, S. 503-506. Vgl. auch: ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 31. WEBER: Die Stadt, S. 42. WEBER: Die Stadt, S. 41-66. IRSIGLER: Zur Konstruktion und Interpretation mittelalterlicher Stadttypen, S. 108. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 56.
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VORUNTERSUCHUNG
Diese Typologisierung Webers geht einher mit einer von ihm entwickelten Definition von Stadt: Es musste sich nach ihm um eine mindestens relativ stark gewerbliche Siedlung handeln, welche folgende fünf Kriterien aufwies: „1. die Befestigung – 2. der Markt – 3. eigenes Gericht und mindestens teilweise eigenes Recht – 4. Verbandscharakter und damit verbunden 5. mindestens teilweise Autonomie und Autokephalie, also auch Verwaltung von Behörden, an deren Bestellung die Bürger als solche irgendwie beteiligt waren.“ Des Weiteren war ein gesonderter Bürgerstand als Träger der Stadt ihr besonderes Charakteristikum im politischen Sinne.157 Irsigler kritisiert an der Definition Weber‘s vor allem die mehrfach vorkommende Einschränkung durch das Wort mindestens, wodurch die Definition nach ihm alles andere als eindeutig ist. Er sieht vor allem eine Gefahr darin, dass damit durch eingeschränkte Selbstverwaltung und fehlende Teilhabe an der Stadtherrschaft gekennzeichnete städtische Siedlungen als vollwertige Städte anerkannt werden.158 Werner Sombart wiederum nutze Begriffe wie den sakralen Stadtbegriff, den fortifikatorischen Stadtbegriff, den architektonischen Stadtbegriff, den geographischen Stadtbegriff. Alle diese Begriffe beziehen sich auf verschiedene Aspekte einer Stadt. Dennoch muss sich auch für ihn eine Stadt durch eine gewisse Größe vom Dorf unterscheiden und darüber hinaus ist die Bewohnerschaft auf außerhalb produzierte fremde landwirtschaftliche Güter angewiesen. Des Weiteren schlägt nach ihm an einer bestimmten Stelle Quantität in Qualität um und der Ort wird zur Stadt. 159 Hierauf aufbauend entwickelte Horst Jecht seine wirtschaftlich sozialen Städtetypen und unterschied dabei drei Formen von Stadt: 1.) Die reine Ackerbürgerstadt, welche sich vom Land kaum abhebt und indem sie sich vom Dorf kaum unterscheidet, eigentlich keine Stadt ist. Gewerbe und Handel sind weitestgehend durch die Landwirtschaft beeinflusst. 2.) Die Gewerbe und Handelsstadt mit überwiegender Nahmarktfunktion, wobei Gewerbe und Handel gut entwickelt sind. 3.) Die Exportgewerbe- und Handelsstadt, welche überregionale Bedeutung hat und bei der für das städtische Leben Ausfuhr und Fernhandel konstitutiv sind.160 Ergänzt wurden diese drei Typen dann noch einmal durch Hein1
157 158 159
160
WEBER: Die Stadt, S. 58. IRSIGLER: Annäherungen, S. 21. SOMBART: Begriff der Stadt, S. 1-9. SOMBART: Der moderne Kapitalismus, Bd. 1, S. 124-175. IRSIGLER: Konstruktion und Interpretation mittelalterlicher Stadttypen, S. 108. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 56. JECHT: Studien zur gesellschaftlichen Struktur, S. 217-255. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 56f.
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rich Reincke, indem er die vor allem unter den hansischen Seestädten anzutreffenden reinen Fernhandelsstädte, in denen Fern- und Großhandel die eigentliche ökonomische Existenzgrundlage bildeten, hinzunahm.161 Bereits Störmer bemerkte im Zusammenhang mit den Kleinstädten, dass in ihnen Ackerbürger das dominierende Element waren. Es handelt sich demzufolge um Ackerbürgerstädte.162 In dieser Tradition steht auch die Untersuchung Hans Eberhardts über die Entstehung und Entwicklung Thüringer Ackerbürgerstädte, in welcher er neun Kleinstädte untersuchte und an ihnen eine Charakteristik thüringischer Kleinstädte erarbeitete.163 Die von ihm untersuchten Kleinstädte hatte ihre Wurzel in der Landwirtschaft und bis auf das Beispiel Buttstädt, welches durch den Viehhandel einen bescheidenen Wohlstand erreichte und auch eine etwas andere Handwerksstruktur als die anderen Städte aufwies, änderte sich dieses in der Folge kaum. Selbst ortsansässige Handwerker lebten zum Teil von Landwirtschaft.164 Wie bei den Kleinstädten stehen auch bei den Ackerbürgerstädten eine dörfliche Siedlung meist mit Burg und Markt am Anfang. Es wurden in der Regel ältere dörfliche Siedlungen zur Stadt erhoben, wobei diese dann in die Stadt einbezogen werden konnten oder aber die Stadt entstand daneben. Keine der von ihm untersuchten Ackerbürgerstädte ist als solche gegründet worden, sondern es ging ein Markt voraus, welcher als Nahmarkt den Warenaustausch für das Umland vollzog. Im Zuge der Stadtgründung konnte der Markt diese Funktion behalten, sich günstig entwickeln oder aber verkümmern. Ackerbürgerstädte waren verfassungsgemäß Städte, ihre Bewohner verstanden sich als Bürger, die jedoch zum größten Teil vom Ackerbau lebten. Es waren mit Stadtrecht begabte Orte, mit geringer oder fehlender Zentralfunktion. Allerdings konnten auch Städte, welche eine Reihe ihrer Mittelpunktfunktionen eingebüßt hatten, unter diese Kategorie fallen.165 Nach Eberhardt waren alle thüringischen Kleinstädte zunächst Ackerbürgerstädte. Ob sie diesen Charakter im Laufe der Zeit verloren, war weitgehend von der Entwicklung des Marktes abhängig.166 Viele der thüringischen Kleinstädte entwickelten sich aber kaum über diesen Zustand hinaus und blieben von der
161 162 163 164 165
166
REINICKE: Bevölkerungsprobleme, S. 292. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 57. STÖRMER: Gründung von Kleinstädten, S. 581. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 96-120. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 100-114. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 117f. WEIDHASS: Strukturen von Ackerbürgerstädten in Thüringen, S. 121. Vgl. auch: JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum – Ackerbürgerstadt, S. 265-268. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 118.
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VORUNTERSUCHUNG
Landwirtschaft abhängig. 167 Bereits Max Weber hatte jedoch festgestellt, dass auch in der Stadt viele Bürger ihren Bedarf an Nahrungsmittel eigenwirtschaftlich deckten, indem sie Landwirtschaft betrieben, wobei ein Teil der erwirtschafteten Güter auch für den Absatz produziert worden ist.168 In vielen Städten betrieb durchaus ein Großteil der Bewohner Landwirtschaft aber nicht notwendigerweise musste deshalb diese Stadt eine Ackerbürgerstadt sein. Letztendlich war das Gewicht, welches den Ackerbürgern in den Städten zukam, verschieden. Je größer eine Stadt war, umso weniger konnte sie ihren Bedarf selbst decken und war auf Versorgung aus dem Umland angewiesen. Die Landwirtschaft betreibenden Bewohner konnten des Weiteren durchaus zünftisch organisiert gewesen sein. Solche Zünfte sind ab dem 15. Jahrhundert jedoch auch in Dörfern nachzuweisen. 169 Charakteristisch für Städte, in denen Landwirtschaft der maßgebliche Erwerbszweig ist, sind größere Flächen, die zum Zwecke der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung unbebaut bleiben.170 Für Kurt Ulrich Jäschke sind Ackerbürgerstädte Kleinstädte oder Landstädte, deren Bewohner zum großen Teil Landwirte sind. Maßgebliches Produkt solcher landwirtschaftlich orientierten Städte ist dabei ein Spezial- oder Sonderprodukt. Im Südwesten handelt es sich in der Regel um Wein. 171 In Thüringen könnte eines der dominierenden landwirtschaftlichen Produkte solcher Städte der Waid gewesen sein. So waren die naturräumlichen Gegebenheiten gerade im Thüringer Becken hierfür besonders günstig.172 Andererseits spielten aber auch der Anbau von Getreide und die Viehhaltung in Thüringen eine nicht unbedeutende Rolle.173 Hinweise auf Viehhaltung als städtischen Wirtschaftszweig geben das abzuführende Mistgeld, aber auch der Nachweis von städtischer Allmende.174 Erhoben wird Mistgeld in Thüringen unter anderem in Weißensee. Hier waren 6 ½ Solidi Mystgelt durch die Stadt an den landgräflichen Stadtherrn abzuführen. Des Weiteren gibt es an selber Stelle Hinweise auf städtische Allmende. So war seitens der F
167 168 169 170 171 172 173
174
EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 114. WEBER: Die Stadt, S. 47. JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum, S. 268-270. ANDERMANN: Ackerbürger, S. 21. WEBER: Die Stadt, S. 47. ANDERMANN: Ackerbürger, S. 10. REINICKE: Nutzungsformen, S. 182. JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum, S. 266f. ANDERMANN: Ackerbürger, S. 13-17. Vgl. Kap. I.1. Zur Bedeutung des Waides als landwirtschaftliches Spezialprodukt in Thüringen vgl. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 131-140. SCHNELLENKAMP: Waidstätten. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 40-43. Zum Getreideanbau und der Rolle der Viehwirtschaft in Thüringen und ihrer Funktion als Wirtschaftsfaktor in Thüringer Städten: HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 33-36. Vgl. Kap. I.1. JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum, S. 276. ANDERMANN: Ackerbürger, S. 18f.
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Stadt von den, in der Flur der benachbarten Dörfer Günsdorf und Bersdorf gelegenen Äckern und Wiesen immerhin ein Zins von 8 Talenten an den Stadtherrn zu zahlen.175 Nach Hermann Weidhaas war ein Ackerbürger ein Angehöriger der städtischen Erwerbsgruppe, dessen Einkommen nicht ausreichte und der deshalb zur Selbstversorgung Landwirtschaft betrieb. Er gehöre damit, so meint Waidhass weiter, zur ärmeren Erwerbsgruppe in der Stadt und es sei deshalb vorstellbar, dass eine solche Gruppe von Anfang an in Städten existierte und deshalb jede Stadt prinzipiell eine Ackerbürgerstadt gewesen sei. Dieses konnte, und hier schließt er sich Eberhardt an, falls Handel und Gewerbe in der Stadt keine positive Entwicklung nahmen, zum Dauerzustand werden und die gesamte Stadtbevölkerung erfassen. Waidhaas spricht sich aber dafür aus, diese Bewohner eher als Stadtbauern und nicht als Ackerbürger zu bezeichnen.176 Letzteres wiederum entspricht der Bedeutung des Begriffes in der älteren deutschen Rechtssprache. Diese verstand unter Ackerbürger einen Landwirtschaft betreibenden Stadtbürger.177 Indirekt verweist Waidhaas mit seinem vorgeschlagenen Begriffswechsel auf etwas, was Johanek deutlicher formuliert. Ackerbürgerstadt ist eine Abqualifizierung eines so kategorisierten Ortes. Er wird pauschal benutzt, um Städte unterhalb der Mittel- und Großstädte zu bezeichnen, die lediglich der Siedlungs- und Rechtsform nach Städte waren, denen es aber nicht gelang aus dem dörflichen Bereich auszubrechen.178 Seine Kritik am Begriff Ackerbürgerstadt erinnert doch stark an die Problematik des Minderstadtbegriffes. Zumal offensichtlich auch der Typ der Ackerbürgerstadt Elemente der von Stoob entworfenen Minderstadtkategorie besitzt, vielleicht beide sogar deckungsgleich sind. So werden Ackerbürgerstädte in der Geographie durchaus als lediglich stadtähnliche Siedlungen von geringer Zentralität bezeichnet. Wesentliches Merkmal ist dabei, dass die Bewohner von der Landwirtschaft leben.179 Johanek fragt wiederum, ob nicht auch diese Kleinstädte eine Qualität aufweisen, welche sie von der Lebenswelt des Dorfes abhebt.180 Jäschke plädiert des Weiteren dafür, den Begriff Ackerbürger und Ackerbürgerstadt trotz der ihnen 175 176 177 178 179
180
Registrum XVIb, 4f. mit Anm. f. WEIDHASS: Strukturen von Ackerbürgerstädten in Thüringen, S. 122. DRW I, Sp. 422. Vgl. auch: JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum – Ackerbürgerstadt, S. 267. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 13-15. ANDERMANN: Ackerbürger, S. 10. TIETZE: Westermann-Lexikon der Geographie 1, S. 27. FEHN: Art. Ackerbürgerstadt, Sp. 81. BOCKHOLT: Ackerbürgerstädte, S. 14-39. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 15.
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anhaftenden Schwierigkeiten weiter zu benutzen. 181 Nach Hans Patze haben Ackerbürgerstädte durchaus zentrale Funktionen. Sie entstanden im 14. Jahrhundert im Rahmen einer zweiten Städtegründungswelle mit dem Ziel der wirtschaftlichen Durchdringung eines Territoriums. Ihre Aufgabe sei es nach ihm gewesen, das bäuerliche Umland mit „Erzeugnissen geringerer Qualität zu versorgen“. 182 Die Einordnung einer Stadt unter die Kategorie der Ackerbürgerstadt steht jedoch vor einem viel grundsätzlicheren Problem. Vor allem die schwierige Quellenlage lässt kaum sichere Schlüsse zu, wie viele der Bewohner im Mittelalter tatsächlich vom Ackerbau lebten. Hierfür können häufig nur nachmittelalterliche Quellen herangezogen werden.183 So hat Eberhardt herausgearbeitet, dass Ackerbürgerstädte, welche ihren Charakter als solche noch im 19. Jahrhundert bewahrten, durch ein geringeres Bevölkerungswachstum gekennzeichnet sind. Teilweise war die Zahl der Bewohner im 20. Jahrhundert sogar geringer als im 19. Jahrhundert.184 Grundsätzlich stellt sich damit die Frage, ob die schwierige Quellenlage, welche Eberhardt an thüringischen Beispielen immer wieder deutlich macht, nicht generell ein Problem für die Einordnung von Kleinstädten unter die Ackerbürgerstädte ist. Des Weiteren ergibt sich die Frage, ob die Form des Erwerbes, in diesem Fall die Landwirtschaft, geeignet ist, um auf den Grad der Urbanisierung eines Ortes zu schließen oder, anders formuliert, ihn als eine mindere Stadt anzusprechen. Vielleicht erscheint es zunächst am sinnvollsten, Ackerbürgerstädte im Sinne von Karl Heinz Jäschke als Städte zu verstehen, in denen Landwirtschaft das dominierende Element war. Der Begriff Ackerbürger wiederum bezeichnet dann diejenigen Einwohner einer Stadt, die Bürger waren und im Haupterwerb Landwirtschaft betrieben. Ackerbürgerstädte sind dann Städte in denen ein Großteil oder ein großer Teil der Bürgerschaft von der landwirtschaftlichen Produktion lebte und zwar auch in dem Maße, dass deren Überschussproduktion auf dem städtischen Markt abgesetzt worden ist. Des Weiteren hat Irsigler in einem anderen Zusammenhang festgestellt, dass es auch bei einer auf einen überschaubaren Raum bezogenen typologischen Untersuchung durchaus Städte geben wird, für die sich keine speziellen Typenbezeichnungen finden lassen. Es gibt demzufolge Städte, die keiner Kategorie zuzuordnen sind, weil die Kategorisierung in ihrer Suche nach durchschnittlichen F
181 182 183 184
JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum, S. 267. PATZE: Bildung der landesherrlichen Residenzen, S. 7. Neuausgabe 2002 in: JOHANEK/SCHUBERT/WERNER (Hg): Ausgewählte Aufsätze, S. 729-788, hier S. 736. EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 115-118. EBERHARDT: Thüringische Kleinstädte, S. 101f. u. 115-118.
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Verallgemeinerungen die individuellen Züge weitgehend vernachlässigt.185 Hintergrund hierfür ist, wie Blaschke formulierte, dass bei Typenbezeichnungen bereits feste Vorstellungen mitgedacht werden, welche an Durchschnitts- und Erfahrungswerten orientiert sind.186 Für wesentlich brauchbarer hält Johanek die Stadtdefinition Irsiglers, um das Phänomen der Kleinstadt an sich erfassen zu können. 187 Letzterer hat in den 1970er Jahren erstmals formuliert: „Danach ist Stadt eine vom Dorf und nichtagrarischen Einzwecksiedlungen unterschiedene Siedlung relativer Größe mit verdichteter, gegliederter Bebauung, beruflich spezialisierter und sozial geschichteter Bevölkerung und zentralen Funktionen politisch-herrschaftlich-militärischer, wirtschaftlicher und kultisch-kultureller Art.“ Des Weiteren ergänzt er, dass diese Merkmale nach Raum und Zeit in ihrer Ausprägung verschieden sind.188 Diese Definition fand zwar erst etwa 20 Jahre später Eingang in die Stadtgeschichtsforschung, wurde seitdem aber allgemein akzeptiert. Gelegentlich wurde lediglich auf das Fehlen des Stadtrechtes als Kriterium verwiesen und deshalb ergänzte Irsigler seine Definition dann 2010 um dieses Merkmal.189 Gerade diese Definition ist für Johanek mehr als geeignet, um über die Bestimmung der Stadteigenschaften hinaus auch das Verhältnis von Städten zueinander und ihre Wertigkeit in einem Territorium zu bestimmen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei das Gewicht der einzelnen Kriterien. Zu beurteilen sind einerseits die Bevölkerungszahl, die wirtschaftliche Struktur, welche durch ein Übergewicht von Handel und Gewerbe gekennzeichnet ist, die soziale Qualität der städtischen Bürgerschaft (als besonderes Merkmal die persönliche Freiheit), eine Verfassung, welche die Bürgerschaft zu Selbstverwaltung befähigt, die Bebauung, aber auch die Befestigung des Ortes.190 Monika Escher, Alfred Haverkamp und Frank G. Hirschmann entwickelten dann wirtschaftliche, administrative, topographische und kulturelle Kriterien, um die urbane Qualität von Siedlungen in einer Zeit ohne demographische Aufzeichnungen erfassen zu können, und erarbeiteten dazu einen Kriterienkatalog. Mit diesem soll mittels eines Punktesystems der Stadtcharakter einer Siedlung anhand von 56 Kriterien erfasst werden. Zugrunde liegt dieser Liste Edith Ennens 1982
185 186 187 188 189 190
IRSIGLER: Konstruktion und Interpretation, S. 109. BLASCHKE: Qualität, Quantität u. Raumfunktion, S. 64f. IRSIGLER: Konstruktion und Interpretation, S. 109. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 16. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 22, S. 412. IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung, S. 26. IRSIGLER: Annäherungen, S. 27f. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 17.
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entworfener Kriterienkatalog, mit dessen Hilfe sich Städte und ihre urbane Qualität kartographisch erfassen lassen sollten.191 Zehn Jahre nach Edith Ennen war durch Walther Herrmann ein weiterer Katalog entworfen worden, mit dessen Hilfe die Städte des Saargebietes erfasst und bearbeitet werden sollten. Letzterer erfüllte mit seinen Merkmalen der administrativen und kirchlichen Zentralfunktion bereits wesentliche Forderungen der Definition Irsiglers.192 Carl Haase hatte schon 1958 gefordert, zu einem kombinierten Stadtbegriff überzugehen, und auch hier war das Ziel, die Städte einer Landschaft vollständig zu erfassen, wobei er teilweise auf Weber zurückgriff.193 In der Forschung war ein solches Konzept nicht neu. Bereits 1837 hatte Georg Waitz darauf hingewiesen, dass es besser sei, eine Stadt nicht an einem charakteristischen Merkmal festzumachen, sondern er sah verschiedene Kriterien, die eine Stadt vom Dorf unterschieden.194 Dieses zielte auf den Umstand ab, dass die mittelalterliche Stadt im 19. und auch noch im 20. Jahrhundert weitestgehend über das verfassungsgeschichtliche Element des Stadtrechtes definiert wurde. Stadt war jeder Ort, welcher Stadtrecht besaß und sich somit aus verfassungsrechtlicher Sicht von den anderen Siedlungen des Umlandes unterschied, beziehungsweise Orte, welche über eine Stadtmauer verfügten.195 Natürlich stellt sich im Zusammenhang mit den Kriterienkatalogen die Frage, wie viele Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein Ort Stadt ist. Ennen und Herrmann geben hierauf noch keine Antwort, zumal die einzelnen Kriterien ein unterschiedliches Gewicht haben und sich dieses auch im Laufe der Zeit verändern kann. 196 Allerdings fällt bei Herrmann auf, dass nach seiner Auswertung das an der Spitze stehende Saarburg mit 13 von 22 möglichen Kriterien gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der maximal möglichen Merkmalszahl erreicht hatte, während Merzig und Saarwerden jeweils nur drei erfüllen. Er verweist dann da2
191
192 193 194 195 196
ENNEN: Rheinisches Städtewesen, S. 3-5. Vgl. ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, S. 14, 17, 20f. u. 52. ESCHER/HIRSCHMANN: Urbane Zentren 1, S. 38-40. ENNEN: Stadtrechtsorte und Freiheiten, S. 637-650. HERRMANN: Städte im Einzugsgebiet der Saar bis 1400, S. 259f., mit Karte im Anhang. HAASE: Stadtbegriff, S. 79f. IRSIGLER: Annäherungen, S. 23-25. JOHANEK: Stadtgeschichtsforschung, S. 57. WAITZ: Jahrbücher des deutschen Reichs unter König Heinrich I., S. 233. HEIT: Stadt, Stadt-Land-Beziehung, Städtelandschaft, S. 55. Vgl. Zusammenfassung der Forschungstraditionen bei: HEIT: Stadt, Stadt-Land-Beziehung S. 55f. Vgl. IRSIGLER: Annäherungen, S. 25.
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rauf, dass einige Orte seiner bis 1400 gehenden Untersuchung ihren Stadtwerdungsprozess noch nicht vollständig abgeschlossen hatten und sie teilweise im Verlauf des 15. und 16. Jahrhunderts weitere Funktionen ausbilden konnten.197 Erst bei Hirschmann, Haverkamp und Escher wird für die Mitte des 14. Jahrhunderts der Schwellenwert auf sieben Punkten festgelegt. Ein Ort ist dann als Stadt zu bezeichnen, wenn er mindestens sieben Punkte erreicht hat. Zugrunde liegt dabei eine Gewichtung der Kriterien, indem sie auch eine unterschiedliche mit Punkten ausgedrückte Wertigkeit besitzen.198 Tom Scott verwies, basierend auf den Untersuchungen von Bernhard Metz, welcher den Kriterienkatalog Hirschmanns, Haverkamps und Eschers bei seiner Untersuchung der elsässischen Städte anwandte, zuletzt aber darauf, wie subjektiv vor allem die Grenzschwelle ist, ab welcher ein Ort Stadt ist. Ebenso zweifelt er daran, ob die bewusste Ausklammerung von Stadtrechtsverleihungen in diesem Katalog gerechtfertigt ist.199 Irsigler bezeichnet diesen Versuch der Gewichtung der Kriterien wiederum als nicht ganz überzeugend, nennt aber hierfür keine Gründe.200 Des Weiteren verweist Scott darauf, dass sich der Grad der Urbanität eines Ortes aus dem Verhältnis von Städten zueinander innerhalb eines Gesamtgefüges ergibt.201 Hartmut Wenzel wiederum meint in seiner Untersuchung kleinerer Städte in Thüringen, die Klassifizierung einer Siedlung ist letztendlich davon abhängig, wie sich ihr räumliches Umfeld entwickelte und welche Chancen und Entwicklungspotentiale sie darin hatte.202 Ebenso ist auffällig, dass Herrmann, Ennen sowie Escher, Haverkamp und Hirschmann eine unterschiedliche Zahl von Kriterien anbieten. So sind es bei Ennen nach vier Zeitstufen (1.) römisch, 2.) bis 1050, 3.) 1051-1180 u. 4.) 1181-1250 13 Merkmale, 203 bei Herrmann 22, welche bis 1400 abgeprüft werden,204 und bei Escher, Haverkamp und Hirschmann 56. Letztere wiederum beginnen mit ihrer Erhebung um 1000 und setzen diese im Abstand von 50-100 Jahren bis ins Spätmittelalter fort.205 An diesen Beispielen wird weiterhin deutlich, nicht nur die Anzahl und Art der Kriterien sind unterschiedlich, auch der angesetzte Zeitpunkt zur Prüfung der Kriterien ist entscheidend. Indem Herrmann die Entwicklung 2
197 198 199 200 201 202 203 204 205
HERRMANN: Städte im Einzugsgebiet der Saar bis 1400, S. 260-262. ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, S. 14-16. Vgl. auch. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S 183f. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 184. Vgl. IRSIGLER: Annäherungen, S. 25. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 183f. WENZEL: „villa seu oppidum neuwenmarckt“, S. 54. ENNEN: Rheinisches Städtewesen bis 1250, S. 3f. HERRMANN: Städte im Einzugsgebiet der Saar bis 1400, S. 260-262. ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, S. 52. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 184.
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seiner untersuchten Städte bereits für den Zeitpunkt um 1400 mit seinem Katalog abgleicht, lässt er wesentliche und spätere Entwicklungen, worauf er wiederum selbst verweist, außen vor. Für Edith Ennen ist, weil sie die Städte erfassen will, welche bereits in der Stauferzeit voll ausgebildete Städte waren, die Entwicklung nur bis 1250 von Interesse. Sie klammert damit die gesamte spätmittelalterliche Entwicklung aus.206 Darüber hinaus sind ihre Zeitstufen für den thüringischen Raum nur begrenzt anwendbar. Bereits in römischer Zeit entstandene Städte gibt es nicht. Erstmals als zentraler thüringischer Ort tritt Erfurt in der Mitte des 8. Jahrhunderts entgegen und auch in den darauffolgenden Jahrhunderten entwickelte sich der Ort so weit, um dann als Stadt entgegenzutreten. Eine frühe städtische Entwicklung lässt sich neben Erfurt allenfalls in den späteren Reichsstädten, wie beispielsweise Erfurt oder Mühlhausen nachweisen. Auch diese Siedlungen waren als königliche Pfalzen bereits recht früh zentrale Orte und ihre Stadtwerdung kann wohl schon vor der Mitte des 12. Jahrhunderts angesetzt werden. Gerade die kleineren Städte entstanden mit Ausnahme einiger ludowingischer Städte, wie beispielsweise Creuzburg, eher im 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.207 Am brauchbarsten scheint für den thüringischen Raum letztendlich die zeitliche Staffelung Hirschmanns, Haverkamps und Eschers. Sie ist nicht auf die früh entstandenen Städte fokussiert, sondern macht eine Abprüfung der Kriterien für das gesamte Mittelalter möglich. Gleichzeitig wird durch die kontinuierliche Prüfung erreicht, dass städtische Entwicklungen besser erfasst und damit die Städte auch untereinander verglichen werden können. Karlheinz Blaschke wiederum nennt drei Kriterienkategorien, worunter er weitere detailliertere Merkmale anführt.208 Ein weiterer durch Wilfried Ehbrechts erarbeiteter Katalog umfasst neun Gruppen von Merkmalen für städtische Qualität.209 Michel Pauly entwickelte anhand seiner Untersuchung von zehn luxemburgischen Städten einen 47 städtische Merkmale umfassenden Katalog. Wobei er hier nur die Entwicklungen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts verfolgte.210 Die von Hirschmann, Haverkamp und Escher erarbeitete Kategorisierung nach wirtschaftlichen, topographischen, administrativen und kulturellen Aspekten entspricht in weiten Teilen der von Irsigler erarbeiteten Definition. Die von ihnen herausgearbeiteten Einzelkriterien verweisen auf eine beruflich spezialisierte und sozial geschichtete Bevölkerung sowie zentrale Funktionen politischherrschaftlich-militärischer, wirtschaftlicher und kultisch-kultureller Art. Wobei 206 207 208 209 210
ENNEN: Rheinisches Städtewesen, S. 3. Zum Zeitraum der Entstehung von Städten im thüringischen Raum vgl. oben, Kap. I.2.1. BLASCHKE: Qualität, Quantität u. Raumfunktion, S. 63-68. EHBRECHT: Civile ius, S. 417f. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 160f.
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zu ergänzen ist, dass Hirschmann, Escher und Haverkamp den kultischen Aspekt nicht ausdrücklich erwähnen. Jedoch lassen sich die Aufnahme von geistlichen Einrichtungen in den Katalog sowie das Kriterium des bedeutenden Wallfahrtsortes durchaus so verstehen, dass sie dieses Merkmal mitdachten.211 Anders als Irsigler verzichteten sie jedoch auf die gegliederte und dichte Bebauung, nahmen demgegenüber aber das Element der Befestigung mit auf. Dieses Merkmal wird allerdings nur mit einem Punkt gewichtet und erhält somit die niedrigste mögliche Punktezuweisung. Zum Vergleich: Für mehr als fünf Kollegiatsstifte erhält der entsprechende Ort die höchste Einzelpunktzahl von 8, und die Anzahl von 2-3 Hospitälern ist immerhin zwei Punkte wert. Während bei Irsigler lediglich die Rede von einer relativen Größe ist, welche die Stadt vom Dorf und einer nichtagrarischen Einzwecksiedlung unterscheidet, spielt bei Hirschmann, Haverkamp und Escher die von der Befestigung umschlossene Fläche eine differenziertere Rolle. So wiesen sie einer Fläche von 10-24 Hektar einen Punkt zu. Bei einer Fläche von 25-49 Hektar gibt es immerhin schon 2 Punkte und aufsteigend bis zur Punktzahl 5 ist die nächste Größenkategorie bei 50-99 Hektar, darauf folgt 100-200 Hektar und die letzte umfasst alle Städte über 200 Hektar. Die Festlegung dieser Punkteschwellen entspricht wiederum nicht den von Stoob ermittelten Grenzwerten.212 Dieses zeigt ähnlich wie bei den zwischen der Typologie Ammans und Stoobs bestehenden Unterschieden bezüglich der Bevölkerungszahl, dass eine solche Qualifizierung letztendlich stark subjektiv und sicherlich auch vom Untersuchungsraum abhängig ist. Auffällig ist, dass Verfassungselemente wie etwa der städtische Rat fehlen.213 Ebenfalls ausgeklammert wurde das Rathaus als zentraler Ort städtischer Selbstverwaltung. Hirschmann, Haverkamp und Escher begründen dieses damit, dass nicht überall das Rathaus Versammlungsort der Gemeinde ist, sondern hierfür auch andere Gebäude wie etwa die Obergeschosse von Verkaufshäusern genutzt worden sind.214 Demgegenüber nahmen sie etwa den Stadtschreiber, den Notar oder das Stadtsiegel in den Katalog auf. Ebenfalls eine Rolle spielten die soziale Sondergruppe der Juden sowie das Vorhandensein einer Synagoge oder aber eines Judenfriedhofes. Ursprünglich war auch die Anzahl der Pfarreien mit in den Katalog aufgenommen worden, wurde dann aber wieder gestrichen. Im Zuge ihrer Untersuchung hatten Hirschmann, Haverkamp und Escher festgestellt, dass
211 212 213 214
ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetzt – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, S. 14, 17, 20f. u. 52. Vgl. oben. Ein Umstand, welcher bereits durch Scott kritisiert worden ist. Vgl. oben. ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, Anm. 24, S. 15.
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bedeutende Städte teilweise nur eine Pfarrei besaßen, während unbedeutendere Zentren durchaus mehrere Pfarreien hatten.215 Walther Herrmann gibt bei seinem Kriterienkatalog keine Oberkategorien an. Viele seiner Kriterien finden sich auch bei Hirschmann, Haverkamp und Escher wieder. Darüber hinaus spielen auch bei ihm administrative und kirchliche Zentralfunktionen, welche er ausdrücklich so benennt, eine Rolle. Die wirtschaftliche Zentralfunktion erwähnt er trotz Aufzählung von Wochen- und Jahrmarkt jedoch nicht. Ebenfalls Bedeutung hatte die spezialisierte Gewerbestruktur. Die soziale Schichtung klingt allenfalls in den Kategorien Juden und Zünfte an. Auffällig ist bei ihm aber, dass gleich zu Beginn verfassungsrechtliche Merkmale wie Quellenterminologie, Stadtrechtsverleihung und Freiheitsbrief genannt werden, und darüber hinaus erscheint auch die Befestigung als Kriterium.216 Quellentermini für den Ort, aber auch die Bevölkerung sowie die Stadtrechtsverleihung oder -bestätigung sind bei Ennen ebenso anzutreffen. Glleichfalls berücksichtigt sie das Merkmal der Stadtbefestigung. Das zentralörtliche Element findet bei ihr keine ausdrückliche Erwähnung. Gleichwohl klingen solche Funktionen in Kriterien wie Bischofssitz, Markt mit Fernhandel, lokaler Markt, Pfalz und Burg durchaus an.217 Auch Karlheinz Blaschke, welcher für Städte drei Kriterienbereiche feststellte – die Qualität, Quantität und Raumfunktion – sah in der Zentralfunktion ein wesentliches Merkmal von Stadt. Er nannte dabei Funktionen wie Nahmarktsort, kulturelles Zentrum, Zufluchtsort in Krisenzeiten, Verwaltungsmittelpunkt, verwandtschaftliche Beziehungen zum Umland. Nicht alle diese Kriterien mussten erfüllt sein. Sie waren durchaus von der Größe der Stadt abhängig. Das für ihn beständigste Wesensmerkmal von Stadt war jedoch die durch die zentrale geographische Lage gegebene Raumfunktion.218 Wobei grundsätzlich die Frage erlaubt sein darf, ob nicht zentrale Lage erst durch die Anlage einer Stadt generiert wird und damit deren Raumfunktion entsteht. Zu verweisen sei hier erneut auf das Beispiel Oberföhring und München. Mit Gründung Münchens richteten sich die Verkehrswege auf die neue Stadt aus und trugen zu ihrer zentralen Lage bei.219 Städte waren demnach als gewollte Zentralpunkte durchaus in der Lage, Verkehrswege und Verkehrsknoten neu entstehen zu lassen beziehungsweise diese wenigstens aufzuwerten – ihnen eine neue Qualität zu geben.
215 216 217 218 219
ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, Anm. 24, S. 15f. HERRMANN: Städte im Einzugsgebiet der Saar bis 1400, S. 260-262. ENNEN: Rheinisches Städtewesen bis 1250, S. 3f. BLASCHKE: Qualität, Quantität u. Raumfunktion, S. 66f. Vgl. Kap. I.2.2.
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Die Kategorie der Qualität umfasste bei Blaschke die wirtschaftliche sowie die soziale Sonderstellung, eine städtische Verfassung, die Stadtmauer, die Stadtanlage als verdichtete bebaute Fläche. Quantitative Merkmale waren sowohl Einwohnerzahl und Fläche der Stadt als auch die Kapitalkraft der Bevölkerung, wobei er anders als Stoob und Ammann für die quantitativen Merkmale keine absoluten Zahlen vorlegte.220 Die von Michel Pauly erarbeiteten Merkmale entsprechen in großen Teilen dem Kriterienkatalog Hirschmanns, Haverkamps und Eschers. Anders als bei diesem Katalog nimmt Pauly das Rathaus jedoch auf. Ebenfalls genannt sind das städtische Gericht, Stadterweiterungen, ein gräflicher Speicher oder das Geleit. Ursache hierfür – und das gilt sicherlich auch für die anderen Kriterienkataloge – dürften wie schon im Fall der Unterschiede zwischen den quantitativ angelegten Klassifizierungen Stoobs und Ammanns sein, dass Städte verschiedener Regionen unterschiedlich ausgeprägte Merkmale entwickelten. So ist darauf zu verweisen, dass Pauly seine Merkmale aus der Untersuchung von zehn luxemburgischen Städten erarbeitete und somit von Städten eines spezifischen und eng begrenzten Raumes ableitete.221 Demgegenüber lag der Untersuchungsraum Herrmanns, welcher die Städte des Saargebietes zwischen den Vogesen und dem Pfälzer Wald sowie den größeren Territorien der Herzöge von Lothringen und den Kurfürsten von Trier bearbeitete, weiter südlich und hatte vollkommen andere landschaftliche und herrschaftliche Voraussetzungen.222 Der von Wilfried Ehbrecht erarbeitete Kriterienkatalog umfasst neun Merkmalsbündel, welche sich ebenfalls im Wesentlichen an der Stadtdefinition Irsiglers orientieren. Er nennt den Markt als Wirtschaftsmittelpunkt, ein nichtagrarisches differenziertes Gewerbe ein Mindestmaß an städtischer Selbstverwaltung und Rechtsausübung, die Abgrenzung der Stadt und dazugehöriger Gemarkung vom herrschaftlich anders organisierten Umland. Weitere Merkmale sind die Befestigung, welche die Bewohner und die dort weilenden auswärtigen Personen schützen kann, sowie Handels- und Geleitsverträge, welche diese auch außerhalb und unterwegs schützt. Ebenso sind für ihn die Quellentermini, die für Bewohner und den Ort gebraucht werden, wichtig. Außerdem führt er die Kranken- sowie Armenfürsorge an. Damit ist auch das Vorhandensein von Hospitälern, wie 220 221
222
BLASCHKE: Qualität, Quantität u. Raumfunktion, S. 60-66. Vgl. auch die verkürzte Zusammenstellung bei: IRSIGLER: Annäherung, S. 25f. Das Zentrum des Untersuchungsraumes bildet die Stadt Luxembourg um die sich die anderen Städte in einem Abstand von maximal 50 Kilometern gruppieren. Grundlage seiner Hauptuntersuchung bilden sogar nur die im Ostteil des ehemaligen Herzogtums Luxemburg gelegenen fünf Städte Arlon, Bitburg, Echternach, Luxemburg und Thionville/Diedenhofen, wodurch der Untersuchungsraum nahezu um die Hälfte verkleinert wird. (Vgl. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 117-162.). Vgl. HERRMANN: Städte im Einzugsbereich der Saar, S. 228f.
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schon bei Hirschmann, Haverkamp und Escher, ein wichtiges städtisches Element. Daneben spielt auch die Existenz anderer geistlicher Einrichtungen eine Rolle. Gilden und Bruderschaften sind weitere Elemente. Abschließend nennt er auch die bereits bei Irsiglers Definition vorhandenen Zentralitätsfunktionen, welche den Rang der Stadt im Verhältnis zu anderen und zum Umland bestimmt.223 Irsigler wiederum hält diesen Katalog für geeignet, um zu erkennen, ob ein Ort Stadt ist. Dabei müssen nicht alle Kriterien erfüllt sein, beziehungsweise ließe sich der Katalog beliebig erweitern.224 Ehbrecht selbst sagt darüber hinaus, dass damit auch der Rang der Städte bestimmbar wird. Damit dürfte gemeint sein, welche Position die Städte im Raum im Verhältnis zu anderen einnahmen.225 Allerdings stellt sich die Frage, ab wann ein Mindestmaß an Selbstverwaltung erreicht ist, welches ausreicht, um den Ort als Stadt zu charakterisieren. Einen Umstand, welchen Irisgler immerhin noch im Zusammenhang mit der Definition Max Webers kritisierte.226 Angelehnt an die erste Definition Irsiglers, aber auch auf Max Weber und die ältere Städteforschung zurückgreifend entwickelte dann Johanek in den 1990er Jahren eine weitere Definition von Stadt. Auch für ihn ist die Stadt gekennzeichnet durch eine gegliederte und verdichtete Bebauung. Anders als Irsigler nimmt er jedoch das Merkmal der Befestigung hinzu. Rechtlich ist sie vom Umland geschieden und wie bei Irsigler ebenfalls durch eine sozial gegliederte und beruflich spezialisierte Bevölkerung gekennzeichnet. Des Weiteren übernimmt er auch die von Irsigler postulierten zentralen Funktionen, verzichtete aber auf die kultisch-kulturellen Mittelpunktfunktionen. Wirtschaftliche Funktionen, bei denen Handwerk, Gewerbe und Handel dominieren, sind das wichtigere Element.227 Auffällig ist der Verzicht auf die kultisch-kulturelle Zentralfunktion. Hier räumt Irsigler selbst ein, dass diese vor allem bei den kleineren Mittelstädten und den darunter liegenden Stadtformen kaum ausgeprägt ist. Er selbst hatte überlegt, dieses Kriterium aus seiner Stadtdefinition herauszunehmen.228 Michel Pauly sieht in diesem Kriterium wiederum eher eine sekundäre Zentralitätsfunktion, weil sie in einem zweiten Schritt, auf bürgerliche Initiative zurückgehend, die primären Zentralfunktionen, zu denen er die wirtschaftlichen, administrativen und herrschaftlichen zählt, erweitert.229 Anders denkt Irsigler bezüglich des Merkmals der 223 224 225 226 227 228 229
EHBRECHT: Civile ius, S. 417f. IRSIGLER: Annäherungen, S. 27. EHBRECHT: Civile ius, S. 418. Vgl. oben. JOHANEK: Tradition und Zukunft, S. 39. IRSIGLER: Annäherungen, S. 29f. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 141-143.
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Befestigung. Er begründet dessen Fehlen in seiner Definition mit dem Umstand, dass es nicht nur im angelsächsischen Raum Städte ohne Befestigung gab.230 Hartmut Wenzel nimmt im Ergebnis seiner Untersuchung kleinerer Städte im Raum östlich von Erfurt eine Gliederung nach funktionalen und quantitativen Aspekten vor. Er unterteilt in: große Fernhandelsstädte, Residenzstädte, kleine Landstädte, Marktflecken und Marktdörfer und Dörfer mit Umlandfunktionen. Wobei Letztere nach ihm durchaus in die Kategorie Minderstädte eingereiht werden könnten.231
2.3 Die kleineren Städte als Residenzstädte Residenzen waren Orte mit einer herausgehobenen Zentralfunktion für das Umland beziehungsweise für ein ganzes Territorium. Auch wenn landesherrliche Städte und Kleinstädte keine Synonyme sind, so sind doch Kleinstädte insbesondere Instrumente der landesherrlichen Politik, und Residenzstädte können nach Johanek als „landesherrliche Städte per exellence“ angesprochen werden.232 Es war Hans Patze, der die Residenzen in den Blickpunkt der mittelalterlichen Stadtgeschichtsforschung rückte. In einem 1982 mit Gerhard Streich verfassten Aufsatz wurde ein Bearbeitungsschema und Fragenkatalog für die Untersuchung einzelner Residenzen vorgestellt, in welchem auch die Städte und ihre Topographie einen breiten Raum einnahmen.233 Gleichwohl war er nicht der Erste. Schon Sombart war sich der Funktion von Städten als Residenzorte bewusst und er erkannte ebenfalls ein Verhältnis zwischen der Bedeutung der Stadt und der Bedeutung beziehungsweise der Macht der dort residierenden Fürsten.234 Residenzstädte selbst entstanden erstmals in der Stauferzeit. Sie gehen einher mit der ersten großen Gründungswelle von Städten.235 Nach Patze und Streich sind Residenzen Orte, „in denen Landesherren Behörden ausbilden, die an den Ort gebunden waren – die auf Reisen dem Landesherrn nicht mehr folgen“.236 Im zweiten Teil des von Patze und Streich zusammengestellten Bearbeitungssche-
230 231 232 233 234 235 236
IRSIGLER: Annäherungen, S. 29f. WENZEL: „villa seu oppidum neuwenmarckt“, S. 56f. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 10. Johanek: Stadtgeschichtsforschung, S. 73. Vgl. Kriterienkatalog in: PATZE/STREICH: Die landesherrlichen Residenzen, S. 215-219. JOHANEK: Stadtgeschichtsforschung, S. 74f. SOMBART: Der moderne Kapitalismus 1,1, S. 146. NEITMANN: Was ist eine Residenz?, S. 28. PATZE/STREICH: Die landesherrlichen Residenzen, S. 209.
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mas, mit dem einzelne Residenzorte beschrieben werden sollen, spielen neben anderen Elementen auch die Stadt, sofern sie vorhanden war, und hier auch das Verhältnis vom Stadtherrn zur Residenz eine Rolle.237 Die Hofbediensteten wohnten in der Stadt und waren damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Landesherr und Bürgerschaft ergänzen sich durchaus zum beiderseitigen Vorteil. Konflikte zwischen beiden konnten letztendlich aber auch zum unüberbrückbaren Bruch führen. Im letzteren Fall kann die städtische Selbstverwaltung durch den Stadtherrn beseitigt oder wenigstens stark eingeschränkt werden. Einher ging dieses durchaus mit der Errichtung einer neuen landesherrlichen Burg in der Stadt. Umgekehrt gelang es den Stadtgemeinden durchaus auch, den Stadtherrn zu vertreiben, seine Burg in der Stadt zu zerstören und damit die vollständige Selbstständigkeit zu erlangen.238 Um die Wirtschaftskraft einer Residenzstadt zu erhöhen, wurde sie meist mit besonderen Privilegien ausgestattet. Häufig war die Bürgerschaft jedoch stärker finanziell beansprucht als in anderen Städten. Wenigstens auf finanzieller Ebene gab es durchaus eine enge Zusammenarbeit zwischen Bürgerschaft und herrschaftlicher Verwaltung. Die Bürgerschaft selbst zählte zum erweiterten Kreis des fürstlichen Gefolges. Eine weitläufige Stadt war geradezu Voraussetzung für ein repräsentatives Hofleben. In diesen Städten befanden sich die bevorzugten Grablegen. Residenzen sind darüber hinaus gleichzeitig Herrschaftszentren. Von ihnen aus organisiert sich die Herrschaft über ein Territorium. Sie übernahmen demnach administrative und herrschaftliche Mittelpunktfunktionen. 239 Bereits das Bearbeitungsschema Patzes und Streichs legt darüber hinaus nahe, dass Residenzstädte auch besondere repräsentative bauliche Merkmale aufweisen. 240 Sie waren Orte, in denen sich Herrschaft manifestierte. Auch hier lösten sie somit scheinbar die Burg ab. Sie waren Aufenthaltsorte der Herrschaftsträger und damit herrschaftliche Mittelpunkte. Martina Stercken hat jedoch für die habsburgischen Städte herausgearbeitet, dass ihre Residenzenfunktion sich eben nicht unbedingt in einem besonderen Aussehen dieser Städte widerspiegeln musste. Wachstumsschübe und Verbesserungen der Befestigung dieser Städte im 14. Jahrhundert waren bei ihnen nicht zwangsweise auf den Residenzstatus zurückzuführen, sondern können auch anderorts beobachtet werden. 241 F
237 238 239 240 241
Katalog in: PATZE/STREICH: Die landesherrlichen Residenzen, S. 215-219. NEITMANN: Was ist eine Residenz?, S. 25. RANFT: Residenz und Stadt, S. 29f. NEITMANN: Was ist eine Residenz?, S. 26-43. PATZE/PARAVICINI: Zusammenfassung, S. 480-488. Kriterienkatalog in: PATZE/STREICH: Die landesherrlichen Residenzen, S. 217. RANFT: Residenz und Stadt, S. 27f. STERCKEN: Städte der Herrschaft, S. 84f.
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Stadt und Burg waren in ihren residenziellen Funktionen eng miteinander verknüpft. Häufig ist die Burg älter als die bei ihr entstehende Stadt, sie ist der ältere Herrschaftsmittelpunkt.242 Zwar sind Burgen somit meist älter als Städte, Armand Baeriswyl hat aber beispielsweise für die Schweiz festgestellt, dass Burgen ebenso gleichzeitig mit Städten entstanden. Auch machten Städte Burgen nicht überflüssig, vielmehr entstand ein Typ von Burg, welcher Bestandteil der städtischen Infrastruktur war, und die Stadt war funktional auf die Burg ausgerichtet.243 Etwa 80 Prozent der thüringischen Städte entstanden am Fuße einer Burg oder in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. In Anlehnung an diese Burgen entstanden Versorgungsiedlungen mit durchaus spezialisiertem Gewerbe und Marktverkehr zur Befriedigung der Bedürfnisse von Burgbesatzung und Burgherr. Zwischen älterer Burg und Stadtentstehung besteht demnach ein enger Zusammenhang. Die Erhebung eines solchen Ortes zur Stadt kann aber nur mit Einverständnis des jeweiligen Burgherrn geschehen sein.244 Als Beispiel für diese Zusammenhänge soll kurz die Wiederherstellung der Burg Logne (Vieuxville in den Ardennen, Belgien) und die Verlegung des Dorfes zur Burg sowie dessen Erhebung zum Marktort dargestellt werden. Weil die Burg zu abgelegen war, das Dorf zu weit entfernt lag und damit eine ungünstige Versorgungslage bestand, verlegte der Abt von Stavelot-Malmedy das Dorf ins Tal unter die Burg. Gleichzeitig sollte die Einrichtung eines Marktes und durch Marktverkehr Ausbau und Bewachung der Burg unterstützt werden. Hierzu wurde die Marktsiedlung planmäßig angelegt.245 Die Verlegung des Ortes und Anlage der Marktsiedlung geschah demzufolge, um die Versorgung der Burg abzusichern. Nicht aus jeder Verbindung von Burg und Stadt entwickelte sich jedoch eine Residenz. Dennoch entstanden auch in Thüringen schon im Hochmittelalter innerhalb einer Herrschaft herausragende Orte. Zu nennen ist hier zunächst Eisenach mit der Wartburg als ludowingischer Hauptort der Landgrafschaft. Neben diesen wichtigen Ort trat dann noch Gotha mit der landgräflichen Burg Grimmenstein. Beide Orte nahmen diesen Funktion auch unter den Wettinern wahr, wurden aber seit der wettinischen Landesteilung von 1382 noch durch Weimar ergänzt. Unter Landgraf Wilhelm II. löste in der Mitte des 15. Jahrhunderts Weimar als Hauptresidenz des Landgrafen in Thüringen dann die zwei anderen Orte
242 243 244 245
JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 21. Zum engen Verhältnis Stadt und Burg in einer Residenz vgl. auch: PATZE: Bildung der landesherrlichen Residenzen, S. 8. BAERISWYL: Stadt und Burg, S. 27-33. EBERHARDT: Kleinstädte im mittleren Thüringen, S. 33f. Recuil des chartes de’l abbaye de Stavelot-Malmedy 1, Nr. 165.
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ab.246 Scheinbar, so vermutet zumindest Patze, beabsichtigten die ludowingischen Landgrafen Ähnliches in Weißensee und Freyburg an der Unstrut. Möglicherweise sollten auch hier landesherrliche Residenzen entstehen.247 Unter den Wettinern wurden diese Bestrebungen augenscheinlich aber nicht fortgesetzt. Schwarzburgische Residenzstädte waren spätestens seit dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts Rudolstadt und seit der Mitte des 14. Jahrhunderts Sondershausen. 248 Am südlichen Rand des Thüringer Waldes lagen die hennebergischen Residenzen Hildburghausen, Schleusingen und Römhild. 249 Die Grafen von Weimar-Orlamünde ergänzten bereits recht früh ihre Burg mit einer vorgelagerten Marktsiedlung, die wiederum spätestens im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts zur Stadt geworden war. Auch wenn sie die Grafschaft Orlamünde 1338 an die Wettiner verkaufen mussten, gab es augenscheinlich Bestrebungen Burg und Stadt zur Residenz auszubauen.250 Vergleichbares deutet sich im Zusammenhang mit diesen Grafen für Weimar an. Auch hier scheinen Burg und Stadt, bevor sie an die Wettiner fielen, gezielt zum herrschaftlichen Mittelpunkt und Sitz erweitert worden zu sein.251 Nicht immer musste aber bei einer Burg, welche herrschaftlicher Mittelpunkt eines Geschlechtes war, auch eine Stadt entstehen. Zu nennen sei hier nur der Ort Gräfentonna, einem der Hauptsitze der Grafen von Tonna/Gleichen. Zwar scheint sich der Ort in Ansätzen über ein Dorf hinaus entwickelt zu haben. Vielleicht erreichte er sogar teilweise eine gewisse städtische Qualität, dauerhaft eine Stadt wurde er aber nicht.252 Dennoch liegt die Residenz in der Regel in oder bei einer Stadt. Hintergrund hierfür war, dass der hohe Adel nicht mehr auf den Komfort, wie ihn die bürgerliche Stadtkultur bot, verzichten wollte. Dabei entstanden in der Stadt selbst unbefestigte herrschaftliche Aufenthaltsorte. 253 Als frühes thüringisches Beispiel ist hier der repräsentative Stadthof der ludowingischen Landgrafen in Eisenach zu nennen, welcher seit der Mitte des 12. Jahrhunderts bestand und die F
F
246
247 248 249 250 251 252 253
HEINEMEYER: Art. Eisenach, S. 166-171. STRICKHAUSEN: Art. Wartburg, S. 614f. Patze: Art. Eisenach, S. 89-93. WANDEL: Art. Gotha, S. 218-220. PATZE: Art. Gotha, S. 153157. BLAHA: Art. Weimar, S. 615f. HUSCHKE: Art. Weimar, S. 475f. Vgl: PATZE: Bildung der landesherrlichen Residenzen, S. 8. HARTUNG/GRESKY: Art. Rudolstadt, S. 360-364. HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 404-406. Vgl. PATZE: Art. Hidlburghausen, S. 198-200. PATZE: Art. Schleusingen, S. 382-384. PATZE: Art. Römhild, S. 353-356. PATZE: Art. Orlamünde, S. 330f. HUSCHKE: Art. Weimar, S. 474f. Vgl. Kap. I.2.1. PATZE: Art. Gräfentonna, S. 163. PATZE/PARAVICINI: Zusammenfassung, S. 477f. RANFT: Residenz und Stadt, S. 27-32.
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Wartburg als repräsentativen Herrschaftsmittelpunkt allmählich abgelöst haben dürfte.254 Die Merkmale einer Residenz sind jedoch vorwiegend anhand der größeren Residenzstädte bedeutenderer Geschlechter erarbeitet worden. Im Blick der Residenzenforschung waren zunächst nichtkönigliche, fürstliche Residenzen.255 Bereits Gerhard Fouquet schrieb in seinem 1992 erschienen Aufsatz über die ritterschaftlichen Kleinstädte Südwestdeutschland den kleineren Städten des Kraichgaus gleichfalls Residenzenfunktionen zu. Die niederadligen Familien dieser Region gründeten häufig nur eine Stadt. Auf diesem Weg versuchten sie einerseits ihre Herrschaft nach innen zu strukturieren, andererseits aber auch ihr adliges Standesbewusstsein nach dem Vorbild ihrer Lehnsherren nach außen repräsentativ zu demonstrieren. Diese Städte waren mit einer angeschlossenen Burg sowie der Kirche oder den Kirchbauten Ausdruck des niederadligen Standes und Reichtums.256 Auch diese Städte nahmen damit residenzielle Funktionen wahr. Sie waren herrschaftlicher Mittelpunkt eines Territoriums, auch wenn dieses nur eine geringe Größe aufwies. Deshalb ist durchaus zu erwarten, dass sich auch in ihnen, dann wahrscheinlich aber sehr dürftig und rudimentär ausgebildet, die gleichen Merkmale wie für die größeren Residenzstädte finden lassen – sie demzufolge strukturell gleich aufgebaut waren. Fouquet sieht diese als Ackerbürgerstädte zu bezeichnenden Miniaturresidenzen wiederum eher in den Bereich der Minderstädte gehörig. Sie verfügten zwar über Stadtkriterien, waren in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Sicht aber keine Städte. Vielmehr unterschieden sie sich kaum von ihrer dörflich bäuerlichen Umgebung. Sie blieben Teil der Wirtschaft des jeweiligen kleinadligen Geschlechtes. Nach Fouquet waren die Bewohner, anders als Stercken für die habsburgischen Städte festgestellt hatte, vor allem Eigenleute ihres Herrn und der Grundsatz „Stadtluft macht frei“ hatte bei ihnen kaum Gültigkeit. Auch wenn es Ausnahmen gab, hatte ein Großteil der Stadtbewohner durchaus in den Bereich der Grundherrschaft gehörige Dienste zu leisten. Des Weiteren blieb die Bürgergemeinde im vogteilichen Zugriff ihres Stadtherrn. Es gelang ihr häufig nicht, die Niedergerichtsbarkeit in die Hand zu bekommen.257 An dieser Stelle stellt sich damit die Frage, weshalb diese Orte dann überhaupt als Städte und nicht lediglich als großer, befestigter Hof des adligen Herrn anzu-
254 255 256 257
Vgl. HEINEMEYER: Art. Eisenach, S. 168. PATZE: Art. Eisenach, S. 89f. Vgl. PATZE/PARAVICINI: Zusammenfassung, S. 463-488. FOUQUET: Stadt, Herrschaft und Territorium, S. 87, 106 u. 120. Vgl. auch: SCOTT: Kleine Städte, S. 198f. Vgl. FOUQUET: Stadt, Herrschaft und Territorium, S. 71-120.
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VORUNTERSUCHUNG
sehen sind. So hätte die Feststellung, dass diese Orte sich in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht kaum vom Umland unterschieden, zur Folge, dass sie wesentliche Merkmale von Stadt, wie sie Johanek und Irsigler in ihren Definitionen fordern, nicht erfüllen. Vergleichbares gilt dann auch für einen Großteil der unterschiedlichen Kriterienkataloge. Dennoch ist in der hier vorliegenden Arbeit zu prüfen, ob einer der zu untersuchenden Orte (Miniatur-)Residenz eines niederadligen Geschlechts war, und falls sich dieses feststellen lässt, wie sich die Stadt in diesem Zusammenhang entwickeln konnte.
2.4 Zentralfunktion als Eigenschaft von Stadt Zentrale Funktionen konnten kleinere Städte im administrativen Gefüge einer Herrschaft sehr wohl wahrnehmen. Unabhängig von der Frage, ob es sich um eine Residenz handelte, besaßen Burgen als Amtssitz durchaus städtebildende Kraft. 258 Gerade Orte abseits wichtiger Verkehrswege hatten als Amtsmittelpunkte erst die Möglichkeit einer städtischen Entwicklung und wurden zurAmtsstadt. Dabei waren Städte nicht nur Mittelpunkte von Ämtern, sondern bildeten häufig eigene Amtsbezirke. 259 Ähnliches lässt sich auch für den wettinischen Herrschaftsraum im 14. Jahrhundert beobachten.260 Sie übten demzufolge ganz im Sinne der Irsigler’schen Definition administrative Mittelpunktfunktionen aus. Für den wettinischen Raum und damit auch weite Teile des Thüringer Beckens ist hierfür das markgräfliche Register von 1378 eine wichtige Quelle. Aus ihm wird deutlich, dass Städte nicht nur eigene Amtsbezirke bildeten, sondern einige von ihnen in einem engen Zusammenhang mit übergeordneten Zentralbehörden stehen. So befanden sich in den wettinischen Städten Gotha, Thamsbrück, Buttelstedt und Weißensee Landgerichte und um diese Orte gruppierte sich der jeweilige Landgerichtsbezirk.261 Gerade Buttelstedt und Thamsbrück waren jedoch ausgesprochene Kleinststädte und auch Weißensee dürfte kaum größer gewesen sein.262
258 259 260 261 262
JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 21. PATZE: Bildung der landesherrlichen Residenzen, S. 8. STERCKEN: Städte der Herrschaft, S. 78. Vgl. hierzu Karte, in: LIPPERT/BERSCHORNER (Hg.): Registrum dominorum Marchionum Missnensium, Einband vorn. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 108-180. PATZE: Landesherrschaft, S. 501-504. Zu Thamsbrück u. Weißensee: Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 62f. u. 209. Zu Buttelstedt: HUSCHKE: Art. Buttelstedt, S. 65f.
DIE THEORETISCHEN GRUNDLAGEN DER UNTERSUCHUNG
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Irsiglers Stadtdefinition beinhaltet als ein wesentliches Element die Zentralfunktionen. Dieses basiert auf der Theorie der zentralen Orte und ihrer Gesetzmäßigkeit der gleichmäßigen Verteilung von Christaller.263 Um es mit den Worten Alfred Heits auszudrücken: Irsigler strukturierte die Zentralitätstheorie nach Christaller 264 und hierin folgte ihm dann wohl auch Johanek. Wichtige zentralitätsfördernde Kräfte waren nach Irsigler Fernhandel und Exportgewerbe.265 Bei Wilfried Ehbrecht heißt es im Punkt neun seines Kriterienbündels: Insgesamt erhöhen kirchliche, soziale, politische, wirtschaftliche und kulturelle Funktionen die städtische Zentralität und bestimmen ihren Rang im Verhältnis zueinander und zum Land.266 Ehbrecht spricht damit zwei Momente von zentralörtlicher Funktion an: Städte sind einerseits zentrale Orte für das unmittelbare Umland und andererseits Teile eines zentralörtlichen Systems, in welchem sie unterschiedliche Positionen einnehmen. Daraus ergibt sich hinsichtlich ihres Ranges im System der Zentralorte, dass dieser in hohem Maße davon abhängig ist, wie ausgeprägt die einzelnen zentralörtlichen Elemente sind. Das zentralörtliche System ist demzufolge ein hierarchisches System.267 Karlheinz Blaschke arbeitete hierzu heraus, dass die Qualität einer Stadt von der Quantität und der Zentralfunktion abhängig ist, schränkt aber gleichzeitig ein, dass Quantität und Qualität nicht notwendigerweise übereinstimmen müssen. Andererseits war die Raumfunktion auch durch die geographische Lage vorgezeichnet. Gemeint ist damit: Städte entstanden in der Regel an Verkehrsknotenpunkten.268 Willibald Katzinger fiel wiederum auf, dass im unteren Mühlviertel in Oberösterreich die Märkte im Abstand von annähernd acht Kilometern etwa gleich weit voneinander entfernt lagen. Auf Christaller zurückgreifend schlussfolgert er daraus: Diese Verteilung könne kaum zufällig sein. Im Zusammenhang mit der Feststellung, dass alle diese Märkte einen dreieckigen Marktplatz aufweisen, kam er dann zu dem Schluss: Platzform und Straßensystem hätten automatisch zu einer idealen Verteilung im Raum geführt. 269 Winfried Schenk erkannte ebenfalls eine Regelhaftigkeit bei der Verteilung von Städten in Unterfranken. Sie lagen etwa 15-20 Kilometer auseinander. Für ihn erklärt sich dieses Verteilungsmuster vor 268F
F
263 264 265 266 267
268 269
JOHANEK: Stadtgeschichtsforschung, S. 78. CHRISTALLER: Die zentralen Orte. HEIT: Stadt, Stadt-Land-Beziehungen, S. 60. JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 16. IRSIGLER: Stadt und Umland im Spätmittelalter, S. 1-14. EHBRECHT: Civile ius, S. 418. Ähnlich Johanek, welcher wiederum die auf Christaller aufbauende Definition Irsiglers als geeignet hält, um den Rang und die Wertigkeit einer Stadt im Territorium festzustellen. (Vgl. Kap. I.2.2.). BLASCHKE: Qualität, Quantität u. Raumfunktion, S. 68. KATZINGER: Forum Austriae, S. 267f.
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VORUNTERSUCHUNG
allem durch die durchschnittliche Tagesleistung von Fuhrwerken oder von einem mit Lasten beladenen Menschen. Die gleichmäßige Verteilung folgt nach ihm unter der Berufung auf Christaller nach der Transporttagesleistung und daraus notwendiger Konzentration von Verwaltungs- und Handelsfunktionen.270 Allerdings verwies bereits Franz Irsigler darauf und hierin folgte ihm dann auch Rolf Kießling, dass die Christaller’sche Theorie nicht unumstritten geblieben ist und sie Schwächen hat. Sie findet vor allem dort ihre Grenzen, wo die räumlichen Voraussetzungen anders als bei den für Christaller grundlegenden süddeutschen Beispielen sind.271 Tom Scott wiederum kritisierte vor allem die Erarbeitung der Zentralitätstheorie Christallers an der Massenkommunikation der modernen Industriegesellschaft. Sie ist nach ihm „für die Vormoderne außer Stande, die Beziehungen kleinster Orte auf engstem Raum adäquat zu erfassen“. Er verweist dabei auf die mittelalterlichen Konkurrenzgründungen von Städten auf engstem Raum.272 Des Weiteren müssen zentrale Orte nicht unbedingt Stadt sein.273 Etwas Vergleichbares ließ sich, wie oben bereits gezeigt, auch für Thüringen feststellen. Die mittelalterlichen Städte im Thüringer Becken verteilten sich keinesfalls gleichmäßig sondern lagen zum Teil dicht beieinander. Ihre große Anzahl und zum Teil auch dichte Lage ist nach Hans Eberhardt eher der Vielzahl der territorialen Gewalten geschuldet.274 So dürften doch im weitestgehend gleichmäßig geformten Thüringer Becken die geographischen Voraussetzungen überall gleich gewesen sein. Dennoch gibt es eine Massierung von mittelalterlichen Städten im nördlichen Teil des Beckens.275 Auch die Verkehrssituation kann hierfür nicht die alleinige Ursache gewesen sein. Die wichtigste Straße des Thüringer Beckens – die via regia – knickt erst in Erfurt nach Nordosten ab und kann damit nur auf die Entstehung eines Teiles der im östlichen Teil des nördlichen Beckens befindlichen Städte Auswirkung gehabt haben. Demgegenüber befindet sich zwischen dem Eintritt der Straße in das Becken im Westen und Erfurt nur die landgräfliche Stadt Gotha. Im Westteil des Beckens gab es darüber hinaus einen nicht unwichtigen von Nordwesten über Mühlhausen in Richtung Erfurt führenden Fernweg, an dem mit Mühlhausen, Thamsbrück und Langensalza Städte entstanden. Die Städte Schlotheim, Clingen, 270 271 272 273 274 275
SCHENK: Städtelandschaft, S. 40. IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung, S. 17. KIEßLING: Strukturen, S. 67. SCOTT: Kleine Städte, keine Städte, S. 184f. IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung, S. 18. Vgl. hierzu auch die zuletzt umfangreich von Kießling bearbeitete Problematik der Märkte. (Vgl. oben.). EBERHARDT: Kleinstädte im mittleren Thüringen, S. 26 u. 47f. Vgl. Mittelalterliche Städte und Flecken in Thüringen (Karte 1, in: Anhang: 1. Pläne und Karten.).
DIE THEORETISCHEN GRUNDLAGEN DER UNTERSUCHUNG
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Greußen, Kindelbrück, Rastenberg und Kölleda liegen zwischen dem nordöstlichen Teilstück der via regia und dem von Nordwesten aus dem Eichsfeld nach Erfurt verlaufenden Verkehrsweg. 276 Weißensee wiederum lag auf halbem Weg zwischen der Neuenburg am Ostrand der Landgrafschaft und der Wartburg im Westen der thüringischen Gebiete der ludowingischen Herrschaft. Gleichzeitig waren Burg und die später entstandene Stadt eine wichtige Wegstation der Ludowinger zwischen diesen zwei wichtigen Orten und in diesem Zusammenhang wenigstens in ludowingischer Zeit ein landgräflicher Hauptort. Außerdem lag Weißensee an einer wichtigen NordSüdstraße des Thüringer Beckens. Damit dürfte die Entstehung der dortigen Burg und Stadt sicherlich auch auf herrschaftsstrategische Erwägungen zurückgehen. 277 Letztendlich muss es, und dieses zeigt vielleicht auch das Beispiel Weißensee, für die ungleichmäßige Verteilung der Städte im Thüringer Becken aber noch andere Ursachen, als die Verkehrssituation geben. Insofern scheint Eberhardts Vermutung, dass diese Verteilung das Ergebnis unterschiedlichster landesherrlicher Interessen ist, durchaus zutreffend zu sein. Wobei letztendlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden soll, dass auch diese Städte an nebengeordneten Verkehrsknotenpunkten entstanden sein könnten. Immerhin lagen doch beispielsweise die Städte Tennstedt, Greußen und Kindelbrück im mittelbaren und unmittelbaren Vorfeld des bei Seehausen über die Hainleite nach Frankenhausen führenden Passes und damit in Ausrichtung auf einen Verkehrsweg, welcher das Thüringer Becken verließ. Ein weiterer Pass lag westlich davon, und hier führte gleichfalls eine Straße über die Hainleite nach Sondershausen und von hier aus weiter nach Norden. An der aus Mühlhausen kommenden auf diesen Pass zuführenden Straße entstand immerhin etwa auf halber Strecke zwischen Mühlhausen und Sondershausen die Stadt Schlotheim.278 Hartmut Wenzels unterschied bei seiner oben im Rahmen der Residenzstädte kurz angerissen Untersuchung thüringischer Städte zwischen Großen Fernhandelsstädten, Residenzstädten, kleinen Landstädten, Marktflecken und Marktdörfern und Dörfern mit Umlandfunktionen. Auch dieses Ordnungsprinzip erfolgt mittels einer Hierarchie der Orte.279 Die kleineren Zentren, so stellte wiederum Irsigler fest, waren auf das Oberzentrum ausgerichtet. In diesem Zusammenhang entstand eine neue Form der Arbeitsteilung, mittels welcher das Umland dieser größeren Zentralorte in die gewerbliche Produktion einbezogen wurde. Die unteren und auch die mittleren Zentren übernahmen die Roh- und Halbfabrikation, F
F
276 277 278 279
Zur Verkehrssituation PATZE: Landesherrschaft, S. 30-41. Vgl. auch Kap. I.1. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 27. GERBING: Erfurter Handel und Handelsstraßen, S. 100. Vgl. auch Kap. I.1. Vgl. auch Kap. I.2.2.
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VORUNTERSUCHUNG
während sich die Endproduktion und Veredelung auf die Oberzentren konzentrierte. 280 Immerhin gilt beispielsweise Erfurt als das Waidhandelszentrum Thüringens. Auch wenn andere Städte des Thüringer Beckens durchaus ebenfalls mit Waid handelten, scheint doch nach bisherigem Forschungsstand Erfurt, der wichtige Thüringer Umschlagplatz für Waid gewesen zu sein. Von hier aus wurde maßgeblich Waid in die Tuch verarbeitenden Zentren, wie beispielsweise in Flandern oder nach Breslau geliefert.281 Werden die Städte des Thüringer Beckens als System von zentralen Orten mit unterschiedlichem Zentralitätsgrad verstanden, erscheint es plausibel, Erfurt als das Oberzentrum dieser Region zu verstehen, auf den alle anderen größeren und kleineren zentralen Orte wenigstens auf wirtschaftlicher und kultisch-kultureller Ebene ausgerichtet waren. Für Letzteres spricht, dass sich in Erfurt, in St. Marien und in St. Severi, immerhin zwei Archidiakonatssitze befanden. Die zentrale kirchliche Verwaltung des gesamten thüringischen Ostens und Teile des Südens Thüringens befand sich damit in Erfurt.282 Auch Hans Eberhardt sah in Erfurt wenigstens für das Hochmittelalter das Zentrum des Thüringer Beckens. Deutlich wird diese Funktion auch darin, dass sich um Erfurt herum keine weiteren mittelalterlichen Städte ausbildeten. Am nächsten zu Erfurt lagen noch Weimar und Arnstadt, mit etwas über 20 Kilometer Entfernung. Schon Gotha befand sich eine ungefähre Wegstrecke von 26 Kilometern von Erfurt entfernt und bis Sömmerda und Langensalza war sogar eine Wegstrecke von über 30 Kilometern zu bewältigen.283 Lediglich zwischen Erfurt und Langensalza kam im 14. Jahrhundert noch der, gelegentlich Stadt genannte, Marktort Herbsleben hinzu.284 Eine gleichmäßige Verteilung der Städte um Erfurt fand insofern statt, dass alle anderen Städte in wenigstens einer Tagesstrecke Entfernung entstanden. Außerhalb dieses städtefreien Radius um Erfurt entstanden sie wiederum durchaus dichter beieinander. Zu nennen seien hier exemplarisch die nur wenige Kilometer auseinanderliegenden Städte Thamsbrück und Langensalza oder die Städte Kin-
280 281 282
283 284
IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung, S. 30. SELZER: Blau, S. 300- 380. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 131-141. Vgl. Karte Kirchliche Organisation Thüringens im Mittelalter. Archidiakonate und Sedesbezirke, nach einem Entwurf v. Martin Hannappel, bearb. v. Hans K. SCHULZE, ergänzt. v. Hans EBERHARDT. Zuletzt abgedruckt in: BÜNZ (Bearb.): Das Mainzer Subsidienregister von 1506, Umschlagseite hinten. Vgl. Übersichtskarte Thüringen, Maßstab 1:250.000, Freistaat Thüringen, Landesamt für Vermessung, Erfurt 2009. ZEYSS: Herbsleben, S. 14f. u. 23-30.
DER UNTERSUCHUNGSRAUM
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delbrück – Weißensee – Greußen, welche im Abstand von weniger als 10 Kilometer Entfernung zueinander entstanden.285 Die Verteilung von Sädten erfolgte demzufolge nicht nur nach den Gesetzmäßigkeiten der auf ihrer Zentralfunktion beruhenden gleichmäßigen Verteilung. Vielmehr erfolgte die Anlage einer Stadt auch aus anderen Voraussetzungen heraus. Die Christallersche Theorie kann demnach in Einzelfällen durchaus die Verteilung von Städten in einer Region erklären, eine prinzipielle Anwendbarkeit ist aber nicht gegeben. Vergleichbare Schwierigkeiten gibt es und dieses wurde an den obigen Ausführungen deutlich, gleichfalls hinsichtlich der viel grundsätzlicheren Frage: Was ist im Mittelalter eine Stadt? Auch wenn sich, ausgehend von Carls Haase, die mittelalterliche Stadtgeschichtsforschung mittlerweile soweit einig ist, dass zum Verständnis städtischer Entstehung und Entwicklung der einzig mögliche Ansatz der kombinierte Stadtbegriff ist, wurde doch aus den bisherigen Bemerkungen deutlich: Einen einheitlichen Ansatz in Form eines allgemeingültigen und allgemein akzeptierten Kriterienkataloges gibt es, trotz der ebenfalls seitens der Forschung im Großen und Ganzen akzeptierten Stadtdefinition Irsiglers, nicht. Vielmehr waren die aufgestellten Kataloge doch in hohem Maße auch von regional unterschiedlichen Voraussetzungen, aber auch den zeitlichen Grenzen der jeweiligen Untersuchungen abhängig. Dennoch gibt es in den einzelnen Kriterienkatalogen eine nicht unerhebliche Zahl von Übereinstimmungen bezüglich städtischer Merkmale. Im Folgenden soll deshalb anhand der bisher gemachten Feststellungen, das für die Einzeluntersuchungen und den Vergleich grundlegende methodische Vorgehen dargestellt werden. Bevor die zu untersuchenden Merkmale herausgearbeitet werden, sind jedoch noch einige wenige Bemerkungen zum Untersuchungsraum und seinen herrschaftlichen Verhältnissen notwendig
3. Der Untersuchungsraum Da die große Zahl der im Thüringer Becken entstandenen landesherrlichen Städte und stadtähnlichen Orte in der hier vorliegenden Arbeit kaum zu bewältigen gewesen wäre, wurde der Untersuchungsraum auf das nordwestliche Thüringer Becken beschränkt. Auch wenn oben schon einige grundsätzliche Bemerkungen zur naturräumlichen Gliederung des Thüringer Beckens vorgenommen worden sind,
285
Vgl. Übersichtskarte Thüringen, Maßstab 1:250.000, Freistaat Thüringen, Landesamt für Vermessung, Erfurt 2009.
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soll an dieser Stelle noch einmal der Untersuchungsraum in seiner Beschaffenheit kurz dargestellt werden. Der Raum selbst ist kein in sich geschlossener Naturraum. Lediglich im Westen und Norden begrenzen Hainich, die vom Becken her sanft ansteigenden Ausläufer der Höhen des Oberen Eichsfeldes, Dün und Hainleite den Untersuchungsraum vollständig. Im Süden liegt das zum Teil weitläufige Tal des oberen Unstrutlaufes, welcher dann bei Sömmerda nach Norden in Richtung Sachsenburger Pforte abknickt. Südlich des Unstruttales erheben sich die Fahnerschen Höhen, welche frei von größeren Siedlungen sind. Zwischen den Fahnerschen Höhen und den Südostausläufern des Hainichs liegt ein von Hügeln durchzogenes Gebiet, die Hardt, als Fortsetzung des Hainichs, durchbrochen nur von der Ballstädter Enge, durch welche die Tonna zur Unstrut fließt. Das nordwestliche Thüringer Becken ist vor allem im Südwesten und Osten nicht landschaftlich zu begrenzen. So öffnet sich östlich der Fahnerschen Höhen das weite Erfurter Becken und im Osten schließt sich der nordöstliche Teil des Thüringer Beckens mit einer Reihe weiterer Städte an.286 Die Grenze des Untersuchungsraumes lässt sich deshalb, im vollen Bewusstsein, dass diese Orte auch in engem räumlichen Verhältnis zu den Städten östlich des Bearbeitungsraumes stehen, hier nur durch die zu untersuchenden Orte selbst und somit in gewisser Weise auch willkürlich festlegen. Im Osten markieren die Stadt Tennstedt und der Ort Herbsleben den Bearbeitungsraum. Westlich davon liegen dann Langensalza und Thamsbrück. Nördlich von Langensalza befindet dann noch an einem Durchbruch durch die Heillinger Höhen die Stadt Schlotheim. Dabei handelt es sich bei Tennstedt, Thamsbrück, Langensalza und Schlotheim noch heute um Städte und als solche werden sie auch in den mittelalterlichen Quellen bezeichnet. Der Ort Herbsleben dagegen wird im Mittelalter nur zweimal Stadt genannt und erscheint ansonsten als Dorf oder Flecken in den Quellen. Sicher nachweisbar ist die Erteilung eines Marktrechtes im Jahr 1331, welches Wochen- und Jahrmarkt umfasste.287 Im Nordosten entstand bereits recht früh die Reichsstadt Mühlhausen, welche als das wichtige Zentrum im nordwestlichen Thüringer Becken gelten dürfte. Diese wiederum kann aber, so wünschenswert es auch wäre, in dieser Arbeit nicht Gegenstand der Untersuchung sein. Gegen eine Bearbeitung Mühlhausens spricht vor allem, dass eine vollständige Erfassung
286 287
Vgl. Übersichtskarte Thüringen, Maßstab 1:250.000, Freistaat Thüringen, Landesamt für Vermessung, Erfurt 2009. MÜLLER: Ur- und frühgeschichtliche Besiedlung, S. 24. KAUFMANN: Art. Herbsleben, S. 195. ZEYSS: Herbsleben, S. 14f. u. 23-30.
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der städtischen Entwicklung dieser Stadt im Mittelalter eine umfangreiche Einzeluntersuchung erfordert. Des Weiteren ist Mühlhausen als Reichsstadt im Verständnis der Forschung keine landesherrliche Stadt.288 Die vorliegende Arbeit kann deshalb nur einen Ausschnitt mittelalterlicher städtischer Entwicklung im Thüringer Becken bieten. Jedoch sollen auch außerhalb des Bearbeitungsraumes liegende Städte und Orte nicht vollständig ausgeschlossen werden. Ihre Entstehung und Entwicklung wird vor allem dann immer wieder zu berücksichtigen sein, wenn sie unmittelbare Auswirkungen auf die Städte des Untersuchungsraumes haben. Die Untersuchung und ihre Ergebnisse verstehen sich insofern als grundlegend für weitere Bearbeitungen der mittelalterlichen thüringischen Städte. In den skizzierten Aspekten städtischer Entwicklung wurde immer wieder darauf verwiesen, dass herrschaftliche Konzeptionen bei der Stadterhebung und Stadtgründung eine entscheidende Rolle spielten. Städte waren, und dieses ist noch einmal zu betonen, Mittel zur herrschaftlichen Durchdringung beziehungsweise Festigung eines Territoriums. Der Untersuchungsraum bietet sich wiederum deshalb an, weil, wie gleich zu zeigen sein wird, in ihm Herrschaftsbereiche mächtiger Geschlechter aneinandergrenzten. Die Region selbst dürfte als „Reibungszone“ unterschiedlicher Herrschaftsträger zu bezeichnen sein. Hierin liegt sicherlich auch der Reiz dieses Raumes, nämlich städtische Entwicklung und Entwicklungsmöglichkeiten im Spannungsfeld unterschiedlicher territorialer Interessen zu betrachten. Gleichwohl und darauf ist auch anderer Stelle schon hingedeutet worden, kann ein ähnlicher Umstand auch für andere Regionen in Thüringen und insbesondere im Thüringer Becken angenommen werden. Spätestens mit der Einrichtung der Germar Mark, deren östlichen Teil der Untersuchungsraum weitestgehend einnimmt, und den in dieser errichteten Burgen als Grenzverteidigungssystem gegen die Sachsen vor der Mitte des 8. Jahrhunderts289 dürfte der Raum für das Königtum von besonderem Interesse gewesen sein. Demzufolge muss sich in dieser Region auch umfangreicheres Königsgut befunden haben und spätestens im 10. Jahrhundert wurde Mühlhausen dann auch zur Pfalz mit Burg und Wirtschaftshof ausgebaut und blieb bis in die Stauferzeit eine wichtige Pfalz und Wegestation für das Königtum im thüringischen Raum.290 Südöstlich des Untersuchungsraumes befand sich mit der früh entstandenen Stadt Erfurt, deren Anfänge und Ausgangspunkte städtischer Entwicklung bis 288 289 290
Vgl. hierzu insbesondere JOHANEK: Landesherrliche Städte, S. 9-25. Aber auch die anderen Beiträge in: TREFFEISEN/ANDERMANN (Hg,): Landesherrliche Städte. HEINEMEYER: Königshof Eschwege, S. 16-39. Vgl. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 258-318.
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VORUNTERSUCHUNG
weit in das Frühmittelalter zurückreichen dürften,291 trotz aller Auseinandersetzungen um die Stadtherrschaft der mainzische Zentralort in Thüringen.292 Zwischen diesen beiden, gewissermaßen als Pole zu bezeichnenden übergeordneten Zentralorten Erfurt und Mühlhausen liegt der Untersuchungsraum als Region divergierender und zum Teil entgegenstrebender herrschaftlicher Interessen. Nordwestlich von Erfurt, an der nach Mühlhausen führenden Straße befand sich mit Gräfentonna und der dortigen Burg einer der Hauptorte der Grafen von Tonna und Gleichen. Diese wiederum waren die wichtigsten mainzischen Vasallen in Zentralthüringen.293 Westlich von dieser mainzisch-tonnaischen/gleichenschen Achse befand sich ein größerer, weit außerhalb der welfischen Stammlanden gelegener welfischer Besitzschwerpunkt, welcher südlich von Langensalza begann, sich im Norden bis an die Unstrut erstreckte und von Langensalza aus bis an den Hainich heranreichte. Woher dieser welfische Besitz stammt, ist in der Forschung umstritten. Infrage kommen sowohl die brunonischen als auch die süpplingenburgischen Vorfahren Heinrichs des Löwen, welche hier bereits spätestens an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert ein Eigenkloster gegründet hatten. 294 Spätestens seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, vielleicht auch schon einige Jahrzehnte früher verfügten die Ludowinger über den Ort Thamsbrück, bei dem sie gleichfalls schon recht früh eine Burg errichteten. In der Folge gründeten sie dann nach bisherigem Forschungsstand an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert genau gegenüber dem welfischen Kloster Homburg eine Stadt.295 Im Raum, welcher sich nördlich an das Thüringer Becken anschloss und im Norden durch den Harz begrenzt wurde, lagen die Herrschaften einer Reihe mächtiger und alter Grafengeschlechter. Zu nennen sind hier in erster Linie die weitverzweigten Grafen von Hohnstein. Schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts verfügten sie mit der Vogtei über das welfische Kloster Homburg über Rechte im Thüringer Becken. Im Jahr 1263 wurde Graf Heinrich II. von Hohnstein seitens des Landgrafen gestattet, in einem der Greußenorte am Nordrand des Beckens eine Burg zu errichten. Damit war den Hohnsteinern der Sprung über die Hainleite in das Thüringer Becken gelungen. In der Folge bauten sie nach bisherigem F
291 292 293 294 295
Vgl. Kap. I.1. Vgl. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 83. CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 395-404. PATZE: Art. Gräfentonna, S. 163. FLACHENECKER: Homburg, S. 609-613. KÜTHER/PATZE: Art. Homburg, S. 205. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 187-192. PATZE: Landesherrschaft, S. 423f. PATZE: Art. Thamsbrück, S. 435f.
DER UNTERSUCHUNGSRAUM
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Forschungsstand Greußen und den unmittelbaren Nachbarort Clingen zur Stadt aus und hatten sich damit im Thüringer Becken festgesetzt.296 Der Besitzschwerpunkt der Grafen von Schwarzburg-Käfernburg lag zunächst am Nordhang des Thüringer Waldes im Raum Georgenthal/ArnstadtOhrdruf und somit im Süden des thüringischen Raumes. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts griffen sie dann jedoch weit nach Norden aus und erwarben hier umfangreichen Besitz. So kauften sie 1338 das nur wenige Jahre vorher durch die Hohnsteiner erworbene Schlotheim und im selben Jahr erwarben sie auch Frankenhausen von den Grafen von Beichlingen. Im Jahr 1356 kam noch Sondershausen hinzu. Damit verfügte dieses Grafengeschlecht seit der Mitte des 14. Jahrhunderts über einen weiteren Besitzschwerpunkt, welcher sich über das Thüringer Becken hinaus bis zum Kyffhäusergebirge erstreckte. Östlich des Untersuchungsraumes lag mit der Burg Beichlingen der Stammsitz des gleichnamigen Grafengeschlechtes. Gleichfalls verfügten sie auch im Raum nördlich der Randgebirge des Thüringer Beckens und südlich des Harzes über umfangreicheren Besitz, oder erwarben solchen im 13. und 14. Jahrhundert.297 Neben diesen weltlichen Herrschaftsträgern verfügten sowohl das Kloster Hersfeld als auch das Kloster Fulda bereits recht früh über Besitz im thüringischen Raum. In Gebesee befand sich bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts ein wichtiger hersfeldischer, auf ursprüngliches Königsgut zurückgehender Villikationsort. Ebenso scheint das Kloster Fulda bis ins erste Viertel des 14. Jahrhunderts über umfangreichere Rechte in und um Schlotheim verfügt zu haben.298 Über eine ausgesprochene Städtepolitik dieser geistlichen Einrichtungen im Untersuchungsraum ist jedoch nichts bekannt. Lediglich den im nördlichen Vorland des Thüringer Wald gelegene Ort Arnstadt hatten die Äbte von Hersfeld zur Stadt entwickelt. 299 Als fuldische Städte im heutigen Land Thüringen sind lediglich Geisa, Vacha und Lengsfeld im thüringisch-hessischen Grenzraum anzusprechen.300 Schon Müller hatte im Zusammenhang mit Schlotheim aber darauf hingewiesen, dass der Abt von Fulda durchaus auch stadtherrliche Rechte in dieser Stadt wahrgenommen haben könnte.301 300F
304
296
297
298 299 300 301
PATZE: Politische Geschichte, S. 186. GRESKY: Art. Greußen, S. 170. GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 67f. EBERHARDT: Landgericht und Reichsgut, S. 87f. EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 157f. LANGHOF: Grafenfehde, S. 135. PATZE: Politische Geschichte, S. 146-155. HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 404. FRANZ: Art. Frankenhausen, S. 30. PATZE: Art. Schlotheim, S. 386. PATZE: Politische Geschichte, S. 179-183. GOCKEL: Art. Gebesee, S. 153f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 276. WIEMANN: Art. Arnstadt, S. 21-23. WETH: Siegelwesen, S. 123-127. SCHRICKEL: Art. Geisa, S. 131. KÜTHER: Art. Vacha, S. 447f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 275-279.
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VORUNTERSUCHUNG
Neben diesen hochadligen und geistlichen Herrschaftsträgern bildete sich in diesem Raum auch eine Reihe von Geschlechtern ministerialischen und niederadligen Standes heraus, von denen einige durchaus eine über den Untersuchungsraum hinausgehende Bedeutung erlangten. Genannt seien die Truchsesse von Schlotheim und die Schenken von Vargula, welche als Inhaber landgräflicher Hofämter zu den bedeutendsten Vertretern der ludowingischen Ministerilität zählten. Die Ministerialen von Salza gehörten wenigstens zeitweise zum engeren Umfeld des welfischen Hofes.302 In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass bereits Christine Müller in Ansätzen herausgearbeitet hatte, dass die Entstehung einer ganzen Reihe thüringischer Städte auch in enger Beziehung zu ortsansässigen Ministerialen zu sehen ist und Letzteres vielleicht sogar als Initiatoren der Stadtwerdung anzusprechen sind.303
4. Das methodische Vorgehen Wie aus den eben gemachten Bemerkungen deutlich wird, muss ein wichtiger Bestandteil der hier vorliegenden Arbeit die Untersuchung der herrschaftlichen Zusammenhänge der Stadtentstehung sein. Gleichzeitig gilt es herauszuarbeiten, in welchem Spannungsfeld herrschaftlicher Interessen die Städte sich in der Folge entwickelten und wie ihre Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten waren. Die oben vorgestellten Kriterienkataloge beziehungsweise Definitionen von Stadt weisen erhebliche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede auf. Dennoch sollen sie, auch wenn sie nicht immer vollständig und in allen Einzelheiten vorgestellt worden sind, als Grundlage der Einzeluntersuchungen in dieser Arbeit dienen. Grundlegend für das methodische Vorgehen ist demzufolge der von Haase erstmals geforderte und in der Folge von der Forschung weiter entwickelte kombinierte Stadtbegriff. Grundlegend für die Untersuchungen muss zunächst die Frühgeschichte der einzelnen Orte und des Raumes sein. Es ist zu prüfen, inwiefern den Städten bereits Orte mit älteren zentralörtlichen Funktionen vorausgingen und ob ein solcher Umstand möglicherweise eine Voraussetzung für die Entstehung städtischer Strukturen war. Es ist demzufolge nach den Voraussetzungen für die Stadtentstehung an sich zu fragen. In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, ob nicht schon ältere Märkte am Ort oder in der unmittelbaren Umgebung bestanden, ob 302 303
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 163f. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 32. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 270-284.
DAS METHODISCHE VORGEHEN
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nicht schon Burgen als herrschaftliche Mittelpunkte vorangingen, ob die Orte nicht auch schon ein frühere kirchliche Mittelpunkte waren, oder ob sich hier ältere Villikationsmittelpunkte befanden. Für die Frühgeschichte wesentlich sind darüber hinaus das Alter des Ortes und die Zusammenhänge seiner Entstehung. Da die Schriftquellen naturgemäß wenig hierzu beitragen können – meistens geben sie lediglich Auskunft über seine Ersterwähnung und nicht über sein tatsächliches Alter – sind zu diesem Zweck andere Quellen heranzuziehen. Vor allem mittels archäologischer Ergebnisse sollen dahingehende Fragen diskutiert und gegebenenfalls beantwortet werden.304 Darüber hinaus kann die Archäologie nicht nur Hinweise auf das Alter der Besiedelung, sondern auch auf die Lage etwaiger Vorgängersiedlungen geben. Ebenso ist der Ortsname selbst eine Quelle bezüglich des Alters, aber auch der Entstehungszusammenhänge der Siedlung. 305 Ebenso dürfte die Verkehrslage eine gewisse Rolle gespielt haben. Es ist davon auszugehen, dass sich verkehrsgünstig gelegene Orte eher zu Städten entwickelten oder aber wie im Fall der schon besprochenen Gründung Münchens Verkehrswege, indem sie auf neue zentrale Orte ausgerichtet wurden, gezielt umgelenkt worden sind.306 Auch hatte Christine Müller im Fall der Stadt Thamsbrück darauf verwiesen, dass sie sich auch deswegen nicht besonders gut entwickeln konnte, weil sie gegenüber der später entstandenen Nachbarstadt Langensalza verkehrsungünstiger lag.307 Damit ist der Blick gleichsam auf die verkehrsgeographische Lage des Ortes über die Frühgeschichte hinaus gerichtet und es ist immer auch zu prüfen, inwiefern die allgemeine Verkehrssituation auch Auswirkungen auf die weitere städtische Entwicklung hatte, ob es Veränderungen in der Verkehrssituation gab, welche sich unmittelbar auf die weitere Stadtentwicklung auswirkten. Eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen zwischen den Städten sowie ihre Rolle im Straßensystem muss deshalb ebenso vorgenommen werden. Es ist idealerweise anhand älteren Kartenmaterials zu prüfen, wie sich die Orte in den Raum einfügten und wie ihre Verkehrslage war. Grundlegend hierfür sind die Feldoriginale der ältesten preußischen Landesaufnahme aus der Zeit zwischen 1852 und 1857 sowie die Urmesstischblätter (aufgenommen 1870-1878) im Maßstab 1:25.000. Sie verzeichnen häufig die ursprüngliche Verkehrssituation, welche noch nicht den moderneren Verkehrsansprüchen angepasst worden ist. Hauptsächlich handelt es
304 305 306 307
Sofern keine geeigneten Publikationen vorliegen, sollen hierfür die entsprechenden Ortsakten des Landesamtes für Archäologie in Weimar herangezogen werden. Zur Ortsnamenkunde und ihrer Bedeutung für die Entstehungsgeschichte eines Ortes vgl. WALTHER: Namenkunde, S. 18-36. Zu. München vgl. Kap. I.2.2. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 208f.
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sich hierbei um die Feldoriginale und Urmesstischblätter Nr. 2801-2804 und 2865f.308 Es wird außerdem zu diskutieren sein, auf welchem Weg die Stadt- und Ortsherren ihre Rechte im jeweiligen Ort erhielten. Nicht immer waren sie von Beginn an die entscheidenden Herrschaftsträger, sondern erwarben erst nach und nach Herrschaftsrechte. Da häufig nicht unmittelbar deutlich wird, auf welchem Weg dieses geschah, muss gleichfalls untersucht werden, ob nicht am Ort ansässige Geschlechter zunehmend in den Einfluss dieser Herrschaftsträger gerieten und Letztere über diese ihre Rechte erwarben. Anhand von Zeugenlisten in Urkunden der später in der Stadtherrschaft nachweisbaren Herren, ist deshalb zu untersuchen, wann sich erstmals Beziehungen der ortsansässigen Geschlechter zu jenen Herren nachweisen lassen. Die Frage nach der Orts- und Stadtherrschaft muss, wie eingangs betont, ein weiteres wesentliches Element der hier vorliegenden Untersuchung sein. Die Betrachtung der herrschaftlichen Zusammenhänge dürfte von grundlegender Bedeutung für das Verständnis von Entstehung und Entwicklung der hier zu bearbeitenden Städte, sowie des Marktortes Herbsleben sein. Gleichzeitig ist aber vor dem Hintergrund der Ergebnisse Fouquets und Müllers auch der Blick dahingehend zu schärfen, ob nicht ortsansässige Ministeriale oder Niederadlige an der Stadtentstehung beteiligt waren.309 Außerdem ist zu prüfen, welche Funktionen die stadtherrlichen Ministerialen in der Stadt überhaupt wahrnahmen, in welcher Beziehung sie zur Stadt und zur Bürgerschaft standen. Im Zusammenhang mit den Ministerialen sei noch auf eine weitere Schwierigkeit verwiesen. Spätestens im 14. Jahrhunderts treten sie als Herren eigener kleiner Herrschaften entgegen. Schon ab den 1250er Jahren wird es zunehmend schwierig zu unterscheiden, ob es sich um Ministerialen oder niederadlige Herren handelt. 310 Des Weiteren sei darauf verwiesen, dass bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts ein und dieselbe Person gleichzeitig als dominus und als ministerialis bezeichnet werden konnte. Exemplarisch seien hierzu ein paar kurze Bemerkungen zum Reichsministerialen Konrad von Hagen und Arnsburg gemacht. In der Bestätigungsurkunde Erzbischof Heinrichs von Mainz vom September 1151 über die Gründung des Benediktinerklosters Alteburg durch Konrad 308
309 310
Vgl. Blattübersicht über die herausgegebenen Urmesstischblätter und Feldoriginale vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation Thüringen; abrufbar unter: URL: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tlvermgeo/onlineservice/uebersichten/feld_u_urmesstisch.pdf (13.01.2014). Vgl. auch: http://www.thueringen.de/th9/tlvermgeo/landesamt/uebersichten/historische_karten/index.aspx (13.01.2014). Vgl. Kap. I.2.3. Vgl. hierzu exemplarisch die Feststellungen zu den Ministerialen von Schlotheim und Salza, in: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 169-179 u. 276-278.
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wird Letzterer als dominus bezeichnet. In der königlichen Bestätigung (1152, Februar 15 bis 1152, Dezember 12) wird derselbe demgegenüber regni ministerialis genannt. 311 Die Bezeichnung dominus dürfte doch in irgendeiner Form herrschaftliche Rechte voraussetzen. 312 Der hier angesprochene Personenkreis scheint demzufolge trotz seine Zugehörigkeit zu einer herrschaftlichen Ministerialität gleichfalls über eigene herrschaftliche Rechte verfügt zu haben. Es deutet sich hierbei an, dass sich wenigstens in diesem Fall die Zugehörigkeit zur Ministerialität im Wesentlichen auf das Dienstverhältnis zum jeweiligen Dienstherren beschränkte, während dieselbe Person ansonsten durchaus gleichfalls herrschaftliche Rechte ausübte und deshalb auch als Herr angesehen worden ist.313 Deutlich wird dieses vielleicht daran, dass Konrad lediglich in der Urkunde König Friedrichs als Reichsministeriale bezeichnet wird, während er in der mainzischen als dominus erscheint. Auffällig ist aber, dass Konrad nur als dominus und im Gegensatz zu seiner Frau Mathilde, welche in der Urkunde des Mainzers als matrona nobilis – adlige Frau, Frau adligen Geschlechts entgegentritt, eben nicht als nobilis vir bezeichnet wird. Dieses wiederum dürfte auf eine Zugehörigkeit Konrads zu einem andern von dem seiner Gemahlin verschiedenen Personenkreis/Stand verweisen.314 In diesem Zusammenhang ist aber auf den Umstand hinzuweisen, dass der Reichsministeriale Werner von Bolanden in dem Mandat Kaiser Friedrich Barbarossas aus dem Jahr 1182 als nobilis vir bezeichnet wurde. Mittels dieses Mandats wurde Werner von Bolanden beauftragt, den Besitz des Klosters Bleidenstadt diesseits des Rheins zu beschützen. Auch wenn das entsprechende Mandat mittlerweile als Fälschung identifiziert ist, scheint vor den oben gemachten Überlegungen doch eine Überprüfung der hier vorgenommenen Bezeichnung Werners von Bolanden notwendig.315 F
F
.
311 312 313
314 315
Mainzer UB 2,1 Nr. 159. MGH DF I, Nr. 38. Vgl. Art. dominium u. dominus, in: Mediae latinitatis lexicon minus 1, S. 463-465. Vgl. hierzu auch den Reichsministerialen Werner II. von Bolanden, über welchen Giselbert von Mons berichtet, er sei Reichsministerial und ein sehr kluger Mann, der 17 eigene Burgen besaß, über eine umfangreiche Grundherrschaft und eine große Zahl Eigenleute verfügte. Wie umfangreich seine Herrschaft war und über wie viele eigene Dienstleute und Vasallen er verfügte, darüber gibt das aus dem 13. Jahrhundert stammende Lehnbuch derer von Bolanden Auskunft. Anders als Giselbert von Mons nennt es sogar 21 Burgen im Besitz derer von Bolanden, welche darüber hinaus mit bolandischen Eigenleuten besetzt waren. (A. 1184, Mai. 22 aus: Gisleberti Chronicon Hanoniense, S. 540. Die ältesten Lehnbücher der Herrschaft Bolanden hg. v. Wilhelm SAUER. SCHÄFER: Art. Werner II. von Bolanden, Sp. 3. BOSL: Reichsministerialität 1, S. 267f.). Mainzer UB 2,1 Nr. 159. Vgl. DD F. I., 4, Nr. 29, S. 512. Außerdem: BOSL: Reichsministerialität 1, S. 264.
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Vor diesem Hintergrund sei des Weiteren auf eine Bemerkung Hans Patzes zu den Truchsessen von Schlotheim verwiesen. Er hatte festgestellt, dass der Stammsitz der Schlotheimer nicht auf ludowingischem Allod lag und es sich deshalb kaum um ein landgräfliches Dienstlehen handeln dürfte. Vielmehr, so vermutet er, handele es sich möglicherweise um ursprünglichen Schlotheimer Eigenbesitz, sodass die Familie zunächst frei gewesen sein könnte.316 Im Ergebnis dieser Bemerkungen soll in der Folge, sofern nicht ausdrücklich ein bestimmter Begriff in den Quellen benutzt wird, bei den infrage kommenden Geschlechtern terminologisch nicht grundsätzlich zwischen Herren und Ministerialen unterschieden werden. Sobald sich andeutet, dass sie über eigenen Besitz verfügten, werden sie undifferenziert als Herren oder Ministeriale bezeichnet. Mit der Untersuchung der herrschaftlichen Zusammenhänge der Stadtentstehung ist gleichzeitig auch der Blick auf die Entstehungszeit der Stadt an sich gelenkt. Häufig ist der Zeitpunkt der Stadterhebung und Stadtgründung selbst nicht überliefert. In der Regel erscheint der Ort irgendwann in den Quellen mit der Bezeichnung Stadt, beziehungsweise den lateinischen Varianten. Diese Ersterwähnung ist deshalb in den seltensten Fällen auch der Zeitpunkt der Stadtgründung oder Stadterhebung.317 Es wird insofern herauszuarbeiten sein, vor welchen Hintergründen eine Privilegierung der Orte zur Stadt erfolgt sein könnte. Damit wird aber deutlich, dass der Terminologie im Zusammenhang mit der Untersuchung der Städte, wie von Herrmann und Ennen gefordert, eine entscheidende Rolle zukommt.318 Die im Zusammenhang mit dem Ort verwendeten Begrifflichkeiten müssen auch in der Folge im Blick der Untersuchung bleiben. So ist darauf zu achten, ob nicht Wechsel in der Bezeichnung vorkommen, ob nicht an Stelle von Stadt oder civitas der Begriff Flecken in den Quellen benutzt wird, ob die Bewohner ausdrücklich als Bürger bezeichnet werden oder nicht. Ebenso ist festzustellen, welcher Stadtterminus wann benutzt wird, ob der Ort als civitas, oppidum, oppidulum, stat oder stetgen in den Quellen erscheint. So wird seitens der Forschung durchaus angenommen, dass diese unterschiedlichen Begriffe sehr viel über den Entwicklungs(zu)stand beziehungsweise die Entwicklung des Ortes/der Stadt im Allgemeinen aussagen.319 In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf die oben gemachte Bemerkung verwiesen, dass vor allem bei Herbsleben, welches wohl zu den städtischen Minderformen zu rechnen sein 316 317 318 319
PATZE: Landesherrschaft, S. 330. Vgl. Kap. I.2.2-I.2.4. Vgl. Kap. I.2.2. Vgl. hierzu die Feststellungen Stoobs, (Kap. I.2.2.). Auch wurde in der Forschung immer wieder angenommen, dass der Gebrauch der Termini civitas und oppidum auf einen unterschiedlichen Befestigungscharakter verweisen kann, sie aber auch abhängig von der Stadtgröße benutzt worden sein könnten. (Vgl. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 233f.).
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dürfte,320 überprüft werden muss, was die Bezeichnungen in den Quellen über den Ort und seinen Entwicklungszustand an sich aussagen beziehungsweise ob sie überhaupt zu dahingehenden Feststellungen geeignet sind.321 Die innere Entwicklung der Orte sowie der Gemeinde sind ein zentraler Aspekt der hier vorliegenden Untersuchung. Es wird zu prüfen sein, inwiefern sich Instrumente städtischer Selbstverwaltung herausbildeten, welche Rechte der Rat an sich ziehen konnte, ob es der Stadt sogar gelungen war, sich weitestgehend vom Stadtherrn zu lösen. Gleichzeitig, und auch dieses muss im Blick der vorzunehmenden Untersuchung bleiben, konnte der Rat aber auch stadtherrliches Instrument sein. Durch ihn versuchten beispielsweise Stadtherren in Fällen einer geteilten oder strittigen Stadtherrschaft gegen den entsprechenden stadtherrlichen Konkurrenten vorzugehen. Häufig waren sie deshalb bestrebt mittels Privilegierung oder Bestätigung einer Ratsverfassung die Bürgerschaft auf seine Seite zu ziehen. Vor allem in Krisenzeiten und Konfliktsituationen nutzte die Bürgerschaft gezielt die Schwächen der jeweiligen Herren aus, um einen Rat einzurichten, beziehungsweise mittels Privilegierung einrichten zu lassen. In gewachsenen Städten musste der Rat seine zentrale Stellung erst in Auseinandersetzungen mit dem Stadtherrn durchsetzen. Eine Ratsverfassung entstand demzufolge nicht immer mit Einverständnis des jeweiligen Stadtherrn.322 Es stellt sich des Weiteren die Frage, inwiefern die kleineren Städte überhaupt in der Lage waren eine ausgeprägte Selbstverwaltung zu erreichen.323 Zu untersuchen ist deshalb, vor welchem Hintergrund sich Instrumente städtischer Selbstverwaltung herausgebildet hatten. Gibt es einen Rat und seit wann? In welcher Beziehung zum Stadtherrn steht er? Lassen sich Emanzipationsbestrebungen erkennen? Fand eine wenigstens teilweise Ablösung vom Stadtherrn statt? Erreichte die Bürgergemeinde die Gerichtsautonomie oder wenigstens Mitsprache im Gericht? Lässt sich ein eigenes Stadtsiegel nachweisen? Treten die Städte auch als selbstständige politische Akteure in Erscheinung? Vor diesem Hintergrund ist, auch wenn Hirschmann, Haverkamp und Escher auf dieses Kriterium verzichteten, zu untersuchen, ob ein bereits mittelalterliches Rathaus vorhanden war. So ist ein solches nicht nur zentraler Ort städtischer Selbstverwaltung, sondern auch Ausdruck städtischen/bürgerlichen Selbstver-
320 321 322 323
Vgl. Kap. I.2.2. Vgl. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 21f. SCHMITT: Landesherr, Stadt und Bürgertum, S. 49. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 220-225. Vgl. hierzu: GRÄF: „Small towns“?, S. 149. Vgl. auch die obigen Feststellungen der Forschung und die Überlegungen hinsichtlich der militärischen Funktion einer Stadt und der dazu notwendigen Verwaltung. (Vgl. Kap. I.2.2.).
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ständnisses. Gleichzeitig sind mit dem Rathaus auch wirtschaftliche Aspekte verknüpft. Häufig befanden sich in ihm Verkaufsräume, es war Warenlager und konnte der Standort der Stadtwaage sein.324 Ist ein mittelalterliches Rathaus nachweisbar, muss es in die Betrachtung aufgenommen werden. Mit den wirtschaftlichen Aspekten ist aber ein weiterer Bereich berührt, welcher in der hier vorliegenden Untersuchung abzuarbeiten ist. Dieses ist vor allem vor dem Hintergrund notwendig, dass seitens der Forschung doch gerade den kleineren Städten höchstens bescheidene wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten zugestanden werden und sich in ihnen über den landwirtschaftlichen Sektor hinaus kaum weiteres und vor allem typisch städtisches Gewerbe entwickeln konnte. Dabei ist vor allem nicht der Umstand zu vernachlässigen, dass das ansonsten rohstoffarme Thüringer Becken ausgesprochen gut für die Landwirtschaft geeignet war.325 Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob nicht deshalb die Landwirtschaft auch in den Städten und damit vor allem in den kleineren Städten Thüringens der entscheidende Wirtschaftszweig war und vor allem sein musste. So war immerhin auch in der Reichsstadt Mühlhausen, welcher wohl eine ausgesprochen günstige wirtschaftliche Entwicklung zugesprochen werden muss, die Getreideproduktion und der Getreideexport ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig.326 Gleichzeitig ist, trotz der von Hans Eberhardt auf die Quellenlage zurückgeführten Einwände zur Klassifizierung von Ackerbürgerstädten,327 zu überlegen, inwiefern sich Landwirtschaft als wichtiges oder wichtigstes wirtschaftliches Element nachweisen lässt. Wie oben am Beispiel Weißensees gezeigt, gibt vielleicht das markgräfliche Register von 1378, sofern die zu untersuchenden Städte hier aufgelistet sind, Hinweise auf eine auf die Landwirtschaft ausgerichtete städtische Produktion. Falls aus den Städten Abgaben entrichtet werden, welche auf einen solchen Umstand verweisen, sind diese Abgaben der einzelnen Städte miteinander zu vergleichen.328 Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung ist herauszuarbeiten, ob es in der Stadt lediglich einen Wochenmarkt oder auch einen Jahrmarkt gab beziehungsweise ob die Stadt überhaupt eine Funktion als Markt hatte. Insofern ist auch gezielt zu untersuchen, inwiefern die Orte über Wochen- oder Jahrmärkte verfügten und ob dahingehenden Privilegien überliefert sind. Jedoch konnten auch nichtstädtische Orte Märkte gewesen sein und es gab durchaus auch Jahrmärkte, welche bei Dörfern oder auf dem freien Feld stattfanden. Darüber 324 325 326 327 328
ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 110-112. Vgl. Kap. I.1. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 33f. Vgl. Kap. I.2.2. Vgl. Kap. I.2.2.
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hinaus hat sich in der Forschung durchgesetzt, dass Jahrmärkte für den Urbanisierungsprozess eine nicht so herausragende Bedeutung hatten. Jahrmärkte mussten nicht notwendigerweise zur städtischen Grundausstattung gehören,329 sind sie aber vorhanden beziehungsweise kommen sie zu einem späteren Zeitpunkt hinzu, dürfte sich hieraus durchaus auch einiges über die städtische Wirtschaft ableiten lassen. Hinter einer Privilegierung mit einem Markt steckt sicherlich vor allem bei landesherrlichen Städten auch eine weiterführende Absicht des Marktrechtsverleihers. Im Mindesten dürften sich hierhinter fiskalische Interessen verbergen. Unter den oben gemachten Beobachtungen hinsichtlich der Funktion landesherrlicher Städte als Mittel der Herrschaftspolitik spielten vielleicht auch wirtschaftspolitische Erwägungen des privilegierenden Herrn eine Rolle. 330 Außerdem soll untersucht werden, ob sich besondere Zölle nachweisen lassen, welche auf ein für die Stadt wichtiges Produkt und damit Gewerbe verweisen können, oder ob der Ort eine Geleitsstation war. Vor allem Letzteres steht durchaus auch in einem engen Zusammenhang mit der Bedeutung der Verkehrswege an denen der Ort lag.331 Des Weiteren ist zu prüfen, ob sich Fernhandel nachweisen lässt, ob in diesem Zusammenhang vielleicht sogar Handelskonsortien entstanden. Gleichzeitig ist zu untersuchen, welche Steuerleistung(en) die Stadt an den Stadtherrn zu erbringen hatte(n) und ob sich hieraus etwas bezüglich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Stadt/des Ortes ableiten lässt. Ebenso ist nach der Einrichtung einer Münze zu fragen. Letztere steht, wie oben gezeigt, nicht nur in einem engen Zusammenhang mit der Stadtentstehung an sich. Vielmehr ist sie in Verbindung mit einem Markt sicherlich auch als Willenserklärung des Stadtherrn zu verstehen, hier einen besonderen und bedeutenden wirtschaftlichen Mittelpunkt zu schaffen. 332 In denselben Zusammenhang dürfte auch die Anwesenheit von Juden in der Stadt gehören. Auch sie sind in ihrer Funktion als Geldwechsler und Kreditgeber durchaus als Hinweis auf eine gewisse wirtschaftliche Entwicklung des jeweiligen Ortes zu sehen, beziehungsweise geschah ihre Ansiedlung auf stadtherrlichen Wunsch, ist sie gleichfalls Ausdruck dafür, dass hier seitens eines Stadt-/Landesherrn ein wirtschaftlicher Mittelpunkt mit einer gewissen Bedeutung geschaffen werden sollte.333Auch die Größe der jüdischen Gemeinde sollte hierbei nicht vernachlässigt werden. In diesem Zusammenhang muss herausgearbeitet werden, ob F
F
329 330 331 332 333
PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 125. IRSIGLER: Jahrmärkte und Messen, S. 522f. So ist oben darauf verwiesen worden, dass auch in dieser Hinsicht Städte geeignet waren, konkurrierende Landesherrn zu schädigen. (Vgl. auch Kap. I.2.2.). Vgl. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 139f. Vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 61. Vgl. auch Kap. I.2.2. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 381f. Vgl. hierzu auch die Aufnahme dieser Personengruppe in den Kriterienkatalog Hirschmanns, Haverkamps, Eschers und in den
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es einen eigenen jüdischen Wohnbezirk in den untersuchten Orten gab und wie sich das Verhältnis zwischen den christlichen und jüdischen Bewohnern gestaltete. Auch ist, sofern es hierfür Belege gibt, zu prüfen, über welche Finanzkraft die Juden verfügten. In enger Beziehung zur städtischen Wirtschafts- und Gewerbestruktur steht gleichfalls die Frage nach dem Vorhandensein gewerblicher Organisationen. Es ist nicht nur zu prüfen, ob sich Gilden, Innungen oder Zünfte herausbilden konnten, sondern auch welche Rolle sie in der Stadt spielten, beziehungsweise, ob es ihnen gelang, ein Mitspracherecht an der städtischen Selbstverwaltung zu erreichen. So versuchten seit dem 13. Jahrhundert vor allem in den größeren Städten die wirtschaftlich erfolgreichen, in Zünften organisierten Gewerbetreibenden eine Partizipation an der Stadtherrschaft zu erlangen und gegen das Patriziat Mitglieder im städtischen Rat zu etablieren. Seit dem 14. Jahrhundert waren sie dabei zunehmend erfolgreich und erreichten eine Teilhabe an der städtischen Verwaltung, wobei sie jedoch häufig gegenüber den alten Ratsgeschlechtern in der Minderzahl blieben.334 Allerdings stellt sich doch die Frage, inwiefern sich in den durch wenig ausgeprägte Gewerbe- und Sozialstruktur gekennzeichneten kleineren Städten überhaupt mächtige Zunftgenossenschaften organisieren konnten, welche in der Lage waren, nach Partizipation zu streben. Es bestehen doch zunächst durchaus Zweifel, dass sich im Zusammenhang mit dem für Kleinstädte angenommenen wenig differenzierten Gewerbe überhaupt solche Organisationsstrukturen herausbilden konnten, beziehungsweise ob diesem nicht generell seitens des Stadtherrn ein Riegel vorgeschoben worden ist. In den südwestdeutschen Kleinstädten spielten beispielsweise bis auf wenige Ausnahmen die Zünfte anders als in den Reichsstädten kaum eine politische Rolle. Sie sind nicht die große Triebkraft für Verfassungsveränderungen und neue politische Entscheidungen.335 Gleichwohl sei auf die oben gemachte Bemerkung verwiesen, dass sich durchaus auch bäuerliche Genossenschaften herausbilden konnten.336 In den Städten gab es darüber hinaus eine ganze Reihe Bruderschaften, in welchen miteinander meist durch den Berufsstand verbundene Laien die Totenmemoria, Seelenmessen und das Begräbnis für ihre Mitglieder organisierten. Auch ansonsten praktizierten sie religiöse Handlungen gemeinsam, nahmen zusammen am Gottesdienst teil, beteten gemeinsam, die Heiligenverehrung geschah zusammen und sie nahmen als Gruppe an Prozessionen teil. Betreut wurden sie häufig
334 335 336
von Herrmann. (Vgl. auch Kap. I.2.2.). ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 251-263. PLANITZ: Die deutsche Stadt, 325-329. SCHAAB: Landesherrliche Städte, S. 250-252. Vgl. oben.
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durch ortsansässige Bettelorden. Diese Bruderschaften konnten zu überregionaler Bedeutung gelangen.337 Allerdings stellt sich doch auch hier die Frage, inwiefern sie sich in den kleinen landesherrlichen Städten überhaupt nachweisen lassen. Mit dieser religiös motivierten Gruppenbildung ist unmittelbar der Bereich der stadtbürgerlichen Frömmigkeit berührt. Die Sorge um das eigene Seelenheil und das der Familienangehörigen führte gerade in den Städten zu einer Vielzahl von Seelgerätsstiftungen und dem Kauf von Ablässen. Dotiert wurden Gottesdienst- sowie Spital- und Almosenstiftungen. Reichere Bürger stifteten Altarbenefizien oder eigene Kapellen. Letztere dienten dann als Familiengrablege und waren Ort des gestifteten Gottesdienstes für die Verstorbenen.338 Trotz der von Hirschmann, Haverkamp und Escher angemeldeten Bedenken hinsichtlich der Anzahl von Pfarrkirchen in einer Stadt339 soll dieses Element städtischer Entwicklung doch als wesentlich angesehen werden. So geben die Kirchenorganisation und die Kirchenpatrozinien, aber auch die Lage von Kirchen in der Stadt durchaus Hinweise auf die Stadtentstehung und Stadtentwicklung. Hier ist zu untersuchen, ob es eine oder mehrere Pfarrkirchen mit eigenem Pfarrbezirk gab, ob die Stadtkirche zunächst Filialkirche einer anderen Kirche aus dem Umland war. Des Weiteren muss in die Bearbeitung einfließen, wo in der Stadt sich die Pfarrkirche(n) befand(en). Sind es mehrere, könnte dieser Umstand Hinweis auf Vor- oder Teilstädte sein und ihre Lage in der Stadt und in den möglichen Vor-/Teilstädten könnte darüber hinaus Auskunft darüber geben, ob es sich um eine planmäßige Stadtanlage oder Vorstadt handelt. Die Lage von Kirchen in der Stadt gibt des Weiteren Hinweise auf die Siedlungsentwicklung und die möglichen älteren Siedlungskerne der Stadt.340 Insofern könnten Pfarrkirchen auch Ausdruck einer prosperierenden Stadt sein und damit, anders als Hirschmann, Haverkamp und Escher meinen,341 wenigstens indirekt auf den urbanen Charakter eines Ortes und seiner Stellung im zentralörtlichen Gefüge verweisen. Im Mindesten aber geben sie Hinweise auf die Siedlungs- und Stadtentwicklung. Allerdings ist hier genau zu überprüfen, in welchem Zusammenhang die Pfarreien entstanden. Ihre Anzahl orientiert sich nicht immer an der Bevölkerungszahl und eine Neueinrichtung muss nicht unbedingt .
337
338 339 340 341
ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 657. BLESS-GRABHER: Bettelordensklöster, S. 18f. ESCHER-APSNER: Mittelalterliche Bruderschaften, S. 11-27. MILITZER: Organisationsformen, S. 145-157. JOHANEK: Stadtgeschichtsforschung, S. 87f. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 655f. Vgl. Kap I.2.2. BLASCHKE: Kirchenorganisation, S. 131-161. BLASCHKE: Vorstädte, S. 179. BLASCHKE: Stadtplan, S. 199. Vgl. Kap I.2.2.
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Ausdruck einer positiven Bevölkerungsentwicklung sein. Mehrere Pfarreien können auch auf unterschiedliche rechtliche, herrschaftliche und besitzgeschichtliche Zusammenhänge zurückgehen. Ebenso ist das Kriterium der Erreichbarkeit ein Entstehungsgrund für neue Pfarreien und Pfarrkirchen.342 Anders als bei den Pfarrkirchen sahen Hirschmann, Haverkamp und Escher die Anzahl der geistlichen Einrichtungen wie Klöstern, Stiften und im weiteren Sinne auch von Hospitälern als ein Kriterium von Stadt an und hierin folgten sie wiederum Herrmann und auch Ehbrecht. Gleichzeitig schlossen sie aus der Anzahl dieser Einrichtungen auch auf die Urbanität des Ortes.343 So ist immerhin davon auszugehen, dass ein oder mehrere vorhandene Klöster oder Stifte auch eine Außenwirkung für die Stadt hatten, sie als Anziehungspunkte nach außen strahlten und damit der Stadt zu einer Mittelpunktfunktion verhalfen,344 welche vielleicht eher als religiöse Zentralfunktion zu bezeichnen ist. Gleichzeitig ist eine prosperierende Stadt auch idealer Ort für solche Einrichtungen, sie kann sicherlich die Entwicklung von Klöstern und Stiften nachhaltig beeinflussen. Insofern dürften Letztere durchaus in einem engen Zusammenhang mit dem urbanen Charakter eines Ortes stehen. Eine hohe Anzahl Geistlicher in der Stadt hat darüber hinaus direkte Auswirkungen auf das innerstädtische Zusammenleben. Der Rat versuchte häufig in kirchliche und geistliche Bereiche einzugreifen und umgekehrt lässt sich dasselbe feststellen. Des Weiteren gab es immer wieder Konflikte über die Zuständigkeit von weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit.345 Versuche des Rates, die Steuerpflicht auf die Geistlichkeit auszudehnen, scheiterten häufig. Jedoch gelang es ihm wiederum durchaus, die kirchlichen Familiaren, ihre Amt- und Werkleute der Steuer- und Abgabenpflicht zu unterwerfen und deren Produktions- und Handelstätigkeit zu regulieren. In einigen Städten war der Rat sogar in der Lage die gewerbliche Konkurrenz der Geistlichkeit ganz zu verbieten.346 Gerade zu den älteren städtischen Klöstern und Stiften, welche Repräsentanten der alten Adelskirche waren, lebte die Stadtgemeinde in einer gewissen Distanz. Anders war das Verhältnis zu den Bettelorden, welche in allen städtischen Schichten ein hohes Ansehen genossen. Gleichzeitig war es vor allem die Stadt, welche gerade die Entwicklung von Tertiaren/Terrtianerinnen sowie Beginen und 342 343 344
345 346
SCHMIEDER: Die Pfarrei, S. 133-146. Vgl. EHBRECHT: Civile ius, S. 418. HERRMANN: Städte im Einzugsgebiet der Saar bis 1400, S. 225-317, mit Karte im Anhang. Die kultisch-kulturelle Zentralfunktion war eine wesentliche Forderung der Irsigler’schen Stadtdefinition. Im Hinblick auf das Fehlen dieses Aspektes bei Johanek hatte er jedoch darauf verwiesen, dass gerade bei den kleineren Städten dieser Moment wenig ausgeprägt ist. (Vgl. auch Kap. I.2.2.). ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 605-624. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 619-622.
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Begarden förderte und zu einer Dynamisierung der vita religiosa von Frauen führte.347 Besonders die Bettelorden übernahmen häufig die in den Augen der Stadtbevölkerung durch den alten Pfarrklerus nur ungenügend ausgeführten seelsorgerische Aufgaben, gründeten und unterhielten Hospitäler zur Armen- und Krankenfürsorge. Bald standen die Größe einer Stadt und die Anzahl der Bettelordenskonvente in einem engen Zusammenhang, wobei ein Großteil der Mönche der Bettelordensklöster sich aus der städtischen Bürgerschaft rekrutierte. Die Klöster dienten den städtischen Zünften durchaus auch als Zunftlokal und waren auch Versammlungsorte der Stadtgemeinde.348 Mehrfach ist in den bisherigen Ausführungen begrifflich zwischen Stadtgründung und Stadterhebung unterschieden worden. Zwischen beiden Vorgängen gibt es einen Unterschied. Ersteres meint eine völlige Neugründung einer Stadt idealerweise auf der grünen Wiese als eine reguläre, bewusst angelegte Stadt. Demgegenüber fand eine Stadterhebung dort Anwendung, wo bereits ein Ort vorhanden war, welcher vielleicht sogar schon eine gewisse städtische Entwicklung genommen hatte, welcher dann wiederum in dieser durch den Stadtherrn gefördert worden ist und dessen Stadtwerdungsprozess mit dem Erhebungsakt zum Abschluss gebracht wurde. Es handelt sich hierbei demzufolge um eine gewachsene, organisch entwickelte Stadt. Letzteres schließt nicht aus, dass auch bei gegründeten Städten bereits ältere Vorgängersiedlungen vorhanden waren.349 Liegt kein überliefertes Zeugnis für einen Gründungsakt oder eine Stadterhebung vor, muss letztendlich der Stadtplan und damit die Siedlungstopographie Auskunft darüber geben, um was für eine Form von Stadtentstehung es sich handelt. Gründungsstädte lassen sich häufig an ihrem klar strukturierten planmäßigen Aufbau erkennen. Eine Befestigung grenzt die Stadt vom Umland ab, dem Markt kommt im Siedlungsgefüge eine zentrale Rolle zu. Die Anlage erfolgte häufig an einer Fernstraße oder gar einer Kreuzung von Fernwegen, welche im Idealfall den Ort durch die vier auf den Achsen gelegenen Toren betraten. Zu Städten gewachsene Siedlungen sind wiederum durch eine unregelmäßige Stadtanlage gekennzeichnet.350 Gerade der oben angeführte Umstand, dass auch geplanten Städten immerhin ältere Siedlungen vorangehen können, wurde in der Forschung durchaus als Kritikpunkt am Begriff und der Theorie der Gründungsstadt verstanden und es 347 348 349 350
Vgl. VOIGT: Beginen, S. 167. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 635f. u. 641f. VOIGT: Beginen, S. 438-440. BLESSGRABHER: Bettelordensklöster, S. 16-20. Vgl. STERCKEN: Gebaute Ordnung, S. 16. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 13, mit Anm. 8 u. S. 299-302. BAERISWYL: Gründungsstadt, S. 51. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 88-91. STERCKEN: Gebaute Ordnung, S. 17. BAERISWYL: Gründungsstadt, S. 51f.
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wurde daraus geschlossen, es handele sich in solchen Fällen um ebenfalls organisch gewachsene Städte.351 Armand Baeriswyl hat jedoch zu Recht darauf verwiesen, dass häufig irgendwann im Entwicklungsprozess dieser Orte eine Umstrukturierung zur Stadt stattfand, welche auch zu einer planmäßigen Anlage typischer städtischer Elemente führte. Dieses kann nicht durch organisches Wachstum geschehen sein, sondern ist auf landesherrliche Initiative geschehen. Daraus folgert er, dass in solchen Fällen deshalb durchaus von Stadtgründung und Stadtplanung zu sprechen sei.352 Die Untersuchung der Siedlungstopographie gibt ebenso Aufschluss über die Größe der Stadt.353 Darüber hinaus gibt der Grundriss der Stadt Hinweise auf die Lage der mittelalterlichen Marktplätze beziehungsweise lässt sich anhand von Straßen- oder Platznamen durchaus erkennen, ob es mehrere Märkte gab, ob ein alter und ein neuer Markt vorhanden waren und ob die Stadt Spezialmärkte besaß. Des Weiteren ist aus Straßen- und Platznamen häufig zu erkennen, wo bestimmte Gewerbe angesiedelt waren, wo eventuell die jüdischen Bewohner lebten, welches die wichtigen Straßen waren und wo sich geistliche Einrichtungen befanden. Ebenso geben sie Auskunft über den Verlauf der Stadtbefestigung, wenn sie nicht mehr vorhanden ist, oder aber wo genau sich Tore innerhalb der Stadtbefestigung befanden und welche Straßen diese aufnahmen.354 Die Befestigung soll demzufolge, entgegen der Einwände Irsiglers, gleichfalls Gegenstand der Untersuchung sein. Im Vordergrund steht dabei nicht nur die Frage, ob sie ein typisch städtisches Merkmal ist. So verbinden sich mit ihr weitere Aspekte städtischer Entwicklung. Zu verweisen sei hier auf den Umstand, dass die Stadt damit als Großburg auch militärische Aufgaben übernahm. Außerdem dürften der Bau und die Gestalt einer Befestigung immer auch Ausdruck der wirtschaftlichen Fähigkeiten einer Stadt sein.355 Gerade die Anlage eines Neumarktes lässt doch darauf schließen, dass die Stadt sich wirtschaftlich, aber auch von der Einwohnerzahl her so weit entwickelt hatte, damit die Anlage eines weiteren Marktes notwendig wurde. Spezialmärkte, wie etwa ein Rossmarkt oder Kornmarkt verweisen auf spezielle Produkte, welche
351 352 353 354 355
JENISCH: Villingen, S. 197. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 13, mit Anm. 8. Vgl. BAERISWYL: Gründungsstadt, S. 65f. BAERISWYL: Gründungsstadt, S. 65f. BLASCHKE: Stadtplan, S. 198-201. Vgl. BLASCHKE: Stadtplan, S. 193-206. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 242f. Häufig waren umfangreiche landesherrliche Privilegien notwendig um den Befestigungsbau finanziell zu unterstützen. (Vgl. auch Kap. I.2.2.).
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nicht mehr über den regulären Stadtmarkt abgesetzt wurden.356 Aus dieser Wirtschaftstopographie lassen sich demzufolge weitere wesentliche Erkenntnisse hinsichtlich der städtischen Wirtschafts- und Gewerbestruktur ziehen. Ebenso ist, falls es hierfür keine Anhaltspunkte in den Schriftquellen gibt, anhand der Siedlungstopographie zu prüfen, inwiefern es Hinweise auf bereits mittelalterliche Vorstädte beziehungsweise vor der Stadt(mauer) gelegene Siedlungen gibt. So hat Hans Eberhardt festgestellt, dass nur wenige der thüringischen Kleinstädte im ausgehenden Mittelalter eine Erweiterung durch Neustädte erfahren haben. Wobei sich wenigstens in Ansätzen durchaus Vorstädte herausgebildet haben konnten, welche jedoch meist nicht in die Ummauerung einbezogen wurden.357 Schlussendlich ist sich noch der Frage zuzuwenden, ob es sich bei den untersuchten Orten auch um Residenzen beziehungsweise Orte mit residenziellen Funktionen handelt. Dieser Frage ist dabei nicht nur im Hinblick auf eine solche Rolle im Zusammenhang mit den bedeutenden Geschlechtern der Region nachzugehen. Vielmehr wird vor dem Hintergrund der „Ministerialenstädte“ und den Bemerkungen Fouquets zu den niederadligen Städten im Kraichgau zu überprüfen sein, inwiefern es sich nicht ursprünglich um Residenzen ministerialischer/niederadliger Geschlechter handelte. Vor diesem Hintergrund ist gleichfalls zu untersuchen, welche Entwicklungsmöglichkeiten diese Städte überhaupt hatten. Bereits Fouquet hatte darauf verwiesen, dass sie in der Regel bescheidene Städte blieben, und Bradler hatte für die Städte von Reichsministerialen sogar festgestellt, dass diese häufig ein Kümmerdasein als Minderstädte führten.358 Alle hier zusammengetragenen Fragestellungen sind, wie in einzelnen Fällen schon angerissen auch hinsichtlich der zentralen Funktionen zu bearbeiten. Es muss überlegt werden, ob gerade die landesherrlichen Städte überhaupt über ihre augenscheinlich primär herrschaftlich-administrative Zentralfunktion auch weitere Mittelpunktfunktionen ausbilden und erhalten konnten. Des Weiteren wird festzustellen sein, ob und wie sich die betreffenden Orte in ein zentralörtliches System einfügten und welche Funktionen sie hier übernahmen. Letzteres kann aber nur im Vergleich der Orte untereinander möglich sein und darüber hinaus sind sie, wie auch schon an anderer Stelle gefordert, immer auch in Beziehung zu anderen zentralen Orten über den Untersuchungsraum hinaus zu setzen. Diese eben gemachten Bemerkungen deuten an, dass die untersuchten Orte auch in Beziehung zueinander gebracht und vergleichend betrachtet werden sollen. Grundlage hierfür müssen die Einzeluntersuchungen der jeweiligen Orte 356 357 358
BLASCHKE: Stadtplan, S. 201f. EBERHARDT: Kleinstädte im mittleren Thüringen, S. 47f. FOUQUET: Stadt, Herrschaft und Territorium, S. 75-120. BRADLER: Stadtentwicklung und Ministerialität, S. 90f.
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sein. Ziel ist es hierbei aber nicht, einen Kriterienkatalog für thüringische Städte oder konkreter für landesherrliche Städte im Thüringer Becken zu erstellen. Hierfür ist mit fünf untersuchten Orten die Materialbasis zu dünn. Notwendig wäre dafür eine flächendeckende Erfassung und Untersuchung dieser Städte im Thüringer Becken. Dennoch soll vor allem im Vergleich mit den oben genannten Kriterienkatalogen und bereits für den Thüringer Raum bestehenden Untersuchungen, wie etwa die Christine Müllers zu den ludowingischen Städten, überlegt werden, ob sich nicht wenigstens Tendenzen feststellen lassen, welche wiederum grundlegend für eine vergleichende Erforschung landesherrlicher Städte in Thüringen sein könnten. Hierbei soll aber nicht nur die innere Entwicklung dieser Städte betrachtet werden, sondern genauso ist zu untersuchen, welche Funktion diese landesherrlichen Städte im Rahmen der spätmittelalterlichen Territorialpolitik ihrer Stadtherren einnahmen. In diesem Zusammenhang sind sie auch in Beziehung zu anderen Städten im thüringischen Raum zu setzen.
5. Literatur, Forschungsstand und Quellenlage 5.1 Literatur und Forschungsstand359 Den Forschungsstand bezüglich der thüringischen Städte hat zuletzt Christine Müller in ihrer 2003 erschienenen Dissertation ausführlich dargestellt. Einen umfangreichen Überblick über den Stand der Landesgeschichtsforschung in Thüringen überhaupt gab zuletzt 2005 Matthias Werner in seinem Aufsatz „Thüringen im Mittelalter. Ergebnisse – Aufgaben – Perspektiven“.360 Dennoch soll der Forschungsstand mit der für die Untersuchung der Städte des nordwestlichen Thüringer Beckens grundlegenden Literatur hier noch einmal skizziert, und sofern notwendig, ergänzt werden. Hierbei ist aber weder ein vollständiger Abriss der landesgeschichtlichen Forschung zur mittelalterlichen Geschichte Thüringens noch ein Überblick der allgemeinen Forschung zur Stadtgeschichte beabsichtigt.361 Vielmehr soll in einem kurzen Abriss der Forschungsstand der Geschichte mittelalterlicher Städte in Thüringen sowie relevanter Themenfelder skizziert werden. 359 360 361
Eine Wiedergabe des Forschungsstandes zu den einzelnen in dieser Arbeit bearbeiteten Orten erfolgt jeweils zu Beginn der Einzeluntersuchungen. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 14-19. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 307-337. Die entsprechende Literatur ist im Rahmen des Kapitels I.2 ausführlich diskutiert worden.
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Nach wie vor grundlegend für die Erforschung der mittelalterlichen thüringischen Landes- und damit auch Stadtgeschichte sind die 1962 erschienene „Entstehung der Landesherrschaft“ von Hans Patze und die drei sich mit dem Mittelalter befassenden Bände der zwischen 1968 und 1973 von Hans Patze und Walter Schlesinger herausgegebenen „Geschichte Thüringens“. 362 Wesentlichster Kritikpunkt dürfte bei beiden Untersuchungen das mittlerweile erhebliche Alter sein. Sie genügen zum Teil nicht mehr den modernen landes- und stadtgeschichtlichen Fragestellungen. Doch vor allem der erste Band der Landesgeschichte, ist schon wegen der bisher in dieser Form nicht neu vorliegenden grundlegenden Einführung in die Vorbedingungen und Ausgangspositionen geschichtlichen Lebens, unverzichtbar. Ergänzt werden sie lediglich durch die Erläuterungen zum ersten und dritten Teil des von Otto Schlüter und Oscar August herausgegebenen „Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes“.363 Die zwei Teilbände des zweiten Bandes der Thüringischen Geschichte stießen schon in ihrer Erscheinungszeit auf Kritik. Letztendlich sind jedoch alle drei Bände eine bis heute gültige Synthese der Landesgeschichtsforschung zum thüringischen Mittelalter.364 Die Habilitationsschrift Patzes war, so stellte zuletzt Matthias Werner fest, jahrzehntelang prägend für die Sichtweise auf ludowingische Herrschaftsbildung und landgräfliche Vorherrschaft in Thüringen. Das von Patze entworfene Modell hochmittelalterlicher Herrschafts- und Staatsbildung war in der Folge für lange Zeit nicht für die thüringische Landesgeschichte von erheblicher Bedeutung, sondern prägte ebenso das Bild des „Territorialstaates“ im hoch- und spätmittelalterlichen Deutschland maßgeblich. Ein erhebliches Defizit ist jedoch, dass mit der starken Fokussierung auf die Ludowinger ein Überblick über die Rolle der anderen wichtigen thüringischen Herrschaftsträger nahezu vollständig fehlt.365 Patze bricht seine Untersuchung außerdem nach der Mitte des 13. Jahrhunderts ab. Darüber hinausgehende umfangreichere neuere Arbeiten vor allem zu den wettinischen Landgrafen gibt es nicht. Lediglich zu den Wettinern in Thüringen liegen jüngere Arbeiten aus den letzten Jahren vor. Zu nennen ist hier zunächst: „Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie“ von Jörg Rogge (2005). Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine spezifische Darstellung der thüringischen,
362 363 364
365
PATZE: Entstehung der Landesherrschaft. PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringen I, II, 1 u. II, 2. Vgl. SCHLÜTER/AUGUST (Hg.): Erläuterungen zum ersten Teil. SCHLÜTER/AUGUST (Hg.): Erläuterungen zum dritten Teil. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 307f. Vgl. KIRCHNER: Rezension von: PATZE/SCHLESINGER: Geschichte Thüringens 1, S. 609f. KIRCHNER: Rezension von: PATZE/SCHLESINGER: Geschichte Thüringens 2, S. 314f. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 316-319.
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wettinischen Geschichte, sondern um eine Gesamtschau der Geschichte der Wettiner vom ausgehenden 10. Jahrhundert bis zum Übergang der Kurwürde auf die Albertiner und die darauf folgende forcierte Staatsbildung zwischen 1541-1586. Dennoch wurde auch den thüringischen Entwicklungen ein breiter Raum zugedacht. Die thüringischen Gebiete hätten nach Stefan Tebruck jedoch noch stärker gewichtet werden können. Die für ein breit angelegtes Publikum verfasste und zum Teil sehr populäre Darstellung lässt jedoch einer kritischen und problembewussten Ausführung wenig Raum. Ein Umstand, welcher sicherlich auch der auf 270 Seiten sehr knappen Darstellung einer 600-jährigen wettinischen Geschichte geschuldet ist.366 Über die Geschichte der Wettiner in Thüringen liegt darüber hinaus noch das von Hans Hoffmeister und Volker Wahl 1999 herausgegebene Überblickswerk „Die Wettiner in Thüringen“ vor. Von einzelnen Autoren verfasste Artikel beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten des wettinischen Wirkens in Thüringen von der Übernahme der Landgrafenwürde bis zum Sturz des Fürstenhauses im Jahr 1918. Schon weil es zeitlich so weitgefasst ist, kann es jedoch kaum tiefergehende Einblicke in die wettinische Geschichte Thüringens geben. Zwar werden unter anderem auch Fragen der landesherrlichen Städtepolitik der Wettiner in Thüringen und der Territorialausbau behandelt, doch geschieht Ersteres lediglich auf fünf Seiten und Letzteres nur auf neun Seiten. Darüber hinaus ist die Gesamtdarstellung schon wegen ihrer für ein breites Publikum bestimmten populärwissenschaftlichen Ausrichtung kaum geeignet, um als grundlegende Literatur für hier vorliegende Fragen herangezogen werden zu können.367 Vor allem die für Thüringen so wichtige Zeit des Übergangs der Landgrafenwürde von den Ludowingern an die Wettiner hat dann vor einigen Jahren Stefan Tebruck untersucht (2003). Hierbei stellte er ein deutliches Entwicklungsgefälle zwischen den älteren wettinischen Stammlanden und den neu erworbenen thüringischen Gebieten fest und arbeitete die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die wettinischen Lande heraus. 368 Zuletzt hat sich dann Matthias Werner (2013) umfassend mit dieser Zeit auseinandergesetzt. In seinem über 100 Seiten starken Aufsatz diskutiert er vor dem Hintergrund der Langsdorfer Verträge von 1263 noch einmal intensiv die damit verbundenen Fragen.369 Matthias Werner 366 367 368 369
ROGGE: Wettiner. TEBRUCK: Rezension von: ROGGE: Die Wettiner. LINDNER: Rezension von: ROGGE: Die Wettiner, S. 357. Vgl. HOFFMEISTER/WAHL: Wettiner in Thüringen. TEBRUCK: Pacem confirmare – iustitiam exhibere, S. 243-303. TEBRUCK: Integration und Selbstbehauptung, S. 375-412. Vgl. hierzu: WERNER: Neugestaltung, S. 5-118. Vgl. auch die übrigen Aufsätze in: BRAASCH-SCHWERSMANN/REINLE/RITZERFELD (Hg.): Neugestaltung in der Mitte des Reiches.
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stellte bereits für die Arbeit Tebrucks fest, dass sie ein über den zweiten Band der Geschichte Thüringens hinausgehendes schärferes Bild von den Entwicklungen im spätmittelalterlichen Thüringen zeichnet und es damit wenigstens teilweise gelungen ist, Forschungslücken zu schließen.370 Gleiches dürfte wiederum für den Aufsatz Werners aus dem Jahr 2013 gelten. In den neueren Arbeiten zur wettinischen Herrschaft erfolgten, und dieses bleibt zusammenfassend festzustellen, aber keine umfassenderen Untersuchungen der Städte. Vielmehr wurden sie, wenn überhaupt, nur am Rande betrachtet. Demgegenüber widmen sich sowohl Patzes „Entstehung der Landesherrschaft“ als auch der Band 2, 1 der „Geschichte Thüringens“ mit eigenen Kapiteln den Städten.371 Vor allem die Darstellung Patzes zu den ludowingischen Städten in seiner „Entstehung der Landesherrschaft“ ist aber gleichfalls recht knapp und in weiten Teilen auch ungesichert. Darüber hinaus betrachtet er die Entwicklung schon wegen der Anlage seiner Arbeit kaum über die Mitte des 13. Jahrhunderts hinaus. Des Weiteren widmet er den einzelnen Städten wenig Raum und bringt sie nur in den Zusammenhang mit der landgräflichen Territorialpolitik. Ebenso berücksichtig er lediglich Städte, welche im Kontext ludowingischer Politik stehen, während andere Landesherren weitestgehend ausgeklammert werden.372 Das von Wolfgang Hess für den Band 2, 1 der Thüringischen Landesgeschichte verfasste Kapitel betrachtet die Entwicklung des Städtewesens und der Märkte in Thüringen vor allem aus wirtschaftlicher Sicht. Weitestgehend vernachlässigt wird ihre herrschaftspolitische Bedeutung.373 Gegenstand sind nicht nur die ludowingischen/wettinischen Städte, sondern auch die anderer Herrschaftsträger. Die Untersuchung endet jedoch mit den 1330/40er Jahren und berücksichtig damit im Wesentlichen nur die Anfänge vor allem der kleineren landesherrlichen Städte.374 Ergänzt wird diese Darstellung noch durch die anschließend in einem eigenen Kapitel erfolgende Untersuchung von Hans Patze zu Einzelfragen der Verfassungs- und Rechtsgeschichte mit einem besonderen Schwerpunkt auf den Anfängen der Ratsverfassung und den einzelnen Stadtrechten.375 Wie Patze in seiner Landesgeschichte arbeitete auch Wolfgang Hess in seiner 1955 verfassten, aber erst 1966 veröffentlichen Dissertation zu den hessischen 370 371
372 373 374 375
WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 325f. PATZE: Landesherrschaft, S. 404-495. HESS: Verfassung der Städte, S. 310-330. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte. 3. Verfassung der Städte, S. 310-345. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte. 4. Stadtrechtsaufzeichnungen, S. 345-350. PATZE: Landesherrschaft, S. 404-494. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 15. HESS: Verfassung der Städte, S. 310-330. KIRCHNER: Rezension von: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2, S. 315. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte. 3. Verfassung der Städte, S. 310-345. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte. 4. Stadtrechtsaufzeichnungen, S. 345-350.
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Städtegründungen der Landgrafen von Thüringen die Städte auch vor dem Hintergrund der ludowingischen Territorialpolitik ab. Bereits bei der Veröffentlichung seiner Arbeit wurde vor allem Kritik daran geübt, dass er nicht alle hessischen Städte, sondern nur eine Auswahl erfasste. Darüber hinaus beschränkt sich die Arbeit in erster Linie auf eine Analyse der äußeren Stadtgestalt und einen darauf aufbauenden Vergleich dieser Städte miteinander. Allerdings enthält die Arbeit durchaus auch einige Beobachtungen zur Verfassungs- und Münzgeschichte. Mit Creuzburg bearbeitete er zwar auch eine Gründungsstadt der Ludowinger im heutigen Thüringen, die anderen thüringischen landgräflichen Städte spielen ansonsten aber keine Rolle.376 Die wohl neueste Arbeit zu den ludowingischen Städten und zur mittelalterlichen Stadtgeschichte in Thüringen überhaupt liegt mit der im Wintersemester 1999/2000 eingereichten und dann 2003 veröffentlichten Dissertation Christine Müllers zu den landgräflichen Städten der Ludowinger in Thüringen vor. Erstmals wurden in dieser Arbeit überhaupt die kleineren Städte der ludowingischen Landgrafen umfangreicher thematisiert und bearbeitet und darüber hinaus deren Städtepolitik umfassend diskutiert und mit den ludowingischen Städten in Hessen verglichen.377 Angelegt ist die Arbeit als eine Untersuchung der ludowingischen Städte. Müller betrachtet vor allem, unter welchen Gesichtspunkten diese Städte entstanden, welche spezifischen Anforderungen durch die Ludowinger an sie gestellt wurden und welche Funktionen sie in der landgräflichen Territorialpolitik wahrnahmen. Allerdings spielt die innerstädtische Entwicklung häufig nur am Rande eine Rolle und schon wegen der Fokussierung auf die ludowingische Städtepolitik verfolgt sie selten die Entwicklungen über das 13. Jahrhundert hinaus und setzt sie wiederum kaum in Beziehung zu den umliegenden Städten anderer Landesherren.378 Verdienstvoll ist jedoch, dass Müller auch Städte erfasst und wenigstens kurz bearbeitet, welche im Bereich der Landgrafschaft lagen, bei deren Entstehung eine ludowingische Mitwirkung jedoch zweifelhaft ist. In diesem Zusammenhang nahm sie sogar Städte auf, bei denen es sich um ministerialische Gründungen handeln könnte.379 Die kleineren Städte fanden, bis auf die Untersuchung Müllers, in der thüringischen Landesgeschichtsforschung bisher wenig Platz. Als Ausnahmen zu nennen sind hier noch die Aufsätze Hans Eberhardts zu diesem Stadttypen und die Untersuchung Hartmut Wenzels über die kleineren östlich von Erfurt liegenden 376 377 378 379
HESS: Städtegründungen. OPITZ: Rezension von: HESS: Städtegründungen, S. 255f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, 5f. MÜLLER: Landgräfliche Städte. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 323. MÜLLER: Landgräfliche Städte. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 256-284.
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Städte.380 Vor allem Eberhardt setzte sich in einer Reihe von Aufsätzen mit unterschiedlichen Problemen städtischer und auch kleinstädtischer Entwicklung in Thüringen auseinander. Gleichwohl untersuchte er die Städte des Bearbeitungsraumes der hier vorliegenden Untersuchung, wenn überhaupt, nur sehr knapp.381 Weiterhin zu nennen sind an dieser Stelle die Bearbeitungen im Rahmen der Erläuterungen zum zweiten Teil des Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes. Hier werden neben den größeren Städten dieses Raumes auch einige thüringische Kleinstädte erfasst und knapp abgehandelt. Im Wesentlichen handelt es sich aber bei den kurzen Einträgen kaum um eine weiterführende Untersuchung, denn weitestgehend wird nur der zur Bearbeitungszeit aktuelle Forschungsstand wiedergegeben.382 Mit der oben erwähnten Rolle von Ministerialen als Stadtgründer wird ein weiteres Problem in der Erforschung der mittelalterlichen Geschichte Thüringens berührt. Für keine der zahlreichen thüringischen Ministerialenfamilien, welche durchaus wichtige Faktoren im politischen Geschehen des 12. bis 14. Jahrhunderts waren, liegt eine umfangreichere Untersuchung vor, die wenigstens ansatzweise wissenschaftlichen Ansprüchen genügen könnte. Über deren Städtepolitik ist bis auf die in weiten Teilen skizzenhafte Darstellung Müllers bisher nicht gearbeitet worden. Ebenso ungünstig ist die Forschungslage bezüglich des Überganges dieser Gruppe in den niederen Adel. 383 Zwar widmete Hans Patze in seiner Entstehung der Landesherrschaft der ludowingischen Ministerialität ein umfangreiches Kapitel, in welchem er durchaus einzelne Familien sowie ihre besondere Rolle in der ludowingischen Politik untersuchte und auch nach der sozial- und verfassungsgeschichtlichen Entwicklung der Ministerialität fragte. Gleichwohl kann seine durchaus detaillierte Darstellung kaum als umfassend gelten. Die Funktion der Ministerialen im Rahmen der ludowingischen Herrschaft und beim Aufbau ihrer Landesherrschaft hätte noch deutlicher herausgearbeitet werden können. Darüber hinaus betrachtete er nur die ludowingische Ministerialität, während die Ministerialen anderer Herren keine Beachtung fanden. Trotz dieser Mängel muss seine Zusammenstellung nach wie vor für die landgräflichen Ministerialen, beziehungsweise die Ministerialität im thüringischen Raum an sich als grundlegend betrachtet werden.384
380 381 382 383 384
Zu WENZEL vgl. Kap. I.2.2. Vgl. hierzu die Angaben bei: WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 323 mit Anm. 169f. SCHLÜTER/AUGUST: Erläuterungen zum zweiten Teil. Vgl. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 323f. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 326-370 WERNER: Thüringen im Mittelalter, S.-321-323. WITTMANN: Im Schatten der Landgrafen, S. 465f.
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Vergleichbar ist die Situation bei den hochadligen und adligen Herrschaftsträgern. Ausnahmen sind hier nur die Untersuchung Ernst Schuberts zu den Harzgrafen im Spätmittelalter (2003) und die im selben Jahr veröffentlichte Dissertation Helge Wittmanns zur adligen Herrschaftsbildung im Mittelalter. Wittmann untersucht in seiner Arbeit die Herren von Heldrungen, die Grafen von Buch und die Grafen von Wartburg- Brandenburg. Hinsichtlich einer Städtepolitik der von ihm untersuchten Geschlechter äußert sich Wittmann nicht. Dieses dürfte aber im Wesentlichen dem Umstand geschuldet sein, dass sich seine Arbeit mit der Ausbildung von Herrschaft im Hochmittelalter auseinandersetzt, 385 während viele thüringische Städte erst im Spätmittelalter entstanden.386 Außer der Untersuchung Schuberts liegt damit keine weitere neuere Arbeit zu spätmittelalterlicher Adelsherrschaft in Thüringen vor. So wesentlich wiederum die Untersuchung Schuberts für das südliche Harzvorland ist, der innerthüringische Raum und die dortigen Herrschaftsrechte sowie herrschaftlichen Verflechtungen werden nicht berücksichtigt. Auch die Städte der hier ansässigen Dynastien werden kaum untersucht. Zwar gibt ein eigenes den Städten gewidmetes Kapitel Auskunft über das Verhältnis dieser Dynastien zu den Städten, die Rolle der Städte in der Territorialpolitik bearbeitet er jedoch kaum. Ebenso findet sich in seiner Arbeit wenig über die Entstehung und Entwicklung der Städte. Maßgeblich werden diese nur im Spannungsfeld zwischen Krieg und Frieden und in ihrer Rolle bei Fehden thematisiert. Lediglich Nordhausen mit seiner Bedeutung für die Harzgrafen findet stärkere Beachtung.387 Nach wie vor fehlen grundlegende umfangreichere Arbeiten zu den anderen gräflichen Familien, wie etwa den Grafen von Tonna-Gleichen, von Beichtlingen, von Lohra, von Mühlberg oder etwa den Herren von Lobdeburg. Nur im zweiten Band der Geschichte Thüringens berücksichtigte Hans Patze die wichtigsten thüringischen Adelsdynastien. Meist auf nur wenigen Seiten bearbeitet er fast telegrammartig deren Geschichte vom ersten Auftauchen ihrer Vertreter bis ins ausgehende Mittelalter und analysiert diese weitestgehend aus herrschafts- und besitzgeschichtlicher Sicht, beziehungsweise gibt einen genealogischen Überblick.388 Eine umfassende und vor allem auch neuere Untersuchung über die Rolle dieser Dynastien und ihre Funktionen im thüringischen Raum sowie deren Möglichkeiten zum Herrschaftsaufbau und -ausbau liegt damit gleichfalls nicht vor. Insofern fehlt auch für diese Herrschaftsträger ein Überblick über deren Städtepolitik sowie die Funktion deren Städte im Rahmen der Territorialpolitik. 385 386 387 388
WITTMANN: Im Schatten der Landgrafen. PELTZER: Rezension von: WITTMANN, im Schatten der Landgrafen. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 318 u. 328f. Vgl. oben. SCHUBERT: Harzgrafen, S. 13-115, besonders, S. 87-98. PATZE: Politische Geschichte, S. 146-208.
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Lediglich im 2012 erschienenen vierten Band, der im Rahmen der Reihe Residenzenforschung von Werner Paravicini herausgegebenen mehrbändigen Bearbeitungen der Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, wurden wichtige Adelsgeschlechter des thüringischen Raumes erfasst. Aufgenommen wurden unter anderem die Grafen von Beichlingen, von Gleichen, von Hohnstein und von Schwarzburg. Im Abschnitt C zu den jeweiligen Geschlechtern werden auch die wichtigen zentralen Orte der Dynastien bearbeitet. In diesem Rahmen erfolgt, sofern es sich um Städte handelte, auch ein kurzer Abriss der jeweiligen Stadtgeschichte. Diese geschieht jedoch nicht im Rahmen einer Neuuntersuchung der städtischen Entwicklung, sondern ist im Wesentlichen ein Abriss der bisherigen Forschungsergebnisse.389 Auch bei der Bearbeitung des Herrschaftsbereiches im Abschnitt B fanden Städte, falls es sich nicht um die im Abschnitt C bearbeiteten Zentralorte handelte, durchaus Eingang. Dieses erfolgt in aller Regel ebenfalls in kurzer und knapper Form und nach dem bisherigen Forschungsstand.390 Bereits im 2003 erschienenen zweiten Teilband des ersten Bandes dieser Reihe wurden auch die wichtigen wettinischen Städte im thüringischen Raum erfasst. Bearbeitet wurden Gotha, Eisenach mit der Wartburg und Weimar. Mit Ausnahme des Artikels Karl Heinemeyers sind die zu Gotha und Weimar jedoch zu knapp, um Möglichkeiten für neuere Untersuchungen und weiterführende Ergebnisse zu bieten.391 Auch die Arbeit Brigitte Streichs über die Residenzenbildung und Reiseherrschaft der Wettiner, in welcher die thüringischen Gebiete einen breiten Raum einnehmen, kann diese Lücke letztendlich nicht füllen.392 Diese in der Tradition der von Patze initiierten Reihe Residenzenforschung stehende, zum Teil aber auch darüber hinausgehende Arbeit untersucht die Entstehung und Funktion wettinischer Residenzen im Spätmittelalter. Umfangreicheren Eingang finden vor allem die bedeutenden wettinischen Städte Thüringens – Gotha, Eisenach und Weimar. Doch auch auf Weißensee oder Langensalza wird durchaus kurz Bezug genommen.393 Noch wesentlich gravierender stellt sich die Situation bezüglich der mainzischen Erzbischöfe in Thüringen dar. Weder über ihre weltliche Politik noch ihre geistliche Stellung in Thüringen existieren hinreichende neuere Arbeiten. Einen 389
390 391 392 393
Vgl. MUTSCHLER: Beichlingen, S. 168-179. MUTSCHLER: Gleichen, S. 490-510. VON DER HÖH: Hohnstein, S. 649-653. SCHÖNICKE/WEIGEL/WINKEL: Art. Schwarzburg, S. 1349-1355. Exemplarisch: Die Grafen von Beichlingen und Kelbra, im Abschnitt B, in: MUTSCHLER: Beichlingen, S. 174. WANDEL: Art. Gotha, S. 218-220. HEINEMEYER: Art. Eisenach, S. 166-171. STRICKHAUSEN: Art. Wartburg, S. 614f. BLAHA: Art. Weimar, S. 615f. STREICH: Reiseherrschaft. STREICH: Reiseherrschaft. RÜBSAMEN. Rezension von STREICH: Reiseherrschaft.
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kurzen Überblick über die weltliche mainzische Herrschaft in Thüringen gibt Günther Christ im zweiten Band des Handbuchs der Mainzer Kirchengeschichte. Schon wegen der Bearbeitung der thüringischen Besitzungen auf lediglich 29 Seiten im Rahmen eines Handbuches handelt es sich, auch wenn wenigstens in Teilen eine quellenkritische Betrachtung eingeflossen ist, kaum um eine umfangreiche und differenzierte Darstellung.394 In seiner politischen Geschichte im Band 2, 1 der Geschichte Thüringens widmet Patze dem Erzstift etwas über drei Seiten.395 Vorerst wird damit deutlich, dass vor allem die besitzgeschichtlichen und herrschaftspolitischen Grundlagen für Stadtentstehung und -entwicklung oder aber auch die Forschungslage zu bestimmten Themenfeldern, wie etwa der Ministerialität, veraltet sind oder gar fehlen. Zusätzlich ist der Forschungsstand zur Stadtgeschichte und hier insbesondere zur Genese der Kleinstädte eher als ungenügend zu bezeichnen. Am günstigsten ist die Forschungssituation sicherlich noch für Erfurt. Hier existieren jüngere Arbeiten, welche sowohl die Frühgeschichte, die frühstädtische Entwicklung als auch die Entwicklung der bürgerlichen Selbstverwaltung und die Emanzipationsbestrebungen gegenüber dem mainzischen Stadtherrn beleuchten.396 Daneben gibt es wenigstens in Ansätzen eine kurze skizzenhafte Auseinandersetzung mit der Entstehung und Entwicklung einiger Städte im Rahmen des Bandes Thüringen des von Michael Gockel bearbeiteten Repertoriums der deutschen Königspfalzen. Wenigstens im Fall Mühlhausens und Nordhausens bespricht er neben der Frühgeschichte und der Siedlungsentwicklung auch die seit dem 13. Jahrhundert fassbaren städtischen Emanzipationsbestrebungen, welche schließlich in der Zerstörung der stadtherrlichen Reichsburgen gipfeln.397 Allerdings fanden in den Band Thüringen der „Deutschen Königspfalzen“ nur solche Städte Eingang, in welchen sich Könige bis 1198 wenigstens einmal aufgehalten hatten. In den einzelnen Artikeln erfolgte eine umfassende Beschreibung des jeweiligen Ortes, doch ist die Betrachtung nicht auf Städte beschränkt, sondern bezieht alle Orte mit Königsaufenthalten ein. Ziel dieser Darstellung ist somit keine vergleichende Erfassung thüringischer Städte, sondern die Untersuchung von Orten mit Pfalzfunktion. Sie ist somit nicht primär der Stadtgeschichtsforschung gewidmet und darüber hinaus ist die Erfassung der Orte durchaus lückenhaft. Des Weiteren war das Repertorium in seiner Anlage weniger als Neuuntersuchung der Orte geplant. Vielmehr sollte es weitestgehend den zur Bearbeitungszeit aktuellen Forschungsstand darstellen. 394 395 396 397
CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 395-424. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 319. PATZE: Politische Geschichte, S. 208-211. Exemplarisch: HEINEMEYER: Erfurter Freizinsrecht, S. 10-102. WOLF: Erfurt im 13. Jahrhundert. HEINEMEYER: Erfurt im frühen Mittelalter, S. 45-66. Vgl. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 258-318. GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 319-385.
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Dennoch geht Gockel an einigen Stellen durchaus über diese Vorgabe hinaus und stellt zu Einzelfragen weiterführende Überlegungen an.398 Einige wenige ausgesprochene stadtgeschichtliche Arbeiten unterschiedlicher Qualität gibt es für thüringische Städte jedoch durchaus. So unter anderem für Eisenach (1994), Weißensee (1998), Altenburg (2001) oder Arnstadt (2003).399 Ebenso zu nennen ist die 2004 erschienene Untersuchung zur Geschichte der Stadt Schlotheim bis ins 19. Jahrhundert von Ingo Fiedler400 Grundsätzlich stehen jedoch für sämtliche bedeutendere thüringische Städte nach wie vor modernen Fragestellungen genügende Arbeiten aus. Die kleineren Städte können über die Arbeit Christine Müllers und Hans Eberhards hinaus mit wenigen Ausnahmen als kaum erforscht gelten.401 Neuere städteübergreifende Bearbeitungen einzelner Phänomene gibt es allerdings. Exemplarisch zu nennen seien hier die von Sebastian Birgelen erstmals in ihrer Gesamtheit erfassten spätmittelalterlichen Stadtrechnungen Thüringens oder die neuere Untersuchung Gerrit Deutschländers über den Bund der drei Städte Erfurt, Nordhausen und Mühlhausen mit der Hanse.402 Darüber hinaus bietet auch Gerd Strickhausen im Rahmen seiner Dissertation über die Burgen der Ludowinger, sofern diese in Beziehung zu einer Stadt stehen, auch einen meist knappen Abriss der jeweiligen Stadtgeschichte. Christine Müller hat jedoch zu Recht bereits darauf verwiesen, dass dieser Abriss meist eine Wiedergabe des bis dahin gültigen Forschungsstandes ist.403 Letztendlich ist auch der 1968 erschienene und 1989 in leicht verbesserter zweiter Auflage herausgegebene Band Thüringen des Handbuchs der historischen Stätten immer noch grundlegend für die Untersuchung der Städte sowie der in Beziehung zu ihnen stehenden, umliegenden Orte.404 Auch der von Stephanie Eißing neubearbeitete Band Thüringen des von Georg Dehio begründeten Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler enthält zum Teil für einen ersten Überblick über die städtische Geschichte wichtige Informationen. Ein erheblicher Schwachpunkt dabei ist jedoch der Umstand, dass
398 399
400 401 402 403 404
Vgl. GOCKEL (Bearb.): Königspfalzen. Vgl. HEHL: Rezension von: GOCKEL (Bearb.): Königspfalzen. BERGMANN: Eisenach. BERWINKEL: (Bearb.): Weißenesee. KIRCHSCHLAGER (Hg.): Chronik von Arnstadt. THIEME: Altenburg. Weiteres bei: WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 322f., mit Anm. 167-169. FIEDLER: Schlotheim. Vgl. zu den entsprechenden Arbeiten: WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 322. BIRGELEN: Stadtrechnungen, S. 71-94. DEUTSCHLÄNDER: Im Bunde mit der Hanse, S. 95-110. STRICKHAUSEN: Burgen. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 16, mit. Anm. 16. PATZE (Hg.): Handbuch der historischen Stätten, Bd. 9: Thüringen 1. u. 2. Auflage.
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diese Informationen nicht weiter belegt werden. 405 Auch die entsprechenden Bände der Reihe „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler“ sind nach wie vor für die Erforschung thüringischer Städte unerlässlich. Die Bearbeitung der einzelnen Orte ist zwar schon wegen der Erscheinungszeit der relevanten Bände im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts nach modernen Ansprüchen ungenügend, ihr Wert liegt aber gerade in diesem Alter. So werden hier durchaus städtische Elemente beschrieben, deren Lage heute zum Teil unbekannt ist.406 Unter den bereits früher entstandenen Einzelarbeiten zur Entstehung und Entwicklung thüringischer Städte sind die in den 1920er/30er Jahren veröffentlichten Arbeiten Werner Schnellenkamps hervorzuheben. Diese Einzelarbeiten entstammen weitestgehend seiner 1929 eingereichten Dissertation über die Entstehung und Entwicklung Thüringer Waidstädte und ihrer Nachbarstädte. Die gesamte Arbeit ist aber nach wie vor unveröffentlicht. Bemerkenswert ist der Ansatz seiner Untersuchung. Durch die Bearbeitung der Städte eines fest umrissenen Raumes gibt er die Möglichkeit, Entwicklungen adäquater zu vergleichen.407 Darüber hinaus veröffentlichte Schnellenkamp 1932 eine knappe Darstellung der Entstehungsgeschichte der Städte und Marktsiedlungen in Mitteldeutschland sowie der Beziehung von Markt und Stadt im Zusammenhang mit Stadtwerdungsprozessen. Sie fußt im Wesentlichen auf den Ergebnissen seiner Dissertation. Bedeutsam ist sie vor allem deshalb, weil in dieser eine Periodisierung Thüringischer Städte unter der Einbeziehung vorstädtischer Märkte vorgenommen worden ist.408 Hierzu sind deshalb ein paar grundlegende Bemerkungen notwendig. Einleitend stellt Schnellenkamp vier Perioden fest: „1. Vorstadium“, „2. Eine Periode der Aufwärtsentwicklung“, „3. Einem Höhepunkt“, „4. Eine Zeit des Verfalls des Stadtbegriffes und des mittelalterlichen Städtewesens“.409 Anschließend macht er ein paar Bemerkungen zum Vorstadium und geht dann über zu den Kategorien „Straßenmarktsiedlungen“ und „Der Gründungsperiode der Offenen Marktsiedlungen“. Zu letzterer Kategorie zählt Schnellenkamp immerhin Erfurt, Arnstadt und Tennstedt. Schon in diesem Fall verlässt er aber das Schema
405 406
407 408 409
EISSING (Bearb.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd. Thüringen. Vgl. exemplarisch: OTTE/SOMMER: Beschreibende Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Bd. 2: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Langensalza. SCHNELLENKAMP: Thüringer Waidstätten. SCHNELLENKAMP: Arnstadt. SCHNELLENKAMP: Städte des Kreises Langensalza. SCHNELLENKAMP: Tennstedt. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 16-26. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 16.
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einer Periodisierung und nimmt mit Straßenmarktsiedlungen eine Kategorisierung vor. Außerdem macht er nicht deutlich, in welche Periode sie einzuordnen sind, ob sie noch zum Vorstadium oder schon zur Periode der Aufwärtsentwicklung gehören.410 Dieses setzt sich insofern fort, dass Schnellenkamp hauptsächlich die älteren Marktorte abhandelt, welche dann ummauert wurden. Hierbei nennt er als frühstes Beispiel Naumburg, dann Erfurt (1165), dann Arnstadt (um 1200) und zum Schluss Tennstedt in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Damit verlässt er die zeitliche Ebene hinsichtlich einer Gliederung nach Kategorien endgültig.411 Unverkennbar wird das auch an seinem weiteren Vorgehen. Zwar kehrt Schnellenkamp mit der „Stadtgründungsperiode“ augenscheinlich zu einer Periodisierung zurück, relativ schnell wird aber deutlich, dass er letztendlich auch nur den Typ Gründungsstadt dem der gewachsenen Stadt gegenüberstellt. Er nennt dann noch einmal eine Periode der Stadtrechtsverleihungen, eine zeitliche Einordnung findet jedoch gleichfalls nicht statt. Zum Niedergang des Städtewesens äußert er sich wiederum überhaupt nicht und auch ansonsten ist außer beim Vorstadium, nie ganz sicher, welche Periode er überhaupt meint.412 Diese knappe Darstellung ist deshalb methodisch grundsätzlich bedenklich. Sie kann und soll vor diesem Hintergrund in der hier vorliegenden Arbeit deshalb keine Beachtung finden. Da auch seine Beobachtungen und Feststellungen zu einzelnen Städten im Wesentlichen auf seiner Dissertation beruhen, werden diese im Bedarfsfall aus seiner Untersuchung zu den Thüringer Waidstädten, beziehungsweise aus den Einzelveröffentlichungen hieraus zitiert. Lediglich zu seiner Feststellung, dass sich aus bestimmten zeitgenössischen Bezeichnungen für die Orte auch etwas bezüglich des Entwicklungslandes und des Vorhandenseins bestimmter städtischer Elemente ableiten lässt, müssen in der hier vorliegenden Untersuchung noch ein paar weiterführende Bemerkungen gemacht werden.413 Zum Waidhandel und -anbau in Thüringen liegt mit der 2010 veröffentlichten Habilitationsschrift Stephan Selzers eine neuere Arbeit vor. In seiner in zwei Themenblöcke gegliederten Arbeit setzt er sich vor allem im zweiten Teil, in einer umfangreichen, viele Einzelquellen einbeziehenden detaillierten Untersuchung, mit dem Waidanbau und Waidhandel in Thüringen auseinander.414 Nun soll noch eine Arbeit Erwähnung finden, welche vorrangig aus dynastiegeschichtlicher Perspektive, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf territorialer
410 411 412 413 414
SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 16-19. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 19. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 19-23. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 19-23. SELZER: Blau. FRIELING: Rezension von: SELZER: Blau.
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VORUNTERSUCHUNG
Entwicklung entstanden ist. Im Jahr 2006 wurde die ein Jahr vorher als Dissertation angenommene Arbeit Eckart Leiserings veröffentlicht. Diese behandelt die Landesherrschaft der Wettiner in Meißen und Thüringen über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren. Im Rahmen dieser Arbeit werden auch immer wieder thüringische Städte besprochen. So arbeitete er unter anderem heraus, dass Gotha zunächst in Thüringen der bevorzugte Aufenthaltsort der Wettiner war und dieser dann ab 1373 allmählich durch Weimar abgelöst wurde.415 Auch im Zusammenhang mit dem Auffinden des jüdischen Schatzes in Erfurt entstanden eine ganze Reihe Arbeiten zu den jüdischen Bewohnern Erfurts im Mittelalter und deren Lebenskultur. Darüber hinaus legte Maike Lämmerhirt mit ihrer Dissertation „Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten“ (2007) eine umfangreiche Arbeit vor, in welcher auch die jüdischen Gemeinden sowie deren Beziehungen zu den Wettinern in Thüringen erstmals ausführlich bearbeitet wurden. Einschränkend ist jedoch hinzuzufügen, dass jüdische Siedlungen in den nichtwettinischen, thüringischen Gebieten, wenn überhaupt nur am Rande berührt werden.416 Dennoch kann wenigstens in diesem Zusammenhang bei der Bearbeitung der einzelnen Städte in der hier vorliegenden Arbeit auf eine umfangreichere neuere grundlegende Untersuchung zurückgegriffen werden. Wichtige Hinweise zu jüdischen Gemeinden in den Städte geben des Weiteren der Band 3, 1 und 3, 2 der Germania Judaica, in welchen die Geschichte der jüdischen Bewohner in den einzelnen Orten knapp zusammengetragen worden ist. Auch im Band 3, 3 werden einzelne thüringische Orte unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten abgehandelt.417 Nahezu unbearbeitet ist das Problem des Niederkirchenwesens in den thüringischen Städten. Neuere Arbeiten hierzu liegen kaum vor. Einen kurzen Überblick über städtische Pfarrkirchen gibt Hans K. Schulze im zweiten Teilband des zweiten Bandes der Geschichte Thüringens.418 Grundsätzlich ist dieses Arbeitsfeld deshalb nach wie vor ein Desiderat der thüringischen Landesgeschichte und der Geschichte der mittelalterlichen Städte Thüringens überhaupt. Lediglich durch die seitens Enno Bünz’s erfolgte Edition des Mainzer Subsidienregisters von 1506 liegt eine hierfür wichtige grundlegende Quellenarbeit vor.419
415 416 417 418 419
LEISERING: Herrschaftsgebiete. LINDNER: Rezension von: LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 836. ROGGE: Rezension von: LEISERING: Herrschaftsgebiete. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten. GRIEMERT: Rezension von LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten. MAIMON u. a. (Hg.): Germania Judaica, 3, 1; 3, 2 u. 3, 3. SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 72-75. Das Mainzer Subsidienregister von 1506. Vgl. auch: ARENDT: Rezension von: Das Mainzer Subsidienregister von 1506.
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Vergleichbar ist die Situation hinsichtlich der städtischen Klöster, Stifte sowie der in der Stadt ansässigen Orden aber auch der Bruder- und Schwesternschaften. Eine umfangreichere Erörterung des Wirkens der Franziskaner in Thüringen, deren Niederlassungen maßgeblich in Städten zu suchen sind, fand im Rahmen des Text- und Katalogbandes zur Ausstellung „Für Gott und die Welt. Franziskaner in Thüringen“ der Mühlhäuser Museen im Jahr 2008 statt. 420 Für die thüringischen und hessischen Zisterzienserklöster erfolgte unlängst eine Zusammenstellung des bisherigen Forschungsstandes im Rahmen der Germania Benedictina. Auch die Benediktinerklöster des thüringischen Raumes wurden neuerdings in zwei Teilbänden der Germania Benedictina erfasst. Dabei sind unter anderem in Städten befindliche Klöster wie beispielsweise die Benediktinerabteien in Saalfeld, in Ohrdruf, in Erfurt und Creuzburg oder aber die Zisterzienserklöster in Jena, Nordhausen und Worbis bearbeitet worden.421 Zu den in den Städten häufiger anzutreffenden Klöstern der Augustiner-Eremiten existiert eine umfangreichere Arbeit Adalbero Kunzelmanns, welcher im fünften Teil seiner Geschichte der deutschen Augustiner-Eremiten die sächsischthüringische Provinz abhandelt. Im 2. Teil des Abschnitts e) dieses Bandes behandelt er mit Gotha, Langensalza und Neustadt/Orla auch thüringischen Niederlassungen und widmet mit dem Abschnitt a) dem Kloster in Erfurt auf 100 Seiten ein eigenes Kapitel. 422 In seiner 2012 erschienenen Dissertation „Beginen im Spätmittelalter“ bearbeitete Jörg Voigt das Beginenwesen in Thüringen und gelangte vor allem für diese Region zu durchaus innovativen Ergebnissen. Seine Untersuchung umfasst unter anderem die thüringischen Städte Erfurt, Mühlhausen, Nordhausen und Jena. Gerade die kleineren Städte, wie etwa Langensalza finden jedoch nur am Rande oder gar keine Erwähnung.423 Zur Frömmigkeitsgeschichte in Städten sowie anderen als den oben genannten Orden, wie etwa den Magdalenerinnen, welche immerhin Klöster in Erfurt, Mühlhausen, Altenburg, Langensalza, Cronschwitz, Weida und Schlotheim unterhielten,424 liegen bisher keinerlei nennenswerte Untersuchungen vor. Im zweiten Teil des zweiten Bandes der Geschichte Thüringens werden zwar auf 22 Seiten alle Orden und religiösen Gemeinschaften behandelt. Schon die geringe Seitenzahl 420 421
422 423 424
Vgl. MÜLLER/SCHMIES/LOEFKE (Hg.): Für Gott und die Welt. HENNING: Creuzburg, S. 289-294. FLACHENECKER: Art. Erfurt, St. Jakob, S. 315-340. FRECKMANN/RÖMER/SCHOLZ: Erfurt, St. Peter, S. 341-442. RÖMER: Art. Ohrdruf, S. 1101-1106. RÖMER/BÄRNIGHAUSEN/BUTZ: Art. Saalfeld, S. 1355-1420. HAMMER: Jena, S. 1007-1044. KUHLBRODT: Art. Altendorf, Kloster, S. 1110-1143. KUHLBRODT: Art. Frauenbergskloster, S. 1144-1186. KUNZELMANN: Augustinereremiten 5, S. 4-104 u. 151-168. VOIGT: Beginen im Spätmittelalter. HEUSINGER: Rezension von: VOIGT: Beginen im Spätmittelalter. Vgl. HEINEMEYER (Bearb.): Thüringisches Klosterbuch.
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VORUNTERSUCHUNG
verweist jedoch auf eine lediglich knappe oberflächliche Betrachtung. So wurde den Beginen beispielsweise nicht einmal eine Seite zugedacht und die Klöster des Magdalenerinnenordens erfahren in wenigen Zeilen eine mehr als knappe Darstellung.425 Gerade zum Magdalenerinnenorden in Thüringen, sowie dem besonderen Verhältnis der Bürgerschaft zu dieser Frauengemeinschaft ist nahezu überhaupt nichts bekannt. Lediglich Jörg Voigt verweist im Rahmen seiner Dissertation gelegentlich auf einzelne Niederlassungen und macht zu ihrer Entstehung einige Bemerkungen.426 Hinsichtlich der Verkehrswege im Thüringer Becken und deren Anbindung an andere Verkehrsräume ist die Situation ähnlich. Zu nennen sind hier als ältere Untersuchungen die 1920 erschienene Arbeit Konrad Niemanns und die von Luise Gerbings (1900). Letztere untersucht darüber hinaus auch die Handelsbeziehungen und den Warenverkehr aus Erfurter Perspektive.427 Für Thüringen gibt Hans Patze in seiner „Entstehung der Landesherrschaft“ einen Überblick über das Straßensystem und die Verkehrsverbindungen. 428 Die neuesten Untersuchungen hierzu stammen von Wolfgang Eberhardt, welcher zuletzt die Verkehrswege zwischen Eisenach, Gotha, Langensalza und Großvargula untersuchte.429 Zusammenfassend stellt sich der Forschungsstand folgendermaßen dar: Eine umfassende neuere Untersuchung städtischer Entwicklung im Mittelalter über den von Christine Müller bearbeiteten Zeitraum hinaus gibt es nicht und vor allem zu den nichtlandgräflichen Städten Thüringens sind keine neueren übergreifenden Darstellungen vorhanden. Auch fehlen umfangreichere Arbeiten zu Städten einer bestimmten thüringischen Region und ihren Beziehungen zueinander. Damit wird deutlich, dass eine umfassende moderne Untersuchung der Entwicklung thüringischer Städte über einen größeren Zeitraum hinweg nicht vorhanden ist. Gerade vor dem Hintergrund des in den letzten Jahrzehnten vollzogenen Paradigmenwechsels innerhalb der Stadtgeschichtsforschung sind die vorhandenen Darstellungen im Wesentlichen überholt.430 Ebenso fehlen nach wie vor umfangreiche richtungsweisende Beobachtungen zur Kleinstadtgenese in Thüringen. Darüber hinaus gibt es auch bei für die Stadtgeschichte grundlegenden Forschungsfragen, wie etwa den Herrschaftsverhältnissen nach wie vor erhebliche Defizite. 425 426 427 428 429 430
SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 99. Vgl. VOIGT: Beginen im Spätmittelalter, S. 120-122 u. 135-139. NIEMANN: Heer- und Handelsstraßen. GERBING: Erfurter Handel, S. 95-148. PATZE: Landesherrschaft, S. 30-40. EBERHARDT: Mittelalterliche Handelsstraßen. EBERHARDT: Alte Straßen und Wege. EBERHARDT: Thüringer Altstraßen. Vgl. hierzu: GRÄF: „Small towns, S. 151f.
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5.2 Quellenlage431 Auf den ersten Blick scheint die thüringische Landesgeschichte mit dem Regestenwerk Otto Dobeneckers und einer großen Anzahl von Urkundenbüchern eine gute Basis gedruckter Quellen zu besitzen. Allerdings endet die Sammlung Dobeneckers mit dem Jahr 1288432 und auch Urkundenbücher sind nicht für alle Städte vorhanden beziehungsweise decken nicht den gesamten Zeitraum der mittelalterlichen städtischen Entwicklung ab. So erschien beispielsweise für Bad Langensalza nur der erste Band des Urkundenbuches, während der zweite im Stadtarchiv Langensalza nur als handschriftliches Manuskript vorliegt.433 Zwar liegt mit dem Codex diplomaticus Saxoniae regiae eine weitere auch für den thüringischen Raum relevante Quellensammlung vor. Die Lücken schließen kann aber auch sie nicht. Vor allem der erste Hauptteil nimmt diplomatische Quellen auf, welche in Beziehung zu den Markgrafen von Meißen und späteren Landgrafen in Thüringen aber auch dem ersten Landgrafenhaus, den Ludowinger, stehen.434 Damit ist aber bereits auf ein erstes weiteres Problem verwiesen. Erfasst werde nur Urkunden in Beziehung zu diesen zwei Dynastien. Eine ausdrückliche Sammlung thüringischer Quellen ist dieses Editionsvorhaben demnach nicht. Des Weiteren klafft zwischen dem Band A 3 und B 1 eine Lücke von fast 150 Jahren. So endet der letzte Band der Reihe A des ersten Hauptteiles 1234 während der erste Band der Reihe B erst 1381 wieder einsetzt.435 Deutlich wird damit, dass für die gerade entscheidende Phase kleinstädtischer Entwicklung, die Zeit von der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert bis ins letzte Viertel des 14. Jahrhunderts, übergreifende Quellensammlungen fehlen. Eine Lücke, welche häufig wegen des Nichtvorhandenseins städtischer Urkundenbücher auch bisher nicht gefüllt werden konnte.436 Wenigstens teilweise geschlossen worden ist sie durch die Arbeit Eckhart Leiserings, welcher begonnen hat, die Bestände des Staatsarchives Dresden und hier vor allem die Urkunden zu erfassen und Letztere in Regestenform zu publizieren. Der erste Band der „Regesten der Urkunden des Hauptstaatsarchivs Dresden erschien bereits im Jahr 2003. Dieser umfasste die Urkunden aus der Zeit von
431 432 433 434 435 436
Die Quellenlage zu den einzelnen untersuchten Orten wird jeweils zu Beginn der Einzeluntersuchung ausführlich beschrieben. Dobenecker 1-4. UB Langensalza. Manuskript: StadtA Bad Langensalza. Vgl. CDS I, A 1-A 3 und B 1-4. Insbesondere auch Vorbericht, in: CDS I, A 1, S. IXf. CDS I, A 3 und B 1. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 278 u. 302-307.
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VORUNTERSUCHUNG
1351-1365. In einem zweiten im Jahr 2012 veröffentlichten Band erfolgte die Aufnahme der Urkunden aus der Zeit von 1366-1381.437 Ergänzt werden diese zwei Bände noch durch seine Untersuchung der Wettiner und ihrer Herrschaftsgebiete aus dem Jahr 2006, welche den Zeitraum von 1349-1382 bearbeitet. Grundlegend für diese Arbeit sind vor allem die archivalischen Quellen des Hauptstaatsarchives Dresden. Berücksichtigt wurden aber auch Materialien anderer Archive. Darüber hinaus finden hier nicht nur Urkunden, sondern auch Rechnungen, Kopialbücher oder Register Eingang. Letztendlich ist diese Arbeit eine umfangreiche und genaue Erfassung der für diesen Zeitraum und die Wettiner wesentlichen archivalischen Quellen und damit für die Quellenarbeit in der hier vorliegenden Arbeit unverzichtbar.438 Für die Urkundenbestände des Hauptstaatsarchiv Dresdens aus der Zeit von 948-1300 liegt darüber hinaus eine Regestensammlung Harald Schieckels aus dem Jahr 1960 vor, welche letztendlich aber ebenfalls kaum die für Thüringen klaffende Lücke gedruckter Quellen schließen kann.439 Neben den bisher genannten Editionen sei noch auf zwei weitere gedruckte Quellenwerke verwiesen. So geben das von Woldemar Lippert und Hans Beschorner herausgegebene Lehnbuch Friedrichs des Strengen und das von Beschorner herausgegebene markgräfliche Register von 1378 einen grundlegenden Eindruck über die wettinischen Besitz- und Herrschaftsverhältnisse in Thüringen. Vor allem das Register ist für eine Untersuchung städtischer Geschichte grundlegend, weil es detaillierte Angaben zu Abgaben wettinischer Städte macht und damit Einblick in die Verhältnisse gibt.440 Nicht einzeln aufgeführt werden sollen hier die älteren im 18. Jahrhundert entstandene Edition beziehungsweise Quellensammlungen, wie etwa die Christian Schöttgens und Georg Christoph Kreysigs oder aber Ernst Friedrich Johann Dronkes.441 Für fast alle der wichtigen thüringischen Adelsgeschlechter liegen überhaupt keine umfangreicheren Quellensammlungen vor. Ausnahmen bilden hier nur die 1871 herausgegebenen Regesten der Grafen von Weimar-Orlamünde, die Regesten der Herren von Salza aus dem Jahr 1853, das zweibändige Urkundenbuch der Vögte von Weida sowie das siebenbändige Hennebergische Urkundenbuch (1842-1877).442 Schon wegen ihres zum Teil erheblichen Alters dürften sie aber 437 438 439 440 441 442
LEISERING: Regesten 1351-1365. LEISERING: Regesten 1366-1380. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 303, Anm. 100. Vgl. LEISERING: Herrschaftsgebiete. LINDNER: Rezension: LEISERING: Herrschaftsgebiete, in: DA 65 2009, S. 836. SCHIECKEL: Regesten. Lehnbuch Friedrich des Strengen. Registrum. Exemplarisch: Codex diplomaticus Fuldensis. Diplomatariae et scriptores, hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG. Regesten der Grafen von Orlamünde. Henneberg. UB, Bd. 1-7. Regesten des Geschlechts Salza. UB der Vögte von Weida.
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nicht immer modernen quellenkritischen Ansprüchen genügen.443 Für die Grafen von Henneberg liegt wiederum eine neuere Regestensammlung vor. Im Jahr 2006 erschien die zweibändige von Johannes Mötsch zusammengestellte Sammlung der Regesten des Archivs der Grafen von Henneberg-Römhild. 444 Bereits 1996 gaben Johannes Mötsch und Katharina Witter eine kritische Edition der ältesten hennebergischen Lehnbücher heraus.445 Ähnlich stellt sich die Situation bezüglich der wichtigen geistlichen Herren in Thüringen dar. Die bisher erschienen zwei Bände des Mainzer Urkundenbuches decken lediglich den Zeitraum bis zum Jahr 1200 ab und sind damit allenfalls für die Frühgeschichte thüringischer Städte relevant.446 Ergänzt wird das Mainzer Urkundenbuch durch die von Johann Friedrich Böhmer bearbeiteten Regesta archiepiscoporum Maguntinensium, deren zweiter Band bis 1288 reicht. In der Nachfolge dieser Regestensammlung erschienen dann die „Regesten der Erzbischöfe von Mainz“, welche immerhin den Zeitraum von 1289 bis 1374 abdecken. 447 Zusätzlich dazu bietet neuerdings die vom Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. betreute Datenbank der Mainzer Ingrossaturbücher mit ihrer Suchmaschine die Möglichkeit, gezielt auch nach für die Städte des Untersuchungsraumes relevanten Quellen, welche im Zusammenhang mit dem mainzischen Erzbistum stehen, zu suchen. Diese Datenbank wiederum versteht sich als Fortsetzung der in Druckfassung bis 1374 erschienenen Regesten der Mainzer Erzbischöfe. Bisher online in der Datenbank verfügbar sind die Regesten bis zum Jahr 1468.448 Vor allem in den Diplomata Bänden der MGH sind, wenn es sich um älteres Königsgut handelt, für die Frühgeschichte des Ortes wichtige diplomatische Quellen abgedruckt, während gerade für die spätere städtische Geschichte hier kaum Quellen zu finden sind. Erheblich vereinfacht wurde deren Auffinden vor allem durch die im Rahmen der dMGH angebotenen Onlinevolltextsuche.449 Die wohl erheblichsten Defizite hinsichtlich gedruckter Quellen besteht für die beiden Reichsstifte Fulda und Hersfeld. In beiden Fälle liegen zwar Urkundenbücher vor. Vom Hersfelder Urkundenbuch ist aber bisher nur der erste Teil 443 444 445 446 447 448
449
Vgl. WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 303, mit Anm. 100. Regesten des Archivs der Grafen von Henneberg-Römhild. Die ältesten Lehnbücher der Grafen von Henneberg 1-7. Vgl. auch: WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 303, Anm. 100 u. S. 305, Anm. 104. Mainzer UB 1-2. Regesta archiepiscoporum Maguntinensium, Bd. 1 u. 2. Regesten der Erzbischöfe von Mainz, Abt. 1 u. 2. Mainzer Ingrossaturbücher: URL: http://www.ingrossaturbuecher.de. Vgl. auch: Internetauftritt des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V.: URL: http://www.igl.uni-mainz.de/forschung/ingrossaturbcher.html (16.01.2018). Onlineauftritt der Monumenta Germaniae Historica, URL: www.dmgh.de (08.01.2014).
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VORUNTERSUCHUNG
des ersten Bandes, in welchen lediglich die Urkunden von 771/72 bis zum Jahr 1100 aufgenommen worden sind, erschienen.450 Noch problematischer erscheint die Situation bezüglich der Fuldaer Urkunden. Auch hier liegt bisher nur der erste Band des Urkundenbuches vor. In diesem wiederum sind nur die Urkunden vom Jahr 744 bis zum Jahr 802 abgedruckt. Eine für die Besitzgeschichte des Klosters Fulda wichtige Quellenedition ist des Weiteren der von Heinrich Meyer zu Ermgassen herausgegebenen Codex Eberhardi. Dieses zwischen 1150 und 1165 entstandene Güterverzeichnis gibt einen Überblick über die im Frühmittelalter an das Stift erfolgten Schenkungen. Eine nicht geringe Zahl dieser Tradierungen liegt in Thüringen und damit ist diese Edition auch für die thüringische Frühgeschichte von immenser Bedeutung. Immerhin treten viele der im Codex verzeichneten Orte erstmals überhaupt in der schriftlichen Überlieferung in Erscheinung.451 Für das Kloster Hersfeld existiert mit der Edition des Brevarium santi Lulli ebenfalls eine weitere wichtige gedruckte frühmittelalterliche Quelle. Auch hier wird eine nicht unerhebliche Zahl thüringischer Orte erstmals überhaupt erwähnt.452 Dennoch bleibt das nicht unerhebliche Defizit, dass für beide Klöster keine, über das Frühmittelalter hinausgehenden Quellensammlungen vorliegen. Dieser Umstand macht es vor allem schwierig, das Schicksal der Besitzungen beider Stifte über diese Zeit hinaus zu verfolgen. Ob die vom hessischen Staatsarchiv Darmstadt betreute Datenbank Arcinsys perspektivisch dieses Defizit wenigstens in Teilen beheben kann, bleibt letztendlich abzuwarten. Über die Suchmaschine lassen sich mit entsprechender Stichwortsuche aber schon jetzt weitere mittelalterliche Archivalien auffinden.453 Auch das Archivportal Thüringen bietet mittlerweile die Möglichkeit, in den erfassten Beständen mittels Volltextsuche zu recherchieren und Archivalien aufzufinden. Da auch hier jedoch bei weitem nicht alle Bestände erfasst sind,454 bleibt letztendlich auch für die hier vorliegende Untersuchung eine Arbeit in den Archiven unerlässlich und ist grundlegend.455
450 451 452 453 454 455
Hersfelder UB, bearb. v. Hans WEIRICH. Codex Eberhardi, Bd. 1-4. Brevarium sancti Lulli. Ein Hersfelder Güterverzeichnis aus dem 9. Jahrhundert, besorgt v. Thomas FRANKE, Bad Hersfeld 1986. Online-Recherchedatenbank Archivinformatiossystem Hessen, URL: https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/start (20.08.2020). Archivportal Thüringen, URL: http://www.archive-in-thueringen.de (08.01.2014.). Die für die einzelnen Orte herangezogenen Archivbestände, werden zu Beginn der jeweiligen Kapitel genannt.
II. 1.
EINZELUNTERSUCHUNGEN Thamsbrück
1.1 Forschungsstand und Quellenlage Erste grundlegende Untersuchungen über die Geschichte Thamsbrücks finden sich in den Arbeiten Werner Schnellenkamps1 und im von Otto Korn bearbeiteten Artikel Thamsbrück im 1941 erschienenen zweiten Band des Deutschen Städtebuchs.2 Während die Arbeit Schnellenkamps zugleich die ausführlichste Darstellung zur gesamten mittelalterlichen Stadtgeschichte des Ortes ist, ist der Artikel Korns im zweiten Band des deutschen Städtebuchs auf Grund dessen Konzeption nur sehr knapp. Ergänzt werden diese Arbeiten durch die neueren Forschungen Christine Müllers, welche sich wegen der Konzeption ihrer Untersuchung jedoch vorwiegend auf die Entwicklungen bis ins Hochmittelalter beschränken. Vor allem die Untersuchung Werner Schnellenkamps liefert wertvolle Hinweise auf nicht edierte Quellen sowie ihren Aufbewahrungsort. Gerade die von ihm erarbeiteten stadthistorischen Zusammenhänge bedürfen allerdings auf der Basis moderner Quellenkritik und neuerer Erkenntnisse hinsichtlich der Stadtgeschichtsforschung einer Überprüfung. Ein eigenes Urkundenbuch der Stadt Thamsbrück gibt es nicht. Als Regesten abgedruckt sind eine Anzahl für die Thamsbrücker Stadtgeschichte wichtiger Urkunden im Urkundenbuch des Benediktinerklosters Homburg bei Langensalza.3 Allerdings macht die ungenügende Edition der Urkunden des ersten Teils beziehungsweise die Wiedergabe der Urkunden des zweiten Teils in Regesten eine Überprüfung der Originale in Einzelfällen notwendig. Darüber hinaus fanden sich auch im Stadtarchiv der Stadt Bad Langensalza einige wenige bisher nicht weiter berücksichtigte archivalische Quellen, welche Einblicke in die Entwicklung des Ortes gaben.4 Im Staatsarchiv Weimar befinden sich des Weiteren im ernestinischen Gesamtarchiv sechs Bitten um Bestätigung des neu gewählten Rates durch den amtierenden Thamsbrücker Rat.5
1 2 3 4 5
SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 30-41. KORN: Art. Thamsbrück, S. 707f. UB Homburg, Abt. A u. B. StadtA Bad Langensalza Thamsbrück, Magistrat I. LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. Hh 1531, fol. 1-6.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
1.2 Geographische und verkehrsgeographische Lage – der Ortsname Thamsbrück liegt im nördlichen Thüringer Becken im fruchtbaren Unstruttal auf einer Terrasse am westlichen Ende einer von Osten kommenden Erhöhung oberhalb der sumpfigen Unstrutniederung, welche an dieser Stelle durch sich von beiden Seiten heranschiebenden Höhenzüge besonders verengt ist. Diese Verengung des sumpfigen Tales war günstig genug, um hier einen Flussübergang entstehen zu lassen, auf dem eine Verkehrsverbindung von Erfurt nach Mühlhausen die Unstrut überquerte. Nach Norden wird die Terrasse, auf der der Ort liegt, vom Ried des Welsbacher Baches begrenzt.6 Der Name Thamsbrück wird erstmals im späten 8. Jahrhundert überliefert. 7 Schon wegen des Ortsnamengrundwortes -brück ist somit spätestens in dieser Zeit auch mit einem Flussübergang an dieser Stelle zu rechnen.8 Des Weiteren lag auf der Südseite der Unstrut gegenüber dem Ort eine wahrscheinlich frühmittelalterliche Burg, welche diesen Flussübergang zunächst schützte. 9 Spätestens seit den 1140er Jahren befand sich mit der landgräflichen Burg10 eine weitere Befestigung auf der Nordseite der Unstrut. Insofern ist von einem nicht unbedeutenden Flussübergang auszugehen, welcher wichtig genug war, um hier, wenn auch nacheinander, gleich zwei Burgen entstehen zu lassen. Ebenso befand sich schon
6 7 8 9
10
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 193. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 30. AULEPP: Thamsbrück, S. 3. Codex Laureshamensis 3: Kopialbuch, T. 2, Nr. 3632. UB Fulda, Bd. 1, Nr. 454. Zum Grundwort -brück, vgl. LEXER: Taschenwörterbuch, S. 27. KLUGE/SEEBOLD: Etymologisches Wörterbuch, S. 138. Über das Alter der ursprünglich hier gelegenen Burg sowie deren Entstehungszusammenhänge ist nichts bekannt. Allerdings dürfte die Lage auf einer nach Norden zur Unstrut hin steil abfallenden Hochfläche, oberhalb des Flussüberganges darauf verweisen, dass sie zu dessen Schutz und Überwachung angelegt worden ist. Eine solche Lage ist darüber hinaus typisch für karolingerzeitliche Burgen und verweist doch eher auf fränkischen Einfluss. (Vgl.: GRIMM: Archäologische Beobachtungen, S. 273-278.). Vielleicht handelt es sich tatsächlich um eine ursprüngliche Reichsburg, welche wiederum in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts als befestigter Grenzposten im Rahmen des Grenzsicherungssystems der Germar Mark errichtet worden ist. Die Germar Mark, welche sich in etwa vom Meißner im Westen bis in die Gegend um Tennstedt im Osten erstreckte, sollte das thüringische Kernland gegen sächsische Einfälle aus dem Norden schützen. (Zur Germar Mark vgl. HEINEMEYER: Eschwege, S. 30f. PATZE: Landesherrschaft, S. 16.) Hierfür würde auch sprechen, dass die Homburg auf der Südseite der Unstrut errichtet worden ist. Des Weiteren weist sie, wegen des nach Norden zeigenden Steilabfalls, in diese Richtung eine besondere Schutzlage auf. Vgl. Kap. II.1.3.3f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 193.
THAMSBRÜCK
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vor der wohl in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts anzusetzenden Gründung der Stadt Thamsbrück auf der Südseite der Unstrut beim Kloster Homburg, welches am Platz der frühmittelalterlichen Befestigung errichtet worden war, ein wenigstens bis ins frühe 12. Jahrhundert zurückreichender Markt. Im Zusammenhang mit diesem Markt hatte sich bei Homburg möglicherweise sogar eine Marktsiedlung frühstädtischen Charakters entwickelt.11 Auch wenn der Verkehrsweg mit dem Unstrutübergang, laut Christine Müller, spätestens im Spätmittelalter an Bedeutung verloren haben dürfte,12 befand sich im Früh- und wahrscheinlich auch noch im Hochmittelalter bei Thamsbrück ein nicht unbedeutender Flussübergang, welcher namengebend für die Siedlung war. Neben dem Weg Mühlhausen – Erfurt, gab es eine weitere von Eisenach kommende Verkehrsverbindung, welche über den Hainich verlaufend bei Thamsbrück die Unstrut überquerte und von hier aus nach Weißensee führte. Außerdem bestand eine gute Anbindung nach Norden in Richtung Schlotheim und von dort weiter in das Harzvorland und zu den hier verlaufenden Fernverkehrswegen.13 Während sich wegen dieser Zusammenhänge das Ortsnamengrundwort -brücken problemlos erklären lässt, bereitet der erste Teil des Ortsnamens einige Schwierigkeiten. Ernst Eichler und Hans Walter bieten hierfür folgende Deutungsvariante an: Sie verweisen darauf, dass der Ort seit der Mitte des 14. Jahrhunderts auch Tumes, Thomas und Thomsbrucken genannt wird. Da es sich hierbei um einen Personenamen handelt, schließen sie auch einen ursprünglichen älteren germanischen Personennamen wie Dung(ius) oder Tung(ius) nicht aus. Dieser wiederum stellt ihrer Meinung nach eine Vokalvariante zu althochdeutsch thing oder ding – Volksversammlung oder Gerichtsverhandlung dar.14 Diese Variante lässt jedoch vollkommen außer Acht, dass es sich bei Tumes, Thomas und Thoms- auch um eine spätmittelalterliche Bedeutungsvariante oder um einen in seiner Bedeutung vollkommen veränderten Namen handeln könnte, welcher in keiner Beziehung zu der frühmittelalterlichen Bezeichnung steht. Die ältesten Überlieferungen des Ortsnamens finden sich im Codex Laureshamensis in einer auf das Jahr 790 datierten Traditionsnotiz und im Codex Eberhardi aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, wobei die im Codex Eberhardi verzeichneten Tradierungen wohl aus dem 9. Jahrhundert stammen. Otto Dobenecker verwies darauf,
11 12 13 14
Vgl. Kap. II.1.3.3. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 194. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 30. Vgl. auch: Kap. II.3.2. PATZE: Landesherrschaft, S. 39. EICHLER/WALTER: Art. Thamsbrück, S. 274.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
dass die Ortsnamen in diesem Teil des Codex Eberhardi im Wesentlichen der älteren Schreibweise entsprechen dürften.15 Diese ältesten Schreibungen des Ortsnamens lauten im Codex Eberhardi Tungesbrucgen oder Tungesbruggen und im Codex Laureshamensis Tungesbruch. Der Unterschied zum Spätmittelalter war Eichler und Walter offensichtlich aufgefallen. Deshalb sprachen sie sich für die oben genannte Herleitung eines Personennamens aus altgermanisch ding beziehungsweise -thing aus. Damit ließe sich nach ihnen dann auch eine Brücke zu der ebenfalls aus einem Personennamen (in diesem Fall Thomas) abgeleiteten spätmittelalterlichen Schreibweisen schlagen. 16 Grundsätzlich ist eine Ableitung aus thing beziehungsweise thungin- Gerichtsvorsitzender nicht auszuschließen und es könnte sich im Fall Thamsbrücks um einen daraus abgeleiteten Personennamen handeln.17 Letzteres erscheint schon deshalb legitim, weil die Forschung durchaus von einer in Thamsbrück vorhandenen älteren Gerichtsstätte ausgeht. Allerdings kann das Thamsbrücker Gericht, wie noch zu zeigen sein wird, erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts nachgewiesen werden und deshalb ist nicht unmöglich, dass es auch erst in dieser Zeit oder unmittelbar davor entstanden ist.18 Des Weiteren verweist Jürgen Udolph bei einer solchen Ableitung auf bestehende sprachwissenschaftliche Bedenken, welche vor allem wegen des unsicheren Anlautes bestehen.19 Eichler und Walter bieten aber noch einen weiteren möglichen Ursprung des ersten Bestandteils des Ortsnamens an. Wohl bezugnehmend auf Ernst Förstemann schließen sie nicht aus, dass auch eine Ableitung aus dem germanischen *pweng, beziehungsweise althochdeutsch dwingan oder twingan beziehungsweise dessen Partizip dungan – zwingen, bannen – möglich ist. 20 Letzteres ließe sich dann vielleicht über die landschaftliche Lage des Ortes beziehungsweise der Brücke über die Unstrut erklären. Bannen oder zwingen wäre dann möglicherweise auf die Verengung des Unstruttales an dieser Stelle zu beziehen. Zwar ist die Niederung hier durchaus enger als an anderer Stelle, aber immer noch mehrere hundert Meter breit.21 Eine solche Deutung erscheint damit doch eher unwahrscheinlich.
15 16 17 18 19 20 21
Codex Laureshamensis 3: Kopialbuch, T. 2, Nr. 3632. Codex Eberhardi 2, cap. 38, Nr. 170, S. 142 u. Nr. 251, S. 148. Vgl. Anm. zu: Dob I, Nr. 246 u. 294. Vgl. EICHLER/WALTER: Art. Thamsbrück, S. 274. Vgl. dazu und zur älteren Literatur: UDOLPH: Namenkundliche Studien, S. 593. Vgl. unten. Auch Rolf AULEPP zweifelt an einer Entstehung des Ortsnamens im Zusammenhang mit einem frühen Gerichtsort. (AULEPP: Thamsbrück, S. 3.). UDOLPH: Namenkundliche Studien, S. 592f. EICHLER/WALTER: Art. Thamsbrück, S. 274. FÖRSTEMANN: Namenbuch I, Sp. 434. Topographische Karte 1:10000, 4829-SO Bad Langensalza.
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Vorstellbar ist aber auch eine Herleitung aus tung, dunk oder donk- flache Erhöhung, Sandbank im sumpfigen Gelände oder kleine zwischen Morasten und Wassergräben liegende Erhöhung. Dunk und donk finden sich nach Adolf Bach jedoch eher im Nordwesten im Gebiet des Niederrheins, sind aber auch im sächsisch-anhaltinischen Raum zu finden.22 Es ist immerhin denkbar, dass Siedler vom Niederrhein diesen Namen auch nach Thüringen brachten.23 So liegt wahrscheinlich auch beim etwa 12 Kilometer südlich von Thamsbrück gelegenen Tüngeda (älteste Schreibweisen: Dungede, Tungide)24 ein solcher Fall vor.25 Wegen der geographischen Gegebenheiten im Raum Thamsbrück, welches auf einer Erhebung nördlich der Unstrutniederung entstanden ist, scheint eine solche Herleitung durchaus möglich. Jedoch stehen diese Überlegungen vor dem Problem, dass es sich nach Bach bei tung, dunk oder donk um das Grundwort der von ihm angeführten Ortsnamen handelt, welches dann durch eine weitere nachgestellte Beschreibung genauer qualifiziert wird.26 Bei Thamsbrück handelt es sich jedoch bei -brück um das Grundwort. Allerdings wird wenigstes im Fall des ebenfalls bei Förstemann genannten Ortsnamens Dungasthorp, deutlich, dass -dung auch ein das Grundwort qualifizierender Zusatz sein kann.27 Des Weiteren gibt es durchaus häufig Ortsnamen, in denen Brücke das Grundwort ist. Zu nennen ist hier neben den bei Bach angeführten Namen 28 auch das 30 Kilometer nordöstlich von Thamsbrück liegende Kindelbrück. Trotz aller Bedenken, scheint es wegen der landschaftlichen Gegebenheiten29 doch möglich, dass der Name Thamsbrück als Brücke bei einer aus der sumpfigen Niederung herausragenden Erhebung zu verstehen ist. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch dann aus den spätmittelalterlichen Bezeichnungen des Ortes als Tumes, Thomas und Thomsbrucken, welche auf einen Personennamen verweisen.30 22 23
24 25 26 27
28 29 30
BACH: Namenkunde II, 2, § 565 u. 603, S. 291 u. 359-361. Adolf Bach schließt nicht grundsätzlich aus, dass der Name durch fränkische Siedler während der Karolingerzeit in andere Gegenden transportiert worden sein könnte. (BACH: Namenkunde II, 2, § 639, S. 409.). Brevarium st. Lulli, bes. v. Th. FRANKE, S. 14, Z. 21. Codex Eberhardi II, S. 134, Nr. 37, S. 147, Nr. 239, S. 162, Nr. 81. Vgl. FÖRSTEMANN: Namenbuch II, Sp. 770. Vgl. FÖRSTEMANN: Namenbuch II, Sp. 768. BACH: Namenkunde II, 2, § 565 u. 603, S. 291 u. 359-361. Allerdings vermutet Förstemann den gleichen Ursprung im Zusammenhang mit der Herleitung aus dung oder dungo (zwingen). (FÖRSTEMANN: Namenbuch I, Sp. 434. FÖRSTEMANN: Namenbuch II, Sp. 770.). BACH: Namenkunde II, 1, § 393. Vgl. Kap. II.1.2. Vgl. BACH: Namenkunde II, 1, § 348.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Eine Lösung ergibt sich möglicherweise aus der im frühen 16. Jahrhundert erstmals auftauchenden Namensvariante Thammesbrucken. 31 Mittelhochdeutsch tam entspricht dem heutigen Damm oder Deich.32 Das südwestliche Tor, der späteren Stadt Thamsbrück trug den Namen Dammtor und von hier führte ein auf einem Damm verlaufender Weg zur Brücke über die Unstrut.33 Der Name wäre dann so zu verstehen, dass Thamsbrück ein Ort war, welcher an einer Dammbrücke lag. Dieses scheint wenigstens für das 16. Jahrhundert den Ortsnamen hinreichend zu erklären. Rückschlüsse auf die frühe Bedeutung des Ortsnamens unterliegen jedoch schon wegen des großen zeitlichen Abstandes erheblichen Schwierigkeiten. Dennoch könnte Selbiges auch schon für den frühmittelalterlichen Namen zutreffen. Hilfreich erscheint eine Betrachtung der Entwicklung des Ortsnamens seit seiner frühsten Nennung bis zum erstmaligen Auftauchen der Bezeichnung Thamsbrück im 16. Jahrhundert. Bis ins 15. Jahrhundert ist Tungesbrucken in seinen Variationen die vorherrschende Schreibweise. Im Jahr 1336 taucht erstmals Tummesbrucken auf. Im in der Mitte des 14. Jahrhunderts entstandenen Lehnbuch Friedrichs des Strengen wird der Ort dann Tumsbrugk genannt, 1369 erscheint Thumsbrücken und im 15. und 16. Jahrhundert wird der Ort dann häufiger Thoms- oder Thomasbrück genannt.34 Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen überliefert Tumsbrugk aber auch die ältere Variante Tungisprucken. In einer 1367 durch Heinrich und Friedrich von Osterode sowie einigen Nordhäuser Bürgern ausgestellten Urkunde heißt der Ort wiederum Tumsbrucken.35 Das Mainzer Subsidienregister von 1506 überliefert nur die Schreibweise Tunges- oder Tungeßbrucken.36 Die vom Thamsbrücker Rat verfassten und an den wettinischen Landgrafen gerichteten Wahlanzeigen des neuen Rates aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kennen ebenfalls nur die Schreibweise Thungisbrucken.37 Tums- und Tummes- wurde demzufolge neben Tunges- oder Tungis- gebraucht. Eichler und Walter führen den Unterschied zwischen den frühen Schreibweisen und den 1350 im Lehnbuch Friedrichs des Strengen einsetzenden Variationen tums-, tummes-, thomas- und thoms- auf eine Um- und Eindeutung des Namens zurück.38 Im Fall einer Umdeutung ließe sich jedoch auch die oben vorgeschlagene 31 32 33 34 35 36 37 38
BACH: Thamsbrück, S. 707. Lehnbuch Friedrichs, S. 182, Anm. 5. LEXER: Taschenwörterbuch, S. 264. BACH: Namenkunde II, 1, § 306. Vgl. Kap. II.1.6. Vgl. Lehnbuch Friedrichs, S. 182, Anm.5. SHStA Dresden: 10001, Nr. 3950. LEISERING: Regesten 1366-1380, Nr. 176. Das Mainzer Subsiedienregister, Nr. 3177 u. 3203. LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. Hh 1531, fol. 1-6. EICHLER/WALTER: Art. Thamsbrück, S. 274.
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ursprüngliche Ableitung des Namens aus tung, dunk oder donk – flache Erhebung im sumpfigen Gelände nicht mehr ausschließen. Letztendlich bietet der Vorschlag der Ableitung des Ortsnamens aus tung, dunk oder donk eine weitere Möglichkeit zum Verständnis des Namens, welche wenigstens wegen der landschaftlichen Gegebenheiten einigermaßen plausibel erscheint. Die Ableitung aus thungius – Vorsteher des Things unterliegt vor allem der Schwierigkeit, dass vor dem 13. Jahrhundert kein Gericht im Zusammenhang mit Thamsbrück nachgewiesen werden kann. Des Weiteren bestehen bei einer solchen Deutung durchaus Bedenken aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Ebenso müsste auch bei dieser Deutungsvariante die Zwischenstufe über tums-, tummes-, thomas- und thoms- geklärt werden. Handelt es sich hierbei, wie Eichler und Walther vorgeschlagen haben, um einen aus thungius hergeleiteten Personennamen, wäre dieses wiederum ein Indiz dafür, dass auch der ursprüngliche Ortsname auf einen Personennamen zurückgeführt werden könnte. Letzteres würde mit den spätmittelalterlichen Variation auf tums-, tummes-, thomas- und thoms- korrespondieren. Dann müsste aber erklärt werden, wie eine Bedeutungsverschiebung zu Tham – Damm erfolgen konnte. So verweist die spätmittelalterliche/frühneuzeitliche Schreibweise thams- auf einen eher landschaftlichen verkehrsgeographischen Zusammenhang des Ortsnamens und es erscheint wiederum naheliegend, einen solchen Umstand auch für die Frühzeit anzunehmen, während tums-, tummes-, thomas- und thoms- abweichende Zwischenvarianten darstellen dürften. Diese abweichende Schreibweise ist vielleicht aber eher einer Unkenntnis des jeweiligen Schreibers geschuldet. So fällt auf, dass sie nur bei Schriftstücken ortsfremder Verfasser auftaucht, während gerade die Wahlanzeigen des Thamsbrücker Rates aus dem 15. Jahrhundert die ursprüngliche seit dem Frühmittelalter gebrauchte Schreibweise enthält. Dieses legt nahe, in Thungisbrucken mit seinen Abweichungen die tatsächliche und richtige Schreibweise zu sehen. Für die Deutung des Ortsnamens als eine Brücke bei einer Erhebung im sumpfigen Gelände könnte noch ein weiterer Umstand sprechen. Im Bereich der späteren Burganlage wurden bei Bodenuntersuchungen und Ausgrabungen umfangreiche kaiserzeitliche Siedlungsreste festgestellt. Nur unweit davon lag im Nordwesten ein ausgedehntes merowingerzeitliches Gräberfeld.39 Die ältesten Siedlungsspuren finden sich demzufolge am höchsten Punkt des westlichen Ausläufers eines Höhenzuges, der im Norden, Süden und Westen durch sumpfige Niederungen begrenzt wird.
39
TLDA OA Thamsbrück, Nr. 12.
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1.3 Die Besitzgeschichte bis ins 14. Jahrhundert – die territorialpolitische Bedeutung Thamsbrücks 1.3.1 Von den frühen Besitzverhältnissen bis ins 12. Jahrhundert Erstmals in den schriftlichen Quellen erwähnt wird Thamsbrück im späten 8. Jahrhundert. So überliefert eine Lorscher Traditionsnotiz, dass Thiotger 790, aus dem im Altgau gelegenen Ort Thamsbrück dem Lorscher Kloster alles schenkt, was er dort besitzt.40 Drei weitere Besitzübertragungen, jetzt an das Kloster Fulda, werden in dem in der Mitte des 12. Jahrhunderts entstandenen Codex Eberhardi genannt. Die erste, welche in die Zeit zwischen 780 und 802 datiert wird, erwähnt die Schenkung eines Megenburchs, der Güter zu Merxleben und Thamsbrück an das Fuldaer Stift tradiert. Die anderen zwei Übertragungen an Fulda sind nur recht grob ins 9. Jahrhundert zu datieren.41 In diesen übertrugen Egilolf de Altgewe an das Kloster 10 Joch und 10 Manzipien und ein Ratburc seinen Grund in Thamsbrück.42 Über diesen Fuldaer und Lorscher Besitz lässt sich in der Folge jedoch nichts mehr feststellen und es kann nicht abschließend geklärt werden, ob beide geistliche Einrichtungen diesen Besitz abgaben oder ihn weiter besaßen. Bis ins 12. Jahrhundert finden sich dann zunächst keine weiteren Nachrichten zu Thamsbrück selbst.43 Allerdings ist die nähere Umgebung des Ortes in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts einer der Schauplätze in den Auseinandersetzungen zwischen Heinrich IV. und den Sachsen und Thüringern. So rückt 1073 ein südlich des Ortes auf der anderen Seite der Unstrut liegender Platz ins Zentrum des Geschehens. Am 13. September sollten in loco qui dicitur Hoenburg, welcher infra Thuringiam lag, jeweils 12 Bürgen von der kaiserlichen und 12 von der sächsisch-thüringischen Seite gestellt werden. Dieser Austausch kam nie zustande und stattdessen trafen sich lediglich die Erzbischöfe von Mainz und Köln mit sächsischen Vertretern an dem Ort, welcher als Homburg bezeichnet wird.44 Nur zwei Jahre später kam es hier zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Heer der aufständischen Sachsen und Thüringer und dem Aufgebot König Heinrichs IV.45 Der Name Homburg – Hohe Burg – verweist auf eine ursprünglich hier befindliche Burg und an dieser Stelle befand sich spätestens seit dem ersten Drittel 40 41 42 43 44 45
Codex Laureshamensis, Bd. 3: Kopialbuch, T. 2, Nr. 3632. UB Fulda, Bd. 1, Nr. 454. Vgl. Dob I, Nr. 294, S. 68-71 insbesondere S. 71. Codex Eberhardi 2, Nr. 170, S. 142, Nr. 251, S. 148. MÜLLER: Landgräfliche Städte in Thüringen, S. 187. Lamberti Annales A. 1073, in: SS rer. Germ. 38, S. 162f. Lamberti Annales A. 1075, in: SS rer. Germ. 38, S. 219.
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des 12. Jahrhunderts ein Kloster. Darüber hinaus wird ein Hohenborc im mittlerweile durch die Forschung vor die Mitte des 12. Jahrhunderts datierten Servitienverzeichnis als königliche curtis erwähnt.46 Die Identifizierung mit dem Homburg zwischen Thamsbrück und Bad Langensalza ist jedoch in der Forschung nicht unumstritten und birgt erhebliche Schwierigkeiten.47 Sollte es sich hier aber tatsächlich um den Ort des späteren Klosters handeln, besaß Homburg als Verwaltungsmittelpunkt des umliegenden Fiskalgutes eine gewisse Bedeutung und könnte damit durchaus schon recht früh zentralörtliche Funktionen ausgeübt haben. Diesem Problem soll an dieser Stelle aber nicht weiter nachgegangen werden und es soll nur darauf verwiesen werden, dass die Existenz einer königlichen curtis an dieser Stelle von der Forschung durchaus bezweifelt wird. Nach den frühmittelalterlichen Nennungen ist der Ort Thamsbrück dann augenscheinlich im Jahr 1130 in einer Quelle anzutreffen. Angeblich verlieh in diesem Jahr Helinburgis, Gräfin von Gleichen, im Zusammenhang mit der Stiftung des Klosters Volkenroda unter anderem das Pfarreirecht der Kirche zu Tenigebroch, und Letzteres wird durchaus mit Thamsbrück identifiziert.48 Auffällig ist schon die abweichende Schreibweise Tenigebroch, während die Bezeichnung des Ortes ansonsten im Früh- und Hochmittelalter Tungesbruegken oder Thungesbrucken lautet.49 Damit wird fraglich, ob tatsächlich Thamsbrück gemeint ist,50 und es erscheint notwendig, die betreffende Urkunde genauer zu überprüfen. 46
47 48 49
50
Iste sunt curie que pertinent ad mensam regis Romanorum. De Saxonia cum omnibus appenditiis earum. Licendice dat V servitia regalia. Milza. Nisana. Budesin. Altenburc. Gisleva. Altensteda. Wulfersteda. Warnesteda. Walehusen. Tulleda. Ostrorodeba. Werla. Hohenborc. Poleda. Gruna ibi pertinent falkarii regis. Eskenwege. Mulehusa. Merseborc XL servitia. Iste curie tatum de Saxonia dant regi tot servitia quot sunt dies in anno et XL plus. Notificamus etiam vobis quid sit regale servitium in Saxonia. Sunt XXX magni porci, III vacce, V porcelli, L galline, L ova, LXXXX casei, X anseres V carrate cervisie, V libre piperis, X libre cere, vinum de cellario suo ubique Saxonie. (Const. 1, Nr. 440, 646649. Verzeichnis der königlichen Tafelgüter, S. 573f. Edition des Tafelgüterverzeichnisses in: BRÜHL/KÖLZER: Tafelgüterverzeichnis, S. 53.). BRÜHL/KÖLZER: Tafelgüterverzeichnis, S. 14-17. Flachenecker: Art. Homburg, S. 610. Donavimus etiam ius parochiale ecclesiarum in Tenigenbroch[…](CDS I, A 2, Nr. 83.). Nicht unmöglich ist, dass die betreffende Urkunde sich auf die Burg Tenneberg und eine dazugehörige Siedlung bezieht. Letztere ist aber nicht nachweisbar und der direkt anschließende Ort trägt den Namen Waltershausen. Schon dessen Name verweist darauf, dass seine Entstehung in die Zeit der fränkischen Inbesitznahme und des ersten Landesausbaus zurückreicht und er somit um einiges älter als die hochmittelalterliche Anlage ist. Darüber hinaus lässt sich vor 1356 keine Pfarrkirche am Ort nachweisen. Die Marienkirche auf dem Waltershäuser Marktplatz wird erst in diesem Jahr aus der Pfarrei Langenhain herausgelöst und selbstständige Pfarrkirche. Auch ein Zusammenhang zum Kloster Volkenroda lässt sich bei Tenneberg und Waltershausen nicht erkennen. (PATZE: Art. Waltershausen, S. 460.). Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 187, Anm. 163.
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Beachtung verdient hier vor allem die Zweifel aufwerfende Überlieferung. Erstmals abgedruckt wurde die Urkunde 1757 durch Johann Georg Brückner,51 und eine jüngere Edition liegt in der Ausgabe des Codex diplomaticus Saxoniae regiae vor.52 Wobei auch hier die Edition Brückners grundlegend für die erneute Ausgabe des Textes ist.53 Bereits Wilhelm Johann Albert von Tettau meldete 1871 Bedenken bezüglich der Echtheit der Urkunde an. Hintergrund ist vor allem, dass sie weder im Original noch als Kopiar oder anderweitige Abschrift vorliegt und Brückner auch nicht angibt, auf welchem Weg sie an ihn gelangt ist.54 Für Thamsbrück selbst bedeutet dieses, dass an der Vergabe des Pfarrrechtes an das Kloster Volkenroda erhebliche Zweifel bestehen und somit auch nicht nachzuweisen wäre, dass hier eine Pfarrkirche vor ihrer Ersterwähnung von 119655 existiert hat. Verstärkt werden diese Zweifel noch durch den Umstand, dass weder die Grafen von Gleichen in irgendeine besitzgeschichtliche Beziehung zu Thamsbrück gebracht werden können, noch das Pfarrrecht zu einem späteren Zeitpunkt im Besitz Volkenrodas auftaucht.56 Lediglich wegen der räumlichen Nähe Thamsbrücks und des ebenfalls in der Stiftungsurkunde erwähnten Merxlebens zum Stammsitz der Grafen von Tonna und Gleichen, dem heutigen Gräfentonna (östlich von Langensalza), ließe sich eine Beziehung zu dem Grafengeschlecht herstellen. Da sich eine der frühen Erwähnungen Thamsbrücks im Fuldaer Codex Eberhardi findet, könnten die Besitzungen in Thamsbrück und Merxleben, welches im 10. Jahrhundert ebenfalls als fuldischer Besitz genannt wird, möglicherweise zusammen mit den Fuldaer Gütern in Tonna an die Grafen von Gleichen gelangt sein.57 Eine Verbindung zwischen den frühen Grafen von Tonna und dem Kloster Fulda kann aber derzeit nicht nachgewiesen werden. Ebenso gibt es auch keine weiteren Anhaltspunkte über Besitz der Grafen in Thamsbrück. Die Tradierung des Pfarrrechtes an das Kloster Volkenroda lässt sich daher bisher nicht bestätigen. Gesicherte Aussagen über die Besitzverhältnisse lassen sich dann für die Zeit um die Mitte des 12. Jahrhunderts treffen. Seit etwa 1144 war Thamsbrück Sitz des dritten Sohnes Landgraf Ludwigs I., welcher sich Graf von Thamsbrück
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Sammlung verschiedener Nachrichten zu einer Beschreibung des Kirchen- und Schulstaates 1, S. 229f. CDS I, A 2, Nr. 83. Vgl. Angaben zu: CDS I, A 2, Nr. 83, S. 65. TETTAU: Stiftungsurkunden, S. 260-297. UB Langensalza, Nr. 304. Zur Pfarrkirche vgl. Kap. II.1.4.1 u. II.1.6. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 187, Anm. 163. Dob I, Nr. 294.
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nannte.58 Zu diesem Zeitpunkt sind die Landgrafen demzufolge im Besitz des Ortes, und die Herrschaft muss darüber hinaus ausreichend groß gewesen sein, um den Ansprüchen eines Mitgliedes der landgräflichen Familie gerecht zu werden.59 Eine Burg zu Thamsbrück wird zwar erst 1263 urkundlich erwähnt,60 sie ist jedoch spätestens für die Zeit Ludwigs von Thamsbrücks anzunehmen.61 Hans Patze vermutete noch in seiner 1962 erschienenen Habilitationsschrift „Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen“ eine Belehnung der Ludowinger mit der comitie Thamsbrück und mit dem Landgericht Siebleben um das Jahr 1112 durch den Erzbischof von Mainz62 und hierin folgte ihm auch Christine Müller.63 Allerdings wies Patze dann 1974 darauf hin, dass keineswegs sicher ist, ob es sich tatsächlich um ältere mainzische Lehen handelt. Weiterhin, so bemerkt er, könnten diese Ansprüche des Mainzers auch erst im Zusammenhang mit der unsicheren Lage nach dem Aussterben der Ludowinger erstmals erhoben worden sein.64 Damit wird deutlich, dass doch einigermaßen Unsicherheit bezüglich der mainzischen Ansprüche an Thamsbrück herrscht und insofern auch eine mögliche Belehnung im Jahr 1112 unsicher ist. Daher scheint es notwendig, sich mit einigen wesentlichen Aspekten bezüglich der landgräflichen mainzischen Lehen auseinanderzusetzen, ohne aber eine abschließende Klärung des Problems anzustreben.
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Post hoc Lodewicus primus langgravius nobilissimam sibi accipiens uxorem Hedwigim nomine suscepit es ea sucundum sui nominis lantgravium Hericum raspen secundum, Ludewicum de Tungesbrucken et quartuor filias. (A. 1130, aus: Cron Rhein. In: MGH SS 30,1, S. 532, Z. 16-19.). Ludewicus comes de Tummesbrucken, patruus lantgravii, obiit. (A. 1189, aus: Cron Rhein, in: SS 30,1, S. 544, Z. 26.). Ludewicum de Tungesbrucken[…](De ortu principum Thuringie 10, in: SS 24, S. 822, Z. 5. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 191.). PATZE: Landesherrschaft, S. 211. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 190f. Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Dob III, Nr. 3104. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 191. Laut Werner Schnellenkamp befand sich am Burgtor eine Inschrift, welche als Erbauungsdatum der Burg das Jahr 1149 angibt. Die Angabe erfolgte in arabischen Ziffern und dürfte, worauf Strickhausen hingewiesen hat, somit nachmittelalterlich sein. Dennoch könnte diese Angabe durchaus den Tatsachen entsprechen. (SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 32. STRICKHAUSEN: Burgen, S. 183.). PATZE Landesherrschaft, S. 205f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 190. PATZE: Politische Geschichte, S. 46.
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1.3.2 Das landgräfliche Landgericht zu Thamsbrück Zum ersten Mal formuliert wird ein mainzischer Lehensanspruch auf Thamsbrück im sogenannten Langsdorfer Vertrag von 1263. In einer der Urkunden des Vertrages werden konkret Burg und Stadt Thamsbrück sowie die dazugehörigen Gerichte als mainzische Lehen der Landgrafen genannt. Die dann 1287, 1293/94 und 1318 erneut dokumentierten Lehensansprüche beziehen sich aber nur noch auf die zu Thamsbrück gehörigen Gerichtsbezirke. Die Burg und die Stadt werden nicht mehr erwähnt. Bereits Wilhelm Engel verwies aber darauf, dass wenigstens die überlieferten Texte von 1287 und 1293/94 nicht unproblematisch sind und weitere Schwierigkeiten in sich bergen.65 65
Abdrucke, Teilabdrucke und Regesten: 1254: Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 46. 1263: Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77. 1287: Dob IV, Nr. 2644. 1293/94: HEUSSER: Abhandlungen, S. 48. 1318: Regesten der Erzbischöfe von Mainz, 1. Abt., Bd. 1, Nr. 2002. ENGEL: Urkundenstudien, S. 33-40. Engel druckt den lateinischen Text nach einer im Staatsarchiv Magdeburg befindlichen Abschrift aus dem 17. Jahrhundert und bemerkt weiterhin, dass das Original als verschollen gelten muss. (ENGEL: Urkundenstudien, S. 35.). Bei der Fassung Engels handelt es sich um eine Abschrift eines Druckes aus dem Jahr 1647. Wichtiger ist aber, und dieses findet sich bei Engel nicht, dass in der kurzen Einleitung zum eigentlichen Text in diesem Druck darauf verwiesen wird, dass es sich hier um eine Abschrift aus einer Erfurter Handschriftensammlung handelt, welche das „Grüne Buch“ genannt wird. (Vgl. Abgedrungene in iure et facto wohlgegründeten Refutations- ContradictionsSalvations- und Remonstrations-Schrift des Ertz Stiffts mayntz wieder den Stadt Rath zu Erffurt, Mainz 1647, Copiale, Nr. 9, S. 12.). Tatsächlich befindet sich im Stadtarchiv Erfurt ein Foliant, welcher in mit grünem Leder bezogenen Holzdeckeln eingebunden ist. Hierin befindet sich eine Textsammlung, welche mit der Concordata Gerhardi von 1289 beginnt. Daran anschließend findet sich der von Engel aus dem Magdeburger Druck von 1647 veröffentlichte Text. Hierauf folgt ein umfangreiches mainzisches Besitzregister. Dieses wiederum schließt unmittelbar und in derselben Zeile, in der der Text von 1293/94 endet, an diesen an. Im Anschluss findet sich eine Geleitstafel Landgraf Friedrichs. Um welchen Friedrich es sich hierbei handelt, wird nicht unmittelbar deutlich. Die in Textura niedergeschriebene Handschrift lässt sich anhand der verwendeten Schrift in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datieren. Als Abfassungszeit infrage kommen dürfte insofern die Regierungszeit Friedrichs I. oder Friedrichs II. Gleich zu Beginn des Mainzer Einkünfteverzeichnisses erfolgt eine Datierung auf das Jahr 1320. (StadtA Erfurt 2-111-2, fol. 19r.) Damit kann die Abschrift nicht vor 1320 erfolgt sein. Ob sie zur Zeit Friedrichs des Freidigen oder Friedrichs des Ernsthaften entstanden ist, kann letztendlich aber nicht entschieden werden. Gleichwohl existiert damit eine wesentlich ältere Fassung des Textes von 1293/94, als Engel angibt. Der von Engel auf 1293/94 datierte Text besteht aus zwei unterschiedlichen Teilen. In einem ersten Teil erfolgt eine Auflistung der vorgeblich vom Landgrafen besessenen Mainzer
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Aber auch die Urkunde von 1263 ist bezüglich Thamsbrück nicht frei von Schwierigkeiten. Direkt nach der Auflistung von Stadt und Burg Thamsbrück mit den dazugehörigen Gerichten wird formuliert, dass die Besitzungen in Thamsbrück gleichfalls als Lehen der Mainzer Kirche gelten, wenn dieses bis jetzt auch bei ihnen noch nicht endgültig entschieden sei.66 Christine Müller sieht Probleme vor allem in zwei Möglichkeiten, welche die Formulierung zulässt. Zu entscheiden wäre ihrer Meinung nach, ob der Besitz zu Lehen aufgetragen werden sollte oder ob eine Belehnung schon längere Zeit zurücklag und die Kenntnis darüber ungewiss war.67 Bei Betrachtung des Wortlautes könnte jedoch ebenso angenommen werden, dass es strittig war, ob der Mainzer überhaupt dahingehende Ansprüche hatte. Die entsprechende Passage ließe sich deshalb auch dahingehend interpretieren, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mainzischen Ansprüche auf Thamsbrück bestünden und die Parteien behielten sich eine abschließende Regelung für einen späteren Zeitpunkt vor. Nicht zu entscheiden ist an dieser Stelle, ob sich der mit que eingeleitete Teilsatz nur auf die vorher genannten judicia attinentia bezieht oder alle drei genannten Lehnsobjekte – Burg und Stadt Thamsbrück sowie die dazugehörigen Gerichte gemeint sind. Es bestünde somit auch die Möglichkeit, dass strittig war, ob alle zu Thambrück gehörigen Objekte Mainzer Lehen waren. Anschließend wird, da unklar ist, ob Sophie und Heinrich nicht weitere Objekte rechtmäßig vom Erzbischof zustanden, vereinbart, dass Sophie und Heinrich und nachfolgend aufgelistete zwanzig Männer innerhalb eines Jahres die Wahrheit darüber ergründen sollen.68
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Lehen. Im zweiten Teil handelt es sich augenscheinlich um ein Schreiben Erzbischof Gerhards, in welchem er gegen die Veräußerung dieser mainizischen Lehen im Rahmen des Verkaufs der Landgrafschaft an den König protestiert. Es sind demnach zwei ursprünglich separat niedergeschriebene Texte, welche vergleichbar dem unmittelbar anschließend folgenden mainizischen Besitzverzeichnis im Rahmen der Abschrift nacheinander aufgeschrieben worden sind. (Ausführlich: HEINEMEYER: Die Erfurter „Grünen Bücher“, S. 248-275.). …, que etiam creduntur esse feuda descendentia ab ecclesia Moguntina, licet adhuc non sit determinatum finaliter illis. (Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. GUDENUS I, Nr. 311. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77.) ENGEL: Urkundenstudien, S. 35. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 190. Auf eine solche Interpretaion zielt dann wohl auch die Übersetzung Hans Heinrich Kaminskys ab: …, ebenfalls Burg und Stadt Thamsbrück mit den dazugehörigen Gerichten, die gleichfalls als Lehen angesehen werden, welche von der Mainzer Kirche herrühren, wenn auch bis jetzt nicht entgültig über sie eine Zuweisung getroffen worden ist. (KAMINSKY: Deutsche Übersetzungen, LU 2, S. 403.) Aber auch Matthias Kälble versteht den entsprechenden Teil so, dass keineswegs sicher ist, ob es sich überhaupt um mainzische Lehen handelt. (KÄLBLE: Heinrich der Erlauchte, S. 255.). Quia vero veraciter scire nequimus ea vice de aliis feudis nostris, de jure nobis competentibus ab eodem domino nostro Archiepiscopo et ab Ecclesia Moguntina, taliter est conventum, quod nos ipsimet et viginti
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Letzteres wiederum legt nahe, es ging weniger um die Frage der Richtigkeit der mainzischen Ansprüche als vielmehr um den Umstand, inwiefern die Ansprüche Sophies und Heinrichs an diesen Lehen, welche dann zu deren Erbmasse aus der thüringischen Landgrafschaft gehört haben dürften, richtig waren.69 Insofern könnte dieses dann auch auf die vorher genannten Schwierigkeiten bezüglich der Thamsbrücker Frage übertragen werden. Es war, sollte dieses zutreffen, durch die Parteien zu klären, ob es berechtigte Ansprüche Sophies und ihres Sohnes an dem Mainzer Lehen Thamsbrück gab und nicht, ob es sich um ursprünglich an die Landgrafen ausgegebene Lehen der Mainzer Kirche handelte. Unklarheiten gibt es offensichtlich aber auch bei einem weiteren Lehnsobjekt. Bevor die thüringischen Lehen aufgezählt werden, heißt es: Item Milsungen, quod creditur esse feudum.70 Hier ist demzufolge gleichfalls die Lehnseigenschaft unklar. Die mainzische Position in Melsungen war jedenfalls vor 1263 sehr schwach.71 Insofern könnte dieser Teil auch so verstanden, werden, dass bei Melsungen unklar war, ob es sich um als Lehen ausgegebenen mainzischen Besitz handelte. Vielleicht nutzte der Mainzer sogar die Langsdorfer Verhandlungen, um zu versuchen, seine Position in Melsungen abzusichern beziehungsweise erheblich auszubauen, und Selbiges könnte dann auch für Thamsbrück angenommen werden. Ebenso hat die Forschung darauf verwiesen, dass es für die Ansprüche des Mainzers in Hessen keinerlei Grundlagen gab. So lassen sich weder für die Zeit der Ludowinger noch für die Zeit des ihnen in Hessen vorangehenden Grafen Werners Hinweise auf eine mainzische Oberhoheit finden. 72 Gleiches könnte
69 70 71 72
fide digni viri, videlicet Conradus de Elbene, Fridericus de Drivorte, Wideroldus de Nordecke, Andreas de Marburg, Johannes Aureus, Conradus de Bickene, Gumpertus frater eius, Volpertus Hofichen, Rudolfus de Helfenberg et Johannes fratres, Gyso de Gudensberg, Heinricus de Blumenstein, Sifridus de Aldenburg, Gumpertus de Hoenfels, Heinricus de Uthershusen, Ebirhardus et Conradus Holtzfadele, Hertwicus de Rodegreve, comes Albertus des Waldenstein et Wygandus de Homburg debemus infra presentis anni spatium indagare fedeliciter et veraciter, que vel ubi sive qualia sint ipsa feuda. (Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. GUDENUS I, Nr. 311. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77.). WERNER: Neugestaltung, S. 85f. Auch hier interpretiert Kaminsky den Wortlaut anders und übersetzt folgendermaßen: Da wir aber nicht in rechtlich gesicherter Weise in dieser Aufgabe von anderen unseren Lehen wissen können, ob sie uns von rechts wegen von Seiten unseres Herrn des Erzbischofs und von seiten der Mainzer Kirche zustehen, […](KAMINSKY: Deutsche Übersetzungen, LU 2, S. 403.). Zu den thüringischen Aloodien und Kirchlehen Sophies und ihres Sohnens in der Landgrafschaft, vgl. WERNER: Neugestaltung, S. 70-74 u. 91. Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77. CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 337. Zuletzt: HEINEMEYER: Geistliche und weltliche Kräfte, S. 57 u. 66. DERS.: Territorium ohne Dynastie, S. 8f. SCHWIND: Thüringen und Hessen, S. 10. HOFFMANN: Grafschaften, S. 420-422. Dort auch Angaben zu älterer Literatur.
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dann ebenfalls für die beanspruchte Lehenshoheit über die genannten thüringischen Herrschaften und Güter und damit auch Thamsbrück angenommen werden. Als Erzbischof Gerhard I. im Udestedter Vertrag von 1254 erstmals Ansprüche auf vermeintliche mainzische Lehen der Landgrafen in Thüringen erhob, dürften hierfür territorialpolitische Interessen des Mainzers eine erhebliche Rolle gespielt haben. So lag beispielsweise die zentrale thüringische Gerichtsstätte Mittelhausen, welche 1254 unter anderem als mainzisches Lehen bezeichnet wird, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Erfurt, dem mainzischen Hauptort in Thüringen. Vertragspartner sind 1254 der Mainzer Erzbischof und Markgraf Heinrich. Auffällig ist jedoch, dass in diesem Vertrag Thamsbrück eben nicht erwähnt wird. Diese Nichterwähnung begründen Matthias Werner und Christine Müller dahingehend: Da sie aus der ludowingischen Erbmasse an Sophie und ihren Sohn Heinrich gefallen waren, konnten sie, unabhängig davon, ob der Wettiner diese für sich beansprucht hatte, nicht Gegenstand des Vertrages sein.73 Karl Heinemeyer meint jedoch, dass ähnlich wie bei der ebenfalls beanspruchten Gerichtsstätte Maden in Hessen, der Erzbischof die günstige Gelegenheit nach dem Aussterben der Ludowinger zu nutzen versuchte, um zentrale Orte der jeweiligen Region in die Hand zu bekommen. Damit sollte verhindert werden, dass nach dem Aussterben der Ludowinger diese Hauptorte ohne Zugriffsmöglichkeit des Mainzers wieder in die Hände eines landesherrlichen Konkurrenten übergingen.74 Insofern hat Heinemeyer erneut berechtigte Zweifel an einem tatsächlichen mainzischen Lehensanspruch auf den hessischen, aber auch thüringischen Besitz geäußert. Zuzuwenden ist sich nun den Überlegungen Patzes hinsichtlich einer Belehnung der Ludowinger durch den Mainzer im Jahr 1112: So fußt das von ihm vorgeschlagene Jahr 1112 als Datum der Belehnung mit Thamsbrück auf einer Reihe von Mutmaßungen. Zunächst sucht er nach einer Situation, in der die Ludowinger die Komitien Thamsbrück und Siebleben vom Mainzer erhalten haben könnten. Als solche identifiziert er das Aussterben der Grafen von Weimar im Jahr 1112, welche wiederum mainzische Lehen besaßen. Patze vermutet darüber hinaus, dass diese Lehen einen nicht unerheblichen Beitrag zum Streit zwischen dem Mainzer Erzbischof Adalbert und Heinrich V. beigetragen hatten. Eine Belehnung Ludwigs des Springers mit Thamsbrück und Siebleben durch den Mainzer scheint ihm schon vor allem deshalb wahrscheinlich, weil sich der Ludowinger entschieden gegen den König gewandt hatte. Die Übertragung der Lehen an den
73 74
WERNER: Neugestaltung, S. 91. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 189, Anm. 168. Vgl. HEINEMEYER: Geistliche und weltliche Kräfte, S. 66.
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mächtigen Thüringer Grafen wäre nach Patze dann vor dem Hintergrund der Stärkung der mainzischen Position gegenüber Heinrich erfolgt.75 Relativ unstrittig erscheint hierbei, dass die Grafen von Weimar mainzische Lehen besaßen. So hatte Erzbischof Siegfried 1062 die Belehnung Graf Ottos von Weimar von Zugeständnissen seitens des Weimeraners abhängig gemacht.76 Schon die Behauptung, der Streit zwischen dem Mainzer und Heinrich habe sich unter anderem an den ehemaligen Lehen Ulrichs entzündet, ist jedoch in höchstem Maße spekulativ. So versuchte zwar Kaiser Heinrich V. nach dem Tod Graf Ullrichs von Weimar auf dessen Allodialbesitz auszugreifen und diesen dem Königsgut in Thüringen einzuverleiben.77 Ob hierbei auch mainzische Lehen inbegriffen waren, ist aber nicht zu erweisen.78 Vielmehr kam es wohl eher wegen der Versuche Heinrichs seine Position am Mittelrhein auszubauen zum Konflikt mit Adalbert. Darüber hinaus führten auch die 1112 einsetzenden Auseinandersetzungen zwischen Papsttum und Kaiser dazu, dass sich Adalbert zwischen beiden Parteien entscheiden musste. Seine dann erfolgte Hinwendung zur kirchlichpäpstlichen Partei dürfte ebenfalls in erheblichem Maße zur Entfremdung zwischen Kaiser und Mainzer Metropoliten geführt haben.79 Bezüglich einer möglichen Belehnung der Ludowinger mit dem Gerichtsbezirk Thamsbrück durch den Erzbischof von Mainz im 12. Jahrhundert muss aber noch auf einen weiteren Umstand hingewiesen werden. So ist noch nicht einmal sicher, ob das Thamsbrücker Landgericht überhaupt schon im 12. Jahrhundert bestand. So könnte es auch erst in der ersten oder in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert eingerichtet worden sein. Hans Eberhardt nimmt „bei einer vorsichtigen Interpretation an“, dass die Einrichtung der landgräflichen Landgerichte schon unter den Ludowingern geschehen sein könnte.80 Nachweisen lässt sich ein Thamsbrücker Gericht in der urkundlichen Überlieferung erstmals nach der Mitte des 13. Jahrhunderts. Bereits Christine Müller verwies darauf, dass unsicher ist, ob Thamsbrück bereits im 12. Jahrhundert als alte Landgerichtsstätte Bedeutung hatte und deshalb für die Ludowinger von Interesse war.81 Dieses scheint jedoch nicht nur im Zusammenhang mit Thamsbrück ein Problem zu sein. So lassen sich auch für Weißensee und Gotha direkte Belege für 75 76 77 78 79 80 81
PATZE: Landesherrschaft, S. 205. Lamberti Annales A. 1062, in: SS 5, S. 162. Vgl. auch: TILLE: Weimar, S. 47. Vgl. hierzu: ENGELS: Das Reich der Salier, S. 513. GIESE: Reichsstrukturprobleme, S. 305. Darauf verweist auch Patze selbst: PATZE: Landesherrschaft, S. 205, Anm. 95. HEINEMEYER: Adalbert I., S. 20-22. Vgl. auch: GERLIC: Art. Adalbert I., Ebf. v. Mainz, Sp. 100. FALCK: Geschichte der Stadt Mainz II, S. 128f. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 138. Vgl. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 146f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 206.
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ein vorhandenes Gericht erst aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts finden.82 Demgegenüber ist für das Landgericht Buttelstedt bereits 1119 und 1120 ein legitimum placitum bezeugt.83 Auch in Mittelhausen kann bereits für die Mitte des 12. Jahrhundert eine Gerichtsverhandlung und ein als placitum bezeichnetes Gericht nachgewiesen werden.84 Demgegenüber tritt noch 1123 die Tretenburg als zentraler Gerichtsort in Erscheinung. Bei dieser dürfte es sich um den alten zentralen thüringischen Gerichtsplatz handeln, 85 wobei schon recht früh Buttelstedt hinzutritt. Zwar ist nicht auszuschließen, dass die späte Erwähnung Thamsbrücks, Gothas und Weißensees als zentrale Landgerichtsstätten ein Überlieferungsproblem ist. Jedoch bestünde bei Thamsbrück, Gotha und Weißensee genauso die Möglichkeit, es mit einer Schicht später entstandener Gerichtsorte zu tun zu haben. Darüber hinaus ist die Wahl ihrer Standorte mehr als auffällig. Die drei Gerichtsorte Weißenesee, Gotha und Thamsbrück sind für die Ludowinger aus territorialpolitischer Sicht wichtige Orte und auch ihre Stadterhebung erfolgte für ludowingische Städte recht früh.86 Möglicherweise entstanden sogar die Landgerichtsstühle erst wegen der besonderen zentralörtlichen Funktion dieser Orte in der Landgrafschaft.87 Bereits Hans Eberhardt vertrat die Vorstellung, Thamsbrück und Weißensee seien erst mit der Stadtwerdung zugleich Mittelpunkt größerer Landgerichtsbezirke geworden.88 Ebenso soll aber nicht ausgeschlossen werden, dass erst die Wettiner im Zuge der Übernahme der Landgrafschaft eine Neuordnung der Gerichtsverfassung vornahmen und die Gerichtsstühle zum Teil neu einrichteten und in wichtige Orte der Landgrafschaft verlegten. Christine Müller wiederum nimmt an, dass die Urkunde von 1206, welche Thamsbrück erstmals als Stadt nennt, im Rahmen einer Landgerichtsverhandlung entstanden ist.89 Erwähnt wird ein solcher Umstand in der Urkunde jedoch nicht.90 Darauf verweist Müller zwar, fügt jedoch an: „Die strittigen Güter, um 82 83 84 85 86 87
88 89 90
Vgl. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 147-149 u. 161. FLACH: Entstehungszeit, S. 84. Dob I, Nr. 1137 u. 1150. FLACH: Entstehungszeit, S. 84. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 155f. Dob II, Nr. 80. PATZE: Landesherrschaft, S. 497. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 115. Vgl. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 113. FLACH: Entstehungszeit, S. 67, 73, 91, 107 u. 110. Einen Zusammenhang zwischen der Funktion dieser Orte als Kernpunkte der landgräflichen Territorialbildung und der Einrichtung eines Landgerichtes schließt auch Eberhardt nicht aus. (EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 138.). EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 176. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 205. CDS I, A 3, Nr. 98.
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die es hierbei ging, lagen bei Volkenroda und Körner, also im nachmaligen Thamsbrücker Sprengel.“91 Letztendlich ist aber aus dieser Urkunde nichts weiter zu erfahren als, dass der Landgraf während seiner Anwesenheit in Thamsbrück einen Rechtsstreit zwischen dem Kloster Volkenroda und den Grafen von Gleichen regelte. Des Weiteren führt sie eine Urkunde von 1240 an, welche durch den Propst Dietrich von Lippoldsberg ausgestellt worden ist. In dieser Urkunde werden Streitigkeiten zwischen dem austellenden Propst und dem Ritter Egilolf von Bendeleben über Güter in Honingen (Wüstung östlich von Schlotheim) beigelegt. In dieser Urkunde erscheint unter anderem der Schultheiß Christian zu Thamsbrück als Zeuge. In einer weiteren, nicht datierbaren Urkunde bestätigte Landgraf Heinrich dann, dass der Ritter von Bendeleben die umstrittenen Güter aufgegeben und die Auflassung in conventu publico hominum quod dicitur lantdhinc vorgenommen hat.92 Christine Müller verweist darauf, dass zwar kein Ort für das Landgericht genannt wird, jedoch der Thamsbrücker Schultheiß mit bezeugt.93 Unbestreitbar ist die Beilegung der Streitigkeiten vor einem Landgericht, welches darüber hinaus wegen der späteren Bestätigung Landgraf Heinrichs auch ein landgräfliches Gericht gewesen sein dürfte. Allerdings erscheint schon der Hinweis auf den Thamsbrücker Schultheißen in der ersten Urkunde problematisch. So werden in der Zeugenliste auch ein Schultheiß zu Flarchheim und ein Vogt von Körner genannt. Darüber hinaus erscheint der Thamsbrücker Schultheiß noch hinter dem Vogt zu Körner und hinter dem Flarchheimer Schultheißen erst als Letzter in der Zeugenliste.94 Die Mitwirkung von Schultheißen im Landgericht begründet sich grundsätzlich erst einmal aus ihrer Funktion als landgräfliche Amtsträger, aber auch der Vogt von Körner ist Inhaber eines landesherrlichen Amtes. 95 Der Schultheiß kann sehr wohl im Grafengericht den Vorsitz führen.96 Es wäre in diesem Fall jedoch zu überlegen, warum er in einer, wie Müller annimmt, vor dem Thamsbrücker Gericht verhandelte Angelegenheit in der Zeugenliste als Letzter erscheint. Insofern sind diese zwei Urkunden, wenn überhaupt, nur unter erheblichen Bedenken als Hinweis auf eine Thamsbrücker Landgerichtsstätte zu werten. So könnte, um in der Region zu bleiben, die Verhandlung auch vor dem Schönstedter Stuhl stattgefunden haben. Beispielsweise bezeugt der Schultheiß zu Flarchheim 1257 einen vor dem Schönstedter Stuhl vorgenommenen Verkauf
91 92 93 94 95 96
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 205. Dob III, Nr. 922f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 206. Dob III, Nr. 922. SCHMIDT: Art. Vogt, Sp. 1813. EBEL: Art. Schultheiß, Sp. 1591f.
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an das Brückenkloster zu Mühlhausen.97 Auch wird im Zusammenhang mit dieser Urkunde der Schönstedter Stuhl zum ersten Mal als solcher erwähnt. Schon im Vertrag von Udestedt von 1254 wird aber eine comicia Schonrestede genannt. 98 Letzteres deutet darauf hin, dass der Schönstedter Stuhl schon zu diesem Zeitpunkt existierte. Deutlich wird aber damit, auch er wird erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts zum ersten Mal fassbar. Letztendlich geht aber aus keiner der Urkunden hervor, vor welchem Landgerichtsstuhl die Sachen verhandelt worden sind. Zuzuwenden ist sich nun noch einmal kurz den 1263, 1287, 1293/94 und 1318 im Zusammenhang mit Thamsbrück genannten Lehnsobjekten. Wie bereits erwähnt gibt es zwischen 1263 und 1287 erhebliche Unterschiede. Stadt und Burg werden 1287 anders als 1263 nicht mehr erwähnt. Auch nennen alle Auflistungen der Mainzer Lehen ab 1287 übereinstimmend ausschließlich die zu Thamsbrück gehörigen Gerichtsbezirke, welche als mainzische Lehen angesehen werden. 99 Dieser massive Unterschied kann nicht außer Acht gelassen werden, zumal Werner sagt, dass Thamsbrück 1287 sicher unter den Mainzer Lehen der Landgrafen von Thüringen genannt wird. Auch Müller vertritt die Auffassung, der Mainzer Anspruch auf Thamsbrück sei nie angefochten worden. Allerdings verweist Werner ebenfalls darauf, dass bei anderen 1263 genannten Lehnsobjekten, die mainzische Lehnshoheit überhaupt nicht fassbar ist.100 Letztendlich gibt es dafür, dass 1287 keine Nennung von Burg und Stadt mehr erfolgte, unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten. Vorraussetzung soll zunächst sein, die ab 1287 ausführlichst beschriebenen Gerichtsbezirke verbergen sich hinter den 1263 an dritter Stelle genannten zu Thamsbrück zugehörigen Gerichten. Darauf aufbauend könnte vermutet werden, der Mainzer war lediglich in der Lage seine berechtigten Ansprüche nur bei diesen durchsetzen, beziehungsweise sein Obereigentum nur bei diesen aufrechtzuerhalten. Ebenso ist nicht auszuschließen, die mainzischen Ansprüche bestanden rechtmäßig ausschließlich im Zusammenhang mit den Gerichtsrechten und nur sie wurden deshalb 1287 und in der Folge dokumentiert. Insofern könnte, wie oben bereits angedeutet, der anschließend an die Nennung von Burg, Stadt und dazugehörigen Gerichten erfolgende einschränkende Satz tasächlich so verstanden 97 98 99
100
UB Mühlhausen, Nr. 143. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 146. GUDENUS I, Nr. 269. Abdrucke, Teilabdrucke und Regesten: 1254: Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 46. 1263: Langsdorfer Urkunden, ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77. 1287: Dob IV, Nr. 2644. 1293/94: HEUSSER: Abhandlungen, S. 48. 1318: Regesten der Erzbischöfe von Mainz, 1. Abt., Bd. 1, Nr. 2002. ENGEL: Urkundenstudien, S. 33-40. WERNER: Neugestaltung, S. 90f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 190.
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werden, dass nicht bei allen drei Objekten sicher war, ob es sich um mainzische Lehen handelte. Vielmehr wäre aus den 1287, 1293/94 und 1318 ausschließlich als mainzische Lehen bezeichneten Gerichtsrechten abzuleiten: Nur bei ihnen konnte ein faktisch bestehender mainzischer Anspruch nachgewiesen und damit durchgesetzt werden. Demgegenüber war das dann 1263 fassbare Ausgreifen auf Burg und Stadt der Versuch, diese Rechte auch auf die Burg und die Stadt auszudehnen. Wie aus den nachfolgenden Lehnsaufzeichnungen aber deutlich wird, war der Versuch des Mainzers, seine Herrschaftsrechte in Thamsbrück auszubauen, nicht sonderlich erfolgreich. Auch bestünde durchaus die Möglichkeit, der Mainzer besaß zunächst überhaupt keine Rechte an Thamsbrück und nutzte, wie schon angedeutet, nur die günstige Situation im Kampf um das ludowingische Erbe, um solche anzumelden. Immerhin vertritt Werner die Auffassung, Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Markgraf Heinrich und Sophie waren nicht Ansprüche der Letzteren auf die Landgrafschaft Thüringen. Vielmehr entzündeten sie sich daran, dass Markgraf Heinrich in Thüringen gelegene Allodien und Kirchlehen Sophies und ihres Sohnes in seinen Besitz brachte.101 Anhand dieser Überlegungen besteht deshalb auch die Möglichkeit, die Passage in der Urkunde von 1263 und ihre Hintergründe vollkommen anders zu deuten. Erneut ist aber darauf zu verweisen, dass sich mainzischer Besitz in Thamsbrück vor der fraglichen Urkunde von 1263 nicht belegen lässt. Insofern könnte die Anerkennung von 1263 bezüglich der Thamsbrücker Ansprüche wie der gesamte Langsdorfer Vertrag ein Kompromiss zwischen der mainzischen und der hessischen Partei sein.102 Hintergrund hierfür wiederum wäre dann der Umstand, dass beide Parteien bis zum September 1263 kaum Möglichkeiten hatten, sich in Thüringen militärisch zu engagieren und damit ihre Ansprüche zu untermauern.103 Denkbar ist, dass es sich bei Thamsbrück nicht um ein Mainzer Kirchenlehen handelte, sondern vielmehr um einen Bestandteil des Sophie und ihrem Sohn zustehenden ludowingischen Allods, welches wiederum durch den Wettiner einbehalten worden war. Da auf militärischem Weg zunächst aber eine Durchsetzung der mainzischen und hessischen Ansprüche kaum möglich gewesen sein dürfte, blieb nur der Weg, eine für später nutzbare Rechtsgrundlage zu schaffen. Dieses ist aber dann, wie der nachgestellte Passus hinsichtlich der Unklarheiten zeigt, nicht abschließend geregelt worden. So wurde zwar mit den Langsdorfer Verträgen der Konflikt zwischen dem Mainzer und der hessischen Partei beigelegt, nach wie vor ungeklärt war aber die 101 102 103
WERNER: Neugestaltung, S. 70-73. Vgl. DEMANDT: Hessen, S. 185. PATZE: Politische Geschichte, S. 48. HEINEMEYER: Geistliche und weltliche Kräfte, S. 68. WERNER: Neugestaltung, S. 78-84.
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Frage bezüglich der ludowingischen Erbgüter in Thüringen. Da eine schnelle militärische Lösung vorerst kaum möglich zu sein schien,104 waren die Thamsbrücker Burg und Stadt als fester Platz für die hessische Partei umso bedeutender. Wie bedeutend sie gewesen sein könnten, wird noch in einem anderen Zusammenhang deutlich. So befanden sich wohl auch die Wartburg und die Stadt Eisenach zunächst in den Händen Sophies. Diese waren aber nach 1254 fest in wettinische Hand übergegangen. Trotzdem hatten Sophie und ihr Sohn wohl noch bis den 1260er Jahren wenigstens Teile der Eisenacher Bürgerschaft auf ihrer Seite.105 Mit dem Verlust Eisenachs und der Wartburg war einer der wichtigsten Zugänge aus dem hessischen Raum in die thüringische Landgrafschaft verloren gegangen. Der bedeutenste Verbündete Sophies, Albrecht von Braunschweig, wiederum verfügte schließlich 1258 entlang der Werra über Städte zwischen Münden und Eschwege und damit über gute Ausgangspunkte für weitere Ausgriffe auf den Nordwesten des Thüringer Beckens.106 Der nordwestlichste befestigte Punkt der Landgrafschaft Thüringen im Thüringer Becken ist in dieser Zeit wiederum Thamsbrück. Besaß die hessisch-braunschweigische Partei Thamsbrück, hatte sie einen strategisch guten Ausgangspunkt für das militärische Vorgehen gegen die Wettiner und bedrohte damit die wettinischen Interessen im gesamten Raum. Des Weiteren konnte Sophie auf diesem Weg versuchen wenigstens so viel Druck aufzubauen, um Eisenach und die Wartburg wieder in die Hand zu bekommen. Verstärkt wird die Rolle Thamsbrücks in diesen Auseinandersetzungen noch durch einen anderen Umstand. Nur etwa 4 Kilometer südlich lag mit Langensalza ein altes welfisches Besitzzentrum. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass der Ort zwischen 1247 und Januar 1251 durch Herzog Otto von Braunschweig zur Stadt erhoben worden ist.107 Südlich und südwestlich lagen die landgräflichen Städte Gotha und Eisenach. Hieraus ergibt sich wiederum: Verfügte die hessisch-braunschweigische Partei über Thamsbrück besaß sie mit dem welfischen Besitz in und um Langensalza ein geignetes Mittel, um Druck auf das gesamte westliche Thüringer Becken und die hier befindlichen Teile der Landgrafschaft auszuüben. Deshalb ist vorstellbar, dass die hessische Partei alles unternommen haben könnte, Thamsbrück in die Hand zu bekommen und hierfür dem Mainzer auch vorerst Zugeständnisse
104 105
106 107
Vgl. WERNER: Neugestaltung, S. 91. Annales Erphordenses, A. 1250, in: MGH SS. Rer. Germ. 42, S. 108. Cronica Reinhardsbrunnensis, A. 1253, in: MGH SS 30,1 S. 620. WERNER: Neugestaltung, S. 40, 69, 73-75 u. 91. WERNER: Neugestaltung, S. 75. ZILLMANN: Welfische Territorialpolitik, S. 277. PATZE: Politische Geschichte, S. 46-48. WEGELE: Friedrich der Freidige, S. 38. Vgl. Kap. II.4.4.3.
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machte und auch ungerechtfertigte Ansprüche anerkannte oder wenigstens versprach, sie zu prüfen. Zu überlegen ist, ob hierhinter nicht der Versuch stand, die alte hessisch-thüringische Grenze und damit den hessischen Teil der Landgrafschaft weit nach Osten auf die neue Linie Thamsbrück, Langensalza, Eisenach vorzuschieben. Ohne dieses hier weiterverfolgen zu wollen, sei nur darauf verwiesen, dass es doch durchaus einige Bedenken bezüglich gerechtfertigter mainzischer Lehnsansprüche auf Thamsbrück gibt. Eine Klärung bedarf letztendlich aber einer erneuten umfangreicheren Untersuchung der Zusammenhänge aller Lehensaufzeichnungen und Urkunden. Es bleibt für Thamsbrück vorerst nur festzustellen, dass der Ort spätestens nach der Mitte des 13. Jahrhundert Mittelpunkt zweier Gerichtsbezirke war und maßgeblich auf diese Gerichte meldeten die Mainzer Erzbischöfe immer wieder lehnsherrliche Ansprüche an, während nach 1263 Stadt und Burg selbst scheinbar nicht mehr beansprucht wurden. Wenn überhaupt scheint der Mainzer somit lediglich tatsächlich bestehende Rechte an den Gerichten besessen zu haben. Auch eine Belehnung der Ludowinger mit Thamsbrück durch den Mainzer im Jahr 1112 ist nicht nachzuweisen und, anders als Patze meint, noch nicht einmal zu erschließen. Sollte weiterhin von einer Belehnung ausgegangen werden, wäre deshalb zukünftig zu untersuchen, wann dieses überhaupt geschehen sein kann. Sicher ist nur: Sollte tatsächlich eine Belehnung durch den Mainzer stattgefunden haben, muss diese, da die Landgrafen ab den 1140er Jahren über umfangreicheren Besitz in Thamsbrück verfügten, auch vor dieser Zeit stattgefunden haben. Auffällig bleibt ebenso, dass sich in Thamsbrück ansonsten keinerlei Hinweise auf mainzischen Besitz finden lassen. Über mainzische Rechte im Umfeld Thamsbrücks berichtet lediglich eine Urkunde aus dem Jahr 1398.108 Letzteres könnte zunächst die Vermutung ursprünglich umfangreicheren Mainzer Besitzes in und um Thamsbrück stützen und die These einer Belehnung der Landgrafen mit dem Ort untermauern. Jedoch ist der dem Thamsbrücker Rat überlassene Grundbesitz mit fünf Gelengen eher gering.109 Zusammenfassend ist somit sowohl eine Belehnung der Landgrafen mit der Thamsbrücker Burg sowie der Stadt und seinen zugehörigen Gerichten durch den Mainzer Erzbischof, als auch eine Existenz des Thamsbrücker Landgerichtes im 12. Jahrhundert nicht unzweifelhaft feststellen. Deshalb ist zu überlegen, auf welchem anderen Weg die Ludowinger in Thamsbrück Besitz erworben haben könnten. 108
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So überließ der Mainzer im betreffenden Jahr 5 Gelengen bei Thamsbrück auf Öffnungsund Wiederkaufsrecht dem Rat zu Mühlhausen. (Erbarmannschaft Wettinische Lande III, Nr. 142.). Ein Feldmaß von regional unterschiedlicher Größe. (DRW III, Sp. 1540.).
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1.3.3 Die ludowingische Herrschaft und das Kloster Homburg Da die aus dem mittleren Maingebiet stammenden Ludowinger zunächst um Friedrichroda eine kleine Herrschaft aufbauten und erst im letzten Viertel des 11. Jahrhunderts auch auf Nordthüringen ausgriffen, scheidet älterer ludowingischer Allodialbesitz in Thamsbrück aus. 110 Jedoch findet sich für das 8. und 9. Jahrhundert Besitz der Klöster Fulda und Lorch im Ort. Vorstellbar ist, da später kein Besitz dieser beiden Klöster mehr nachweisbar ist,111 dass die Ludowinger in Lorcher und/oder Fuldaer Besitz einrückten. Über Vermutungen ist jedoch auch an dieser Stelle nicht hinaus zu kommen. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass die Ludowinger Thamsbrück als Reichsbesitz erhielten. So schließt beispielsweise Karl Heinemeyer für den hessischen Raum nicht aus, dass die Ludowinger im Zuge ihrer Erwerbung der Grafschaft Hessen auch mit Königsgut an der unteren Fulda belehnt worden sind. 112 Ebenso könnten sie im Zuge ihres Umschwenkens zu den Staufern nach dem Tod Lothars III. im Jahr 1137113 in älteren Königsbesitz in Thamsbrück eingerückt sein. Hierbei ist nicht zu vernachlässigen, dass der sich nach Thamsbrück nennende Landgrafensohn Ludwig, wohl seit der zweiten Hälfte der 1140er Jahre in Thamsbrück gesessen haben dürfte und damit in dieser Zeit Thamsbrück erstmals in ludowingischer Hand erscheint. Ein solch enger zeitlicher Kontext könnte durchaus für eine Belehnung im Jahr 1137 oder kurz danach sprechen. Schwierigkeiten macht letztere Vermutung aber vor allem deshalb, weil in Thamsbrück bisher kein Königsbesitz nachgewiesen werden konnte und auch für Homburg war bisher nicht zu beweisen, dass es sich hierbei um den im königlichen Tafelgüterverzeichnis erwähnten gleichnamigen Ort handelt.114 110 111 112 113 114
PATZE: Politische Geschichte, S. 10-13. Patze: Landesherrschaft, S. 143-178. Vgl. oben. HEINEMEYER: Königshöfe, S. 217. PATZE: Landesherrschaft, S. 209f. Zwar lag nördlich der Unstrut umfangreiches Königsgut. Diese Fiskalgutbezirke hatten aber mit der wichtigen Pfalz Mühlhausen, dem Königshof in Schlotheim und dem in Tennstedt andere Zentren. (Vgl. Kap. II.2.3 u. Kap. II.3.3.1f. Vgl. auch: GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 299-301.). Des Weiteren erstreckte sich zwischen der Unstrut und Mühlhausen auf der Linie Großengottern – Langula, Oberdorla und Niederdorla ein älterer mainzischer Besitzkomplex. Falls Homburg tatsächlich ein Königsgutzentrum war, dürften die zugehörigen Orte dann wohl eher südlich der Unstrut gelegen haben und die nördliche Grenze der Villikation war möglicherweise die Unstrut selbst. Tatsächlich lassen sich südlich von Homburg einige Orte feststellen, in welchen wenigstens im 9. und 10. Jahrhundert königlicher Besitz vorhanden war. Zu nennen sind das unmittelbar bei Langensalza gelegene Ufhoven, die südlich von Langensalza liegenden Orte Zimmern,
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Ausscheiden dürfte wohl ein Besitzerwerb im Zusammenhang mit der Vogtei über das Kloster Hersfeld.115 So lässt sich keinerlei Nachweis frühen oder zeitgenössischen hersfeldischen Besitzes erbringen. Jedoch überliefert eine Quelle des 16. Jahrhunderts sehr wohl Besitz des Klosters in Thamsbrück, über dessen Alter jedoch nichts weiter ausgesagt werden kann. So bat 1531 der Abt von Hersfeld für den Kaplan Johann Grefe wegen der Vorenthaltung seiner Einkünfte aus einer hersfeldischen Vikarie zu Thamsbrück um Interzession bei der Stadt Erfurt.116 Da sich ansonsten im Zusammenhang mit Thamsbrück selbst keine Hinweise über den Zeitpunkt für den Besitzerwerb durch die Ludowinger finden lassen, soll sich nun noch einmal dem südlich der Unstrut gegenüber von Thamsbrück gelegenen Platz Homburg zugewendet werden. Spätestens seit dem Jahr 1117 befand sich hier ein Nonnenkloster, welches dann 1136 in einen Männerkonvent umgewandelt worden ist.117 Christine Müller äußerte in diesem Zusammenhang die Vermutung, die Homburg sei in ein Kloster umgewandelt worden, um den Zugriff fremder Herren auf die Homburg und den angeschlossenen Besitz zu unterbinden.118 Hierbei beruft sie sich auf die Überlegungen Gerhard Streichs zur Gründung von Klöstern an Stelle älterer Burgen. Dieser sieht als mögliche Ursache für solche Stiftungen, „dass auf diese Weise wichtige Positionen neutralisiert, d. h. dem Zugriff fremder Herren entzogen werden konnten, wenn die Grundund Burgherren selbst nicht mehr vor Ort wirken konnten.“119 Für Müller ist
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Aschara und Eckartsleben, sowie die etwa 12 Kilometer südwestlich von Homburg befindlichen Behringenorte und die östlich von diesen gelegenen Orte Tüngeda und Brüheim. Auch im östlich von Homburg, aber noch südlich der Unstrut gelegene Gräfentonna ist im 10. Jahrhundert Königsbesitz nachweisbar. Des Weiteren befand sich Fiskalgut in den westlich gelegenen Orten Lippershausen und Heroldishausen, wobei diese auch schon zum Mühlhäuser Königsgutsbezirk gehört haben könnten. Insofern kann eine curtis Homburg durchaus der Verwaltungsmittelpunkt von südlich der Unstrut befindlichem Königsgut gewesen sein, welches in einem Halbkreis von Südwesten nach Südosten um Homburg lag. Gleichwohl ist auch dieses nur ein vages Indiz und kaum ausreichend für einen abschließenden Beweis. Darüber hinaus fällt auf, dass Homburg im Fall einer solchermaßen eingrenzbaren Villikation nicht zentral, sondern an deren äußersten nördlichen Rand lag. (Zum Königsgut in den südlich der Unstrut gelegenen Orten: HEINEMEYER: Eschwege, S. 25-27. Vgl. auch: Übersichtskarte im Anhang von: HEINEMEYER: Eschwege.). Zur Rolle der Vogtei für die Ludowinger über das Kloster Hersfeld als Mittel des Besitzerwerbes vgl. Kap. II.2.5. Politisches Archiv des Landgrafen Philipp, Bd. 2, Aktennr. 1964, S. 592. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 609-611. BRÜSCH: Brunonen, S. 146f. JORDAN: Klosterpolitik, S. 22. VOGT: Herzogtum, S. 59f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 193, Anm. 183. STREICH: Burg und Kirche 2, S. 468.
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dann das Aussterben der brunonischen Dynastie in männlicher Linie im Jahr 1090 der konkrete Anlass für eine solche Umwandlung und sie sieht deshalb in Gertrud von Braunschweig die Stifterin des Klosters.120 Sollte dieses auch hier zutreffend sein, geschah es dann vielleicht sogar vor dem Hintergrund, dass die Ludowinger in dieser Zeit begannen, sich in Thamsbrück festzusetzen und damit als neue Kraft in der Region jetzt auch Druck auf den brunonischen beziehungsweise süpplingenburgischen Besitz in Homburg ausübten. Immerhin ist eben darauf verwiesen worden, dass sie seit dem letzten Viertel des 11. Jahrhunderts durchaus auf den nordthüringischen Raum ausgriffen. Allerdings gibt es doch erhebliche Schwierigkeiten, die Gründungszeit des Klosters festzustellen und auch die Frage nach der Gründerfamilie ist nicht absolut sicher zu beantworten. Zwar neigt die Forschung mittlerweile eher einer brunonischen als einer süpplingenburgischen Gründung zu, abschließend erwiesen ist dieses aber nicht.121 Schwerwiegender ist jedoch, dass noch nicht einmal sicher ist, ob Gertrud von Braunschweig überhaupt als Gründerin des Klosters infrage kommt. Die hierfür durch die Forschung herangezogene Urkunde Gertruds der Jüngeren nennt lediglich umfangreichere Schenkungen ihrer Großmutter an das in fundo suo gelegene Kloster122 und das Kloster könnte wiederum auch von einem ihrer Vorfahren gegründet worden sein. Weder die Gründungszeit noch die Gründungszusammenhänge sind insofern unzweifelhaft festzustellen. Sicher ist nur, dass das Kloster bereits vor 1117, dem Todesjahr Gertruds von Braunschweig, der Großmutter Gertruds der Jüngeren,123 bestanden haben muss.124 Des Weiteren ist noch nicht einmal zu erkennen, bis wann die vorangehende Homburg als Befestigung existierte. So erwähnt immerhin Lampert von Hersfeld, bei welchem Homburg als Platz im Zusammenhang mit zwei Ereignissen in den 1070er Jahren erstmals überhaupt Erwähnung findet, mit keiner Silbe eine hier befindliche Burg, umgekehrt aber auch kein Kloster.125 Insofern könnte die Burg bereits in dieser Zeit nicht mehr existiert haben. Jedoch kann aus der fehlenden Bezeichnung nicht zwangsweise geschlossen werden, dass der Ort Homburg 120 121 122
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 193, Anm. 183. Zuletzt: FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 609f. BRÜSCH: Brunonen, S. 146-149. UB Homburg A, Nr. 2. Bereits Otto Dobenecker sprach vorsichtiger nur von einer Dotation durch Gertrud und auch Karl Jordan spricht nur von einer Schenkung. (Dob I, Nr. 1453. JORDAN: Klosterpolitik, S. 23.). Zu Gertrud von Braunschweig: ELPERS: Regieren, Erziehen, Bewahren, S. 35-57. Vgl. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 609-612. BRÜSCH: Brunonen, S. 146-149. JORDAN: Klosterpolititk, S. 22f. Vgl. auch: MASCHER: Reichsgut, S. 52. Anm. zu: RI IV, 1, 1, Nr. 501, S. 327. Lamberti Annales ad A. 1073, in: MGH SS rer. Germ. 38, S. 162f. Lamberti Annales ad A. 1075, in: MGH SS rer. Germ. 38, S. 219.
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nicht mehr befestigt war. So wird von Lampert auch die Harzburg nicht durchgängig als befestigter Ort qualifiziert. Der bloße Name steht auch als alleinige Ortsbezeichnung, 126 während sie ohne Zweifel zu dieser Zeit eine Burg war. Möglicherweise reichte schon der Ortsname aus, um auf eine befestigte Anlage zu verweisen oder die Kenntnis über eine Befestigung wurde allgemein vorausgesetzt. Dennoch ist auffällig, dass gerade im Zuge von Kampfhandlungen, wie sie 1075 bei Homburg stattfanden,127 Lampert keine Burg erwähnt. So wird doch die Harzburg im Zusammenhang mit der Belagerung von 1073 mehrfach als castellum bezeichnet und sogar als schwer zugänglich beschrieben.128 Insofern muss letztendlich vollkommen unsicher bleiben, in welchem zeitlichen Verhältnis Burg und Kloster zueinander standen und ob sie einander direkt ablösten. Auch lässt sich auf diesem Weg kaum etwas darüber sagen, wann die Ludowinger begannen in Thamsbrück Fuß zu fassen. Grundsätzlich ist jedoch nicht auszuschließen, dass es zwischen dem ludowingischen Besitzerwerb in Thamsbrück, dem Aussterben der brunonischen Dynastie in männlicher Linie und der Umwandlung der Burg in ein Kloster einen Zusammenhang gibt. Beweisbar ist dieses aber nicht. Auffällig ist aber, dass in den 1140er Jahren umfangreiche Schenkungen Heinrichs des Löwen und seiner Mutter Getrud von Süpplingenburg an das Kloster getätigt wurden.129 Besonders ins Auge fällt hierbei der Zeitpunkt dieser Schenkungen. Sie erfolgten in der Zeit, als die Ludowinger sich erstmals in Thamsbrück nachweisen lassen. Des Weiteren verfügten sie spätestens zu diesem Zeitpunkt über so viel Besitz am Ort, damit er als Residenz des dritten Sohnes Landgraf Ludwigs genügen und dieser sich sogar Graf von Thamsbrück nennen konnte.130 Vor einem solchen Hintergrund ließe sich das Vorgehen Heinrichs des Löwen und seiner Mutter dahingehend erklären, dass sie versuchten vorhandenen Eigenbesitz, den sie nicht dauerhaft sichern konnten, durch Übertragung an das Kloster einem ludowingischen Zugriff zu entziehen.131 Damit könnten diese Schenkungen Anhaltspunkte für einen massiven Ausbau der Herrschaft der Ludowinger in
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Anno 1071; 1072 ; 1073 ; 1074 ; 1075, aus: Lamperti Annales, in: SS rer. Germ. 38, S. 131, 136, 155, 170, 171, 181, 183, 184 u. 212. Lamberti Annales ad A. 1075, in: MGH SS rer. Germ. 38, S. 219. Zur Bezeichnung als castellum vgl. Anno 1073, aus: Lamperti Annales, in: SS rer. Germ. 38, S. 155f. Castellum in altissimo collo situm erat et uno tantum itinere ipsoque difficillimo adiri poterat. Cetera montis latera vastissima silva inumbrabat[…](Anno 1073, aus: Lamperti Annales, in: SS rer. Germ. 38, S. 155.). DD H. d. L., Nr. 3-5. Vgl. oben. Zur Umwandlung von Burgen in Klöster als Mittel der Besitzsicherung vgl. STREICH: Funktionsverlust und Funktionswandel, S. 94-97.
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Thamsbrück liefern. Grundsätzlich könnten sie aber auch für einen erst kurz vorher stattgefunden ludowingischen Besitzerwerb sprechen. Christine Müller sieht als Ursache für das landgräfliche Ausgreifen auf den Raum Thamsbrück, dass die Ludowinger im 12. Jahrhundert bestrebt waren, Verbindungen zwischen ihrem im 11. Jahrhundert erworbenen, über Thüringen verteilten Besitz herzustellen.132 Darüber hinaus stießen hier Besitzkomplexe mächtiger Territorialherren aufeinander. Im Norden und Nordwesten lagen größere königliche Besitzungen und in Gottern, den Vogteiorten bei Mühlhausen und Erfurt befanden sich umfangreichere mainzische Besitzzentren. Nicht zu unterschätzen ist außerdem der Besitz der Grafen von Tonna-Gleichen westlich von Erfurt. Dieses Grafengeschlecht stand in enger Beziehung zum Mainzer Erzstift und ihr Stammsitz Gräfentonna lag auf der Linie Erfurt – Thamsbrück und dem mainzischen Besitz südlich von Mühlhausen.133 Mit Teilen Salzas sowie dem Eigenkloster Homburg verfügten seit dem 12. Jahrhundert die Welfen über eine nicht unerhebliche Herrschaft in der Region. Dieser Besitz gelangte wahrscheinlich über Gertrud von Braunschweig, Kaiserin Richenza und Gertrud die Jüngere in die Hand Heinrichs des Löwen und stammte ursprünglich entweder aus brunonischem oder süpplingenburgischem Allodialbesitz.134 Um eine Verbindung zwischen ihrem Besitz im Südwesten und Nordosten herzustellen, beziehungsweise um zu verhindern, dass einer dieser mächtigen Territorialherren eine Verbindung des ludowingischen Besitzes dauerhaft unterband, muss es den Ludowingern geradezu notwendig erschienen sein, in Thamsbrück Fuß zu fassen.135 Des Weiteren schließt Christine Müller eine ursprüngliche Zugehörigkeit Thamsbrücks zum Homburger Klostergut nicht aus. Außerdem vertritt sie die Auffassung, die Landgrafen hätten beim Erwerb des Ortes durchaus auch Klostergut okkupiert. Als möglichen Hinweis darauf sieht sie die Urkunde des Mainzer Erzbischofs Adalbert aus dem Jahr 1136 über die Reform des Klosters, in welcher unter anderem berichtet wird, dass das Kloster in seinem auswärtigen Gut geschädigt worden sei.136 Grundsätzlich gibt diese Urkunde jedoch lediglich Auskunft über entfremdetes Klostergut und nicht über Besitzzusammenhänge 132 133
134 135 136
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 189. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 160-169. GOCKEL: Art. Gottern, S. 174. CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 377-380 u. 419f. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 112. Vgl. Kartenbeilage: Der Herrschaftsbereich der Landgrafen von Thüringen bis 1247, in: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2, 1. JORDAN: Klosterpolitik, S. 22. Vgl. ELPERS: Regieren, Erziehen, Bewahren, S. 47. Vgl. auch: FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 609f. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 208f. Ähnlich auch: EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 112. Mainzer UB, Nr. 608. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 190.
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zwischen Homburg und Thamsbrück. Somit ist sie zunächst, wenn überhaupt, nur ein Hinweis auf einen oder mehrere aggressiv gegen das Klostergut vorgehende Herren, zumal auch recht summarisch über beschädigte und verfallene auswärtige Güter berichtet wird. Einhergegangen sein könnte ein solcher Verfall aber auch mit dem inneren Niedergang des Klosters, von welchem die Urkunde gleichfalls berichtet.137 Wobei Letzteres aber auch erst durch einen erheblichen Besitzverlust ausgelöst worden sein kann. Hinweise, an wen das Klostergut gelangt war, gibt dann eine Urkunde aus dem Jahr 1162. Heinrich der Löwe bestimmt in dieser, dass das Kloster die a colonis vel ab emphiteotis zurückgekauften Güter des Klosters als freies Eigengut besitzen soll. 138 Entfremdet worden war das Klostergut demzufolge eher durch Hintersassen und Zinsleute139 des Klosters und weniger durch die Territorialherren im Umfeld. Lediglich ein schwaches Indiz könnte als Hinweis auf eine Verbindung zwischen Thamsbrück und dem Kloster Homburg gewertet werden. Nicht nur das Kloster Homburg besaß ein Mauritiuspatrozinium, sondern auch die Kapelle vor der Thamsbrücker Burg verfügte über eine Vikarie, welche dem heiligen Mauritius geweiht war.140 Da über das Alter dieser Kapelle nichts bekannt ist,141 könnte sie aber auch erst später entstanden sein und somit nicht auf eine frühe Verbindung zwischen Homburg und Thamsbrück hindeuten. Ob Thamsbrück und Homburg, wie Christine Müller vorgeschlagen hat, einen zusammengehörigen Besitzkomplex bildeten, bleibt letztendlich grundsätzlich fraglich. Ebenso ist das Kloster im 12. Jahrhundert nachweislich im Besitz Heinrichs des Löwen und auch seine Vorfahren verfügten darüber, während Thamsbrück in keinster Weise erwähnt wird.142 Demzufolge scheint es sich beim Kloster und seinem Besitz um einen von Thamsbrück doch eher zu unterscheidenden Besitzkomplex zu handeln. So sind anders als beispielsweise im südlich gelegenen Langensalza auch keinerlei spätere welfischen Rechte in Thamsbrück nachweisbar, beziehungsweise dahingehende Ansprüche erhoben worden.143 Lediglich das markgräfliche Register von 1378 listet unter dem Amt Thamsbrück einigen homburgischen Besitz auf, von welchem Abgaben an die Wettiner 137
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…,primo niteret ornamentis et abundaret prediis et possesionibus, exessibus et debilate sexus fragilis nostris diebus et intus est religione destitutum et foris possesionibus attritum et dilapsum,[…](Mainzer UB I, Nr. 608.) DD H. d. L., Nr. 53. Vgl. NIERMEYER: Mediae latinitatis lexicon minus. 1, S. 266 u. 490. Das Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 3205. FÖRSTEMANN: Einleitung, S. 5f. OTTE/SOMMER: Langensalza, S. 78. DD H. d. L., Nr. 3-5. UB Homburg, A, Nr. 2. UB Mainz, Nr. 608. Zu Langensalza vgl. Kap. II.4.3.2.
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zu zahlen waren. So etwa einen Hof der Homburger Mönche, über dessen Lage aber nichts zu erfahren ist.144 Allerdings äußert Hans Beschorner die Vermutung, er könnte beim Kloster selbst gelegen haben.145 Ein anderer landgräflicher Hof im Besitz der Mönchen lag bei der Thiemsburg.146 Des Weiteren verfügte das Kloster über weiteren Besitz in Kirchheilingen, von welchem ebenfalls Abgaben an die Wettiner zu zahlen waren.147 Grundsätzlich ist aber nicht auszuschließen, dass es sich bei diesem Besitz um von den Wettinern an das Kloster übertragenen Besitz und nicht um ehemaliges bereits von den Ludowingern okkupiertes Klostergut handelte. Noch ein weiterer Umstand lässt eine ursprüngliche Zugehörigkeit Thamsbrücks zu Homburg wenigstens bedenklich erscheinen. So lagen beide Orte nicht nur in unterschiedlichen sedes Bezirken, sondern auch in verschiedenen Archidiakonaten. Homburg lag im Bezirk des sedes Ufhoven und gehörte zum Archidiakonat Oberdorla, während Thamsbrück im Archidiakonat Jechaburg und hier im Sedes Kirchheilingen lag. Die Grenzen zwischen den Sedesbezirken und den Archidiakonaten ist hierbei die Unstrut,148 welche auch Thamsbrück und Homburg voneinander trennt.149 Nichts bekannt ist über die Errichtung der Thamsbrücker Burg. Erstmals erwähnt wird sie erst 1263.150 Zwar wird Ludwig von Thamsbrück durch Johannes Rothe als Erbauer der Burg zu Thamsbrück bezeichnet,151 jedoch ist nicht auszuschließen, dass seitens Ludwigs nur ein Ausbau der Burg erfolgte.152 Grundsätzlich ist deshalb eine frühere Errichtung der Burg durchaus möglich. Neben Funden aus dem 12./13. Jahrhundert fand sich auch erheblich älteres Material im Bereich des Burgberges153 und die Burg könnte deshalb auch erheblich älter sein. 144 145 146 147 148 149
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Registrum dominorum Marchionum XXb, 2. Vgl. Register, in: Registrum dominorum Marchionum, S. 526. Registrum dominorum Marchionum XXb, 48. Registrum dominorum Marchionum XXb, 50, mit Anm. c, S. 63. EBERHARDT: Archidiakonate und Sedes, S. 12f. Einschränkend ist jedoch zu erwähnen, dass das Kloster schon in den 1140er Jahren über Besitzungen im nördlich der Unstrut gelegenen Körner verfügte. Die anderen hier genannten Orte Bremendorf und Bogisile sind nicht zu identifizieren.(Vgl. DD H. d. L., Nr. 6, S. 6, Z. 15-19.). Vgl. oben. Dieser erste furste unde lantgrave zu Doryngen der gebar eynen Sson der hies ouch Lodewigk, ..., unde dornaoch abir eynnen sson der hiess Lodewigk, der wart noch seynes vatir tode eyn herre zu Tumesbrucken unde das buwete her. (Düringische Chronik des Johannes Rothe, S. 287.) Dieses würde mit der über dem ehemaligen Burgtor eingemeißelten erst in der frühen Neuzeit entstandenen Jahreszahl 1149 korrespondieren. (Vgl. oben.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 191. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 191, Anm. 175. Vgl. Kap. II.1.2.
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Wobei einschränkend zu vermerken ist, dass das Fundmaterial letztendlich lediglich die Besiedlung des Burgberges anzeigt, aber keine Hinweise auf eine frühere Befestigung gibt.154 Das Vorhandensein umfangreicherer Funde aus dem 12. und 13. Jahrhundert wiederum könnte darauf hinweisen, dass eine Errichtung der Burg erst im 12. Jahrhundert erfolgte. Letzteres könnte dann in enger Verbindung mit dem Besitzerwerb des Ortes durch die Ludowinger stehen. Nicht auszuschließen ist, dass der Erwerb Thamsbrücks durch die Ludowinger in einem Zusammenhang mit dem im Raum Langensalza-Homburg liegenden brunonischen beziehungsweise süpplingenburgischen und später welfischen Besitz steht. So könnte es für die Ludowinger noch aus einem anderen Grund von erheblicher Bedeutung gewesen sein, auf diese Güter auf der Südseite der Unstrut Druck auszuüben. So finden sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1211 Hinweise auf ein älteres klösterliches Suburbium mit einen wenigstens bis in die 1140er Jahre zurückreichenden Markt.155 Markt und Suburbium werden aber nicht ausdrücklich als beim Kloster gelegen beschrieben. Vielmehr finden beide unmittelbar nach der Nennung von Einkünften aus dem nördlich von Langensalza liegenden Henningsleben Erwähnung und es entsteht dadurch zunächst der Eindruck, sie seien diesem Ort zugehörig. Wahrscheinlich wird eine Lage des Marktes im unmittelbaren Umfeld des Klosters erst aus einem noch nach dem Beurkundungsvermerk, der Poenformel und der Datierungszeile angehangenen Nachtrag. Hier überträgt der Abt an die Kustodie seines Klosters die Spenden und Almosen, welche an den drei Tagen vor Himmelfahrt, zu anderen Zeiten, vel nundinis unaufgefordert oder erbeten hereinkommen können.156 Die hier an den Markttagen freiwillig oder erbetenen Spenden und Almosen sind denen vor Himmelfahrt und anderen ähnlichen Terminen gleichgestellt. Bei den ähnlichen Terminen kann es sich, wie an den genannten drei Tagen vor Himmelfahrt deutlich wird, nur um kirchliche Feiertage handeln. Diese Abgaben werden von Gläubigen stets in der Klosterkirche geleistet und demzufolge wird vorausgesetzt, dass an Markttagen oder Messen Marktbesucher auch die Klosterkirche aufsuchen und hier Almosen spenden. Daraus ergibt sich 154 155
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 191, Anm. 175. Ideo ego Berthous die gracia huius Homburgensis ecclesie novus abbas […] custidiam monasterii nostri […] in melius reformare cupien- tes redditus in Henningislewbenn cum omni utilitate, quod instituendo vel destituendo racionaliter et iuste haberi potest, et talentum, quod in nundinis de theleoneo persolvitur a domina Richeza gloriosa Romanorum imperatrice et fundatrice cenobii nostri ad luminaria ecclesie statutum sed per quosdam iam dudum indebite subreptum, et curtem unam in suburbio nostro scilicet cum omni utilitate et appendiciis suis adsignamus. (StadtA Bad Langensalza, B 425: Kopialbuch des Klosters Homburg, fol. XXXIII v C. UB Homburg A, Nr. 22.). Preterea oblaciones et elemosinas, que vel in rogacionibus vel in aliis temporibus vel nundinis vel gratuito vel ex petitionibus provenire possunt, iure custodis adicimus. (StadtA Bad Langensalza, Kopialbuch des Klosters Homburg, fol. XXXIII v C).
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eine räumliche Nähe zwischen Markt und Klosterkirche und der Markt dürfte beim Kloster selbst gelegen haben. Der Begriff suburbium wiederum bezeichnet häufig Siedlungen, welche in räumlichem Bezug zu einer Burg oder einem Kloster stehen157 und wenn der Abt hier vom suburbium nostrum spricht, meint er wohl eine unmittelbar beim Kloster liegende Siedlung, in welcher sich dann mit einiger Wahrscheinlichkeit auch der Marktplatz befand. Demzufolge ist hier mit einer zum Kloster gehörigen Marktsiedlung zu rechnen, welche darüber hinaus, sogar frühstädtischen Charakter gehabt haben könnte. Während das Alter des erwähnten suburbiums nicht weiter festzustellen ist, wird über den gleichfalls im Zusammenhang mit dem Markttag genanten Zoll gesagt, dass ein Talent davon schon durch die ruhmreiche römische Kaiserin Richenza für die Lampen der Kirche bestimmt, aber durch einige Leute schon lange unrechtmäßig weggenommen war.158 Da Zoll und Markt eng zusammenhängen, ist somit schon zur Zeit Kaiserin Richenzas mit beidem zu rechnen. Deshalb muss spätestens 1141 – dem Sterbejahr Richenzas159 – hier ein Markt bestanden haben, dessen tatsächliches Alter aber kaum abzuschätzen ist. Im Zusammenhang mit einem Markt entstand dann wohl auch die als suburbium bezeichnete vorstädtische Siedlung. Wie umfangreich die Siedlung beim Kloster bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gewesen sein dürfte, wird aus dem Inhalt der oben bereits erwähnten Schenkungen der 1140er Jahre deutlich. Genannt werden hier ein Hof und zwei weitere neben der Klosterkirche bestehende Kapellen – eine Simon und Juda und eine Maria geweihte Kapelle. Wenigstens bei der Marienkapelle dürfte es sich kaum um eine im Klostergelände befindliche Kirche handeln. So wird ausdrücklich mitgeteilt, sie befinde sich beim Hof Getruds – der Mutter Heinrichs des Löwen.160 Die Urkunde von 1211 erwähnt noch eine östlich des Klosters gelegene Kapelle, bei der aber unklar ist, ob sie mit einer der eben genannten zu identifizieren ist, oder es sich um eine weitere, eine dritte Kapelle handelt.161 Bei Homburg begann sich demzufolge ein grundherrliches Besitzzentrum zu einem Ort mit wenigstens regionalen Zentralfunktionen zu entwickeln.Auf die Entwicklung Homburgs günstig dürfte sich vor allem die hervorragende verkehrsgeographische Lage in geschützter Position oberhalb eines Flussüberganges ausgewirkt haben.
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Mediae latinitatis lexicon minus II, S. 1307. BLASCHKE: Art. Suburbium, Sp. 277-279. Vgl. oben. PETKE: Art. Richenza, in LexMa 7, Sp. 829. DD H. d. L. Nr. 3-5. …et capellam nostram, occidentale videlicet,[…]. (UB Homburg A, Nr. 22.).
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Insofern könnten nicht nur zwischen dem Erwerb Thamsbrücks durch die Ludowinger und dem auf der gegenüberliegenden Seite der Unstrut liegenden Ort Homburg Zusammenhänge bestehen. Vielmehr waren sie vielleicht sogar bestrebt, dem Marktort Homburg einen eigenen Wirtschaftsmittelpunkt entgegenzusetzen und entwickelten Thamsbrück mutmaßlich auch deshalb zur Stadt. Der Ort würde damit seine Entwicklung zur Stadt möglicherweise auch seiner Funktion als Gegengewicht einer wohl spätestens seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts aufstrebenden, beim Kloster Homburg gelegenen Marktsiedlung verdanken. Sollten solche Erwägungen bei der Stadtgründung eine Rolle gespielt haben, so war Thamsbrück aus dieser Sicht durchaus eine erfolgreiche Gründung. Bis auf die Urkunde von 1211 und den wenigen Hinweisen aus den Schenkungen der 1140er Jahre liefern die Quellen keinen weiteren Anhaltspunkte für eine größere Siedlung oder einen Markt beim Kloster Homburg. Es ist deswegen zu vermuten, dass beide nach 1211 bedeutungslos geworden waren und eingegangen sind.
1.3.4 Thamsbrück im territorial- und reichspolitischen Kontext Die bisherigen Überlegungen machen deutlich, welchen Wert Thamsbrück für die Ludowinger darstellte und wie wichtig der Thamsbrücker Besitz war. Auch der Welfe Heinrich der Löwe, welcher Homburg und Salza von seinen Vorfahren geerbt hatte, dürfte schon im 12. Jahrhundert ebenfalls ein gewisses Interesse am Raum Langensalza – Homburg – Thamsbrück gehabt haben. So gab es in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts verstärkte Bestrebungen seitens Heinrichs auf den nordthüringischen Raum auszugreifen. Spätestens ab den 1150er Jahren versuchten er seine Herrschaftsposition von Norden her über den sächsisch-thüringischen Grenzraum hinaus auszudehnen. So schob der Welfe allmählich seine Erwerbungen wie einen Keil zwischen die landgräflichen Besitzungen in Thüringen und in Hessen.162 Wo er dieses nicht mittels Besitzerwerb erreichen konnte, versuchte er die lokalen Adels- und Grafengeschlechter als Vasallen an sich zu binden.163 In diesem Zusammenhang könnte auch der aus der brunonischen Erbmasse stammende Allodialbesitz in Homburg und Langensalza von Bedeutung gewesen sein. Immerhin handelte es sich um den einzigen welfischen Besitzkomplex im Thüringer 162 163
FLACHENECKER: Kloster und Adel, S. 205. PATZE: Politische Geschichte, S. 25. JORDAN: Heinrich der Löwe, S. 108. EBERHARDT: Territorialfürstentum, S. 26-28.
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Becken.164 Vor diesem Hintergrund war die Burg Thamsbrück für die Landgrafen wiederum von erheblicher Bedeutung, weil sie einem vielleicht auch auf den Raum Homburg – Bad Langensalza ausgerichteten Vorschieben des welfischen Besitzes nach Süden im Weg stand und dem Vordringen in das Thüringer Becken einen Riegel vorschob. Auch noch in einem anderen Zusammenhang wird deutlich, von welcher Wichtigkeit Thamsbrück für den Landgrafen gewesen sein dürfte. So geriet Landgraf Ludwig III. in den Konflikt zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen. In den folgenden Kämpfen war Thüringen einer der Hauptschauplätze der Auseinandersetzungen. 165 Nachdem der Landgraf noch 1174 ein Bündnis mit dem Welfen geschlossen hatte, ist er 1179 unter dessen Gegnern anzutreffen.166 Insofern war die Burg Thamsbrück auch ein wichtiger landgräflicher Stützpunkt gegen mögliche Angriffe des Welfen auf den nordthüringischen Raum, wobei nicht bekannt ist, dass Thamsbrück selbst Ziel eines welfischen Angriffes auf Thüringen war.167 Wie bedrohlich der Welfe für den Norden der Landgrafschaft war und welchen Wert eine Burg zu Thamsbrück darstellte, wird vor allem an den Ereignissen des Jahres 1180 deutlich. In diesem Jahr stieß Heinrich der Löwe nach Thüringen vor und zerstörte die königlichen Burgen Nordhausen und Mühlhausen und stellte damit auch eine unmittelbare Bedrohung für die Landgrafschaft dar.168 Erst die Verbannung Heinrichs des Löwen 1181 169 dürfte den welfischen Druck auf die Landgrafschaft beseitigt haben. In diesem Zusammenhang griff dann der Ludowinger verstärkt auf den nordthüringischen Raum aus und erwarb seinerseits ehemaligen welfischen Besitz oder zog einstige welfische Gefolgsleute auf seine Seite.170 Dieses dürfte dann eine ausreichende Pufferzone geschaffen haben, welche den ludowingischen Besitz um Thamsbrück auch nach Norden absicherte. Bedeutung erlangte der Raum Langensalza – Homburg – Thamsbrück dann erneut im Zusammenhang mit einem Welfen. Im Jahr 1212 rückte Otto IV. nach Thüringen vor, um den Widerstand des ludowingischen Landgrafen Hermann I. gegen sein König- und Kaisertum zu brechen.171 Von Frankfurt kommend führte
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 208. JORDAN: Heinrich der Löwe, S. 109. PATZE: Politische Geschichte, S. 24f. EBERHARDT: Territorialfürstentum, S. 30. PATZE: Politische Geschichte, S. 27. EBERHARDT: Territorialfürstentum, S. 29. JORDAN: Heinrich der Löwe, S. 208f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 196. EBERHARDT: Territorialfürstentum, S. 31. SCHNEIDMÜLLER: Die Welfen, S. 260-262.
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ihn sein Zug zunächst nach Langensalza, wo er die dortige Burg belagerte.172 Nach deren Einnahme wandte er sich aber nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, gegen den landgräflichen Stützpunkt Thamsbrück, sondern zog von dort aus weiter nach Nordhausen und dann nach Weißensee.173 Dieses erscheint bemerkenswert, da es sich bei Thamsbrück augenscheinlich doch um einen wichtigen landgräflichen Ort in der Region handelte. Insofern wäre ein direktes Vorrücken auf Thamsbrück anzunehmen gewesen. Die Einnahme Salzas muss demzufolge eine wesentlich höhere Priorität für Otto gehabt haben.174 Unverständlich erscheint dieses vor allem vor dem Hintergrund, dass Gunzelin von Wolfenbüttel als welfischer Heerführer bereits im Jahr 1211 die Reichsstädte Nordhausen und Mühlhausen für Otto gesichert hatte.175 In diesem Zusammenhang dürfte die Einnahme Thamsbrücks geradezu unvermeidlich gewesen sein, stellte sie doch ein Sprungbrett in den Süden, aber auch in den Nordosten der Landgrafschaft dar und konnte gleichzeitig die Reichsstädte nach Süden absichern. Als Erklärung hierfür bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an, welche jeweils einzeln oder auch zusammen ausschlaggebend für Ottos Vorgehen gewesen sein könnten. So ist nicht auszuschließen, dass die Belagerung und Eroberung der Langensalzaer Burg weniger im Zusammenhang mit der Durchsetzung seines König- und Kaisertums stand, sondern hier eher welfische Besitzinteressen eine Rolle spielten. So zielte deren Eroberung unter Umständen darauf ab, welfischen Eigenbesitz zurückzugewinnen und zu sichern.176 Möglicherweise wandte sich der Welfe auch nicht nach Thamsbrück, weil dieser Ort zu stark befestigt war. Allerdings geht Christine Müller davon aus, dass die Stadt Thamsbrück angelegt worden ist, um der eher bescheidenen Burganlage in Form einer Vorburg zusätzlichen Schutz zu geben.177 Damit würde sich wiederum erklären lassen, warum Otto Thamsbrück unberücksichtigt ließ. Der Ort stellte keine direkte Gefahr für ihn dar. Auch könnte Ottos vornehmliches Ziel die Eroberung des wichtigeren landgräflichen Hauptortes Weißensee gewesen sein, während Thamsbrück als Nebenziel zunächst keine Beachtung fand. Ob es sich aber, wie Christine Müller meint, bei der Thamsbrücker Burg um eine eher bescheidene Anlage handelte, ist doch eher anzuzweifeln. So muss die 172 173 174 175 176 177
PATZE: Politische Geschichte, S. 32. Anno 1212, aus: Chronica s. Petri Erfordennsis moderna., in: SS 42, S. 210f. Vgl. außerdem Kap. II.4.3.2. u. II.4.5.1. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 192. PATZE: Politische Geschichte, S. 32. Zum welfischen Besitz in Langensalza vgl. Kap. II.4.3.2 u. II.4.5.1. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 162f. MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 100.
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Burg immerhin ausreichend gewesen sein, um zwischen 1144 und 1189 dem Landgrafensohn Ludwig als Sitz zu genügen. Des Weiteren war die Burg schon vor der Errichtung der Stadt ein wichtiges Bindeglied zwischen den landgräflichen Besitzungen im Nordosten und im Südwesten und war, wie oben gezeigt, durchaus geeignet, ein weiteres Vordringen der Welfen und des Mainzers in diesen Raum zu unterbinden oder wenigstens zu erschweren. Gerade diese Funktion lässt doch eher eine dieser Rolle entsprechende ausreichend große Befestigung erwarten. Darüber hinaus könnte auch die Einnahme Mühlhausens und Nordhausens im Jahr 1211 durch die welfische Partei den Landgrafen dazu veranlasst haben, Thamsbrück als seinen wohl wichtigsten Stützpunkt gegen diese Städte militärisch zu verstärken. Sicherlich, und hier ist Müller Recht zu geben, wurde ihre Verteidigungsfähigkeit durch eine wahrscheinlich ebenfalls befestigte Stadt erheblich ergänzt.178 Jedoch sagt ein solcher Umstand wenig über die Burg selbst aus, sondern unterstreicht nur ihre Bedeutung beziehungsweise die herausragende Rolle dieses Platzes für die Ludowinger. Nachweisen lässt sich anhand der noch vorhandenen Reste der Burg ein Ausbau im frühen 13. Jahrhundert nicht. Der noch als Einziges sichtbare Bergfried ist nach Strickhausen eher in die Mitte des 13. Jahrhunderts zu datieren und könnte somit auf einen Um- oder Ausbau der Burg in dieser Zeit hinweisen.179 War Thamsbrück seit der Einnahme der Städte Nordhausen und Mühlhausen durch welfische Parteigänger somit ein für den Landgrafen wichtiger fester Platz gegen diese Städte, könnte der Ort nur wenige Jahre früher von ganz anderer Bedeutung für Landgraf Hermann gewesen sein. So gelang es ihm im Kampf um die Königsherrschaft zwischen Philipp von Schwaben und dem Welfen Otto IV. wenigstens zeitweise die Kontrolle über die Reichsstädte Nordhausen und Mühlhausen zu erhalten. Hermann war 1198 durch Otto IV. mit Nordhausen belehnt worden und 1199 erhielt er von dessen staufischen Gegner Mühlhausen. Beide Orte dürften jedoch spätestens nach der Ermordung Philipps 1208 zurück an Otto gefallen sein.180 War Thamsbrück bis zum Erwerb der Reichsstädte als Bindeglied zwischen dem Südwesten und dem Nordosten der Landgrafschaft für die Ludowinger von besonderer Bedeutung, war es nun das Tor in den Norden und den Nordwesten und verband die alten landgräflichen Besitzungen mit den zeitweise erworbenen Reichsstädten.181
178 179 180 181
MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 100f. Zur Frage, ob Thamsbrück von Anfang an ummauert war, vgl. unten. Vgl. STRICKHAUSEN: Burgen, S. 184. GOCKEL, Art. Mühlhausen, S. 315f. GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 382. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 196.
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Neben diesen beiden überregional bedeutenden Herren treten auch die vor allem in Nordthüringen wichtigen Grafen Hohnstein im Raum Thamsbrück in Erscheinung. Im 12. Jahrhundert hatten sie sich zunächst eine Herrschaft am Südharz, in der westlichen Goldenen Aue und im Obereichsfeld aufgebaut. Darüber hinaus verfügten sie über Besitzungen bei Frankenhausen, aber auch bei Erfurt.182 Im Jahr 1162 war Graf Elger II. von Hohnstein dann durch Heinrich den Löwen die procuratio über das Kloster Homburg verliehen worden. 183 Hierbei handelt es sich ganz unzweifelhaft um die Vogtei des Klosters Homburg, welche bis zum Erwerb durch das Kloster im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts in den Händen der Hohnsteiner blieb.184 Damit verfügten diese Grafen über nicht unerheblichen Einfluss in der Region, welcher die landgräfliche Position in Thamsbrück durchaus bedroht haben könnte. Werner Schnellenkamp sieht sogar diese Bedrohung durch die Hohnsteiner als die maßgebliche Ursache für die Anlage der Stadt an.185 Über den Erfurter Besitz und die Homburger Vogtei hinaus lassen sich zunächst jedoch keine weiteren hohnsteinischen Rechte im Thüringer Becken feststellen. Erst nach der Mitte des 13. Jahrhunderts ist ein umfangreicheres Ausgreifen der Hohnsteiner auf Zentralthüringen zu erkennen.186 Durch die Übertragung der Vogtei an die Grafen reagierte der Welfe mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die Bedrohung seiner Homburger Besitzungen durch die sich in Thamsbrück festsetzenden Ludowinger. Da Heinrich der Löwe nur unter Schwierigkeiten in der Lage gewesen sein dürfte, den an der Peripherie liegenden Besitz zwischen Homburg und Langensalza zu schützen, war es notwendig, eine geeignete Person zu finden, welche dieses gewährleisten konnte. Graf Elger von Hohnstein bot sich insofern an, weil er ohnehin in einem vasallitischen Verhältnis zu Heinrich stand187 und darüber hinaus im Norden ein mächtiger Nachbar der Landgrafen gewesen sein dürfte.188 Die Hauptaufgabe von Burg und Stadt Thamsbrück bestand letztendlich wohl in der Sicherung der landgräflichen Herrschaft in der Region.189 Angelegt wurden die Burg und später auch die Stadt Thamsbrück offensichtlich als zur nördlichen Grenze des ludowingischen Besitzes vorgeschobener Grenzort, welcher die Landgrafschaft gegen die Interessen anderer Herren in dieser Region absichern sollte 182 183 184 185 186 187 188 189
PATZE: Politische Geschichte, S. 185f. GRESKY/PATZE: Art. Honstein, S. 205f. DD H. d. L., Nr. 53. JORDAN: Klosterpolitik, S. 28-30. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 35. PATZE: Politische Geschichte, S. 186. EBERHARDT: Territorialfürstentum, S. 27. Vgl. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 112. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 173.
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und die landgräflichen Besitzungen miteinander verband. Insofern ist Christine Müller Recht zu geben, wenn sie darauf verweist, dass die Stadt Thamsbrück in erster Linie unter territorialpolitischen Zielstellungen und strategischen Gesichtspunkten gegründet worden ist.190 Inwiefern allerdings ihre Behauptung, Thamsbrück habe, nach dem gescheiterten Versuch der Ludowinger auf die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen auszugreifen, seine territorialpolitische Funktion verloren, als richtig anzusehen ist,191 muss in der Folge noch überprüft werden. Zumindest ist an dieser Stelle einschränkend anzumerken, dass auch umgekehrt behauptet werden kann, gerade weil der dauerhafte Zugriff auf Nordhausen und Mühlhausen nicht gelungen ist, lag Thamsbrück weiterhin in einer wichtigen Schlüsselposition für den Landgrafen. Des Weiteren argumentiert Müller: Sowohl zwischen Alten- und Bischofsgottern als auch bei Merxleben befanden sich alternative Flussübergänge, wobei der Übergang zwischen den Gottern Orten in mainzischer Hand war, während der bei Merxleben von den welfischen Ministerialen zu Salza kontrolliert wurde und seit 1233 auch der Mainzer mit dem Erwerb Homburgs erste Rechte in Langensalza besaß. Damit würde, so meint Müller weiter, es in der Macht der jeweiligen Ortsherren stehen, den Verkehr auf diese Übergänge zu verlagern. Dem, so sagt sie außerdem, hätten die Ludowinger nach dem gescheiterten Ausgreifen auf die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen dann keinen größeren Widerstand mehr entgegengesetzt.192 Letzteres ist jedoch in keinster Weise zu beweisen und auch Müller begründet diese Vermutung nicht weiter. Spätestens mit dem Erwerb Homburgs durch den Mainzer Erzbischof bestand jedoch eine unmittelbare Gefahr für Thamsbrück und die Verbindung zwischen den landgräflichen Territorien im Norden und Südwesten. Es drohte eine direkte Verbindung zwischen dem mainzischen Erfurt und dem Mainzer Besitz zwischen Großengottern und den Vogteiorten, welche wiederum die Verbindung zwischen den landgräflichen Besitzungen durchtrennen konnte. Direkte Gegenmaßnahmen der Ludowinger gegen diese Bedrohung sind tatsächlich nicht bekannt. Gerade weil aber alternative Flussübergänge in der Region in der Hand anderer Herren waren, muss den Landgrafen daran gelegen gewesen sein, den Übergang bei Thamsbrück zu kontrollieren. Außerdem wäre es notwendig, die anderen Übergänge in ihrer Bedeutung einzuschränken. Als geeignetes Mittel erscheint, falls ein direkter Zugriff auf die anderen Flussübergänge nicht möglich ist, eine ausgebaute Stadt, die in ihrer Funktion als wirtschaftliches Zentrum der Umgebung auch wieder den Verkehr auf sich ziehen kann und damit die
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MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 98. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 209. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 209.
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Entwicklung der Orte an den anderen Flussübergängen hemmt oder ganz verhindert.193 Ob Merxleben, wie Müller behauptet, bereits zur Zeit der Ludowinger zur welfischen Herrschaft Salza gehörte, ist aus zeitgenösssichen Quelle allerdings nicht zu belegen. Sowohl Patze als auch Müller selbst führen an, dass in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts Ministeriale zu Merxleben im Umfeld der Ludowinger anzutreffen sind, und Patze vermutet darüber hinaus für diese Zeit eine landgräfliche Oberherrschaft über den Ort. 194 Als Belege für ihre Vermutung führt Christine Müller ausschließlich spätmittelalterliche Quellen des 14. Jahrhunderts an. So beruft sie sich zum einen auf die Verkaufsurkunde Heinrichs von Salza. Dieser verkaufte 1345 unter anderem Merxleben an den Mainzer Erzbischof.195 Zum anderen nennt sie den Eintrag im markgräflichen Register von 1378, in welchem die Bede zu Merxleben an Stadt und Burg Langensalza zu zahlen war und darüber hinaus Merxleben mit Langensalza einen älteren Gerichtsbezirk bildete.196 An anderer Stelle verweist sie jedoch auf die im selben Register zum Amt Thamsbrück gehörige Blutgerichtsbarkeit.197 Die Verkaufsurkunde von 1345 nennt durchaus Besitz der Ministerialen von Salza in Merxleben, welcher wiederum durchaus ursprünglich aus welfischer Hand stammen könnte. Erkennbar ist aber letztendlich nicht, wann und von wem die Herren von Salza Besitz in Merxleben erwarben. Zwar ist Besitz der Ministerialen im Ort schon für 1325, und damit früher als Müller anführt, belegt,198 über das Alter und die Herkunft des Besitzes kann aber ebenfalls nichts ausgesagt werden. Es ist somit lediglich zu erkennen, dass es sich spätestens im frühen 14. Jahrhundert um Allodialbesitz der Herren von Salza gehandelt haben muss. Des Weiteren geben sowohl die Verkaufsurkunde von 1345 als auch das markgräfliche Register von 1378 lediglich die Besitzverhältnisse im 14. Jahrhundert wieder, ohne daraus sicher auf den Zustand im 13. Jahrhundert schließen zu können. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Burg und später auch die Stadt Thamsbrück für die Ludowinger ein wichtiges Mittel zur Durchsetzung und Festigung ihrer Ansprüche in der Region waren. Selbiges dürfte auch noch für ihre wettinischen Nachfolger wenigstens bis zum Erwerb Langensalzas und der endgültigen Durchsetzung ihrer Herrschaft in der Stadt an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert gegolten haben.199 193 194 195 196 197 198 199
Vgl. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 98f. PATZE: Landesherrschaft, S. 350. Müller: Landgräfliche Städte, S. 161. Regesten der Erzbischöfe von Mainz, 1,2, Nr. 5288. Registrum, XIX, 10. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 199, Anm. 205. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 161. regiStrum, XXb, 31. Vgl. Kap. II.4.3.2 u II.4.5.1. Vgl. Kap. II.4.3.2 u II.4.5.1.
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Gleichwohl könnte Thamsbrück am Ende des 13. Jahrhunderts kurzzeitig für die wettinischen Landgrafen verloren gegangen sein. Hermann Gutbier meint, und hier folgt ihm auch Werner Schnellenkamp, dass wohl um 1284 Landgraf Albrecht den Ort an Herzog Heinrich von Braunschweig verpfändet hatte.200 Tatsächlich erscheint in der Folge zweimal ein braunschweigischer Vogt in Thamsbrück.201 Bereits Christine Müller verwies aber darauf, dass hier nicht unbedingt Thamsbrück mit Burg und Stadt, wie Schnellenkamp und Gutbier denken, verpfändet worden war. Vielmehr könnte auch nur das Thamsbrücker Gericht zeitweise als Pfand an den Braunschweiger gekommen sein.202 Mit einem welfischen Vogt in Thamsbrück dürften die Welfen aber durchaus einigen Einfluss auf die Stadt und die Burg ausgebübt haben. Spätestens ab der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert ist jedoch wieder mit einer vollständigen Verfügungsgewalt der Landgrafen über die verpfändeten Rechte zu Thamsbrück zu rechnen. In einer Urkunde aus dem Jahr 1301 ist von den homines, qui iurisdictionem domini […] lantgravii terre Thuringie in Tungesbrucken possident die Rede.203 Am 28. Januar 1336 wird zwischen Erzbischof Balduin von Trier als Verwalter des vakanten Mainzer Stuhles und Landgraf Friedrich von Thüringen vereinbart, im Falle eines Vertragsbruches seitens des Landgrafen die markgräfliche Burg in Thamsbrück an den Erzbischof abzugeben. Erst für eine Summe von 2.000 Mark Silbers war sie dann wieder für den Landgrafen auslösbar.204 In diesem Zusammenhang beurkundeten dann auch am 15. März 1336 Fritsche von Wangenheim, Wezel vom Steine, Otto von Stotternheim, Dietrich,Vogt zu Mühlberg, Apel von Ereshusen und Johan von Wintzingerode, dass sie Thamsbrück mit allem Zubehör für den Markgrafen zu getreuer Hand eingenommen haben.205 Die Welfen könnten mit der Pfandnahme von Rechten zu Thamsbrück im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts durchaus ein weiterführendes Interesse verfolgt haben. Möglicherweise versuchten sie auf diesem Wege ihre Herrschaft im Gebiet Langensalza–Thamsbrück noch einmal zu konsolidieren. So ging zwar
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GUTBIER: Dingstuhl, S. 310. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 35, Anm. 70. Eine Verpfändung des gesamten Ortes, wie Schnellenkamp und Gutbier annehmen, ist nach bisherigen Untersuchungen in den Quellen nicht nachweisbar. Erstmals lässt sich ein braunschweigischer Vogt in Thamsbrück am 29. Januar 1284 feststellen und ein weiteres Mal sitzt 1289 ein Vogt des Herzogs von Braunschweig dem Thamsbrücker Gericht vor. (SHStA Dresden, 10001, Nr. 1063 u.1255. WEGELE: Friedrich der Freidige, Beilagen 4, Nr. 25 u. 35. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 203, Anm. 222.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 203, Anm. 222. UB Mühlhausen, Nr. 515. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 3486, S. 138. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 3496, S. 140.
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1233 das Kloster Homburg an den Mainzer Erzbischof verloren,206 trotz dieser Veräußerung verfügten die Welfen aber nach wie vor über nicht unerheblichen Besitz im südlich gelegenen Salza.207 Es ist somit durchaus vorstellbar, dass Albrecht von Braunschweig jetzt versuchte, das alte Besitzzentrum in diesem Raum zu restaurieren und vor allem gegenüber dem mainzischen Vordringen208 ihre Herrschaft in der Region noch einmal zu festigen. Insbesondere der Umstand, dass Langensalza spätestens seit der Mitte des 13. Jahrhunderts wohl eine Stadt war,209 dürfte die Ausgangslage für die Welfen erheblich verbessert haben. So verfügten sie mit ihrer Oberherrschaft über die Stadt jetzt auch über ein ausreichend geeignetes Druckmittel gegen die landgräflichen Besitzungen. Auf der Seite Markgraf Albrechts II. könnte die desaströse finanzielle Situation, welche letztendlich auch zum Verkauf der Landgrafschaft führte,210 eine Verpfändung der Rechte zu Thamsbrück verursacht zu haben. Vor diesen Hintergründen erscheinen dann auch die Thamsbrück betreffenden Regelungen im Langsdorfer Vertrag in einem ganz anderen Licht. Im Zuge der Erwerbung des Klosters Homburg im Jahr 1233 dürfte der Mainzer wenigstens indirekt einer der bedeutensten Grundherren in der Region geworden sein.211 Möglicherweise versuchte der Mainzer Metropolit anschließend, mit dem Ziel diesen Besitz abzurunden, auch auf die Burg und die Stadt Thamsbrück auszugreifen und wenigstens eine formale Anerkennung seiner Oberlehnsherrschaft zu erreichen. Dass keine abschließenden Regelungen getroffen worden waren, steht dann vielleicht im Zusammenhang mit den gleichfalls in der Region vorhandenen umfangreichen welfischen Interessen. So war Herzog Albrecht von Braunschweig der wichtigste Verbündete Sophies und Heinrichs. Eine vollständige Anerkennung mainzischer Ansprüche hätte dann vielleicht diesen Verbündten verstimmt und vielleicht sogar zu einem Bruch zwischen der hessischen Partei und dem Welfen geführt. 206 207 208
209 210 211
Dob III, Nr. 380. GUDENUS I, Nr. 211. Regesta Archiepiscoporum 2, Nr.XXXIII, 115. KÜTHER/PATZE: Art. Homburg, S. 204f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 168 u. 198. Vgl. Kap. II.4.3.2. Schon im 13. Jahrhundert gelang es dem Mainzer Erzstift, in den Besitz umfangreicher Rechte im Umfeld Salzas zu gelangen. Auch erhielt Siegfried Erzbischof von Mainz bereits 1225 die Vogtei über das Kloster Homburg und dessen Besitzungen in Salza und im selben Jahr hatte bereits Papst Honorius III. das Kloster und die drei Dörfer Körner, Schwabhausen und Salza in seinen Schutz genommen. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 29f. Dob II, Nr. 2199 u. 2211.). Vgl. Kap. II.4.4. Vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 59. Über den umfangreichen homburgischen Grundbesitz gibt das bisher der Forschung unbekannte homburgische Besitzverzeichnis aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Auskunft. (SHStA Dresden: 10024, Loc. 08940/01.Vgl. auch Kap. II.4.7.4.1.
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Auch wenn die wettinischen Landgrafen im späten 13. Jahrhundert wenigstens Teile ihrer Thamsbrücker Rechte verpfändeten, so ging der Ort nie vollständig verloren. Thamsbrück selbst war für die Landgrafen von wesentlicher Bedeutung, weil es seit dem Erwerb durch die Ludowinger in einer für die landgräfliche Landesherrschaft entscheidenden Schlüsselposition lag. So verklammerte der Ort den Südwesten der Landgrafschaft mit dem Nordosten und war gleichzeitig Sprungbrett in den Norden und Nordwesten. Auch wenn die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen nicht dauerhaft für die Landgrafen gesichert werden konnten, wird doch auch in diesem Zusammenhang die Rolle Thamsbrücks deutlich. Ob die Stadterhebung ausschließlich aus territorialpolitischen und strategischen Gründen erfolgte, wie Müller meint, ist bisher nicht zu entscheiden. Allerdings weist schon die Existenz einer größeren Marktsiedlung beim Kloster Homburg auch auf wirtschaftliche Aspekte. Gleichzeitig wird aber erkennbar, dass der Ort nicht nur für die ludowingischen Landgrafen und deren Nachfolger von Bedeutung war. Auch andere Parteien wie die Welfen oder der Mainzer hatten aus territorialpolitschen Erwägungen ein nicht unbegründetes Interesse an Thamsbrück. Damit lag der Ort nicht nur im Zusammenhang mit der Landgrafschaft in einer wichtigen Schlüsselposition. Auch andere Herrschaftsträger mussten bestrebt gewesen sein, wenigstens partiellen Zugriff auf ihn zu erlangen, um ihr weiteres Vorgehen in der Region abzusichern.
1.4 Stadtgründung und städtische Entwicklung 1.4.1 Die Stadtgründung und ihre zeitliche Einordnung Nach seiner ersten Bezeichnung als Stadt im Jahr 1206 wird der Ort auch in der Folge als oppidum oder civitas bezeichnet und die Einwohner werden cives genannt.212 Wann genau die Stadterhebung erfolgte, ist nicht eindeutig zu klären, sie dürfte aber vor 1206 geschehen sein.213 Werner Schnellenkamp vermutet anhand der Ersterwähnung eines plebanus de Thungesbruck im Jahr 1196,214 welcher nach ihm nur Pfarrer der späteren Stadtkirche St. Georgi gewesen sein kann, dass die Stadt schon zu diesem Zeitpunkt 215 existiert haben muss. Dem widerspricht 212 213 214 215
SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 33, Anm. 35f. u. 38. Exemplarisch: CDS I, 3, Nr. 98. UB Mühlhausen, Nr. 206 u. 262. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 33. UB Langensalza, Nr. 304. SCHNELLENKAMP,: Thamsbrück, S. 33.
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Christine Müller, indem sie meint, dass die allgemeine Wendung ohne spezifische Nennung einer Kirche nicht unzweifelhaft auf die spätere Stadtkirche bezogen werden kann. Darüber hinaus zweifelt sie am tatsächlichen Stadtstatus des Ortes im Jahr 1206, ergänzt jedoch, dass der 1206 mit civitas bezeichnete Ort in seiner planmäßigen Anlage durchaus vorhanden war.216 Die städtische Pfarrkirche St. Georgi wird im Mainzer Subsidienregister von 1506 eindeutig als Pfarrkirche bezeichnet und ist Mittelpunkt eines Pfarreibezirkes. 217 Da es sich bei Thamsbrück um eine geplante Stadtgründung handelt, dürfte diese Kirche wiederum auch in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Gründung stehen. So ist doch zu vermuten, dass im Zuge der Gründung auch eine eigene städtische Pfarrei mit Pfarrkirche geschaffen worden ist. Wenn der 1196 erwähnte plebanus aber nicht, wie Müller meint, unbedingt Pfarrer der Stadtkirche gewesen sein muss, wäre zu überlegen, Pfarrer welcher Kirche er ansonsten gewesen sein könnte. Da die Formulierung keine Zweifel an einen im Ort ansässigen Pfarrer und somit auch an einer hier vorhandenen Kirche, welche wenigstens Pfarrfunktionen besaß, zulässt, muss eine solche auch im Ort gesucht werden. Neben der städtischen Pfarrkirche überliefert das Mainzer Subsidienregister von 1506 eine Reihe von Kapellen in Thamsbrück, welche sich außer in dem, im frühen 16. Jahrhundert verfassten Mainzer Subsidienregister ansonsten aber nicht anhand anderer Schriftquellen nachweisen lassen. Über ihr tatsächliches Alter und ihre Entstehungszusammenhänge ist somit nichts weiter auszusagen. Das Subsidienregister nennt eine Kapelle, welche vor der Burg lag, eine Kapelle ex oppositio parochiali ecclesie und eine St. Marienkapelle ohne nähere Lagebezeichnung. Bei den ersten beiden wird kein Patrozinium überliefert. Die Kapelle vor der Burg besaß eine St. Moritz Vikarie. Die St. Marien oder Frauenkapelle lag auf dem sogenannten Königsplatz im Süden der Stadt. Sie hatte eine Heilige Kreuz Vikarie und eine St. Sebastian und Fabian Vikarie. Darüber hinaus gab es eine weitere weder zur Pfarrkirche noch zu einer anderen Kapelle zugeordnete Heilige Kreuz Vikarie außerhalb der Stadt.218 Die Lokalforschung geht davon aus, dass diese Vikarie einer St. Crucis Kapelle, welche vor der Stadt gelegen war, zuzuordnen ist. Des Weiteren soll nach Aulepp noch eine Nikolauskapelle vorhanden gewesen sein.219 Belegbar ist eine solche Kapelle anhand der Quellen aber nicht. Möglich ist aber, dass die vor der Stadt gelegene Heiligen Kreuz Vikarie zu einer solchen Kapelle gehörte. Ein Nikolaipatrozinium wird im Zusammenhang mit Thamsbrück durchaus überliefert. So gehörte zur Pfarrkirche eine St. Nikolai und St. Katharinen Vikarie. 216 217 218 219
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 195-197. Das Mainzer Subsidienregister, Nr. 3177, 3204, 3207, 3209 u. 3212. Das Mainzer Subsidienregister, Nr. 3205-3211. AULEPP: Thamsbrück, S. 4f.
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Ob Erstere im Zusammenhang mit einer ehemals bestehenden und zum Zeitpunkt der Abfassung des Subsidienregisters bereits eingegangenen Nikolaikapelle steht, lässt sich in keinster Weise erkennen. Grundsätzlich ist aber nicht auszuschließen, dass diese Vikarie, nachdem die Nikolaikapelle eingegangen war, an die Stadtkirche fiel. Beweisbar ist ein solcher Umstand jedoch nicht. Alle diese Kapellen werden jedoch nicht als Pfarrkirchen aufgeführt und auch Pfarrfunktionen werden in ihrem Zusammenhang nicht überliefert. Dass es sich bei einer von ihnen um eine ursprüngliche Pfarrkirche gehandelt haben könnte, ist zwar letztendlich nicht auszuschließen, scheint aber wegen der fehlenden Hinweise wenig wahrscheinlich. Wenn somit für 1196 ein Thamsbrücker Pfarrer genannt wird, dürfte es sich um den Pfarrer der zentral gelegenen Georgikirche gehandelt haben und das Vorhandensein dieser Kirche wäre bereits für 1196 zu erschließen. Dass die Kirche im 13. Jahrhundert Funktionen einer Pfarrkirche übernahm, lässt sich auch aus einem bei der Kirche in den 1270er Jahren nachweisbaren Friedhof schließen. Erwähnung findet dieser im Zusammenhang mit einem ortsansässigen Ministerialen, welcher sich, als beim Friedhof/Kirchhof in Thamsbrück wohnend, bezeichnet.220 Schon vor dem Hintergrund, dass es bei Stadtgründungen durchaus wünschenswert war, für die Stadt eine eigene Pfarrei oder wenigstens Kapellengemeinde einzurichten, welche aus dem Umland herausgelöst wurde,221 erscheint es außerdem mehr als wahrscheinlich, dass die Georgskirche schon im Zusammenhang mit dem Gründungsvorgang eingerichtet worden ist. Insofern legt die planmäßige Anlage der Stadt nahe, dass auch der Standort der Georgikirche von Anfang an festgelegt war. Wenn somit die Georgikirche, wie aus der Erwähnung eines Pfarrers durchaus zu schließen wäre, bereits 1196 vorhanden war, dürfte auch der Gründungsvorgang der Stadt schon abgeschlossen gewesen sein.222 Ob die Anlage der Stadt zu diesem Zeitpunkt noch im Entstehen oder bereits fertiggestellt war, muss dabei nicht weiter von Bedeutung sein, da der Gründungsvorgang auch den Beginn der Existenz der Stadt markiert. Somit scheint die Gründung der Stadt mit einiger Wahrscheinlichkeit spätestens in den 1190er Jahren erfolgt zu sein.223 Nicht unwahrscheinlich ist dieses vor allem
220 221 222
223
Johannes residens iuxta cymiterium Tungesbruken[…]. (UB Mühlhausen, Nr. 206). Vgl. JANNSEN: Pfarrorganisation, S. 76. Auf Grund der festen Einbindung der Georgikirche in die topographische Struktur des Ortes und ihre zentrale Lage ist nur schwer vorstellbar, dass beide nicht in einem engen Entstehungszusammenhang stehen. (Vgl. LIESENBERG: Planstädte, S. 59-73, insbesondere: S. 67-70.). Auch Hans Eberhardt legt die Gründung der Stadt in das 12. Jahrhundert. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts setzt in Thüringen eine Welle von landgräflichen Stadtgrün-
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auch deshalb, weil das ähnlich angelegte Creuzburg bereits zwischen 1170 und 1180 durch die Ludowinger gegründet worden ist. Auch das ebenfalls von Müller zu den strategischen Stadtgründungen hinzugezählte und wie Thamsbrück und Creuzburg planmäßig angelegte ludowingische Freyburg dürfte im späten 12. Jahrhundert als Stadt gegründet worden sein.224 Insofern scheint durchaus denkbar, dass Thamsbrück tatsächlich im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts, vielleicht sogar zeitgleich mit Creuzburg, im Rahmen einer ludowingischen „Städtegründungswelle“ zur Sicherung neuralgischer Punkte der Landgrafschaft angelegt worden ist. Damit wäre dann auch ein erster Hinweis auf den Hintergrund der Gründung Thamsbrücks gegeben. Die wohl wichtigste übergeordnete zentralörtliche Funktion des Ortes bestand jedoch laut Christine Müller als Mittelpunkt eines Landgerichtsbezirkes.225 Auch Hans Eberhard sieht die besondere Bedeutung des Platzes in dieser Rolle. Des Weiteren verweist er auf die anderen drei Landgerichtsstühle in Gotha, Weißensee und Buttelstedt, welche wie Thamsbrück Kernpunkte der landgräflichen Territorialbildung und ebenfalls Mittelpunkte eines Landgerichtsbezirks waren.226 Bereits oben ist aber vermerkt worden, dass die Existenz eines Landgerichtes in Thamsbrück zur Zeit der Stadterhebung keinesfalls gesichert ist.227 Thamsbrücker Schultheißen lassen sich zwar für die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts nachweisen, das Landgericht selbst wird aber erst nach der Jahrhundertmitte in den Quellen erwähnt.228 Auch im Fall Weißensee wird 1250 erstmals ein villicus genannt und ein plebiscitum erscheint zum ersten Mal in den 1270er Jahren.229 Ähnlich gelagert ist die Situation in Gotha. Erst seit den 1250er Jahren lässt sich hier ein Schultheiß greifen und ein Landgericht ist erstmals für 1288 nachweisbar, wobei nach Eberhardt seine Existenz bereits für die 1250er Jahre anzunehmen ist.230 Demgegenüber erscheint Gotha erstmals 1180/89 als civitas und Weißensee wird 1212 zum ersten Mal Stadt genannt.231 Thamsbrück ist, wie eben herausgearbeitet, wohl im ausgehenden 12. Jahrhundert gegründet worden. Diese Orte sind zum Teil mehr als 50 Jahre vor der sicher nachweisbaren oder als wahrscheinlich
224 225 226 227 228 229 230 231
dungen und Stadterhebungen ein. In diesem Zeitraum dürften Eisenach, Gotha, Sangerhausen, Creuzburg, Saalfeld und Weißensee entstanden sein. (Vgl. EBERHARDT: Frühgeschichte, S. 29.). Vgl. MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 91-104. MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 100. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 113-139. Vgl. oben. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 147f. Vgl. oben. FLACH: Entstehungszeit, S. 110. EBERHARD: Gerichtsorganisation, S. 149. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 161-163. FLACH: Entstehungszeit, S. 91 u.110.
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anzunehmenden Existenz eines Landgerichtsstuhles Stadt geworden. Etwas anders erscheint die Situation nur im Fall des Landgerichtsstuhls Buttelstedts. Hier setzt ein Stadtwerdungsprozess erst nach 1334 ein, demgegenüber wird bereits 1119 und 1120 ein legitimum placitum erwähnt.232 Demzufolge erfolgte wenigstens im Fall Thamsbrücks, Gothas und Weißensees die Stadtgründung nicht zwingend wegen der herausragenden Funktion als Landgerichtsort. Vielmehr geschah die Einrichtung von Landgerichtsstühlen möglicherweise eher wegen der territorialpolitischen Bedeutung der Orte innerhalb der Landgrafschaft, welche darüber hinaus als Städte auch landesherrliche Herrschaftszentren waren.
1.4.2 Die wirtschaftlichen Grundlagen und die weitere städtische Entwicklung 1.4.2.1 Markt und Münze Mehrfach ist bereits auf den Markt beim Kloster Homburg verwiesen worden. Insofern konnte ein eigener landgräflicher Markt in Thamsbrück nicht nur den für Homburg bestimmten Wirtschaftsverkehr abziehen, sondern auch das gesamte wirtschaftliche Potential der Umgebung abschöpfen. Damit dürften bei der Gründung Thamsbrücks auch wirtschaftspolitische Aspekte eine Rolle gespielt haben.233 Vor diesem Hintergrund ist doch die Anlage eines Marktes in Thamsbrück spätestens im Zuge der Stadtgründung als wahrscheinlich anzusehen.234 Ob in Thamsbrück bereits vor der Stadtgründung ein Markt vorhanden war oder dieser erst im Zuge der Gründung eingerichtet worden ist, lässt sich nicht entscheiden. Die Burg Thamsbrück hatte aber als zentraler Platz der Umgebung einen gehobenen Bedarf an Lebensmitteln und Waren aller Art. Deshalb soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass sich ein Nahmarkt bereits vor der Stadtgründung im Schutze der Burg entwickeln konnte.235
232 233 234
235
Dob I, Nr. 1137 u. 1150. FLACH: Entstehungszeit, S. 84. EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 155f. Vgl. oben. Vgl. Kap. I.2.3. Auf sehr wirkungsvolle Weise war es Heinrich dem Löwen vor 1158 gelungen, mittels des Marktes in München den Freisinger Markt auszuschalten. (SCHATTENHOFER: Art. München, S. 466.). Vgl. EBERHARDT: Frühgeschichte, S. 32-35.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
In den Schriftquellen nachweisbar ist ein Markt in Thamsbrück jedoch erst im Jahr 1304 durch die Erwähnung des Marktgerichtes in einer Urkunde für das Kloster Homburg. Erneut genannt wird das Marktgericht im Jahr 1328236 und noch einmal 1344.237 In einer weiteren für das Kloster ausgestellten Urkunde aus dem Jahr 1328 wird ein Sindoldus in foro als Zeuge einer Homburger Urkunde genannt.238 Im Jahr 1435 soll dann eine Quelle auf einen regelmäßig abgehaltenen Wochenmarkt verweisen und 1483 sollen die Herzöge Ernst und Albrecht von Sachsen der Stadt Thamsbrück unter anderem das Recht auf einen Wochenmarkt bestätigt haben. Auch wenn die entsprechenden Quellen trotz intensiver Recherche bisher nicht aufgefunden werden konnten,239 dürfte doch davon auszugehen sein, dass in Thamsbrück zur Sicherung des Bedarfs an alltäglichen Waren wenigstens einmal die Woche ein regulärer Wochenmarkt stattfand.240 Dass der Markt innerhalb der Stadt bereits seit der Stadtgründung existiert haben muss, wird aus dem Grundriss der planmäßigen Stadtanlage deutlich. Seine zentrale Lage spricht dafür, ihn von Anfang an als Komponente der Planstadt anzusehen.241 Bedeutung erlangt haben könnte der Markt auch wegen der direkten Lage Thamsbrücks an der Unstrut. Vielleicht war der Ort ein Umschlagspunkt für auf der Unstrut transportierte Waren,242 welche von hier aus dann weiter ins Umland gehandelt wurden. Die Binnenschifffahrt verlor vor allem auf den kleineren Flüssen im Laufe des 13. Jahrhunderts an Bedeutung. So führten in dieser Zeit technische Veränderungen in der Flussschifffahrt sowie im allgemeinen Transportwesen, aber auch die verstärkte Nutzung von Flüssen für den Fischfang und die damit verbundene Sperrung mittels Wehren zu einem Niedergang der Binnenschifffahrt.243 Insofern 236 237 238 239
240 241 242
243
Tylo von Salza verzichtet vor dem plebiscitum forensi in Thamsbrück auf Güter im Ort zugunsten des Klosters Homburg. (UB Homburg, B, Nr. 140.). Auch hier werden Rechtssachen des Klosters Homburg vor dem Marktgericht in Thamsbrück verhandelt. (UB Homburg. B, Nr. 144.). UB Homburg. B, Nr. 139. KORN: Art. Thamsbrück, S. 708. BLUMENTHAL: Ablaßfest, S. 259. GUTBIER: Dingstuhl, S. 405. Werner Schnellenkamp, der ansonsten archivalische Quellen angibt, verweist lediglich auf ältere Literatur, welche wiederum keine Hinweise auf die jeweiligen Quellen gibt: (SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 17 u. S. 39, Anm. 58. Mit Verweis auf: BLUMENTHAL: Ablaßfest, S. 259. GUTBIER: Dingstuhl, S. 405.). Die Existenz eines Marktes ist schon wegen der Nennung eines Marktgerichtes in den Jahren 1304, 1328 und 1344 unzweifelhaft. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. Bereits Michael Gockel verwies darauf, dass das etwas weiter westlich und somit weiter am Oberlauf der Unstrut liegende Großengottern auch zu Wasser bequem erreichbar gewesen sein muss. (GOCKEL: Art, Gottern, S. 170.). Zur Flussschifffahrt im Früh- und Hochmittelalter und seiner Rolle bei der Entstehung von Städten vgl. ELLMERS: Binnenschifffahrt, S. 137-147. ECKOLDT: Schifffahrt, S. 7-35.
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könnte auch Thamsbrück bereits im 13. Jahrhundert seine Rolle als Umschlagplatz für auf der Unstrut transportierte Waren verloren haben und in seiner Bedeutung als Marktplatz bereits kurz nach der Stadtgründung wieder herabgesunken sein. Bei diesen Vermutungen bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass der Transport von Waren auf diesem Teil der Unstrut bisher nicht nachzuweisen ist und somit auch die Funktion als ein Umschlagplatz solcher Waren nur angenommen werden kann. Indiz für die Schiffbarkeit der Unstrut ist vielleicht der Umstand, dass der Rat zu Langensalza 1570 in Creuzburg ein Schiff gekauft hatte, mittels welchem auf der Unstrut Fischfang betrieben werden sollte.244 Wobei einschränkend zu bemerken ist, dass nichts über die Größe des Bootes bekannt ist. Für ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Potential und überregionalen Marktverkehr scheint das Vorhandensein einer Münze in Thamsbrück zu sprechen. Im Jahr 1249 ist eine solche erstmals nachweisbar245 und es ist durchaus wahrscheinlich, dass sie bereits im Zuge der Stadtgründung durch den Stadtherrn eingerichtet wurde. Bis in die 70er Jahre des 13. Jahrhunderts tritt sie in den Quellen immer wieder entgegen. So wird in Zeugenlisten von Urkunden zwischen 1268 und 1277 ein Dithmarus monetarius genannt,246 welcher allerdings nur in einer Urkunde dieser Zeit mit der Herkunftsbezeichnung monetarius de Tungisbrucken erwähnt wird.247 Wegen des engen zeitlichen Zusammenhanges dieser Urkunden ist aber davon auszugehen, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt, welche als Münzmeister von Thamsbrück anzusehen ist. Werner Schnellenkamp schlussfolgert dann aus der Nichterwähnung einer Münze nach dieser Zeit und dem Umstand, dass seit dem 14. Jahrhundert die Nutzung der Langensalzaer Münze als Zahlungsmittel in Thamsbrück nachweisbar ist, dass ab dem Ende des 13. Jahrhunderts die Münze im Ort nicht mehr existierte.248 Jedoch wird noch in einer durch Förstemann dem 14. Jahrhundert zugeordneten, aber nicht genauer zu datierenden Urkunde ein monetarius de Thungisbrucken genannt.249 Falls sich Förstemann mit der Zuordnung der Urkunde ins 14. Jahrhundert nicht irrt, ist somit auch für diese Zeit noch eine Münze belegbar. Allerdings gibt es erhebliche Schwierigkeiten bezüglich der Datierung der Urkunde. Möglich ist sowohl eine Frühdatierung, vielleicht in die Zeit nach der Mitte
244 245 246 247 248 249
SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 220. Für das Jahr 1249 wird ein Sifridus monetarius de Tungisbruckin genannt. (Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Walthershausen, S. 65*.). UB Mühlhausen Nr. 183, 204, 206, 262. SHStA Dresden: 10001, Nr. 1065. SCHNELLENKAMP,: Thamsbrück, S. 39, Anm. 64. UB Homburg B, Nr. 147.
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des 13. Jahrhunderts. Genauso könnte sie auch ins frühe 14. Jahrhundert gehören.250 Deshalb kann die Existenz der Münze lediglich bis in das letzte Drittel des 13. Jahrhunderts als gesichert angesehen werden. Ebenfalls auf einen regen Geldverkehr und nicht unerheblichen Warenaustausch könnte die wahrscheinliche Anwesenheit von Juden in Thamsbrück hindeuten. Die Anwesenheit von Juden in der Stadt ist in der Forschung jedoch nicht unumstritten. So nennt zwar die Chronica S. Petri Erfordensis cont. III. Thamsbrück als einen der Orte, in welchem 1349 Juden verfolgt und getötet worden sind.251 Maike Lämmerhirt hält diese Nachricht jedoch für unsicher, schließt aber gleich-
250
251
Der hier genannte Otmarus monetarius könnte, da Ditmarus monetarius letztmalig 1284 in einer Urkunde als Zeuge entgegentritt, nach dieser Zeit das Münzamt innegehabt haben. Damit wäre das Jahr 1284 das frühestmögliche Jahr der Datierung dieser Urkunde. Falls der ebenfalls zeugende Johannes aput ecclesiam mit dem Johannes residens iuxta cymiterium Tungesbruken in einer Urkunde aus dem Jahr 1273 identisch ist, muss eine Datierung in die Jahre nach 1284 sogar als wahrscheinlich gelten, zumal ein Johannes apud ecclesiam auch 1277 zeugt. Eine Datierung in das frühe 14. Jahrhundert würde somit ein recht hohes Lebensalter dieser Peron voraussetzen. (UB Mühlhausen, Nr. 206, 262. WEGELE: Friedrich der Freidige, Nr. 25. UB Homburg, B, Nr. 135.). In einer Urkunde um das Jahr 1300 vermacht der eben genannte Ritter Johann von Thungisbrucken vor seinem Tod dem Kloster Homburg als Seelgerät 16 Schillinge jährlich und lässt sich anschließend in Thamsbrücker Urkunden nicht mehr feststellen. (Regesten Salza, Nr. 97.). Dieser Umstand spricht dafür, ein schon vorgerücktes Alter Johanns anzunehmen, welcher wiederum wegen der getätigten Selgerätsstiftung vielleicht schon selbst mit seinem bevorstehenden Ableben rechnete. Förstemann ordnet den in der Urkunde ebenfalls genannten, ansonsten aber nicht weiter erwähnten Abt Arnold des Klosters Homburg nach dem Abt Friedrich (1342- 1362) und vor den Abt Konrad (1401-1411) ein und hier folgt ihm dann auch Flachenecker. Beide geben aber außer der unsicheren Nennung keine Gründe hierfür an. (UB Homburg B, S. 43. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 624.). Ein Johannes apud ecclesiam wird aber in keiner der Thamsbrücker Urkunden aus dieser Zeit genannt. (UB Homburg, B, Nr. 37,49, 61, 63-65 u. 81.). Die anderen genannten Zeugen lassen sich ansonsten nicht weiter nachweisen. Bezüglich der Liste der Homburger Äbte bei Förstemann und Flachenecker, welche auf den urkundlichen Erwähnungen fußt, sei noch angemerkt, dass zwischen den einzelnen Äbten doch erhebliche Lücken klaffen. Allerdings lässt sich gerade für die Zeit des letzten Viertels des 13. Jahrhunderts recht durchgängig ein Abt Thimo nachweisen, welcher wenigstens bis 1300, möglicherweise aber auch noch einige Jahre später Abt war. Vielleicht war Arnold kurz nach Thimo und nur für wenige Jahre vor dem 1304 erstmals auftretenden Heinrich Abt von Homburg. Vor allem die doch erhebliche Lücke zwischen 1224 und den 1270er Jahren lässt es immerhin denkbar erscheinen, die Urkunde noch wesentlich früher zu datieren. (UB Homburg, B, S. 43. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 623f.). Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass bezüglich der Datierung der Urkunde doch erhebliche Schwierigkeiten bestehen. Chronica S. Petri Erfordensis cont. III, A. 1349, in: SS rer. Germ. 42, S. 379f.
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zeitig auf Grund der möglicherweise wesentlich höheren Dichte jüdischer Siedlungen in Thüringen die Anwesenheit von Juden im Ort nicht unbedingt aus. 252 Zwingend nachweisen lässt sich eine jüdische Siedlung in Thamsbrück aber nicht sicher.253 Lediglich Otto Korn verweist auf einen laut Überlieferung im Nordwesten vor der Stadt liegenden Judenfriedhof.254
1.4.2.2 Thamsbrück im regionalen und überregionalen Wegenetz In der Forschung findet sich immer wieder die Ansicht, vor allem die verkehrsgeographisch zunehmend isolierte Lage Thamsbrücks habe letztendlich dazu geführt, dass sich der Ort trotz der Einrichtung einer Münze und eines Marktes nicht entwickeln konnte. In der Folge sei Thamsbrück dann zunehmend von der günstiger gelegenen Nachbarstadt Salza abhängig geworden.255 Zunächst lag Thamsbrück aber sehr wohl an einem durchaus wichtigen Verkehrsweg. Hierauf deutet zumindest das aus dem Namen zu schlussfolgernde bereits sehr frühe Vorhandensein einer Brücke als Übergang über die Unstrut hin. Deshalb ist zu vermuten, dass ursprünglich ein Fernweg, welcher von Süden nach Norden führte, an dieser Stelle die Unstrut überquerte,256 während sich nach Müller der später bedeutendere Flussübergang dann bei dem östlich von Langensalza liegenden Merxleben befand.257 Christine Müller schlussfolgert vor diesem Hintergrund, dass die Stadtgründung möglicherweise der Versuch war, Thamsbrück wieder als Flussübergang zu festigen und den Hauptweg, welcher sich auf die Route Schönstedt – Langensalza – Merxleben verschoben hatte, wieder auf Thamsbrück zu verlagern. Wegen des noch im 14. Jahrhunderts in Thamsbrück erhobenen Geleites vertritt sie die Meinung, dieses sei wenigstens teilweise gelungen.258 Über das Alter der Thamsbrücker Geleitstation lässt sich aber nichts weiter aussagen.
252 253
254 255 256 257 258
LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 25, 28. Eine Jüdengasse oder -straße als Wohnort der jüdischen Einwohner Thamsbrücks oder ein Jüdenhügel als Begräbnisstätte wie im benachbarten Bad Langensalza ließen sich im Stadtplan nicht nachweisen. KORN: Art. Thamsbrück, S. 708. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 35. MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 98. Vgl. oben. MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 98. PATZE: Landesherrschaft, S. 39. Zum Geleit: Tungesbrugke[…]e) De conductu Erfordensi et in Guttern 250 marcas. (Übersicht über die alte Jahrrente, in: Registrum dominorum marchionum Missensium…, Anhang VI, Nr. 32, S. 425.). MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 98f.
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Gleichwohl lag der Ort im Schnittpunkt weiterer Verkehrsverbindungen, welche zwar nebengeordnet, aber für die Region nicht unwichtig waren. So könnte Thamsbrück durchaus ein Knotenpunkt gewesen sein, an dem Straßen abzweigten, welche sowohl nach Südwesten und Südosten als auch nach Nordosten und Nordwesten führten.259 Darüber hinaus verweist noch eine Beschwerde des Rates von Mühlhausen aus dem Jahr 1396 über Wegelagerei auf der Straße zwischen Salza, Tonna, Gottern und Thamsbrück, dass zu diesem Zeitpunkt hier noch ein intensiv genutzter Verkehrsweg bestand.260 Schon wegen dieser Beschwerde ist davon auszugehen, dass dieser Verkehrsweg wesentlich stärker frequentiert war, als Christine Müller annimmt, zumal die Beschwerde des Mühlhäuser Rates für erhebliche Auswirkungen auf den Handelsverkehr spricht. Somit ist auch Ende des 14. Jahrhunderts noch mit einer durchaus von Händlern genutzten Fernverbindung von Mühlhausen nach Erfurt über Thamsbrück zu rechnen.
1.4.2.3 Die wirtschaftlichen Grundlagen Grundsätzlich scheint Thamsbrück trotz einer bei der Gründung angedachten wirtschaftlichen Entwicklung nie über ein bäuerliches/ackerbürgerliches Niveau hinausgekommen zu sein. So hatte, wie bereits Christine Müller feststellte, Thamsbrück genauso wie Freiburg an der Unstrut 1367 als einzige wettinische Stadt in Thüringen eine Getreideabgabe zu leisten261 und auch das markgräfliche Register von 1378 weist außer der Bede und dem Zins ausschließlich bäuerlichländliche Abgaben auf.262 Christine Müller meint deshalb weiter, dass die Wirtschaftsstruktur der kleineren thüringischen Städte eher der von Dörfern als von Städten ähnelt und dieses müsse dann auch für Thamsbrück zutreffen.263 Jedoch ist eine solche Getreideabgabe zunächst nur Hinweis auf eine erhebliche Produktion oder einen größeren Umsatz von Getreide. Letzteres ist für thüringische Städte nicht ungewöhnlich. So erlaubte der fruchtbare Boden im Thüringer Becken die Ausfuhr erheblicher Getreideüberschüsse. Auch die größeren 259 260
261 262 263
MÜLLER: Die Stadt als Burg, S. 99. So beschwert sich der Rat von Mühlhausen darüber, daz Richard von Sebeche und Dither von Ruckersleibin met iren knechten und helffirn zcu Webirstete legin und uff der strasze czuschin Salcza, Tunna, Guttirn und Tungisbrucken die unszen suchen tegelichen zcu beschedigin. (Erbarmanschaft Wettinischer Lande 3, Nr. 128, S. 385.). SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 31. Registrum, Anhang VI, Nr. 32 c, S. 425. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 92. Diese Abgabe ist auch 1378 noch zu leisten. (Registrum Nr. XX a, 3.). Registrum. XX a, 1 u. 2; XX a, 4-8. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 199. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 92.
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Städte wie Erfurt, Mühlhausen, Gotha, Langensalza, Arnstadt und Meiningen betrieben einen umfangreichen Handel mit Getreide.264 Somit könnte diese Abgabe wiederum Hinweis auf Getreide als besonderes Handelsgut Thamsbrücks sein, welches gesondert und besonders besteuert worden ist. Gleichwohl ist auffällig, dass keine spezialisierten typisch städtischen Handwerke in Thamsbrück zu erkennen sind. Vielmehr listet das markgräfliche Register außer der Getreideabgabe lediglich weitere ausschließlich agrarische Abgaben auf. 265 Tatsächlich scheint demzufolge die städtische Bevölkerung zu großen Teilen dem landwirtschaftlichen Erwerb nachgegangen zu sein.266 Auch fällt auf, dass das markgräfliche Register von 1378 die für die kleine Stadt Thamsbrück immerhin nicht geringe Zahl von vier Mühlen nennt, aus welchen Abgaben an die Landgrafen abzuführen waren. Des Weiteren machen diese Abgaben aus den Mühlen die Hälfte aller im Register für Thamsbrück genannten Leistungen an die Landgrafen aus. Aus den Thamsbrücker Mühlen waren Getreideabgaben zu zahlen, woraus zu schließen sein dürfte, dass hier nur solches verarbeitet worden ist.267 Daraus wäre dann wiederum zu schließen, nicht nur der Getreideanbau selbst, sondern auch dessen Weiterverarbeitung spielte in Thamsbrück eine gewisse Rolle. Auch die Abgaben in den Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt aus den Jahren 1440-1443 sind fast ausschließlich ländlich/bäuerlicher Natur. Lediglich das zu entrichtende Waidgeld könnte Hinweis auf marktliche Abgabe und somit städtische Strukturen sein.268 In Erfurt war das Waidgeld für jeden verkauften Ballen Waid zu entrichten269 und im Zusammenhang mit Thamsbrück könnte eine solche Abgabe Hinweis auf einen tatsächlich nach wie vor existierenden Markt sein. Das Registrum von 1378 erwähnt diese Abgabe nicht.270 Es bestehen jedoch durchaus Zweifel, ob es sich beim Waidgeld in diesem Fall überhaupt um eine marktliche Abgabe handelte. Thomas von Buttelstedt erwähnt eine Abgabe, die sich Waidgeld nennt, auch für Herbsleben, welche nach dem markgräflichen Register bereits 1378 aus dem Ort zu entrichten war. Von Interesse ist vor allem der Eintrag im markgräflichen Register von 1378. Hier wird für Herbsleben vermerkt, dass diese Abgabe von jedem bestellten Acker an das Schloss zu entrichten war.271 Beim hier genannten Waidgeld handelt es sich 264 265 266 267 268 269 270 271
HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 33f. Registrum XX a. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 199. Registrum XXa, 1-8. Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 445-447. Erfurter Zuchtbrief von 1351, § 85. Registrum XIX, 6 u. XXa, 1-8. Vgl. Kap. II.5.5.4.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
demzufolge um eine grundherrliche Abgabe und nicht um eine auf den Verkauf erhobene Steuer. Dennoch ist das 1440/43 bei Thomas von Buttelstedt genannte weytgeld ein weiterer Hinweis auf die wirtschaftliche Grundlage der Stadt Thamsbrück im Spätmittelalter, welche dann, neben der Getreideproduktion im Wesentlichen auf dem Waidanbau und vielleicht auch dem Waidhandel beruht haben dürfte. Während die Stadt im markgräflichen Register zunächst mit ihren Abgaben extra und vom Schloss gesondert aufgelistet wird, erscheint sie im Register und im Summularium desselben Registers dann unter der Überschrift Tungisbrucken castrum cum pertinenciis eingeordnet.272 Demgegenüber erscheinen Städte wie Weißensee, Tennstedt und Creuzburg mit ihren Abgaben durchaus einzeln und von der Burg getrennt. 273 Somit spricht doch einiges für eine starke Abhängigkeit der Stadt von der Burg und damit auch vom Stadtherrn.
1.4.2.4 Thamsbrück als städtische Fehlgründung? Neben Markt und Münze sind seit dem Jahr 1270 und 1273 auch ein Rat mit Ratsmeistern, eine gemeinsam auftretende Bürgerschaft und ein Stadtsiegel direkt nachweisbar.274 Sie sind ab diesem Zeitpunkt bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts häufig in den Quellen zu finden. Die als Gemeinschaft auftretende Bürgerschaft erscheint dann allerdings 1326 vorerst letztmalig in der Überlieferung. Rat und Ratsmeister siegeln mit dem Stadtsiegel bis 1351 und sind dann ebenfalls zunächst nicht mehr in Urkunden anzutreffen.275 Zwar könnte ein solcher Umstand auf eine relative Quellenarmut zurückgeführt werden, jedoch ist allein schon wegen des im Stadtarchiv Bad Langensalza vorhanden Kopialbuches des Klosters Homburg die urkundliche Überlieferung für Thamsbrück recht gut. Darüber hinaus finden sich Burgmänner, Amtmänner, Vögte und Ritter, welche im Zusammenhang mit der Burg zu Thamsbrück und dem Amt Thamsbrück stehen, weiterhin in den Quellen und sind auch für die Zeit nach 1351 nachweisbar.276 Die Nichterwähnung von Rat, Ratsmeistern und der Stadtgemeinde als Rechtskörperschaft sowie das nicht mehr nachweisbare Stadtsiegel wiederum könnten Hinweis darauf sein, dass die städtische Entwicklung spätestens seit der 272 273 274 275 276
Registrum S. XX. Summularium III b, XVIb u. XVIIb. UB Mühlhausen, Nr. 206 u. 230. UB Homburg, B, Nr. 9f; 131-133; 136-144; 147. UB Homburg, B, Nr. 49; 151 u. 153-155.
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1. Hälfte des 14. Jahrhunderts stagnierte oder sogar zurückschritt. Auch überliefert Olearius eine Urkunde Landgraf Friedrichs aus dem Jahr 1421, mittels welcher der Landgraf in Anbracht der Gebrechen und Notdurft und Irrnis seines Städgens Thamsbrück erneut Stadtrecht und Freiheit erteilen musste.277 Des Weiteren wird der Ort 1405 und zwischen 1440 und 1443 sogar nur noch als Flecken bezeichnet.278 Thamsbrück scheint somit seinen städtischen Status nahezu eingebüßt zu haben und unterschied sich wohl nur noch unwesentlich vom Dorf. Noch im markgräflichen Register von 1378 und in einer landgräflichen Urkunde von 1399 wird Thamsbrück als Stadt in einer Reihe zwischen anderen Städten genannt.279 Grundsätzlich verstanden die Landgrafen den Ort somit nach wie vor als Stadt. In den Jahren 1448 und 1454 werden dann wieder ein Rat, die Ratsmeister sowie die Bürgergemeinde der Stadt Thamsbrück im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften erwähnt.280 Erneut erscheint der Rat dann wieder im Jahr 1492 in einer Urkunde. 281 Merkmale städtischer Selbstverwaltung sind im 15. Jahrhundert demzufolge wieder nachweisbar. Es bleibt zusammenfassend aber mehr als auffällig, dass die städtischen Selbstverwaltungsinstrumente, wie Rat und Ratsmeiser als auch die Bürgerschaft und das Stadtsiegel in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus den Quellen langsam verschwinden und dann spätestens ab den 1350er Jahren vorerst überhaupt nicht mehr nachgewiesen werden können, während sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts wieder in den Quellen anzutreffen sind. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass bereits in den Jahren vor der Mitte des 14. Jahrhunderts die städtische Verfassung Veränderungen unterworfen gewesen sein könnte, welche dann wiederum Ausdruck einer Rückentwicklung sein dürften. So kann aus dem Auftauchen von Heimbürgen, neben Schöffen im Jahr 1344 möglicherweise auf eine dörfliche beziehungsweise eine Mischverfassung geschlossen werden. Otto Korn meint, diese Heimbürgen sind das Ergebnis „des Eindringens landwirtschaftlicher Verhältnisse in die Stadt“, was wiederum zu einem Verfall der städtischen Freiheiten geführt hatte.282 Dieses könnte dann Hintergrund dafür sein, dass die Bürgergemeinde in den Quellen nach 1326 vorerst nicht mehr genannt wird. Eine Stagnation und Rückentwicklung könnte demzufolge bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts eingesetzt haben. 277 278
279 280 281 282
OLEARIUS II, S. 235f. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 37. UB Homburg B, Nr. 164. Primo ern Tilen und Otten von Sebech 3 marg an dem flecken zu Thungsbrucken. (Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 446. Erbarmanschaft Wettinischer Lande 3, Nr. 237, S. 397.). Registrum S. 422-425. CDS I, B 2, Nr. 243, § 3. StadtA Bad Langensalza Nr. I/2, Nr. IX/1. UB Homburg B, Nr. 161. KORN: Art. Thamsbrück, S. 708.
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In der Forschung wird Thamsbrück relativ schnell als eine städtische Fehlgründung betrachtet, welche vor allem wegen der schlechten Verkehrslage, aber auch durch den Aufstieg der Nachbarstadt Salza scheitern musste.283 Möglicherweise ist die ungünstige Entwicklung Thamsbrücks tatsächlich auf diese Umstände zurückzuführen und gerade die Entwicklung Salzas dürfte einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Stagnationsprozess in Thamsbrück gehabt haben. Nun ist aber bereits gezeigt worden, dass der Verkehrsweg Langensalza – Thamsbrück – Mühlhausen sehr wohl weiterhin genutzt wurde und somit wenigstens die Verkehrslage weniger ungünstig erscheint als angenommen. Insofern ist zu überlegen, ob nicht auch andere Hintergründe diesen Stagnationsprozess ausgelöst oder aber beschleunigt haben könnten. Häufig waren es aber Katastrophen oder Kriege, die dazu führten, dass gegründete Städte, welche eine zunächst durchaus günstige Entwicklung nahmen, im Zuge solcher Ereignisse in ihrer Entwicklung gehemmt worden sind, oder die städtische Entwicklung ganz unterbrochen wurde.284 Das relativ abrupte Verschwinden von Rat und Ratsmeistern aus den Quellen nach der Mitte des 14. Jahrhunderts lenkt wiederum den Blick auf ein europäisches Großereignis. Zwischen 1347 und 1351 wütete in Europa die Pest, in deren Folge es zu einem erheblichen Bevölkerungsrückgang kam. Die mit ihr einhergehenden massiven Auswirkungen auf Handel, Wirtschaft und das soziale Gefüge der Städte285 hinterließen möglicherweise auch in Thamsbrück nicht unerhebliche Spuren. Vorangegangen war zusätzlich ein Brand im Jahr 1335, welcher sowohl Stadt als auch Schloss zerstörte.286 Darüber hinaus waren im Jahr 1336 Erfurter Söldner gegen Thamsbrück gezogen.287 Nur wenige Jahre später brach in Thüringen die Grafenfehde aus und erfasste den gesamten thüringischen Raum. Hinweise darauf, dass auch bei Thamsbrück kriegerische Auseinandersetzungen stattfanden, gibt es durchaus. So gibt eine Urkunde Erzbischof Heinrichs von Mainz vom 27. April 1346 Auskunft über einen Vergleich hinsichtlich von im Krieg gegen den Markgrafen von Meißen bei Thamsbrück gemachter Gefangener.288 Darüber, ob Stadt und Burg selbst belagert worden sind, ist aber nichts überliefert.289 Von diesen nachweisbaren und zu vermutenden negativen Einflüssen scheint sich die Stadt, anders als die Nachbarstadt Langensalza, welche 1346 immerhin in der Auseinandersetzung um die Stadtherrschaft massiv zertört worden ist, nur 283 284 285 286 287 288 289
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 198f. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 35. Vgl. STOOB: Minderstädte, S. 22. BERGDOLT: Die Pest, S. 38-40. KORN: Art. Thamsbrück S. 708. PATZE: Politische Geschichte, S. 81. Regesten der Erzbischöfe von Mainz, Abt. 1, Bd. 2, Nr. 5444. PATZE: Politische Geschichte, S. 84-88.
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schwer wieder erholt zu haben. Bestätigt wird ein solcher Umstand dann auch durch die im markgräflichen Register von 1378 zu erheblichen Teilen als verwaist aufgeführten Burggüter.290 Die Erteilung des Privilegs von 1421291 spricht ebenfalls dafür, dass Thamsbrück in seiner Entwicklung offensichtlich erheblich geschädigt worden war und möglicherweise sogar städtische Merkmale verloren hatte.292 In ihrem Teilungsvertrag vom 3. Juli 1379 verfügten die Wettiner Friedrich, Balthasar und Wilhelm unter anderem, dass wegen des Mainzer Bistumsstreites durch den Inhaber Thüringens 40 Lanzen nach Creuzburg und durch die beiden anderen je 40 Lanzen nach Langensalza und nach Thamsbrück zu legen waren.293 Damit erhielt Thamsbrück in den Auseinandersetzungen militärstrategische Bedeutung und mit den 40 Lanzen im benachbarten Langensalza konzentrierten die Landgrafen Truppen auf engstem Raum. Daraus wird einerseits deutlich, dass Thamsbrück nach wie vor einen erheblichen militärstrategischen Wert in der Landgrafschaft darstellte. Andererseits ist dieses ein Hinweis darauf, dass Stadt und Burg über genügend Potential und Kapazitäten verfügen mussten, um die Versorgung der 40 Lanzen zu gewährleisten. So umfasste eine Lanze neben dem berittenen Kämpfer insgesamt etwa zehn Personen, welche zum Teil Kriegsvolk oder aber Bedienstete des Lanzenführers waren.294 Nach wie vor deutet aber die Neuerteilung des Stadtrechtes von 1421 auf massive Einschnitte in der städtischen Entwicklung des Ortes. Verstärkt wird dieses noch durch die in dieser Zeit erfolgte mehrfache Bezeichnung des Ortes als Flecken.295 Die Neuerteilung des Stadrechtes setzt aber voraus, dass die Landgrafen trotz des Aufschwunges der Nachbarstadt Langensalza weiterhin ein nicht unerhebliches Interesse am Ort gehabt haben dürften. Des Weiteren ist vorstellbar, dass in Thamsbrück ebenfalls noch eine bürgerliche Schicht vorhanden gewesen ist, welche an der Wahrung ihrer Rechte interessiert war. Auskunft darüber, wer um die Neuerteilung des Stadtrechtes bat, gibt die Urkunde von 1421 jedoch nicht. Sie erwähnt lediglich, dass die Erteilung des Stadtrechtes auf Rat der heimlichen Räthe und lieben Getreuen Mann erteilt worden ist. Wenigstens einer dieser Räte ist wegen seiner Nennung in der Zeugenliste recht si-
290 291 292 293 294 295
Summularium XX, 2, 3, 5, 6. Vgl. oben. OLEARIUS II, S. 235f. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 37. SHStA Dresden: 100001 ältere Urkunden, Nr. 4278. Inhaltlich zusammengefasst bei: LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 301f. GAMBER: Art. Lanze, Sp. 1707f. Vgl. oben.
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cher festzustellen. So wird sie mit Friedrich Graf von Beichlingen eingeleitet, welcher zu diesem Zeitpunkt einer der landgräflichen Räte war.296 Des Weiteren werden in der Zeugenliste der landgräfliche Marschall Albrecht von Harras und Tilo von Seebach erwähnt. 297 Wenigstens Marschall Albrecht dürfte zum engeren Kreis des Landgrafen zu rechnen sein.298 Darüber hinaus wird ein Marschall Albrecht 1411 im Umfeld Thamsbrücks genannt, als er für das Kloster Homburg eine Memorialstiftung tätigt.299 Auch Tylo von Seebach lässt sich im Zusammenhang mit Thamsbrück nachweisen. So bekennt er 1405, Grundbesitz vor dem Flecke zu Thungisbrucken vom Kloster Homburg auf Lebenszeit zu haben.300 Ob sich aus diesen zwei Nennungen eine engere Beziehung zu Thamsbrück ableiten lässt und in diesen Personen auch die Petenten für die Neuerteilung des Stadtrechtes zu sehen sind, welche dann möglicherweise eigene Interessen verfolgten, kann nur vermutet werden. Trotz der Neuerteilung des Stadtrechtes hat die Stadt aber wohl nie ihren ländlichen bäuerlichen Charakter verloren. Die Hegemahlsordnung der Stadt Thamsbrück aus dem Jahr 1481 enthält im Wesentlichen Bestimmungen landwirtschaftlicher Natur. Lediglich die Paragraphen 14 und 15 beinhalten ein Verbot der Verpfändung von Besitz der Stadtbewohner an Nichtbürger.301 Auch das landesherrliche Statut aus dem Jahr 1555 und seine Erneuerung aus dem Jahr 1668 sind stark durch den ländlichen Charakter des Ortes beeinflusst.302 Die Burg zu Thamsbrück muss sich spätestens zur Mitte des 15. Jahrhunderts ebenfalls in einem desolaten Zustand befunden haben. So berichtet Thomas von Buttelstedt, dasselbe slos zu Tungesbrucken ist vaste buwefellig, und were wol nod dasselbe sloss redelich zcu fertigen ehr das furder zcufellit303 und im Jahr 1502 verfügte der Amtmann zu Salza die Reparatur des Turmes zu Thamsbrück, um diesen vor einem
296 297 298
299 300 301 302
303
Zu Friedrich Graf von Beichlingen als Rat Landgraf Friedrichs: PATZE: Politische Geschichte, S. 182. OLEARIUS II, S. 235f. So heißt es in der Zeugenliste einer Urkunde Landgraf Friedrichs für den Ort Herbsleben vomn Jahr 1425: Albrecht von Harras unser marschalk[…](ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3, S. 258.). UB Homburg B, Nr. 52. UB Homburg B, Nr. 164. StadtA Bad Langensalza IV, 1. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 38. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 38. Das Original von 1555 liegt im Stadtarchiv Bad Langensalza, ist aber wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht einsehbar. Deshalb muss sich hier weitestgehend auf Werner Schnellenkamp verlassen werden. (StadtA Bad Langensalza I/4.). Die Erneuerung von 1668 ist nicht aufzufinden und muss vorerst als verschollen gelten. Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 449.
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weiteren Wasserschaden zu bewahren. 304 Noch im Lehnbuch Friedrichs des Strengen gibt es allerdings Hinweise darauf, dass anders als im markgräflichen Register von 1378305 in der Mitte des 14. Jahrhunderts Teile der Burggüter intakt gewesen sind. So besaß Gerung Salhut unam curiam castrensem in allodio Tungesprukke.306 Im Jahr 1448 gab dann Kurfürst Albrecht den getreuen Ratsmeistern zu Thamsbrück unwiderruflich fünf Hufen Burgland.307 Oben ist darauf hingewiesen worden, dass sich die Stadt wohl seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts schon in einem Stagnationsprozess befunden haben könnte, welcher anscheinend um die Mitte des 14. Jahrhunderts noch beschleunigt wurde. Der allgemeine Verfall des Ortes erreichte demzufolge auch die Burg. Der Verfallsprozess der Burg scheint aber anhand der Nennung der Burgmannen, welche nach 1350 noch häufiger in den Quellen zu finden sind,308 etwas später als der städtische eingesetzt zu haben. Während die Stadt aber seitens der Landgrafen in ihrer Erholung gefördert wurde, muss die Burg, wie die Veräußerung von Burggütern anzeigt, ihre Bedeutung verloren haben und zunehmend ungenutzt geblieben sein. Ein weiterer Umstand, welcher den Niedergang des Ortes und auch der Burg ausdrückt und gleichzeitig noch beschleunigt haben dürfte, war die Zusammenlegung der Ämter Salza und Thamsbrück und der damit verbundene Abzug der Vögte aus Thamsbrück. Somit verlor der Ort gegen Ende des 15. Jahrhunderts nun auch seine Zentralfunktion als Verwaltungsmittelpunkt an die Nachbarstadt Langensalza.309 In diesem Zusammenhang ist dann sicherlich auch der Verfall der landgräflichen Burg zu sehen, welche jetzt nicht mehr die landesherrlichen Amtsträger beherbergte. Darüber hinaus hatte sich unter Landgraf Wilhelm dem Tapferen in der Mitte des 15. Jahrhunderts der Schwerpunkt der Landgrafschaft verschoben. Weimar löste Eisenach als Hauptort ab. Hans Patze stellte deshalb fest: Die in Weimar ausgeführten Baumaßnahmen ließen die Mittel woanders fehlen und führten zum Verfall der Wartburg und der Burg Thamsbrück.310 Erkennbar wird der Niedergang Thamsbrücks möglicherweise noch an anderer Stelle. Als sich Landgraf Wilhelm 1460 berichten ließ, welche Truppenkontingente die Städte und Dörfer seines Herrschaftsbereiches stellen konnten, teilte der Rat zu Thamsbrück mit, dass die Stadt 30 Männer mit Harnisch und drei
304 305 306 307 308 309 310
StadtA Bad Langensalza, Magistrat I, Nr. IX/2. Vgl. oben. Lehnbuch Friedrichs d. Strengen XXXVII Districtus Thungispruken, Nr. 4. StadtA Bad Langensalza, Magistrat I, Nr. IX/1. Vgl. oben. KORN: Art. Thamsbrück, Kr. Langensalza, S. 708. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 234f.
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Heerwagen stellen konnte. An selber Stelle berichtet der Amtmann von Thamsbrück über die Aufgebote der Orte Bischoffsgottern, Schönstedt, Flarchheim, Welsbach, Töttleben, Sundhausen sowie das der drei Sömmern-Orte. Bis auf Bischoffsgottern und Welsbach waren alle diese Dörfer in der Lage wenigstens 20 Fußsoldaten und zwei Hauptleute zu stellen. Das Dorf Welsbach konnte nur zehn Fußkämpfer und einen Hauptmann stellen. Demgegenüber vermochte Bischoffsgottern sogar drei Hauptleute und 30 Fußsoldaten aufbieten. 311 Thamsbrück war demnach augenscheinlich kaum in der Lage, mehr Bewaffnete als die umliegenden Dörfer zum landgräflichen Aufgebot beizusteuern, wenngleich auch der Zusatz Harnisch auf eine gute Ausrüstung der Kämpfer verweist.312 Noch deutlicher wird Letzteres im Verhältnis zu den ebenfalls aufgelisteten landgräflichen Städten Salza und Kindelbrück. So konnte das benachbarte Salza immerhin 130 Gewappnete und 15 Wagen aufbieten und selbst die ausgesprochene Kleinststadt Kindelbrück konnte vier Wagen, acht Hauptleute und 34 Fußknechte zur Verfügung stellen.313
1.5 Der Rat und die städtische Oberschicht – die städtische Selbstverwaltung – Stadt- und Landgericht Erstmals Einblicke in die Zusammensetzung des Rates, aber auch die städtische Oberschicht gibt eine Urkunde aus dem Jahr 1270. In der Zeugenliste dieser Urkunde werden acht Namen genannt, welche sich durch die nachgenannte Erläuterung consules in Thungesbruken eindeutig als Mitglieder des Thamsbrücker Rates identifizieren lassen.314 In seiner Zusammensetzung fällt auf, dass bei wenigstens zwei der genannten Personen eine Zugehörigkeit zur Ritterschaft durch die Bezeichnung miles direkt erkennbar ist. Bei zwei weiteren genannten Zeugen ist die Zugehörigkeit zur Ritterschaft dadurch wahrscheinlich, da es sich um die Söhne
311
312 313 314
LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. R fol. 60b-62b XIX A, fol. 24f. u. 43. Bei Schnellenkamp ist die Blattnummer zu Bischoffsgottern fälschlicherweise mit 37 angegeben. (SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 40, Anm. 73.). Auf dem Blatt mit dieser Nummer findet sich jedoch die Rückmeldung der Stadt Gotha, während Bischoffsgottern mit anderen Dörfern auf Blatt 25 aufgelistet wird. Vgl. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 35. LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. R fol. 60b-62b XIX A, fol. 44 u. 49. UB Mühlhausen, Nr. 206. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 204, mit Anm. 226.
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anderer eindeutig als Ritter bezeichneten Personen handelt. 315 Der ebenfalls erwähnte Johannes residens iuxta cymiterium Tungesbruken316 gehört, falls er mit dem später mehrfach genannten Johannes apud ecclesiam miles317 identisch ist, ebenfalls zur Ritterschaft. Somit ist bei möglicherweise fünf der acht genannten consules von einer Zugehörigkeit zur Ritterschaft auszugehen.318 Die konkrete Aufgabe dieser Ritter dürfte die Burgbesatzung gewesen sein.319 Lediglich drei der Ratsmänner könnten demzufolge direkt aus der Bürgerschaft stammen, wobei bei Ditmarus monetarius in seiner Eigenschaft als Inhaber des Münzamtes320 nicht klar ist, in welchem Verhältnis er zum landgräflichen Stadtherrn stand. Ob eine solche Zusammensetzung des Rates aus einem stadtherrlichen Interesse hervorgegangen ist321 oder diese Ritter auf Grund ihrer Tätigkeit und einem damit verbundenen wirtschaftlichen Aufstieg in die städtische Elite eingerückt waren, ist nicht mehr zu klären. Burgamt und Bürgerschaft schlossen sich bei diesen wahrscheinlich aus der landgräflichen Ministerialität erwachsenen Rittern nicht mehr aus. 322 Christine Müller meint sogar, dass der Begriff ministerialische Bürger, wie er von Matthias Kälble für Freiburg im Breisgau herausgearbeitet worden ist,323 für die kleinen landesherrlichen Gründungsstädte besonders passend ist.324 Die Ritter der Thamsbrücker Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts waren wohl in der Stadt selbst ansässig. Beobachten lässt sich dieses an derjenigen Familie, welche sich nach ihrem Wohnsitz apud ecclesiam, by der kerchen oder residens iuxta cymiterium nannte. Personen, welche zu jener Familie gehörten, lassen sich von 1270 bis 1340 nachweisen.325 Wenigstens bei den Herren von Ubech, Uveche oder
315 316 317 318 319 320 321
322 323 324 325
Cunradus Olla de Mulhusen, Bertoldus miles de Wurbeze, Herdeynus filius eiusdem, Reinhardus miles dictus de Sala, Cunradus filius ipsius. (UB Mühlhausen, Nr. 206.). UB Mühlhausen, Nr. 206. WEGELE: Friedrich der Freidige, Nr. 25. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 204, inkl. Anm. 226. UB Homburg B, Nr. 141. UB Mühlhausen, Nr. 206. Für Christine Müller spielt gerade in Kleinstädten der enge Bezug dieser ehemaligen Ministerialen zum Stadtherrn eine Rolle. (MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 204, Anm. 227.). Vgl. FLECKENSTEIN: Ministerialität und Stadt, S. 1-15. SCHULZ: Ministerialität, S. 16-42. KÄLBLE: Herrschaft und bürgerlicher Freiheit, S. 204. KÄLBLE: Herrschaft und bürgerlicher Freiheit, S. 145. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 204, Anm. 227. UB Mühlhausen 206 u. 262. WEGELE: Friedrich der Freidige, Nr. 25. UB Homburg B, Nr. 131, 149 (unsicher), 132, 136f., 142, 146 u. 149. Regesten Salza, Nr. 97.
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Wurbeze ist über zwei, vielleicht sogar drei Generationen hinweg eine Burgmannschaft in Thamsbrück nachweisbar.326 Vor diesem Hintergrund ließen sich sicherlich auch eine Ansässigkeit wenigstens von Teilen der Familie in der Stadt und eine damit verbundene Zugehörigkeit zur städtischen Oberschicht schlussfolgern. Deutlich wird ein solcher Umstand auch daran, dass 1304 Ludewicus de Ubeche, Theodericus apud ecclesiam, Henricus Schetcil milites totaque universitas civium in Thungesbrucken bekennen, dass ihr Mitbürger Johann von Langefelt vor dem plebsicitium forensi auf Eigentum zugunsten des Klosters Homburg verzichtet hat.327 Nun verweist aber Isenmann darauf, dass die Ministerialität und die sich aus ihr entwickelnden milites für die Entstehung des Patriziats eher in den südwestdeutschen Städten eine Rolle spielten, während ihr Einfluss in den Städten nach Nordosten hin abnimmt und gerade in den Gründungsstädten des hochmittelalterlichen Landesausbaus die freie Kaufmannschaft eine überragende Rolle spielt.328 Augenscheinlich ist dieses in Thamsbrück nicht der Fall. Vielmehr scheinen die aus der Ministerialität erwachsenen Rittergeschlechter zunächst eine nicht unerhebliche Rolle bei der Herausbildung ratsfähiger Geschlechter gespielt zu haben und sie stellten wohl weite Teile der städtischen Oberschicht. Hintergrund hierfür dürfte sein, dass sich in Thamsbrück, wegen der doch anzunehmenden schlechten wirtschaftlichen Entwicklung keine ausgeprägte Schicht von Kaufleuten entwickeln konnte. Erst mit dem Niedergang der Burg im 15. Jahrhundert dürfte der Einfluss der Ministerialen auf die Stadt zurückgedrängt worden sein und möglicherweise wurden sie „bloße“ Bürger der Stadt Thamsbrück. Zumindest bei einem nicht näher genannten miles de Hopfgarten, dictus miles de Grussen, welcher 1326 und 1328 in Thamsbrücker Urkunden zeugt und sich 1326 selbst als Bürger bezeichnet, fällt auf, dass die nachfolgenden Generationen nicht mehr mit dem Zusatz miles genannt werden.329 Bei den häufig in Thamsbrücker Urkunden auftauchenden Familie bey der Kerchen nennen sich Vertreter im 13. und 14. Jahrhundert mit und ohne dem Zusatz miles. Während in einer Urkunde von 1270 vier der Zeugen als miles bezeichnet werden, erscheint Johannes residens iuxta cymiterium in derselben ohne diese Bezeichnung und auch 1277 werden Iohannes apud ecclesiam und Theodericus apud ecclesiam nicht als milites erwähnt. In letzterer Urkunde sind alle Zeugen ohne 326
327 328 329
Bertholdus miles de Wurbeze (Urkunden von 1270, in: UB Mühlhausen, Nr. 206, Ludewicus de Uveche (Urkunde von 1288, in: UB Homburg B, Nr. 131.). Lodewicus de Ubech miles (Urkunden von 1291 u. 1300, in: UB Homburg B, Nr. 132 u. 135.). Hermann de Ubeche (Urkunde von 1304, in: UB Homburg B, Nr. 144.) Herrmann und Friedrich de Ubeche (Urkunde von 1340, in: UB Homburg B, Nr. 141.). UB Homburg B, Nr. 136. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter S. 276-278. UB Homburg B, Nr. 138f., 142 u.153.
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den miles- Zusatz aufgeführt und bei keinem der anderen genannten Zeugen lässt sich eine Zugehörigkeit zur Ritterschaft in den Quellen feststellen. Erst 1284 ist Iohannes apud ecclesiam mit dem Zusatz miles anzutreffen. In der Folge nennen sich Vertreter der Familie in den urkundlichen Quellen häufig miles, sind in den Urkunden aber durchaus auch ohne diesen Zusatz zu finden, wobei festzuhalten ist, dass sie nur dann nicht mit dem Zusatz erwähnt werden, wenn dieses auch bei den übrigen Zeugen nicht der Fall ist.330 Noch 1340 dürfte Heinrich by der kerchen in seiner Eigenschaft als castrensis der Burg zu Thamsbrück zur Ritterschaft zuzurechnen sein, während er 1344 in einer Urkunde nicht als Ritter bezeichnet wird.331 Der Verzicht auf die zusätzliche Bezeichnung als miles in etlichen Urkunden könnte Hinweis darauf sein, dass die Zugehörigkeit zu diesem Stand nicht immer im Vordergrund stand, sondern die Zugehörigkeit zur städtischen Bürgerschaft gelegentlich bedeutender war. Es ist nicht auszuschließen, dass die betreffenden Personen in den Fällen, in denen sie in ihrer Eigenschaft als landgräfliche Vasallen urkundeten oder zeugten, sich dann auch als Ritter bezeichneten, während sie, wenn sie als Thamsbrücker Bürger auftraten, auf diese Nennung verzichteten. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts lassen sich dann in den Zeugenlisten der wenigen dafür nutzbaren Urkunden keine Personen mehr finden, welche unzweifelhaft gleichzeitig der Ritterschaft und der Bürgerschaft zugerechnet werden können. Die wenigen zur Burgmannschaft gehörenden Personen, welche in Urkunden erwähnt werden, scheinen deshalb nicht mehr im selben Maße wie vorher der Bürgerschaft und der bürgerlichen Elite der Stadt anzugehören.332 Neben den oben genannten Personen finden sich in den Urkunden des Thamsbrücker Land- und Stadtgerichtes schon im späten 13. Jahrhundert immer wieder solche ohne die Zusatzbezeichnung miles.333 Diese als die nichtritterlichen Bürger der Stadt anzusprechen, dürfte sicherlich nicht falsch sein. Eindeutig als Bürger in Thamsbrück beziehungsweise als dort wohnhaft bezeichnet wird Johann von Lengefelt,334 welcher zwischen 1289 und 1328 in den Urkunden genannt wird. Eine Zugehörigkeit zur Ritterschaft lässt sich bei ihm nicht erkennen.335 In ihrer Untersuchung der Geschichte Thamsbrücks unter den Ludowingern hat Christine Müller darauf verwiesen, dass ab dem 13. Jahrhundert Urkunden 330 331 332 333 334 335
UB Mühlhausen, Nr. 206, 262. WEGELE: Friedrich der Freidige, Nr. 25. UB Homburg B, Nr. 131f., 135-137 u. 147. UB Homburg B, Nr. 141f. UB Homburg B, Nr. 156-163. UB Mühlhausen, Nr. 206, 262, 349. UB Homburg B, Nr. 131, 133, 135-144, 146, 149 u. 153-159. UB Homburg B, Nr. 136f. u. 144. WEGELE: Friedrich der Freidige, Nr. 25. UB Homburg B, Nr. 136, 138f. u. 144.
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überliefert sind, in welchen Güterauflassungen vor dem Landgericht Thamsbrück beurkundet werden, diese jedoch durch Schöffen und Schultheißen der Stadt Thamsbrück ausgestellt und mit dem Stadtsiegel336 beglaubigt worden sind. Das Amt des Landrichters wurde fast immer durch den jeweiligen Schultheißen von Thamsbrück ausgeübt und er handelte meist im Auftrag des Landgrafen. Christine Müller verweist dann darauf, dass eine solche Personalunion zwischen Landund Stadtgericht bei Städten, welche Mittelpunkt eines Landgerichtsbezirkes waren, nicht auszuschließen ist, grundsätzlich jedoch als Ausnahme angesehen werden muss. Eine solche Personalunion zwischen Stadt- und Landgericht lässt sich ansonsten in kleineren Städten in Thüringen nicht nachweisen, wobei darauf zu verweisen ist, dass hierfür vor allem geeignete Quellen fehlen.337 Des Weiteren formuliert Müller „dass hier das Landgericht zum Anlass genommen wurde, eine städtische Verfassungsstruktur gewissermaßen vorzutäuschen, bzw. nachzuahmen.“338 Sie geht sogar so weit, zu behaupten, das städtische Gericht und das Landgericht seien identisch.339 Allerdings tritt in mehreren Urkunden zwischen 1304 und 1344 ein Gericht in Erscheinung, welches offensichtlich vom Landgericht unabhängig war. In den Urkunden aus dieser Zeit wird es entweder als placitum forense oder Marktding bezeichnet.340 Auch hier hat Christine Müller festgestellt, dass die verhandelten Sachen sich nicht grundlegend von denen des Landgerichtes unterschieden und es ihrer Meinung nach nur eingeschaltet worden ist, um Güterauflassungen, welche die städtische Bürgerschaft oder die Stadt betreffen, zu verhandeln.341 Grundsätzlich scheinen das Markt- und Landgericht aber dennoch zwei vollkommen unterschiedliche Einrichtungen zu sein. Somit kann es sich letztendlich bei diesem Marktgericht nur um das tatsächliche Stadtgericht handeln, während die anderen überlieferten Fälle tatsächlich vor dem Landgericht verhandelt wurden, aber mit dem Siegel der Stadt beglaubigt worden
336
337 338 339 340 341
Das Stadtsiegel zeigt einen über eine Brücke reitenden Ritter mit Fahne und Schild und trägt die Umschrift SIGILLVM CIVITATIS TUNGESBRUKIN. Auch wenn der früheste Belege dieses Siegels aus dem Jahr 1270 ist, vertritt Christine Müller auf Grund der Analogien zum Weißenseer Stadtsiegel die Auffassung, es handele sich um ein Siegel ludowingischer Zeit. Hauptähnlichkeiten sieht sie im Umstand der Abbildung des Stadtherren und den spezifischen Wahrzeichen der Stadt. (MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 207). Gustav Sommer erkannte im Reiter den Stadtpatron Thamsbrücks, den heiligen Georg. (OTTE/SOMMER: Langensalza, S. 77.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 200. Vgl. auch: EBERHARDT: Die Gerichtsorganisation, S. 173-176. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 200 u. 204. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 204. UB Homburg B, Nr. 136, 140, 142 u. 144. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 204, Anm. 228.
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sind, wobei sowohl Schultheiß als auch die Schöffen gleichzeitig für das Landund das Stadtgericht amtierten.342 Eine ähnliche Struktur der Gerichte deutet sich auch in der benachbarten Reichsstadt Mühlhausen an. Neben dem städtischen Gericht gab es das sogenannte Schultheißengericht. Letzteres war für das Landfriedensrecht sowie den Reichsbesitz zuständig, während das städtische Gericht die Niedergerichtsbarkeit ausübte und in seinem Ursprung Angelegenheiten des Marktes regelte. Noch im wohl Anfang des 13. Jahrhunderts entstandenen Mühlhäuser Rechtsbuch hatte der Schultheiß den Vorsitz in beiden Gerichten.343 Insofern könnte auch eine Personalunion zwischen dem Thamsbrücker Landgericht und dem Marktgericht durchaus der Normalität entsprechen. Mit dem 1421 ausgestellten Stadtrechtsprivileg wird der Stadtgemeinde erlaubt, dass sie nicht nur ihre Ratsmeister und Ratsleute, sondern auch Schöppen kiesen und setzen sollen unser Stadt Thungisbrücken treulich zu seyn und an unserm Gerichte zu sitzen.344 Dieses Gericht wird zwar nicht eindeutig als Landgericht bezeichnet, jedoch dürfte es von dem später gleichfalls in der Urkunde genannten Marktding zu unterscheiden sein. Des Weiteren ist aus der Bezeichnung an unserm Gerichte abzuleiten, dass es sich um ein landgräfliches Gericht handelte. Damit wird zunächst deutlich, dass die Schöffen am landgräflichen Landgericht aus der städtischen Bürgerschaft rekrutiert worden sind.345 Der Stadt wurde demzufolge letztendlich erlaubt, durch die Wahl der Schöffen das landgräfliche Gericht zu besetzen, bei welchem es sich dann um das Landgericht gehandelt haben dürfte. Auffällig ist jedoch, dass das städtische Gericht nie eindeutig Stadtgericht genannt worden ist, sondern immer nur als Marktgericht bezeichnet wurde. Dieses wiederum könnte nahelegen, dass es sich lediglich um ein Gericht handelte, welches ausschließlich für die Aufrechterhaltung und die Überwachung der Marktordnung zuständig war.346 Gleichzeitig kann Marktgericht aber auch bloß das Gericht eines Marktortes meinen, welches dann vom Stadtgericht zu unterscheiden ist.347 Die vor dem Marktgericht verhandelten Sachen gehen jedoch über die Aufrechterhaltung und Überwachung der Marktordnung hinaus.348 Auch im Mühl-
342 343 344 345 346 347 348
EBERHARDT: Gerichtsorganisation, S. 174f. und Anmerkung 350, S. 175. PATZE: Rechtsbuch, S. 437-440. Zur Entstehungszeit: MEYER: Reichsrechtsbuch, S. 38-72. PATZE: Rechtsbuch, S. 441. OLEARIUS II, S. 236. …, ausgeschlossen, wer eine Klage erhebt und Hunt(?) vor dem Markt-Dinge[…]. (OLEARIUS II, S. 236.). Vgl. ISENMANN, Stadt im Spätmittelalter, S. 152. Marktgericht in: DRW IX, Sp. 264f. Vgl. ENNEN: Art. Markt und Stadt, Sp. 330-335. Vgl. oben.
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häuser Rechtsbuch wird das städtische Gericht der Reichsstadt noch als Marktding bezeichnet.349 Insofern könnte es sich bei Thamsbrücker Marktding tatsächlich um das für den Ort zuständige städtische Gericht handeln. Dennoch bedarf die Bezeichnung Marktgericht weiterführender Erklärung. Da gezeigt worden ist, dass das Thamsbrücker Marktgericht Gerichtssachen über die Marktgerechtigkeit hinaus behandelt und somit auch als städtisches Gericht in Erscheinung tritt, ist die Bezeichnung möglicherweise auch Hinweis auf die eingeschränkte städtische Qualität des Ortes an sich. Der Begriff könnte noch im 14. und 15. Jahrhundert gebraucht worden sein, weil Thamsbrück sich kaum über den Status eines Marktortes hinaus entwickelt hatte. So vertritt Herbert Meyer im Zusammenhang mit dem im Mühlhäuser Rechtsbuch genannten Mühlhäuser Marktding die Auffassung, das städtische Gericht sei noch im frühen 13. Jahrhundert so bezeichnet worden, weil das Rechtsbuch in einer frühen Phase der Entwicklung des Mühlhäuser Stadtrechtes entstanden ist, und zwar zu einem Zeitpunkt, als Land- und Stadtrecht noch nicht klar voneinander geschieden waren.350 Meyer verweist demzufolge auf den Umstand, dass der Begriff Marktding ein Relikt frühstädtischer Entwicklung sein könnte. Deshalb dürfte wohl zu schlussfolgern sein, dass die Bezeichnung Marktding in Mühlhausen noch in engerer Beziehung zum Markt und Marktrecht steht. Es ist ursprünglich das Gericht der Kaufleute und beschränkt sich auf die Niedergerichtsbarkeit. Zu unterscheiden ist es vom Schultheißengericht, welches im Wesentlichen für die Reichsgüter in und um Mühlhausen zuständig war. Aus diesem Marktgericht entwickelte sich in Mühlhausen, wie auch andernorts das Schiedsgericht des Rates.351 Anhand dieser Zusammenhänge würde dann deutlich werden, dass sich wohl auch das Thamsbrücker Stadtgericht aus dem Marktgericht entwickelt haben dürfte. Darüber hinaus könnte es sich auch beim als Marktgericht bezeichneten Thamsbrücker Stadtgericht um ein Relikt frühstädtischer Entwicklung aus der Gründungszeit der Stadt handeln. Über die Besetzung des Marktgerichtes gibt die oben bereits besprochene Urkunde von 1344 Auskunft. In dieser bezeugen Fritzsche von Hopfgarten, Heinrich Widerold, ein nicht näher bezeichneter Waynsmer, Heyno Wert und Eckhard Ulrich ein vor dem Marktding getätigtes Rechtsgeschäft. Diese fünf Personen werden als Schöffen und Heymbürgen der Stadt Thamsbrück bezeichnet.352 Das Marktgericht setzte sich demzufolge aus fünf Personen zusammen. In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf die Frage zurückzukommen, ob, wie Otto Korn meint, die Nennung von Heimbürgen im Zusammenhang mit 349 350 351 352
MEYER: Mühlhäuser Reichsrechtsbuch, Nr. 45, S. 168-171 u. Erläuterung, S. 60. MEYER: Reichsrechtsbuch, S. 61f. Vgl. PATZE: Rechtsbuch, S. 437-440. UB Homburg B, Nr. 142.
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dem Marktgericht tatsächlich Ausdruck einer Rückentwicklung ist. Grundsätzlich bleibt zunächst einmal festzustellen: In einer Urkunde aus dem Jahr 1290 wird Thamsbrück nach wie vor als Stadt bezeichnet. Die Heimbürgen werden bis auf die gleich zu besprechende unsichere Ausnahme ansonsten nicht wieder im Zusammenhang mit Thamsbrück erwähnt. So zeugt in einer Urkunde, in welcher die Auflassung von Gütern für das Kloster Homburg bestätigt wird, ein Conradus heymburge. Genannt wird dieser Conradus heymburge nach einem Theodericus miles und als anschließende Zeugen werden ein Lutherus, Christianus Cancer, Erhardus Schenke und ein Cristianus Schorbrand aufgeführt.353 Es ist anhand des im Homburger Kopialbuch überlieferten Tetxes nicht zu entscheiden, ob der Zusatz Heymbürge ein tatsächliches Amt meint oder hier bereits zu einem Namenszusatz geworden ist. Die Zusatzbezeichnung des vorangehenden Dietrichs als Ritter und die direkt nachfolgende Nennung eines Lutherus ohne weitere Zusätze könnte auf Ersteres verweisen. Demgegenüber tragen die nachfolgend aufgeführten Personen einen Namenszusatz in Form eines Nachnamens. Dieser Umstand wiederum könnte bedeuten, auch bei der Bezeichnung Heymburge handele es sich um einen solchen. Sollte jedoch Ersteres zutreffen, war das Amt des Heimbürgen bereits im späten 13. Jahrhundert vorhanden. In einem solchen Fall kann die Nennung kaum im Zusammenhang mit einer Rückentwicklung stehen. Dann wäre vielmehr zu überlegen, ob der Heimbürge nicht Relikt einer älteren frühen städtischen Entwicklung ist. Auch hier lässt sich ein ähnliches Phänomen im Mühlhäuser Rechtsbuch feststellen. Dieses kennt noch das sogenannte Heimbürgengericht, welches das genossenschaftliche Flurgericht ist, dem alle Bürger als Gerichtsgenossen angehören. Dieses Gericht reicht aller Wahrscheinlichkeit nach bis weit in die Frühzeit Mühlhausen zurück. 354 Das Thamsbrücker Marktgericht könnte deshalb ebenfalls Elemente des ehemaligen Flurgerichtes enthalten. Insofern kann es auch das ursprüngliche Flurgericht gewesen sein, welchem im Zuge der Stadtgründung und der Stadtentwicklung noch der marktliche Rechtsbereich beigegeben worden ist, und dabei hat es dann auch den Namen Marktgericht übernommen. Gleichwohl bleibt zu bemerken, dass der Rechtsbereich des Mühlhäuser Flurgerichtes im Mühlhäuser Rechtsbuch eindeutig vom Marktgericht getrennt war.355 Zweimal lassen sich in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Ratsmeister in den Quellen greifen. Im Jahr 1340 bezeugen die Ratsmeister Heyno dictus landtgrave und Reinhard Wigand durch das Anhängen des Stadtsiegels ein Rechtsgeschäft Johanns von Lengefeld und 1351 bekennen die Ratsmeister zu Thungisbrucken Bertold 353 354 355
UB Homburg B, Nr. 149. PATZE: Rechtsbuch, S. 439. MEYER: Reichsrechtsbuch, S. 61.
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Waynsmer und Kurt Wundolt zusammen mit Hermann von Widen und Burkart Helsewecke ein Rechtsgeschäft Dietrichs am Graben mit dem Kloster Homburg.356 Bei keinem dieser Ratsmeister ist eine Zugehörigkeit zur Ritterschaft erkennbar. Augenscheinlich lag wohl wenigstens die Besetzung der höchsten städtischen Ämter zu dieser Zeit fest in der Hand der Bürgerschaft. Im Jahr 1443 bekennen dann neben den Ratsmeistern auch zwei Kämmerer ein Rechtsgeschäft. So wie bei den Ratsmeistern ist bei den Kämmerern Andreas Salfeld und Heinrich Smol keine Zugehörigkeit zur Ritterschaft erkennbar.357 Über die Zusammensetzung des Rates in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts geben dann sechs Wahlanzeigen aus den Jahren 1463, 1465, 1472, 1473, 1476 und 1482 Auskunft. In diesen bat der alte Rat zu Thamsbrück jeweils den wettinischen Landgrafen um Bestätigung des neu gewählten Rates. Anders als der in der Urkunde von 1270 entgegentretende Rat mit acht Mitgliedern, setzt sich im späten 15. Jahrhundert der Thamsbrücker Stadtrat jedoch nur noch aus sechs Räten zusammen. Zwei dieser Räte standen der Stadt und dem Stadtrat als Ratsmeister vor, zwei wurden zu Kämmerern gewählt und die andern zwei werden als Ratskumpanen und Beistände bezeichnet und waren damit einfache Mitglieder des Rates.358 Der Rat war demzufolge von acht auf sechs Mitglieder reduziert worden und darüber hinaus ist auch in diesen Fällen bei keiner der gewählten Personen eine Zugehörigkeit zum Ritterstand erkennbar. Somit hatte sich bis ins späte 15. Jahrhundert durchaus eine städtische bürgerliche Schicht, aus der sich die Ratsmitglieder rekrutierten, fest etabliert. Dennoch könnte aus der Reduzierung der Ratsmitglieder geschlussfolgert werden, dass die Einwohnerzahl Thamsbrücks zu gering war, um ausreichend viele ratsfähige Geschlechter für einen umfangreicheren Rat hervorzubringen. Des Weiteren war ein größerer städtischer Rat wegen der geringen Einwohnerzahl vielleicht gar nicht notwendig.359 Ebenfalls lässt sich noch eine weitere Entwicklung greifen. Während die zwei Wahlanzeigen von 1463 und 1465 lediglich über vom Rat erwählte Ratsmitglieder berichten, tritt in den vier folgenden eine Differenzierung entgegen. Exemplarisch soll hier der entsprechende Teil der Wahlanzeige aus dem Jahr 1473 angeführt werden. In diesem Schreiben wird angezeigt, dass Ditterichen Tensteden und Ditterichen Drescher zu Ratismeistern, Henre Amera von des Ratis wegen und Michel Guschengopff von der Gemeyne wegen zu Kemeren, Oswalden Rosten von des Ratis wegen und Hansen Urleiben von der Gemeyne wegen zu Ratiskumpan und zu Bistandern gewählt worden
356 357 358 359
UB Homburg B, Nr. 141 u. 143. UB Homburg B, Nr. 157. LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. Hh 1531, fol. 1-6. Vgl. PLANITZ: Stadt im Mitelalter, S. 312.
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sind.360 Während die dem Rat vorstehenden Ratsmeister offensichtlich durch den alten Rat ernannt worden sind, wurden jeweils ein Kämmerer und ein weiteres Mitglied durch die Gemeinde und ein Kämmerer und ein Ratskumpan durch den alten Rat bestimmt. Damit lässt sich zwischen den 1460er und den 1470er Jahren eine dahingehende Entwicklung greifen, dass die Stadtgemeinde an der Ratsbesetzung mitwirken konnte und sie damit auch eine Teilhabe und ein Mitbestimmungsrecht an der städtischen Verwaltung erreicht hatte. Ob es dabei auch, wie in größeren Städten zu beobachten ist, zu einer Teilung der Macht zwischen den alten Ratsgeschlechtern und der in Zünften organisierten Bürger kam, beziehungsweise Letztere jetzt auch in den Rat gewählt werden konnten, lässt sich nicht erkennen.361 Immerhin ließen sich Zünfte oder Innungen in Thamsbrück anhand der Quellen bisher nicht nachweisen. Ihre Existenz sollte aber dennoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. So ist gerade in agrarisch bestimmten Städten durchaus zu beobachten, dass auch die landwirtschaftlich arbeitenden Bürger in Zünften organisiert waren362 und Selbiges soll deshalb auch für Thamsbrück nicht ausgeschlossen werden. Allerdings könnte der 1472 von der Gemeinde gewählte Kämmerer Tyzel Salfeld mit dem 1463 ebenfalls als Kämmerer tätigen Heinrich Salfeld verwandt sein. Dieses wiederum hätte zur Folge, dass auch die Gemeinde selbst, die durch sie gewählten Vertreter aus den alten Ratsgeschlechtern erwählte. Auch in dem im Jahr 1482 aufgelisteten neuen Rat findet sich mit Dietrich Salfeld möglicherweise ein weiterer Angehöriger dieser Thamsbrücker Bürgerfamilie, wobei er in diesem Fall durch den alten Rat ernannt worden ist.363 Neben derer zu Salfeld, die häufiger im Rat anzutreffen sind, tritt mit Dietrich Tennstedt eine Person entgegen, welche 1463, 1465, 1473 und 1482 als einer der Ratsmeister dem Stadtrat vorstand. Auch im 14. Jahrhundert scheint es Familien gegeben zu haben, deren Mitglieder bevorzugt in städtische Ämter kamen. Aus der Familie der Schorbrandts, welche zwischen 1290 bis 1375 in der Stadt nachweisbar war,364 rekrutieren sich 1375 ein Richter und der Pfarrer von Thamsbrück.365 Auch wenn die hierfür zur Verfügung stehenden Quellen letztendlich kaum repräsentativ sein dürften, entsteht bei aller Vorsicht doch der Eindruck, dass es innerhalb der Thamsbrücker Bürgerschaft sehr wohl bestimmte Geschlechter ge-
360 361 362 363 364 365
LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. Hh 1531, fol. 4r. Vgl. PLANITZ: Stadt im Mitelalter, S. 312. ISENMANN: Stadt im Spätmittelater, S. 190-197. ISENMANN: Stadt im Spätmittelater, S. 257. Vgl. LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. Hh 1531, fol. 1r, 3r u. 6r. UB Homburg B, Nr. 149f. Schorobrand, Pfarrer zu Thamsbrück und sein Bruder Kerstan Schorbrandt (UB Homburg B, Nr. 150.).
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geben zu haben scheint, welche gegenüber den übrigen Familien eine herausragende Stellung besaßen, und dass bestimmte Ämter bevorzugt aus diesen besetzt worden sind.
1.6 Thamsbrück: Gründungsstadt und planmäßige Stadtanlage Der Stadtgrundriss Thamsbrücks ist recht klar und regelmäßig und entspricht durchaus dem einer planmäßig angelegten Stadt. Die Fläche innerhalb der Ummauerung beträgt etwa 22 Hektar und die Stadt entspricht damit nach der Kategorisierung Stoobs noch einer Kleinststadt.366 Relativ zentral in der Stadt liegt der quadratische Marktplatz, an dessen westlicher Seite sich die städtische Pfarrkirche befindet, welche wegen ihres Georgspatroziniums ebenfalls eine landgräfliche Gründung sein dürfte.367 Vom Marktplatz aus teilen zwei in etwa an den Himmelrichtungen ausgerichtete gekreuzte Hauptachsen die Stadt. Der Marktplatz selbst liegt aber nicht genau in der Mitte der Stadt, sondern ist leicht nach Osten und nach Süden verschoben und die Hauptachsen teilen die Stadt somit nicht idealtypisch in gleich große Viertel.368 Die Straßenzüge sind mit einigen Ausnahmen rechtwinklig zueinander angelegt und verlaufen geradlinig. Vor allem der Bereich der Burg und die südlich von ihr befindlichen Baublöcke erscheinen jedoch unregelmäßiger als der Rest der Stadt. So verläuft die Bergstraße vom Marktplatz in gerader Linie nach Südwesten in etwa in Richtung des Dammtores. Dieses könnte Hinweis auf einen älteren Verkehrsweg sein, welcher ins Straßennetz der Gründungsstadt aufgenommen worden ist. Der südlich der Straße am Schlossberg befindliche kleinere Baublock, welcher eine direkte Verbindung der Bergstraße mit dem Dammtor verhindert, könnte dann erst später aufgesiedelt worden sein und die Straße führte ursprünglich vom Dammtor geradlinig direkt zum Marktplatz. Von der Bergstraße knickt noch einmal der sogenannte Backhausberg ab. Die Struktur dieser zwei Straßenzüge legt ebenfalls nahe, hier einen ursprünglich größeren freien Platz zu vermuten. Auch der unbebaute Bereich im Norden und Nordwesten der Stadt fällt aus dem Planschema heraus. Des Weiteren vermutet Rolf Aulepp, dass der Platz westlich des Marktplatzes zwischen Riethtorstraße und der heutigen Hauptstraße ursprünglich unbebaut 366 367 368
Ermittelt wurde die Fläche mit: http://geoproxy.geoportal-th.de/geoclient/control (26.04.2013). STOOB: Stadtformen, S. 159. Vgl. PATZE: Art. Thamsbrück, S. 435. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4.
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war und ebenfalls erst später aufgesiedelt worden ist. Er hält diese Straße für eine repräsentative Einzugsstraße, wie sie nach ihm auch in Weißensee vorhanden war.369 Anhand der Wegeführung in der Stadt ist durchaus möglich, dass der Weg vom Markt vor seiner Bebauung als breit angelegte Straße durch diesen Baublock zum Riethtor und zur Burg führte.370 Dass es sich hier tatsächlich um eine repräsentative Einzugsstraße handelte, ist grundsätzlich nicht auszuschließen aber auch nicht zu beweisen. Wegen der engen Beziehung zum Markt ist ebenfalls denkbar, dass es sich um eine Verlängerung des Marktplatzes handelt, beziehungsweise könnte der Marktplatz ursprünglich größer angelegt gewesen sein und sich als breite Marktstraße von Westen nach Osten durch den Ort gezogen haben. Über die ursprüngliche Lage des Rathauses, welches sich heute östlich der St. Georgskirche befindet, ist nichts bekannt. Erwähnt wird ein solches in den Quellen nicht. Die Bausubstanz des heutigen Baues reicht nicht vor die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück.371 Es ist insofern überhaupt ungewiss, ob die Stadt über einen entsprechenden Bau verfügte oder die Ratszusammenkünfte an einem anderen Ort stattfanden. So ist häufig zu beobachten, dass der Rat, bevor er über ein eigenes Haus verfügte, entsprechende Funktionen auch in anderen Gebäuden, wie etwa Marktbauten, Kirchen oder dem Sitz des stadtherrlichenAmtsträgers wahrnahm.372 Insofern könnte dieses bis zur nachweisbaren Errichtung eines Rathauses im 17. Jahrhundert in Thamsbrück durchgängig der Fall gewesen sein. Die Stadt bildete mit der sie umschließenden Mauer nahezu ein Quadrat mit abgerundeten Ecken im Nordosten und Nordwesten. Sie besaß eine Ost-WestAusdehnung von ca. 500 Metern und eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa 450 Metern.373 Die abgerundeten Ecken hatten fortifikatorische Ursachen und waren typisch für die Stadtbefestigungen des 12. Jahrhunderts. Erst ab der Wende zum 13. Jahrhundert wächst die Tendenz zur geradlinigen Befestigungsführung mit scharfkantigen Ecken.374 Diese Besonderheit im Befestigungsbau, lässt einen Entstehungs- und Befestigungsbeginn Thamsbrücks noch im 12. Jahrhundert durchaus denkbar erscheinen. An den Enden der Hauptachsen befand sich laut dem Plan Werner Schnellenkamps jeweils ein Tor. Zusätzlich dazu führte ein weiteres fünftes, als Pforte
369 370 371 372 373 374
AULEPP: Thamsbrück, S. 3. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. Vgl. LEHFELDT: Thamsbrück, S. 79. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 110. AULEPP: Thamsbrück, S. 3. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 44.
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bezeichnetes Tor zur Burg.375 Der Zugang zur Burg erfolgte wohl von Norden und wurde wahrscheinlich durch den hier vorhandenen Bergfried besonders geschützt.376 Dieses Tor dürfte aber kein Stadttor gewesen sein. So konnten anhand der archäologischen Untersuchungen neben der Burgmauer keine weitere als Stadtmauer anzusprechende Befestigung in diesem Bereich nachgewiesen werden.377 Vielmehr übernahm die Burg in der Südwestecke der Stadt die Funktion der Stadtbefestigung. Insofern dürfte sie eher Bestandteil der städtischen Befestigung gewesen sein beziehungsweise ergänzten sich Burg- und Stadtbefestigung gegenseitig.378 Die Stadt entspricht damit in ihrer Anlage wieder einer geplanten Viertorstadt. Allerdings gibt Otto Korn nur drei namentlich nachweisbare Tore an. So lokalisiert er das Steintor im Osten, das Riethtor mit Brücke über den Welsbach im Westen und an der Südwestecke das Dammtor. Letzteres hatte seinen Namen nach dem die Unstrutniederung überquerenden Damm, über den aus Thamsbrück die Straße nach Langensalza und nach Westen in Richtung Großengottern führte. 379 Bei der Erarbeitung seines Stadtplanes für Thamsbrück schloss sich Hans Patze im Wesentlichen den Ausführungen Korns an. Wie Werner Schnellenkamp verzeichnet er aber an ein weiteres Tor im Norden des Ortes.380 Damit verbleibt Patze im Wesentlichen beim Grundschema einer geplanten Viertorstadt, dessen südliches Tor nur auf Grund verkehrsgeographischer Gegebenheiten nach Westen verschoben war. Demgegenüber hält sich Werner Schnellenkamp mit seiner Annahme eines Tores am Ende der nach Süden führenden Hauptachse strikt an das Schema einer geplanten Viertorstadt.381 Beide Varianten sind letztendlich möglich. Wird jedoch der Straßenverlauf von 1854 zugrunde gelegt, ist eine Anlage des Dammtores in der Südwestecke Thamsbrücks am wahrscheinlichsten. So führte die Hauptstraße von Langensalza nach Thamsbrück ursprünglich westlich am Kloster Homburg vorbei auf die Südwestecke Thamsbrücks zu und unmittelbar vor der Stadt zweigte von ihr ein Weg nach Westen in Richtung Großengottern ab. Des Weiteren war die Anlage des Dammtores an dieser Stelle auch aus strategischer Sicht günstig. So lag es unmittelbar unterhalb der Burg, welche damit diesen Zugang in die Stadt zusätzlich schützen 375 376 377 378 379 380 381
Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 31. AULEPP: Thamsbrück, S. 2. OA Thamsbrück. Vgl. KORN: Art. Thamsbrück, S. 707. KORN: Art. Thamsbrück, S. 707. Vgl. Stadtplan von Thamsbrück in: PATZE: Landesherrschaft, Abb. 6. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 30. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4.
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konnte. Letztendlich ist zwar nicht auszuschließen, dass auch das von Schnellenkamp vermutete Tor existiert hat. Nachweise dafür lassen sich, außer einem ebenfalls auf dem Urmesstischblatt von 1854 vorhandenen, aus dem Bereich des von Schnellenkamp vermuteten Tores nach Süden zur Unstrut führenden Weg aber nicht finden.382 Für das von Patze und Schnellenkamp im Norden vermutete Tor ergeben sich aus den modernen Stadtplänen keinerlei Hinweise. Zwar führt vom Marktplatz eine Straße in gerader Linie zu dieser Stelle, außerhalb der Stadtmauer ist aber heute kein weiterführender Verkehrsweg festzustellen. Auch anhand der Straßennamen lassen sich für die Existenz eines Tores keine weiteren Anhaltspunkte finden. Letzteres ist jedoch kein endgültig ausschließendes Kriterium, da als einziges Tor das Riethtor in den Bezeichnungen Riethtorstraße und Riethtorgasse Eingang in die Straßenbenennung gefunden hat.383 Die Karte des Amtes Langensalza von 1754 gibt überhaupt keinen nach Norden führenden Weg an. Hier sind nur Straßen nach Süden in Richtung Langensalza, nach Südosten in Richtung Merxleben und nach Westen in Richtung Großengottern eingezeichnet.384 Der Weg nach Großengottern verlief dabei südlich der Unstrut, während ein die Stadt über das Riethtor verlassender Verkehrsweg wegen der Lage des Tores nördlich der Unstrut entlanggeführt haben muss.385 Moderne Pläne von Thamsbrück und seiner Umgebung legen wie im Fall des nördlichen Tores nahe, dass der Straße, welche die Stadt über das Riethtor verlässt, keinerlei Bedeutung beizumessen ist. Heute endet sie kurz nach ihrem Austritt aus der Stadt.386 Dennoch dürfte sie ursprünglich einen von Mühlhausen – Altengotten kommenden Verkehrsweg aufgenommen haben, während die sich vor dem Dammtor aufgabelnde Straße auf einem Strang über Großengottern nach Mühlhausen verlief. Sowohl südlich und nördlich der Unstrut führten demzufolge Wege nach Mühlhausen, wobei der südliche die Unstrut erst zwischen Großen- und Altengottern überquerte.387 Auf diese Weise würde sich möglicherweise auch erklären lassen, warum in Thamsbrück und in Gottern Geleit entrichtet werden konnte.388 Bezieht sich die 382
383 384 385 386 387 388
Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. Accurate Geographische Delineation des Ammtes Langensaltza. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. Topographische Karte 1:10000, Blatt 4829-SO Bad Langensalza. Vgl. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 194.
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Angabe Gottern auf Großengottern wurde hier das Geleit für den südlichen Verkehrsweg entrichtet, während in Thamsbrück das Geleit für den nördlichen über Altengottern führenden Weg erhoben worden ist. Der südliche führte dann entweder über Schönstedt oder an Thamsbrück vorbei nach Salza.389 Damit wird im Fall des Riethtors deutlich, dass die heutige Verkehrsführung im Raum Thamsbrück nicht mehr der älteren entsprechen dürfte. Insofern ist nicht auszuschließen, dass auch im Norden der Stadt ein weiteres Tor vorhanden war. Tatsächlich existierte noch im Jahr 1854, ein fast in gerader Linie von Thamsbrück nach Großwelsbach und von dort weiter nach Norden führender Verkehrsweg. Anders als die im Osten außerhalb der Stadt nach Norden führende moderne Hauptstraße, verläuft sie vom Thamsbrücker Marktplatz nach Norden und passiert die nördliche Stadtgrenze.390 Somit erscheint ein weiteres Tor im Norden der Stadtbefestigung nicht mehr unwahrscheinlich. Dieser Verkehrsweg betrat auf dem Messtischblatt von 1854 jedoch die Stadt einen Straßenzug weiter westlich als von Hans Patze in seinem Stadtplan angegeben.391 Dieser Weg lag demzufolge nicht auf der Nord-Süd-Hauptachse und die Straße zum nördlichen Tor führte auch nicht in einem 90 Grad Winkel vom Marktplatz weg, sondern verlief erst ein Stück nach Nordwesten und schwenkte dann nach Norden.392 Ob es sich hierbei tatsächlich die ursprüngliche Verkehrssituation handelte und das Tor im Norden deshalb nach Westen verschoben war, lässt sich letztendlich nicht abschließend ermitteln. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Straße nach Großwelsbach einst direkt vom Marktplatz auf der Hauptachse nach Norden führte. Dennoch könnte gerade die zunächst schräg nach Nordwesten verlaufende Kleine Reinhardsbrunner Straße ähnlich wie im Fall der ebenfalls schräg zum Dammtor führenden Bergstraße auf eine ältere Wegeführung verweisen. Dann wiederum dürfte das nördliche Tor am Ende der Verlängerung der kleinen Reinhardsbrunner Straße gelegen haben.393
389 390
391 392
393
Vgl. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. Diese Straße nach Großwelsbach führt seit dem 20. Jahrhundert als Verlängerung der Hauptstraße durch den Ort und verläuft im Westen entlang der ehemaligen Stadtgrenze nach Norden. (Messtischblatt 4829 Langensalza, Reichsamt für Landesaufnahme 1909 mit Nachträgen von 1936.). Vgl. Stadtplan von Thamsbrück in: PATZE: Landesherrschaft, Abb. 6. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4.
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Letztendlich entspricht Thamsbrück mit dem vierten Tor im Norden tatsächlich einer geplanten Viertorstadt, wobei wenigstens das Dammtor und wahrscheinlich auch das nördliche Tor aus verkehrsgeographischen Gründen von den Hauptachsen weg verschoben waren. Viertorstädte waren gerade bei mittelalterlichen Stadtgründungen ein gängiges Grundmuster.394 Auch die zum Teil von den Hauptachsen weg verschobene Lage der Tore steht nicht unbedingt der Annahme einer Stadtgründung entgegen. So ist die Durchbrechung des Grundschemas einer Vierstorstadt nichts Ungewöhnliches und meist den verkehrsgeographischen Gegebenheiten geschuldet. Im Fall Thamsbrücks nahmen die vier Tore ebenfalls jeweils die regionalen Wege auf und führten sie weiter zum Marktplatz. Dieser Umstand verweist dann auf den Versuch, Thamsbrück als regionalen verkehrsgeographischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt zu etablieren.395 Otto Korn vertritt die Auffassung, dass die Stadt im Zuge ihrer planmäßigen Anlage auch gleich ummauert worden ist.396 Von der Mauer selbst ist heute nichts mehr erhalten. Noch bis in die 1940er Jahre waren allerdings im Osten der Stadt noch geringe Reste der Stadtmauer vorhanden und bis ins 19. Jahrhundert stand hier auch noch das Steintor.397 In diesem Bereich haftet darüber hinaus noch heute als weiterer Hinweis auf die einstige Befestigung der Straßenname „An der Stadtmauer“. Zusätzlich ist der Verlauf der Umwallung im Norden noch gut zu erkennen.398 Direkt bezeugt ist eine Stadtmauer in mittelalterlichen Quellen jedoch nicht,399 erwähnt wird sie erst 1698.400 Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen aus dem Jahr 1506 lokalisiert lediglich eine Vicaria sancte Crucis extra valvam.401 Aus den Mauerresten, welche im 19. und frühen 20. Jahrhundert noch vorhanden waren, und der Erwähnung der Mauer im 17. Jahrhundert, kann die Existenz einer mittelalterlichen Steinmauer aber angenommen werden. Wann der Bau einer Stadtmauer erfolgte, lässt sich aber nicht genau ermitteln. Als befestigt erwähnt wird der Ort erstmals im Jahr 1288 und dann noch einmal 1291. In der Urkunde aus dem Jahr 1288 bekennen die cives et munitionitis Thungisbrucken ein Rechtsgeschäft und 1291 wird eine Urkunde mit dem sigillo nostre universitas et municionis beglaubigt.402 In diesen Urkunden wird aber gleichfalls kein 394 395 396 397 398 399 400 401 402
PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 244-246. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 244-246. KORN: Art. Thamsbrück, Kr. Langensalza, S. 707. OTTE/SOMMER: Langensalza, S. 78. KORN: Art. Thamsbrück, Kr. Langensalza, S. 707. KORN: Art. Thamsbrück, Kr. Langensalza, S. 707. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 196. SCHNELLENKAMP, S. 36 u. Anm. 80, S. 40. Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506, Nr. 3210, S. 375. UB Homburg B, Nr. 131 u.132.
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Hinweis auf den Befestigungscharakter gegeben, sondern der Ort lediglich als befestigt bezeichnet. Interessant ist allerdings der nur in diesen zwei zeitlich dicht beieinander liegenden Urkunden vorgenommene besondere Verweis auf den Festungscharakter Thamsbrücks. Sowohl vorher als auch nachher wird dieser Umstand in keiner weiteren Urkunde angeführt.403 Dieses legt den Schluss nahe, die Befestigung der Stadt sei erst relativ zeitnah vor der ersten Urkunde und damit vor 1288 abgeschlossen gewesen, was wiederum zur Folge hätte, dass von der Gründung im 12. Jahrhundert bis zur Fertigstellung mehr als 80 Jahre vergingen. Des Weiteren könnte dieser Umstand auch anzeigen, dass die Befestigung erst weit nach der Stadtgründung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet worden ist. Vielleicht sprechen die geschilderten Umstände aber auch für eine im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts abgeschlossene Ummauerung, welche eine frühere Holz-Erde-Befestigung ersetzte und Letztere in ihrem Verlauf nachahmte.404 Immerhin ist oben darauf verwiesen worden, dass die Anlage mit abgerundeten Ecken eher noch ins 12. Jahrhundert zu datieren ist. Auffällig ist im Verlauf der Befestigung jedoch die südöstliche Ecke der Stadt. Sie ist nicht abgerundet, sondern fast rechtwinklig. Scharfkantige Ecken bei der Anlage von Befestigungen gehören jedoch, wie oben ebenfalls bereits bemerkt, eher ins 13. Jahrhundert. Damit könnte sich andeuten, dass die Stadtbefestigung nicht in einem Zug erbaut worden ist, sondern zunächst der nördliche Bereich und dann der südliche Abschnitt errichtet wurden. Wie auf Grund des nur gering ausgeprägten wirtschaftlichen Potentials der Stadt ein solches Bauvorhaben finanziert und verwirklicht worden ist, kann nicht geklärt werden. Ob der Landgraf wirtschaftliche Privilegien erteilte, ist in den Quellen in keinster Weise zu erkennen.405 Jedoch korrespondiert die eben formulierte Hypothese einer abschnittsweisen Errichtung der Stadtbefestigung mit den geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten Thamsbrück. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts könnte darüber hinaus einen Hinweis auf eine weitere vor der Stadt liegende Siedlung liefern. So besaß Theodericus de Salza vom Landgrafen einen curiam parvam in preurbio zu Lehen.406 Damit wird deutlich, dass es neben der Stadt einen weiteren
403 404
405 406
Vgl. UB Homburg B, Nr. 1-169. Zur Holz-Erde-Befestigung als frühste Form der Befestigung vgl. HAASE: Stadt als Festung, S. 390. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 231. Zur Finanzierung von Befestigungen vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 48. HAASE, Stadt als Festung, S. 397f. BURGER: Aspekte des Stadtmauerbaus, S. 41-60. Lehnbuch Friedrichs d. Strengen XXXVII Districtus Thungispruken, Nr. 3. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 230.
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Siedlungsbereich gab. Fraglich ist jedoch, ob es sich hierbei um eine durch Bevölkerungszuwachs begründete Siedlungserweiterung Thamsbrück handelte. Zumindest vor dem Hintergrund eines kaum anzunehmenden Wachstums des Ortes scheint ein solcher Umstand wenig wahrscheinlich.407 Darüber hinaus standen auch innerhalb der Stadtmauer im Norden und Nordwesten der Stadt noch unbebaute Siedlungsflächen zur Verfügung. 408 Wobei nicht zu ermitteln ist, ob diese Siedlungsflächen seit der Stadtgründung unbesiedelt waren oder erst im Zuge der ungünstigen Entwicklung Thamsbrücks wüst gefallen sind. So ist durchaus vorstellbar, dass erst durch eine negative Bevölkerungsentwicklung im Zusammenhang mit der Pestwelle in der Mitte des 14. Jahrhunderts sich die Besiedlung der Stadt nach Süden verdichtete und die Flächen im Norden und Nordwesten leer blieben. Werner Schnellenkamp vertritt die Auffassung, es handele sich bei diesem praeurbium um eine im Zusammenhang mit dem ackerbürgerlichen Charakter Thamsbrücks entstandene Vorstadt. Die Ackerbau betreibende Stadtbevölkerung zog nach seiner Meinung einen Wohnplatz in unmittelbarem Anschluss an ihre Felder vor und siedelte deshalb in diesem Bereich.409 So beschreibt auch Herbert Raisch anhand einiger ausgewählter südwestdeutscher Beispiele ein ähnliches Phänomen. Für ihn zogen Stadtbürger ebenfalls in Vorstädte, um einen unmittelbaren und besseren Zugang zu den landwirtschaftlichen Flächen zu haben.410 Ob dieses im Zusammenhang mit einer Kleinststadt wie Thamsbrück, in welcher die Wege sowieso sehr kurz waren, zutrifft, unterliegt aber doch einigen Zweifeln. Das Urmesstischblatt von 1854 zeigt eine Besiedlung außerhalb der Stadt lediglich im Süden vor der Stadtmauer an und demzufolge scheint das 1349 erwähnte praeurbium dann auch in diesem Bereich gelegen zu haben. 411 Werner Schnellenkamp verortet darüber hinaus eine zur Burg gehörige Siedlung im Bereich der Rautengasse (südlich vor der Burg aber außerhalb der Stadtmauer).412 407
408
409 410 411
412
Unter solchen Umständen wäre anzunehmen, dass sich diese Vorstadt irgendwann in eine Neustadt verwandelt und vollständigen städtischen Charakter annimmt. (Vgl. hierzu: Kap. II.4.7.4 und auch: PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 217.). KORN: Art. Thamsbrück, S. 708. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 37. RAISCH: Stadterweiterung und Vorstadt, S. 92f. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 33. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1854, 324, Bad Langensalza. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 30. Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4.
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Generell könnte zwischen dieser „Vorstadt“ und der Burg ein enger rechtlicher Zusammenhang bestehen. So deutet die gleichzeitige Belehnung Theoderichs von Salza im Jahr 1349 mit einem wüsten Platz in der Burg und einer kleinen Hofstelle im praeurbium an, dass sich im Letzteren die zur Thamsbrücker Burg gehörigen Burglehen befanden.413 Insofern scheint es sich hierbei weniger um eine Vorstadtsiedlung im eigentlichen Sinne zu handeln. Vielmehr handelt es sich vielleicht um die zur Burg gehörigen Besitzungen, welche zur Ausstattung der Burgmannen genutzt worden sind, und hierauf verweist dann vielleicht der Begriff praeurbium. Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass diees praeurbium das ursprüngliche Alt-Thamsbrück ist, welches der späteren Gründungsstadt voranging. 414 Auch Christine Müller vertritt die Auffassung, der einstige Ort Thamsbrück habe nicht auf dem Boden der späteren Gründungsstadt gelegen. Des Weiteren ist sie aber der Meinung, die Vorgängersiedlung sei bald nach der Stadtgründung wüst geworden.415 Letzteres muss jedoch nicht zwangsläufig der Fall gewesen sein. Vielmehr könnte sie in Form der erwähnten Vorstadt/Vorburg weiter existiert haben. Der Annahme, Alt-Thamsbrück sei mit dem praeurbium identisch, steht jedoch zunächst entgegen, dass die ältesten Siedlungsspuren sich im Bereich der späteren Burg befanden.416 Dennoch könnte mit der Errichtung der ludowingischen Burg die hier ursprünglich vorhandene Siedlung in den Bereich südlich der Burg verlegt worden sein. Deshalb ist nicht grundsätzlich auszuschließen, hier eine auf die älteste Siedlung im Bereich der Burg nachfolgende Vorgängersiedlung der Stadt anzunehmen. Möglicherweise wurde diese Siedlung dann vor allem deswegen nicht wüst, weil in ihr der wesentliche Teil der Burggüter angelegt war.417
413 414 415 416 417
Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 230. Vgl. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 33 u Anm. 44, S. 39. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 188. Vgl. oben. Vgl. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 33 und 39, Anm. 44. Die Weiterexistenz der ursprünglichen Siedlung im Zusammenhang mit einer Stadtgründung ist nichts Ungewöhnliches und vielfältig nachweisbar. (SCHLESINGER: Stadt und Vorstadt, S. 5-8. KORN: Art. Thamsbrück, S. 708.).
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1.7 Zusammenfassung Im Jahr 1206 tritt Thamsbrück als Stadt in den Quellen erstmals in Erscheinung. Zu diesem Zeitpunkt ist die Geschichte des Ortes allerdings schon um einiges älter. Zwar werden Güter im Ort an das Kloster Fulda tradiert, diesem gelingt es aber offensichtlich nicht seinen Besitz weiter auszubauen und in der Folge wird der Ort auch nicht mehr im Zusammenhang mit dem Kloster genannt. Wesentlich wichtiger für die Region und Entwicklung Thamsbrücks scheint zunächst das auf der Südseite der Unstrut liegende Kloster Homburg gewesen zu sein. Nicht zu klären ist, ob die dem Kloster vorangehende Homburg Mittelpunkt eines Königsgutsbezirkes war. Auch ist nicht sicher zu erkennen, ab wann die Homburg nicht mehr bestand. Von größerer Bedeutung ist vielmehr, dass das Kloster günstig genug lag, um in unmittelbarer Nähe bereits im frühen 12. Jahrhundert einen Markt und in der Folge eine Marktsiedlung entstehen zu lassen. Insofern geschah die Gründung Thamsbrücks nicht im wirtschaftlich leeren Raum und bloß aus militärstrategischen Gesichtspunkten. Vielmehr spielten wohl auch wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle. Die Stadt mit Markt wurde möglicherweise auch angelegt, um das auf das Kloster Homburg ausgerichtete wirtschaftliche Potential der Umgebung abzuschöpfen und den Marktverkehr von Homburg auf die ludowingische Stadt Thamsbrück zu verlagern. Deshalb muss Thamsbrück eben auch als Konkurrenzgründung zum Homburger Markt angesehen werden. Wann genau die Ludowinger in den Besitz des Platzes kamen, ist nicht eindeutig zu klären. Ebenfalls nur schwer zu erkennen ist, auf welchem Wege sie Thamsbrück in Besitz nahmen. Weitestgehend ausgeschlossen werden kann jedoch eine Belehnung durch den Mainzer Erzbischof im Jahr 1112. Es ist lediglich sicher, dass die Ludowinger spätestens in den 1140er Jahren über ausreichende Herrschaftsrechte in Thamsbrück verfügten. Die 1263 erstmals erwähnte Burg könnte bereits zur Zeit der Inbesitznahme Thamsbrücks durch die Ludowinger entstanden sein, ist vielleicht aber auch erst durch Ludwig von Thamsbrück errichtet beziehungsweise durch diesen ausgebaut worden. Die Burg Thamsbrück war bis ins 15. Jahrhundert Sitz der Vögte zu Thamsbrück. Mitte des 15. Jahrhunderts war sie allerdings schon so weit verfallen, dass ihr Zustand in den Quellen als desolat bezeichnet wurde. Augenscheinlich war die Burg für die Landgrafen bedeutungslos geworden. Bedingt durch die Zusammenlegung der Ämter Langensalza und Thamsbrück am Ende des 15. Jahrhunderts und dem damit verbundenen Abzug der Vögte aus Thamsbrück, verstärkte sich dieser Bedeutungsverlust wohl noch.
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Dass der Ort schon zur Zeit Ludwigs von Thamsbrück Mittelpunkt der zwei im späten 13. Jahrhundert genannten Grafschaften war, ist nicht weiter zu beweisen und muss deshalb fraglich bleiben. Dieser Umstand lässt sich auch nicht über die Bezeichnung Ludwigs als comes de Thungesbrucken beweisen, da jener Titel auch auf den Status Ludwigs als Mitglied der landgräflichen Familie zurückgeführt werden könnte. Nachdem Thamsbrück nach dem Tod Ludwigs wieder an die Hauptlinie zurückgefallen war, dürfte der Ort sich zu einem strategischen Platz im Zuge des landgräflichen Landesausbaus entwickelt haben. Einerseits sicherte er einen aus Süden in den Nordosten der Landgrafschaft führenden Verkehrsweg und verband somit die südwestlichen mit den nordöstlichen ludowingischen Besitzkomplexen. Ab der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert wurde der Ort insofern für die Landgrafen interessant, weil er als Sprungbrett auf den Reichsbesitz in Nordhausen und Mühlhausen dienen konnte. Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Otto IV. und Landgraf Ludwig spielte der Ort dann augenscheinlich aber keine größere Rolle. Nach dem Tod des letzten Ludowingers Heinrich Raspe gelang es den Wettinern offensichtlich nicht ohne Schwierigkeiten die Besitznachfolge über den Ort anzutreten. So ging der Ort zunächst vielleicht als Mainzer Lehen an Sophie von Brabant und ihren Sohn Heinrich. Spätestens im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts war es den Wettinern dann aber gelungen, die hessischen Ansprüche auszuschalten und Thamsbrück deren Zugriff zu entziehen. Auch die Welfen griffen in dieser Zeit noch einmal auf den Ort aus. Ob dieses mit dem Ziel geschah, noch einmal ihr altes Besitzentrum in der Region zu restaurieren, kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber auch nicht abschließend zu beweisen. Von Dauer dürfte ein solcher welfischer Zugriff aber nicht gewesen sein. Auch wenn das an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert gegründete Thamsbrück in der Forschung durchaus als Fehlgründung bezeichnet wird, ist doch davon auszugehen, dass sich die Stadt nach seiner Gründung zunächst nicht ungünstig entwickelt haben könnte. So ist wenigstens in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Münze am Ort nachweisbar und auch die wahrscheinliche Anwesenheit jüdischer Einwohner dürfte für einen gewissen Geld- und Warenverkehr sprechen. Seit den 1270er Jahren ist ebenfalls eine in ihrer inneren Entwicklung fortgeschrittene Stadt zu erkennen. So lassen sich seit dieser Zeit eine bürgerliche Stadtgemeinde mit Rat und Ratsmeistern erkennen und ungeachtet der einschneidenden Ereignisse des 14. Jahrhunderts, ist noch im ausgehenden 15. Jahrhundert eine städtische Selbstverwaltung vorhanden. Trotz eines vielleicht im Zusammenhang mit der Pest, Kriegen und Brandkatastrophen stehenden Niederganges der Stadt, welcher noch durch den Aufstieg
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der Nachbarstadt Salza begünstigt wurde, verschwanden die städtischen Strukturen nie vollständig. Zwar reduzierte sich der Rat bis ins 15. Jahrhundert von acht auf sechs Mitglieder, gleichzeitig verschwinden jedoch die ritterbürgerlichen Geschlechter aus der städtischen Selbstverwaltung. Darüber hinaus lässt sich wenigstens in Ansätzen ein Streben der Bürgergemeinde gegenüber den alten Ratsgeschlechtern zur Partizipation an der städtischen Verwaltung erkennen. Spätestens seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert dürfte der Ort auch eine Stadtbefestigung besessen haben, welche aber auch bereits im Zuge der Anlage der Gründungsstadt errichtet worden sein könnte. Ob es sich hierbei bereits um eine Steinmauer handelte oder eine solche erst später eine vorangehende HolzErde-Befestigung ablöste, ist nicht nachzuweisen. Wenigstens anzuzweifeln ist, dass Thamsbrück seine Entwicklung zur Stadt auch seiner Rolle als Landgerichtsmittelpunkt verdankte. So ist in keinster Weise nachzuweisen, dass der Landgerichtsstuhl schon vor der Mitte des 13. Jahrhunderts bestand. Vielmehr wurde das Thamsbrücker Landgericht wohl erst später und nach der Stadtgründung in Thamsbrück eingerichtet. Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung Thamsbrücks dürfte der Aufstieg der Nachbarstadt Langensalza gewesen sein, welcher es anscheinend gelang, sowohl die Nahmarktfunktion für die Umgebung an sich zu ziehen als auch einen Fernhandelsplatz zu etablieren. Auf keinen Fall darf dieses aber bloß auf eine schlechte Verkehrslage Thamsbrücks zurückgeführt werden, da noch im Spätmittelalter eine nicht ungünstige Verkehrsanbindung vorhanden war. Viel eher scheint die Stadt durch einschneidende Ereignisse zwischen den 1330er und 1350er Jahren hart in ihrer Existenz bedroht worden zu sein. Kriegswirren, Feuer und die Auswirkungen der Pestwellen müssen Thamsbrück massiv geschädigt haben und der Ort sank sogar auf einen Status unterhalb von Stadt zurück und wurde nur noch als Flecken bezeichnet. Es sollte fast 100 Jahre dauern bis der Ort sich erholen konnte, während die Nachbarstadt Salza die Auswirkungen der Pest wohl besser verkraftete und schneller wieder zu alter Blüte fand.
2. Tennstedt 2.1 Forschungsstand und Quellenlage Als erste größere Abhandlung über die Tennstedter Geschichte erschien bereits 1711 die „Historische Nachricht von Tännstadt“ des Johann Gottfried Gregorii, welche außerdem noch Andreas Toppius Bericht über den Stadtmauerbau aus
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dem 17. Jahrhundert enthält.1 Im Jahr 1894 verfasste dann Hermann Wohlfahrt eine Chronik über die Geschichte Tennstedts bis ins 19. Jahrhundert, wobei er sich aber nur auf 20 Seiten dem Mittelalter widmet und er hier zum Teil auch nur die allgemeinen thüringische Geschichte wiedergibt beziehungsweise nahezu im gleichen Wortlaut den Bericht des Andreas Toppius zitiert.2 Eine erste umfangreichere wissenschaftliche Arbeit zur mittelalterlichen Geschichte Tennstedts verfasste Werner Schnellenkamp im Rahmen seiner in den 1920er Jahren erarbeiteten Dissertation „Beiträge zur Geschichte der Thüringer Waidhandelsstädte“. 3 In der 1965 erschienenen Festschrift zur 1190 Jahrfeier Tennstedts schrieb Willi Schirmer einige Kurzaufsätze zur mittelalterlichen Geschichte des Ortes und hier insbesondere zu den Burgen in der Stadt sowie dem Waidbau und Waidhandel.4 In weiten Teilen geben diese Aufsätze aber die Arbeit Schnellenkamps wieder und bieten kaum neue Ergebnisse zur mittelalterlichen Geschichte des Ortes. Im Jahr 1973 erschien dann ein kurzer Aufsatz Fritz Wilhelms‘ über die Geschichte Tennstedts bis ins 19. Jahrhundert. An einigen Stellen setzte er sich in seiner Arbeit durchaus kritisch mit den Untersuchungen Schnellenkamps auseinander, verfolgte aber die daraus gewonnenen Ergebnisse kaum weiter.5 In seiner, in den 1960er Jahren entstandenen Arbeit, über die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen befasste sich Hans Patze nur an einigen Stellen kurz mit der Tennstedter Geschichte und den Herren von Tennstedt.6 Erste neuere Untersuchungen stellte dann Michael Gockel im Rahmen des Bandes des Pfalzenrepertoriums an. Diese führen über die bis dahin erschienenen Arbeiten hinaus und beinhalten wichtige Erkenntnisse über die frühmittelalterliche und hochmittelalterliche Geschichte des Ortes. Sofern sie nicht für die Geschichte des Ortes bis 1250 von Interesse sind, klammert er jedoch die spätmittelalterlichen Entwicklungen aus.7 Die 2003 erschienene Arbeit Christine Müllers zu den ludowingischen Städten behandelt, da die maßgeblichen städtischen Entwicklungen Tennstedts erst nach den Ludowingern einsetzten, den Ort nur knapp. Dennoch bietet sie vor allem zur Besitzgeschichte des Ortes wichtige Ansätze an, verfolgt sie aber häufig nicht weiter.
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GREGORII: Historische Nachricht von Tännstadt. WOHLFARTH: Tennstedt, S. 6-25. SCHNELLENKAMP: Tennstedt. SCHIRMER: Aus Tennstedts Geschichte. SCHIRMER: Über die Tennstedter Burgen. SCHIRMER: Waidbau und Waidhandel. WILHELMS: Tennstedt, S. 46-55. PATZE: Landesherrschaft, S. 4, 16, 37, 39, 52, 59f., 69, 74, 101, 105, 309, 422 u. 425f. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 524-539.
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Während gerade die neuere Forschung durchaus brauchbare Ansätze zur Tennstedter Stadtgeschichte liefert, ist die Quellenlage als durchaus schwierig zu bezeichnen. Vor allem gedruckte Quellen liegen nur spärlich vor. Zwar beinhalten das Hersfelder Urkundenbuch und auch die Diplomata der Monumenta Germaniae Historica vor allem für die Frühgeschichte wichtige Quellen, ein eigenes Urkundenbuch für Tennstedt gibt es allerdings nicht. In der Abteilung B des ersten Haupteils des „Codex diplomaticus Saxoniae regiae“ finden sich darüber hinaus einige wenige weitere landgräfliche Urkunden zur späteren Geschichte des Ortes. Weitere gedruckte Urkunden sind auf diverse zum Teil bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende Quellendrucke verstreut. Zu nennen seien hier etwa die „Diplomataria Maguntina, pagos Rheni, Mogani, Navaeque Wetteraviae, Hassiae, Thuringiae, Eichsfeldiae, Saxoniae“ von Stephan Alexander Würdtwein aus dem späten 18. Jahrhundert oder Johann Christoph Harenbergs „Historia Ecclesiae Gandershemensis Cathedralis ac Collegiatae Diplomatica“ aus dem frühen 18. Jahrhundert. Vor allem das vierbändige Regestenwerk Otto Dobeneckers lieferte häufig Anhaltspunkte für das Auffinden der wenigen Quellen des 13. Jahrhunderts. Gerade für die so wichtige Zeit der Entwicklung des Ortes zur Stadt im 13. und frühen 14. Jahrhundert liegen jedoch kaum Quellen vor. Dieses ist vor allem der relativen Quellenarmut im Zusammenhang mit Tennstedt für die Zeit ab dem 12. Jahrhundert geschuldet. So nimmt erst im 14. Jahrhundert die Zahl der Quellen allmählich wieder zu. 8 Für die gesamte Untersuchung der Orts- und Stadtgeschichte konnten weiterhin einige wenige archivalische Quellen aufgefunden und herangezogen werden. Hinweise auf diese ungedruckten Quellen fanden sich vor allem in der Arbeit Werner Schnellenkamps. Für die Gandersheimische Geschichte Tennstedts lieferte Hans Goettings Untersuchung zum Kanonissenstift Gandersheim einige durch die Forschung im Zusammenhang mit Tennstedt bisher nicht bearbeitete weitere archivalische Quellen. Hilfreich für die Untersuchung des gandersheimischen Besitzes in Tennstedt war die Arbeit vor allem deshalb, weil in ihr eine Fülle von Quellen besprochen und diese in die jeweiligen Zusammenhänge eingeordnet werden.9
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Vgl. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 20. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim.
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2.2 Geographische und verkehrsgeographische Lage – der Ortsname und die Siedlung(en) Tennstedt Der Ort Tennstedt liegt im Norden des Thüringer Beckens etwa auf halbem Weg zwischen Bad Langensalza und Sömmerda in einem kleinen von Hügeln umgebenen Talkessel. Dieses Tal wird vom Fernebach, welcher sich nördlich der Stadt in zwei Hauptarme aufspaltet, durchflossen und zwei weitere Bäche durchziehen die Stadt in West-Ost-Richtung.10 Der Ort lag an einer wichtigen den östlichen und westlichen Schwerpunkt der Landgrafschaft verbindenden Straße von Eisenach über Thamsbrück/Langensalza nach Freiburg an der Unstrut nahezu auf halbem Weg zwischen den landgräflichen Städten Thamsbrück und Weißensee.11 Für die Geschichte des Ortes nicht unbedeutend dürfte der von Erfurt kommende, über Gispersleben, Gebesee, Herbsleben und Tennstedt nach Norden verlaufende Verkehrsweg gewesen sein, welcher Süddeutschland über den Thüringer Wald mit dem Harzraum verband.12 Auch befand sich beim nur vier Kilometer südlich liegenden Herbsleben ein Übergang über die Unstrut. Da Herbsleben erst im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts Marktrecht erhielt, ist nicht auszuschließen, dass Tennstedt auch ein Umschlagplatz, für auf der Unstrut transportierte Waren, welche dann bei Herbsleben umgeladen worden waren, gewesen sein könnte.13 Ein weiterer Verkehrsweg mit geringerer Bedeutung führte direkt von Mühlhausen über Bollstedt, Bothenheillingen und Kirchheilingen nach Tennstedt. Noch im 19. Jahrhundert trägt dieser in einzelnen Abschnitten den Namen Königsleuteweg.14 Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass er bereits seit dem späten 8. Jahrhundert den Königsbesitz im Raum Mühlhausen mit dem seit 775 in der Umgebung Tennstedts nachweisbaren Fiskalgut15 verband.16 Die frühen Schreibweisen des Ortsnamens lauten Dannistath, Tennistat, Dennistede, Tennisteti und Deinnistede.17 Die Deutung des Bestimmungswortes ist nicht unumstritten. Nach Förstemann, Jellinghaus und Menke liegt der Personenname Dan oder Dani zugrunde. Demgegenüber leiten Werneburg, Eichler und Walter 10 11 12 13 14 15 16 17
GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 526. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 5-8. PATZE: Landesherrschaft, S. 39f. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 526. GERBING: Handel und Handelsstraßen, S. 100. KORN: Art. Tennstedt, S. 702. Zur Flussschifffahrt auf der Unstrut vgl. Kap. II.1.4.2.1. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 527 u. 537. Vgl. UB Hersfeld 1,1, Nr. 8. DD K. d. Gr., Nr. 103. Bereits Hans Patze sah in Tennstedt einen Verbindungspunkt zwischen königlichem Fiskalgut in Nordhausen, Gotha und Erfurt. (PATZE: Landesherrschaft, S. 426.) Vgl. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 525.
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den Ortsnamen von einem Appellativum ab. Im letzteren Fall kommen entweder eine Ableitung von altsächsisch dennia – Fichte, Tanne oder althochdeutsch tenni – Tenne (Lagerstätte, Niederung oder Waldtal) infrage.18 Das Siegel der Stadt, welches neben der Darstellung des heiligen Wigbert auch eine Tanne enthält, verweist darauf, dass die Deutung als Tanne im Ort selber geläufig war. Johannes Gottfried Gregorii überliefert in seinem 1711 gedruckten „Historische Nachricht von Tännstadt“ unter Berufung auf ältere, zum Teil nicht mehr erhaltene Nachrichten, der Ort habe seinen Namen von den Tannen, dergleichen Bäume hiebevor in dasiger gegend ehe sie zur Stadt worden, viel sollen gestanden seyn.19 Demzufolge besteht in der lokalen Überlieferung sehr wohl die Vorstellung, der Name leite sich von Tanne ab. Michael Gockel jedoch tendiert letztendlich eher zu einer Ableitung aus althochdeutsch tenni – Tenne, begründet dieses aber nicht weiter.20 Schwierigkeiten macht vor allem, dass über das tatsächliche Alter des Stadtwappens nichts bekannt ist. Die ersten Überlieferungen der heutigen Form sind als Siegel erst aus der frühen Neuzeit erhalten. Allerdings enthält ein beim ehemaligen Brückentor in die Stadtmauer eingelassener auf 1483 datierter Wappenstein, neben dem ebenfalls im Stadtsiegel vorhanden Löwen auch eine Tanne, welche jedoch aufrecht steht und nicht wie beim Siegel vom Löwen ausgerissen wird.21 Da der Ortsname aber erheblich älter als der Wappenstein und das Siegel ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Tanne in der spätmittelalterlichen Wappendarstellung schon um eine Interpretation des Ortsnamens selbst handelt.22 Das altthüringischen Grundwort -stedt entstammt zusammen mit dem Grundwort leben der Zeit des 5. und 6. Jahrhunderts und wird zum erheblichen Teil durch personale Bildungen bestimmt. So sind zwei Drittel der Ortsnamen auf stedt mit Personennamen und nur ein Drittel mit Appellativen, Adjektiven und anderen Namen gebildet.23 Damit lässt sich feststellen, dass Tennstedt einerseits als Ort bis ins 5. beziehungsweise 6. Jahrhundert zurückreichen dürfte. Andererseits ist die Identifizierung des Bestimmungswortes als Personenname wahrscheinlich, ohne dass auch eine Herkunft aus Fichte, Tanne oder Tenne vollständig auszuschließen ist.
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WERNEBURG: Wüstungen, S. 54f. EICHLER/WALTHER: Städtenamenbuch, S. 270f. GREGORII: Tännstadt, S. 11. Vgl. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 525f. Hier auch Angaben zur genannten Literatur. OTTE/SOMMER: Art. Tennstedt, S. 73f. Vgl. WILHELMS: Tennstedt, S. 48. WALTHER: Namengut, S. 22-28. EMMERICH: Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, S. 310-312.
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Der Ort Tennstedt zerfällt in verschiedene Siedlungen. Während in den frühen Quellen bis ins beginnende 13. Jahrhundert nur der Name Tennstedt in Verbindung mit villa oder locus beziehungsweise alleine Erwähnung findet,24 werden dann in einem Gandersheimer Zinsverzeichnis des 13. Jahrhunderts erstmals Magnum und Parvum Dennestede unterschieden.25 Parvum Dennestede oder Wenigentennstedt war ein etwa ein Kilometer westlich von der heutigen Stadt gelegenes in den 1640er Jahren wüstgefallenes Dorf. Aus dem als Magnum Dennestede bezeichneten Siedlungsteil entwickelte sich dann die Stadt Tennstedt.26 Die Unterscheidung zwischen den Orten lässt sich auch noch im 15. Jahrhundert fassen. So wird hier im Zusammenhang mit der Zuordnung der Pfarrkirchen im Raum Tennstedt meist zwischen Maior Tenstet beziehungsweise Maioretenstede und Minor Tenstet unterschieden.27 Gleichwohl konnte vor allem, wie Michael Gockel festgestellt hat, im Zusammenhang mit der Stadt und Burg Tennstedt die Bezeichnung „Großen-“ wegfallen.28 In einer Urkunde von 1346 heißt es hus zcu Tennestete […] mit der stat.29 Im markgräflichen Register von 1378 wird die Stadt in Verbindung mit den Begriffen civitas, oppidum oder stetgen ebenfalls nur Tennstedt genannt.30 Auch eine 1419 durch Landgraf Friedrich ausgestellte Urkunde nennt lediglich Bürger zu Tennstedt.31 In den päpstlichen Suppliken wird die städtische Pfarrkirche in der Regel nach dem Muster parrochialis ecclesia in Großentennstedt bezeichnet.32 Darauf wird nur einem Fall verzichtet. In diesem macht dann der Zusatz oppidum sowie die Nennung des Patroziniums deutlich, um welche Kirche es sich handelt.33 Bereits Gockel stellte fest, bei der Stadt kam die Bezeichnung Großen- aus der Mode und konnte wegfallen.34 Dann musste jedoch, und das ist
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DD L. d. J., Nr. 4. UB Reichsabtei Hersfeld, Bd. 1, Nr. 38. Brevarium st. Lulli, bes. v. Th. FRANKE, S. 14, Z. 18. DD H. I., Nr. 32. DD O. I., Nr. 89 u. 180. DD O. II., Nr. 119. Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 738f., hier S. 739. Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 530-536, hier S. 531. Etwas bessere Edition: ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis, S. 195-201. Dob IV, Nr. 367. Vgl. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 285f. In der Folge erfolgt die Angabe des Zinnsverzeichnisses nach Edition von ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 524. In der Folge soll, wenn es notwendig ist, zum besseren Verständnis nur noch zwischen Groß- und Kleintennstedt unterschieden werden. RG III, Nr. 198. RG IV, Nr. 2528. Vgl. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 524f. SHStA Dresden 10001, Nr. 2863. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. Registrum dominorum marchionum Missnensium XVIIb u. S. XVIIb. SHStA Dresden 10025, Cop. 32, Nr. 13. Vgl. oben. RG IV, Nr. 4558. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 525
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zu ergänzen, anderweitig herausgestellt werden, dass es sich um diesen spezifischen Teil der Siedlung Tennstedt handelte. Neben Großen- und Kleintennstedt gab es noch weitere Siedlungen im unmittelbaren Umfeld. Das markgräfliche Register nennt unter dem Amt Ballhausen Abgaben aus zwei weiteren Siedlungsteilen. Zu zahlen waren in Tenstete in den Osthofin prope Tenstete 19 Talente Precarie und in Tenstete us den Vronyginhofin 7 Talente Precarie.35 Diese Höfe lagen nicht in der Stadt, sondern befanden sich östlich und nordöstlich davon. Neben diesen gab es nach Fritz Wilhelms nördlich der Stadt noch die sogenannten Winkelhöfe und die Frommhöfe im Westen.36 Die Höhe der aus den Vronyginhofin und den Osthöfen zu leistende Prekarie verweist des Weiteren darauf, dass es sich spätestens in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts um Siedlungen handelte, welche durchaus die Größe eines Dorfes hatten. So entspricht die Steuerleistung der Osthöfe der der gleichfalls in diesem Abschnitt des markgräflichen Registers genannten Dörfer Groß- und Kleinballhausen, welche 19 und 18 Talente abzuführen hatten.37 Allerdings ist die Precarie aus den Vronyginhofin um einiges geringer, wobei Letzteres vielleicht auch damit zusammenhängen könnte, dass dieses Siedlung in dieser Zeit offensichtlich im Niedergang begriffen war. So wird im Register bei diesen gleichfalls darauf verwiesen, dass sie zur Zeit der Abfassung des Registers wüstgefallen waren.38 Um die Stadt herum gab es demnach vier weitere Höfe, von denen wenigstens die Osthöfe bis ins 14. Jahrhundert die Größe eines Dorfes erreichten. Beschrieben werden die Osthöfe und die Vronyginhofin aber, auch wenn sie im markgräflichen Register Ballhausen zugeordnet werden, als in Tennstedt gelegen. Verkompliziert wird die Situation noch dadurch, dass es bei den Osthöfen im selben Atemzug heißt, sie lägen nahe bei Tennstedt. Tatsächlich befanden sich die Osthöfe unmittelbar östlich vor der Stadt. Die spätere Stadtmauer trennte die beiden Siedlungsteile voneinander.39 Zu verstehen ist dieser Wortlaut deswegen wohl folgendermaßen: Die Osthöfe lagen in der Siedlung Tennstedt, welche in diesem Fall durchaus mehr umfasste als die Stadt und die Ergänzung prope Tennstete lokalisiert die Höfe als unmittelbar bei der Stadt gelegen. Wenigstens in diesem Fall würde deutlich werden, der Name Tennstedt konnte auch mehrere Siedlungsteile begrifflich in sich vereinen. Gockel hatte aber festgestellt, dass für
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Registrum dominorum Marchionum Missnensium, XIV, 4 u. 5. WILHELMS: Tennstedt, S. 52. Registrum dominorum marchionum Missnensium, XIV, 1 u. 2. …us den Vronyginhofin 7 talenta precarie desolata. (Registrum XIV, 5. Vgl. auch Anm. e.). Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5.
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die Stadt als auch für die Siedlung Großentennstedt der Zusatz „Großen-“ wegfallen konnte. Prinzipiell könnte dann auch folgende Interpretation möglich sein: Die Osthöfe lagen in (Großen-)Tennstedt und bei der Stadt Tennstedt. Im Jahr 1273 wird dann eine Gandersheimer advocacia in Tennenstede genannt.40 Da sich, wie aus dem Zinsverzeichnis des 13. Jahrhunderts deutlich wird, Gandersheimer Rechte schon zur Zeit der Erwähnung der Vogtei auch in Wenigentennstedt befanden,41 könnte sich hieraus wiederum ergeben, dass die bloße Nennung „Tennstedt“ jeweils auch die gesamte Siedlung Tennstedt mit ihren einzelnen Siedlungsteilen bezeichnete. Des Weiteren ist auf eine weitere Auffälligkeit im Zusammenhang mit der Unterscheidung in Großen- und Kleintennstedt zu verweisen. In der Region konzentrierten sich neben Klein- und Großentennstedt weitere Siedlungen auf engstem Raum, welche durch den Zusatz „Klein“- und „Groß“- unterschieden werden. Hierbei handelt es sich um das unmittelbar nordöstlich von Tennstedt gelegene Groß- und Kleinballhausen sowie die drei und fünf Kilometer südwestlich liegenden Orte Klein- und Großvargula. Im Westen lagen ebenfalls nicht weit entfernt Groß- und Kleinurleben. Die jeweiligen Siedlungen waren dicht beieinander und zum Teil nur wenige hundert Meter voneinander entfernt entstanden.42 Die Ortschaften mit dem Zusatz „Klein“- als Umdeutung von „Wenigen“beziehungsweisen „Windisch“- verweisen in der Regel auf slawische Siedlungen.43 Wenn sie als Nebenorte zu deutschen Siedlungen entstanden, worauf die Verbindung von Wenigen- beziehungsweise der Umdeutung Klein-/minor verweist, handelt es sich meist um zugezogene slawische Siedler. Der Ort Tennstedt muss aber, worauf das Grundwort -stedt hindeutet, wenigstens schon im 5./6. Jahrhundert entstanden sein. Insofern dürfte ein Zuzug nach dieser Zeit erfolgt sein.44 Slawen lassen sich für das Frühmittelalter sicher im Zusammenhang mit Vargula und für das Jahr 1128 im Zusammenhang mit Ballhausen nachweisen. So verzeichnet der in der Mitte des 12. Jahrhunderts entstandene Codex Eberhardi, welcher aber inhaltlich durchaus auf Tradierungen und Besitzzustände des 8. und 9. Jahrhunderts verweist,45 Einkünfte des Klosters Fulda in Vargula, welche von
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Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 784f. Dob IV, 961. Vgl. unten. Urmesstischblatt: Topographische Aufnahme 1853/54, fol. 325/2803/4830 u. 326/2804/4831. EMMERICH: Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, S. 285. Für die Orte in der Umgebung Tennstedts vgl. WAEHLER: Slawische Nebensiedlungen, S. 21-36. EMMERICH: Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, S. 290. Zum Codex Eberhardi vgl. Kap. I.5.2.
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Slawen zu erbringen waren.46 In einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs Adalbert von 1128 bestätigt dieser dem Kloster Jechaburg unter anderem dem Slawenzehnten in Windischballhausen.47 Für Urleben ist nichts dergleichen nachweisbar, wobei aber darauf zu verweisen ist, dass die Quellenlage ungleich schlechter ist als bei den anderen Orten.48 Dennoch deutet damit alles darauf hin, dass die mit „Klein“- oder „Wenigen“ beziehungsweise den lateinischen Varianten bezeichneten Siedlungsteile slawischen Ursprungs sind. Mit den vier auf engstem Raum fassbaren Orten dieser Art ist deshalb im Raum Tennstedt mit einer slawischen Siedlungskammer zu rechnen. Die Siedlungen selbst könnten wiederum, worauf dann der Codex Eberhardi im Zusammenhang mit Vargula verweist, spätestens seit dem 9. Jahrhundert bestanden haben, und waren wie die Urkunde Erzbischof Adalberts für Vargula beweist, noch wenigstens bis ins frühe 12. Jahrhundert vorhanden. Siedlungen eingewanderter Slawen sind seit dem 7. Jahrhundert in Thüringen nachweisbar, jedoch als solch frühe Siedlungen im nördlichen Thüringer Becken eher selten. Für das 8. und frühe 9. Jahrhundert werden dann in den Fuldaer und Hersfelder Quellen des Häufigeren Hinweise auf slawische Bewohner in Thüringen gegeben. Weitaus zahlreicher sind Nachweise für Slawen in Thüringen aber erst für das 9. und 10. Jahrhundert.49 Im Umfeld Erfurts gibt es noch im 12. bis 14. Jahrhundert Hinweise auf slawische Siedler.50 Angesiedelt wurden sie im Frühmittelalter häufig auf Fiskalgut. Letzteres geschah dann nicht vor dem 8. und nicht mehr nach dem 11. Jahrhundert, nach Wolfgang Emmerich sogar mit einiger Wahrscheinlichkeit in etwa zwischen 750 und 1000. Dieser Siedlungsvorgang steht wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit dem karolingischen und frühottonischen Landesausbau. 51 Insofern könnten, da auch in Tennstedt umfangreiches Königsgut seit dem 8. Jahrhundert vorhanden war, auch schon seit dieser Zeit Slawen hier gesiedelt haben.
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Codex Eberhardi II, 134v, S. 254. Mainzer UB, Nr. 551. Dob I, Nr. 1218. Vgl. auch: PATZE: Art. Groß- und Kleinballhausen, S. 172. Für die Zeit zwischen 500 und 1152 finden sich nur vier Nachrichten zum Ort. Von 1152 bis 1227 lässt er sich überhaupt nicht in den Quellen nachweisen. Ab 1228 sind dann Personen zu greifen, welche sich nach dem Ort nennen. Bis 1288 wird der Ort nur noch einmal in den Quellen erwähnt. (Vgl. Register in Dob I, S. 435, Dob II, S. 546f., Dob III, S. 661 u. Dob IV, S. 502.). HERRMANN: Slawen in Deutschland, S. 28. DUŠEK: Geschichte und Kultur der Slawen, S. 18-32. SCHLESINGER: Frühmittelalter, S. 377-379. EMMERICH: Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, S. 290. EMMERICH: Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, S. 289-291.
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2.3 Die Frühgeschichte Erstmals erwähnt wird der Ort Tennstedt im Jahr 775, als Karl der Große den Fiskalzehnten zu Tennstedt an das Kloster Hersfeld schenkte.52 Spätestens seit dieser Zeit ist hier mit einem Königshof zu rechnen, über den der Fiskalzehnte eingezogen worden ist. 53 Nördlich der mittelalterlichen Stadt ist eine größere frühmittelalterliche Befestigungsanlage, welche wohl im Zusammenhang mit einem bei Tennstedt vorhandenen Königshof stand, archäologisch nachgewiesen. Dort konnte auf einem flachen Bergsporn eine in Haupt- und Vorburg unterteilte Anlage identifiziert werden.54 Inwiefern diese Anlage auch Pfalzfunktionen wahrnahm, kann nur vermutet werden, ist allerdings wegen des nicht unähnlichen Aufbaus der Pfalz Tilleda55 nicht auszuschließen. Zwar ist die Hauptburg in Tennstedt mit 100 x 120 Metern etwas kleiner als die Anlage der Hauptburg in Tilleda, sie weist aber dennoch durchaus vergleichbare Dimensionen auf. Auch ist der Königshof in Tennstedt wie die Pfalz Tilleda auf einer nach allen Seiten durch einen natürlichen Geländeabfall geschützten Erhebung im Gelände erbaut. Die Vorburg umfasste mit 190 x 225 Metern eine Fläche von 4,2 Hektar. Die Größe der Gesamtanlage spricht somit dafür, dass Tennstedter Burg und Hof im Frühmittelalter eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben dürften. Dem widerspricht allerdings der Umstand, dass für Tennstedt nur ein Königsaufenthalt überliefert ist. So hielt sich 1106 Heinrich V. in Tennstedt auf.56 Entstanden sein könnte die Befestigung im 8. Jahrhundert im Zusammenhang mit der zur Abwehr der Sachsen eingerichteten Germar Mark. Als einer der östlichsten Punkte innerhalb der Mark dürfte der Burg dabei eine entscheidende Funktion zugekommen sein.57 Über den im Jahr 775 erhaltenen Fiskalzehnten hinaus hatte die Reichsabtei Hersfeld weiteren Besitz im Ort erworben. So werden im ersten Teil des Brevarium Lulli in Tennstedt und Bruchstedt 12 Hufen und 7 Mansen aufgeführt, welche durch Karl den Großen an das Kloster übertragen worden waren.58 Im Jahr
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…; similiter donamus ad ipso sancto loco alia decima ex alio fisco nostro qui vocatur Dannistath in pago Altgauui. (DD K. d. Gr., Nr. 103. UB Hersfeld 1,1, Nr. 8.). GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 529. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 529. PATZE: Art. Bad Tennstedt, S. 39. Vgl. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 529. GOCKEL: Art. Tilleda, S. 560-563. Zum Aufenthalt Heinrichs VI. vgl. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 530. CDS I, 2, Nr. 15. Vgl. hierzu: HEINEMEYER: Der Königshof Eschwege, S. 27f. UB Reichsabtei Hersfeld, Bd. 1, Nr. 38. Brevarium st. Lulli, bes. v. FRANKE, S. 14, Z. 18.
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932 erhielt dann das Kloster im Zuge eines Gütertausches mit König Heinrich I. den locus Tennstedt,59 wobei der Königshof nicht ausdrücklich erwähnt wird und möglicherweise aus dem Tausch ausgenommen war. Anhand des Begriffes locus ist überhaupt nicht zu erkennen, was der König hier an das Kloster übertrug. Locus kann neben seiner allgemeinen Bedeutung Ort, Platz und Stelle auch einen Fronhof oder aber ein Dorf meinen.60 Neben Hersfeld verfügte auch das Reichsstift Gandersheim über Besitz in Tennstedt. So schenkte bereits 877 Ludwig der Jüngere res proprietatis nostrae ad monasterium […], hoc est in villa quae dicitur Tennisteti.61 Welchen Umfang der tradierte Besitz hatte, wird, da die Pertinenzformel wenig Aufschluss über den tatsächlich übertragenen Besitz gibt, wenig deutlich.62 Die Gandersheimer Besitzungen in Tennstedt wurden dann durch Otto I. 947 und 956 und erneut durch Otto II. 975 bestätigt.63 Im Diplom Ottos I. erfolgt die Bestätigung für Besitz in villis Tennistedi et Heriki et Bliderstedi. In den zwei Urkunden von 956 und 975 wird recht allgemein Besitz genannt, den das Kloster in Tennstedt hat. Eine genauere Bezeichnung wie zuvor findet nicht statt. Diese mehrfachen Bestätigungen dürfen jedoch nicht als Ausdruck von Besitzstreitigkeiten um einzelne Güter oder Rechte in Tennstedt zwischen Gandersheim und Hersfeld gewertet werden. Zurückzuführen sind die mehrfachen Bestätigungen viel eher auf Gesamtentwicklungen in Gandersheim und dem Verhältnis des Stiftes zum Reich.64 Die Bestätigungen Ottos I. standen wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Selbst59
60 61 62
63 64
Donavimus enim econtra ad illud coenobium in pagis Altgeuue et Uuestgeuue nominatis in comitatibus Meginuuarchi et Sigifridi loca Tennistat[…] (DD H. I., Nr. 32.). Hans Patze bezeichnet diese Urkunde als unsicher, gibt aber hierfür keine weiteren Begründungen an. Aller Wahrscheinlichkeit nach beruft er sich aber auf die Auseinandersetzungen um die Echtheit der Urkunde, welche im Wesentlichen im Zusammenhang mit dem nicht näher zu bestimmenden Ausstellungsort Reot und einer am selben Tag, wie die betreffende Urkunde, in Erfurt ausgestellten Urkunde bestehen. Hans Weirich vertritt die Auffassung dieser Widerspruch ließe sich möglicherweise dahingehend erklären, „dass Handlung und Beurkundung zeitlich auseinanderfallen.“ (Vgl. hierzu Anm. zu: Dob I, 339. PATZE: Landesherrschaft, S. 425. UB Hersfeld, Nr. 44.). NIERMEYER: Mediae latinitatis lexicon minus 1, S. 808f. DD L. d. J., Nr. 4. Vgl. auch: GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 258. Gockel: Art. Tennstedt, S. 535. …cum domibus aedificiis campis agris pratis pascuis silvis cultis et incultis aquis aquarumve decursibus viis et inviis accessibus et adia centiis finibus exitibus et regressibus et quicquid ad praefatas villas iure ac legitime pertinere videtur,[…] (DD L. d. J., Nr. 4.). DD O. I., Nr. 89 u. 180. DD O. II., Nr. 119. Vgl. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim. S. 85-88. Solche Auseinandersetzungen lehnt Ludger Körntgen ab. Er sieht, sich auf John William Bernhardt berufend, in diesen Bestätigungen Gegenleistungen für konkreten Gastungsleistungen des Stiftes für den König. (KÖRNTGEN: Zwischen Herrschern und Heiligen, S. 14f.).
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ständigkeit des Stiftes und dienten der Sicherung des Gandersheimer Besitzes. So dürfte beispielsweise die Urkunde Ottos II. von 975 eng mit der Aussöhnung zwischen der Äbtissin Gerberga und dem König zusammenhängen. Dennoch ergeben sich durchaus Ungereimtheiten hinsichtlich des gandersheimischen und hersfeldischen Besitzes in Tennstedt. Die oben genannte Urkunde von 932 kann durchaus so verstanden werden, dass 932 der gesamte locus Tennstedt und damit der gesamte königliche Besitz an Hersfeld gelangt sei. Jedoch verfügte Gandersheim, wie das Zinsverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert deutlich macht, weiterhin über Besitz am Ort, welcher sich sowohl über Großentennstedt als auch den benachbarten Ort Kleintennstedt verteilte.65 Darüber hinaus lässt sich aus diesem durchaus schlussfolgern, dass die Besitzungen nicht unerheblich gewesen sein dürften66 und auch das Einkünfteverzeichnis des Stiftes von 1438 listet noch umfangreiche Güter in Tennstedt und Umgebung auf.67 Welchen Umfang der im Jahr 877 übertragene Besitz hatte, ist vollkommen unklar. Deutlich wird nur, wenn 932 weiterer Besitz in Tennstedt an das Kloster Hersfeld tradiert werden konnte, kann 877 nicht der gesamte Königsbesitz an Gandersheim gelangt sein. In den Urkunden von 947, 956 und 975 wurde dann auch nicht der Besitz des gesamten Ortes bestätigt, sondern nur der 877 übertragene Besitz unbekannten Umfangs. In keiner der Schenkungen oder Bestätigungen wird der Königshof ausdrücklich erwähnt, weshalb möglicherweise weder Gandersheim noch Hersfeld in dessen Besitz kamen. Falls seine Versorgung allerdings nicht über weitere Wirtschaftseinheiten im Umfeld abgesichert war,68 dürfte er jedoch spätestens mit der Tradierung des Ortes an Hersfeld im Jahr 932 endgültig seine wirtschaftliche Grundlage verloren haben.69 Somit wäre mit einem bereits vorangegangenen oder spätestens im 10. Jahrhundert einsetzenden Bedeutungsverlust des Königshofes zu rechnen. Funde mittelalterlicher Scherben innerhalb der Hauptburg aus dem 9.-11. Jahrhundert legen allerdings nahe, dass die Anlage weiter genutzt worden ist 70 Auch fand der einzige überlieferte Aufenthalt eines 65 66 67 68
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Vgl. hierzu das Gandersheimer Zinsverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert, in: Dob I, Nr. 367 mit Anmerkungen. ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis, S. 195f. Dob IV, Nr. 367. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII. Im unmittelbaren Umfeld der St. Andrae Kirche südlich des Königshofes lassen sich bis ins Spätmittelalter die sogenannten Winkelhöfe nachweisen. (WILHELMS: Bad Tennstedt, S. 52.). Michael Gockel meint, dass zwischen 775 und 932 der karolingische Fiskus schrittweise zerschlagen worden und an die Reichsabteien Hersfeld und Gandersheim gefallen ist. (GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 537.). OA Bad Tennstedt im Landesamt für Archäologie Weimar, Nr. 12, 13 u. 36. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 529.
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Königs in Tennstedt in der Zeit nach dem vermutlichen Niedergang des Königshofes und der Vergabe des Königsgutes am Ort statt. Michael Gockel vermutet deshalb, dass Heinrich V. sich 1106 in einer aus dem ehemaligen Königshof hervorgegangen Anlage aufhielt, welche sich im Besitz einer der beiden geistlichen Einrichtungen befand. Zwar tendiert er dazu, das Reichstift Gandersheim als Besitznachfolger im ehemaligen Königshof zu sehen, tatsächlich beweisen kann er es aber nicht.71 Über den einzigen Aufenthalt eines Königs in Tennstedt gibt eine hier ausgestellte Urkunde vom 1. November 1106 Auskunft. Dieser Urkunde geht eine weitere nahezu gleichen Inhalts voran, welche in Mühlhausen ausgefertigt worden ist.72 Beide Urkunden stehen somit in einem engen Zusammenhang zueinander. Sie betreffen eine Schenkung an den Bischof von Havelberg, wobei die zweite in Tennstedt ausgestellte Urkunde die verschenkten Güter noch präzisierte. Die Forschung hat sich dafür ausgesprochen, in der ersten Ausfertigung lediglich ein Konzept zu sehen, welches in Mühlhausen erstellt wurde, während die eigentliche Urkunde erst in Tennstedt ausgestellt worden ist. Für eine solche Annahme spricht sicherlich auch, dass die Mühlhäuser Fassung im Gegensatz zur zweiten nie ein Siegel erhielt.73 Es drängt sich dabei die Frage auf, warum dieAusfertigung der aus dem Konzept erstellten zweiten Urkunde nicht ebenfalls in Mühlhausen, sondern erst in Tennstedt geschah. Dieser Umstand spricht möglicherweise dafür, dass der Aufenthalt in Tennstedt unabhängig von den Ausstellungszusammenhängen der Urkunde für den Bischof von Havelberg bereits feststand. Offensichtlich entsprach das in Mühlhausen ausgestellte Konzept nicht den Vorstellungen eines oder mehrerer der Beteiligten und es war notwendig geworden die Urkunde zu verbessern und hierfür war dann der auf Mühlhausen folgende Aufenthalt in Tennstedt ausgewählt worden. Auffällig ist, dass der König, welcher sich anschließend in Augsburg und Regensburg aufhielt, von Mühlhausen aus nicht den direkten Weg über den Rücken des Hainichs nach Süden nahm,74 sondern nach Tennstedt zog, wobei er möglicherweise den Weg über Bollstedt, Bothenheillingen und Kirchheillingen nutzte.75 Falls hierfür nicht andere, nicht mehr zu erkennende Gründe vorlagen, ist dieses ein Hinweis darauf, dass es sich bei Tennstedt um eine möglicherweise nach wie vor nicht unwichtige Station für den König im Norden des Thüringer 71 72 73 74 75
GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 530 u. 535. CDS I, A 2, Nr. 14 u. 15. Dob I, Nr. 1026 u. 1027. CDS I, A 2, Nr. 14 u. 15. Dob I, Nr. 1026 u. 1027 inkl. Anm. Ausführlich dazu: GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 279. STÜLLEIN: Itinerar Heinrichs V., S. 27, Anm. 42. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 39, Nr. 26 u. 29. Zu dieser Verkehrsverbindung vgl. oben.
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Beckens gehandelt haben könnte. Ein Indiz dafür sind vielleicht auch die bereits angesprochenen bis ins 11. Jahrhundert reichenden Keramikfunde auf der Hauptburg.76 Damit wäre die Nutzung der Anlage bis ins 11. Jahrhundert sicher nachweisbar, während sie für das beginnende 12. Jahrhundert lediglich vermutet werden könnte. Die aufgefundene Keramik gibt aber letztendlich nur Auskunft über die weitere Nutzung der Anlage. Der ehemalige Königshof kann deshalb, wie schon Gockel vermutete, durchaus bereits im Besitz Gandersheims oder Hersfelds gewesen sein. Grundsätzlich ist aber nicht auszuschließen, dass der Königshof und die königliche Burg noch bis ins frühe 12. Jahrhundert bestanden. So verlor auch Tilleda an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung und wurde von den Burgen auf dem Kyffhäuser abgelöst. Zwar hielten sich auch die Staufer noch vereinzelt in der Pfalz Tilleda auf, zu einer dauerhaften Wiederbelebung kam es allerdings schon deshalb nicht, weil Tilleda nicht mehr den wehrtechnischen Ansprüchen des 12. Jahrhunderts entsprach.77 Selbiges ist dann möglicherweise auch für Tennstedt anzunehmen. Letztendlich kann über das Schicksal des Königshofes aber nichts Gesichertes ausgesagt werden. Ob er nach 932 im Besitz des Königs verblieb oder an einen der geistlichen Ortsherren fiel, ist letztendlich nicht zu klären. So ist ein Fortbestand von wenigstens Teilen des Königsbesitzes am Ort bis in das frühe 12. Jahrhundert durchaus denkbar.78 Ausdrücklich erwähnt wird eine Übertragung der Burg und des dazugehörigen Hofes an eine der geistlichen Einrichtungen jedoch in keiner der hierfür infrage kommenden Urkunden. Hinweis dafür, dass die Anlage spätestens im 12. Jahrhundert nicht mehr in königlicher Hand war, liefert vielleicht das durch die Forschung mittlerweile in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts datierte königliche Servitienverzeichnis.79 Eine curtis Tennstedt, welche Servitien zu erbringen hatte, wird in diesem nicht genannt.80 Letztendlich ist unsicher, welchen Umfang der 877 und 932 jeweils an Gandersheim und an Hersfeld übertragene königliche Besitz hatte und an wen der Königshof tradiert wurde. Sicher ist nur, es kann sich jeweils nicht um den gesamten Ort gehandelt haben. Deutlich wird Letzteres vielleicht noch in einem weiteren Zusammenhang. Im Jahr 877 wird durch Ludwig den Jüngeren nicht nur das Eigengut, in villa quae dicitur Tennisteti übertragen. Vielmehr heißt es: res proprietatis nostrae ad monasterium 76 77 78 79 80
OA Bad Tennstedt im Landesamt für Archäologie Weimar, Nr. 12, 13 u. 36. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 529. PATZE: Art. Tilleda, S. 438f. PATZE: Art. Kyffhäuser, S. 247. WILHELMS: Zur Geschichte der Stadt Bad Tennstedt, S. 50. BRÜHL/KÖLZER: Tafelgüterverzeichnis, S. 32-39. BRÜHL: Datierung, S. 527. Vgl. Edition des Tafelgüterverzeichnisses in: BRÜHL/KÖLZER: Tafelgüterverzeichnis, S. 53.
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[…], hoc est in villa quae dicitur Tennisteti et in villa quae dicitur Heriki.81 Letzterer Ort wird durch die Forschung als Ehrich gedeutet.82 Auch hier entsteht der Eindruck, das gesamte Königsgut in Ehrich sei an Gandersheim tradiert worden. Im Zuge des Eintritts der Tochter Ottos II., Sophie, in das Kloster Gandersheim übertrug dieser dem Stift im Jahr 979 jedoch weiteren Besitz, und zwar nostrae proprietatis in Ehrich und darüber hinaus auch in Vuestrenerich (Western- oder Kleinehrich). 83 Wenigstens im Fall Ehrichs wurde demzufolge 877 nicht der vollständige Königsbesitz an Gandersheim tradiert und Selbiges dürfte dann wohl auch für Tennstedt wahrscheinlich sein. Insofern muss, da ebenfalls nicht zu erkennen ist, in welchem Umfang Königsbesitz in Tennstedt an Hersfeld übertragen wurde, auch vollkommen offen bleiben, ob die königliche Burg und auch der dazugehörige Königshof im 9. und 10. Jahrhundert überhaupt aus der Hand gegeben worden sind. Anhand der Besitzübertragungen aus Tennstedt könnte sich außerdem andeuten, spätestens im 9./10. Jahrhundert, hatte der Platz seine Bedeutung für das Königtum weitgehend verloren. Wenn die im Umfeld nachweisbaren slawischen Siedlungen tatsächlich auf Königsgut im Zusammenhang mit einem ersten Landesausbau entstanden und wenn der Königshof und damit auch das umliegende Reichsgut seit dem 9. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung verloren, dürften dann auch die Slawen schon vor dieser Zeit hier angesiedelt worden sein. In diesem Zusammenhang ergibt sich dann vielleicht noch ein weiteres Ergebnis. Wie Michael Gockel festgestellt hat, ist der Umfang des 775 erstmals erwähnten Fiskalgutbezirkes nicht weiter überliefert. Er vermutet lediglich, dass das ursprünglich im benachbarten Bruchstedt gelegene und von der Reichsabtei Hersfeld erworbene Reichsgut dazugehört haben könnte. Des Weiteren hält er für denkbar auch die königlichen Ländereien in Groß- und Kleinurleben, die 997 durch Otto III. an das Mainzer St. Viktorstift übertragen worden waren, seien ursprünglich von Tennstedt aus verwaltet worden.84 Kleinurleben war wiederum einer der im engeren Umfeld Tennstedts gelegenen Orte, in dem bereits recht früh Slawen durch das Königtum angesiedelt worden sein könnten. Selbiges war auch für Kleinballhausen und Kleinvargula angenommen worden. Deshalb wäre hieraus zu schlussfolgern, zum Fiskalgutbezirk Tennstedt gehörten auch die Ballhausenorte und die Vargulaorte. Wenigstens Ballhausen verweist mit seinem Grundwort -hausen des Weiteren auf eine fränkische Gründung zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert. Diese Orte entstanden
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DD L. d. J., Nr. 4. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 535. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 263. PATZE. Art. Großenehrich, S. 175. DD O. II., Nr. 201. PATZE. Art. Großenehrich, S. 175. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 532f.
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häufig im Zusammenhang mit einem frühen durch das fränkische Königtum organisierten Landesausbau.85 Des Weiteren könnte noch im 12. Jahrhundert auch Reichsgut in Ballhausen vorhanden gewesen sein. Konrad von Ballhausen gehörte zum engeren Umfeld Friedrich Barbarossas,86 was wiederum damit begründet werden könnte, dass Konrad mit Reichsgut in Ballhausen belehnt war. Damit ließen sich neben den von Gockel vermuteten zwei Orten noch zwei weitere des ehemaligen Fiskalgutbezirkes identifizieren. Im Osten lag Ballhausen, im Nordwesten Bruchstedt, im Westen Urleben und im Südwesten Vargula. Im Südosten befand sich auf der Südseite der Unstrut dann das Fiskalgutzentrum Gebesee.87 Der Bezirk Tennstedt kann demnach im Osten, Südosten und Süden nur bis an die Unstrut gereicht haben. Erhärtet wird dieses noch dadurch, dass die Unstrut nicht nur den Sedes Greußen vom Sedes Herbsleben und Sedes Münstergehofen trennt, sondern sie in diesem Raum sogar die Grenze zwischen dem Archidiakonat Jechaburg und St. Severi ist. 88 Deshalb könnte im Zuge dieser Überlegung auch noch das östlich gelegene Schwerstedt zum Königsgutzentrum Tennstedt gehört haben.
2.4 Tennstedt im Besitz des Reichsstiftes Gandersheim und des Klosters Hersfeld – das Niederkirchenwesen 2.4.1 Das Reichsstift Gandersheim und das Kloster Hersfeld Neben dem König hatten schon im Frühmittelalter sowohl das Reichsstift Gandersheim als auch das Kloster Hersfeld Besitz am Ort. Die Seelsorge in Tennstedt dürfte im 12. Jahrhundert durch das Kloster Hersfeld ausgeübt worden sein. In einer Urkunde aus dem Jahr 1168 erscheint ein parrochianus zu Tennstedt, welcher durch den Abt von Hersfeld mit Besitz in Breitungen belehnt war.89 Auch die 200 Meter südwestlich des Marktplatzes liegende Trinitatiskirche verweist mit ihrem ursprünglichen Wigbert Patrozinium auf das Kloster Hersfeld.90 Michael
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Vgl. EMMERICH: Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, S. 296-300. Vgl. PATZE: Art. Groß- und Kleinballhausen, S. 172. Vgl. GOCKEL, Art. Tennstedt, S. 532f. Vgl. Karte: Kirchliche Organisation Thüringens im Mittelalter, in: BÜNZ: Mainzer Subsidienregister von 1506, Faltblatt hinten. Zur Bedeutung von Flüssen als Grenzen vgl. auch: HEINEMEYER: Geistliche und weltliche Grenzen, S. 61-96. Hennebergisches UB 1, Nr. 19. Dob II, Nr. 354. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 532.
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Gockel schließt nicht ganz aus, dass diese Kirche erst 932 im Zuge der Übertragung von Königsgut an Hersfeld gelangt ist, hält aber auch eine frühere hersfeldische Gründung für denkbar.91 Da sich Wigbertikirchen häufig in den thüringischen Besitzungen des Klosters Hersfeld finden, dürfte sie auch mit einiger Sicherheit als eine hersfeldische Gründung und damit eine hersfeldische Eigenkirche anzusehen sein.92 Bei dem 1168 genannten parrochianus geht die Forschung übereinstimmend davon aus, dass es sich um den Pfarrer der Wigbertikirche handelt und diese deshalb auch die ursprüngliche Pfarrkirche des Ortes war.93 Direkt als Pfarrkirche wird sie aber erst im frühen 14. Jahrhundert erwähnt. Für 1429 ist dann das Wigbertipatrozinium überliefert und sie wird gleichzeitig als die städtische Pfarrkirche bezeichnet.94 Mit der Existenz einer hersfeldischen Eigenkirche in Großentennstedt muss der Besitzschwerpunkt des Klosters sicherlich auch hier gesucht werden.95 Die Lage im Ort auf einer leichten Anhöhe innerhalb der späteren Stadt mit einem die Kirche umgebenden großräumigen freien Platz spricht dafür, im Umfeld der Kirche auch den hersfeldischen Hof zu vermuten.96 Einen weiteren Hinweis auf den Besitz des Klosters am Ort liefert dann eine Urkunde aus dem Jahr 1160. In dieser bestätigte der Abt von Hersfeld von seinem als Mönch in das Kloster eingetretenen Ministerialen Adalbero unter anderem Güter und Lehen in Tennstedt erhalten zu haben. Adalbero besaß diesen Besitz als Eigengut.97 Neben der Wigbertikirche in Großentennstedt gab es eine weitere hersfeldische Kirche in Wenigentennstedt.98 Als Pfarrkirche nachweisbar ist sie erstmals 1429.99 Während das hersfeldische Patronatsrecht an der Johanneskirche in Wenigentennstedt überliefert ist,100 konnte dieses für die Wigbertikirche in der späteren Stadt jedoch nicht nachgewiesen werden. Hier ist lediglich bekannt, dass die Wettiner kurz vor der Reformation darüber verfügten.101 Dennoch dürfte, schon 91 92 93 94 95 96 97
98 99 100 101
GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 533. WUNDER: Wigberttradition, S. 163-167. PATZE: Landesherrschaft, S. 425. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 267. WUNDER: Wigberttradition, S. 163-167. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 531. PATZE: Landesherrschaft, S. 425. RG III, Nr. 198. RG IV, Nr. 4558. Vgl. auch: GOCKEL: Art. Tennstedt. S. 530. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 267. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 532f. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. HStA Marburg Urk. 56, Nr. 2343. Druck: UB zu dem dritten Bande von Helfrich Bernhard Wenks Hessische Landesgeschichte, hg. v. Helfrich Bernhard WENK, Nr. 75. Dob II, Nr. 204. HAFNER: Reichsabtei Hersfeld, S. 129-131. RG IV, Nr. 2528. HAFNER: Reichsabtei Hersfeld, S. 129-131. GRESKY: Archidiakonat Jechaburg, Beil. 7, Nr. 77. Vgl. auch: GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 537.
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wegen dem Umstand, dass es sich wohl um eine hersfeldische Eigenkirche und wahrscheinlich auch Gründung handelte, anzunehmen sein, dass es ursprünglich beim Abt von Hersfeld lag. Wann die Wettiner das Patronatsrecht erhielten, ist ungewiss, Gockel vertritt aber die Auffassung, sie erhielten es als Rechtsnachfolger der ludowingischen Landgrafen schon aus deren Hand.102 Mit der Johanneskirche ist aber im Raum Tennstedt eine weitere Kirche zu identifizieren, in der dem Abt von Hersfeld das Patronatsrecht und damit auch die Bestellung des zuständigen Geistlichen oblag. Weder ist über das Alter des Pfarrrechtes dieser Kirche etwas bekannt, noch wird deutlich, seit wann der Abt von Hersfeld Rechte hieran hatte. Deshalb und wegen folgender Überlegungen steht die durch die Forschung vorgenommene Zuordnung des 1168 erwähnten parochianus zur Wigbertikirche vor einem grundsätzlichen Problem: Aus dem Wortlaut der Urkunde von 1168 lässt sich lediglich schließen, dass ein durch Hersfeld bestellter und bepfründeter Pfarrer in Tennstedt seelsorgerisch tätig war. Der hier genannte parrochianus war demzufolge der für Tennstedt zuständige Pfarrer, welcher durch den Abt von Hersfeld mit Besitz bepfründet war. An welcher Kirche er diese Tätigkeit ausübte, wird damit nicht deutlich. Auch die Urkunde von 1160 nennt lediglich recht allgemein Besitz in Tennstedt. Oben ist darauf hingewiesen worden, dass Tennstedt in mehrere Siedlungen zerfällt. 103 Deshalb ist nicht grundsätzlich auszuschließen, dass der 1168 genannte parrochianus auch Pfarrer der Johanneskirche in Wenigentennstedt gewesen sein kann und die 1160 genannten Rechte lagen dann vielleicht ebenfalls in Kleintennstedt. Eine begriffliche Unterscheidung in Großen- und Kleintennstedt lässt sich erstmals im Zinsregister des Klosters Gandersheim aus dem 13. Jahrhundert greifen. Im Zusammenhang mit Ballhausen wird erstmals 1128 Windischenballenhusen genannt104 und spätestens seit dieser Zeit erfolgte demnach auch eine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinballhausen. Damit lässt sich feststellen, seit dem ersten Drittel des 12. Jahrhunderts wurde im Raum Tennstedt, wenn slawische Siedlungen neben „deutschen“ bestanden, durchaus zwischen beiden auch begrifflich unterschieden.105 Auch für Tennstedt ist bereits eine frühe Ansiedlung
102 103 104 105
GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 537. Vgl. oben. Mainzer UB, Nr. 551. Dob I, Nr. 1218. Vgl. auch oben. Dieses musste nicht immer der Fall sein. Wie oben schon im Zusammenhang mit Tennstedt gezeigt, wurde dieses seht unterschiedlich gehandhabt. So im Fall Ballhausens: Am 28. Januar 1258 wird durch den Abt von Volkenroda in Ballhausen eine Urkunde ausgestellt, in welcher ein Eckard von Ballhausen, miles, tauschweise Besitz in Kleinballhausen erhält, und am selben Tag siegelt ein Eckardt von Ballhausen eine gleichfalls in Ballhausen ausgestellte Urkunde. (Dob III, Nr. 2627f.). Am 17. Februar 1258 beurkundet ein Ritter Eckard von Ballhausen ein Rechtsgeschäft. (Dob III, Nr. 2706.). Nur kurze
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von Slawen vermutet worden. Insofern wäre schon im Fall der Urkunde von 1168 eine Differenzierung zwischen den Tennstedtorten möglich gewesen, erfolgte aber nicht. Dass gleichfalls schon im Frühmittelalter zwischen solchen Siedlungsteilen auch begrifflich unterschieden worden ist, wird am oben besprochenen Beispiel Ehrich deutlich. Hier wurde erstmals im Jahr 979 eine Unterscheidung zwischen Ehrich und Westernehrich vorgenommen.106 Allerdings erfolgte auch in einer Bestätigungsurkunde Papst Innozenzs III. aus dem Jahr 1206, in welcher dieser gandersheimische Besitz unter anderem in Tennstedt und Erich bestätigte, gleichfalls keine Unterscheidung. Bestätigt wird Besitz in Erice ac Dennestede cum ecclesiis, villicationibus, et omnibus pertinentiis suis.107 Bereits Gockel verwies auf die summarische Wendung des anschließend genannten in den Orten gelegenen Besitzes.108 Deshalb ist vorstellbar: Hier erfolgte, anders als im später entstandenen Zinsverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert, deshalb keine differenzierte Besitzaufzeichnung und deswegen auch keine Unterscheidung zwischen den Orten, weil es nur darum ging, eine allgemeine Bestätigung für den Besitz in den Händen zu halten. Demgegenüber war es Zweck des Zinsverzeichnisses, detailliert die zustehenden Einkünfte zu erfassen. Festzustellen ist dieser Unterschied auch bei anderen 1206 genannten und im Zinsregister erneut erscheinenden Orten. So beispielsweise bei Denkte. Im Jahr 1206 wird der Ort cum ecclesiis et omnibus pertinetiis suis vom Papst bestätigt. Im Zinsverzeichnis bekommt der Ort einen umfangreichen Abschnitt und alle aus dem Ort zustehenden Einkünfte werden genau aufgelistet.109 Ein weiteres Besipiel ist, wie eben bereits festgestellt, der zusammen mit Tennstedt 877 an Gandersheim übertragene Ort Ehrich.110 Auch dieser wird 1206
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Zeit später, am 13. März desselben Jahres verkauft Eckard von Ballhausen Besitz in Nägelstedt. Ausgestellt ist die Urkunde gleichfalls in Ballhausen. (Dob III, Nr. 2638.). Nur wenige Monate später im Oktober 1258 lässt ein miles Eckard von Kleinballhausen dem Kloster Volkenroda die Vogtei über eine Hufe zu Großballhausen auf. (Dob III, Nr. 2678.). Damit wird auch erstmals der Ort Großballhausen erwähnt. Im Jahr 1260 überträgt wiederum ein Eckard von Ballhausen, genannt von Summeringen, Besitz zu Großballhausen. (Dob III, Nr. 2837.). Auch in der Folge nennt sich dieser Ritter lediglich nach Ballhausen, ohne dass noch einmal die Ballhausenorte selbst Gegenstand der Urkunden sind. (Dob III, Nr. 3013, 3023, 3031, 3209 u. 3287. UB Mühlhausen, Nr. 166. Westfälisches UB IV, Nr. 915, S. 475.). Lediglich in einer 1262 ausgestellten Urkunde wird als Ausstellungsort Ballhausen genannt. (Dob III, Nr. 3013. Westfälisches UB IV, Nr. 915, S. 475.). Vgl. oben. Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 738f., hier S. 739. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 535. ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis, S. 195f. Zu den Einträgen vgl. Auch: GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 275 u. 285f. DD L. d. J., Nr. 4.
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ohne weitere begriffliche Differenzierung genannt und im Zinsverzeichnis erfolgt eine Unterscheidung in Großen- und Kleinehrich. Ansonsten wird der Ort bis ins späte 13. Jahrhundert meist nur als Ehrich bezeichnet.111 Auch das dort ansässige Geschlecht nannte sich nur nach Ehrich.112 Lediglich im Jahr 1270 erscheint eine Differenzierung zwischen den Orten. So versprach Landgraf Albrecht weder die alte noch die neue Burg in Maiori Erich zu befestigen.113 Noch 1259 übergab Sophie, Witwe des Grafen Heinrich von Schwarzburg, die Hälfte ihrer Burg Ehrich an ihren Bruder den Grafen Heinrich von Hohnstein.114 Während in der landgräflichen Urkunde die Burg mittels einer Ortsangabe genau lokalisiert worden ist, musste dieses wiederum bei der Übertragung der Burg durch Sophie deswegen nicht erfolgen, weil mittels der Formulierung ihre Burg deutlich war, um welche es sich handelte. Deshalb ist tatsächlich vorstellbar, eine genaue Differenzierung wurde nur vorgenommen, wenn hierzu eine Notwendigkeit bestand. So etwa wenn deutlich gemacht werden sollte, welches Objekt/Recht betroffen war und in welchem Ort es lag und was damit verbunden war. Grundsätzlich ist gleichfalls möglich: Wird der Ort ohne weitere Differenzierung genannt, war dieses eine summarische Wendung und umfasste die gesamte Siedlung. Zurückzukommen ist aber nun auf den Fall Ehrich: Otto II. übertrug 979 Besitz in villis Ericha, Buchenstat, Ruohenstat, Niuvenstat, Vestrenerich,115 Hier werden demzufolge Western-/Kleinehrich und Ehrich gegenübergestellt. Es deutet sich deshalb an, dass Ehrich auch Großenehrich meinen kann und deshalb beim älteren Hauptort der Gesamtsiedlung auf den Zusatz verzichtet werden konnte. Daraus wiederum wäre zu schlussfolgern, Gandersheim war 877 lediglich Besitz in Großenehrich übertragen wurden116 und erst 979 erhielt das Stift auch Besitz, und dieses wird nun auch ausdrücklich herausgestellt, in Kleinehrich. Dieses hätte dann ebenfalls weitreichende Folgen für den gandersheimischen Besitz in Tennstedt. Es würde bedeuten, der 877 zusammen mit dem in (Großen-)Ehrich an das Stift tradierte Besitz in Tennstedt lag ausschließlich in Großentennstedt und der im Zinsverzeichnis aufgelistete in Kleintennstedt gelegene Besitz war erst zu ei111
112 113 114 115 116
Dob I, Nr. 42 u. 246. Dob II, Nr. 1323. Dob III, Nr. 2752, 2754 u. 2758. DD L. d. J., Nr. 4. DD O. I., Nr. 89 u. 180. DD O. II., Nr. 119 u. 201. Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 785. Dob II, Nr. 204, 1058 u. 1084. Dob III, Nr. 1972 u. 3209. Dob IV, Nr. 761 u. 1379. Dob IV, Nr. 536. Dob III, Nr. 2752, 2754 u. 2758. DD O. II., Nr. 201. Auch Goetting vermutet den durch Ludwig den Jüngeren übertragenen Besitz in Großentennstedt. (GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 258.).
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nem späteren Zeitpunkt, aus nicht näher bekannter Hand, an das Kloster gekommen. Dass er gleichfalls aus Reichsbesitz an das Stift fiel und damit vom König tradiert worden ist, ließe sich nur aus dem Umstand ableiten, dass, wie oben schon erwähnt, Slawen sehr häufig auf Fiskalgut angesiedelt worden sind. Allerdings steht diesem nach wie vor der Umstand entgegen, dass in der päpstlichen Bestätigung von 1206 keine Differenzierung zwischen Großen und Western/Kleinehrich vorgenommen wurde. Das Stift verfügte aber noch im 13. Jahrhundert, wie anhand, der im Zinsverzeichnis auch für Westernerche aufgelisteten Abgaben, deutlich wird, weiterhin über Besitz in diesem Ortsteil.117 Als Markgraf Ekbert von Braunschweig 1074 bekannte, das Kloster Gandersheim in seinen Schutz genommen zu haben, bestätigte er gleichzeitig unter anderem die advocatiam in Erch et Tenestede von der Äbtissin zu Lehen erhalten zu haben.118 Wenigstens in Ehrich verfügte das Stift Gandersheim bereits spätestens seit 979 sowohl in Großenehrich als auch in Klein-/Westernehrich über Besitz. Es ist kaum vorstellbar, dass Markgraf Ekbert 1074 nur die Vogtei über Großenehrich erhielt, sondern sie bestand wohl über den gesamten Gandersheimer Besitz in Ehrich. Deshalb wird deutlich, auch hier wurde demzufolge nicht differenziert und die Nennung eines Ortsnamens ohne Zusatz kann auch die gesamte Siedlung umfassen. Insofern muss ebenso ungewiss bleiben, ob nicht auch schon 877 Besitz in Western-/Kleinehrich sowie in Kleintennstedt an Gandersheim kam. In diesem Fall wurde dann aber anders als 979 bei Ehrich nicht zwischen den Ortsteilen unterschieden. Zusammenfassend bleibt deshalb festzustellen: Ist der jeweilige durchaus auch mit dem Zusatz „Großen“ beziehungsweise seiner lateinischen Variante maior bezeichnete Ort gemeint, kann hier auf den differenzierenden Zusatz verzichtet werden. Gleichzeitig wird offensichtlich auf diese Weise aber auch der Gesamtort mit seinen Ortsteilen bezeichnet. Dieses wiederum korrespondiert mit den oben gemachten Beobachtungen zum Gebrauch der Zusätze im Spätmittelalter.119 Insofern lässt sich aus dem Text der Urkunde von 1168 wiederum tatsächlich nicht erkennen, an welcher Kirche der erwähnte parrochianus tätig war. Dafür, dass die Wigertikirche tatsächlich die Hauptkirche und damit die ursprüngliche Pfarrkirche war, würde jedoch ihre Lage innerhalb des Hauptortes Großentennstedt sprechen. Demgegenüber befand sich die Johanneskirche im Nebenort Klein-
117 118 119
ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis, S. 195f. CDS I, A I, Nr. 144. Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 1379. Vgl. Kap. II.2.4.2.
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tennstedt. Auch weist der Begriff parrochianus anders als der gleichfalls im Zusammenhang mit Kirchen in Tennstedt gebrauchte Terminus plebanus augenscheinlich auf einen an der örtlichen (Haupt-)Pfarrkirche tätigen Pfarrer.120 Des Weiteren deutet doch das Wigbertpatrozinium mit einiger Sicherheit auf eine hersfeldische Eigenkirche und eine hersfeldische Gründung. Eine Bepfründung durch den Abt von Hersfeld, wie sie 1168 überliefert wird, verweist wiederum auf einen durch Hersfeld bestellten parrochianus. Deshalb könnte wenigstens aus diesen Zusammenhängen geschlussfolgert werden, dass 1168 tatsächlich der Pfarrer der Wigbertikirche erwähnt wird. Deutlicher wird dieses anhand einer Urkunde vom 30. Juni 1339. In dieser bestätigte Hermann von Netra, Pleban der St. Wigbertikirche in maiori Thennestede, vom Hersfelder Dekan und dem Konvent Grundbesitz im Umfeld der villa Thennestede erhalten zu haben.121 Bei der Wigbertikirche handelte es sich demnach um eine hersfeldische Kirche und der dort tätige Pfarrer wurde durch die Abtei mit Besitz ausgestattet. Allerdings, und dieses ist hier vorwegzunehmen, lassen sich im frühen 15. Jahrhundert neben diesen zwei Pfarrkirchen noch zwei weitere Pfarrkirchen, die nicht in Kleintennstedt, sondern im unmittelbaren Umfeld der späteren Stadt lagen, in der Gesamtsiedlung Tennstedt feststellen. Eine dieser Kirchen, die Nikolaikirche, lag sogar unmittelbar östlich vor der Stadtmauer.122 Auch eine dieser Kirchen könnte demzufolge ursprünglich die Tennstedter Pfarrkirche gewesen sein, während alle anderen Kirchen nur Filialkirchen waren. Wenigstens im Fall der Wigbertikirche ist sogar denkbar, dass sie erst im Zuge der Stadterhebung Tennstedts auch Pfarrkirche der Stadt wurde.123 Zuzuwenden ist sich deshalb nun dem Niederkirchenwesen in der Siedlung Tennstedt.
2.4.2 Das Niederkirchenwesen und die Besitzverhältnisse Das Wigbertpatrozinium weist die Kirche in Großentennstedt als hersfeldische Gründung und Eigenkirche aus. Demgegenüber sind Johannespatrozinien bei Kirchen weit verbreitet, wobei es sich häufig um sehr alte Kirchen handelt. In Altbayern entstanden sie meist als frühe Taufkapellen für einen größeren
120
121 122 123
Zum Begriff Parochian(us) und Pleban(us): DRW X, Sp. 512. Niermeyer: Lexikon minus 2, S. 998 u. 1051. Zu den Schwierigkeiten mit dem Begriff plebanus (für das Spätmittelalter) vgl. JANNSEN: Pfarrorganisation, S. 60. HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 329. Vgl. unten. Vgl. zu solchen Vorgängen: JANNSEN: Pfarrorganisation, S. 72-77.
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Pfarrsprengel, waren aber ursprünglich nicht Sitz eines Pfarrers. Im ostfränkischen Gebiet waren es Nebenkirchen älterer Pfarrkirchen. Häufig stehen sie in enger Beziehung zu königlichen Wirtschaftshöfen.124 Eine hersfeldische Gründung auf hersfeldischem Eigenbesitz wäre in diesem Fall eher unwahrscheinlich. Vielmehr besteht die Möglichkeit, sie als Gründung eines anderen Herrn anzusehen. Da frühe Johanneskirchen häufig in enger Beziehung zu königlichen Wirtschaftshöfen stehen, ist deshalb an den König als Kirchengründer zu denken. Insofern könnte das Patronatsrecht an der Johanneskirche auch erst zu einem späteren Zeitpunkt durch Hersfeld erworben worden sein. Denkbar ist, dass dieses im Zusammenhang mit dem Gütertausch von 932 geschehen ist,125 und bis dahin befand sich die Kirche in königlichem Besitz. Auszuschließen ist aber auch eine viel spätere Erwerbung nicht. Allerdings liegt die Kirche doch in einiger Entfernung, aber noch in Sichtweite zur frühmittelalterlichen Burg. Johannespatrozinien gab es im Zusammenhang mit dem Kloster Hersfeld durchaus. So weihte Arnold Abt von Hersfeld zwischen 1012 und 1024 die von Hersfeld aus auf dem Johannesberg bei Hersfeld gegründete Probstei dem Heiligen Johannes Baptist und Evangelist.126 Grundsätzlich bleibt festzustellen: Während bei der Wigbertikirche relativ sicher auf eine hersfeldische Gründung geschlossen werden kann und dieses wohl auch auf hersfeldischem Eigengut erfolgte, ist ein solcher Umstand bei der Johanneskirche nicht festzustellen. Vielmehr ist auch nicht auszuschließen, es mit einer königlichen Gründung gleichfalls älteren Ursprungs zu tun zu haben, und die Kirche gelangte dann erst zu einem späteren Zeitpunkt an Hersfeld. Im Jahr 1273 wird ein weiterer Pfarrer erwähnt und als plebanus orientalis ecclesie in Tennenstede bezeichnet.127 Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist demzufolge, da weder die Wigbertikirche im Westen der späteren Stadt noch die Johanneskirche im westlich gelegenen Wenigentennstedt mit der „östlichen Kirche“ gleichzusetzen sein dürfte, mit einer weiteren Kirche, welche wenigstens Pfarrfunktionen besaß, am Ort zu rechnen.128 Dass die Kirche der Osthöfe selbst eine Pfarrkirche war, wird erst aus Einträgen in den päpstlichen Registern des 15. Jahrhunderts ersichtlich. 129 Damit existierte in Großentennstedt zusätzlich zur Parochie der Wigbertikirche außerhalb der späteren Stadtmauer in den Osthöfen offensichtlich ein weiterer Pfarrbezirk.130 124 125 126 127 128 129 130
ZIMMERMANN: Patrozinienwahl I, S. 45f. und 54. Vgl. oben. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl II, S. 15. Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 738-742, hier S. 739. Dob IV, Nr. 961. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 269. RG 2, Nr. 2520 u. 2522. RG IV, Nr. 4703. RG 1, Nr. 2661. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 531. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 269.
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Neben den bisher genannten Pfarrkirchen lässt sich innerhalb der Siedlung Tennstedt noch eine vierte Pfarrkirche lokalisieren. Diese bestand jedoch spätestens seit dem frühen 16. Jahrhundert nicht mehr.131 Anhand des nördlich der mittelalterlichen Stadt anhaftenden Flurnamen St. Andrae kann sie unmittelbar unterhalb der königlichen Befestigung lokalisiert werden. Noch im Jahr 1400 wird die Kirche als par[ochialis] eccl[esiae] s. Andree bezeichnet132 und sie war demzufolge wenigstens in dieser Zeit Pfarrkirche. Wegen ihrer unmittelbaren Nähe zum Königshof vermutet Michael Gockel, dass sie in einem engen Zusammenhang zum Königshof gestanden und es sich bei ihr um die ursprüngliche Pfarrkirche des Ortes gehandelt habe, welche später durch die Wigbertikirche abgelöst worden ist.133 Letztendlich lässt sich aber nicht sicher aussagen, ab wann die Andreaskirche Pfarrkirche war. Lediglich die Gräber aus dem 13. Jahrhundert im Umfeld des Flurnamens St. Andrae verweisen auf einen Friedhof134 und somit möglicherweise wenigstens in dieser Zeit auf eine Kirche mit Begräbnisrecht. Denkbar ist aber durchaus, dass ihre ursprüngliche Funktion in der seelsorgerischen Versorgung der Königsburg bestand und darüber hinaus betreute sie vielleicht auch noch eine unterhalb der Burg und bei der Kirche gelegene Siedlung. Immerhin lagen in diesem Raum auch die sogenannten Winkelhöfe, über deren Alter aber nichts auszusagen ist. Es ist lediglich zu mutmaßen, dass ihre Lage unterhalb der frühmittelalterlichen Burg einen Zusammenhang mit dieser wahrscheinlich macht. Im Zusammenhang der Stadterhebung wäre dann die Wigbertikirche die Pfarrkirche der Stadt geworden. Infolge der Siedlungs- und Bevölkerungskonzentration in der Stadt wurde sie dann auch die Hauptpfarrkirche des gesamten Ortes.135 Christine Müller vermutet gleichfalls eine Beziehung der Andreaskirche zur königlichen Burg. Sie hält es weiterhin für denkbar, dass die Andreaskirche ihre Aufgabe mit dem Zerfall des Königsgutes am Ort verlor und deshalb in der Folge einging.136 Bezüglich eines hohen Alters der Andreaskirche ergibt sich jedoch ein grundsätzliches Problem. Die im Umfeld des Flurnamens St. Andrae aufgefundenen Gräber, welche auf einen zur Kirche gehörigen Friedhof verweisen dürften, 131
132 133 134 135 136
Im Mainzer Subsidienregister von 1506 wird diese Kirche nicht mehr aufgeführt. Sie muss demzufolge zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr existiert haben. (Vgl. Das Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 2933-2941, 2947-2956.). RG 2, Nr. 2520. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 532. OA Bad Tennstedt im Landesamt für Archäologie Weimar, Nr. 11. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 531. Vgl. zu solchen Vorgängen: JANNSEN: Pfarrorganisation, S. 72-77. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 269.
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enthielten lediglich Fundmaterial des 13. Jahrhunderts.137 Sollte es sich tatsächlich um eine schon ältere Pfarrkirche handeln, müsste auch der Friedhof älter sein. In diesem Fall wäre aber doch mit einiger Wahrscheinlichkeit auch mit früher zu datierenden Funden zu rechnen. Indiz für eine andere mögliche Funktion der St. Andreas-Kirche gibt vielleicht ein Rechtsgeschäft aus dem 13. Jahrhundert. Nach dem bei Dobenecker abgedruckten Regest übertrug Friedrich, Graf von Beichlingen, auf Bitten des Berthold von Urleben, welche damit belehnt war, am 30. März 1266 dem Konvent und der Abtei zu Tennstedt zwei zu Tennstedt gelegene Hufen.138 In den Quellen finden sich ansonsten jedoch keine weiteren Hinweise auf ein entsprechendes Kloster in Tennstedt.139 Schwierigkeiten bereitete zunächst das Auffinden der Originalurkunde. Das von Dobenecker angebene Archiv (Gräfliches von Werthern-Beichlingisches Archiv, Schloss Beichlingen), in welchem sich die Urkunde befinden sollte, existiert als solches nicht mehr. Vielmehr wurde es nach 1945 nach Wernigerode überführt und ist hier unter der Signatur H 1 Herrschaftsarchiv Beichlingen, 1266-1945, abgelegt.140 Da diese Urkunde die einzige Nachricht ist, welche ein Kloster in Tennstedt überliefert, bestand immerhin auch die Möglichkeit, dass Dobenecker den Inhalt der Originalurkunde fehlerhaft bzw. unvollständig wiedergegeben haben könnte. So könnte der Empfänger der zwei übertragenen Hufen auch eines der beiden im Ort umfangreich begüterten Klöster Hersfeld oder Gandersheim gewesen sein. Im Original wird jedoch eindeutig festgelegt, dass die zwei zu Tennstedt gelegenen Hufen an abbatiae et conventui in Tennistede zu freiem Eigen übertragen werden. Ein anderer Empfänger wird nicht genannt.141 Insofern scheint in Tennstedt wenigstens in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein Kloster bestanden zu haben. Weitere fehlende Nachrichten könnte dem generell schlechten Quellenbestand für Tennstedt geschuldet sein. Falls das Kloster jedoch nur kurze Zeit im 13. Jahrhundert bestand, kann im Zusammenhang mit dem Fundmaterial des 13. Jahrhunderts jedoch vermutet werden, dass es sich bei der Andreaskirche wenigstens zeitweise um die Klosterkiche handelte. Für einen schlüssigen Beweis sind diese Indizien aber kaum ausreichend. Auch bestand die Kirche St. Andrae noch im frühen 15. Jahrhundert,142 137 138 139 140 141 142
OA Bad Tennstedt im Landesamt für Archäologie Weimar, Nr. 11. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 531. Dob III, Nr. 3422. Bereits Dobenecker verwies in seinen Anmerkungen, das dieses Kloster bisher unbekannt war. (Anmerkung 1 zu: Dob III, Nr. 3422). Vgl. LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode (URL: http://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query /detail.aspx?ID=4639.) (14.02.2020)). LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode. H 1, U Nr. 1. Vgl. oben.
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während keine weiteren Nachrichten über eine Abtei und ein Konvent vorliegen. Ursache dafür könnte sein, dass zwar Abtei oder Konvent bald nach ihrer einzigen Erwähnung wieder eingegangen waren, während die Kirche St. Andrae wenigstens noch eine Weile fortbestand. Aber auch dieses kann letztendlich nur ungewiss bleiben. Grundsätzlich gibt es aber noch eine weitere Möglichkeit hinsichtlich des Problems der 1266 durch Friedrich von Beichlingen erfolgten Übertragung der zwei zu Tennstedt gelegenen Hufen an die Abtei und das Konvent in Tennstedt.143 Vorstellbar ist, dass das Reichsstift Hersfeld der Empfänger war, in der vorliegenden Urkunde aber nicht genannt wird. Dies könnte zum einen auf einen Fehler des Schreibers zurückzuführen sein, zum anderen könnte aber auf die Nennung verzichtet worden sein, weil der Empfänger klar war. Mit dem Zerfall des Königsgutes am Ort muss die Andreaskirche darüber hinaus ihre Funktion nicht vollständig verloren haben. So könnte sie weiterhin die bei ihr gelegene Siedlung Winkelhöfe seelsogerisch betreut und in diesem Zusammenhang weiterhin Pfarrfunktionen ausgeübt haben. Aber auch dabei ist nach wie vor problematisch, dass der Friedhof bei der Andreaskirche nur im 13. Jahrhundert genutzt worden ist. Als Ausweg könnte zunächst angenommen werden, die Bewohner der Winkelhöfe hätten ihre Toten später auf dem Friedhof einer anderen Kirche bestattet. Möglicherweise waren die Winkelhöfe seit dem 13. Jahrhundert als Siedlung im Niedergang begriffen. So verließen vielleicht die Bewohner in dieser Zeit im Zuge der entstehenden oder bereits entstandenen Stadt ihre Höfe und zogen in die benachbarte Stadt. Wüstungsvorgänge, und darüber informiert wiederum das markgräfliche Register von 1378, kamen im Raum Tennstedt spätestens im 14. Jahrhundert durchaus vor. Hier heißt es, dass die Vronygenhofin zum Zeitpunkt der Abfassung des Registers wüst waren und deshalb hier keine Prekarie eingezogen werden konnte.144 Die Winkelhöfe werden im Register nicht erwähnt. Vielleicht ist dieses als Indiz dafür zu werten, dass sie zu diesem Zeitpunkt schon längst wüst waren. Vielleicht erfolgte Ihre Bewirtschaftung jetzt aber auch durch die in die Stadt gezogenen Bewohner und die Abgaben wurden über die Stadt selbst an die Wettiner abgeführt.145 Gleichzeitig wurden die nun in der Stadt lebenden Bewohner jetzt auf dem Kirchhof der Stadtkirche und somit der Wigbertikirche bestattet. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass die Landgrafen, deren Einkünfte im markgräflichen Register aufgelistet werden keine Rechte in den Winkelhöfen besaßen und diese deshalb nicht genannt werden.
143 144 145
Vgl. oben. Vgl. oben. Vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 76f. u. 235f.
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Wem die Andreaskirche im beginndenden 14. Jahrhundert gehörte, lässt anhand einer Urkunde aus dem Jahr 1302 erschließen. So bestätigten Heinrich, Günther und Heinrich von minor Tenstete, von Berthold, dem Abt von Hersfeld, bei Tottleben gelegenen Grundbesitz als Lehen erhalten zu haben, welcher vorher an die Kirche St. Andreas in maiori Tenstete übertragen war.146 Der Hersfelder Besitz war demzufolge ursprünglich an die St. Andreaskirche übertragen. Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine Ausstattung der Kirche, welche wie schon bei der Wigbertikirche einem dort tätigen Geistlichen zustand. Trifft dieses zu, dürfte dieser Geistliche auch vom Abt von Hersfeld eigesetzt worden sein, welcher dann gleichfalls auch der Kirchenherr war. Die St. Andreaskirche könnte demzufolge wenigstens im beginnenden 14. Jahrhundert eine hersfeldische Kirche gewesen sein. Hieraus ließe sich schlussfolgern, dass sie schon im Zusammenhang mit der Vergabe des Königsgutes an die Reichsabtei im 10. Jahrhundert in hersfeldischen Besitz gekommen ist. Ist dieses zutreffend, und bei der Andreaskirche handelte es sich um die ursprüngliche Kirche des Königshofes, könnte auch dieser vom König an die Reichsabtei übertragen worden sein. Die bereits mehrfach besprochene Besitzbestätigung Papst Innozenz III. aus dem Jahr 1206 liefert darüber hinaus möglicherweise einen Hinweis auf wenigstens eine Gandersheimer Kirche am Ort. In der Bestätigung werden die Orte (Großen-) Ehrich und Tennstedt mit Kirchen, Villikationen und allen Zubehörungen aufgezählt.147 Michael Gockel meint jedoch, dass aus der summarischen Wendung des Urkundentextes nicht zwangsweise auf eine Gandersheimer Kirche in Tennstedt rückgeschlossen werden könne.148 Allerdings fällt auf, dass die Angaben zu weiteren Orten in der Besitzbestätigung durchaus variieren und manche auch etwas detaillierter sind.149 Somit könnte die Besitzbestätigung tatsächlich auf eine in Gandersheimer Besitz befindliche Pfarrkirche hinweisen. So neigt auch Michael Gockel trotz seiner Einwände der Existenz einer Gandersheimer Kirche in Tennstedt zu. Wegen der mehr als wahrscheinlichen Zuordnung der Wigbertikirche zu Hersfeld vermutet er außerdem, dass Gandersheim über die Kirche St. Andrae im Norden des Ortes verfügte und das Stift damit auch in den Besitz des Königshofes eingerückt ist. Für eine Gandersheimer Kirche spricht für ihn, dass der Altar der Kirche in Seesen, welche ebenfalls aus königlicher Hand an das Stift gefallen war, ebenfalls ein St. Andrae Patrozinium
146 147 148 149
HStA Marburg, Bestand Urk. 56 Nr. 175. …, Erice ac Dennestede cum ecclesiis, villicationibus,et omnibus pertinentiis suis. (Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 738f., hier S. 739. Vgl. auch oben.). GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 535f. Exemplarisch: Aluelicherot cum ecclesiis et moneta, et[…]. (Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 739.).
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besitzt und auch die Gandersheimer Klosterkirche über einen dem heiligen Andreas geweihten Altar verfügte.150 Dem widerspricht aber die eben gemachte Feststellung, dass sich die Kirche St. Andreas wahrscheinlich in hersfeldischer Hand befunden hat und damit auch der Königshof an die Reichsabtei übertragen worden sein könnte. Die kirchlichen Verhältnisse in Tennstedt lassen sich letztendlich nur noch schwer auflösen. Mit der Andreas-, der Wigberti- und der Nikolaikirche in Großentennstedt sowie der Johanneskirche in Wenigentennstedt sind auf engstem Raum vier Pfarrkirche anzutreffen. Die Frage nach der ursprünglichen Pfarrkirche Großen- Tennstedts ist vorerst nicht sicher zu beantworten und auch ansonsten besteht bezüglich der Gründungszusammenhänge und der späteren Besitzverhältnisse durchaus Ungewissheit. Die Anzahl von vier Pfarrkirchen auf engstem Raum innerhalb der Gesamtsiedlung Tennstedt spricht jedoch dafür, es hier mit einer differenzierten Siedlungsentwicklung zu tun zu haben. Für die Entstehungszusammenhänge der Kirchen und ihrer Parochien gibt es jedoch unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten und dieser Umstand bedarf deshalb noch einmal einiger grundsätzlicher Überlegungen.151 Zuzuwenden ist sich zunächst den drei Kirchen im engeren Umfeld Großentennstedts, bei welchen es sich um die Wigbertikirche in der späteren Stadt, die nördlich gelegene Andreaskirche und die Nikolaikirche in den Osthöfen handelt. Unzweifelhaft scheint, wie schon mehrfach festgestellt, eine hersfeldische Gründung der Wigbertikirche. Demgegenüber lässt sich über die anderen Kirchen vorerst nichts Gesichertes aussagen. Vorstellbar ist zunächst einmal die Entstehung aller Pfarrkirchen im Zusammenhang mit unterschiedlichen Herrschaftsträgern und denen zuzuordnenden unterschiedlichen Personenverbänden. Da die Wigbertikirche mit einiger Sicherheit eine Gründung des Kloster Hersfeld sein dürfte, ist deshalb wohl die um sie herum entstandene Siedlung auch diesem Kloster zuzuordnen. 152 Die Lage der Andreaskirche in unmittelbarer Nähe zur frühmittelalterlichen Burg lässt, trotz der oben geäußerten Bedenken, einen Entstehungszusammenhang mit der frühmittelalterlichen Burg und einer dazugehörigen Siedlung durchaus wahrscheinlich erscheinen.153 Möglicherweise wurde sie zusammen mit dem Königshof schon im 10. Jahrhundet an das Kloster Hersfeld übertragen. Die Nikolaikirche wiederum scheint wegen ihrer Lage in der Südwestecke der Osthöfe auch in direkter Beziehung zu diesen zu stehen. Wobei 150 151 152 153
GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 536. Auch die Gandersheimer Kirche in Elbingerode verfügt über ein Andreas Patrozonium. (GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 266.). Eine ähnlich differenzierte Situation des Niederkirchenwesens ist auch für die Siedlung Langensalza zu erkennen. (Vgl. Kap. II.4.7.3f.). Vgl. oben. Vgl. oben.
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wiederum auffällt, dass sie nicht zentral innerhalb dieses Siedlungsteiles lag, sondern an dessen äußerstem Rand entstanden ist.154 Da es Hinweise darauf gibt, dass eine der Kirchen dem Kloster Gandersheim gehört haben könnte, dürfte eine solche dann wiederum die Familiaren dieses Klosters am Ort betreut haben. Nach dem Zinsverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert, und dieses dokumentiert dann auch das Abgabenverzeichnis aus dem 15. Jahrhundert, befand sich in Wenigentennstedt nur wenig Gandersheimer Besitz. Der größere Teil konzentrierte sich auf Großentennstedt. Der Besitzschwerpunkt lag demzufolge eher in Großentennstedt.155 Deshalb dürfte irgendwo innerhalb dieser Siedlung dann auch die zu vermutende Gandersheimer Kirche zu suchen sein. Vor allem das Andreaspatrozinium bereitet doch einige Schwierigkeiten. Zwar ist eine Beziehung zu Gandersheim, wie Gockel meint, nicht auszuschließen aber ebenso auch nicht sicher. Deshalb ist sich noch einmal den Überlegungen Gockels zuzuwenden. Er argumentiert folgendermaßen: „Das für dieses Gotteshaus überlieferte Andreaspatrozinium lässt sich durchaus mit Gandersheim verbinden. So war beispielsweise die Gandersheimer Eigenkirche in Seesen, das wie T[ennstedt] aus königlicher Hand an Gandersheim gekommen ist, demselben Apostel geweiht. Auch hat die Abtei Gandersheim in ihrer Klosterkirche selbst über einen St. Andreasaltar (und damit auch über entsprechende Reliquien) verfügt.“156 Die Kirche in Seesen war spätestens im frühen 13. Jahrhundert eine Gandersheimer Eigenkirche. 157 Ob es sich hierbei um eine durch das Königtum an Gandersheim übertragene Kirche oder eine gandersheimische Gründung handelt, ist ungewiss. Zuzuwenden ist sich deshalb dem an Gandersheim übertragenen Königsgut in Seesen. Die hier tradierten Rechte waren umfassend und beinhalteten neben der Burg wohl auch das gesamte zugehörige Königsgut.158 Insofern könnte es sich bei der Andreaskirche in Seesen auch um eine im Zusammenhang mit der Königsburg stehende ältere königliche Gründung handeln, welche dann an Gandersheim fiel. Eine Gandersheimer Gründung der Kirche in Seesen ist aus den späteren Eigentumsverhältnissen nicht zwingend anzunehmen. Deshalb kann aus diesem Zusammenhang nichts weiter festgestellt werden, als dass in Seesen eine Andreaskirche vorhanden war, welche entweder aus kö-
154 155 156 157 158
Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Zum Besitzschwerpunkt in Großentennstedt vgl. auch unten. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 536. Vgl. hierzu gleichfalls das Besitzverzeichnis von 1206: Historia Ecclesiæ Gandershemensis, S. 739. Außerdem GOETTING, S. 275. DD O. II., Nr. 36. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 263.
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niglicher Hand an Gandersheim gefallen ist oder als gandersheimische Eigenkirche auf dem vom Königtum erworbenen Besitz gegründet wurde. Deshalb kann auch für Tennstedt nichts bezüglich der Gründung der Andreaskirche hieraus abgeleitet werden. Es bleibt deshalb nach wie vor nur festzustellen: Die Tennstedter Andreaskirche befand sich in enger Lagebeziehung zur ehemaligen königlichen Burg. Eine Gründung im Zusammenhang mit der Königsburg ist deshalb wahrscheinlich. Gleichfalls ist für die spätere Zeit auch nicht nachweisbar, dass sich die Andreaskirche in Gandersheimer Stiftsbesitz befand. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass sie sich im Besitz des Klosters Hersfeld befand. Andreaspatrozinien sind bei alten Kirchen eher selten, lassen sich aber innerhalb des ursprünglichen Pfarreisystems durchaus feststellen. In dem, häufig in engem Zusammenhang mit den alten, im Zuge der fränkischen Landnahme entstandenen Fiskalgutbezirken stehendem ursprünglichen Pfarreisystem, nehmen sie aber nur eine nebengeordnete Funktion wahr und sind kaum ältere Pfarrkirchen.159 In diesem Zusammenhang sei auf Folgendes verwiesen: Die Andreaskirche in Seesen wird noch in der päpstlichen Bestätigung von 1206 anders als die vorher genannte in Kirchberg gelegene als ecclesia bezeichnete Kirche lediglich capella genannt.160 Deshalb ist bezüglich der Gandersheimer St. Andreaskirche vorstellbar: Es handelte sich ursprünglich um eine zur Burg gehörige Kapelle. Ihre Aufgabe war dann die seelsorgerische Betreuung der Burg und der dazugehörigen Siedlung. In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich eine königliche Gründung nicht auszuschließen. Eine direkte Beziehung zu Gandersheim kann jedoch keinesfalls nachgewiesen werden. Insofern bestünde die Möglichkeit, bei der Nikolaikirche handelt es sich um die wohl 1206 erstmals erwähnte Gandersheimer Kirche am Ort. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang die bereits angesprochene Urkunde von 1273, in welcher auch erstmals ein Pfarrer der östlich gelegenen Kirche erwähnt wird.161 In dieser Urkunde versprechen die Brüder Eckehard, Hugo und Bertold von Ballhausen sowie ihr Neffe Widekind von den Gandersheimer Gütern, die sie innerhalb der Vogtei Tennstedt zu Lehen tragen, keine Abgaben zu fordern, solange bis alle ausstehenden Einkünfte aus diesen Gütern an das Reichsstift gezahlt worden sind. Gleichzeitig söhnen sich die Genannten mit ihrer Herrin Margaretha, Äbtissin von Gandersheim, aus. Die vorangehende Verhandlung fand im Beisein des Edlen Gottschalck von Plesse, seines Sohnes Ottos, des Kämmerers Heinrich, Hermanns von Uslar, des Schultheißen Friedrich und des derzeitigen Vogtes Bruning statt. Mitbesiegelt wird die Urkunde durch Heinrich von Lebenstedt, Edelerus von Arnestedte, Herman 159 160 161
Vgl. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl I, S. 52-54, insbesondere S. 54. Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 784f. Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 784f. Dob IV, 961.
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von Uslar und Heinrich von Döllstedt. Als Zeugen treten der schon erwähnte Kämmerer Heinrich, Gottschalck und sein Sohn Otto, sowie der Vogt Bruning auf. Daneben bezeugen noch Dietrich Pfarrer zu St. Georg in Gandersheim, nach ihm Dietrich, Pfarrer der östlichen Kirche in Tennstedt, Friedrich der Vogt zu Ehrich, Arnold von Wulfenchen, Hermann Stock und Heinrich von Tennstedt. Ausgestellt und gegeben ist die Urkunde zu Ehrich. Die Anwesenheit des Vogtes zu Ehrich begründet sich wohl in seiner Funktion als gandersheimischer Vogt über den Stiftsbesitz in Ehrich.162 Gottschalck von Plesse war der Bruder Margarethas, welche in dieser Zeit Äbtissin von Gandersheim war.163 Die St. Georgskirche in Gandersheim war wohl gleichfalls im Besitz des Reichsstiftes und der dortige Pfarrer wurde von der Äbtissin bestellt.164 Der Kämmerer Heinrich übte ein Gandersheimer Hofamt aus und war Angehöriger der mit dem Stift eng verbundenen Ministerialenfamilie de curia. Der Vogt Bruning dürfte identisch sein mit dem miles Bruningus, welcher zwischen 1270 und 1285 mehrfach als officialis oder advocatus der Äbtissin von Gandersheim in Erscheinung tritt.165 Friedrich, Schultheiß zu Ehrich, könnte wegen des umfangreichen Besitzes des Klosters in diesem Ort gleichfalls ein gandersheimischer Beamter gewesen sein. Die Zeugenschaft des Heinrich von Tennstedt leitet sich vielleicht aus einer Beziehung zum Gandersheimischen Besitz in Tennstedt her. In keine Beziehung zu Gandersheim zu bringen sind Arnold von Wulfenchen, Hermann Stock, Heinrich von Lebenstede, Edeler von Arnestede und Heinrich von Döllstedt. Genannt wird Dietrich, Pfarrer der östlichen Kirche in Tennstedt, in der Urkunde von 1273 aber zwischen Gottschalck von Plesse und seinem Sohn, dem Pfarrer der St. Georgskirche in Gandersheim, dem Kämmerer Heinrich, dem Vogt Bruning und dem Schultheißen von Erich. Alle diese Personen ließen sich in enge Beziehung zum Stift bringen. Deshalb ist durchaus anzunehmen: Der Pfarrer der östlichen Kirche – der Nikolaikirche – war ein durch das Stift bestellter Seelsorger und damit könnte Gandersheim wenigstens in dieser Zeit sehr wohl auch das Patronatsrecht an der Nikolaikirche besessen haben. Inwiefern deshalb auf eine gandersheimische Gründung zu schließen ist und sich hieraus auch Schlüsse auf umfangreichen gandersheimischen Besitz in den Osthöfen ziehen lassen, wird zu prüfen sein.
162 163 164
165
Zum Gandersheimer Besitz in Tennstedt vgl. oben. Vgl. Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 784f. Dob IV, 961. Außerdem: GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 310. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 98, 116, 151 u. 191. Vgl. auch das Gandersheimer Besitzverzeichnis von 1206, in: Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 739. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 214.
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Deutlich wird damit aber, anders als bei der Andreaskirche lässt sich sehr wohl eine Beziehung zwischen der Nikolaikirche und dem Reichsstift herstellen. Die päpstliche Bestätigung von 1206 verwies auf eine gandersheimische Kirche in Tennstedt. Es könnte sich aus diesen Zusammenhängen demnach ableiten lassen: Gandersheim verfügte sehr wohl über eine Kirche in der Siedlung Tennstedt und bei dieser handelt es sich um die Nikolaikirche. Woher dieses Rechte stammen ist jedoch ungewiss. Sie könnten aber gleichfalls aus königlicher Hand an das Reichsstift gekommen sein. Auffällig ist weiterhin der Gebrauch des Begriffes plebanus für den Pfarrer der Nikolaikirche in der Urkunde von 1273 im Gegensatz zu dem 1168 genannten hersfeldischen Parrochus. Dieses könnte wenigstens für diese Zeit auf eine gewisse Abhängigkeit der Nikolaikirche von der dann als Hauptkirche anzusehenden Wigbertikirche verweisen.166 Nicht alle vier Kirchen waren deshalb, wie bereits im Zusammenhang mit der Johanneskirche und der Andreaskirche angedeutet, zunächst Pfarrkirchen, als welche sie dann im 15. Jahrhundert ausgewiesen werden. Ursprünglich handelte es sich vielleicht auch nur um Filialkirchen oder Kapellen, die einer Pfarrkirche einer größeren Pfarrei untergeordnet waren. Zu Pfarrkirchen erhoben und mit einer eigenen Pfarrei ausgestattet wurden sie dann erst vor dem Hintergrund späterer Entwicklungen. Immerhin ist ein Umstand vor diesem Hintergrund mehr als auffällig. So finden sich die ersten Hinweise auf pfarrkirchliche Rechte sowohl für die Nikolaikirche als auch für die Andreaskirche erst für das 13. Jahrhundert. Demgegenüber dürfte eine hersfeldische Kirche im Ort schon spätestens in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts Pfarrkirche gewesen sein.167 Jedoch gab es für den Amtstitel des Pfarrers gerade im 13. bis 15. Jahrhundert keine einheitlichen Regeln. Zusätzlich zu parrochus und plebanus konnte noch weitere Bezeichnungen verwendet werden.168 Insofern ist durchaus möglich, dass der 1273 genannte Pleban der Nikolaikirche ebenso Pfarrer einer Pfarrkirche war, wie der 1168 im Zusammenhang mit der Wigbertikirche genannte parrochus. Trotz einiger Bedenken scheint doch die Lage der Andreaskirche auf eine Entstehung im Zusammenhang mit der frühmittelalterlichen Königsburg hinzudeuten. Oben ist aber darauf verwiesen worden, dass sich lediglich Gräber des 13. Jahrhunderts in deren Umfeld fanden. Deshalb gibt es keine Hinweise auf eine frühere Nutzung des Friedhofes und damit auch keine Hinweise auf ein
166 167
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Zu diesen Begriffen vgl. oben. So lässt sich bei der Andreaskirche ein ausschließlich im 13. Jahrhundert belegter Friedhof nachweisen und bei der Nikolaikirche erscheint erstmals in den 1270er Jahren ein Pfarrer. (Vgl. oben.). PLÖCHL: Geschichte des Kirchenrechts, S. 167.
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schon älteres Begräbnisrecht. Damit lassen sich für die Zeit vor dem 13. Jahrhundert auch keine pfarrkirchlichen Rechte nachweisen. Schwieriger ist die Situation bezüglich der Nikolaikirche. Die Ersterwähnung eines Pfarrers an der Kirche im Osten Tennstedts im Jahr 1273 schließt nicht unbedingt ein höheres Alter der Kirche und auch schon ältere pfarrkirchliche Rechte aus. Dennoch könnte aus dem Umstand, dass sich bei beiden Kirchen erst im 13. Jahrhundert solche Rechte nachweisen lassen, geschlussfolgert werden, sie hätten diese erst in dieser Zeit erhalten. Möglicherweise wurden sie vor 1273 aus einer ursprünglich größeren Parrochie, in der eine hersfeldische Kirche die Hauptkirche war, ausgegliedert und erhielten eigene Kirchspiele. Als Ursache hierfür käme dann wiederum eine grundlegende Umstrukturierung des Siedlungsgefüges infrage. Diese umfassenden Veränderungen innerhalb des Siedlungsgefüges ließen sich vielleicht durch eine in dieser Zeit erfolgte Marktrechtserteilung oder Stadterhebung für einen Teil des Ortes erklären. Prinzipiell ist deshalb denkbar, dass eine Verengung der Pfarrei der Wigbertikirche im Zuge der Markt- oder Stadterhebung Tennstedts stattfand und daher für die übrigen Siedlungsteile neue Kirchspiele gebildet wurden.169 Sollte dieses zutreffen, wäre ein erster Hinweis auf die zeitliche Einordnung der nicht überlieferten Stadterhebung gefunden.170 Schwierigkeiten bereitet dabei aber, warum gleich zwei Kirchen Pfarrrecht erhielten und nicht nur eine zur Pfarrkirche erhoben wurde. Wobei die Andreaskirche eben doch als Kirche des Königshofes schon zur Zeit des Bestehens des Hofes und der zugehörigen Siedlung Pfarrkirche gewesen sein könnte, während die Wigbertikirche Pfarrkirche der Siedlung Tennstedt war. Noch auf ein weiteres Problem sei hinsichtlich einer gandersheimischen Kirche verwiesen. Während die päpstliche Bestätigung von 1206 in einer zugegebenermaßen recht summarischen Wendung auch auf eine Kirche am Ort verweist, nennt das Einkünfteregister aus dem 13. Jahrhundert keine Abgaben im Zusammenhang mit einer Kirche.171 Auch das sehr detaillierte Zinsregister von 1438 erwähnt keine Abgaben aus einer Kirche.172 Wenigstens Letzteres ist jedoch ausschließlich ein Register grundherrlicher Abgaben. Auch das Zinsverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert scheint weitestgehend nur solche Abgaben zu erfassen.173 In diesem Zusammenhang ist Des Weiteren darauf zu verweisen, dass bei einer Reihe weiterer Orte, für welche 1206 auch gandersheimische Kirchen genannt werden, ein solcher Umstand gleichfalls festgestellt werden konnte. So wird 1206 Besitz an der Burg Wanzleben mit Pfarrei, 169 170 171 172 173
Vgl. hierzu: JANSSEN: Pfarrorganisation, S, 74-77, insbesondere S. 77. Zur Stadterhebung vgl. Kap. II.2.6.1. ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis, S. 195f. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6. Vgl. auch GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 285f.
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in Denkte mit Kirche und in Gieboldishausen mit Pfarrei und Kirche bestätigt.174 Im Zinsverzeichnis des 13. Jahrhunderts finden dieses aber keine Erwähnung. Allerdings ist, und darauf wurde oben schon verwiesen, die päpstliche Bestätigung wesentlich detaillierter, als Gockels Verweis auf die summarische Nennung des zu Tennstedt und Ehrich gehörigen Besitzes vermuten lässt. Eine Unterscheidung fand 1206 auch bei den kirchlichen Rechten und Einrichtungen statt. Für Wanzleben heißt es: Castrum cum parochia und für Gieboldishausen werden die Rechte an der Pfarrei und den dazugehörigen Kirchen bestätigt. In Seesen wird sogar nur eine Kapelle, bei welcher es sich wohl um die Andreaskapelle handelt, bestätigt.175 Demzufolge fand hier eine differenzierte Unterscheidung zwischen den kirchlichen Einrichtungen statt. Wenn Gandersheim über die Pfarrei, die parrochia, verfügte, kann damit nichts weiter gemeint sein, als dass sie die Hauptpfarrkirche mit dem ihr unterstehenden Pfarrbezirk besaß. Des Weiteren verfügte Gandersheim über Kirchen, welche, da sie von der Kapelle begrifflich unterschieden wurden, auch mehr Funktionen als diese besessen haben müssen. Wenn demnach 1206 in Tennstedt und Ehrich Kirchen genannt werden, dann handelt es sich nicht bloß um Kapellen, sondern um funktional darüberstehenden Kirchen, die jedoch keine Pfarrkirchen waren. Dieses würde die oben genannten Überlegungen hinsichtlich der Struktur des Niederkirchenwesens bestätigen. Die im frühen 15. Jahrhundert nachweisbaren vier Pfarrkirchen besaßen ursprünglich nicht alle dieses Recht. Sie waren offensichtlich lediglich Kirchen, die aber, da sie von der Kapelle unterschieden werden, mehr Funktionen als Letztere ausgeübt haben dürften. Ihre Erhebung zur „vollwertigen“ Pfarrkirche erfolgte dann wenigstens in einigen Fällen zu einem späteren Zeitpunkt. Zuzuwenden ist sich nun noch einmal der Frage, wo genau der Gandersheimer Besitzschwerpunkt in Tennstedt lag. Die domus hovemanni, und hierin ist wohl der zentrale Hof und damit das Verwaltungszentrum Gandersheims am Ort zu sehen, lag, wie das Zinsverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert mitteilt, in Großentennstedt. Zu diesem Hof gehörten gleichzeitig 21 in Großentennstedt gelegene Mansen, welche dem Kapitel zinspflichtig waren. Für Wenigentennstedt werden wiederum keine solchen Hofstellen erwähnt.176 Das Güter- und Abgabenregister Hermann Rodes aus dem Jahr 1438 vermerkt umfangreichen grundherrlichen Besitz Gandersheims in der Tennstedt, welcher direkt unter der Überschrift Registri sancte clare ecclesie Gandershemensis de bonis in Tens[tede] […] anno collectum in MCCCCXXXVIII […] pro me Hermannum von deme Rode aufgelistet wird.177 Durch 174 175 176 177
Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 739. Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 739. Erath: Codex diplomaticus Quedlinburgensis, S. 195. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 535. Vgl. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 4-11b.
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eigene Überschriften davon abgesondert zählt das Güterverzeichnis ebenfalls Besitz in den Osthöfen und in Kleintennstedt auf. Darüber hinaus verfügte das Stift über weiteren umfangreichen Besitz im Umfeld des Ortes.178 Hier wird allerdings gleichfalls nicht ganz deutlich, was unter der bloßen Bezeichnung Tens[tede] zu verstehen ist. Auch in diesem Fall könnte es sich um die Gesamtsiedlung Großentennstedt handeln, wobei dann die Osthöfe nicht mehr dazugezählt wurden oder aber die Bezeichnung könnte sich nur auf die Stadt beziehen. Auffällig ist dabei, dass sich mit 149 Einträgen, welche dem Ort Tennstedt und damit entweder der Stadt oder der Gesamtsiedlung Großentennstedt zugeordnet werden,179 im Gegensatz zu 21 Einträgen in den Osthöfen und 19 in Kleintennstedt der größte Teil des Besitzes in Großentennstedt befand.180 Darüber hinaus liegen um Tennstedt herum 616 weitere Zinsgüter, welche sich nicht nur auf die unmittelbare Umgebung verteilen, sondern bis in die Flure der benachbarten Orte Herbsleben, Bruchstedt und Kutzleben reichen.181 Lokalisiert werden kann demzufolge weder der zentrale Hof Gandersheims, noch wird deutlich, ob der 1438 als in Tens[tede] genannten Besitz sich auf die Gesamtsiedlung Großentennstedt verteilte oder lediglich in der Stadt lag. Allerdings vermutet Christine Müller entgegen Michael Gockel, dass sich die Gandersheimer Rechte maßgeblich auf die Osthöfe bezogen, während Hersfeld zunächst innerhalb der mittelalterlichen Stadt über die Ortsherrschaft verfügte.182 Hierfür würde nach ihr unter anderem sprechen, dass der 1273 erwähnte Pfarrer der Osthöfe die Beilegung eines Rechtsstreites zwischen der Äbtissin von Gandersheim und ihren Vasallen in Ballhausen bezeugte.183 Dem widerspricht aber der Umstand, dass im Register von 1438 in den Osthöfen nur geringer Gandersheimer Besitz vorhanden war. Darüber hinaus verfügten, wie gezeigt, die wettinischen Landgrafen spätestens seit dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts über umfangreichere Rechte an den Osthöfen. Diese wiederum müssen so umfassend gewesen sein, dass diese 1419 durch die Landgrafen ohne erkennbare fremde Mitwirkung zur Stadt erhoben werden konnten.184
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179 180 181 182 183 184
Das Besitzverzeichnis in den Osthöfen wird durch die Überschrift Osthove. In parte oriengtalis in tenstade proprietatis in den osthoffen eingeleitet und die Güterauflistung in Kleintennstedt beginnt mit in minori Tenstede. (Vgl. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 12b-13b u. 14a-b.). Mit Tennstedt wird spätestens im 14. Jahrhundert die Stadt bezeichnet. Der Zusatz Großen fiel hierbei weg. (Vgl. oben.). NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 4-14b. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 15a-33b. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 269. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 536. Historia Ecclesiae Gandershemensis Cathedralis, S. 784f. Dob IV, 961. Vgl. Kap. II.2.6.1.
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Den gandersheimischen Besitzschwerpunkt in den Osthöfen zu vermuten scheint deshalb wenig gerechtfertigt. Jedoch ist prinzipiell nicht auszuschließen, dass die Landgrafen nach 1206 umfangreichen Stiftsbesitz erwarben und deshalb ursprünglich der Schwerpunkt der Gandersheimer Besitzungen in den Osthöfen lag. Hierfür gibt es aber gleichfalls keine weiteren Hinweise als die sich andeutenden Rechte an der Nikolaikirche. Des Weiteren scheint, und hierauf verweisen die Einkünfteverzeichnisse, bis ins Jahr 1438 kein nennenswerter Verlust an Gandersheimer Gütern eingetreten zu sein.185 In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schrumpfte dann auch der Gandersheimer Besitz in Tennstedt erheblich. Hans Goetting bringt diesen Umstand in Zusammenhang mit den Gandersheimer Papenkriegen und konjunkturellen Ursachen. Die Tennstedter Besitzungen blieben dennoch, wenn auch stark reduziert, bis zur Säkularisierung des Stiftes erhalten.186 Es bleibt festzustellen, wo sich die Gandersheimer Besitzverwaltung befand, lässt sich nicht bestimmen. Prinzipiell ist es möglich, ihn südlich des Königshofes in den Winkelhöfen zu vermuten und genauso gut könnte er sich auch an anderer Stelle in der Siedlung Großentennstedt befunden haben. So sei darauf verwiesen, dass neben den Winkel- und Osthöfen gleichfalls noch die Frohnhöfe und die Vronygenhofin hierfür infrage kommen.187 Wobei auch hier die Landgrafen 1378 umfangreiche Rechte hatten. Trotz alledem soll nicht ausgeschlossen werden, dass sich der gandersheimische Besitzschwerpunkt und die zentrale Güterverwaltung ursprünglich in den Osthöfen befanden und sich die Landgrafen größere Teile dieses Besitzes erst irgendwann im 14. Jahrhundert aneigneten. So scheint doch nicht unmöglich, dass, falls die Nikolaikirche wenigstens im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts wirklich in Gandersheimer Hand war beziehungsweise ein hier tätiger Seelsorger durch Gandersheim bestellt wurde, auch im Umfeld der Kirche die zentrale Gandersheimer Güterverwaltung zu suchen. Allerdings und dieses deutet sich spätestens mit dem Einkünfteverzeichnis von 1438 an, verteilte sich der Stiftsbesitz über den gesamten Raum Tennstedt. In die Stadtherrschaft selbst scheint Gandersheim aber nicht eingerückt zu sein. Hinweise darauf gibt es an keiner Stelle. Schon das Einkünfteverzeichnis aus dem 13. Jahrhundert scheint nur grundherrliche Abgaben zu berücksichtigen. Auch das Register des Jahres 1438 nennt für alle Tennstedtorte lediglich Abgaben aus bewirtschafteten Ackerflä188 chen.
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GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 282f. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 282f. Vgl. oben. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 4a-14b.
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2.5 Der landgräfliche Besitz in Tennstedt Neben den geistlichen Ortsherren treten ab dem späten Hochmittelalter die Landgrafen von Thüringen ebenfalls im Zusammenhang mit Tennstedt in Erscheinung. In den Zeugenlisten der ludowingischen Urkunden aus dem 13. Jahrhundert begegnen seit den 20er Jahren zunehmend auch Ministeriale, welche sich nach Tennstedt nennen. Gleichwohl lässt sich Besitz der Landgrafen in Tennstedt erst für das frühe 14. Jahrhundert nachweisen und gehört damit erst in die Zeit der wettinischen Landgrafen. So erwarben sie 1319 die Burg Wenigentennstedt von dem Ministerialen Günther von Tennstedt189 und im selben Jahr traten ihnen die Grafen von Hohnstein Besitz in Tennstedt ab.190 Spätestens 1340 verfügten sie dann auch über die Burg zu (Großen-)Tennstedt und 1346 sind dann auch als Herren der Stadt Tennstedt nachweisbar.191 Erstmals bezeugen ein Walter und sein Bruder Bernold von Tennstedt am 9. September 1221 ein Rechtsgeschäft Landgraf Ludwigs IV. zugunsten des Klosters Ichtershausen. Der Ausstellungsort dieser Urkunde ist unbekannt.192 Da sich in der Urkunde keinerlei Beteiligung Hersfelds oder Gandersheims erkennen lässt, ist es nicht unmöglich, dass es sich bei diesen beiden um landgräfliche Ministerialen handelt, welche sich nach ihrem Stammsitz Tennstedt nannten. Dafür spricht ebenso, dass sich bei den Laien bis auf die Grafen Heinrich von Schwarzburg, Günther von Käfernburg und einer Reihe von Freien die Zeugenliste zu großen Teilen aus landgräflichen Ministerialen zusammensetzt. Zwischen Letzteren werden dann auch Walter und Bernold von Tennstedt genannt.193 189 190 191 192 193
Regesten der Herren von Salza, Nr. 150. GUTBIER: Wenigen-Tennstedt, S. 14. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 15f. SHStA Dresden 10001, Nr. 2863. Vgl. auch: SCHIRMER: Tennstedter Burgen, S. 11. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. CDS I, A 3, Nr. 293. Dob II, Nr. 1976. Bei Ludolf von Berlstedt, Rudolf Schenk von Vargula, Friedrich von Treffurt, Dietrich Niger, Heinrich von Fahner, Albert von Ebeleben, Hartwich von Hörselgau, Beringer von Creuzburg und dessen Bruder sowie Ehrenfried von Sömmern handelt es sich um landgräfliche Ministeriale. (Zu Ludolf von Berlstedt: WITTMANN: Im Schatten der Landgrafen, S. 60, Anm. 187. Zu den Schenken von Vargula: PATZE: Landesherrschaft, S. 334. Zu den Ministerialen von Treffurt: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 281f. Zu Dietrich den Schwarzen: Register, in: Dob II, S. 475. Vgl. zu Heinrich von Fahner: PATZE: Landesherrschaft, S. 327 u. 338. Zu Albert von Ebeleben: PATZE: Landesherrschaft, S. 344f. Zu Hartwich von Hörselgau: PATZE: Landesherrschaft, S. 349. Zu den Ministerialen von Creuzburg: PATZE: Landesherrschaft, S. 344 u. 347. Zu Ehrenfried von Sömmern: PATZE: Landesherrschaft, S. 355.). Unsicher ist der genannte Ludwig von Meldingen, dessen Bruder ein hochrangiger Mainzer Ministeriale war. (Dob II, Nr. 926, 950, 1515 u. 1967. WITTMANN: Im Schatten der Landgrafen, S. 360.). Bei Albert von Eichenberg
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Ähnlich stellt sich die Situation in einer weiteren Urkunde aus dem Jahr 1222 dar. In dieser werden ebenfalls die Brüder von Tennstedt hinter den landgräflichen Ministerialen Friedrich von Treffurt, Rudolf Schenk von Vargula und Truchsess Hermann (von Schlotheim) genannt. Der Ausstellungsort der Urkunde ist gleichfalls unbekannt. Beigelegt wurde in der Urkunde ein Rechtsstreit zwischen der Kirche St. Peter und Paul zu Erfurt und dem Ritter Rudolf von Körner durch Landgraf Ludwig IV.194 Auch in einer zwischen 1218195 und 1227 ausgestellten Urkunde Ludwigs IV., in welcher dieser das Kloster Frauensee von Abgaben in den Dörfern Seebach, Tann, Rapoldis und Heizzils befreit, tritt in der Zeugenliste zwischen den Ministerialen des Landgrafen ein Gottfried von Tennstedt entgegen.196 Derselbe Gottfried von Tennstedt zeugte allerdings noch 1214 in einer Urkunde des hersfeldischen Abtes für das Kloster Volkenroda, ohne dass bei der Entstehung der Urkunde landgräflicher Einfluss zu spüren ist.197 Gleichwohl findet sich in der Zeugenliste dieser Urkunde in der Person des Truchsess von Schlotheim wenigstens ein landgräflicher Ministerial.198 Im Jahr 1230 zeugt derselbe Gottfried dann in einer Urkunde des Landgrafen für das Kloster Frauensee am Ende einer Liste landgräflicher Ministerialen. In der betreffenden Urkunde wird dem Kloster Frauensee erneut die Befreiung von den Abgaben in den Dörfern Seebach, Tann, Rapoldis und Heizzils bestätigt.199 Ein Entstehungszusammenhang der genannten landgräflichen Urkunden mit Hersfeld und Gandersheim scheidet aus. Auch betrafen die Urkunden nicht das engere Umfeld Tennstedts, woraus sich die Mitwirkung der Ministerialen von Tennstedt gleichfalls begründen lassen könnte. Insofern ließe sich aus dem Auftreten in der Zeugenliste durchaus schließen, dass sie seit den 1220er Jahren in Be-
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handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht um einen landgräflichen Ministerialen. (Dob II, Nr. 1106 u. 1757.). CDS I, A 3, Nr. 306. Zu Rudolf von Vargular und den Ministerialen von Creuzburg vgl. oben. Außerdem zu den Truchsessen von Schlotheim: PATZE: Landesherrschaft, S. 327-332. Dobenecker fasst den Entstehungszeitraum mit dem Verweis auf den Umstand, dass der genannte Truchsess Hermann erst ab 1222 belegt ist, etwas enger. Für ihn kann die Urkunde erst zwischen 1222 und 1227 entstanden sein. (Dob II, Nr. 2419.). CDS I, A 3, Nr. 404. Lediglich bei dem Zeugen Gerhard von Ellen ist die Zuordnung zu den landgräflichen Ministerialen schwierig, kann aber wegen der Lage des Ortes Ellen südlich von Eisenach durchaus angenommen werden. (Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 305.). Heinrich Abt von Hersfeld überträgt dem Kloster Volkenroda einen Hof mit Zubehör in Hochstedt. (Dob II, Nr. 1598.). Dob II, Nr. 1598. CDS I, A 3, Nr. 425.
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ziehung zu den Landgrafen standen, sie vielleicht schon seit dieser Zeit auch ludowingische Ministeriale waren. Erst in einer nach 1239 ausgestellten Urkunde wird allerdings ein Konrad von Tennstedt eindeutig als ludowingischer Ministerial bezeichnet.200 Hans Patze, und hier folgt ihm auch Gockel, vermutet, dass der Besitzerwerb Tennstedts durch die Landgrafen wohl in die Zeit des ausgehenden 12. Jahrhunderts fällt. 201 Für Patze steht er im Zusammenhang mit der Besitzergreifung Thamsbrücks und der Erbauung der Burg Weißensee im 12. Jahrhundert. Nach ihm begründete sich das Interesse der Ludowinger an Tennstedt in dessen Lage an der Hauptlinie Eisenach – Freyburg. 202 Christine Müller vertritt jedoch die Auffassung, dass die Nennung landgräflicher Ministeriale nach einem Ort nicht zwangsweise den Schluss auf landgräflichen Besitz zulässt. Sie schließt vielmehr, indem sie auf die umfangreichen gandersheimischen und hersfeldischen Rechte am Ort verweist, eine Inbesitznahme des Ortes zu dem von Patze vorgeschlagenen Zeitpunkt aus. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang nur kurz auf die Ministerialen von Schlotheim. Dieses Geschlecht gehörte zur Oberschicht der ludowingischen Ministerialität. Trotzdem erwarben erst die wettinischen Landgrafen im 14. Jahrhundert die Oberherrschaft über die Stadt Schlotheim, während vorher die stadtherrlichen Rechte zwischen den Ministerialen und der Reichsabtei Fulda geteilt waren.203 Müller vermutet vielmehr, dass Tennstedt zunächst unter Gandersheim und Hersfeld geteilt war. Weiterhin mutmaßt sie, da Gandersheimer Besitz noch bis ins 15. Jahrhundert vorhanden ist, traten erst die wettinischen Landgrafen im Spätmittelalter in unmittelbare Rechtsnachfolge der Hersfelder Abtei.204 Dem widerspricht allerdings schon der Umstand, dass Hersfeld noch im 17. Jahrhundert über die Kollektorei Eisenach Einkünfte aus Tennstedt bezog.205 Außerdem belehnte der Abt von Hersfeld im Jahr 1409 das Zisterzienserinnenkloster in Döllstedt mit gute tzu groszene Tenstet206 und im selben Jahr gab er den Schuhmachermeistern in Tennstedt umfangreiche Privilegien.207
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Urkunden des Stiftes Walkenried, Nr. 153. Dob III, Nr. 849. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 573. PATZE: Art. Tennstedt, S. 39. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 216. PATZE: Landesherrschaft, S. 426. PATZE: Art. Tennstedt, S. 39. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 216. PATZE: Landesherrschaft, S. 426. Vgl. Kap. II.3.5.1. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 265 u. S. 345-348. ZIEGLER: Territorium der Reichsabtei Hersfeld, S. 146. LATh-StA Gotha Geheimes Archiv QQ X (XI) Nr. 74 (W). SHStA Dresden 10001, Nr. 5476. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 15.
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Die letztere Urkunde nennt dabei keinerlei landgräfliche Interessen und Ansprüche, vielmehr sind sämtliche Abgaben aus der Innung an einen hersfeldischen Schultheißen zu zahlen.208 Nicht nur die Ausstellung des Privilegs, sondern auch die Nennung eines hersfeldischen Schultheißen dürfte ein sicherer Hinweis auf eine hersfeldische Stadtherrschaft in Tennstedt sein. Die ausdrückliche Bestimmung, die Abgaben seien an den hersfeldischen Schultheißen zu zahlen, legt außerdem nahe, in der Stadt einen Amtsträger eines weiteren Stadtherrn zu vermuten. Da die Landgrafen in den 1340er Jahren als Stadtherren in Erscheinung treten, erscheint doch wahrscheinlich, dass es sich dann bei diesem zweiten um einen landgräflichen Schultheißen handelte. Diese strikte Zuweisung der Abgaben könnte außerdem auf bestehende Differenzen zwischen den beiden Stadtherrn verweisen. Auch noch in der Mitte des 15. Jahrhunderts standen dem Kloster Hersfeld Abgaben aus Tennstedt zu. So war der Ritter Thilo von Seebach 1446 vom Kloster Hersfeld nach Fritzlar geladen worden, um sich wegen des Zolls in Tennstedt zu verantworten. Hintergrund war, dass er dem Kloster zustehende Einnahmen aus dem Zoll vorenthalten hatte. Er versprach deshalb, das Kloster zukünftig an den Einnahmen zu beteiligen und diese dem Küchenmeister der Abtei Hersfeld durch einen Boten zu übermitteln.209 Dennoch verfügten die Landgrafen spätestens im 14. Jahrhundert über umfassende Rechte in der Stadt Tennstedt, aber auch im gesamten Raum Tennstedt. Allerdings fällt auf, außer den in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachweisbaren Beziehungen zu den Ministerialen von Tennstedt lässt sich vor 1319 keinerlei Besitz in Tennstedt und der näheren Umgebung nachweisen. Darüber hinaus steht die Ersterwähnung von Besitz in Tennstedt im Zusammenhang mit dessen Erwerb. Deshalb soll grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden: Bevor die Landgrafen vor 1319 Besitz in Tennstedt erwarben, verfügten sie, wenn überhaupt, nur über geringe Rechte. Hierbei ist noch auf eine weitere Auffälligkeit zu verweisen. Das Tennstedter Stadtwappen zeigt unter anderem den Heiligen Wigbert. Letzteres wiederum deutet doch auf einen erheblichen Einfluss Hersfelds in Tennstedt hin und lässt sogar die Möglichkeit zu, im Abt von Hersfeld den maß-
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209
…, unde gebe dry phennige unseme schultheysin von unsisz stifte wegen;[…]. (SHStA Dresden 10001, Nr. 5476, Z. 17f.). Auch sol dytte hantwerke geben unseme Stiffte tzue hersfelde alle jar uff den genannten suntag sobyn schillinge phennige, ayn wegke, ayns phennige wert, eyn swynbraten, eyns schillinge wert, eyn halbyn swynskoph, eyn milentoph,[…]; daz sol der knechtz bringe unseme schultheyssin tzue Tenstete. (SHStA Dresden 10001, Nr. 5476, Z. 39-41.). HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 998f.
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geblichen Herren zu sehen, welcher Tennstedts Entwicklung zur Stadt förderte.210 Wie das Privileg für die Tennstedter Schuhmacher von 1409 zeigt, bestand eine hersfeldische Stadtherrschaft noch im frühen 15. Jahrhundert. Neben dem heiligen Wigbert befindet sich auf dem Wappen aber noch ein weiteres Element. Auf der dem heiligen Wigbert gegenüber liegenden linken Seite ist ein aufgerichteter Löwe abgebildet.211 Bereits Herrmann Wohlfahrt äußerte die Vermutung, bei dem Löwen könnte es sich um das Wappentier der Thüringer Landgrafen handeln.212 Bis in die Neuzeit hinein findet sich dieses Wappen in etwas abgeänderter Form auch auf dem Stadtsiegel. Beide Wappenteile, sowohl der dem Kloster Hersfeld zuzuordnende heilige Wigbert als auch der landgräfliche Löwe stehen gleichberechtigt nebeneinander und sind nur durch eine Tanne getrennt, welche wiederum den Ort selbst symbolisierte.213 Damit ist doch mehr als wahrscheinlich, dass auch beide Parteien, der Landgraf und der Abt von Hersfeld, die Stadtherrschaft zu gleichen Teilen ausübten. Darüber, wie geteilte Herrschaftsrechte über einen Ort oder eine Stadt auch Eingang in die Stadtsiegel und damit in das Stadtwappen fanden, überliefert der Langensalza betreffende Vertrag zwischen dem Erzbischof Gerlach von Mainz und dem Landgrafen Friedrich aus dem Jahr 1356. Hier wurden, nachdem die stadtherrlichen Rechte zu gleich aufgeteilt worden waren, auch Bestimmungen zu einem neuen Stadtsiegel getroffen. Vereinbart wurde: Das Siegel solle zwei Türme abbilden und in dem einen Turm den landgräflichen Löwen und in dem anderen das Mainzer Rad zeigen.214 Damit wird deutlich, Veränderungen in der Stadtherrschaft beziehungsweise die Stadtherrschaft an sich wurden auch über die Stadtsiegel und das Wappen nach außen dokumentiert. Da über das Alter des Tennstedter Wappens aber nichts bekannt ist, kann hieraus auch nichts bezüglich des Alters der landgräflichen Rechte im Ort und der Stadt geschlossen werden. Deshalb stellt sich nun grundsätzlich die Frage, wann und auf welchem Wege die Landgrafen so umfassenden Besitz in Tennstedt erwarben, dass sie 1346 die Stadt und die Burg ohne Hinweis auf andere Rechte verpfänden konnten. Dabei soll nun nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass die Landgrafen an der Stadtwerdung Tennstedts beteiligt waren und sich dieses dann im Wappen ausdrückt. Ähnliches deutet sich immerhin und vor allem vielleicht 210
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Vgl. Michael Gockel, welcher aus der Darstellung des heiligen Wigbert im Stadtwappen lediglich auf die Besitzverhältnisse am Ort rückschließt. (GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 533.). Abbildung des Wappens bei: OTTE/SOMMER: Tennstedt, S. 74. WOHLFAHRT: Tennstedt, S. 12. Vgl. auch: WUNDER: Die Wigberttradition, S. 164, Anm. 21. Abbildung des Wappens bei: OTTE/SOMMER: Tennstedt, S. 74. WOHLFAHRT: Tennstedt, S. 12. WOHLFAHRT: Tennstedt, S. 12. OTTE/SOMMER: Tennstedt, S. 73f. Zum Ortsnamen und seiner Bedeutung in der lokalen Überlieferung vgl. Kap. II.2.2. GÖSCHEL: Chronik I, S. 122.
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sogar auch zeitgleich beim südöstlich der Stadt gelegenen Ort Gebesee an. Sowohl 1354 als auch 1396 verabredeten der Abt von Hersfeld und der Landgraf, den Ort zur Stadt auszubauen, was jedoch letztendlich scheiterte.215 Prinzipiell wird damit aber deutlich, sowohl die Landgrafen als auch die Äbte von Hersfeld waren durchaus bereit, auch eine gemeinsame Städtepolitik zu betreiben und gemeinsam Orte zur Stadt zu erheben und auszubauen. Gleichzeitig könnte das Tennstedter Wappen aber auch ein späteres landgräfliches Einrücken in die Stadtherrschaft dokumentieren. So zeigte doch das Beispiel Langensalza ebenso, dass Veränderungen in der Stadtherrschaft auch mittels eines neuen Wappens beziehungsweise Siegels zum Ausdruck gebracht wurden. Lohnenswert ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf die zweite hersfeldische Stadt in Thüringen, auf Arnstadt. Bei dieser Stadt deutet alles darauf hin, im Abt von Hersfeld den maßgeblichen Förderer der städtischen Entwicklung zu sehen. Im Jahr 1266 erhält der Rat von Arnstadt vom Abt das Recht der Stadt Hersfeld ohne Hinweise auf weitere stadtherrliche Kräfte. Nur wenige Jahre später war der Abt zu einem umfangreichen Vertrag gezwungen, in welchem Hersfeld zwar im Wesentlichen seine stadtherrlichen Rechte behielt, jedoch weitreichende Zugeständnisse an den Grafen von Käfernburg machen musste. In der Folge blieb das Verhältnis zwischen beiden Parteien angespannt und noch im 14. Jahrhundert kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen, weil sich beide Parteien über die Rechte des jeweils anderen hinwegsetzten. Ausgangspunkt der käfernburgisch-schwarzburgischen Interessen waren deren Vogteirechte in Arnstadt, welche durch Untervögte ausgeübt wurden und über die die Grafen offensichtlich erfolgreich versucht hatten, auch einen Zugriff auf die Stadtherrschaft zu erhalten. 216 Denkbar ist ein ähnlicher Zusammenhang dann auch im Fall Tennstedts. Es ist vorstellbar, dass die Landgrafen über zunächst vogteiliche Rechte dann auch auf die Tennstedter Orts-/Stadtherrschaft ausgriffen. Inwiefern die Landgrafen im Raum Tennstedt über Vogteirechte verfügten, ist in den Quellen nicht überliefert. Vorstellbar ist jedoch, dass sie die hersfeldische Vogtei auch in diesem Raum besaßen. So begünstigte beispielsweise die Schutzvogtei der Ludowinger über das Kloster Hersfeld den Ausbau ihrer Herrschaft im Raum Eisenach.217 Auch spricht das häufige, zum Teil massive Ausgreifen der Landgrafen auf hersfeldischen Besitz durchaus auch für eine gewaltsame Aneignung Hersfelder Rechte am Ort. So verpflichtet sich Landgraf Hermann im Vergleich von 1205 mit dem Abt von Hersfeld vor König Philipp unter anderem dazu, allen Besitz und alle Villikationen mit allen ihren Erträgen vollständig dem 215 216 217
Vgl. Kap. II.5.2. WIEMANN/PATZE: Art. Arnstadt, S. 21-23. Zu den Vogteirechten: WIEMANN/PATZE: Art. Arnstadt, S. 21f. PATZE: Landesherrschaft, S. 306 u. 394.
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Hersfelder Abt zurückzugeben. Darüber hinaus waren alle Güter, welche der Landgraf den hersfeldischen Ministerialen entfremdet hatte, der Hersfelder Abtei in vollem Umfang wiederherzustellen.218 Jedoch ist eben gezeigt worden, dass sich landgräfliche Beziehungen zum Ort erst in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachweisen lassen. Die Aneignung kirchlicher Rechte mit Hilfe der Schutzvogtei über geistliche Einrichtungen ist im Reich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts jedoch ein permanentes Problem. So versuchen doch gerade die Confoederatio cum principibus ecclesiasticis von 1220 und das Statutum in favorem principum von 1231/1232 diesen Missbrauch einzudämmen.219 Auch gingen die Streitigkeiten zwischen dem Landgrafen und dem Hersfelder Abt über den Vergleich von 1205 hinaus weiter. In einem weiteren Vergleich im Jahr 1215 verzichtete Landgraf Hermann auf alle Ansprüche, die er wegen der Hersfelder Vogtei erhoben hatte, und erhielt dafür bedeutende hersfeldische Lehen.220 Auch wenn es nicht nachweisbar ist, wäre doch grundsätzlich denkbar, dass Hermann in diesem Zusammenhang dann auch hersfeldischen Besitz in Tennstedt erhielt. Hieraus ließe sich dann gleichfalls die seit den frühen 1220er Jahren nachweisbare Beziehung der Ministerialen von Tennstedt zu den Landgrafen begründen. Das markgräfliche Registrum von 1378 gibt durchaus einen Hinweis auf ehemaligen Hersfelder Besitz im Umfeld Tennstedts, welcher sich nun in landgräflicher Hand befand. So stehen dem Landgrafen aus einer als abtis mol bezeichneten Mühle Einkünfte zu.221 Damit deutet sich zwar an, die Landgrafen hatten durchaus hersfeldischen Besitz in der Hand. Wie und wann sie ihn erhielten und ob sie noch anderen an sich brachten, kann aber nicht gesagt werden. Auch ist bereits darauf hingedeutet wurden, die Landgrafen könnten erst 1319 und in der darauf folgenden Zeit ihre Rechte an Tennstedt erworben haben. So traten im Jahr 1319 die Grafen von Hohnstein im Zuge eines Sühnevertrages Besitz in Tennstedt an Landgraf Friedrich ab. Er erhielt von diesen in Tenstete das Theil, das die vrowe und ihre Kinder von Arnsberg innehaben mit so getannen Rechte, alsz es an die von Honstein kommen ist.222 Hintergrund hierfür war sicherlich, dem gleichfalls nicht unerheblichen Interesse der Grafen am Ort entgegenzutreten und dem 218 219
220 221 222
CDS I, 3, Nr. 87. Vgl. Confoederatio cum principibus ecclesiasticis, Art. 9 und Die Confoederatio cum principibus ecclesiasticis, Art. 1, in: Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschaftsund Sozialgeschichte bis 1250, Nr. 95, S. 380f. sowie Nr. 114, S. 434f. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 395f. Item molendinum des abtis mol 2 talenta,[…] in der Handschrift B: Item die Aptismullen[…] (Registrum XVII a, Nr. 8; inkl. Anm. i.). Original: SHStA Dresden 10001, Nr. 2171. Vgl. Kurzregest bei: SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 15f. Außerdem: HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 389. Teilabdruck in: Scriptores Rervm Germanicarvm, S. 978.
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hohnsteinischen Druck auf die landgräflichen Besitzungen im nördlichen Thüringer Becken entgegenzuwirken.223 Wie massiv die Hohnsteiner versuchten auf das nördliche Thüringer Becken auszugreifen, wird auch daran deutlich, dass sie etwa zeitgleich zum Verlust der Rechte in Tennstedt bestrebt waren, die Stadt Schlotheim in die Hand zu bekommen.224 Noch kurz vorher hatten die Grafen von Hohnstein von Hugo von Herbsleben die Burg in Kleinballhausen erworben, mussten diese allerdings zusammen mit dem Besitz in Tennstedt im Sühnevertrag von 1319 mit weiteren Rechten an den Landgrafen Friedrich zurückgeben.225 Sowohl die Tennstedter Besitzungen als auch die Burg Kleinballhausen wurden als landgräfliches Lehen wieder an die Hohnsteiner ausgegeben.226 Damit erhielten die Hohnsteiner zwar ihre Erwerbungen zurück, diese blieben allerdings im Obereigentum der Landgrafen. An keiner Stelle wird jedoch deutlich, dass die übertragenen Rechte den gesamten Hohnsteinischen Besitz in Tennstedt umfassten. Vielmehr ist lediglich von dem Teil die Rede, welchen die Frau von Arnsburg und ihre Kinder innehatten. Allerdings treten die Grafen von Hohnstein in der Folge nicht mehr im Zusammenhang mit Tennstedt in Erscheinung und auch ansonsten lässt sich kein weiterer hohnsteinischer Besitz in Tennstedt nachweisen. Wie die von Arnsburg den Besitz in Tennstedt erhielten, wird aus dem Text selbst nicht ersichtlich. Allerdings steht dieses Geschlecht im 13. Jahrhundert in Beziehung zu den Landgrafen. Sie waren landgräfliche Ministeriale und erscheinen in der Folge sogar als Burggrafen. Im Jahr 1293 wurden dann die Grafen von Hohnstein durch Landgraf Albrecht mit der Arnsburg belehnt.227 Denkbar ist, die Rechte in Tennstedt sind älterer Besitz der Ministerialen von Arnsburg und gelangten erst in der Folge des hohnsteinischen Ausgreifens auf die Arnsburg in den Besitz der Grafen. Allerdings lässt sich auch keine frühere Beziehung der Arnsburger zu Tennstedt und den hier begüterten Klöstern Hersfeld und Gandersheim nachweisen. Zuzuwenden ist sich deshalb noch einmal dem Wortlaut der Urkunde von 1319. Hier heißt es: Tenstete das Theil, das die vrowe und ihre Kinder von Arnsberg innehaben mit so getannen Rechte, alsz es an die von Honstein kommen ist.228 Zu verstehen ist er folgendermaßen: Der wettinische Landgraf Friedrich erwarb den Teil in 223 224 225 226 227 228
Vgl. WILHELMS: Bad Tennstedt, S. 51. Vgl. Kap. II.3.6.1. SHStA Dresden Nr. 2171. ZEYSS: Herbsleben, S. 12, Anm. 3 u. Anhang I, Nr. 113. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 389. Scriptores Rerum Germanicarum. Praecipue Saxonicarum 2, S. 75. PATZE: Art. Arnsburg, S. 18. PATZE: Politische Geschichte, S. 153 u. 187. Original: SHStA Dresden 10001, Nr. 2171. Vgl. Kurzregest bei: SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 15f. Außerdem: HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 389. Teilabdruck in: Scriptores Rervm Germanicarvm, S. 978.
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Tennstedt mit den Rechten, wie ihn die Frau von Arnsburg und ihre Kinder besaßen und wie er an die Grafen von Hohnstein gekommen ist. Hieraus lassen sich aber keine älteren wettinischen Rechte erkennen. Der zweite Teil erweckt den Eindruck, es handelt sich entweder um ursprünglich arnsburgischen Besitz, welcher dann an den Grafen von Hohnstein gelangte, oder um anderweitig erworbenen Besitz der Grafen, welcher an die von Arnsburg ausgegeben worden war. Ob die Hohnsteiner in Tennstedt tatsächlich schon älteren Besitz hatten, ist nicht festzustellen. Allerdings erwarben sie auch die Burg Ballhausen erst kurz vor dem Sühnevertrag von 1319. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie wie vielleicht auch die Landgrafen erst in dieser Zeit auf Tennstedt ausgriffen. Am 12. Januar 1319 ließen die Ministerialen von Tennstedt ihre Burg zu Wenigentennstedt, welche sie bis dahin offensichtlich als Eigengut besaßen, dem Landgrafen als Lehen auf.229 Die Abtretung der Burg Ballhausen und des Besitzes in Tennstedt erfolgte am 1. August. Damit wird deutlich: Landgraf Friedrich erwarb im Jahr 1319 umfangreichen Besitz im Raum Tennstedt, auf den er vorher keinen Zugriff hatte. Hinzu kommt noch, dass auch die Herren von Kleintennstedt noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts sich selbst als hersfeldische Vasallen bezeichneten.230 Dieses wiederum könnte tatsächlich darauf hindeuten, dass die Landgrafen vor 1319 über keine nennenswerten Rechte in der Region Tennstedt verfügten. Gleichwohl kann aber genauso älterer landgräflicher Besitz vorhanden gewesen sein, welcher jetzt erheblich ausgebaut und verdichtet wurde. Vielleicht war auch die Stadtgründung das auslösende Ereignis, welches die Wettiner ihre Erwerbspolitik im nordthüringischen Raum auch auf Tennstedt ausrichten ließ. So könnte, wie noch zu zeigen sein wird, die Stadterhebung durchaus in diese Zeit des nachweisbaren massiven wettinischen Besitzerwerbes im Raum Tennstedt fallen. Immerhin fällt doch auf, dass die Wettiner seit den 1330er Jahren versuchten die bedeutenderen Orte im nordwestlichen Thüringer Becken in die Hand zu bekommen.231 Tennstedt könnte dann, da ein solcher Besitzerwerb einige Jahre vor dieser Zeit stattfand, den Beginn dieser Politik markieren. Hintergrund hierfür war möglicherweise die von Patze in einem anderen Zusammenhang angesprochene Lage Tennstedts auf der Hauptlinie EisenachFreiburg.232 Gleichzeitig lag der Ort auch auf halbem Weg zwischen den landgräf-
229 230 231
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Regesten der Herren von Salza, Nr. 150. GUTBIER: Wenigen-Tennstedt, S. 14. HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 2343. So erwarben sie etwa in Langensalza in den 1430/40er Jahren umfangreiche Rechte. Schlotheim bekamen sie in den 1440er Jahren in die Hand und den nicht unbedeutenden stadtähnlichen Ort Herbsleben erhielten sie nach der Mitte des 14. Jahrhunderts. (Vgl. Kap. II.4.5.1.). Vgl. oben.
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lichen Städten Weißensee und Thamsbrück. Eine unter fremder Herrschaft stehende Stadt an dieser Stelle musste sich als ein Störfaktor auf die wettinischen Herrschaftsinteressen im gesamten Raum des nördlichen Thüringer Beckens ausgewirkt haben. Zusammenfassend ist vorerst festzuhalten: Zwar lässt sich eine Verbindung der ludowingischen Landgrafen zu den Ministerialen von Tennstedt schon seit den 1220er Jahren nachweisen, ob sie in dieser Zeit bereits über Besitz im Ort verfügten, ist aber ungewiss. Genauso wenig ließ sich erkennen, auf welchem Weg die Landgrafen ihre umfassenden Rechte in Tennstedt erwarben. Deutlich wurde nur, landgräflicher Besitz in und um Tennstedt lässt sich erstmals im Zusammenhang mit dessen Erwerbung im Jahr 1319 feststellen. Bereits Christine Müller verwies aber bezüglich der Osthöfe auf eine Auffälligkeit. Im markgräflichen Register von 1378 werden sie dem Amt Kleinballhausen zugeordnet. Da gleichfalls Gandersheimer Besitz in Ballhausen vorhanden war, sieht sie hierin ein weiteres Indiz dafür, dass die Osthöfe ursprünglich in gandersheimischem Besitz waren. 233 Der angesprochene Abschnitt des Registers von 1378 gibt aber auch Auskunft darüber, dass mit den Vronygenhofin, welche westlich der späteren Stadt lagen, ebenfalls Besitz in Tennstedt dem Amt Ballhausen untergeordnet war, welcher jedoch nicht ausdrücklich den Osthöfen zugeordnet ist.234 Insofern müssten dann auch die Vronygenhofin ursprünglich Gandersheimer Besitz gewesen sein. Das markgräfliche Register nennt umfangreiche an die Wettiner zu leistende Abgaben in den Osthöfen und den Vronygenhofin. Diese umfassten nicht nur die Precarie aus den Orten, sondern auch Abgaben aus dem Gericht, was wiederum auf eine landgräfliche Gerichtshoheit verweist.235 Diese Gerichtshoheit hatten sie bei Osthöfen und den Vronygenhofin aber lediglich in bonis et non in campis. Sie beschränkte sich demzufolge lediglich auf dort befindliche Güter und nicht auf gleichfalls zugehörige Äcker. Demgegenüber besaßen sie in den gleichfalls hier genannten ambobus Balnhusin das Gericht in villis et in campis.236 Diese ausdrückliche Unterscheidung in Gerichtsrechte an den Gütern und Gerichtsrechte an den Feldern sowie die eindeutige Herausnahme der Gerichtsrechte über die Felder im Fall der Osthöfe und der Vronyginhofin verweist möglicherweise auf Gerichtsrechte eines anderen Herrn.
233 234 235 236
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 269. Item in Tenstete zu den Vronygenhofin 7 talenta [precarie] desolata. (Registrum XIV, 5.). Registrum XIV, 9. Registrum XIV, 9, mit Anm. l.
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Vorstellbar ist, dass es sich hierbei um Gandersheimer Rechte handelt. So listet immerhin das Abgabenverzeichnis von 1438 eine ganze Reihe den Osthöfen zugeordnete Abgaben von Ackerflächen auf.237 Auch bestand noch im 15. Jahrhundert ein Gandersheimer officium in Tennstedt.238 Dass zu diesem Amt auch Gerichtsrechte gehörten, wird in einem früheren Zusammenhang deutlich. So berichtet die schon mehrfach besprochene Urkunde von 1273 über eine gandersheimische Vogtei zu Tennstedt, welche auch Gerichtsrechte beinhaltet haben dürfte. Jedoch besteht auch noch eine andere Erklärungsmöglichkeit für die Trennung der Gerichte. Zum Amt Tennstedt, welches erst an späterer Stelle im markgräflichen Register erscheint und welches ein vom Amt Kleinballhausen zu unterscheidendes Amt ist, gehört auch das iudicium districtus. 239 Dieses in der deutschen Handschrift C Pflege genannte 240 umfasste dann möglicherweise auch die außerhalb der Osthöfer Güter gelegenen Felder. So bezeichnet das iudicium districtus im markgräflichen Register das Gericht innerhalb des Amtsbezirkes und ist in seiner Ausdehnung damit deckungsgleich.241 Unter dem Amt Tennstedt wird darüber hinaus eine weitere Angabe aus den Osthöfen aufgelistet. Eine sich nach Vargular nennende Person hatte 12 Solidi aus den Osthöfen zu bezahlen.242 Diese 12 Solidi waren dabei eine grundherrliche Abgabe.243 Dennoch wird deutlich, nicht der gesamte landgräfliche Besitz in Osthöfe wurde dem Amt Kleinballhausen zugeordnet. Die ausdrückliche Erwähnung von Abgaben aus dem iudicium […] in bonis legt darüber hinaus nahe, der Landgraf verfügte nicht über die gesamten Gerichtsrechte in den Siedlungen Osthöfe und Vronyginhofin, sondern nur über die ihm gehörenden dort gelegenen Güter. Es besteht demnach die Möglichkeit, dass es auch innerhalb der Orte anderweitige Gerichtsrechte gab, auf welche die Landgrafen keinen Zugriff hatten. Die Zuordnung des Gerichtes über die Güter in den Orten zum Amt Ballhausen ist aber nach wie vor eineAuffälligkeit, zu der einige weitere Gedanken notwendig sind. Müllers Überlegungen zielten wohl, auch wenn sie es nicht ausdrücklich erwähnt, letztendlich darauf ab, bei Kleinballhausen, dem gleichfalls darunter genannten Großballhausen, den Osthöfen und den ebenfalls hier erwähnten Vronyginhofin handelte es sich um einen älteren Besitzkomplex. An dieser Stelle ist aber darauf zu verweisen, dass diese Zuordnung Osthöfer Rechte zu
237 238 239 240 241 242 243
NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 12b-13b. GOETTING: Kanonissenstift Gandersheim, S. 282f. Registrum XVIIa, 17. Registrum Dominorum Marchionum Missensium, S. 48, Anm. d. Vgl. BLASCHKE: Ausbreitung des Staates in Sachsen, S. 77f. Dictus Varila in den Osthofin 12 solidos. (Registrum XVIIa, 10.). Registrum Dominorum Marchionum Missensium, S. 47, Anm. n.
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Kleinballhausen in einem wettinischen Register erfolgte und es deshalb auch lediglich anzeigen kann, dass der wettinische Besitz in den Osthöfen im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts Kleinballhausen zugeordnet war. Rückschlüsse auf Gandersheimer Besitzrechte sind deshalb, wenn überhaupt, nur mit erheblichen Bedenken aus diesem Umstand abzuleiten. Zumal Müller an anderer Stelle behauptet, dass die Landgrafen keinesfalls in gandersheimische, sondern in hersfeldische Rechte einrückten.244 Dennoch soll an dieser Stelle auf die Möglichkeit verwiesen werden, dass 1319 sehr wohl ursprünglich Gandersheimer Besitz in Tennstedt aus der Hand der Grafen von Hohnstein an die Wettiner gelangte. Im Zuge eines schon 1325 geschlossenen Erbvertrages erhielten die Grafen von Schwarzburg nach dem Tod Heinrichs V. Graf von Hohnstein im Jahr 1356 den hohnsteinischen Besitz. Dieses Erbe umfasste nicht nur Arnsburg, sondern auch das gandersheimische Großenehrich. Über den Zeitpunkt des Erwerbs des gandersheimischen Besitzes ist aber nichts bekannt. 245 Es ist demzufolge sehr wohl vorstellbar, dass die Hohnsteiner auch im Raum Tennstedt über ursprünglichen Gandersheimer Besitz verfügten und diesen 1319 an die Wettiner abtraten. Ob Erstere mit diesem belehnt waren oder ihn anderweitig besaßen, ist nicht zu erkennen. Jedoch hätte dieses zur Folge, dass die Landgrafen dann ursprünglich Gandersheimer Rechte erhielten. Zwischen der Burg Ballhausen, den Osthöfen und den Vronyginhofin scheint auch des Weiteren ein durchaus enger Zusammenhang bestanden haben. So verpfändet Landgraf Friedrich der Jüngere 1407 die Osthöfe zusammen mit der Burg in Ballhausen.246 Auch 1436 lässt sich Ähnliches feststellen. Zwischen dem Ritter von Weberstedt, welcher die Burg Ballhausen, die Osthöfe und die Fronhöfe als Pfand vom Landgrafen innehatte, auf der einen Seite und der Stadt Tennstedt andererseits kam es zu Auseinandersetzungen um die Osthöfe und die Fronhöfe. Beigelegt wurden diese Streitigkeiten dann durch den Landgrafen, indem er die Streitobjekte Osthöfe und Fronhöfe, welche in derselben Urkunde als ursprünglich zur Burg (Klein-)Ballhausen gehörend bezeichnet werden, der Stadt Tennstedt dauerhaft zusprach.247 Ob diese Hinweise auf eine vielleicht bis ins Frühmittelalter zurückreichende enge Verbindung von Ballhausen und den Osthöfen aber auch den Fronhöfen 244 245 246
247
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 269. PATZE: Politische Geschichte, S. 152f. Wir fridrich von gotis gnaden Lantgrave bekennen daz wir […] ingesatz haebn und setzen eyme rechte phande unser sloz Balnhusen mid den Osthofen gelegen bie Tenstete mit agkern, hoefin, […], gulde, gericht, zcinsen, rechten, oren nutzen dinsten und allen zcugehorungen. (SHStA Dresden 100024, Cop. 32 fol. 68b.). SHStA Dresden MD, U 10a, Nr. 258, 5.
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hindeutet, muss aber dahingestellt bleiben. So ist nicht unmöglich, dass die Zusammengehörigkeit der Orte erst nach und nach im Zusammenhang mit dem Herrschaftsausbau der Landgrafen in der Region entstand. Dieses könnte letztendlich damit zusammenhängen, dass erst die Wettiner, die Osthöfe als zur Burg Ballhausen zugehörig betrachteten. Die erfolgte Zuordnung zu Ballhausen ließe sich auch daraus herleiten, dass der Besitz zusammen oder kurz hintereinander durch die Landgrafen erworben worden war. Wobei dann zu überlegen wäre, weshalb der in den Osthöfen und Vronyginhofin befindliche Besitz nicht dem gleichfalls im Register vorhandenen Amt Tennstedt zugeordnet wurde. Ein möglicher Hintergrund wäre, die Landgrafen verfügten vor den Erwerbungen von 1319 über keine anderen nennenswerten Rechte in Tennstedt. Sie fassten deshalb den seit dieser Zeit erworbenen Besitz unter dem Amt Ballhausen zusammen und beließen ihn auch in der Folge hier. Den Amtssitz wiederum richteten sie in Kleinballhausen ein, weil mit der gleichfalls erworbenen Burg auch ein geeigneter Ort hierfür vorhanden war. Damit würde sich dann aber auch andeuten, die Landgrafen hatten zu diesem Zeitpunkt ebenfalls keine umfassenden Rechte an der Burg zu Großentennstedt, welche gleichfalls als Amtssitz geeignet gewesen wäre. Deshalb könnte diese auch erst später erworben beziehungsweise die Burg erst zu einem späteren Zeitpunkt errichtet worden sein. Insofern ist tatsächlich vorstellbar, die Landgrafen verfügten vor 1319 tatsächlich über keine oder nur geringe Rechte in Tennstedt und Umgebung. Vielmehr markiert dann erst die Übertragung aus Hohnsteiner Hand den Beginn einer erfolgreichen landgräflichen Erwerbspolitik in und um Tennstedt. Möglicherweise erwarben die Landgrafen sogar die im Register dem Amt Kleinballhausen zugeordneten Orte Osthöfe und Vronyginhofin 1319 gemeinsam mit der Burg in Kleinballhausen und, weil sie einen Erwerbskomplex bildeten, wurden sie auch als ein Besitzkomplex verstanden. Letzteres würde wiederum die Differenzierungen bezüglich der Osthöfe und der Vronyginhofin im markgräflichen Register erklären. Der aus Hohnsteiner Hand erhaltene und auf Arnsburger oder Gandersheimer Rechte zurückgehende Besitz in beiden Siedlungen umfasste jeweils nicht die gesamten Orte und schon gar nicht die in der Flur gelegenen Ackerflächen, sondern nur die Rechte, welche ursprünglich arnsburgisch waren. Jedoch ist hierbei darauf zu verweisen, dass die Urkunde von 1319 eindeutig die durch die Wettiner erworbenen hohnsteinische Güter als in Tennstedt und nicht in den Osthöfen oder in den Fronhöfen gelegen nennt. Letztere müssen aber vielleicht nicht zwangsweise ausdrücklich als solche benannt werden. Vielmehr konnte mittels des bloßen Namens auch Großentennstedt oder die gesamte
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Siedlung Tennstedt bezeichnet werden.248 Notwendig war eine genauere Lokalisierung innerhalb der Gesamtsiedlung vielleicht deshalb nicht, weil der anschließenden Satz die Rechte insofern genau definiert, dass es sich um den Teil handelte, den die Frau von Arnsburg und ihre Kinder innehaben.249 In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die schon mehrfach erwähnte Urkunde von 1273 dahingehend zu deuten, ist, dass wenigstens der Pfarrer der östlichen Kirche Tennstedts durch Gandersheim bestellt wurde. Falls 1319 tatsächlich die Osthöfe und die Vronyginhofin beziehungsweise dortliegende Güter durch den Hohnsteiner an Landgraf Friedrich übertragen wurden, könnte dieses zur Folge haben, dass auch ehemaliger Gandersheimer Besitz inbegriffen war. Allerdings umfasste das Amt Kleinballhausen im markgräflichen Register von 1378, falls 1319 mit Tennstedt tatsächlich der Besitz in den Osthöfen und den Vronygenhofin umschrieben worden ist, mehr als 1319 erworben wurde. So traten die Grafen von Hohnstein neben dem Besitz in Tennstedt lediglich noch die Burg (Klein-)Ballhausen mit den zugehörigen Rechten an die Wettiner ab, wie sie sie von Hugo von Herbsleben erworben haben.250 Die zugehörigen Rechte dürften dann die im Register direkt dem Schloss zugeordneten neun Mansen und 34 Acker umfasst haben. Zusätzlich dazu werden im Register aber noch die Komplexe Kleinballhausen und Großballhausen mit weiteren Zubehörungen genannt.251 Damit wird deutlich, entweder verfügten die Landgrafen schon vor 1319 über die Ballhausenorte und damit über Besitz in der Region oder sie erwarben ihn erst in der Folge. Nach wie vor ist jedoch die Zuordnung der Osthöfe und der Vronyginhofin zum Amt Kleinballhausen ein starkes Indiz dafür, dass die Landgrafen zum Zeitpunkt ihres Erwerbes nicht über ausreichend Besitz in Tennstedt verfügten, um ein eigenes Amt Tennstedt, wie es dann im Register von 1378 entgegentritt, 252 zu bilden. Gleichzeitig kann die Zuordnung zu Kleinballhausen, dann aber kaum vor 1319 geschehen sein. Eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Zeitpunkt und nach den Hintergründen der landgräflichen Erwerbungen in Tennstedt kann damit vorerst nicht gegeben werden. Lediglich über die Besitzabtretungen durch die Grafen von Hohnstein an die Wettiner im Jahr 1319 wird ein solcher Erwerb erkennbar. Es bleibt demnach nur festzustellen:
248 249 250
251 252
Vgl. oben. Vgl. oben. Original: SHStA Dresden 10001, Nr. 2171. Vgl. Kurzregest bei: SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 15f. Außerdem: HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 389. Teilabdruck in: Scriptores Rervm Germanicarvm, S. 978. Registrum XIV. Registrum XVIII a.
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Wie und wann sie die in den 1340er Jahren und in der Folge nachweisbaren, umfangreichen Rechte an Stadt und Burg erhielten, ist ungewiss. Patze wiederum nimmt an, die Landgrafen hätten nach dem Erwerb des Ortes im 12. Jahrhundert, zunächst eine Burg errichtet. Die Gründung der Nikolaikirche sieht er ebenfalls in enger Verbindung zu den Landgrafen.253 Dafür würde wiederum sprechen: Etwa 40 bis 50 Jahre nachdem die Landgrafen über die Herren von Tennstedt begonnen haben könnten, auf den Ort auszugreifen, wird die östliche Pfarrkirche erstmals erwähnt.254 Es würde sich dann andeuten, nach einem erfolgreichen Zugriff auf den Ort errichteten sie eine Burg und eine Kirche zur Festigung und Dokumentation ihrer Herrschaft. Dagegen spricht aber, dass sich vor dem 14. Jahrhundert kein landgräflicher Besitz in Tennstedt nachweisen lässt und auch über das Alter der Burg nichts bekannt ist, sie 1340 überhaupt erstmals erwähnt wird. Einen vollkommen anderen Weg, um das Nikolaipatrozinium zu erklären, beschritt wiederum Karlheinz Blaschke. Im Zuge seiner umfangreichen Untersuchungen zur Entstehung von Nikolaikirchen, welche, wie im Falle von Tennstedt, außerhalb der Stadt in einer eigenen Siedlung lagen, kam er zu dem Schluss, sie könne nur als Genossenschaftskirche von Kaufleuten entstanden sein.255 Allerdings kann anhand des Patroziniums auch eine viel frühere Entstehung der Kirche nicht ausgeschlossen werden. Ab Otto II. erfreute sich der Nikolauskult bei den ottonischen Königen einiger Beliebtheit. Weite Verbreitung fand der orientalische Heilige im Reich nach der Heirat Ottos II. mit Theophanu. So gehen wohl eine ganze Reihe auch bedeutender Nikolauskirchen auf die ottonischen Könige seit Otto II. zurück.256 Jedoch erfolgte die Veräußerung des Königsgutes in Tennstedt schon vor der Mitte des 10. Jahrhunderts. Eine Verbindung des Patroziniums und damit der Kirche zum Königsgut kann demnach nur hergestellt werden, wenn angenommen wird, nach 932 war noch Königsgut im Raum Tennstedt vorhanden und dieses konzentrierte sich unter anderem auf die Osthöfe. Aus diesem noch vorhandenen Königsbesitz müsste das Stift Gandersheim dann zu einem späteren Zeitpunkt, aber vor 1273, die Kirche erhalten haben.257 Ebenso kann die Kirche auch schon erheblich früher durch das Königtum gegründet worden sein und gelangte dann mit dem anderem königlichen Besitz an Gandersheim. Auch ist eine gandersheimische Gründung nicht auszuschließen. So ist Gandersheim immerhin 253 254 255 256 257
PATZE: Landesherrschaft, S. 426. Vgl. oben. BLASCHKE: Nikolaipatrozinien, S. 31, 39 u. 49. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl I, S. 121. Immerhin ist oben nicht ausgeschlossen worden, dass zunächst nicht das gesamte Königsgut an Ganderhseim und Herfeld übertragen worden ist. (Vgl. oben.).
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ein Reichsstift und aus dieser engen Verbindung zum Königtum ließe sich vielleicht auch das Nikolauspatrozionium erklären. Letztendlich müssen die hier skizzierten Zusammenhänge aber ebenfalls unsicher und mehr als spekulativ bleiben. Zusammenfassend ist anhand des Patroziniums nichts Gesichertes über das Alter der Kirche auszusagen. Hierauf hatte bereits Müller im Zusammenhang mit Patzes These, dass Patrozinium sei auf die Ludowinger zurückzuführen, hingewiesen.258 Deshalb lässt sich auch Patzes Annahme nicht beweisen, dass die Nikolaikirche eine ludowingische Gründung ist und die nördlich von dieser befindliche Burg auf die Ludowinger zurückgeht. Eine Errichtung der Burg in Großentennstedt durch die Landgrafen vor 1319 ist demnach nicht abzusichern aber auch nicht auszuschließen. Prinzipiell ist außerdem möglich, sie errichteten diese erst im 14. Jahrhundert, nach einem erfolgreichen Ausgreifen auf Tennstedt, um ihre nun vorhandenen Rechte nach außen zu dokumentieren und zu untermauern, sowie Druck auf andere Herrschaftsträger am Ort auszuüben. Grundsätzlich ist aber eine frühere Entstehung der Burg zu Großentennstedt in anderen herrschaftlichen Zusammenhängen ebenfalls denkbar. Deshalb soll auch nicht ausgeschlossen werden, die Burg zu Großentennstedt und die südlich und südwestlich von ihr befindlichen Osthöfe sind in ihrer Entstehung aufeinander bezogen. So könnten die Osthöfe als eine zur Burg gehörige Siedlung entstanden sein, ohne dass klar ist, welchem Herrn die Burg ursprünglich zuzuordnen ist.259 Hierfür infrage kämen immerhin auch die Ministerialen von Tennstedt, welche am Ort im Auftrag eines Herrn eine Burg errichteten, um dessen Rechte abzusichern. Die entsprechenden Herren könnten dann immerhin sowohl das Reichsstift Gandersheim als auch der Abt von Hersfeld gewesen sein. Festzustellen ist vorerst nur, die Burg ist 1340 sicher in landgräflichem Besitz.260 Spätestens bis 1346 waren die landgräflichen Rechte dann so weit ausgebaut, dass sie nicht nur die Burg, sondern auch die Stadt an die Herren von Salza verpfänden konnten. 261 Die Burg zu Großentennstedt erscheint darüber hinaus erstmals 1340 überhaupt als solche in den Quellen, befindet sich dann aber in landgräflicher Hand.262 Letzteres würde wiederum auf eine späte Errichtung hindeuten und hierfür kämen dann durchaus die Landgrafen infrage. Jedoch zeichnet sich die Zeit seit dem 12. Jahrhundert mit einer gewissen Quellenarmut für Tennstedt aus und 258 259 260 261 262
MÜLLER: Landgräfliche Stadte, S. 268. Zum Patrozinium vgl. auch: ZIMMERMANN: Patrozinienwahl II, S. 26ff. u. 61ff. Zu verweisen ist hier noch auf die Vermutung Patzes, welcher in den Osthöfen eine als Vorstadt entstandene Siedlung sieht. (Vgl. Kap. II.2.6.3.). SHStA Dresden 10001, Nr. 2863. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. Vgl. oben.
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erst wieder im 14. Jahrhundert nimmt die Zahl der Quellen allmählich zu.263 Insofern könnte die späte Erwähnung auch hierauf zurückzuführen sein. Deshalb kann nur noch überprüft werden, ob sich anderweitig etwas über ihre Entstehung ableiten lässt und daraus auch Rückschlüsse auf den landgräflichen Besitzerwerb zu ziehen sind. Errichtet worden ist die Burg anscheinend auf freiem Gelände östlich der Nordostecke der Stadt und nördlich der Osthöfe. In einer direkten Beziehung zum hersfeldischen Zentrum um die Wigbertikirche steht sie demnach nicht. Eine strategische Errichtung wegen besonderer geographischer Gegebenheiten an dieser Stelle scheint auszuscheiden. So zeichnet sich die Stelle nicht durch eine besondere Schutzlage aus. Lediglich im Norden und Osten verlaufen zwei Gewässer. Insofern könnte lediglich dieses ausschlaggebend für die Errichtung der Burg an dieser Stelle sein. Ähnliche Bedingungen finden sich in der von mehreren Gewässern durchzogenen Talsenke jedoch auch an anderer Stelle.264 Insofern muss es andere Gründe für die Errichtung der Burg an dieser Stelle geben. Anders als beispielsweise die Burg in Langensalza oder in Thamsbrück lag sie außerhalb der Stadt,265 steht aber in Lagebeziehung zu den Osthöfen und zur Stadt und erweckt fast den Eindruck, als verklammere sie beide Siedlungen miteinander. 266 Sie könnte demzufolge herrschaftliche Interessen in beiden Siedlungsteilen miteinander verbunden haben und wäre dann von einem Herrn errichtet worden, welcher umfangreicheren Besitz in der Stadt und den Osthöfen hatte. Wer die Burg wann erbaute, ist aber auch hieraus nicht zu ermitteln. Wie aus der Verpfändung der Stadt und der Burg von 1346 hervorgeht, müssen die landgräflichen Herrschaftsrechte am Ort spätestens in dieser Zeit umfassend gewesen sein. Auch wird an keiner Stelle erwähnt, nur Teile von Stadt und Burg seien verpfändet worden. Hier heißt es vielmehr: Wir Friderich von gotes gnaden lantgrave zcu Duringen […] bekennen […] daz wir […] unser hus zcu Tennestete czu einem phande setzcen und gesaczt habin, mit der stat…267Anderweitige Ansprüche werden demnach nicht erwähnt. Auch 1404 verfügte Landgraf Balthasar selbstständig und augenscheinlich auch vollständig über Stadt und Burg Tennstedt. So übergibt er seiner Gemahlin Anna von Schwarzburg beides mit allem Zubehör, ohne dass hersfeldische Rechte in irgendeiner Form erwähnt werden.268 263 264
265 266 267 268
Vgl. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 20. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang 1. Pläne und Karten, Karte 5. Urmesstischblatt. Topographische Aufnahme 1853/54 4831 Gebesee. Reprint Urmesstischblatt. 1. Aufl. 1868, 4831 Gebesee. Vgl. Kap. II.2.6.3. Vgl. Kap. II.2.6.3. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. CDS I B2, Nr. 584. Abdruck des Textes bei HORN: Lebens- und Helden-Geschichte, S. 49f.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Auch wurde nach dem markgräflichen Register von 1378 in der Stadt eine Bede in Höhe von 10 Mark an Walpurgis und 10 Mark an Michaelis erhoben und diese war an die Wettiner zu zahlen.269 Darüber hinaus standen, wie das Register zeigt, den Landgrafen aus der Burg und der advocacia und damit dem Amt Tennstedt weitere Einkünfte zu, bei welchen es sich zum Teil um städtische oder marktliche Abgaben handelte.270 Ferner waren aus den landgräflichen Gütern in der Stadt weitere Abgaben zu leisten.271 Einen Hinweis auf Rechte des Abtes von Hersfeld finden sich aber auch hier nicht. Allerdings ist oben bereits erwähnt worden, dass der Abt von Hersfeld im Jahr 1409 den Schumachern zu Tennstedt ein umfangreiches Privileg erteilte.272 Bereits an anderer Stelle ist darauf verwiesen worden, dass wie etwa in Arnstadt die Stadtherrschaft auch in Tennstedt geteilt gewesen sein könnte. Ein vergleichbarer Fall lässt sich dann auch für Langensalza nachweisen. Hier erwarb zunächst der Mainzer und in der Folge auch die wettinischen Landgrafen stadtherrliche Rechte und Letztere setzten diese dann auch mittels Gewalt durch, indem sie Langensalza belagerten und niederbrannten.273 Das eben skizzierte spricht aber wiederum dafür, dass die Wettiner grundsätzlich auch bereit waren, mittels Gewalt vermeintliche oder faktisch bestehende Rechte durchzusetzen. Zuzuwenden ist sich nun der Erteilung der Stadtrechte für die Osthöfe im Jahr 1419. Es gibt keine Hinweise darauf, dass dieses auf Bitten anderer Personenkreise geschah. Hier heißt es vielmehr: Wir Friderich der junge bekennen und thun kund […], das wir unsyn armen luten an den Osthofen vor Tenstete gelegen […] stadrecht, friheid […] gegebin und bestetigit habin.274 Prinzipiell ist deshalb davon auszugehen, wenn die Landgrafen die Osthöfe ohne fremde Mitwirkung zur Stadt erhoben, verfügten sie spätestens in dieser Zeit auch über die maßgeblichen Rechte an der Siedlung Osthöfe. Gleichwohl erfolgte, trotz der Bewidmung mit Tennstedter
269 270
271 272 273 274
Registrum XVII,b. So mussten an Martini die Leinweber je ein Talent, die Schuhmacherinnung je 14 Solidi und die Fleischer je 4 Solidi zahlen. Aus der Weberkasse waren je 4 Solidi und aus dem Zoll je 10 Talente an den Landgrafen abzuführen. (Registrum XVII,a, Nr. 9, 16.). Item de bonis in civitate 15 aucas Michaelis et ½ sexagenam pullorum Michaelis census. (Registrum XVII,a, Nr. 23.). Vgl. oben. Vgl. Kap. II.4.3.2. SHStA Dresden 10025, Cop. 32, Nr. 13.
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Recht275 kein Zusammenschluss der Osthöfe mit der Altstadt. Damit war der Ort Tennstedt seit 1419 eine Doppelstadt.276 Bei Langensalza wird zu zeigen sein, dass die Eingliederung der Neustadt in die Gesamtstadt erst möglich war, nachdem Veränderungen in der Stadtherrschaft eingetreten waren. In der Langensalzaer Neustadt hatte das Kloster Homburg, dessen Kirchenherr der Mainzer Erzbischof war, wesentliche Rechte. Mit dem Einrücken des Mainzers in die Stadtherrschaft und deren vertraglicher Regelung war dann auch der Weg für die Zusammenlegung mit der Altstadt frei.277 Für das Nebeneinanderbestehen zweier Stadtsiedlungen gibt es unterschiedliche Ursachen. Eben Gesagtes deutet unterschiedliche herrschaftliche Interessensphären an. Gleichzeitig waren häufig auch geographische Gegebenheiten hierfür ursächlich. So konnte beispielsweise ein Fluss die Stadtteile voneinander trennen. Auch ein großer zeitlicher Unterschied bei der Stadterhebung von Teilstädten spielt durchaus eine Rolle.278 Geographische Gegebenheiten scheiden wohl aus. Beide Siedlungen liegen in einem Talkessel direkt nebeneinander und auch ein trennendes Gewässer ist nicht vorhanden.279 Tennstedt selbst ist seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Stadt nachweisbar und könnte sogar noch erheblich älter sein.280 Zwischen der Erhebung der Osthöfe zur Stadt und dem Abschluss der Stadtwerdung Tennstedts liegt demzufolge ein Zeitraum von mindestens 100 Jahren. Insofern könnte der große zeitliche Abstand zwischen beiden Erhebungen auch hier von Bedeutung sein. Weiterhin ist nicht auszuschließen: Eine Einbindung der Osthöfe in die Altstadt war wegen unterschiedlicher herrschaftlicher Interessen nicht möglich oder deutlicher: Die Zusammenlegung beider Städte war seitens des Landgrafen zu diesem Zeitpunkt nicht gegen die hersfeldischen stadtherrlichen Interessen durchzusetzen. Dass die Wettiner zu diesem Zeitpunkt auch wenigstens Anteile an der Stadtherrschaft in der Altstadt hatten, wird aus dem durch sie ausgestellten Stadtrechtsprivileg für die Osthöfe von 1419 unmittelbar deutlich. In diesem ist eindeutig die Rede von unsir stad und burgere zcu Tenstete.281
275
276 277 278 279 280 281
…, daz sy nach gebung diesis brieves zcu ewigen czyten soliche burgerecht, friheid und gewonheit habin halden unde gebruchin sollin jerliche jarrente und ander gewonheit, dy sy busz her gegebin und gehabt haben, uszgeslossen unsi ubir bethe, dy wir uns lediglich behaldin in allir masse als unsir stad und burgere zcu Tenstete von uns habin haldin[…] (SHStA Dresden 10025, Cop. 32, Nr. 13.). KORN: Art. Tennstedt, S. 703. Vgl. Kap. II.4.5.1 u. II.4.7.4. FISCHER: Doppelstadt, S. 247f. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. Kap. II.2.6.1. SHStA Dresden 100025, Cop. 32, Nr. 13, Z. 8-12.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Zuzuwenden ist sich noch einmal der Wasserburg Tennstedt. Bisher war nicht zu erkennen, in welcher Beziehung sie zu den einzelnen Siedlungsteilen stand. Allerdings erfolgten deren Verpfändung von 1346 und die Übertragung als Withum 1404 durch die jeweiligen Landgrafen immer zusammen mit der Stadt. Demgenüber wurden vielleicht die Osthöfe 1319 zusammen mit der Burg (Klein-) Ballhausen erworben. Spätestens 1378 gehörten die landgräflichen Rechte in den Osthöfen aber zur Burg (Klein-)Ballhausen. Auch 1407 und 1436 verpfändeten die Landgrafen die Burg (Klein-)Ballhausen und die Osthöfe gemeinsam.282 Aus Letzterem ist geschlussfolgert wurden, die Burg (Klein-)Ballhausen und die Osthöfe wurden sehr wohl als Besitzkomplex verstanden. Ähnliches könnte dann auch für die Burg Großentennstedt und die Stadt Tennstedt angenommen werden. Sie stünden demzufolge in einer engen Beziehung zueinander und die Burg wäre als die stadtherrliche Burg anzusehen. Zusammenfassend bleibt bezüglich der landgräflichen Herrschaft in Tennstedt nur zu sagen: Sicher nachweisbar ist ein Besitzerwerb in Tennstedt durch die Landgrafen erstmals 1319 und auch erst ab diesem Zeitpunkt ist landgräflicher Besitz am Ort direkt überliefert. Ob sie schon vorher Rechte in Tennstedt hatten, ließ sich nicht feststellen, dieses war aber auch nicht auszuschließen. Gerade der 1319 aus hohnsteinischer Hand erhaltene Besitz beziehungsweise die 1378 der Burg Kleinballhausen zugeordneten Osthöfe und Vronyginhofin könnten auch ursprünglich gandersheimisch gewesen sein. Sollte der Abt von Hersfeld ohne landgräfliche Mitwirkung Großentennstedt in seiner Entwicklung zur Stadt gefördert und den Ort zur Stadt ausgebaut haben, dürften die Landgrafen zunächst auch noch nicht über umfangreichere Rechte innerhalb der Stadt beziehungsweise der Vorgängersiedlung verfügt haben. Dass die Landgrafen versuchten, über die Vogtei des Klosters Hersfeld Rechte zu okkupieren, ist nicht auszuschließen, gleichfalls aber auch nicht nachzuweisen. Lediglich das sich andeutende Ausgreifen auf ursprünglich wohl hersfeldische Ministeriale macht deutlich: Spätestens ab dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts gab es ein landgräfliches Interesse am Ort. Inwiefern dieses Ausgreifen auch mit dem Erwerb von Besitz einherging, muss ebenfalls ungewiss bleiben. Sicher ist nur, spätestens seit den 1340er Jahren waren ihre Rechte so umfangreich, dass sie auch die Stadtherrschaft ausübten. Trotz des Umstandes, dass sie immer wieder selbstständig und uneingeschränkt über Burg und Stadt verfügten, war diese Stadtherrschaft augenscheinlich nicht ungeteilt. So tritt auch der Abt von Hersfeld als Stadtherr in Erscheinung. Jedoch scheinen sich die Landgrafen, wie aus den Verpfändungen der Burg und der Stadt deutlich wird, häufiger über die bestehenden hersfeldischen Rechte
282
Vgl. oben.
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hinweggesetzt zu haben oder aber die Herrschaft wenigstens temporär vollständig besessen zu haben. Hintergrund hierfür könnte sein, der Abt von Hersfeld war ähnlich wie in Arnstadt gegen die Schwarzburger-Käfernburger zeitweise nicht in der Lage, sich gegen die jeweiligen weltlichen Herrschaftsträger zu behaupten oder war anderweitig gezwungen Rechte zu veräußern. Vor allem die Position der Landgrafen war spätestens seit dem Grafenkrieg in den 1340er Jahren in Thüringen weitestgehend unangefochten. Nennenswerte Kräfte, die sich hätten gegen sie stellen können, gab es in Thüringen nicht mehr.283 Insofern könnten sie wenigstens seit dieser Zeit versucht haben, schon ältere partielle Rechte gegen die hersfeldischen Interessen auf die gesamte Stadt und Burg auszudehnen. Die Aneignung von Rechten muss aber eben nicht erst in den 1340er Jahren geschehen sein, sondern ist vielleicht schon ein Jahrzehnt früher anzusetzen. Immerhin verfügte Landgraf Friedrich bereits 1340 über die Burg zu Großentennstedt. Seit dem zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts kam es in Thüringen immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Landgrafen und dem thüringischen Adel und dieses könnte auch Auswirkungen auf hersfeldischen Besitz in Tennstedt gehabt haben.284 Darüber hinaus waren das Kloster Hersfeld und das Kloster Fulda seit 1312 in eine kriegerische Auseinandersetzung mit Landgraf Friedrich dem Freidigen verstrickt. Beendet wurde dieser Konflikt erst 1314285 und es ist vorstellbar, dass in diesem Zusammenhang vielleicht auch Rechte in Tennstedt an den Wettiner abgetreten wurden. In den 1330er Jahren war die finanzielle Lage des Stiftes dann so desaströs, dass unter anderem im Jahr 1336 Gebesee verpfändet wurde. Schon 1332 hatte der Abt von Hersfeld gegen den Widerstand des Konventes die Stadt Arnstadt an die Grafen von Schwarzburg verkauft und dieses wurde vom König bestätigt. Bereits vor 1302 hatte sich Landgraf Albrecht der Entartete, wohl ohne Wissen des Abtes von Hersfeld, in den Besitz der Oberlehnsherrschaft über den schwarzburg-käfernburgischen Teil Arnstadts gebracht.286 Deutlich wird damit: In der gesamten ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts war die allgemeine Lage, aber auch im Speziellen die in Thüringen für das Kloster Hersfeld ungünstig. Vorstellbar ist deshalb, dass die Landgrafen sich in dieser Zeit gleichfalls umfassende Rechte des Abtes von Hersfeld in Tennstedt aneigneten oder von ihm übertragen bekamen und sie erst in dieser Zeit in die Stadt/Ortsherrschaft einrückten. Nicht unwahrscheinlich ist sogar, dass sie diese Rechte unmittelbar im Zusammenhang mit der schwierigen Finanzlage Hersfelds in den 1330er Jahren erhielten. 283 284 285 286
Vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 84-88. Vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 70-84. BUTTE: Hersfeld, S. 16-18. PATZE: Politische Geschichte, S. 72. WIEMANN/PATZE: Art. Arnstadt, S. 22f. BUTTE: Hersfeld, S. 23f.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Korrespondieren würde eine solche Überlegung mit dem Umstand, dass sich landgräfliche Rechte an der Stadt Tennstedt und der Burg Großentennstedt auch erst unmittelbar nach den 1330er Jahren im Jahr 1340 und 1346 nachweisen lassen. Ob diese Rechte den Landgrafen zu diesem Zeitpunkt aber schon dauerhaft zugesprochen worden waren oder sie sie zunächst nur als Pfand erhielten, ist gleichfalls unbekannt. Demgegenüber könnten ihre Rechte in den Osthöfen und Vronyginhofin beziehungsweise der von den Hohnsteinern abgetretene Besitz ursprünglich gandersheimisch sein. Generell deutet sich aber an: Die Landgrafen scheinen Rechte unterschiedlichster Herkunft in Tennstedt besessen zu haben. Diese massierte Erwerbung von Besitz aus unterschiedlichster Hand verweist des Weiteren darauf, wie wichtig es für die Wettiner war, über den Ort oder wenigstens zunächst über Teile des Ortes zu verfügen. Auch wenn sie die östlich der Stadt liegende Burg Großentennstedt zunächst nicht kontrolliert haben sollten, besaßen sie doch spätestens 1319 mit der Oberherrschaft über die Burg Wenigentennstedt auch eine unmittelbare Kontrolle über den westlichen Zugang zur Stadt beziehungsweise der der Stadt wahrscheinlich vorangehenden Marktsiedlung. Falls sie 1319 des Weiteren tatsächlich die Osthöfe und die Vronyginhofin von den Hohnsteinern erhielten, befand sich auch der östliche Zugang, welcher durch die Osthöfe führte, in wettinischer Hand.287 In diesem Zusammenhang könnte die Burg Großentennstedt, durchaus als strategische Gründung nach 1319 und vor 1340 an dieser Stelle durch die wettinischen Landgrafen errichtet worden sein, um dann zusätzlich Druck auf den hersfeldischen Stadtherrn auszuüben und gleichzeitig die eigene Herrschaft in den Osthöfen und vielleicht auch in der Stadt zu untermauern. Hierbei ist noch auf einen weiteren Umstand zu verweisen. Nördlich der Osthöfe befanden sich die Vronyginhofin.288 Die Burg selbst lag demzufolge nicht abseits von Stadt und Osthöfen, sondern zentral zwischen der Stadt, den Osthöfen und den Vronyginhofin und verband sie miteinander. Sie verklammerte demzufolge Rechte in den Osthöfen, den Vronyginhofin und der Stadt. Die einzigen, welche im 14. Jahrhundert nachweisbar über Rechte in allen drei Orten verfügten, waren die Landgrafen. Wobei aber immer noch auffällig ist, dass die Vronyginhofin und die Osthöfe dem Amt Ballhausen zugeordnet worden sind. Bei allen diesen Überlegungen wurde aber eine Gruppe von möglichen Inhabern von Rechten in Tennstedt bisher nur am Rande berücksichtigt – die Ministerialen von Tennstedt. Dieses wiederum verfügten, wie der Umstand, dass sie 1319 ihre Burg zu Wenigentennstedt Landgraf Friedrich zu Lehen aufließen, andeutet,
287 288
Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5.
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recht selbstständig über Besitz und hierzu sind noch einmal ein paar grundsätzliche Überlegungen anzustellen. In der Urkunde vom Januar 1319 ließen aber nicht nur die Ministerialen von Tennstedt dem Wettiner Friedrich Allod auf. Hugo von Allmenhausen übertrug ihm gleichfalls seine Burg zu Allmenhausen und Heinrich von Kannawurf übergab dem Wettiner das Gericht zu Trebra.289 Noch für die Mitte des 14. Jahrhunderts lässt sich eine hohnsteinische Beziehung zu Allmenhausen herstellen und der Ort befand sich als fuldisches Lehen in der Hand der Grafen. Bei denen von Kannawurf handelt es sich wiederum um beichlingische Vasallen.290 Das genannte Trebra könnte mit einem der nordöstlich von Apolda gelegenen Trebraorte identifiziert werden. Gemeint sein könnte aber auch das Trebra im Burgward Keuschberg, das Trebra nordöstlich von Greußen und das nördlich von Bleicherode.291 Im August 1319 übertrugen die Grafen von Hohnstein im Zuge eines Sühnevertrages Besitz in Tennstedt an Landgraf Friedrich.292 Die in ihrer Überlieferung problematische Urkunde von 1315, in welcher Tennstedt wahrscheinlich erstmals Stadt genannt wurde, entstand auch im Zusammenhang mit einem Sühnevertrag zwischen den Hohnsteinern und dem Wettiner Friedrich.293 Dieses verweist doch auf grundsätzliche Spannungen zwischen den Grafen von Hohnstein und dem wettinischen Landgrafen im zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts. Hierin könnten dann auch hohnsteinische Vasallen beziehungsweise Ministeriale verstrickt gewesen sein. Insofern kann es sich bei dem erwähnten Trebra, welches die von Kannawurf besaßen, auch um ein hohnsteinisches Lehen handeln. Dieses wäre, da sich gerade im Raum Nordhausen hohnsteinischer Besitz konzentrierte und hier auch die Stammburg Hohnstein lag,294 dann vielleicht mit dem bei Bleicherode zu identifizieren. Diese gemeinsame Besitzauflassung derer von Allmenhausen, von Kannawurf und von Tennstedt könnte demzufolge in einem größeren Zusammenhang eines Sühnevertrages zwischen den Hohnsteinern und den Wettinern stehen. Dieses hat aber wiederum grundsätzliche Auswirkungen auf die Tennstedter Besitzge-
289
290 291 292 293 294
Regesten der Herren von Salza, Nr. 150. Das im Hauptstaatsarchiv Dresden liegende Original konnte im Zuge dieser Arbeit leider nicht mehr eingesehen werden. Um die hier skizzierten Zusammenhänge richtig einordnen zu können, erscheint dieses aber unumgänglich. Die Angabe In den Regesten der Herren von Salza verweist wohl auf den Bestand 10001 und hier auf die Nummer 2154. Eine Überprüfung war wegen der schlechten Erhaltung der Urkunde jedoch nicht möglich. PATZE: Politische Geschichte, S. 153 u. 183. Vgl. Register, in: PATZE: Landesherrschaft, S. 681. Vgl. oben. Vgl. oben. Vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 184-186.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
schichte. Die Hohnsteiner selbst stehen in keinem Zusammenhang mit der Urkunde vom Januar 1319. Weder erscheinen sie in der Zeugenliste, noch ansonsten im Text. Allerdings, und dieses ist auffällig, setzt sich die Zeugenliste aus hochrangigen Vertretern des mitteldeutschen Adels und im Thüringischen Raum wichtigen Personen zusammen. Ergänzt wird diese Liste noch durch den Herzog von Braunschweig und den Bischof von Naumburg. Dieses legt doch nahe, in der betreffenden Auflassung mehr als nur ein einfaches Rechtsgeschäft zu sehen. Die Anzahl und Qualität der Zeugen verweist doch eher auf eine größere Dimension, in welcher die Güterauflassung geschah. Vorstellbar ist deshalb, bevor im August 1319 der Sühnevertrag zwischen den Hohnsteinern und den Landgrafen zustande kam, wurde zunächst auf hohnsteinische Vasallen Druck ausgeübt und diese überließen in der Folge dann den betreffenden Besitz dem Wettiner. Falls es sich bei den Ministerialen von Tennstedt auch um hohnsteinische Vasallen handelte, erscheint die Gemengelage im Raum Tennstedt noch wesentlich komplexer, als sich bisher darstellte. In diesem Zusammenhang sei auf einen weiteren Aspekt verwiesen, welchen Hans Patze im Band 2,1 der Geschichte Thüringens nur relativ knapp andeutete und der hier nicht weiter verfolgt werden kann, der aber doch einige weitere grundsätzliche Fragen aufwirft. Für ihn sind die in kaiserlichen Diplomen von 1161 und 1170 genannten Grafen Konrad und Albert von Ballhausen die Vorfahren der kurz nach deren Verschwinden aus den Quellen nachweisbaren Grafen von Klettenberg, bei welchen es sich um eine Linie der Grafen von Hohnstein handelt.295 Auf ein Problem ist im Rahmen der Frage nach dem Zeitpunkt des landgräflichen Besitzerwerbes in Tennstedt bisher nicht eingegangen worden. Falls eine Entwicklung der Stadt auf den Abt von Hersfeld zurückgehen sollte, so fällt doch auf, dass Tennstedt und nicht das ursprünglich bedeutendere hersfeldische Zentrum in der Region, Gebesee, zur Stadt ausgebaut worden ist.296 Auch wenn die hersfeldischen Rechte in Gebesee bereits seit dem 12./13. Jahrhundert in Auflösung begriffen waren, 297 dürften sie aber noch im 14. Jahrhundert so umfangreich gewesen sein, dass der Abt von Hersfeld und der Landgraf zweimal gemeinsam versuchten den Ort zur Stadt auszubauen.298 Auch die Verkehrslage kann hierfür nicht unbedingt ausschlaggebend gewesen sein. Beide Orte lagen nicht ungünstig. Vielleich war die Verkehrssituation bei Gebesee sogar noch besser, weil sich hier eine Furt über die Gera befand.299 295 296 297 298 299
PATZE: Politische Geschichte, S. 184. Zur Bedeutung Gebesees vgl. GOCKEL: Art. Gebesee, S. 153f. GOCKEL: Art. Gebesee, S. 149. Zu den Versuchen, den Ort zur Stadt auszubauen, vgl. Kap. II.5.5. GOCKEL: Art. Gebesee, S. 149.
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Es muss demzufolge andere Ursachen für die Entscheidung, nicht Gebesee, sondern Tennstedt zur Stadt zu entwickeln gegeben haben. Diese könnten dann wiederum herrschaftlicher Natur gewesen sein. Im 13. Jahrhundert hatten, auch wenn vorerst die Ortsherrschaft noch alleine beim Abt von Hersfeld lag, wohl auch die Landgrafen in Gebesee Fuß gefasst.300 Erste dahingehende Versuche lassen sich vielleicht in dem Umstand greifen, dass Landgraf Konrad von Thüringen 1234 die im Westen des Ortes gelegene Bonifatiuskappelle erneuerte und neu ausstattete.301 Auffällig ist: Dieses geschah etwa zeitgleich zum erstmaligen Auftauchen der Ministerialen von Tennstedt im landgräflichen Umfeld. Gleichwohl findet sich nur ein Beleg dafür, dass Vertreter des sich nach Gebesee nennenden Geschlechtes auch in Beziehung zu den Ludowingern standen. So zeugt ein Heinrich von Gebesee in einer Urkunde Landgraf Herrmanns für seinen Ministerial Heinrich Busesse aus dem Jahr 1206.302 Auch wenn die Quellenbasis letztendlich sehr dünn ist, kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass die Entwicklung Tennstedts und nicht Gebesees zur Stadt erfolgte, weil die Landgrafen in der späteren Stadt Tennstedt im Gegensatz zu Gebesee zunächst über keinen Besitz verfügten. Die Stadtherrschaft hätte dann wiederum zu Beginn alleine beim Abt von Hersfeld gelegen und die Landgrafen erwarben dahingehende Rechte erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die landgräfliche Besitzgeschichte im Raum Tennstedt erweist sich zusammenfassend als sehr komplex. Woher die landgräflichen Rechte im Einzelnen genau stammten, wird an keiner Stelle deutlich. Allerdings deutet sich doch wenigstens an, dass auch die Grafen von Hohnstein über umfangreicheren Besitz in Tennstedt verfügten, welcher wenigstens teilweise aus Gandersheimer Hand stammen könnte, aber auch älteres Allod sein kann. Dass die Ministerialen von Tennstedt ihre Burg Wenigentennstedt 1319 recht selbstständig aufließen, verweist des Weiteren doch auf eine gewisse Selbstständigkeit des Geschlechtes. Allerdings kann dieser sehr wohl auch unter dem Eindruck des wettinischen Vorgehens gegen die Hohnsteiner und ihre Vasallen geschehen sein.
300 301 302
PATZE: Art. Gebesee, S. 129. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 124. CDS I, A 3, Nr. 103.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
2.6 Die Stadt Tennstedt 2.6.1 Tennstedts Entwicklung zur Stadt Erstmals wird der Ort 1315303 in einer landgräflichen Urkunde zusammen mit den Städten Erfurt und Mühlhausen in einem Sühnevertrag des Landgrafen Friedrich mit den Grafen von Hohnstein als Stadt erwähnt. Schwierigkeiten ergeben sich aus der Überlieferung dieser Urkunde, welche nur als Regest nach einer Abschrift aus dem 19. Jahrhundert vorliegt.304 Sicher als Stadt erscheint Tennstedt im Jahr 1340 in einer landgräflichen Urkunde305 und 1346 wird das hus zcu Tennestede […] mit der stat durch Landgraf Friedrich III. an Friedrich von Salza verpfändet.306 Im Lehnbuch Friedrichs des Strengen von 1349/50 wird der Ort als oppidum bezeichnet und in der zwischen 1383/84 bis 1389/90 entstandenen Handschrift B des Registrums Dominorum Marchionum Missnensium mit dem Zusatz civitas genannt.307 Hervorgegangen ist die Stadt aus dem westlichen Teil – der Siedlung Großentennstedt – während die östliche Siedlung – die Osthöfe, welche wohl wenigstens seit 1273 einen eigenen Pfarrbezirk bildeten308 – von dieser Entwicklung zunächst ausgenommen blieb. Schon bei einem ersten Blick auf den Stadtplan fällt der überproportional große Marktplatz im Osten der Stadt auf, welcher in keinem Verhältnis zur Gesamtgröße der Siedlung zu stehen scheint.309 Werner Schnellenkamp meint deshalb, für einen ehemaligen Dorfanger sei dieser zu groß angelegt, und hält es deswegen für denkbar, dass er ausdrücklich für einen größeren Marktverkehr eingerichtet worden sei, und er vermutet deswegen eine gezielte Marktgründung. Weiterhin erscheint Schnellenkamp eine allmähliche Entwicklung der Marktsiedlung aus einem Dorf heraus unwahrscheinlich und deswegen mutmaßt er, dass der Markt eine Gründung aus der Zeit vor dem Jahr 805 ist.310 Auch Hans Patze ist der Auffassung, dass ein Markt bereits vor der von ihm auf das 12. Jahrhundert
303 304 305 306 307 308 309 310
UB Erfurter Stifter 1, Nr. 1007. UB Erfurter Stifter 1, Nr. 1007. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 264, Anm. 39. …hus und dy stedde zu Tenestett[…] (HStA Dresden 10001, Nr. 2863.). Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. Registrum XVIIb, inkl. S. 49, Anm.a. Zur Datierung der HS B: Einleitung, in: Registrum Dominorum Marchionum Missensium, S. LVIf. Historia Ecclesiæ Gandershemensis Cathedralis, S. 738-742, hier S. 739. Dob IV, Nr. 961. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 22-27.
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gelegten Besitzergreifung des Ortes durch die Landgrafen bestanden hat. Er begründet dieses vor allem mit der Rolle Tennstedts als Verkehrsmittelpunkt zwischen verschiedenen Fiskalgütern im nordthüringischen Raum.311 Sicherlich sprechen die Größe des Marktes und die Lage Tennstedts durchaus für eine gezielte Anlage des Platzes. Eine Datierung in die Zeit vor 805 scheint allerdings wenig plausibel, zumal ein Markt dieser Größe dann nur für den Fernhandel konzipiert worden sein kann. Bereits Wilhelm Fritz verwies aber darauf, dass ein solcher nur unter Mitwirkung des Königs eingerichtet worden sein könne.312 Im Diedenhofener Capitular Karls des Großen von 805 ist der Ort allerdings nicht erwähnt. Hier erscheint lediglich Erfurt als zentraler Fernhandelsort in Thüringen.313 Ebenso finden sich ansonsten in den Quellen dieser Zeit keine Hinweise auf Fernhandel. Die Tradierungen des 9. und 10 Jahrhunderts enthalten ebenfalls keine Hinweise auf Marktverkehr und ein größeres Fernhandelszentrum am Ort.314 Gleichwohl ist ein früher Markt nicht auszuschließen, zumal der Straßenzug vom Langensalzaer Tor zum Dreiecksmarkt im Osten marktartige Verbreiterungen aufweist, welche für frühe Straßenmärkte charakteristisch sind. 315 Dieser wäre dann aber eben nicht auf dem großen Marktplatz im Osten der Stadt zu suchen, sondern verlief als Straßenmarkt durch den Ort. Vielleicht ist Ersterer auch erst durch eine spätere Verbreiterung des ursprünglichen Straßenmarktes entstanden und erhielt seine heutige Form damit erst im Zuge eines Ausbaues. Auffällig erscheinen auch die Lage des Marktes im Ort und seine Lagebeziehungen zu einzelnen Bestandteilen des Ortes. Während die östliche Spitze des Marktes und die nordwestliche Ecke dem über die spätere Stadtgrenze hinausführenden Straßenverlauf folgen, verläuft die südwestliche Fortsetzung des Marktplatzes keineswegs entlang einer Straße, welche den späteren Mauergürtel verlässt. An der gedachten Fortsetzung dieser Straße findet sich auch kein Tor in der Mauer, sondern sie führt lediglich zu der erhöht liegenden Wigberti-Kirche.316 Bereits Christine Müller verwies auf diesen Widerspruch im Zusammenhang mit der Annahme Patzes, es hier mit einem an einer Straßengabel entstandenen
311 312 313 314 315 316
PATZE: Landesherrschaft, S. 426. WILHELMS: Bad Tennstedt, S. 49-51. Cap. I, Nr. 43, 44. Vgl. DD K. d. Gr., Nr. 103. DD H. I., Nr. 32. DD O. I., Nr. 89 und Nr. 180. DD O. II., Nr. 119. DD L. d. Dt., Nr. 4. WILHELMS: Bad Tennstedt, S. 49-51. Vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 42 u. 44. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 90. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 266.
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Dreiecksmarkt zu tun zu haben. Sie bemerkte auch, dass nicht die verkehrsgeographische Situation Tennstedts Ursache für die südwestliche Fortführung des Marktes sein kann.317 Vielmehr dürfte die Südwestecke des Marktes auf die Wigbertikirche zu beziehen sein und demzufolge bestand zwischen Markt und Kirche ein enger Zusammenhang. Dieser Umstand spricht dann im Zuge der Zuordnung dieser Kirche zu Hersfeld möglicherweise für eine enge Beziehung zwischen der Abtei Hersfeld und dem Markt. Es wäre deshalb zu vermuten, dass die Marktgründung einer hersfeldischen Initiative zuzuschreiben ist. Damit würde dem Abt von Hersfeld, wie an anderer Stelle schon angedeutet, auch eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Ortes zu einem Handelsplatz und zur Stadt zukommen. Allerdings ist die Ausrichtung von Marktplätzen auf die städtische Hauptkirche nichts Ungewöhnliches. Vielmehr gibt es zwischen beiden häufig eine enge Lagebeziehung. Gerade in Gründungsstädten lag die jeweilige Hauptkirche sogar direkt auf dem Markt oder schloss sich unmittelbar an diesen an.318 Ist dieses wie etwa in Freyburg an der Unstrut oder in Schlotheim, welche gleichfalls planmäßig angelegte Gründungsstädte waren, nicht der Fall, verweist dieses in der Regel auf einen älteren Siedlungsteil, an den sich dann die Gründung anschloss.319 Bei Tennstedt handelt es sich aber weitestgehend um eine allmählich gewachsene Stadt.320 Dennoch ist davon auszugehen, dass auch in solchen Städten versucht wurde, eine direkte Verbindung zur Hauptkirche herzustellen. Die Verbindung des Marktplatzes mit der Stadtkirche könnte demzufolge auch auf den Wunsch zurückzuführen sein, das geistliche mit dem wirtschaftlichen/kulturellen/administrativen Zentrum (auf dem Tennstedter Markt lag auch das Rathaus) zu verbinden.321 Insofern muss die Lagebeziehung des Marktes zur Stadtkirche nicht zwangsweise auf eine hersfeldische Stadtherrschaft verweisen.
317 318 319
320 321
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 266. So etwa Thamsbrück, Creuzburg oder Weißensee. (Vgl. Abb. 2, 8 u. 10, in: MÜLLER: Landgräfliche Städte.). Zu Schlotheim, vgl. Kap. II.3.10. Zu Freyburg: Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 432. Christine Müller ist etwas kritischer bezüglich der Frage, ob es sich bei dem unregelmäßig erscheinenden südöstlichen Teil Freyburgs um eine ältere Siedlung handelt. (Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 67-74.). Die durch sie aufgeworfenen Schwierigkeiten sollen an dieser Stelle aber nicht weiter diskutiert werden. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 165. Vor allem im Zusammenhang mit Ratswahlen und den Ratsversammlungen im Allgemeinen spielte die Stadtkirche immer wieder eine besondere Rolle. Bei der Ratssetzung fand ein Teil der dafür notwendigen Zeremonien auch in der Stadtkirche statt. (ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 16-18. Vgl. Kap. II.4.6.2.1.).
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Christine Müller geht in ihrem 2013 veröffentlichten Aufsatz zur Frage der Stadtwerdung Bad Langensalzas entgegen ihrer früheren Annahmen wiederum davon aus, dass der in Tennstedt vorhandene Dreiecksmarkt auf ein erhebliches Alter des Marktes verweist. Um diesen herum entstand dann eine planlos gewachsene Siedlung, welche im 15. Jahrhundert ummauert wurde. Warum sie nun aber doch von einem älteren Dreiecksmarkt spricht, erklärt sie nicht weiter.322 Weitere Hinweise auf die Entwicklung des Ortes zur Stadt könnte das Nikolauspatrozinium der Pfarrkirche in den Osthöfen liefern. Hier bietet der Ansatz Blaschkes bezüglich des topographischen Verhältnisses von Nikolaikirchen zu Städten für das Verständnis der städtischen Entwicklung Tennstedts möglicherweise weiterführendes Erklärungspotential. In seiner recht breit angelegten Untersuchung von Nikolaikirchen in Mitteldeutschland und ihrer Rolle innerhalb der Stadtentwicklung kommt er zu dem Schluss, dass diese wegen ihrer durchaus vorhandenen Verbindung zu einer Burg und häufigen Lage an Fernverkehrsstraßen nur Genossenschaftskirchen in Kaufmannssiedlungen des 12. Jahrhunderts gewesen seien können. Im Zusammenhang mit der entstehenden Stadt verloren dann die außerhalb von ihr liegenden Kaufmannssiedlungen, bedingt durch den Wegzug der Kaufleute in die Stadt, zunehmend an Bedeutung, während die Nikolaikirchen bestehen blieben.323 Ähnlich könnte sich die Situation für die Osthöfe darstellen. Auch sie waren vielleicht eine ursprüngliche Kaufmannsiedlung mit Nikolaikirche, wurden dann aber gegenüber der Stadt zunehmend in ihrer Entwicklung gehemmt und sind dann eingegangen.324 Mit dem Bedeutungsverlust der Siedlungen und dem Wegzug der Bevölkerung wurde allerdings auch den Kirchen ihre Aufgabenbasis entzogen und sie gingen entweder ein, wurden als Hospitalkirchen genutzt oder, wie im Fall von Tennstedt, in Begräbniskirchen umgewandelt.325 Letztendlich hätten solche Überlegungen zur Folge, dass die ursprüngliche vorstädtische Entwicklung Tennstedts in den Osthöfen und nicht in der späteren Stadt stattfand. Nun fällt allerdings auf, dass zunächst weder der spätere Marktplatz noch der im Bereich des Steinweges zu vermutende Straßenmarkt in irgendeinem topographischen Zusammenhang zur Nikolaikirche stehen. 326 In einigen von Blaschke untersuchten Beispielen ist aber gerade eine solche Beziehung auffällig und darüber hinaus sind die Straßenmärkte häufig die einzigen gepflasterten Straßen im Ort.327 Mit den Überlegungen Blaschkes deckt sich jedenfalls die Lage 322 323 324 325 326 327
MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 27f. BLASCHKE: Nikolaipatrozinien, S. 40f. Vgl. oben. BLASCHKE: Nikolaipatrozinien, S. 3-58, besonders S. 31, 39 u. 52-58. Vgl. oben und Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. BLASCHKE: Nikolaipatrozinien, S. 40.
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der Nikolaikirche an der den Ort Tennstedt durchziehenden Ost-Westverbindung und der relativen Nähe zur späteren landgräflichen Burg.328 Diese Ost-Westverbindung lief darüber hinaus, wie noch zu zeigen sein wird,329 wohl ursprünglich diagonal durch den Ort. So schwenkte sie an der Nordwestecke des späteren Marktplatzes nach Süden und verließ die Stadt dann durch das Gebische Tor nach Osten. Gegenüber dem Gebischen Tor befand sich die Nikolaikirche330 Insofern könnte durchaus zwischen der möglicherweise als Marktstraße benutzten Hauptstraße und der Nikolaikirche ein Zusammenhang bestehen, welcher wiederum die Nikolaikirche als Kaufmannskirche ausweisen könnte. Diese Schlussfolgerung steht aber wiederum vor der Schwierigkeit, dass der Name Steinweg heute nicht an der südlichen Straße, welche zum Gebischen Tor verläuft, sondern an der zum Osthöfer Tor führenden Straße haftet. Demgegenüber trägt der nach Süden und dann erst nach Osten verlaufende Weg den Namen Herrenstraße und verweist damit auf einen anderen Zusammenhang. Allerdings trägt die östliche Querstraße, welche dann vor dem „Gebischen Tor“ auf die Herrenstraße trifft, den Namen Marktstraße. Bei ihr dürfte es sich deshalb entweder um den aus Südosten kommenden Zugang zum Markt handeln oder sie ist der westliche Teil eines sich ursprünglich diagonal durch den Ort ziehenden Straßenmarktes.331 Insofern wäre die Nikolaikirche sehr wohl in Lagebeziehung zu einem älteren Straßenmarkt zu bringen und Blaschkes Überlegungen sind nicht mehr unbedingt von der Hand zu weisen. Problematisch ist aber, das offensichtlich höhere Alter der Wigbertikirche gegenüber dem der Nikolaikirche.332 Blaschke hatte wiederum bei seinen Untersuchungen herausgearbeitet, dass die späteren städtischen Pfarrkirchen eher jünger als die Nikolaikirchen sind.333 Des Weiteren deutete sich doch an, dass wenigstens in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts der Pfarrer der Nikolaikirche in enger Beziehung zu Gandersheim stand. Gerade für Gandersheim lässt sich aber keine Beziehung zur späteren Stadt nachweisen. Vorstellbar wäre dann nur, dass zunächst ein Markt auf gandersheimische Initiative eingerichtet worden ist und dieser später durch eine vielleicht hersfeldische Konkurrenzgründung verdrängt worden ist. Hinweise darauf gibt es aber nicht. Die von Blaschke vorgeschlagene Entwicklung des Ortes und die Deutung der Funktion der Nikolaikirche stehen aber noch vor anderen erheblichen Schwierigkeiten. Einerseits lassen sich genossenschaftlich organisierte Kaufleute 328 329 330 331 332 333
Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. Kap. II.2.6.3. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. Kap. II.2.4.2. BLASCHKE: Nikolaipatrozinien und städtische Frühgeschichte, S. 3.
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im Zusammenhang mit Tennstedt nicht nachweisen. Anderseits handelt es sich beim Nikolaipatrozinium nicht zwangsweise um einen Hinweis auf eine Kaufmannskirche. Vielmehr erfreute sich das Nikolauspatrozinium seit der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts einer weiten Verbreitung. Zwar war auch der Nikolauskult bei städtischen Kirchen sehr beliebt, häufig findet er sich aber auch bei Burgkapellen oder Kapellen von Burgmannensiedlungen.334 Nicht unmöglich ist deshalb, dass die Nikolaikirche im Zusammenhang mit der Burg und dazugehöriger Siedlung entstanden war. Letzteres würde wiederum darauf hindeuten, dass die Osthöfe tatsächlich eine zur Burg Großentennstedt zugehörige Siedlung waren. Allerdings befand sich unmittelbar vor der Burg eine weitere der heiligen Elisabeth geweihte Kapelle,335 während die Nikolaikirche doch etwas entfernt lag. Keinesfalls handelt es sich bei der Stadt Tennstedt, wie bereits angedeutet, um eine planmäßige Anlage. Vielmehr verweist der zum großen Teil unregelmäßige Straßenverlauf auf eine gewachsene Siedlung. Dennoch fallen wenigstens nördlich des Dreiecksmarktes relativ regelmäßige Straßenzüge auf.336 Dieser Umstand könnte darauf hindeuten, ihre Entstehung im Zusammenhang mit einer geplanten Anlage des Marktplatzes zu vermuten. Demzufolge könnte sich die Stadt aus einem nördlich der Wigbertikirche befindlichen Siedlungskern und einer im Zuge der Marktgründung angelegten Siedlung im Nordosten entwickelt haben. Diesem steht allerdings gegenüber, dass der groß angelegte Markt im Westen nicht zwangsweise auch der ursprüngliche Markt der Stadt war. Grundsätzlich kann, wie schon angedeutet, nicht ausgeschlossen werden, ihn als spätere Vergrößerung des älteren Straßenmarktes anzusehen. Für die Anlegung eines größeren Marktplatzes könnte die nicht unbedeutende Rolle Tennstedts im Waidhandel verantwortlich sein. Der Marktplatz wäre dann der Hauptumschlagsplatz für die Waidproduktion der Umgebung gewesen. 337 Der Waidhandel, welcher in der Mitte des 13. Jahrhunderts in Thüringen einsetzte, liefert dann vielleicht einen Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung der Entstehung des großen Dreiecksmarktplatzes in Tennstedt. Falls dieser Zusammenhang stimmen sollte, wird er kaum vor dieser Zeit entstanden sein. Ausge-
334 335 336 337
ZIMMERMANN: Patrozinienwahl II, S. 26ff. u. 61ff. Vgl. oben. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Hinweise auf die Waidverarbeitung gibt eine im Gandersheimer Einkünfte- und Besitzverzeichnis von 1438 erwähnte Waidmühle bei Wenigen-Tennstedt. (NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 20a.). Noch im 17. Jahrhundert wurde Waid in der Umgebung von Tennstedt angebaut und auch Andreas Toppius berichtet, dass Tennstedt seine Entwicklung dem Waidhandel verdankte. (TOPPIUS: Historische Nachrichten von Tännstedt, S. 12f. Zum Waidzentrum Tennstedt vgl. MÄGDEFRAU: Waidund Tuchhandel, S. 133.).
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dehnter Waidhandel in Thüringen ist aber erst seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar338 und somit könnte der Marktplatz auch erst in dieser Zeit entstanden sein. In diesem Zusammenhang ist auf den gleichfalls überproportional großen Marktplatz in der Stadt Hersfeld hinzuweisen. Dieser umfasste eine Fläche von 2,5 Hektar und diese Größe ist wohl auf seine Funktion als Fernmarkt zurückzuführen, auf dem Tuche, als das wohl wichtigste hersfeldische Exportgut gehandelt wurden. Angelegt worden sein könnte der auch als Ebenheit bezeichnete große Hersfelder Markt, weil der Markt um das Rathaus, für einen Jahrmarkt zu klein war. Seine Anlage gehört vielleicht ins 13. Jahrhundert. Sicherlich entstand er aber später als der bereits im 11. Jahrhundert vorhandene hersfeldische Markt im Bereich des Rathauses.339 Vorstellbar ist deshalb, da eine hersfeldische Stadtherrschaft in Tennstedt grundsätzlich anzunehmen ist, dass der Marktplatz in Tennstedt nach dem Modell des Marktplatzes der Stadt Hersfeld konzipiert und deswegen in dieser Größe angelegt wurde. Auch wenn Tennstedt weitestgehend unplanmäßig erscheint, ist in diesem Zusammenhang erneut auf die nördlich vom Marktplatz anzutreffende doch recht regelmäßige Siedlungsstruktur zu verweisen. Dieses könnte ein Hinweis darauf sein, dass der nordöstliche Teil Tennstedts zusammen mit dem Marktplatz zu einem späteren Zeitpunkt planmäßig errichtet worden ist. Die Größe des Marktplatzes ergibt sich dann wahrscheinlich daraus, dass er mehrere Spezialmärkte beherbergt haben könnte. Noch im 19. Jahrhundert war er in einen Schuh-, einen Kohlen-, einen Korn- und einen Kleiemarkt eingeteilt.340 Ähnlich wie in Hersfeld sollte vielleicht auf dem Tennstedter Markt ein wichtiges Fernhandelsgut abgesetzt werden, welches in diesem Fall dann vielleicht der Waid war. Deswegen wurde der Platz mit einer entsprechenden Größe angelegt und löste den älteren Straßenmarkt ab oder ergänzte diesen. Grundsätzlich soll dabei nicht ausgeschlossen werden, der Dreiecksmarkt war nur für die Fernhandelsgüter bestimmt und in diesem Sinn ein Spezialmarkt. Demgegenüber erfolgte auf dem Straßenmarkt, welcher wenigstens partiell im Dreiecksmarkt aufgeht, der Absatz der alltäglich benötigten Produkte. Wie wichtig der Waidhandel für Tennstedt war, wird aus einer Verordnung von 1555 deutlich. In dieser wurde der Waidhandel Auswärtiger mit den Dörfern der Umgebung verboten.341 Diese Verordnung scheint letztendlich aber wenig Wirkung gehabt zu haben, und im folgenden Jahr beschwerte sich die Stadt 338 339 340 341
MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 133. HEINEMEYER: Art. Bad Hersfeld, S. 20. HESS: Hersfelder Marktplatz, S. 81-116, insbesondere, S. 91-95. SCHÜTZ: Tennstedt, S. 53. ZSCHIESCHE: Waidbau und Waidhandel, S. 33.
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Tennstedt beim Kurfürsten von Sachsen über den weiterhin betriebenen Waidhandel der umliegenden Dörfer. Der Kurfürst verbot daraufhin erneut den Waidhandel mit Auswärtigen in diesen Dörfern.342 In den Jahren 1556 und 1557 gab es jedoch weitere Auseinandersetzungen über den Waidhandel zwischen dem Tennstedter Rat und Adligen, welche in den umliegenden Dörfern ansässig waren.343 Waidhandel selbst ist erstmals im frühen 15. Jahrhundert in Tennstedt nachweisbar. So kaufte der Mühlhäuser Waidhändler Reinhard an dem Anger 1405 und 1406 in Tennstedt Waid ein.344 Da das markgräfliche Register noch keinerlei Hinweise auf Waidhandel liefert,345 ist durchaus vorstellbar, dass Handel nennenswerten Umfangs erst an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert einsetzte. Insofern könnte eine Marktvergrößerung auch erst unmittelbar in dieser Zeit stattgefunden haben. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass Tennstedter Händler nicht nur im Ort den Waid verkauften, sondern auch selbst im Fernhandel tätig waren. So waren bei einem im Jahr 1447 in Erfurt stattfindenden Tag, auf welchem die Differenzen bezüglich des Waidhandels zwischen thüringischen Städten und der Stadt Görlitz ausgeräumt werden sollten, neben Vertretern Erfurts auch Landsassen und Nachbarn aus Langensalza, Arnstadt, Nordhausen, Gotha, Greußen und Tennstedt anwesend. Deren Erscheinen wiederum ist letztendlich nur damit zu begründen, dass diese als Waidhändler, welche auch nach Görlitz handelten, ein begründetes Interesse an der Beilegung der Streitigkeiten hatten.346 Ein Bonifacius Mey, ein Sintrum Pertuch und ein Paul Pertuch lieferten zwischen 1533/34 und 1536/37 Waid aus Tennstedt nach Zwickau. Lieferungen nach Frankfurt am Main sind für 1508 überliefert. Tennstedter Waidhändler bedienten darüber hinaus zusammen mit Langensalzaer Händlern im 15. Jahrhundert die hessische Textillandschaft und in den Jahren 1476/77 sind Tennstedter Händler in Nürnberg nachweisbar.347 Wohl um die Mitte des 15. Jahrhunderts gab es allem Anschein nach in Tennstedt eine ständige Vertretung der von Klaus Scheid gegründeten bedeutenden Frankfurter Waidhandelsgesellschaft. So hielten sich mehrere seiner Mitgesellschafter in dieser Zeit dauerhaft in Tennstedt auf. Allerdings verlagerte sich das Geschäft der Gesellschaft dann relativ schnell weiter nach Osten, zunächst
342 343 344 345 346 347
SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 29 mit Anm. 172, S. 37. LAUTERBACH: Der Kampf des Waides, S. 31. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 272 u. 425. BEMMANN: Waidhandel, S. 111 u. Regest S. 115. Registrum XVII a u. b. Codex dipl. Lusatiae superioris IV, S. 452. LÜRMANN: Waidwirtschaft, S. 9. SELZER: Blau, S. 282f., Anm. 57, 302, 326 u. 361.
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nach Leipzig und dann nach Breslau.348 Erneut versuchte eine Frankfurter Gesellschaft im 16. Jahrhundert in Tennstedt Fuß zu fassen. So meldete der Rat von Tennstedt 1526 nach Dresden, dass eine Frankfurter Gesellschaft versucht habe, in der Stadt eine Niederlassung zu gründen und damit in den Waidhandel einzudringen. In diesem Zusammenhang wird auch überliefert, der Tennstedter Rat habe selber Gegenmaßnahmen eingeleitet.349 Hieraus lässt sich außerdem ableiten, wie wichtig es für die Tennstedter war, das Monopol über den Waidhandel in der Stadt zu behalten. Sicher nachweisbar ist ein geregelter Marktverkehr ab dem 14. Jahrhundert. So ist im Lehnbuch Friedrich des Strengen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts vermerkt, dass vom Bankgeld350 jährlich eine Mark an die Herren von Wangenheim verpfändet war.351 Auch wird Tennstedt unter den Städten aufgelistet, in welchen Juden im Zuge der Verfolgung von 1349 getötet worden waren,352 und bereits 1303 wurden nach einem angeblichem Ritualmord Weißenseer Juden unter anderem jüdische Einwohner in Tennstedt getötet. 353 Eine jüdische Gemeinde dürfte demzufolge schon an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert in Tennstedt vorhanden gewesen sein. Nach der Vertreibung und den Pogromen in der Mitte des 14. Jahrhunderts lassen sich erst 1418 wieder jüdische Einwohner in Tennstedt feststellen.354 Damit wird deutlich, dass einerseits die Anwesenheit von Juden im Ort erwünscht war und andererseits der Ort attraktiv genug war, um eine Wiederansiedlung von Juden zu begünstigen. Dieser Umstand weist wiederum auf einen relativ ausgeprägten Waren- und Geldverkehr und auf eine wenigstens im frühen 15. Jahrhundert vorhandene Bedeutung des Marktes in Tennstedt. Jedoch dürfte es sich eher um eine kleinere jüdische Siedlung gehandelt haben und die dort ansässigen Juden, besaßen ein eher geringes Vermögen. So bat Anna von Sachsen, die Witwe Landgraf Balthasars, im Jahr 1418 den Reichskämmerer Konrad von Weinsberg, die ihr unterstehenden Juden Israel und Isaak von Tennstedt die Zahlung der Steuer wegen deren Armut zu erlassen.355 348 349 350 351 352
353 354 355
JECHT: Waidhandel 1, S. 33. DIETZ: Handelsgeschichte 1, S. 231. SELZER: Blau, S. 362. MÜLLEROTT: Waidanbau, S. 112. Bei diesem handelte es sich um eine Grundabgabe oder Abgabe von Verkaufsbänken. (DRW I, Sp. 1188.). Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Nr. I, 28. Regesten Wangenheim 2, Nr. 60b. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 22. A. 1349, aus: Chronicae S. Petri Erfordensis moderna. Continuatio III. 1338-1355, in: Monumenta Erphesfurtensia Saec. XII, XIII, XIV, hg. v. Oswald HOLDER-EGGER (SS rer. Germ. 42), Hannover/Leipzig 1899., S. 379f. LÄMMERHIRT: Juden, S. 12f. u. 17f. LÖWENSTEIN: Art. Tennstedt, Bad, S. 1454f. Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 58/7, S. 4. LÄMMERHIRT: Juden, S. 142 u. 273.
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Bereits 1277 tritt in der Zeugenliste einer Urkunde für das Erfurter Martinshospital ein Händler aus Tennstedt entgegen.356 Bei der Bezeichnung institor de Tennstete357 dürfte es sich kaum um eine bloße Herkunftsbezeichnung handeln, während die Handelstätigkeit in Erfurt ausgeübt worden ist. In diesem Fall wäre in der Zusatzbezeichnung eher eine Bezugnahme auf Erfurt zu erwarten gewesen beziehungsweise die Reihenfolge Giselerus de Tenstete, instito wahrscheinlicher. Der Verweis auf Tennstedt könnte demzufolge durchaus im Zusammenhang mit einem Marktverkehr in Tennstedt verstanden werden. Der Aufenthalt des Händlers in Erfurt erscheint deshalb durchaus als Indiz für Handelsbeziehungen zwischen beiden Orten, die dann schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bestanden hätten. Ob er sich aus beruflichen Gründen in Erfurt aufhielt, lässt sich aber kaum klären. Aus seiner Funktion als Zeuge in der Urkunde ist lediglich zu erkennen, dass er zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung in Erfurt weilte. Darüber hinaus verweist der Begriff institor eher auf Kleinhandel und ist sicherlich nicht im Zusammenhang mit Fernhandel in größeren Umfang zu verstehen.358 Hermann Wohlfarth ist der Überzeugung, dass der Ort sich bereits im 12. Jahrhundert zu einem recht großen Flecken entwickelt hatte und dann im 13. Jahrhundert Stadtrecht erhielt.359 Auch Toppius berichtet, dass Tennstedt im 12. Jahrhundert ein ansehnlicher Flecken und im 13. Jahrhundert bereits eine Stadt war.360 Werner Schnellenkamp meint demgegenüber, dass die maßgebliche Entwicklung des Ortes zu einer Zeit erfolgt sein musste, als die Landgrafen noch keinerlei Zugriff auf Tennstedt hatten.361 Im Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes wird die Entstehungszeit der Stadt für die Zeit zwischen 1250 und 1300 angegeben.362 Otto Korn gibt im Artikel Tennstedt im deutschen Städtebuch als Entstehungsdatum das Jahr 1275 an und hier folgt ihm auch Willy Flach.363 Grundsätzlich deutet sich anhand einiger Indizien an, dass der Tennstedter Markt schon im 13. Jahrhundert bestanden haben könnte. So ist auf den oben genannten, 1277 in Erfurt weilenden Tennstedter Kleinhändler zu verweisen. Zurückzukommen ist auch auf die obige Überlegung bezüglich der Entwicklung des Pfarrsystems im Raum Tennstedt. Hier ist festgestellt worden, eine Belegung des
356 357 358 359 360 361 362 363
Giselerus institor de Tenstete (UB STADT ERFURT 1, Nr. 288.). UB Stadt Erfurt 1, Nr. 288. Zum lat. Begriff institor: Kaufmann, der einen Kaufladen hält (BRINCKMEIER: Glossarium I, S. 1053.). WOHLFARTH: Tennstedt, S. 25. TOPPIUS: Historische Nachrichten von Tännstedt, S. 13. SCHNELLENKAMP: Zur Entstehungsgeschichte der Stadt Tennstedt, S. 22. SCHLÜTER (Hg.): Atlas des mittleren Saale- und Elbegebietes 2, 2, Karte 28. KORN: Tennstedt, S. 703. FLACH: Die Entstehungszeit, S. 69 mit Anm. 58a.
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Friedhofes der Andreaskirche ist erst und nur für das 13. Jahrhundert nachweisbar.364 Für die Nikolaikirche in den Osthöfen ist erstmals 1273 ein plebanus genannter Seelsorger nachzuweisen. Aus diesen Zusammenhängen ist geschlussfolgert worden, dass irgendwann im 13. Jahrhundert Veränderungen im Niederkirchenwesen des Ortes eingetreten sein könnten, welche dann auf Umgestaltungen in der Siedlungsstruktur zurückgeführt werden müssten. Wobei hier erneut darauf zu verweisen ist: Wenigstens im Fall der Nikolaikirche kann aus dem 1273 zum einzigen Mal erwähnten plebanus nicht sicher geschlussfolgert werden, dass ein solches Amt nicht auch schon früher an der Kirche vorhanden war.365 Auch wenn die gezogenen Schlussfolgerungen bezüglich des Niederkirchensystems nicht abzusichern sind, deutet doch der 1277 nachweisbare in Tennstedt tätige Händler an: In dieser Zeit ist durchaus mit Marktverkehr in Tennstedt zu rechnen. Hieraus ließe sich dann auch auf eine Marktgemeinde schließen, welche sich als Personenverband von den übrigen Bewohnern der Siedlung abhob. Vorstellbar ist, diese Marktgemeinde bildete jetzt auch eine eigene Kirchengemeinde, mit einer eigenen Kirche. Diese Kirche muss aber nicht zwangsweise die Wigbertikirche gewesen sein. Vielmehr könnte diese Funktion, vor allem wegen der Überlegungen Blaschkes bezüglich der Entstehung von Nikolaikirchen, auch durch diese übernommen worden sein und der 1273 nachweisbare plebanus war der für die Marktgemeinde tätige Seelsorger. Allerdings war für diesen plebanus anhand der Urkunde von 1273 eine Beziehung zum Kloster Gandersheim zu erkennen. Für das Reichsstift selbst lassen sich anders als bei Hersfeld aber keinerlei spätere stadtherrliche Rechte nachweisen. Wenn der Abt von Hersfeld als der maßgebliche Förderer und Initiator der städtischen Entwicklung anzusehen ist, scheint doch wahrscheinlich, dass auch der Pfarrer der Wigbertikirche für die Marktgemeinde zuständig war. Vor diesen Hintergründen könnte, bei aller Vorsicht, spätestens für die 1270er Jahre sowohl auf Marktverkehr in Tennstedt als auch auf eine schon bestehende Marktgemeinde geschlossen werden. Darüber, ob Tennstedt zu diesem Zeitpunkt schon Stadt war, lässt sich aber nichts aussagen. Des Weiteren bestand, worauf die Ermordung von Juden in Tennstedt im Jahr 1303 hinweist, spätestens an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde im Ort. Eine Stadtentwicklung könnte deshalb schon im 13. Jahrhundert mit der Entstehung einer Marktgemeinde eingesetzt haben und war dann spätestens 1340 weitestgehend abgeschlossen. Wobei hierbei die unsichere Erwähnung als Stadt im Jahr 1315 zu beachten ist. Sollte sie den Tatsachen entsprechen, ist Tennstedt spätestens seit dem zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts eine Stadt gewesen. 364 365
Zu möglichen Gründen, weshalb er im 14. Jahrhundert und später nicht mehr genutzt wurde, vgl. Kap. II.2.4. Vgl. Kap. II.2.4.
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Wer den Ort Tennstedt zur Stadt entwickelte, muss aber weiterhin offenbleiben. Hans Patze vertritt die Auffassung, dass die Hauptaufgabe der Ministerialen von Tennstedt in der Entwicklung des Ortes zur Stadt bestanden habe. Da Patze annimmt, der Ort habe sich schon in dieser Zeit in ludowingischer Hand befunden, müsste dieses dann auf eine landgräfliche Initiative zurückzuführen sein.366 Da, wie oben gezeigt, eine landgräfliche Herrschaft im 13. Jahrhundert aber mehr als unsicher ist, kämen auch die Äbte von Hersfeld als Auftraggeber infrage. Die nicht auszuschließende Entwicklung Tennstedts zur Stadt durch das ansässige Ministerialengeschlecht kann auch wesentlich selbstständiger geschehen sein. So fällt in den spärlichen Quellen auf, dass die Herren von Tennstedt schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht mehr nur als Zeugen in Urkunden anzutreffen sind, sie vielmehr selbstständiger agierten und eigenständiger in Rechtssachen in Erscheinung traten.367 Im Jahr 1319 erscheinen sie als Inhaber der Burg zu Wenigentennstedt, welche sie bis dahin offensichtlich als Eigentum besaßen und erst zu diesem Zeitpunkt dem Landgrafen als Lehen aufließen.368 Möglicherweise kann ihnen deshalb, vergleichbar der Rolle der Herren von Salza bei der Stadtentwicklung Langensalzas, in Tennstedt Ähnliches zugesprochen werden. Auch die Truchsessen von Schlotheim waren mit einiger Wahrscheinlichkeit entscheidend am Ausbau ihres Ortes zur Stadt beteiligt und verfügten in der Folge wohl ebenfalls recht selbstständig über Teile der Stadt und auch der Burg. Die Truchsesse gehörten als Inhaber eines landgräflichen Hofamtes zum engeren Kreis des Hofes. Vergleichbares lässt sich im 13. Jahrhundert auch für die Ministerialen von Salza erkennen, welche wohl dem engeren höfischen Umfeld der welfischen Herzöge angehörten. Diese Stellung begründete sich wahrscheinlich in dem Umstand, dass sie die welfischen Interessen um Langensalza vertraten und damit die wichtigsten welfischen Gefolgsleute in Thüringen waren.369 Eine solche Funktion kann bei den Ministerialen von Tennstedt aber nicht nachgewiesen werden. Es bleibt nur festzuhalten, 1319 verfügten sie augenscheinlich auch über Allod im Raum Tennstedt. 366 367
368 369
PATZE: Landesherrschaft, S. 356. Am 16. September 1272 wird ein Rechtsstreit zwischen Friedrich von Tennstedt und dem Hochmeister des Deutschen Ordens beigelegt. In diesem Zusammenhang hatte bereits am 12. Mai 1272 Friedrich von Tennstedt auf seine Rechte an 3 ½ Hufen in GroßBallhausen verzichtet. (Dob IV, Nr. 778 u. 825.). Karl Heinrich Lampe ordnet im Kopfregest des Urkundenbuches der Deutschordensballei Thüringen diesen Vergleich den Rittern von Dienstedt zu. Im abgedruckten Urkundentext wird der namentlich genannte Friedrich als Fridericum militem de Theninstede bezeichnet, welcher cum fratris Lamberti auf die Güter in Kahlwinkel verzichtet. (UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 244.). Vgl. Kap. II.2.5. Außerdem: SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 16. Zu den Ministerialen von Salza und den Truchsessen von Schlotheim vgl. unten, Kap. II.3.5 u. II.4.5.21f.
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Allerdings gibt es möglicherweise doch eine Parallele zwischen den Ministerialen von Salza und denen von Tennstedt. Falls Letztere auch Dienstleute des Abtes von Hersfeld waren,370 dürften sie dessen Interessen in Tennstedt vertreten haben. In dieser Folge könnten sie auch Rechte in Tennstedt erworben haben, welche eine Entwicklung des Ortes zur Stadt unter Mitwirkung des Abtes möglich machten. Letztendlich lässt sich aber nicht erkennen, welche Rolle den Ministerialen von Tennstedt bei der Entwicklung des Ortes zur Stadt zukam. Grundsätzlich ist aber darauf hinzuweisen, dass sich gerade die hierfür entscheidende Zeit des 13. und frühen 14. Jahrhunderts durch eine relative Armut hinsichtlich Tennstedt betreffender Quellen auszeichnet. Die Quellen setzen erst zu einem Zeitpunkt wieder ein, als die Wettiner bereits umfangreiche Rechte an der Stadt Tennstedt und der Burg Großentennstedt innehatten. Die Rolle der Ministerialen von Tennstedt lässt sich demzufolge über ein paar Schlaglichter hinaus kaum erfassen. Dennoch scheinen sie über weitverzweigte Beziehungen zu sämtlichen Herrschaftsträgern im Großraum Tennstedt verfügt zu haben. Dieses wiederum weist sie aber auch als politisch bewusst agierendes Geschlecht aus, welches anscheinend versuchte, mittels Anbindung an regional und überregional bedeutende Herrschaftsträger ihren Besitz zu vermehren und abzusichern. In diesem Zusammenhang ist dann durchaus vorstellbar, dass sie wenigstens an der Entwicklung des Ortes zur Stadt beteiligt waren. Insofern ist aber gleichfalls vorstellbar, die landgräflichen Rechte an der Stadt stammten zunächst aus der Hand der Ministerialen von Tennstedt.
2.6.2 Tennstedt als Stadt Selbst nachdem der Ort 1340 erstmals sicher als Stadt in den Quellen in Erscheinung trat,371 war seine Bezeichnung nicht immer eindeutig. Noch im Registrum dominorum Marchionum Missensium von 1378 und im angehangenen Summularium wird er sowohl als oppidum, als stetgen, als civitas als auch als stat bezeichnet, während unter anderem die Städte Langensalza, Weißensee, Creuzburg und Eisenach im Register ausschließlich civitas oder stat genannt werden.372 Dass die Begriffe oppidum und civitas in ihrer Bedeutung prinzipiell zu unterscheiden sind, 370
371 372
So zeugt Gottfried von Tennstedt 1214 in einer Urkunde des hersfeldischen Abtes für das Kloster, ohne dass bei der Entstehung der Urkunde eine landgräfliche Mitwirkung erkennbar ist. (Dob II, Nr. 1598.). Vgl. oben. Registrum XVIIb u. XIX, Summularium IIb, IIIb, XVIb, XIX u. XVIb.
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könnte aus der in mittelhochdeutsch verfassten Handschrift C des markgräflichen Registers deutlich werden. Die in der Handschrift A und B als civitas bezeichneten Orte Langensalza, Weißensee, Creuzburg und Eisenach werden in der deutschen Fassung als stat bezeichnet, während das mit dem Begriff oppidum gekennzeichnete Tennstedt in der deutschen Handschrift stetgen – Städtchen373 genannt wird.374 Der durch die Bezeichnungen erkennbar werdende Unterschied könnte im Fall Tennstedts dann vielleicht Hinweis auf eine geringere städtische Qualität sein, welchen den Ort von den eindeutig als Stadt bezeichneten Siedlungen abhob. Darüber hinaus enthält das markgräfliche Register noch eine weitere Auffälligkeit. Während die Handschrift A und C des Registrums die Bede Tennstedts unter den zu Burg und dem Amt Tennstedt gehörenden Abgaben einsortieren, listet die Handschrift B des Registrums diese Abgabe unter der Überschrift Civitas Tenstete auf.375 Die Handschriften A und ihre Übersetzung C zählen die städtische Siedlung demzufolge eindeutig zum Bereich von Amt und Burg, während B sie eigenständig vermerkt. Grundsätzlich wäre damit anzunehmen, dass zwischen der Abfassung der ursprünglichen Handschrift A und der nach ihr abgefassten Handschrift B eine Entwicklung stattfand, welche sich dann in der eigenständigen Auflistung der Bede unter einer extra Überschrift bemerkbar machte. Immerhin, so viel ist von Hans Beschorner festgestellt worden, wiederholt Handschrift B nicht einfach A, sondern prüft und korrigiert sie.376 Eingang in die bisherigen Beobachtungen müssen noch zwei weitere, bisher unbekannte Urkunden finden. So tauschten 1347 die Brüder Dietrich und Hermann von Netra Einkünfte in der Stadt Hersfeld gegen Einkünfte von Hufen im Dorf und in der Gemarkung Tennstedt.377 Könnte in diesem Fall wegen der allgemeinen Formulierung Tennstedt ohne den Zusatz Großen- oder Klein- noch eingewendet werden, hiermit kann auch das der Stadt benachbarte Dorf Kleintennstedt gemeint sein, heißt es in einer weiteren aus dem Jahr 1363 stammenden Urkunde villa maioris Tenstete… 378 Deutlich wird damit, die Bezeichnung Tennstedts war seit der erstmaligen Nennung als Stadt nicht eindeutig. Der Ort konnte sowohl als Stadt als auch als Dorf bezeichnet werden. Tennstedt scheint
373 374 375 376 377 378
Zur Bedeutung des Begriffes Stetgen: LEXER: Taschenwörterbuch, S. 248. Registrum dominorum Marchionum Missensium, S. 313, Anm. l u. m, S. 315, Anm. f u. g, S. 322, Anm. n u. o, S. 323, Anm. f. u. S. 324, Anm. e u. f. Registrum XVIIb, Anm. a. Einleitung zu: Registrum Dominorum Marchionum Missensium, S. LVIff. HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 372. HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 446.
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demzufolge städtische als auch dörfliche Merkmale besessen zu haben beziehungsweise scheint der Ort noch keine aus zeitgenössischer Sicht vollausgebildete Stadt gewesen zu sein. Allerdings ist ein solcher Umstand nicht unbedingt ungewöhnlich. Auch Eschwege wird 1249 einmal villa genannt,379 während die Einwohner 1236 als cives380 und in einer weiteren Urkunde aus diesem Jahr als oppidani erscheinen.381 Die beiden Letzteren verweisen zumindest auf einen bestehenden rechtsfähigen Verband bestimmter Einwohner in Eschwege und lassen demzufolge wenigstens Ansätze einer Stadt im Rechtssinne vermuten.382 Ähnlich ist die Situation im Falle Mühlhausens. Der Ort wird zusammen mit Nordhausen 1211 als villa regia 383 bezeichnet, während Ersterer bereits 1180 unter der Bezeichnung imperatoris civitas erscheint.384 Die Bezeichnung villa für bereits als Städte in Erscheinung getretene Orte scheint demzufolge nichts Ungewöhnliches zu sein. Dennoch ist auffällig: Tennstedts Bezeichnung als villa geschieht relativ zeitnah nach der ersten gesicherten Erwähnung als Stadt. Selbiges gilt dann auch für Mühlhausen. Nur wenige Jahrzehnte nach der Ersterwähnung als civitas tritt der Ort noch einmal als villa in den Quellen entgegen. Es ist demzufolge vorstellbar, dass mit diesen unterschiedlichen Bezeichnungen einer noch nicht vollständig abgeschlossenen städtischen Entwicklung Rechnung getragen wurde. Im Rechtssinne könnten die Orte bereits Städte gewesen sein. Es könnte, wie der Fall Eschwege zeigt, ein rechtsfähiger Verband bestimmter Einwohner bestanden haben. Andererseits scheint es sich aber noch nicht um vollausgebildete Städte gehandelt zu haben. Es fehlten demzufolge gewisse von den Zeitgenossen auch so verstandene städtische Merkmale beziehungsweise die Orte besaßen in Teilen noch dörfliche Eigenschaften. Für Tennstedt könnte dieses aber bedeuten: Eine Stadt im Rechtssinne war der Ort noch nicht. Eine Stadterhebung hatte demnach noch gar nicht stattgefunden. Der Ort verfügte im 14. Jahrhundert wiederum, und deshalb war es möglich ihn als Stadt zu bezeichnen, über gewisse zeitgenössische städtische Merkmale. Welche Eigenschaften dieses waren, wird aber nicht deutlich. Möglich sind geregelter Marktverkehr sowie eine rechtlich bereits vom Umland geschiedene Marktgemeinde, eine schon vorhandene Befestigung, vielleicht auch eine gewisse Größe des Ortes einhergehend mit einer relativ großen Einwohnerzahl. In zwei Urkunden aus den Jahren 1403 und 1407 379 380 381 382 383 384
Hoc Anno IIII Kal. Ianuarii regia villa Eschenewege fuit expugnata… (Anno 1249, aus: Annales Erfordenses, in: SS 16, S. 38.). Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 25. Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 24. Vgl. dazu: HEINEMEYER: Eschwege, S. 74. Anno 1211, aus: Chronica s. Petri Erfordennsis moderna., in: SS 42, S. 210. Anno Domini 1180, in: Annales Palidenses auct. Theodoro monacho, in: SS 16, S. 95.
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wird der Ort dann Flecken genannt. 385 Dieser Begriff wird wiederum für Siedlungen verwendet, welche einen Entwicklungszustand irgendwo zwischen Dorf und Stadt erreicht hatte, 386 und Letzteres korrespondiert mit den eben gemachten Überlegungen. In den Jahren 1404 und 1405 erscheint Tennstedt in Urkunden Landgraf Friedrichs wiederum als Stad.387 Schwierigkeiten macht dabei vor allem die Erwähnung aus dem Jahr 1404. In der betreffenden Urkunde wird Tennstedt im Zusammenhang mit zwei weiteren Orten genannt. In der Urkunde heißt es mehrfach summarisch Slosze und Stete Herbesleiben, Tenstete und Brucken. Problematisch ist vor allem, dass es sich bei dem unmittelbar südlich von Tennstedt liegenden Herbsleben um einen nur schwer einzuordnenden und zu charakterisierenden Ort handelt, welcher nur in dieser und einer weiteren Urkunde als Stadt bezeichnet und ansonsten lediglich Dorf oder Flecken genannt worden ist.388 Ähnlich schwierig ist die Situation bei Brücken. Hierbei dürfte es sich um den Ort Brücken in der Nähe von Sangerhausen handeln, welcher im Mittelalter gleichfalls nie über den Status eines Marktfleckens hinausgekommen ist389 und der meist als Dorf bezeichnet wurde, aber in den urkundlichen Quellen durchaus auch zwischen Städten erscheint.390 Stadtrecht erhielt er aber erst 1518 und war zu dieser Zeit bereits befestigt. Ummauert wurde er jedoch erst nach der Stadtrechtsverleihung.391 Da die drei Orte 1404 alle mit den gleichen Begriffen charakterisiert werden, dürften sie aber zum Ausstellungszeitpunkt der Urkunde annährend den gleichen Entwicklungszustand erreicht haben beziehungsweise verfügten sie über ähnliche städtische Merkmale.392 Für das Jahr 1404 ist in Tennstedt erstmalig ein Rat als städtisches Selbstverwaltungsgremium nachweisbar.393 Auch die Bewohner des Ortes treten nach der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert als rechtlich selbstständige Bürger entgegen, welche Rechtsgeschäfte tätigen können, ohne auf Mitwirkung eines Herren angewiesen zu sein. So verkaufen 1407 ein Hanns Geldener und Henrich Gesel mit ihren Ehefrauen als Borghere und Hufzizen (Haussassen) zu Großen Tenstete dem Dekan Kapitel zu Jechaburg einen Erbzins in der Gemarkung des Vlekis zu Tenstete itzund 385
386 387 388 389 390 391 392 393
Weißensee, 1403 Okt. 18: …an Tenstete unserin slosse und vlegke. (CDS I, B 2, Nr. 527.). 1407, 12. Okt: …gelegin in Fluren und in den feldin des genanten Flekis zu Tenstete[…] (Diplomataria Maguntina, pagos Rheni 1, S. 228.). Vgl. hierzu die Begriffsproblematik in: Kap. II.5.5.2. CDS I B2, Nr. 584 u. 633. Abdruck beider Quellentexte bei HORN: Lebens- und HeldenGeschichte, S. 49f. Vgl. Kap. II.5.5.2. Vgl. SCHLÜTER: Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes 2, 2, Karte 28. CDS I B1, Nr. 51. CDS I, B 3, Nr. 338. CDS I B4, Nr. 456. SCHMITT: Dorfbefestigungen im heutigen Sachsen-Anhalt, S. 35-38. Vgl. Kap. II.5.5.2. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 21.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Borgherrn Huszaszen auf Wiederkauf. Als Bürgen waren Curden Tumesbrücken unde Hansen von Tenstete eingesetzt worden.394 Im Jahr 1421 verkaufte ein Johann Wetzel, Bürger zu Tennstedt, Besitz, welchen er vom Abt von Hersfeld zu Lehen hatte, an das St. Martinskloster in Erfurt.395 Bereits 1363 und somit in der Zeit, in der Tennstedt auch als villa in den Quellen entgegentritt, bestätigte ein Heinrich Loysche aus Tennstedt, das Schultheißenamt zu Tennstedt mit Zustimmung des Abtes von Hersfeld zeitlebens gegen Zahlung eines Zinses von vier Mark lötigen Silbers erhalten zu haben. Ausdrücklich als Bürger bezeichnet wird Hans Loysche nicht. Eine Zugehörigkeit zur Ministerialität oder zum Adel scheint aber wegen einer fehlenden entsprechenden Bezeichnung eher unwahrscheinlich. Vorstellbar ist deshalb: Trotz fehlender eindeutiger Hinweise könnte es sich um einen Angehörigen der Tennstedter Bürgerschaft handeln. In diesem Fall wäre ein Angehöriger dieses Personenkreises schon deutlich vor der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert nachweisbar. Im Hinblick auf die oben gemachten Bemerkungen hinsichtlich der uneinheitlichen und gegensätzlichen Bezeichnungen Tennstedts im 14. Jahrhundert könnte die hier fehlende eindeutige Charakterisierung Heinrich Loysches als Bürger darauf hindeuten, dass es sich in dieser Zeit eben noch nicht um Bürger im Rechtssinne handelte. Vielmehr könnte er eher Angehöriger einer mit gewissen Freiheiten begabten Marktgemeinde gewesen sein, welche aber eben noch nicht über bürgerliches Recht verfügte. Werner Schnellenkamp folgert aus der oben genannten Urkunde von 1407, dass die Bürger der Stadt von den Haussassen, bei welchen es sich für ihn um mit Anteilen der Burgbesitzungen belehnte Personen handelte, unterschieden waren. Er vertritt die Auffassung, diese seien „Bebauer des Burglehenlandes“ und ein Bürger konnte Burglehen erwerben. 396 Bei den Haussassen handelt es sich jedoch nicht, wie Schnellenkamp meint, um Personen, welche ein Burglehen besitzen. Vielmehr bezeichnet der Begriff jemanden, der nicht nur ein Haus bewohnt, sondern auch ein solches besitzt.397 Wegen der ausdrücklichen Betonung der Aussteller der genannten Urkunde und der darin genannten Bürgen, nicht nur Bürger, sondern auch Hausassen zu sein, muss davon ausgegangen werden, dass dieser Status auch eine gewisse Bedeutung im Sozialgeflecht der Stadt hatte. Sie unterschieden sich von den Nichthausbesitzern in Tennstedt, welche ebenfalls Bürger gewesen sein konnten. Deshalb besteht die Möglichkeit, hier Personen erfassen zu können, welche zur städtischen Oberschicht gehörten. Damit würde deutlich
394 395 396 397
Diplomataria Maguntina pagos Rheni 1, Nr. 118, S. 228-230. HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 836. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 21. Art. Haussassen, in: DRW V, Sp. 414-416 u. 458-462.
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werden, dass es innerhalb der städtischen Gemeinde eine Strukturierung gab, welche auf eine fortgeschrittene Entwicklung und Differenzierung der Bürgerschaft verweist. Bereits in den 1370er Jahren waren Gemeinde und Gewerbe so weit ausdifferenziert, dass sich Innungen herausgebildet hatten. So mussten nach dem markgräflichen Register die Weber als Gesamtkörperschaft ein Talent und die Innung der Schuhmacher 14 Solidi jeweils an Martini zahlen. Aus der Kasse der Weber waren noch einmal vier Solidi an Martini fällig und auch die Fleischerinnung hatte vier Solidi an Martini abzuführen.398 Anhand der im markgräflichen Register genannten Leinweber und Schuhmacher wird weiterhin deutlich, nicht nur der Waid scheint in der Tennstedter Wirtschaft ein wichtiger Faktor gewesen zu sein. Hier treten, und das früher als der erst im 15. Jahrhundert nachweisbare Waidhandel, neben den Fleischern auch die Leinenweber und die Schuhmacher entgegen. Die aus den Innungen der letzten beiden an die markgräfliche Kanzlei zu entrichtenden Beträge sind im Vergleich zu den Fleischern ebenfalls nicht gering. Noch in der Frühen Neuzeit waren darüber hinaus von 248 eingetragenen Handwerkern 86 im Bereich der Schuhherstellung und der Leineweberei tätig. In beiden Gewerben arbeiteten in der Zeit demzufolge ein Drittel der in Tennstedt tätigen Handwerker.399 Insofern scheint doch durchaus wahrscheinlich, dass auch diese Gewerke einen Teil ihrer Produkte für den Fernhandel herstellten. In einen solchen Zusammenhang gehört dann auch das 1409 für die Schuhmacher erteilte Privileg. Hier wird grundsätzlich geregelt, dass auf dem Markt nur Schuhe verkauft werden durften, welche von Mitgliedern der Tennstedter Innung hergestellt worden sind. 400 Allerdings bleibt nach wie vor einschränkend festzustellen, ein Jahrmarkt als überregionaler Markt lässt sich für Tennstedt nicht nachweisen. Dennoch spricht doch gerade die Größe des dreieckigen Marktplatzes für die Anlage im Zusammenhang mit Fernhandel. Gleichzeitig verweist auch die Garantie des Verkaufsmonopols für die in der Tennstedter Schuhmacherinnung hergestellten Schuhe auf einen solchen Umstand. Über das Privileg des Hersfelder Abtes an die Schuhmacherinnung aus dem Jahre 1409 hinaus sind keine weiteren Nachrichten aus diesem Zeitraum über die wirtschaftlichen Grundlagen der Stadt vorhanden. Lediglich aus dem Gandersheimer Güterverzeichnis von 1438 wird deutlich, dass ein nicht unerheblicher Teil der städtischen Bevölkerung auch gandersheimischen Grundbesitz bewirtschaftete und von diesen Abgaben an das Stift zu entrichten hatte.401 398 399 400 401
Registrum XIV, 9. WILHELMS: Tennstedt, S. 52. SHStA Dresden 10001, Nr. 5476. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6.
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Nachdem der städtische Rat erstmals im Jahr 1404 in den Quellen entgegentritt,402 mehren sich in den folgenden Jahren die Zeugnisse, in denen er als städtisches Selbstverwaltungsinstrument fassbar wird. So ist der Rat 1414 Lehnsträger und Verleiher der Schambachsmühle zu Tennstedt,403 die er dann 1446 mit Genehmigung der Ritter Tile und Otto von Sebich verkauft.404 Auch die Urkunde über den östlichen Verlauf der Stadtmauer von 1448 ist direkt an den Rat der Stadt Tennstedt gerichtet.405 Im Jahr 1438 tritt der Rat ebenfalls in zwei Verkaufsurkunden auf, in welchen er Land und Höfe zu Tennstedt kauft.406 Ob der Rat schon länger bestand als aus seiner Ersterwähnung im frühen 15. Jahrhundert deutlich wird, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Weil schon 1378 Innungen bestanden, dürfte allerdings schon von einer gewissen inneren städtischen Entwicklung ausgegangen werden. Deshalb ist es sicherlich nicht falsch, eine Existenz des Rates spätestens zu diesem Zeitpunkt anzunehmen. In diesem Zusammenhang sei auf die ansonsten nicht weiter überprüfbare Aussage von Andreas Toppius verwiesen. Er überliefert, dass bereits 1377 unter Mitwirkung der landgräflichen Burgmannen zu Großentennstedt das Rathaus errichtet worden sein soll.407 Sind diese Zusammenhänge von Toppius richtig überliefert, fällt jedoch besonders ins Auge, dass die Burgmannen an der Erbauung des Rathauses beteiligt waren.408 Dieser Umstand ist insofern ungewöhnlich, da das Rathaus Ausdruck der städtischen Autonomie ist,409 und in der Konsequenz hätte er zur Folge, dass die städtische Verwaltung zwischen Rat und Burgbesatzung geteilt gewesen sein könnte. Falls es sich hierbei nicht um eine Teilung zwischen dem Landesherrn und emanzipierter Bürgerschaft handelte, könnte dieses darauf zurückgeführt werden, 402 403
404 405 406
407 408
409
Vgl. oben. Ritter Tile von Sebich und sein Bruder Otte bekennen, dass ihnen der gestrenge Kord Salhutten die Schambachsmühle vor der Stadt Tennstedt aufgelassen, mit der sie dann Rat und Gemeinde zu Tennstedt belehnt hat. (Erbarmannschaft Wettinische Lande III: Thüringen, S. 398.). Erbarmannschaft Wettinische Lande III: Thüringen, S. 399. Vgl. Abdruck des Mauerbauprivilegs, in: TOPPIUS: Historische Nachricht von Tännstadt, S. 22f. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 22. Landgraf Friedrich IV. verkauft unter anderem 6 Hufen, welche zur Burg gehörten an den Rat von Tennstedt. (TOPPIUS: Historische Nachrichten, S. 20. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 21. ZEYSS: Herbsleben, S. 65.). Toppius scheint sich dabei auf ältere, heute nicht mehr vorliegende Quellen zu berufen. (TOPPIUS: Tennstedt, S. 18.). „Nun die Burgmanne oder Burg-Saszen zu Tänstet haben Anno 1377 mit und neben dem Rath und Bürgerschaft zugleich das Rathhaus daselbst erbauet“ (TOPPIUS: Tennstedt S. 18.). PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 296.
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dass zwei Landesherren die Herrschaft über die Stadt ausübten. Die Vertreter des Landgrafen waren dann die Burgmannen, während der andere Stadtherr durch bürgerliche Ratsmitglieder vertreten worden ist. Nicht auszuschließen ist, dass wie in Thamsbrück im 12. und der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Burgmannen einen Teil der städtischen Oberschicht bildeten und in Teilen den Rat besetzten und sich Toppius Aussage dann auf diesen Zusammenhang bezieht. Vor diesem Hintergrund wären die Burgmannen dann auch viel stärker in die städtischen Prozesse eingebunden gewesen.410 Ein solcher Umstand dürfte vielleicht auch im landgräflichen Interesse gewesen sein. So hielt er den Landgrafen die Möglichkeit des Zugriffes auf die städtische Entwicklung offen. Der heutige Rathausbau selbst gehört weitestgehend der Renaissance an. Allerdings findet sich auf der Südseite ein für mittelalterliche Rathäuser typisches Element – ein Rathausturm.411 Vieles deutete bisher auf eine landgräflich-hersfeldische Doppelherrschaft hin. Unterstützt wird diese Vermutung noch durch den Umstand, dass städtische Ämter doppelt existierten und immer jeweils einmal durch den Rat und einmal durch die Burgmannen besetzt wurden. So ist seit einer Urkunde aus dem Jahr 1404 erkennbar, dass der Rat und die Burgmannen jeweils einen Kirchvater oder Fürsteher des Gotteskastens und jeweils einen Spendemeister stellten.412 Hinzu kommt noch, dass, wie die Urkunde von 1409 andeutet, auch zwei Schultheißen im Ort tätig waren.413 Noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts bestanden der Rat aus zwei Bürgermeistern, zwei Kämmerern, einem Richter, einem Stadtschreiber, einem Gerichtsschreiber, einem Spendenmeister, einem Baumeister, einem Waagemeister und einem Marktmeister.414 Inwiefern alle diese Ämter bereits im Spätmittelalter bestanden und vom Rat besetzt wurden, lässt sich nicht mehr feststellen. Wenigstens der Spendenmeister ist bereits im frühen 15. Jahrhundert nachweisbar415 und Ratsmeister sowie Kämmerer sind bereits 1448 bezeugt.416 Auch in zwei Bestätigungsanfragen des Tennstedter Rates beim wettinischen Stadtherrn aus den Jahren 1469 und 1473 werden diese Ämter genannt.417 Die Ämter Waagemeister und Marktmeister dürften sicherlich seit Bestehen des Marktes in
410 411 412 413 414 415 416 417
Vgl. Kap. II.1.5. Vgl. HERTLEIN: Bad Tennstedt, S. 105. Zur Funktion des Rathausturmes vgl. Kap. II.4.7.1. SCHNELLENKAMP: Zur Entstehungsgeschichte der Stadt Tennstedt, S. 17. Vgl. oben. TOPPIUS: Tennstedt, S. 35. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte der Stadt Tennstedt, S. 17. TOPPIUS: Tennstedt, S. 26. KORN: Art. Tennstedt, S. 703. LATh-StA Gotha Ernestinisches Gesamtarchiv Hh1532, 1 u. 2.
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Tennstedt vorhanden gewesen sein und Richter und Stadtschreiber sind ebenfalls für das Jahr 1448 nachweisbar.418 Nicht zu klären ist, ab wann die Besetzung dieser Ämter beim Rat und nicht mehr bei den Stadtherren lag. Noch die Bestätigungsanfragen von 1469 und 1473 zeigen, dass die städtische Gemeinde zwar ihren Neuen Rat jährlich erwählte, aber auf die bestätigende Mitwirkung des Stadtherrn angewiesen war.419 Der Rat bestand aus drei Ratsregimentern von jeweils 8 Räten, 2 Kämmerern und den 2 Ratsmeistern.420 Damit entsprach der Rat der in den deutschen Städten nicht unüblichen Zusammensetzung aus 12 Mitgliedern.421 Die oben gemachten Überlegungen hinsichtlich einer bereits für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts anzunehmenden gut entwickelten städtischen Selbstverwaltung und der Existenz eines Rates werden möglicherweise noch durch weitere Umstände bestärkt. So erscheint die Prekarie im markgräflichen Register (1378) für 522 ½ Mark verpfändet.422 Während der Verpfändung von 1346 an die Herren von Salza für 522 ½ Mark treten die Pfandempfänger als Darlehensgeber in Erscheinung.423 Im markgräflichen Register heißt es lediglich: Item civitas dat precarie Michaelis 10 marcas et Walpurgis 10 marcas. Obligatum pro 522 ½ marcis…424 auch das Registrum nennt in anderen Fällen, insofern Personen die Darlehensgeber sind, die Empfänger der Pfandverschreibung.425 Falls nicht noch immer die Herren von Salza durch Verpfändung Inhaber der Prekarie waren, könnte auch die Stadt selbst als Darlehensgeber und Pfandnehmer infrage kommen. Dass die Prekarie nach wie vor an die Herren von Salza verpfändet war, könnte jedoch aus der der in beiden Fällen identischen Pfandsumme von 522½ Mark geschlossen werden. Sollte sie aber tatsächlich an die Stadt verpfändet gewesen sein, könnte dies ein Hinweis auf eine zu diesem Zeitpunkt bereits sehr weit fortgeschrittene innerstädtische Entwicklung sein. Die Wirtschaftskraft und Siedlungsdichte der Stadt Tennstedt sind in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts jedoch scheinbar gering. Von den landgräflichen Städten der näheren Umgebung leistet der Ort zusammen mit Thamsbrück 418 419 420 421 422 423 424 425
Vgl. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte der Stadt Tennstedt, S. 39, Anm. 174. Vgl. LATh-HStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Hh 1532, fol. 1r, Z. 1-7 u. Hh 1532, fol. 2r, Z. 2-7. LATh-HStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Hh 1532, fol. 1r, Z. 8-12 u. Hh 1532, fol. 2r, Z. 7-10. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 134. Registrum XVII, b. Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. Im Lehnbuch selbst ist die Pfandsumme mit 550 Mark festgelegt. (Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Nr. XXXVII, Nr. 1. Registrum XVII, b. Vgl. Registrum XXII f., 1; XXXVI, 17; LXIII b,1 u. LXVII b, 1. Summularium XIX, 1 u. LXVII b,1.
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mit jährlich 20 Mark Bede die geringste Steuer.426 Auch das Fehlen einer eigenen Münze könnte als Hinweis auf eine geringe Wirtschaftskraft und Bedeutung des Ortes gewertet werden.427 Allerdings ist wegen einer anzunehmenden Teilung der Stadtherrschaft nicht auszuschließen, dass an den Hersfelder Abt wenigstens noch ein der landgräflichen Prekarie vergleichbarer Betrag abzuführen war. So wird aus der oben bereits besprochenen Ladung des Ritter Thilos von Seebach wegen des, dem Abt von Hersfeld zustehenden Zolls nach Fritzlar, deutlich, dass, auch wenn das markgräfliche Register von 1378 landgräfliche Einkünfte aus dem Zoll zu Tennstedt erwähnt,428 dem Kloster Hersfeld gleichfalls entsprechende Abgaben zustanden.429 Darüber hinaus war die Stadt möglicherweise in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in der Lage 522 ½ Mark als Darlehen für den Landgrafen aufzubringen. Weiterhin konnte die Stadt nur 100 Jahre später den Ort Wenigen-/Kleintennstedt von Georg von der Heyde kaufen.430 Tatsächlich scheint demzufolge die städtische Wirtschaftskraft um einiges größer gewesen zu sein, als sich aus dem markgräflichen Register ableiten lässt. Beim Kauf des Ortes Wenigen/Kleintennstedt handelte es sich möglicherweise um den Aufbau einer eigenen Herrschaft der Stadt Tennstedt, zumal bereits 1436 sowohl die Osthöfe als auch die nicht näher zu lokalisierenden Fronhöfe431 an die Stadt gelangt waren.432 Damit dürfte es der Tennstedter Bürgerschaft gelungen sein, die direkt vor der Stadt gelegenen, mit eigenem Stadtrecht ausgestatteten Osthöfe433 sowie die Fronhöfe als Vorstädte an die Stadt zu ziehen und damit das städtische Territorium sowie den städtischen Rechtsbereich auszudehnen. Nach 1436 handelte es sich bei Tennstedt, rechtlich gesehen, demnach nicht mehr um eine Doppelstadt, sondern um eine Kernstadt mit Stadterweiterungen.
426
427 428 429 430 431 432 433
Weißensee zahlt 110 Mark, Salza muss jedes Jahr 60 Mark an den Landgrafen abführen. Auf Grund der Teilung der Stadtherrschaft zwischen Mainz und dem Landgrafen, ist damit zu rechnen, dass ein vergleichbarer Betrag noch einmal an den Mainzer Erzbischof zu zahlen ist. Selbst die in ihrer Entwicklung bereits gehemmte Stadt Creuzburg bringt noch 45 Mark auf. (Vgl. Registrum IIIb,1; XVIb,1; XVIIb,1 XIX,1u. XXa, 1.). Vgl. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 29. Erst im 17. Jahrhundert ist eine Münze in Tennstedt vorhanden. (KORN: Art. Tennstedt, S. 703.). Registrum XXVIIa, Nr. 16. Vgl. oben. TOPPIUS: Tennstedt, S. 29. WOHLFARTH: Tennstedt, S. 27 u. 41. TRÜBENACH: Beiträge, S. 43. Möglicherweise handelt es sich hierbei um die im Westen vor der Stadtmauer liegenden Frommhöfe. (Vgl. WILHELMS: Zur Geschichte der Stadt Bad Tennstedt, S. 52.). LHASA Magdeburg, U 10a, Nr. 258, 5. Zur Verleihung des Stadtrechtes an die Osthöfe vgl. oben.
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Allerdings gibt die Urkunde von 1436 keinerlei Auskunft darüber, ob die Bewohner der Osthöfe und Fronhöfe ein Mitspracherecht an der städtischen Selbstverwaltung erhielten. Vielmehr hatten sich die inwoner der selbin ganszen Osthoffen und Frongehoffen sich an die gutten unser burgere und an den stadt zcu Tennstete mit allem gehorsam haldenn und yn all rechte, tzinse, lehnrechte, ofeleye und alle gerechtikeit, alze sie gen Balnhueszen gegebin und gethan habin […] [zu] gebin.434 Demnach unterstanden die Bewohner beider Orte jetzt der städtischen Gerichtsbarkeit und wurden aus dem Amtsbezirk Ballhausen, zu welchem sie vorher gehörten, herausgelöst. Alle vorher nach Ballhausen zu entrichtenden Abgaben waren jetzt an die Stadt zu bezahlen.435 Für den Erwerb der Ost- und Fronhöfe hatte die Stadt Tennstedt dem Landgrafen und den Herren von Weberstedt, welche vorher Ballhausen mit den beiden Orten als Pfand vom Landgrafen innehatten, jährlich 25 Pfund Pfennige zur Hälfte jeweils an Michaelis und an Walpurgis zu zahlen.436 Auch dieses ist sicherlich als Hinweis auf eine gestiegene Wirtschaftskraft des Ortes zu betrachten. Gleichzeitig sprechen die dem Erwerb vorausgehenden Streitigkeiten, welche erhebliche Schäden verursacht haben dürften,437 für eine fortgeschrittene Emanzipation der Stadt und ihrer Bürgerschaft, die auch die Auseinandersetzung mit lokalen Adligen nicht scheuten. Der Umstand, dass die Wigbertikirche 1418 ausgebaut und zum Teil neu errichtet worden ist,438 lässt gleichfalls auf eine spätestens ab dem frühen 15. Jahrhundert aufblühende Stadt und sich entfaltende Bürgerschaft schließen. Im Jahr 1498 erhält die Stadt dann noch einmal ein wichtiges landgräfliches Privileg. Herzog Georg zu Sachsen, Landgraf in Thüringen und Markgraf zu Meißen, überträgt in Stellvertretung seines Vaters dem Rat und der gesamten Bürgerschaft das Amt Tennstedt mit allem Zubehör und den damit verbundenen Einnahmen. Wobei sich die Wettiner das Obereigentum vorbehielten. Weiterhin hatte die Stadt aus dem Amt die dem Stadtherren zustehende Jahrrente von 50 Mark einzuziehen und an die wettinische Kammer zu überweisen.439 Als Einnahmen aus dem Amt werden neben grundherrlichen Abgaben auch das Geleit, der Zoll, das stetgelt, voytgelt, weytgelt und synegelt genannt. Darüber hinaus konnte die Stadt über sämtliche Einnahme aus dem Gericht, insbesondere dem Halsgericht im Amt, verfügen.440 434 435 436 437 438 439 440
LHASA Magdeburg, U 10a, Nr. 258, 5, Z. 19-21. LHASA Magdeburg, U 10a, Nr. 258, 5, Z. 25f. LHASA Magdeburg, U 10a, Nr. 258, 5, Z. 29-33. Mit der Ausstellung dieser Urkunde sollte weiterer Schaden für beide Seiten vermieden werden. (LHASA Magdeburg, U 10a, Nr. 258, 5, Z. 8-10.). SOMMER: Tennstedt 2, S. 75. SHStA Dresden 10024, Loc. 8295/4, fol. 1a-2b. SHStA Dresden 10024, Loc. 8295/4, fol. 1a, Z. 14f. u. 24-28, fol 1b, Z. 1-5 u. 2a, Z. 6f.
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Zusammenfassend bleibt festzustellen: Die Anfänge der städtischen Entwicklung liegen weitestgehend im Dunkeln. Allerdings war Tennstedt spätestens seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Stadt und ein paar wenige Indizien deuten darauf hin, dass eine städtische Entwicklung schon in den 70er Jahren des 13. Jahrhunderts eingesetzt hatte. Allerdings, und dieses ist ausdrücklich zu betonen, wurde der Ort in den 1360er Jahren eben auch noch Dorf genannt. Letzteres könnte auf eine allmähliche städtische Entwicklung verweisen, an deren Anfang vielleicht zunächst eine Marktgemeinde und ein mit Marktrecht begabter Ort standen. Auch wenn ein Rat erst im frühen 15. Jahrhundert erstmals nachweisbar ist, ist nicht auszuschließen, dass er vielleicht schon in den 1370er Jahren oder aber noch früher vorhanden war. Unsicher bleiben muss die von Toppius überlieferte Nachricht hinsichtlich der gemeinsamen Errichtung des Rathauses durch die landgräflichen Burgmannen und die städtische Bürgerschaft. Auffällig ist weiterhin der Umstand, dass Zünfte anhand der Quellen vor der Ersterwähnung des Rates nachweisbar sind. Vielleicht waren Letztere sogar die Triebkraft zur Ausbildung einer Ratsverfassung und sie bildeten das personale Reservoir für den Rat. Im 15. Jahrhundert war die Stadt dann aber so weit entwickelt, dass die Bürgerschaft in der Lage war, wenigstens in Ansätzen sich ein eigenes städtisches Territorium aufzubauen. Die Gesamteinschätzung der städtischen Entwicklung bis ins ausgehende Spätmittelalter fällt aber insofern schwer, weil nur wenige diesbezügliche Quellen vorhanden sind und ausgewertet werden konnten.
2.6.3 Die Stadtbefestigung – die Stadt- und Siedlungstopographie Am 24. August 1448 stellte Landgraf Wilhelm, der Stadt eine Urkunde aus, welche erstmals Einblicke in die Stadtbefestigung ermöglicht.441 Sie trifft genaue Regelungen über den Verlauf der Mauer im östlichen Abschnitt gegenüber der landgräflichen Burg. So hatten die Stadtbewohner solche Mauren mit Graben und anderer Befestigung gleich der Kapellen daselbst durchführen, für derselben Capellen ein Thor zu unsrer Burg [zu] setzen und denn also damit fürder gleich zu dem Gebischen Thore zufahren…442 Damit griff der Landgraf in den Verlauf der Mauer ein und verfügte letztendlich, dass gegenüber seiner Burg ein Zugang zur Stadt zu schaffen ist. Zu diesem Zeitpunkt muss, wie ebenfalls deutlich wird, das Gebische Tor bereits bestanden haben. Da sich das Gebische Tor im Südteil der östlichen Ummauerung befand,
441 442
Abdruck in: TOPPIUS: Tennstedt, S. 22f. TOPPIUS: Tennstedt, S. 23.
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kommt als das Tor, welches bei der Burg errichtet werden sollte, nur das Osthöfer Tor infrage, welches dann auch leicht versetzt gegenüber der Burg angelegt worden ist.443 Im ursprünglichen Mauerverlauf war demzufolge das Osthöfer Tor nicht vorgesehen und die Mauer dürfte an dieser Stelle durchgängig geplant gewesen sein, beziehungsweise befand sich hier bereits eine der Steinmauer vorangehende Befestigung. Damit war zunächst auch kein direkter Zugang von der Burg zur Stadt angedacht. Vielmehr erfolgte dieser über das Gebische Tor. Inwiefern sich die Stadt damit zunächst gegenüber dem landgräflichen Herrschaftszentrum am Ort abgrenzte, muss dahingestellt bleiben. Jedoch wäre dieser Umstand ein Hinweis darauf, dass der ursprüngliche Ummauerungsplan nicht unbedingt auf eine landgräfliche Anweisung zurückgeht und somit dem hersfeldischen Stadtherren zuzuschreiben wäre oder die Erlaubnis dazu beim Abt von Hersfeld eingeholt worden war. Die Urkunde von 1448 liefert keinen Hinweis darauf, gibt aberAuskunft darüber, dass Graf Adolf von Gleichen und der Ritter Heinrich von Hausen schon zu einem früheren Zeitpunkt nach Tennstedt geschickt worden waren, um die landgräflichen Bestimmungen bezüglich des Mauerbaus zu überbringen. Da dieses offensichtlich erfolglos war, gab Landgraf Wilhelm in der Urkunde erneut Anweisungen über den Mauerverlauf aus. Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass die Ummauerung bereits eine ältere Wall- Graben-Befestigung ablöste.444 Immerhin verweist die Existenz des Gebischen Tores, welches im Privileg von 1448 erwähnt wird, auf bereits bestehende Befestigungselemente. Auch finden sich in früheren Quellen möglicherweise weitere Indizien für die Existenz einer älteren Befestigung. Der Verpfändungsvermerk der städtischen Bede im markgräflichen Register von 1378 enthält im zweiten Abschnitt eine Zusatzbemerkung. Hier werden 50 Mark erwähnt, welche für Baumaßnahmen aufzuwenden sind.445 Allerdings wird die Art der Baumaßnahmen nicht näher beschrieben. Wenig Aufschluss gibt auch die hier vorgenommene Verwendung des Verbes construere. Es meint lediglich recht allgemein, dass die Mittel zum Bauen zu verwenden sind. Auch der vergleichbare Eintrag zu Weißensee, wo 20 marcas pro structura aufzuwenden sind,446 gibt keinerlei Hinweise auf die genauere Verwendung des Geldes. Es wird in beiden Fällen lediglich deutlich, dass diese Mittel für städtische Bauprojekte aufzuwenden waren und kein privates Bauen betrafen. 443 444
445 446
Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. HERTLEIN: Art. Tennstedt, S. 105. KORN: Art. Tennstedt, S. 703. Zur Holz-Erde-Befestigung als frühste Form der Befestigung vgl. HASE: Die mittelalterliche Stadt als Festung, S. 390. Obligatum pro 522 ½ marcis et debet construere 50 marcas. (Registrum XVIIb.). Summularium XVIb, Nr. 1. HS C: …zcu den gebewden[…](Summularium XVIb, Nr. 1, Anm. r.).
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Noch in der Urkunde von 1346, welche die Verpfändung der Stadt und der Burg Tennstedt an die Herren von Salza anzeigt, finden sich keine Hinweise auf eine für den Bau aufzuwendende Summe. Jedoch sollen notwendige Baumaßnahmen auf der Burg durch die Herren von Salza nach Absprache mit den landgräflichen Burgmannen Tyle von Toba und Albrecht von Werter durchgeführt werden. Die dabei anfallenden Kosten sind zur Pfandsumme dazuzurechnen.447 Auch im wenige Jahre später verfassten Lehnbuch Friedrichs des Strengen werden Burg und Stadt Tennstedt als an die Herren von Salza verpfändet erwähnt. Hier wird vermerkt, dass 25 marcis in edificiis iuxta castrensium ibidem consilium aufzuwenden seien.448 Weil die Urkunde von 1340 Gelder für Baumaßnahmen an der Burg einplant, könnte dieses auch im Falle der im Lehnbuch und im Registrum erwähnten Gelder der Fall sein. Schon die Reichssteuerliste von 1241 lässt aber erkennen, dass durch den Stadtherrn – in diesem Fall durch den Kaiser – Teile der Stadtsteuer den Städten zum Mauerbau überlassen worden sind.449 Deshalb spricht durchaus einiges für die Vermutung einer älteren Befestigung, welche damit ab den 1340er Jahren nachweisbar wäre und die über diese Geldmittel finanziert wurde. Auch die politischen Umstände der 1340er Jahre machen die Notwendigkeit einer Stadtbefestigung wahrscheinlich. Im Jahr 1342 schlossen sich thüringische Grafen und Adlige gegen den Landgrafen zusammen. Die nun folgende Grafenfehde machte deutlich, wie wichtig befestigte Stützpunkte im Land waren. Darüber hinaus war es dem Mainzer Erzbischof 1342 gelungen, die Hälfte der Tennstedt benachbarten Stadt Langensalza in seinen Besitz zu bringen. In der Folge versuchte er seine Herrschaft gegen den Landgrafen auf die ganze Stadt auszudehnen.450 Damit muss es für den Landgrafen, auch wenn er wahrscheinlich nicht vollständig über die Stadtherrschaft verfügte, geradezu notwendig geworden sein, ein weiteres befestigtes Herrschaftszentrum in der Region zu besitzen. Während in Weißensee im Registrum von 1378 vermerkt wird, dass aus der jährlichen Prekarie von 110 Mark 20 pro structura aufzuwenden sind, sollten in
447
448 449
450
…, wo der vorgenannte Fridrich [von Salza] oder sine erbin buwes oder besserunge bedorften an der vorgenantin vesten, daz mag er oder sine erbin buwen mit wizzene Tylen von Taba und Albrechtes von Wertere, unser besezzen burgmanne daselbins […] Eaz sie denne redliches und nuczliches buwes mit denselben zcweien bewisen mugen, daz sullen sie slahen uf vorgenantin sumen geldis […] (Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a.). Lehnbuch Friedrichs des Strengen XXXVII. Districtus Thungispruken, Nr. 1. Item de Frideberc C et XX mr. De quibus cedet dimidietas domino imperatori et dimidietas ad edificia eorum... Item de Rotwilre (LX, XL) mr. LX et sibi in edificio XL mr. (Die Steuermatrikel der Reichsstädte (1241), in: Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts und Sozialgeschichte bis 1250, Nr. 125, S. 510-519. PATZE: Politische Geschichte, S. 84-88. Vgl. Kap. II.4.5.1.
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Tennstedt 50 Mark aufgewendet werden, um etwas zu bauen, zu errichten.451 Damit scheinen die Mittel in den Städten für unterschiedliche Zwecke bestimmt gewesen zu sein. In Weißensee war offensichtlich etwas Bestehendes zu unterhalten. Demgegenüber sollte in Tennstedt mit Hilfe dieses Geldes etwas errichtet werden. Auch das Lehnbuch Friedrichs des Strengen gibt, wie bereits bemerkt, keine Auskunft darüber, für welche Baumaßnahmen die Mittel zu verwenden waren. Hiernach sollten in Tennstedt 25 Mark in edificiis investiert werden. Aus in edificiis wiederum wäre, wie im Falle Weißensees, zu schlussfolgern, dass sie zur Unterhaltung von etwas bereits Errichtetem zu verwenden sind. Ebenfalls auffällig ist die unterschiedliche Höhe der Mittel für die Baumaßnahmen. In Weißensee ist der Betrag 1378 um fünf Mark geringer als im Lehnbuch von 1349/50 für Tennstedt angeführt. Bis 1378 sollte sich der für Tennstedt 1349/50 genannte Betrag von 25 Mark noch einmal auf 50 Mark verdoppeln. Falls diese Verdopplung nicht wirtschaftlich-inflationären Gesichtspunkten geschuldet war, ist vielleicht von einer Verstärkung der landgräflichen Anstrengungen, die Stadt zu fördern oder zu befestigen, auszugehen. Noch ein weiterer Gesichtspunkt macht in diesem Zusammenhang Schwierigkeiten. Sowohl die 25 Mark von 1349/50 als auch die 50 Mark von 1378 übersteigen die jährliche Prekarie von 20 Mark.452 Die Summe dürfte sich deshalb jeweils auf die gesamte Pfandsumme beziehen. Insofern relativiert sich der Betrag im Verhältnis zu Weißensee dahingehend, da in Weißensee jährlich 20 Mark für Gebäude aufzuwenden waren.453 Als eine weitere Möglichkeit, für welche die im markgräflichen Register aufgeführten Baugelder aufzuwenden waren, käme der nach Toppius 1377 begonnene Rathausbau infrage. Damit ließe sich auch das Verb construere erklären.454 Während die im landgräflichen Lehnbuch aufgeführten Mittel für etwas anderes, wie beispielsweise zur Erhaltung der Burg aufzuwenden waren, war die 1378 erwähnte Summe dann für den Rathausbau bestimmt. Aber auch dieses bleibt letztendlich hypothetisch und es ist nicht auszuschließen, dass die im Lehnbuch und im Register vermerkten Mittel für den Bau und die Unterhaltung einer bereits vorhandenen Stadtbefestigung zu nutzen waren. Ausdrücklich erwähnt wird dieses aber nicht. Toppius berichtet darüber hinaus, dass die Baukosten für die Stadtmauer zum Teil von der Bürgerschaft übernommen worden sind und zum Teil aus den städtischen Bußgeldern finanziert wurden. Bei leichteren Vergehen mussten diese aus den Strafgeldern eine, zwei, drei oder vier Ruten beziehungsweise eine Gerte 451 452 453 454
Vgl. oben. Summularium XVIIb. Registrum XVIIb. Lehnbuch Friedrichs des Strengen XXXVII. Districtus Thungispruken, Nr. 1. …ad unum annum 20 marcas pro structura. (Summularium XVIb, Nr. 1.). Vgl. oben.
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bauen lassen oder 30 bis 60 Fuhren Steine fahren.455 Letztere wurden zum Teil aus den Steinbrüchen in der Nähe des benachbarten Großurleben geliefert.456 Des Weiteren überliefert Toppius, dass im Jahr 1484 die Landgrafen Ernst und Albrecht dem Tennstedter Rat genehmigten, die Gebäude der Burg einzureißen und die Steine für den Mauerbau zu verwenden. Im Jahr 1485 verkaufte dann der letzte Burgmann Hans Schallen seine Besitzungen auf der Burg für 20 Gulden.457 Der Stadtmauerbau oder -ausbau dauerte demzufolge bis mindestens 1484/85, ohne dass ersichtlich wird, wann genau die Stadtbefestigung vollständig fertig gestellt war und wann mit ihrer Errichtung begonnen worden ist. Allerdings dürfte, und dieses wird aus der Genehmigung zum Abbruch der Burg deutlich, die Burg spätestens in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts soweit an Bedeutung verloren haben, dass ihre Existenz nicht mehr notwendig war. Deshalb ist anzunehmen, dass die Stadt für den Landgrafen die Rolle und Funktionen der Burg mit übernommen hatte.458 Auch werden bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die sechs zur Burg gehörigen Hufen als wüst bezeichnet und dann vom Landgrafen Fritz von Lissen überlassen.459 Zurückzukommen ist nun noch einmal auf das Privileg von 1448. In den lokalgeschichtlichen Arbeiten zur Stadtgeschichte Tennstedts wird es häufig als die landgräfliche Erlaubnis zur Errichtung einer steinernen Stadtbefestigung verstanden und markiert für die Lokalforschung gleichzeitig auch den Beginn der Ummauerung.460 Dass dieses Privileg aber bereits ein bestehendes Element der Stadtbefestigung nennt und darüber hinaus die landgräfliche Urkunde nicht der erste Versuch des Landgrafen ist, in den Mauerverlauf einzugreifen, darauf ist bereits hingewiesen worden.461 Ebenfalls ist bereits festgestellt worden, dass der Landgraf hier nur den Verlauf der Mauer gegenüber der Burg genauestens festlegte, während alle anderen Abschnitte der Befestigung nicht erwähnt werden.462 Daraus ergeben sich verschiedene mögliche Schlussfolgerungen: Der erneute Versuch des landgräflichen Eingreifens in den Mauerverlauf deutet an, dass die Erlaubnis zur Errichtung schon vor 1448 erteilt wurde. Wobei nicht erkennbar ist, wann dieses geschah und ob dieses Privileg auf hersfeldische oder landgräfliche 455 456 457 458
459 460 461 462
TOPPIUS: Tennstedt, S. 27. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 18f. WOHLFARTH: Tennstedt, S. 25. WOHLFARTH: Tennstedt, S. 25. TOPPIUS: Tennstedt, S. 20. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 18f. Zur Ablösung der Burg durch die Stadt im Rahmen der Territorialbildung und dem damit einhergehenden Verfall der Burg, vgl. ENNEN: Burg, Stadt und Territorialstaat, S. 4888, insbesondere S. 51-53. ENNEN: Minderstadt, S. 72. ZEYSS: Herbsleben, S. 65. WOHLFARTH: Tennstedt, S. 40. WOHLFAHRT: Tennstedt, S. 25. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 23. Vgl. oben. Vgl. oben.
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Initiative zurückgeht. Grundsätzlich ist außerdem vorstellbar, dass die Errichtung einer Mauer auf hersfeldische Veranlassung geschah. Der Landgraf wiederum griff in den Mauerverlauf ein, um sich einen direkten Zugang von der Burg zur Stadt und umgekehrt zu sichern. Die Tore könnten bis auf das Osthöfer Tor zur Zeit der Erteilung des Privilegs, wie aus dem 1448 genannten Gebeseer Tor deutlich wird, bereits als Bestandteil einer Vorgängerbefestigung vorhanden gewesen sein. Des Weiteren bestünde durchaus die Möglichkeit, dass die Mauer 1448 schon weitestgehend fertiggestellt war und nur noch im Osten eine Lücke klaffte. Dem widerspricht aber wiederum der Umstand, dass noch in den 1480er Jahren Teile der Mauer nicht fertiggestellt waren und nun hierfür Steine der abzubrechenden Burg verwendet werden sollten. Dieses könnte gleichzeitig aber auch nur den östlichen Abschnitt betreffen. Das im Norden vorhandene Brückentor wurde des Weiteren, worauf ein noch im 19. Jahrhundert vorhandener Wappenstein mit der Jahreszahl 1483 verweist, erst in dieser Zeit errichtet.463 Wobei nicht grundsätzlich auszuschließen ist, dass es sich hierbei auch um eine Neuerrichtung dieses Tores handeln könnte, beziehungsweise es überhaupt erst im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts errichtet wurde, während hier vorher eine durchgängige Mauer bestand. Beantworten lässt sich die Frage, wann der Bau einer steinernen Befestigung begonnen wurde, nicht abschließend. Sicher ist letztendlich nur, dass schon 1448 mit dem Gebeseer Tor Teile der Befestigung bestanden. Jedoch gehören auch drei der Türme der südlichen Stadtbefestigung erst in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts.464 Insofern spricht doch einiges dafür, den Bau der heute noch sichtbaren Stadtmauer erst für das 15. Jahrhundert anzunehmen beziehungsweise ist nicht grundsätzlich auszuschließen, dass diese Türme mit dem Zweck, eine bereits vorhandene Mauer zu verstärken, errichtet wurden. Ob das Gebeseer Tor Bestandteil einer älteren Vorgängerbefestigung ist oder eine steinerne Befestigung schon deutlich früher anzusetzen ist, muss letztendlich aber ungewiss bleiben. Dennoch ist darauf zu verweisen, dass der Ort in den 1360er Jahren auch noch Dorf genannt wurde, in den 1380er Jahren lediglich als oppidum oder Städtchen bezeichnet worden ist und im beginnenden 15. Jahrhundert sogar zweimal als Flecken in den Quellen erscheint.465 Insofern ist nicht unmöglich, dass eine solche Bezeichnung erfolgte, weil die Stadtmauer beziehungsweise Stadtbefestigung als ein nach außen sichtbares signifikantes städtisches Merkmal noch nicht
463 464 465
OTTE/SOMMER: Art. Tennstedt, S. 73. HERTLEIN: Art. Tennstedt, S. 105. Vgl. oben.
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vorhanden466 beziehungsweise noch nicht vollständig fertiggestellt war. Keinesfalls aber, so viel ist sicher festzustellen, markiert das Privileg von 1448, wie die Lokalforschung meint, den Beginn der Errichtung einer Stadtbefestigung. Der Verlauf der Stadtmauer ist relativ unregelmäßig und folgt in weiten Teilen der Ausdehnung der Siedlung, wobei sowohl im Süden als auch im Norden auch noch freie Flächen in die Ummauerung einbezogen worden waren.467 Letzteres hat in beiden Bereichen wohl einen strategischen Hintergrund. Die Stadt liegt zwar im Tal, nach Süden hin steigt das Gelände aber schon im Bereich der Stadt relativ steil zu einer Hochfläche hin an. Die Stadtmauer wurde im südlichen Bereich oberhalb dieses steilen Anstieges an einer Stelle errichtet, an der das Gelände weitgehend eben ist. Hier war der Mauer dann ein Wall-Grabensystem vorgelagert, welches noch heute erkennbar ist.468 Im Norden folgte die Befestigung allem Anschein nach weitestgehend dem Verlauf des Wasserlaufes Darre.469 Damit war an dieser Stelle ein weiteres vorgelagertes, zusätzliches Schutzsystem unnötig. Insofern dürfte auch der südliche Verlauf in dieser Form wegen der besonderen natürlichen Gegebenheiten errichtet worden sein. Diese Beobachtungen widersprechen allerdings der Behauptung Christine Müllers, welche feststellte, dass die geographischen Gegebenheiten den Verlauf der Mauer nicht erklären können. Es sind gerade die geographischen Bedingungen, welche den Verlauf der Mauer im Süden und Norden bestimmten. Richtigerweise hat sie aber weiterhin herausgearbeitet, vor allem im Osten zu den Osthöfen hin ist der Verlauf geradlinig und dieses sei dann auf die zum Zeitpunkt der Ummauerung bereits bestehenden Osthöfe zurückzuführen.470 Die Mauer umschloss eine Gesamtsiedlungsfläche von etwa 20 Hektar, welches, wie im Fall Thamsbrücks nach der Kategorisierung Stoobs einer Kleinstadt entspricht. Hierzu kommen noch die 1419 mit Stadtrecht ausgestatteten und 1436 an die Stadt verkauften Osthöfe,471 welche noch einmal etwa vier Hektar umfassten. Der Mauerring wurde von vier Toren, dem Osthöfer Tor und dem Gebischen Tor im Osten, dem Langensalzaer Tor im Westen und dem Brückentor im Norden durchbrochen. Zusätzlich befand sich östlich des Brückentores noch ein weiterer als Pforte bezeichneter Durchlass.472 466 467 468 469 470 471 472
Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 26f. ISENMANN: Stadt des Spätmittelalters, S. 17 u. 48-50. HAASE: Stadt als Festung, S. 384f. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. Fotos, in: Anhang: 2. Fotos, Foto 1-3. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 265. Ermittelt wurde die Fläche mit: http://www.geoproxy.geoportal-th.de/geoclient/control (26.04.2013). STOOB: Stadtformen, S. 159. Vgl. auch: WILHELMS: Tennstedt, S. 53. Diese Pforte befand sich am Ende der heutigen Darrgasse in Norden der Stadt. (WILHELMS: Bad Tennstedt, S. 52. Stadtplan, in: SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 4.
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Damit war zwar Tennstedt grundsätzlich eine der im Mittelalter nicht unüblichen Viertorstädte, allerdings entsprachen die Tore nicht den vier Himmelsrichtungen, wie es ansonsten durchaus bei solchen Städten zu beobachten ist.473 Auch dieser Umstand spricht dafür, hier von einer gewachsenen Stadt auszugehen. Darüber hinaus verfügte die Mauer neben den Tortürmen über eine Anzahl weiterer Türme.474 Auch wenn diese Türme militärischen Notwendigkeiten entsprachen, spricht ihre Errichtung ebenso für eine gewisse wirtschaftliche Potenz des Ortes.475 Über die ursprüngliche Anzahl der Türme ist bisher jedoch nichts weiter zu sagen. Während die Stadtmauer im Westen und südlichen Teil relativ gut und vollständig erhalten ist und hier noch einige Türme vorhanden sind,476 fehlt sie in den übrigen Abschnitten nahezu vollkommen. Jedoch gab es auch im nördlichen Abschnitt Türme. So zeigt der Kupferstich in Matthäus Merians Topographia Superioris Saxoniae Thüringiae die Stadt von Norden. Auf diesem sind im nördlichen Teil der Stadtmauer drei viereckige und ein runder Turm zu erkennen. Hinzu kommt noch ein Turm mit mehr als vier Ecken. Außerdem gab es weitere turmartige Ausbauten.477 Das Langensalzaer Tor lag seinem Namen entsprechend an der westlichen von Langensalza kommenden Verkehrsanbindung. Vor dem Tor nahm dieser Verkehrsweg noch die aus Süden von Herbsleben kommende Straße auf. Die von Herbsleben heranführende Straße vereinigt sich südlich des Langensalzaer Tores zusätzlich mit der von Südwesten kommenden Straße aus Kleinvargula. Der Name des Brückentores im Norden verweist zunächst nicht unbedingt auf eine die Stadt verlassende Fernverbindung. Dennoch schlossen sich dem durch dieses Tor die Stadtgrenze passierenden Weg eine Reihe von Straßen an, welche nach Norden, Nordwesten und Nordosten führen. Damit besaß Tennstedt auch eine gute Anbindung nach Norden und über Ebeleben eine direkte Verbindung nach Sondershausen und von dort aus waren weitere Fernstraßen zu erreichen.478 Die Funktion der beiden östlichen Tore erklärt sich recht eindeutig aus ihrem jeweiligen Namen. Über das Osthöfer Tor war der Zugang zu den Osthöfen und
473 474
475
476 477 478
TOPPIUS: Tennstedt, S. 33.). Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 243-245. Vgl. Kupferstich von Matthäus MERIAN, in: Topographia Superioris Saxoniae Thüringiae, S. 180. Auch Toppius gibt Auskunft über das Vorhandensein von Türmen. (Vgl. TOPPIUS: Tennstedt, S. 29-33.). Vgl. BILLER: Entwicklung der Stadtbefestigungen, S. 92-94. So besaß beispielsweise die Stadt Schlotheim keine Türme, sondern lediglich bastionsartige Vorsprünge. (Vgl. Kap. II.3.10.). Vgl. Fotos, in: Anhang: 2. Fotos, Foto 4f. Vgl. Kupferstich von MERIAN, in: Topographia Superioris Saxoniae Thüringiae, S. 180. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5.
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damit auch zur Burg gesichert, während durch das Gebische Tor der Fernweg nach Osten in Richtung Gebesee verlief. Dieser Weg nahm dann östlich vor den Osthöfen noch die die Stadt durch das Osthöfer Tor verlassende Straße auf. Eine weitere Straße verlief nördlich der Stadt nach Osten über Klein- und Großballhausen und Schwerstedt in Richtung Straußfurt. Sowohl bei Straußfurt als auch bei Gebesee lagen Übergänge über die Unstrut.479 Anhand der Tornamen wird deutlich, dass eine Fernverbindung die Stadt im Westen durch das Langensalzaer Tor betrat und im Osten durch das Gebische Tor verließ. Dieser von Gebesee heranführende Verkehrsweg ist eine aus Weißensee und Gebesee kommende und nach Mühlhausen/Eisenach weiterführende Fernstraße. 480 Damit verlief die wichtige Straße in etwa diagonal von Nordwesten nach Südosten durch den Ort und überquerte den Markt. Diese Zusammenhänge würden wiederum darauf hinweisen, dass Tennstedt als ursprüngliche Dreitorstadt anzusehen ist, wobei, wie anhand der Tornamen deutlich wird, die Ost-Westverbindung wenigstens im Spätmittelalter der wichtigere Verkehrsweg war. Demgegenüber dürfte die Verkehrsverbindung von Süden nach Norden im Frühmittelalter die bedeutendere gewesen sein. So fällt auf, dass sämtliche Wege nach Norden erst unmittelbar unterhalb der frühmittelalterliche Burg vom von Süden herankommenden Hauptweg abzweigen. Daneben muss es auch in der Frühzeit schon eine Verkehrsanbindung nach Osten gegeben haben. So bogen ebenfalls etwas unterhalb der frühmittelalterlichen Burg zwei Wege nach Osten ab. Der wahrscheinlich wichtigere von beiden führte dann zum Unstrutübergang bei Straußfurt. Das Osthöfer Tor wurde, wie sich anhand des Mauerbauprivilegs andeutet, errichtet, um den Zugang von der Burg zur Stadt zu gewährleisten. Deshalb könnte auch der Dreiecksmarkt in seiner ursprünglichen Anlage keine Dreiecksform gehabt haben, sondern er entstand an der durch die Stadt führenden Fernstraße als nahezu viereckiger Markt. Erst durch eine Erweiterung im Zusammenhang mit dem Osthöfer Tor wurde er dann in Richtung dieses Tores verlängert und erhielt seine dreieckige Form.481
479 480
481
Urmesstischblatt. Topographische Aufnahme 1853/54, 4830 Großvargula u. 4831 Gebesee. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 266. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 526. Werner Schnellenkamp hingegen denkt, dass die Hauptverkehrsverbindung in gerader Linie von Westen nach Osten durch die Stadt verlief und die Stadt im Osten durch das Osthöfer Tor in Richtung Klein- und Großballhausen – Schwerstedt – Straußfurt verließ. (SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 10f.). Vgl. Stadtgrundriss, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5.
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Über die Stadtbefestigung hinaus besaß die städtische Verteidigung ein weiteres Sicherungssystem. Im Gandersheimer Zins- und Güterregister von 1438 werden zwei Warten erwähnt, welche den Zugang zur Stadt zusätzlich absicherten. So befanden sich am Mittelweg die sogenannte Mittelwegewarte 482 und zu Bruchstedt hin die Hohe Warte.483 Zuzuwenden ist sich jetzt noch einmal den Osthöfen und hierbei ist auf ein weiteres grundsätzliches Problem hinzuweisen. Wenn die Osthöfe seit 1419 Stadtrecht hatten und 1436 in den Besitz der Stadt kamen, weshalb sind sie nicht in die 1448 erstmals in den Quellen erkennbare Ummauerung einbezogen worden? Vielleicht ist dieses ein weiterer Hinweis darauf, dass bereits eine ältere Stadtbefestigung vorhanden war. Ob es sich hierbei bereits um eine Mauer oder nur eine Holz-Erde-Lehmbefestigung handelte, ist nicht zu entscheiden. Des Weiteren könnte eine ältere Befestigung auch der Grund sein, warum 1419 keine Zusammenlegung der zur Stadt erhobenen Osthöfe mit der Altstadt erfolgte. Das trennende Element zwischen beiden Siedlungsteilen war dann weniger ein geographisches, sondern vielmehr die bereits vorhandene Stadtbefestigung. Auch in Langensalza spielte dieser Umstand bei der Zusammenlegung der drei Teilstädte eine gewichtige Rolle und ein vollständiger Abbruch der die Langensalzaer Altstadt von den zwei Neustädten trennenden Mauer erfolgte bis ins ausgehende Mittelalter nicht.484 Aus allen bisherigen Überlegungen hinsichtlich der Stadtbefestigung deutet sich letztendlich Folgendes an: Die 1448 erstmals in den Quellen erkennbare Stadtmauer, hatte ältere Vorläufer unbekannten Aussehens und unbekannten Alters. Als die Osthöfe 1419 Stadtrecht erhielten, scheint eine Befestigung aber schon vorhanden gewesen zu sein und auch für das 14. Jahrhundert gibt es einige dahingehende Indizien. Bezüglich der Osthöfe bedarf es noch einiger weiterer Bemerkungen. Hans Patze sah in ihnen eine Stadterweiterung Tennstedts, die aber noch in ludowingische Zeit fällt und auf die Ludowinger zurückgeht.485 Letzteres ist aber schon deswegen eher unwahrscheinlich, weil sich weder eine ludowingische Stadtherrschaft noch umfangreicher ludowingischer Besitz in Tennstedt nachweisen lassen. Mehr als unsicher ist außerdem, dass Tennstedt in ludowingischer Zeit überhaupt schon Stadt war. Zwar vertritt Christa Jochum-Godglück ebenfalls die Auffassung die Osthöfe in Tennstedt seien im 13. Jahrhundert als Vorstadt der Stadt
482 483 484 485
NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 21a, Z. 30. NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 21a, Z. 22. Vgl. Kap. II.4.7.2 u. II.4.7.4. PATZE: Landesherrschaft, S. 268.
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Tennstedt entstanden. Bei ihrer Argumentation stützt sie sich im Wesentlichen aber auf die Aussage Patzes.486 Gerade ihre Ausarbeitungen zu den Siedlungsnamen auf -hofen zeigen jedoch, dass in den überwiegenden Fällen diese Orte frühmittelalterliche Siedlungen sind. Darüber hinaus hat sie herausgearbeitet, dass in diesen Orten oder in ihrem Umfeld fränkischer Reichsbesitz bezeugt ist oder erschlossen werden kann.487 Da sich auch in Tennstedt Fiskalgut nachweisen lässt, welches wahrscheinlich bis ins 8. Jahrhundert zurückreicht, könnte somit auch ein entsprechendes Alter dieser Siedlung angenommen werden. Außerdem ist darauf zu verwiesen, dass sich um ganz Tennstedt herum Siedlungen mit dem Grundwort -hofen gruppierten und bei keinen der anderen Siedlungen auf -hofen, wird ein Entstehungszusammenhang als Vorstadt angenommen. So lagen immerhin auch die Frommhöfe im Westen unmittelbar vor der Stadtmauer.488 Die frühsten quellenkundlichen Belege für die Osthöfe, in welchen sie auch ausdrücklich so bezeichnet werden, gehören laut Christa Jochum-Godglück in das Jahr 1254 und 1312. In beiden Fällen stehen sie im Zusammenhang mit einer sich nach den Osthöfen nennenden Person, welche als Zeuge in Urkunden genannt wird.489 Schon die Zuordnung des 1254 in einer Urkunde des Vogtes Johannes von Allstedt genannten Theodericus de Osthoven zu den bei Tennstedt gelegenen Osthöfen ist mehr als fraglich. In der betreffenden Urkunde verzichtete Johannes von Allstedt auf sein Eigengut zu Sulzbach zugunsten des Klosters Heusdorf. 490 Das ehemalige Benediktinerkloster Heusdorf liegt im heutigen Apoldaer Stadteil Heusdorf und der Ort Sulzbach nur wenige Kilometer südlich davon.491 Ein geographischer Bezug zum Tennstedter Raum ist demnach nicht festzustellen. Auch die anderen Zeugen gehören nicht in die Region um Tennstedt.492 Insofern muss doch mehr als fraglich bleiben, inwiefern es sich bei dem Theodericus de Osthoven tatsächlich um eine Person handelt, welche sich nach den Osthöfen bei Tennstedt nennt.
486 487 488 489 490 491 492
JOCHUM-GODGLÜCK: Siedlungsnamen, S. 285f. u. 496. JOCHUM-GODGLÜCK: Siedlungsnamen, S. 496-498. Vgl. Stadtgrundriss Tennstedt, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 5. JOCHUM-GODGLÜCK: Siedlungsnamen, S. 285f. UB Gleißberg, Nr. 36. HUSCHKE: Art. Heusdorf, S. 197f. Die Pröpste Friedrich von Kaltenborn, Dietmar von Nauendorf und Alexander von Roßleben sind in keine Beziehung zu Tennstedt zu bringen. Gleiches gilt auch für die genannten weltlichen Zeugen, unter welchen auch Dietrich von Osthoven erscheint. Die Pfarrer Johann zu Röblingen und Peter von Wolferstedt gehören in das Umfeld Allstedts. (Vgl. Dob III, Nr. 2292.).
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Vor gleichen Schwierigkeiten steht der zweite von Jochum-Godglück angeführte urkundliche Nachweis. In einer 1312 durch Günther, Graf von Käfernburg ausgestellten Urkunde zeugt ein Heinrich de Osthoven, und wird gleichzeitig als dessen Notar bezeichnet. Günther beurkundet, dass sein Lehnsmann Hermann von Osthausen in der Flur des Dorfes Osthausen (westlich von Kranichfeld) Besitz, welchen er vom Grafen zu Lehen hatte, an den Priester Bertold verkauft hat. Als Zeugen genannt werden einige Kanoniker des Erfurter Marienstiftes, ein Heinrich Hagke, Kanoniker in Dorla, die Ritter Burckardt und Herrmann von Mülverstedt, Giselerus de Cristeningen und Siboto de Stalberg.493 Zwar verteilen sich die genannten Zeugen ihrer Herkunft und Wirkungsstätte nach auf Erfurt und den nordwestlichen Teil des Thüringer Beckens, eine Zuordnung einzelner Personen in das direkte Umfeld Tennstedts ist aber gleichfalls nicht möglich. Ebenso konnte bisher keine Beziehung zwischen den Osthöfen und den Grafen von Käfernburg hergestellt werden. Auch bei dieser Urkunde ist somit letztendlich nicht sicher, ob der genannte Heinricus de Osthoven den Osthöfen bei Tennstedt zugeordnet werden kann. Als sicherer frühster Nachweis für die Existenz der Osthöfe bleibt somit nur die Urkunde von 1273, in der zwar nicht die Osthöfe direkt erwähnt werden, aber die hier befindliche Kirche genannt wird. Über das Alter der Osthöfe und der anderen sich um Tennstedt gruppierenden, auf -hofen endenden Siedlungen ist nichts Sicheres auszusagen, außer dass sie gleichfalls schon sehr früh im Zusammenhang mit dem Königsgut im Raum Tennstedt entstanden sein könnten. Auffällig bleibt, dass sie sich in einem Halbkreis um die Siedlung Tennstedt herum verteilen. Lediglich die Winkelhöfe in unmittelbarer Lagebeziehung zur frühmittelalterlichen Burg und die Ausarbeitungen Jochum-Godglücks könnten auf eine sehr frühe Entstehung verweisen. Wenig hilfreich ist hierbei auch das Grundwort -hoven. Seine Bedeutungsvielfalt reicht vom Wirtschaftshof, über den einzelnen Bauernhof oder Mittelpunkt einer größeren bäuerlichen Betriebseinheit. Gemeint sein kann sogar das gesamte Dorf, mehrere Dörfer, welche pfarrlich und gerichtlich zusammengehören, oder aber auch einzelne Stadtteile können auf diese Weise bezeichnet werden.494 In den Osthöfen lag an der Straße nach Gebesee noch ein Hospital, über dessen Gründung aber nichts weiter bekannt ist. Erwähnt wird es lediglich im Mainzer Subsidienregister von 1506 als extra murros gelegen und hierzu gehörte noch eine dem heiligen Jakob geweihte, heute noch vorhanden Kapelle.495 Des Weite-
493 494 495
UB Erfurter Stifter 1, Nr. 961. DRW V, Sp 1162-1178. Das Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 2952.
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ren gab es noch ein nicht mehr genauer zu lokalisierendes Leprosenhospital, welches gleichfalls erstmals 1506 erwähnt wird.496 Auch seine Entstehungszusammenhänge sind letztendlich ungewiss. Neben der wohl zum Hospital gehörenden Jakobskapelle bestand noch eine Elisabethkapelle, welche vor dem Osthöfer Tor lag und möglicherweise in Beziehung zur Burg Großentennstedt zu setzen ist und vielleicht sogar die Burgkapelle war.
2.7 Zusammenfassung Die Frühgeschichte Tennstedts ist eng mit dem Königtum, dem Kloster Hersfeld und dem Reichsstift Gandersheim verbunden. Das Königtum verfügte hier nicht nur über einen Verwaltungsmittelpunkt für das umliegende Königsgut, sondern auch über eine befestigte Anlage nördlich der späteren Stadt. Ob es sich hierbei auch um eine königliche Pfalz gehandelt hat, ist schon wegen nur eines nachweisbaren Königsaufenthaltes nicht zu beweisen. Des Weiteren ist vollkommen unklar, ob der Aufenthalt König Heinrich V. im Jahr 1106 überhaupt noch auf Königsgut stattfand. So ist nicht auszuschließen, dass auch der Königshof sich schon vollständig in Gandersheimer oder Hersfelder Hand befand. Sicher ist aber auch dieses keinesfalls. Tennstedt selbst war eine mehrgliedrige Siedlung, welche nicht nur in die Hauptsiedlung Großentennstedt und die slawische Nebensiedlung Wenigentennstedt zerfiel. Zusätzlich dazu gab es vier weitere Siedlungen – die Osthöfe, die Vronyginhofin, die Frommhöfe und die Winkelhöfe. Über das Alter dieser Siedlungsteile war nichts Gesichertes auszusagen. Lediglich die ersten beiden werden im 14. Jahrhundert erstmals direkt erwähnt und die Osthöfe sind für das 13. Jahrhundert zu erschließen. Bei den Winkelhöfen scheint wegen der Lagebeziehung zur frühmittelalterlichen Burg auch ein Entstehungszusammenhang mit dieser mehr als wahrscheinlich. Darüber hinaus deutet sich an, dass Tennstedt inmitten einer frühmittelalterlichen slawischen Siedlungskammer lag und der Ort Wenigentennstedt ursprünglich selbst Slawen beherbergte. Dieses Slawen wiederum waren mit einiger Wahrscheinlichkeit durch das Königtum innerhalb des Fiskalgutbezirkes Tennstedt angesiedelt worden. Mit der Schenkung des Fiskalzehnten an das Kloster Hersfeld im 8. Jahrhundert beginnt die hersfeldische Geschichte in Tennstedt. Nur wenige Jahre später erwarb das Kloster dann Besitz im Ort und im Jahr 932 fiel in einem Gütertausch weiterer Königsbesitz an das Hersfelder Kloster. Mit der Schenkung von Gütern 496
Das Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 2941.
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durch den König an das Reichsstift Gandersheim im Jahr 877 trat eine weitere geistliche Einrichtung in die Besitznachfolge des Königtums im Raum Tennstedt. Der Gandersheimer Besitz war umfangreich und verteilte sich über die gesamte Siedlung und die weitere Umgebung. Dennoch scheint Hersfeld über Großentennstedt zunächst die alleinige Ortsherrschaft ausgeübt zu haben. Demgegenüber waren im Zusammenhang mit den Osthöfen keine hersfeldischen Rechte erkennbar, während wenigstens geringer Gandersheimer Besitz für das Spätmittelalter hier nachgewiesen werden konnte und auch die dortige Nikolaikirche wohl in Beziehung zu dem Reichsstift zu bringen ist. Letztendlich bleibt aber die frühmittelalterliche Besitzgeschichte Tennstedts trotz der relativ guten Quellenlage mehr als diffus. Der Abt von Hersfeld dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit maßgeblich an der Entwicklung Großentennstedts zur Stadt beteiligt gewesen sein. Des Weiteren gelang es jedoch auch den Landgrafen, welche möglicherweise seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begannen, über personale Bindungen der ortsansässigen Ministerialen auf den Ort auszugreifen und spätestens im 14. Jahrhundert wenigstens teilweise, wenn nicht vorübergehend sogar ganz in die Stadtherrschaft einzurücken. Wie die Landgrafen ihre stadtherrlichen Rechte in Tennstedt erhielten, liegt aber weitestgehend im Dunkeln. Es wurde lediglich deutlich, dass eine Vielzahl von Herrschaftsträgern über Rechte im Raum Tennstedt verfügten und es deutete sich an, dass die landgräflichen Rechte aus unterschiedlichster Hand zu stammen scheinen. Vorstellbar war außerdem, dass sie Rechte und Besitz des Klosters Hersfeld im Zuge der hersfeldischen Schutzvogtei in Tennstedt an sich brachten. Ebenso könnte sie auch die für das Kloster Hersfeld schwierige Lage im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts ausgenutzt haben, um den Besitz an sich zu bringen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass sie zunächst die Tennstedter Ministerialen an sich banden und über diese auf den Ort ausgriffen. Der Erwerb von Besitz aus ministerialischer Hand war wenigstens bei der Auflassung der Burg Wenigentennstedt durch Günther von Tennstedt nachweisbar. Darüber hinaus traten ihnen die Hohnsteiner Grafen Besitz in Tennstedt ab, welcher wiederum ursprünglich gandersheimisch gewesen sein könnte. Schwierigkeiten bereitete aber vor allem, dass vor 1319 keinerlei landgräflicher Besitz in Tennstedt nachweisbar war. Vielmehr fallen dessen erstmalige Nachweisbarkeit mit dem Erwerb von Rechten zusammen. Insofern ist vollkommen unklar, ob sie überhaupt über das Jahr 1319 hinausgehende ältere Rechte in Tennstedt hatten. Das Reichsstift Gandersheim scheidet als Stadtherr aus. Das Stift verfügte weitestgehend nur über grundherrliche Rechte im Raum Tennstedt. Im Ergebnis dürfte die Stadtherrschaft spätestens seit dem 14. Jahrhundert zwischen dem Kloster Hersfeld und den Landgrafen geteilt gewesen sein. Allerdings ist vollkommen unklar, inwiefern der Abt von Hersfeld überhaupt noch seine stadtherrlichen Rechte durchsetzen konnte. Es deutet sich an, dass ihm die Stadtherrschaft
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wenigstens zeitweise vollständig entglitten sein könnte. Endgültig aufgegeben hatte er sie augenscheinlich aber nie. Auch wenn, bedingt durch die geringe Prekarie im markgräflichen Register aus dem Jahr 1378, Tennstedt scheinbar ein Ort von geringer Wirtschaftskraft war, ist spätestens ab dem 15. Jahrhundert mit einem wirtschaftlichen Aufstieg zu rechnen. So traten ab dieser Zeit die Bürger der Stadt zunehmend rechtlich selbstständig in Erscheinung und durch die Stadt konnte sowohl das Dorf Wenigentennstedt als auch der Flecken Osthöfe erworben werden. Schon im markgräflichen Register von 1378 lassen sich für einzelne Gewerke Innungen nachweisen. Spätestens seit dieser Zeit erscheint die Bürger- beziehungsweise Marktgemeinde als soweit sozial differenziert, dass auch mit Einrichtungen wie einem städtischen Rat zu rechnen ist. Der im Verhältnis zur Stadtanlage überproportional große Marktplatz, welcher eine Entsprechung in der hersfeldischen Ebenheit findet, könnte darüber hinaus auf Fernhandel verweisen. Auf ihm sind dann aller Wahrscheinlichkeit nach die für die Stadt wichtigen Produkte, Waid, Schuhwerk und Leinen gehandelt worden. Letztendlich stellt sich Tennstedt als ein Ort dar, welcher zwar eindeutig zu den Kleinstädten zu rechnen ist. Jedoch entwickelte die Stadt sich so weit, dass sich städtische Selbstverwaltungsgremien entwickeln konnten und diese sich auch bis zu einem gewissen Grad von den Stadtherren unabhängig agierten. Auch die Auseinandersetzung mit den lokalen Adligen der Umgebung scheute die Stadt nicht. Schwierigkeiten bereitete bei der Untersuchung der Orts- und Stadtgeschichte vor allem die äußerst spärliche Quellenlage, welche an vielen Stellen kaum mehr als hypothetische Überlegungen beziehungsweise die bloße Skizzierung der erkennbaren Sachverhalte zuließ. Häufig war nur über den Vergleich mit anderen Städten der Region beziehungsweise mit den hersfeldischen Städten Hersfeld und Arnstadt überhaupt zu einer möglichen Lösung zu kommen. Wobei auch diese Ergebnisse sehr oft spekulativ bleiben mussten.
3. Schlotheim 3.1 Forschungsstand und Quellenlage Eine erste Untersuchung der mittelalterlichen Geschichte Schlotheims geschah durch Ludwig Friedrich Hesse im Jahr 1834. Diese Arbeit ist im Wesentlichen eine Zusammenfassung von wichtigen Quellen für die Ortsgeschichte bis zum
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Jahr 1393 und stellt die besprochenen Urkunden im vollen Wortlaut oder als Regest in den Fußnoten zu Verfügung.1 Ihm nachfolgend erschien zwischen 1857 und 1861 eine Reihe von Aufsätzen Hermann Funkhänels zu den Herren von Schlotheim, welche darüber hinaus einige Aspekte der schlotheimischen Ortsund Stadtgeschichte bis ins 14. Jahrhundert anreißen.2 Ebenfalls in der Mitte des 19. Jahrhunderts veröffentlichte Karl Aue einen Aufsatz über die Herren von Schlotheim und Almenhausen3 Anhand von ausgewählten Urkunden untersuchte er die Geschichte der Truchsessen von Schlotheim bis ins 14. Jahrhundert und auch er druckt die behandelten Urkunden in weiten Teilen ab. Die Stadt Schlotheim selbst spielt in diesen Aufsätzen aber nur eine marginale Rolle. Hans Patze äußert sich in seiner „Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen“ kurz zur städtischen Entwicklung, verfolgt sie aber wegen der Anlage seiner Untersuchung nicht über den Zeitraum ihrer Entstehung hinaus.4 Keinen Eingang fand Schlotheims städtische Entwicklung in die Untersuchung von Wolfgang Heß zu den thüringischen Städten im 2. Band der von Hans Patze und Walter Schlesinger herausgegebenen Geschichte Thüringens. 5 Auch Christine Müllers behandelt Schlotheim in ihrer Arbeit über die ludowingischen Städte nur kurz, da in ihren Augen eine Stadtgründung durch die Ludowinger unwahrscheinlich erscheint. Sie zählt Schlotheim vielmehr zu den ministerialischen Städten und sieht in den Truchsessen von Schlotheim die eigentlichen Stadtgründer.6 Erstmals mit stadtgeschichtlichen Aspekten setzte sich Arno Wagner 1933 auseinander. Er analysierte Schlotheims Stadtwerdung und die weitere städtische Geschichte vor allem unter siedlungstopographischen und wirtschaftlichen Aspekten und gab darüber hinaus Hinweise auf weitere wichtige Quellen.7 Eine umfangreiche neuere Darstellung der Schlotheimer Stadt-, aber auch Frühgeschichte findet sich in der 2004 erschienenen, von Ingo Fiedler verfassten Chronik Schlotheims. Verdienstvoll ist vor allem, dass er eine große Anzahl ungedruckter Quellen bespricht und damit auch wertvolle Hinweise zu deren Aufbewahrung liefert. Darüber hinaus behandelt diese Chronik alle wesentlichen Aspekte der vorstädtischen und städtischen Entwicklung. Sie ist schon wegen der 1 2
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HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 1-12. FUNKHÄNEL: Herren von Schlotheim, S. 1-20. FUNKHÄNEL: Adelsgeschlechter in Thüringen 1. Nachtrag Herren von Schlotheim, S. 187-194. FUNKHÄNEL: Wappen der Herren von Schlotheim, S. 363f. FUNKHÄNEL: Marschälle von Schlotheim, S. 184. AUE: Herren von Schlotheim, S. 201-210. PATZE: Landesherrschaft, S. 424f. HESS: Verfassung der Städte, S. 310-330. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 275-281. WAGNER: Schlotheim.
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Fülle an genannten Quellen grundlegend für die hier vorliegende Untersuchung.8 Darüber hinaus enthält die Chronik einen von Günther Siegel verfassten Beitrag zum Magdalenerinnenkloster in Schlotheim, welcher auch die umfangreichste und neuste Untersuchung zur Geschichte des Klosters ist.9 Die wesentlichen Quellen für die Frühgeschichte bis ins Hochmittelalter liefert das Regestenwerk Otto Dobeneckers und in Einzelfällen sind Urkunden in den Diplomata der Monumenta Germaniae Historica abgedruckt. Eine recht umfangreiche Quellensammlung zum Schlotheimer Magdalenerinnenkloster und damit auch für die Stadtgeschichte des Spätmittelalters gab bereits 1734 Heinrich Gottlieb Francke in: „Neue Beyträge zur Geschichte der Staats-, Lehn- und Privatrechte der Lande des Chur- und Fürstlichen Hauses Sachsen“ heraus. Allerdings ist es wegen der heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen kaum genügenden Edition in Einzelfällen notwendig, die Quellen im Original zu überprüfen.10 Die wichtigste Sammlung ungedruckter Quellen befindet sich im Staatsarchiv Rudolstadt im Bestand „Sondershäuser Urkunden“. Mit dem Abdruck einer im Hauptstaatsarchiv Dresden liegenden Abschrift des Schlotheimer Stadtrechtes sowie einigen weiteren dort befindlichen Quellen lieferte Karl Picard eine für die Stadtgeschichte wesentliche Quellensammlung. Der in Dresden aufbewahrte Foliant, aus dem Picard druckt, enthält neben dem Stadtrecht auf knapp 200 Blättern Abschriften von Urkunden und Briefen, welche die Stadt Schlotheim betreffen. Ebenso sind hier auch Originalurkunden und Briefe eingebunden und darüber hinaus finden sich darin weitere die Stadt betreffende Aufzeichnungen.11 Zusammengestellt wurde diese Quellensammlung spätestens 1540. So lautet der von einer Hand des 16. Jahrhunderts geschriebene Vermerk auf der Vorderseite des Einbandes: Ablösung der Stadt und Schlosses Schlotheim, welche die Graffen von Schwarzburg denen von Hopfgarten versagt und des Hauses Sachsen und Schwarzburg an solcher Pfandschaft habende Gerechtigkeit belangende Sachen. A. D. 1530, 1540.12 Dieser Codex ist, außer im Aufsatz von Karl Picard, bisher durch die Forschung nicht weiter berücksichtigt worden. Zwar ist er paginiert, auf einzelnen Blättern finden sich kurze Anmerkungen und Datierungshinweise neuerer Hand, eine genauere Übersicht des Inhaltes ist jedoch nicht vorhanden und es erfolgte
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FIEDLER: Schlotheim in Thüringen. SIEGEL: Das Kloster, S. 262-293. Diplomata Schlothemensia, S. 113-146. PICARD: Stadtrecht. Die Angabe der Signatur, unter der die Abschriften aufbewahrt werden, ist bei Picard fehlerhaft oder veraltet. Aufbewahrt werden sie unter: SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9. In der Folge wird bei Bezugnahme auf den Inhalt der von Picard gedruckten Quellen nach Letzterem zitiert. SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, Einband vorn.
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bisher auch keine ausführliche Bearbeitung. Es gibt somit keinen Überblick darüber, welche Urkunden, Briefe und andere Schriftstücke in ihm enthalten sind. Darüber hinaus erfolgte die Zusammenstellung auch nach keiner chronologischen oder anderweitigen erkennbaren Ordnung. Im Rahmen dieser Arbeit soll deshalb keine vollständige Bearbeitung des Codex vorgenommen werden. Es deutete sich bei einem ersten Überblick nur an, dass wenigstens die hier enthaltenen Urkunden ganz überwiegend auch im Sondershäuser Bestand des Staatsarchives Rudolstadt vorliegen. Grundsätzlich ist aber nicht auszuschließen, dass der Dresdner Codex weitere für die mittelalterliche Geschichte der Stadt wichtige und bisher unbekannte Quellen enthält.
3.2 Verkehrsgeographische Lage Schlotheim liegt auf halber Strecke zwischen Mühlhausen und der als „Geschlink“ bezeichneten Passiermöglichkeit über die Hainleite, welche mit ihren Höhenzügen das Thüringer Becken im Norden begrenzt.13 Der direkte Weg von Schlotheim nach Sondershausen ist etwa 24 Kilometer lang und von Mühlhausen nach Schlotheim sind es ca. 19 Kilometer. Damit entsprachen beide Wegstrecken etwa einer zu bewältigenden Tagesstrecke für Fuhrwerke.14 Von Sondershausen aus führten dann zwei Verkehrsverbindungen zur wichtigen, aus dem hessischniedersächsischen Raum kommenden, über Nordhausen-Sangerhausen nach Halle verlaufenden West-Ost-Fernverbindung. 15 Damit war Schlotheim eine Wegstation aus dem Raum des nordwestlichen Thüringer Beckens auf dem Weg zu einer aus Hessen und Niedersachsen über Nordhausen-Sangerhausen nach Halle führenden wichtigen Fernstraße. Schlotheim lag darüber hinaus insofern strategisch günstig, weil die Straße von Mühlhausen nach Sondershausen sich an dieser Stelle verengte, um einen Durchbruch zwischen den Südausläufern des Düns und den östlich liegenden Heilinger Höhen zu passieren.16 Konrad Niemann gibt an, dass die Straße Mühlhausen-Schlotheim-Sondershausen-Bad Frankenhausen zur oben genannten West-Ost-Fernverbindung im Hochmittelalter, aber vor allem im Spätmittelalter durch Fuhrleute genutzt worden ist, um die Geleitsabgaben auf der Straße über Frömmstedt und 13 14 15 16
PATZE: Landesherrschaft, S. 37. Zur Tagesstreckenleistung: OHLER: Reisen, S. 140f. PATZE: Landesherrschaft, S. 39f. Vgl. auch Karte in: NIEMANN: Alte Heer- und Handelsstraßen. Karte Kreis Mühlhausen Maßstab 1:100000, VEB Hermann Haack, geographisch – kartographische Anstalt Gotha/Leipzig, Gotha/Leipzig 1981.
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Sachsenburg nach Halle zu umgehen. Auch die aus Frankfurt und dem südhessischen Raum kommenden Händler verließen bei Langensalza die Geleitstraße, welche über Tennstedt-Greußen nach Nordosten führte, um den Parallelweg über Schlotheim nach Sondershausen zu nutzen.17 Jedoch könnte auch in Schlotheim Geleit erhoben worden sein. Zwar wird eine solche Erhebung in keiner Quelle ausdrücklich erwähnt, jedoch regelt der Paragraph 65 des Schlotheimer Stadtrechtes die Strafen für das Brechen eines Geleites.18 Darüber hinaus wurde eine Straßennutzungsgebühr eingezogen, welche zur Ausbesserung der Wege zu verwenden war. 19 Insofern war auch der Weg über Schlotheim mit Kosten für die Fuhrleute verbunden. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Nutzung dieses Weges, wie Niemann vermutete, tatsächlich deswegen geschah, weil er kostengünstiger war als die parallelen Geleitsstraßen. Dieser Verkehrsweg könnte wegen seiner Anbindung an die nördlich des Thüringer Beckens verlaufende, wichtige West-Ost-Fernstraße bereits im Frühmittelalter Bedeutung gehabt haben. So ist die Straße über Schlotheim auch die Verlängerung des aus Hessen kommenden über Eisenach und den Hainich nach Mühlhausen führenden Fernweges. 20 Ebenso verlief aus Hessen eine weitere Straße über Eschwege, Wanfried, Lengefeld, Eigenrieden nach Mühlhausen, welche dann als alte Heerstraße über Clingen/Greußen nach Osten verlief.21 Auch diese Straße könnte in einem Nebenzweig von Mühlhausen aus über Schlotheim weiter in den Raum nördlich des Thüringer Beckens geführt haben. Außerdem dürfte dieser Weg den frühmittelalterlichen Königsgutbezirk um Mühlhausen und die hier spätestens seit dem 10. Jahrhundert existierende Pfalz mit den Pfalzen Tilleda, Wallhausen, Allstedt und vielleicht auch Nordhausen sowie dem in dieser Region liegenden Königsgut verbunden haben.22 Für die Lage Schlotheims an einer alten wichtigen Straße spricht auch der Umstand, dass hier nicht nur eine frühmittelalterliche königliche Burg bestand, sondern mit einiger Wahrscheinlichkeit auch eine königliche curtis zur Versorgung der Burg und als Mittelpunkt eines Fiskalgutbezirkes vorhanden war. Die Anlage der Burg wiederum könnte schon in der ersten Hälfte des 8. Jahrhundert erfolgt sein, und es ist 17 18 19 20 21 22
NIEMANN: Alte Heer- und Handelsstraßen, S. 33. PICARD: Stadtrecht, § 65, S. 141. SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 61a. Picard: Stadtrecht, Anlage 1, S. 143. Vgl. Karte Mitteldeutschland in: RAUERS: Handelsstraßen, S. 57. PATZE: Landesherrschaft, S. 31f. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 260. Die Pfalzen Nordhausen, Tilleda, Wallhausen, Allstedt lagen an der wichtigen von Westen über Nordhausen nach Sangerhausen und weiter nach Halle führenden West-OstVerbindung. Wenigstens der Abschnitt Nordhausen – Tilleda trägt auch den Namen „Alte Kaiserstraße“, was auf eine alte und bedeutende Straße verweisen dürfte. (Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 39f.).
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nicht auszuschließen, dass Schlotheim sogar eine königliche Pfalz mit angeschlossenem Wirtschaftshof war.23 Neben diesen wichtigen Straßen führte ein weiterer Weg, wie schon die Bezeichnung eines der Stadttore als Erfurter Tor andeutet, aus Erfurt nach Schlotheim. Auch wurde 1848 der Marolteröder Bach nach Norden verlegt, um dann den schlechten Zustand der teilweise an ihm entlangführenden Straße nach Erfurt zu korrigieren. Dieser Weg verlief von Erfurt wahrscheinlich über Gebesee, Tennstedt nach Schlotheim und entsprach mit ca. 20 km wieder in etwa einer Tagesreise. Zusammenfassend lag Schlotheim damit durchaus verkehrsgünstig. Es war augenscheinlich ein durchaus wichtiger Wegepunkt einer aus Mühlhausen kommenden Straße, welche über die Hainleite weiter nach Norden verlief und das nördliche Thüringer Becken mit den südlich des Harzes verlaufenden Fernstraßen verband. Zusätzlich dazu bestand eine weitere nicht unwichtige Verkehrsverbindung nach Erfurt und damit in das zentrale Thüringer Becken.
3.3 Die Frühgeschichte 3.3.1 Der Ort im Besitz des Königtums und des Klosters Fulda Der in der Mitte des 12. Jahrhunderts in der Reichsabtei Fulda verfasste Codex Eberhardi nennt eine Schenkung eines Gebrahts, welcher nicht näher bezeichnete Güter in Sletheim et Englenheim an das Kloster Fulda überträgt.24 Walther Müller datiert die von Eberhard als Traditionsnotiz überlieferte Güterübertragung in die Zeit des Fuldaer Abtes Ratgar (802-817). Allerdings verwies Otto Dobenecker darauf, dass sich nur neun der 310 Traditionen zeitlich festlegen lassen, und ordnet die Schenkungen deshalb nur recht grob in das 9. Jahrhundert ein.25 Ein weiteres Mal wird der Ort dann in einer Urkunde aus dem Jahr 876 als Slethem erwähnt. Entstanden ist diese Urkunde im Zusammenhang mit der Beilegung des Zehntstreites zwischen dem Abt von Fulda und dem Erzbischof von Mainz. In der betreffenden Urkunde erhält Fulda das Recht, den Zehnten in Schlotheim einzuziehen.26 Der Ort tritt damit erstmals im 9. Jahrhundert in den Quellen in Erscheinung. 23 24 25 26
Vgl. Kap. II.3.2. Codex Eberhardi 2, Nr. 107, S. 138. Dob I, Nr. 294, S. 68-71. DD L. d. Dt., Nr. 170.
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Neben dem Kloster Fulda, welches seit dem 9. Jahrhundert Besitz in Schlotheim hatte und seit der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts auch den Zehnten einzog, besaß auch der König Rechte am Ort. So verschenkte 974 Kaiser Otto II. die civitas und curtis zu Sletheim an seine Gemahlin und Mitkaiserin Theophanu.27 Wegen der hier erwähnten Burg mit angeschlossenem Wirtschaftsbereich dürfte damit zu rechnen sein, dass es sich um größeren und bedeutenderen königlichen Grundbesitz handelte, welcher darüber hinaus auch Pfalzenfunktionen ausgeübt haben könnte. Erhärtet wird diese Vermutung noch durch den Umstand, dass Schlotheim in der Urkunde zusammen mit den sicher als Pfalzen nachweisbaren Orten Mühlhausen und Eschwege genannt wird. Einschränkend tritt dem aber entgegen, dass auch Burgen wie Frieda (zwischen Eschwege und Wanfried) und Tutinsoda (wüst/bei Reiser, nördlich von Mühlhausen) übertragen worden waren, welche ebenso wie Schlotheim eben nicht ausdrücklich als Pfalzen entgegentreten und in der Folge auch nie als solche bezeichnet werden.28 Gleichwohl hat Adolf Gauert darauf hingewiesen, dass Begriffe wie civitas, castellum, curtis oder villa vielfach ebenso für Pfalz stehen können und eine unmissverständliche Benennung als palatium nicht zwingend notwendig war.29 Für Schlotheim als Fiskalgutmittelpunkt spricht weiterhin, dass in einer Reihe von Dörfern der näheren und weiteren Umgebung schon früh Königsgut nachweisbar ist. So erscheint das östlich von Schlotheim liegende Freien- oder Abtsbessingen bis 979 in königlichem Besitz.30 Ferner lässt sich auch in den zwischen Mühlhausen und Schlotheim liegenden Orten Körner und Grabe Königsgut nachweisen,31 wobei für diese allerdings auch eine Zugehörigkeit zum Mühlhäuser Fiskalbezirk angenommen werden kann. Weiterhin befand sich östlich von Schlotheim Fiskalgut in den Orten Rockstedt, Bellstedt, Großen- und Wenigenehrich, in Sußra und wahrscheinlich auch in Honingen (wüst/südlich von Ebeleben, 5 Kilometer nordöstlich von Schlotheim gelegen).32 Die in Schlotheim befindliche und 974 erstmals erwähnte Königsburg könnte darüber hinaus erheblich älter sein, als ihre Ersterwähnung vorgibt. Sie lag zusammen mit den anderen in der Schenkung von 974 erwähnten Burgen Eschwege, Frieda, Mühlhausen und Tutinsoda in der sogenannten Germar Mark,33 welche 27 28
29 30 31 32 33
DD O. II., Nr. 76. …, tam civitates quam etiam curtes cum plenissimis eorum appertinentiis quocumque locorum sitis, id est Eskiniuuach, Frioda, Mulenhusa, Tutinsoda, Sletheim in regione Turingia in Germarene marcha[…] (DD O. II., Nr. 76. Vgl. auch: GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 269.). GAUERT: Königspfalzen, S. 2f. DD O. II., Nr. 186. Dob I, Nr. 497. DD O. II., 64a. DD O. III., Nr. 251. HEINEMEYER: Eschwege, S. 26. DD O. II., 64a. DD O. II., Nr. 201. DD O III., Nr. 251. HEINEMEYER: Eschwege, S. 25f. DD O. II., Nr. 76.
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wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts als Grenzverteidigungssystem gegen die Sachsen eingerichtet worden ist.34 Nachdem Schlotheim 974 durch Kaiser Otto II. an seine Gemahlin Theophanu geschenkt worden war, muss, da es schon am 7. Mai 975 an die Reichsabtei Fulda gegeben worden ist,35 Theophanu recht schnell wieder auf diesen Besitz verzichtet haben, beziehungsweise war ihr dieser wieder entzogen worden. 36 Über die Hintergründe der Schenkung an Fulda ist nichts zu erfahren. Recht allgemein ist nur formuliert, dass die Schenkung pro stabilitate regni et imperii nostri nec non et pro spe divine remunerationis, pro sanitate […] dilecte coniugis nostre erfolgte. 37 Grundsätzlich kann jedoch diese Schenkung kaum ohne die Zustimmung Theophanus erfolgt sein, und sie muss auch für sie von Interesse gewesen sein. Anders als noch 974 wird bei der jetzigen Güterübertragung nur die civitas, jedoch nicht die curtis erwähnt.38 Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Urkunde von 974 wäre bei einer vollständigen Übertragung des 974 genannten civitas und curtis eine Nennung des Wirtschaftshofes zu erwarten gewesen. Ursache für die Nichtnennung könnte der Umstand sein, dass er weiterhin im Besitz des Königtums beziehungsweise Theophanus verblieb. Ebenso muss die summarische Nennung von Königs- und Wirtschaftshöfen der Urkunde von 974 nicht zwangsweise auf alle darin genannten Orte bezogen werden und in Schlotheim befand sich nur eine Burg jedoch kein königlicher Wirtschaftshof. Gleichwohl könnte Schlotheim durchaus ein Fiskalgutmittelpunkt mit einem zentralen, königlichen Verwaltungshof gewesen sein. Ebenso ist eine königliche Burg ohne angeschlossene Wirtschaftseinheit kaum vorstellbar.39 Möglich ist, da königlicher Besitz im Ort in der Folge nicht mehr genannt wird, dass ein hier vorhandener Wirtschaftshof nach 974/75 an einen anderen Herrn übertragen worden war oder er zunächst in der Verfügungsgewalt Theophanus verblieb und erst etwas später in andere Hand gekommen ist. Mit der Urkunde von 975 wird dem Kloster Fulda alles Eigen und Erbgut, welches der König in civitate Sletheim in pago Thuringie in pago Wiggeri hatte, übertragen. Fulda erhielt demzufolge den gesamten königlichen Besitz in der civitas
34 35 36 37 38
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GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 287 u. 309. HEINEMEYER: Eschwege, S. 30-32. DD O. II., Nr. 104. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 309. DD O. II., Nr. 104, Z. 12-14. …,quicquid predii vel hereditatis in civitate Sletheim in pago Thuringie in comitatu Wiggeri habere visi sumus, videlicet macipiis, terris, cultis et incultis, edificiis, viis et inviis, exicitbus et reditibus, quesitis et inquirendis, pratis pascuis, silvis, aquis, aquarum, decursibus, molendinis, piscationibus, cum omnibus appendiciis seu cuiuscumque modi utilitatibus, ad nostram imperialem dignitatem haberi videbatur. (DD O. II., Nr. 104.). GAUERT: Königspfalzen, S. 1-60.
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Schlotheim. Die anschließende Pertinenzformel nennt recht allgemein weitere dazugehörige Rechte, hinter denen sich dann wiederum auch die zur Burg gehörige Wirtschaftseinheit verbergen könnte. So ist zu erwarten, dass zu einer frühmittelalterlichen Burg diverse Wirtschaftseinheiten gehörten, für deren Verwaltung wiederum ein zentraler Hof zuständig war. Gleichwohl wird in der betreffenden Urkunde ausdrücklich nur der Besitz in der civitas Schlotheim an Fulda übertragen, dass hierbei auch der königliche Hof inbegriffen war, kann letztendlich nur gemutmaßt, aber nicht bewiesen werden.40
3.3.2 Die Lage der frühmittelalterlichen civitas und curtis Schwierigkeiten bereitet vor allem die Lokalisierung der königlichen Burg. Infrage kommen jeweils ein Standort innerhalb der heutigen Stadt Schlotheim und auf dem sogenannten Kirchberg, welcher im Süden oberhalb von Schlotheim gelegen ist. So vermuteten sie Paul Grimm und Wolfgang Timpel zunächst eher im Bereich der hochmittelalterlichen Burg im Westen der späteren Stadt. Karl Heinemeyer schließt dagegen nicht aus, dass auch die vorgeschichtliche Wallburg auf dem Kirchberg etwa 0,5 km südlich der Stadt bis ins Frühmittelalter weitergenutzt worden ist.41 Problematisch ist eine Verortung auf dem Kirchberg scheinbar vor allem deshalb, weil die hier aufgefundene Keramik überwiegend in die vorgeschichtliche Zeit und in die römische Kaiserzeit datiert wird.42 Jedoch fanden sich neben dem Lesefund einer Scherbe des 8. bis 11. Jahrhunderts bei Grabungen im Jahr 1972 auch einige wenige Scherben des 11./12. Jahrhunderts und zwei des 13. Jahrhunderts. Darüber hinaus konnten Reste zweier Häuser festgestellt werden, welche im Zusammenhang mit Keramikfunden des 10./11. Jahrhunderts wohl auch in diese Zeit gehörten. Deshalb vertrat Wolfgang Timpel im Zuge dieser neueren Funde dann die Auffassung, die ottonische Burg des 10. Jahrhunderts könnte sich auch auf dem Kirchberg befunden haben, zumal mit fünf Hektar die Anlage in ihrer Größe zeitgleichen Befestigungen entsprechen würde.43
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DD O. II., Nr. 104. GRIMM/TIMPEL: Befestigungen, S. 10f. u. 14-17. HEINEMEYER: Eschwege, S. 31, Anm. 238. TIMPEL: „Alte Schanze“, S. 250-255. GRIMM/TIMPEL: Befestigungen, Katalogteil, Nr. 70, S. 61. TIMPEL: „Alte Schanze“, S. 255-257. Vgl. hierzu auch: GRIMM: Befestigungen der Ekkehardiner, S. 77.
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Daneben haftet hier auch der Flurname „Vor dem Königsholz“, welcher ebenso auf königlichen Besitz schließen lässt. Fiedler sprach sich aber mit dem Hinweis, dass der ursprüngliche Name „Kindesholz“ lautete, gegen eine solche Deutung aus.44 An dieser Stelle sei aber in aller Kürze darauf verwiesen, dass es durchaus einen etymologischen Zusammenhang zwischen Kind und König gibt45 und deshalb Kindes- beziehungsweise Königsholz bedeutungsgleich sein könnten. Deshalb kann anhand des Flurnamens durchaus auf königlichen Besitz im Umfeld des Kirchberges geschlossen werden, ein zwingender Hinweis auf eine hier befindliche Burg ist dieses jedoch nicht. Der Name Kirchberg wiederum weist auf eine ehemals auf dem Berg vorhandene Kirche oder Kapelle hin. Diese könnte dann, wie auch Hans Patze meint, 46 durchaus im Zusammenhang mit der Verwendung der Wallanlage im Frühmittelalter stehen. Eine hier vorhandene Margarethenkapelle wird jedoch lediglich einmal 1502 erwähnt47 und dieselbe ist schon 1506 im Mainzer Subsidienregister nicht mehr nachweisbar.48 Arno Wagner gibt jedoch, ohne seine Quellen zu nennen, an, dass die Kapelle noch mindestens bis 1560 bestanden haben muss,49 und nach Paul Lehfeldt waren noch bis ins Jahr 1850 Überreste zu finden.50 Die Nichterwähnung der Kapelle im Mainzer Subsidienregister von 1506, erklärt sich aber mit einiger Wahrscheinlichkeit damit, dass sie in dieser Zeit zum exemten und dem Papst unterstellten Magdalenerinnenkloster in Schlotheim gehörte.51 Das Margarethenpatrozinium selbst verweist nicht zwingend in das Frühmittelalter und lässt eine Gründung der Kapelle in dieser Zeit dann doch eher fraglich erscheinen. Zwar sind frühe Margarethenkirchen nach Zimmermann nicht grundsätzlich auszuschließen, allerdings setzte nach ihm erst im 12. Jahrhundert ein Margarethenkult nennenswerten Umfanges ein.52 Bei einer Entstehung der Kapelle erst im 12. Jahrhundert wäre dann aber zu fragen, warum sie an diesem weit außerhalb des mittelalterlichen Schlotheims gelegenen und deshalb durchaus 44
45 46 47 48 49 50 51 52
Vgl. Ztugehorungen des Slosses und stadt Slattheim, in: SHStA Dresden 10024, Nr. 10422, fol. 61, fol. 129a. Abdruck in: PICARD: Stadtrecht, S. 145. FIEDLER: Schlotheim, S. 38. GRIMM/TIMPEL: Befestigungen, Katalogteil, Nr. 70, S. 61. KLUGE/SEEBOLD: Etymologisches Wörterbuch, S. 205 u. 219. GRIMM: Wörterbuch, Bd. 11, Sp. 709f. u. 1691f. PATZE/MILDENBERGER: Art. Schlotheim, S. 385. LATh-StA Rudolstadt SU: 1502, Dezember 9. (Reg. 2922.). GRESKY: Jechaburg, Anlage VII, Nr. 68. Das Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 2725-2738. WAGNER: Schlotheim, S. 19. LEHFELDT: Schlotheim, S. 75. GRESKY: Jechaburg, Anlage VII, Nr. 68. Mainzer Subsidienregister von 1506, Editionsanhang, Nr. 5, S. 398. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl 2, S. 53.
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siedlungsfernen Ort erbaut wurde. So spricht die exponierte Lage der Kapelle dafür, ihre Entstehung im Zusammenhang mit einer bereits im Frühmittelalter dauerhaft genutzten Burganlage zu sehen,53 wobei das erst spät überlieferte Margarethenpatrozinium durchaus ein älteres Patrozinium abgelöst haben könnte. Als weiterer Standort der ottonischen civitas ist bereits der von Norden her ins Tal ragende und niedrigere Bergsporn angesprochen worden, auf welchem dann die spätere Stadt entstand und auch die hochmittelalterliche Burg errichtet wurde. Für eine Lokalisierung an diesem Ort finden sich allerdings ebenso kaum eindeutige Hinweise. Von einer möglichen größeren, den gesamten Sporn umfassenden befestigten Anlage sind keinerlei sichtbare Reste erhalten. Jedoch konnte bei Ausgrabungen eine Reihe von zugefüllten Gräben identifiziert werden, welche den westlichen Teil des Bergsporns, auf dem sich dann auch die hoch- und spätmittelalterliche Herrenburg befand, vom östlichen Teil abtrennte.54 Darüber hinaus fand sich im Bereich des Burggrabens der Herrenburg ein in das 7. Jahrhundert zu datierender Triens – eine Goldmünze westfränkischer Herkunft. Diese bereits in ihrer Prägezeit sehr wertvolle Münze ist nur aus vier weiteren Funden in Mitteldeutschland bekannt und die anderen vier Exemplare wurden alle an herausragenden Plätzen gefunden.55 Die Münze könnte dann entweder im Zusammenhang mit fränkischen Siedlern nach Schlotheim gekommen sein oder einen Hinweis auf einen engen Kontakt der hier ansässigen altthüringischen Siedler zu den Franken im Westen geben. Neben dem Triens gibt es noch ein weiteres Indiz auf recht frühe intensive Beziehungen zum Frankenreich. So fanden sich in mehreren Gräbern des späten 6. Jahrhunderts und somit relativ bald nach der Eroberung des Thüringer Königreiches durch die Franken neben eindeutig altthüringischen Bestattungen auch nach fränkischem Brauch bestattete Frauen und Männer. Darüber hinaus wiesen einige der Beigaben einen engen Bezug zum Christentum auf.56 Es deutet somit gleichfalls einiges darauf hin, dass die christliche Religion schon im 6. Jahrhundert und damit recht früh im Raum Schlotheim eine gewisse Verbreitung gefunden hatte. Einen Hinweis für die Entstehungszusammenhänge der zwei frühmittelalterlichen Befestigungen und damit eine Erklärung ihrer jeweiligen Lage ergibt sich möglicherweise aber aus ihrer geographischen Anlage. So fällt die Steilhangseite des Kirchbergs nach Norden ab. Die übrigen Seiten der Burg auf dem Kirchberg sind dann durch ein Wall-Grabensystem geschützt.57 Anders verhält es sich im 53 54 55 56 57
Vgl. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 76. GRIMM/TIMPEL: Befestigungen, S. 11. GRIMM/TIMPEL: Befestigungen, S. 11. FIEDLER: Schlotheim, S. 48. Vgl. BEHM-BLANCKE: Priester- und Heiligengrab, S. 199-219 und Karte S. 213. Zum Kirchberg. Vgl. Karte in: TIMPEL: „Alte Schanze“, S. 251.
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Fall der tiefer gelegenen Anlage im Bereich der späteren Stadt Schlotheim. Hier steigt das Gelände nach Norden hin allmählich an, während im Süden ein Geländeabfall zu beobachten ist.58 Da die Germar-Mark als Grenzverteidigungssystem gegen die im Norden siedelnden Sachsen eingerichtet worden ist, erscheint es wahrscheinlicher, auch einen Ort für eine Befestigung auszuwählen, dessen stärkste Verteidigungsposition nach Norden weist. Dieses wiederum würde dafür sprechen, die Burg des 8. Jahrhunderts auf dem Kirchberg zu suchen, während die Anlage im Bereich der späteren Stadt in einem anderen, jüngeren Zusammenhang entstanden ist. Vielleicht wurde sie erst, nachdem die Sachsen ins Karolingerreich integriert worden waren, ins Tal verlegt.59 Für eine besondere militärische Bedeutung könnte die zum Teil massive Befestigung der Anlage auf dem Kirchberg sprechen. So ließ sich in zwei Wallabschnitten eine vier Meter breite, mit Lehm gebundene Steinmauer feststellen, über deren Höhe jedoch nichts mehr auszusagen ist. Des Weiteren war dem Wall ein 13 Meter breiter und zwei Meter tiefer Sohlgraben vorgelagert.60 Damit verfügte die Burg nicht nur durch den Steilabfall im Norden, sondern auch in den anderen Abschnitten über eine starke Befestigung.61 Grundsätzlich könnte aber auch eine auf merowingische oder karolingische Zeit zurückgehende, bis in die frühe Ottonenzeit hinein existierende zweigeteilte Anlage vermutet werden, bei der Burg und Wirtschaftshof auch in ihrer Lage deutlich voneinander geschieden sind und nicht wie bei der Pfalz Tilleda in räumlich enger Beziehung zueinander liegen.62 So ist nicht auszuschließen, dass die im 10. Jahrhundert erwähnte curtis im Tal lag, während die zugehörige Burg auf dem Kirchberg oberhalb zu suchen ist. 63 Einen vergleichbaren Lösungsansatz verfolgte zuletzt Matthias Hardt im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ort der civitas Memleben und der Lage der dazugehörigen curtis. Während er den Hof mit palatium im Tal innerhalb oder in der näheren Umgebung des späteren Klosters Memleben lokalisierte, verortete er die dazugehörige Burg auf dem etwa drei Kilometer nordwestlichen liegenden Wendelstein.64
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60 61 62 63 64
Vgl. Kap. II.3.10. Michael Gockel verweist gleichfalls darauf, dass die Burgen Schlotheim und Tutinsoda eine für fränkische Befestigungen typische Spornlage aufweisen. Allerdings sagt er im Fall Schlotheims nicht, auf welche der zwei möglichen Anlagen er diese Aussage bezieht. (GOCKEL: Art, Mühlhausen, S. 309.). OA Schlotheim, Nr. 70. Auch in der Pfalz Tilleda existierte ein ähnlich breiter Graben: GOCKEL: Art. Tilleda, S. 564. Zu Tilleda: GOCKEL: Art. Tilleda: S. 566 u. 577f. Vgl. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 75. HARDT: Memleben, S. 61-77.
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Jedoch ist trotz aller bisherigen Überlegungen hinsichtlich der Lage von civitas und curtis nicht zu vernachlässigen, dass die Anlage im Bereich der späteren Stadt mit ihren Gräben ebenfalls Befestigungsmerkmale aufweist. Des Weiteren entspricht die Lage auf einem leicht erhöhten Bergsporn in einem Tal vergleichbaren ottonischen Anlagen wie beispielsweise Tilleda, bei welcher Burg und Hof wiederum auch eine topographische Einheit bildeten.65 Der Bergsporn, auf dem sich Befestigungsreste des 10. Jahrhunderts fanden und auf dem später die Stadt Schlotheim entstehen sollte, reicht von Norden her in das Nottertal herein66 und misst in seiner Nord-Süd-Ausdehnung ca. 200 Meter und seine Ost-West-Länge beträgt ungefähr 400 Meter. Die frühmittelalterliche Befestigung umschließt eine Fläche von etwa 100 x 200 Meter im Westen des Bergsporns ein. Damit umfasst die Fläche der Befestigung zwei Hektar bei einer Gesamtfläche des Bergsporns von etwa neun Hektar.67 Die zur civitas gehörige curtis könnte sich wie im Falle Tilledas deshalb auch in Form einer Vorburg direkt an die Burg angeschlossen haben und wäre dann östlich vor der Burganlage auf dem restlichen etwa sechs Hektar großen Gelände zu suchen.68 Die Hauptburg entspricht damit in etwa einer Größe von zwei Hektar. Größer als die Hauptburg angelegte Vorburgen sind für ottonische Pfalzen nicht untypisch69 und deshalb könnte sich die Burg der Urkunde von 974 tatsächlich innerhalb der späteren Stadt befunden haben. Die mit ihrer Hauptverteidigungsseite nach Norden ausgerichtete Burg auf dem etwa 50 Meter hoch steil über dem Nottertal aufragenden Kirchberg könnte damit möglicherweise als eine Befestigung der Germar Mark des 8. Jahrhunderts angesehen, werden, welche noch bis in die frühe Ottonenzeit in dieser Funktion genutzt worden ist. Im Verlauf des 10. Jahrhunderts könnte im Zusammenhang mit den Ungarneinfällen dann auch die curtis im Tal wenigstens teilweise befestigt worden sein.70 Auf diesem Weg ließen sich die Gräben des 10. Jahrhunderts auf
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GOCKEL: Art. Tilleda, S. 566 u. 577f. Topographische Karten 1:10000 4729 SO Schlotheim, 4729 NO Schlotheim, 4730 SW Allmenhausen 4730 NW Ebeleben des Landesamt für Vermessung und Geodäsie des Freistaates Thüringen, Erfurt 22011. GRIMM: Archäologische Beobachtungen an Pfalzen und Reichsburgen, S. 274f. GRIMM: Archäologische Beobachtungen an Pfalzen und Reichsburgen, S. 276. GRIMM: Archäologische Beobachtungen an Pfalzen und Reichsburgen, S. 295f. So führten die Ungarn im ersten Viertel des 10. Jahrhunderts mehrfach Kriegszüge nach und durch Thüringen oder beabsichtigten wenigstens einen solchen Schritt. (Widukindi res gestae Saxonicae I, 38, in: SS rer. Germ. 60, S. 56. Anno 907, aus: Adalberti continuatio Reginonis, in: SS rer. Germ 50, S. 155. Liudprandi antapodosis II, 24-28, in: SS rer. Germ. 41, S. 49-51. In Tilleda lässt sich die Befestigung der Hauptburg in die Zeit des 9. oder 10. Jahrhunderts datieren. Bei Ausgrabungen wurde festgestellt, dass sich
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dem unterhalb des Kirchberges gelegenen Bergsporn erklären. Ob in diesem Zusammenhang die Anlage auf dem Kirchberg weitgehend aufgegeben worden ist, lässt sich nicht ermitteln. Da sich außer der vorhandenen Kapelle und einigen wenigen Keramikfunden keine hoch- und spätmittelalterlichen Spuren fanden und auch die aufgefunden Grubenhäuser spätestens ins 10. Jahrhundert zu datieren sind, ist dieses aber durchaus wahrscheinlich. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen soll jetzt noch die Topographie der Pfalz und Burg Allstedt mit dem dazugehörigen Königshof, wie sie Gauert 1965 darstellte, herangezogen werden. Wie sich schon bei Schlotheim andeutete, gab es nach den Überlegungen Gauerts auch hier eine räumliche Trennung zwischen königlicher Pfalz/Burg und dem Königshof – der curtis. Letztere solle im Tal gelegen haben, während sich oberhalb im Nordosten auf einem Sporn Burg und Pfalz erhoben. In der um die curtis entstandenen Siedlung lag eine Kirche, während sich in der Pfalz selbst eine Kapelle befand.71 Westlich der curtis wurde wahrscheinlich im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts planmäßig eine Stadt angelegt.72 Auch wenn in Schlotheim keine Pfalz nachzuweisen ist, würde es damit nicht nur in der Lagebeziehung zwischen civitas und curtis zu Allstedt Parallelen geben, sondern auch die Stadt wurde, wie im Fall Schlotheims vermutet, als planmäßige Gründung neben der curtis Allstedt angelegt. Darüber hinaus gibt es möglicherweise eine weitere Parallele zwischen beiden Orten. Ähnlich wie vielleicht im Fall Schlotheims, könnte auch die der späteren Pfalz zugrunde liegende Burg Allstedt in den 40er Jahren des 8. Jahrhunderts im Rahmen eines Burgensystems zur Absicherung gegen die Sachsen eingerichtet worden sein.73 Allerdings hatte Michael Gockel zuletzt Bedenken hinsichtlich einer Lokalisierung der curtis Allstedt im Tal unterhalb der Burg im Bereich der ursprünglich hier befindlichen Wigbertikirche geäußert. Für ihn handelt es sich bei dem hier befindlichen Gelände um den ursprünglichen Pfarrhof und Verwaltungshof der hersfeldischen Kirche und es gab nach ihm auf dem 80 x 85 m messendem
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unter dem Wall ein Grubenhaus aus dieser Zeit befand. (DAPPER: Neuinterpretation der Grabungsergebnisse, S. 154.). GAUERT: Königspfalzen, S. 11f. So belehnte nach einer Mansfelder Chronik des 17. Jahrhunderts König Ludwig im Jahr 1323 den Grafen Burchard V. von Mansfeld mit Burg und Statt Alsta. (Vgl. Bemerkungen zu: RI VII, 8 Nr. 71.). Erscheint diese späte Überlieferung hinsichtlich des Stadtstatus von Allstedt noch problematisch, verweist doch bereits eine Urkunde von 1316 auf einen in Allstedt bestehenden Verband von Personen, welche entweder einer Stadtgemeinde oder einer Marktgemeinde angehört haben könnten. Graf Burchard von Mansfeld verkaufte 1316 mit Zustimmung der Gemeinde (communitas) von Allstedt 24 Acker an das Kloster Walkenried. (UB Walkenried 2, Nachtrag 118. Vgl. auch: GOCKEL: Art. Allstedt, S. 35.). GOCKEL: Art. Allstedt, S. 27.
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Gelände keinen weiteren Platz für einen königlichen Wirtschaftshof. Vielmehr habe der Wirtschaftshof unmittelbar östlich an die Burg angeschlossen und noch innerhalb des den Westteil des Bergsporns abriegelnden, mächtigen Abschnittsgraben gelegen.74 Ist diese Annahme Gockels richtig, gäbe es wiederum keinerlei Übereinstimmungen hinsichtlich der Topographie der curtis und civitas Allstedts sowie der curtis und civitas Schlotheims. Allerdings ist in Schlotheim das im Westen des Bergsporns gleichfalls durch einen Abschnittsgraben gesicherte Gelände ganz anders als im Fall Allstedts mit 100 x 200 m erheblich größer als in Allstedt. Vergleichbare Überlegungen hinsichtlich des Lageverhältnisses von civitas und curtis stellte Karl Heinemeyer für Eschwege an. In Eschwege, so vermutet er, befand sich die civitas auf dem höchsten Punkt, dem Cyriakusberg, während er die königliche curtis im Tal (im Bereich der heutigen Altstadt) lokalisiert. Hier befindet sich auch die älteste Kirche des Ortes, welche ursprünglich eine königliche Gründung gewesen sein dürfte und schon in frühkarolingischer Zeit gegründet worden sein könnte.75
3.3.3 Die Salvatorkirche – eine frühe Kirchengründung? Ein ebenfalls hohes Alter könnte die Stadtkirche St. Salvator haben. So entstanden Salvatorkirchen zu einem erheblichen Teil in der Missionszeit, während sie ab dem 9. Jahrhundert kaum noch anzutreffen sind beziehungsweise ihr Patrozinium durch andere Heilige ersetzt wurde.76 Darüber hinaus finden sich Salvatorpatrozinien häufig bei früheren Pfalzkapellen, während es bei städtischen Pfarrkirchen kaum verbreitet war77 und somit eine Entstehung im Zusammenhang mit der Stadtgründung eher auszuschließen sein dürfte. Mit dem Verweis auf Martin Hannappel verlegt Paul Grimm die Entstehung der Salvatorkirche auf die Zeit um 1000.78 Hannapel geht wiederum von einer sehr engen Bindung dieses Patroziniums an das Kloster Fulda aus. 79 Tatsächlich wurde Fulda bei seiner Gründung im Jahr 744 dem St. Salvator geweiht. Schon relativ bald nach der Einrichtung des Klosters erscheint Fulda aber nicht mehr 74 75 76 77 78 79
GOCKEL: Art. Allstedt, S. 7f. u. 26f. HEINEMEYER: Eschwege in seinen Anfängen, S. 42. HEINEMEYER: Art. Eschwege, S. 109f. HEINEMEYER: Der Königshof Eschwege, S. 67-69. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl 1, S. 43f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 275 mit Anm. 105. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 28, 37, 48, 179, 198. GRIMM: Beobachtungen an Pfalzen und Reichsburgen, S. 276. HANNAPPEL: Gebiet des Archidiakonates Beatae Mariae Virginis Erfurt, S. 377.
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als monasterium sancti Salvatoris. Bereits vor 761 wird der Name monasterium sancti Bonifatii erwähnt. Eine Zurückdrängung St. Salvators durch St. Bonifatius als Hauptheiligen des Klosters fand demnach schon sehr früh statt.80 Gleichwohl besaß auch die Klosterkirche des 813 geweihten fuldischen Tochterklosters Zell-Gethurms neben dem Bonifatiuspatrozinium auch ein Salvatorpatrozinium. Insofern ist Hannappels Vorschlag zwar nicht endgültig auszuschließen, dennoch sind eine Vielzahl von Salvatorkirchen eher durch angelsächsische Missionare, wie etwa Willibrord und Bonifatius beziehungsweise die Schüler des Letzteren gegründet wurden. Ebenso häufig sind Salvatorkirchen auch in enger Beziehung zum merowingischen und karolingischen Königtum und vor allem auf in dieser Zeit bereits bestehendem Königsgut anzutreffen.81 Aber auch in nachkarolingischer Zeit werden noch Salvatorkirchen gegründet. Hierbei handelt es sich jedoch maßgeblich um Kirchen von Benediktinerklöstern. Des Weiteren finden sich hoch- und spätmittelalterliche Salvatorweihungen im Zusammenhang mit Kreuzheiligtümern und an Sakramentsheiligtümern. Gerade im Spätmittelalter nimmt die Zahl der Weihungen von Salvatorkirchen jedoch ab.82 Weitgehend ausgeschlossen werden kann eine Entstehung der Schlotheimer Kirche im Zuge der Stadtgründung im 13. Jahrhundert. Bei einer Erbauung als städtische Pfarrkirche wäre sie doch eher zentral auf dem Hauptmarktplatz der planmäßigen Stadtanlage errichtet worden.83 Ihre Lage im Westen der Stadt innerhalb einer frühmittelalterlichen Befestigung lässt eine Entstehung im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Burg wahrscheinlich erscheinen.84 Eine Errichtung im Hochmittelalter dürfte insofern auszuscheiden, weil in diese Zeit zu datierenden Salvatorkirchen bis auf die Ausnahme der staufischen Pfalzkirche Hagenau eher im Zusammenhang mit der Einrichtung von Stiften und Klöstern stehen.85 Eine Gründung der Kirche in Schlotheim im Rahmen einer stauferzeitlichen Pfalz scheint darüber hinaus ebenso wenig wahrscheinlich, weil außer den Nachweisen des 10. Jahrhunderts kein Königsgut mehr anhand der Schriftquellen überliefert ist. Darüber hinaus stehen die letzten Nennungen königlichen Besitzes in Schlotheim im Zusammenhang mit dessen Veräußerung. So wurden 975 wesentliche Teile der civitas Schlotheim an das Kloster Fulda übertragen.86 80 81 82 83
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ARIS u. a.: Art. Fulda, St. Salvator, S. 213. OSTENDORF: Salvator-Patrocinium, S. 357-369. OSTENDORF: Salvator-Patrocinium, S. 370-376. Bei der ausgesprochenen Gründungsstadt Thamsbrück befindet sich die städtische Pfarrkirche auf dem Markt und auch im Zusammenhang mit der Entstehung der Marktsiedlung Langensalza wurde mit einiger Wahrscheinlichkeit eine neue Pfarrkirche für die Marktgemeinde errichtet. (Vgl. Kap. II.1.6, II.4.7.1 u. II.4.7.3 sowie II.3.9.) MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 277. OSTENDORF: Salvator-Patrocinium, S. 370ff. DD O. II., Nr. 104.
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Trotz des anzunehmenden hohen Alters der Kirche lässt sich erst im Jahr 1248 ein Hinweis auf eine im Ort vorhandene Kirche finden. So bezeugt in zwei aufeinander bezogenen Urkunden ein Pfarrer zu Schlotheim eine Besitzübertragung an das Kloster Reifenstein. Darüber hinaus ließ sich bisher in keiner die Kirche betreffenden mittelalterlichen Quelle das Salvatorpatrozinium nachweisen und nicht einmal das Mainzer Subsidienregister von 1506 nennt es.87 Deshalb ist das tatsächliche Alter dieses Patroziniums nicht erkennbar und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kirche erst im Zuge der Reformation dem Salvator geweiht wurde und dieser Heilige ein älteres Patrozinium ablöste. Allerdings ließ sich auch ein solcher Umstand bisher nicht nachweisen. Gustav Einickes bespricht in seiner umfangreichen Untersuchung der schwarzburgischen Reformationsgeschichte zwar die Umstände der Säkularisierung des Schlotheimer Klosters sowie der dazugehörigen Kirche, über eine Neuweihe der Salvatorkirche weiß er jedoch nichts zu berichten.88 Im mittelalterlichen Thüringen ist das Salvatorpatrozinium nur selten anzutreffen. Neben dem spätmittelalterlichen Karthäuserkloster in Erfurt erwähnt das Mainzer Subsidienregister nur einige dem Salvator gestifteten Vikarien. So in der Georgkirche zu Erfurt, in hospitalo novo zu Erfurt, in ecclesia sancti Thome zu Erfurt, in der Kirche zu Nebra und in dem in der sedes Monra gelegenen Johanniskloster. Darüber hinaus wird eine weitere Vikarie in monte Saluatoris prope Sontra in parva capella genannt, deren Entstehung jedoch ins 15. Jahrhundert zu datieren sein dürfte. Außerdem verfügt der in Nordthüringen liegende Ort Hausheldrungen (Kyffhäuserkreis in Thüringen, heute wüst) über eine dem Salvator geweihte Pfarrkirche, über deren Alter jedoch nichts weiter bekannt ist. Des Weiteren existierte eine Salvatorbrückenkapelle in Saalfeld, deren Entstehungszeit aber ebenfalls nicht weiter einzugrenzen ist.89 Sicher ins Frühmittelalter zu datieren ist keines der eben genannten Patrozinien. Jedoch befand sich auf dem 40 km von Schlotheim entfernt liegenden Hülfensberg (bei Geismar, Eichsfeldkreis in Thüringen) eine dem Salvator geweihte Kapelle. Diese aus der Missionszeit stammende und ursprünglich wahrscheinlich Johannes und Michael geweihte Kapelle erhielt laut unsicherer lokaler Tradition durch den Karolinger Karlmann schon relativ bald nach ihrer Errichtung in der Mitte des 8. Jahrhunderts zusätzlich das Salvatorpatrozinium.90 Sicher 87 88 89
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Übertragung von 1248: Dob III, Nr. 1656f. Im Mainzer Subsidienregister wird gar kein Patrozinium angegeben. (Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 2725-2738.) Vgl. EINICKE: Reformationsgeschichte 1 u. 2. Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. R 130, R 199, R 229, W/R 611, W 679, W/R 1128 u. W/R 2109, S. 20, 28, 80, 128 u. 240. OSTENDORF: Salvator-Patrocinium, S. 372. OSTENDORF: Salvator-Patrocinium, S. 367-369.
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aber war sie eine seit dem 9. Jahrhundert existierende sehr frühe Pfarrkirche der Region.91 Nach Michael Gockel gelangte die Region um den Hülfensberg in der Zeit Karls des Großen aus königlicher Hand an das Erzstift Mainz.92 Insofern ist durchaus vorstellbar, dass die Kirche auf dem Hülfensberg tatsächlich eine königliche Gründung war und die Salvatorweihe gleichfalls durch die karolingischen Könige geschah. Ein weiteres Beispiel findet sich im Raum nördlich des Thüringer Beckens im unterhalb der Pfalz Tilleda entstandenen Ort. Neben der Pfalzkapelle und einer weiteren Kapelle gab es im Ort eine Pfarrkirche, welche dem Salvator geweiht ist.93 Auffällig ist jedoch, dass damit zwei Salvatorkirchen in Beziehung zu zwei räumlich nicht weit auseinander liegenden königlichen Anlagen stehen oder entstanden. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist noch einmal auf die Salvatorkirche sowie ihr Patrozinium zurückzukommen. Auch wenn die Häufigkeit von Salvatorkirchengründungen in der späten Merowinger- und frühen Karolingerzeit durchaus dafür sprechen könnte, dieses auch für Schlotheim anzunehmen, soll auch eine spätere Gründung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Allerdings bevorzugten die Ottonen andere Heilige und somit wäre aus dieser Sicht eine Errichtung nach der Karolingerzeit wenig wahrscheinlich. Ein Salvatorpatrozinium besitzt nur das durch Konrad I. zwischen 910 und 914 eingerichtete Kloster Limburg. Konrad I. stand jedoch noch ganz in karolingischer Tradition und diese Gründung dürfte deshalb gleichfalls in diesem Zusammenhang erfolgt sein.94 Königsburgen ottonischer Gründung weisen bis auf die unsicher zu datierende Kapelle der Pfalz Duisburg keine Salvatorkirchen auf. Bei der Duisburger Pfalz ist außerdem die Entstehung einer königlichen curtis bereits im 8. Jahrhundert nicht grundsätzlich auszuschließen.95 In der Grafenburg Elten, auf der sich Otto I. 944 aufhielt und welche für königliche Aufenthalte eingerichtet war, stiftete Graf Wichmann 967/68 ein dem heiligen Salvator und Vitus geweihtes Kloster. Das Salvatorpatrozinium ist mit einiger Wahrscheinlichkeit allerdings auf eine hier befindliche ältere Kapelle zurückzuführen, deren Patrozinium dann neben St. Vitus als Stiftspatron fortbestand.96 Da somit eine ottonische Gründung der Schlotheimer Salvatorkirche, auch wenn sie nicht vollständig auszuschließen ist, eher unwahrscheinlich ist, dürfte sie, wenn es sich um eine frühe Gründung handelt, eher in die Karolingerzeit zu 91 92 93 94 95 96
MÜLLER: Hülfensberg, S. 230. GOCKEL: Art. Heiligenstadt, S. 220. Vgl. auch: MÜLLER: Hülfensberg, S. 230, Anm. 2. Vgl. Mainzer Subsidienregister von 1506, Nr. 2766f. u. 2786. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 142. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 147-184. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 335.
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datieren zu sein. Die Anlage im Tal könnte deshalb wenigstens schon in Teilen ebenfalls in dieser Zeit errichtet worden sein. Insofern entstand vielleicht die Salvatorkirche als Kirche der curtis und einer damit in Verbindung stehenden Siedlung. Eine vergleichbare Situation gibt es beispielsweise in Eschwege. Hier war die Kirche des Königshofes, St. Dionysius, auch die Kirche des entstehenden Marktortes und blieb dann bis ins 14. Jahrhundert einzige Pfarrkirche der Stadt.97 Deshalb scheint es doch recht wahrscheinlich, dass, wie schon oben vermutet, in Schlotheim curtis und civitas räumlich voneinander getrennt waren und weiterhin entwickelte sich, wie auch in Eschwege die Stadt aus der curtis heraus. Ebenso ist eine Gründung der Schlotheimer Kirche im 8. Jahrhundert durch angelsächsische Missionare möglich. So wirkten vor allem Bonifatius und dessen Schüler unter dem Schutz der fränkischen Zentralgewalt beziehungsweise in deren Auftrag in Thüringen98 und es gründeten vor allem die Bonifatiusschüler eine Reihe von Salvatorkirchen in Königsgutzentren oder deren unmittelbarer Nachbarschaft.99
3.3.4 Schlotheim ein Erzpriestersitz? Für ein erhebliches Alter der Salvatorkirche in Schlotheim und eine gewisse Bedeutung des Ortes könnte aber wiederum die mögliche Erwähnung eines hier sitzen den Erzpriesters in einer Urkunde aus dem Jahr 1246 sprechen. Er bezeugt einen Gütertausch zwischen dem Pfarrer von Hesserode und dem Ritter von Werther.100 Während Hans Patze von einem tatsächlich hier vorhandenen Erzpriestersitz ausgeht, wendet sich Christine Müller gegen Schlotheim als Sedestitelort. Sie begründet dieses damit, dass in der Urkunde von 1246 Schlotheim das einzige Mal als Erzpriestersitz genannt wird und die Wendung Cunradus archipresbiter de Slatheim den Ort kaum als Erzpriestersitz ausweisen könne.101 Für sie ist die Passage lediglich Hinweis auf einen Erzpriester, welcher sich nach Schlotheim als seinem Herkunftsort und nicht als seinem Amtssitz nannte. Darüber hinaus vertritt sie die Auffassung, der hier genannte Erzpriester sei für
97 98 99 100 101
HEINEMEYER: Eschwege in seinen Anfängen, S. 42. HEINEMEYER: Art. Eschwege, S. 109f. HEINEMEYER: Der Königs hof Eschwege, S. 40 u. 68f. DIERKENS: Willibrord und Bonifatius, S. 462-465. PADBERG: Mission und Christianisierung, S. 48-54 u. 95-102. OSTENDORF: Salvator-Patrocinium, S. 357-369. Ilfelder Regesten, Nr. 40. Dob III, Nr. 1301. PATZE: Landesherrschaft, S. 425. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 277.
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die sedes Wechsungen, in welcher Hesserode und Werther lagen, zuständig gewesen.102 Jedoch verweist gerade die von Müller als Beweis hierfür herangezogene Wendung Cunradus archipresbiter de Slatheim eher auf den Amtssitz Schlotheim als auf eine Herkunft eines anderswo amtstätigen Erzpriesters aus dem Ort Schlotheim beziehungsweise eine Zugehörigkeit zur Familie derer von Schlotheim. Bei einer Herkunft aus Schlotheim wäre eher die Formulierung Cunradus de Slatheim archipresbyter zu erwarten gewesen. Dennoch bleibt, und hier ist Müller Recht zu geben, Schlotheims Funktion als Sedestitelort wegen der einmaligen Nennung als Amtssitz eines Erzpriesters mehr als unsicher. Auch Wolfgang Gresky zweifelt an einem Schlotheimer Erzpriestersitz, möchte aber anders als Müller in Konrad den Erzpriester des sedes Sußra sehen. Er begründet dieses mit dem Umstand, dass zwar der Amtssitz immer gleich blieb, der amtierende Pfarrer jedoch nicht immer aus der gleichen Pfarrkirche gewählt wurde, sondern diese durchaus wechseln konnte.103 Allerdings erklärt auch dieses nicht hinreichend die Formulierung der Urkunde von 1246, in der sich Konrad als Erzpriester von Schlotheim bezeichnete. Jedoch nennt wiederum das Mainzer Subsidienregister von 1506 Abgaben, welche aus Schlotheim an die sedes Sußra abzuführen waren, während eine Schlotheimer sedes nicht genannt wird.104 Insofern dürfte wenigstens in der Zeit der Abfassung des Subsidienregisters Schlotheim der sedes Sußra unterstanden haben. Damit bestünden noch die Möglichkeiten, dass die ursprüngliche sedes Schlotheim entweder verlegt worden ist oder in einen anderen Erzpriestersitz eingegliedert wurde. Hinweise auf die erstere Möglichkeit gibt es im Fall der sedes Ufhoven bei Langensalza. Hier fand aller Wahrscheinlichkeit nach eine Verlegung von Ufhoven in die Stadt Langensalza oder umgekehrt statt.105 Ein ähnlicher Fall liegt bei Weimar und Oberweimar vor. Der ursprüngliche Sedesort war Weimar. Eine Verlegung erfolgte wohl in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nach Oberweimar.106 Für eine Eingliederung einer sedes Schlotheim in einen anderen Erzpriestersprengel ließen sich bisher jedoch keine Nachweise finden. Sollte Ersteres auch im Fall Schlotheims zutreffen, wäre zu überlegen, in welchen Ort die Sedes verlegt worden ist. Im Mainzer Subsidienregister von 1506 wird Schlotheim dem Erzpriestersitz Sußra zugerechnet. 107 Insofern bestünde durchaus die Möglichkeit, dass wie in den oberen zwei Fällen erst nach 1246 eine Verlegung von Schlotheim nach Sußra stattfand. Beweisbar ist dieses allerdings 102 103 104 105 106 107
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 277. GRESKY: Jechaburg, S. 23. Mainzer Subsidienregister, Nr. 2681, 2725-2738, S. 311, 315-317. Vgl. Kapitel II.4.3. Vgl. EBERHARDT: Archidiakonate, S. 21. Mainzer Subsidienregister, Nr. 2677 u. 2681, S. 311.
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nicht, zumal auch über das Alter der Sedes Sußra nichts weiter bekannt ist. Auf ein frühes kirchliches Zentrum oder eine frühe Kirchengründung in Marksußra deutet aber vielleicht eine in Verbindung mit dem Ort stehende Bonifatiuslegende.108 Darüber hinaus könnte die Urkunde von 1246 auch fehlerhaft oder verunechtet überliefert sein, auch kann es sich sogar um eine vollständige Fälschung handeln. Eine Überprüfung ihrer Echtheit dürfte vor allem durch die nur kopiale Überlieferung erschwert werden.109 Allerdings lässt gerade ihre Überlieferung im Kopialbuch des Kloster Ilfeld eine fehlerhafte Wiedergabe des ursprünglichen Textes, welche wiederum auf Fehler bei der Abschrift zurückzuführen wären, mehr als möglich erscheinen. So gibt Köhler in seinem Nachwort zu den Ilfelder Regesten an, dass die Abschriften der einzelnen Urkunden voller Fehler sind, und er meint darüber hinaus, dass sie möglicherweise auf bereits ältere Abschriften und nicht auf die Originale zurückgehen.110 Insofern ist durchaus vorstellbar, dass schon im Zuge des Abschreibens, ob vom Original oder von einer bereits angefertigten Abschrift, die Reihenfolge Cunradus de Slatheim archipresbyter durch Vertauschen der einzelnen Elemente entstanden ist. Ursprünglich könnte deshalb, wie Müller vermutete, Schlotheim tatsächlich die Herkunftsbezeichnung des Erzpriesters und nicht die Bezeichnung seines Amtssitzes sein. Wahrscheinlicher ist dann aber, anders als Müller meint, eine Zuordnung zur Sedes Marksußra, in welcher auch Schlotheim lag, und nicht zur Sedes Wechsungen. Abschließend absichern lässt sich aber nicht, ob hier ein Überlieferungsfehler vorliegt oder Schlotheim ursprünglich Erzpriestersitz war.
108 109
110
GRESKY: Art. Marksußra, S. 268. Die in der Zeugenliste genannten Personen gehören alle, soweit feststellbar, ins unmittelbare zeitliche Umfeld der Urkunde. Propst Vromhold war Vorsteher des Klosters von 1244/46-1258. (MEYER: Ilfeld, S. 8-10.) Der an zweiter Stelle erscheinende Dekan Hugold findet sich von 1246 bis 1262 in Zeugenlisten von Urkunden. (Dob III, Nr. 1301, 1896, 3059, 3067, 3072, 3121.) Fridebold Scholast von St. Crucis in Nordhausen zeugt zwischen 1231 und 1346 in diversen Urkunden. (Dob III, Nr. 221, 582, 676 u. 1301). Burchard und sein Bruder Heinrich waren Burgmannen auf der Burg Honstein und treten zwischen 1229 und 1264 häufig als Zeugen honsteinischer Urkunden in Erscheinung. (Dob 85f., 110, 384f., 387, 499, 582, 681, 773, 775, 841f., 940, 1042f., 1301, 1313, 1316f., 1423, 1761, 1775, 2164, 2286, 2350, 2440, 2465, 2467, 2540, 2566, 2669, 2752, 2758, 2768, 2894, 3059, 3071, 3090, 3121 u. 3233.) Auch Dietrich von Wilrode war Honsteiner Burgmann und zeugt zwischen 1240 und 1264. (Dob III, Nr. 940, 1012, 1042f., 1301, 1313, 1316f., 1423, 1607, 1722f., 1869, 2124, 2126, 2286, 2465, 2467, 2566, 2669, 2752, 2758, 2768, 2807, 2894, 3071, 3121 und 3233.) Hermann von Furra ist zwischen 1242 und 1264 in Zeugenlisten anzutreffen. (Dob III, Nr. 1030, 1301, 1313, 1316, 1607, 1761 u. 2287.) KÖHLER: Einleitung, S. 2f.
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Vor allem die unsichere Überlieferung des Urkundentextes bereitet Schwierigkeiten. Schon wegen der einzigen Nennung in einer Urkunde mit zudem nicht unproblematischem Überlieferungszusammenhang ist es aber doch wahrscheinlicher, in Schlotheim keine ursprüngliche Sedes zu sehen, wenigstens jedoch sind begründete Zweifel an einer solchen Annahme angebracht. Gegen Schlotheim als Erzpriestersitz spricht vielleicht noch ein anderer Umstand. Während sich in Mühlhausen die königliche Pfalz befand, war der ältere Hauptort in der Region, Görmar, Sitz des für den Mühlhäuser Raum zuständigen Erzpriesters. Letzteres führt Gockel darauf zurück, dass die Görmaer Kirche einen Altersvorrang gegenüber der Mühlhäuser Kirche hatte.111 Gleichwohl war aber Görmar zunächst auch der politische und der Verwaltungsmittelpunkt, bevor der Ort von Mühlhausen abgelöst wurde.112 Kirchlicher Mittelpunkt blieb Görmar jedoch mit der Einrichtung eines Erzspriestersitzes. Etwas anders verhält es sich im Fall Eschweges und Niederrhones. Der ältere Hauptort war Niederhohne. Der fränkische Königshof entstand aber in Eschwege. Die in Niederrhone gegründete Kirche wird als die älteste der Region angesehen. An ihr befand sich dann auch der für Eschwege zuständige Sitz eines Erzpriesters. Gleiches lässt sich für Kassel feststellen, wo sich der fränkische Königshof befand, während der heutige Kasseler Ortsteil Dimold der ältere Vorort war und sich auch hier eine alte Kirche befand, welche gleichfalls später Erzpriestersitz wurde.113 Ein solches Nebeneinander von altem Hauptort und dem fränkischen Königshof, so hatte bereits Karl Heinemeyer festgestellt, ist nicht ungewöhnlich. Auffällig ist aber darüber hinaus, dass sich der Königshof außer im Fall Görmars nicht am Ort der älteren Kirche befand, sondern er in einem Nachbarort angelegt worden ist. Daraus ergibt sich dann auch eine Trennung von politisch-administrativem Zentrum und kirchlichem Zentrum. Dieses äußert sich dann darin, dass auch die wohl im 11. Jahrhundert eingerichteten Erzpriestersitze eben nicht in den königlichen Zentralorten, sondern in den älteren kirchlichen Mittelpunkten entstanden. Auch wenn Görmar zunächst administrativer, politischer und kirchlicher Mittelpunkt war, so wird dieses doch zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend der augenscheinlichen Norm korrigiert und Königshof und -burg wurden in den Nachbarort Mühlhausen verlegt. Es deutet sich damit an, dass Erzpriestersitze sich in der Regel nicht unmittelbar am selben Ort befanden, wie die königliche Burg mit Wirtschaftshof oder die Königspfalz. Letzteres wiederum könnte auch in Schlotheim der Fall gewesen 111 112 113
GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 292. HEINEMEYER: Eschwege in seinen Anfängen, S. 44, Anm. 13. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 299. HEINEMEYER: Königshof Eschwege, S. 40f. HEINEMEYER: Eschwege in seinen Anfängen, S. 35f. HEINEMEYER: Königshöfe und Königsgut, S. 18-34. HEINEMEYER: Der Königshof Eschwege, S. 33-35.
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sein und der Erzpriestersitz befand sich im Nachbarort Sußra, während die königliche Burg in Schlotheim errichtet worden ist. Jedoch stellt sich dabei die grundsätzliche Frage, ob dieses zwangsweise auf einen Altersvorrang zurückzuführen ist. So deutete sich doch an, dass Schlotheim zeitgleich zur Bedeutung Görmars Standort einer sehr frühen königlichen Burg gewesen sein könnte, während über Sußra nichts dergleichen bekannt ist.114
3.4 Der Ortsname Zwar liegt die ins frühe 9. Jahrhundert zu datierende Ersterwähnung als Sletheim nur durch den Codex Eberhardi aus der Mitte des 12. Jahrhunderts vor,115 jedoch dürfte es sich um die ursprüngliche Schreibung des Namens handeln. Bestätigt wird diese Vermutung durch die Erwähnung des Ortes als Slethem in der Urkunde Ludwigs des Deutschen aus dem Jahr 876 und schon Otto Dobenecker vertrat die Auffassung, dass die Schreibung der Namen in diesem Teil des Codex Eberhardi der ursprünglichen Schreibweise des 9. Jahrhunderts entspricht. 116 Alle Nennungen im Codex Eberhardi erfolgen ausnahmslos in der Schreibweise Sletheim oder Slethem.117 Auch die Urkunden Kaiser Ottos II. aus den Jahren 974 und 975 kennen keine abweichende Schreibung.118 War schon anhand der archäologischen Befunde bereits eine frühe Anbindung Schlotheims an das Frankenreich zu erkennen, verweist auch der Name durchaus auf eine solche Beziehung. So handelt es sich bei Ortsnamen, welche auf -heim enden, um fränkische Gründungen119 und dieses Suffix taucht darüber hinaus häufig in Verbindung mit fränkischem Fiskalgut auf. 120 Einige Schwierigkeiten macht die Deutung des ersten Bestandteils des Ortsnamens. Zurückgeführt werden könnte er auf altsächsisch slada, welches im mittelniederdeutschen slade weiter existiert und Tal, Talschlucht, Einschnitt oder auch Ried bedeuten kann.121 Auch das althochdeutsche sleide, welches für Abhang oder geneigte Fläche steht,
114 115 116 117 118 119 120 121
Vgl. Kap. II.3.3.2. Zur Datierung dieser Schenkungen ins frühe 9. Jahrhundert vgl. oben. Anm. zu. Dob I, Nr. 246, S. 54. Codex Eberhardi 2, Nr. 107, S. 138. DD L. d. D., Nr. 170, S. 240. DD O. II., Nr. 76 u. 104. So bereits: SCHATTE: Siedlungsnamen, S. 36. JOCHUM-GODGLÜCK: Siedlungsnamen, S. 480-490. KÖBLER: Altsächsisches Wörterbuch, Sp. 1004.
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ist nicht auszuschließen. 122 Demgegenüber stellte die ältere Forschung beim Appellativum einen Zusammenhang zum slawischen Wort sladina – Sumpf her, wobei dann die Endung -heim später angefügt worden sein soll.123 Ernst Eichler und Hans Walther tendieren zu einer Herleitung aus dem hochdeutschen slatbeziehungsweise slat- moorige Vertiefung, sumpfiger, mit Schilf bewachsener Ort.124 Sie vertraten die Auffassung, bei der ursprünglichen Schreibweise mit -e, handele es sich lediglich um eine mundartliche bedingte Variante. 125 Ausschließen lässt sich anhand der landschaftlichen Merkmale keine dieser Herleitungsmöglichkeiten. So ist im Südosten Schlotheims noch heute ein größeres Moor vorhanden126 und auch ansonsten lassen sich, wie anhand der Lage Schlotheims deutlich wird, durchaus topographische Entsprechungen für die anderen Deutungsvarianten finden. Adolf Werneburg hält eine niederdeutsche Herkunft für unzweifelhaft und sieht eher eine Entsprechung zu slet- „gerade“ oder „eben“.127 Dieses wiederum lehnte Arno Wagner ab, weil es den landschaftlichen Gegebenheiten widersprechen würde.128 Allerdings liegt die Wallburg auf dem Kirchberg auf einer weiten, lediglich nach Norden steil abfallenden Hochebene, und auch die Stadt Schlotheim befindet sich mit der Burg im Westen auf einem langen, ebenfalls ebenen Bergsporn, welcher nach Norden hin sanft ansteigt. Die Ableitung Werneburgs scheint demzufolge in beiden Fällen möglich. Schwierigkeiten macht eine Herleitung aus dem slawischen Wort sladina. Grundsätzlich sind Veränderungen des Ortsnamens nicht auszuschließen und der Austausch des Grundwortes bei Beibehaltung des Bedeutungswortes kommt vor allem bei germanisch-slawischen Mischsiedlungen vor. 129 So sind Siedlungen eingewanderter Slawen seit dem 7. Jahrhundert in Thüringen bekannt,130 jedoch im nördlichen Thüringer Becken eher selten. Für das 8. und 9. Jahrhundert finden sich dann in den Fuldaer und Hersfelder Quellen Hinweise auf slawische Bewohner in Thüringen. Zahlreicher werden die Belege für Slawen in Thüringen
122 123 124 125 126 127 128 129 130
KLUGE/SEEBOLD: Ethymologisches Wörterbuch, S. 659. WALTER: Namenkundliche Studien, S. 291. FIEDLER: Schlotheim, S. 48. Vgl. WAGNER: Schlotheim, S. 20. EICHLER/WALTHER: Städtenamenbuch, S. 246. EICHLER/WALTHER: Städtenamenbuch, S. 246. Topographische Karte 1:10000 Allmenhausen des Landesamt für Vermessung und Geodäsie des Freistaates Thüringen, Erfurt 22011. WERNEBURG: Wüstungen, S. 102. WAGNER: Schlotheim, S. 20. TIMM: Siedlungs- und Agrargeschichte, S. 31f. Vgl. Kap. II.2.3.
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aber erst für die mittelslawische Zeit (9./10. Jahrhundert).131 Allerdings sind für Schlotheim keine slawischen Funde überliefert,132 deshalb dürfte ein slawischer Ursprung des Namens eher auszuschließen sein. Anhand der infrage kommenden Deutungsmöglichkeiten der Silbe -slet lässt sich letztendlich jedoch feststellen, dass es sich um keinen mit einem Personennamen, sondern um einen mit einem Appellativum gebildeten -heim Ortsnamen handelt.133 Im Allgemeinen wird dieser Ortsnamentypus durch die Forschung einer jüngeren Zeit zugeordnet, als die mit einem Personennamen gebildeten -heim Orte. Vor allem in den sächsischen Stammesgebieten können diese Orte auch erst am Ende des 8. beziehungsweise am Beginn des 9. Jahrhunderts entstanden sein. Sie stehen in einem engen Zusammenhang mit der fränkischen Landnahme nach der endgültigen Eroberung der Sachsen an der Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert.134 Schlotheim lag im sächsisch-thüringischen Grenzland und es ist zunächst nicht auszuschließen, dass die Sachsen ihre Herrschaft nach dem Untergang des Thüringer Königreiches bis in den Raum Schlotheim ausdehnten. Damit wäre ebenfalls nicht unmöglich, dass der Ort erst im späten 8. oder frühen 9. Jahrhundert Königsgut geworden ist. Dem würde aber wiederum die wahrscheinliche Ersterwähnung Schlotheims und hier vorhandenem fuldischen Besitz zwischen 802 und 817 widersprechen. Auch gehörte die Burg Schlotheim, wie oben herausgearbeitet, mit einiger Wahrscheinlichkeit zum Grenzverteidigungssystem, der in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts eingerichteten Germar Mark 135 und sie lag somit im Frankenreich. Auch der aufgefundene Triens des 7. Jahrhunderts und die Gräber mit fränkischen Beigaben aus dem 6. Jahrhundert machen eine frühe Zugehörigkeit zum fränkischen Reich wahrscheinlich. In diesem Fall dürfte von einer fränkischen Siedlungsgründung vor der Mitte des 8. Jahrhunderts ausgegangen werden und eine solche könnte, wie die Gräber des 6. Jahrhunderts andeuten, sogar bald nach der Eroberung des Thüringer Königreiches und damit recht früh stattgefunden haben. Insofern wäre eine fränkische Siedlung deutlich früher anzusetzen, als die Forschung im Allgemeinen im Zusammenhang mit dieser Form der auf -heim gebildeten Ortsnamen annimmt.
131 132 133 134 135
HERRMANN: Slawen in Deutschland, S. 28. DUŠEK: Geschichte und Kultur der Slawen, S. 22-24. SCHLESINGER: Frühmittelalter, S. 377-379. Vgl. OA Schlotheim. HAUBRICHS: Verortung im Namen, S. 14. BACH: Namenkunde II, 2, § 584, 2, S. 327. JOCHUM-GODGLÜCK: Siedlungsnamen, S. 500f. u. 511ff. HEINEMEYER: Der Königshof Eschwege, S. 29.
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Zusammenfassend festzuhalten bleibt für die Schlotheimer Frühgeschichte: Bei Schlotheim handelt es sich allem Anschein nach um eine schon recht früh gegründete fränkische Siedlung beziehungsweise sind für den Raum Schlotheim schon recht früh Beziehungen zum Frankenreich feststellbar. Im Frühmittelalter befand sich hier eine königliche Burg, an welche auch eine Wirtschaftseinheit angeschlossen gewesen sein dürfte, die wiederum Mittelpunkt eines Fiskalgutbezirkes gewesen sein könnte. Ob Schlotheim auch Pfalz war, lässt sich nicht erkennen. Die ursprüngliche Bedeutung des Ortes lag möglicherweise in seiner Funktion als Bestandteil des gegen die Sachsen gerichteten Grenzverteidigungssystems der Germar Mark. Nach der Eingliederung der Sachsen in das Frankenreich dürfte Schlotheim diese Funktion aber verloren haben und eine Burg an dieser Stelle hätte dann kaum noch eine Bedeutung gehabt. Im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts erfolgte zunächst die Übertragung an Theophanu und die anschließende Veräußerung an Fulda. In welchem Umfang königlicher Besitz an Fulda übertragen wurde, ist letztendlich nicht sicher zu sagen. Unklar ist, ob tatsächlich nur die Burg oder auch der Wirtschaftshof oder nur Teile des Letzteren an Fulda gelangten. Auf Basis dieses übertragenen Besitzes sollte Fulda dann bis ins Spätmittelalter für den Ort bedeutend bleiben.136
3.5 Die Stadtgründung unter den Herren von Schlotheim 3.5.1 Die Ministerialen von Schlotheim zwischen dem Abt von Fulda und den thüringischen Landgrafen Nach den frühen Nennungen Schlotheims, lässt sich bis ins 12. Jahrhundert nichts weiter über die Ortsgeschichte in den Quellen feststellen. Erst 1174 tritt in der Zeugenliste einer Urkunde Landgraf Ludwigs III. für die Kirche Maria und Petrus zu Jechaburg ein Bertho entgegen, welcher sich nach Schlotheim benennt. In der betreffenden Urkunde schenkte Landgraf Ludwig dem Stift Jechaburg Grundbesitz zu Kutzleben.137 Derselbe Bertho erscheint noch einmal 1180 in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs und 1191 in einer Urkunde Landgraf Hermanns I.138 Über das Verhältnis dieser Familie zu den Ludowingern geben erstmals zwei urkundliche Quellen aus dem Jahr 1178 und 1190 Auskunft. In beiden Urkunden wird ein Günther erwähnt, welcher zusätzlich die Amtsbezeichnung 136 137 138
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 275-281. CDS I, A 2 Nr. 406. Dob II, Nr. 570 u. 881.
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Truchsess trägt. 139 Wie eine weitere landgräfliche Urkunde aus dem Jahr 1191 zeigt, handelt es sich bei dem hier genannten Günther um einen Sohn des oben erwähnten Berthos von Schlotheim.140 Während Günther seit 1178 Inhaber des Truchessenamtes war, traf dieses für seinen Vater Bertho aber noch nicht zu. Mit Günther beginnt dann die Reihe der Erbtruchsessen, welche diesen Titel bis ins 14. Jahrhundert führten.141 Woher der Besitz dieser Familie in und um Schlotheim stammte, ist nicht eindeutig zu klären. So nimmt Christine Müller an, sie seien als Lehnsträger des Klosters Fulda an den Schlotheimer Besitz gekommen. Sie begründet dies folgendermaßen: Im Jahr 1255 sind sie als Lehnsträger und Inhaber fuldischer Güter im zwischen Mühlhausen und Schlotheim gelegenen Bollstedt bezeugt.142 Als sie im 14. Jahrhundert ihre Rechte am Ort Schlotheim an den Grafen Heinrich von Hohnstein verkauften, treten die Äbte von Fulda als Lehnsherren eines Teils der Stadt Schlotheim in Erscheinung. 143 Der Text einer weiteren aus dem Jahr 1324 stammenden Urkunde gibt aber Auskunft darüber, dass die Herren von Schlotheim wenigstens Teile der Burg und der Stadt damals als Eigengut besaßen. 144 Ob sie diesen Besitz von Anfang an als Eigengut oder zunächst als (Dienst-)Lehen innehatten, ist ebenfalls nicht zu klären. Im Falle von älterem Allodialbesitz hätte dieses aber auch zur Folge, dass die Herren von Schlotheim auch seit längerer Zeit im Ort ansässig gewesen sein könnten. Für eine schon recht frühe Ansässigkeit dieser Familie am Ort fehlen die Quellen und auch für eine Ansiedlung im Zusammenhang mit den Ludowingern treten die Schlotheimer erst recht spät mit den Landgrafen in Erscheinung. Darüber hinaus ist ebenso erst ein Vertreter der zweiten, in den Quellen greifbaren Generation Inhaber des Truchsessenamtes. Grundsätzlich ließe sich schlussfolgern, dass noch Günthers Vater Bertho I. in keiner engen Beziehung zu den Ludowingern stand, beziehungsweise er sich erst in den 1170er Jahren zum ludowingischen Landgrafen orientierte, während er vorher stärker an seinen fuldischen Lehnsherrn gebunden gewesen sein könnte. Jedoch lässt sich für diese Zeit auch keine sichere Beziehung zum Kloster Fulda herstellen.
139 140 141 142 143 144
CDS I, A 2, Nr. 428 u. 562. Berthous de Slotheym et filii eius Guntherus dapifer et Kunemundus[…] (CDS I, A 2, Nr. 569.) PATZE: Landesherrschaft, S. 327-331. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 276. Dob III, Nr. 2369. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 275f. LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 39. Abdruck der Urkunde bei: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 5f., Anm. 4.
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Eine lehnsrechtliche Bindung an das Kloster kann demnach auch erst später eingetreten sein, während die Schlotheimer zunächst nur den Landgrafen verpflichtet waren.145 Jedoch ist darauf zu verweisen, dass für das Kloster Fulda ältere Rechte größeren Umfangs in Schlotheim nachgewiesen werden konnten. Demgegenüber hatten die Landgrafen, wie noch zu zeigen sein wird, vor dem 14. Jahrhundert augenscheinlich keinerlei Rechte in Schlotheim.146 So lässt sich im 12. und 13. Jahrhundert im Raum Schlotheim kein landgräflicher Besitz feststellen. In seiner Karte „Der Herrschaftsbereich der Landgrafen von Thüringen bis 1247“ zählt Hans Patze Schlotheim dennoch zum ludowingischen Besitz. Dahingehende Nachweise aus den Quellen führt aber auch er nicht an.147 Vielmehr vertritt er die Auffassung, dass es sich bei dem Stammgut der Schlotheimer nicht um Dienstlehen, sondern um Eigengut handelte, und begründet dieses vor allem damit, dass sich schon Bertho I., welcher noch kein landgräflicher Dienstmann war, nach Schlotheim benannte.148 Ob die Familie der Schlotheimer, wie Patze vermutet, ursprünglich tatsächlich frei war, kann nicht belegt werden. Gerade das Auftauchen in der Zeugenliste der Urkunde von 1174 könnte bereits für diese Zeit auf eine Zugehörigkeit zur ludowingischen Dienstmannschaft verweisen. In der Zeugenliste erscheint Bertho an dritter Stelle hinter Reinhard und Udo von Herbsleben. Ihm folgen Arnold von Neuenburg und Volbert von Thamsbrück, welche die Liste der laici beschließen. Reinhard und Udo von Herbsleben sind einigermaßen wahrscheinlich als landgräfliche Ministeriale anzusehen.149 Sicher Angehöriger der ludowingischen Ministerialität dürfte der ebenfalls genannte Arnold von Neuenburg gewesen sein.150 Vergleichsweise schwierig ist die Situation beim ebenfalls zeugenden Volbert von Thamsbrück, welcher in der Urkunde von 1174 zum einzigen Mal genannt wird.151 Allerdings handelt es sich bei Thamsbrück um ludowingischen Besitz und deshalb erscheint eine Zugehörigkeit Volberts zur ludowingischen Ministerialität mehr als wahrscheinlich.152 Sie stehen demzufolge mitten zwischen anderen sicher oder einigermaßen sicher zur ludowingischen Ministerialität gehörenden Personen. Die Herren von Schlotheim scheinen jedoch, wie oben bereits skizziert, durchaus Eigengut besessen zu haben. Zusätzlich zu den Zuständen des 14. Jahrhunderts konnte bereits Müller feststellen, dass sich Truchsess Günther 1272 im 145 146 147 148 149 150 151 152
Vgl. FIEDLER: Schlotheim, S. 25. Vgl. unten. Karte in: PATZE/SCHLESINGER: Geschichte Thüringens 2,1, hintere Umschlagseite. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 275. PATZE: Landesherrschaft, S. 330. Zu den Herren von Herbsleben vgl. Kap. II.5.3. PATZE: Landesherrschaft, S. 330. Dob II, Nr. 492. PATZE: Landesherrschaft, S. 348-350. Vgl. Register Dob 2, S. 542. Vgl. Kap. II.1.3.
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Zuge des Eintritts seiner Tochter in das Nikolaikloster zu Eisenach verpflichte, entweder 40 Mark an das Kloster zu zahlen oder quatuor mansos in Slatheym de allodio nostro zu übertragen.153 Für Allodialbesitz der Herren von Schlotheim am Ort gibt es noch einen weiteren Hinweis. So übertrugen 1285 Hermannus, Guntherus, Anno, Heyno filii dapiferi Berthoi et Guntherus, Fridericus et Kunemundus, filii Guntheri domini de Slotheym das ius patronatus parochialis ecclesie et capelle in Slotheym dem Brückenkloster in Mühlhausen.154 Sie verfügten demnach über das Patronatsrecht an einer Pfarrkirche und einer Kapelle zu Schlotheim. Letzteres wiederum könnte sie auch als Nachfahren der Gründer dieser beiden ausweisen. Gründungen von Eigenkirchen wiederum fanden in der Regel auf Eigenbesitz der Gründer statt.155 Da sich am Ort keine weitere Pfarrkirche als die Salvatorkirche nachweisen lässt, dürfte diese mit der in der Urkunde genannten Kirche identisch sein. Die Kirche wiederum könnte, wie gezeigt, ein erhebliches Alter aufweisen. Des Weiteren war eine Entstehung im Zusammenhang mit dem in Schlotheim vorhandenen Königshof sowie der hier befindlichen königlichen Burg und einer anzunehmenden curtis durchaus wahrscheinlich.156 Dann wiederum können die Herren von Schlotheim kaum als Gründer anzusehen sein. Sie hätten die Rechte dann, wie bereits Müller meint, zu einem späteren Zeitpunkt erworben157 oder aber die frühe Gründung dieser Kirche müsste vollkommen infrage gestellt werden. Bei der ebenfalls in der Urkunde von 1285 erwähnten Kapelle kann es sich nur um die Margarethenkapelle auf dem Kirchberg handeln. Da sie sich mit einiger Wahrscheinlichkeit in der frühmittelalterlichen, möglicherweise königlichen Burganlage befand, könnte auch sie eine ältere Gründung im Zusammenhang mit dem Königtum sein. Die Feststellung ihres tatsächlichen Alters bereitet gleichwohl einige Schwierigkeiten. Immerhin war anhand ihres Margarethenpatroziniums eine Entstehung im 12. Jahrhundert nicht grundsätzlich auszuschließen.158 In letzterem Fall wäre eine Gründung durch die Herren von Schlotheim sogar möglich. Allerdings steht eine solche späte Gründung, wie oben angedeutet, vor dem Problem, dass sich dann die exponierte Lage dieser Kapelle nicht erklären ließe. Wahrscheinlicher ist, soll nicht tatsächlich eine längere Nutzung der Burg
153 154
155 156 157 158
AUE: Herren von Schlotheim, S. 203f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 279, mit Anm. 116. Die entsprechende Urkunde aus dem Jahr 1285 ist nicht direkt überliefert, aber durch Insertion in eine Bestätigungsurkunde aus dem Jahr 1312 eingefügt. Regest in: UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 418. Abdruck in: Diplomata Schlothemensia, Nr. 10, S. 122f. PUZA: Art. Patronat, Patronatsrecht, 2: Westen, in: LexMa 6, Sp. 1809f. Vgl. Kap. II.3.3.3. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 276f. Vgl. Kap. II.3.3.2.
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auf dem Kirchberg angenommen werden, dass sie auf demselben Weg wie die Salvatorkirche an die Herren von Schlotheim gelangte. Sollte die Kapelle jedoch tatsächlich durch die Herren von Schlotheim gegründet worden sein, könnte die ursprüngliche Burg dieser Familie wiederum auf dem Kirchberg gelegen haben, und erst im Zuge der Stadtgründung verlegten sie ihren Stammsitz in die Niederung. Auf diesem Wege ließen sich dann auch die bis ins 12./13. Jahrhundert reichenden Keramikfunde auf dem Kirchberg erklären. Direkte Hinweise auf eine bis in diese Zeit bestehende Burg gibt es aber eben nicht. Nachweise für eine über das 10. Jahrhundert hinaus bestehende Besiedlung sind bisher nicht erbracht. Unklar ist nach wie vor, auf welchem Weg und von wem die Herren von Schlotheim ihr umfangreiches Eigengut in Schlotheim erwarben. Eine Erwerbung aus landgräflicher Hand dürfte aber wegen des erst ab dem 14. Jahrhundert nachweisbaren landgräflichen Besitzes in Schlotheim auszuschließen sein. Insofern ist doch nicht unwahrscheinlich, dass sie diesen Besitz, wie Müller meint, tatsächlich aus fuldischer Hand erhielten. Grundsätzlich ist deshalb ebenfalls nicht auszuschließen, dass sie ursprünglich auch Vasallen oder Dienstleute des Abtes von Fulda waren. Im Zusammenhang mit ihrer Funktion als fuldische Vasallen oder Dienstleute ließe sich vielleicht auch erklären, weshalb die Ludowinger Vertreter dieser Familie mit der herausragenden Stellung eines Hofamtes betrauten. So könnte dieses geschehen sein, um wichtige fuldische Vasallen in der Region an die ludowingische Dynastie zu binden, um dann in der Folge Einfluss auf Besitz des Klosters Fulda nehmen zu können und vielleicht in die Ortsherrschaft einzurücken. Christine Müller wie auch Hans Patze vertreten des Weiteren die Auffassung, dass die Herren von Schlotheim vergleichbar den Herren von Salza einen entscheidenden Anteil an der Stadtwerdung Schlotheims hatten.159 Tatsächlich erscheinen sie als eine Familie mit ausgeprägtem dynastischem Selbstverständnis, welches weit über das einer durchschnittlichen Ministerialenfamilie hinausging. Nicht nur, dass sie noch im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts vor der Stadt Schlotheim ein Kloster zum Seelenheil ihrer Familie gründeten, auch dem Brückenkloster in Mühlhausen, dem Kloster Volkenroda und dem Kloster Anrode
159
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 275ff. PATZE: Landesherrschaft, S. 424f.
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stifteten sie Teile aus ihrem augenscheinlich umfangreichen Eigenbesitz.160 Darüber hinaus verfügten die Herren von Schlotheim über eigene Lehnsleute, welche ihnen verpflichtet waren.161 In ihrer Rechtsstellung, so stellte bereits Hans Patze fest, scheinen sie den Freien gleichgestellt gewesen zu sein. So siegelte 1242 ein nicht weiter genannter Truchsess zusammen mit Landgraf Heinrich Raspe für den Grafen von Klettenberg.162 Deutlich wird ihre herausragende Stellung ebenfalls daran, dass der in den 1220er Jahren amtierende Truchsess Hermann I. mit Mechthild, der Schwester des Burggrafen Ludwig von der Wartburg, vermählt war.163 Auch hatten die Herren von Schlotheim einen eigenen Gerichtsbeamten in ihrem Dienst. So urkundete 1270 Bertho von Schlotheim für seinen ehemaligen Schultheißen Theodericus de Melre.164 Darüber hinaus war Bertho von Schlotheim 1243 in der Lage, zusammen mit Friedrich von Treffurt dem Erzbischof von Mainz 800 Mark zu leihen.165 Letzteres ist ein Hinweis darauf sein, dass diese Dynastie auch über ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Potential verfügte, welches die Gründung einer Stadt erleichtert haben dürfte. Die Anlage einer Stadt war nur der nächste Schritt, um das Selbstverständnis der Schlotheimer nach außen zu dokumentieren und die Einkünfte weiter zu erhöhen. Gleichzeitig gab die Gründung einer Stadt den ministerialischen Familien, welche im 13. Jahrhundert begannen im Niederadel aufzugehen, die Möglichkeit, ihre Herrschaften schon früh mittels eines wirtschaftlichen und herrschaftlichen Zentrums zu formieren und abzusichern. Gerade deshalb blieben diese Städte aber oft, wie Gerhard Fouquet feststellte, eng an die Geschicke der jeweiligen Familie gebunden und deren Niedergang raubte dann der Stadt auch häufig alle 160
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Zur Gründung des Klosters vgl. Diplomata Schlothemensia, Nr. 29, S. 144f. Am 26. Oktober 1277 übertrug Adelheid von Schlotheim dem Kloster Volkenroda zum Seelenheil ihres verstorbenen Mannes Günther von Schlotheim eine Mühle. (Diplomatariae et scriptores, hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG 1, S. 768.) Neben dem Patronatsrecht an der Pfarrkirche und der Kapelle zu Schlotheim, dessen Übertragung wohl im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Klosters in Schlotheim zu sehen ist, tradierten die Herren von Schlotheim Besitz in Bollstedt. (Dob III, Nr. 3146) Dem Kloster Anrode übertrugen die Herren von Schlotheim 1292 und 1308 Besitz. (UB Mühlhausen, Nr. 389 u. 591.) So bestätigte 1253 Herterus, Propst von Creuzburg, den Ort Weißenborn erhalten zu haben, welchen vorher Thitmar und dessen Bruder Berthold vom Truchseß Berthogus und dessen Söhnen als Lehen innehatten. Die Schlotheimer hatten zu diesem Zweck den Ort bereits vorher dem Markgraf Heinrich von Meißen aufgelassen. (Dob III, Nr. 2104f.) Dob III, Nr. 1062. PATZE: Landesherrschaft, S. 331. Dob II, Nr. 2382f. PATZE: Landesherrschaft, S. 331. Berthous dapifer senior de Slatheim[…] Ad noticiam tam presentium et futurum […] ad Theodericum de Melre, scultetum quondam meus[…] (SHStA Dresden 10001, Nr. 748 a u. b.) GUDENUS: Cod. Dipl. 1, Nr. 237. Dob III, Nr. 1078. GOCKEL, Art. Gottern, S. 174. PATZE: Landesherrschaft, S. 331.
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Entfaltungsmöglichkeiten.166 In der Regel schafften es solche Städte kaum, den dörflichen Verhältnissen zu entwachsen, und sie besaßen vielfach keine Ratsverfassung.167 Schlotheim wiederum könnte tatsächlich Mittelpunkt einer doch etwas umfangreicheren Herrschaft der hier ansässigen Ministerialen gewesen sein. Indiz dafür ist der Umstand, dass bei Verkäufen und Verpfändungen Schlotheims im 14. Jahrhundert sowie bei Belehnungen mit dem Ort oder in anderweitigen Schlotheim betreffenden Verträgen durchaus auch zur Stadt Schlotheim gehörige Dörfer genannt werden. So fallen in Teilungsverträgen der Grafen von Beichlingen aus den Jahren 1341 und 1344 Slatheim hus und stat und die dorffer di darzu horn mit alleme rechzte und nutze an die Brüder Friedrich, Albrecht und Gerhard von Beichlingen zu gemeinsamem Nutzen.168 Einzeln benannt werden die zugehörigen Dörfer bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 1338: Wir Günther und Heinrich, unsers bruders son, graven von Swartzburg, hern zu Arnstete, bekennen, daz grave Heinrich von Hohnstein, her czu Sundershusen, uns und unse erben Slatheim, hus und stat, und die dörfer Swaleborn, Melra und daz halbe dorf zcu Mestat samt andern gute …, verkoufft hat.169 Schwierigkeiten macht eine solche Interpretation vor allem deshalb, weil beim Verkauf der Schlotheimer Rechte durch die Herren von Schlotheim im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts diese Dörfer eben nicht erwähnt werden. Hier werden lediglich die Rechte an Burg, Stadt und den Gerichten verkauft.170 Erstmals in Erscheinung treten sie erst im Rahmen des eben angeführten Verkaufs von Stadt und Burg durch die Grafen von Hohnstein an die Grafen von Schwarzburg. Insofern könnte es sich auch um einen erst durch die Grafen von Hohnstein geschaffenen Besitzkomplex handeln. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ministerialen von Schlotheim spätestens in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts über recht umfangreiches Allod verfügten, welches sich wohl zu nicht unerheblichen Teilen im Raum Schlotheim gruppierte. Unklar muss bleiben, auf welchem Weg sie an diese Rechte gelangten und seit wann sie sie besaßen. Mit Gründung der Stadt dürfte sich diese Familie darüber hinaus nach dem Vorbild ihrer Dienst- oder Lehnsherren einen Mittelpunkt ihrer Herrschaft in der Region geschaffen haben.
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FOUQUET: Stadt, Herrschaft und Territorium, S. 83f. u. 94. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 109. Teilungsvertrag von 1341: LATh-StA Rudolstadt SU: 1341, Juli 4. (Reg. 572) Teilungsvertrag von 1344: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 11, Anm. 1. LATh-StA Rudolstadt SU: 1338, Dezember 31. (Reg 556.) LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 39 u. 50. FUNKHÄNEL: Herren von Schlotheim, S. 1. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 276.
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3.5.2 Die Stadtgründung Erstmals als Stadt tritt Schlotheim im Jahr 1277 mit dem Begriff civitas entgegen.171 Die Privilegierung des Ortes zur Stadt selbst kann kaum ohne landesherrliche Mitwirkung geschehen sein. Als privilegierender Landesherr kommt zunächst der Abt von Fulda infrage.172 Auch wenn für diese Zeit landgräflicher Besitz in Schlotheim nicht nachgewiesen werden kann, sollen die Landgrafen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Für sie dürfte der Ort aus wirtschaftlicher, militär- und herrschaftsstrategischer Perspektive wichtig gewesen sein. So konnte Schlotheim die landgräfliche Herrschaft auf der Linie Thamsbrück – Weißensee nach Norden absichern. Als Nahmarkt war der Ort darüber hinaus in der Lage gewesen, die Wirtschaftskraft der näheren Umgebung an sich zu binden und abzuschöpfen und damit gleichfalls Druck auf andere Herrschaftsträger auszuüben. Schwierigkeiten bereitet eine landgräfliche Initiative oder Mitwirkung bei der Stadtgründung aber vor allem deshalb, weil eben keine herrschaftlichen Rechte der Landgrafen vor dem 14. Jahrhundert hier nachweisbar sind. Vielmehr erwarben sie solche erst in dieser Zeit.173 So wäre doch im Zuge einer Stadtrechtsverleihung beziehungsweise einer Genehmigung zur Stadtgründung zu erwarten, dass sich die Ludowinger wenigstens die Oberherrschaft über den Ort gesichert hätten. Auch für Fulda dürfte eine Stadterhebung ebenfalls nicht unerhebliche Vorteile geboten haben. Auf diesem Weg erhielt das Kloster im nordthüringischen Raum die Möglichkeit, wirtschaftliches Potential abzuschöpfen. Gleichzeitig verfügte das Kloster damit über ein Zentrum, welches den südlich liegenden hersfeldischen Besitzzentren Gebesee, Tennstedt und dem wahrscheinlich vielleicht auch in Teilen ursprünglich hersfeldischen Herbsleben entgegengestellt war.174 Des Weiteren könnte die Feststellung, dass zu Schlotheim offensichtlich eine Reihe von Dörfern gehörte, auch in Beziehung zu Fulda gebracht werden. Vielleicht war Schlotheim Mittelpunkt einer fuldischen Villikation, welche wenigstens eben diese Dörfer umfasste. Sie wären dann mit den fuldischen Rechten in Schlotheim an die Grafen von Hohnstein gelangt.175 Für eine Mitwirkung Fuldas beim Ausbau Schlotheims zur Stadt gibt es darüber hinaus mögliche weitere Hinweise in der allgemeinen Entwicklung des Klosters und seines Besitzes im 13. Jahrhundert. So brachte die erste Hälfte des 171 172 173 174 175
Diplomatariae et scriptores, hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG 1, S. 768. Vgl. Kap. II.3.3.1 u. II.3.5.1. Vgl. Kap. II.3.6. Zu Tennstedt vgl. Kap. II.2.3f. u. II.2.6f. Zu Herbsleben vgl. Kap. II.5.3. Zur Übertragung an die Grafen von Hohnstein vgl. Kap. II.3.6.
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13. Jahrhunderts entscheidende Veränderungen für Fulda. Im Zusammenhang mit dem Ausbau und der Festigung des fuldischen Territoriums geriet das Reichskloster immer mehr in Konflikt mit regionalen Gewalten.176 Vorstellbar ist deshalb: Fulda beabsichtigte mit der Stadtgründung Schlotheim einen befestigten, regionalen Mittelpunkt zu schaffen, welcher über einen zentralen Hof hinaus wirtschaftliches und herrschaftliches Zentrum für die umliegenden Besitzungen 177 war und gleichzeitig Schutzfunktionen übernahm. Mittels einer Stadtrechtserteilung beziehungsweise einer Genehmigung zur Stadtgründung könnte der Abt von Fulda dann versucht haben, auch die Schlotheimer Ministerialen wieder stärker an sich zu binden und darüber hinaus ihre Position in der Region weiter zu stärken.178 Möglicherweise ließe sich die Frage nach dem bei der Stadterhebung mitwirkenden Landesherren über eine zeitliche Eingrenzung des Gründungsvorganges beantworten. Erstmals als civitas im Sinne von Stadt bezeichnet wird der Ort 1277 in einer Schenkungsurkunde Adelheids von Schlotheim für das Kloster Volkenroda. In dieser Urkunde wird eine Mühle erwähnt, welche ante portam civitatis Slatheim gelegen war.179 Von Interesse ist hierbei, dass die betreffende Mühle vor einem Schlotheimer Stadttor lag. Der Ausbau der Stadt muss demzufolge bereits soweit abgeschlossen gewesen sein, dass die Stadt wenigstens über Tore, wenn 176 177
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HUSSONG: Reichsabtei Fulda, S. 160. Der Nachweis über noch in dieser Zeit größerer fuldischer Besitz in diesem Raum ist schwierig. Zwar erhält Fulda 973 das westlich von Schlotheim liegende Körner und einen der im Süden liegenden Heilingen-Orte. (DD O. II., Nr. 64a.) Bereits im 9. Jahrhundert wurde an das Kloster Fulda Besitz in Heilingen und Altenheilingen tradiert. Darüber hinaus erwähnt der Codex Eberhardi im selben Zusammenhang eine Schenkung von Gütern in Sußra (östlich von Schlotheim). (Codex Eberhardi. I, fol. 171ra, Nr. 8, S. 310.) Weiterhin kam 918 im Zuge der Ablösung des Königszinses neben Gütern in Sußra, Heilingen und Altenheilingen auch Besitz in Bollstedt (zwischen Mühlhausen und Schlotheim), sowie in Brüchter (bei Schlotheim) an Fulda. Dieser Besitz wird zum Teil noch an anderer Stelle im Codex Eberhardi genannt. (DRONKE: Traditiones Fuldenses, cap. 34, 8 u. 47. Codex Eberhardi, I, fol 170vb, Nr. 4, S. 309.) In den genannten Orten ist aber in der Folge kein Fuldaer Besitz mehr nachweisbar. Deshalb ist unklar, ob Fulda weiterhin Güter in den betreffenden Orten besaß. Lediglich in Appenheilingen (südlich von Issersheilingen) findet sich Mitte des 12. Jahrhunderts noch ein fuldischer Ministerial. (Dob I, Nr. 1655.) Bei dem im Codex Eberhardi genannten Besitz könnte auf Grund der Aufzeichnung in der Mitte des 12. Jahrhunderts jedoch angenommen werden, dass er sich noch zu diesem Zeitpunkt in fuldischer Hand befand. Nur im etwa 14 km südöstlich liegenden Großensömmern lässt sich im Spätmittelalter fuldischer Besitz nachweisen. (Fuldischer Lehn-Hof, ed. SCHANNAT, Nr. 82, S. 231. HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 6.) Ähnliches ist auch im Zusammenhang mit der Markterhebung Herbslebens zu vermuten. Vgl. hierzu Kap. II.5.4.2. Diplomatariae et scriptores, hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG 1, S. 768.
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nicht gar über eine vollständige Stadtbefestigung verfügte.180 Deshalb sollte die Erhebung zur Stadt um einiges früher als die Ersterwähnung angesetzt werden. Der oben bereits genannte Schultheiß, für welchen Bertho von Schlotheim 1270 urkundete, könnte darüber hinaus bereits einem Schlotheimer Stadtgericht vorgestanden haben. Dieser Schultheiß wird eindeutig als Schultheiß Berthos von Schlotheim bezeichnet. Sollte er tatsächlich den Vorsitz im Stadtgericht geführt haben, dürfte dieser Umstand die Truchsessen als Gerichts- und damit auch als Stadtherren ausweisen.181 Auch wenn eine Privilegierung durch die Ludowinger eher unwahrscheinlich erscheint, soll sie vor allem vor dem Hintergrund der besonderen Stellung der Truchsessen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Möglicherweise nutzten sie gerade ihre herausragende Stellung unter den Ludowingern und ihre guten Beziehungen zu den Landgrafen, um den Ort zur Stadt auszubauen. Da die Masse der thüringischen Kleinstädte erst nach dem 12. Jahrhundert entstand, 182 erscheint eine Stadterhebung im 13. Jahrhundert am wahrscheinlichsten. In einer besonders engen Beziehung zu den Ludowingern stand wegen der Häufigkeit seines Auftretens in landgräflichen Urkunden offensichtlich Truchsess Günther I. im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts. 183 Auch sein Nachfolger Hermann I. findet sich zwischen 1220 und 1227 dreizehn Mal in landgräflichen Urkunden.184 Darüber hinaus begleitete er Landgraf Ludwig IV. 1227 beim Kreuzzug.185 Auch die Vermählung der Schwester des Grafen Ludwig von der Wartburg mit Hermann spricht für seinen besonderen Rang in der ludowingischen Ministerialität.186 Vorstellbar ist deshalb, dass einer dieser beiden seine Stellung beim Landgrafen ausnutzte, um die Erhebung Schlotheims zur Stadt voranzutreiben. Hans Patze zweifelt jedoch an einer Stadterhebung zur Zeit der Ludowinger und begründet dies vor allem mit der recht späten Ersterwähnung im Jahr 1277.187 Eine solche späte Erwähnung ist zwar kein Ausschlusskriterium für eine frühere Städtegründung, dennoch ist eine spätere Gründung auch vor den folgenden Überlegungen nicht unwahrscheinlich: So könnten die Herren von Schlotheim im Zusammenhang mit den Wirren nach dem Aussterben der Ludowinger den Ort zur Stadt entwickelt haben. Vielfach versuchten Adel und Dienstmannen nach 180 181 182 183
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PATZE: Landesherrschaft, S. 425. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 278. EBERHARD: Kleinstädte, S. 28-30. Zwischen 1200 und 1220 findet er sich zwanzigmal in landgräflichen Urkunden. (Dob II, Nr. 1178, 1210, 1245, 1247, 1313, 1370, 1488, 1585, 1622, 1672, 1720, 1740, 1761, 1814, 1866, 1872, 1908.) Dob II, Nr. 2001, 2012, 2019, 2137, 2157, 2233, 2246, 2261, 2366, 2382f., 2417, 2419. Anno 1227, aus: Cronica Reinhardsbrunennsis, in: SS, 30,1, S. 611, Z. 6f. Vgl. Kap. II.3.5.1. PATZE: Landesherrschaft, S. 424. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 275.
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dem Tod Heinrich Raspes IV. im Jahr 1247 die häufig unklare rechtliche und herrschaftliche Situation im thüringischen Raum für ihre eigenen Interessen auszunutzen.188 Da die Herren von Schlotheim auch nach dem Aussterben der Ludowinger weiterhin den Titel Truchsessen führten 189 und auch seit 1251 augenscheinlich eine engere Beziehung zu den wettinischen Landgrafen bestand,190 ist nicht auszuschließen, dass die Privilegierung zur Stadt erst unter den Wettinern geschah. Auffällig ist das Auftauchen Berthos von Schlotheim als Zeuge in einer Urkunde des Askaniers Herzog Albrechts I. von Sachsen im Jahr 1248.191 Albrecht betrachtete sich nach dem Aussterben der ludowingischen Dynastie ebenfalls als erbberechtigt auf die Landgrafschaft192 und erscheint damit als Widersacher der wettinischen Erbansprüche in der Landgrafschaft. Seit 1251 sind die Schlotheimer aber immer häufiger in wettinischen Urkunden anzutreffen193 und daraus ließe sich dann eine engere Bindung an die Wettiner ableiten. Möglicherweise ist die Zeugenschaft in der Urkunde des Askaniers Hinweis darauf, dass die Schlotheimer zunächst zwischen den Parteien hin und her wechselten. Vielleicht erkaufte sich Markgraf Heinrich der Erlauchte in diesem Zusammenhang die Unterstützung der Herren von Schlotheim, indem er den Ort zur Stadt erhob oder die Erhebung wenigstens in Aussicht stellte. Sollte dieses tatsächlich zutreffen, ließe sich die Stadterhebung relativ sicher auf die Mitte des 13. Jahrhunderts festlegen. Allerdings ist auch damit immer noch nicht geklärt, warum die Wettiner sich in diesem Zusammenhang nicht auch die Oberherrschaft über den Ort sicherten, sondern diese erst im 14. Jahrhundert erwarben. Grundsätzlich müssen die Schlotheimer spätestens in der nachludowingischen Zeit und vor allem im Machtvakuum des Kampfes um die ludowingische
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PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 42-45. Von 1248-1266 erscheint ein Bertho als Truchsess in den Quellen. (Dob III, Nr. 1623, 1357f., 1939, 2104f., 2125, 2312, 2340, 2370, 2520, 2910, 2946, 3001, 3011, 3065, 3424 u. 3498.) Ein Bertho von Schlotheim wird dann auch zwischen 1269 und 1288 bis auf eine Ausnahme durchgängig als Truchsess genannt. (Dob IV, Nr. 433, 768f., 778, 825, 886, 904, 1203, 2864 u. 2869.) Nach dem Tod Berthos erscheint ein Günther als Truchsess. (Dob IV, Nr. 2973.) Im Jahr 1284 zeugt ein Truchsess Günther von Schlotheim in einer Urkunde Landgraf Albrechts. (Dob IV, Nr. 2354.) Noch 1324 wird ein Truchsess Heyno von Schlotheim erwähnt. (FUNKHÄNEL: Herren von Schlotheim, S. 9.) So zeugen die Schlotheimer mit einiger Regelmäßigkeit zwischen 1251 und 1288 in Urkunden der Wettiner. (Dob III, Nr. 1939, 2312, 2340, 2910, 2946, 3001, 3011, 3065, 3424 u. 3498. Dob IV, Nr. 904, 1652, 1655, 2354, 2397, 2461, 2518, 2607, 2648, 2677, 2841, 2864, 2866, 2915, 2985.) Dob III, Nr. 1623. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 42f. Vgl. Kap. II.3.5.1.
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Nachfolge eine in hohem Maße unabhängige Stellung erreicht haben. So eröffneten sie die Fehde gegen die Reichsstadt Mühlhausen und Bertho II. musste im Zuge dieser Auseinandersetzungen 1257 Urfehde für die ganze Familie schwören. In diesem Zusammenhang erwarben die Herren von Schlotheim für 30 Mark einen Hof in Mühlhausen und erhielten das Bürgerrecht in der Stadt.194 Eine enge Beziehung zu den Wettinern deutet sich für die 1280er Jahre an. So wurde Bischof Christian von Samland, nachdem er sich in die innerwettinischen Auseinandersetzungen eingemischt hatte, 1281 durch den Landgrafen Diezmann gefangen genommen und auf der Burg Schlotheim eingekerkert. Freigelassen wurde er erst, nachdem er sich durch eine Zahlung von 300 Mark Silber freigekauft hatte.195 Vielleicht ist dieser Zusammenhang auch ein Indiz dafür, dass die Wettiner durchaus wenigstens zeitweise über Rechte in Schlotheim verfügten, auf die sich ein möglicher Zugriff auf die Burg begründen könnte. Erworben haben könnten sie diese im Rahmen einer Privilegierung des Ortes zur Stadt. Dass sie in der Folge nicht mehr nachweisbar sind, könnte dann vielleicht auf den desaströsen Zustand der Landgrafschaft in den 1280/90er Jahren unter Landgraf Albrecht zurückgeführt werden. So war in den 90er Jahren außerdem der Verkauf der Landgrafschaft an den König vereinbart worden.196 Deshalb kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass vor diesem Hintergrund auch wettinische Rechte in Schlotheim verloren gingen. Insofern liegt eine Privilegierung zur Stadt durch die wettinischen Landgrafen durchaus im Bereich des Möglichen und ist nicht prinzipiell auszuschließen. Möglicherweise erfolgte die Inhaftierung Christians von Samland auf der Burg zu Schlotheim aber weniger deshalb, weil die Wettiner Zugriff auf die Burg hatten. Vielleicht bestand lediglich eine vasallitische Bindung zwischen den Schlotheimern und dem Wettiner Diezmann. Eine Festsetzung des Bischofs in Schlotheim erfolgte dann, durch die Truchsessen als wettinische Vasallen auf ihrer wenigstens in Teilen eigenen Burg. Damit würde sich andeuten, dass die Schlotheimer zu diesem Zeitpunkt wenigstens zum Wettiner Diezmann in einer engeren personalen Beziehung standen, während die Landgrafen aber noch keinen unmittelbaren Zugriff auf Burg und Stadt hatten. Sollte dieses zutreffen, dürfte, wegen der für das 14. Jahrhundert nachweisbaren umfangreichen Rechte an Burg und Stadt vielmehr das Reichskloster Fulda als Oberherr von Burg und Stadt Schlotheim anzusehen sein. Wobei letztendlich auch nicht auszuschließen 194 195
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UB Mühlhausen, Nr. 142. Dob III, Nr. 2520. PATZE: Landesherrschaft, S. 331. Anno 1281, in: Cronica S. Petri Erfordensis moderna, in: SS rer. Germ. 42, S. 287. Anno 1281, in: Chronici Saxonici continuatio Erfordensis, in: SS rer. Germ. 42, S. 462. Sächsische Weltchronik, in: SS Dt. Chr., S. 302. Anno 1281, in: Chronica Reinhardsbrunnesis, in: SS 30,1, S. 630f. PERLBACH: Christian von Mühlhausen, S. 378. Vgl. hierzu: PATZE: Politische Geschichte, S. 51-74.
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ist, dass die Stadtherrschaft beim Abt von Fulda lag, während sich die Burg in Teilen bereits in wettinischer Hand befand. Vielleicht nutzte aber auch der Abt von Fulda die Auseinandersetzungen nach dem Aussterben der ludowingischen Landgrafen, um die Schlotheimer, welche als Inhaber eines ludowinigischen Hofamtes in besonderer Beziehung zu den Landgrafen gestanden hatten, wieder stärker an sich zu binden, und erhob den Ort in diesem Zusammenhang auf Bitten der Schlotheimer zur Stadt. So erfolgte beispielsweise die Ausstattung Herbslebens mit einem Marktprivileg durch den König auf Bitten des Grafen von Henneberg für dessen Ministerialen. Auch hier dürfte eine entsprechende Vorverhandlung der Ministerialen von Herbsleben mit dem Grafen von Henneberg vorangegangen sein. Es ist demzufolge vorstellbar, dass ein solches Vorgehen durchaus normale Praxis war. Ministerialen beziehungsweise Vasallen traten an ihren Herrn heran und baten um die Erteilung eines entsprechenden Privilegs. Wobei im Fall Herbslebens dann noch der König als übergeordnete Instanz bemüht worden ist.197 Korrespondieren würde dieses mit dem Umstand, dass das Kloster Fulda im 13. Jahrhundert durchaus eine eigene ausgeprägte Städtepolitik betrieb. So wurden die fuldischen Orte Hammelburg, Brückenau und Lauterbach ummauert oder, falls noch nicht geschehen, zur Stadt erhoben.198 Bei Hammelburg ist unklar, wann genau die Stadterhebung erfolgte. Bereits im 12. Jahrhundert dürfte es jedoch eine nichtagrarische Siedlung gewesen sein. Sicher ist, dass die Ummauerung in der Amtszeit Abt Konrads III. (1221-46) erfolgte. Brückenau wurde 1260 ummauert, schon 1249 mit dem gleichen Privileg wie Gelnhausen versehen und 1310 mit dem Stadtrecht von Schweinfurt ausgestattet. Lauterbach erhob Abt Bertho von Fulda 1265 im Zusammenhang mit der Fuldaer Stiftsfehde zur Stadt, ließ den Ort ummauern und eine Burg errichten.199 Wenigstens im Fall von Brückenau wird deutlich, dass das Kloster Fulda hier auf eine unmittelbare Krisensituation reagierte und den Ort befestigte sowie zur Stadt erhob. Möglicherweise kann Ähnliches im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Nachfolge in der Landgrafschaft auch für Schlotheim angenommen werden. Schon kurze Zeit nach dem Tod Heinrichs Raspes kam es zu ersten kriegerischen Auseinandersetzungen in Thüringen, welche im Raum Erfurt und Weißensee und damit in unmittelbarer Nachbarschaft ausgetragen wurden.200 Vorstellbar ist deshalb, die Erteilung eines Privilegs zur Stadtgründung mit einhergehender Erlaubnis zur Befestigung des Ortes durch den Abt von 197 198 199 200
Vgl. Const. 6, 2, Nr. 115, sowie Kap. II.5.4.2. HUSSONG: Reichsabtei Fulda im frühen und hohen Mittelalter, S. 162. Zu Hammelburg: WITHOLD: Art. Hammelburg, S. 269. Zu Brückenau: KUNZMANN: Art. Brückenau, S. 108. Zu Lauterbach: GENSICKE: Art. Lauterbach, S. 286f. PATZE: Politische Geschichte, S. 43f.
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Fulda geschah vor dem Hintergrund, die fuldischen Interessen und den Besitz in Schlotheim und Umgebung zu wahren und in dieser unsicheren Zeit zu schützen. Gestützt wird eine solche Überlegung auch dadurch, dass Schlotheim bereits 1277 über eine Stadtbefestigung verfügt haben könnte.201 Auch die zwei im heutigen Thüringen gelegenen fuldischen Städte Vacha und Geisa wurden nach der Mitte des 13. Jahrhunderts befestigt.202 Während Vacha schon im ausgehenden 12. Jahrhundert zur Stadt erhoben worden ist, fällt die Stadtentwicklung Geisas wohl etwa in die Zeit seiner Befestigung. Wann die dritte fuldische Stadt Lengsfeld zur Stadt wurde, lässt sich überhaupt nicht erkennen. Sicher ist nur, zu Beginn des 14. Jahrhunderts wird der Ort mehrfach Stadt genannt.203 Damit wird deutlich, dass es im 13. Jahrhundert sehr wohl eine ausgeprägte fuldische Städtepolitik gab und diese darüber hinaus auch auf Thüringen ausgedehnt war. Das Stift baute in diesem Zusammenhang Orte zur Stadt aus oder ließ schon bestehende befestigen. Auffällig ist, dass viele fuldische Städte im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts erheblich ausgebaut wurden, weitere Privilegierungen erfuhren beziehungsweise einige Städte überhaupt erst entstanden. Die Ersterwähnung Schlotheims als Stadt fällt in die Zeit unmittelbar nach dieser städtepolitischen Hochphase des Reichsstiftes, weshalb eine fuldische Gründung nicht unwahrscheinlich ist. Der Umstand, dass die Ministerialen von Schlotheim in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts über doch erhebliche Rechte in und um Schlotheim verfügten, sowie ihre im 14. Jahrhundert nachweisbaren umfassenden Rechte an der Burg und der Stadt, machen des Weiteren wahrscheinlich, dass auch sie einen erheblichen Anteil an der Stadtentstehung hatten. Möglicherwiese erfolgte die Stadtgründung sogar in erheblichen Teilen auf Allod dieser Familie. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass die Schlotheimer Ministerialen im Zusammenwirken mit ihrem fuldischen Herrn die Stadtgründung durchführten. Ob wie im Fall der Privilegierung Herbslebens zum Marktort dies unter gleichfalls königlicher Mitwirkung erfolgte, ist nicht nachzuweisen. Da es sich bei Fulda um ein Reichsstift handelte, kann dieses nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Trotz der bescheidenen Ausdehnung der Stadt sieht Hans Patze in der Gründung durch die Schlotheimer ein Bestreben, das Vorbild königlicher und landesherrlicher Städtegründungen nachzuahmen. Als Ursache hierfür vermutet er die 201
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Der enge zeitlichen Zusammenhang zwischen der Erstnennung Schlotheims als Stadt und der gleichzeitigen Erwähnung von Teilen der Befestigung, lässt doch eine Befestigung und Stadtgründung Schlotheims um die Mitte des 13. Jahrhunderts beziehungsweise unmittelbar danach mehr als wahrscheinlich erscheinen. (Vgl. oben.) WETH: Siegelwesen, S. 123-127. SCHRICKEL: Art. Geisa, S. 131. KÜTHER: Art. Vacha, S. 447f. HOFEMANN: Entwicklung, S. 128f.
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im 13. Jahrhundert bestehende enge Beziehung der Herren von Schlotheim zur Reichsstadt Mühlhausen.204 Die Beziehung zur Stadt Mühlhausen wird auch daran deutlich, dass 1285 das Mühlhäuser Weißfrauenkloster von den Herren von Schlotheim das Patronatsrecht über Kirche und Kapelle zu Schlotheim erhielt und das spätere Magdalenerinnenkloster in Schlotheim eine Mühlhäuser Tochtergründung war.205 Schon aus verkehrsgeographischer Sicht war eine engere Bindung nach Mühlhausen nicht unbedeutend.206 In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts muss darüber hinaus eine Münzstätte in Schlotheim bestanden haben, in welcher Reiterbrakteaten nach Mühlhäuser Schlag hergestellt wurden. Dies verweist möglicherweise auch auf enge wirtschaftliche Beziehungen nach Mühlhausen. Die Einrichtung dieser Münze kann ebenfalls nicht ohne landesherrliche Mitwirkung geschehen sein, und ihre Entstehung ist sicherlich in einem engen Zusammenhang mit der Stadterhebung zu sehen. Gegen die missbräuchliche Verwendung des Reichsadlers in Verbindung mit dem Mühleisen in der Schlotheimer Münze ging die Stadt Mühlhausen dann aber 1290 vor.207 Die Herren von Schlotheim schufen sich unter Mitwirkung landesherrlicher Zuständigkeit letztendlich mit der Stadt einen zentralen Herrschaftssitz nach dem Vorbild ihrer Herren – eine Miniaturresidenz ihrer kleinen Herrschaft im Norden des Thüringer Beckens. Ihre Stadtherrschaft war jedoch nicht von Dauer und schon im 14. Jahrhundert verloren sie den Zugriff auf den Ort vollständig. Wahrscheinlich ist des Weiteren in einem der Fuldaer Äbte des zweiten Drittels des 13. Jahrhunderts (Konrad III., Heinrich IV. oder Bertho II.) den Mitverantwortlichen des Ausbaus Schlotheims zur Stadt zu sehen, ohne dass eine wettinische Mitwirkung, auch wenn sie erheblichen Bedenken unterliegt, vollständig auszuschließen ist. Außerdem bestand spätestens im ausgehenden 13. Jahrhundert zwischen den Wettinern und den Herren von Schlotheim eine engere Verbindung. Letzteres könnte dann eine Grundlage für die in der Folge zu besprechenden Versuche der wettinischen Landgrafen sein, die Ortsherrschaft über Stadt und Burg fest in die Hand zu bekommen, beziehungsweise markiert dieses den Beginn, die wettinische Herrschaft auch auf Schlotheim auszudehnen. Gleichwohl waren es zunächst andere territoriale Gewalten, welche erfolgreich auf Schlotheim ausgriffen.
204 205 206 207
PATZE: Landesherrschaft, S. 424f. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 275. Vgl. Kap. II.3.8.1 Zur geographischen Lage vgl. Kap. II.3.2. WAGNER: Schlotheim, S. 31. UB Mühlhausen, Nr. 362. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 263 u. 310.
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3.6 Die Stadtherrschaft im 14. und 15. Jahrhundert – Schlotheim zwischen den territorialen Gewalten 3.6.1 Die wettinischen Landgrafen, die Grafen von Schwarzburg, die Grafen von Hohnstein und das Reichsstift Fulda Im Jahr 1323 bewilligten die Herren Heymo, Lutolf und dessen Sohn Lutolf aus der schlotheimischen Dynastie den Grafen von Hohnstein das Öffnungsrecht für ihren Teil des Schlosses zu Schlotheim. Darüber hinaus versprachen sie im Falle eines Verkaufs ihrer Anteile, diese den Grafen von Hohnstein anzubieten.208 Nur fünf Jahre später, im Jahr 1328, verkaufte dann Günther von Willerstedt seinen Anteil an der Burg und an der Stadt an Graf Heinrich von Hohnstein.209 Am 28. August 1330 bekannte Heinrich Slune von Schlotheim mit seinen Söhnen, die Burg und die Stadt Schlotheim sowie die dazugehörigen Gerichte vom Grafen von Hohnstein als Lehen empfangen zu haben. Vorausgegangen war ein Verkauf dieser Güter durch Heinrich Slune an den Grafen von Hohnstein.210 Schon 1325 hatten die Grafen tauschweise für ihre Gerichtsrechte und die damit verbundenen Einnahmen in Großensömmern, welche sie als fuldische Lehen besaßen, die Stadt und die Burg Schlotheim als Lehen vom Abt von Fulda erhalten.211 In dieser am 17. Oktober ausgestellten Urkunde bestätigte Graf Heinrich von Hohnstein die Belehnung mit Haus und Stadt Schlotheim sowie den damit verbundenen Verzicht auf fuldische Lehen in Großensömmern. Die Belehnung mit Schlotheim durch Abt Heinrich VI. von Fulda dokumentiert eine auf den Vortag datierten Urkunde.212 Seit 1323 versuchten die Grafen von Hohnstein demnach in den Besitz Schlotheims zu gelangen. Ein erster wesentlicher Erfolg nach der Bewilligung des Öffnungsrechtes war dann die Belehnung mit Burg und Stadt durch den Abt von Fulda. Bis 1330 erwarben sie dann weitere Rechte, jetzt aber aus der Hand der im Ort ansässigen Herren von Schlotheim. Unsicher ist zunächst, in welcher Beziehung diese einzelnen Rechte zueinander standen. So ist vorstellbar, dass die Grafen von Hohnstein 1323 nur die Lehnsherrschaft über die an die Herren von Schlotheim ausgegebene fuldische Lehen in Schlotheim erhielten. Ebenso kann
208 209 210 211 212
LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 29. Abdruck in: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 5f., Anm. 4. LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 36. Abdruck: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 7, Anm. 2. LATh-StA Rudolstadt A. C., Nr. 39 u. 50. FUNKHÄNEL: Herren von Schlotheim, S. 1. Fuldischer Lehn-Hof, ed. SCHANNAT, Nr. 82, S. 231. HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 6. LATh-StA Rudolstadt Lehnbücher, Nr. 118.
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die Stadtherrschaft aber auch zwischen den Schlotheimern und Fulda geteilt gewesen sein und die Grafen erwarben zunächst die fuldischen Rechte und dann Eigenbesitz der Schlotheimer und brachten sich auf diesem Weg in den vollständigen Besitz von Burg und Stadt. Während der Verkauf durch Heinrich Slune von Schlotheim im Jahr 1330 nur mit Zustimmung des Abtes von Fulda geschehen konnte, ist weder in der 1323 ausgestellten Urkunde der Lutolfe von Schlotheim bezüglich des Öffnungsrechtes für die Burg noch in der Urkunde Günthers von Willerstedt aus dem Jahr 1328 von einem solchen Umstand die Rede.213 Offensichtlich besaß demzufolge Fulda zwar nicht unerhebliche Anteile an Burg und Stadt, jedoch verfügten auch die Herren von Schlotheim über Allodialbesitz. Ein Teil der Herren von Schlotheim besaß demnach seine Rechte an Burg und Stadt als Eigengut und ein Teil verfügte über diese nur als Lehen. Daraus ergibt sich aber ein weiteres grundsätzliches Problem, welches an dieser Stelle aber nur angerissen und nicht ausführlich diskutiert werden soll: So ist doch auffällig, dass die Slune ihre Rechte als Lehen besaßen, während die Lutolfe und Günther von Willerstedt frei darüber verfügen konnten. Bisher ist immer davon ausgegangen worden, dass es sich bei den Ministerialen/Herren von Schlotheim um Angehörige einer in verschiedene Linien zerfallenden Familie handelt.214 Vor diesem Hintergrund stellt sich aber die Frage, weshalb ein Teil der Familie Eigengut in Schlotheim besaß und der andere Teil offensichtlich fuldische Lehen besaß. Eine Lösung wäre, die Slune hätten ihr Eigengut aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen vor 1330 dem Abt von Fulda zu Lehen aufgelassen. Anderseits ist aber auch vorstellbar, dass sie in keiner Beziehung zur Familie der Schlotheimer standen, sondern sie die Lehen als fuldische Vasallen oder Dienstleute anderer Herkunft besaßen, oder dass es sich hierbei möglicherweise sogar um Burglehen für den Dienst auf der Schlotheimer Burg handelte. Sie könnten demzufolge ein weiteres in Schlotheim ansässiges Geschlecht gewesen sein. In diesem Zusammenhang gibt es eine weitere Auffälligkeit. Lediglich bei den Slunen wird überliefert, dass sie sich nach der Veräußerung ihrer Rechte in Schlotheim halten konnten. So wurden sie seitens der Hohnsteiner wieder mit ihrem veräußerten Besitz belehnt. Über das Schicksal der anderen ist nichts überliefert. Das Interesse der Grafen von Hohnstein an Schlotheim ist sicherlich vor allem dem Umstand geschuldet, dass Schlotheim als befestigte Stadt mit Burg ein idealer Stützpunkt war, um aus dem nordthüringischen Raum nach Süden in das Thüringer Becken vorzustoßen. So war das hohnsteinische Grafengeschlecht schon seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bestrebt, seine Herrschaft über 213 214
LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 36. HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 5, Anm. 4, S. 7 Anm. 4. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 277.
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die Hainleite hinaus nach Süden auszudehnen. Als ein erster Schritt erscheint hierbei der Erwerb der Vogtei über das zwischen Langensalza und Thamsbrück gelegene, welfische Eigenkloster Homburg in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.215 Im Jahr 1268 erhielten sie dann die Erlaubnis Landgraf Albrechts, in jedem beliebigen der etwa 20 Kilometer östlich von Schlotheim liegenden Greußenorte außer in Marktgreußen eine Burg zu errichten.216 Andererseits lag Schlotheim aber auch verkehrsgeographisch günstig, um den aus Mühlhausen kommenden Verkehr und somit den Handel noch vor der Überquerung der Hainleite zu kontrollieren und auf diesem Wege über den Schlotheimer Markt wirtschaftliches Potential abzuschöpfen. Gleichzeitig dürften die Hohnsteiner Grafen vor allem deshalb einige Anstrengung darauf verwendet haben den Ort in ihre Gewalt zu bekommen, weil sie 1319 ihren Besitz im etwa 15 Kilometer südöstlich befindlichen Raum Tennstedt an die Wettiner verloren hatten217 und sie deshalb eine neue Basis benötigten, um ihre Herrschaft in Richtung Zentralthüringen vorzuschieben. Am 31. Dezember 1338 wurden Stadt und Burg Schlotheim und die Dörfer Schwalbenborn, Mehler sowie die Hälfte des Dorfes Mehrststedt durch den Grafen Heinrich von Hohnstein auf Wiederkauf für 2.200 Mark an die Grafen von Schwarzburg verkauft. Sollte Heinrich sterben, hatten seine Erben ein Jahr Zeit, um Schlotheim und die genannten Dörfer wieder zurückzukaufen. Gelingt ihnen dieses nicht innerhalb der Frist, so gehen Burg und Stadt Schlotheim sowie die erwähnten Dörfer vollständig in schwarzburgischen Besitz über.218 Eine zweite ebenfalls an diesem Tag ausgestellte Urkunde gibt Auskunft über weitere Modalitäten des Rechtsgeschäftes. So versprachen die Grafen Günther und Heinrich 215 216 217 218
Vgl. KÜTHER/PATZE: Art. Homburg, S. 204. JORDAN: Klosterpolitik, S. 27. PATZE: Art. Clingen, S. 70. EBERHARDT: Thüringer Ackerbürgerstädte, S. 104f. Vgl. Kapitel II.2.5. Hesse datiert die Urkunde auf den 30. Dezember 1339, während die Datenbank der Sondershäuser Urkunden im Staatsarchiv Rudolstadt den 31. Dezember 1338 angibt. Die Datierungszeile in der Urkunde lautet: 1339 an dem nesten Donnerstage nach des heiligen Christ tage. Im spätmittelalterlichen Mitteldeutschland beginnt das neue Jahr im Allgemeinen am als Heiliger Christtag bezeichneten 25. Dezember. Da die Datierungszeile eindeutig den nächsten Donnerstag nach dem im Mittelalter allgemein gültigen Jahreswechsel am 25. Dezember angibt, ist nun zu prüfen, ob der angegebene Tag nach heutiger Rechnung noch ins Jahr 1338 fällt. Der Donnerstag nach dem 25. Dezember 1338 fällt auf den 31. Dezember. Insofern fällt der Ausstellungstag der Urkunde nach heutiger Rechnung noch in das Jahr 1338. Die in der Datenbank des Staatsarchivs Rudolstadt vorgenommene Datierung ist demzufolge als die richtige anzusehen und die Urkunde ist somit am 31. Dezember 1338 ausgestellt. (LATh-StA Rudolstadt SU: 1338, Dezember 31. (Reg. 556.) Abdruck der Urkunde, in: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 8 Anm. 1. FUNKHÄNEL: Über die Herren von Schlotheim, S. 1. Datenbank zu den Sondershäuser Urkunden im Staatsarchiv Rudolstadt. (22.11.2012.) GROTEFEND: Taschenbuch, S. 11 u. 31.
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von Schwarzburg für den Fall, dass der Graf von Hohnstein eine Belehnung der Schwarzburger mit Schlotheim beim Abt von Fulda erwirken könne, ihm seinen über 2.200 Mark ausgestellten Pfandbrief zurückzugeben. Das Obereigentum über die Stadt und die Burg lag demzufolge vorerst weiterhin beim Abt von Fulda. Schlotheim muss dann aber in schwarzburgischem Besitz geblieben sein. So kauften am 29. Dezember 1339 die Grafen von Schwarzburg die Stadt Frankenhausen für 6.500 Mark und versetzten Schlotheim bis zur endgültigen Tilgung der Summe den Grafen von Beichlingen als Pfand.219 Noch im beichlingisch-rothenburgischen Teilungsvertrag von 1341 erscheinen Stadt und Burg Schlotheim im Besitz der Beichlinger Grafen und auch 1344 sind noch Teile der Pfandsumme offen. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts muss es den Schwarzburgern aber wieder gelungen sein, die vollständige Verfügungsgewalt über Stadt und Burg zu erlangen und sich damit die Herrschaft über den Ort zu sichern. So waren sie 1393 in der Lage, Stadt und Burg mit allen Rechten als Pfand an die Herren von Hopfgarten auszugeben. 220 Das Ausgreifen der Schwarzburger Grafen auf Schlotheim in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts dürfte wiederum in engem Zusammenhang mit dem Versuch stehen, ihre eigene Position in der Region zu stärken und darüber hinaus die Wettiner am Ausbau ihres Territoriums zu hindern und selbst festeren Fuß im nördlichen Thüringen zu fassen.221 Im Jahr 1340 treten dann die Landgrafen im Zusammenhang mit Burg und Stadt Schlotheim in Erscheinung. In einer am 22. März des Jahres 1340 ausgestellten Urkunde bekennt Landgraf Friedrich, dass er für Graf Heinrich von Hohnstein Schlotheim für 2.200 Mark aus den Händen der Grafen von Beichlingen auszulösen bereit ist. 222 Hintergrund war vielleicht, den eben beschriebenen schwarzburgischen Bestrebungen entgegenzuwirken und sich die Oberherrschaft über den Ort zu sichern. Dabei handelt es sich aber nicht um das erste Mal, dass die Wettiner im 14. Jahrhundert im Zusammenhang mit Schlotheim in Erscheinung traten. So verlieh Friedrich der Freidige schon im Jahr 1308 dem Kloster in 219
220
221 222
1338: LATh-StA Rudolstadt SU: 1338, Dezember 31. (Reg. 557.) Abdruck der Urkunde: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 9 Anm. 1. Zur Datierung dieser bei Hesse ebenfalls in das Jahr 1339 datierten Urkunde. 1339: LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 59. Abdruck bei: HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 9f., Anm 2, S. 9. Die Datierung ist wie bei den Urkunden des Jahres 1338 bei Hesse falsch. LATh-StA Rudolstadt SU: 1341, Juli 4. (Reg. 572.) HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 11, mit Anm. 1. Zu 1344 vgl. auch: HESSE: Rothenburg, S. 22f. Abdruck der Urkunde von 1344: HESSE: Rothenburg, S. 49 Anm. 83. 1393: Regest bei: Paulus Jovius: Chronicon Schwartzburgicum, in: Diplomataria et Scriptores 1, hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG, S. 402. Funkhänel: Herren von Schlotheim, S. 1. Hesse: Schlotheims Vorzeit, S. 11f. STRICKHAUSEN: Burgenbau Graf Günthers XXI. von Schwarzburg, S. 69-71. LATh-StA Rudolstadt A. C., Nr. 58. HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 9, Anm. 12.
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Schlotheim ein Schutzprivileg.223 Hierbei vertritt Günter Siegel die Auffassung, dieses Privileg sei im Zusammenhang mit lehnsherrlichen Rechten der Wettiner an Schlotheim und Umgebung zu sehen.224 Grundsätzlich kann das Privileg von 1308 aber auch als das Ergebnis der Bemühungen seitens des Schlotheimer Konventes oder seitens der Herren von Schlotheim als Eigenkirchenherren um ein durch den neu erstarkten Landgrafen ausgestelltes Schutzprivileg gesehen werden. 225 Hieraus wettinische Rechte in Schlotheim abzuleiten, steht auch vor dem Problem, dass die Wettiner ansonsten nicht weiter in Beziehung zum Schlotheimer Kloster gebracht werden können und ältere wettinische Rechte in Schlotheim nicht nachzuweisen sind. 226 Erstmals sicher lässt sich wettinischer Besitz in und um Schlotheim im Lehnbuch Friedrichs des Strengen aus dem Jahr 1349/50 nachweisen. So werden hier omnia bona ab eo in feodum in Slatheim procedentia erwähnt. Genannt werden im selben Zusammenhang aber auch landgräfliche Lehen in Tunzenhausen westlich von Sömmerda und in Wurbiz, bei welchem es sich entweder um das nördlich von Schlotheim liegende Urbach oder das weiter nordwestlich befindliche Worbis im Eichsfeld227 handeln könnte. Diese Lehen sind jedoch unter Weißensee aufgelistet und gehören somit zum Lehnbezirk Weißensee.228 223
224 225
226 227
228
LATh-StA Rudolstadt SU: 1308, März 31. (Reg. 295). Wegen eines Wasserschadens sind jeweils nur noch die ersten und die letzten Buchstaben aller Zeilen des Urkundentextes zu erkennen. Eine genaue Überprüfung des Inhaltes war deshalb nicht möglich. Die Apfelstedtschen Regesten des Staatsarchivs Rudolstadt geben außer, dass es sich um ein Schutzprivileg des Landgrafen Friedrichs für das Kloster handelt, keine weitere Auskunft über den Inhalt. Auch in der Datenbank des Staatsarchivs Rudolstadt für den Sondershäuser Urkundenbestand fanden sich keine weiterführenden Hinweise. (Apfelstedtschen Regesten: Findmittel B1-024. Datenbank zu den Sondershäuser Urkunden im Staatsarchiv Rudolstadt [22.11.2012].) SIEGEL: Das Kloster, S. 286. So war es Landgraf Friedrich gelungen, sich in Thüringen gegen die Ansprüche des Königs endgültig durchzusetzen und die innerwettinischen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahrzehnte waren beigelegt worden. In der Folge begann der Landgraf nun den wettinischen Besitz in der Landgrafschaft zu restaurieren. (PATZE: Politische Geschichte, S. 66-68. WEGELE: Friedrich der Freidige, S. 60-67.) Vgl. Kap. II.3.8.1. Letztendlich lässt sich nicht entscheiden, um welchen Ort es sich handelt. Worbis war seit 1336 im landgräflichen Besitz und wurde noch 1350 gemeinsam mit dem Mainzer verwaltet. (GRESKY: Art. Worbis, S. 493.) Allerdings legt die Einordnung dieser Lehen unter Weißensee nahe, dass es sich tatsächlich um Urbach und nicht um das weiter nordwestlich gelegenen Worbis handelt. Jedoch sind noch 1340 Herren von Schlotheim als landgräfliche Burgmannen in Worbis eingesetzt. (Vgl. hierzu Urkunde in: Zur Geschichte der Herren von Schlotheim und Allmenhausen, Nr. 2, S. 205f.) Lehnbuch Friedrichs des Strengen XLII, 29, S. 197.
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Außerdem besaßen die Landgrafen nach dem Lehnsverzeichnis zu diesem Zeitpunkt wenigstens Teile der Burg und hatten hier Burgmannen eingesetzt. So werden unter der Überschrift castrenses in Slatheim sechs Burgmänner aufgelistet, welche ihren Dienst auf der Burg Schlotheim tun, deren Burglehen aber nicht in Schlotheim und Umgebung lagen.229 Auffällig ist weiterhin, dass im Lehnbuch die Schlotheimer Burgmannen mit ihren Burglehen, wie der nachfolgende districtus Fuher, die Lehen an der Burg Altenstein und die Mühlburg230 vom vorangehenden Amt Thamsbrück und vom nachfolgenden Amt Weißensee abgesondert231 eigene kleine Abschnitte bilden. Solche Sondergruppen, wie im Fall der Schlotheimer Burgmannen, halten Woldemar Lippert und Hans Beschorner für vollkommen unbegründet und für unwillkürlich vom Schreiber K geschaffen.232 Allerdings verweisen Lippert und Beschorner in der Einleitung zum Lehnbuch gleichfalls darauf, dass die Hand K zeitgleich mit A am Lehnbuch arbeitete.233 Somit wirkte K an der Entstehung des Lehnbuches mit und die durch die Hand K vorgenommenen Einträge geben die tatsächlichen Zustände zur Zeit der Erstellung des Lehnbuches in der Mitte des 14. Jahrhunderts wieder. Vom Befund her gehörte Schlotheim in dieser Zeit somit weder zum südlich gelegenen größeren Lehnsbezirk Thamsbrück noch zum nächsten im Osten und Südosten gelegenen, gleichfalls wesentlich größeren Bezirk Weißensee.234 Die Schlotheimer Lehen sind im Verhältnis zu den anderen Lehnsbezirken mit älterem landgräflichen Besitz nicht sehr umfangreich. Ähnlich ist die Situation in den auf Schlotheim folgenden Lehnsgruppen Fura, Burg Altenstein und Mühlberg. 235 Möglicherweise schufen die Verfasser des Lehnbuches diese kleineren Bezirke erst, weil diese Lehen tatsächlich weder zum Lehnsbezirk Thamsbrück noch zu Weißenesse gehörten und unklar war, wohin diese Besitzungen zuzuordnen waren. Diese Umstände wären ein Hinweis darauf, dass der Bezirk Schlotheim und die drei folgenden um einiges jünger sind als die anderen Lehnsbezirke. Letzteres wiederum entspräche dann den bisherigen Beobachtungen hinsichtlich des erst spät erworben landgräflichen Besitzes in Schlotheim.
229 230 231 232 233 234 235
Lehnbuch Friedrichs des Strengen XXXVIII. Castrenses in Slatheim, S. 189. Lehnbuch Friedrichs des Strengen XXXIX-XLI. Lehnbuch Friedrichs des Strengen XXXVIII. LIPPERT/BESCHORNER: Einleitung zu Lehnbuch Friedrichs des Strengen, S. CLIV, Anm. 20. Einleitung zu Lehnbuch Friedrichs des Strengen, S. CXCIII. Lehnbuch Friedrichs des Strengen XXXII. In Furra finden sich zwei landgräfliche Lehen, in der Burg Altenstein waren es sechs und in Mühlberg vier. (Lehnbuch Friedrichs des Strengen XL-XLI.)
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Die gleichfalls einen eigenen kleinen Lehnsbezirk bildende Burg Altenstein wurde erst im Jahr 1346 und somit unmittelbar vor der Erstellung des Lehnsverzeichnisses durch Friedrich von Salza an Landgraf Friedrich verkauft.236 Furra, bei welchem es sich wahrscheinlich um Großfurra handelt, befand sich zunächst in hohnsteinischem und fuldischem Besitz, wurde dann 1319 von den dort ansässigen Herren von Furra an den Landgrafen verkauft und stellt somit ebenfalls keinen älteren Besitz dar.237 Schwieriger ist die Situation beim Ort Mühlberg und der oberhalb gelegenen Mühlburg. Vor der Mitte des 14. Jahrhunderts befand sich ein Viertel im Besitz der Grafen von Henneberg, ein Viertel besaßen die Grafen von Schwarzburg und die andere Hälfte war in der Hand des Mainzer Erzbischofs. Über landgräflichen Besitz ist hier nichts zu erfahren und er kann somit nur im unmittelbaren zeitlichen Umfeld der Abfassung des Lehnbuches durch die Wettiner erworben worden sein.238 Es deutet sich damit tatsächlich an, dass hier jüngst erworbener Besitz in eigenen Lehnsbezirken, die nicht sehr umfangreich waren, zusammengefasst worden ist. Insofern scheint in Schlotheim de facto kein älterer landgräflicher Besitz vorhanden gewesen zu sein. Dieser gelangte vielmehr erst unmittelbar vor oder während der Abfassung des Lehnbuches an die Wettiner. Festzuhalten bleibt jedoch: Spätestens in dieser Zeit verfügten die Landgrafen über die Burg Schlotheim, und wie aus einer Urkunde vom 21. März 1350 deutlich wird, dann auch über die Stadt Schlotheim.239 Diese Urkunde, welche erstmals Auskunft darüber gibt, dass die Wettiner nun auch über die Stadt verfügten, entstand im Zusammenhang mit der Verpfändung von Burg und Stadt durch die wettinischen Landgrafen. So setzten sie zur Begleichung ihrer Kriegsschulden bei den Grafen von Hohnstein und den Grafen von Schwarzburg Burg und Stadt Schlotheim als Pfand ein. Vereinbart wurde mit den Grafen, dass von der Forderungssumme von 1.700 Mark Silber 1.200 Mark innerhalb eines Jahres zu zahlen waren, während die restlichen 500 Mark erst nach fünf Jahren fällig wurden. Eine Wiedereinlösung durch die Wettiner ist nicht überliefert. Deshalb wird auf anderem Wege zu prüfen sein, ob sie Schlotheim wieder aus der Verpfändung lösen konnten. Das markgräfliche Register von 1378 nennt Schlotheim zwar nicht als eigenes wettinisches Amt. Jedoch erwähnt es unter dem Amt und der Burg Tennstedt die Slatheymsche [bete] oder nach der Handschrift B eine precaria in Slatheim in Höhe von 26 solidos denariorum, 236 237 238 239
KÜTHER: Art. Altenstein, S. 14. GRESKY/PATZE: Art. Großfurra, S. 177. PATZE: Art. Mühlberg, S. 285. PATZE: Politische Geschichte, S. 103. LATh-StA Rudolstadt SU: 1350, März 21. (Reg. 688). SHStA Dresden 10004 Kopiale, Nr. 26, fol. 1a-2a. (Markgräfliche Urkunde) SHStA Dresden 10001 Ältere Urkunden, Nr. 3230 (Urkunde der Grafen von Hohnstein und Schwarzburg) LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 77 mit Anm. 295.
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welche an Weihnachten zu Tennstedt zu entrichten war.240 Aus Schlotheim war demzufolge eine, wenn auch geringe Prekarie an die Wettiner zu entrichten.241 Die „Alte Jahrrente in der Mark Meißen, dem Osterlande und Thüringen“ aus dem Jahr 1367 nennt ebenfalls eine Abgabe aus Schlotheim, welche hier jedoch 20 Mark beträgt.242 In der „Neuen Jahrrente“ vom Jahr 1367 wird eine entsprechende Abgabe jedoch nicht aufgeführt.243 Demzufolge müssen die Wettiner nach der Mitte des 14. Jahrhunderts wenigstens über unregelmäßige Einkünfte aus Schlotheim verfügt haben und deshalb dürfte sich der Ort wenigstens zeitweise wieder in wettinischer Hand befunden haben. Dass die jährliche Prekarie aus Schlotheim über Tennstedt eingezogen wurde, legt aber nahe, dass in Schlotheim selbst keine landgräfliche Güterverwaltung existierte. Hintergrund könnte eine (für die Wettiner) geringe fiskalische Bedeutung des Ortes sein. Die aus Schlotheim 1367 eingezogene Jahrrente war mit 20 Mark aber genauso hoch wie die in Creuzburg. Wobei in Creuzburg noch eine precaria civitatis vom 30 Mark abzuführen war. Bei ihr dürfte es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um eine tatsächliche städtische Bede handeln und Creuzburg hatte insgesamt 50 Mark an die Wettiner zu leisten.244 Außerdem entsprach die Schlotheimer Jahrrente von 1367 der 1378 aus Tennstedt abzuführenden Prekarie von ebenfalls 20 Mark.245 Die Abgaben aus Schlotheim sind im Verhältnis zu anderen Orten dennoch vergleichsweise gering. So führte die ausgesprochene Kleinstadt Thamsbrück 1367 immerhin insgesamt eine Jahrrente von 60 Mark ab.246 Ob dieses an der geringen Wirtschaftsleistung des Ortes lag oder auf den Umstand zurückzuführen ist, dass die Wettiner jeweils nicht über die gesamte Burg und die gesamte Stadt verfügten, lässt sich nicht erkennen. So war immerhin nichts weiter darüber zu erfahren, welches Schicksal die fuldischen Rechte in Schlotheim nahmen. Über eine Veräußerung aus fuldischer Hand ist nichts bekannt. So ist nicht auszuschließen, dass auch dem Abt von Fulda weiterhin Einkünfte aus Schlotheim zustanden. Wäre dieses zutreffend, stünden dann auch
240 241 242 243 244 245 246
Registrum XVIIa, 12. Zum Begriff Bede und Jahrrente im Registrum vgl. Kap. II.6.2 u. Kap. II.4.5. Übersicht über die alte Jahrrente in der Mark Meißen, dem Osterlande und Thüringen nebst Anweisungen darauf. 1367, In: Registrum, Anhang 6, Nr. 30, S. 424. Übersicht über die „Neue Jahrrente“ in der Mark Meißen, dem Osterlande und Thüringen nebst Anweisungen darauf. 1367, in: Registrum, Anhang 6, S. 436. Übersicht über die „Alte Jahrrente“, in: Registrum dominorum Marchionum Missnensium, Anhang 5, Nr. 29 u. 30, S. 424. Registrum XVIIb. Übersicht über die „Alte Jahrrente“, in: Registrum dominorum Marchionum Missnensium, Anhang 5, Nr. 32, S. 424.
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dem Stift Fulda stadtherrliche Einkünfte aus Schlotheim zu und die Steuerleistung Schlotheims wäre damit wesentlich höher, als aus den wettinischen Einkünfteverzeichnissen zu erkennen ist. Hinweise auf weiterhin bestehende fuldische Rechte gibt es aber nicht. Vielmehr war das Reichsstift Fulda wegen der dauerhaft schlechten finanziellen Lage seit dem beginnenden 14. Jahrhundert zunehmend gezwungen, Besitz zu verpfänden, welcher meist nicht mehr ausgelöst werden konnte. In diesem Zusammenhang gingen die Ämter Vacha mit der Stadt, Lengsfeld mit Stadt und Burg sowie der Marktflecken Gerstungen nach anfänglicher Verpfändung verloren.247 Vorstellbar ist deshalb, dass die so weit außerhalb des fuldischen Kernbesitzes gelegenen Rechte an Burg und Stadt Schlotheim gleichfalls im 14. Jahrhundert veräußert worden waren. Erneut Auskunft über das Verhältnis der Wettiner zur Stadt und zur Burg Schlotheim gibt dann ein Bündnisvertrag zwischen den Hohnsteiner und den Schwarzburger Grafen vom 21. Oktober 1386. In diesem überließ Graf Günther XXX. von Schwarzburg dem Grafen Heinrich von Hohnstein Burg und Stadt Schlotheim für zehn Jahre, wie Ersterer beides vom Landgrafen als Lehen erhalten hatte. Die Burgmannen zu Schlotheim sollen dem Hohnsteiner für diese Zeit Gehorsam geloben, und alle Einwohner sollten in ihren Rechten belassen werden. Darüber hinaus hatten die Bürger nicht mehr als 20 Mark lötiges Silber jährlichen Geschosses zu bezahlen, und die Burg war dem Landgrafen stets offen zu halten.248 Hieraus wird ersichtlich, dass spätestens 1386 die Burg wieder in schwarzburgischer Hand war, ohne dass aber erkennbar wird, auf welchem Wege dieses geschah. Gleichzeitig war es aber den Wettinern gelungen, sich die Oberherrschaft über die Stadt dauerhaft zu sichern. Ebenso hatten auch die Grafen von Hohnstein ihr Interesse an Burg und Stadt Schlotheim nicht aufgegeben und es war ihnen wenigstens zeitweise gelungen, wieder den Zugriff auf Schlotheim zu erhalten. Vor diesem Hintergrund erklären sich dann vielleicht aber auch die geringen wettinischen Einkünfte aus Schlotheim. Sie verfügten jeweils lediglich über die Oberherrschaft und einigen wenigen Besitz. Demgegenüber waren Stadt und Burg weitestgehend zu Lehen ausgegeben. Das Fehlen in der neuen Jahrrente von 1367 könnte dann wiederum auf eine zeitweise Verpfändung Schlotheims hindeuten. Des Weiteren wird auch hier eine Summe von 20 Mark jährlichen Geschosses genannt. Demzufolge scheint es sich bei diesen 20 Mark, da keine weiteren Abgaben aufgeführt werden, um die tatsächliche jährliche Steuerleistung der Stadt Schlotheim zu handeln.
247 248
HOFEMANN: Entwicklung, S. 94f., 129 u. 159. LATh-StA Rudolstadt A. C. Nr. 174.
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3.6.2 Die Ansprüche des Mainzer Erzbischofs Neben den bisher genannten Territorialgewalten tritt noch ein weiterer Landesherr im Zusammenhang mit Schlotheim in Erscheinung. In einer für den Grafen Heinrich den Jüngeren von Hohnstein im Jahr 1329 ausgestellten Urkunde versprach Heinrich, Erzbischof von Mainz, wegen der Verdienste des Hohnsteiners auf bestehende impetitione castri et oppidi Slaheym zu verzichten. In einem durch den Domdekan Johann von Mainz, Ritter Eberhard von Rosenberg und Bertold von Worbis 1336 ausgehandelten und am 9. April dieses Jahres beurkundeten Sühnevertrag zwischen Erzbischof Balduin von Trier – Pfleger des Mainzer Stiftes – und dem Grafen Heinrich von Hohnstein-Sondershausen, verzichtete dann auch die Gegenpartei im Mainzer Schisma auf ihre nicht genauer bezeichneten Forderungen an der Burg und der Stadt.249 Schwierigkeiten ergeben sich vor allem aus der Formulierung der Urkunde von 1329. Hier heißt es: impetione castri et oppidi Slaheym cessare volumus et cessamus. Problematisch ist vor allem der in der Urkunde von 1329 gebrauchte Begriff impetitio, welcher sowohl Anspruch und Forderung, aber auch überfallen beziehungsweise Bedrängen oder Klage bedeuten kann.250 Lediglich aus der zweiten Verzichtsurkunde scheint deutlich zu werden, dass es sich eher um einen Verzicht auf Ansprüche oder Forderungen handelte.251 Woher diese mainzischen Ansprüchen beziehungsweise Forderungen stammen und in welchem Zusammenhang sie stehen, lässt sich in keiner Weise in Erfahrung bringen. Der Erzbischof von Mainz wird vorher nicht als Inhaber von Rechten in Schlotheim genannt. Hinweise auf eine schon früh bestehende Verbindung zwischen den Herren von Schlotheim und dem Erzbischof von Mainz, aus welcher vielleicht auf weiterführende Beziehungen geschlossen werden könnten, sind aber durchaus feststellbar. Zu nennen ist hier zunächst die schon erwähnte Urkunde des Mainzer Erzbischofs Konrad vom 1. Mai 1180. Selbiger beurkundet hier ein Rechtsgeschäft seines Ministerialen Sibold des Älteren mit dem Kloster Volkenroda. Als Zeuge tritt dabei auch Bertho von Schlotheim entgegen.252 Unklar ist jedoch, ob sich hieraus eine schon in dieser Zeit bestehende 249
250
251 252
LATh-StA Rudolstadt SU: 1329, September 20. (Reg. 646.) LATh-StA Rudolstadt SU: 1336, April 9. (Reg. 524.) Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 3503, S. 141f. UB Stadt Erfurt 2, Nr. 146, S. 115. Nach Niermeyer, Mediae Latinitatis Lexicin minus: Angriff, Einfall oder Anklage, Klage. (Bd. 1, S. 672.) Das Verb impetere wiederum kann auch fordern, verlangen oder beanspruchen bedeuten. (NIERMEYER, Mediae Latinitatis Lexicin minus 1, S. 672.) Vgl. auch: BRINCKMEIER: Glossarium II, S. 1030. So auch Otto in: Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 3503, S. 141f. Dob II, Nr. 570.
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Beziehung derer von Schlotheim zum Mainzer Erzstift ableiten lässt. Die zwei anderen Zeugen Bruno und Frumold von Mehler gehören ins unmittelbare Umfeld Schlotheims. Das Geschäft erfolgte in Gegenwart der Grafen Erwin und Ernst von Gleichen, bei welchen es sich um die wichtigsten mainzischen Vasallen im Thüringer Becken handelt.253 Im Jahr 1243 verpfändete Erzbischof Siegfried von Mainz alle seine Einkünfte aus den erzbischöflichen Ämtern Gottern, Dorla, Mihla und Falken für 800 Pfund an den landgräflichen Truchsess Bertho von Schlotheim und Friedrich von Treffurt. In der betreffenden Urkunde bezeichnen Bertho von Schlotheim und Friedrich von Treffurt den Mainzer Erzbischof als dominus noster.254 Sieben Jahre später, im Jahr 1250, stellte Erzbischof Christian von Mainz für seinen Getreuen Dietrich den Kahlen, Schenk, eine Urkunde apud Slatheim aus.255 Die Lokalisierung des Ausstellungsortes mittels apud ist jedoch wenig eindeutig. Diese kann bedeuten, dass die Urkunde in der Nähe von Schlotheim oder aber in Schlotheim ausgestellt worden ist.256 Der Ausstellungsort der Urkunde war deshalb möglicherweise nicht Schlotheim selbst, sondern lag in der unmittelbaren Umgebung. Dieses wiederum spräche dann dafür, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht über Besitz in Schlotheim, aber vielleicht in der Umgebung verfügt haben könnte. Die oben genannten Mainzer Rechte an Burg und Stadt könnten deshalb auch erst nach der Mitte des 13. Jahrhunderts erworben worden sein. Vielleicht ließen die von Schlotheim in dieser Zeit Besitz in Schlotheim dem Mainzer zu Lehen auf. Hintergrund könnte sein, dass sie sich im Zuge der Auseinandersetzungen um die Nachfolge in der Landgrafschaft nach dem Aussterben der Ludowinger, nicht nur, wie oben bereits festgestellt, an mächtige weltliche Herren anlehnten.257 Möglicherweise suchten sie auch die Verbindung zum in Thüringen gleichfalls bedeutenden Herrschaftsträger, dem Mainzer, und ließen ihm in diesem Zusammenhang Teile ihres Eigengutes in Schlotheim zu Lehen auf. Grundsätzlich könnten diese mainzischen Rechte aber auch erheblich älter sein. So verweist vielleicht der Umstand, dass im mainzisch-fuldischen Zehntstreit des 9. Jahrhunderts auch Regelungen bezüglich Schlotheim getroffen wurden,258 auf älteren mainzischen Besitz. Beweisbar ist dieses letztendlich nicht und 253 254
255 256 257 258
Vgl. Kap. I.3. Berthogus de Slathem, Dapifer et Fridericus dictus de Drivorte recognoscimus et protestamur quod dominus noster Sifridus venerabilis Archiepiscopus Maguntinus[…] (Dob III, Nr. 1078. GOCKEL: Art. Gottern, S. 174. PATZE: Landesherrschaft, S. 331.) Dob II, Nr. 1783. BRINCKMEIER: Glossarium I, S. 135. Vgl. oben. DD L. d. Dt., Nr. 170.
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der Erwerb von Rechten in Schlotheim könnte auch in anderen, jüngeren Zusammenhängen geschehen sein. So sei an dieser Stelle auf das nördlich der Hainleite befindlichen Sondershausen und die oberhalb dieses Ortes gelegenen Spatenburg verwiesen. An beiden besaßen die Mainzer Erzbischöfe Rechte. Darüber hinaus gehörten die Spatenburg und der zugehörige Gerichtsbezirk zu den Objekten, welche im Zusammenhang mit den landgräflichen/mainzischen Lehen 1254, 1263 und 1293/94 mehrfach genannt werden.259 Weiterhin ist bezüglich Sondershausens und der Spatenburg vermutet worden, dass beide an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert, vielleicht aber auch in der Zeit Erzbischof Adalberts I. (1111-1137) aus königlicher Hand an den Erzbischof von Mainz gelangt sind260 und Königsgut befand sich wenigstens bis ins 10. Jahrhundert vielleicht aber auch noch darüber hinaus auch in Schlotheim. Insofern könnten etwa zeitgleich wie vermutliche in Sondershausen nicht an Fulda gelangte Teile Schlotheims vom König an Mainz übertragen worden sein. So ist an dieser Stelle erneut darauf zu verweisen, dass 975 nur die civitas Schlotheim an Fulda ging, während über das Schicksal der curtis nichts bekannt ist. Dieses ist deshalb von Interesse, weil sich doch andeutete, dass die curtis durchaus im Bereich der späteren Stadt gelegen haben dürfte. Sollte der Mainzer diesen Besitz vollständig oder anteilig erworben haben, würden sich damit die 1329 und 1336 erkennbaren mainzischen Rechte oder Ansprüche erklären lassen. Die Stadt entstand dann auf Besitz, welcher dem Mainzer Erzstift gehört haben könnte. Bei dem entsprechenden Gründungsvorgang wäre damit die Zustimmung des Mainzers notwendig gewesen und, da die Stadt auf seinem Besitz gegründet worden war, behielt er sich auch gewisse stadtherrliche Rechte vor. Bestanden die mainzischen Rechte tatsächlich schon vor der Stadtgründung, wäre nicht auszuschließen, dass eine Stadterhebung gemeinsam mit dem Abt von Fulda erfolgte. Deshalb könnte mit Schlotheim möglicherweise eine weitere Stadt identifiziert werden, deren Entstehung auch im Zusammenhang mit dem Erzbischof steht und an der deren Gründung der Metropolit Anteile haben könnte.261 Gleichzeitig wären in diesem Zusammenhang aber auch noch andere Hinter-
259
260 261
Abdrucke, Teilabdrucke und Regesten: 1254: Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 46. 1263: Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Langsdorfer Urkunden ed. v. ROHBERG, LU 2, S. 395f. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77. 1287: ENGEL: Urkundenstudien, S. 35. Dob IV, Nr. 2644. 1293/94: HEUSSER: Abhandlungen, S. 48. Vgl. auch: HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 403f. CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 423. HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 402f. Dass Stadterhebungen prinzipiell auch gemeinsam durch Landesherren erfolgen konnten, wird aus der zweifachen Verabredung des Abtes von Hersfeld mit dem Landgraf von Thüringen, Gebesee zusammen zur Stadt auszubauen, deutlich. (Vgl. Kap. II.5.5.)
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gründe bezüglich der Stadtgründung möglich. Vielleicht nutzten die Ministerialen von Schlotheim die Konkurrenz zwischen dem fuldischen und mainzischen Ortsherrn geschickt aus, um hier eine Stadt zu gründen, indem sie zunächst von einem der beiden ein entsprechendes Privileg erwirkten, während die Bestätigung des anderen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte.262 Grundsätzlich soll aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den mainzischen Ansprüchen gar nicht um tatsächlich bestehende handelte. Vielmehr könnten die Mainzer Erzbischöfe, wie schon in Thamsbrück zu beobachten war, versucht haben, auf ehemaligen ludowingischen Besitz auszugreifen und sich diesen anzueignen.263 Dass dieses anders als bei Thamsbrück im Falle Schlotheims wenigstens teilweise gelungen sein könnte, ließe sich dann wiederum aus den 1329 und 1336 formulierten Ansprüchen ableiten. Jedoch würde dieses voraussetzen, dass die Ludowinger Rechte an Schlotheim hatten. Letzteres konnte aber nicht nachgewiesen werden.264 Festzustellen bleibt letztendlich nur: 1329 und 1336 verzichtete das Mainzer Erzstift auf Ansprüche an Burg und Stadt Schlotheim. Was genau damit gemeint war, ist vollkommen unsicher. Des Weiteren werden ansonsten keinerlei mainzische Rechte in Schlotheim genannt. So ist prinzipiell nicht auszuschließen, dass es sich um unberechtigt bestehende Ansprüche handelte, welche der Mainzer Erzbischof im Zuge der Auseinandersetzungen um die ludowingische Nachfolge in der Landgrafschaft angemeldet hatte. So sei in diesem Zusammenhang nur auf die Problematik der Mainzer Lehen und hier insbesondere auf die mainzischen Ansprüche an Thamsbrück verwiesen.265 Aber auch der Umstand, dass es sich um nicht tatsächlich bestehende, sondern nur zu einem günstigen Zeitpunkt formulierte unberechtigte mainzische Ansprüche gehandelt haben könnte, bedarf dann noch einiger weiterer kurzer Überlegungen. Immerhin hätte dieses zur Folge, dass die Mainzer Erzbischöfe durchaus versuchten, sich Rechte an Städten anzueignen, auf die sie ansonsten keinen Zugriff hatten. Vorstellbar wäre wiederum, dieses sollte in Schlotheim, wie wahrscheinlich auch im Fall Thamsbrücks,266 mittels der Durchsetzung einer mainzischen Oberherrschaft erfolgen. Damit wäre schon die zweite Stadt im Untersuchungsraum identifiziert, auf die der Mainzer Erzbischof seinen Einfluss auszudehnen versuchte.
262 263 264 265 266
Zu solchen Zusammenhängen vgl. Kap. I.2.2f. Vgl. Kap. II.1.3.4. Vgl. oben. Vgl. Kap. II.1.3. So meldet der Mainzer im Fall Thamsbrücks dahingehende Ansprüche an, dass es sich bei der Stadt, der Burg und den Gerichten um ein Lehen der Landgrafen von Thüringen handelte. Die Oberherrschaft hätte demzufolge beim Mainzer gelegen. (Vgl. Kap. II.5.5.)
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Noch im 14. Jahrhundert scheint es zwischen einzelnen Mitgliedern der Schlotheimer Familie und dem Mainzer Erzstift eine enge Verbindung gegeben zu haben. So wird 1330 Ludolf der Jüngere von Schlotheim durch Balduin von Trier als einer der Burgleute auf der mainzischen Burg Scharfenstein eingesetzt.267 Bis 1338 lässt sich dann noch ein Rudolf von Schlotheim als Burgmann auf Scharfenstein greifen, und darüber hinaus war die Burg offensichtlich zum Teil an Mitglieder der sich nach Schlotheim nennenden Familie verpfändet. So übergab Erzbischof Heinrich III. von Mainz am 17. Oktober dieses Jahres seinen Burgmannen Tilo von Bodungen, Tilo Knorr und Bertold von Werter die Burg Scharfenstein. Diese sollten sie dann nicht eher an den Erzbischof zurückgeben, als dieser die 400 Mark Silber Mühlhäuser Währung gezahlt habe, mittels welcher die vorgenannten Ritter die Burg Scharfenstein aus der Verpfändung an Tilen und Heisen, Ritter von Kerstlingerode und Rudolf von Schlotheim ausgelöst hatten. 268 Im Jahr 1344 war dann Günther Slune269 einer der erzbischöflichen Bürgen im Friedensvertrag zwischen dem Markgrafen Friedrich von Meißen und dem Erzbischof Heinrich von Mainz.270 In den 1340er Jahren erscheint darüber hinaus ein Dietmar von Schlotheim als einer der Mainzer Domherren.271 Beziehungen der Herren von Schlotheim zu den Mainzer Erzbischöfen gab es demnach sehr wohl. Ob sich hieraus auch unmittelbare mainzische Rechte in Schlotheim ableiten lassen, muss unklar bleiben. Jedoch hat schon das Verhältnis zu den ludowingischen Landgrafen gezeigt, dass aus einer engen personalen Bindung an einen Herrn nicht unmittelbar auch auf Besitz dieses Herren am Ort zu schließen ist.272
267 268 269
270 271 272
Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 3109, S. 49f. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 4282, S. 306f. Die sich Slune nennende Familie war in Schlotheim ansässig. Undeutlich blieb aber vorerst, ob es sich um einen Zweig der Herren zu Schlotheim handelte oder ob es sich bei diesen um eine vollkommen andere ministerialische Familie handelte, welche ihren Dienst auf der Burg zu Schlotheim versah. (Vgl. Kap. II.3.6.) Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 5123, S. 469f. UB Stadt Erfurt 2, Nr. 246, S. 200. HOLLMANN: Mainzer Domkapitel, S. 440 u. 478. Vgl. Kap. II.3.5.1.
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3.6.3 Die Herren von Hopfgarten als Nachfolger der Ministerialen von Schlotheim Nachdem die Schlotheimer nach der Veräußerung ihrer Rechte im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts ihren Stammsitz offensichtlich aufgegeben hatten, suchten sie sich alternative Herrensitze und lehnten sich dabei verstärkt an andere mächtige Herren an. So sind einige Familienmitglieder auf der landgräflichen Burg Worbis273 und auf der mainzischen Burg Scharfenstein,274 aber auch auf Burg Bischofstein zu finden.275 Hierbei standen sie nicht nur in einem Lehnsverhältnis zum Mainzer Erzbischof oder den Landgrafen, sondern versuchten augenscheinlich diese Güter auch in ihren Besitz zu bringen. So waren in den 1330er Jahren die Burg Scharfenstein276 und wenigstens bis 1347 auch der Bischofstein an sie verpfändet.277 Vollständig verloren gegeben hatten die Nachfahren der Truchsesse von Schlotheim ihre Ansprüche an Schlotheim möglicherweise gleichfalls vorerst nicht. So wurde 1412 Berlt von Bienbach, wahrscheinlich einer der Nachfahren der Ministerialen von Schlotheim,278 durch Günther und Heinrich von Schwarzburg mit Gütern in Schlotheim belehnt. Gegen die sich nun allmählich in Schlotheim und Umgebung festsetzenden Herren von Hopfgarten279 konnten sie sich augenscheinlich aber nicht mehr durchsetzen. Den Herren von Hopfgarten gelang es, ihren Besitz in Schlotheim bis zum Ende des ersten Drittels des 15. Jahrhunderts so weit zu festigen, dass sie die Geschicke der Stadt über das Mittelalter hinaus bestimmen sollten.280 So bestätigte Günther XXXVI. von Schwarzburg den Brüdern Georg, Peter und Dietrich von Hopfgarten in einem Lehnbrief aus dem Jahr 1466 den Verkauf von Burg und Stadt Schlotheim durch seinen Großvater an die Herren von Hopfgarten. Da dessen Großvater Heinrich XXIV. vor 1444 verstorben ist,281 muss 273 274 275 276 277 278 279 280 281
Vgl. Urkunde in: Zur Geschichte der Herren von Schlotheim und Allmenhausen, Nr. 2, S. 205f. Zu Worbis als landgräfliche Burg: GRESKY: Art. Schlotheim, S. 493f. Vgl. oben. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 5582. Vgl. oben. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 5582. A 1412, in: Jovius: Chronicon Schwartzburgicum, S. 427. Vgl. hierzu auch: FIEDLER: Schlotheim, S. 77. Ursprünglich wahrscheinlich aus dem Dorf Hopfgarten bei Weimar. (KÖHLER: Burgen, S. 142.) FIEDLER: Schlotheim, S. 76-79. Vgl. Stammtafel des Hauses Schwarzburg, in: HERMANN: Erbteilungen, hintere Umschlagseite.
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der Verkauf auch vor diesem Jahr stattgefunden haben. Günther verzichtete des Weiteren auf sein Wiederkaufsrecht, eine mögliche Einlösung durch den Oberlehnsherren Landgraf Wilhelm von Thüringen blieb aber vorbehalten. Darüber hinaus behielt sich der Schwarzburger das Recht vor, notfalls Stadt und Burg mit seinen Truppen zu belegen.282 Hieran wird deutlich, dass zwar der Ort bis zum ausgehenden Mittelalter im Obereigentum der Wettiner blieb, sich durch Belehnung oder Verpfändung häufig jedoch im Besitz anderer Herren befand, welche wiederum den Ort an ihre Vasallen als Afterlehen ausgaben oder den Ort sogar weiter veräußerten. Dabei blieben die Rechte der wettinischen Oberlehnsherren jedoch immer unangetastet und diese behielten sich die Verfügung über Stadt und Burg vor. Letztendlich sind Burg und Stadt Schlotheim ein Beispiel dafür, wie ein Ort im Zusammenspiel macht- und territorialpolitischer Interessen immer wieder zwischen den Parteien wechselte. Für die Wettiner war er sicherlich gut geeignet, den Versuchen des Vordringens der Grafen von Hohnstein, der Grafen von Beichlingen und der Grafen von Schwarzburg in diesen Teil des Thüringer Beckens einen Riegel vorzuschieben, während er für die anderen genannten Parteien ein idealer Ausgangspunkt war, um ihren Besitz in Zentralthüringen auszudehnen. Dem konnten die zwar durchaus einflussreichen, aber doch kleinadligen, möglicherweise aus der Ministerialität entwachsenen Herren von Schlotheim wenig entgegensetzen und sie zogen sich deshalb in der Folge aus der Ortsherrschaft zurück. Dieses Phänomen ist allerdings nicht singulär und ebenso bei den Herren von Salza und der Stadt Langensalza zu beobachten. Die Herrschaftsverhältnisse in Schlotheim sind letztendlich komplex. Sicher ist wohl bis ins erste Viertel des 14. Jahrhunderts von erheblichen fuldischen Rechten in Schlotheim auszugehen. Neben Fulda besaß möglicherweise auch der Mainzer Erzbischof Rechte an der Burg und Stadt. Woher diese stammten, ist aber weitestgehend ungewiss. Sie könnten gleichfalls älteren Ursprunges, aber auch erst im 13. Jahrhundert in mainzische Hand gekommen sein. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass es sich gar nicht um faktische Mainzische Rechte handelte, sondern diese nur zu einem günstigen Zeitpunkt beansprucht worden sind. Ansonsten erscheinen Stadt und Burg seit den 1320er Jahren im Besitz unterschiedlichster, in der Region nicht unbedeutender Dynastien. Von denen sich letztendlich die Wettiner als Oberherren durchsetzen konnten, von welchen
282
Die Originalurkunde konnte bisher nicht aufgefunden werden. Handschriftliche Abschrift des Urkundentextes in: HOPFGARTEN: Die Vortrefflichkeit (Geschichte) der Familie von Hopfgarten, S. 653-658. (Handschriftl. Manuskript: LATh-StA Rudolstadt 599-1100 A VIII Hessesche Collectaneen 11: Nachlässe und fremde Sammlungen, 11.3 Familienarchiv von Hopfgarten.) FIEDLER: Schlotheim, S. 86.
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dann wiederum die Schwarzburger Schlotheim zu Lehen empfingen. Die ursprünglich hier ansässigen Ministerialen von Schlotheim, welche bis in die 20er und zum Teil bis in die 30er Jahre des 14. Jahrhunderts gleichzeitig auch wesentliche Rechte an Burg und Stadt hatten, schieden nach 1330 aus der Stadtherrschaft aus. An ihre Stelle traten dann gegen Ende des 14. Jahrhunderts die Herren von Hopfgarten, welche sich für die schlotheimische Entwicklung über das Mittelalter hinaus als maßgeblich erweisen sollten.
3.7 Das Schlotheimer Stadtrecht 3.7.1 Die Entstehungszeit des Stadtrechtes Während die Urkunden über die wechselnden herrschaftlichen Verhältnisse in vielfältiger Weise Auskunft geben, macht es die spärliche Quellenlage über die innerstädtischen Verhältnisse schwierig, eindeutige Aussagen hinsichtlich der städtischen Gerichtsbarkeit, der städtischen Selbstverwaltung, aber auch der Entwicklung der Bürgergemeinde oder der wirtschaftlichen Ausrichtung der Stadt zu treffen. Als Hauptquelle steht lediglich das Schlotheimer Stadtrecht zur Verfügung, welches zwar durchaus Einblicke in die innerstädtischen Verhältnisse gibt, jedoch häufig Fragen offenlässt. Das Stadtrecht selbst ist aber nicht im Original erhalten, sondern liegt nur in einer Abschrift aus dem späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert vor.283 Ergänzt wird es durch zwei weitere Schriftstücke, welche nach Karl Picard gleichzeitig wie die Abschrift des Schlotheimer Stadtrechtes verfasst worden sind. Das erste dieser Schriftstücke umfasst Regelungen zu den Märkten und den Einkünften aus der Stadt sowie der Bewachung der Mauer. Am Schluss wendet sich der Verfasser des Schreibens an den Stadtherrn, um dessen Unterstützung bei der Geldbeschaffung zu erlangen, und bittet darüber hinaus um die Bestätigung, der städtischen Urkunden, Statuten und Stadtfreiheiten. 284 Das zweite überlieferte Schriftstück ist eine Aufstellung der zur Stadt und zur Burg gehörigen Besitzungen, welche allerdings dem Junkker und somit den Herren von Hopfgarten unterstanden.285 283 284 285
Abdruck bei: PICARD: Stadtrecht. PICARD: Stadtrecht, S. 113f. u. 118. PICARD: Stadtrecht, S. 105f. Original: SHStA Dresden 10024, Nr. 10422, fol. 61a. Abdruck bei: PICARD: Stadtrecht, S. 143. Original: SHStA Dresden 10024, Nr. 10422, fol.61. Abdruck bei: PICARD: Stadtrecht, S. 145f. In der Folge zitiert nach Picard.
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Das für die innere Entwicklung der Stadt wichtigste Dokument dürfte somit das in Abschrift vorliegende Schlotheimer Stadtrecht sein. Karl Picard datiert seine Entstehung in das erste Viertel des 14. Jahrhunderts.286 Seine Datierung bereitet jedoch, wie im Folgenden dargestellt werden soll, einige Schwierigkeiten. Der Text des Stadtrechtes287 gibt keinerlei Hinweise auf seine Entstehungszeit. Der Text beginnt unmittelbar mit Artikel 1, welcher die Strafen bei Totschlag behandelt, und es endet mit den Worten: Et sic est fines.288 Es ist deshalb zu untersuchen, ob sich auf anderem Wege Hinweise finden lassen, welche eine zeitliche Einordnung des Stadtrechtes möglich machen. Im Jahr 1351 war mittels landgräflicher Urkunde Adligen, Gotteshäusern und jedwedin man verboten worden, von den Bürgern der Stadt eine Hufe Acker, oder Holz oder Höfe zu kaufen. Solche Verkaufsgeschäfte waren nur zwischen Bürgern erlaubt. Gleichzeitig erhielten die Schlotheimer Bürger das Recht, Bier zu brauen, zu malzen und das Bier zu verkaufen. Im Jahr 1369 bestätigten die Landgrafen Balthasar und Wilhelm der Stadt Schlotheim alle ihre alten Rechte und Gewohnheiten und versprachen darüber hinaus, Schlotheims Bürger zu schützen, zu schirmen und zu verteidigen.289 Aus diesem Eingreifen wird zunächst aber nur deutlich, dass wenigstens in dieser Zeit die Landgrafen die maßgeblichen Stadtherren waren. Des Weiteren übten sie, während sie zu einem späteren Zeitpunkt nur noch die Oberlehnsherrschaft innehatten, offensichtlich die Stadtherrschaft auch direkt aus und erteilten ihrer Stadt wesentliche Privilegien. Dieses wiederum könnte darauf hinweisen, dass das Schlotheimer Stadtrecht auch auf die Landgrafen zurückgehen kann. Dann müsste dieses Stadtrecht aber zu einem späteren Zeitpunkt entstanden sein, als durch Picard angenommen.290 Wesentlich für Picards Annahme, das Schlotheimer Stadtrecht sei in die Zeit vor dem Ende des ersten Viertels des 14. Jahrhunderts entstanden, ist für ihn die Ähnlichkeit zum Clingener Stadtrecht. Allerdings verweist er nur kurz vorher auf den Umstand, dass die im Artikel 75 des Schlotheimer Rechtes genannte Geldleistung von vier groschin adir tzwelff Landtphennige im Zusammenhang mit der Einführung der sogenannten Dickmünzen oder böhmischen Groschen stehen. Diese Münzen sind nach ihm spätestens unter dem böhmischen König Wenzel III. (König von Böhmen: 1305-1306), spätestens aber unter Karl IV. (1347-1378) eingeführt worden. Bei einer späten Einführung dieser Münzen unter Karl IV. wäre 286 287 288 289 290
PICARD: Stadtrecht, S. 113f. u. 118. PICARD: Stadtrecht, S. 113f. u. 118. PICARD: Stadtrecht, S. 131 u. 142. SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 26a. Picard: Stadtrecht, S. 112. In der Folge zitiert nach Picard. Zur Übernahme der Stadtherrschaft durch Landgrafen vor der Mitte des 14. Jahrhunderts vgl. Kap. II.3.6.1
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jedoch eine Entstehung des Stadtrechtes erst ab der Mitte des 14. Jahrhunderts anzunehmen. Dieses Problem fiel Picard auf und er löste es, indem er behauptete, Paragraph 75 könne durchaus jünger sein, während die vorhergehenden Bestimmungen früher entstanden seien. Jedoch geht die neuere Forschung von einer Einführung dieser Münzen schon unter dem böhmischen König Wenzel II. (1278-1305) aus.291 Damit könnte auch der letzte Artikel und somit das gesamte Stadtrecht wieder in der durch Picard vorgeschlagenen Zeit entstanden sein. Schwierigkeiten hinsichtlich des von Picard vorgeschlagenen Entstehungszeitraumes ergeben sich vielmehr an anderer Stelle des Schlotheimer Stadtrechtes. So steht das durch die Landgrafen erst 1351 erteilte Recht, Bier zu brauen dem Datierungsvorschlag Picards aus nachfolgenden Gründen entgegen: Die Abschnitte 31 und 32 des Schlotheimer Rechtes erlauben den Verkauf von Wein und Bier und sie treffen darüber hinaus Regelungen bezüglich fremder Weine und Biere. 292 Hieraus ergibt sich wiederum, dass nicht nur Bier verkauft werden durfte, sondern wie die Regelungen für fremdes Bier zeigen, offensichtlich auch eigenes Bier gebraut wurde. Darüber hinaus erlaubt Paragraph 47 ausdrücklich das Brauen, sofern eine Steuer von einer Nordhäuser Mark an den Rat entrichtet worden war. Weiterhin wird geregelt, dass durch eine einzelne Person nicht mehr als 15 Fuder Bier gebraut werden dürfen. Das Einmaischen selbst hatte nach St. Michael (29. September) stattzufinden und niemand durfte, so regelt es der Paragraph 58, Bier verkaufen, der es nicht vorher ausrufen ließ, sowie sein Zeichen am Sonnabend ausstellte.293 Als Letztes ist nun ein Blick auf den Paragraph 36 zu werfen. Hier heißt es: Nyemand sal bruwe nach derre widder malttz nach hopphen under brethe nach under stroedache. Wer das thut der vorlueset eyn phunt uff das rathhuess und achte wochin Innelegers alse dicke alze ess ymandt thut.294 Diese Regelung umfasst zwar ein Verbot, steht aber nicht im Zusammenhang mit einem generellen Brauverbot. Vielmehr wird verfügt, dass das Brauen und Dörren von Malz und Hopfen unter Bretter- und unter Strohdächern nicht erlaubt ist. Hierbei handelt es sich demnach um Sicherheitsbestimmungen, welche das Ausbrechen von Feuer verhindern sollten. 295 Dieses erscheint umso wahrscheinlicher, da der nur wenige Paragraphen weiter vorn stehende Artikel 30 ebenfalls Feuerschutzbestimmungen enthält.296 291 292 293 294 295 296
PICARD: Stadtrecht, S. 113. KAHNT/KNORR: Maße, Münzen und Gewichte, S. 234. PICARD: Stadtrecht, § 31f., S. 135f. Welch man bruwe will in disser Stadt, der sal gebe eyne northusche margk zcu geschosse[…] (PICARD: Stadtrecht, § 46.) PICARD: Stadtrecht, § 46 u. 58, S. 137f. u. 139f. PICARD: Stadtrecht, § 36, S. 136. So wird beim Dörren oder Darren das Malz für den Brauvorgang getrocknet und auch zu Beginn des Brauvorganges muss das Brauwasser erhitzt werden. Mit wuschen und blassen sal nyrkeyn man des nachtis uff der Strasse gehin[…] (PICARD: Stadtrecht, § 30, S. 135.)
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Zusammenfassend lässt sich deshalb feststellen: Das Stadtrecht beinhaltet bereits umfangreiche Regelungen zur Herstellung und dem Verkauf von Bier. Ein dahingehendes Privileg ist aber erst 1351 erteilt worden. Die die Bierherstellung und den Verkauf betreffenden Paragraphen stehen darüber hinaus ziemlich zentral innerhalb des 76 Artikel umfassenden Stadtrechtes, bilden allerdings keinen kompakten Block. Eine nachträgliche Ergänzung scheint deshalb auszuscheiden. Das Stadtrecht kann demnach in der vorliegenden Form kaum vor 1351 erstmals aufgezeichnet worden sein. Wegen dieser späten Entstehungszeit dürften auch die Herren von Schlotheim keine Anteile an der Abfassung des Stadtrechtes mehr haben. Gleichzeitig besteht aber wiederum die Möglichkeit, seine Entstehung entweder auf die Landgrafen oder, wie schon Patze meinte, auf die Schwarzburger Grafen zurückzuführen. Grundsätzlich erscheint damit aber wiederum die Entstehungszeit des Stadtrechtes offen. Es muss jedoch nach 1351 entstanden sein. Möglicherweise lässt sich aber ein weiterer Hinweis auf die Entstehungszeit des Schlotheimer Stadtrechtes finden. So ist bisher nicht weiter beachtet worden, dass die Landgrafen 1369 der Stadt alle ihre Rechte und Gewohnheiten bestätigten.297 Hieraus ließe sich dann vielleicht schlussfolgern, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Katalog städtischer Rechte und Rechtsgewohnheiten bestand, welcher bei der Bestätigung vorlag. Trifft dieses zu, wäre der Abfassungszeitraum des Schlotheimer Stadtrechtes wiederum auf die Zeit zwischen 1351 und 1369 einzugrenzen. Vielleicht geschah die Aufzeichnung des Schlotheimer Stadtrechtes in seiner überlieferten Form sogar erst im Zusammenhang mit der landgräflichen Bestätigung der städtischen Rechtsgewohnheiten von 1369 oder unmittelbar danach. In der Urkunde werden nur die Termini „Gewohnheit“ und „Recht“ erwähnt, ein niedergeschriebenes Stadtrecht wird aber nicht ausdrücklich genannt. So fällt das Fehlen von Begriffen wie Statuten, Briefe, Freiheiten oder Willküren auf,298 welche eher dazu geeignet waren, kodifiziertes Recht zu bezeichnen.299 Demzufolge könnten auch nur städtische Rechtsgewohnheiten gemeint gewesen sein, welche noch nicht kodifiziert waren. Damit wäre die Entstehungszeit aber wiederum offen, und es ist lediglich sicher, dass wegen des 1351 erteilten Braurechtes das Stadtrecht nach der Mitte des 14. Jahrhunderts, vielleicht sogar erst nach 1369 entstand. Allerdings nennt die Bestätigung von 1369 mit „Recht“ und „Gewohnheit“ möglicherweise zwei unterschiedliche Bereiche.300 In Abgrenzung zu Gewohnheit könnte Recht durchaus das kodifizierte Stadtrecht meinen. Darüber 297 298 299 300
PICARD: Stadtrecht, S. 112. PICARD: Stadtrecht, S. 112. Zu den Begriffen Freiheit, Willkür und Statuten, vgl. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 78, 80-82. Vgl. hierzu: PLANITZ: Die deutsche Stadt, S. 341f.
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hinaus ist zu erwarten, dass bei der Bestätigung durch den Stadtherrn auch aufgezeichnete Rechte vorlagen, oder sie in diesem Zusammenhang in der als Abschrift vorliegenden Form erstmals aufgezeichnet wurden.301 Sicher ist anhand der oben angeführten Überlegungen hinsichtlich der landgräflichen Erlaubnis Bier zu brauen jedoch nur, dass es in der überlieferten Form kaum vor 1351 aufgezeichnet worden sein kann und die Datierung Picards in das erste Viertel des 14. Jahrhunderts abzulehnen ist. Dennoch spricht einiges dafür, eine Entstehung unmittelbar nach der Mitte des 14. Jahrhunderts anzunehmen. Zusammenfassend bleibt damit festzuhalten: Hinsichtlich der Entstehungszeit lässt sich letztendlich nicht sicher sagen, wann genau das Schlotheimer Recht in der überlieferten Form entstand. Festzustehen scheint nur, dass es nach 1351 aufgezeichnet worden sein dürfte. Denkbar ist eine Abfassung in der Zeit zwischen 1351 und 1369 und vielleicht geschah sie sogar unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit den landgräflichen Bestätigungen von 1369. So ist immerhin vorstellbar, dass doch die Wettiner, nachdem sie die Stadt vor 1350 erworben hatten, in der Folge auch bestrebt waren, die innerstädtischen Verhältnisse mittels eines kodifizierten Rechtes zu regeln. Immerhin deutet sich anhand Erteilung des Braurechtes sowie des Schutzes in der Stadt gelegenen Gutes gegen die Veräußerung an Auswärtige an, dass sie auch in die innerstädtischen Verhältnisse eingriffen und diese zugunsten der Stadt regelten. Vergleichbares ist aus späterer schwarzburgischer Zeit nicht überliefert.
3.7.2 Die Herkunft des Schlotheimer Stadtrechtes Das Schlotheimer Stadtrecht stimmt nahezu vollständig mit dem zweiten Teil des Rechtes der Stadt Clingen überein. Der erste Teil des Clingener Rechtes wurde 1353 abgefasst, und der zweite Teil entstand spätestens 1408. Hans Patze vertritt deshalb die Auffassung, das Schlotheimer Recht sei als das Ältere anzusehen und beim Clingener Recht handele es sich um eine teilweise Übertragung des Rechtes der Stadt Schlotheim.302 Deutlich wird dieses möglicherweise vor allem daran, dass eben nur der zweite im frühen 15. Jahrhundert entstandene Teil des Clingener Rechtes mit den Artikeln 1 bis 30 und 33 des Schlotheimer Rechtes übereinstimmt.303 301 302 303
ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 83 EBERHARD: Anfänge, S. 179-183. Abdruck der städtischen Statuten, in: Rechtsdenkmale aus Thüringen, S. 189-198. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 347. Alte Statuten der Stadt Clingen, § 24, in: Rechtsdenkmale aus Thüringen, S. 193. PICARD: Stadtrecht, § 1-30 u. 33, S. 131-136. EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 182f.
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Hans Eberhardt nimmt entgegen Patze aber nicht zwangsläufig eine Entstehung des zweiten Teils des Clingener Stadtrechtes aus dem Schlotheimer an, sondern verweist darauf, dass ein umgekehrtes Abhängigkeitsverhältnis ebenfalls nicht unmöglich ist, beziehungsweise schließt er, wie auch Picard, ebenfalls nicht aus, dass beide Rechte aus einer bisher unbekannten Quelle schöpften. Allerdings gibt er, wie übrigens auch Patze, die recht späte Verleihung des zweiten Teiles des Stadtrechtes von Clingen zu bedenken, während doch schon wegen des höheren Alters Schlotheims als Stadt auch ein älteres Stadtrecht beziehungsweise städtische Rechtsgewohnheiten angenommen werden könnten.304 Außerdem stellt sich auch die Frage, warum bei einer Entstehung des Schlotheimer Rechtes aus den Clingener Statuten nur der zweite Teil und nicht das gesamte Recht nach Schlotheim übertragen worden ist. Letztere Überlegung scheint doch eher gegen die Transferierung des Stadtrechtes von Clingen nach Schlotheim zu sprechen. Da nur der zweite, im frühen 15. Jahrhundert entstandene, Teil des Clingener Rechtes mit dem ersten Teil des Schlotheimer Stadtrechtes übereinstimmt, kann auch erst für diese Zeit eine Beziehung zwischen beiden Rechten angenommen werden. Der erste Teil der Statuten der Stadt Clingen, weist keinerlei Ähnlichkeit zum schlotheimischen Stadtrecht auf, sondern zeigt eher eine Verwandtschaft zu den Arnstädter Statuten des 15. Jahrhunderts. Deshalb ist in diesem Fall eher zwischen diesen beiden ein Entstehungszusammenhang anzunehmen. Wobei auch hier nicht auszuschließen ist, dass die Arnstädter und die Clingener Statuten aus einer gemeinsamen Quelle schöpften, welche in diesem Fall jedoch nicht das Schlotheimer Recht ist.305 Ist dennoch eine Abhängigkeit des Clingener Rechtes vom Schlotheimer Recht anzunehmen, handelt es sich dann auch nur um eine teilweise Übernahme der Schlotheimer Statuten. Es ist wäre dann davon auszugehen, dass der zweite Teil des Rechtes der Stadt Clingen deshalb dem Schlotheimer entlehnt sein könnte, weil beide zum Zeitpunkt der Übertragung im frühen 15. Jahrhundert einen gemeinsamen Stadtherrn hatten, bei welchem es sich, wie schon Patze feststellte, um die Grafen von Schwarzburg handelte.306 Damit erfolgte die Übertragung der Schlotheimer Statuten an Clingen durch die Grafen von Schwarzburg und Hans Patze ordnet deshalb die Rechte beider Städte der Familie der schwarzburgischen Stadtrechte zu. Er begründet dieses vor allem mit dem Umstand, dass das Schlotheimer Recht, welches als zweiter Teil des Clingener Stadtrechtes 1408 nach Clingen gelangte, nur unter schwarzburgischer Mitwirkung hierher übertragen werden konnte. Allerdings legt er in keiner
304 305 306
PICARD: Stadtrecht, S. 109 u. 113. PATZE: Art. Clingen, S. 70. EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 184. Vgl. hierzu: GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 70.
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Weise dar, weshalb das dann ältere Schlotheimer Recht zu den schwarzburgischen Stadtrechten gehören soll.307 Karl Picard und Hans Eberhardt vertreten wiederum ebenso die Auffassung: Keines der beiden Rechte sei unbedingt vom anderen abgeschrieben worden. Vielmehr könnten sie auch aus einer gemeinsamen Rechtsquelle entstanden sein. Eine für sie als Grundlage infrage kommende Quelle geben sie aber nicht an.308 Demnach wäre zu überlegen, welches andere Stadtrecht beiden Rechten als Grundlage gedient haben könnte. Die von Picard vorgeschlagene Entstehungszeit des Schlotheimer Stadtrechtes vor dem Ende des ersten Viertels des 14. Jahrhunderts 309 macht einen Zusammenhang mit den, zu diesem Zeitpunkt noch die Stadtherrschaft ausübenden Herren von Schlotheim sowie deren Lehnsherrn möglich. Jedoch ist gezeigt worden, dass eine Entstehung des vorliegenden Rechtes kaum in der Zeit der Schlotheimer Ministerialen geschehen sein kann.310 Gleichwohl soll nicht ausgeschlossen werden, dass die Ursprünge des Stadtrechtes in der Zeit der Ministerialen von Schlotheim und der fuldischen Oberherrschaft und damit vor 1351 liegen. Damit könnte es sich bei diesem Stadtrecht um ein Recht handeln, welches wenigstens in Teilen oder vielleicht vollständig auf einen anderen, außerthüringischen Stadtrechtsraum zurückzuführen sein könnte. Da die Herren von Schlotheim ebenfalls enge Beziehungen zur Reichsstadt Mühlhausen pflegten, bestünde gleichfalls die Möglichkeit, dass das Schlotheimer Stadtrecht Ähnlichkeiten zum Mühlhäuser Rechtsbuch aufweist und Letzteres damit Quelle des Rechtes der Stadt Schlotheim ist. Als Quelle für die Entstehung des Schlotheimer Stadtrechtes kann das Mühlhäuser Rechtsbuch und somit auch eine dahingehende Beziehung beider Städte zueinander jedoch ausgeschlossen werden. Letzteres ist wesentlich umfangreicher, es ist weitgehend anders angeordnet und auch bei den Strafen gibt es kaum Ähnlichkeiten. Ausnahme sind hier nur die im Falle eines Totschlages oder Hausfriedensbruches identischen Strafen des Halsverwirkens.311
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PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 347. PICARD: Stadtrecht, S. 109 u. 113. EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 184. PATZE: Art. Clingen, S. 70. PICARD: Stadtrecht, S. 113f. Vgl. auch Kap. II.3.7.1. Eine Abfassung des Rechtes in der vorliegenden Form kann kaum vor 1351 geschehen sein. Vielmehr entstand es frühestens in der Zeit der wettinischen Stadtherrschaft. (Vgl. Kap. II.3.7.1.) PICARD: Stadtrecht, § 1-75, S. 131-142, zum Totschlag, § 1, S. 131, zum Hausfriedensbruch § 4, S. 131. MEYER: Mühlhäuser Reichsrechtsbuch § 1, S. 95f. u. § 3, S. 104-107. Siehe Urkunde über alternative Strafe, im Anhang, in: STEPHAN: Rechtsbuch der Stadt Mühlhausen, S. 58 u. 121.
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Ein Stadtrecht der Stadt Fulda ist nicht überliefert. Aus der sogenannten Ratsverfassung von 1384, in welcher die Ratszusammensetzung, die Zuständigkeit des Rates, die Besetzung der Schöffenbank, aber auch einige wenige Bürgerpflichten festgelegt werden, lassen sich jedoch keine inhaltlichen Beziehungen zum Schlotheimer Recht erkennen. 312 Vorstellbar ist nur, dass der schlotheimische Rechtekatalog vielleicht Entsprechungen in einem der Rechte der anderen kleineren fuldischen Städte in Südthüringen – Geisa, Vacha und Lengsfeld – findet. Da für diese Städte keine Stadtrechte überliefert sind,313 kann ein entsprechender Vergleich aber nicht vorgenommen werden. Ebenfalls könnte ein Rechtszusammenhang zu anderen nicht in Thüringen gelegenen kleineren fuldischen Städten – Hammelburg, Brückenau und Lauterbach – vermutet werden. Hammelburg erhielt 1303 durch König Albrecht das Recht der Stadt Gelnhausen verliehen.314 Brückenau wurde schon 1249 mit den gleichen Privilegien wie Gelnhausen ausgestattet und erhielt 1310 das Schweinfurter Stadtrecht.315 Für Lauterbach ist nichts Dahingehendes bekannt.316 Anders als im Fall Hammelburgs und Lauterbachs ist für Schlotheim aber nichts dergleichen überliefert. Darüber hinaus trifft dieses auch für andere, nichtfuldische Städte zu, welche gleichfalls wie Brückenau und Hammelburg im heutigen Unterfranken liegen. 317 Vorerst muss letztendlich offenbleiben, ob es eine Beziehung des Schlotheimer Rechtes zu anderen nicht thüringischen Stadtrechtskreisen gibt. Hierzu wäre es notwendig, entsprechend überlieferte Rechte mit den Bestimmungen im Schlotheimer Stadtrecht zu vergleichen. Bei einem ersten groben Überblick über die aus dem fränkischen Raum überlieferten Stadtrechte ließen sich jedoch keinerlei Übereinstimmungen zum Schlotheimer Recht erkennen.318 Insofern bestünde wiederum die Möglichkeit, im Schlotheimer Recht ein Stadtrecht der wettinischen Landgrafen zu sehen. Vielleicht bewidmeten sie Schlotheim sogar mit dem Stadtrecht einer anderen landgräflichen Stadt. Die Landgrafschaft erscheint nach Hans Patze als stadtrechtlich in sich geschlossen.319
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Zur Rechtsgeschichte der Stadt Fulda vgl. RÜCKER: Rechtsgeschichte, S. 461-484. KRATZ: Innere Entwicklung, S. 180-219. WETH: Siegelwesen, S. 123-127. SCHRICKEL: Art. Geisa, S. 131. KÜTHER: Art. Vacha, S. 447f. HOFEMANN: Entwicklung, S. 128f. WITHOLD: Art. Hammelburg, S. 269. Vgl. oben: Kap. II.3.5. GENSICKE: Art. Lauterbach, S. 286f. Exemplarisch: Gelnhäuser Recht erhielten: 1319 Schweinberg: WICH: Brückenau-Hammelburg S. 35f. u. S. 70. 1335 Fladungen: KIESEL: Chronik der Stadt Fladungen, S. 7. 1335 Münnerstadt: NEUMANN/MAIERHÖFER: Art. Münnerstadt, S. 374. Vgl. hierzu: Oberrheinische Stadtrechte. 1. Abt.: Fränkische Rechte Hft. 1-4. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 346.
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Das Eisenacher Stadtrecht ist das für die landgräflichen Städte maßgeblich zugrunde liegende Recht, beziehungsweise ist die Stadt für die anderen Rechte der Oberhof. Jedoch sind nicht alle Stadtrechte in ihrem Inhalt voneinander abhängig. So gehörten wohl seiner Meinung nach die Stadtrechte von Weißensee, Langensalza, Thamsbrück, Tennstedt, Sömmerda und Kölleda zu einer Gruppe320 und wegen der räumlichen Nähe der Stadt Schlotheim zu dieser Gruppe erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass dieses Stadtrecht im Falle einer landgräflichen Verleihung auch inhaltliche Beziehungen zur aufgezählten Stadtrechtsgruppe aufweist. Keines dieser Stadtrechte ist jedoch direkt überliefert. Da Weißensee aber 1265 das Recht der Bürger von Gotha und Eisenach verliehen bekam,321 ist anzunehmen, dass das Schlotheimer Recht dann wenigstens in Teilen Entsprechungen zu diesen Rechten aufweisen muss. Allerdings ließen sich weder zum Gothaer noch zum Eisenacher Stadtrecht inhaltliche Beziehungen herstellen. 322 Damit kann wohl auch ein Zusammenhang zum Weißenseer Stadtrecht ausgeschlossen werden. Die Entlehnung aus dem Stadtrecht einer anderen landgräflichen Stadt dürfte demnach ausscheiden. Letztendlich scheint es sich beim Schlotheimer Recht damit eher um ein aus lokalen Rechtsgewohnheiten entstandenes eigenständiges Stadtrecht zu handeln. Deutlich wird dieses vor allem aus den häufig vorkommenden Strafen des Verbannens aus der Stadt und des Einliegens beziehungsweise Einsitzens,323 welche in dieser Häufigkeit in keinem der anderen überlieferten Stadtrechte des thüringischen Raumes zu finden sind.324 Es deutet sich demnach erneut an, es im Fall des Rechtes der Stadt Schlotheim mit einem eigenen Recht zu tun zu haben, dessen Oberhof vorerst unbekannt bleiben muss. Die aufgezeichneten städtischen Rechte könnten des Weiteren in
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PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 346. DEVRIENT: Die Stadtrechte A: Einleitenden Darstellung, S. 1. PATZE: Art. Weißensee, S. 488. Vgl. Stadtrechte von Eisenach und Gotha, die Stadtwillkür von Eisenach 1333-1362 und Gerichtsläufte von Eisenach, in: DEVRIENT: Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Waltershausen B: Urkundenbuch. 1. Teil: Das Stadtrecht von Eisenach, Nr. 5, S. 2-15, Nr. 13, S. 21-32, Nr. 24, S. 38-55 u. 2. Teil: Stadtrechte von Gotha und Waltershausen, Nr. 3f., S. 196-226. PICARD: Stadtrecht, §§ 2-7, 17, 21, 25f., 28, 31f., 34-36, 39, 45-51, 56, 58-65, 68 u. 73, S. 131-138. Zum Begriff Räumen vgl. DRW XI, Sp. 193. Zu den Begriffen Einliegen und Einsitzen vgl. DRW II, Sp. 1425 u. 1461. Vgl. Stadtrechte von Eisenach und Gotha, die Stadtwillkür von Eisenach 1333-1362 und Gerichtsläufte von Eisenach, in: DEVRIENT: Stadtrechte B: Urkundenbuch. 1. Teil: Das Stadtrecht von Eisenach, Nr. 5, S. 2-15, Nr. 13, S. 21-32, Nr. 24, S. 38-55 u. 2. Teil: Stadtrechte von Gotha und Waltershausen, Nr. 3f., S. 196-226.
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erheblichem Maße ältere städtische Gewohnheiten unklaren Ursprungs umfassen, welche dann wiederum einer in weiten Teilen lokalen Rechtstradition entsprechen würden.
3.8 Die innerstädtischen Verhältnisse 3.8.1 Die innere Verfassung der Stadt Bereits 1270 werden Schultheißen der Herren von Schlotheim erwähnt325 und Christine Müller meint, dass ein solcher Schultheiß dem Schlotheimer Stadtgericht vorgestanden haben könnte.326 Das Schlotheimer Stadtrecht erwähnt sowohl Schultheißen als auch städtische Richter, jedoch wird zwischen beiden unterschieden und es handelt sich nicht um ein und dieselbe Amtsperson. Deshalb wäre zunächst möglich, dass der Schultheiß dem Niedergericht vorgesessen hat und der Richter die Hochgerichtsbarkeit ausübte.327 Jedoch tritt der Schultheiß, in seiner einzigen Erwähnung im Stadtrecht nicht im Zusammenhang mit richterlichen Befugnissen entgegen.328 Darüber hinaus werden Straftaten wie Mord oder Verwundung, welche unter die Blutgerichtsbarkeit fallen, vor demselben Gericht verhandelt wie die Fälle der Niedergerichtsbarkeit, und dem Gericht saß der ausdrücklich als solcher bezeichnete Richter vor.329 Der Schultheiß hatte damit, falls er ursprünglich, wie Müller meint, auch richterliche Funktionen ausgeübt haben sollte, diese bis zur Aufzeichnung des Stadtrechtes eingebüßt. Die einst mit dem Schultheißenamt verbundene richterliche Gewalt wäre demzufolge an den Richter gefallen. Häufig gelangten die Hochund Niedergerichtsbarkeit im Spätmittelalter an den städtischen Rat, welcher dann einen Stadtrichter einsetzte.330 Dieses könnte wiederum auch in Schlotheim geschehen sein und der an vielen Stellen im Stadtrecht erwähnte Richter wurde vom Rat bestellt. Die Gerichtsbarkeit in der Stadt lag aber nach dem Paragrafen 11 des Stadtrechtes nach wie vor in der Hand des Stadtherrn. Hier heißt es: Wolde eyn richter wene halde durch fruntschafft adir durch hass das er nicht gliech wolde thun an eyme
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SHStA Dresden 10001, Nr. 748 a u. b, von 1270 Jan. 1. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 278 mit Anm. 110. Vgl. auch Kap. II.3.5. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 161f. Was die schultheissen adir die rathleute gebieten adir lassen gebiethe von unser hern wegin adir von der Stadt wegin[…] (PICARD: Stadtrecht, § 53 S. 138.) PICARD: Stadtrecht, § 1-5, 7f., 25, 37-39, 41f., 48, 64, S. 131-140. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 161f.
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armen manne des solden sich die ratluthe undirwinde und clagen unzsin herin.331 Demzufolge hatte sich der Rat im Falle von richterlichem Fehlverhalten an den Stadtherren zu wenden und vor diesem Klage zu führen. Es war dem Rat folglich nicht gelungen, die städtische Gerichtsbarkeit in die Hände zu bekommen. Dennoch standen Rat und Stadt der überwiegende Teil der durch das Gericht verhängten Bußgelder zu. In bestimmten Straffällen konnten die Ratsleute direkt in die Höhe des Strafmaßes eingreifen. So war es ihnen erlaubt festzulegen, wie lange jemand, der nicht in der Lage war, nach einer Beleidigung die auferlegte Buße zu zahlen, zu inhaftieren war.332 Dem Rat war es somit zwar gelungen einen Teil der Strafgelder als Einnahme in die Hand zu bekommen, die Gerichtsbarkeit lag aber weiterhin weitestgehend beim Stadtherrn. Der im Stadtrecht häufig erwähnte Richter ist außerdem kein durch den Rat eingesetzter Stadtrichter.333 Vielmehr deutet sich an, dass es keinen städtischen Gerichtsbeamten gab, sondern alle Fälle gleichermaßen vor dem stadt- beziehungsweise landesherrlichen Gericht verhandelt worden sind. Der Schultheiß wiederum scheint bei Entscheidungen, welche die Stadt betreffen, dem städtischen Rat gleichgestellt gewesen zu sein. So lautet der Paragraph 53 des Stadtrechtes: Was die schultheissen adir die rathleute gebieten, adir lassen gebiethe von unser hern wegin adir von der Stadt wegin.334 Außerdem wird deutlich, dass der Stadtherr nach wie vor in die städtischen Geschicke eingreifen konnte, und dieses tat er dann entweder über seinen Schultheißen oder durch direkte Anweisungen an den Rat. Damit besaß die Stadt zwar in Form des Rates ein Selbstverwaltungsinstrument, eine vollständige Emanzipation vom landesherrlichen Stadtherrn war jedoch nicht erfolgt. Räte und der Rat werden im Stadtrecht recht häufig genannt,335 über die Zusammensetzung des Rates gibt das Recht selbst aber keine Auskunft. Lediglich aus dem Stadtbuch von 1681 könnte, falls es sich hier noch um mittelalterliche Zustände handelt, ersichtlich werden, dass alljährlich durch den Gerichtsherren zwei Bürgermeister und zwei Kämmerer aus den ihm vorgeschlagenen acht Bürgern ernannt werden.336 Der Rat könnte sich demzufolge aus zwei Bürgermeistern, zwei Kämmerern und vier Beisitzern zusammengesetzt haben.337 331 332 333 334 335 336 337
PICARD: Stadtrecht, § 11, S. 132. PICARD: Stadtrecht, § 1-5, 25, 27, 37-39, 42, 48, S. 131-137. Zumindest erwähnt das Stadtrecht nichts über die Einsetzung eines städtischen Richters durch die Stadt. (PICARD: Stadtrecht, § 1-76, S. 131-142.) PICARD: Stadtrecht, § 53, S. 138. PICARD: Stadtrecht, § 12, 15, 18, 21, 49f., 53, 57, 61, 66, 71, S. 132-134, 138-139 u. 141. Vgl. PICARD: Stadtrecht, S. 119, Anm 1. Auch in der Stadt Thamsbrück bestand der Rat ursprünglich aus acht Mitgliedern, welche bis ins 15. Jahrhundert dann aber auf sechs Räte zusammenschrumpfte. (Vgl. Kap. II.1.5.)
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Der Paragraph 71 legt fest, wie der neue Rat zu wählen war. Gewählt wurde er durch den amtierenden Rat, und er musste dann vor dem Stadtherrn und dem Rat, der ihn gewählt hatte, schwören.338 Schon wegen der geringen Größe Schlotheims339 und einer deshalb anzunehmenden geringen Einwohnerzahl kann sicherlich auch eine lediglich kleine Anzahl ratsfähiger Geschlechter vorhanden gewesen sein. Damit erscheint die Anzahl der wählbaren Personen gering, woraus dann wiederum die Zahl der acht Ratsmitglieder anstatt der in größeren Städten üblichen Zahl von 12 Räten resultieren könnte. Außerdem ist vorstellbar, dass die Wahl lediglich eine Art Neuwahl des dem amtierenden Rat vorangehenden Rates, des sogenannten ruhenden Rates, war. Im Zuge einer turnusmäßigen jährlichen Neuwahl der Ratsmitglieder wäre eine Regulierung der Ratswahl im Stadtrecht zu erwarten. Aus der Nichterwähnung der Ratswahlmodalitäten könnte deshalb geschlossen werden, dass Ratsmitglieder auf Lebenszeit gewählt wurden, wobei nur Ratsplätze verstorbener Mitglieder oder ausgeschlossener Räte neubesetzt wurden.340 Der Paragraph 20 des Stadtrechtes deutet darauf hin, dass wenigstens in Teilen neue Ratsmitglieder gewählt werden konnten. Dieser Abschnitt regelt, in welcher Form Anschuldigungen gegen ehemalige Ratsmitglieder vorzubringen sind. Diese Anschuldigungen sind innerhalb eines Monats nach dem Ausscheiden aus dem Rat vor dem neuen Rat vorzubringen.341 Wobei diese Passage auch so verstanden werden könnte, dass hier das Ausscheiden aus dem amtierenden Rat gemeint ist, während die Person weiterhin Mitglied des ruhenden Rates war. Die Organisation der städtischen Verteidigung unterlag wenigstens zum Teil dem Rat. Bei der Durchführung aller zum Schutz der Stadt notwendigen Maßnahmen wie dem Besetzen der Tore und Türme in Gefahrensituationen waren Rat und Schultheiß gleichermaßen weisungsberechtigt. Damit waren die städtischen Vertreter in der Lage, ohne direkte Mitwirkung des Stadtherrn die Stadt zu verteidigen, aber auch der Stadtherr konnte mittels seines Schultheißen weiterhin auf die Stadtverteidigung einwirken.342 Sowohl die städtischen Vertreter als auch der Stadtherr konnten die Stadtbewohner darüber hinaus zur Leistung von Reit-, Geh- oder Fahrdienst auffordern. 338 339 340 341 342
Es sol eyn itzlich radt swere der herrschaft und deme rathe der yn gekorn hadt von der stadt gemeynne[…] (PICARD: Stadtrecht, §71, S. 141.) Vgl. unten, Kap. II.3.9. Vgl. hierzu: ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 134f. PLANITZ: Die deutsche Stadt, S. 311. Wer eynem man der am rathe ist gewest will ichtis schuldige der sal esst hu yn eyme monden darnach das er wirt abgesatzt vor dem nuwen rathe. (PICARD: Stadtrecht, § 20, S. 133.) Was die schultheiszen ader rathlute gebieten adir lassen gebiethe von unser hern wegin adir von der Stadt wegin durch nitwillen ess sye uff das thor eyn borgfrydt tzu huthene adir zcu wachene zcu hebene adir zcu tragene adir yn welcherley sach es were[…] (PICARD: Stadtrecht, § 53, S. 138.)
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Auch wenn der Schultheiß hier nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist vorstellbar, dass diese Dienste ebenso durch ihn als stadtherrlichen Vertreter eingefordert worden sind. Bei Nichterbringung dieser Leistungen waren fünf Schilling an das Rathaus zu zahlen und vier Wochen Haft zu verbüßen oder der Verurteilte konnte in die Verbannung gehen.343 Die hier aufgeführten Leistungen erscheinen gerade deshalb verwunderlich, weil es sich eher um einen der Grundherrschaft zuzurechnenden Leistungskatalog handelt. Dieses widerspricht jedoch der mit der Erlangung des Bürgerrechts einhergehenden Freiheit. So konnte in der Stadt Schlotheim, und dieses regelt das Stadtrecht ausdrücklich, jeder das Bürgerrecht erwerben und als einzige Auflage mussten diese Personen ihren Besitz zur Festsetzung der Besteuerung angeben.344 Dienstleistungen von Bürgern, welche Eberhardt Isenmann als Bürgerfron bezeichnet, sind jedoch nichts Ungewöhnliches. Sie kommen vor allem im Zusammenhang mit den städtischen Verteidigungsanlagen vor. Hierbei handelt es sich neben dem Wach- und Kriegsdienst aber eher um Hand- und Spanndienste beim Bau, der Erweiterung und der Instandhaltung von Mauern und Gräben sowie deren Reinigung und der Befreiung von Eis und Schnee im Winter.345 Die im Stadtrecht genannten Reit-, Geh- und Fahrdienste gehören jedoch eher in den Bereich der Botendienste und sind kaum im Zusammenhang mit städtischen Baumaßnahmen zu bringen. Lediglich beim Fahrdienst könnte vermutet werden, dass hier auch der Transport von Material im Zusammenhang mit der Instandhaltung oder dem Bau der städtischen Verteidigungsanlagen oder anderer städtischer Bauten gemeint sein kann. Vielleicht sind mit diesen Leistungen aber auch die Kriegsdienste der Bürger gemeint.346 Ein solcher Zusammenhang erscheint auch deshalb nicht unwahrscheinlich, da die diesem Artikel vorangehenden Paragraphen 53 bis 55 die städtische Verteidigung und somit das Militärwesen betreffen.
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Weme gebothe wirt ryethe gehe adir varne unser herrn wegin adir von der stadt wegin. Wer des nicht enthut adir widder redit unde wie dicke er das thut so verluessit er fumff schillingen phennige uff das rathhuess und sal vier wochinn Innesittze adir rume. (PICARD: Stadtrecht, § 56, S. 139.) PICARD: Stadtrecht, § 72, S. 141. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 148. Bezüglich Kriegsdiensten der Stadtbewohner vgl. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 148-151.
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3.8.2 Die wirtschaftlichen Grundlagen und die Sozialstruktur Aufschluss über die in Schlotheim abgehaltenen Märkte gibt die oben bereits kurz erwähnte, an die Abschrift des Stadtrechtes angehangene Aufzeichnung über verschiedene Schlotheim betreffende Angelegenheiten. In ihrem ersten und vierten Abschnitt finden sich Regelungen zum Wochen- und zum Jahrmarkt. So ist jeden Montag ein gemeyner landmarckt zcu Slattheim abzuhalten und alle die dort hinkommen, sind vor Belästigungen zu schützen. Darüber hinaus fand auch eyn Jarmarckt in der Stad uff den tagk nativitatis marie virginis (8. September) statt. Dieser Jahrmarkt war mit den Freiheiten abzuhalten, alze anderswo zcu halden gehoret. 347 Als auf den Märkten gehandelte Waren werden im Stadtrecht f[r]ische herynge und pottern erwähnt.348 Darüber hinaus könnte auch in Schlotheim der Waid eines der wichtigen Handelsgüter gewesen sein. Jedoch fällt auf, dass das Schlotheimer Stadtrecht die Waidproduktion oder den Waidhandel nicht erwähnt, und auch ansonsten geben die Schriftquellen keine Hinweise darauf. Gleichwohl findet sich in der Stadttopographie durchaus ein Indiz dafür, dass Waid ein nicht unbedeutendes Wirtschaftsgut war. So heißt die nördlich des Marktes liegende Straße Waidanger.349 Auch in Erfurt wurde der Waid auf dem als Anger bezeichneten Hauptmarkt gehandelt.350 Des Weiteren gab es im benachbarten Dorf Allmenhausen eine Waidmühle,351 und weitere können sicherlich für die anderen umliegenden Orte angenommen werden. Die Nichterwähnung des Waides und Waidhandels im Stadtrecht, könnte möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass dieser Wirtschaftszweig zur Zeit der Abfassung des Stadtrechtes keine Bedeutung hatte. Waidhandel selbst setzte in Thüringen erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts in größerem Umfang ein. Darüber hinaus lässt er sich in den nicht unbedeutenden Waidhandelsstädten Tennstedt und Langensalza sogar erst sicher im 15. Jahrhundert nachweisen.352 Diese Zusammenhänge könnten wiederum darauf hindeuten, dass das Schlotheimer Stadtrecht tatsächlich im 14. Jahrhundert beziehungsweise unmittelbar nach 1350 kodifiziert worden ist. Ebenfalls wichtig für die Stadt dürften die Wolltuchproduktion und der Handel mit Wolltuch gewesen sein. Während der Paragraph 63 des Stadtrechtes recht 347 348 349 350 351 352
SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 61a. PICARD: Stadtrecht, Anlage 1, S. 143. PICARD: Stadtrecht, § 73, S. 142. Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. Isophysenkarte in: WAGNER: Schlotheim, S. 26. PICARD: Stadtrecht, S. 127. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 133. Vgl. auch: SCHLESINGER: Städtische Frühformen, S. 323. APFELSTEDT: Art. Almenhausen, S. 14. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 133. Zu Tennstedt u. Langensalza vgl. auch: Kap. II.2.6.2. u. Kap. II.4.6.4.
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summarisch aller Meister, die da sind gesatzt ubir die hantwerke, gedenkt, ohne einzelne zu nennen, regelt der Artikel 45, dass die Meister obuir das wullenwergk keinen Gesellen zum Meister erheben sollen, wenn dieser nicht Bürger geworden ist. Bei Zuwiderhandlung hatte der entsprechende Meister fünf Schillinge Strafe zu zahlen, wurde vier Wochen inhaftiert und hatte die Stadt zu verlassen.353 Damit kam dem Wollweberhandwerk, welches zum Zeitpunkt der Abfassung des Stadtrechtes wegen der ihm vorstehenden Meister schon als Zunft organisiert gewesen sein dürfte, augenscheinlich eine herausragende Bedeutung innerhalb der Stadt zu. Ziel des Paragraphen 45 war es dann wohl, einen zu großen Einfluss Auswärtiger auf die städtische Wolltuchproduktion zu verhindern. Möglicherweise handelte es sich bei den Wolltuchen um das zur Zeit der Kodifizierung des Stadtrechtes maßgebliche Handelsprodukt Schlotheims. So stellte das Tuchmachergewerbe in Städten häufig den wichtigsten bürgerlichen Wirtschaftszweig dar. Die Tuchmacherinnungen produzierten meistens sowohl für den Bedarf von Stadt und Umland als auch darüber hinaus für den Export. Das Tuchmachergewerbe umfasste dabei nicht nur die Herstellung von Wolltuchen, sondern auch Leinen.354 Der für die Leinenproduktion wichtige Rohstoff Flachs wurde in der Umgebung Schlotheims jedenfalls in großen Umfang angebaut. So gibt Herbert Helbig an, dass bei Schlotheim ein größeres Flachsanbaugebiet lag.355 Es lag damit außerhalb der großen Flachsanbaugebiete im westfälisch-niedersächsischen und im schwäbischen Raum sowie den Anbaugebieten zwischen Schwarzwald, Bodensee, Lech und Ries, als auch den Anbaugebieten in West- und Ostsachsen.356 Ausdrücklich erwähnt wird ein solches Gewerbe im Stadtrecht jedoch nicht. Die Nichterwähnung dieses Handwerkes und Handels sowie einer Innung im Schlotheimer Stadtrecht könnte möglicherweise, wie schon beim Waid vermutet, mit einer Herausbildung dieses Wirtschaftszweiges oder aber einer Innung nach der Entstehung des Stadtrechtes zusammenhängen. So entstanden beispielsweise die Leinenweberzünfte im benachbarten westlichen Sachsen erst im 15. Jahrhundert357 und ein solcher Umstand kann vielleicht auch für Schlotheim angenommen werden. Flachs als Handelsware könnte aber wiederum durchaus eine Rolle in der städtischen Wirtschaft gespielt haben. Ein Hinweis darauf findet sich wie schon beim Waid gleichfalls in der Schlotheimer Stadttopograhie. So trägt die als
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PICARD: Stadtrecht, § 45 u. 63, S. 137 u. 140. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 27. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 27. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 350. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 350.
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Verlängerung des Marktes zum Erfurter Tor führende Straße den Namen Flachsmarkt.358 Des Weiteren war die Flachsproduktion Grundlage eines weiteren städtischen Wirtschaftszweiges – der Produktion von Seilen. Unmittelbare Nachweise dieses Handwerks oder einer Innung für das Mittelalter gibt es nicht. Allerdings erscheint 1378 ein Eckehard Seyler zusammen mit seiner Frau Jutta in einer Urkunde, welche den Verkauf von Zinsen durch das Schlotheimer Magdalenerinnenkloster an die genannten Personen dokumentiert. 359 Der Beiname Seyler dürfte entweder auf die Tätigkeit Eckehards als Seilhersteller hindeuten oder aber einer seiner Vorfahren übte dieses Handwerk aus und der Name war schon als fixe Bezeichnung auf die Familienmitglieder übergegangen. Deutlich wird aber: Spätestens im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts existierte ein solches Handwerk und in diesem Zusammenhang ist anzunehmen, dass der zur Herstellung notwendige Rohstoff Flachs auf einem Sondermarkt, dem Flachsmarkt, gehandelt worden ist. Auch den Markverkehr regelt das Stadtrecht. So hatten Fremde, welche quemme zu marcktte mit f[r]ischen herynge adir mit pottern adir welchirleye, einen Marktstand aufzuschlagen, einen Tag zu stehen und Markt zu halten. Außerdem beinhaltete es die Bestimmung, dass kein hoeke [Hocke, Hucke – Kleinhändler noch unter dem Krämer angesiedelt]360 sal uff den tagk kouffe. Wer dagegen verstieß, hatte 10 Schillinge Pfennige an das Rathaus zu bezahlen und war vier Wochen zu inhaftieren.361 Damit wurde wohl verhindert, dass diese Kleinhändler, die auf dem Markt angebotenen Waren aufkauften und zu überhöhten Preisen anboten. Bürger mussten darüber hinaus auf die durch sie selbst produzierten Waren keine Zölle entrichten, während auswärtige Bauern bei der Einfuhr von Getreide ihren Wagen zu verzollen hatten.362 Das Handeln mit falschen Maßen und Gewichten wurde hart bestraft. Nicht nur war eine Mark an die Stadt zu zahlen, sondern derjenige musste auch für ein Jahr die Stadt verlassen.363 Die Besteuerung der Getreideeinfuhr legt außerdem nahe, dass außer der Tuch- und seit dem späten 14. Jahrhundert auch der Seilproduktion die Landwirtschaft und hier insbesondere die Getreideproduktion ein wichtiger Wirtschaftszweig war. Ziel dieser 358 359 360 361 362
363
Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. Diplomata Schlothemensia, Nr. 26. DRW V, Sp. 1160. LEXER Taschenwörterbuch, S. 108. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 358. PICARD: Stadtrecht, § 73, S. 142. Wer eyme adir eyme anderen In der stadt gesessin wechset uff syme erbe, wirt iss yme Ingefurt, er sal davone nicht tzolle noch wegegelt geben. Welch gebuer getreyde fueret yn die Stadt sal Iss eyme burger adir weme ess solle der gebuer sol synen wagen vortzolle. (PICARD: Stadtrecht, § 69f., S. 141.) PICARD: Stadtrecht, § 35, S. 136.
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Besteuerung war es augenscheinlich, den Absatz des durch Ortsansässige produzierten Getreides zu schützen. Neben dem Flachsanbau und seinem Vertrieb gab es damit einen weiteren auf der Landwirtschaft basierenden Wirtschaftszweig. Deshalb scheint es zunächst naheliegend, Schlotheim als eine Ackerbürgerstadt anzusehen,364 in welcher sich außer der Tuch- und der Seilproduktion kaum typisch städtisches Handwerk herausgebildet hatte. Rolf Aulepp betrachtet Schlotheim in diesem Zusammenhang sogar lediglich als Minderstadt.365 Allerdings betrieben auch größere thüringische Städte wie Erfurt, Mühlhausen, Langensalza, Arnstadt und Gotha einen ausgeprägten Fernhandel mit Getreide. Der fruchtbare Boden des thüringischen Beckens sorgte für einen Getreideüberschuss,366 so dass es möglich wurde, dieses landwirtschaftliche Produkt in erhöhtem Maße auszuführen. Vielleicht ist dies auch für Schlotheim anzunehmen. Auch die ausdrückliche Erwähnung des Handels mit Heringen legt nahe, dass es sich um ein besonderes Produkt handelte. Der Hering war der wichtigste Speisefisch und wurde in der Regel durch ortsansässige oder fremde Händler importiert. Ob dieses direkt durch Fernhändler von der Küste geschah oder dieser Bedarf über den Heringshandel in Nordhausen oder Erfurt abgedeckt wurde, ist anhand des Schlotheimer Stadtrechtes nicht zu entscheiden.367 Auskunft über möglichen Schlotheimer Heringshandel gibt aber vielleicht eine Urkunde aus dem Jahr 1351.368 Zwar ist die entsprechende Urkunde vom Rat und von der Stadt Mühlhausen ausgestellt, sie betrifft aber Berthold von Schlotheim und seinen Bruder Thytzel, welche hier als Bürger zu Mühlhausen bezeichnet werden. Da es sich bei Berthold um einen der Leitnamen der Herren von Schlotheim handelt und diese nach 1257 auch der Mühlhäuser Bürgerschaft angehörten,369 scheint es naheliegend, in ihnen Nachfahren des ehemals in Schlotheim ansässigen Herrengeschlechtes zu sehen. Hintergrund der Ausstellung dieser Urkunde war der Umstand, dass in der Grafschaft Ziegenhain 46 Tonnen Heringe, welche den Brüdern gehörten, beschlagnahmt worden waren und die Stadt Mühlhausen ihre Herausgabe sowie Schadensersatz forderte. Woher die Heringe stammten und ob sie aus Mühlhausen weitertransportiert worden sind, wird nichts gesagt. Deutlich wird aber, falls es sich bei den genannten Brüdern um 364 365 366 367 368
369
Ingo Fiedler sieht die Schlotheimer als „Ackerbau treibende Bürger, welche sich allenfalls mit der Herstellung von Textilien ein Zubrot verdienten.“ (FIEDLER: Schlotheim, S. 82.) AULEPP: Schlotheim, S. 61. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 33f. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 37. HStA Marburg Urk. 53: Grafschaft Ziegenhain, Nr. 230. Regest in: Datenbank Arcinsys Hessen. URL: https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=5280847 (20.02.2015). Vgl. oben, Kap. II.3.5.2.
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Nachfahren der ehemaligen Schlotheimer Dynasten handelt, dass sie Heringshandel in größerem Umfang betrieben. Naheliegend erscheint dann in Verbindung mit der gesonderten Erwähnung des Heringshandels im Schlotheimer Stadtrecht, dass Heringshandel auch in Schlotheim eine besondere Rolle spielte und dieser insbesondere auch durch die Herren von Schlotheim betrieben worden ist. Möglicherweise war Schlotheim sogar eines der Drehkreuze für Heringshandel in der Region. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass Schlotheim etwa auf halber Strecke zwischen Nordhausen und Erfurt – den zwei Zentren für Heringshandel im thüringischen Raum – lag. Im Spätmittelalter erfolgte nach Carsten Jahnke zwar der Transport des Herings aus dem Norden über Weißensee nach Erfurt,370 gleichwohl ist immerhin möglich, dass von Sondershausen kommend der Weg über Schlotheim genutzt wurde, um das nordwestliche Thüringer Becken zu beliefern. Ob Juden in der Stadt lebten, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Weder wird der Ort im Zusammenhang mit der Judenverfolgung von 1349 genannt,371 noch lassen sich Schlotheimer Juden in anderen Quellen greifen. Jedoch regelt das Schlotheimer Stadtrecht im Paragraphen 52 das Zusammenleben von Juden und Christen: Wer eynen Juden slehit adir rouffit der sal dieselbe buss halde alze ab er hette eynene cristen man geslayn adir gerouffit.372 Diese Gleichbehandlung von Juden und Christen bei gegen sie gerichteten Straftaten spricht für ein gewisses Interesse an jüdischen Siedlern, ohne dass hieraus zu entscheiden ist, ob diese Regelungen für tatsächlich in Schlotheim wohnende Juden oder perspektivisch nach Schlotheim ziehende jüdische Personen getroffen worden sind. Vorstellbar erscheint Letzteres vor allem deswegen, weil das Stadtrecht frühestens unmittelbar nach den großen Judenpogromen des Jahres 1349 abgefasst worden sein kann und möglicherweise auf diesem Wege ein Anreiz geschaffen werden sollte, vertriebene Juden zurück in die Stadt zu holen beziehungsweise aus anderen Städten geflohene Juden in Schlotheim anzusiedeln. Inwiefern dieses gelang, lässt sich nicht feststellen. In der Siedlungstopographie findet sich kein Hinweis auf eine jüdische Gemeinde. Weder konnte in Schlotheim eine Judengasse oder Jüdenstraße noch ein Jüdenhügel in der näheren Umgebung als Flur- oder Straßenname festgestellt werden.373 Rechnungsbücher über die Einnahmen der Stadt sind nicht überliefert. Jedoch lässt sich aus dem Stadtrecht erkennen, dass der Stadt ein erheblicher Anteil
370 371 372 373
JAHNKE: Silber des Meeres, S. 247. A. 1349, aus: Chronicae S. Petri Erfordensis moderna. Continuatio III. 1338-1355, S. 379f. PICARD: Stadtrecht, § 53, S. 138. Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6.
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aus den Strafgeldern zustand.374 Darüber hinaus erhielt die Stadt auch Einkünfte aus der Bier- und Weinverkaufssteuer. So hatte ein jeder Bürger welcher hie wil weyn adir bier selle, fünf Schillinge Pfennige zcu geschosse den burgern uff das rathuess, von jedem Fuder Wein fünf Schilling dem Rat zu geben,375 und die Brausteuer betrug, wie oben bereits erwähnt, eine Nordhäuser Mark.376 Außerdem finden sich im Stadtrecht Hinweise auf eine Vermögenssteuer. Jeder der do burger recht haben will in der stadt der sol syn gut vorschosse uffe den eydt.377 Der Neubürger hatte demzufolge den Wert seines Vermögens zu schätzen und der Stadt mitzuteilen. Auf diesem Wege erfasste die Stadt das zu versteuernde Vermögen und legte die Vermögenssteuer fest. Gleichzeitig unterwarf sich der Neubürger damit der bündnisund genossenschaftlichen Struktur der städtischen Bürgergemeinde und es wurde eine Übereinstimmung zwischen kommunalem und individuellem Interesse hergestellt. Der den Eid Leistende wurde damit vollberechtigter Bürger der städtischen Gemeinschaft.378 Weiterhin zog die Stadt das Wegegeld ein, welches zur Ausbesserung der Wege und Brücken zu nutzen war. Auch standen der Stadt Erbzinsen aus Häusern und Grundbesitz zu, und die Stadt besaß Weideflächen, welche durch die Gemeinde genutzt worden sind und auf welche wahrscheinlich das städtische Vieh getrieben wurde.379 Ob die schon oben kurz besprochene Schlotheimer Münze über ihre Nachweisbarkeit im 13. Jahrhundert hinaus bestand, kann nicht gesagt werden, jedoch ist anzumerken, dass sie sowohl im Schlotheimer Stadtrecht als auch in den Schriftstücken über die zur Stadt und zur Burg gehörigen Rechte aus dem späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert keine Erwähnung mehr findet. Im Falle einer Weiterexistenz der Münze über das 13. Jahrhundert hinaus wären sicherlich Regelungen über den Betrieb und die Einnahmen der Münze zu erwarten gewesen. 374
375 376 377 378 379
So sind in den § 2, 5, 25 und 36 ein phundt phennige uff das rathuss zu leisten. In den Paragraphen 20, 27, 35, 46, 47, 50 und 51 ist eyne margk uff das rathuss zu geben. In § 21 sind drye phunt geyn den richter und der stadt zu entrichten. Die Paragraphen 25, 28, 29, 30, 34, 37, 45, 56, 58 und 62 setzten das Strafgeld auf fünf Schillinge fest. In den Paragraphen 31, 32, 38, 61, 68 und 73 wird ein Bußgeld von zehn Schilling festgelegt. Paragraph 38 nennt ebenfalls ein Bußgeld von drye schillinge phennige. Im Paragraph 49 wird bei Widerworten gegen die Ratsleute oder Missachtungen ihrer Anordnungen sogar eine Strafe von vier Mark fällig. (PICARD: Stadtrecht, S. 131-142, außerdem: S. 120f.) PICARD: Stadtrecht, § 31, S. 135. PICARD: Stadtrecht, § 47, S. 138. PICARD: Stadtrecht, § 72, S. 141. Vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 171. HOLENSTEIN: Huldigung, S. 33f. Es syen auch etzliche huse und landt die geben erbetzinss der Stadt.Auch hatt man etzliche gemeyne grasse Weide[…] (SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 61a. Picard: Stadtrecht, Anlage 1, S. 143.) Zur Nutzung dieser Weideflächen vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 22.)
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Deshalb ist doch recht wahrscheinlich, dass sie schon bald nach ihrer Einrichtung nicht mehr existierte. Möglicherweise führte das Vorgehen der Stadt Mühlhausen gegen diese Münzstätte im Jahr 1290 zum Erfolg380 und die Münze wurde beseitigt. Gleichzeitig könnte das Eingehen der Münze auch in einem anderen Zusammenhang stehen. Ihre Einrichtung muss durch den für die Stadtgründung verantwortlichen oder mitverantwortlichen Stadtherren geschehen sein. Wahrscheinlich entstand sie zusammen mit der Erteilung von Markt- und Stadtrecht. In diesem Zusammenhang sei erneut auf den Abt von Fulda verwiesen, welchem als Landesherr gemeinsam mit den Herren von Schlotheim mit doch hoher Wahrscheinlichkeit die Gründung zugeschrieben werden kann381 Auch in anderen ausgesprochenen Kleinstädten und sogar in Orten, welche nie über den Status eines Marktfleckens hinausgekommen sind, richteten die Äbte von Fulda Münzen ein. So etwa in ihrer Stadt Vacha und im Marktflecken Gerstungen.382 In diesem Zusammenhang sei noch auf eine weitere Parallele verwiesen. So weist eine Gruppe von fuldischen Brakteaten, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit Gerstunger Herkunft sind, Elemente einer anderen Münze auf. Sie sind mit Eschweger Prägungen verwandt.383 Die Stadt Mühlhausen ging deshalb gegen die Schlotheimer Münzstätte vor, weil Letztere in ihren Prägungen die typischen Mühlhäuser Beizeichen Reichsadler und Mühleisen verwendete.384 Das Eingehen der Münze könnte auf einen im beginnenden 14. Jahrhundert durch die schwierige finanzielle Lage verursachten Verlust des fuldischen Einflusses in der Region zurückgehen.385 Vielleicht war das Vorgehen der Stadt Mühlhausen gegen den missbräuchlichen Gebrauch ihrer Beizeichen auch erst in Kombination mit dem schwindenden fuldischen Einfluss erfolgreich. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts lassen sich auch erstmals ausdrücklich als solche bezeichnete Bürger namentlich in den Urkunden greifen. So verkaufte am 1. Februar des Jahres 1437 der Bürger Kurt Sachsene Grundbesitz an die Klosterjungfrau Else Husemann. 386 Im Jahr 1442 veräußerten dann Hans Reising, Bürger zu Schlotheim, und seine Frau Marite an den Bürger Beringer zu Schlotheim und seiner Tochter Isentrude, welche Klosterjungfrau im Schlotheimer Kloster war, Zinsen an einen in der neuen Gasse gelegenen Siedelhof. Lehnsherr dieses Hofes war Friedrich von Hopfgarten. Bereits 1426 verglichen sich die 380 381 382 383 384 385 386
Vgl. oben. Vgl. Kap. II.3.5. GAETTENS: Geld- und Münzwesen, S. 23, 111-115 u. 122f. GAETTENS: Geld- und Münzwesen, S. 23, 112f. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 310. Vgl. auch Kap. II.3.5.2. Vgl. Kap. II.3.5. LATh-StA Rudolstadt SU: 1434(?), Februar 1. (Reg. 1742).
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Schlotheimer Bürger mit der Gemeinde des Dorfes Mehrstedt wegen Geschoss, Bede und Gerechtigkeit. Die in einer Urkunde vom 11. Oktober 1417 ein Rechtsgeschäft tätigenden Hans Nacze und seine Frau Else sind möglicherweise ebenfalls als Bürger der Stadt Schlotheim anzusprechen, ausdrücklich so bezeichnet werden sie aber nicht.387 Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich der inneren Entwicklung der Stadt Schlotheim Folgendes feststellen: Auch wenn Schlotheim sicherlich weitgehend durch eine auf die Landwirtschaft ausgerichtete Wirtschaft geprägt war, fällt doch eine ebenfalls wohl recht gut entwickelte Tuchproduktion auf. Das Vorhandensein von Wochen- und Jahrmarkt könnte wenigstens auf eine einigermaßen günstige Entwicklung des Ortes verweisen. Anhand des Jahrmarktes würde deutlich werden, dass Schlotheim mehr war als nur ein lokaler wirtschaftlicher Mittelpunkt beziehungsweise hinter der Einrichtung dieses Marktes der Versuch stand, die Stadt über die Funktion eines lokalen Nahmarktes hinaus zu entwickeln. Hierzu trat noch die wohl im Zuge der Stadt- und Marktgründung eingerichtete Münze. Die Stadtgemeinde hatte darüber hinaus ein gewisses Maß an Selbstverwaltung erreicht. Im Bereich der Verteidigung war der Rat dem Schultheißen gleichgestellt. Das Gericht blieb aber beim Stadtherrn. Ein nicht unerheblicher Teil der Strafgelder stand der Stadt zu. Dass sich Innungen herausbilden konnten, spricht gleichfalls für eine gewisse wirtschaftliche Entwicklung, aber auch Ausdifferenzierung innerhalb der Bürgergemeinde. Ein Mitspracherecht der Innungen im Rat und bei der städtischen Verwaltung ist nicht überliefert. Letztendlich scheint aber einiges für eine im Rahmen ihrer Möglichkeiten doch recht weit entwickelte Stadt und Bürgergemeinde mit durchaus vorhandenem städtischem Selbstbewusstsein zu sprechen. Letzteres äußert sich dann vor allem in den Auseinandersetzungen zwischen der Stadtgemeinde und Rudolf von Hopfgarten am Ende des 15. Jahrhunderts. So führte die Schlotheimer Bürgerschaft im Jahr 1498 gegen einen durch Rudolf auferlegten Geldzins von fünf Mark sowie gegen zu leistende Abgaben von 60 Schock Löwengroschen aus der Schankgerechtigkeit Klage beim Landgrafen.388 Darüber hinaus gab es zwischen der Stadt und Rudolf Auseinandersetzungen über die Fischereirechte.389
387 388 389
LATh-StA Rudolstadt SU: 1426, Oktober 9. (Reg. 1547). LATh-StA Rudolstadt DV, Nr. 3. SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 32. PICARD: Stadtrecht, S. 112, Anm. 1. FIEDLER: Schlotheim, S. 88. SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 36. FIEDLER: Schlotheim, S. 88. Zu den Auseinandersetzungen vgl. auch: SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 95.
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3.9 Das Magdalenerinnenkloster und das Hospital 3.9.1 Das Magdalenerinnenkloster Am 29. August 1285 teilt Bruder Heinrich, Propst der Klöster des Weißfrauenordens in Deutschland, den Herren Hermann, Günther, Anno und Heino, Söhne des Truchsessen Berthold, sowie Günther, Friedrich und Kunemund, Söhne Günthers von Schlotheim, mit, dass er und der Konvent der Magdalenerinnen zu Mühlhausen sich verpflichtet haben, einen Konvent des Ordens in oder bei Schlotheim zu errichten. Die Urkunde gibt weiterhin Auskunft über einen hierfür durch die oben genannten Söhne gestellten Antrag.390 Dieser Antrag selbst ist nicht im Original überliefert. Jedoch ist eine entsprechende, durch die Herren von Schlotheim am 14. Juli 1285 ausgestellte Urkunde in eine gleichfalls durch die Herren von Schlotheim im Jahr 1312 ausgestellte Bestätigungsurkunde vollständig eingefügt.391 In der genannten Urkunde von 1312 bestätigten die Herren von Schlotheim dem Brückenkloster in Mühlhausen die Übertragung des Patronatsrechtes an der Pfarrkirche und Kapelle zu Schlotheim durch ihre Vorfahren Hermann, Günther, Anno und Heino – Söhne des verstorbenen Truchsessen Bertho, sowie durch die Söhne Günthers – Günther, Friedrich und Kunemund. Verknüpft ist die Übertragung des Patronatsrechtes an das Magdalenerinnenkloster in Mühlhausen mit der Bitte, zum Seelenheil und zum Gedenken ihrer Väter ein Weißfrauenkloster in Schlotheim einzurichten. Über die Dotation des Klosters selbst wird jedoch nichts ausgesagt.392 Zwar erscheint das Schlotheimer Kloster damit als eine Tochtergründung des Magdalenerinnenkloster zu Mühlhausen, jedoch muss es bereits wenige Zeit nach der Einrichtung eine gewisse Bedeutung erlangt haben und scheint wohl auch recht schnell unabhängig vom Mühlhäuser Mutterkloster geworden zu sein. So wurde das durch die Ministerialen von Salza 1325 gestiftete Magdalenerinnenkloster in Langensalza 1337 mit Schlotheimer Nonnen besetzt.393 Bereits 1286 tritt mit dem Propst Konrad ein eigener Verwalter des Klosters in den Quellen in Erscheinung.394 Zwischen 1341 und 1343 war dann ein Dietrich aus Schlotheim Generalprior des Magdalenerinnenordens in Deutschland. 395 Seine Beziehung 390 391 392 393 394 395
LATh-StA Rudolstadt SU: 1285, August 29. (Reg. 137). Diplomata Schlothemensia, Nr. 10 u. 29, S. 122-124 u. 144f. Diplomata Schlothemensia, Nr. 10 u. 29, S. 122-124 u. 144f. Seibrich: § 25: Frauenbewegung des 13. Jahrhunderts, S. 699. Vgl. Kapitel II.4.8.1. […]dominus Conradus prepositus sanctimonialium des Slatheim[…] (UB Mühlhausen, Nr. 328, S. 135.) SEIBRICH: § 25: Frauenbewegung des 13. Jahrhunderts. 4. Die Magdalenerinnen, S. 699.
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zum Schlotheimer Kloster bleibt jedoch im Dunkeln, als Propst des Konventes ist er in dieser Zeit nicht nachweisbar. Ob er zur Familie der Ministerialen von Schlotheim gehörte, ist ebenfalls nicht zu erkennen.396 Nach der Stiftung des Klosters tradierten die Ministerialen von Schlotheim weiteren Besitz an den Konvent. Im Jahr 1289 schenkten sie, um die Errichtung des Klosters zu fördern, zwei Hofstätten vor der Stadt an das Kloster.397 Deutlich wird die Funktion des Klosters für die Herren von Schlotheim in einer Urkunde aus dem Jahr 1292. In ihr übertrug Johannes von Creuzburg, Truchsess von Schlotheim, dem Kloster zum Seelenheil seines Vaters Günther, welcher dort bestattet worden war, einen Zins im heute wüsten, ursprünglich aber 5 Kilometer nordöstlich von Schlotheim gelegenen Dorf Honingen.398 Nach dem Vorbild anderer durch Adlige gegründete Klöster erfüllte es somit den Zweck eines Hausklosters und war gleichzeitig die Familienbegräbnisstätte. Ob die Vorsteherinnen des Klosters ebenfalls aus der Familie der Herren von Schlotheim stammten, ist nicht sicher zu erkennen. Allerdings wird in einer Schenkungsurkunde Hermanns, Friedrichs und Kunemunds von Sondershausen für das Kloster aus dem Jahr 1294 noch vor der summarischen Nennung des Konventes als einzige namentlich aufgeführte Angehörige des Klosters Margarethe als Schwester Gerhards von Schlotheim genannt.399 Ausdrücklich als Priorin wird sie aber nicht bezeichnet. Wegen ihrer Aufzählung vor dem summarisch genannten Konvent erscheint eine solche Funktion jedoch nicht unwahrscheinlich. In den folgenden Urkunden werden dann zwar Priorinnen eindeutig in ihrer Funktion genannt. Als zur Familie von Schlotheim gehörig wird allerdings keine dieser Frauen bezeichnet.400 Auch der erste Probst Konrad, welcher dem Kloster 1285-1311 vorstand, und der spätestens 1303 auch Generalprior der Weißfrauenklöster in Deutschland war, könnte nach Günther Siegel ein Angehöriger der 396 397 398
399
400
Als Propst ist 1342 ein Eckhart nachweisbar. (Diplomata Schlothemensia, Nr. 17, S. 130.) LATh-StA Rudolstadt SU: 1289 1. September (Reg. 165.). Diplomata Schlothemensia, Nr. 1, S. 113f. Nos Johannes filius Gunteri dapiferi, dicti de Cruzeburchfelicis memorie…, nos sex maltera avene mensure Erfurtensis, quam in villa Hogen possidere dignoscimus, ad claustrum sanctimonialium in Slotheim dedisse pro memoria et salute eiusdem patri nostri, ibidem sepulti…. (Diplomata Schlothemensia, Nr. 2, S. 114.) Nos Hermannus, Fridericus et Cunemundes de Sundershusen recognoscimus in his scriptis publice protestantes, quod duos mansos sitos in campis ville [R]okinsusre adtinentibus, quos a nobis Bertramus miles de melre majori tenuit jure feudi et quos frater Gerhardus de Slotheim sibi, sorore sue domine Margarete et conventui sanctiomonialium ibidem in Slotheim[…]fratri gerhardo, sorori sue Margarete et conventui sanctimonialium resignaverunt et[…] (LATh-StA Rudolstadt SU: 1294, Januar 20 (Reg. 200.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 3, S. 115.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 11, 16-20, 25f., S. 124f., 129-131, 133-141.
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sich nach Schlotheim nennenden Familie gewesen sein. Nachweisbar ist eine Herkunft aus der Schlotheimer Dynastie jedoch nicht und auch der Name Konrad ist in der Familie ansonsten nicht anzutreffen. Allerdings tauchen auch immer wieder Namen bei den einzelnen Familienmitgliedern auf, die einmalig und ausschließlich bei den jeweiligen Trägern festzustellen sind. Zu erwähnen sind hier etwa Anno, Heino oder auch Kunemund.401 Das Kloster selbst besaß im nördlichen Thüringer Becken bereits kurz nach seiner Gründung einige Anziehungskraft, und es kann durchaus als ein religiöses Zentrum in diesem Raum angesehen werden. Nicht nur die Herren von Schlotheim übertrugen Besitz an das Kloster, sondern auch eine Reihe anderer Angehörige lokaler Adels- und Ministerialengeschlechter schenkten Besitz als Seelgerätsstiftungen an den Konvent. So stiftete 1302 ein Fridericus de Wernrode (20 Kilometer nordöstlich von Schlotheim) 4½ Mark und 1317 schenkte Albert von Neunheilingen zwei in Neunheilingen (5 Kilometer südöstlich von Schlotheim) gelegene Mansen an den Konvent. Im Jahr 1322 tradierten Heinrich und Konrad Wolf ihren gesamten Besitz in und um Keula (12 Kilometer nordwestlich von Schlotheim) und 1332 kaufte Heinrich von Blanckenberg (Blankenburg 6 Kilometer südöstlich von Schlotheim) als Seelgerät dem Kloster vir Ackor Velde.402 Aber nicht nur lokale Geschlechter, sondern auch der thüringische Hochadel stiftete dem Kloster Besitz. So übertrug ihm Graf Albrecht von Gleichen im Jahr 1292 und damit kurz vor seinem Tod Güter in Bellstedt (10 Kilometer östlich von Schlotheim).403 Günther Siegel vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass Propst und Nonnen versuchten das Kloster zum Wallfahrtsort auszubauen, und er begründet dies mit der in der Urkunde vorgenommenen Umschreibung des Klosters als der Platz, an dem der kostbare Leib Christi gefunden worden sei.404 Auch verfügte das Kloster über ausreichende finanzielle Möglichkeiten, um selbst Güter zu erwerben. Im Jahr 1304 verkaufte das Kloster Reinhardsbrunn seinen gesamten Besitz in inferiore Mestete et Superiori (Ober- und Niedermehrstedt, 2 Kilometer nördlich von Schlotheim) an das Schlotheimer Kloster.405 1306 verzichtete dann Heinrich von Ebeleben auf seine Rechte im Zusammenhang mit den verkauften Reinhardsbrunner Gütern in Ober- und Niedermehrstedt und 401 402 403 404
405
SIEGEL: Kloster, S. 287. Zu den Namen, vgl. oben Kap. II.3.4. Diplomata Schlothemensia, Nr. 4, 11 u. 15f., S. 115, 124f. u. 126-130. LATh-StA Rudolstadt SU: 1292, März 25. (Reg. 165.) Conventui Sanctimonialium residenti penes civitatem Slotheim in loco, ubi inventum fuit corpus Christi[…] (LATh-StA Rudolstadt SU: 1292, März 25. [Reg. 165.] Diplomata Schlothemensia, Nr. 1, S. 113f.) SIEGEL: Kloster, S. 268. LATh-StA Rudolstadt SU: 1304, Dezember 21. (Reg. 275.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 5, S. 116f.
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stimmte unter der Mitwirkung Herzog Heinrichs von Braunschweig dem Verkauf zu.406 Nur wenige Jahre später, 1311, kaufte das Kloster dann weiteren Besitz von Herwardus de Scharfenstein in Großmehler (2 Kilometer nordwestlich von Schlotheim) und 1319 verkaufte Albert, genannt Slune, einige Güter in Hoyngen (wahrscheinlich ehemalige Dorfstelle nordöstlich von Schlotheim407) an das Kloster.408 Im Jahr 1357 gelang dem Kloster dann noch der Ankauf des immerhin 112 Hektar großen Sondershäuser Waldes sowie dazugehöriger Ackergrundstücke aus dem Besitz der Herren von Schlotheim.409 Alle diese Güter lagen in der Umgebung Schlotheims und es wird deutlich, dass sich das Kloster erfolgreich eine eigene Grundherrschaft in der unmittelbaren Umgebung Schlotheims aufbaute. Bereits am 25. März 1318 war dem Konvent zur Mehrung seiner Einkünfte die Schlotheimer Stadtkirche St. Salvator durch den Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt inkorporiert worden, von welcher, wie die Übertragungsurkunde vermerkt, das Kloster bereits das Patronatsrecht innehatte.410 Am 20. April 1319 erfolgte dann die Verpflichtung des Konventes zur Wachslieferung an das Mainzer Domkapitel als Dank für dessen Zustimmung zur Inkorporation.411 Da das Patronatsrecht für diese Kirche erst 1285 an das Brückenkloster in Mühlhausen übertragen worden war,412 muss dieses bereits relativ zeitnah an das Kloster zu Schlotheim gelangt sein. Vielleicht gehörte es sogar zur Gründungsausstattung des Klosters und war bereits zu diesem Zweck 1285 an das Brückenkloster in Mühlhausen übertragen worden. Am 21. Mai 1345 wurden diese Inkorporation durch Papst Clemens VI. noch einmal bestätigt und die Urkunde von 1319 als Transsumpt eingefügt.413 Dem Konvent gelang es dann 1357, seinen Besitz auch auf die Pfarrkirche in Großmehler (nördlich von Schlotheim) auszudehnen. So inkorporierte Erzbischof Gerlach von Mainz am 28. Oktober dieses Jahres dem Kloster die dortige Kirche, deren Patronatsrecht dem Konvent ebenfalls bereits zustand.414 Für diese Inkorporation verpflichtete sich das Kloster 1359, an die Mainzer Kirche tres libras 406 407 408 409 410 411 412 413 414
LATh-StA Rudolstadt SU: 1306, August 22. (Reg. 288.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 6, S. 117f. Wüstungskarte von Thüringen. Entworfen im Jahre 1883, Maßstab 1:200000, in: WERNEBURG: Wüstungen. Diplomata Schlothemensia, Nr. 9 u. 13, S. 120-122 u. 126f. Diplomata Schlothemensia, Nr. 20, S. 132. LATh-StA Rudolstadt SU: 1318, März 25. (Reg. 352.) Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, 1, 1, Nr. 1992, S. 378. Diplomata Schlothemensia, Nr. 14, S. 127f. Vgl. oben. Vgl. Anm. zu: Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, 1, 1, Nr. 1992, S. 378. Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, 2, 1, Nr. 911, S. 206.
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cere am Martinstag abzuführen.415 Im Jahr 1377 belehnte dann die Priorin mit dem gesamten Konvent den Vikar der Pfarrkirche zu Großenmehler mit einem Kirchlehen. Damit verbunden war die Anweisung, dass dieser Vikar oder ein von ihm bestellter Priester jeden Sonnabend Messe zu halten habe.416 Umso erstaunlicher erscheint, dass Philipp von Alencon, Bischof von Ostia, in einer nach dem 8. April 1389 ausgestellten Urkunde erklärte, dem Kloster die Pfarrkirche zu Großenmehler nebst der Kapelle zu inkorporieren. Hintergrund für diese Übertragung war der Wunsch, dem Kloster aufzuhelfen, welches infolge von Krieg und Irrungen der Fürsten, Grafen, Freiherren und Edlen der Umgebung so geschädigt worden war, dass es weder Herbergsdienst leisten noch auferlegte Lasten tragen konnte. Auszuführen war diese Inkorporation durch den Dekan der Jechaburger Kirche.417 Aus diesen im Rahmen der erneuten Inkorporation geschilderten Zusammenhängen deutet sich an, dass dem Kloster die Rechte an der Pfarrkirche zu Großmehler möglicherweise im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen sowie einer wohl bestehenden allgemeinen Rechtsunsicherheit wieder verloren gegangen waren. Ausdrücklich erwähnt wird ein solcher Zusammenhang allerdings nicht. Bereits im Jahr 1322 hatte sich das Kloster in Avignon ein Schutzprivileg des Papstes ausstellen lassen.418 Ursache hierfür könnte wiederum sein, dass sich ein Machtverlust der Herren von Schlotheim bereits andeutete und sie nicht mehr in der Lage waren, das Kloster ausreichend zu schützen. Immerhin mussten die Herren von Schlotheim nur zwei Jahre später den Grafen von Hohnstein das Öffnungsrecht für Stadt und Burg garantieren, und weitere zwei Jahre darauf wurden erste Teile der Stadt verkauft.419 Aus der recht allgemein gehaltenen Formulierung der Urkunde von 1322 hinsichtlich der in Schutz genommenen Güter420 kann nichts weiter über die Hintergründe für das Papstprivileg abgeleitet werden. Allerdings lassen sich auch in dieser Zeit Ereignisse mit weitreichenden Folgen für die Landgrafschaft feststellen. Bereits seit 1321 waren Friedrich der Freidige krankheitsbedingt regierungsunfähig und Friedrich II. der Ernsthafte noch unmündig. Darüber hinaus dürfte auch der Kampf um die Krone zwischen dem
415 416 417 418 419 420
LATh-StA Rudolstadt. SU: 1359, Jan. 13. (Reg. 775.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 21, S. 133. LATh-StA Rudolstadt SU: 1377, Mai. 3. (Reg. 976.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 25, S. 139f. LATh-StA Rudolstadt SU: 1389, nach April 8. (Reg. 1113.) LATh-StA Rudolstadt SU: 1322, Oktober 13 (Reg 382.) Vgl. oben Kap. II.3.5. SIEGEL: Kloster, S. 285.
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Wittelsbacher Ludwig und dem Habsburger Friedrich seine Schatten auf Thüringen geworfen haben.421 Ebenso könnte die im frühen 14. Jahrhundert einsetzende Schwächephase des Klosters Fulda den Abt von Fulda als wichtigen Herren in der Stadt und im unmittelbaren Umfeld weitestgehend ausgeschaltet haben.422 Letzteres wiederum dürfte die Situation für das Kloster noch einmal verschärft haben. Eine erneute päpstliche Urkunde aus den 1340er Jahren, welche dem Kloster den päpstlichen Schutz garantiert und seinen Besitz bestätigt, macht zunächst scheinbar Schwierigkeiten bezüglich ihrer Datierung. Die am 22. April im fünften Pontifikat Papst Clemens VI. in Avignon ausgestellte Urkunde wird von Ernst Vogt in den Regesten der Erzbischöfe von Mainz auf das Jahr 1345 datiert.423 Francken jedoch ordnet die Urkunde in das Jahr 1346 ein, und in der Regestenkartei des Staatsarchivs Rudolstadt wird als Jahr 1347 angegeben.424 Die Datierungszeile der Urkunde enthält zwar keine Jahresangabe, jedoch ist durch die Angabe des fünften Pontifikat Papst Clemens VI. sicher das Jahr 1347 als Ausstellungsjahr anzusehen. Die Bestätigung von 1347 dürfte ebenfalls in engem Zusammenhang mit Ereignissen in der Thüringer Landgrafschaft stehen. Die Konflikte der Thüringer Grafenfehde, aber auch die Auseinandersetzungen um den Mainzer Stuhl in den 1330er und 1340er Jahren hatten in Thüringen zu einer Rechtsunsicherheit und ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen geführt.425 Dieser Umstand dürfte gerade durch die in dieser Zeit häufigen Wechsel der Besitzverhältnisse der Stadt verschärft worden sein. Darüber hinaus zogen sich die Ministerialen von Schlotheim, welche mit einiger Wahrscheinlichkeit, ohne dass dieses jedoch nachweisbar ist, auch die Vogtei über das Kloster ausgeübt hatten,426 seit den 1320er Jahren aus der Stadt zurück.427 Dieses muss zu einer weiteren Verschärfung der Rechtsunsicherheit für das Kloster beigetragen haben und der Konvent dürfte es deshalb für notwendig erachtet haben, sich zum Schutz seiner Rechte und seines Besitzes direkt dem Papst zu unterstellen. Wie unsicher gerade die 1340er Jahre 421 422 423 424 425 426
427
PATZE: Politische Geschichte, S. 74. Vgl. oben Kap. II.3.5. Vgl. Anm. zu: Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 1, Nr. 1992, S. 378. LATh-StA Rudolstadt SU: 1347, April 22. (Reg. 636.) SIEGEL: Kloster, S. 285 u. 365, Anm. 83. Zur Grafenfehde und den Auswirkungen der Auseinandersetzungen um den Mainzer Stuhl vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 79-88. Immerhin ist davon auszugehen, dass sie als Klostergründer auch zunächst die Vogtei ausübten, wobei letztendlich nicht auszuschließen, ist, dass sie diese dann an eines der mächtigen Grafengeschlechter in der Region übertrugen oder verloren. Zu den Veränderungen bezüglich der Herrschaftsverhältnisse in Schlotheim vgl. oben Kap. II.3.5.
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für das Kloster waren, wird aus einer Urkunde von 1343 deutlich. Sie beinhaltete einen Vergleich zwischen Hermann Kegel und dem Kloster. Dabei verzichtet Hermann Kegel auf umfangreichen Grundbesitz, welchen er sich offensichtlich unrechtmäßig während einer Fehde mit dem Kloster angeeignet hatte.428 Möglicherweise steht deshalb die 1347 von Papst Clemens VI. ausgestellte Urkunde auch in einem engen Zusammenhang mit der Befehdung des Klosters und Okkupation von Klostergut durch den genannten Hermann Kegel oder anderer Personen. Des Weiteren scheinen die Herren von Schlotheim bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts Schwierigkeiten gehabt zu haben, den Schutz des Klosters zu garantieren. So hatte sich der Konvent an Landgraf Friedrich gewandt und dieser nahm das Kloster 1308 unter seinen besonderen Schutz.429 Sollte dieses zutreffen, könnten die Schwierigkeiten der Ministerialen von Schlotheim, den Schutz des Klosters zu gewährleisten, tatsächlich Ursache für das 1322 ausgestellte Schutzprivileg des Papstes sein. Gleichwohl blieben die Nachfahren der Herren von Schlotheim nach dem Ausscheiden ihrer Familie aus der Stadtherrschaft dem Kloster verbunden. Noch am 25. April 1357 schenkte Heinrich Slune, Truchsess von Schlotheim, zusammen mit seinem Sohn Busso, Propst der Kirche zu Heiligenstadt, zum Seelenheil ihrer Vorfahren einen Wald bei Neunheilingen an das Weißfrauenkloster zu Schlotheim.430 In den 1360er Jahren muss dann auch das Schlotheimer Magdalenerinnenkloster, von der allgemeinen Krise, welche Klöster in Deutschland in dieser Zeit erfasste,431 erschüttert worden sein.432 So war das Konvent wegen hoher Schulden im Jahr 1366 gezwungen, Güter an das Stift Jechaburg zu verkaufen.433 Schon im Jahr zuvor war für 50 Mark Silber Erfurter Währung eine Jahrrente von 5 Mark Silber aus dem Klosterbesitz an das Marienstift zu Erfurt veräußert worden.434 Im Jahr 1371 wurden dann durch den Propst und die Priorin des Klosters Einkünfte aus Klostergütern mit Recht auf Rückkauf an die Verwandtschaft von
428
429 430 431 432 433 434
Wir Herman Kegel bekennen an desem brive, daz wie[…]uns haben gütlich geteynt umme alle den Krigk unde Krieges ursache umme alle die Ansprach die wir gehet haben, odir gehaben mugen zcu dem Gotteshuss, unde zcu der Sammenunge Slotheym[…] (Diplomata Schlothemensia, Nr. 18, S. 130f.) LATh-StA Rudolstadt SU: 1308, März 28. (Reg. 293.) SIEGEL: Kloster, S. 286. Vgl. auch Kap. II.3.5. LATh-StA Rudolstadt SU: 1357, April 25. (Reg. 755.) Zur Krise der Klöster in Deutschland vgl. SEIBRICH: Monastisches Leben, S. 729-749. SIEGEL: Das Kloster, S. 273. LATh-StA Rudolstadt SU: 1366, Januar 28. (Reg. 852.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 22, S. 133-137. UB Erfurter Stifter 2, Nr. 598, S. 297f.
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Klosterschwestern verkauft435 und auch 1386 kam es zur Veräußerung von Klostergütern436 Außerdem versuchte das Kloster Volkenroda 1378 Besitz des Schlotheimer Klosters in Peukendorf (6 Kilometer nördlich von Schlotheim) an sich zu reißen. Gegen Zahlung eines jährlichen Zinses von sieben Schilling Mühlhäuser Pfennige und zwei Hühnern von einem Hof vor der Stadt und von einer halben Hufe, welche in der Flur Schlotheim gelegen war, konnten diese Ansprüche jedoch abgewiesen werden.437 Im Jahr 1372 genehmigte dann der Vorsteher des Ordens der Magdalenerinnen in Deutschland frater Syfridus dem Kloster, sich einen Schutzherren zu bestellen, welcher die vom Papst übertragenen Freiheiten verteidigen sollte.438 Auch hier gilt es nach den Hintergründen zu fragen. Die Urkunde selbst nennt keine weiteren Umstände hierfür. Jedoch gibt sie an, dass das Schutzprivileg erteilt worden ist, um die Freiheit und die Besitzungen des Klosters zu bewahren. Vorangegangen war offensichtlich eine Schmälerung des klösterlichen Gutes, und der Konvent hatte sich hierüber beim Ordensvorsteher beklagt. 439 Ursache hierfür dürften wiederum Auseinandersetzungen in der Region gewesen sein, welche 1364 mit der Eröffnung der Fehde gegen den Bischof von Hildesheim durch die Grafen von Hohnstein begannen. In der Folge unternahm Herzog Albrecht II. von Braunschweig Raubzüge nach Thüringen, und der Landgraf antworte mit militärischen Maßnahmen.440 Allerdings könnten auch wesentlich konkretere Gründe, wie das für 1378 greifbare Vorgehen Volkenrodas gegen Klostergut, die Ursache gewesen sein. Darüber hinaus hatten sich die Wettiner seit März/April 1371 in eine Auseinandersetzung mit Kaiser Karl IV. verstrickt, welche ab dem Frühjahr 1372 für die Wettiner bedrohlich wurden. Spätestens im April wurde nach der Verhandlung mit mehreren thüringischen Herrschaftsträgern ein gegen die Wettiner gerichteter Vertrag verabschiedet. Teilnehmer an diesen Verhandlungen waren neben dem Mainzer Erzbischof unter anderem die Grafen Heinrich von Hohnstein 435 436 437 438
439 440
LATh-StA Rudolstadt SU: 1371, Juni 29. (Reg. 917.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 23, S. 137f. LATh-StA Rudolstadt SU: 1386, Juli 8. (Reg. 1077.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 26, S. 140f. SHStA Dresden, 10001, Nr. 4212. SIEGEL: Kloster, S. 273-275. Nos pater Syfrydus, Die et Apostolice sedis gratia prepositus generalis monasteriorum beate marie Magdalene per Alemaniam ad Romanam ecclesiam nullo medio pertinentium ordinis S. Augustini, priorisse et Conventui in Slotheym salutem in domino sempiternam. Quia per certos nuncios nobis humiliter supplicatis, quatentus Die intuiti hanc vobis gratiam facere dignaremur, et vobis in vestro monasterio conservatorem possetis impetrare, qui defenderet libertas vobis a fede datas[…] (LATh-StA Rudolstadt SU: 1372, Juni 2. [Reg. 930.] Diplomata Schlothemensia, Nr. 24, S. 138.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 24, S. 138. PATZE: Politische Geschichte, S. 104f.
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und Johann von Schwarzburg. Außerdem hatte sich der Mainzer mit der Stadt Erfurt gegen die Wettiner verbündet. Da zu diesem Zeitpunkt eine wettinische Oberherrschaft über Schlotheim anzunehmen ist, dürfte auch für Stadt und Kloster wenigstens eine mittelbare Bedrohung bestanden haben, zumal sowohl die schwarzburgischen als auch die hohnsteinischen Grafen durchaus Interesse an Schlotheim hatten.441 Ausgestellt worden ist das Privileg am 31. Mai 1372 in Hayn iuxta Albiam442 und könnte somit auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs durchaus als unmittelbare Reaktion auf die Bedrohung durch die antiwettinischen Kräfte verstanden werden. Dem Kloster wurde in diesem Privileg gestattet, sich Schutzherren zu suchen, falls dieses notwendig sein sollte.443 Bei dem hier erwähnten Hayn dürfte es sich um das nördlich von Dresden an der Elbe liegenden Großenhain gehandelt haben, in welchem seit etwa 1240 ebenfalls ein Magdalenerinnenkloster existierte. Möglicherweise war der erwähnte frater Syfridus der in dieser Zeit für die Weißfrauenklöster in Deutschland zuständigen päpstlichen Verwalter. Der Umstand, dass sich Vertreter des Klosters offensichtlich nach Großenhain begaben und sich hier eine Schutzurkunde ausstellen ließen, macht deutlich, wie dringend und bedrohlich die Lage für den Schlotheimer Konvent gewesen sein muss. Hieraus ließe sich wiederum ableiten, dass die Wettiner in diesem Zeitraum als wahrscheinliche Stadtherren nicht in der Lage waren, den Schutz des Klosters vollständig zu garantieren. In diese für das Kloster doch recht unsichere Zeit gehört dann wohl auch der oben bereits erwähnte Verlust der Rechte an der Pfarrkirche zu Großenmehler. Aus diesen Zusammenhängen wird ersichtlich, wie das Kloster seit dem Rückzug der Herren von Schlotheim einer gewissen Rechtsunsicherheit ausgeliefert war, welche noch durch die Konflikte in Thüringen und mittelbar durch die im Reich verstärkt worden ist. Entschärft haben dürfte sich diese Situation erst wieder durch das Einrücken der Herren von Hopfgarten in die Stadtherrschaft im ausgehenden 14. Jahrhundert.444 So ist ein erster Besitzerwerb durch Ankauf seitens des Klosters bereits wieder für 1392 belegt,445 und für 1395 lässt sich erstmals wieder eine Schenkung an das Kloster feststellen. Diese durch die Herren von 441 442
443
444 445
LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 235 u. 249-253. Datum in Hayn iuxta Albiam anno domini M CCC LXXII feria quarta infra octav. Corporis Christi,[…] (LATh-StA Rudolstadt SU: 1372, Juni 2. (Reg. 930.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 24, S. 138.) Et omnimodam volutatem dando nostrum ut possitis constituere defensores et totiens quotiens vobis ac vestro monastierio necesesse fuerit impetrare[…] (LATh-StA Rudolstadt SU: 1372, Juni 2. [Reg. 930.] Diplomata Schlothemensia, Nr. 24, S. 138.) SIEGEL: Kloster, S. 272. LATh-StA Rudolstadt SU: 1392, Mai 8. (Reg. 1141.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 27, S. 141-142.
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Hopfgarten getätigte Stiftung umfasste Einnahmen aus Grundbesitz in der Flur Großenehrichs (12 Kilometer östlich von Schlotheim) und Runstedts.446 Die Herren von Hopfgarten übernahmen mit ihrem Einrücken in die Stadtherrschaft möglicherweise auch die Schutzvogtei über das Kloster. Zwar finden sich dafür keine zeitgenössischen Hinweise, jedoch werden sie 1533 in einem Vergleich zwischen ihnen und dem Kloster ausdrücklich als Schutzherren bezeichnet.447 In der Anweisung zur Sicherstellung des Klostergutes durch den Grafen Heinrich XXXII. von Schwarzburg an Rudolf von Hopfgarten im Jahr 1533/34 wird Letztere als durch die Schwarzburger mit der Klostervogtei beliehen bezeichnet.448 Die Schutzvogtei war demzufolge anscheinend eng an den jeweiligen Stadtherren gekoppelt, welcher diese dann weiterverleihen konnte. Auch muss eine relative wirtschaftliche Erholung des Klosters angenommen werden. So gibt Jakob Einicke für das Jahr 1449 Einnahmen von 1449 Gulden, 12 Groschen 5 Pfennigen und einem Heller an. Darüber hinaus listet er 18 Orte auf, aus denen das Kloster Einkünfte bezog. Schwierigkeiten macht die Angabe der Einkünfte bei Einicke vor allem deshalb, weil sie so unwahrscheinlich hoch erscheinen und eine Überprüfung wegen einer fehlenden Quellenangabe nicht möglich ist. Bereits Günther Siegel verwies auf die hohe Summe und die auffällige Übereinstimmung der Zahl der Gulden mit der Jahreszahl, zweifelt aber wegen der „gewissenhaften und ordentlichen Arbeit Gustav Einickes“ kaum an der Richtigkeit dieses Betrages.449 Bei einem Vergleich mit dem Kloster Reinhardsbrunn, dessen Gesamteinnahmen aus Thüringen 1524 gerade einmal 1020 Gulden betrugen,450 erscheint diese Zahl jedoch vorerst durchaus übertrieben und muss in ihrer Richtigkeit vielleicht doch angezweifelt werden. Dennoch scheint sich das Kloster bis ins späte 15./frühe 16. Jahrhundert wirtschaftlich weitestgehend erholt haben. So konnten die Bürger der Stadt Schlotheim in dieser Zeit berichten, bei der Stadt befände sich eyn gutt wolhabinde Junpfrauwen closter wel geschickt mit gunglichem Inkommen.451 Im Jahr 1343 erhielt das Kloster durch den Erzbischof von Mainz einen vierzigtägigen Ablass.452 Ablässe wurden in der Regel gewährt, um besondere 446
447 448 449 450 451 452
Das Original konnte bisher nicht aufgefunden werden. Handschriftliche Überlieferung des Textes der Urkunde bei: HOPFGARTEN: Die Vortrefflichkeit (Geschichte) der Familie von Hopfgarten S. 637-648. LATh-StA Rudolstadt SU: 1533 (Reg. 3406.) SIEGEL: Kloster, S. 279. SIEGEL: Kloster, S. 279. SIEGEL: Kloster, S. 363, Anm. 59. LÖFFLER: Reinhardsbrunn, S. 155f. PICARD: Ein altes Stadtrecht, Anlage 2, S. 146. SIEGEL: Kloster, S. 277. LATh-StA Rudolstadt SU: 1343, Juni 25. (Reg. 599.) SU: 1410, Juni 25. (Reg. 1855.) Francke datiert die Ablassurkunde von 1410 irrtümlich auf das Jahr 1405. (Reg.1855.) Diplomata Schlothemensia, Nr. 28, S. 143f. SIEGEL: Kloster, S. 277.
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Baumaßnahmen zu finanzieren oder aber den Unterhalt der jeweiligen Kirche zu sichern.453 Der Ablass des Jahres 1343 dürfte in engem Zusammenhang mit dem Ausgreifen auf Klostergut und der Befehdung des Klosters durch lokale Adlige stehen. Sein Zweck war es, dem möglicherweise umfangreich geschädigten Kloster neue finanzielle Möglichkeiten zu verschaffen. Ein weiterer vierzigtägiger Ablass wurde dann 1410 durch Erzbischof Johann II. von Nassau gewährt. Der Verwendungszweck der Einnahmen wird in der Ablassurkunde von 1410 nicht genannt, deshalb ist nicht auszuschließen, dass der Ablass ebenfalls bewilligt wurde, um das Kloster finanziell zu stützen und die wirtschaftliche Erholung, welche an der Wende zum 15. Jahrhundert eingesetzt haben könnte, zu fördern. Erneut einen Ablass erhielt das Weißfrauenkloster zu Schlotheim dann am 28. Mai 1443 und einen weiteren im Jahr 1456.454 Deutlich wird im Zusammenhang mit dem Kloster Schlotheim, wie die politische Wirklichkeit auch die Klosterinteressen gefährdete und das Handeln des Konventes bestimmte. Solange die Herren von Schlotheim relativ sicher und uneingeschränkt die Stadtherrschaft ausübten und auch den Schutz des Klosters garantieren konnten, entwickelte sich das Kloster recht schnell zu einem in der Region nicht unbedeutenden religiösen Ort. Mit dem allmählichen Rückzug der Truchsessen von Schlotheim aus der Stadt wurde augenscheinlich auch die Situation für das Kloster unsicherer. Eine Verschärfung trat dann durch die Konflikte des 14. Jahrhunderts ein, und der Konvent war genötigt, sich nach anderen Schutzmächten umzusehen. Weiterhin ließ sich das Kloster in diesen Zeiten seinen Besitz mehrfach durch den Papst bestätigen und dessen Schutz garantieren. Einher ging die Bedrohung von außen auch mit einem wirtschaftlichen Verfall des Klosters, und der Konvent war in der Folge gezwungen, nicht unerhebliche Teile seines Besitzes zu veräußern. Erst mit dem Einrücken der Herren von Hopfgarten in die Stadtherrschaft scheint sich die Situation wieder entschärft zu haben, und wenigstens in Ansätzen lässt sich ein erneuter Aufschwung des Klosters erkennen. Für einen gewissen Wohlstand des Klosters spricht auch die recht große Klosterkirche, welche heute noch im untersten Teil erhalten ist. Sie entspricht mit 46,10 Meter äußerer Länge und 13 Meter äußerer Breite in ihrer Größe der Kirche des Mühlhäuser Magdalenerinnenklosters.455 Ob diese Kirche nur den Insassen des
453 454 455
REITEMEIER: Pfarrkirchen, S. 443-448. LATh-StA Rudolstadt SU 1443, Mai 28. (Reg. 1855.) Sondershäuser Urkunden: 1456 (Reg. 2059.) AULEPP: Mittelalterliche Bauten in Schlotheim, S. 59.
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Klosters zur Verfügung stand oder sie auch Pfarrkirche für eine mögliche westliche Schlotheimer Vorstadt war, lässt sich nicht entscheiden. Erwähnt wird im Mainzer Subsidienregister jedenfalls nur eine Pfarrkirche in Schlotheim.456 Beim Schlotheimer Magdalenerinnenkloster handelt es sich wie im Fall des im 14. Jahrhundert durch die Herren/Ministerialen von Salza in Langensalza gegründeten Weißfrauenklosters um eine niederadlige/ministerialische Gründung. Vorbild für die Schlotheimer Gründung dürfte das Mühlhäuser Magdalenerinnenkloster gewesen sein. Hintergrund hierfür waren wohl die engen Beziehungen der Ministerialen/Herren von Schlotheim nach Mühlhausen. Anders als in Langensalza ließen sich in Schlotheim jedoch keine bürgerlichen Stiftungen an das Kloster feststellen.457 Lediglich ein paar Verkäufe aus bürgerlicher Hand sind überliefert.458 Grundsätzlich könnte dieses Bild jedoch der doch recht schlechten Quellenlage geschuldet sein. Prinzipiell wäre die nicht nachweisbare bürgerliche Stiftungstätigkeit aber auch ein Hinweis darauf, dass sich in der Stadt kaum ein finanzkräftiges Bürgertum herausgebildet hatte.
3.9.2 Das Hospital Neben dem Kloster existierte vor den Mauern der Stadt an der Straße nach Mühlhausen noch ein als Siechenhaus bezeichnetes Hospital. Erwähnung findet es im Schlotheimer Stadtrecht. Dessen Paragraph 66 regelt, dass im siechhuese nicht mehr als sechs syechen aufgenommen werden dürfen.459 Es verfügte über eine eigene Hospitalskapelle, welche ein Heiliges-Kreuz-Patrozinium trug460 und 1395 von den Herren von Hopfgarten gestiftet worden war.461 Karl Picard nimmt als Entstehungszeit des Hospitals das 13. Jahrhundert an und meint, dass es ursprünglich ein Leprosenspital der Johanniter war. Er begründet dieses mit einer durch die Grafen von Hohnstein im Jahr 1264 ausgestellten Urkunde, welche zur Zeit der Abfassung seines Aufsatzes im fürstlichen Archiv zu Sondershausen unter der Sammlung „Kloster zu Schlotheim“ eingeordnet war. Gleich danach findet sich in der Sammlung eine zweite Urkunde aus dem Jahr 1406, welche nun direkt für das Hospital ausgestellt worden war.462 456 457 458 459 460 461 462
Zu möglichen Vorstädten vgl. Kap. II.3.9. Mainzer Subsidienregister, Nr. 2733-2738. Vgl. Kap. II.4.8.2. Vgl. oben. PICARD: Stadtrecht, § 66, S. 141. Zum Hospital: PICARD: Stadtrecht, S. 111. LEHFELDT: Schlotheim, S. 72. PICARD: Stadtrecht, S. 110 und Anlage 3 u. 4, S. 147-150.
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In der 1264 ausgestellten Urkunde wird als Empfänger die domus hospitalis Jerusalemitanae genannt. Wegen der starken Beschädigung der Urkunde ist jedoch in keiner Weise das Rechtsobjekt aus dem Text zu erkennen. Weiterhin ist wegen der erheblichen Beschädigung nicht zu erkennen, ob im Text überhaupt ein Hospital erwähnt wird.463 Aus dem Dorsalvermerk wird aber deutlich, dass mittels der Urkunde den infirmis sacrae hospitalis ein Zins in Melre (Einer der Mehlerorte nordwestlich von Schlotheim) übertragen wird. Im Dorsalvermerk erfolgt aber gleichfalls keine ausdrückliche Nennung des Schlotheimer Hospitals, es ist nur allgemein von einem Hospital die Rede. Insofern ist unsicher, ob die betreffende Urkunde tatsächlich für das Hospital in Schlotheim ausgestellt worden ist, und deshalb ist die Annahme Picards, es handele sich um die frühste Erwähnung dieses Hospitals, auch nicht sicher zu beweisen. Vielmehr handelt es sich zunächst einmal nur um eine Tradierung von Rechten in einem der Mehlerorte an den Johanniterorden. Dabei könnte, da sich im südöstlich gelegenen Weißensee eine Johanniterkommende befand,464 die Übertragung an diese Kommende erfolgt sein. Auffällig bleibt jedoch die Einordnung dieser Urkunde unter der Rubrik Fürstliches Archiv zu Sondershausen. „Kloster Schlotheim“. Eine Lösung hierfür bietet dann eine Urkunde aus dem Jahr 1311. So bestätigen am 9. Februar dieses Jahres der Komtur Heinrich Stapil und alle Brüder des Hospitals St. Johannis in Weißensee den Verkauf ihres Besitzes in Großenmehler, welche der Komturei durch Graf Heinrich II. von Hohnstein 1264 geschenkt worden war, an das Schlotheimer Kloster. 465 Auf diesem Weg erklärt sich die Einordnung der Urkunde unter „Kloster Schlotheim“ und gleichzeitig wird damit deutlich, dass die entsprechende Schenkung tatsächlich an die Johanniter zu Weißensee erfolgte. Die Voranstellung der Urkunde von 1264 vor die Urkunde von 1311 in der Sammlung erfolgte dann wahrscheinlich, um die Rechtsobjekte, welche 1311 an das Schlotheimer Kloster übertragen wurden genauer zu dokumentieren. Es handelt sich demnach nicht, wie Picard meint, ursprünglich um ein vom Johanniterorden bestelltes Hospital in Schlotheim. Deshalb kann auch nicht bewiesen werden, dass das Hospital schon im 13. Jahrhundert bestand. Eindeutig das Hospital betrifft aber die zweite oben genannte und unter „Kloster Schlotheim“ eingeordnete Urkunde, welche durch Dietrich von Hopfgarten im Jahr 1406 ausgestellt worden 463
464 465
PICARD: Stadtrecht, Anlage 3, S. 147f. Die heute unter der Signatur: SU 1264, Oktober 11. (Reg. 62) im Staatsarchiv Rudolstadt einsortierte Urkunde konnte wegen ihres sehr schlechten Erhaltungszustandes nicht eingesehen werden. Zur Verfügung standen nur das Regest und Vermerke hinsichtlich des Zustandes der Urkunde in der Datenbank Sondershäuser Urkunden des Staatsarchivs Rudolstadt. (Siehe: Datenbank zu den Sondershäuser Urkunden im Staatsarchiv Rudolstadt. [18.12.2012]) PATZE: Art. Weißensee, S. 488. SCHLEGEL: Johanniterkommende Weißensee, S. 25-34. LATh-StA Rudolstadt SU 1311, Februar 9. (Reg. 309.) SCHLEGEL: Johanniterkommende Weißensee, S. 36.
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ist. In ihr wird eine Schenkung Dietrichs an die sichen lute yn deme sichhuse vor der stad czu Slatheym beurkundet. Zwar sind die Quellen zum Schlotheimer Hospital mehr als spärlich, jedoch deutet sich aus der Urkunde von 1406 möglicherweise an, dass die Herren von Hopfgarten nach dem Einrücken in die Stadtherrschaft begannen, das Hospital zu fördern. Das Hospital selbst scheint, wie aus dem Stadtrecht wiederum erkennbar wird, jedoch anders als die Schlotheimer Pfarrkirche nicht dem Weißfrauenkloster unterstanden zu haben. Paragraph 66 des Schlotheimer Rechtes gibt an, dass der schultheise und die rattluthe gelobit und han sich geeynt, das sie nicht mehr syechen wullen habe yn dem siechuese wenn sechse.466 Hieraus ergibt sich, dass das Hospital zum Zeitpunkt der Stadtrechtsaufzeichnung durch den Rat verwaltet worden ist. Möglicherweise kann deshalb auch angenommen werden, dass der Rat oder einzelne Bürger das Hospital gegründet haben.467 Absichern lässt sich dieses aber nicht. Zumal hier auch der Schultheiß als landesherrlicher Amtsträger auftritt. Dieses wiederum steht im Widerspruch zu dem Umstand der Einordnung der Urkunde in der Sammlung: Fürstliches Archiv zu Sondershausen. „Closter zu Schlottheim“. Sie scheint doch eher auf eine Zugehörigkeit zum Schlotheimer Kloster und eine Betreuung durch den Konvent hinzuweisen. Eine Besitzübertragung an die Weißfrauen zu Schlotheim kann aber erst nach der Kodifizierung des Schlotheimer Stadtrechts und damit frühestens nach der Mitte des 14. Jahrhunderts erfolgt sein. Spätestens im frühen 16. Jahrhundert müssen die Magdalenerinnen über das Hospital verfügt haben. So werden im Mainzer Subsidienregister von 1506 Abgaben aus dem Schlotheimer Leprosenhospital auch unter der Überschrift in monasterio Schlotheim eingeordnet.468 Allerdings befand sich das Patronatsrecht für die Spitalkapelle noch im frühen 20. Jahrhundert bei der Familie von Hopfgarten, und sie unterhielt Teile des Spitals, während der Rest der Unterhaltskosten aus dem Besitz des Hospitals finanziert wurde. Auch der Spitalverwalter wurde durch die Familie von Hopfgarten eingesetzt. Gestiftet worden war die Hospitalkapelle 1395 durch die Herren von Hopfgarten. Das Patronatsrecht dürfte deshalb auf diese Stiftung zurückgeführt werden. Zum Hospital gehörte darüber hinaus ein kleiner Friedhof.469 Die hier vorhandene kleine Kapelle besaß demnach wenigstens Begräbnisrecht. Ein solcher Umstand ist für Hospitalkirchen durchaus nicht unüblich, und nicht selten
466 467 468 469
PICARD: Stadtrecht, § 66, S. 141. Zur Gründung von Hospitälern durch die Bürgergemeinde: ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 547f. Mainzer Subsidienregister, Nr. 2733 u. 2738, S. 317. PICARD: Stadtrecht, S. 111.
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übernahmen sie im Sinne einer Personalpfarrei auch die Pfarrfunktionen für die Hospitalinsassen.470 Über einige Schlaglichter hinaus lässt sich letztendlich nichts Gesichertes hinsichtlich des Hospitals aussagen. Es war wohl zunächst durch die Bürgerschaft verwaltet worden, ging dann aber auf unbekanntem Weg in den Besitz der Schlotheimer Weißfrauen über. Im Dunkeln liegen die Gründungszeit und die Gründungszusammenhänge. Möglich ist sowohl eine adlige als auch eine bürgerliche, städtische Stiftung. Sicher ist, dass es zum Ende des 14. Jahrhunderts bestanden haben muss. Sollte das Schlotheimer Stadtrecht, wie oben vermutet, tatsächlich zwischen 1351 und 1369 abgefasst worden sein, bestand auch das Hospital spätestens schon zu dieser Zeit. Des Weiteren könnte die 1395 erfolgte Stiftung der Hospitalkapelle auch auf einen zeitlich engen Gründungszusammenhang des Hospitals verweisen und seine Einrichtung erfolgte wenige Jahre zuvor.
3.10 Schlotheim – eine Gründungsstadt? Stadtgrundriss und Stadtbefestigung Bei Schlotheim handelt es sich um eine Zweitorstadt, deren Anlage ziemlich regelmäßig erscheint, aber nicht unbedingt dem Bild einer vollständig durchgeplanten Stadt entspricht. Bis auf eine Ausnahme verlaufen die Straßen innerhalb der Stadt aber geradlinig. Zwei von Osten nach Westen führende Straßen, die über drei Nord-Süd-Straßen miteinander verbunden sind, bilden in Form einer Leiter das Grundgerüst des Straßensystems.471 Der Marktplatz liegt aber nicht, wie bei Planstädten eigentlich zu erwarten, zentral in der Stadt. Seine Südseite schließt vielmehr mit der Ost-Westachse ab. Er ist demzufolge nach Norden verschoben. Der gesamte nördliche Teil der Stadt wirkt außerdem weniger durchgeplant. Die nördlich des Marktplatzes angelegte weitere Parallelstraße ist wesentlich kürzer als die zwei südlichen Querstraßen; wegen ihrer Bezeichnung als Waidanger könnte sie im Zuge eines Sondermarktes für Waid entstanden sein.472 Der Westteil des Marktes wiederum heißt Gaul- oder Pferdemarkt,473 womit ein weiteres wesentliches städtisches Handelsgut benannt ist. Neben Waid, Flachs, 470 471 472 473
SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 132. Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. WAGNER: Schlotheim, S. 23. Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6.
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Getreide, Leinen und Wolltuchen sowie Seilen spielte offensichtlich auch der Pferdehandel eine nicht unbedeutende Rolle. Die Hauptstraße betritt, nachdem sie vor der Stadt den Verkehrsweg aus Mühlhausen und aus Mehler in sich vereinigt hat, im Südwesten durch das Mühlhäuser Tor die Stadt und knickt dann über die Bergstraße nach Norden zum Markplatz hin ab. Von hier aus verläuft sie geradlinig über den Markt und dessen Verlängerung, dem Flachsmarkt, zum östlich liegenden Erfurter Tor, um sich dann außerhalb der Stadt in einen Weg nach Erfurt und einen nach Sondershausen aufzugabeln. Die Lage des Mühlhäuser Tores spricht augenscheinlich zunächst gegen eine planmäßige Anlage. Allerdings ist darauf zu verweisen, dass im Westen der Stadt am Ende der Verlängerung des Marktplatzes Burg und Stadtkirche lagen. Die Errichtung eines Tores konnte wohl aus diesen Gründen nicht auf der Ost-Westachse erfolgen.474 Der Mauerverlauf ist recht geradlinig. Die durch die Mauer umschlossene Fläche ist nahezu viereckig und weist nur im Osten, südlich des Erfurter Tores, einen leichten Knick nach außen auf. Lediglich die schräg nach Süden abgewinkelte nördliche Stadtgrenze verhindert eine fast quadratische Form der Stadt. Diese Mauer verläuft aber parallel zu allen Ost-Weststraßen, was wiederum für eine planmäßige Anlage des Straßensystems und der durch die Mauer definierte Stadtgrenze spricht. Auch die Anlage eines viereckigen Marktplatzes ist ein Indiz für eine planmäßige Stadtanlage.475 Es gibt demzufolge eine ganze Reihe von Hinweisen, welche eine planmäßige Stadt wahrscheinlich machen. Im Westen der Stadt lag die Burg. Ursprünglich dürfte sie als Sitz der Herren von Schlotheim bereits im 12. Jahrhundert errichtet worden sein. Dieses kann aber, wie die teilweise fuldische Oberlehnsherrschaft zeigt, kaum ohne Mitwirkung des Abtes von Fulda geschehen sein.476 Neben der Funktion als Adelssitz beziehungsweise stadtherrliche Burg bestand ihre Aufgabe mit einiger Wahrscheinlichkeit, indem sie die frühmittelalterliche(n) Vorgängeranlage(n) ablöste, im Schutz beziehungsweise der Überwachung der hier zusammenführenden Verkehrswege. Die Stadt wiederum dürfte dann spätestens seit ihrer Befestigung wie in anderen Fällen auch die Funktion einer Vorburg übernommen haben. Die Burg befand sich nach Arno Wagner außerhalb der Stadtmauer und war lediglich über eine Brücke mit der Stadt verbunden.477 Dieser Zugang erfolgte 474 475
476 477
Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. WAGNER: Schlotheim, S. 26. So weist die Planstadt Thamsbrück gleichfalls einen viereckigen Marktplatz auf. Vgl. hierzu Kap. II.1.6. und den Stadtgrundriss von Thamsbrück. (Vgl. Stadtgrundriss Thamsbrück, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 4.) Vgl. oben Kap. II.3.5.f. WAGNER: Schlotheim, S. 23.
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nach ihm vom Markt her,478 und ein weiterer Weg führte vom Steinweg her zur südlich der Burg liegenden Kirche. Zwischen der Burg und der Stadt war ein Trockengraben angelegt. Allerdings ist, wie Wagner ebenfalls meint, nicht mehr auszumachen, ob es zwischen Stadt und Burg tatsächlich auch eine Mauer gab. Auffällig ist die quadratische Anlage der Burg mit jeweils einem Rundturm an den Ecken. Diese auch als Kastellburg bezeichnete Bauform tritt in den deutschen Gebieten erstmals mit der Burg Lahr im Westen Baden Württembergs Anfang des 13. Jahrhunderts in Erscheinung.479 Eine solche Form steht im Zusammenhang mit dem teilweisen Aufkommen regelmäßig geformter rechteckiger oder polygonaler Burganlagen in der späten Stauferzeit im Westen des Reiches. 480 Gleichartige viereckige Burgen lassen sich für die Stauferzeit in Thüringen jedoch nicht nachweisen481 Vielmehr entstanden solche Kastellburgen in Mitteldeutschland in ihrer Mehrheit erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts. 482 Mit einiger Wahrscheinlichkeit dürfte deshalb dieser noch heute teilweise sichtbare Bau auch erst aus dieser Zeit stammen.483 Entstand die heutige Form aber tatsächlich erst im 15. Jahrhundert, erfolgte dieser letzte Ausbau der Burg dann unter den Herren von Hopfgarten. Einen ersten Umbau könnten die Herren von Hopfgarten aber schon im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts vorgenommen haben. So überliefert ein Pfandbrief aus dem Jahr 1426, dass dem Junker Rudolf von Hopfgarten neben der Pfandsumme von 1000 Mark noch 200 Mark zusätzlich zustehen. Aufgelaufen waren diese 200 Mark, wegen Baumaßnahmen an Zwinger, Graben, dem Turm und an der steinernen Kemenate, welche durch Rudolf von Hopfgarten durchgeführt worden waren.484 Unter der viereckigen Burganlage sind weitere Baufundamente vorhanden, welche einer älteren, wohl ins 12./13. Jahrhundert zu datierenden Anlage angehören. Diese Burg könnte ebenfalls viereckig gewesen sein, möglicherweise handelt es sich aber auch um eine hochmittelalterliche Anlage mit abgerundeten Ecken. Der Zugang zu dieser Burg erfolgte aber nicht wie heute von Osten, sondern eher von Norden.485 Erfolgte der ursprüngliche Zugang zur Burg tatsächlich von Nor478 479 480 481 482 483 484 485
PATZE: Landesherrschaft, S. 425. HOTZ: Pfalzen und Burgen, S. 184. BODE u.a.: Die Baugestalt der mittelalterlichen Burg, S. 185. Vgl. HOTZ: Pfalzen und Burgen, S. 148-150 u. 168. HOTZ: Pfalzen und Burgen, S. 233-253. BODE u.a.: Die Baugestalt der mittelalterlichen Burg, S. 185. LOSSE/STRICKHAUSEN: Thüringen, S. 201. Vgl. AULEPP: Schloss Schlotheim, S. 3. SHStA Dresden 10024, loc.1422/9, fol. 63. PICARD: Stadtrecht, S. 114, Anm. 2. AULEPP: Schloss Schlotheim, S. 3-10.
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den aus, lässt sich hieraus Weiteres ableiten: Dann war auch die Bebauungssituation im Nordwesten der Stadt ursprünglich eine andere, als sie sich anhand der heutigen Stadttopographie darstellt. So könnte in der Verlängerung der Nordseite des Marktplatzes eine weitere Straße nach Westen zur Burg geführt haben, über die dann der Zugang zur Burg erfolgte. Aber auch die Straße Waidanger könnte ursprünglich erheblich weiter nach Westen verlaufen sein. Ebenso besteht die Möglichkeit eines wesentlich größeren Marktplatzes, welcher dann vom Gaulmarkt im Westen bis zur heutigen Ostgrenze des Marktplatzes reichte. Unklar ist, wo sich das mittelalterliche Schlotheimer Rathaus befand. Der heutige Bau geht jedenfalls auf einen Neubau aus dem 18. Jahrhundert zurück, während das ursprüngliche Rathaus wohl an anderer Stelle lag. Der Baublock zwischen Waidanger und Marktplatz könnte erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden sein. Auch der Teil nördlich des Gaulmarktes könnte bis auf Höhe des Waidangers ursprünglich unbebaut gewesen sein. In dessen Verlängerung nach Westen erfolgte dann wiederum der Zugang zur Burg.486 Ebenso soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass einer dieser Baublöcke der ursprüngliche Standort des Rathauses war. Dahingehende archäologische oder bauhistorische Untersuchungen gibt es bisher aber nicht. Der Marktplatz würde dann, wobei noch ein hier liegendes Rathaus abzuziehen wäre, eine Gesamtgröße von 1,3 Hektar aufweisen und damit in einer unverhältnismäßigen Größe zur Gesamtstadtanlage von annähernd 11 Hektar Gesamtstadtfläche (inklusive Areal von Kirche und Burg und zu vermutender Vorstadt).487 Ein so großzügig angelegter Marktplatz würde aber dafür sprechen, dass wirtschaftliche Gründe bei der Stadtanlage eine wesentliche Rolle spielten. Dafür, dass wirtschaftlichen Zusammenhänge auch weiterhin bedeutsam für die Stadt waren, spricht wenigstens der Umstand, dass eine Vielzahl von Spezialmärkten auf engstem Raum zu verzeichnen sind. Als gesichert gelten kann die sich aus dem Straßenverlauf ergebende Anzahl der Stadttore. So werden im ersten, an das Schlotheimer Stadtrecht angehängten Schriftstück aus dem späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert zwei Stadttore erwähnt.488 Wenigstens eines von ihnen bestand bereits im Jahr 1277.489 Am 26. Oktober dieses Jahres übertrug Adelheid von Schlotheim dem Kloster Volkenroda 486
487 488 489
Vgl. AULEPP: Schlotheim, S. 54. LEHFELDT: Schlotheim, S. 72. Außerdem: Stadtplan, in: MÜLLER: Landgräfliche Städte, Abb. 19. Vgl. Stadtplan Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. Ermittelt wurde die Fläche mit http://www.geoproxy.geoportal-th.de/geoclient/control (26.04.2013). Zur Vorstadt vgl. unten. Es syen tzwey thoer an der Stadt do von gebit man loen den thorwarten. (SHStA Dresden 10024, Loc. 10422/9, fol. 61a. PICARD: Stadtrecht, Anlage 1, S. 143.) PATZE: Landesherrschaft, S. 425.
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molendinum situm ante portam civitatis Slatheim…490 Ob zu dieser Zeit über die Stadttore hinaus bereits eine steinerne Stadtbefestigung bestand, ist nicht festzustellen. Sollte es sich bei Schlotheim jedoch tatsächlich um eine planmäßig angelegte Gründungsstadt handeln, könnte auch von Beginn an eine Befestigungsanlage vorhanden gewesen sein. Diese muss allerdings nicht sogleich aus Stein gewesen sein. Eine Steinmauer könnte auch erst später errichtet worden sein, während zunächst eine Holz-Erde-Befestigung die Stadt schützte.491 Rolf Aulepp verlegt die Errichtung der steinernen Stadtmauer auf die Zeit des Erwerbs der Stadt durch die Grafen von Schwarzburg im Jahr 1338, begründet dieses aber nicht weiter.492 Auszuschließen ist dieses vor allem deshalb nicht, weil den Schwarzburgern daran gelegen gewesen sein musste, über einen ausreichend befestigten Ort in diesem Gebiet zu verfügen. Die Stadtmauer könnte aber auch erst in der wettinischen Zeit und hier vor allem zwischen 1351 und 1369 errichtet worden sein. So lassen sich in dieser Zeit eine Reihe wichtiger Privilegien für den Ort fassen, und auch das Stadtrecht wurde möglicherweise in dieser Zeit niedergeschrieben.493 Häufig wurden der Stadt zum Zweck des Mauerbaus wirtschaftliche Privilegien erteilt, beziehungsweise von ihr besondere Steuern erhoben oder Bußen für Vergehen in Form von Bauleistungen vergeben.494 Genaueres lässt sich hierzu aus den Schlotheimer Quellen jedoch nicht greifen. Es ist aber nicht unmöglich, dass die Erteilung des Brau- und Bierverkaufsrechtes mit den daraus zu erwartenden Einnahmen im Jahr 1351 durch die Landgrafen in einem solchen Zusammenhang stehen. Ausdrücklich erwähnt wird eine solche Verbindung im Privileg aber nicht. Ebenso könnten die im Stadtrecht verzeichneten, an die Stadt zu zahlenden Strafgelder hierfür aufgewendet worden sein.495 Spätestens bei der Erteilung des Stadtrechtes muss jedoch, da sowohl Mauern als auch Gräben erwähnt werden, die steinerne Befestigung existiert haben. Im Artikel 62 wird bei Strafe verboten, Leitern an die Mauern zu stellen und Stege über die Gräben zu errichten.496 Der Artikel 55 erwähnt Mauerwächter, welche auf der Stadtmauer Dienst taten.497 Da sich das genaue Abfassungsdatum des 490 491 492 493 494 495 496 497
Historia monasterii VIII: Historia monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § 32, S. 768. Vgl. hierzu die ähnlichen Überlegungen zu Thamsbrück und Tennstedt (Kap. II.1.6 u. II.2.6.3.) AULEPP: Mittelalterliche Bauten in Schlotheim, S. 56. Vgl. oben Kap. II.3.6. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 48. Ähnliches ließ sich im Zusammenhang mit der Stadt Tennstedt und ihrer Befestigung nachweisen. (Vgl. Kap. II.2.6.3) Wer an die stadt murren irgen styget mit leyttern adir stegel machet ubir die graben der sal funff schillinge uff das rathuss gebe und vier wochin innesittze. (Picard: Stadtrecht, § 62, S. 140.) …und welch muren wechter wirt schlaffende funden[…] (PICARD: Stadtrecht, § 55, S. 139.)
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Stadtrechtes aber über eine mögliche Eingrenzung auf die Zeit unmittelbar nach 1351 nicht feststellen lässt, ist hieraus auch nichts Sicheres über das Alter einer steinernen Stadtbefestigung auszusagen. Von der Stadtmauer selbst sind heute nur noch im Norden und im Nordosten Reste erhalten.498 Türme besaß die Schlotheimer Stadtmauer wohl nicht. An der nördlichen Stadtbefestigung waren jedoch im frühen 20. Jahrhundert noch zwei turmartige Ausbauten erkennbar, und im späten 19. Jahrhundert sollen noch drei dieser Bastionen vorhanden gewesen sein.499 Arno Wagner geht sogar davon aus, dass es ursprünglich fünf davon gab. Darüber hinaus war diesem Teil der Mauer ein Trockengraben vorgelagert. Demgegenüber wurde die Südseite der Stadt zusätzlich durch den Mehrstädter Bach vor der Mauer, dessen Verlauf sie folgt, geschützt. Hieraus erklärt sich dann auch, weshalb der Verlauf der Mauer hier nicht ganz so geradlinig ist, sondern einen leichten Knick aufweist. Notwendig war die stärkere Befestigung durch Bastionen im Norden wohl vor allem deshalb, weil diese Seite am anfälligsten für Angriffe war. So bot die Burg an der Westseite der Stadt zusätzlichen Schutz, im Süden sicherte ein der Mauer vorgelagerter natürlicher Wasserlauf die Mauer und darüber hinaus fiel im Osten, Süden und Westen das Gelände vor der Stadtmauer ab. Demgegenüber befand sich im Norden die weite ebene Fläche des leicht ansteigenden Bergsporns.500 Aus den eben skizzierten Beobachtungen erklärt sich vielleicht auch der nicht ganz quadratische Stadtgrundriss sowie der Umstand, dass im Osten und Süden der Mauerverlauf nicht ganz geradlinig war. In diesen Bereichen folgte die Mauer geographischen Gegebenheiten und deshalb wurde hier vom Planungsschema abgewichen. Demgegenüber waren im Norden, weil hier keine natürlichen Gegebenheiten zu beachten waren, Mauer und Straßenverlauf aufeinander ausgerichtet. Insofern dürfte im Fall Schlotheims tatsächlich mit einer geplanten Stadtgründung zu rechnen sein. Wie die Entlangführung der südlichen Befestigung am Mehrstedter Bach zeigt, war die Mauer von Anfang an auf dieses zusätzliche Annäherungshindernis ausgerichtet. Gleichzeitig war der Straßenverlauf an den hieraus resultierenden Mauerverlauf angepasst. Dieses legt nahe, dass Befestigung, Straßenverlauf und Baublöcke in einem zusammenhängenden Gründungsvorgang entstanden.
498 499 500
LAIBLE: Art. Schlotheim, S. 1093. LEHFELDT: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, S. 74f. WAGNER: Schlotheim, S. 23. GRIMM/TIMPEL: Befestigungen, Nr. 71, S. 61. WAGNER: Schlotheim, S. 23f. Topographische Karten 1:10000 4729 SO Schlotheim, 4729 NO Schlotheim, 4730 SW Allmenhausen 4730 NW Ebeleben des Landesamt für Vermessung und Geodäsie des Freistaates Thüringen, Erfurt 22011.
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Für die Mitte des 19. Jahrhunderts sind an der Straße nach Erfurt und Mühlhausen Stadterweiterungen nachweisbar.501 Ob es sich hierbei, wie Rolf Aulepp meint, bereits um mittelalterliche Erweiterungen der Stadtfläche handelt,502 ist in der Folge zu prüfen. Ein Eintrag zum Jahr 1836 aus dem Schlotheimer Stadtbuch gibt erste Anhaltspunkte, ohne dass die Entstehung dieser vorstädtischen Siedlungen bereits eindeutig für das Mittelalter anzunehmen ist. In diesem Jahr wird im Zusammenhang mit dem Abbruch von Teilen der Stadtmauer und der Tore erwähnt, dass erstmals ein in der Vorstadt lebender Einwohner zum Bürgermeister gewählt wurde und damit eine uralte Gerechtigkeit ohne Eidesverletzung aufgehoben worden ist.503 Spätestens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war somit eine vor der Stadt liegende Siedlung vorhanden. Dabei dürfte die besondere Betonung der uralte[n] Gerechtigkeit auf ein höheres Alter verweisen, aber nicht unbedingt gleich bis ins Mittelalter. Auf ein gewisses Alter der Siedlung vor dem Mühlhäuser Tor könnte wiederum der hier haftende Flurname „Anger“ verweisen, welcher nicht in Verbindung mit dem sogenannten Waidanger in der Stadt steht. So ist eine dörfliche Vorgängersiedlung in diesem Bereich nicht auszuschließen. Möglicherweise handelt es sich bei ihr um einen Teil der der Stadtgründung vorangehenden Siedlung Schlotheim oder aber um eine zur Burg gehörige Siedlung.504 Einen sicheren Hinweis für das Vorhandensein einer bereits mittelalterlichen Siedlung vor der Stadt liefert eine Urkunde aus dem Jahr 1436. In ihr bekennt der Bürger Kurt Sachsene zu Schlotheim, der geistlichen Jungfrau des Klosters zu Schlotheim Else Husemann Zinsen an einem Siedelhof in der vor der Stadt gelegenen „Neuen Gasse“ verkauft zu haben.505 Die als „Neue Gasse“ bezeichnete Straße lässt sich in der Siedlungstopographie nicht mehr nachweisen und somit ist eine genaue Lokalisierung dieser Vorstadt nicht mehr möglich. Sicher ist aber, dass es außerhalb der Stadt weitere mit Häusern bebaute und bewohnte Flächen gab. In Verbindung mit dem vor dem Mühlhäuser Tor haftenden Namen „Anger“ dürfte diese Siedlung auch hier gelegene haben, und bei ihr handelt es sich möglicherweise um eine ältere dörfliche Vorgängersiedlung. Eine Entstehung mit dem gleichfalls hier gelegenen Kloster scheint deshalb auszuscheiden. Dennoch könnte vielleicht das Kloster dafür verantwortlich sein, dass diese Siedlung nicht einging. Möglicherweise waren in dieser Siedlung, und dieses ergibt sich vielleicht aus dem Ankauf des Siedelhofes durch die Konventualin 501
502 503 504 505
Vgl. Urmesstischblatt, Topographische Aufnahme 1853/54, Nr. 4729 Schlotheim. Karte in: WAGNER: Schlotheim, S. 26. Vgl. Stadtgrundriss Schlotheim, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 6. AULEPP: Mittelalterliche Bauten in Schlotheim, S. 54. Auszug aus dem Eintrag zu 1836: PICARD: Stadtrecht, S. 106, Anm. 1. Vgl. Karte in: WAGNER: Schlotheim, S. 26. LATh-StA Rudolstadt SU: 1434(?), Februar 1. (Reg. 1742).
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Else Husemann im Jahr 1436, wichtige Klostergüter angelegt. Falls es sich hierbei tatsächlich eine der Stadt vorangehende ältere Siedlung handelt, könnte wiederum die 1277 an Volkenroda übertragene Mühle hier gelegen haben. Da diese als vor dem Stadttor gelegen beschrieben wird,506 bestünde damit die Möglichkeit, das in der Urkunde genannte Tor als das Mühlhäuser Tor im Westen der Stadt zu identifizieren. Gleichzeitig wird aus der 1836 erstmals erfolgten Wahl eines Vorstädters zum Schlotheimer Bürgermeister und der damit einhergehenden Aufhebung einer uralten Gerechtigkeit deutlich, dass sich das Stadtrecht nicht auf die Vorstadt erstreckte. Hier galt offensichtlich ein anderes, ein landesherrliches/grundherrliches Recht. Zusammenfassend erscheint Schlotheim als eine planmäßig angelegte Gründungsstadt. Zwar scheint die Stadt schon recht früh befestigt worden zu sein, ob es von Anfang an eine Steinmauer war, ist aber ungewiss. Desgleichen fehlen Türme in der Stadtmauer. Ersetzt werden diese lediglich im Norden durch Bastionen. Da Türme mit erheblichen Mehrkosten verbunden waren, spricht ein solcher Umstand doch eher für eine geringe Wirtschaftskraft der Stadt,507 vielleicht aber darüber hinaus auch für eine geringe militärische Bedeutung. Wenigstens im Westen befand sich vor der Stadt eine weitere vorstädtische Siedlung, bei der es sich vielleicht um die Siedlung Alt-Schlotheim handelte.
3.11
Zusammenfassung
Dem verkehrsgeographisch günstig gelegenen Schlotheim kam schon im Frühmittelalter einige Bedeutung zu. Ausdruck findet dies einerseits in zwei frühmittelalterlichen Befestigungsanlagen, andererseits aber auch in der Funktion des Ortes als befestigter ottonischer Königshof. Schwierigkeiten bereitete dabei vor allem die Frage, wann und unter welchen Umständen die Befestigungen jeweils entstanden. Es deutet sich an, dass die Befestigung auf dem sogenannten Kirchberg die ältere Burg war, die wiederum im Zusammenhang mit der gegen die Sachsen gerichteten Germar-Mark in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts entstanden sein könnte. Demgegenüber wurde der königliche Wirtschaftshof im Tal vielleicht erst im 10. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Ungarneinfällen befestigt. Auch bestanden wohl bis ins 6. Jahrhundert zurückreichende enge Beziehungen zum Merowingerreich und die Siedlungsgründung selbst dürfte, wie aus dem Ortsnamen deutlich wird, auf fränkische Initiative zurückgehen. 506 507
Vgl. oben. Vgl. hierzu die Überlegungen zu Thamsbrück in: Kap. II.1.4.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Auch könnte Schlotheim ein früher kirchlicher Mittelpunkt gewesen sein. So dürfte die dortige Salvatorkirche ein erhebliches Alter haben und könnte zu den frühsten Kirchen in Thüringen überhaupt zählen. Ob Schlotheim, wie sich vielleicht anhand einer unsicheren Erwähnung andeutet, ursprünglich ein Erzpriestersitz war, bleibt letztendlich ungewiss. Königsgut ist aber nach der Übertragung Schlotheims an Fulda im Jahr 975 nicht mehr nachweisbar. Die Entwicklung des Ortes wurde in der Folge vielmehr von anderen Kräften geprägt. So verfügte das Reichsstift Fulda schon im frühen 9. Jahrhundert über Rechte in Schlotheim und im 10. Jahrhundert wurde diese durch den Erwerb der königlichen Burg erheblich vermehrt. Wohl auf dieser Grundlage übten die Äbte von Fulda dann wenigstens bis ins 14. Jahrhundert die Ortsherrrschaft aus und besaßen darüber hinaus auch stadtherrliche Rechte in Schlotheim. Die Stadtgründung selbst könnte auf eine Initiative der Truchsessen von Schlotheim zurückzugehen, erfolgte wohl aber kaum ohne landesherrliche Mitwirkung. Wobei tendenziell eine große Zahl von Indizien auf den Abt von Fulda als Landesherrn verweist. Ihren Aufstieg verdanken die Ministerialen von Schlotheim jedoch eher der Ausübung des ludowingischen Truchsessenamtes. Letzteres weist sie als hochrangige Vertreter der ludowingischen Ministerialität aus. Sie gehörten damit zum engeren Kreis der ludowingischen Landgrafen. Gleichwohl lassen sich ludowingische Rechte in Schlotheim für die Zeit bis zum 14. Jahrhundert überhaupt nicht feststellen. Deren Erwerb fällt erst in die wettinische Zeit und ins 14. Jahrhundert. Die Truchsesse wiederum verfügten in Schlotheim sowohl über Allod als auch über fuldische Lehen. Auf welchem Weg die Schlotheimer ihren Eigenbesitz in Schlotheim erwarben, ist aber nicht zu erkennen. So ist vorstellbar, dass sie diesen schon vor ihrem Eintritt in die ludowingische Ministerialität besaßen. Die Truchsesse von Schlotheim folgten bei der Stadtgründung wohl dem Vorbild ihrer Lehens-/Dienstherren beziehungsweise auch dem ihrer Standesgenossen, und dieses zeugt wiederum vom ausgeprägten dynastischen Selbstverständnis der Truchsessen. Die Stadt versetzte sie dann in die Lage, dieses dynastische Selbstverständnis auch nach außen zu dokumentieren. Unmittelbar nach der Stadtgründung stifteten die Herren von Schlotheim direkt vor der Stadt ein Weißfrauenkloster, welches in der Folge als Hauskloster zur Familiengrablege und zum Ort der Memoria für die Verstorbenen werden sollte. Letztendlich erscheint Schlotheim damit als eine ministerialische Stadtgründung und gleichzeitig als herrschaftlicher Mittelpunkt für die Ministerialen von Schlotheim. Dieser setzte sich aus einer Burg als Herrensitz, einem Eigenkloster als Ort der Familiengrablege und Familiememoria sowie einer Stadt zusammen. Die Stadt war dann mindestens auch wirtschaftlicher Mittelpunkt eines Kleinstteritoriums der Herren von Schlotheim, welches wohl im Wesentlichen Besitz in einigen unmittelbar in der Umgebung liegenden Dörfern umfasste.
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Wann die Stadt gegründet worden ist, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Infrage kommt die Zeit vom 1. bis zum 3. Viertel des 13. Jahrhundert. Entweder nutzten die Schlotheimer Ministerialen ihre herausragende Stellung als landgräfliche Truchsesse vor allem im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts, oder aber die Auseinandersetzungen um das ludowingische Erbe nach dem Tod Heinrich Raspes IV. im Jahr 1247. Letzteres ist aber insofern wahrscheinlich, da in etwa zur gleichen Zeit auch das benachbarte „ministerialische“ Langensalza zur Stadt erhoben worden ist. Ab den 1320er Jahren waren die Ministerialen von Schlotheim dann vielleicht im Zuge der Auseinandersetzungen dieser Zeit im thüringischen Raum gezwungen, schrittweise ihre Stadtherrschaft über Schlotheim aufzugeben und ihren Herrschaftssitz zu verlagern. In der Folge wechselten Stadt und Burg innerhalb kürzester Zeit mehrfach den Besitzer. Zunächst erwarben die Grafen von Hohnstein den Besitz der Ministerialen an Stadt und Burg und ließen sich vom Abt von Fulda mit weiteren Rechten belehnen. Schon 1338 verkauften sie Schlotheim aber an die Grafen von Schwarzburg. Letztere wiederum setzten Schlotheim als Pfand für den Erwerb Frankenhausens bei den Grafen von Beichlingen ein. Gleichzeitig bemühten sich auch die wettinischen Landgrafen um die Stadt, welche es dann in der Folge schafften, sich wenigstens die Oberlehnsherrschaft zu sichern. Zeitweise übten sie die Stadtherrschaft aber auch unmittelbar aus. Über fuldische Rechte ist in der Folge nichts mehr zu erfahren. Auf welchem Weg der Abt von Fulda die Oberherrschaft verlor, wird in keiner Weise deutlich. Für die Harzgrafen und die Grafen von Schwarzburg war Schlotheim als Sprungbrett in das Thüringer Becken von entscheidender strategischer Bedeutung. Im Gegenzug bestand das wettinische Interesse vor allem darin, mit dem Erwerb der Oberherrschaft über den Ort diese Bestrebungen zu kontrollieren und ihnen entgegenzuwirken. Dieses Interesse setzte sicherlich nicht erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts ein. Vielmehr lassen sich Beziehungen zu den Schlotheimern schon im 13. Jahrhundert beobachten, welche wohl wiederum im Wesentlichen auf die schon bestehenden dienstherrlichen und lehnsrechtlichen Bindungen aus ludowingischer Zeit zurückgehen. Darüber hinaus wurden die Wettiner 1308 erstmals im Zusammenhang mit dem Ort auch urkundlich tätig, indem sie dem dortigen Kloster ein Schutzprivileg ausstellten. Über landgräflichen Besitz in Schlotheim ist jedoch vor den 1340er Jahren nichts zu erfahren. Die Einnahmen, welche den Wettinern dann nach der Mitte des 14. Jahrhunderts aus Schlotheim zustanden, waren gering und flossen unregelmäßig. Sie entsprachen den Zinserträgen aus Tennstedt und wurden auch über die dortige landgräfliche Güterverwaltung eingezogen. Deshalb ist anzunehmen, dass sie entweder nicht unmittelbar über diesen Besitz verfügen konnten oder keinen umfangreicheren Besitz am Ort hatten.
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Neben den bisher genannten Landesherren, verfügte auch der Mainzer Erzbischof über Ansprüche an Schlotheim. Allerdings ist vollkommen unklar was genau diese umfassten und woher sie stammten. Sie könnten aus einer schon im 13. Jahrhundert bestehenden vasallitischen Beziehung zwischen den Ministerialen von Schlotheim und dem Erzbischof resultieren. Vielleicht gingen sie aber auch auf ältere mainzische Rechte an Stadt und Burg zurück, die der Erzbischof besaß, weil er als ein weiterer älterer Grundherr auch an deren Gründung beteiligt war. Ebenso gut kann es sich auch nur um unbegründete/unberechtigte mainzische Ansprüche handeln, um Besitz in der Region in die Hand zu bekommen, auf die seitens des Mainzers ansonsten kein Zugriff bestand. Letzteres könnte, wie schon im Fall Thamsbrücks, eben auch erst im Zusammenhang mit dem Kampf um die Nachfolge der Ludowinger in der Landgrafschaft, versucht worden sein. Zwar hatten die Ministerialen von Schlotheim ihre Ansprüche am Ort noch im 15. Jahrhundert nicht vollständig aufgegeben, jedoch konnten sie sich gegenüber den sich allmählich hier als schwarzburgische Vasallen festsetzenden Herren von Hopfgarten nicht mehr durchsetzen. Den Herren von Hopfgarten gelang es, ihre Herrschaft so weit zu festigen, dass sie mit Schlotheim über das Mittelalter hinaus eng verbunden blieben. Als Niederadlige traten sie in allen Belangen die Nachfolge derer von Schlotheim an, wobei das Obereigentum der Wettiner immer unangetastet blieb. Lassen sich die Herrschaftsverhältnisse bezüglich Schlotheims noch recht gut anhand der umfangreich vorhandenen Quellen feststellen, sind die Quellen über die innere Entwicklung der Stadt mehr als spärlich. Wichtig sind drei im ausgehenden Spätmittelalter aufgezeichnete Schriftstücke, von welchen eines eine Abschrift des Schlotheimer Stadtrechtes ist. Zwar gibt dieses durchaus Auskunft über die innere Verfasstheit der Stadt, aber schon seine ursprüngliche Abfassungszeit lässt sich kaum eingrenzen. Es deutet sich lediglich an, dass es etwas nach der Mitte des 14. Jahrhunderts niedergeschrieben worden sein könnte. Ein Rat als städtisches Selbstverwaltungsgremium hatte sich herausbilden können. Die Gerichtsgewalt lag aber nach wie vor beim Stadtherrn und war nicht an den Rat übergegangen. Dennoch hatte der Rat partiell das Mitspracherecht an einzelnen richterlichen Entscheidungen und ihm und somit der Stadt standen erhebliche Teile der Einnahmen aus den Strafgeldern zu. In seiner Entscheidungsgewalt bei nicht das Gericht betreffenden städtischen Angelegenheiten war der Rat dem stadtherrlichen Schultheißen wiederum gleichgestellt. Beide waren gegenüber den Einwohnern gleichermaßen weisungsberechtigt. Eine vollständige Ablösung vom landes- und somit stadtherrlichen Zugriff erfolgte demnach nicht. Der Stadtherr war weiterhin in der Lage, mittels seines Schultheißen lenkend in die inneren Angelegenheiten der Stadt einzugreifen. Auch die Organisation der städtischen Verteidigung scheint nicht vollständig in
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die Hand der Bürger übergegangen zu sein, sondern konnte gleichermaßen vom Schultheißen und vom Rat organisiert werden. Über die Ratswahlmodalitäten und die Zusammensetzung des Rates gibt das Stadtrecht keine genauere Auskunft. Lediglich ist wegen der geringen Größe und Einwohnerzahl Schlotheims vorstellbar, dass eine Neuwahl des ruhenden oder des alten Rates durch den amtierenden Rat durchgeführt worden ist beziehungsweise die Ratsmitglieder aus einem engen Kreis von ratsfähigen Familien erwählt wurden. Der Rat wiederum könnte aus insgesamt acht Mittgliedern bestanden haben, aus welchen sich wiederum zwei Rats- beziehungsweise Bürgermeister und zwei Kämmerer rekrutierten. Wann genau eine Ratsverfassung in Schlotheim eingeführt worden ist, lässt sich nicht sicher ermitteln. Ein Rat muss aber spätestens zur Abfassungszeit des Stadtrechtes vorhanden gewesen sein. Auch bezüglich der Wirtschaftsgeschichte der Stadt sind die Quellen recht spärlich. Außer den Angaben im Stadtrecht gibt nur noch ein recht spät, am Übergang vom 15. zum 16. Jahrhundert, abgefasstes Schriftstück Auskunft über die wirtschaftliche Verfassung der Stadt. Immerhin überliefert es, dass in Schlotheim sowohl ein Jahrmarkt als auch Wochenmärkte abgehalten worden sind. Maßgebliche Exportgüter könnten neben Waid auch Flachs beziehungsweise daraus hergestellte Leinentuche gewesen sein. Auch das Wolltuch spielte in der Schlotheimer Wirtschaft eine wohl nicht unerhebliche Rolle, zumal die Wollweberinnung auch als einzige Handwerksinnung im Stadtrecht namentlich genannt wird. Des Weiteren kam wohl auch der Getreideproduktion einige Bedeutung zu. Darüber hinaus wurde möglicherweise auch mit Pferden gehandelt. Über das wirtschaftliche Potential des Ortes selbst lassen sich letztendlich kaum sichere Aussagen treffen. Immerhin ist wohl zumindest im Zusammenhang mit der Stadtgründung auch eine Münze eingerichtet worden. Diese dürfte aber recht schnell wieder eingegangen sein. Auch über die Anwesenheit von Juden als Kapitalgeber ist nichts bekannt. Zwar trifft das Stadtrecht Regelungen bezüglich des Zusammenlebens von christlichen und jüdischen Einwohnern. Ob diese jedoch für ansässige Juden gedacht waren oder nur die eventuelle Niederlassung jüdischer Siedler absicherten, ist nicht zu sagen. Dennoch verweist gerade das Stadtrecht grundsätzlich darauf, dass Schlotheim wohl trotz seiner geringen Größe über ein gewisses wirtschaftliches Potential verfügte und sich auch die Bürgergemeinde in einigen Bereichen vom Stadtherrn emanzipieren konnte, auch wenn eine vollständige Selbstständigkeit nie erreicht worden ist. Spätestens im 15. Jahrhundert hatte sich eine selbstbewusste Bürgergemeinde entwickelt, welche wiederum auch nicht die Auseinandersetzung mit dem Stadtherrn scheute. Gleichfalls im 15. Jahrhundert lassen sich dann erstmals Bürger, welche Rechtsgeschäfte tätigen, namentlich fassen. Ebenso deutet der doch recht großzügig angelegte Marktplatz darauf, dass wenigstens bei der Stadtanlage wirtschaftliche Aspekte eine nicht unbedeutende Rolle spielten und eine
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günstige wirtschaftliche Entwicklung wenigstens seitens der Stadtgründer ins Auge gefasst worden ist. Das Magdalenerinnenkloster zu Schlotheim muss sehr schnell nach seiner Gründung innerhalb des Ordens einige Bedeutung erlangt haben. Es entwickelte eine gewisse Anziehungskraft für die in der Region ansässige Adels- und Ministerialengeschlechter. Das Kloster selbst gelangte zunächst zu einigem Wohlstand, was dazu führte, dass es mittels Kauf umfangreichen Besitz in der Region erwarb. Seit der Inkorporation der Schlotheimer Stadtkirche war das Weißfrauenkloster dann auch maßgeblich für die städtische Seelsorge zuständig. Ab den 1360er Jahren scheint es von der allgemeine Krise der Klöster in den deutschen Gebieten erfasst worden zu sein. In den folgenden Jahren führten aber sicherlich auch die allgemeinen Ereignisse in der Landgrafschaft zu einer Schmälerung des Klostergutes. Eine Entschärfung der Situation trat erst wieder am Ende des 14. Jahrhunderts im unmittelbaren zeitlichen Umfeld des Ansässigwerdens der Herren von Hopfgarten in der Stadt ein, welche wohl in diesem Zusammenhang auch die Schutzvogtei über das Kloster ausübten. Des Weiteren existierte vor den Mauern der Stadt ein Hospital. Allerdings lassen sich weder die Gründungszeit noch die Gründungszusammenhänge genauer erkennen. Auch wer das Hospital gründete, ist letztendlich unsicher. Es wird lediglich deutlich, dass es durch die Schwestern des Schlotheimer Klosters betreut und ursprünglich von der Schlotheimer Bürgerschaft verwaltet worden ist sowie spätestens im frühen 16. Jahrhundert im Besitz der Weißfrauen zu Schlotheim war. Bei Schlotheim handelt es sich um eine vollständig geplante Zweitorstadt, deren Ausrichtung weitgehend symmetrisch ist. Wo es Abweichungen davon gibt, sind diese dem natürlichen Geländeverlauf oder schon bestehenden älteren Siedlungselementen geschuldet. Die Stadt und die Herrenburg wiederum scheinen eine Einheit gebildet zu haben, wobei die Stadt die Burg als Vorburg zusätzlich schützte. Ab wann eine steinerne Befestigung die Stadt umgab, ist nicht sicher auszumachen; dass eine solche bereits kurz nach der Stadtgründung errichtet worden ist, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Des Weiteren ergaben sich Hinweise auf die Entstehung einer bereits mittelalterlichen Vorstadt, welche aber offensichtlich im Mittelalter keine Rechtsstadt mehr wurde. Vielmehr ist diese Vorstadt erst im 19. Jahrhundert mit der Schlotheimer Alt- und damit Rechtsstadt vereinigt worden.
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4. Langensalza1 4.1 Forschungsstand und Quellenlage Die erste umfangreiche Arbeit zur Geschichte der Stadt Langensalza ist die durch Carl Friedrich Göschel bearbeitete und zwischen 1818 und 1846 erschienene fünfbändige Chronik der Stadt Langensalza.2 Erneut herausgegeben wurde die Chronik im Rahmen der Zeitschrift „Aus dem Unstruttale“ in den Jahren 1905 bis 1906. Bei dieser Neuausgabe wurden auch die Bände neu aufgegliedert und die Chronik erschien jetzt in acht Bänden, von denen immer zwei gleichzeitig veröffentlicht worden sind. Hierbei widmen sich aber nur die ersten drei Bände der mittelalterlichen Geschichte Langensalzas.3 Ein Reprint der ursprünglichen Ausgabe erschien dann zwischen 2001 und 2007 in zwei Auflagen.4 Wertvoll ist die Zusammenstellung Göschels vor allem deshalb, weil er in seiner Chronik eine Fülle von Langensalza betreffenden Urkunden im Volltext abdruckt und so zugänglich macht, ohne allerdings ihre Herkunft anzugeben. Die nächste Untersuchung zur Langensalzaer Stadtgeschichte ist die Arbeit von Hermann und Gustav Schütz aus dem Jahr 1900, welche jedoch in weiten Teilen lediglich Göschel wiedergibt, ihn an einigen Stellen aber auch zu berichtigen versucht.5 In der 1929 eingereichten und in Teilen 1936 gedruckten Dissertation Werner Schnellenkamps findet sich eine weitere Bearbeitung der mittelalterlichen Geschichte Langensalzas, welche sich in vielen Teilen auf Göschel und Schütz bezieht, sich mit ihnen aber auch kritisch auseinandersetzt und Quellen zum Teil noch einmal neu bespricht. Darüber hinaus benennt Schnellenkamp weitere, bei Göschel nicht berücksichtigte Quellen und gibt ihren Aufbewahrungsort an.6 Die neueste Untersuchung der mittelalterlichen Stadtgeschichte erfolgte durch Christine Müller im Rahmen ihrer 2003 erschienenen Dissertation über die landgräflichen Städte in Thüringen. Wegen der Schwerpunktsetzung ihrer Arbeit auf die Zeit der ludowingischen Landgrafen geht sie jedoch selten über die 1
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Bad Langensalza wird in der Folge immer ohne Bad genannt. Diesen Namenszusatz erhielt die Stadt erst 1956. Vgl. Homepage der Stadt Bad Langensalza URL: http://badlangensalza.de/die-stadt/stadtportrait/stadtgeschichte/ [21.12.1207]. GÖSCHEL: Chronik, Bd. 1-5, Langensalza 1818-1846. GÖSCHEL: Chronik, Bd. 1-8 (Aus dem Unstruttale, Heft 20f.), Langensalza 1905f. GÖSCHEL: Chronik, Bd. 1-5, Reprint der Ausgabe von 1818-1846, Bad Langensalza 22001-2007. Zitiert wird in der Folge nach der Ausgabe von 1905. SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik der Stadt Langensalza, Reprint der Ausg. von 1900, Langensalza 1990. SCHNELLENKAMP: Langensalza.
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hochmittelalterlichen Verhältnisse hinaus und untersucht deshalb einzelne Aspekte überhaupt nicht.7 Wertvoll ist die Arbeit aber vor allem im Hinblick auf die Frage der Stadterhebung. Erneut zur Stadterhebung äußerte sie sich dann in einem 2013 im 3. Band der Langensalzaer Museumshefte erschienenen Aufsatz.8 Die Quellenlage für Langensalza ist ausgesprochen gut. Zwar ist für die Frühgeschichte die Überlieferung eher spärlich, jedoch finden sich bereits für das Hochmittelalter erstaunlich viele Quellen, welche einen guten Einblick in die Verhältnisse des Ortes geben. Allerdings ist auffällig, dass vor allem für die Zeit zwischen den 1220er Jahren und 1268 die Quellen nahezu versiegen.9 Zahlreich sind die Urkunden aus dem Spätmittelalter. Darüber hinaus befinden sich im Stadtarchiv der Stadt Langensalza die Rechnungsbücher des Rates, welche ab 1377 mit einigen Lücken für das gesamte Spätmittelalter erhalten sind.10 Eine vollständige Bearbeitung dieses, bis zum Ausgang des Mittelalters mehr als 1000 beidseitig beschriebene Blätter umfassenden Bestandes kann jedoch nicht geleistet werden. Mit dem von Albert Wenzel bearbeiteten Urkundenbuch der Stadt Langensalza gibt es darüber hinaus eine Edition für die Ortsgeschichte wichtiger Urkunden. Allerdings wurde lediglich der erste Band herausgegeben, welcher Urkunden bis zum Jahr 1212 berücksichtigt, während der zweite nur als unfertiges Manuskript im Stadtarchiv Langensalza vorliegt. Damit liegt eine für die Orts- und Stadtgeschichte grundlegende Quellenzusammenstellung demnach lediglich bis zum Jahr 1212 vor. Darüber hinaus werden viele der Urkunden aber nur in Regesten oder in Auszügen mittgeteilt.11 Bis zum Jahr 1281 liefern vor allem die Regesten Otto Dobeneckers erste Anhaltspunkte für die Stadtgeschichte wichtiger Quellen und deren Aufbewahrungsorte.12 Wenigstens teilweise schließen die nach 1281 klaffende Lücke die Regesten der Herren von Salza, welche eine Sammlung aller Quellen zum weitverzweigten Geschlecht der Herren von Salza über das Mittelalter hinaus ist. Zwar werden die Quellen meist nur in kurzen Regesten wiedergegeben, allerdings sind häufig der Aufbewahrungsort und weitere Hinweise zu den Quellen angegeben. Wegen der Erscheinung der Regestensammlung in der Mitte des 19. Jahrhunderts stimmte der Aufbewahrungsort jedoch nicht unbedingt immer mit dem heutigen überein. Die Angaben sind aber häufig ein erster hilfreicher Hinweis, um die
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 155-186. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 7-44. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 168. StadtA Bad Langensalza R II, 1-18. Vgl. hierzu auch: BIRGELEN: Stadtrechnungen, S. 88. UB Langensalza. Dob Bd. I-IV.
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Quellen aufzufinden. 13 Für die Zeit zwischen 1381 und 1427 teilen auch die Bände der Reihe I B des „Codex diplomaticus Saxoniae regiae“ eine Vielzahl für die Stadtgeschichte wichtiger spätmittelalterlicher Quellen mit. Für das Hochmittelalter liefert die Reihe I A des Codex häufig eine wertvolle Ergänzung zu den oft knappen Regesten bei Otto Dobenecker.14 In den Regesten der Erzbischöfe von Mainz sind die die Stadt beziehungsweise die Ministerialen von Salza betreffenden mainzischen Quellen aus der Zeit zwischen 1289 und 1374 als Regesten enthalten. Diese Regesten sind wenigstens teilweise geeignet, die Lücke zwischen der Regesten Dobeneckers sowie der Reihe I A und der Reihe I B des Codex diplomaticus Saxoniae zu schließen.15 Ein paar wenige Urkunden finden sich in Regestenform auch in den von Cornelius Will bearbeiteten Regesta archiepiscoporum Maguntinensium. 16 Die archivalischen Quellen des Hauptstaatsarchivs Dresden für den Zeitraum 1349-1382 sind bei Eckart Leisering besprochen. Darüber hinaus macht er auch wertvolle Angaben über Quellen aus dem Stadtarchiv Langensalza.17 Vor allem im Rahmen der Datenbank zu den Mainzer Ingrossaturbüchern, welche die Regesten der Erzbischöfe von Mainz fortsetzen und jetzt auch die Quellen des Mainzer Erzstiftes nach 1374 erfassen, fanden sich weitere Verweise auf für die Stadtgeschichte wichtige Quellen. Bei einer gezielten Suche mit dem Stichwort Langensalza ergaben sich für den Zeitraum zwischen 1374 und 1394 immerhin 134 Einträge.18 Ein nicht unerheblicher Teil bezieht sich dabei auf Einträge in den Langensalzaer Stadtrechnungsbüchern aus den Jahren 1377 bis 1382. Schon bei der ersten Sichtung der entsprechenden Quellenverweise fiel jedoch auf, dass die Angabe der Rechnungsbücher, aus denen der jeweilige Regesteneintrag stammte, unvollständig ist. Zwar stimmt die Bestandssignatur, jedoch fehlt durchgängig die Nummer des jeweiligen Rechnungsbuches. Auch ist nicht immer angegeben, ob der entsprechende Eintrag auf dem jeweiligen Blatt auf der Vorderoder Rückseite steht. Deshalb wurde anhand der Blatt- und der Jahresangaben zu den Regesten in der Datenbank jeder im Folgenden benutzte Eintrag am Original überprüft. Aus diesem Grund werden in der Folge nur die Signaturen des Langensalzaer Archivbestandes und das jeweilige Blatt angegeben. In diesem Zusammenhang stellte sich außerdem heraus, dass einige der den Regesten zugrunde liegenden Einträge an entsprechender Stelle nicht aufzufinden waren. 13 14 15 16 17 18
Regesten Salza, Leipzig 1853. Codex diplomaticus Saxoniae regiae, I A1-3 u. B 1-4. Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396. Regesta archiepiscoporum Maguntinensium I u. II. LEISERING: Herrschaftsgebiete. Vgl. Datenbank der Mainzer Ingrossantbücher; Stichwortsuche: Langensalza. URL: http://www.ingrossaturbuecher.de (21.01.2014.)
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4.2 Geographische und verkehrsgeographische Lage – der Ortsname Die Stadt Langensalza liegt am Ostrand des Hainichs an einer Stelle, an der sich das Tal der Salza zum Unstruttal hin öffnet.19 Neben der Salza, welche westlich von Langensalza entspringt, führen auch eine Fülle von weiteren Bächen und Nebenläufen der Salza Wasser in das Tal und von dort aus zur nördlich und östlich fließenden Unstrut. Von verkehrsgeographischer Bedeutung für den Ort sind sicherlich die Flussübergänge über die Unstrut bei Merxleben und Thamsbrück. Neben diesen dürften auch die hier vorhandenen Übergänge über die Salza die Entwicklung der Siedlung erheblich gefördert haben. Darüber hinaus trafen in Langensalza eine größere Zahl von Fernverkehrswegen aufeinander, so dass der Ort an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt lag. So kreuzten sich hier Straßen aus Eisenach, Mühlhausen und Gotha. Darüber hinaus führten über Thamsbrück und Merxleben weitere Straßen nach Norden und Nordosten.20 Die Straße aus Eisenach ist eine der ältesten Trassen, welche von Eisenach über Wolfsbehringen, Reichenbach, das heutige Hardthaus nach Grumbach und über Ufhoven nach Langensalza führte. Eine weitere Straße kam aus der Vogtei bei Mühlhausen über Zimmern nach Langensalza.21 Eine weitere aus Gotha kommende Straße passierte Warza, Westhausen und folgte damit im Wesentlichen der heutigen Bundesstraße 247.22 Ein ebenfalls wichtiger und alter Verkehrsweg führte von Erfurt über die FahnerOrte nach Gräfentonna und von hier aus durch das spätere Erfurter Tor in die Stadt. Dieser verließ die Stadt dann wieder durch das Innere und Äußere Mühlhäuser Tor weiter über Schönstedt nach Mühlhausen. Unmittelbar vor dem Mühlhäuser Tor zweigte noch ein Weg nach Thamsbrück ab, welcher dann bei Thamsbrück ebenfalls nach Mühlhausen abknickte beziehungsweise in einem weiteren Zweig von hier aus weiter nach Norden und Osten verlief.23 Die frühste Schreibweise des Ortsnamens ist Salzaha oder Salzacha.24 Ihren Namen erhielt die Siedlung vom dem Flüsschen Salza, was „salziges Wasser“ be-
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SCHICK: Die natürlichen Grundlagen, S. 57. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 32. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 5. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt Topographische Aufnahme von 1854, Reprint Thüringer Landesvermessungsamt, Nr. 4829f. u. 4929f. EBERHARDT: Altstraßen zwischen Eisenach – Gotha, S. 34-45. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 5. EBERHARDT: Altstraßen zwischen Eisenach – Gotha, S. 86-101. EBERHARDT: Altstraßen zwischen Eisenach – Gotha, S. 103-116. NIEMANN: Alte Heerund Handelsstraßen, S. 20 u. 31. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 5. Vgl. unten.
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deutet. Dieses Gewässer trägt noch heute den Namen Salza und fließt mit mehreren Nebenarmen durch die Ortslage und somit wird der Ort als am salzführenden Wasser gelegen bezeichnet.25 Salz dürfte demzufolge bei der Entstehung und Entwicklung der Siedlung eine gewisse Rolle gespielt haben. Die auf -aha endenden Ortsnamen zählen zur ältesten Namensschicht und gehören in ihrer Entstehung noch in die Zeit vor dem Thüringer Königreich. Deshalb dürfte Langensalza als Siedlung ein erhebliches Alter aufweisen.26 Das Vorhandensein von Salz, welches mittels Sieden gewonnen werden konnte, ließ möglicherweise schon recht früh an dieser Stelle eine Siedlung entstehen. Im heutigen Stadtgebiet lassen sich insgesamt drei ur- und frühgeschichtliche Siedlungen nachweisen und ein bronzezeitliches Gräberfeld befand sich auf dem Bergsporn nördlich der Stadt, auf dem dann später das Kloster Homburg gestiftet werden sollte. Auffällig ist jedoch, dass innerhalb der mittelalterlichen Stadt keine vorgeschichtlichen Siedlungsspuren nachweisbar sind. Ob dies mit einer fehlenden Besiedlung zusammenhängt oder aber die seit Jahrhunderten dichte Bebauung alle dahingehenden Spuren überdeckte oder beseitigte, ist bisher nicht zu ermitteln.27 Der Ortsname besteht jedoch aus zwei Teilen. Dem wohl älteren Namensteil Salzaha beziehungsweise Salzacha ist noch der Zusatz Langen- vorangestellt. Nach bisherigem Forschungsstand ist dieser Zusatz erstmals für 1579 belegt und unterscheidet seit dieser Zeit Langensalza von gleichnamigen Orten, wie etwa die Salza-Orte bei Nordhausen.28 Der Zusatz ist jedoch wesentlich älter, als bisher von der Forschung herausgearbeitet worden ist. In einer Urkunde aus dem Jahr 1160 schenkte der hersfeldische Ministeriale Adalbert bei seinem Übertritt in das Kloster Hersfeld unter anderem Besitz in Langensalzaha an die Reichsabtei Hersfeld.29 Ob dieser Zusatz als Unterscheidung von anderen Salza-Orten dem ursprünglichen Ortsnamen vorangestellt worden ist oder er schon von Anfang an zum Namen gehörte lässt sich nicht ermitteln. Das althochdeutsche und auch mittelhochdeutsche lang bedeutet sowohl „lang“ als „langestreckt“ beziehungsweise „sich ausstrecken an“.30 Wahrscheinlich sind zwei Deutungen: 1.) Der, Ortsname 25 26 27 28 29 30
EICHLER/WALTHER: Städtenamenbuch, S. 158f. BACH: Ortsnamen, 2,1 §§ 188-190, 292, S. 154-156, 268. Vgl. auch: UDOLPH: Namenkundliche Studien, S. 299f. BACH: Ortsnamen, 2,1 §§ 188-190, S. 154-156. UDOLPH: Namenkundliche Studien, S. 299f. Vgl. WALTER: Vorgeschichte, S. 9-11. Zuletzt mit ausführlicher Angabe der bisherigen Forschungsliteratur: LEX: Ortsnamen, S. 49. HStA Marburg, Urk. 56, Nr. 2343. Digitalisat unter: URL: https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction.–action?detailid=v1778386&icomefrom=search [23.10.2017].) SCHÜTZEICHEL: Althochdeutsches Wörterbuch, S. 203.
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Langensalza bedeutet: „Längs der Salza gelegen“. 2.) Da die Salza in der Ortslage mehrere Nebenarme hat, ist auch eine Deutung als: „An der langen Salza gelegen“ möglich. Ersteres dürfte jedoch insofern wahrscheinlich sein, da sich die Siedlung von den oberen Höfen im Westen (heute Ufhoven) über den mittleren Teil mit mehreren Siedlungskernen (spätere Stadt) bis zu den Niederhöfen im Nordosten auf einer Länge von 2,5 Kilometern erstreckte.31
4.3 Die Besitzgeschichte vom Früh- bis ins Hochmittelalter 4.3.1 Das Frühmittelalter: das Erzstift Fulda und die Reichsabtei Hersfeld Schwierigkeiten hinsichtlich der Zuordnung von Urkunden und anderen Quellen zu Langensalza und damit der Aufhellung der Frühgeschichte des Ortes ergeben sich vor allem aus dem Umstand, dass auch andere Orte in Thüringen den Namen Salza tragen. So werden mit Salza, Salzaha oder Salzacha in den Quellen sowohl das heutige Langensalza als auch die bei Nordhausen liegenden Orte Obersalza und Nieder- beziehungsweise Untersalza bezeichnet.32 Die frühste Erwähnung eines Salza-Ortes geschieht im Zusammenhang mit dem Kloster Hersfeld. Am 15. September 802 bestätigt Karl der Große die Schenkung eines Maginfred an das Koster Hersfeld.33 Auf diesen Besitz bezieht sich dann möglicherweise auch der Eintrag im Brevarium Lulli, in welchem der frühe Besitz des Klosters aus der Zeit des Klostergründers und Mainzer Erzbischofs Lullus verzeichnet ist.34 In diesem werden in Salzaha hubas II, mansus II als zum Kloster gehörig genannt.35 Grundsätzlich spricht erst einmal nichts dagegen, das hier genannte Salza mit Langensalza zu identifizieren. So liegt auch das eben-
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Vgl. dazu die folgenden Kapitel. Gemessen mit: Geoproxy Thüringen: URL: (http://www.geoproxy.geoportal-th.de (23.10.2017). Vgl. Register in: Dob I, S. 425. …, eo quod Maginfredus quondam servus noster aliquae res infra Thoringiam, id est in pago Helmgauve in villa nuncupante Salzaha nec non et in alio pago qui vocatur Altgauve in villa quae dicitur Corneri, una cum terris, domibus, aedificiis accolabus, mancipiis, silvis, campis, pratia, pascuis, aquis, aquarumque, decursibus, iuste et rationabiliter adquisset et ad monasterium cuius vocabulum est Heroluesfeld[…] (DD K. d. Gr., Nr. 198, S. 267.) Außerdem: UB Hersfeld 1, Nr. 22 u. 23. Brevarium sancti Lulli, S. 24, Z. 2. UB Hersfeld 1, Nr. 38, Abschnitt 2, S. 72, Z. 38. Zu den Zusammenhängen von Urkunde und Brevarium Lulli vgl. UB Hersfeld 1, S. 69. Vgl. hierzu auch Anmerkung zu UB Hersfeld 1, Nr. 22.
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falls in der Schenkung von 802 genannte Körner nur einige Kilometer nordwestlich von Langensalza. Doch lokalisiert diese Urkunde beide Orte in unterschiedlichen Gauen. Während Salza als im Helmegau gelegen bezeichnet wird,36 liegt Körner in alio pago qui vocatur Altgauve.37 Damit ist das hier genannte Salza nicht Langensalza. So liegt der Altgau zwischen Unstrut und Helbe, und der Helmegau schloss sich nördlich an diesen an und erstreckte sich zwischen den Helbequellen im Dün und der westlichen Hainleite und der Mündung der Helme in die Unstrut.38 Das heutige Langensalza liegt südlich der Unstrut und somit in keinem der beiden Gaue. Vielmehr gehört es in den Westgau.39 Da das erwähnte Salza im Helmegau verortet wird, dürfte es sich vielmehr um einen der beiden Salza-Orte bei Nordhausen handeln und sollte sich das Brevarium Lulli tatsächlich auf diese Schenkung beziehen, hätte dieses zur Folge, dass auch das hier genannte Salza bei Nordhausen zu suchen ist. 40 Thomas Franke sieht in dem im Breviarium Lulli erwähnten Salzaha jedoch sehr wohl das heutige Langensalza. Gleichzeitig weist er aber darauf hin, dass es sich bei dem in der Schenkung von 802 erwähnte Salza um das bei Nordhausen handelt.41 Zusammenfassend ist damit die von Werner Schnellenkamp für das Jahr 802 vorgeschlagene Ersterwähnung Langensalzas42 kaum zutreffend.43 Im Zehntverzeichnis des Klosters Hersfeld aus dem letzten Viertel des 9. Jahrhunderts wird im 3. Abschnitt ein Salzacha genannt, welches als in potestate caesaris und damit als in königlicher Hand befindlich bezeichnet wird. 44 Dobenecker spricht sich dafür aus, dass es sich um das heutige Langensalza handelt.45 Sollte dieses tatsächlich der Fall sein, hätte es zur Folge, dass der Ort zu diesem Zeitpunkt in königlicher Hand war. Der Ort selbst könnte dann, da Heinrich I. ein Salzaha im Jahr 932 an das Kloster Hersfeld zurücktauschte,46 bis in die 30er Jahre des 10. Jahrhundert in königlichem Besitz geblieben sein. Die ebenfalls in dieser Urkunde genannten Orte Tennstedt, Dorla und Görmar verweisen in den weiteren Raum um Langensalza und nicht in die Nordhäuser Region. Außerdem wer-
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…id est in pago Helmgauve in villa nuncupante Salzaha. (MGH DD K. d. Gr., Nr. 198, S. 267.) DD K. d. Gr., Nr. 198, S. 267. PATZE: Landesherrschaft, S. 16f. HESSLER: Mitteldeutsche Gaue, S. 125.Vgl. auch: Karte in: HESSLER: Mitteldeutsche Gaue, Umschlagseiten hinten. HESSLER: Mitteldeutsche Gaue, S. 154. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 17 u. 54. Brevarium sancti Lulli, S. 43, Anm. 47. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 10. Vgl. hierzu: EICHLER/WALTHER: Städtenamenbuch, S. 158. UB Hersfeld 1, Nr. 37, S. 67, Z. 27-29. Dob I, Nr. 287. DD H. I., Nr. 32.
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den alle angeführten Orte in pagis Altgeuve et Westgeuve nominatis in comitatibus Meginvvarchi et Sigfridi lokalisiert. 47 Damit scheiden die im Helmegau liegende Orte Ober- und Nieder-/Untersalza bei Nordhausen aus und es scheint hier tatsächlich das heutige Langensalza gemeint zu sein.48 Somit könnte deshalb auch das Salza des Hersfelder Zehntverzeichnisses mit dem heutigen Langensalza identisch sein. Christine Müller verweist wiederum darauf, dass die im Zehntverzeichnis in einer Reihe mit dem hier erwähnten Salzacha genannten Orte alle weiter östlich liegen und deshalb eher unsicher sei, ob es sich hier tatsächlich um Langensalza handelt. Gleichzeitig räumt sie aber ein, dass das ebenfalls genannte Biscofestat, welches nach einer jüngeren Urkunde durchaus im Altgau gelegen haben könnte,49 in den Raum Langensalza weist.50 Des Weiteren scheint es sich bei dem ebenfalls hier aufgezählten Midilhusa doch um Mittelhausen bei Erfurt zu handeln. In diesem Fall wäre ein weiterer Ort identifiziert, welcher zwar nicht in der unmittelbaren Umgebung Langensalzas, aber auch nicht so weit östlich wie die anderen Orte lag.51 Vorstellbar ist somit durchaus, die hier genannten Orte bilden keine geographische Einheit, sondern verstreuen sich über das gesamte Thüringer Becken. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass mit dem im Zehntverzeichnis genannten Salzacha das heutige Langensalza gemeint ist. Auch eine Urkunde aus der Zeit zwischen 1047 und 1050 bereitet Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage, welches Salza gemeint sein könnte. Von der Urkunde gibt es zwei Ausfertigungen. In den Urkunden schenkt der edle Gunther aus seinem und seines Neffen Erbgut zehn Mansen in Salzaha und Ottinscvoha (Octinsvoha) an den hersfeldischen Ritter Lamprecht und an seinen eigenen Vasallen Rudolf. Im Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld sind beide Ausfertigungen unter den Nummern 96 und 97 abgedruckt. Die Ausfertigung der Urkunde erfolgte wohl zwischen 1047-1050, vielleicht 1050 und somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Schenker Gunther bereits nicht mehr lebte.52 Bei dem edlen Gunther handelt es sich um den Eremiten Gunther, welcher Schüler des Abtes Godehard war und welcher 1006 das Mönchsgelübde ablegte. Damit muss die Schenkung aus Nr. 96 und 97 vor 1006 stattgefunden haben. Beide Ausfertigungen sind demnach jünger als die Schenkung an sich und Nr. 97 könnte noch einmal zu einem 47 48 49 50 51
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DD H. I., Nr. 32, S. 67, Z. 19-26. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 74. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 183. DD O. I., Nr. 223. Dob I, Nr. 410. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 159, mit Anm. 27. Dobenecker identifiziert Midelhusa mit dem Mittelhausen östlich von Sangerhausen. (Dob I, Nr. 287, Anm. 109.) Zur Identifizierung der Orte vgl. Anm. zu Dob I, Nr. 287. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 159, Anm. 27. UB Hersfeld 1, Nr. 96/97. Vgl. Bemerkungen zu: UB Hersfeld 1, Nr. 96/97, S. 174-176.
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etwas späteren Zeitpunkt von Nr. 96 abgeschrieben worden sein und wurde teilweise verändert.53 Erschwert wird die Identifizierung des Salza-Ortes hier zusätzlich durch den zweiten nur schwer einzuordnenden Ortsnamen. Wobei sich die Schreibweisen auch noch einmal bei beiden Fassungen unterscheiden. So heißt es in Nr. 96: in Salzaha, Ottinscvoha und in Nr. 97: Salzaha, Octinsvoha. Die Forschung dachte bei diesem Ort an die Wüstung Ottenhausen bei Römhild oder an Ottenhausen zwischen Greußen und Weißensee. Karl Meyer hielt es für Wutha, und Hermann Gutbier wies dann darauf hin, dass es sich um eine Verderbtheit des Namens Offinhova (Ufhoven westlich von Langensalza) handeln könnte. Sollte letztere Variante tatsächlich zutreffen, wäre mit einiger Wahrscheinlichkeit das gleichfalls erwähnte Salza mit Langensalza zu identifizieren.54 Tatsächlich lässt sich in Ufhoven bis ins Spätmittelalter hersfeldischer Besitz nachweisen. Ebenso verweist das Wigberti-Patrozinium der Pfarrkirche auf eine hersfeldische Gründung, und das Patronatsrecht lag bei der Reichsabtei. So schenkte der Abt von Hersfeld 1296 dem Dekan, Propst und Konvent zur Verbesserung ihrer Einkünfte unter anderem das Patronatsrecht der Kirche St. Wigberti in Salza.55 Da in Langensalza selbst keine Wigbertikirche vorhanden war, kann es sich hierbei nur um die dem St. Wigbert geweihte Ufhovener Kirche handeln. Noch im Spätmittelalter war die Kirche in Ufhoven eng an das Kloster gebunden,56 und bis ins Jahr 1402 besaßen die Äbte von Hersfeld die Lehnsherrschaft über die Burg in Ufhoven.57 53 54
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Vgl. Bemerkungen zu: UB Hersfeld 1, Nr. 77, S. 146f., Nr. 96/97, S. 174f. Vgl. Bemerkungen zu: UB Hersfeld 1, Nr. 96/97, S. 175. Vgl. Anm. zu: Dob I, Nr. 793. UB Bad Langensalza; Nr. 50, Anm. 4, S. 38. Gutbier äußert dieses in einer schriftlichen Mitteilung an Carl Lerp, welche Letzterer dann abdruckt in: LERP: Vogtei, S. 26f. Vgl. auch: UB Bad Langensalza; Nr. 50, Anm. 4, S. 38. Zum hersf. Besitz: Urkunde vom 8. Mai 1362. (HStA Marburg Urk. 56, Nr. 441.) WUNDER: Wigberttradition, S. 169. Patronatsrecht: HStA Marburg Urk. 56, Nr. 149f. Zum Patronat vgl. HAFNER: Die kirchlichen Beziehungen, S. 124. 1392 versprach Johann Helmbolt, Pfarrer in Ufhoven, eine jährliche Korngülte an das Kloster Hersfeld zu entrichten. (HStA Marburg Urk. 56, Nr. 640.) Im Jahr 1404 kann die freigewordene Pfarrstelle in villa Ofhofen prope Saltza nicht ohne Mitwirkung des Klosters neu besetzt werden. Auch gibt die Urkunde Auskunft darüber, dass die zur Pfarrei gehörigen Güter offensichtlich in hersfeldischem Besitz waren. (HStA Marburg Urk. 56, Nr. 713.) Am 4. April 1460 wird Heinrich Winter von Hersfeld durch den Abt von Hersfeld für die vakante Pfarrstelle in Ufhoven präsentiert und am 21. April durch diesen bestätigt. Die Investitur erfolgt dann am 14. Oktober 1464 durch den Abt Ludwig von Hersfeld. (HStA Marburg Urk. 56, Nr. 1072f. u. 1083.) In diesem Jahr verkauften sie die Lehnsrechte an dem Schloss an die Landgrafen Friedrich und Balthasar. Bereits 1346 hatten die Herren von Salza versucht, die Burg den Landgrafen als Lehen aufzutragen. (Regesten der Herren von Salza, Nr. 221 u. 305f.)
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Inwiefern die oben genannte Urkunde jedoch tatsächlich auf Ufhoven bei Langensalza zu beziehen ist, kann nicht abschließend geklärt werden, zumal der Ort im Früh- und Hochmittelalter ansonsten nicht als Ufhoven erscheint, sondern zur weitläufigen Siedlung Salza gezählt und auch mit diesem Namen benannt wird. Nach der möglichen Erwähnung des Namens Ufhoven zwischen 1047 und 1050 wird dieser Ort erst wieder 1342 in einer Urkunde des Erzbischofs von Mainz so bezeichnet.58 Auffällig ist aber der Dorsalvermerk auf beiden Ausfertigungen. So heißt es bei Nr. 96, geschrieben von einer Hand des 14. Jahrhunderts: Traditio X mansorum ab iugenuo viro Gunthero in Salzaha. Fortgesetzt von einer Hand des 16. Jahrhunderts mit: item in Ordorff Wechmar et Collidenn. Nr. 97 von einer Hand des 11. Jahrhunderts: De pacto Meginheri abbatis et Guntarii advocati sui, fortgesetzt von einer Hand des 16. Jahrhunderts: Traditio certorum mansorum in Saltza, item super advocatiis in Ordorff, Wechmar, Colleden et ceteris. 59 Bei beiden Ausfertigungen wird lediglich Salza genannt, während der zweite Ortsname überhaupt nicht erwähnt wird. Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. So wäre möglich: Ottinscvoha und Octinsvoha mussten nicht mitgenannt werden, weil bekannt war, dass es sich um einen Teil der Salza Siedlung handelte. Schwierigkeiten ergeben sich aber daraus, dass die Salza enthaltenden Teile der Dorsalvermerke erst im 16. Jahrhundert ergänzt worden sind. Möglich ist deshalb auch: Schon in dieser Zeit war nicht mehr bekannt, um welchen Ort es sich handelte und er wurde deshalb einfach weggelassen. Es muss demnach unsicher bleiben, ob es sich bei den genannten Orten um Langensalza und Ufhoven handelt. Erneut im Zusammenhang mit Hersfeld wird ein Salza 1160 genannt. Beim Übertritt in den geistlichen Stand schenkte ein hersfeldischer Ministeriale dem Kloster Besitz in Denistede posita reddunt XXX solidos et Cimmere mansus unus reddit XII solidos und außerdem bona etiam hereditatis eius scilicet duos mansos in Bacheleibun reddentes 12 solidos […] atque Langensalzaha mansum unum 8 Solidos redentem.60 Indem hier ausdrücklich Langensalzaha genannt wird, kann es sich nicht um einen der Salza- Orte bei Nordhausen, sondern nur um Langensalza handeln. Auch verweisen sowohl das im ersten Teil genannte Tennstedt als auch der Ort Zimmern eher in den Raum Langensalza als in die Nordhäuser Region. Das als Erbgut bezeichnete Backleben liegt westlich der Finne am äußersten nordöstlichen Rand des Thüringer Beckens. Alle Orte sind somit nicht in einen direkten Bezug zum Nordhäuser Raum zu bringen. Ebenfalls auf Langensalza dürfte sich ein Vergleich zwischen
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Als Regest in: Analecta Saxoica T. 1, S. 197. Regesten der Herren von Salza, Nr. 207. Vgl. UB Hersfeld 1, S. 174, Anm. zu 96 und 97. HStA Marburg, Urk. 56, Nr. 2343. Digitalisat unter: URL: https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction.–action?detailid=v1778386&icomefrom=search (23.10.2017).
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dem Abt von Homburg und dem Abt von Hersfeld bezüglich einer Mühle in Salza aus dem Jahr 1162 beziehen.61 Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass die Reichsabtei Hersfeld sehr wohl über Besitz in und um Langensalza verfügte. Lediglich die Erwähnung von 802 scheint sicher auf einen der Salza-Orte bei Nordhausen bezogen werden zu müssen und auch das im späten 9. Jahrhundert als in kaiserlicher Hand bezeichnete Salzacha ist nicht sicher, aber doch einigermaßen wahrscheinlich mit Langensalza zu identifizieren. Des Weiteren deutet einiges darauf hin, dass sich der hersfeldische Besitzschwerpunkt weniger im Gebiet der späteren Stadt Salza, sondern eher im Bereich der Oberen Höfe – in Ufhoven – konzentrierte. 62 Auch scheint die Urkunde aus der Mitte des 11. Jahrhunderts durch die Nennung beider Ortsnamen, sofern sie tatsächlich auf Langensalza und Ufhoven zu beziehen ist, auf eine durchaus auch namentliche Unterscheidung der Siedlungen zu verweisen.63 Im Jahr 1294 wird dann ein hersfeldischer nuncius in Salza genannt,64 welcher wegen des sich andeutenden hersfeldischen Besitzschwerpunktes in der Siedlung Ufhoven auch hier seinen Amtssitz gehabt haben dürfte. Diese Anwesenheit eines besonderen Beamten dürfte des Weiteren noch einmal Ausdruck für umfangreichen Besitz Hersfelds in Ufhoven/Langensalza sein.65 Weiterhin verweisen frühmittelalterliche Quellen auf Rechte der Reichsabtei Fulda in einem Salza-Ort. So bestätigte Ludwig der Deutsche im Jahr 876 dem Abt von Fulda die Zahlung des Zehnten aus Salza an das Kloster66 und auch der Codex Eberhardi listet älteren Besitz des Klosters in einem nicht genauer zu lokalisierendem Salza-Ort auf.67 Jedoch ist unklar, auf welchen der infrage kommenden Salza-Orte sich die Angabe bezieht. So wird nicht angegeben, wo diese
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WENCK: UB 3, Nr. 78. Offensichtlich war bis ins Spätmittelalter der Name Ufhoven nicht zwingend für den Ort, häufig erscheint er in den Quellen mit unter dem Namen Salza inbegriffen. Schon aus diesem Grund ist es nicht unmöglich, den hersfeldischen Besitz, welcher im Frühmittelalter und im Hochmittelalter in Langensalza lag, auf Ufhoven zu beziehen. Darüber hinaus dürfte auch das Patrozinium der Wigbertikirche Indiz für ein hersfeldisches Besitzzentrum sein. (Vgl. HStA Marburg Urk. 56, Nr. 149f.) Diese Unterscheidung in der Urkunde war möglicherweise notwendig, um eindeutig kenntlich zu machen, um welchen Besitz in welchem Rechtsbereich es sich handelte, beziehungsweise auf welche Rechtsbereiche er sich verteilte. (Vgl. UB Hersfeld, Bd. 1, Nr. 96/97.) WENCK: UB 3, Nr. 190, S. 162. Vgl. Anm. zu: Regesten der Herren von Salza, Nr. 88, S. 95. DD L. d. D., Nr. 170, S. 240, Z. 24f. Codex Eberhardi 2, cap. LXXXVIb, Nr. 42 u. 60, S. 134f. Dob I, Nr. 227. UB Langensalza, Nr. 226; DRONKE: Traditiones Fuldenses, cap. 8, Nr. 21, cap. 34, Dob I, Nr. 328.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Orte lokalisiert sind. Lediglich aus dem Umstand, dass mit Tüngeda, Tonna und Döllstedt die nachfolgend aufgelisteten Orte im Umfeld Langensalzas liegen, könnte sicherlich gefolgert werden, dass Salza hier mit Langensalza zu identifizieren ist.68 In der Überlieferung des Klosters Fulda lässt sich erstmals an der Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert ein Salzaha greifen. Zwischen 780 und 802 schenkten ein Diterat bona sua in Griuzen, Rithmaren, Salzaha, Chindeleiben et in alliis und ein Hartger bona sua in villa Salzaha an das Kloster Fulda.69 Auch hier stellt sich die Frage, ob diese Schenkungen auf Langensalza zu beziehen sind. Wenigstens für die Schenkung Diterats scheint dieses sehr wahrscheinlich, da alle anderen genannten Orte sich in einem Umkreis von etwa 20 Kilometern um Langensalza gruppieren und nicht in den Raum Nordhausen verweisen.70 Um 860 tradiert dann ein Gebolf in Salza sancto Bonifacio iugera LXXVIIII infra annos XXX.71 Diese Tradierung erscheint erneut in der oben bereits besprochenen Urkunde Ludwigs des Deutschen aus dem Jahr 876. Die Schenkung wiederum umfasst jetzt allerdings nur noch iugera VIII infra XXX annos. 72 Dieselbe Schenkung wird noch einmal in einer Königsurkunde aus dem Jahr 918 genannt. Diese Güter gelangten zusammen mit anderen als Ablösung eines Königszinses an Fulda.73 Ulrich Hussong hat aber darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nur um eine nachträgliche Fälschung Eberhards handeln kann, welche sich auf die Urkunde über die Schlichtung des Zehntstreites durch Ludwig den Deutschen aus dem Jahr 876 bezieht.74 Ein wohl im ersten Viertel des 11. Jahrhunderts entstandenes fuldisches Besitz- und Abgabenverzeichnis überliefert detailliertere Abgaben aus einem SalzaOrt, dessen Lokalisierung ebenfalls nicht sicher ist,75 wobei aber wegen des oben
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Codex Eberhardi 2, cap. LXXXVIb, Nr. 42 u. 60. Zu den Orten vgl. UB Kloster Fulda 1, Nr. 456 u. S. 484, Anm. 3-6. …in Salzahu Gebolf tradidit iugera VIII infra XXX annos ; in Tungide Gundbraht dedit iugera XXX annos infra XXX, Uuigheri tradidit XL iugera et Thiodolt XXX iugera infra XXX annos; in Donnahu Ada tradidit sancto Bonifacio huobam I et iugera XXIIII, Rathelm V iugera infra XXX annos; in Dullinestat ad aecclesiam tradita sunt pro elemosinis iugera XXII. (DD L. d. D., Nr. 170, S. 240.) Codex Eberhardi 2, cap. LXXXVIb, Nr. 42 u. 60. UB des Klosters Fulda 1, Nr. 456 u. 474. Zu den Orten vgl. UB des Klosters Fulda 1, Nr. 456 u. S. 484 Anm. 3-6. Codex Eberhardi 1, fol. 171 rb, S. 311. DRONKE: Traditiones Fuldenses, cap. 8, Nr. 21. Zur Datierung vgl. Dob I, Nr. 227. DD L. d. D., Nr. 170, S. 240, Z. 24f. DRONKE: Traditiones Fuldenses. cap. 34. Dob I, Nr. 328. HUSSONG: Reichsabtei Fulda, S. 235, Anm. 654. WERNER-HASSELBACH: Güterverzeichnisse der Reichsabtei Fulda, S. 4-26.
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nachgewiesenen fuldischen Besitzes eine Identifizierung mit Langensalza nicht unmöglich erscheint. Friedrich Lütge wiederum bezieht diesen Eintrag des Abgabenverzeichnisses auf Salza bei Nordhausen.76 Im Abgabenverzeichnis heißt es: Fulda besaß in Salzaha IIII territoria. Ein Salza genannter Ort war demzufolge in der Mitte des 11. Jahrhunderts Zentrum von vier Fronhofsverbänden. Fulda verfügte demnach in dem betreffenden Ort über recht umfangreichen Besitz und der Ort war Villikationsmittelpunkt.77 Aus dem fuldischen Besitz hatten sechs Liten ein Schwein, ein einzelnes Tuch ex proprio, lino LX abzuführen. Darüber hinaus verfügte das Kloster über 6 Einzelhufen, aus welchen 2 Schafe zu leisten waren. Außerdem hatten die Frauen der Liten II [oder] III camisialias ex lino dominicali herzustellen. Weiterhin mussten 5 Hühner …cum ovis abgeführt werden und ein dreitägiger Dienst war zu leisten. Von den fünf ansässigen Kolonen hatten zwei plenum tributum und drei dimidium tributum zu geben und ebenso erbrachten 13 Slaven singulos lodices cum lino. Aus einer Mühle waren 11 Schweine dem Kloster abzuführen.78 Über Leistungen aus einem Salza an das Kloster Fulda unterrichtet ebenfalls ein Urbar aus der Mitte des 12. Jahrhunderts.79 Folgende Leistungen sind festgesetzt: In Salzaha summa porcorum de lidis et molendinis XVII porci ad servitium ebdomade III victime […] De Salzaha V lodices[…] In Salzaha LXIII [camisialias][…] De Salzaha III paltene.80 Die anderen aufgeführten Orte Sömmerda(?), (Großen)Lupnitz, Ammern, Schönstedt, Hagen(?) und Gerstungen verweisen eher in den Raum des nördlichen und westlichen Thüringer Beckens sowie in die Gegend um Eisenach als in das südliche Harzvorland.81 Demzufolge dürfte es sich auch in diesem Fall um Langensalza handeln. Weitere Quellen zu fuldischem Besitz in Langensalza gibt es jedoch nicht, und letztendlich lässt sich die Frage, ob tatsächlich Langensalza gemeint ist, nicht abschließend beantworten.82 Schwierigkeiten ergeben sich vor allem deswegen, weil fuldischer Besitz im Zusammenhang mit der späteren Stadt, anders als der hersfeldische in Ufhoven, nicht nachzuweisen ist. Auch wenn das Bonifatiuspatrozinium der späteren städtischen Pfarrkirche auf eine fuldische Gründung hindeutet, lässt sich aus keiner der zahlreichen Quellen des Spätmittelalters im Zusammenhang mit der Kirche eine Verbindung zum 76 77 78 79 80 81 82
LÜTGE: Agrarverfassung, S. 42. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 158f. Codex Eberhardi 2 fol. 135r, S. 255, Nr. 18. WERNER-HASSELBACH: Güterverzeichnisse der Reichsabtei Fulda, S. 45. Zur Datierung vgl. auch: Dob I, Nr. 294, S. 71. Codex Eberhardi 2, Nr. 6, Nr. 11b, 12c, fol 146v, S. 279f. DRONKE: Traditiones Fuldenses, cap. 45, Nr. 6-12. Vgl. Dob I, Nr. 44. Schnellenkamp vertritt die Auffassung, dass ein Großteil des Besitzes in und um Langensalza eindeutig in den Händen Fuldas lag. (SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 10.)
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Kloster Fulda herstellen.83 Dennoch könnte das Bonifatiuspatrozinium auf ursprünglich umfangreicheren fuldischen Besitz verweisen und das Salza im Besitzverzeichnis wäre dann tatsächlich mit Langensalza identisch. Auch wenn dieser Besitz des Klosters Fulda im Spätmittelalter nicht mehr nachweisbar ist, besteht damit die Möglichkeit, dass sich wenigstens im Frühmittelalter und vielleicht noch im Hochmittelalter im Raum Langensalza eine größere fuldische Villikation befand und deren Villikationsmittelpunkt dürfte dann im Bereich der Marktkirche (Bonifatiuskirche) gelegen haben. Damit ließe sich neben der Reichsabtei Hersfeld ein weiterer wichtiger Grundherr feststellen – das Kloster Fulda. Während die Reichsabtei Hersfeld den Mittelpunk ihres Besitzes in Langensalza im Bereich des heutigen Ufhoven hatte, lag das Zentrum des fuldischen Besitzes wohl im Bereich der späteren Altstadt. Noch eine weitere frühmittelalterliche Traditionsnotiz bezieht die ältere Forschung auf Langensalza. In der Schenkung des Grafen Erpho aus dem 9. Jahrhundert an das Bistum Würzburg wird der Ort Saxahu erwähnt.84 Hartmut Wenzel und Werner Schnellenkamp sehen in ihm Langensalza und auch Otto Dobenecker vertritt die Auffassung, dass es sich kaum um Salza bei Nordhausen handeln kann.85 Hans Walter identifiziert es mit Sachsa, ist sich dabei aber nicht sicher.86 Zuletzt identifizierte auch Gockel den genannten Ort mit Langensalza.87 Die anderen in der Schenkung aufgezählten Orte Zimmern, Tüngeda, Schwabhausen, Gottern, Seebach sowie Dorla liegen alle im weiteren Umfeld Langensalzas. Bei dem ebenfalls erwähnten Tonnahu dürfte es sich um einen der drei Tonna-Orte östlich von Langensalza handeln.88 Letztendlich ist jedoch auch in diesem Fall nicht sicher, ob tatsächlich Langensalza gemeint ist. Lediglich der Umstand, dass fast alle Orte in der weiteren Umgebung Langensalzas liegen,
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SCHULZE: Pfarrorganisation im Mittelalter, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 103 (1967), S. 52-54. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl 1, S. 77f. u. 93f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 159. Die ungedruckten urkundlichen Quellen des Stadtarchives Langensalza sowie gedruckter Quellen in diversen Editionen zur Marktkirche sind als Kurzregesten mitgeteilt in: MANGER: Marktkirche, S. 258-272. Ad sanctum Kilianum in Quirnahu et in Bleichfeldum in Thuringia in Tungide, in Svvabhusum, in Zimbron, in Gutorne, in Leobah, in Thurnilohum, in Uuanenreodum, in Brustlohum, in Saxahu, in Tonnahu et quicquid in Thuringia habet et in Grapfeldum[…] (DRONKE: Codex diplomaticus Fuldensis, Nr. 577.) UB Langensalza, Nr. 12, Anm. 10. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 9. Dob I, Nr. 222, Anm. 14. WALTHER: Namenkunde, S. 197. GOCKEL: Art. Gottern, S. 172. Zur Identifizierung der Orte vgl. Dob I, Nr. 222. PATZE: Landesherrschaft, S. 60.
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könnte Indiz dafür sein, dass es sich bei dem erwähnten Saxahu um eine fehlerhafte Abschrift von ursprünglich Salzaha oder Salzahu handelt.89 Über den Verbleib des in diesem Fall an Würzburg übertragenen Besitzes ist wie im Fall des Klosters Fulda jedoch nichts zu erfahren.90 Da das Würzburger Hochstift aber noch im Jahr 1001 etwa 20 Kilometer nordwestlich von Langensalza Besitz aus königlicher Hand erwarb, dürfte davon auszugehen sein, dass diese thüringischen Erwerbungen noch bis ins 11. Jahrhundert hinein im Besitz des Hochstifts Würzburg waren.91 In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wird dann ein Salzaha im Besitzverzeichnis des Klosters Hasungen genannt.92 Hier lässt sich über den weiteren aufgeführten Besitz überhaupt nicht klären, ob es sich um Langensalza handelt. Die genannten Orte verteilen sich als Streubesitz über den gesamten Raum zwischen Erfurt und Nordhausen und schon Otto Dobenecker verwies darauf, dass es sich auch um die Salza-Orte bei Nordhausen handeln könne.93 Im Jahr 1182 übergibt dann Landgraf Ludwig tauschweise dem Kloster in villa que vocatur Salzaha in reditibus quodlibet anno XXX solidos.94 Falls hier tatsächlich Langensalza gemeint ist, könnten die Landgrafen am Ende des 12. Jahrhunderts über Besitz am Ort verfügt haben. Außerdem befreite Landgraf Ludwig III. in derselben Urkunde die genannten Güter auch vom Vogt- und Schultheißenrecht und stellte sie unter seinen sowie den Schutz seiner Nachfolger. Gerade die Befreiung von den Gerichtsrechten dürfte dann auf umfangreichere landgräfliche Rechte in dem betreffenden Salza-Ort hindeuten.95 Zu entscheiden ist anhand des jeweiligen Quellenbefundes aber nicht, ob sich die Hasunger und landgräflichen Rechte auf Langensalza oder einen der Salza-Orte bei Nordhausen beziehen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Wenigstens zeitweise könnte im 9. und 10. Jahrhundert das Königtum Besitz in Langensalza gehabt haben. Auch Fuldaer
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WERNEBURG: Wüstungen, S. 106. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 160. GOCKEL: Art. Gottern, S. 172. In villa Salza decim mansi et tria curtila et dudecim mancipia. (HStA Marburg Kloster Hasungen Urk. 25, 5. CDS I, A 2, Nr. 216.) Dob I, Nr. 1232, Anm. 3. UB Langensalza, Nr. 260. Hartmut Wenzel argumentiert genau entgegengesetzt zu Dobenecker. Er sieht den Um- stand des Tausches von 1182 durch die Nennung aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Hasunger Besitzverzeichnis begründet. Wegen der vorliegenden Unsicherheiten dürfte dieses Argument jedoch ausscheiden. Vorsichtig ließe sich lediglich sagen, dass Hasungen versuchte möglichen Besitz, welcher im Güterverzeichnis erwähnt wird, noch einmal auszubauen. (Vgl. UB Langensalza, Nr. 260. Anm. 4.) MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 160f.
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Besitz in Langensalza ist wahrscheinlich. Unklar ist, ob und ab wann die Ludowinger über Rechte in Langensalza verfügten und Gleiches gilt auch für das Kloster Hasungen. Grundsätzlich lässt sich die Geschichte des Ortes anhand der Schriftquellen bis ins frühe 9. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Ortsname selbst verweist auf eine wesentlich ältere Siedlung.96 Für ein erhebliches Alter von Ort und Kirchenstandort Langensalza spricht sicherlich auch der Umstand, dass sich hier ein Erzpriestersitz befand. Diese wurden im Allgemeinen an den ältesten Kirchen eingerichtet.97 So heißt es im Mainzer Subsidienregister von 1506 an einer Stelle: Monasterium in Saltza dat ½ marcam. Spectat ad sedem Saltza et non est sub prepositura beate marie Erffurden(si) sed Dorlanensi. Et dat ad marcas sedis Uffhoven alias Saltza de parrochia sancti Bonifacii in Saltza ½ marcam.98 An anderer Stelle wiederum heißt es: monasterium in Homborg dat 1 ½ marcas. Nota: In futuro subsidio ponatur ad sedem Saltza. Des Weiteren findet sich auch die Formulierung sedes Ufhoven alias Saltza.99 Damit wird der Erzpriestersitz in beiden Orten lokalisiert. Dieser Umstand verweist wiederum auf einer Verlegung des Sitzes von einem der beiden Orte in den jeweils anderen, ohne dass vorerst deutlich wird, welcher Ort der ursprüngliche Sitz war. Die Forschung geht zwar davon aus, dass Ufhoven der ursprüngliche Erzpriestersitz war,100 nachzuweisen ist dieses jedoch bisher in keiner Weise. Auch das neuerdings von Karl Heinemeyer aufgefundene Mainzer Subsidienregister von 1320 nennt lediglich die sedes Salcza, von welcher Subsidien in Höhe von drei Mark an den Mainzer Erzbischof zu zahlen waren. Von Ufhoven ist hier nicht die Rede.101 Ein vergleichbarer Zusammenhang ergibt sich im Fall der sedes Wahlwinkel. Im Subsidienregister von 1506 heißt es hierzu: sedes Gotha alias Walwinckel.102 Im Subsidienregister von 1320 wird nur eine sedes Gotha genannt.103 An dieser Stelle ist jedoch erneut darauf zu verweisen, dass Ufhoven in den Quellen durchaus zur Siedlung Salza gezählt wurde und dann auch unter diesem Namen erscheint.104 Die wechselnde Lokalisierung der Sedes könnte deshalb auch darin ihren Grund haben. Damit wiederum wäre Ufhoven der Sedestitelort und Fall der Nennung Salzas ist dieses nur darauf zurückzuführen, dass Ufhoven zur Gesamtsiedlung Salza gezählt wurde. Allerdings unterliegt letztere Überlegung 96 97 98 99 100 101 102 103 104
Vgl. Kap. II.4.2. Vgl. Kap. II.5.2. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182, Anm. 137. Mainzer Subsidienregister, Nr. 417, S. 53. Mainzer Subsidienregister, Nr. 432 u. 1807, S. 55 u. 208. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182, Anm. 137. SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 56. EBERHARDT: Archidiakonate, Karte. HEINEMEYER: Erfurter Grüne Bücher, Anhang 1, S. 278 inkl. Anm. 67, S. 280. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1479. HEINEMEYER: Erfurter Grüne Bücher, Anhang 1, S. 277 inkl. Anm. 48, S. 279. Vgl. oben.
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einer weiteren Schwierigkeit. Langensalza ist schon zur Abfassungszeit des älteren Mainzer Subsidienregisters als Stadt längst gegen das unmittelbar davor liegende Ufhoven abgegrenzt.105 Wenn sich der Erzpriestersitz in dieser Zeit in Ufhoven befand, dürfte eine Bezeichnung mit Salza doch eher unwahrscheinlich sein. Zumal gerade ab der Mitte des 14. Jahrhunderts mit der häufigeren Nennung Ufhovens eine klare Differenzierung zwischen den Siedlungsteilen deutlich wird.106 Prinzipiell soll aber nicht ausgeschlossen werden, dass Ufhoven weiterhin auch als Salza bezeichnet werden konnte. Letztendlich ist somit nicht ganz sicher festzustellen, ob die Sedes tatsächlich verlegt worden ist oder sich die unterschiedlichen Bezeichnungen in den Subsidienregistern auch auf dem gerade genannten Weg erklären lassen. Dem entgegen steht jedoch, dass sich im Fall des Erzpriestersitzes Wahlwinkel/Gotha kein direkter siedlungstopographischer Zusammenhang ergibt. Wahlwinkel liegt ungefähr 10 Kilometer südwestlich von Gotha, aber nur ungefähr drei Kilometer entfernt von Waltershausen. Eine Zuordnung Wahlwinkels zu einer Siedlung Gotha scheidet deshalb aus.
4.3.2 Das Hochmittelalter: die Welfen und die Landgrafen Als Herrschaftsträger des Ortes Salza treten dann im 12. und 13. Jahrhundert die vorher in den frühen Langensalzaer Quellen nicht greifbaren Welfen entgegen. So zeugt 1162 ein welfischer Ministeriale Hardrad von Salza in einer Urkunde Heinrichs des Löwen für das benachbarte welfische Eigenkloster Homburg,107 und 1202 schenkte ein Ministeriale Hartrad von Salza Güter an das Kloster Homburg, welche er von Heinrich dem Löwen erhalten haben soll.108 Auf eine enge Beziehung derer von Salza zu den Welfen deutet vielleicht auch das sogenannte Quedlingburger Wappenkästchen. Dieses enthält das ab 1256 nachweisbare Wappen der Ministerialen von Salza. Das bisher nicht sicher zu datierende Zeugnis dürfte diese dennoch, als zum engsten Kreis der welfischen Herzöge gehörend ausweisen.109
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Vgl. Kap. II.4.7.3. Vgl. Regesten der Herren von Salza, Nr. 207, 221 u. 305f. UB Homburg, Nr. 5. UB Homburg, Nr. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 163. SCHWINEKÖPER: Heraldische Quelle, S. 997.
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Ab wann die Welfen Besitz in dieser Region besaßen, lässt sich kaum klären. Jedoch dürfte er in engem Zusammenhang mit dem benachbarten welfischen Eigenkloster Homburg stehen. 110 Dieses wurde auf Besitz der süpplingenburgischen oder brunonischen Vorfahren Heinrichs des Löwen gegründet. Es scheint sich bei dem Besitz in Homburg, Langensalza und einigen weiteren Orten der Region um älteres umfangreiches Allod dieser Vorfahren Heinrichs zu handeln.111 Eine Urkunde Gertruds, der Tochter Kaiser Lothars, aus dem Jahr 1142 verweist direkt auf Besitz der Welfen in Langensalza. Sie nimmt Bezug auf die Schenkung ihrer Großmutter Gertrud an das Kloster Homburg, welche unter anderem Güter in Salza umfasste.112 Anhand einer Urkunde aus dem Jahr 1196 lässt sich dann erkennen, dass die Welfen sowohl den Grund und Boden der nördlich der späteren Altstadt gelegenen Pfarrkirche St. Stephan113 als auch deren Patronatsrecht besaßen, welches Letztere als ursprüngliche welfische Eigenkirche ausweisen dürfte.114 Die Gegend um Langensalza muss spätestens in dieser Zeit als Gegengewicht zum landgräflichen Thamsbrück durchaus Bedeutung gehabt haben. Diese Güter reichten weit in das Gebiet des Thüringer Landgrafen hinein und müssen für diesen äußerst störend gewesen sein. Vielmehr noch, sie waren geeignet, die direkte Verbindung zwischen den landgräflichen Zentren Gotha und Eisenach im Süden und Südwesten und den Besitzschwerpunkten Thamsbrück aber auch Weißensee zu verhindern.115 Unter diesem Gesichtspunkt kann vielleicht auch der Ausbau Thamsbrücks zur Stadt erklärt werden. Mit dem Ausbau zur Stadt sollten ein ludowingisches Gegengewicht zum welfischen Besitzschwerpunkt Langensalza/Kloster Homburg etabliert werden.116 Vor diesem Hintergrund könnten die Landgrafen versuchte haben, auf Langensalza auszugreifen. So wird in der Erfurter Peterschronik immerhin berichtet, dass Kaiser Otto IV. 1212 das castrum lantgravii in Salza belagerte und eroberte.117
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 165f. Vgl. Kap. II.1.3.3. …, quinque mansos in villa que dicitur Salczaha, et molendinum, […] (UB Homburg Nr. 2. JORDAN: Studien, S. 21-23.) Zur Problematik der Pfarrkirche vgl. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 9. SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 73. SHStA Dresden 10001, Nr. 113. HEINEMANN: Heinrich von Braunschweig, Anhang, Nr. 1. UB Langensalza, Nr. 304. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 167. PATZE: Landesherrschaft, S. 225f. Vgl. Kap. II.1.3.3. Anno 1212, aus: Chronica s. Petri Erfordennsis moderna., in: SS 42, S. 210.
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Christine Müller schloss jedoch aus, dass sich diese Notiz in der Peterschronik auf eine Burg zu Langensalza bezieht, welche durch die Landgrafen errichtet worden ist. Vielmehr meint sie, dass die Landgrafen entweder die Wirren des Thronstreites nutzten, um die eigentlich welfische Burg unter ihre Kontrolle zu bringen oder die Herren von Salza selbstständig genug waren, um nach der Bannung Kaiser Ottos durch den Papst in das staufische Lager umzuschwenken und die Burg den Landgrafen zu öffnen.118 Beziehungen der Landgrafen zu Ministerialen, die sich nach Salza nannten, scheinen jedenfalls ab dem frühen 13. Jahrhundert durchaus vorhanden gewesen zu sein. So lassen sich im Jahr 1206 in der Zeugenliste einer Urkunde Landgraf Hermanns ein Eberher und Hermann von Salza nachweisen.119 Als landgräfliche Ministeriale werden sie allerdings nicht direkt bezeichnet. Jedoch kann nach Patze in dieser Zeit im Dreieck Gotha, Langensalza und Weißensee eine besonders hohe Dichte landgräflicher Ministerialen beobachtet werden120 und es ist deshalb nicht grundsätzlich auszuschließen, dass es sich bei ihnen um landgräfliche Dienstleute handelte. Christine Müller hält es, mit Verweis auf Hans Patze, für denkbar, dass der genannte Eberher von Salza aus der Familie der Eberhere stammt. Diese Familie wiederum gehörte zur landgräflichen Dienstmannschaft, übte ihren Dienst aber in Straußfurt und Weißensee aus. Deshalb hält sie eine Abstammung dieser Eberhere aus Langensalza zwar für durchaus möglich, meint jedoch, dass diese über keinen nachweisbaren Besitz in Langensalza verfügten.121 Die in der Urkunde von 1206 genannten Hermann und Eberher von Salza erscheinen erneut zusammen in einem Gerichtsprotokoll aus dem Jahr 1225 oder 1226. In diesem Protokoll geben der Dekan Gunter und der Kantor Giselbert von St. Marien zu Erfurt, subdelegierte Richter des Apostolischen Stuhls, gemäß der Erfüllung ihres Auftrages die an Stift St. Peter in Mainz zurückerstatteten Güter bekannt. Hier heißt es Hermann, genannt Puer von Salza, habe vier Solidi de loco molendino in Salza inne gehabt. Ein Eberher, genannt de Viznise, unam aream sitam iuxta castrum suum in Salza.122 Von Interesse ist hierbei, dass ein Eberher von Salza sehr wohl über Besitz in Langensalza verfügte und darüber hinaus diesen aus der Hand der mainzischen Stiftes St. Peter besaß. Des Weiteren heißt es, dieser habe bei der Burg Eberhers gelegen. Das im Text verwendete suum verweist sogar darauf, dass es sich um ei-
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 174. UB Langensalza I, Nr. 316. PATZE: Landesherrschaft, S. 366. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 161f. HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 534.
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genen Besitz handelt – es seine eigene Burg war. Auch wird er im Gerichtsprotokoll als dominus und damit als Herr und nicht als Ministerial angesprochen. Weiterhin heißt es im nachfolgenden Satz: Wigandus scultetus suus unum agrum ibidem.123 Eberher besaß demzufolge nicht nur eine Burg in Salza, sondern hatte auch einen Schultheißen in seinem Dienst, was wiederum auf Gerichtsrechte in Salza verweist. Damit ergibt sich aus dem Zusatz de Viznise lediglich eine Herkunft aus Weißensee. Seinen Sitz und sein Eigengut befanden sich jedoch in Langensalza. Entscheidender ist aber, dass die erwähnte Burg eben nicht aus landgräflicher Hand stammte, sondern Eigengut des Eberher von Salza war. Auch wird deutlich, dass wenigstens dieser Eberher um 1225/26 neben dem Besitz vom Mainzer Petersstift mit einer Burg und den vermutlich dazugehörenden Rechten über umfangreicheren Besitz in Langensalza verfügte. Woher dieser stammte, ist nicht ersichtlich. Vorstellbar ist jedoch, dass es sich um ursprünglichen welfischen Besitz handelt, welcher im Zusammenhang mit dem Verlust des Königtums Ottos IV. an den Staufer Friedrich II. in die Hände Eberhers gelangte. Vielleicht errichtete er im Zusammenhang mit einem solchen welfischen Machtverlust die Burg auch vollkommen neu. Dann wiederum könnte es sich um die spätere Stadtburg – die Dryburg – handeln. So sind deren älteste Bauteile in etwa auf die Zeit der Ausstellung des Gerichtsprotokolls zu datieren.124 Neben Hermann und Eberher erscheinen im selben Protokoll noch ein Otto de Salza, welcher einen halben Acker von St. Peter besaß und Wigand, Archipresbyter, der dort einen Acker innehatte.125 Bei dem genannten Erzpriester dürfte es sich um den entweder in Ufhoven oder in Langensalza ansässigen handeln. In welcher Beziehung Otto zu den anderen beiden genannten Personen (Eberher und Hermann) stand, beziehungsweise ob es zwischen Eberher und Hermann verwandtschaftliche Beziehungen gab, ist nicht zu erkennen. Überhaupt ist über Eberher nichts weiter zu erfahren, außer dass er wohl ursprünglich aus Weißensee stammte oder, wie Patze meint, auf der Burg zu Weißensee als landgräflicher Dienstmann seinen Dienst versah.126 Mit dem im Protokoll verzeichneten Besitz des Mainzer Petersstiftes werden erstmals auch Beziehungen nach Mainz erkennbar. Ob sich hieraus das spätere Interesse der Erzbischöfe von Mainz an Langensalza 127 ableiten lässt, muss gleichfalls vorerst im Dunkeln bleiben. In einem weiteren Gerichtsprotokoll aus 123 124 125 126 127
HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 534. STRICKHAUSEN: Burgen, S. 129. Vgl. auch Kap. II.4.7.3. HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 534. PATZE: Landesherrschaft, S. 354. Vgl. hierzu Kap. II.4.5.1.
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den Jahren 1226 heißt es dann, dass Johannes von Dorla, Merseburger canonicus, die 12 Zehnten und ebenso viele Hühner, die er in Salza innehat, zu St. Peter in Mainz gehören.128 Bis auf die etwas unsichere Nachricht im Zusammenhang mit dem Kloster Hasungen aus dem Jahr 1182 lassen sich demnach keine ludowingischen Rechte in Langensalza nachweisen. Es muss demzufolge unklar bleiben, ob die Ludowinger überhaupt Besitz im Ort hatten. Allerdings ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass sie im Zusammenhang mit dem Machtverlust Heinrichs des Löwen und seiner Verbannung im Jahr 1181 versucht haben, in diesen Raum vorzustoßen und hier vorhandenen welfischen Besitz zu okkupierten. In diesem Zusammenhang übertrugen sie dann vielleicht auch 1182 den Besitz an das Kloster Hasungen und befreiten diesen vom Vogt- und Schultheißenrecht.129 Werner Schnellenkamp aber vermutet, dass die Landgrafen im Zuge der Verleihung der Landgrafenwürde alten königlichen Besitz in Langensalza und Umgebung erhielten.130 Schwierigkeiten macht dieses vor allem deshalb, da königlicher Besitz für die betreffende Zeit hier nicht nachgewiesen werden kann. Vielmehr scheinen Teile der Siedlung Salza, wenn überhaupt, lediglich kurzzeitig, vom späten 9. bis zum Ende des ersten Drittels des 10. Jahrhunderts in königlicher Hand gewesen zu sein.131 Zusammenfassend lässt sich festhalten: Sicher nachweisbar sind im Hochmittelalter nur welfische Rechte in Langensalza. Darüber hinaus verfügte das Kloster Hersfeld seit dem Frühmittelalter über umfangreichere Rechte in Langensalza, wobei das Zentrum dieses Besitzes in Ufhoven gelegen haben dürfte. Wenigstens im Frühmittelalter hatte scheinbar auch das Kloster Fulda nicht unbedeutende Rechte. Über nennenswerten Besitz verfügte wenigstens im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts Eberher von Weißensee. In welcher Beziehungen er zu den Ministerialen von Salza stand, war nicht zu ermitteln. Demgegenüber ließ sich landgräflicher Besitz nicht sicher feststellen.
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HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 528. Vgl. JORDAN: Heinrich der Löwe, S. 208f. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 9. Vgl. oben.
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4.4 Die zeitliche Einordnung der Stadtwerdung 4.4.1 Die Frage der Stadterhebung: Forschung und Quellenlage Bis vor wenigen Jahren galt das Jahr 1212 als der auch durch Quellen abgesicherte Zeitpunkt für die Erhebung Langensalzas zur Stadt. Grundlegend hierfür war die Notiz in der um das Jahr 1400 entstandenen Düringischen Chronik des Johannes Rothe. In dieser beschreibt er, Kaiser Otto sei im Jahr 1212 nach Thüringen gezogen und habe das Schloss Driborg bei Salza belagert. Grund hierfür war, so berichtet er weiter, dass die Herren von Salza den Landfrieden nicht gehalten hätten. Durch diese Belagerung waren die Herren von Salza dann gezwungen die Burg und den Ort an Otto IV. zu übergeben, welcher darauf Salza Stadtrecht verliehen habe und den Ort ummauern ließ.132 Gegen eine durch Otto IV. erfolgte Stadterhebung und Befestigung hat sich zuletzt Christine Müller ausgesprochen.133 Die von ihr ins Feld geführten Gegenargumente sind gewichtig und dürften hinreichen, um diese Annahme abzulehnen. In der Folge soll deshalb nicht noch einmal eine vollständige Besprechung ihrer Argumente erfolgen. Lediglich die zugrunde liegenden Quellen sollen noch einmal in chronologische und sachliche Beziehung zueinander gebracht werden. Über die Belagerung des Ortes im Jahr 1212 berichten neben Rothe auch andere chronikalische Quellen, deren Abfassungszeit zeitlich dichter an den Ereignissen liegt als die Chronik Rothes. So etwa die Erfurter Peterschronik und die Reinhardsbrunner Chronik. Beiden ist gemein, dass sie über eine Belagerung Salzas durch Otto IV. berichten, eine Stadterhebung überliefern sie aber nicht.134 Gerade bei diesen älteren Überlieferungen wäre jedoch zu erwarten, dass ein Ereignis mit solch erheblicher Tragweite für die innerthüringische Städtelandschaft überliefert 132 133 134
Aus § 409: Wie Salza gebuwet ward, in: Düringische Chronik des Johannes Rothe, S. 323f. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 19-24. Anno 1212, in: Chronica Reinhardsbrunnensis, in: MGH SS 30, 1, S 580. Anno 1212, in: Cronica S. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS rer. Germ 42, S. 210 und MGH SS 30, 1, S. 383. Die Reinhardsbrunner Chronik ist zwar erst im 14. Jahrhundert verfasst worden, der Verfasser gibt aber für die Zeit von 1187 bis 1215 nahezu unverändert die zeitgenössischen Rheinhardsbrunner Historien wieder. Der Teil der Erfurter Peterschronik, welcher über die Ereignisse von 1212 berichtet, dürfte kurz nach 1276 entstanden sein. (PATZE: Landesgeschichtsschreibung, S. 4 u. 10.) Die Wormser Annalen berichten zum Jahr 1212 sogar nur, Otto habe Bad Langensalza erobert und Weißensee durch Belagerung eingeschlossen. (Anno 1212, in: Annales breves Wormatienses A. 1191-1248, in: MGH SS 17, S. 75.) Ausführlicher: Marbacher Annalen. (Anno 1212, in: Annales Marbacenses, in: MGH SS rer. Germ. 9, S. 81.)
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worden wäre. Demgegenüber findet sich im zwischen 1345 und 1350 entstandenen Liber cronicorum sive annalis Erfordensis ein den Schilderungen Rothe anscheinend näherstehender Eintrag. Hier wird berichtet, Otto habe 1212 oppidum und castrum Salza belagert. Zwar setzt diese Nachricht die Existenz einer Stadt in Kombination mit einer Burg voraus, eine Stadterhebung und Ummauerung überliefert sie aber ebenfalls nicht.135 Damit ist zusammenfassend festzustellen: Außer Rothe als jüngste Quelle überliefert keine der älteren eine Stadterhebung und Ummauerung durch Otto IV. im Jahr 1212. Die frühen Berichte über die Ereignisse informieren teilweise sehr detailliert über die Belagerung der Burg, geben jedoch keine Hinweise hinsichtlich einer durch Otto IV. erfolgten Stadterhebung. Dass der Liber chronicorum sive annalis Erfordensis über die Belagerung von einer Stadt und einer Burg berichten konnte, dürfte der Entstehungszeit dieser Quelle geschuldet sein. Als sie verfasst wurde, war Langensalza eine Stadt und bildete mit der Burg eine fortifikatorische Einheit.136 Hier kam es demzufolge zu einer Vermischung eines vergangenen Ereignisses mit einer in der Entstehungszeit des Liber gegenwärtigen Situation. Die urkundlichen Quellen aus dem 13. Jahrhundert, welche Langensalza betreffen und Auskunft über den Status des Ortes geben können, stehen zum Teil diametral zueinander und sind nur schwer miteinander in Einklang zu bringen. Als maßgeblicher Beweis für eine tatsächlich durch Otto IV. im Jahr 1212 erfolgte Stadterhebung galt bis vor wenigen Jahren eine am 26. Januar 1222 ausgestellte Urkunde, welche durch den Propst Dietrich sowie dem gesamten Konvent des Mainzer Mariengredenstiftes ausgestellt worden war. In ihr wird der Verkauf umfangreicher Güter zu Nägelstedt an den Deutschen Orden dokumentiert. Hierin findet sich auch eine Grenzbeschreibung, welche die betreffenden Güter gegen das oppidum (die Stadt) Salza abgrenzt.137 Von der Urkunde gibt es zwei Ausfertigungen und vier Abschriften. Aber nur eine dieser Ausfertigungen, das in Dresden liegende Exemplar, enthält die detaillierte Grenzbeschreibung, während das in Wien aufbewahrte Exemplar diese nicht beinhaltet.138 Des Weiteren gibt es eine am nachfolgenden Tag ausgestellte Bestätigungsurkunde des Mainzer Erzbischofs Siegried II. und eine Bestätigung Kaiser Friedrichs II. vom Juli 1222. Auch 135
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Anno Domini 1212. Otto rex Romanorum Salza opidum cum castro expugnavit et civitatem Wisense obsedit per VI septimanas. (Liber cronicorum sive annalis Erfordensis, in: MGH SS rer. Ger. 42, S. 758.) Vgl. Kap II.4.7.2f. …usque ad ripam Thunna deinde ad prata pascualia ville Illeybin et opidi Saltza protendentibus[…] Übersetzung: …immerfort bis zum Fluss Tonna, dann zur Weidewiese des Dorfes Illeben und sich erstreckend bis zur Stadt Salza. (UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 18, inkl. Anm. v.) MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 19f. UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 18.
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diese beiden Bestätigungsurkunden enthalten nicht die entsprechende Grenzbeschreibung.139 Schon 1942 vermutete Willy Flach, es könne sich um eine Fälschung handeln, welche als solche bis zu diesem Zeitpunkt nicht erkannt worden ist.140 Christine Müller hat zuletzt in ihrem 2012 verfasstenAufsatz über die Stadterhebung Langensalzas unzweifelhaft nachgewiesen, dass die Urkunde, welche die Grenzbeschreibung enthält, in den 1270er Jahren verfasst worden ist und damit als Beweis einer Erhebung Bad Langensalzas zur Stadt zu Beginn des 13. Jahrhunderts nicht mehr herangezogen werden kann.141 Um den Zeitpunkt des Abschlusses der Stadtwerdung Salzas beziehungsweise die Erhebung des Ortes zur Stadt eingrenzen zu können, sollen folgend die hierfür wichtigsten urkundlichen Quellen kurz dargestellt und besprochen werden: In einer Urkunde Landgraf Hermanns I. von Thüringen aus dem Jahr 1216 erscheint der Ort ohne weitere Bezeichnung. Der Landgraf verpfändete unter anderem Güter in Salzaha.142 In zwei Urkunden aus den 1220er Jahren wird Langensalza zusammen mit den Orten Schwabhausen, Körner und Grabe als villa (Dorf) bezeichnet. Beide Urkunden sind lediglich im Kopialbuch des Klosters Homburg überliefert. Schon bei der ersten Urkunde muss unklar bleiben, wann genau sie ausgestellt worden ist. Die im Kopialbuch befindliche Abschrift enthält kein Datum.143 Otto Dobenecker datiert sie vor den 23. März 1225, hält aber auch eine Entstehung vor September 1224 für denkbar.144 In der Urkunde bestätigt Heinrich, Herzog von Sachsen und Pfalzgraf bei Rhein (Heinrich V. der Ältere von Braunschweig), dem von seinem Vorfahren Kaiser Lothar gegründeten Kloster Homburg alle Rechte und Freiheiten, welche dem Konvent vom Kaiser verliehen worden waren. Außerdem erlaubt er dem Abt in tribus villis Salcza, Cornere et Graba nach Gütern und Menschen zu forschen, welche dem Kloster entfremdet worden waren.145 Für die zweite Urkunde überliefert das Kopialbuch die Datierung. Ausgestellt worden ist sie am 23. März 1225 im Lateranpalast in Rom durch Papst Ho-
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UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 19f. FLACH: Entstehungszeit, S. 95. Vgl. auch: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 157. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 157, Anm. 15. Zuletzt mit einer ausführlichen und schlüssigen Quellenuntersuchung: MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 19-24. CDS I, A 3, Nr. 220. Dob II, 1670. Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425, fol. IVa. Gedruckt ist die Urkunde nach dem Kopialbuch in: UB Homburg A, Nr. 20. Vgl. Dob II, Nr. 2197. UB Homburg A, Nr. 20. Dob II, Nr. 2197.
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norius III. Der Papst unterstellt das Kloster seinem Schutz. Neben der Klostervogtei nennt der Wortlaut ausdrücklich auch die tres villas Korner, Swobhusen et Salcza.146 Grundsätzlich verweist dieses darauf, dass Langensalza zum Zeitpunkt der Ausstellung weiterhin ein Dorf war, welches kaum über städtische Merkmale verfügte. Allerdings treten auch sicher als Städte nachweisbare Orte mit dem Begriff villa in den Quellen entgegen, so etwa Mühlhausen oder Nordhausen.147 Jedoch, und dieses ist an dieser Stelle zu betonen, wird Salza hier in einer Reihe mit unzweifelhaft als Dörfer anzusehenden Orten genannt. Keiner der in den Quellen zusammen mit Langensalza angeführten Orte erreichte jemals einen Zustand jenseits von Dorf.148 So ist doch unter der Voraussetzung, dass gleichwertige Orte auch gleich bezeichnet wurden, davon auszugehen, dass Langensalza denselben Status wie Schwabhausen, Körner und Grabe hatte und damit in den 1220er Jahren sicher ein Dorf war. Schließlich wird der Ort 1268 in einer als echt anzusehenden Urkunde als oppidum und in einer weiteren aus dem Jahr 1282 als civitas bezeichnet.149 Zwischen diesen beiden Quellen, in denen Langensalza eindeutig als Stadt qualifiziert entgegentritt, stehen jedoch weitere urkundliche Quellen, in welchen der Ort wiederum als villa in Erscheinung tritt. Die betreffenden Urkunden gehören in das siebte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts. Es handelt es sich um ein am 20. August 1272 und zwei am 24. April 1275 ausgefertigte Dokumente.150 Die erste Urkunde ist die Bestätigung des Mainzer Erzbsichofes Werner I. über die Übertragung des Hospitals, welches extra villam Salza gelegen war und durch die Herren von Salza an das Kloster Volkenroda übertragen wurde.151 146 147 148
149 150 151
UB Homburg A, Nr. 25. Dob II, Nr. 2199. Letzteres bedarf einer weiterführenden Untersuchung: Vgl. unten. Zu Körner vgl. KAUFMANN: Art. Körner, S. 240f. Dob II, S. 470. Dob III, S. 593. Zu Schwabhausen: PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 357. Zu Grabe: Dob II, S. 491. Dob III, S. 612. Dob IV, S. 461. MONE: Mainz und Thüringen, S. 446-448. Neuabdruck der Urkunde in: MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 39-42. 1282: UB Homburg, Nr. 73. Historia Monasterii Volcolderodensis diplomatica, Nr. XXXV, S. 763 und Nr. XXXIX, 1 u. 2, S. 765-767. (In der Folge: Hist. Volc.) Abdruck des gesamten Urkundentextes in: Hist. Volc., Nr. XXXV, S. 763. Ein Kurzregest findet sich im Mühlhäuser Urkundenbuch. Hier heißt es: Werner, Erzbischof von Mainz, bestätigt dem Abt Dithmar von Volkenroda die Übertragung eines Hospitals außerhalb der Stadt Salza seitens des Guntherus advocatus de Salza an das Kloster. (UB Mühlhausen, Nr. 217.) Als Quelle für dieses Regest wird im Mühlhäuser Urkundenbuch der eben genannte Druck des Textes angegeben. In diesem findet sich aber keinerlei Nennung Langensalzas als Stadt. Der Ort wird eindeutig als villa qualifiziert. Die Bezeichnung als Stadt im Kurzregest im Mühlhäuser Urkundenbuch ist demzufolge schon eine
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Die zweite am 24. April 1275 ausgestellte Urkunde betrifft erneut das eben genannte Hospital. In der Urkunde fordert Werner I., Erzbischof von Mainz, die Äbte des Peters- und des Schottenklosters zu Erfurt auf, das Hospital extra villam dicte Salza situatam mit seinen Privilegien, Rechten und Besitzungen zu schützen auf weiteren Informationen beruhende Interpretation des Urkundentextes. Hierfür dürften verschiedene Umstände zugrunde liegen. Einerseits wurden Hospitäler in der Regel bei oder in Städten gegründet. (ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 547f.) Andererseits galt bis vor wenigen Jahren 1212 als das Datum der Stadtwerdung Bad Langensalzas. (Vgl. oben) In diesem Zusammenhang ist außerdem auf Hist. Volc., Nr. 34, S. 762. Bezug zu nehmen. Hierbei handelt es sich um die gleichfalls am 20. August erfolgte Übertragung des Hospitals in das Kloster Volkenroda durch die Herren von Salza. (Vgl. auch: Dob IV, Nr. 814.) Während im Urkundentext selbst kein Hinweis auf den Charakter des Ortes Salza zu finden ist – die Nennung erfolgt mit dem bloßen Namen – drucken Schöttgen und Kreysig eine Vorbemerkung ab, in welcher es heißt: Eodem anno die Bernardi Guntherus de Salza Hospitale civitatis Salzensis monasterio nostro non ordinandum solo, sed et utendum fruendum, donavit, de qua et re testatur hoc diploma. (In diesem Jahr am Tag St. Bernhard gab Günther von Salza das Hospital der Stadt Salza nicht nur allein zur Verfügung, sondern auch zur Nutznießung, davon berichtet diese Urkunde.) Dieser Text, dieses wird an den Formulierungen monasterio nostro und de qua et re testatur hoc diploma deutlich, ist eine Vorbemerkung vom Verfasser der Hist. Volc. und gehört nicht zum Originaltext der Urkunde. Bei der Hist. Volc. handelt es sich weniger um eine Chronik der Geschichte des Klosters Volkenroda, als vielmehr um eine Zusammenstellung der Urkunden des Klosters. Ergänzt werden diese aber durchaus durch chronikalische Nachrichten. (Vgl. Hist. Volc., Nr. I-III u. V.) Verfasst wurde diese durch Albertus Koeberling um 1427. (Vgl. hierzu die Einleitung zu: Hist. Volc., in: Diplomataria et Scriptores Historiae Germanicae Medii aevi 1, ed. u. hg. von SCHOETTGEN/KREYSIG, S. 750.) Diese Zusammenstellung erinnert im weitesten Sinne an ein Kopialbuch, in welchem die wichtigsten Rechtstitel des Klosters Volkenroda zusammengestellt sind. Meist sind die überlieferten Urkunden mit kleinen einleitenden Zusatzvermerken – im Sinne eines einleitenden Kurzregestes – versehen, welche wohl vom Verfasser selbst stammen und für sich genommen annalistische Züge haben. (Vgl. exemplarisch Hist. Volc., Nr. IV u. VI- X.) Um eine solche Zusatzbemerkung handelt es sich dann auch beim oben besprochenen Text. Als Koeberling seine Sammlung in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts zusammenstellte, war Bad Langensalza sicher eine Stadt. Insofern ist der in dem kurzen Regest benutzte Begriff civitias ein Produkt der zeitgenössischen Sichtweise des Kompilators Koeberling und damit für seine Zeit auch richtig aber kann kaum Gültigkeit für den überlieferten Zeitraum haben. In diesen Zusammenhang ist dann auch das Regest im Mühlhäuser Urkundenbuch zu bringen, in welchem Mühlhausen als Stadt bezeichnet wird. Verwiesen wird auf den Druck der Hist. Volc. von Schöttgen und Kreysig. (Vgl. oben und: UB Mühlhausen, Nr. 217.) Insofern lag bei der Zusammenstellung des Mühlhäuser Urkundenbuches diese vor und damit waren auch beide Urkundentexte bei dessen Zusammenstellung zugänglich. Vorstellbar ist deshalb, dass hier der einleitende Text zu Hist. Volc., Nr. 34 mit dem Inhalt von Nr. 35 zusammengezogen worden ist, während der Inhalt des Urkundentextes von Nr. 34 ignoriert wurde.
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und vor allem auch das Begräbnisrecht und das Recht der Seelgerätsstiftungen dem Hospital zu wahren. Wegen Letzterem war es zum Konflikt mit dem Pfarrer der Bonifatiuskirche und anderen Kirchen der Umgebung gekommen.152 Eine am selben Tag gleichfalls vom Mainzer Erzbischof ausgefertigte Urkunde bestätigt noch einmal dem Kloster Volkenroda die Inkorporation des extra villam Salza gelegenen Hospitals. Hierfür lag dann auch die Zustimmung des Pleban (Pfarrers) der in foro (auf dem Markt) gelegenen Kirche St. Bonifatii vor.153 Konsequenterweise wäre hieraus zu folgern, dass Langensalza auch in den 1270er Jahren eher noch als Dorf anzusprechen ist und die Bezeichnung als oppidum im Jahr 1268 zweifelhaft erscheint. Jedoch gibt es bisher keine Hinweise auf eine Fälschung oder teilweise Fälschung des Inhaltes der Urkunde von 1268. Insofern muss ihr Inhalt und damit auch die Bezeichnung als oppidum als verlässlich angesehen werden. Für die Bezeichnung villa gibt es demzufolge andere Ursachen, die dann wiederum nicht in einem Widerspruch zur Bezeichnung als Stadt stehen. Vor diesem Hintergrund muss vor allem der Inhalt der Urkunde von 1268 kurz dargestellt werden und hieran sind weiterführende Überlegungen anzuschließen: Mit der am 15. Juli 1268 in Mainz ausgestellten Urkunde beauftragte Erzbischof Werner von Mainz den am Allerheiligenstift zu Erfurt ansässigen Kanoniker Magister Dietrich, das über den Ritter Reinold von Weberstedt und seine Unterstützer verhängte Interdikt weiterhin durchzusetzen und zu verhindern, dass mit Einwohnern, der mit dem Interdikt belegten Stadt Salza, in Erfurt Handel getrieben wird. Beides war so lange aufrechtzuerhalten bis eine entsprechende Genugtuung geleistet worden ist.154 Ein Verbot von Handel zwischen Erfurtern und Langensalzaern in Langensalza ist es aber nicht. Ein solches konnte der Erzbischof von Mainz auch kaum durchsetzen. So handelt es sich bei dem Interdikt um eine rein kirchenrechtliche Angelegenheit. Die Durchsetzung des Handelsverbotes in Erfurt war möglich, weil es sich bei Erfurt eine mainzische Stadt handelte und damit der Erzbischof auch als Stadtherr unmittelbaren Zugriff auf den Handel hatte. Einen solchen Zugriff auf Langensalza hatte er nicht. 152 153 154
Abdruck des gesamten Urkundentextes in: Historia Monasterii Volceroldensis diplomatica, Nr. XXXIX, 1, S. 765f. Vgl. Dob IV, Nr. 1166. Abdruck des gesamten Urkundentextes in: Historia Monasterii Volceroldensis diplomatica, Nr. XXXIX, 2, S. 766f. Vgl. Dob IV, Nr. 1167. Volumus nichilominus et sub predicta pena tibi commitimus, ut interdictum ecclesiasticum latum iam dudum a nobis in oppidum Salza propter predicti R. com. munionem illictam dum viveret et temerariam receptationem atque diutinam, quod quidem interdictum propter spem promisse nobis satisfactionis passi sumus hactenus relaxari, usque ad satisfactione condignam de cetero facias observari, ne quis mercatum inhabitatoribus predicti opidi in civitate Erphordiensi exercat sub pena excommunicacionis districtius prohibendo. (Abdruck des Textes in: MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 40. MONE: Mainz und Thüringen, S. 447f.)
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Aus der Urkunde wird damit deutlich: Langensalza war eine Stadt, ein oppidum, und trieb Handel mit der Stadt Erfurt. Das Handelsverbot schien darüber hinaus geeignet, die durch die Stadt zu leistende Buße endgültig einzufordern. Auffällig ist aber, während Langensalza in der Urkunde als oppidum bezeichnet wird, erscheint Erfurt als civitas.155 Möglich wäre, dass dieses geschah, weil Langensalza anders als Erfurt eben noch keine vollständige Stadt war. Wird ein im Vergleich zu Erfurt schwächerer urbaner Charakter angenommen, könnte dieses aber auch darauf zurückzuführen sein, dass Erfurt eine deutlich ältere Stadt war, es die wichtigste Stadt im Thüringer Becken war und dieser Vorrang äußert sich dann auch in der Terminologie. Noch ein weiterer Begriff erregt in diesem Zusammenhang Aufmerksamkeit. So werden die Bewohner Langensalzas nicht wie zu erwarten als oppidani, sondern mit dem Begriff inhabitatores (Einwohner) bezeichnet.156 Es könnte sich demnach andeuten: Langensalza hatte zum Ausstellungszeitpunkt der Urkunde zwar städtischen Charakter, eine Stadt im Rechtssinne mit nach städtischem Recht lebenden Bürgern war der Ort aber noch nicht. Etwas Vergleichbares findet sich in einer Urkunde Karls IV. aus dem Jahr 1356. In dieser gestattete Karl IV. dem Mainzer Erzbischof, aus den Dörfern (villa) Gernsheim und Niederhall bei Nagelsberg und aus dem Dorf Hasela bei Wertheim oppida zu machen. Die genannten oppida et incole seu inhabitatores eorum sollten dafür das Recht der civitas Frankfurt bekommen. Auch hier fällt auf, die neu zu erhebenden Städte werden anders als die ältere Stadt Frankfurt als oppida bezeichnet. Des Weiteren werden, während die Frankfurter cives genannt werden, die Bewohner der drei Orte als incolae und inhabitatores bezeichnet. Nur kurz nach dieser Bezeichnung erscheinen die Bewohner aber auch als oppidani.157 In einer weiteren Urkunde Karls IV. aus dem Jahr 1356 heißt es: …, predictos burgenses, incolae, inhabitatores et homines ville Theonis seu opidi Dyctenhofen…158 Während mit burgenses wohl sicher die Diendenhofener Bürger gemeint sind, scheinen sich die übrigen Begriffe in Abgrenzung zu den Bürgern auf die übrigen Menschen zu beziehen, die in Diedenhofen und der villa Theonis leben. Der Begriff kann demnach einerseits eine Personengruppe bezeichnen, welche nicht zum Rechtsbereich einer Stadt gehörte, aber diese auch mit einschließen. Insofern sollte der Begriff vorerst in seiner allgemeinen Bedeutung als Einwohner
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…in oppidum Salza…; …predicti opidi in civitate Erphordiensi…; …tam in civitate Erphordiensi[…] (MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 40. MONE: Mainz und Thüringen, S. 447f.) …, una cum prohibentibus et inhabitatoribus…; inhabitatoribus predicit opidum…(MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 40. MONE: Mainz und Thüringen, S. 447f.) Const. 11, Nr. 879. Const. 11, Nr. 913.
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eines rechtlich wie auch immer definierten Ortes verstanden werden. Dieses bedeutet für die Urkunde von 1268, falls mit inhabitatores alle Bewohner der Stadt gemeint sind, dass sich das Interdikt, aber auch das Handelsverbot gegen alle Einwohner richtet, unabhängig, ob es Bürger oder Personen anderer Rechtskreise sind. Aus der Urkunde von 1268 wird daher zunächst nur ersichtlich, dass Langensalzaer in Erfurt handelten und der Ort als oppidum bezeichnet werden konnte. Welche Rechte der im oppidum lebenden Personenverband hatte, kann aus diesen Zusammenhängen nicht festgestellt werden. Bedeutender ist ein anderer Umstand. So wird auf eine einige Zeit zurückliegende Fehde zwischen dem Ritter von Weberstedt verwiesen, in welcher sich das oppidum Langensalza und nicht der Stadtherr gegen den Mainzer auf die Seite des miles von Weberstedt gestellt und den Exkommunizierten aufgenommen hatte.159 Dieser Umstand wiederum zeigt doch ein gewisses städtisches Selbstverständnis und vor allem eine Eigenständigkeit der (Stadt- oder Markt-)Gemeinde Langensalzas, welches doch stark an städtische Autonomiebestrebungen erinnert und auf einen städtischen Rechtsverband verweist. Dieses ist ein entscheidender Hinweise auf einen doch ausgeprägteren städtischen Charakter des Ortes im Jahr 1268. Die Auseinandersetzungen zwischen Reinold, genannt Raphael von Weberstedt, und dem Mainzer Erzstift reichen wenigstens bis in das Jahr 1241 zurück und entzündeten sich an Besitzstreitigkeiten zwischen dem Mainzer Petersstift und dem Ritter von Weberstedt. So verurteilten ihn die Richter des Mainzer Stuhles in diesem Jahr zur Herausgabe des Martinswaldes, von welchem Reinold behauptete, er habe ihn von Gerbodo, damaliger Propst des Petersstiftes als Lehen erhalten. Dieser Anspruch wurde ihm abgesprochen, weil er bis zum angesetzten Termin keine entsprechenden Beweise vorlegen konnte.160 Die Ursachen für diesen Streit liegen noch einmal mindestens 17 Jahre zurück. 1224 bis 1226 versuchte das Petersstift in mehreren Gerichtsverhandlungen Güter in Thüringen zurückzuerhalten.161 Streitpunkt ist dabei unter anderem der Martinswald bei Weberstedt.162 So forderte am 24. Dezember 1224 Arnold, Prokurator von St. Peter, während einer Gerichtssitzung in Erfurt die Rückgabe des Waldstückes durch die Brüder Heinrich Raphael, Renold und Arnold von Weberstedt an das Petersstift. Weiter heißt es: Sie hätten sich dieses widerrechtlich angeeignet. Auch ist zu erfahren, dass die Brüder im Zusammenhang mit diesem
159 160 161 162
MONE: Mainz und Thüringen, S. 445f. Dob III, Nr. 1002. MONE: Mainz und Thüringen, S. 445f. Dob III, Nr. 1002. HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 528 u. 534. FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 1-3.
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Besitzstreit bereits exkommuniziert worden waren. Die Brüder wiederum äußerten: Sie besäßen den Wald schon seit über 30 Jahren. Einen entsprechenden Beweis blieben sie aber schuldig. Vielmehr stellten anwesende Zeugen fest, dass die Brüder Heinrich Raphael, Renold und Arnold von Weberstedt sich den Wald, nach dem Tod ihres Vaters, Heinrich Raphael, gewaltsam angeeignet hätten. Der Wald war dem Vater der Brüder und deren Großvater Arnold vom Propst Burkard ohne weitere Rechte nur zur Hut überlassen worden.163 In einem weiteren Gerichtsverfahren (26. Februar 1225) wurden die drei Brüder dann in Abwesenheit zur Herausgabe des Waldes und zur Entschädigung des Stiftes St. Peter zu Mainz verurteilt. Über die Exkommunikation der drei Brüder ist nichts weiter zu erfahren. Neben dem Weberstedter Besitz war das Mainzer Petersstift ebenfalls bestrebt, wieteren Besitz zurückzuerlangen. Von Interesse ist, dass solcher Besitz auch in Langensalza lag. So musste Hardrad von Weißensee eine aream bei seiner Burg in Salza an das Stift zurückgeben.164 Am 17. April wurde 1226 wurde Albold von Weberstedt dazu verurteilt, die Rechtmäßigkeit seiner Lehensansprüche an 3 Mansen aus dem Besitz des St. Viktorstiftes in Weberstedt bis zum 7. Juni zu beweisen.165 Schon am 13. Februar 1226 sollte Renhard der Lange von Flarchheim nach Erfurt kommen, um über vier Mansen in Waldstedt zu verhandeln. Wegen schwerer Feindschaft war es diesem aber nicht möglich selbst in Erfurt zu erscheinen und er schickte seinen Vetter als Procurator.166 Alle diese Orte liegen unmittelbar westlich von Langensalza und es scheint darüber hinaus erhebliche Konflikte gegeben zu haben, ohne dass klar ist, ob sie im Zusammenhang mit der Rückgabe der Güter des Petersstiftes stehen. Wahrscheinlich ist dieses im Hinblick auf die Urkunde von 1268 aber durchaus. Hieraus ergeben sich dann mögliche Zusammenhänge für den Zusammenschluss des Raphael von Weberstedt mit dem oppidum Langensalza. Die 1224 beginnende und sich augenscheinlich über Jahrzehnte hinziehende Rückforderung der Güter bedrohte möglicherweise auch unmittelbar die Interessen der entstehenden Stadt und zwang sie zum Zusammenschluss mit Reinold Raphael von Weberstedt. Der im oppidum lebende und rechtlich vielleicht auch schon fixierte Personenverband tritt demnach als vom Stadtherrn unabhängig handelnde Institution auf, wobei nicht auszuschließen ist, dass die Vertreter des Stadtherren – die Herren von Salza, welche später die Stadtherrschaft recht selbstständig ausüben – in dem Begriff inhabitatores mit eingeschlossen sind. Ausdrücklich erwähnt werden sie aber nicht.
163 164 165 166
FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 1-3. Vgl. oben. FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 528, Nr. 6. FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 528, Nr. 5.
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Abschließend bleibt nur noch zu überlegen, wann es zur communio zwischen Reinold von Weberstedt und dem oppidum Salza gekommen sein kann. Als frühestmöglicher Termin kommt nur das Jahr 1241 infrage. Durch den in diesem Jahr ergangenen Gerichtsbeschluss sollte Reinhold Raphael endgültig zur Herausgabe des Waldes gezwungen werden. Dass dieses nicht geschehen ist, wird aus der Urkunde von 1268 deutlich.167 Ausgestellt worden sein muss die Urkunde von Erzbischof Werner von Eppstein, welcher 1259 bis 1284 Erzbischof von Mainz war.168 In der Urkunde heißt es: …, ut interdictum ecclesiasticum latum iam dudum a nobis in oppidum Salza propter prediciti R. communionem illictam,…169 Das Interdikt über Salza wurde von ihm selbst verhängt und es bestand schon längere Zeit. Es fällt damit in die ersten Jahre der Amtszeit Werners und auch die communio zwischen Salza und Reinhold liegt damit schon einige Jahre zurück. Darüber Hinausgehendes lässt sich aber nichts sagen. Es bleibt aber festzuhalten, dass Salza spätestens in der Frühzeit Werners oder unmittelbar vor seinem Amtsantritt selbstständig genug gewesen zu sein scheint, um sich mit einem Ritter aus der Region gegen den Mainzer Erzbischof und das mainzische Petersstift zu verbünden. Im Jahr 1282 übereignete dann Günther von Salza Besitz, welcher ante portam civitatis Salcza gelegen war, an das Kloster Homburg. Auffällig ist hier der in den zwei zeitlich nur wenige Jahre auseinander liegenden Quellen erfolgte Gebrauch von unterschiedlichen lateinischen Begriffen zur Qualifizierung Langensalzas als Stadt und dieses ist im Folgenden zu besprechen.
4.4.2 villa, oppidum oder civitas – Dorf, Städtchen oder Stadt – das Problem der Quellenbegriffe In der Forschung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Begriffe oppidum und civitas, welche zwar beide einen Ort als Stadt qualifizieren, gleichzeitig auch auf unterschiedliche städtische Entwicklungszustände verweisen können. So kann der Terminus oppidum, welcher im 14. Jahrhundert in den mittelhochdeutschen Quellen häufig auch stetgen (Städtchen) oder stetlein (Städtlein) entspricht, auf ein minderes Maß an Urbanität beziehungsweise auf einen kleinstädtischen 167 168
169
Vgl. Abschlussbemerkungen Mones zur Urkunde von 1268 in: MONE: Mainz und Thüringen, S. 446. Namentlich genannt wird er nicht. Die Ausstellung der Urkunde fällt aber in seine Amtszeit. Zur Amtszeit vgl. GERLICH: Art. Werner von Eppstein, Sp. 6. BOCKENHEIMER: Art. Werner, Erzbischof von Mainz, S. 28-30. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 40. MONE: Mainz und Thüringen, S. 447.
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Charakter verweisen,170 wobei die Terminologie „synchronisch und diachronisch gesehen fließend ist“.171 In diesem Zusammenhang sei auf das markgräfliche Register von 1378 verwiesen, welches die Abgaben der Orte und Städte im wettinischen Herrschaftsbereich auflistet. Dieses liegt in drei Handschriften vor, wobei Handschrift A und B in lateinischer Sprache und Handschrift C in Mittelhochdeutsch verfasst sind.172 Die meisten in A und B angeführten Städte werden als civitas bezeichnet,173 eine ganze Reihe aber eben auch als oppidum. Zu den letzteren gehören: Eckartsberga, Orlamünde, Ummerstadt, Adorf, Wiehe, Leisnig und Mittweida.174 Waltershausen, Wiehe und Tennstedt treten sowohl mit der Bezeichnung oppidum als auch mit der Bezeichnung civitas entgegen.175 Waltershausen, Eckartsberga und Tennstedt werden in der deutschen Handschrift C stetlein oder stetgen genannt.176 Bei diesen Städten handelt es sich um Städte, welche im Mittelalter in ihrer Ausdehnung recht bescheiden blieben. Waltershausen wuchs nicht über eine kleine, sich um den Marktplatz gruppierende Siedlung hinaus und lag wirtschaftlich wohl immer im Schatten der nur wenige Kilometer entfernten Stadt Gotha.177 Trotz einer nicht ungünstigen Entwicklung blieb auch Eckartsberga eine ausgesprochene Kleinstadt.178 Tennstedt verfügte zwar über eine ganze Reihe städtischer Merkmale wie beispielsweise eine Ratsverfassung oder eine Stadtmauer, war aber in seiner Ausdehnung gleichfalls bescheiden und in seiner ummauerten Fläche sogar erheblich kleiner als der benachbarte Marktflecken Herbsleben.179 Orlamünde, Ummerstadt, Adorf, Wiehe, Leisnig und Mittweida werden zwar in der Handschrift C stat genannt, aber auch diese Orte erlebten nur eine sehr 170 171 172 173 174 175
176
177 178 179
FAHLBUSCH: Art. Minderformen, Sp. 633f. STOOB: Minderstädte, S. 22. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 234. Vgl. auch Kap. I.2.2. ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 44-46. Vgl. gleichfalls Kap. I.2.2. Registrum dominorum marchionum Missnensium, S. LI-LXII. Vgl. auch Kap. II.2.6.1 Exemplarisch: Eisenach, Creuzburg, Waltershausen, Gotha, Weimar u. Jena (Registrum IIb, IIIb, VIIb, VIIIb, XXII,e u. f, XXXII). Registrum VIIb, XIV, XXXIV, XXXVI, 17, XL 16, LXXIb u. LXXII. Waltershausen: Bezeichnung als civitas in Registrum VIIb. Bezeichnung als oppidum, in Summularium VIIb. Wiehe: Bezeichnung als civitas, in: Registrum XXVIII, 1. Bezeichnung als oppidum, in: HS B, hierzu vgl. Anm. b, S. 93. Bad Tennstedt: Bezeichnung als civitas, in: Registrum XVIIb. Bezeichnung als oppidum, in: Summularium XVIIb. Summularium HS C, vgl. Anm. u, S. 317. Eckartsberga: Registrum HS C, vgl. Anm. n, S. 88; Summularium HS C, vgl. Anm. p, S. 328. Tennstedt: Summularium HS C, vgl. Anm. f, S. 323. MÜLLER: Landgräflich Städte, S. 256-259. MÜLLER: Landgräflich Städte, S. 259-264. NEUSS: Art. Eckartsberga, S. 97f. SOMMER: Eckartsberga, S. 26-30. Vgl. Kap. II.2.6.3 u. II.5.6.
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mäßige städtische Entwicklung. In Orlamünde bildete sich zwar eine Ratsverfassung aus, die Stadt wuchs aber kaum über eine bescheidene Einstraßenanlage hinaus, und auch aus wirtschaftlicher Perspektive ist kaum eine Entwicklung zu verzeichnen.180 Ummerstadts Stadtwerdung gehört wohl noch ins 13. Jahrhundert, eine Ratsverfassung ist aber erst für das 15. Jahrhundert nachweisbar. Die wirtschaftliche Entwicklung war wohl wie in Orlamünde eher mäßig.181 Adorf war spätestens im 14. Jahrhundert ummauert, entwickelte eine bescheidene Tuchmacherindustrie, wuchs aber kaum über die ursprünglichen Ortsgrenzen hinaus.182 Mittweida erreichte schon bald nach seiner Gründung im 13. Jahrhundert eine Selbstverwaltung durch den Rat, die Stadt wurde aber erst im 15. Jahrhundert ummauert. Entscheidende Entwicklungen fanden in Mittweida sogar erst im 16. Jahrhundert statt.183 Auch für diese Städte deutet sich damit an, dass sie in der Gesamtheit ihrer Entwicklung doch eher hinter anderen Städten zurückstanden und ihnen zum Zeitpunkt der Abfassung des markgräflichen Registers häufig wesentliche städtische Merkmale fehlten. Einzige Ausnahme bildet hier nur Leisnig, welches als Nahmarkt eines größeren Gebietes doch umfassendere wirtschaftliche Funktionen wahrnahm. Schon im 13. Jahrhundert bestand die Stadt aus einer Neu- und einer Altstadt, wobei die Altstadt schon im 13. Jahrhundert ummauert war.184 Die Städte welche ausschließlich mit dem Begriff civitas in den Handschriften A und B des markgräflichen Registers erscheinen, werden außer den Genannten in C auch nur mit dem Begriff stat bezeichnet. Bei aller Vorsicht deutet sich damit an, dass lateinisch civitas weitgehend eine dem mittelhochdeutschen stat entspricht, während oppidum neben stat eben auch die Diminutivformen stetlein und stetgen umfassen kann. Gleichwohl werden Städte, die in der Handschrift A und B mit dem lateinischen Begriff oppidum bezeichnet worden sind, in C eben auch mit dem mittelhochdeutschen Begriff stat benannt. Jedoch – und hier sind weiterführende Untersuchungen notwendig – verweisen die kurzen Ausführungen zu den als oppidum und stetgen beziehungsweise stetlein bezeichneten Städten auf eine gewisse begriffliche Differenzierung im 14. Jahrhundert. Ursachen hierfür könnten das Fehlen bestimmter städtischer Merkmale, ebenso auch eine bescheidene Ausdehnung der Städte in dieser Zeit sein.
180 181 182 183 184
Vgl. Plan von Orlamünde, in: PATZE: Recht und Verfassung, S. 163. PATZE: Recht und Verfassung, S. 165-167. PATZE: Art. Ummerstadt, S. 446. LEIPOLDT: Art. Adorf, S. 2f. BLASCHKE: Art. Mittweida, S. 254. BILLER: Stadtbefestigungen, S. 215 u. 217.
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An dieser Stelle muss noch einmal eine Quelle im Zusammenhang mit Langensalza Beachtung finden, welche bereits oben kurz angesprochen wurde. Im zwischen 1345 und 1350 entstandenen Liber cronicorum sive annalis Erfordensis wird Langensalza im Zuge des Berichtes über die Belagerung von 1212 als oppidum bezeichnet, während das unmittelbar anschließend genannte Weißensee mit dem Begriff civitas entgegentritt.185 Zum Zeitpunkt der Abfassung der Liber cronicorum sive annalis Erfordensis muss Langensalza aber eine vollausgebildete Stadt gewesen sein. Immerhin wird die Alt- oder Rechtsstadt Salza nur wenige Jahre später (1356) im mainzisch-wettinischen Teilungsvertrag mit ihren zwei Vorstädten zu einer Stadt vereinigt. Die Altstadt war bereits mit einer Mauer befestigt, es treten der Rat als Instrument städtischer Selbstverwaltung entgegen und auch ansonsten lassen sich in diesem Vertrag wesentliche städtische Merkmale feststellen.186 Die Verwendung des Begriffes oppidum scheint hier zunächst kaum wegen der gegenüber Weißensee abgeminderten städtischen Qualität Langensalzas verwendet worden sein. Vielmehr könnte die Erklärung eher anderer Natur zu sein. Über die Belagerung des oppidum Salza und der anschließende Zug Ottos IV. nach der civitas Weißensee wird in einem Satz berichtet. Beide Begriffe stehen im Satz nur sechs Worte auseinander. Insofern ist vorstellbar, dass der Verfasser diese zwei unterschiedlichen Begriffe benutzte, um eine begriffliche Dopplung im Text zu vermeiden. Im Ergebnis heißt dieses aber wiederum: Sowohl oppidum als auch civitas können wenigstens im 14. Jahrhundert gleichartig benutzt werden und müssen, wie sich schon im markgräflichen Register von 1378 andeutete, keine Stufen innerhalb einer städtischen Entwicklung meinen. In diesem Zusammenhang sei deshalb noch auf eine weitere Quelle verwiesen, welche in den gleichen zeitlichen Rahmen gehört wie die Abfassung der Liber cronicorum sive annalis Erfordensis: Am 9. April 1345 verkaufte Heinrich, Herr zu Salza, seinen Anteil an Burg und Stadt Salza mit allem im Weichbild und Gericht zu Salza gelegenen Zubehör und mit dem Dorf Merxleben. Die entsprechende Urkunde ist in mittelhochdeutscher Sprache verfasst und befindet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München.187 Bei Gudenus findet sich der 185
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Anno domini MCCXII Otto rex Romanorum Salza oppidum cum castro expugnavit et civitatem Wisense obsedit per septimas. (A. 1212 aus: Liber chronicorum s. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS 42, S. 210f.) Vertrag von 1356: SHStA Dresden Bestand 10004 Kopiale 25, fol. 38a. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2, 1, Nr. 533. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 243. Abdruck der gesamten Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122f. Vgl. zum Vertrag außerdem: LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 136 mit Anm. 567. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 5288. Mit Verweis auf Original im Hauptstaatsarchiv München. (M. Domkap. fasc. 94. – Urkunde vom 9. April 1345.) Vgl. auch: Mainzer Ingrossaturbücher. URL: http://www.ingrossaturbuecher.de [03.04.2016].
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Abdruck einer entsprechenden Notiz welche lateinisch verfasst ist und in der Langensalza als oppidum bezeichnet wird.188 Problematisch ist, dass ein lateinisches Original für die Notiz Gudenus’ nicht aufgefunden werden konnte. Bei der Überprüfung der Mainzer Ingrossaturbücher, welche die Verkaufsurkunde in mehrfachen Abschriften enthalten, konnten lediglich mittelhochdeutsche Exemplare aufgefunden werden. Es ist demzufolge vorerst unsicher, woher Gudenus seinen lateinischen Text nimmt.189 Möglicherweise lag Gudenus überhaupt keine lateinische Fassung vor. So ist vorstellbar, dass es sich bei der von ihm vorgegebenen Notiz eher um ein von ihm selbst in lateinischer Sprache verfasstes Kurzregest handelt. Der bei Gudenus abgedruckte Text enthält normal und kursiv geschriebene Wörter. Die im Text kursiv geschriebenen Wörter sind Namen. Im nachfolgenden Regest ist zwischen dem lateinischen Wortlaut kursiv geschrieben: Vormundere und Pfflegerere des Stiffts Menze.190 Die Schreibweise der Wörter ist mitteldeutsch und es liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine Formulierung aus der Originalurkunde handelt, welche Gudenus in sein ansonsten lateinisches Kurzregest übernommen hat. Auf derselben Seite findet sich unten ein komplett in kursiv geschriebener Text in lateinischer Sprache, welcher sich auf der nächsten Seite fortsetzt.191 Zwar enthält dieser gleichfalls lateinische Wörter, welche normal geschrieben sind, diese dienen aber der Kennzeichnung von Abschnitten. Beim Text scheint es sich um den Originalwortlaut zu handeln. Anschließend an diesen Text ist eine fast vollständige mitteldeutsche Urkunde abgedruckt. Der Text ist zwar nicht kursiv, dafür aber in Fraktur geschrieben und hebt sich damit vom übrigen Text auf dieser Seite ab.192 Ebenso ist die gesamte Vorbemerkung zum Buch in Latein verfasst. Außerdem
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190 191 192
GUDENUS I, S. 962. Werner Schnellenkamp verweist in seinem Aufsatz über Langensalza auf die Regesten des Geschlechtes von Salza (Nr. 217). Letztere wiederum geben auch nur die Traditionsnotiz bei Gudenus an. (SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 15.) BStA Würzburg, Ingrossaturbuch 6, fol. 93. Vgl. Archivalische Überlieferung zu: Mainzer Ingrossaturbücher: URL: http://www.ingrossaturbuecher.de (04.2016). Die Herkunft des von Gudenus wiedergegebenen lateinischen Wortlautes ist ungewiss. Eine entsprechende Urkunde konnte bisher nicht aufgefunden werden. In den im Staatsarchiv Würzburg aufbewahrten Mainzer Ingrossaturbüchern 3 und 6 sind lediglich die entsprechenden Urkunden in mittelhochdeutscher Sprache enthalten, wobei die Urkunde im Mainzer Ingrossaturbuch Nr. 6 eine spätere Abschrift der Urkunde im Mainzer Ingrossaturbuch 3 ist. (BStA Würzburg Mainzer Ingrossaturbuch 3, fol. 83a-85a u. Mainzer Ingrossaturbuch 6, fol. 93a-95b.) GUDENUS I, S. 962. GUDENUS I, S. 962f. GUDENUS I, S. 963.
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handelt es sich um dieselbe Schrift wie bei den Texten, bei denen eine Urheberschaft Gudenus’ vermutet worden ist.193 Deshalb ist davon auszugehen, dass die normal geschrieben Texte und Textteile von Gudenus selbst verfasst worden sind und es sich keinesfalls um Ausschnitte aus Originalen, sondern um von ihm verfasste lateinische Zusammenfassungen handelt. Dennoch wird deutlich: Oppidum, civitas und stat konnten synonym gebraucht werden. Die Begriffe müssen deshalb zur Beurteilung der Entwicklungsstufe einer Stadt mit aller Vorsicht gebraucht werden und grundsätzlich sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen. Auffällig bleibt aber, dass Langensalza 1268194 als oppidum, 1272 sowie 1275 als villa195 und 1282 als civitas196 bezeichnet wurde. Der Ort erscheint demzufolge zwischen den zwei Bezeichnungen als Stadt auch mit einem eher für Dörfer verwendeten Begriff in den Quellen. So könnte daraus geschlussfolgert werden, dass Langensalza in dieser Zeit zwar eine städtische Entwicklung genommen hatte, diese war aber noch nicht abgeschlossen und es konnte deshalb sowohl als Stadt als auch als Dorf bezeichnet werden. Gleichwohl ist auch der Begriff villa (Dorf), wie 1272 und 1275 für Langensalza geschehen,197 nicht immer geeignet, um ohne Weiteres auf den Status eines Ortes zu schließen. So wird beispielsweise Eschwege 1249 einmal als regia villa bezeichnet,198 während die Einwohner 1236 als cives und in einer weiteren Urkunde aus demselben Jahr als oppidani in Erscheinung treten.199 Letzteres wiederum verweist darauf, dass im Mindesten ein rechtsfähiger Verband Eschweger Einwohner bestand, welche dann deshalb als Städter bezeichnet werden konnten und damit aus der Masse der im ländlichen Raum in einer Grundherrschaft lebenden Personen herausgehoben waren.200 Eschwege selbst wird in den Quellen erst 1277 eindeutig als Stadt (civitas) qualifiziert.201 Zwei ähnliche Fälle liegen bei Mühlhausen und Nordhausen vor. Beide Städte treten zum Jahr 1211 als villa regia entgegen.202 Mühlhausen wird in den Pöhlder 193 194 195 196 197 198 199 200 201
202
Vgl. Praefatio in: GUDENUS I. Vgl. oben. Hist. Volc., Nr. XXXV, S. 763 und Nr. XXXIX, 1 u. 2, S. 765-767. Vgl. auch oben. Vgl. oben. Vgl. oben. Hoc Anno [1236] IIII Kal. Ianuarii regia villa Eschenwege fuit expugnata. (Anno 1249, aus: Annales Erfordenses, In MGH SS 16, S. 38.) Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 24f. Vgl. HEINEMEYER: Eschwege, S. 74. Die Klöster der Landschaft an der Werra, Nr. 25. Vgl. auch: HEINEMEYER: Art. Eschwege, S. 98. Historisches Ortslexikon Hessen. Datensatz: Nr. 636003030 (URL: http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/63%206003030 [09.04.2016].) Anno 1211, aus Chronica s. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS 42, S. 210.
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Annalen aber bereits zum Jahr 1180 als imperatoris civitas bezeichnet.203 Jedoch erscheinen Mühlhausen und Nordhausen in der Chronica s. Petri Erfordensis moderna für dasselbe Jahr auch als villa regia.204 Mühlhausen wird von den Erfurter Chronisten in der Chronica s. Petri aber auch an anderer Stelle und vor allem bis in die Mitte des 13. Jahrhundert als villa regia bezeichnet. So etwa 1199, 1244 und 1251.205 Ähnlich gelagert ist die Situation auch für Nordhausen. Auch hier bezeichnet die Erfurter Chronistik den Ort bis weit ins 13. Jahrhundert durchaus als villa regia oder villa regalis.206 Laut Michael Gockel beziehen sich diese Wendungen aber jeweils auf die voll entwickelte Stadt207 und dürften damit kaum auf dörflichen Charakter verweisen. Gleichwohl bedarf der Gebrauch des Begriffes villa in diesem Zusammenhang einer Erklärung. Zwei grundsätzliche Auffälligkeiten lassen sich zunächst feststellen. Die Bezeichnung als villa geschieht nach bisherigem Kenntnisstand ausschließlich in der Erfurter Chronistik, während die Städte ansonsten in den Quellen ausdrücklich Stadt (oppidum/civitas) genannt werden. Es könnte immerhin unterstellt werden, dass in Chroniken und Annalen als literarische Quellen doch ein grundsätzlich größerer Spielraum in der Begrifflichkeit bestand, als vielleicht in Urkunden. Gleichwohl mussten die verwendeten Begriffe dem zeitgenössischen Verständnis genügen und von den Zeitgenossen im Zusammenhang mit dem bezeichneten Ort auch akzeptiert werden. Es konnte kaum ein Begriff verwendet werden, welcher gegen das Wissen der Zeitgenossen einen anderen Sachverhalt wiedergab. Insofern muss auch der Terminus villa einen tatsächlichen Zustand abbilden, der aber nicht Dorf meinen kann. Villa kann hier deshalb nicht losgelöst vom zugehörigen Begriff imperium (Reich) beziehungsweise regalis (königlich) betrachtet werden. Beide bilden eine begriffliche Einheit, durch welche die Bedeutung von villa deutlich wird. Imperium und regalis zeichnen hier eine Zugehörigkeit von villa zum Reich (zum Königtum) aus, die gleichzeitig aber auch funktionale Rückschlüsse zulässt. Es handelt sich demzufolge um eine königliche villa beziehungsweise eine villa regalis oder villa publica.208 Villa imperii dürfte in den genannten Fäl-
203 204 205 206
207 208
Anno 1180, in: Annales Palidenses auct. Theodoro monacho, in: MGH SS 16, S. 95. Anno 1180, in Chronica s. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS 42, S. 189. Anno 1199, in Chronica s. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS 42, S. 200. Anno 1244 u. 1251 in: Annales Erphordenses fratrum Praedicatorum, In: SS. 42, S. 100 u. 112. Anno 1199, 1220, 1234, aus Chronica s. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS 42, S. 200, 225, 231. Anno 1234 u. aus: Annales Erphordenses fratrum Praedicatorum, in: SS. 42, S. 89. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 268. GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 324f. Auffällig ist, dass diese Begriffskombination ansonsten eher im Frühmittelalter Anwendung findet und augenscheinlich nur durch die Erfurter Chronistik darüber hinaus be-
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len nichts anderes als die Funktion als Reichshof – als königliche Pfalz – meinen 209 und damit Funktionen, die auch königliche Städte durchaus wahrnahmen.210 Der Terminus villa kann deshalb in den Fällen Eschwege, Mühlhausen und Nordhausen dann kaum ein Dorf bezeichnen. Damit wird aber deutlich, dass der Begriff villa vielschichtig ist und über die bloße Bedeutung von Dorf hinausreicht. So kann er neben den schon genannten Varianten zwar durchaus auch die Stadt im Rechtssinn, die Stadtgemeinde, Siedlung außerhalb einer Burg, Burgflecken, Burg, aber auch das viel neutralere Ort
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nutzt wird. Auch hier ist dieser Gebrauch aber augenscheinlich nicht sonderlich verbreitet. (Vgl. Beispiele in: Mediae latinitatis lexicon minus 2, S. 1436. Weitere Beispiele: Ionas Vitae Columbani. Liber 1, in: SS rer. Germ 37, S. 186, Z. 13f., 188 u Z. 18. Ionas, vitae Columbani libri II, in: SS rer. Germ 37, S. 13, Z. 27. Notitia de Concilio Neuchingensi, A. 772, in: MGH Concilia 2.1: Concilia aevi Karolini, S. 104, Z. 20. Additiones legis Baiuwariorum, in: LL 3, S. 463, Z 5 u. 7. Conventus Attinaciensis Anno 765, in: LL 1, S. 29, Z. 40.) Mediae latinitatis lexicon minus 2, S. 1436. Zwar wurde wohl zwischen 1002 und 1024 unter Mitwirkung Heinrichs II. in Eschwege ein Kanonissenstift gegründet und hierfür ein nicht unerheblicher Teil des Königgutes um Eschwege aufgewendet. Das Stift selbst fand seinen Platz im Bereich der einstigen Königspfalz. 1075 übertrug Heinrich IV. Eschwege mit dem Stift an die bischöfliche Kirche zu Speyer. Im Jahr 1213 ging das Stift jedoch durch Tausch wieder an das Königtum zurück. Letzteres rechtfertigt dann die Bezeichnung Eschweges als villa regia in den Jahren 1249/50. Des Weiteren war das Kanonisstenstift spätestens seit der Mitte des 12. Jahrhunderts mit einiger Wahrscheinlichkeit verpflichtet, die ursprünglichen Servitien des Königshofes, welcher mittlerweile in der Hand des Stiftes gewesen sein dürfte, zu leisten. (HEINEMEYER: Art. Eschwege, S. 115-117, 119 u. 123f.) Auch wenn Friedrich Barbarossa 1158 zunächst auf den gesamten Reichsbesitz in Nordhausen verzichtete, rückte der staufische Kaiser, nachdem Heinrich der Löwe seine Herzogtümer verloren hatte, erneut in den Nordhäuser Besitz ein. 1207 hielt Philipp von Schwaben einen Hoftag in Nordhausen ab und 1212 feierte Otto IV. hier eine Hochzeit mit Beatrix von Schwaben. 1223 fand dann ein Hoftag Heinrichs (VII.) in Nordhausen statt. Ab 1234 ist Nordhausen verpfändet. Gleichwohl gab es weiterhin königlichen Besitz am Ort. Es befand sich hier noch eine königliche area, wohl das alte Pfalzgelände. Erst 1307 wurde sie von König Albrecht an die Deutschordens-Kommende in Wallhausen übertragen. Hierbei dürfte es sich um den Ort handeln, an dem sich die Könige in Nordhausen aufhielten. Vorstellbar ist, dass sie diesen Zweck auch nach der Übertragung beibehielt. (GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 332 u. 382f.) Bis zur Zerstörung der Reichsburg in der Mitte des 13. Jahrhunderts sind für Mühlhausen eine ganze Reihe von Königsaufenthalten auch für die Zeit nach der Entstehung der Stadt belegt. Danach gab es nur noch einen. 1295 hielt König Adolf von Nassau in der Stadt einen Hoftag ab. 1198 wurde Philipp von Schwaben in Ichtershausen und Mühlhausen zum König erhoben. Darüber hinaus sind für Mühlhausen eine ganze Reihe königlicher Amtsträger und Ministerialen belegt, welche seit dem 13. Jahrhundert auch Bürger der Stadt waren. (GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 280-316.)
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bedeuten, wird aber als Begriff schwerpunktmäßig der Stadt entgegengestellt.211 In diesem Zusammenhang sei auf ein Beispiel aus dem thüringischen Raum verwiesen, welches zwar in das 14. Jahrhundert gehört, diesen Gegensatz aber deutlich macht. So stellte 1324 der Abt von St. Peter in Erfurt eine Urkunde aus, welche die Lage einer Hufe als in den Grenzen und den Feldern ville seu opidi, que vel quod vulgo Neuwenmarckt dicitur (des Dorfes oder Stadt, welches oder welche gemeinhin Neumarkt genannt wird) gelegen beschreibt.212 Es gab demzufolge Orte, welche offensichtlich eine Zwischenstellung zwischen Dorf und Stadt einnahmen und bei denen der tatsächliche Status unklar war. Während der Ort Neumarkt vorher nur als villa bezeichnet wird, tritt er 1326 und damit nur zwei Jahre später als stat entgegen.213 Schon Hartmut Wenzel verwies im Zusammenhang mit der doppelten Begrifflichkeit darauf, dass die Stadt Neumarkt sich zu diesem Zeitpunkt im Aufbau zur Stadt befunden haben muss.214 Der Ort nahm demzufolge zu diesem Zeitpunkt insofern eine Zwischenstellung ein, dass der Stadtwerdungsprozess noch nicht vollständig abgeschlossen war. Ähnliches war schon bei Langensalza für die 1270er Jahre vermutet worden, und diese Bemerkung Wenzels könnte eine solche These entsprechend stützen. Deshalb wird in der Folge zu prüfen sein, ob sich Vergleichbares auch bei anderen thüringischen Städten nachweisen lässt.215 Die am Südrand des Harzes liegende Stadt Ellrich wird 1229 erstmals oppidum genannt, 1292 erscheinen cives, commune vulgus und consules in den Quellen und der Ort wird als civitas bezeichnet. 1296 werden wiederum cives 216 und 1315 wird der Ort erneut oppidum genannt und 1331 als stat bezeichnet. Spätestens 1315 dürfte er darüber hinaus ummauert gewesen sein.217 Entscheidend ist aber, dass Ellrich 211 212 213
214 215
216 217
Mediae latinitatis lexicon minus 2, S. 1434-1437. UB Erfurter Stifter 1, Nr. 1227. UB Erfurter Stifter 2, Nr. 42. 1248 wird Neumarkt als villa Novum Forum (Dorf Neumarkt) bezeichnet. Hier ist schon aus dem Namen zu erkennen, dass der Ort über einen Markt verfügte, er, und das wird aus dem Namen unmittelbar deutlich, als planmäßige Marktanlage gegründet worden ist. Insofern kann er aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht mehr als bloßes Dorf angesehen werden, sondern hebt sich als Markt aus den Dörfern der Umgebung heraus. (Anno 1248 in: Annales Erphordenses fratrum praedicatorum, In: MGH SS rer. Germ 42, S. 105, Z. 21f.) Vgl. WENZEL: „villa seu oppidum Neuwenmarckt“, S. 22f. Grundlegend für die nachfolgende Aufschlüsselung ist die 1942 veröffentlichte Untersuchung Flachs zur Entstehungszeit thüringischer Städte, welche im zweiten Teil eine umfangreiche Ausarbeitung über die in den Quellen für die Orte gebrauchten Begriffe aufweist und damit auch die Ersterwähnung als Stadt erfasst (FLACH: Entstehungszeit, S. 80-111.) Dob III, Nr. 69. UB Walkenried, Nr. 541. UB Walkenried, Nr. 574. UB Walkenried, Nr. 749. UB Nordhausen 2, Nr. 18.
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1230 und 1256 auch als villa bezeichnet wird.218 Das in Südthüringen liegende Themar wird 1315 zusammen mit den Orten Gletschen(?), Lampertshausen, Einhausen, Obermaßfeld, Fladungen, Luterbach und Nidern Elspe219 als dorf bezeichnet, obwohl bereits 1303 und dann wieder 1317 die Einwohner civis (Städter) genannt werden.220 Im Jahr 1317 erscheinen in einer durch Graf Poppo von Henneberg für das Kloster Veßra ausgestellten Urkunde darüber hinaus erstmals consules und cives in den Quellen, und der Ort wird außerdem als civitas qualifiziert221 und 1319 als oppidum bezeichnet.222 Die bäuerlichen Bewohner von Kindelbrück erhalten im Jahr 1291 durch Landgraf Albrecht von Thüringen dasselbe Recht, welches seine Bürger in Weißensee haben.223 Aus der vorher dörflichen Siedlung wurde damit eine Stadt und aus den dörflich-bäuerlichen Bewohnern Stadtbürger. Allerdings wird Kindelbrück sowohl 1293 als auch 1324 auch weiterhin als Dorf bezeichnet.224 Erneut Stadt genannt wird der Ort dann 1367 und 1372.225 Kindelbrück blieb dennoch eine ausgesprochene Kleinstadt, welche sich kaum über städtische Ansätze hinaus entwickelte. Eine Ratsverfassung konnte sich aber herausbilden und eine bescheidene städtische Wirtschaft lässt sich ebenfalls nachweisen. Mit einer Mauer umgeben wurde Kindelbrück aber erst 1508.226 Das im Osten Thüringens liegende Städtchen Gefell tritt 1395 erstmals als Stadt entgegen (stetil = Städtlein).227 1402 verpfändete Heinrich Herr zu Plaue Urbauch hus und stat, Pusen die stat, daz stetichen czum Gefelle und das dorff Rothinbach.228 218 219
220 221
222 223 224 225
226 227 228
Dob III, Nr, 110. UB Walkenried Nr. 317. Einhausen, Obermaßfeld und Lampertshausen liegen südlich und südöstlich von Meinigen, Fladungen liegt 20 Kilometer westlich von Meinigen (Zur Identifizierung der Orte vgl. Register in: Dob III, S. 599, 607 u. 630. Dob IV, S. 470.) Gletschen, Luterbach (wahrscheinlich Lauterbach) und Nidern Elspe lassen sich vorerst nicht identifizieren. Hennebergisches UB I, Nr. 116. SCHULTES: Historisch-statistische Beschreibung der Grafschaft Henneberg 1, 3 (1796) S. 355, Anm. m. Abdruck der Urkunde in: SCHULTES: Neue diplomatische Beiträge zu der Fränkischen und Sächsischen Geschichte, Nr. 53. In Lengevelt proprietas tocius ville, iuxta opidum Theymar site,[…] (UB Henneberg I, Nr. CXXXII, S. 73.) Quellen zur älteren Geschichte des Städtewesens in Mitteldeutschland 2, Nr. 209b. 1293: Dob IV, Nr. 452f. 1324: UB Erfurter Klöster und Stifte 1, Nr. 1225. 1367: HEC SUNT CIVITATES IN THURINGIA: Nr. 39: KYNDELBRUCKE. (Übersicht über die „Alte Jahrrente“, in: Registrum dominorum, S. 423 u. 426.) 1372: HAGKE: Urkundliche Nachrichten d. Kreises Weißenesse, S. 165. Vgl. WIEMANN: Art. Kindelbrück, S. 233. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 151-156. UB Vögte von Weida 2, Nr. 367 UB Vögte von Weida 2, Nr. 418f. Auerbach und Pausa im Vogtland. Röthenbach: bei Auerbach. Vgl. Register in: Registrum dominorum, S. 469 u. 589 u. Kopfregest zu: UB Vögte von Weida 2, Nr. 494.
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Am 5. November 1408 erließ dann Markgraf Friedrich von Meißen dem Heinrich von Plaue seinen Anteil an der Pfandsumme für die uffen flegke Urbach, Pusen und Gefell. 229 Gefell wird 1402 im Gegensatz zum gleichfalls genannten Dorf Röthenbach noch ausdrücklich als Städtchen bezeichnet, wird aber bereits durch die Diminutivform stetichen von den ebenfalls verpfändeten Städten Auerbach und Pausa unterschieden. In einer am 9. November 1411 durch Markgraf Friedrich von Meißen ausgestellten Bestätigung des Leibgedinges für Margarethe, die Gemahlin Heinrichs des Jüngeren, Herrn zu Plaue, wird Auerbach Stadt genannt. Gefell findet sich zusammen mit Pausa jedoch unter einer Anzahl weiterer Dörfer und beide werden als Dorf qualifiziert.230 Im Jahr 1416 wird Gefell nur noch als Flecken bezeichnet231 und tritt bis zum Ausgang des Mittelalters nicht mehr mit der Bezeichnung Stadt entgegen.232 Vielmehr wird der Ort bis ins 19. Jahrhundert meist als Markt genannt, jedoch ist bereits für das 15. Jahrhundert eine Ratsverfassung nachzuweisen.233 Ein ähnlicher Fall liegt bei Bad Berka (südlich von Weimar) vor. Dieser Ort wird 1414 in einer landgräflichen Urkunde erstmals als Stadt erwähnt.234 Erneut als Stadt tritt der Ort dann 1467 in einer Urkunde des Grafen Hans von Beichlingen entgegen. 235 Zeitgleich dazu wird für Berka aber auch der Begriff Dorf gebraucht236 und der Ort noch bis ins 18. Jahrhundert ebenso als Flecken bezeichnet.237 Spätestens für das Jahr 1514 kann eine Ratsverfassung nachgewiesen werden,238 und der Ort war mit einiger Wahrscheinlichkeit schon im 15. Jahrhundert ummauert.239 229 230 231 232
233 234 235 236
237 238 239
UB Vögte von Weida 2, Nr. 494. Urbach slosz und stat mit den dorffern [Nieder]Urbach, Redewisch, Rothenbach […]Pusen, Gefelle und Loba. (UB Vögte von Weida 2, Nr. 549. Codex diplomaticus Saxoniae I, B 3, Nr. 430. So belehnte Wladislaus, König von Böhmen, am 21. Dezember 1480 die Brüder Heinrich und Dietrich von Beulwitz mit der Herrschaft Hirschberg, zu welcher unter anderem der marckt zu Gefelle gehörte. Als am 4. August 1551 die Vettern Ernst und Asmus (von Beulwitz) sowie die Brüder Dietrich und Georg von Beulwitz mit dem Amt Hirschberg belehnt werden, gehörte hierzu auch der Markt zum Gefell. (AUERBACH: Geschichte der Reichsfeste Hirschberg, Nr. 7 u. 10, S. 228 u. 233. FLACH: Entstehungszeit, S. 90.) HARTUNG: Art. Gefell, S. 129. Abdruck der Urkunde bei: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka, S. 194f. Abdruck der Urkunde bei: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka, S. 199f. Als Dorf bezeichnet wird Berka unter anderem 1422 (Regest der Urkunde in: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 3, S. 197) und erneut 1470. (Regest der Urkunde in: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 3, S. 200.) WIEMANN/PATZE: Art. Bad Berka, S. 27f. Regest der Urkunde in: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 3, S. 214. WIEMANN/PATZE: Art. Bad Berka, S. 27f.
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Die eben genannten Beispiele lassen sich in zwei große Gruppen teilen. Gefell und Bad Berka gehören zu denjenigen Orten, welche zwar eine städtische Entwicklung durchliefen, sie blieb aber unvollendet. Diese Orte fallen zum Teil in den Zustand eines Dorfes zurück oder werden nur noch als Flecken240 bezeichnet. Bei Ellrich, Themar, Neumarkt und Kindelbrück fällt auf, dass die Orte, nachdem sie erstmals als Stadt qualifiziert worden oder Institutionen städtischen Rechts nachzuweisen waren, sie auch wieder Dorf genannt werden. Diese Fälle dürften, wie schon Wenzel für Neumarkt vermutete, auf eine Zwischenphase verweisen – eine Phase, in der sich die Stadt konstituierte. Vergleichbares könnte dann auch hinsichtlich der begrifflichen Schwankungen für Langensalza zwischen 1268 und 1282 vermutet werden. Die Stadtwerdung wäre demnach wenigstens in den 1270er Jahren noch nicht vollständig abgeschlossen, und eine Privilegierung zur Stadt kann auch nicht lange vor dieser Zeit geschehen sein. Aus anderen Überlegungen heraus kommt auch Christine Müller zu dem Schluss, dass die Stadterhebung in den Jahren vor 1268 erfolgt sein muss, und denkt hierbei, ohne sich weiter festlegen zu wollen, an die Zeit zwischen 1247 und 1263.241
4.4.3 Wann wurde Langensalza zur Stadt?242 Während Hans Patze in den Ministerialen von Salza landgräfliche Dienstleute sah,243 ist es Christine Müller zu verdanken, dass sich diese Sichtweise grundlegend geändert hat. Sie hat herausgearbeitet, dass diese in enger Beziehung zu den Welfen standen und wohl mit der Verwaltung und Sicherung des umfangreichen welfischen Eigengutes in der Region betreut waren. In diesem Zusammenhang sprach sich Müller gegen eine Entwicklung Langensalzas zur Stadt durch die 240
241 242 243
Vgl. die Auseinandersetzung mit solchen Orten bei: STOOB: Minderstädte, S. 1-28. Hierzu fand 2005 eine Tagung des Österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung statt, deren Vorträge dann 2006 in einem Sammelband publiziert worden sind: KNITTLER (Hg.): Minderstädte, Kümmerformen, Gefreite Dörfer. Sie baute auf zwei Symposien des Instituts für vergleichende Städteforschung in Münster in den Jahren 2002 und 2003 auf, in deren Rahmen das Problem ebenfalls thematisiert worden war. Publiziert wurden die entsprechenden Beiträge in: GRÄF/KELLER (Hg.): Städtelandschaft, (2004). JOHANEK/POST (Hg.): Vielerlei Städte (2004). Ebenfalls mit der Problematik setzte sich bereits Edith Ennen in den 1980er Jahren auseinander: ENNEN: Minderstadt, S. 70-85. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 35. So ähnlich der Titel des 2012 von Christine Müller gehaltenen Vortrages und des daraus resultierenden 2013 veröffentlichten Aufsatzes. PATZE: Entstehung der Landesherrschaft, S. 352-354.
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Landgrafen aus und begründet dieses vor allem damit, dass auf diesem Wege eine Konkurrenzsituation zur nur wenige Kilometer entfernt liegenden landgräflichen Stadt Thamsbrück geschaffen worden sei, welche kaum im Interesse der Landgrafen gelegen haben könnte.244 Infrage kommen demzufolge die Welfen, deren Oberlehnsherrschaft über die Stadt Langensalza sich unzweifelhaft anhand einer Urkunde aus dem Jahr 1342 nachweisen lässt, als diejenigen, welche den Ort zur Stadt erhoben. In ihr übertrug Herzog Heinrich von Braunschweig-Grubenhagen seine Besitzrechte an der Stadt an den Mainzer Erzbischof.245 Christine Müller sprach sich aber zunächst gegen eine Mitwirkung der Welfen an der Entwicklung Langensalzas zur Stadt aus und begründet dies mit der Ansicht, dass der weit außerhalb und isoliert von den welfischen Stammlanden liegende Ort für die Welfen unwichtig war.246 Vielmehr sieht sie in den Ministerialen von Salza die maßgeblichen Initiatoren der Stadtentwicklung. Hintergrund für das geschwundene Interesse der Welfen, so argumentiert Müller weiter, war, dass sie nach dem staufisch-welfischen Thronstreit und dem Verlust ihrer reichsfürstlichen Stellung nur noch regionale Herrschaftsträger waren und vor allem unter Otto dem Kind (1227 bis 1252) um Konsolidierung und Konzentration ihres verbliebenen Besitzes bemüht waren. In diesen Zusammenhang gehört dann, so meint Müller weiter, wohl auch der Verkauf des Klosters Homburg an den Mainzer Erzbischof Siegfried III. im Jahr 1233.247 Tatsächlich war die welfische Politik nach dem Verlust des Königtums im Jahr 1214 und der Aberkennung der Herzogswürde im Jahr 1180 vordergründig zunächst auf die Wiedererlangung der Herzogswürde ausgerichtet. Einher ging dies mit einer vorsichtigen Restauration ihrer Machtbasis im heutigen Niedersachsen. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts richteten die Welfen ihre Politik wieder auf die Erweiterung ihres Besitzes aus, und taten dies dann auch auf militärischem Wege. 1252 mit der Regierungsübernahme Albrechts von Sachsen im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, so die bisherige Forschung, veränderte sich die welfische Politik grundlegend. Betrieben wurde eine aggressive und expansive Territorialpolitik auch unter Ausnutzung aller zur Verfügung stehenden militärischen
244
245 246 247
MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 28-31. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 160-169. Vgl. auch: MÜLLER: Exkurs: Zur Bewertung von Güterbesitz und Herrschaftsrechten in der Hand landgräflicher Ministerialen, S. 345-348. Vgl. auch Kap. II.5.3. Regesta archipiscoporum Maguntinensium 1/2, Nr. 4771. So auch Helmut Flachenecker. (Vgl. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 612.) MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 31. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 168.
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Mittel.248 Es ist demzufolge grundsätzlich vorstellbar, dass die Welfen, weil ihr Interesse an dem marginal liegenden Besitz um Langensalza gering war, auch an einer Entwicklung zur Stadt kein Interesse hatten. Jedoch wurde lediglich das Kloster Homburg mit dem dazu gehörigen Besitz an den Mainzer Erzbischof übertragen, während Langensalza selbst in welfischem Obereigentum blieb. Homburg wiederum kam zusammen mit dem ebenfalls welfischen Eigenkloster Bursfelde an den Mainzer.249 Bereits Ziegler vermutete, dass die Übertragung beider Klöster an den Erzbischof im Rahmen der Konstituierung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg (1235) geschah.250 Sigurd Zillmann bemerkt im Ergebnis seiner Untersuchung der welfischen Territorialpolitik im 13. Jahrhundert: „Im Jahr 1235 erreichte Herzog Otto schließlich durch seine Politik gegenüber Fürsten und Reich die Erhebung der welfischen Territorien zu einem reichsfürstlichen Herzogtum.“ Gleichwohl verweist auch er darauf, dass beide Klöster isoliert beziehungsweise im Grenzbereich des welfischen Machtbereiches lagen.251 Dennoch blieb Langensalza weiterhin unter welfischem Zugriff und wurde nicht an andere Herren abgegeben. Außerdem dürfen noch zwei andere Zusammenhänge hinsichtlich der Entwicklung Langensalzas zur Stadt nicht außer Acht gelassen werden. So hatte bereits Christine Müller darauf verwiesen, dass in der Zeit des Streites um die Nachfolge in der Landgrafschaft Thüringen nach dem Aussterben der Ludowinger (1247 bis 1263) und der Zeit des Interregnums im Reich (1245/50 bis 1273) ein relatives Machtvakuum herrschte, welches auch in Thüringen zu Übergriffen lokaler Herren führte, in der Ministerialen zu „ganz neuer Unabhängigkeit und Selbstständigkeit“ aufstiegen. Christine Müller meint in diesem Zusammenhang weiterhin, dass in Thüringen vor allem der Wettiner Heinrich der Erlauchte kleinere Herren oder Ministerialen, welche vorher nicht in Beziehung zu den Landgrafen gestanden hatten, an sich band, indem er ihnen weitreichende Privilegien gewährte. Insofern hält sie wiederum auch eine Stadterhebung durch den Landgrafen für nicht unmöglich. Gleichzeitig denkt sie aber auch an eine Verleihung des Stadtrechtes durch den Welfen Albrecht von Braunschweig, welcher als Schwiegersohn Sophies von Brabant in den Thüringer Erbfolgestreit involviert war und 1259 in Thüringen einfiel. In diesem Zusammenhang, so meint Müller weiter, könnte er sich die Unterstützung seiner einzigen
248 249 250 251
ZILLMANN: Welfische Territorialpolitik, S. 319f. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 613. ZIEGLER: Art Bursfelde S. 83f. ZIEGLER: Art Bursfelde S. 84. ZILLMANN: Welfische Territorialpolitik, S. 319 u. 263-270.
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Vasallen und Dienstleute in Thüringen gesichert haben, indem er ihnen weitreichende Zugeständnisse machte.252 Sicherlich ist Müller insofern zuzustimmen, dass die Ministerialen zu Salza die Situation des Kampfes um die Nachfolge der Ludowinger ausgenutzt haben könnten, um eine Privilegierung des Ortes zur Stadt zu erreichen. Als Aussteller eines solchen Privilegiums kommen ihrer Meinung nach der Wettiner Heinrich der Erlauchte oder der Welfe Albrecht von Braunschweig infrage. Für den Wettiner Heinrich könnten Langensalza und hier sitzende verlässliche Vasallen oder Dienstleute durchaus von Interesse gewesen sein. Bei einem Blick auf die territoriale Struktur der Landgrafschaft in der Mitte des 13. Jahrhunderts fällt auf, dass die Stadt Thamsbrück der Angelpunkt zwischen dem landgräflichen Besitz in und um Gotha sowie Eisenach/Creuzburg im Südwesten und Süden Thüringens sowie dem Besitz um das östlich gelegene Weißensee war. 253 Tennstedt, Schlotheim und Herbsleben, welche dann einen breiten Korridor zwischen diesen Besitzschwerpunkten bildeten, kamen alle erst im 14. Jahrhundert in landgräfliche Hand.254 Ein Ausgreifen der hessischen oder welfischen Partei auf Thamsbrück, hätte die dünne Verbindung zwischen dem südwestlichem Teil und 252 253
254
MÜLLER: Wann wurde Langensalza zur Stadt?, S. 34f. Vgl. auch: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 184. Vgl. hierzu die Karte über den landgräflichen Besitz, landgräfliche Vasallen- und Ministerialensitze in: Der Herrschaftsbereich Landgraf Ludwigs IV, von Thüringen (12171227), in: KÄLBLE: Reichsfürstin und Landesherrin, S. 84f. Schlotheim: Erstmals im Zusammenhang mit Burg und Stadt Schlotheim treten die Wettiner 1340 in Erscheinung. Von landgräflichem Besitz ist in dieser Urkunde nicht die Rede. Vielmehr enthält sie eine Absichtserklärung, Burg und Stadt für Graf Heinrich von Hohnstein Schlotheim für 2.200 Mark aus den Händen der Grafen von Beichlingen auszulösen. (LATh-StA Rudolstadt A. C., Nr. 58. Abdruck der Urkunde bei HESSE: Schlotheims Vorzeit, S. 9, Anm. 12.) Am 21. März 1350 verpfändeten die Wettiner, dann zur Begleichung ihrer Kriegsschulden bei den Grafen von Hohnstein und den Grafen von Schwarzburg Burg und Stadt Schlotheim. (LATh-StA Rudolstadt SU: 1350, März 21. [Reg. 688]). SHStA Dresden Bestand 10004 Kopiale, Nr. 26, fol. 1a-2a. (Markgräfliche Urkunde) SHStA Dresden Bestand 10001 Ältere Urkunden, Nr. 3230 (Urkunde der Grafen von Hohnstein und Schwarzburg). LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 77 mit Anm. 295.) Herbsleben: Den Marktort Herbsleben erwarben erst Landgraf Friedrich im Jahr 1351 aus der Hand des Grafen von Henneberg. (Henneberg. UB II, Nr. 151.) Tennstedt: Ungleich schwieriger ist die Situation in Tennstedt. Hier scheint es im 14. Jahrhundert eine landgräflich-hersfeldische Doppelherrschaft über Stadt und Burg gegeben zu haben. (Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 264-270.) Allerdings ist kein landgräflicher Besitz vor dem 14. Jahrhundert im Ort nachweisbar. So fällt der erste dahingehende Nachweis mit landgräflichem Besitzerwerb überhaupt zusammen. (Regesten der Herren von Salza, Nr. 150. GUTBIER: Wenigen-Tennstedt, S. 14. SHStA Dresden 10001, Nr. 2171. SCHNELLENKAMP: Tennstedt, S. 15f. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 389. Teilabdruck in: Scriptores Rervm Germanicarvm, S. 978.)
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nordöstlichen/östlichen Teil der Landgrafschaft durchtrennt und damit die Landgrafschaft in ihrem territorialen Zusammenhang zerschlagen und in ihrer Existenz durchaus gefährden können. Die Verfügungsgewalt über eine weitere Burg und Stadt in dieser Region dürfte deshalb durchaus im wettinischen Interesse gelegen haben. Jedoch stellt sich vor dem Hintergrund einer Stadterhebung durch die Wettiner eine grundsätzliche Frage: Wenn die Wettiner Langensalza zur Stadt erhoben haben sollen, um damit die hier ansässigen Ministerialen an sich zu binden, weshalb sicherten sie sich dann nicht auch die Oberherrschaft über die Stadt? Diese verblieb, wie schon bemerkt, in welfischer Hand und gelangte erst in den 1340er Jahren teilweise an die Wettiner.255 Aus herrschaftsstrategischer Sicht ist dieses insofern bedeutsam, weil Obereigentum durchaus auch das sogenannte Öffnungsrecht beinhaltete. Dies bedeutete, dass der jeweilige Herr im Kriegsfall eine Öffnung von Burgen oder Städten verlangen konnte, um hier Truppen zu stationieren und damit Druck auf den Gegner auszuüben oder um über eine sichere Basis zu verfügen.256 Da das Obereigentum nach wie vor bei den Welfen lag, hätte dieses aber zur Folge, dass auch sie in den Auseinandersetzungen um die Nachfolge in der Landgrafschaft von ihren in Bad Langensalza ansässigen Ministerialen die Öffnung der Stadt verlangen konnten. Eine Privilegierung durch die Wettiner, ist damit wenigstens fraglich, wenn nicht sogar eher unwahrscheinlich. Grundsätzlich soll aber nicht ausgeschlossen werden, dass die wettinischen Landgrafen den Ministerialen von Salza eine Stadterhebung im Gegenzug für einen Übertritt in ihr Dienstverhältnis wenigstens in Aussicht stellten und eine solche dann nach Abschluss des Kampfes um die ludowingische Nachfolge im Jahr 1263 vollzogen.257 Gleichwohl musste gerade im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Nachfolge in der Landgrafschaft auch den Welfen daran gelegen gewesen sein, mit ihren Ministerialen zu Salza über verlässliche Partner zu verfügen. Die Einrichtung einer Stadt in diesem Raum war im mindesten geeignet, um Druck auf den für die Landgrafschaft neuralgischen Punkt Thamsbrück auszuüben, wenn nicht sogar das „territoriale“ Gefüge der Landgrafschaft an sich zu destabilisieren. Im Hinblick auf diese Überlegungen muss noch einmal die Überlieferung Rothes hinsichtlich der Stadterhebung Langensalzas im Jahr 1212 in den Blick genommen werden: Romischer Keiser was do herzoge Otto von Brunswigk unde von Sachsen [unde hilt den frede gestrengiglichen yn dutzschen landen.] unde dorumbe sso zoch her vor das sloss Dribog, das nu in Salza leit, unde belagk das [umbe roubereye der herren von Salza die den lantfrede nicht stete 255 256 257
Vgl. oben. BACHMANN: Art. Öffnungsrecht. KRIEGER: Art. Öffnungsrecht, Sp. 1371f. GROOTE: Art. Öffnungsrecht, Sp. 1225-1227. Vgl. zum Abschluss der Auseinandersetzungen um die Nachfolge: WERNER: Neugestaltung, S. 5-118.
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halden wolden, bis also lange das sie ir frunde bete gnossen unde sich keiser Ottoen an gnaden gaben. dies geschach alsso man schreib noch Christus gebort tussent 211 jar. [Dornoch wart Salza umbe muret unde zu eyner stat gemacht…].258 Christine Müller hatte diese Gründungstradition verworfen 259 und bereits Werner Schnellenkamp hatte gegen den Teil, welcher als Grund für Belagerung und Eroberung durch Otto IV. den Bruch des Landfriedens durch die Herren von Salza nennt, Bedenken geäußert.260 Die Belagerung von 1212 und deren Hintergründe lassen sich aus den zeitgenössischen Quellen hinreichend erschließen und die entsprechende Passage soll deshalb an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden.261 Beim Blick auf die Struktur der von Rothe überlieferten Ereignisse ergibt sich jedoch eine Auffälligkeit. Die Datierung steht gleichsam wie ein Scharnier zwischen Belagerung/Eroberung und Stadterhebung oder anders formuliert: Die Stadterhebung fügt sich wie ein Anhang an die durch die Datierung eigentlich abgeschlossene Schilderung von Belagerung und Eroberung der Burg durch Otto IV. Den anschließenden Teil hatte bereits Lilienchron in seiner Edition durch Klammern als nicht durch andere Quellen gedeckt gekennzeichnet und eine solchermaßen ausgewiesenen Passage sogar als „Phantasie des Chronisten“ bezeichnet.262 Bevor dieser Teil der Überlieferung analysiert werden soll, ist noch eine Stelle aus dem ersten Teil zu untersuchen. So heißt es: sso zoch her vor das sloss Dribog, das nu in Salza leit. Dieser Name für die Burg zu Langensalza erscheint in der Chronik Rothes erstmals überhaupt. Hermann Schütz äußerte in seiner Langensalzaer Chronik die Vermutung, die Burg Dryburg habe aus drei verschiedenen Burgen, und zwar aus den Burgen in den oberen und niederen Höfen und der in der Altstadt bestanden und habe deshalb ihren Namen.263 Demgegenüber meint Friedrich August Günther, der Name stamme von den ursprünglichen Erbauern der Burg, den Herren von Treffurt. Gleichzeitig verweist er auf andere, welche er nicht namentlich nennt, die wiederum meinen, der Name leite sich davon ab, dass die drei Brüder Heinrich, Johann und Friedrich von Salza als Letzte aus ihrer Dynastie die Stadtherrschaft ausübten.264
258 259 260
261 262 263 264
Aus § 409: Wie Salza gebuwet ward, in: Düringische Chronik des Johannes Rothe, S. 323f. Vgl. oben. Er bezeichnet die entsprechende Schilderung Rothes „als eine ledigliche Annahme“ und meint, die Meldung über den Anlass zur Belagerung sei zu verwerfen. (SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 10f.) Vgl. oben. LILIENCHRON: Vorrede, S. XXXI. SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik S. 39f. GÜNTHER: Langensalza, S. 51.
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Bereits Werner Schnellenkamp stellte aber fest, dass die Burg in mittelalterlichen Quellen ansonsten nie als Dryburg bezeichnet wird. Vielmehr sieht er in Rothe den Urheber dieses Namens. 265 Tatsächlich ist durchaus möglich, dass Rothe den Namen aus einem Quellenmissverständnis heraus schuf. So heißt es in der Reinhardsbrunner Chronik: Movens igitur castra contra muniunculam in Salcza tribracho illo, cognomento tribock muris inminet.266 Möglicherweise verstanden Rothe oder ein bereits ihm vorangehender Rezipient die entsprechende Stelle folgendermaßen: Otto habe die Burg zu Langensalza mit einem Tribrachium genannten Belagerungsgerät belagert. Die Worte cognomento tribock wurden dann aber auf die Burg bezogen und so verstanden, dass die Burg den Namen Triburg (Dribog) trug. Jedoch ist der Begriff Tribock hier lediglich eine ergänzende Zweitbezeichnung für tribracho.267 Falls für die Passage bei Rothe der Ausschnitt aus der Erfurter Peterschronik zugrunde lag, könnte auch diese missverstanden worden sein. Sie lautet: Otto veniens in Thurinngiam cum tribracho – driboch – castrum lantgravii in Salza obsedit et expugnavit. Die Stellung des Wortes driboch zwischen beiden Aussagen lässt durchaus die Möglichkeit zu, den Begriff auch als den Namen der Burg zu verstehen. Damit deutet sich an, dass der Name Dryburg eine aus einem Quellenmissverständnis heraus erfolgte Schöpfung Rothes und kaum als ursprüngliche Bezeichnung der Burg zu Langensalza anzusehen ist. Deutlich wird damit aber auch etwas anderes. Falls diese missverständliche Schöpfung auf Rothe zurückzuführen ist, wird erkennbar, dass er vorhandene Quellen nach seinem Verständnis interpretierte und wiedergab. Insofern ist durchaus möglich, dass eine solche dann „unbewusste Verfälschung“ auch im Hinblick auf die durch Rothe überlieferte Tradition der Erhebung Langensalzas zur Stadt vorliegt. Oben ist bereits auf die Zweiteiligkeit der Schilderung bei Rothe verwiesen worden, deren zwei Teile über die Datumsangabe miteinander verbunden sind. Möglicherweise entstand diese Struktur, weil bei der Zusammenstellung dieser Überlieferung zwei ursprünglich verschiedene Zeitebenen miteinander vermischt worden sind. Daraus ergibt sich folgende Auflösung für die von der Forschung neuerdings als falsch verworfene Überlieferung der Stadterhebung bei
265 266
267
SCHNELLENKAMP: Langensalza S. 7. Anno 1212, in: Chronica Reinhardsbrunnensis, in: MGH SS 30, 1, S. 580. Anno 1212, in: Chronica S. Petri Erfordensis moderna, in: MGH SS rer. Germ 42, S. 210 und MGH SS 30, 1, S. 383. Deutlich wird dieses daran, dass cognomento tribock ergänzt wird durch muris inminet. (Anno 1212, in: Chronica Reinhardsbrunnensis, in: MGH SS 30, 1, S 580.). Dieses bedeutet nichts anderes, als dass das Belagerungsgerät die Mauern bedrohte, beziehungsweise vor diesen aufragte.
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Rothe. Der erste Teil bezieht sich auf die auch anhand anderer Quellen nachweisbare Belagerung und Eroberung der Burg zu Salza durch Kaiser Otto IV. Der zweite Teil wiederum überliefert die Stadterhebung, welche möglicherweise auf Grund eines Missverständnisses ebenfalls Otto IV. zugeschrieben worden ist. Letzteres würde bedeuten, dass es sich um eigentlich zwei Ereignisse unterschiedlicher zeitlicher Ebenen handelt, welche zu einer verschmolzen worden sind. Hierbei ist nun auf einen weiteren Zusammenhang zu verweisen, welcher eine solche Verschmelzung noch begünstigt haben könnte. Der Neffe Ottos IV., welcher 1227 das welfische Erbe antrat, hieß gleichfalls Otto – Otto I. das Kind – (1204-12.06.1252). Dieser hatte es mittels vorsichtiger Annäherungspolitik geschafft, den Welfen 1235 wieder die Herzogswürde zu verschaffen.268 Unbeachtet blieb bei allen bisherigen Überlegungen, dass Otto das Kind nach dem Tod Heinrich Raspes gleichfalls zum Teil aggressiv nach dem ludowingischen Erbe ausgriff und Teile davon für die welfische Dynastie sicherte. So war es ihm schon 1247 gelungen, die ehemals ludowingischen Städte Duderstadt und Münden in seinem Besitz zu bringen. Im Dezember 1251 eroberte er dann Eschwege.269 Ab 1247 erwarben die Welfen demzufolge ehemals ludowingischen Besitz und schoben ihren Herrschaftsbereich in den thüringischen Grenzraum vor. Um den Sprung in die Kerngebiete der Landgrafschaft zu wagen, war eine befestigte Basis in Form einer Stadt, welche so hervorragend gelegen war wie Langensalza, sicherlich ein geeigneter Schritt.270 Eine Stadterhebung würde sich demnach fast als logische Konsequenz hierin einpassen. Gleichzeitig hätte Otto damit seine Ministerialen zu Salza enger an sich binden können. Einer der wesentlichen Machtfaktoren der welfischen Territorialpolitik im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg waren die annähernd 300 Ministerialen, auf die sich die welfische Herrschaft stützte.271 Vorstellbar ist, dass diese Gruppe und hier insbesondere die einzigen und damit in der Region wichtigen thüringischen Ministerialen dann auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen in der Landgrafschaft eine nicht unwesentliche Rolle spielen sollten. Wie wichtig der Raum um Langensalza im Kampf gegen die gleichfalls nach dem ludowingischen Erbe greifenden Wettiner war, wird daran deutlich, dass die
268 269 270
271
Vgl. oben. Außerdem: HUCKER: „Otto I. das Kind“, S. 678f. WERNER: Neugestaltung, S. 75. ZILLMANN: Welfische Territorialpolitik, S. 277. PATZE: Politische Geschichte, S. 42f. u. 46-48. WEGELE: Friedrich der Freidige, S. 38. Über die Bedeutung der Städte Duderstadt, Münden und Eschwege als Sprungbretter in die Kernräume der thüringischen Gebiete der Landgrafschaft vgl. WERNER: Neugestaltung, S. 75. ZILLMANN: Welfische Territorialpolitik, S. 319.
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mit den Welfen verbündete hessische Partei auf die Langensalza benachbarte ehemals ludowingische Stadt Thamsbrück ausgriffen und sie versuchten in die Hand zu bekommen.272 Zurückzukommen ist damit auf die Überlegung hinsichtlich der Verschmelzung ursprünglich unterschiedlicher zeitlicher Ebenen in der Überlieferung Rothes. Sollte Otto das Kind und damit der Neffe Kaiser Ottos IV. für die Stadterhebung verantwortlich sein, war möglicherweise der Umstand, dass beide über denselben Namen verfügten, zusätzlich begünstigend, wenn nicht sogar ursächlich für die Vermischung der unterschiedlichen Ereignisse. Dem Autor dieser Tradition war nicht mehr bewusst, dass es sich um zwei unterschiedliche Ereignisse handelte, welche etwa 40 Jahre auseinander lagen. Gleichzeitig setzt dieses aber voraus, dass es wenigstens noch um 1400 eine Überlieferung über die Erhebung Langensalzas zur Stadt gab. Anhand all dieser Überlegungen ergibt sich, seitdem Christine Müller zu Recht erhebliche Zweifel an einer Erhebung durch Kaiser Otto IV. angemeldet hat, erstmals die Möglichkeit die Erhebung Langensalzas zur Stadt auf wenige Jahre einzugrenzen. Eine Privilegierung zur Stadt kann vor dem Tod Heinrich Raspes am 16. Februar 1247 kaum möglich gewesen sein, und Herzog Otto I. starb im Juni 1252. Infrage kommen damit nur etwa fünf Jahre als Zeitraum für die Stadterhebung. Wird noch hinzugenommen, dass Otto sich im Winter 1251/52 in Eschwege und im thüringischen Grenzraum aufhielt, könnte die Erhebung Langensalzas zur Stadt vielleicht sogar in diese kurze Zeitspanne fallen. Um die Funktion eines befestigten militärischen Stützpunktes zu erfüllen, müsste die Stadt auch befestigt gewesen sein. Rothe überliefert, dass Stadterhebung und Befestigung zusammenfallen. 273 Spätestens 1282, hierauf verweist möglicherweise die schon diskutierte Urkunde Günthers von Salza, könnten eine Stadtbefestigung oder wenigstens Teile davon bestanden haben.274 Von den angestellten Überlegungen unberührt, bleibt ebenfalls die Frage, ob, wie zuletzt Müller vermutete, Langensalza vor der Stadterhebung bereits Marktort war.275 Nachdem die durch Johannes Rothe für das Jahr 1212 überlieferte Erhebung Langensalzas zur Stadt durch die Forschung zuletzt verworfen worden war, 272
273 274 275
Vgl. Langsdorfer Verträge von 1263: Langsdorfer Urkunden ed. v. Rohberg, LU 2, S. 395. Gudenus I, Nr. 311. Regesten der Landgrafen von Hessen 1, Nr. 77. Und zuletzt zu den dortigen Regelungen hinsichtlich der thüringischen Besitzungen: WERNER: Neugestaltung, S. 90-92. Vgl. auch Kap. II.1.3. Dornoch wart Salza umbe muret unde zu eyner stat gemacht…. (Aus § 409: Wie Salza gebuwet ward, in: Düringische Chronik des Johannes Rothe, S. 323f.) …ante portam civitatis Salcza[…] (UB Homburg, Nr. 73.) Übersetzung: Vor dem Tor der Stadt oder: Vor dem Stadttor. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 72f.
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stellte sich die Frage, wann eine solche stattgefunden haben könnte. Ausgangspunkt für die zeitliche Einordnung einer Stadterhebung war die erstmalige Nennung Langensalzas als oppidum im Jahr 1268 und die Bezeichnung als civitas im Jahr 1282. Zwischen diesen beiden Erwähnungen als Stadt wurde der Ort aber auch noch als Dorf bezeichnet, weshalb die Überlegung angestellt wurde, dass die Privilegierung zur Stadt nicht lange vor diesem Zeitraum stattgefunden haben dürfte. In einem nächsten Schritt wurde gezeigt, dass die von Rothe überlieferte Tradition nicht unbedingt als grundsätzlich falsch anzusehen ist. Vielmehr scheint es so, als seien unterschiedliche Zeitebenen zu einer verschmolzen worden und die Stadterhebung wurde dadurch fälschlicherweise Otto IV. zugeschrieben. Tatsächlich könnte Letztere eher durch den gleichnamigen Neffen Ottos IV. – Otto das Kind – erfolgt sein. Im Zusammenhang mit der Territorial- und Hausmachtpolitik Ottos des Kindes sowie des Kampfes um die Nachfolge in der Landgrafschaft, in welche Otto das Kind gleichfalls involviert war, ließe sich dann die Erhebung Langensalzas zur Stadt in die Zeit zwischen 1247 und 1252 und vielleicht sogar in den Winter 1251/52 eingrenzen. Sollte die Überlieferung Rothes tatsächlich in diesem Zusammenhang zu verstehen sein, ging mit der Stadterhebung auch der Auftrag einher, den Ort zu befestigen.
4.5 Die Herrschaftsverhältnisse im Spätmittelalter 4.5.1 Von den Welfen zur landgräflich-mainzischen Doppelherrschaft Bis zum Jahr 1212 dürften die Welfen die wichtigsten Territorialherren im Raum Langensalza – Homburg gewesen sein. Bereits 1196 hatte jedoch Pfalzgraf Heinrich dem Kloster Homburg das Recht übertragen, welfische Eigengüter in Thüringen zu erwerben, und 1233 war das Kloster Homburg durch den welfischen Herzog Otto das Kind an den Mainzer Erzbischof übertragen worden.276 Damit gelangte nicht unerheblicher welfischer Besitz über das Kloster Homburg an den Mainzer Erzbischof.277 Schon 1225 waren die Welfen offensichtlich nicht mehr in der Lage, den Schutz des Klosters Homburg vollständig zu garantieren. So
276
277
Vgl. Kap. II.1.3. SHStA Dresden 10001, Nr. 113. HEINEMANN: Heinrich von Braunschweig, Anhang, Nr. 1. UB Langensalza, Nr. 304. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 167. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 168.
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nahm der Mainzer Erzbischof Siegfried am 3. Juli 1225 die Vogtei über das Kloster Homburg und dessen Besitzungen in Salza unter seinen Schutz.278 Nur wenige Monate früher stellte Papst Honorius III. für das Kloster mit allen seinen Gütern ein Schutzprivileg aus. Gleichzeitig übernahm der Papst auch die Vogtei über das Kloster, welche ihm von Pfalzgraf Heinrich von Sachsen übertragen worden war.279 Diesem Privileg ging bereits eine päpstliche Bulle des Vorjahres voran, mittels welcher Honorius III. das Kloster in seinen Schutz nahm.280 In einer im Homburger Kopialbuch ohne Jahreszahl eingetragenen Urkunde bestätigte Pfalzgraf Heinrich noch einmal dem Kloster alle Rechte. Gleichzeitig wird aber in deren zweiten Teil deutlich, dass der Welfe wohl den Zugriff auf Teile seines Eigengutes verloren hatte. So erlaubte er außerdem dem Kloster, nach Gütern und Eigenleuten in den Dörfern Salza, Grabe und Körner zu forschen, welche ihm entfremdet worden waren, und bestätigt diese dem Kloster.281 Die drei Orte Körner, Grabe und Salza wiederum werden auch in der päpstlichen Bulle vom 23. März 1325 genannt. Insofern scheint nicht unmöglich, dass die undatierte Urkunde Pfalzgraf Heinrichs auch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu diesem Privileg steht. Dobenecker datiert sie auf denselben Tag wie die von Papst Honorius ausgestellte Urkunde, verweist aber darauf, dass sie auch vor dem 24. September 1224 ausgestellt worden sein kann.282 Förstemann wiederum legt sich nicht fest und hält eine Entstehung ab dem Jahr 1196 bis zum Jahr 1225 für denkbar.283 Die Übertragung des Klosters an den Mainzer Erzbischof im Jahr 1233 erscheint somit nur als logische Konsequenz aus dem schwindenden welfischen Einfluss in der Region. Gleichzeitig führte dieser Machtverlust wohl auch dazu, dass das Kloster von sich aus die Anlehnung an andere wichtige Territorialherren wie den Mainzer Erzbischof suchte.284 Schon 1224 erhielt Abt Bertho für sich und seine Nachfolger vom Mainzer Metropoliten sogar das Recht, die Mitra zu tragen.285 Gleichzeitig, und dieses wurde auch von den welfischen Klosterherren gefördert, trat das Papsttum als weitere Schutzmacht hinzu. Dennoch setzte damit spätestens ab den 1220er Jahren eine Verdrängung der Welfen aus ihrem Besitzzentrum Homburg – Langensalza ein,286 und mit dem 278 279 280 281 282 283 284 285 286
UB Homburg A, Nr. 28. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 29. Dob II, Nr. 2211. UB Homburg A, Nr. 25. Dob II, Nr. 2199. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 30. UB Homburg A, Nr. 24. Dob II, Nr. 2133. UB Homburg A, Nr. 20. Dob II, Nr. 2197. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 33. Dob II, Nr. 2197. UB Homburg Tl. A, Nr. 20 und S. 11. Vgl. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 613. UB Homburg Tl. A, Nr. 27. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 613. Zu den Hintergründen vgl. Kap. II.1.3.
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Erzbischof von Mainz erscheint im Umfeld Salzas ein neuer mächtiger Territorialherr. Gleichwohl scheinen die Welfen anders als im Fall Homburgs in Salza selbst weit weniger Rechte aus der Hand gegeben zu haben. So überließ erst 1342 der welfische Herzog Heinrich von Braunschweig-Grubenhagen dem Erzstift das Besetzungsrecht in Salza.287 Christine Müller verweist darauf, dass diese Quelle bisher für die Stadtgeschichte praktisch nicht berücksichtigt wurde, dennoch aber von wesentlicher Bedeutung ist. So gibt sie Hinweis darauf, dass die Welfen bis zu diesem Zeitpunkt entscheidende und bedeutende Herrschaftsrechte wahrnahmen. Erst in diesem Jahr fielen diese dann an den Mainzer Erzbischof und ebneten den Weg für dessen Eindringen in die Stadtherrschaft.288 Vorausgegangen waren ein gegenseitiges Schutzbündnis beider Seiten und das Versprechen des Mainzers, drei Söhne des Braunschweigers mit Besitz in der Mainzer Erzdiözese auszustatten.289 Gleichzeitig gelangte der Erzbischof in den Besitz der Oberlehnsherrschaft über die welfischen Teile von Burg und Stadt Salza,290 und bereits seit 1336 waren die Herren von Salza dem Mainzer gegen Sold zum Dienst verpflichtet.291 Im Jahr 1342 verkauften die Brüder Günther und Friedrich von Salza dann wegen Erbstreitigkeiten, aber auch unter dem Eindruck der Thüringer Grafenfehde, große Teile ihres Besitzes in der Stadt an den Erzbischof und begaben sich unter dessen Schutz.292 Drei Jahre später veräußerte auch Heinrich von Salza seinen Anteil an Stadt und Burg an Erzbischof Heinrich von Vierneburg.293 Damit dürfte das Erzstift einen nicht unerheblichen Anteil an Stadt und Burg erworben haben. Allerdings griff schon 1344 der Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen in Langensalza ein und zwang die Brüder Friedrich, Hans und Friedrich von Salza zu schwören, ihren Teil von Burg und Stadt Salza an ihren Herrn, den Landgrafen, zu verkaufen.294 Verschärft wurde der Konflikt um Langensalza sicherlich noch durch die Besitzstreitigkeiten um das zwischen 287 288 289 290 291 292 293
294
Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 4771. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 168. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 4769. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 84. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 4771. SCHNELLENKAMP: Langensalza S. 15. Den edlen man hern Hynriche herrn zu Salza nimmt Mainz in Sold gegen Erfurt[…] (UB Erfurt II, Nr. 147.) Zusammengefasst bei: MANGER: Marktkirche, S. 13. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 4883 u. 4903. Vgl. auch: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 171. GUDENUS I, S. 962. SCHNELLENKAMP: Langensalza S. 15. CHRIST: Erzstift und Territorium Mainz, S. 422. MANGER: Marktkirche, S. 13. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 208 u. 217. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 216.
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Langensalza und Mühlhausen gelegene Bischofsgottern (wohl Großengottern) zwischen Landgraf Friedrich und dem Mainzer Metropoliten.295 War der Landgraf zu diesem Zeitpunkt noch bestrebt, seinen Anspruch auf rechtlichem und damit auf friedlichem Wege durchzusetzen, untermauerte er 1346 seinen Anspruch militärisch und belagerte die Stadt.296 Während der Belagerung und Eroberung wurden Stadt und Burg offensichtlich in Brand geschossen und massiv zerstört.297 Hintergrund für diesen Angriff dürften dabei auch die beginnenden Auseinandersetzungen um den Mainzer Stuhl, aber auch die Nachwehen der Thüringer Grafenfehde gewesen sein, welche die Macht des Erzstiftes in der Region entscheidend schwächten. 298 Noch im selben Jahr verpflichtete sich Friedrich von Salza, wenn Landgraf Friedrich die Burg Ufhoven vom Abt von Hersfeld als Lehen bekommen sollte, diese als Afterlehen vom Wettiner empfangen zu wollen. Gleichzeitig versprach Friedrich von Salza, sich in der Auseinandersetzung zwischen Landgraf Friedrich und dem Mainzer Erzbischof ruhig zu verhalten, außer, wenn er auf Seiten des Landgrafen eingreifen wolle.299 Erst 1347 kam es zu einem Ausgleich zwischen dem Teil der Herren von Salza, welche sich 1342 unter den Schutz des Mainzer Erzbischofs begeben und ihm ihren Teil der Stadt verkauft hatten, und Landgraf Friedrich von Thüringen. 300 Dennoch nahm der Landgraf noch 1349 Hans von Hove mit 20 Mann mit Helmen, davon 6 zu Pferde, 14 zu Fuß und 10 Schützen als Besatzung auf der Stephanskirche in Dienst, um das Gebiet um die Stephanskirche zu schützen.301 Diese Verpflichtung zur Besatzung der Bergkirche durch den Landgrafen geschah sicherlich mit dem Ziel, Druck auf die Mainzer Partei auszuüben und um sie zu einer Einigung zu zwingen. Gleichzeitig war die Bergkirche wegen ihrer Lage auf einer Anhöhe unmittelbar vor der Altstadt in der Neustadt aus militärischer Sicht gut geeignet, um die landgräflichen Rechte in der Stadt abzusichern.302 So war zu diesem Zeitpunkt der Konflikt zwischen Landgraf Friedrich und Erzbischofs Heinrich noch immer nicht beigelegt303 und die Kontrolle Langensalzas dürfte deshalb nicht unwichtig gewesen sein. Auf die sogenannte Dryburg in der 295 296 297 298 299 300 301 302 303
LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 60. PATZE: Politische Geschichte, S. 87f. Anno 1346, aus: in: Cronica s. Petri Erfordensis continuatio III, in: SS 42, S. 377. HEINIG: Mainzer Kirche, S. 475. SHStA Dresden 10024, Kopiale 25, fol. 4. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 221. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 227. SHSA Dresden 10004 Kopiale 25 fol. 16b. LIPPERT/BESCHORNER: Einleitung, S. CXLVI, Anm. 7. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 76. Zur Lage der Kirchen, vgl. Kap. II.4.7.4 u. II.4.8.1. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 60.
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Altstadt scheint der Landgraf aber keinen Zugriff gehabt zu haben, und deshalb wich er offensichtlich auf eine Befestigung im Bereich der Stephanskirche aus.304 Im Jahr 1350 einigten sich dann die zwei stadtherrlichen Parteien. Im Vertrag vom 2. Juni zwischen den Landgrafen Friedrich, Balthasar, Ludwig und Wilhelm, sowie Heinrich, Erzbischof von Mainz, und dem Dompropst Kuno von Falkenstein wurde eine gemeinsame Nutzung von Burg und Stadt vertraglich beschlossen und außerdem festgelegt, dass die Stadt für fünf Jahre nicht geteilt werden soll.305 Dass dieser Vertrag überhaupt zustande kam und somit Mainz auf seinen alleinigen Anspruch auf die Stadt verzichtete, dürfte im Wesentlichen den Entwicklungen in der Mainzer Stiftsfehde geschuldet sein. So war es Gerlach von Mainz, dem Gegenbischof Heinrichs von Vierneburg, gelungen, einige Thüringer Grafen und die Stadt Erfurt auf seine Seite zu ziehen. Damit zwang er seine Gegner zum Handeln. Der Dompropst Kuno legte zunächst am 2. Juni 1350 die Fehde mit dem Landgrafen bei und Burg und Stadt wurden anschließend zum gemeinsamen Besitz erklärt. Nur wenige Tage später wurde der Vertrag erweitert, und er schloss nun auch alle Anhänger der beiden Kriegsparteien ein. Gleichzeitig wurde noch einmal ausdrücklich betont, dass Burg und Stadt beiden Parteien gemeinsam gehören sollen.306 Daran wird deutlich, wie zentral Langensalza für die Auseinandersetzungen zwischen dem Mainzer und den Landgrafen in Thüringen war und wie wenig beide Parteien auf die Stadt verzichten wollten. Der Konflikt zwischen den in der Stadt beamteten Vertretern der mainzischen und landgräflichen Seiten wurde dann im Oktober 1351 in einem Vertrag endgültig beigelegt. Dieser enthielt im Wesentlichen Bestimmungen zur Friedenswahrung in der Stadt. Im Januar 1356 wurde dann noch einmal, jetzt aber mit Erzbischof Gerlach von Mainz, welcher die Oberhand bei der Besetzung des Mainzer Stuhls behalten hatte,307 über Salza verhandelt. Am 30. Januar erfolgte die Festlegung der gemeinsamen Herrschaft in Langensalza. Ebenso ist auch der Beschluss, die Stadt nicht zu teilen, aus der
304 305
306 307
Zur Befestigung, vgl. Kap. II.4.7.2. […]auch sei geredt, daß Salza burge und stete und was dazu gehört oder darin,…einander gemeynsam solle dienen…, auch soll die stete zu Salza und alle dorfer und gericht, die dazu gehören binnen fünf nicht geteil werden. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 233. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 5845.) Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 233. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1, 2, Nr. 5847. SHStA Dresden, 10004 Kopiale 25, foll. 50a u. b. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 236. HEINIG: Mainzer Kirche, S. 475f.
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Urkunde von 1351 übernommen worden, und zudem werden auch die weiteren innerstädtischen Rechte und Zustände umfassend geregelt.308 Zugrunde liegt für diese Regelungen ein Friedensvertrag zwischen dem Mainzer Erzbischof und den Landgrafen vom 24. Januar 1356,309 in welchem auch die Urkunde vom 10. Juni 1350 im Wortlaut eingefügt ist. Gleichzeitig wurde am 30. Januar 1356 auch ein neuer Stadtrat durch beide Parteien bestätigt.310 Noch am 28. Januar 1356 richtete sich der Mainzer Erzbischof allerdings direkt an die Bürger, den Rat und die Ratsmeister und trägt ihnen auf, die Güter ihres Mitbürgers Konrad Wendekarren mit keiner Steuer und Bede zu belegen, da er diesen davon befreit hat.311 Noch kurz vor der Ausstellung der Urkunde zur gemeinsamen Nutzung und Verwaltung der Stadt griff demzufolge Gerlach ohne landgräfliche Mitwirkung in die Geschicke der Stadt ein. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen aus den Jahren 1349/50 gibt dann Auskunft über die Besitzverteilungen zum Zeitpunkt der Stadteilung zwischen dem Mainzer Erzbischof und dem Landgrafen.312 Zwar waren umfangreiche Abgaben aus der Stadt und der Burg an den Landgrafen zu leisten, im Einzelfall war der Besitz allerdings zwischen ihm und dem Mainzer Erzbischof aufgeteilt, wobei auch noch die Herren von Salza anteilig über Besitz verfügten.313 Des Weiteren besaßen die Herren Johannes, Heinricus, Guntherus et Fridricus de Salczca jetzt umfangreiche Güter vom Landgrafen zu Lehen.314 Der Belehnungsakt fand am 29. Mai 1347 statt und sollte den Konflikt, welcher zwischen den Herren von Salza und dem Landgrafen von Thüringen ausgebrochen war, beilegen.315 Hierbei könnte es sich um den Besitz derer von Salza gehandelt haben, welche 1344 versprochen hatten, ihren Teil an die Landgrafen zu verkaufen.316 Jedoch verkauften die Herren von Salza offensichtlich nicht ihren ganzen Besitz am Ort. Noch 1349/50 besaß ein Burchardus de Heuwental Güter zur Hälfte 308
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314 315 316
SHStA Dresden 10004 Kopiale 25, foll. 38a. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 243. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2, 1, Nr. 533. Gesamttext der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122f. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 136f., mit Anm. 568. SHStA Dresden, 10004 Kopiale 25, foll. 76b u. 77a. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2, 1, Nr. 519. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 243. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 136, mit Anm. 567. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 136f., mit Anm. 569. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2, 1, Nr. 529. Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Nr. I, 34; XXX, 8; LV, 1-9. Item Burchardus de Heuwental habet mediatem bonorum in frascriptorum a domino Johanne de Salzca et mediatem a domino marchione et episcopo Maguntino[…] (Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Nr. LV, 4. LIPPERT/BESCHORNER: Einleitung, S. CCXIIf.) Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Nr. XXXVII,1. Regesten der Herren von Salza, Nr. 227, S. 150f. Regesten der Herren von Salza, Nr. 216, S. 146.
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vom Mainzer Erzbischof und vom Landgrafen und zur Hälfte a domino Johanne de Salzca. Dieser Eigenbesitz hatte zwar sicherlich nicht mehr denselben Umfang, macht aber deutlich, dass die Herren von Salza immer noch über Allod in Langensalza und Umgebung verfügten. Diese Güter waren dabei foras et intus civitatem gelegen.317 Dennoch verlagerten die Herren von Salza in dieser Zeit ihren Sitz aus Langensalza ins benachbarte Ufhoven und in das östlich an der Straße nach Erfurt gelegene Döllstedt. Ufhoven wiederum fiel nach dem Aussterben der Ufhov’schen Linie im Jahr 1409 an die Landgrafen zurück, welche den letzten Vertreter dieser Linie Herrmann von Salza im Jahr 1407 damit belehnt hatten.318 Zwar sind die Ministerialen von Salza nach 1356 weiterhin im Umfeld der Stadt nachweisbar,319 doch spricht einiges dafür, dass sie bereits nicht mehr auf der Burg wohnten, sondern einen Wohnsitz in der Stadt selbst hatten.320 Eine solche Umsiedlung ehemals in Burgen wohnender Ministeriale oder Adliger in die angrenzende Stadt ist nichts Ungewöhnliches, dieses kann bereits für das 13. Jahrhundert in Nordhausen und Mühlhausen beobachtet werden.321 Zusammenfassend lässt sich sagen: Nach den Ereignissen der 1340er Jahre schieden die Ministerialen von Salza aus der Stadtherrschaft aus. Dem Mainzer Erzbischof war es zunächst gelungen, in den 1330er und 1340er Jahren große Teile der Stadt unter seine Herrschaft zu bringen. Das militärische Eingreifen seitens der Landgrafen und die innermainzischen Verhältnisse führten aber letztendlich zu einer Machtverschiebung zugunsten der Landgrafen.322 Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts setzten sich die Wettiner in Salza durch, verdrängten den Mainzer zunehmend und übten die Stadtherrschaft weitgehend alleine aus. Als Konsequenz trat Erzbischof Johann II. von Mainz am 8. April 1400 seinen Teil von Langensalza zusammen mit Bischofsgottern vollständig an die Landgrafen ab. Im Gegenzug erhielt der Erzbischof die Hälfte der Burgen und Städte Eschwege und Sontra. Die Wettiner verzichteten auf ihre Ansprüche auf die Harburg
317 318
319 320 321
322
Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Nr. LV, 4. LIPPERT/BESCHORNER: Einleitung, S. CCXIIf. SOMMER: Ufhoven, S. 80. Vgl. auch: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 227, mit Anm. S. 152, Nr. 299f., 310, 312 u. 314 mit. Anm. GUTBIER: Geschichte des Dorfes Ufhoven, S. 6. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 248, 249, 254. So verkauften sie 1365 dem Kloster Reinhardsbrunn einen Siedelhof in Salza, welchen sie selbst bewohnt hatten. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 255.) Ähnliches lässt sich auch in Mühlhausen beobachten. Nach der Zerstörung der Reichsburg in Mühlhausen hatte sich offensichtlich ein Großteil der ehemaligen Burgmannen in der Stadt niedergelassen. (GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 307.) Vgl. CHRIST: Erzstift und Territorium Mainz, S. 422.
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(Eichsfeld), Worbis und Seebach und sagten deren Burgmannen und Bürger von sich los und wiesen sie an den Erzbischof.323 Doch bis zu diesem Zeitpunkt erscheint die Stadt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts immer wieder im Zentrum der Auseinandersetzungen zwischen der landgräflichen und der Mainzer Partei. Diese beruhten im Wesentlichen auf Forderungen des Erzstiftes bezüglich Besitzes in und um Salza, und der Konflikt wurde dann am 13. Juli 1392 als Teil eines umfangreichen Landfriedensvertrages zwischen Landgraf Balthasar und Erzbischof Konrad II. von Mainz beigelegt.324 Die dort getroffene Verständigung wurde am 8. Oktober noch einmal bestätigt.325 Hintergrund für das Einlenken des Mainzers dürften im Wesentlichen die Entwicklungen im Reich gewesen sein. Es war notwendig geworden, in der Gemeinschaft der Kurfürsten auf die Verstrickungen König Wenzels in Böhmen zu reagieren und hierfür ein umfassendes Bündnissystem zu schaffen.326 Dennoch war der Streit um die Stadt keinesfalls beigelegt. Nach einer vorangegangenen landgräflichen Gesandtschaft an Papst Bonifatius IX. 327 befahl der Papst 1394 dem Mainzer Erzbischof Konrad II., endlich die Verpfändung der Mainzer Hälfte von Stadt und Vorwerk an die Landgrafen Friedrich III., Balthasar und Wilhelm I. zu bestätigen.328 Schließlich war aber erst Johann II. von Nassau bestrebt, die offensichtlich nach wie vor nicht beigelegten Probleme um Salza zu lösen.329 Im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts hatten die Mainzer Erzbischöfe immer wieder versucht, auf dem Tauschwege in den Besitz des gesamten Ortes Salza zu gelangen. Verhindert wurde dieses letztendlich durch die ständige Vertragsbrüchigkeit von landgräflicher, aber auch von mainzischer Seiten.330 Hintergrund für diese erneuten Versuche waren Bestrebungen, das mainzische Territorium auszudehnen und zu verdichten und in diesem Zuge auch wieder stärker auf Thüringen auszugreifen.331
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SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 16. (StadtA Bad Langensalza Abt I, III, A.) In den Regesten des Stadtarchivs auf das Jahr 1401 datiert. Die Datierungszeile lautet: ...der gegeben ist zu Bischoffesguttern nach Christi geburte in dem vierzehenhundersten jare an dem nehisten fritage nach dem heiligen Ostertag. Abdruck der landgräflichen Urkunde und der mainzischen Gegenurkunden in: Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 121f. CDS I, B 1, Nr. 442, § 8. CDS I, B 1, Nr. 457, § 5. HEINIG: Mainzer Kirche, S. 494. CDS I, B 1, Nr. 503. CDS I, B 1, Nr. 519. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 293. CDS I, B 2, Nr. 310. HEINIG: Mainzer Kirche, S. 500. Vgl. dazu die Erläuterungen zu Nr. 299 der Regesten des Geschlechts Salza, S. 185f. HEINIG: Mainzer Kirche, S. 501f.
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Erst im Jahr 1400 legte der Mainzer Erzbischof Johann II. den Streit mit den thüringischen Landgrafen endgültig bei. So schloss er mit ihnen einen Verständigungs- und Bündnisvertrag, in welchem auch alle bezüglich der Stadtherrschaft in Salza bestehenden Differenzen ausgeräumt werden sollten. Dabei verzichtete er auf seine Hälfte an Schloss und Stadt 332 und sagte die ihm in der Stadt Verpflichteten los und befahl ihnen, sich an die Landgrafen Friedrich und Balthasar zu halten.333 Zwar war das kein endgültiger Verzicht auf seinen Anspruch, da er sich durch die Übertragung seines Besitzes als erbliches Lehen an die Landgrafen die Oberlehnsherrschaft vorbehielt,334 de facto schied er aber aus der Stadtherrschaft aus. Grundsätzlich war Erzbischof Johann II. von Nassau jedoch nicht gewillt, Langensalza endgültig aufzugeben. So gab er den Landgrafen Friedrich und Balthasar in einem am 18. März 1405 ausgestellten Schreiben die Hälfte von Sontra und Eschwege zurück und verlangte die Herausgabe der Tauschurkunden und die Rückgabe der abgetretenen Anteile von Stadt und Burg Langensalza sowie Großengotterns.335 Wenigstens die Rückgabe der Städte Sontra und Eschwege muss dabei tatsächlich erfolgt sein, da nur einen Tag später eine entsprechende Urkunde an die Stadt Eschwege erging, in welcher dieser die Rückgabe mitgeteilt wurde. Gleichzeitig entband er die Stadt und die Burgmannen zu Eschwege von den ihm geleisteten Eiden und verlangte die Herausgabe der beim Tausch der Stadt ausgestellten Urkunden.336 Am 20. März stellte Erzbischof Johann dann eine Urkunde über den endgültigen Verzicht auf die Burgen und Städte Eschwege und Sontra aus.337 Im Jahr 1409 verpfändete Landgraf Friedrich die Hälfte der Städte Sontra und Eschwege, welche Erzbischof Johann den Landgrafen Balthasar und Friedrich wiedergegeben hatte, für 4.500 Mark Silber.338 Erstaunlich ist dieses insofern, weil sich nach 1400 kein mainzischer Einfluss in Langensalza feststellen lässt. Es muss demzufolge vollkommen unklar bleiben, ob der Rücktausch vollständig vollzogen worden ist. Wahrscheinlich aber war die Wiederinbesitznahme der Hälfte zu Langensalza durch den Erzbischof von Mainz nicht von Dauer. Ein mainzisches Lehnsverzeichnis aus dem Jahr 1293/94 verweist anscheinend darauf, dass schon im ausgehenden 13. Jahrhundert der Mainzer über die 332 333 334 335 336 337 338
CDS I B 2, Nr. Nr. 310 § 1. CDS I B 2, Nr. Nr. 310 § 2. Auch also daz die vorgenannten Balthasar und Friedrich und ihre erben burg und stede…zu einem rechten lehen haben, trage, halden und emphahen sollen[…] (CDS I B 2, Nr. Nr. 310 § 2.) Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 150. Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 151. Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 152. Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, Nr. 156. Gegenurkunde: Nr. 157.
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Oberlehnsherrschaft über Salza verfügte.339 Dieses ist insofern verwunderlich, weil er doch erst 1342 das Besetzungsrecht aus der Hand des welfischen Herzogs Otto erwarb und ihm die Ministerialen von Salza Teile ihres Besitzes an der Stadt verkauften. Letztere wiederum standen auch erst seit den 1330er Jahren in einer vasallitischen Beziehung zum Mainzer. 340 Das Lehnsverzeichnis von 1293/94 führt darüber hinaus Lehen auf, welche der Landgraf von Thüringen aus mainzischer Hand besaß.341 Nach dem Lehnsverzeichnis verfügte damit nicht nur der Mainzer Erzbischof schon im späten 13. Jahrhundert über herrschaftliche Rechte an der Stadt. Diese waren sogar an den wettinischen Landgrafen Albrecht ausgegeben. Nach allen bisherigen Feststellungen deutete sich aber an, dass vor den 1330/40er Jahren sowohl die Landgrafen als auch der Mainzer Erzbischof, wenn überhaupt, nur über geringe Rechte in der Stadt verfügten. Von diesem Lehnsverzeichnis gibt es sowohl lateinische als auch deutsche Fassungen. Ein Salza als mainzisches Lehen wird einzig in einer im Hauptstaatsarchiv Weimar aufbewahrten deutschen Fassung verzeichnet und hat keine Entsprechungen in den älteren lateinischen Texten. Niedergeschrieben ist das Weimarer Exemplar von einer Hand der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. 342 Der Mainzer Erzbischof wiederum verzichtete, wie erwähnt, im Jahr 1400 vollständig auf seine Rechte an Langensalza. Da Salza nur in der deutschen Weimarer Fassung anzutreffen ist und in der älteren lateinischen Magdeburger Handschrift fehlt, kann es sich nur um eine nachträgliche, von jüngerer Hand zugefügte Ergänzung der ursprünglichen Lehnsliste handeln, welche dann wiederum im 15. Jahrhundert noch einmal abgeschrieben worden ist.343 Eine solche Ergänzung der ursprünglichen Liste kann nur zur Zeit der mainzischen Herrschaft über Salza und somit in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts geschehen sein. Insofern ist aus dieser Quelle nichts über ältere mainzische Rechte in Langensalza zu erfahren. Bis 1400 waren auch die Einkünfte aus der Stadt zwischen beiden Parteien wenigstens nominell aufgeteilt. So erhob der Mainzer Erzbischof 1377 (15. August) eine Landbede von 200 Mark, jedoch ließ er bei den Landgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm anfragen, wie diese durch die Stadt abzuführen sei. Die Landgrafen legten daraufhin fest, dass aufgrund der landgräflichen Schulden und Pfandverschreibungen 100 Mark durch die Bürger einzubehalten waren und die 339 340 341 342 343
Abdruck der Urkunde: ENGEL: Urkundenstudien, S. 37. Vgl. oben. Vgl. zur Problematik der landgräflichen Lehen aus der Hand des Mainzer Erzbischofes vgl. Kap. II.1.3. LATh-HStA Weimar Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. D 453. ENGEL: Urkundenstudien, S. 35f. Vgl. auch Kap. II.1.3. Vgl. auch: ENGEL: Urkundenstudien, S. 37.
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anderen 100 Mark an die Landgrafen und den Erzbischof für Kriegskosten abgeführt werden mussten. Von dieser Regelung unberührt bleiben sollten die ihnen ebenfalls auf etliche Jahre verschriebenen, jährlich den Landgrafen zu zahlenden 60 Mark.344 Im markgräflichen Register von 1378 wird die Jahrrente (Precarie) als Abgabe an den Landgrafen genannt und beträgt 60 Mark. Schon die Handschrift B erwähnt sie als verpfändet345 und das Summularium des markgräflichen Registers teilt mit, dass 53 Mark der Precarie in der Verpfändung der Wachsenburg beinhaltet sind. Von einer Gesamtverpfändung der 60 Mark wird an dieser Stelle nichts berichtet.346 Auch die Urkunde von 1377 über die Festsetzung der Landbede durch den Erzbischof von Mainz erwähnt, dass ein Teil der Jahrrente für etliche Jahre verpfändet worden sei.347 Wie und in welcher Form dies geschehen war, lässt sich nicht erkennen. Auch 1402 waren wieder Teile der Jahrrente verpfändet. So hatten die Ratsmeister und Ratsleute der Stadt von der jährlich fälligen Rente 20 Mark an Dietrich von Hopfgarten, Peter Rost und Siegried von Bilzingsleben zu zahlen.348 Wenn Thomas von Buttelstedt in seinen Aufzeichnungen über die Landgrafschaft von 1440-43 eine Jahrrente von 120 Mark erwähnt,349 dürfte dieses auf keinen Fall auf eine Verdopplung der durch die Stadt zu leistenden Abgaben zurückzuführen sein. Vielmehr verfügten die Landgrafen seit 1400 auch über den mainzischen Teil Langensalzas, und somit standen ihnen auch die ehemals an den Mainzer Erzbischof abzuführenden Abgaben zu. Die Gesamtabgabe aus der Stadt betrug demzufolge 120 Mark und war wohl bis 1400 auf die mainzische und die landgräfliche Seite aufgeteilt. Ebenso erwähnt Thomas von Buttelstedt in seinem Verzeichnis, dass 100 Mark der Jahrrente an verschiedene Pfandnehmer auf Wiederkauf verschrieben sind. Über die restlichen 20 Mark, von denen 10 Mark an Reinhardsbrunn und 10 Mark an nicht näher genannte Herren von Gotha verpfändet sind, schreibt Thomas von Buttelstedt, dass sie tretin an das testament myns herren von Doringen und sind nicht abzulossen.350 Zusammenfassend lässt sich damit Folgendes feststellen: Schon im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts waren wesentlichen Teile der städtischen Precarie, aber auch der Jahrrente verpfändet. Dem Landgrafen standen damit in dieser Zeit kaum Einkünfte aus der Stadt zu. Die Situation veränderte sich erst, als sie auch 344 345 346 347 348 349 350
SHStA Dresden 10004 Kopiale 26 fol. 151b. Regesten Salza, Nr. 272. Registrum XIX, 1 u. Anm. d. Summularium. XIX, Nr. 1. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 272. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 301. Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 450. Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 451.
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Zugriff auf die mainzischen Einkünfte aus der Stadt erhielten. Aber auch diese Einnahmen waren spätestens bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts dann teilweise verpfändet. Die von der Stadt zu zahlende Precarie betrug jeweils zusammengerechnet pro Jahr 120 Mark lötigen Silbers, wovon bis 1400 die eine Hälfte dem Mainzer Erzbischof und die andere den Landgrafen zustand. Im Jahr 1380 forderten die Landgrafen eine Steuer in Höhe von 200 Mark lötigen Silbers, wovon 100 an den Erzbischof und 100 an die Markgrafen zu zahlen waren. Ein dahingehender Eintrag ist im städtischen Rechnungsbuch auf den 23. August datiert. Die Stadt hatte aber anscheinend Schwierigkeiten, den geforderten Betrag zu zahlen, und sandte deshalb nur wenige Tage später, am 30. August, Boten zu Landgraf Friedrich III. und bat um Aufschub der Zahlung.351 Bei der hier geforderten Steuer dürfte es sich um die bereits 1377 beiden Stadtherren zu gleichen Teilen zustehende Landbede handeln. Im Jahr darauf verlangten die Landgrafen noch einmal 50 Pfund Groschen der Steuer des Jahres 1380, worauf sich die Stadt an Erzbischof Ludwig wandte und ihn mit dem Verweis auf die bereits geleistete Zahlung um Hilfe bat. Ein von Ludwig verfasstes Schreiben wird darauf den Ratsmeistern überstellt, welche es wiederum an die Landgrafen weiterleiteten. Die Landgrafen reduzierten daraufhin ihre Forderung auf 40 Pfund Groschen und erneut wandten sich die Vertreter der Stadt an den Erzbischof, mit der Bitte bei den Landgrafen einen Aufschub zu erreichen.352 Hintergrund hierfür könnte sein, dass die Forderung von 1380 die Precarie im markgräflichen Register von 1378 um 80 Silbermark überstieg, was die Stadt wiederum nicht leisten konnte oder nicht leisten wollte. Diese Differenz zwischen den Jahressteuern könnte aber auch auf zwei vollkommen unterschiedliche Steuerleistungen verweisen. Heranzuziehen sind hierfür zwei Urkunden aus dem Jahr 1377. Als die Landgrafen am 6. August das Schultheißenamt mit seinen Einkünften und Verpflichtungen an die Salzaer Bürger Thomas und Kirsten Engeride verpfändeten, heißt es ausdrücklich, dass die Jahrrente von 60 Mark hiervon unberührt ist.353 Am 15. August erhob der Mainzer Erzbischof eine Landbede von 200 Mark.354 Auffällig ist jedoch, dass weder das markgräfliche Register noch das Abgabenverzeichnis des Thomas von Buttelstedts eine solche Steuer ausdrücklich nennen.355 Hinzu kommt noch: In der Urkunde vom 15. August 1377 wird die Landbede als eine aus den thüringischen Städten zu erhebende Steuer bezeichnet. Es war demzufolge eine ausdrücklich städtische Steuer, welche aber wiederum von der Prekarie verschieden war. Die 351 352 353 354 355
StadtA Bad Langensalza R II, II fol. 154b u. 156a. StadtA Bad Langensalza R II, II fol. 36b, 37a u. 41b. Regesten Salza, Nr. 270. SHStA Dresden 10004 Kopiale 26 fol. 151b. Regesten Salza, Nr. 272. Vgl. auch oben. REGISTRUM XIX. Die Aufzeichnungen den Thomas von Buttelstedt, S. 450.
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60 Mark waren demnach die Stadtsteuer oder Jahrrente. Dagegen war die Landbede von 200 Mark die allgemeine, aus dem Land erhobene landesherrliche Steuer.356 Grundsätzlich wird in der Literatur des 19. Jahrhunderts zwischen Landbede und der sogenannten Or- oder Urbede unterschieden. Die Landbede entspricht dem Hufengeld und ist eine Abgabe von Ackergrundstücken. Demgegenüber wird die Urbede ausdrücklich nur von Städten von den Grundstücken geleistet, welche vom Landesherrn bei der Stadtgründung (-erhebung) zur Stadtfläche zugewiesen worden sind.357 Insofern dürfte die Landbede aus den von den Stadtbürgern bewirtschafteten, in der Stadtflur gelegenen Ackerflächen zu entrichten gewesen sein. Demgegenüber wurde die „städtische Prekarie“ als Urbede von den in der Stadt gelegenen Grundstücken, sofern diese nicht davon befreit waren,358 geleistet. Aber auch hier ist erneut darauf zu verweisen, dass eine solche Abgabe im markgräflichen Register nicht ausdrücklich genannt wird. Jedoch ist im markgräflichen Register von 1378 unmittelbar nach der Precarie von 60 Mark mit dem census hereditarius eine weitere Abgabe aufgelistet, von welcher 55 Talente an Michaelis und 17½ an Walpurgis zu zahlen waren. Insgesamt entspricht dieses einer jährlichen Abgabe von 72½ Talenten. Auch Herbsleben musste eine solche Steuer zahlen, welche hier wiederum eindeutig als Abgabe von den landwirtschaftlichen Betriebseinheiten bezeichnet wird.359 Insofern könnte es sich in beiden Fällen tatsächlich um die Landbede handeln. Allerdings listet das markgräfliche Register lediglich 72,½ gezahlte Talente auf, was wiederum 1450 Groschen und damit 27,3 Mark entsprechen würde.360 Dieses stimmt jedoch in keiner Weise mit der 1377 verlangten Landbede von 200 Mark überein und es muss deshalb letztendlich offenbleiben, ob tatsächlich die verlangte Landbede gemeint ist. Vielleicht handelte es sich in diesem Fall auch nur um eine temporäre Sondersteuer, die im Zusammenhang mit den enorme Kosten verursachenden kriegerischen Unternehmungen der Wettiner im Zuge des Mainzer Bistumsstreites in dieser Zeit steht.361 So verweist Ernst Devrient im zweiten Teil des Jenaer Urkundenbuches darauf, dass es sich bei der 1412 und 1419 von Landgraf Wilhelm unter anderem in der Stadt Jena erhobenen Landbede von 250 Mark um eine 356 357 358 359 360 361
Vgl. BRINCKMEIER: Glossarium II, S. 10. Vgl. Pierer’s Universallexikon 8, S. 581 u. 10, S. 77. Vgl. unten. Vgl. Kap. II.5.5.4. Vgl. Umrechnungstabelle, in: LIPPERT/BESCHORNER: Einleitung, S. XLIX. Vgl. unten. Darüber hinaus findet sich auch bei den in diesem Zusammenhang besprochenen Urkunden von 1377 der Verweis auf Kriegskosten. (Regesten Salza, Nr. 270 u. 272.)
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außerordentliche Steuer handelte. Diese wiederum ist von der Precarie (Jahrrente), die eine ordentliche Steuer war, zu unterscheiden.362 In der neueren Forschung konnte gezeigt werden, dass die Bede in enger Beziehung zur spätmittelalterlichen Vogtei und Grundherrschaft steht. Sie war dafür zu leisten, dass die Vogt- und Grundholden durch den jeweiligen Vogt beziehungsweise Grundherren geschützt wurden beziehungsweise Vogt oder Grundherr in Notzeiten Hilfe erbeten konnten und auch erhielten. War diese Abgabe zunächst eine temporäre und an bestimmte Situationen gebunden, wurde sie seit dem 14. Jahrhundert zunehmend zu einer dauerhaften Leistung. Aus ihr entwickelte sich die städtische Bede, welche ursprünglich eine Grund- und Gebäudesteuer war und später als Vermögensteuer erhoben wurde. Wahrscheinlich ist, dass es sich bei der aus Langensalza zu leistenden Landbede von 1377 um eine Sondersteuer handelte, welche zwar aus der Stadt erhoben wurde, aber noch im ursprünglichen Zusammenhang der Beziehung Grundhold – Grundherr zu sehen ist. Es sich deshalb um eine in Notzeiten erbetene Sondersteuer handelte, welche durch den Stadtherrn (im Sinne eines Grundherrn) eingefordert worden ist.363
4.5.2 Die landgräflich-mainzische Doppelherrschaft Bis die Wettiner Langensalza 1400 in ihren vollständigen Besitz brachten, war die gemeinsame Herrschaft über die Stadt keinesfalls frei von Auseinandersetzungen zwischen der Mainzer und der landgräflichen Partei. Bis in die 1370er Jahre verpfändeten die Wettiner ihre Anteile an Stadt und Burg häufig. Hintergrund hierfür könnte gewesen sein, dass sie vorerst Konflikten mit der mainzischen Partei aus dem Weg gehen wollten.364 Dennoch war es wenigstens vor 1367 zu Auseinandersetzungen zwischen mainzischen und wettinischen Dienstleuten gekommen. Im Zuge der Beilegung des Konfliktes schlossen der landgräfliche Amtmann zu Thamsbrück, Rudolf von Lengefeld, und der erzbischöflich-mainzische Vogt von Gleichenstein, Otto von Rusteberg, am 19. August dieses Jahres einen Burgfrieden sowie Burghut. Umfassen sollten diese alle drei Städte und die Gräben um das Spital. Darüber hinaus hatten sie von den Mauern und Gräben einen halben Acker im Umkreis zu gelten.365
362 363 364 365
DEVRIENT: Einleitung, S. XXXIIf. Vgl. auch: UB Jena II, Nr. 35 u. 92. THIER: Art. Bede, Sp. 495. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 271f. LEISERING: Regesten 1367-1388, Nr. 65.
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In der Folge der Ernennung des Wettiners Ludwig von Meißen im Jahr 1373 zum Erzbischof von Mainz und der 1374 erfolgenden Bestätigung durch den Papst sowie dem sich daran anschließenden Streit um den Mainzer Stuhl zwischen Ludwig und Adolf von Nassau366 änderten die wettinischen Landgrafen ihre Politik aber grundlegend und griffen wieder verstärkt auf Langensalza aus. Sicherlich vor allem, um dem Gegenkandidaten auf den Mainzer Stuhl Adolf von Nassau zuvorzukommen, besetzten sie im Sommer 1374 das jetzt strategisch bedeutende Bischofsgottern und die Stadt Langensalza, welche zuvor am 19. Mai 1373 dem Nassauer gehuldigt hatte.367 Als Antwort darauf zog Erzbischof Adolf nach Thüringen, um diese Besitzungen zurückzugewinnen.368 Jetzt griff Kaiser Karl IV. vermittelnd ein und nahm die mainzischen Besitzungen in beiden Orten treuhänderisch an sich.369 Er muss sie aber spätestens bis zum Februar 1375 an den Wettiner Ludwig ausgehändigt haben, da dieser Langensalza am 22. Februar zusammen mit anderen Städten und Burgen an seine Brüder verpfänden konnte.370 In der Folge hielt sich Ludwig zwischen 1377 und 1381 häufig und für längere Zeit in Langensalza auf371 und stellte in seiner Eigenschaft als Stadtherr Urkunden für die Stadt aus.372 Schon im Jahr 1367 hatten die Landgrafen die nahezu vollständige Verfügungsgewalt über Langensalza erhalten. So verpfändete der wettinische Erzbischof Ludwig die Stadt zusammen mit anderen und einigen Burgen für 20.000 Mark an seine Brüder. Formal behielt er die Oberherrschaft über die Stadt in der Gestalt, dass ihm das Öffnungsrecht vorbehalten blieb. Im Falle eines Krieges zwischen Erzbischof Ludwig beziehungsweise seinen Nachfolgern und den Landgrafen sollte die Stadt jedoch neutral bleiben.373 Trotz der Huldigung gegenüber Adolf von Nassau war die Stadt Langensalza im Bistumsstreit den Wettinern zur 366 367 368 369 370 371
372 373
PATZE: Politische Geschichte, S. 108-116. ROGGE: Wettiner, S. 112. Historia Erphesfurdensis, S. 1352. Mainzer Ingrossaturbücher: URL: http://www.ingrossaturbuecher.de (22.12.2013) VIGENER: Kaiser Karl IV., S. 44, mit Anm. 120f. Anno 1374, aus: Chronicon Moguntinum, in: SS rer. Germ: Chronicon Moguntinum, S. 36f. VIGENER: Kaiser Karl IV., S. 46f. PATZE: Politische, S. 111. Anno 1374, aus: Chronicon Moguntinum, in: SS rer. Germ: Chronicon Moguntinum, S. 37. VIGENER: Kaiser Karl IV., S. 47. LEISERING: Regesten 1366-1380, Nr. 374f. Regesten Herren von Salza Nr. 266, S. 173. CDS I, B 1, Nr. 524, S. 398- 401. VIGENER: Kaiser Karl IV., S. 58, Anm. 172. Zu den Aufenthalten vgl. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 275, Anm. 1166, S. 288, mit Anm. 1229. Außerdem die Einträge in den Langensalzaer Stadtrechnungsbüchern: StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 19b; 20a u. b; 21a; 22b; 97a u. b; 100b; 108b; 116a u. b; 193b; 194a u. b.; 195a u. 197a u. b. R II, II, fol. 56b u. 63b. Exemplarisch der Vergleich zwischen den Ratsmeistern, dem Rat und den Bürgern mit den Müllern der Stadt vom 29. Januar 1382. (StadtA Bad Langensalza Abt. IV, II, Nr. 1.) LEISERING: Regesten 1366-1380, Nr. 374f.
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Militärhilfe verpflichtet. Im Jahr 1380 forderten die Markgrafen Unterstützung für die Belagerung der Burg Scharfenstein, welche seit 1294 in mainzischem Besitz war.374 So hatte Langensalza am 4. Juli XXX armigeros et IIII lapides375 zu stellen. Des Weiteren steht die Verpfändung des Schultheißenamtes an zwei Langensalzaer Bürger vom 6. August 1377 im Zusammenhang mit deren Aufwendungen für Kriegszüge. So wird berichtet, sie hätten die Landgrafen bei ihrem im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um den Mainzer Stuhl stehenden Zug gegen den Bischof von Speyer unterstützt.376 Ebenso verlangte der wettinische Gegenbischof Ludwig von der Stadt mehrfach militärische Unterstützung. So forderte er am 3. Juni 1377 von der Stadt vier Schützen, welche mit dem übrigen Kriegsvolk vor Duderstadt ziehen sollten.377 Schon am 22. Juli bat Ludwig erneut um militärische Unterstützung für eine Heerfahrt ins Eichsfeld, und die Stadt stellte ihm nun sechs Heerwagen und sechs Schützen.378 Am 20. August unterstützte die Stadt erneut einen Kriegszug der Wettiner Ludwig, Friedrich, Balthasar und Wilhelm in das Eichsfeld und stellte sechs Schützen sowie zwei Wagen. Nur zwei Tage später überbrachte ein erzbischöflicher Bote die Nachricht, sofort mit möglichst großer Macht ins Eichsfeld zu folgen, worauf die Stadt 30 Berittene schickte.379 Am 19. Januar 1378 wiederum stellte die Stadt zehn Berittene zur Verfügung, welche durch Erzbischof Ludwig nach Großengottern (Bischofsgottern) verlegt wurden.380 Erneut erbat Ludwig dann am 30. Juni 1380 eine möglichst große Zahl Bewaffneter. Hier wird nicht überliefert, wie viele gestellt wurden. Es ist lediglich eingetragen, dass die Stadt der Bitte nachkam und die Kriegsmannschaften nach Gebesee verlegt wurden.381 Im Januar 1382 stellt Langensalza Erzbischof Ludwig einen Wagen mit sechs Pferden zur Verfügung, um im Bedarfsfall für die Balliste benötigtes Material nach Halle zu bringen.382
374 375
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378 379 380 381 382
CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 347 u. 355. Rechnungsbuch zu 1380 (StadtA Bad Langensalza R, II, II, fol. 36a.) Eckart Leisering meint, dass es sich bei den lapides um Wurfgeschosse für Belagerungsmaschinen gehandelt haben könnte. (LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 426, Anm. 1788.) Regesten Salza, Nr. 270. HStA Darmstadt R11, REM Nr. 26. Vgl. auch: Mainzer Ingrossaturbücher: URL: http://www.ingrossaturbuecher.de (22.12.2013). VIGENER: Kaiser Karl IV., S. 112 mit Anm. 342. HStA Darmstadt R11, REM Nr. 26. Vgl. auch: Mainzer Ingrossaturbücher: URL: http://www.ingrossaturbuecher.de (22.12.2013). StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 12b. StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 106a. StadtA Bad Langensalza R II, II, fol. 153a. StadtA Bad Langensalza R II, II, fol. 49a.
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Wenigstens die von 1377 bis 1380 geleistete militärische Unterstützung dürfte in engem Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um den Mainzer Stuhl stehen. Die Züge ins Eichsfeld inklusive dem nach Duderstadt waren wohl unmittelbar gegen im Zugriffsbereichs Adolfs von Nassau gelegenen Stiftsbesitz gerichtet.383 Dieses ist insofern wesentlich, weil Alois Gerlich die Auffassung vertritt, nach dem 1375 vereinbarten Waffenstillstand von Gräfentonna, sei bis zum 24. Juni eine militärische Ruhepause in den Auseinandersetzungen eingetreten und in der Folge hätten sich die Kämpfe an den Rhein verlagert und auch die Wettiner seien nicht mehr in dem Maße aktiv hervorgetreten, wie noch 1374/75. Die Unterstützung der Kriegszüge Ludwigs durch die Stadt Langensalza nach 1374/75 macht jedoch deutlich, dass auch weiterhin Konflikte auf thüringischem Boden ausgetragen worden waren und Ludwig führte wohl im Rahmen seiner Möglichkeiten Kriegszüge im thüringisch Raum durch.384 Die Verlegung von Truppen nach Gebesee, welches zu diesem Zeitpunkt in hersfeldischem und wettinischem Besitz war, dürfte sich gegen das in Opposition zu den Wettinern stehende Erfurt gerichtet haben. Allerdings bestand seit 1377 zwischen Erfurt und den Wettinern ein Waffenstillstandsvertrag. Dieser wiederum war erst 1379 um zwei Jahre verlängert worden.385 Über einen nach der Stationierung in Gebesee durchgeführten Heerzug gegen Erfurt ist nichts bekannt. Möglicherweise war die verstärkte Besetzung Gebesees aber auch dem Umstand geschuldet, dass ein strategisch wichtiger Punkt mit weiteren wettinischen Truppen verstärkt werden sollte. Gebesee war nicht nur wegen der hier befindlichen Furten über die Gera und die Unstrut von militärstrategischer Bedeutung. Von Gebesee aus führte auch ein direkt von Erfurt kommender Weg in den nördlichen Teil der Landgrafschaft. Schon 1375 hatten sich hier die Erfurter mit den Truppen Adolfs von Nassau vereinigt, während auf der anderen Seite die markgräflichen Truppen lagerten, um auf Erfurt vorzustoßen.386 Die Kontrolle Gebesees war demzufolge für beide Seiten von Bedeutung, stellte aber immer vor allem auch eine unmittelbare Bedrohung Erfurts, dessen Territorium bis in diesen Raum reichte,387 dar. Gerade in diesen Auseinandersetzungen liegt dann vielleicht auch die Ursache für die, zwischen 1377 und 1388 nachweisbare Landbede als Sondersteuer. Sie 383
384 385 386 387
Zum mainzischen Stiftsbesitz in Thüringen: CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 348384. Zum Bistumsstreit: VIGENER: Kaiser Karl IV., S. 112-118. GERLICH: Die Anfänge des großen abendländischen Schismas, S. 25-76. GERLICH: Die Anfänge des großen abendländischen Schismas, S. 26f. Vgl. auch: PATZE: Politische Geschichte, S. 113. Zu Gebesee in hersfeldischem und wettinischem Besitz vgl. Kap. II.5.5. PATZE: Politische Geschichte, S. 113-115. Zur Verkehrslage Gebesees vgl. Kap. II.5.2. PATZE: Politische Geschichte, S. 113. Zum Erfurter Landgebiet vgl. Kap. II.5.5.4.
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wurde erhoben, um die Auseinandersetzungen um den Mainzer Stuhl seitens der wettinischen Partei zu finanzieren. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass im Zuge der Erhebung der Steuer von 1377 auch ausdrücklich auf die Begleichung von Kriegskosten verwiesen wird.388 Nach dem Verzicht Ludwigs auf den Mainzer Stuhl im Jahr 1381 und dessen Tod im darauffolgenden Jahr389 gaben die Wettiner den Salzaer Besitz nicht an das Erzstift zurück. Noch kurz vor seinem Tod hatte der Wettiner Ludwig eine Vergleichsurkunde zwischen den Salzaer Müllern und der Stadt Langensalza ausgestellt.390 Um den Salzaer Besitz für das Erzstift zurückzugewinnen, versuchte König Wenzel die Wettiner am 16. Dezember 1384 dazu zu bewegen, den halben Teil von Stadt und Burg Langensalza dem Erzbischof Adolf nicht mehr vorzuenthalten.391 Seit 1374 war es augenscheinlich dem Mainzer Stift nicht mehr gelungen, seine Rechte an Langensalza vollständig durchzusetzen. Anzunehmen ist ebenfalls, dass der wettinische Erzbischof Ludwig von Mainz eher die landgräflichen Interessen in Langensalza vertrat, als seinen Teil der Stadt im Sinne des mainzischen Erzstiftes zu verwalten. Auch die Teilung der Einkünfte dürfte nicht zwangsweise dem Erzstift zugutegekommen sein. So wird in der Urkunde 1377 über die Festsetzung der wettinische Erzbischof Ludwig als Vertragspartner genannt.392 Da Ludwig bis zu seinem Tode über den mainzischen Teil Langensalzas verfügte, ist anzunehmen, dass ihm nach der Regelung von 1377 auch die Einnahmen aus der Stadt zuflossen. Zwischen Balthasar, welchem die thüringischen Gebiete zugefallen waren, und Ludwig bestand spätestens seit den innerwettinischen Auseinandersetzungen zwischen 1362 und 1364 ein enges Vertrauensverhältnis.393 Deutlich wird dies vor allem daran, dass trotz der häufigen Aufenthalte Ludwigs in Langensalza sich 1378 mehrfach städtische Delegationen, ohne den Widerspruch Ludwigs, nach Gotha an Balthasar wandten.394 Welche Rolle Langensalza als Aufenthaltsort Erzbischof Ludwigs spielte, wird vor allem aus den städtischen Rechnungsbüchern der Jahre 1377 bis 1381 deut-
388 389 390 391 392 393 394
StadtA Bad Langensalza Abt. IV, II, Nr. 1.) Vgl. auch oben. ROGGE: Die Wettiner, S. 113. StadtA Bad Langensalza Abt. IV, II, Nr. 1. RTA 1376-1387, Nr. 199, Anm. 1, S. 351f. SHStA Dresden 10004 Kopiale 26 fol. 151b. Regesten Salza, Nr. 272. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 300. StadtA Bad Langensalza R I, 1, fol. 108b, 123 a u. b und 180 a.
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lich. Die Stadt scheint bis zur päpstlichen Transferierung Ludwigs auf den Magdeburger Stuhl am 23. August 1381395 diesem als Residenz gedient zu haben.396 Hierfür sprechen nicht nur die häufigen Aufenthalte Ludwigs in der Stadt, sondern auch der Umstand, dass in dieser Zeit eine Reihe höfischer Feste durch den Erzbischof in Langensalza abgehalten wurden. So fand beispielsweise am 1. und 2. März 1378 vor dem Rathaus ein Lanzenspiel (hastiludium) statt, im Zuge dessen die Ratsmeister dem Erzbischof auch Geschenke überreichten.397 Des Weiteren trafen sich am 19. Juni 1379 Erzbischof Ludwig und die Ratsmeister der Stadt im Haus des Jan Gutbier zu einem Fest.398 Am 18. September fand eine weitere Festivität im Rathaus statt. Anwesend waren hier die Ratsmeister sowie der Bischof und dessen anwesenden Stiftsangehörigen (domicelli). 399 Nur wenige Tage später am 26. September fand ein weiteres Fest im estuarium400 des Rathauses statt, an welchem auch Markgraf Wilhelm der Jüngere teilnahm. 401 Zwei weitere wurden dann am 21. und 24. Februar 1380 im Rathaus abgehalten. Zum 21. Februar ist noch vermerkt, dass neben den städtischen Vertretern und dem Erzbischof auch erzbischöfliche Familiaren anwesend waren.402 Diese Feste verweisen durchaus darauf, dass die Stadt im Rahmen ihrer Aufgaben als Residenz in dieser Zeit auch eine kulturelle Mittelpunktfunktion ausübte, die wiederum wenigstens im Zusammenhang mit dem abgehaltenen Turnier auch auf das weitere Umland ausgestrahlt haben dürften. Turniere wurden sehr häufig in Städten beim Rathaus abgehalten und das Obergeschoss diente dabei meist als Tribüne.403 Daneben trafen sich Erzbischof Ludwig, wenn er sich in der Stadt aufhielt, häufig bei den angeseheneren Bürgern der Stadt mit den Ratsmeistern.404 Bevorzugter Aufenthaltsort Erzbischof Ludwigs war jedoch die stadtherrliche Burg, auf welcher dann auch zwischen den Ratsmeistern und dem Stadtherrn verhandelt wurde oder Letztere ihm huldigten oder Stadtherr und Ratsmeister sich zum gemeinsamen Essen einfanden.405 395 396
397 398 399 400 401 402 403 404 405
HEINEMEYER: Ludwig, Markgraf von Meißen, S. 400. Vgl. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 391. So bereits Karl Heinemeyer 1987, welcher von Langensalza ebenfalls als Residenz des wettinischen Erzbischofs spricht. (HEINEMEYER: Ludwig, Markgraf von Meißen, S. 400.) StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 97a. StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 194a. StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 197a. Zum Begriff vgl. Kap. II.4.7.1. StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 198a. StadtA Bad Langensalza R II, II, fol. 56b. ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 22. Exemplarisch: Am 11. März 1378: StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 51b, oder am: 11.3.1378: StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 97r. StadtA Bad Langensalza RII, I, fol. 19b; 20a; 20b; 22b; 97a u. b; 100b; 116a u. b; 197b.
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Die vorstehenden Beobachtungen deuten weiterhin daraufhin, dass die Bürgerschaft durchaus auch zum erweiterten Kreis des Hofes gehörte. Vielleicht stellte die bürgerliche Oberschicht bei Anwesenheit des Bischofs in der Stadt in der Zeit zwischen 1377 und 1381 neben den anwesenden Familiaren und Stiftsangehörigen sogar einen Großteil des Hofes. Ob sich dies auch für Aufenthalte des Stadtherrn in der Zeit nach 1381 nachweisen lässt und somit verallgemeinert werden kann, müsste eine genaue Untersuchung der Stadtrechnungsbücher zeigen, die aber in dieser Arbeit nicht zu leisten ist. Diese Untersuchung sollte dann auch die anderen Wettiner einschließen, weil auch sie sich häufig in Langensalza aufhielten.406
4.5.3 Die Herren von Salza als Stadtherren Neben den welfischen, mainzischen und wettinischen Stadtherren spielten aber auch die Ministerialen von Salza eine nicht unbedeutende Rolle in der Stadt. Bei diesen handelte es sich, wie die Forschung neuerdings zeigen konnte, mit aller Wahrscheinlichkeit um ursprünglich welfische Ministeriale,407 welche im ausgehenden 12. Jahrhundert auch in einer vasallitischen Beziehung zu den Landgrafen von Thüringen gestanden haben könnten.408 Spätestens an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert sind sie dann, wie noch zu zeigen sein wird, tatsächlich auch landgräfliche Vasallen. Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erscheinen die Ministerialen von Salza als Vögte in Salza. So tritt erstmals 1270 Günther von Salza in einer Zeugenliste Landgraf Albrechts von Thüringen mit der Amtsbezeichnung advocatus auf,409 während ein Günther von Salza noch 1256 in einer Urkunde Adelheids, Tochter des Grafen von Birkenstein, ohne Titel, aber bereits 1253 mit der Bezeichnung miles erscheint.410 In den 70er Jahren des 13. Jahrhunderts sind die Herren von Salza ansonsten ohne den Zusatz advocatus anzutreffen, können dann aber zwischen 1280 und 1296 in sieben von acht Urkunden mit diesem Titel nachgewiesen werden.411 Letztmalig finden sich die Ministerialen von Salza 1303 mit der 406 407 408 409 410 411
Vgl. hierzu Kap. I.2.3. Vgl. auch: LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 391. Vgl. Kap. II.4.3. So zeugen sie in einer Urkunde Landgraf Ludwigs aus dem Jahr 1186. (Dob II, Nr. 760.) Teilabdruck des Textes bei: Sagitarii hisorici Saxonici, cap. 18, § 7, S. 392. Regest in: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 67. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 57 und 58. Dabei handelt es sich immer um die Brüder Günther und Friedrich, welche den Titel beide führten. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 80, 81, 83, 86, 87, 89 und 91.)
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Amtsbezeichnung advocatus in den Quellen.412 Im Jahr 1296 erscheint Günther von Salza als Houbtmann des fredis in dem Lande zu Doringen, an des edilin mannes stadt Hern Gerlacus von Brübergk. Im Jahr 1296 wurde er dann wieder durch Gerlach von Breuberg, welcher bereits 1287 das Amt bekleidet hatte, abgelöst.413 Im Jahr 1305 ist Günther, Herr von Salza, als Vogt und Offizial des Landgrafen Albrecht in Thüringen Zeuge in einer Urkunde desselben.414 Während die Einsetzung als königlicher Landfriedensrichter in Thüringen die herausragende Stellung der Salzaer Ministerialen betont, ist die Bezeichnung als landgräflicher Amtmann im Jahr 1305 ein erster möglicher Hinweis auf die Herkunft der Vogteirechte von 1270. Es könnte sich demnach um ein an Günther von Salza verliehenes landgräfliches Recht handeln.415 Allerdings ist nicht auszuschließen, dass das 1305 genannten officium von der 1270 erwähnten Vogtei zu Salza zu unterscheiden ist. So ist, da kein Amtsort genannt wird, vollkommen unklar, welches Amt das officium von 1305 meint. Immerhin könnte sich die Funktion Amtmann auch auf den Vorsitz des landgräflichen Landgerichtes in Thamsbrück beziehen.416 In einer Urkunde Landgraf Albrechts aus dem Jahr 1303 tritt ein Gieseler von Salza als landgräflicher Burgmann in Thamsbrück entgegen. In dieser Urkunde wird außerdem deutlich, dass Gieseler landgräfliche Lehen innehatte, und zwar in Windisch-Heillingen nördlich von Thamsbrück.417 Beziehungen der Herren von Salza zum landgräflichen Thamsbrück gab es demnach durchaus. Des Weiteren sei an dieser Stelle noch auf den oben genannten Hasunger Besitz in Langensalza verwiesen, welchen die Landgrafen 1182 vom Vogtei- und Schultheißenrecht befreiten.418 Christine Müller folgert hieraus, dass die Landgrafen wenigstens über einen Teil der Salzaer Güter Gerichtsrechte besaßen.419 Sollte es sich bei dem genannten Besitz tatsächlich um landgräfliche Rechte in Langen-
412 413
414 415 416
417 418 419
UB Homburg B, Nr. 128. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 104. Abdruck des Volltextes bei: Historia monasterii VIII: Historia monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § 70, in: Diplomataria et scriptores historiae germanicae 1. hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG, S. 777. Regest in: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 90. Vgl. auch: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 185. PATZE: Politische Geschichte, S. 55. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 262. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 110. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 176. Zur Begrifflichkeit Official vgl. WILDE: Art. Amtmann, Sp. 214f. Zu fredis, vredis und vride vgl. LEXER: Taschenwörterbuch, S. 354. Zum Landgericht in Thamsbrück vgl. PATZE: Art. Thamsbrück, S. 436. Vgl. auch Kap. II.1.3.2. UB Homburg B, Nr. 95. Vgl. Kap. II.4.3. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 177.
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salza gehandelt haben, könnte sich das 1305 genannte landgräfliche officium, welches die Ministerialen von Salza ausübten, auf diese Gerichtsrechte erstreckt haben. Von Interesse im Zusammenhang mit Gerichtsrechten der Herren von Salza ist noch eine weitere, im Jahr 1280 ausgestellte Urkunde. In dieser beurkundet Günther von Salza den Verzicht einer zwischen Salza und Gotha begüterten Familie auf Besitz im bei Gotha gelegenen Buffleben zugunsten des St. Severistiftes in Erfurt.420 Bereits Christine Müller stellte die Frage, warum dieser Verzicht ausgerechnet vor dem Vogt zu Salza stattfand, obwohl kein Bezug zur Stadt oder dem unmittelbaren Umland erkennbar ist.421 So könnte die Urkunde doch darauf verweisen, dass die durch Günther ausgeübten Salzaer Vogteirechte weit über die Stadtgrenzen hinausgingen und auch umliegende Dörfer umfassten. Unklar bleibt, ob die Beurkundung Günthers auf seine Tätigkeit als landgräflicher Amtmann zurückgeht. So hält Christine Müller in der Tradition Hans Patzes das Amt Thamsbrück im markgräflichen Register von 1378 für weitgehend deckungsgleich mit dem erstmals im 13. Jahrhundert erwähnten Landgerichtsbezirk Thamsbrück.422 Buffleben selbst gehört jedoch nicht zum Amtsbezirk Thamsbrück, wird vielmehr im markgräflichen Register unter dem Amt Gotha genannt.423 Es ist demzufolge ebenso vorstellbar, dass Günther Vogt von Salza hier in seiner Funktion als landgräflicher Vogt des Amtes oder Landgerichtsbezirkes Gotha den Vorgang beurkundete. Ausgestellt und verhandelt wurde die Urkunde jedoch in Langensalza und nicht an einem der Landgerichtsorte und darüber hinaus nennt sich Günther ausdrücklich Vogt von Salza.424 Letzteres legt doch nahe, die Beurkundung eher im Zusammenhang mit der Funktion Günthers als Vogt in Salza zu suchen und nicht in Tätigkeit als landgräflicher Amtmann. Insofern stellt sich erneut die Frage, weshalb ein Vogt zu Salza zuständig war. Die Antwort liefert möglicherweise eine 50 Jahre jüngere Urkunde. In dieser bekennt Heinrich, Herr in Salza, dass Heinrich genannt Apt, Bürger und Schultheiß zu Gotha, Zinsen von Grundbesitz bei Gotha als auch im Dorf Buffleben, an das Kloster Georgenthal verkauft hatte.425 Auffällig ist zunächst, dass Heinrich von Salza dieses Rechtsgeschäft nicht als Vogt beurkundet, sondern sich lediglich Herr in Salza nennt. Diese Zuständigkeit scheint deshalb nicht an das Vogteiamt gebunden zu sein, sondern sie ergibt sich 420 421 422 423 424 425
UB Erfurter Stifter 1, Nr. 505. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 178. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 202 mit Anm. 219. PATZE: Landesherrschaft, S. 308f. Registrum VIIIa, 7 u. XXb. Actum et datum Salza anno domini millesimo CCLXXX, nonas Aprilas. (UB Erfurter Stifter 1, Nr. 505.) LATh-StA Gotha 2-11-0001 Kloster Georgenthal, Nr. 121.
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aus dem weiteren Wortlaut der Urkunde. Heinrich beurkundet nicht nur den Verkauf, sondern überträgt selbst die Zinsen, wie sie von ihm und seinen Vorfahren besessen worden waren.426 Bei dem 1331 durch Heinrich Apt an das Kloster Georgenthal übertragenen, auch in Buffleben gelegenen Besitz handelt es sich demnach um Rechte, welche dieser aus der Hand der Herren von Salza besaß. Dasselbe könnte deshalb auch für die Übertragung von 1280 angenommen werden, und die Zuständigkeit der Herren von Salza beruht nicht auf einer Funktion als Vögte oder Amtleute, sondern weil es sich um Eigenbesitz handelte. Die Herren von Salza verfügten, so wurde deutlich, bereits im 13. Jahrhundert über Eigenbesitz, welcher auch außerhalb Langensalzas lag und bis in die Nähe von Gotha reichte.427 Zu dem bisher genannten Besitz außerhalb Langensalzas gehörten noch weitere fünf Dörfer, in welchen die Herren von Salza über wohl umfassenden Besitz verfügten. So übertrugen die Brüder Hans, Heinrich, Günther und Friedrich von Salza 1347 im Zuge der Aufgabe ihrer Stadtherrschaft dem Landgrafen Friedrich ihre recht umfangreichen Rechte in den Dörfern Wiegleben, Aschersleben, Eckartsleben, Zimmern und Kleinvargula.428 Woher dieser doch recht umfangreiche Besitz derer von Salza stammte, lässt sich nicht erkennen. Des Weiteren konnten die Herren von Salza im 14. Jahrhundert auch ihre Anteile an Stadt und Burg sowohl dem Landgrafen als auch dem Erzbischof von Mainz ohne fremde Einwilligung übertragen.429 Außerdem übten sie wenigstens in der Stadt Gerichtsrechte aus und treten auch als landgräfliche Amtsinhaber entgegen. Ebenso lag auch die örtliche Münzprägung, welche seit 1291 belegt ist,430 an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert in der Hand der Herren von Salza. So zeigen in die Zeit um 1300 zu datierende Münzen mit der Umschrift „Salza“ das Familienwappen der Herren von Salza.431 Ebenso lässt sich spätestens für die 1340er Jahre nachweisen, dass die Ministerialen von Salza auch die Burg in Ufhoven besaßen und diese mit eigenen Dienstleuten besetzt hatten.432 Weiterhin hatte schon Hugo von Salza im Jahr 1251 einen eigenen Kaplan und 1331 lassen sich eigene Schreiber bei Heinrich von Salza nachweisen. Des Weiteren verfügten sie im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts über eigene städtische Beamte und ritterliche Dienstmannen. Schon 1225/26 tritt ein Schultheiß des in Langensalza 426 427 428 429 430 431 432
LATh-StA Gotha 2-11-0001 Kloster Georgenthal, Nr. 121. Vgl. oben. SHStA Dresden 10004 Kopiale 25, fol. 5. Regesten des Geschlechts von Salza, Nr. 227. Vgl. Kap. II.4.5. UB Homburg B, Nr. 132. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 170 mit Anm. 85. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 17. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 207. UB Homburg, Nr. 67.
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über umfangreichen Besitz verfügenden Eberhers von Weißensee entgegen.433 Dieses wiederum deutet darauf hin, dass sich die Ministerialen eine umfangreichere Herrschaft im Raum Langensalza geschaffen hatten und darüber hinaus ganz nach dem Vorbild ihrer Herren einen eigenen Hof mit einer eigenen Verwaltung besaßen. Die Salzaer Dynasten verfügten demnach über ein ausgeprägtes Selbstverständnis nach dem Vorbild ihrer adligen Lehns- oder aber Dienstherren und hatten offensichtlich eine in hohem Maße selbstständige Stellung erreicht.434 In diesen Zusammenhang passt auch die Wahl des Georgpatroziniums für das durch Hugo gegründete Hospital. St. Georg war der typische Heilige der Ritterschaft – er war der Patron der Ritterschaft schlechthin.435 Die Ministerialen von Salza dürften diesen Patron nicht ohne Grund gewählt haben und er wird Ausdruck ihrer Zugehörigkeit zur Ritterschaft sein. Immerhin wird ein Vertreter der Familie bereits 1253 als miles bezeichnet. Die unabhängige Stellung gegenüber ihren welfischen Lehnsherren könnte wiederum in der großen Entfernung zu deren Stammlanden begründet liegen.436 Möglicherweise übertrugen die Welfen die weitreichenden Rechte an die Salzaer Dynastie, weil diese sich einerseits als treue Vasallen erwiesen hatten und deshalb zu erwarten war, dass sie die welfischen Interessen weiterhin vertraten. Andererseits war es vielleicht auch der Versuch, vor allem in der Zeit der welfischen Schwäche nach dem Ausscheiden Ottos IV. aus dem Kaisertum die Ministerialen stärker an sich zu binden. Des Weiteren verfügte diese Familie aller Wahrscheinlichkeit nach über einigen Einfluss und eine günstige Machtposition in der Region und war deshalb auch in der Lage, welfische Interessen zu vertreten. Umgekehrt könnten natürlich die Ministerialen unter Ausnutzung der Situation verstärkt Rechte und Besitz auch mittels Okkupation an sich gezogen haben. Im Zusammenhang mit den Gerichtsrechten hält Christine Müller jedoch eher eine Übertragung aus landgräflicher Hand in der unmittelbaren Zeit nach dem Thüringer Erbfolgekrieg für denkbar. Im Zuge der Konsolidierung ihrer Herrschaft in der Landgrafschaft könnten die Wettiner versucht haben, auf diesem Wege wichtige Vasallen anderer Lehnsherren ans sich zu ziehen.437 Außerdem meint Müller „der Erwerb der Gerichtshoheit über den Ort Salza auf dem Wege der Vogtei könnte den Herren von Salza die Chance geboten haben, trotz ihres
433 434 435 436 437
HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 534. Vgl. auch Kap. II.4.3.2. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 185. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl II, S. 46f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 172. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 178.
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niederen sozialen Standes auf dem Grund und Boden, den sie schon längst besaßen, eine Stadt ins Leben zu rufen“.438 Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, ob die Gerichtsrechte ursprünglich überhaupt aus landgräflicher Hand stammten. Bereits Christine Müller stellte weiterhin fest, dass der Gerichtsbezirk Salza, welcher nahezu vollständig von den Bezirken Thamsbrück und Schönstedt umschlossen wurde, sehr klein war, er allerdings nicht nur Salza selbst, sondern auch das Gericht über Merxleben und Niederschönstedt umfasste. 439 Zusätzlich dazu war die 30 Solidi betragende Merxlebener Bede nach Langensalza zu entrichten und waren Abgaben aus dem Kloster Homburg gleichfalls nach Salza abzuführen. 440 Christine Müller führt weiterhin an: Sowohl der Bezirk Schönstedt als auch Thamsbrück seien spätestens nach dem Erbfolgekrieg fest in landgräflicher Hand gewesen. Hieraus schließt sie, dass schon in früherer Zeit der Salzaer Bezirk einem anderen Gerichtsherrn, wie etwa den Welfen unterstand oder dass er nachträglich aus dem landgräflichen Rechtsgebiet ausgegliedert worden ist. Letzteres hält sie, vor allem weil die Blutgerichtsbarkeit zu Merxleben noch im markgräflichen Register zum Amt Thamsbrück gehörte,441 für am wahrscheinlichsten. In diesem Fall, so meint Müller weiter, „könnte die niedere Gerichtsbarkeit im Gebiet in und um Salza als ,Vogtei‘ an die Herren von Salza verliehen worden sein“.442 Gleichwohl lassen sich im unmittelbaren Umfeld Langensalzas drei weitere kleinere Amtsbezirke feststellen, welche Müllers Überlegungen wenigstens überdenkenswert erscheinen lassen. Hierbei handelt es sich um die östlich vom Salzaer Bezirk gelegenen Ämter Kleinballhausen und Herbsleben sowie das nordwestlich gelegene Großengottern. Umgeben sind diese Bezirke von den großen wettinischen Ämtern Weißensee, Gotha und Thamsbrück.443 Herbsleben kam im Jahr 1351 aus hennebergischer Hand an die Wettiner.444 Die Burg zu Kleinballhausen erwarben die Wettiner zu Beginn des 14. Jahrhunderts.445 Lässt sich in diesen beiden Fällen der Erwerb von umfangreichen Rechten zeitlich noch sicher eingrenzen, ist die Situation im Fall Bischofsgottern ungleich undurchsichtiger. Bis zum Jahr 1400 lässt sich im Ort umfangreicher mainzischer Besitz nachweisen. Erst in diesem Jahr verzichtet Erzbischof Johann II. zugunsten anderer 438 439 440 441 442 443 444 445
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 179. Registrum XIX, 19. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 177. Registrum XIX, 10 u. 27. Registrum XXb, Nr. 31. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 177. Vgl. Karte Die Ämter der wettinische Lande um 1380, in: Registrum dominorum marchionum Missnensium, Umschlagseite vorn. Vgl. Kap. II.5.5. Vgl. Kap. II.2.5.
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Rechte auf seine Anteile an Bischofsgottern und überlässt sie den Wettinern.446 Spätestens im Zusammenhang mit ihrem Ausgreifen auf Langensalza versuchten die Wettiner auch Großengottern unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen dem wettinischen Erzbischof Ludwig und seinem Widersacher Adolf von Nassau um den Mainzer Stuhl besetzten die Wettiner Bischoffsgottern.447 Wenigstens bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts war der Ort ein wichtiger mainzischer Vorort in Thüringen und ein bedeutendes erzbischöfliches Amt.448 Wann die Wettiner in Großengottern erhebliche Rechte erwerben konnten, ist zwar nicht genau überliefert, infrage kommt aber nur ein Zeitraum zwischen den 1340er Jahren und der Abfassung des markgräflichen Registers. Vorstellbar ist sogar, dass dies etwa in der gleichen Zeit geschah, in der auch die Verhältnisse in der Stadt Salza geregelt wurden – demzufolge in den 1350er Jahren.449 Bei allen drei Ämtern fällt auf, dass es sich um jüngere wettinische Erwerbungen aus der Hand anderer Gerichtsherren handelte, welche wie im Fall Herbsleben nicht einmal drei Jahrzehnte vor der Abfassung des Registers erfolgten. Vorstellbar ist deshalb: Im Zuge dieser Erwerbungen wurden die ursprünglichen (Gerichts-/Amts-)Strukturen des jeweiligen Besitzkomplexes (weitgehend) beibehalten und auf eine Eingliederung in eines der umliegenden älteren Ämter verzichtet. Auch in Salza erwarben die wettinischen Landgrafen erst im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts umfangreichere Rechte. Bis auf die bereits angesprochenen, zudem auch nicht ganz sicher auf Langensalza zu beziehende Übertragung von Besitz durch die Landgrafen an das Kloster Hasungen sowie in diesem Zusammenhang genannten Gerichtsrechte im Jahr 1182 lassen sich vor den 1340er Jahren überhaupt keine landgräflichen Rechte in Langensalza greifen.450 Insofern könnte auch das Amt Salza als älterer Besitzkomplex eines anderen Herrn, nachdem es an die Wettiner gefallen war, in seiner Struktur beibehalten worden sein. Dann stammten wiederum auch die Vogteirechte der Herren von Salza nicht aus wettinischer Hand, sondern könnten vielmehr, wie Müller gleichfalls schon in Betracht zog, durch die Welfen an die Salzaer Ministerialen gekommen sein. Lösen lässt sich dieses Problem letztendlich nicht. Grundsätzlich soll entgegen Müller allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass das Amt Salza in seiner Struktur auf andere, eben nicht landgräfliche Herrschafts- und Besitzverhältnisse
446 447 448 449 450
Vgl. oben. Vgl. oben. GOCKEL: Art. Gottern, S. 174-176. Der endgültige Vertrag über die Teilung der Stadtherrschaft in Langensalza wurde 1356 ausgefertigt. (Vgl. oben.) Vgl. oben.
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zurückgingen, vielleicht Relikte eines ehemals größeren welfischen Herrschaftskomplexes waren. Möglicherweise handelte es sich aber auch um den Rest eines ursprünglich größeren Besitzkomplexes der Herren von Salza, welcher sich aus Rechten zusammensetzte, die aus den Händen verschiedener Herrschaftsträger stammten. Wieweit die richterlichen Befugnisse der Herren von Salza reichten, bleibt gleichfalls undeutlich. Nur wenige Schlaglichter geben einen Einblick: So beurkundete Günther, Vogt in Salza, 1292, dass der Ritter Christian dem Kloster Volkenroda vier Mark jährliches Einkommen von seinen Gütern übereignet hat. Hierbei handelt es sich um Einkünfte seines Hauses am Markt, vom Haus des Fischers Albert, ebenfalls am Markt gelegen, und um Einkünfte aus dem vor dem Tor gelegenen Hofe Heinrichs. Hinzu kamen aber noch Einkünfte von Grundbesitz in Illeben und von einem Hof in Heilingen.451 Günther beurkundet demzufolge sowohl die Übertragung von Besitz, der vor der Stadt gelegen war, als auch von solchem, welcher sich innerhalb der Stadt befand, und auch von Besitz, welcher in der näheren Umgebung der Stadt lag. Auch hier ging demzufolge die Zuständigkeit Günthers über die Stadtgrenze hinaus. Im Jahr 1310 übereignete Günther von Salza dem Augustinerkloster zu Salza einen Platz vor dem Mühlhäuser Tor und verfügte, dass keinem seiner Beamten oder Bürger die Gerichtsbarkeit über die dort lebenden Zinsleute zustehe.452 Wenigstens aus dieser Urkunde wird deutlich, dass sich die Gerichtsrechte derer von Salza offensichtlich auf die Stadt und das umliegende Weichbild erstreckten, und dass diese damit einer normalen städtischen Vogtei entsprachen. Weniger eindeutig ist die Urkunde von 1292. Die Heilingenorte (nördlich von Thamsbrück) gehörten zum Amt Thamsbrück. 453 Als Ausnahme tritt jedoch Kirchheilingen entgegen. Abgaben aus dem Ort gehörten zum Amt Thamsbrück, aber auch nach Salza.454 Der Hintergrund hierfür dürfte der Umstand sein, dass auch die Herren von Salza über Besitz in Kirchheilingen verfügt haben. Erhebliche Teile davon verkauften sie für 270 Mark 1284 an das Kloster Homburg.455 Unter anderem die wettinischen Landgrafen verfügten über die dortigen Vogteirechte, auf die sie 1273 verzichteten. Im Jahr 1303 erfolgte eine erneute Verzichtserklärung der Landgrafen, welche noch durch die Befreiung von sämtlichen Steuern
451 452
453 454 455
Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 86. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 121. Das Original ist nicht überliefert. Die Urkunde liegt lediglich als Transsumt vor: SHStA Dresden 10001, Nr. 1910. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 178. Registrum XXb, 1, 3, 4, 16f., 20 u. 33. Registrum XIX, 27 u. XXb, 1. UB Homburg, Nr. 87.
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und Forderungen ergänzt wurde. 1305 bestätigte dann der landgräfliche Amtmann Günther von Salza erneut den Verzicht Landgraf Albrechts und die Übertragung der Hoch- und Niedergerichtsbarkeit in den betreffenden Gütern an das Kloster Homburg.456 Falls das in der Urkunde von 1292 genannte Heilingen mit Kirchheilingen identisch ist, könnte sich die Zuständigkeit Günthers darauf begründen, dass hier Eigenbesitz derer von Salza betroffen war. Für Illeben (2 Kilometer südöstlich von Langensalza) lässt sich Besitz der Herren von Salza sogar sicher nachweisen. So verkauften sie 1337 das Dorf Illeben mit der Vogtei und allen anderen Rechten, die sie dort besaßen, an das Kloster Reinhardsbrunn.457 Außerdem hatten die Ministerialen von Salza Besitz in Görmar (östlich von Mühlhausen).458 Im Jahr 1337 verzichtete Heinrich von Salza auf die Vogtei zu Breitungen (Herrenbreitungen im Ldkr. Schmalkalden-Meinigen),459 wie er sie von seinem Vater und seinem Bruder geerbt hatte und welche er vom Abt von Hersfeld als Lehen besaß. Im selben Jahr schenkte er dem Kloster Breitungen die ihm zustehende Vogtei über das wüste Dorf Hildigers (Lage unklar, wahrscheinlich aber in der Nähe von Breitungen).460 1342 bekennen dann die Brüder Johannes, Heinrich, Günther und Friedrich zu Salza, dem Abt von Homburg 60 Äcker Holzmark bei der Thiemsburg überlassen zu haben.461 Neben dem oben schon genannten umfassenden Besitz in den Dörfern Wiegleben, Aschersleben, Eckartsleben, Zimmern und Kleinvargula, verfügten die Herren von Salza damit über weitere, durchaus umfangreiche Rechte auch in anderen Orten in der unmittelbaren Umgebung Langensalzas, so etwa in Kirchheilingen und Illeben. Zum Teil besaßen sie die betreffenden Orte wohl sogar vollständig. Darüber hinaus verfügten sie auch über bedeutende Rechte in weiter entfernt gelegenen Orten. Stammte die Vogtei über Herrenbreitungen aus hersfeldischer Hand, könnte der Besitz in Kirchheilingen und bei der Thiemsburg von den Welfen an die Herren von Salza gekommen sein.462 Insofern deutet sich doch an, dass die recht umfangreiche Herrschaft der Herren von Salza, wie schon angenommen, aus den Händen unterschiedlichster Herren stammte. Sie verfügten zusammenfassend
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UB Homburg, Nr. 84-86, 88 u. 90. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 192-194. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 87. Die Vogtei hatten die Herren von Salza kurz vor 1300 aus der Hand der Herren von Frankenstein erworben. (KÜTHER/PATZE: Art. Breitungen, S. 56-58.) Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 196. Dob IV, Nr. 278. UB Homburg B, Nr. 33f. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 212. In beiden Orte verfügten die Welfen über Besitz, welcher wenigstens zum Teil schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts an das welfische Eigenkloster Homburg übertragen worden ist. (UB Homburg, Nr. 2. DD H. d. L., Nr. 3.)
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über bedeutende Rechte im Raum Langensalza, aber auch darüber hinaus. Deshalb, und darauf verweist auch der Verkauf ihrer stadtherrlichen Rechte in den 1330er und 1340er Jahren, waren diese Ministerialen auch die maßgeblichen Initiatoren der Entwicklung Salzas zur Stadt. Dieses kann zwar kaum ohne Mitwirkung ihres welfischen Herrn geschehen sein, dennoch könnten sie die Entwicklung zur Stadt relativ selbstständig durchgeführt haben. Damit schufen sie sich nach dem Vorbild anderer Herren ein repräsentatives, wirtschaftliches, aber auch militärstrategisches Zentrum ihrer Herrschaft.
4.6 Die innere Entwicklung der Stadt 4.6.1 Die Gerichtsbarkeit und die Wehrhoheit – Überlegungen zur Vogtei und zum Schultheißenamt Es ist bereits festgestellt worden, dass die städtische Gerichtsbarkeit spätestens zu Beginn des 14. Jahrhunderts fest in den Händen der Herren von Salza lag. Ob dies auch für die Hochgerichtsbarkeit zutraf, ist nicht sicher. 1302 und 1305 lässt sich zusätzlich ein Untervogt nachweisen, welcher offensichtlich als Vertreter der Herren von Salza durch diese eingesetzt worden ist.463 Nach dem Verkauf ihrer Anteile an Stadt und Burg in den 1340er Jahren dürfte auch die städtische Gerichtsbarkeit an die neuen Stadtherren übergegangen sein. Im 1356 ausgehandelten mainzisch-landgräflichen Vertrag für die Teilung der Stadt, sind auch Bestimmungen zur Gerichtsbarkeit enthalten. Erstmals werden hier auch die Aufgaben des bereits 1302 genannten Untervogtes präzisiert. Dieser hatte geschworen Burghut und Burgfrieden zu halten464 sowie darüber hinaus weitere Stücke zu halten, wie sie der, der ihn einsetzt, auf die Sühnebriefe geschworen hat. 465 Eingesetzt wurde dieser Untervogt von beiden Stadtherren, wobei die Stadtgemeinde hier ein gewisses Mitspracherecht hatte. 466 Dabei müssen sich
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1302 erscheint in der Zeugenliste für das Peterskloster in Erfurt ein Tylemannus dictus de Salza advocatus domini de Salcza. (UB Erfurter Stifter 1, Nr. 820.). 1305 zeugt in einer Urkunde für das Erfurter Neuwerkkloster ein Alberto, dicto Stange advocato domini[…]de Salcza. (UB Erfurter Stifter 1, Nr. 862.) Regesten der Erzbischöfe von Mainz, 2, 1 Nr. 533. Vgl. Abdruck des Gesamttextes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 123. Zumindest kann der Text der Urkunde dahingehend interpretiert werden. Denn es soll nur derjenige von den Bürgern der Stadt zum Untervogt zugelassen werden, welcher neben Burghut, Burgfrieden auch die ander[en] Sticke zu halten geschworen hat, wie sie
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Burghut und Burgfrieden nicht nur auf die Burg selbst beschränkt haben, sondern umfassten möglicherweise wenigstens Teile, wenn nicht die gesamte ummauerte Stadt.467 Im Jahr 1356 lag, sollte dieses zutreffen, unter anderem die Überwachung der Wehrhaftigkeit beim Untervogt, und 1377 gehörten die Versorgung der Torwärter, Türmer und Wächter von Schloss und Burg Salza sowie die damit verbundenen Einnahmen und Kosten zum Schultheißenamt.468 Letzteres legt wiederum nahe, dass das Amt des Untervogtes und des Schultheißen identisch waren. Darüber hinaus konnte das Schultheißenamt an Bürger der Stadt verpfändet werden, welche damit nicht nur Zugang zu den Einnahmen aus diesem Amt hatten, sondern sicherlich auch Einfluss auf die Wehrhaftigkeit der Stadt nehmen konnten. Auffällig ist im Wortlaut der eben genannten Urkunde, dass beim Unterhalt der Wehrhaftigkeit zwischen dem Schlosse und der Burg Salza unterschieden worden ist.469 Die Doppelnennung verweist auf zwei Objekte. Mit Burg dürfte die Stadt gemeint sein, während sich Schloss auf die landesherrliche Burg Altstadt bezieht. So legt der Friedensschluss von 1351 mit der Festlegung des Burgfriedens
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der, der ihn einsetzt, auf die Sühnebriefe geschworen hat. (Vgl. dazu die Zusammenfassung der Urkunde vom 31. Jan. 1356 in: Regesten der Erzbischöfe von Mainz, 2, 1, Nr. 533. Abdruck der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 123.) Dass es sich hierbei nur um die Mainzer und die landgräflichen Stadtherren handeln kann, wird aus dem am Vortag geschlossenen Sühnevertag ersichtlich, der auch die weiteren Bestimmungen enthält, welche in der besprochenen Urkunde unter ander Sticke zusammengefasst sind. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 243.) So kann Burghut auch den Bezirk meinen, in dem die Burghut gilt. (DRW II, Sp. 628.) Auch der Burgfrieden kann ähnlich verstanden werden und den Friedensbereich in einer Stadt meinen. (DRW II, Sp. 618f.) Dahingehend ließe sich der Friedenschluss von 1351 interpretieren, in welchem festgelegt wurde, dass der Burg frieden sich erstrecken soll, soweit die Zwinger und Graben zu Salza gehen. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 236.) Da zu diesem Zeitpunkt wenigstens die Altstadt bereits ummauert gewesen sein dürfte, muss sich der Burgfrieden auf diesen Bereich erstreckt zu haben. (Zur Stadtbefestigung vgl. Kap. II.4.7.2. HERTLEIN: Art. Bad Langensalza, S. 83. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 11.) […]und dafür zu einem rechten Pfande dass Schultheißenamt zu Salcza mit allen Zinsen, Nutzen und Gefällen einsetzen wollen,…, dergestalt, dass Thomas und Kirstan Engeride die Zinsen und Gefälle von besagtem Schultheißenamt jährlich berechnen und das, was sie nach gehabten Aufwand für Beköstigung der Torwärter, Türmer und Wächter auf dem Schlosse und der Burg Salza von den besagten Einnahmen übrig behalten würden, als Abschlag auf die Hauptsumme inne behalten sollten, so lange bis diese letztere getilgt sein werde[…] (SHStA Dresden 10004 Kopiale 26, fol. 152. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 270.) SHStA Dresden 10004 Kopiale 27, fol. 16b. Kopiale 29, fol. 119b. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 236.
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für einen durch Zwinger und Graben umgebenen Ort470 nahe, den Burgfriedensbereich tatsächlich für die gesamte ummauerte Stadt anzunehmen.471 Im Jahr 1359 hatten die Landgrafen das städtische Verteidigungs- und Befestigungswesen an den Rat übertragen, Verteidigungs- und Befestigungsrecht aber blieben weiterhin beim Stadtherrn. So wird im landgräflichen Privileg verfügt, dass die Einwohner Salzas die Wachgelder an den Rat zu leisten hatten und Letzterer war für die Unterhaltung der Wachen und Verteidigungsanlagen zuständig.472 Eine dauerhafte Übertragung dieser Einnahmen der Wehrhaftigkeit in die städtische Verwaltung mittels Privileg, wie beispielsweise in Augsburg 1276,473dürfte, da der Landgraf diese 1377 erneut verpfänden konnte, nicht stattgefunden haben. Im Jahr 1385 verpfändete dann Landgraf Balthasar die Burghut an Sandir, Berlt, Wilhelm und Hans von Dr[i]nginberg.474 Bereits im folgenden Jahr treten ein Hermann Edeling als Langesalzaer Schultheiß seines gnädigen Herrn Balthasar, Landgraf zu Thüringen, und ein Junker Fritsche von Werter als Amtmann zu Salza in Erscheinung.475 Schon der Vertrag von 1356 nennt neben dem Untervogt weitere Gerichtsbeamte. So sollen die Amtleute des Mainzers und des landgräflichen Stadtherren zweimal in der Woche vor dem Rathaus in der Altstadt Gericht halten.476 Es wird demzufolge eindeutig zwischen Amtleuten und Untervogt unterschieden. Dieses wiederum weist auf zwei zu unterscheidende Amtstätigkeiten hin. Der Untervogt war aller Wahrscheinlichkeit nach, wie aus dem Wortlaut des Vertrages von 1356 erkennbar wird, für die allgemeine Friedenswahrung zuständig und vollzog stadtherrliche Aufgaben wie Überwachung der Wehrhaftigkeit. Die Amtsleute traten als Gericht zweimal wöchentlich jeweils montags und freitags zusammen. Bei diesen Tagen könnte es sich um die Wochenmarkttage handeln. Deshalb ist vorstellbar, dass sie dem Marktgericht beziehungsweise dem aus diesem erwachsenen Stadtgericht vorsaßen. Auch in anderen wettinischen Städten finden sich für spezielle Aufgaben eingesetzte Untervögte.477
470 471 472 473 474 475 476
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SHStA Dresden 10004 Kopiale 27, fol. 16b. Kopiale 29, fol. 119b. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 236. Vgl. zur Problematik der Begriffe Schloss und Burg auch Kap. II.5.5.6. StadtA Bad Langensalza Abt. II, III, A, Nr. 1 u. 2 (Urkunden von 1359). SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 18. ENGEL: Stadt des Mittelalters, S. 74f. CDS I, B 1, Nr. 162. Vgl. Anmerkung zu Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 293, S. 183. Auch sulln unser Amttleite zwei gerichte haben in jeder wuchen vor dem Rathuse in der alten Stadt,[…] (Abdruck des Vertrages in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122.) SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 17. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 365.
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Dies könnte damit auch für Langensalza angenommen werden und bei den Untervögten handelte es sich dann aller Wahrscheinlichkeit nach um durch die landesherrlichen Amtmänner eingesetzte Unteramtsträger. Gleichwohl waren Untervögte in Bad Langensalza bereits durch die, vorher die Vogtei ausübenden Ministerialen von Salza eingesetzt worden. Anhand der obigen Überlegungen lässt sich die Passage des Vertrages von 1356, welche eine Zustimmung der Stadtgemeinde zur Einsetzung dieser Untervögte festlegt, dann möglicherweise folgendermaßen deuten: Da im Amt des Untervogtes elementare städtische Aufgaben wie beispielsweise das Verteidigungswesen erfasst werden, waren solche Entscheidungen wohl nicht mehr an einer schon in erheblichem Maße emanzipierten Stadtgemeinde vorbei zu treffen. Damit deutet sich an, dass die Untervögte stadtherrliche Amtsträger waren, welche nicht einem gesonderten Gericht vorstanden, sondern spezifische Aufgaben in der landesherrlich-städtischen Verwaltung wahrnahmen. Demgegenüber saßen die Amtsleute dem von den Stadtherren geführten städtischen Gericht in Langensalza vor. Die Urteile in diesem Gericht fanden wahrscheinlich bereits Schöffen, welche sich aus den Bürgern der Stadt rekrutierten.478 Erwähnung findet ein solches Schöffengericht möglicherweise ebenfalls bereits in der Urkunde von 1356. So könnte sich die schwer verständliche Passage helfen als der Rath teilet479 auf ein Schöffenkolleg beziehen, welches an der Urteilsfindung mitwirkte.480 Den Vorsitz im Gericht führte nicht nur ein stadtherrlicher Beamter, sondern beide Stadtherren bestellten je einen Amtmann. Zwar saßen prinzipiell beide dem Gericht vor, bei Verhinderung eines von ihnen konnte der andere allerdings auch in Vertretung für diesen urteilen.481 Damit sollte grundsätzlich ein einseitiger Eingriff in die Interessen beider Stadtherren vermieden und gleichzeitig die regelmäßige Funktion des Niedergerichts in der Stadt gewährleistet werden. Zusammenfassend ist zu beobachten, dass es dem Rat im 14. Jahrhundert noch nicht gelungen war, erfolgreiche Schritte auf dem Weg zur Gerichtsautonomie einzuleiten. 482 Allerdings hatte die Stadt nach den Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt vor 1440/43 das gerichte und margtzol zu Salcza als Pfand für 300 Mark lötiges Silber auf Wiederkauf erhalten. 483 Dieser Verkauf wird schon im Jahr 1438 durch die Landgrafen Friedrich und Wilhelm bestätigt. Am 478 479 480 481
482 483
Vgl. ENGEL: Stadt des Mittelalters, S. 76. GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122. Vgl. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 17. SCHULZE: Grundstrukturen der Verfassung 2, S. 76. Wer auch sache, daß der Amtmann einer von Liebesnoten, oder andern sachen nicht gesitzen mochte, oder wolde, so sollte der andere und mochte zu gericht sitzen von beider Herrn wegen,[…] (GÖSCHEL: Chronik 1, S 122.) Vgl. dazu.: ENGEL: Stadt des Mittelalters, S. 76. Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 450.
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25. November beurkunden beide, dass ihr Vetter Landgraf Friedrich der Stadt und dem Rat das Gericht der Stadt, das Marktrecht und den Zoll für 300 Mark lötiges Silber auf Wiederkauf verkauft hatte und eine Ablösung bis zu diesem Zeitpunkt nicht stattfand. Weiterhin bestätigen sie, den Kaufbrief gesehen zu haben.484 Die Verkaufsurkunde ist nicht mehr im Original erhalten. Eine Abschrift findet sich aber im 1. Band des 1516 verfassten Erbbuches von Langensalza und Thamsbrück. Nach dieser Abschrift ist die Verkaufsurkunde an den Vigilien Martini und damit am Vortag des Martinstags (11. November) 1438 datiert. Die Ausfertigung geschah demzufolge am 10. November und damit nur wenige Tage vor der Bestätigung des Verkaufes durch die Vettern Landgraf Friedrichs IV., des Friedfertigen.485 Da nach dem Verzeichnis des Thomas von Buttelstedt auch 1440/43 das Gericht und der Marktzoll noch immer verpfändet waren, fand bis zu diesem Zeitpunkt augenscheinlich keine Auslösung statt. Spätestens 1457 war das Gericht dann endgültig in städtische Hand übergegangen. So verfügte Landgraf Wilhelm 1457, dass fortan der städtische Richter jährlich aus dem Rat zu bestellen war. Letzteres wurde noch einmal 1463 bestätigt.486 Grundlegende städtische Rechte wie die Gerichtshoheit gelangten demzufolge nur allmählich in städtische Hand. Sie waren zunächst auf Wiederkauf durch den Stadtherren beim Rat, wurden wohl wegen fehlender finanzieller Möglichkeiten augenscheinlich nicht mehr ausgelöst und verblieben bei der Stadt, um anschließend als dauerhaftes Privileg bestätigt zu werden.
4.6.2 Der Rat und die städtische Selbstverwaltung 4.6.2.1 Der Rat und seine Ersterwähnung im Jahr 1307 Im Jahr 1356 verfügten Friedrich und Balthasar, Landgrafen von Thüringen, zusammen mit dem Erzbischof von Mainz, dass in Salza ein gemeinsamer Rat aus Vertretern der Altstadt, der Neustadt und der Jakobsstadt zu bilden sei. Dieser sollte aus 36 Mitgliedern bestehen, von denen 18 aus der Altstadt und 18 aus 484 485
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StadtA Bad Langensalza Abt. I, A, Nr. 1. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 9. Erbbuch von Langensalza und Thamsbrück (1516): LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, Nr. 1, Bd. 1, fol. 84b-86b. zur Datierung: GROTEFEND: Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 16 u. 49. StadtA Bad Langensalza Abt I, IV, B, Nr. 4 u. 5. Abdruck dieser Urkunde bei: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 21-31.
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Neustadt und Jakobstadt gestellt wurden. Von diesen 36 hatten jeweils zwölf jährlich zu Rate sitzen. Dieser Rat war so zu bilden, dass sechs Ratssitze aus der Altstadt und sechs aus den beiden Vorstädten zu besetzen waren. Außerdem war aus den Räten der Altstadt und den Räten der zwei Vorstädte jeweils ein Ratsmeister zu wählen.487 Zusätzlich dazu sollten alle drei Städte ein gemeinsames Siegel führen.488 Damit erfolgte zu diesem Zeitpunkt eine rechtliche Zusammenlegung aller drei Teilstädte,489 wobei die Altstadt bevorzugt wurde und gegenüber den Vorstädten die gleiche Anzahl der Räte und Ratsmeister stellte und diesen gegenüber somit stimmgleich war. Die zahlenmäßige Zusammensetzung des Rates entsprach dabei den üblichen spätmittelalterlichen Formen. Ein Zwölferrat ist die Regel, davon abweichende Zahlen finden sich nur in größeren oder kleineren Städten. Dabei bildeten 12 den sitzenden Rat und die übrigen 24 den ruhenden Rat, welcher sich noch einmal in Neuen und Alten Rat aufgeteilt haben dürfte. Der damit verbundene dreijährige Turnus entsprach ebenfalls der regulären Praxis. Diese Ratsherren ruhten aber nicht generell in ihrer Tätigkeit, sondern wurden zu wichtigen Entscheidungen durchaus herangezogen und auch bei der Besetzung von Ämtern berücksichtigt.490 So wird eine Urkunde für die Wollweber aus dem Jahr 1395 nicht nur vom amtierenden Rat, sondern unter Mitwirkung aller drei Räte ausgestellt. 491 Am 15. September 1381 trafen sich die Meister der drei Räte, um mit dem Vogt des Erzbischofs Ludwig von Mainz über die Stadtbefestigung zu beraten, und 1394 stellt der amtierende Rat zu Salza mit guter Wissenschaft dreier Räthe den Flemmingen zu Langensalza eine Urkunde aus.492 Erstmals urkundlich nachweisen lassen sich nach Carl Friedrich Göschel Organe der städtischen Selbstverwaltung in einer Urkunde aus Jahr 1307. In jener Urkunde schenkte Hermann Goldacker, Amtmann zu Ufhoven, dem Spital vor dem Erfurter Tor unter der Zeugenschaft der Ratsmeister Apollo Eckersleben 487 488
489 490
491
492
StadtA Bad Langensalza Abt I, IV, B, Nr. 1. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122. Auch sulln die vorgenannten Stete in gemein Insigel mit zwei Tornen und an einem Torne ein Rat und an dem anderen ein Löwen[… ](Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122.) SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 7. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter S. 343-350. SCHULZE: Grundstrukturen der Verfassung 2, S. 161f. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter S. 134. ENGEL: Stadt des Mittelalters, S. 61. PLANITZ: Die deutsche Stadt, S. 312. …, so haben wir mit guter Vorbedächtigkeit mit Wissen und Willen dreier Räte[…]an dem Rathause ausgetan und überlassen[…] (StadtA Bad Langensalza Abt. IV, II, Nr. 6. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 148.) StadtA Bad Langensalza R II, II, fol. 39b. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 151f.)
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und Hermann Wiegand sowie der Kämmerer Hermann Großwein und Dietrich Treffurt das sogenannte Amselholz.493 Allerdings ist der Abdruck Göschels nicht unproblematisch. So gibt er eine unvollständige Datierungszeile wieder. Diese lautet: An dem Donnerstage in der Weihfasten nächst vor dem Weynacht heiligen Tagen anno domini Millesimo Tricesimo Septimo.494 Damit fehlt, weil es sich nicht um das Jahr 1037 handeln kann, bei der Jahresangabe das Jahrhundert. Bereits Hermann Gutbier vertrat deshalb die Auffassung, die Schenkungsurkunde könnte auch erst 1437 ausgefertigt sein.495 Damit würde sie als Ersterwähnung des städtischen Rates ausscheiden. Problematisch ist vor allem, dass die Originalurkunde bisher nicht aufgefunden werden konnte. Göschel gibt an, seinen Druck selbst nur noch nach einer Abschrift vorgenommen zu haben, während die Originalurkunde beim Brand von 1711 abhanden gekommen sein dürfte. Allerdings sagt er nicht, nach welcher Abschrift er seinen Druck vornahm und wo diese zu finden ist.496 Damit kann auch nicht überprüft werden, ob die fehlerhafte Datierungszeile auf ein Versehen Göschels zurückgeht oder bereits in der Abschrift vorlag. Da Göschel die offensichtlich fehlerhafte Wiedergabe nicht auffiel, ist nicht unwahrscheinlich, dass er selbst die in der ursprünglichen Abschrift richtige Datierung in seinem Druck fehlerhaft wiedergab. Carl von Salza und Lichtenau, der Verfasser der „Regesten des aus dem alten deutschen Herrenstande hervorgegangenen Geschlechts Salza“ weist in seiner Regestensammlung in den Anmerkungen zur betreffenden Urkunde aber darauf hin, dass bereits „die Abschrift nicht auf diplomatische Genauigkeit des Abschreibers schließen lasse.“497 Es scheint, als habe ihm, genauso wie Göschel, noch die Abschrift vorgelegen, aber auch er macht hierzu keine weiterführenden Angaben, sondern verweist nur auf den Druck Göschels. Mit den Schwierigkeiten hinsichtlich der Datierung der Urkunde hat sich zuletzt Volker Mörstedt in seinem Heftchen zur Geschichte des Hospitals St. Gangolfi auseinandergesetzt. Grundsätzlich bestünde nach ihm die Möglichkeit, dass es sich in der Datierungszeile um das Jahr 1037, das Jahr 1307 oder, wie Gutbier für denkbar hält, das Jahr 1437 handele.498 Ausscheiden dürfte das Jahr 1037. Zwar bestanden Hospitäler durchaus schon seit dem Frühmittelalter bei Klös493 494 495 496 497 498
Auszug in: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 112. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 87f. GÖSCHEL: Chronik 1, S. 88. Gutbier datiert die Schenkungsurkunde ohne weitere Besprechung auf das Jahr 1437. (GUTBIER: Ufhoven, S. 9.) GÖSCHEL: Chronik 1, S. 86f. Im Stadtarchiv Bad Langensalza existiert nach bisherigen Kenntnissen eine solche Abschrift jedenfalls nicht. Anm. zu: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 112, S. 105. MÖHRSTEDT: Hospital St. Gangolphi, S. 20.
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tern, sie waren zahlenmäßig aber eher selten. Ihre Zahl stieg erst mit dem Aufkommen von Städten und dem starken Bevölkerungswachstum seit dem ausgehenden Hochmittelalter an.499 Als Möglichkeiten bleiben damit zunächst die Jahre 1307 und 1437. Jedoch soll auch das Jahr 1337 nicht ausgeschlossen werden. So könnten Göschel oder der Verfasser der Abschrift, welche Göschel vorgelegen hatte, statt millesimo trecentesimo tricesimo septimo versehentlich nur die bei Göschel abgedruckte verkürzte und fehlerhafte Fassung millesimo tricesimo septimo wiedergegeben haben. Weiterhin ist, wie bereits Gutbier meinte und was Möhrstedt aufgriff, durchaus folgende ursprüngliche Datierungszeile nicht auszuschließen: millesiomo quadringentesimo tricesimo septimo. Da eine Überprüfung wegen des verschollenen Originals und der bisher nicht auffindbaren Abschrift unmöglich ist, muss untersucht werden, ob sich inhaltliche Umstände feststellen lassen, welche eine der Datierungsmöglichkeiten wahrscheinlich erscheinen lassen. Auch hierzu hat Möhrstedt weiterführende Überlegungen angestellt, wobei er aber die Möglichkeit einer Datierung auf 1337 ignorierte. Zunächst sind die Argumente Möhrstedts, welche tendenziell in Richtung einer Datierung auf 1437 verweisen, zu prüfen. Als Erstes wendet sich Möhrstedt der Tagesdatierung zu und untersucht, inwiefern sich hieraus etwas hinsichtlich einer möglichen Jahresdatierung ableiten lässt. Das Weihfasten ist nach ihm das 4. Quatemberfasten, die Fastenzeit nach dem 3. Adventssonntag (Mittwoch bis Sonnabend). In Anwendung auf die Urkunde vertritt er weiterhin die Auffassung, dass der vierte Adventssonntag im Jahr der Ausstellung auf den 24.12. fallen muss. Dieses trifft laut Möhrstedt auf die Jahre 1037 und 1437 zu. Letzteres, so bemerkt er weiter, deckt sich mit der Aussage Gutbiers, welcher die Urkunde auf das Jahr 1437 datieren möchte.500 Bei einer Überprüfung der Berechnungen Möhrstedts wurde aber deutlich, dass entgegen seines Ergebnisses 1307 der 24.12. mit dem vierten Advent zusammenfällt, während 1437 der vierte Adventssonntag auf den 22.12. fällt.501 Vollkommen unverständlich ist jedoch, warum Möhrstedt behauptet, um die Aussage der Urkunde zu betätigen, muss der 4. Adventssonntag auf den 24.12. fallen. Die Tagesdatierung gibt nichts anderes an, als dass es sich um den Donnerstag im 4. Quatemberfasten handelt – dem Weihfasten, Weichfasten, wichfasten vor dem 499 500 501
Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 574. MÖHRSTEDT: Hospital. St. Gangolphi, S. 20 Berechnet mit dem durch Manuscripta Medievalia und auf Grotefend basierenden Rechner für bewegliche Feiertage: URL: http://bilder.manuscripta-mediaevalia.de/gaeste//grotefend/form_2.htm (28.09.2014). Vgl. auch: GROTEFEND: Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 97 u. 107.
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Weihnachtstag, welches am Mittwoch in der Woche nach Lucia (13. September) beginnt, handelt.502 Im Jahr 1307 fällt der Donnerstag auf den 21.12, im Jahr 1337 auf den 18.12. und im Jahr 1437 auf den 19.12.503 Damit scheint dieses Argument, welches Möhrstedt als Bestätigung für eine Datierung der Urkunde in das Jahr 1437 anführt, mehr als zweifelhaft. Als Zweites geht er der Frage nach, inwiefern der genannte Hermann Goldacker und die in der Urkunde angegebenen verwandtschaftlichen Verhältnisse überhaupt in das frühe 14. Jahrhundert gehören können. Nach ihm erscheint die Familie erstmals 1305. Jedoch ist für ihn unwahrscheinlich, dass Hermann Goldacker 1307 landgräflicher Amtmann zu den Uffhofen war, da er noch 1308 die Brüder Günther und Friedrich von Salza ministeriales nostri nennt. Diese Argumentation allein schließt aber noch nicht die Datierung der Schenkungsurkunde auf das Jahr 1307 aus. Im engeren Umfeld der wettinischen Landgrafen erscheint Hermann Goldacker erstmals in einer 1302 ausgestellten Urkunde Landgraf Albrechts.504 Erneut tritt er dann in einer Urkunde Landgraf Albrechts vom 1. April 1305 entgegen.505 Im Jahr 1307 übertrug Landgraf Albrecht seinem Sohn Friedrich die Wartburg und setzte seinem Kaplan Walther und Hermann Goldacker als vorläufige Verwalter ein.506 Als Landgraf Friedrich am 26. Juli 1312 sein Eigentum an Torgau den Markgrafen von Brandenburg Woldemar und Johann abtrat, bezeugte auch Hermann Goldacker dieses Rechtsgeschäft.507 Erneut als Zeuge erscheint er in einer Urkunde Markgraf Friedrichs über die Verpfändung der Grafschaft „An der schmalen Gera“ an die Stadt Erfurt aus dem Jahr 1315.508 Zwischen 1315 und 1317 tritt Hermann Goldacker dann mehrfach als landgräflicher Marschall entgegen.509 Am 27. Oktober 1322 verpfändete Elisabeth, Landgräfin zu Thüringen und Markgräfin zu Meißen, dem Ritter Hermann Goldacker und dessen Brüdern 502 503
504
505 506 507 508 509
GROTEFEND: Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 14 b und 48. Berechnet mit dem durch Manuscripta Medievalia und auf Grotefend basierenden Rechner für bewegliche Feiertage: URL: http://bilder.manuscripta-mediaevalia.de/gaeste//grotefend/grotefend.htm (28.09.2014). GROTEFEND: Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 97 u. S. 107 u. 147. UB Mühlhausen, Nr. 525. Erstmals quellenkundlich nachweisbar ist ein Herrmann Goldacker im Jahr 1200. In diesem Jahr bezeugt ein Hermann Goldacker eine vom Grafen von Bilstein zu Gunsten des Klosters Lippoldsberg ausgestellte Urkunde. (Dob II, Nr. 1185. Regesten der Grafen von Orlamünde, S. 119. WEGELE: Friedrich der Freidige, Urkundenanhang, Nr. 78. Codex diplomaticus Brandenburgensis, 2,1, Nr. 412. UB Stadt Erfurt 1, Nr. 580. WEGELE: Friedrich der Freidige, Urkundenanhang, Nr. 90. UB Stadt Erfurt 1, Nr. 580. UB Mühlhausen, Nr. 753. Codex diplomaticus Brandenburgensis, 2,1, Nr. 467. LATh-StA Gotha: QQ I g 112.
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Juncman und Jan Goldacker für 300 Mark Silber die Burg zu Grüningen. Als Bürgen treten hier Tietzel (Diezmann) und Fritze von Weberstedt auf.510 Letztmalig erscheint dieser Hermann Goldacker dann 1343 als Zeuge der Belehnung der Stadt Erfurt mit der Grafschaft Vieselbach durch Landgraf Friedrich.511 Damit wird einerseits deutlich, dass sich ein Hermann von Goldacker sowohl für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts nachweisen lässt, als auch als landgräflicher Marschall und damit als nicht unbedeutender landgräflicher Amtsträger. Prinzipiell ist damit zunächst auch nicht auszuschließen, dass der Betreffende auch weitere Ämter, wie etwa das Amt zu Ufhoven, innehatte. Erwähnt wird er in der fraglichen Zeit als solcher aber lediglich in der in ihrer Datierung problematischen Schenkungsurkunde. Möhrstedt verweist auf einen weiteren Hermann von Goldacker, welcher 1427 die Burg zu Weberstedt von Friedrich Gans von Weberstedt kaufte und 1444 ein Rechtsgeschäft zwischen Eckard von Gottern und dem Abt Winther von Volkenroda bezeugte. Anschließend weist er auf einen Eintrag Bernhard Lauhns im 2. Band der von Karl Friedrich Zepernick herausgegebenen „Misczellaneen zum Lehnrecht“ hin. Lauhn benennt dort die Söhne Hermann Goldackers sowie die Brüder Hannsen, Friedrich, Johann und Tyzmann. Nach Möhrstedt untermauert die bei Lauhn gedruckte Passage Gutbiers Datierung der Schenkungsurkunde auf das Jahr 1437.512 Lauhn selbst bespricht zunächst eine Urkunde von 1455, mittels welcher Herzog Wilhelm von Sachsen die Burg und den Flecken Ufhoven an Johann Goldacker verpfändete. Anschließend diskutiert Lauhn einen Ufhoven betreffenden Lehnbrief aus dem Jahr 1502. Erst in diesem wird das von Möhrstedt als Beweis herangezogene Verwandtschaftsverhältnis genannt. Der angegebene Beweis stammt demzufolge aus einer über 60 Jahre später entstandenen Quelle und ist deshalb als Argument wenig tragfähig. Des Weiteren werden die aufgezählten Brüder Hannsen, Friedrich, Johann und Tyzmann als Vettern bezeichnet, aber eben nicht als die Hermann Goldackers, sondern von dessen Söhnen.513 Einen wichtigen Hinweis gibt Lauhn jedoch noch: Die Familie Goldacker zerfällt in zwei Linien, die Ufhover und die Weberstedtische Linie.514 Ein Diezmann 510 511 512
513 514
WEGELE: Friedrich der Freidige, Urkundenanhang, Nr. 96. UB Stadt Erfurt 2, Nr. 228. MÖHRSTEDT: Hospital St. Gangolphi, S. 21. Zum Rechtsgeschäft von 1444: MÖLLER: Erwerbungen und Besitzungen des Klosters Volkenroda, S. 352. Historia monasterii VIII: Historia monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § 151, S. 816. LAUHN: Von der Vermutung, S. 204. MÖHRSTEDT: Hospital St. Gangolphi, S. 21. LAUHN: Von der Vermutung, S. 204f. Lauhn druckt auch den Verkaufsbrief von 1455, aber nicht den Lehnbrief von 1502. (S. 219-227.) LAUHN: Von der Vermutung, S. 205.
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von Weberstedt konnte bereits für das Jahr 1322 im unmittelbaren Umfeld Hermann Goldackers nachgewiesen werden, ohne dass jedoch irgendein Verwandtschaftsgrad genannt wird. Gleiches gilt für das Jahr 1324. So räumten Hermann Goldacker und Tytze(mann) von Weberstedt in diesem Jahr Markgraf Friedrich das Recht ein, das ihnen verpfändete Gut zu Ballhausen nach vier Jahren mit 682 Mark lötigen Silbers wieder einzulösen. Wichtig ist zunächst aber dies: Ein Hermann Goldacker ist nicht nur für das erste Drittel des 14., sondern auch für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts nachweisbar. Ein Träger dieses Namens tritt aber auch im Jahr 1343 entgegen und ab 1386 lässt sich ein weiterer nachweisen. Letzterer wiederum ist zwischen 1386 und 1419 häufiger in landgräflichen Urkunden als Zeuge anzutreffen.515 Ab 1417 wird dann ein Sohn Hermann Goldackers erwähnt, welcher gleichfalls Hermann hieß und 1419 erneut zusammen mit seinem Vater in landgräflichen Urkunden zeugte. Ab 1420 bis wenigstens 1425 erscheint nur noch Hermann Goldacker der Jüngere in den Quellen.516 Wobei dieser ausdrückliche Zusatz „der Jüngere“ darauf verweisen könnte, dass sein Vater noch lebte. Damit sind zwischen 1303 und 1444 drei Träger dieses Namens sicher zu identifizieren. Denkbar ist deshalb, dass es sich bei Hermann um einen Leitnamen der Familie Goldacker handelte.517 Insofern ist anhand des Ausstellers der Schenkungsurkunde für das Hospital St. Gangolphi wenig über die Datierung auszusagen. Sie könnte zwischen 1305 und 1444 oder sogar noch später entstanden sein. Im Jahr 1386 bezeugen ein Titzmann Goldacker zu Aldistette518, ein Hermann Goldacker zu Webirstette und ein Hermann von Webirstette die Sühne zwischen Conrad Clusener, Ditherich Herbot, Hermann Kellner, Hans Richtekrige, Claus Kuchen und Konrad von Aldistete auf der einen Seite und der Stadt Erfurt auf der anderen Seite. Über den Verwandtschaftsgrad zwischen Hermann und Diezmann Goldacker wird nichts ausgesagt und sie stehen in der Zeugenliste auch nicht nebeneinander. Gleiches gilt für den als letzten Zeugen genannten Hermann von Weberstedt. Hier heißt es nur zusätzlich gesessen daselbst. Derselbe Diezmann Goldacker verkaufte 1379 den Hof Blancstrut (Landstreit – westlich von Hötzelsroda bei Eisenach) an das Franziskanerkloster St. Elisabeth in Eisenach.519 515 516 517 518 519
UB Stadt Erfurt 2, Nr. 939, S. 681. CDS I B I, Nr. 526. CDS I B 2, Nr. 51 u. 654. CDS I B 3, Nr. 245, 419, 477, 485 u. 491. CDS I B 4 Nr. 47 u. 60. CDS I, B 3. GOLDACKER: Das Geschlecht Goldacker, S. 137. Alterstedt westlich von Bad Langensalza am Ostrand des Hainichs. Unmittelbar im Norden benachbart davon liegt dann Weberstedt. UB Stadt Erfurt 1, Nr. 939, S. 681. HELMBOLD: Landstreit, S. 480. KREMER: Klösterliche Niederlassungen, S. 175. In Blancstrut (Landstreit NNO von Eisenach) besaßen die Herren von Weberstedt spätestens 1349/50 umfangreicheren Besitz aus landgräflicher Hand. (Lehnbuch Friedrichs des Strengen, LII, Nr. 1.)
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Ein Diezmann aus der Familie Goldacker ist damit unzweifelhaft für die 1380er Jahre nachweisbar. Gleichzeitig erscheint aber wenigstens in den 1320er Jahren zwischen einem Tytze(mann) von Weberstedt und einem Hermann Goldacker eine engere Verbindung bestanden zu haben, bei der allerdings unklar ist, ob sie auch auf einer verwandtschaftlichen Beziehung beruht. Im Besitz der halben Burg Weberstedt erscheinen die Herren von Goldacker erstmals im 1349/50 entstandenen Lehnbuch Friedrichs des Strengen.520 Vor diesem Hintergrund scheint zunächst nicht undenkbar, dass die in ihrer Datierung fragwürdige Schenkungsurkunde Hermann Goldackers auch 1307 oder 1337 entstand. Eine unzweifelhafte verwandtschaftliche Beziehung zwischen einem Hermann und Diezmann Goldacker, wie sie die bisher auf 1307 datierte Schenkungsurkunde vorgibt, kann aber für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts nicht nachgewiesen werden. Gleiches gilt aber auch für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Eine Verwandtschaft zwischen einem Hermann und Diezmann Goldacker deutet sich bisher vielmehr nur anhand der gleichen Zubenennung in den 1380er Jahren an. Insofern wäre eine Entstehung der Schenkungsurkunde auch im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts möglich. Dieses hätte wiederum zur Folge, dass die Datierungszeile ursprünglich auch millesiomo trecentesimo […] septimo gelautet haben kann, wobei das Jahrzehnt unsicher bleiben muss. Eine Verwandtschaft zwischen Diezmann und Hermann Goldacker ergibt sich tatsächlich aus einer Urkunde aus dem Jahr 1392. In ihr bekennen Diezmann Goldacker, Ritter, Hermann Goldacker und Diezmann, Brüder und Söhne des älteren Diezmann Goldackers, an Friedrich von Weberstedt, Abt des Klosters Reinhardsbrunn, Einkünfte im Hörselgau verkauft zu haben.521 In diesem Fall handelte es sich aber, anders als in der Schenkungsurkunde an das St. GangolphiHospital angegeben, bei Diezmann dem Jüngeren und Hermann nicht um Vettern, sondern um Brüder, wobei ihr Vater Diezmann der Ältere gleichfalls genannt wird. Für eine Datierung ins späte 14. Jahrhundert oder später sprechen vielleicht eine Reihe weiterer Indizien. Im Jahr 1386 wird eine beim Hospital St. Gangolphi gelegene capella seu basilica de novo constructa erwähnt.522 Eine dendrochronologische Untersuchung des Dachstuhls der Kapelle ergab, dass dieser 1383 errichtet worden ist.523 Die Kapelle wurde demzufolge in den 1380er Jahren erbaut und war spätestens 1386 fertiggestellt. Allerdings, hierauf weist bereits Hübner hin, kann der 520
521 522 523
Item Hermannus et Theodericus et Jan dicti Goldacker …, item ½ castrum Webirstete in districtus Tumsbrugk. (Lehnbuch Friedrichs des Strengen, LII, Nr. 1.) GOLDACKER: Das Geschlecht Goldacker, S. 137. Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn, S. 156. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 7, Z. 17f. Auch: HÜBNER: St. Bonifacii, S. 498. Vgl. MÖHRSTEDT: Hospital St. Gangolphi, S. 16.
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Wortlaut der Schlichtungsurkunde von 1386 auch so verstanden werden, dass die entsprechende Passage einen Neubau an Stelle einer bereits vorhandenen älteren Kapelle meint.524 Dabei beruft sich Hübner auch auf die bei Göschel auf 1307 datierte Schenkungsurkunde. Über das Alter des Hospitals ist anhand der Urkunde von 1386 und der dendrochronologischen Datierung des Dachstuhles auf 1383 der Kapelle nichts weiter auszusagen Es steht lediglich fest, dass die heute noch stehende Kapelle 1383, also kurz vor 1386 errichtet worden ist. Auch wenn dieser Neubau, falls er einen älteren ablöste, nicht unbedingt auf eine in dieser Zeit erfolgte Einrichtung des Hospitals hindeutet, lässt er auf einen Ausbau des Hospitals im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts schließen. Dieses könnte mit erheblichen Schenkungen einhergegangen sein und deshalb soll nach wie vor nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Schenkung Hermann Goldackers in diese Zeit fällt. Eine verwandtschaftliche Beziehung, wie sie in der Schenkungsurkunde Hermann Goldackers an das Hospital genannt wird, lässt sich eindeutig für das Jahr 1362 nachweisen. Am 6. Oktober diesen Jahres verkauften der Ritter Hermann Goldagkir und sein Vetter Tytzmann dem Augustiner Chorherrenstift Beatae Marie Virginis in Eisenach drei Mark lötigen Silbers jährlichen Zins von ihren Gütern in Alterstedt.525 Da ein Diezmann noch in den 1370er und 1380er Jahren lebte,526 könnte dasselbe auch für Hermann Goldacker zutreffend sein. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Schenkung des Amselholzes durch Hermann Goldacker, welche nach Göschel auf 1307 zu datieren ist und welche Gutbier sowie Möhrstedt eher auf das Jahr 1437 datieren wollen, in den 1370er oder in den 1380er Jahren geschah. Vielleicht gibt es sogar ein weiteres Indiz für die 1370er Jahre. So ist vorstellbar, dass der Abschreiber der Schenkungsurkunde, anders als bisher angenommen, den ursprünglichen Wortlaut der Datierungszeile millesimo trecentesimo septuagesimo septimo wegen der Ähnlichkeit von Jahrzehnt und Jahr zusammen mit der falschen Wiedergabe des Jahrhunderts zur vorliegenden Jahresdatierung verfälschte. Im Ergebnis der bisherigen Feststellungen bleibt festzuhalten: Eine Datierung der Schenkungsurkunde Hermann Goldackers ist, auch wenn es einige Hinweise auf eine Entstehung in den 1370er/80er Jahren gibt, über die Überlegungen hinaus unmöglich. Darüber hinaus ergibt sich noch ein weiteres Problem. Hermann Goldacker wird in der Schenkungsurkunde als landgräflicher Amtmann zu Ufhoven bezeichnet. Bereits Carl von Salza und Lichtenau verwies deshalb in den Anmerkungen zum Regest der Schenkungsurkunde auf die viel grundsätzlichere Frage, die in Ansätzen auch bei Möhrstedt deutlich wird. Inwiefern verfügten die 524 525 526
HÜBNER: St. Bonifacii, S. 49f. KREMER: Klösterliche Niederlassungen, S. 51. Vgl. oben.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Landgrafen über Rechte in Ufhoven, welche es 1307 möglich machten, hier einen Amtmann einzusetzen?527 Im markgräflichen Register von 1378 und auch in den später entstandenen Handschriften B und C wird im Gegensatz zum Amt Salza ein Amt Ufhoven nicht erwähnt und auch ansonsten lassen sich anhand des Registers keinerlei landgräfliche Rechte in Ufhoven feststellen.528 Carl von Salza und Lichtenau, dem dieses Problem bewusst gewesen zu sein scheint, behalf sich, um die Datierung auf das Jahr 1307 zu retten, damit, dass er die Möglichkeit in Betracht zog, Ufhoven, welches die Herren von Salza in dieser Zeit als hersfeldisches Lehen besaßen, sei kurzfristig an den Landgrafen verpfändet worden und hierauf würde auch die Formulierung itzund Amtmann zu den Uffhofen hindeuten.529 Prinzipiell unmöglich ist dies nicht. So deutete sich für Thamsbrück ein ähnlicher Vorgang an. Im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts erscheint ein Vogt des Herzoges von Braunschweig in der eigentlich landgräflichen Stadt Thamsbrück. Auch hier war vermutet worden, dass dieses vor dem Hintergrund einer Verpfändung von Rechten, in diesem Fall aus landgräflicher Hand an die Welfen, möglich war.530 Von Salza und Lichtenau verweist aber an gleicher Stelle auf die oben schon erwähnte diplomatische Ungenauigkeit des Abschreibers und er bemerkt selbst, seine Argumentation setze voraus, die entsprechende Passage habe auch im Original tatsächlich so gelautet.531 Infolge dieser Überlegungen bleibt noch eine weitere Möglichkeit. Eine originale Schenkungsurkunde ist durch den Kopisten während der Abschrift dessen Vorstellungen und zeitgenössischen Zuständen angepasst worden. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass die Abschrift eine vollständige oder teilweise Fälschung ist, mittels welcher sich das Hospital St. Gangolphi den Besitz des Amselholzes (ein größeres Waldstück am Ostrand des Hainichs, westlich von Zimmern) sichern wollte. Dennoch muss an dieser Stelle noch einmal der Frage nachgegangen werden, ab wann die Landgrafen über ausreichend Rechte in Ufhoven verfügt haben könnten, um hier einen eigenen Amtmann einzusetzen. Ursprünglich befand sich, wie festgestellt worden war, Ufhoven im Besitz des Klosters Hersfeld, und die Burg war, wie eine Urkunde aus dem Jahr 1346 zeigt, als hersfeldisches Lehen an die Herren von Salza ausgegeben. Die betreffende Urkunde selbst ist ein durch den Grafen von Henneberg vermittelter Vertrag zwischen Friedrich von Salza und Landgraf Friedrich. Die Burg Ufhoven sollte durch den Landgrafen, sobald er sie
527 528 529 530 531
Anm. zu: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 112, S. 105. Vgl. Registrum I-LXXII u. Summularium I-LXXII. Außerdem Register, S. 465-607. Anm. zu: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 112, S. 105. Vgl. Kap. II.1.3.4. Anm. zu: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 112, S. 105.
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vom Abt von Hersfeld erworben hat, als Lehen an Friedrich von Salza ausgegeben werden, damit sie Letzterer nicht mehr als hersfeldisches, sondern als landgräfliches Lehen besitze. 532 Hintergrund dieses Vertrages ist wohl das massive Ausgreifen des Landgrafen auf Bad Langensalza in den 1340er Jahren und er steht wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit im selben Jahr erfolgten Eroberung der Stadt durch den Wettiner.533 Umgekehrt deutet sich aber an: Vor 1346 scheinen die Landgrafen über keinerlei Rechte in Ufhoven verfügt zu haben. Der Landgraf wurde erst in der Folge des Vertrages von 1346 durch den Abt von Hersfeld mit der dortigen Burg belehnt und belehnte die Herren von Salza mit ihr. Letztere wiederum unterhielten auf der Burg eigene Dienstmannen.534 Vollständig in landgräflichen Besitz ging die Burg dann im Jahr 1402 über. In diesem Jahr verkaufte der Abt von Hersfeld die Burg an Landgraf Balthasar und seinen Sohn Friedrich mit allen Einkünften im Dorf Ufhoven, mit Ausnahme derjenigen, die die Herren von Salza nicht aus hersfeldischer Hand besaßen. Gleichzeitig wird verfügt, dass die Edlen Hermann und Hans von Salza, welche Ufhoven derzeit innehaben, sowie deren Nachkommen mit den Mannschaften und Lehnschaften an die Landgrafen gewiesen wurden.535 Auch nach dem Verkauf der Burg an die Wettiner blieben die Herren von Salza vorerst mit der Burg belehnt. Im Lehnbrief Landgraf Friedrichs von Thüringen für Hermann von Salza, Herr zu Döllstedt, aus dem Jahr 1407 wird Hermann mit der Burg und dem Dorf Ufhoven, in dem Maße, wie sie Letzterer zuvor vom Abt von Hersfeld besessen hatte, belehnt.536 Mit dem Aussterben der Ufhov’schen Linie der Herren von Salza fiel nur zwei Jahre später Ufhoven an die Landgrafen zurück.537 Die von Goldacker lassen sich aber erst 1437 sicher in Ufhoven nachweisen. In einer Urkunde vom 26. November dieses Jahres beurkundet Hans Wennemut, welcher als Richter Hermann Goldackers, gesessen zu Ufhoven, bezeichnet wird, einen Kaufvertrag zwischen Berlt Secgephant und Heinrich Koch über eine halbe Hufe Land.538 Zusammenfassend scheint damit deutlich zu werden: Da sich frühe Beziehungen derer von Goldacker nach Ufhoven beziehungsweise herrschaftliche Rechte der Landgrafen im Ort nicht nachweisen lassen, unterliegt die Datierung der Schenkungsurkunde für das Hospital St. Gangolphi auf 1307 erheblichen Zweifeln. 532 533 534 535 536 537 538
Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 221. Vgl. Kap. II.4.5. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 276 u. 300. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 305f. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 313. Vgl. Kap. II.4.5. Urkunde im Bistumsarchive Erfurt, Signatur: Erfurt, St. Marien, Stift, Urk. III/53. Vgl. auch: ROCKSTUHL: Chronik Ufhoven, S. 35.
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Im Rahmen der bisherigen Überlegungen unbeachtet blieben die in der Schenkungsurkunde Hermann Goldackers genannten Ratsmeister Apollo Eckersleben und Hermann Wiegandt sowie die Kämmerer Hermann G(r)oßwein und Dietrich Treffurt. Möhrstedt bemerkt hierzu: Hermann Wiegandt verstarb 1434 und konnte somit 1437 kein Kämmerer mehr sein. Ungeachtet des Umstandes, dass Hermann Wiegandt in der Schenkungsurkunde als Ratsmeister bezeichnet wird, gibt Möhrstedt auch nicht an, woher er diese Information bezog. Auch sein folgender Hinweis trägt wenig dazu bei, die Urkunde zeitlich einzuordnen. So führt er die 1436 genannten Ratsmeister Heinrich Grube und Dietrich Forst, die Kämmerer Heinirch Eygerieden und Curd G(r)oßwyn sowie die Ratmänner Hannß Eczye, Heinrich Eitersleben, Dietrich Grabier, Hermann Seebach, Hermann Treybet, Berlt Schaubenrink, Heinrich Gutbier und Apel Großwin an. In seiner an die Aufzählung genannten Quellenangabe verweist er auf die von Johann Heinrich Möller herausgegebene „Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn“.539 Bei der betreffenden Urkunde handelt es sich nach Möller um ein Bekenntnis des Rates hinsichtlich der Seelgerätsverfügung Landgraf Friedrichs des Friedfertigen an das Kloster Reinhardsbrunn aus dem Jahr 1436. Genannt werden bei Möller aber nur die zwei Ratsmeister. 540 Abgedruckt sind die Namen aller Ratsmitglieder vielmehr bei Göschel, welcher das Bekenntnis des Rates gleichfalls bespricht.541 Ein Apel Eckersleben lässt sich im städtischen Rat für das Jahr 1414 feststellen. Er tritt hier aber nur als Ratmann und nicht als Ratsmeister entgegen. Die übrigen in der angeblichen Schenkung von 1307 genannten Kämmerer und Ratsmeister werden 1414 aber nicht genannt.542 In den städtischen Kämmereibüchern des späten 14. Jahrhunderts, welche für die Jahre 1378 bis 1382 lückenlos vorliegen, konnte keine der vier genannten Personen festgestellt werden. Am Beginn jedes Jahrbuches werden direkt unter der jeweiligen Jahreszahl die für die Aufzeichnungen und Abrechnungen zuständigen Kämmerer genannt. Für 1378 sind das Conrad Seebach und Albert Picator, im Jahr 1379 werden ein gewisser Herbiste, dessen Vorname nicht mehr lesbar ist, sowie ein Ludwig Honefeld genannt und 1380 waren Hermann Hochheim und Johannes Septore Kämmerer. Beim Kämmereibuch für 1381 ist die entsprechende Passage nicht mehr lesbar. Jan Gutbier und Hermann Germar werden dann 1382 als Kämmerer verzeichnet.543 In einer Urkunde des Langensalzaer Rates aus dem Jahr 1392 werden die Ratsmeister Apel
539 540 541 542 543
MÖHRSTEDT: Hospital St. Gangolphi, S. 21. Ein entsprechender Eintrag findet sich bei Möller auf Seite 174. (Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn, S. 173f.) Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn, S. 173f. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 13. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 8. StadtA Bad Langensalza R II, 1 fol. 106a u. 179a; R II, 2 fol. 31 u. RII, 3 fol. 68a.
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von Varyla und Clauwes Gyssylmann zusammen mit den Kämmerern Hartwig Trayboth und Apel Boimgarten genannt.544 Eine weitere städtische Urkunde aus dem Jahr 1394 wurde dann durch die Ratsmeister Johann Gutbier und Konrad Weysze sowie die Kämmerer Hans Wert und Hans von Körner ausgestellt.545 Das städtische Kämmereibuch von 1434 nennt dann Apollo Eckersleybn und Dytrich Dreyvort als Ratsmeister. Kämmerer waren Hermann Goszwin und Johann Cramern. Unter den übrigen hier gelisteten Ratsmitgliedern wird auch Hermann Wygand genannt.546 Damit treten erstmals alle in der Schenkungsurkunde genannten Ratsmitglieder zusammen auf. Drei von ihnen gehören wie in der Urkunde zur Führungsspitze des Rates und Apollo Eckersleben und Hermann G(r)oßwein erscheinen sogar in denselben Ämtern. Damit wird eine Ausstellung der Urkunde in den 1430er Jahren mehr als wahrscheinlich und die Datierung Gutbiers auf das Jahr 1437 möglich. Korrespondieren würde eine solch späte Datierung damit, dass ein Zugriff der Wettiner auf Ufhoven vor 1409 anhand der Quellen nicht zu belegen ist und damit die Existenz eines wettinischen Amtes Ufhoven vor dieser Zeit eher unwahrscheinlich ist. Im Hinblick auf den anzunehmenden dreijährigen Ratsturnus ergibt sich noch ein weiteres wesentliches Indiz für eine Datierung der Urkunde auf das Jahr 1437. Im Jahr 1434 waren die vier genannten Personen Mitglieder des sitzenden Rates. Diese wiederum könnten nach zweijähriger Pause im Jahr 1437, jetzt aber mit veränderter Ämterverteilung, erneut Mitglieder des sitzenden Rates gewesen sein. Weitere Hinweise für einen dreijährigen Ratsturnus finden sich durchaus in den städtischen Rechnungsbüchern. So waren 1430 Heinrich Eckerslebn und Hermann Treybote Ratsmeister, als Kämmerer werden Heinrich Dygreden und Heinrich Gutbier genannt. Die übrigen Ratsmitglieder waren Johann Egin, Dithrich Grubber, Hermann Sebech, Heinrich Grabe, Johann Rotenberg, Dithrich Forst, Wigand Frede[…] und Apel Goßwyn. Mit Ausnahme Johann Rothenbergs, an dessen Stelle Berlt Schonbergk 1433 im Rat sitzt, finden sich alle anderen Ratsmitglieder auch 1433 im sitzenden Rat. Dieselben Ratsmitglieder sind zu großen Teilen auch im Rat von 1436 anzutreffen.547 Demgegenüber ist die Besetzung in den Jahren 1431 und 1432 eine andere. Einschränkend muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Besetzung des Rates von 1434 in größerem Maße von der im Jahr 1431 abweicht, wobei einige Mitglieder aber 1431 und 1434 im Rat anzutreffen sind.548 544 545 546 547 548
Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 148f. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 151f. StadtA Bad Langensalza R II, 7 fol. 345b. Vgl. Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn, S. 173f. Im Jahr 1431 waren Apel Eckersleben und Berung Goszwin Ratsmeister. Kämmerer waren Hans Lybezeit und Dietrich Treffurt. Als Ratsleute saßen im Rat: Berld Gutbier, Dietrich Krieg, Hartung Hulgestad, Hans Rote, Berld Degin, Gunther Kalnberg, Hanns Zimmern, Heinrich Görmar.
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Im Ergebnis aller Überlegungen wird Folgendes deutlich: Eine Ausstellung der Schenkungsurkunde im Jahr 1307, wie bei Göschel abgedruckt, scheidet aus. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass sie, wenn überhaupt, erst in den 1430er Jahren und möglicherweise tatsächlich sogar 1437 erfolgte. Dabei ist einschränkend darauf zu verweisen, dass eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen Hermann und Dyzmann Goldackern, wie sie in der Schenkungsurkunde genannt ist, eben nicht für diese Zeit, sondern nur für das letzte Drittel des 14. Jahrhunderts nachgewiesen werden kann. Für die Ersterwähnung des Langensalzaer Rates scheidet die betreffende Urkunde damit auf jeden Fall aus. Bereits Möhrstedt bemerkte deshalb, dass der Rat als Instrument städtischer Selbstverwaltung überhaupt erst im landgräflich-erzbischöflichen Vertrag von 1356 genannt wird.549 Gleichwohl deuten die im Vertrag von 1356 verbriefte Bevorrechtigung der Altstadt bei der Ratsbesetzung sowie der Hinweis, dass jetzt ein gemeinsamer Rat durch alle drei Teilstädte zu bilden sei, auf eine wenigstens schon länger in der Altstadt bestehende Ratsverfassung hin. Wie lange diese bereits existierte und ob sie schon bei der Stadterhebung auf stadtherrliche Initiative eingerichtet worden ist, lässt sich aber nicht erkennen. Jedoch könnten sie durchaus bereits im zeitlichen Umfeld des 1268 ausgesprochenen Handelsverbotes für Langensalzaer in der Stadt Erfurt bestanden haben. So spricht der Umstand, dass die Stadt sich mit dem Ritter von Weberstedt verbündet hatte, ohne dass der Stadtherr beteiligt war, für eine zu diesem Zeitpunkt wohl schon recht ausgeprägte Selbstverwaltung.550 Gleichzeitig könnte auch der Umstand, dass spätestens seit den 1280er Jahren die Stadt ummauert und damit befestigt war darauf verweisen, dass bereits im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts im Mindesten eine städtische (Selbst-)Verwaltung vorhanden war, welche ein so umfangreiches Bauprojekt organisieren und durchführen konnte.551
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1434 setzte sich der Rat zusammen aus: Ratsmeister: Apollo Eckersleben und Dietrich Treffurt. Kämmerer: Hermann G(r)oßwein und Johann Zimmern. Ratsleute: Berld Gutbier, Johann Lybezyd, Hans von Uten, Gunther Kallenberg, Heinrich Kebil, Heinirch Germar und Hermann Wiegandt. (StadtA Bad Langensalza R II, 6 fol. 34b u. 141b; R II, 7 fol. 345b.) MÖHRSTEDT: Hospital St. Gangolphi, S. 21. Vgl. dazu den sehr allgemein gehaltenen Text der Aufforderung an den Canonicus Theodericus: Volumus nichilominus et sub predicta pena tibi commitimus, ut interdictum ecclesiasticum latum iam dudum a nobis in oppidum Salza propter prediciti R.[Reinol- di dicti Raphael, quondam militis de Weiberstede] communionem illicitam, dum viveret, et temerariam receptacionem atque diutinam, quod quidem interdictum propter spem promisse nobis satisfactionis passi sumus hactenus relaxari, usque ad satisfactionem condignam de cetero faciam observari, ne quis mercatum inhabitatoribus predicti opidi in civitate Erphordiensi exercat sub pena excommunicacionis districtius prohibendo. (MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 39-42.) Vgl. auch, Kap. II.4.4.1. Zur spätestens seit den 1280er Jahren vorhanden Stadtmauer vgl. Kap. II.4.4.1 u. II.4.4.3.
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Auch im Fall von Langensalza erfolgte noch im späten 14. Jahrhundert eine Bestätigung des neugewählten Rates durch den Stadtherrn. Hierauf verweist ein Eintrag im städtischen Rechnungsbuch vom 7. Januar 1382: Die Stadt sandte an diesem Tag einen Boten zu den Landgrafen nach Gotha mit der Meldung, der Erzbischof könne den neuen Rat nicht bestätigen, weil er persönlich nicht anwesend sein könne.552 Vor allem im Zusammenhang mit den Ratsbestätigungen der Städte Thamsbrück und Tennstedt wurde deutlich, dass dieses auch auf schriftlichem Wege geschehen konnte.553 Die persönliche Anwesenheit könnte demnach gleichzeitig auf das besondere Verhältnis zwischen Stadt und Stadtherrn verweisen. So war mit der Bestätigung sicher auch eine Huldigung seitens des Rates gegenüber dem Stadtherrn verbunden, welche eine persönliche Anwesenheit eines Stadtherrn oder seines Vertreters voraussetzte. Ort der Huldigung bei der Ratssetzung war meist das Rathaus, und die Huldigung war mit Messen in der Stadtkirche und Festen verbunden.554
4.6.2.2 Die Innungen, der Rat und die städtische Selbstverwaltung Schon im ausgehenden 14. Jahrhundert tritt zum städtischen Rat und deren Mitglieder eine weitere bestimmende Kraft in Erscheinung. So sind die Regelungen der von Göschel als Kramgildeordnung bezeichneten Urkunde von 1392 offensichtlich auch unter der nicht unerheblichen Mitwirkung der Handwerksmeister zustande gekommen. 555 Diese Handwerksmeister dürften den Innungen oder Gilden vorgestanden und sie nach außen vertreten haben. So hatten beispielsweise die Meister und Vormünder der Gewandschneider auch den Erbzins für die Nutzung des Bodens über den Gewandgaden einzusammeln und der Stadt zu überantworten.556 Schon wenigstens 10 Jahre früher soll eine Innung der Kürschner bestanden haben. So wird angeblich im Jahr 1382 der Kürschnerbrief und damit die Regeln des Handwerkes auf Bitten der Handwerksmeister bestätigt. 557 552 553 554 555
556 557
StadtA Bad Langensalza R II, II, fol. 63b. Vgl. Kap. II.2.6.2. u. Kap. II.1.5. ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 16-18. Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 30. …so haben wir mit guter Vorbedächtigkeit mit Wissen und Willen dreier Räte und der Handwerksmeister die Gewandgaden an dem Rathause ausgetan und überlassen[…] (Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 148.) Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 149. Ein Nachweis des Kürschnerbriefes konnte bisher nicht erbracht werden. Arthur Wartmann verweist 1923 in seiner Dissertation über die Wirtschaftsgeschichte der Stadt Bad
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Diese Bestätigung des Kürschnerbriefes verweist darauf, es hier mit einer schon in dieser Zeit bestehenden und somit älteren Innung zu tun zu haben. Im Jahr 1379 haben die Bäcker und Fleischer als Körperschaft Abgaben an die Stadt zu leisten, ohne dass hier der Begriff Innung gebraucht wird.558 Da die Abgaben aber in beiden Fällen vom gesamten Handwerk entrichtet worden sind und nicht jeder Bäcker oder Fleischer einzeln aufgelistet wird, ist anzunehmen, dass diese aus einer gemeinsamen Kasse gezahlt wurden. Deshalb scheint die Existenz einer Fleischer- und einer Bäckerinnung durchaus wahrscheinlich. Erstmals als solche tritt eine Fleischerinnung im sogenannten fleischauwer briff von 1440 entgegen. Hierbei handelt es sich um eine durch Landgraf Friedrich IV. am Dienstag nach Palmsonntag (22. März) ausgestellte Ordnung zur Regelung des Fleischhandels in Langensalza. Die vorliegende Urkunde ist, wie aus dem Zusatz copia im Dorsalvermerk hervorgeht, eine Abschrift.559 Anhand der Schrift lässt sich die Entstehung der Abschrift aber noch in das 15. Jahrhundert datieren und es dürfte sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine noch zeitgenössische Abschrift handeln.560 Eingebunden ist die Abschrift in den zweiten Band des im Landesarchivs Sachsen-Anhalt, Standort Wernigerode, aufbewahrten Erbbuches von Langensalza und Thamsbrück von 1516 fol. 100b-101a.561 Über den Verbleib des Originals ist nichts bekannt. Jedoch berichtet Carl Friedrich Göschel im zweiten Band seiner Bad Langensalzaer Chronik von einem in rotem Leder eingebundenen Buch, welches neben einer Reihe von Rechnungen auch wichtige städtische Ordnungen und Urkunden enthalten habe. Hierzu zählt laut Göschel auch eine Fleischhauerordnung, über die er aber nichts weiter berichtet.562 Dieses „Rote Buch“ konnte trotz intensiver Recherche bisher nicht aufgefunden werden. Es befindet sich weder im Bestand des Langensalzer Stadtarchives noch in anderen infrage kommenden Archiven.
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Langensalza auf diesen und stützt sich dabei auf Hermann Gutbier, ohne jedoch eine entsprechende Quelle anzugeben. (WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 35.) StadtA Bad Langensalza R II, 1, Blatt. 143 (Rechnungsbuch der Stadt von 1379). WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 35. LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I, Nr. 1, Bd. 2, fol. 100b. Die Urkunde ist in spätgotischer Kursive aus der Zeit vor der Mitte des 15. Jahrhunderts geschrieben. Das zur Bestimmung der Schrift wichtige Minuskel-a ist, anders als im 1516 verfassten und zusammengestellten Erbbuch von Langensalza und Thamsbrück festzustellen, noch nicht, wie seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu beobachten, mit einer Brechung im Oberteil versehen. (Vgl. TACENKO: Geschichte der deutschen Kursive, S. 362f. HEINEMEYER: Studien zur Geschichte, S. 190.) LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I, Nr. 1, Bd. 2. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 2-12.
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Göschel schreibt hierzu, es handele sich um ein Kämmereibuch, welches im zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts angelegt worden sei. Nach ihm fehlt diesem Buch lediglich der Anfang. Es enthält gleich zu Beginn eine städtische Ordnung über die jährliche Verlesung der städtischen Statuten, eine Geschossordnung und ein Geschossregister, weiterhin ein Register wiederkäuflicher Zinsen, diverse Stiftungen, die Fleischhauerordnung, eine Bürgerzählung und eine Ausgabenabrechnung aus dem Jahr 1414 sowie anschließend ein Verzeichnis für Aufwendungen für verschiedene Heerzüge.563 Vor allem die eindeutig datierte Bürgerzählung und die Ausgabenrechnung dürften Göschel dazu bewogen haben, das Buch in das zweite Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts zu datieren. Über die Datierung der Fleischhauerordnung, welche in der vorliegenden Abschrift eindeutig auf das Jahr 1440 datiert ist, sagt Göschel nichts. Letztere hat aber, falls die aufgefundene Ordnung identisch mit der durch Göschel überlieferten ist, zur Folge, dass auch spätere Aufzeichnungen Eingang in dieses Buch gefunden haben müssen. Vor diesem Hintergrund stellt sich wiederum die Frage, ob es sich bei diesem „Roten Buch“ um eine wesentlich spätere Zusammenstellung verschiedener wichtiger städtischer Dokumente handelt. Grundsätzlich vorstellbar wäre deshalb, dass es sich beim zweiten Band des Erbbuches von Langensalza und Thamsbrück um jenes Buch handelt, während der erste Band den fehlenden Anfang enthält. Hiergegen spricht jedoch eine ganze Reihe von Indizien. So sind sowohl der erste als auch der zweite Band auf dem ersten Blatt von zeitgenössischer Hand eindeutig auf das Jahr 1516 datiert.564 Göschel hätte dieses demzufolge gleichfalls vorliegen müssen. Des Weiteren ließ sich bei keinem der Bände der auffallende rote Einband nachweisen, und Göschel überliefert auch nichts zu den im zweiten Band vorhandenen umfangreichen Rechnungen von Stadt und Amt Thamsbrück. Umgekehrt befindet sich auch ein Großteil der von Göschel angegebenen Dokumente weder im zweiten noch im ersten Band. Dieses Rote Buch, bei welchem es sich, wie aus dem besonderen farbigen Einband deutlich wird, um ein wichtiges städtisches Buch handelte, in welchem bedeutende städtische Dokumente gesammelt worden waren,565 muss demzufolge vorerst weiterhin als verschollen gelten. Der als Abschrift vorliegende Fleischhauerbrief, dessen Auffinden Ausgangspunkt der vorstehenden Überlegungen war, ist keine Innungsordnung an sich. So heißt die in deutscher Kursive aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachträglich verfasste Überschrift: den Sonnabend Freymarkt der fremden und einheimischen 563 564 565
GÖSCHEL: Chronik 2, S. 2-12. LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 1. fol. 1a u. Bd. 2, fol. 1a. Zur besonderen Bedeutung von Farbbüchern sowie die Zusammenfassung der maßgeblichen Literatur vgl. HEINEMEYER: Die Erfurter „Grünen Bücher“, S. 245f.
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Fleyschauher betr[effend].566 Der Begriff Freymarkt, welcher sich auf den jeweils am Sonnabend abgehaltenen wöchentlichen Markt bezieht, kommt auch ansonsten häufiger in der Urkunde vor. So heißt es in Zeile 5: frymargtis uff den Sonabend, und uff den selbigen frymargte, in Zeile 18: solchis frymargte, in Zeile 25: alle Sonabende vormittage, als der frymargt ist, Zeile 27: der selbige frymargt, Zeile 32: uff den sonnabend vormittage uff den freymargt, Zeile 35: den selbin Sonnabend […] den frymargt.567 Alle im Fleischhauerbrief festgelegten Bestimmungen regeln letztendlich das Verhältnis zwischen den Langensalzaer und den auswärtigen Fleischhauern auf dem jeweils sonnabends stattfindenden Freimarkt und zielen letztendlich auf eine weitgehende Gleichstellung zwischen in- und auswärtigen Fleischern ab. Den Auswärtigen war wie den Einheimischen erlaubt, auf dem Markt zu stehen, und den städtischen Fleischhauern war es bei Strafe verboten, die auswärtigen im Verkauf zu behindern.568 Neben den umfangreichen Regulierungen hinsichtlich des Fleischverkaufs enthält der Brief aber auch Bestimmungen zur Sicherung der Qualität des verkauften Fleisches. Unter anderem wurde festgelegt, dass das Fleisch rechtzeitig einzusalzen war.569 Der Fleischhandel oblag demzufolge nicht nur den Angehörigen der Langensalzaer Fleischerinnung. Es war ihnen demnach nicht gelungen, ihr Monopol auf den Fleischhandel durchzusetzen oder, falls sie ein solches ursprünglich besaßen, es dauerhaft zu erhalten. Ob der Freimarkt auch andere Handwerke, welche Waren des täglichen Bedarfs herstellten, umfasste, wird aus dem Brief nicht erkennbar. Durch den Fleischhauerbrief wurde jedoch kein Freimarkt für den Fleischhandel eingerichtet. Dieser bestand schon und war vielleicht ein Freimarkt für alle Waren des täglichen Bedarfs, welcher jeweils am sonnabends stattfindenden Wochenmarkt abgehalten worden ist.570 Notwendig geworden waren die umfangreichen Regulierungen wohl deswegen, weil es, wie an einigen Stellen des Urkundentextes durchscheint,571 durchaus Versuche seitens der Langensalzaer Fleischhauer gab, die Auswärtigen im Verkauf zu behindern. Des Weiteren gibt der Urkundentext durchaus Hinweise auf die Gründe für die Einrichtung eines solchen Freimarktes. So war das städtische
566
567 568 569 570 571
LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 2, fol. 100a. Zur deutschen Kursive des 16. Jahrhunderts vgl. TACENKO: Geschichte der deutschen Kursive, S. 357-380, vor allem Schrifttafel S. 380. LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 2, fol. 100a. Vgl. exemplarisch: LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 2, fol. 100a, Z. 30-36 u. 44-49. LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 2, fol. 100a, Z. 43. Zu Freimärkten vgl. DRW II, Sp. 798-880. Vgl. exemplarisch: LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 2, fol. 100a, Z. 40-46.
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Handwerk augenscheinlich nicht (mehr) in der Lage, den Bedarf der Stadtgemeinde an Fleisch zu decken, und deshalb wurden auswärtige Fleischer hinzugezogen. Auf einen solchen Umstand verweisen die Zeilen 58 bis 62 des Textes. Hier wird erwähnt: Auswärtige Fleischer dürfen nicht beim Verkauf behindert werden, damit sie weiterhin in die Stadt kommen und auf dem Freimarkt ihr Fleisch anbieten. Auf diese Weise sollte, so heißt es weiter, verhindert werden, dass durch ein Ausbleiben dieser Fleischhauer die Gemeinde ihren Fleischbedarf nicht mehr decken konnte.572 Wie beispielsweise auch 1439 in Augsburg erfolgte die Einrichtung eines solchen Freimarktes demnach, um den Bedarf der Stadtgemeinde an einem Grundnahrungsmittel zu decken.573 Offensichtlich war es, wie vor allem im 15. Jahrhundert auch anderswo zu beobachten, zu einer Knappheit an grundlegenden Versorgungsgütern gekommen. Gleichzeitig zielte die Einrichtung eines Freimarktes wohl auch darauf ab, eine grundsätzliche Qualität des angebotenen Fleisches sowie ein vernünftiges, durch Konkurrenz und damit das Angebot bestimmtes Preis-Leistungs-Verhältnis zu sichern. So konnten beispielsweise in Leipzig die städtischen Fleischer im 15. Jahrhundert ihr Verkaufsmonopol durchsetzen, was in der Folge dazu führte, dass minderwertiges Fleisch zu den gleichen Preisen wie vorher das hochwertige Fleisch angeboten wurde.574 Ohne dass sie ausdrücklich als solche bezeichnet wird, lässt sich im ausgehenden 14. Jahrhundert dann auch eine Innung der Müller greifen. Am 29. Januar 1392 stellte Erzbischof Ludwig von Mainz eine Urkunde aus, mittels welcher er den Streit zwischen den Salzaer Müllern und der Stadt schlichtete, indem er Regelungen über das genaue Maß und die für das Mahlen zu zahlenden Abgaben traf. Die Müller treten geschlossen auf und deshalb ist eine Handwerksvereinigung, welche die hier genannten Interessen im Sinne aller Müller vertrat, durchaus anzunehmen. Von dieser Urkunde gibt es zwei gleichlautende Ausfertigungen, welche beide im Stadtarchiv Bad Langensalza aufbewahrt werden. Wahrscheinlich ist, dass eine Ausfertigung für den Rat und eine für die Müller bestimmt war.575 Daraus lässt sich ebenfalls ableiten, dass die Müller, um solche Dokumente zentral aufbewahren zu können, entsprechend organisiert waren. In den Jahren 1395 und 1408 erhalten dann die Flemminge eine Bestätigung über die Nutzung des Rathauses als Verkaufsraum und die damit verbundenen Abgaben.576 572 573 574 575 576
LHASA Magdeburg, Standort Wernigerode D 21, A I Nr. 1 Bd. 2, fol. 100a. Vgl. den vom Augsburger Rat ausgestellten Metzgerbrief von 1439, in: Das Stadtbuch von Augsburg, Nr. XXIII, S. 261-263. Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 990f. StadtA Bad Langensalza Abt. IV, II Nr. 1 u. 2. StadtA Bad Langensalza Abt. IV, II Nr. 6. (Urkunde vom 23. April 1395). Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik. 1, S. 151f.
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Damit treten die Handwerksvereinigungen im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts erstmals in Erscheinung. Vermutlich begannen sich kurz nach der Zusammenlegung von Rechtsstadt und Vorstädten, verbunden mit einem wirtschaftlichen Aufschwung, die Innungen oder Gilden herauszubilden und zu emanzipieren. Neben den bisher genannten Innungen finden sich in den Rechnungsbüchern Hinweise auf weitere Handwerksvereinigungen. So hatten 1455 die Schneider, die Schmiede, die Schuhmacher und die Lower (Gerber)577 Abgaben an die Stadt zu leisten. Im Jahr 1457 werden zusätzlich zu den Schmieden noch die Feinschmiede erwähnt.578 Auch dürfte der Umstand, dass jeweils das entsprechende Handwerk als Gesamtkörperschaft Abgaben zu leisten hatte, Hinweis auf den Zusammenschluss in einer Innung sein. Im späten 15. Jahrhundert scheinen die Innungen dann auch im spirituellen Bereich eine Gemeinschaft gebildet zu haben. So stellt im Jahr 1484 Andreas Proles, Lektor der heiligen Schrift, Vikar des Augustinerordens, eine Urkunde aus, in welcher die Gebetsverbrüderung mit der Tuchmacherinnung beurkundet wurde. Zukünftig sollten dann viermal im Jahr Totenmessen für die verstorbenen Mitglieder und ihre Familien stattfinden. Über weitere vom Konvent betreute Bruderschaften ist aber nichts bekannt.579 Diese besondere Form der Stiftung und Memoria schuf eine künstliche Verwandtschaft zur gegenseitigen Unterstützung und zum geistigen Beistand. Schwächere Einzelmitglieder der Innung sollten durch die Bruderschaft aufgefangen werden, um ihnen und ihren Verwandten eine besserer Zugang zum Seelenheil zu ermöglichen.580 Da solche Bruderschaften in größeren Städten gerade im Spätmittelalter weit verbreitet und zahlreich waren, ist damit zu rechnen, dass es bei der doch größeren Zahl von Innungen in Langensalza auch weitere in der Stadt gab.581
4.6.2.3 Wichtige städtische Privilegien Im Jahr 1457 stellte Landgraf Wilhelm eine umfangreiche Urkunde aus, welche die inneren Verhältnisse der Stadt vollständig neu regelte. Er berücksichtigte jetzt
577 578 579 580 581
Zu Lower vgl. LEXER: Taschenwörterbuch, S. 151. StadtA Bad Langensalza R II, 12, fol. 185b u. 241a. Abdruck in: GÖSCHEL: Chronik II, S. 57f. Vgl. auch: KUNZELMANN: AugustinerEremiten 5, S. 160. MANDRY: Predigerkloster in Erfurt, S. 125. Vgl. MANDRY: Predigerkloster in Erfurt, S. 125-127. WEIß: Erfurter Bettelorden, S. 138-146.
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auch die nach Partizipation an der städtischen Selbstverwaltung strebenden Innungen und bezog sie in die Verwaltung der Stadt ein. Der bisher aus 12 Ratsmitgliedern bestehende jährliche Rat wurde auf acht Ratspersonen reduziert. Aus ihren Reihen wurden die zwei Ratsmeister und Kämmerer bestimmt. Handlungsfähig war der Rat jedoch nur durch die Zustimmung von vier zusätzlich zu wählenden Personen, von denen zwei aus dem Handwerk und zwei aus der Gemeinde zu wählen waren. Diese vier hatten die Aufgabe, den Rat und seine Entscheidungen zu überwachen. Die ernannten Personen waren nach ihrer Wahl schriftlich dem Landgrafen mitzuteilen und durch diesen zu bestätigen. Auf diesem Weg erreichte der Rat dann wieder die ursprüngliche Zwölfzahl. Die Urkunde von 1457 verweist des Weiteren darauf, dass es auch hundert Jahre nach der Zusammenlegung der drei Salzaer Städte noch erhebliche rechtliche Unterschiede zwischen ihnen gab. Die landgräfliche Verfügung zielte deshalb darauf ab, diese Unterschiede zu beseitigen. So waren bei der Wahl des Neuen Rates keine Sunderungen mehr zwischen den Städten zu machen, als bisher gewest ist. Ziel der Neuerungen war es, die offensichtlich massiven Konflikte zwischen den Teilstädten, aber auch zwischen dem städtischen Patriziat und der Stadtgemeinde, welche zum Teil zu erheblichen Auseinandersetzungen geführt haben müssen, beizulegen.582 Die Auseinandersetzungen und Konflikte dürften jedoch angedauert haben, da 1463 mittels einer weiteren umfangreichen Urkunde Landgraf Wilhelms die Privilegien von 1457 erneut in vollem Umfang bestätigt werden mussten. Darüber hinaus erweiterte er die Rechte der vier aus der Gemeinde und dem Handwerk rekrutierten Personen. Bisher hatten sie im Stadtgericht kein Mitspracherecht. Das Amt des Stadtrichters war zwar weiterhin aus dem aktiven Rat zu besetzen, jedoch war einer der Schöffen mit allen Rechten und Pflichten aus dem Kreis der vier zu bestimmen. Darüber hinaus gibt die Urkunde Auskunft darüber, dass die Stadt hoch verschuldet war, der Rat massiv seine Stellung missbraucht haben musste und auch die Abgaben wie beispielsweise das Geschoss nicht ordnungsgemäß eingezogen worden sind.583 Noch einmal wurden die verliehenen Handfesten, Verschreibungen, Freiheiten, Gerechtigkeit, Statuten, Gesetze und Gewohnheiten 1482 durch die Landgrafen Ernst und Albrecht bestätigt. Eine erneute Bestätigung seitens der Stadtherren erfolgte im Jahr 1500.584 Die Bestätigung von 1482 dürfte in engem Zu-
582 583 584
StadtA Bad Langensalza Abt. I, IV, B, Nr. 2 u. 3. Abdruck dieser Urkunde bei: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 21-25. StadtA Bad Langensalza Abt. I, IV, B, Nr. 4 u. 5. Abdruck dieser Urkunde bei: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 25-31. StadtA Bad Langensalza Abt. I, IV, A, Nr. 1f. (Urkunden von 1482 und 1500).
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sammenhang mit dem Tod Landgraf Wilhelms am 17. September stehen. Mit seinem Tod fiel die Nebenlinie Thüringen an die Hauptlinie Wettin zurück, und Herzog Albrecht und Kurfürst Ernst übernahmen gemeinsam die Regierung der Landgrafschaft.585 Im Zusammenhang mit dem Rückfall an die Hauptlinie dürften Ratsmeister, Rat und Stadtgemeinde bestrebt gewesen sein, vor allem die 1457 und 1463586 durch Wilhelm verbrieften Rechte aufrechtzuerhalten. Das Geschoss wurde wohl bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts durch die Vögte in Salza erhoben.587 Dieser Grundzins, welchen alle Hausstättenbesitzer zu leisten verpflichtet waren, musste jährlich am St. Michaelstag (29. September)588 als festgesetzter Betrag gezahlt werden.589 Spätestens ab 1356 erhob die Stadt Geschoss, Steuer und Bede selbst und davon war jährlich eine Rente, die Prekarie, an die Stadtherren zu entrichten.590 Im Jahr 1359 übertrug Landgraf Friedrich der Stadt auch den Einzug des Geschosses von den Stadtgütern der Burgmannen. Es hatten alle zu schossen und das Wachgeld zu zahlen, welche nicht durch die Landgrafen mittels Privileg übereignete oder gefreite Güter besaßen.591 Im Stadtarchiv Bad Langensalza existieren hierüber zwei Schreiben. Das erste ist eine durch Landgraf Friedrich am Erhardstag (8. Januar) ausgestellte Ausfertigung.592 Das zweite ist durch Johan Goldsmet probist des spitals tzu Salzca unde Rudolf von studirnheym am Mittwoch nach Johanis ante portam (8. Mai) ausgestellt worden und richtete sich an Erzbischof Gerlach von Mainz. In ihm schwören Johann und Rudolf, die landgräfliche Urkunde vom 8. Januar im Original gesehen zu haben.593 Für den Erzbischof zur Kenntnisnahme ist sie in das Schreiben vom 8. Mai als 585 586 587
588 589 590
591 592 593
PATZE: Politische Geschichte, S. 143. ROGGE: Wettiner, S. 143f. Vgl. oben. So befreit Günther von Salza 1310 die Leute auf einem Platz vor der Mühlhäuser Tor ab omnibus vigillis, collectis et exactionibus oppidi Salza[…] (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 121.). 1331 schenkt Heinrich von Salza dem Kloster Homburg frei von Geschoss und Wache eine Hufe zu Salza. (UB Homburg B. Nr. 42.) GROTEFEND: Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 129. WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 16. So befreite Gerlach von Nassau, Erzbischof von Mainz, 1356 den Bürger Konrad Wendekarren von der Geschoss-, Steuer- und Bedepflicht gegenüber dem städtischen Rat. (Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2, 1, Nr. 529.) Auch die beiden Urkunden Landgraf Wilhelms von 1457 und 1463 bestätigen den Einzug des Geschosses durch den städtischen Rat. (Abdruck beider Urkunden bei: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 21-31.) Im Jahr 1377 verzichteten die Landgrafen Friedrich, Balthasar und Wilhelm auf die 60 Mark Jahresrente aus der Stadt. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 270 u. 293.) Zur Höhe der an die Stadtherrn zu leistenden Stadtsteuer vgl. Kap. II.4.5.1 u. auch Kap. II.4.6.4. StadtA Bad Langensalza Abt. II, III, A, Nr. 1 u. 2. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 19. StadtA Bad Langensalza Abt. II, III, A, Nr. 1, Z. 10. StadtA Bad Langensalza Abt. II, III, A, Nr. 2, Z. 1-6.
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Transsumpt inseriert.594 Beide Urkunden geben keine Auskunft darüber, ob die Privilegierung des Landgrafen nur für seine Hälfte der Burg und Stadt zutraf. Wegen der zusätzlichen, an den Mainzer Stadtherrn gerichteten Urkunde erscheint es aber nicht unwahrscheinlich, dass die Übertragung des Geschosses und der Wachgelder für die gesamte Stadt und Burg zu gelten hatte. Dafür spricht möglicherweise auch der angegebene Grund für die Erteilung des Privilegs. Übertragen wurden die Einkünfte zum Zweck der hulfe und bezzerunge.595 So ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Stadt immer noch nicht von der Belagerung und Niederbrennung durch den Landgrafen im Jahr 1346 sowie von der um 1350 grassierenden Pest596 erholt hatte und jetzt durch die Zuweisung dieser Einnahmen die städtische Entwicklung angeschoben werden sollte. Zusammenfassend deutet sich an, dass sich spätestens in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine emanzipierte Bürgergemeinde entwickelt hatte, welche ihre Stadt weitgehend selbstständig verwaltete. Allerdings bestanden noch bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts gravierende Unterschiede zwischen der alten Rechtsstadt und den anderen zwei Teilstädten, welche dann durch zwei weitere landgräfliche Privilegien aus dieser Zeit beseitigt werden sollten. Des Weiteren hatten auch die in den Innungen organisierten Handwerker sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts das Recht auf Partizipation an der städtischen Verwaltung erkämpft.
4.6.3 Die Münze Nachweisbar ist die Langensalzaer Münze seit dem 13. Jahrhundert, so standen dem Kloster Homburg 1291 aus einer halben Hufe zu Thamsbrück 4 Schillinge Salzaer Münze zu.597 Münzen selber sind außer der um 1300 geprägten, welche Günther von Salza zeigt,598 allerdings erst aus späterer Zeit überliefert.599 Das Münzamt lag in dieser Zeit demnach in der Hand der Vögte von Salza, welche es wohl in landesherrlichem Auftrag oder vielleicht sogar selbstständig ausübten. Das Münzrecht befand sich bis ins 15. Jahrhundert bei den Stadtherren600 und war, wie der Vertrag von 1356 festlegt, in der Zeit der landgräflich-mainzischen 594 595 596 597 598 599 600
StadtA Bad Langensalza Abt. II, III, A, Nr. 2, Z. 6-16 u. 20f. StadtA Bad Langensalza Abt. II, III, A, Nr. 1, Z. 4f. Zur Pest und ihrer Auswirkung auch auf die Städte vgl. Kap. II.1.4. UB Homburg B, Nr. 132. Vgl. Kap. II.5.4.2. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 17 und Anmerkung 166, S. 26. Vgl. dazu: SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 26.
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Doppelherrschaft auf beide Parteien gleich verteilt. 601 Allerdings schlossen im März 1381 die Ratsmeister und Räte der Städte Jena, Weißensee, Eisenach und Salza einen Vertrag wegen der Prägung gleichwertiger Münzen.602 Dies scheint zunächst darauf hinzudeuten, dass die Münzprägung in dieser Zeit bei der Stadt selbst lag. Eine entsprechende Privilegierung ist jedoch nicht überliefert. Beim Abschluss des Vertrages von 1381 konnte allerdings nicht auf die Mitwirkung der Stadtherren verzichtet werden, 603 wobei aber auffällt, dass das Mitspracherecht des Mainzers in Langensalza einfach übergangen worden ist. Nachdem Ludwig von Meißen im Februar 1381 auf den Mainzer Stuhl verzichtet hatte, war die Mitwirkung Adolfs von Nassau, welcher sich als Erzbischof von Mainz damit durchsetzen konnte,604 eigentlich unumgänglich. Auch dieser Vertrag dürfte demnach erneut Ausdruck dafür sein, dass die wettinischen Stadtherren nach 1381 systematisch die mainzischen Rechte an der Stadt übergingen. Gleichzeitig legt die Urkunde die genaue Zusammensetzung der Münze und ihren Wert fest. Eine Mark sollte 52 Schillingen entsprechen und aus einem Lot Silber bestehen.605 Bereits 1392 griff Landgraf Balthasar noch einmal massiv in die städtische Münze ein606 und veränderte ihre Zusammensetzung.607 Zusätzlich dazu soll der Münzmeister Hans Münzer aus Eschwege, welchem die Münze überlassen worden ist, für jede Mark ein Schilling Pfennige Schlagschatz geben. Gleichzeitig stand dem Münzmeister auch der Wechsel an Silber, Groschen und an der Silbermünze allein zu.608 Damit befand sich der Ertrag aus der Münze nicht 601
602 603
604 605 606
607 608
Auch sul die Münze uns beider seit [die beiden Stadtherren, Erzbischof von Mainz und Friedrich Lgrf. von Thüringen] gemein sin,... (Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122.) UB Jena, Nr. 407. Wir rathismeystere unde rethe gemeynlichin der stad czû Gotha bekeynnyn uffinlichyn an disem keinwertigin bryfe, daz wyr eyntrchtig wordin sint myt den erberen wysen lûthen ratismeysteren unde rethen zcû Ysynnache, Jhene, Wissense unde Salcza von gûthen willen, wissen unde gûnst unsis lyben gneygin herren herren Frydrich unde Balthasar marggraven zû Missen, Eyn moncze zu bestellende in dyssen vorgenanten steten. (UB Jena, Nr. 407.) ROGGE: Wettiner, S. 113. CDS I B I, Nr. 8. Hintergrund dafür dürfte das im Jahr 1390 erlassene Münzgesetz König Wenzels gewesen sein, welches im Wesentlichen darauf abzielte, den Umlauf schlechtwertiger Münzen einzudämmen und auch den Wert der Münzen festzulegen. (Vgl. RTA 2. Abt. Nr. 150, 151, 156, 163. Außerdem: PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 246.) Zu den weiteren, auch Langensalza betreffenden Münzverordnungen vgl. Anmerkungen zu S. 246 in: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens, Bd. 2, T. 1. Hohes und Spätes Mittelalter, Köln/ Wien 1974, S. 426f. …, also das er czu ie der mark lotige silber Erffortissches gewichtes achtehalb lot kuppirs seczin sal,[…](CDS I B I, Nr. 427.) CDS I B I, Nr. 427.
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in städtischer Hand, sondern wurde vom Münzmeister eingenommen und von diesem dann wohl auch eine Abgabe direkt an den Stadtherrn gezahlt. Noch 1381 versuchten die städtischen Vertreter zwar mit guthen Willen, Wissen und Gunst der landgräflichen Stadtherren und Landesherren Friedrich und Balthasar, aber doch recht selbstständig zusammen mit anderen Städten Regelungen zur Münzwertigkeit zu treffen.609 Nur wenige Jahre später hatten sie jedoch offensichtlich keinen Zugriff mehr auf die Münze. Im Jahr 1398 hatte Landgraf Balthasar die Münze für zwei Jahre an Hans von Sollstedt übergeben und auch die Wertigkeit der Münzen ist erneut verändert worden.610 Der 1401 zwischen dem Landgrafen und dem Münzmeister Conrad von Kassel hinsichtlich der Pfennigmünze geschlossene Vertrag legt den Wechselkurs für die Pfennige noch einmal genauer als vorher fest und erhebt den Freiberger oder Sangerhäuser Groschen zur Leitwährung.611 Während es der Stadt demnach bis dahin nicht gelungen war, die Münze in die Hand zu bekommen, wird im Vertrag von 1401 festgelegt, dass der Rat die Prägeeisen verwahren soll und, falls der Münzmeister Pfennige prägen will, soll ein Ratsmitglied mit den Prägeeisen zu diesem kommen und dieser soll dann auch Wert und Gewicht des Geldes überprüfen. Damit war dem Rat einerseits die Aufsicht über die Anzahl der zu prägenden Münzen, als auch die Überprüfung ihres Wertes überantwortet worden, und spätestens ab diesem Zeitpunkt konnte der Rat auch Einfluss auf die Münzprägung nehmen.
4.6.4 Die wirtschaftlichen Grundlagen der Stadt Handel ist in Bad Langensalza erstmals für das Jahr 1268 sicher nachweisbar. So beauftragte Erzbischof Werner von Mainz am 15. Juli 1268 den Erfurter Canonicus und Pfarrer Theoderich, das Handelsverbot der Salzaer Händler in der Stadt Erfurt zu überwachen. Bei Nichtbeachtung dieses Handelsverbotes wurde den Einwohnern der Stadt sogar die persönliche Exkommunikation angedroht. Ziel des Handelsverbotes und Interdiktes war es, die vom Erzbischof geforderten Sühneleistungen durchzusetzen. 612 Dieses Handelsverbot scheint damit ein wirksames Instrument gewesen zu sein, um die städtische Wirtschaft und damit 609 610 611 612
UB Jena, Nr. 407. CDS I B II, Nr. 199. CDS I B II, Nr. 371. Ne quis mercatum inhabitatoribus predicti oppidi [Salcza] in civitate Erphordiense exercat[…]sub pena excommunicacionis districtus prohibendo. (MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 39-42. Abgedruckt in: MONE: Mainz und Thüringen, S. 447f.)
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die Stadt empfindlich genug zu treffen, um Forderungen durchzusetzen. Handel – in diesem Fall mit Erfurt – scheint damit schon in der Zeit kurz nach der Stadtwerdung von nicht unwesentlicher Bedeutung für die Stadt gewesen zu sein. Das dafür zunächst infrage kommende Fernhandelsprodukt könnte der Waid gewesen zu sein, welcher wenigstens teilweise im bedeutenden Waidzentrum Erfurt umgeschlagen worden sein dürfte. Einschränkend ist jedoch, wie schon an anderer Stelle, darauf hinzuweisen, dass Waidhandel zwar seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in Thüringen nachweisbar ist, er aber in größerem Umfang erst im 14. Jahrhundert einsetzte.613 Die allgemeine Formulierung des Handelsverbotes von 1268 lässt keine dahingehenden Schlüsse zu. Neuerdings wies Stephan Selzer darauf hin, dass neben Erfurt als Hauptexporteur auch, andere, kleinere thüringische Städte, wie etwa Langensalza, den Waid direkt an die Großabnehmer verkauften und diesen selbst dorthin transportierten.614 So betrieben die Langensalzaer Waidhändler im 15. Jahrhundert Fernhandel mit Waid durchaus über größere Distanzen. Unter den zwischen 1400 und 1425 in Görlitz nachweisbaren 25 thüringischen Waidhändlern waren neben einer Großzahl Erfurter auch Händler wie Thiele Neugrad aus Langensalza zu finden. Der erste in Frankfurt nachweisbare Waidverkäufer (1355) stammte ebenfalls aus Langensalza. Wie die Tennstedter Waidhändler bedienten auch die Langensalzaer zu erheblichen Teilen die hessische Textillandschaft. 615 Ebenso handelten sie nach Nürnberg. So sind 1488/90 und 1493 jeweils Langensalzaer Waidhändler in der Stadt nachweisbar, welche ihre Waren auch hier absetzten. Darüber hinaus kauften auch Mühlhäuser Händler Ballenwaid in Langensalza, um diesen dann weiter zu vertreiben.616 Des Weiteren waren auf einem 1447 in Erfurt stattfindenden Tag, welcher anberaumt war, um die Differenzen zwischen den thüringischen Waidhandelsstädten und der Stadt Görlitz beizulegen, auch Vertreter aus Langensalza zugegen.617 Im Jahr 1462 kam es in Lübeck zu Auseinandersetzungen zwischen den schwarzburgischen Waidhändlern Hermann Daniel und Frederick Menke sowie einigen Lübecker Bürgern. Im Zusammenhang mit bestehenden Schadensersatzforderungen und der Herausgabe beschlagnahmter Ware sollte ein Schiedsgericht gebildet werden. Für dieses wurden seitens der Schwarzburger Grafen neben den Erfurter, Mühlhäuser, Eisenacher und Weißenseer Ratsherren auch die von Langensalza als diejenigen genannt, welche sich auf die Problematik verstünden.618 613 614 615 616 617 618
Vgl. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 133-135. So auch: Kap. II.2.6.1f. SELZER: Blau, S. 302. JECHT: Waidhandels 2, S. 72. Zu den Tennstedter Waidhändlern: Kap. II.2.6.1. SELZER: Blau, S. 302, 313, 326, 344, 355 u. 365. Vgl. Kap. II.2.6.1. StadtA Lübeck Altes Senatsarchiv, Nr. 7441. SELZER: Blau, S. 332.
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Ebenso verweist die umfassende Urkunde Landgraf Wilhelms aus dem Jahr 1457 auf umfangreichen Waidhandel und darauf, dass Langensalza einer der Waidumschlagplätze Thüringens war. So war in der Stadt eine als gülden Zoll bezeichnete Abgabe durch diejenigen zu entrichten, welche mit Waid in der Stadt handelten. 619 Auffällig ist jedoch, dass das am 2. Oktober 1482 erteilte Jahrmarktsprivileg zwar Waren wie kramery, spetzery, pferde, ochsen, kuhe, win und allerley ander noch nennt, den Waid als Handelsware aber nicht erwähnt. 620 Möglicherweise, falls der Waid nicht unter der summarischen Wendung und allerley ander noch erfasst ist, wurde dieses Produkt eben nicht ausdrücklich auf den Jahrmärkten abgesetzt, sondern ganzjährig gehandelt. Dass er in der Stadt selber umgeschlagen wurde, lässt sich eindeutig an dem 1457 erwähnten gülden Zoll erkennen. Wie wichtig der Waidbau und Waidhandel für die Stadt Langensalza gewesen sein dürften, wird aus einer auf Bitten der Langensalzaer Bürgerschaft durch die Herzöge zu Sachsen und Landgrafen in Thüringen, Ernst und Albrecht, ausgestellten Verfügung aus dem Jahr 1483 deutlich. In ihr wiesen sie ihre Amtleute zu Thamsbrück und Ufhoven an, den Waidhandel und Waidbau geistlicher und adliger Herren in den um Langensalza liegenden Dörfern zu unterbinden. Das Recht hierzu stand nur den Langensalzaer Bürgern zu.621 In Langensalza selbst sollen sich, so berichten Ernst und Gustav Schütz, 1455 sechs Waidmühlen befunden haben, welche an die Stadt einen Waidmühlenzins zu zahlen hatten.622 Ein weiteres Produkt, welches ein nicht unerheblicher Wirtschaftsfaktor gewesen zu sein scheint, ist das Tuch. So treten in der oben bereits mehrfach besprochenen und von Göschel als Kramgildeordnung bezeichneten Urkunde aus dem Jahr 1392 sowohl die in der Stadt ansässigen Weber als auch die Tuchhändler in Erscheinung.623 Diese Ordnung regelt einerseits den Verkauf des Tuches in der Stadt, gibt darüber hinaus aber auch Einblicke in die weitere Funktion des Rathauses. In ihm befanden sich Verkaufsräume,624 welche mittels Erbpacht an die Händler ausgegeben wurden.625 Neben diesen Räumen, hier als Gaden bezeichnet, wird der über diesen liegende Boden den Wollwebern überlassen und ebenfalls zur Erbpacht gegeben, für welchen jene zwölf Pfund Landpfennige als Pacht 619 620 621 622 623 624
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Abdruck der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 24. StadtA Bad Langensalza Abt. IV, III, Nr. 1. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 55. SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 206. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 148f. Die Nutzung des Rathauses als Kaufhaus ist nichts Ungewöhnliches. In vielen Orten waren Kaufhaus und Rathaus zunächst sogar identisch. (ENGEL: Stadt des Mittelalters, S. 69.) […] und sollen dernnächst der Stadt geben und langen alle Jahr zu St. Michaelis Tage zwei Pfund guter Landpfennige zu rechtem Erbzins. (Aus: Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 148.)
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zu geben hatten.626 Auf diesem Boden soll das Handwerk dann jeweils am Samstag zu Markte stehen und auch diejenigen, denen die Gaden verlassen sind.627 Drei Jahre später wurden diese für die Tuchmacher getroffenen Bestimmungen noch einmal für ihre Innung separat bestätigt.628 Die Bestimmung, jeweils samstags Tuche in der Stadt zu handeln, verweist, wie schon die Bestimmungen zum Freimarkt am Sonnabend, darauf, es in diesem Fall mit einem regulären Wochenmarktstag zu tun zu haben. Die sogenannte Kramgildeordnung von 1392 trifft darüber hinaus Regelungen für den Import von Tuchen. So kann ein Bürger gegen den Zoll von einer Mark, welche der Stadt zuzuführen war, ebenfalls fremdes Tuch, ob gefärbt oder ungefärbt, verkaufen.629 Grundlegend hierfür war jedoch, dass er Bürger der Stadt war. Eine Bedingung, welche später noch einmal erscheint. So darf niemand Tuch schneiden, es sei denn ein Bürger und stehe zu Gaden oder sei des Handwerks und pflege davon der Stadt als hier steht vorgeschrieben.630 Dass in Langensalza gleichfalls Tuche gefärbt worden sind, darauf gibt es keinerlei Hinweise.631 Wenigstens das Färben mit Blau kann wegen der gewichtigen Rolle des Waidhandels und -anbaus, aber auch des Tuchhandels in der Stadt nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Das Rathaus erfüllte damit, wie andernorts auch,632 die Funktion eines Kaufhauses. An der Westseite des Rathauses befanden sich spätestens im 15. Jahrhundert die überdachten Fleisch- und Brotbänke.633 Ob darüber hinaus ein weiteres Kaufhaus in Langensalza vorhanden war, ist nicht überliefert. Vorstellbar ist aber, dass,
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Zu denselben Gezeiten haben wir vorgenannte Rathsmeister und Räthe alle […] aufgelassen und vererbt den Boden über den Gaden, die gereite sind gemacht, unsern lieben Freunden dem Handwerke des Wollwebers gemeiniglichen also daß sie der Stadt von dem Boden alle Jahr geben und reichen sollen zu St. Michaelistage 12 Pfund guter Landpfennige zu rechtem Erbzinse. (Abdruck des Textes der Urkunde in GÖSCHEL: Chronik 1, S. 149.) Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 149. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 151f. Auch welcher Bürger hier will fremde Tuche schneiden sie sein gefärbt oder ungefärbt der soll zu Gaden stehen bei einer Marke, und die Buße soll der Stadt werden[…] (Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 149.) Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 149. In den aus dem 14. und 15. sowie frühen 16. Jahrhundert noch vorhandenen städtischen Kämmereibüchern konnte bisher, wie vielleicht zu erwarten, keine besondere Abgabe auf das Färben von Tuchen aufgefunden werden. (StadtA Bad Langensalza R II, I – RII, 21.) Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Kämmereibücher bisher nicht vollständig erfasst und ausgewertet worden sind. Dass in ihnen doch entsprechende Hinweise auf das Färben oder ein Färbehandwerk zu finden sind, kann deshalb nicht ausgeschlossen werden. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 55f. BEYER: Historische Bauforschung, S. 27f.
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da das Rathaus dem Tuchhandel vorbehalten war, andere Waren in einem weiteren überdachten Verkaufsraum gehandelt worden sind. Daneben gab es auch eine Reihe von Spezialmärkten. So lag südlich der Marktkirche der Töpfermarkt und südwestlich davon befand sich der Kornmarkt.634 Eine Urkunde von 1397 erwähnt des Weiteren einen Rossmarkt, welcher gleichfalls in der Altstadt lag.635 Darüber hinaus trägt noch heute eine in der ehemaligen Jakobsvorstadt gelegene Straße den Namen Salzstraße.636 Dieser Straßenname kann auf den Abbau von Salz verweisen oder aber im Zusammenhang mit einem Transportweg für Salz stehen, und dieses Salz könnte dann auch in der Stadt gehandelt worden sein. Weder Abbau noch Handel von Salz lassen sich jedoch anhand der mittelalterlichen Quellen nachweisen. Des Weiteren führte die Straße auf den Lauf der durch die Stadt fließenden Salza zu und der Name könnte auch aus diesem Umstand resultieren. 637 Unklar muss demnach bleiben, ob Salzabbau in der Stadt noch eine ähnliche Rolle spielte, wie in der Frühzeit der Entstehung der Siedlung Salza. Der Kornmarkt als Sondermarkt liefert einen Hinweis darauf, dass in Langensalza dem Handel mit Korn eine besondere Bedeutung zukam. Langensalza wiederum spielte beim Absatz landwirtschaftlicher Produkte im Thüringer Becken und hier insbesondere dem Getreide durchaus eine nicht unwichtige Rolle.638 Ähnliches gilt auch für den erwähnten Rossmarkt und die ausdrückliche Nennung von Pferden im Jahrmarktsprivileg von 1482.639 Diese scheinen ein wichtiges, für den Fernhandel bestimmtes Wirtschaftsgut gewesen zu sein. Darüber hinaus verfügte die Stadt laut dem markgräflichen Register von 1378 über 75 Äcker Wald in dem als Hardt bezeichneten südlichen Ausläufer des Hainichs.640 Die sich im Norden der Jakobsstadt unmittelbar nördlich des Augustinerklosters befindliche, schon im Mittelalter nachweisbare Holzgasse641 könnte auf eine in einem eigenen städtischen Quartier angesiedelte umfangreichere Holzverarbeitung verweisen, welche ihre Rohstoffe aus dem städtischen Wald bezog.
634 635
636 637 638 639 640 641
Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Ich Borghart von Heutal bekenne uffintlich vor mich und myne erbin, dasz ich myn hoff in der aldin stadt genn Rosmarte czu Salcza gelegin[…] (StadtA Bad Langensalza Abt. II, V, B, Nr. 1. Urkunde von 1397, Z. 1f.) Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. auch. SOMMER: Langensalza, S. 21. Vgl. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 34. Vgl. oben. Registrum XIX, 16. Vgl. exemplarisch im städtischen Rechnungsbuch von 1457. Laut diesem befanden sich in der Holzgasse in diesem Jahr 21 schossende Haushalte. (StadtA Bad Langensalza R II, 122, fol. 148b-149b.)
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Im Jahr 1438 erhielt die Stadt nach Arthur Wartmann das Privileg, zwei Jahrmärkte abzuhalten.642 Laut ihm befand sich das entsprechende Privileg im ehemaligen Ratsarchiv. Es konnte unter den Beständen der Nachfolgebehörde, dem Stadtarchiv Bad Langensalza, jedoch nicht ausfindig gemacht werden. Weiterhin gibt Wartmann an, dass die Herzöge und Landgrafen Ernst und Albrecht 1482 der Stadt das Recht für einen weiteren Jahrmarkt erteilten. Nach ihm fand der erste Jahrmarkt am nächsten Sonntag nach Ostern, am Tag des Kirchweihfestes von Sankt Bonifatius, der zweite am St. Johannestag und der dritte am Sonntag nach St. Egidien statt.643
4.6.5 Die jüdische Gemeinde Für eine rege Handelstätigkeit und gute wirtschaftliche Entwicklung Langensalzas spricht auch die Anwesenheit von Juden, welche ab der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in größerer Zahl nachweisbar sind. Die Stadt erscheint jedoch nicht in der Liste der Orte, in welcher 1349 Juden verfolgt worden sind.644 Uta Löwenstein mutmaßt aber, dass eine solche Verfolgung durchaus stattgefunden haben könnte. 645 Immerhin berücksichtigt auch der Teilungsvertrag über die Stadt zwischen dem Erzbischof von Mainz und den Landgrafen aus dem Jahr 1356 die Juden. Allerdings gibt er weniger einen Hinweis auf die Anwesenheit von Juden. Vielmehr sind Regelungen für den Fall des Zuzuges von Juden in die Stadt formuliert. So wird geregelt, dass falls Juden in die stete zügen, die sulln dem Erzbischof und dem Landgrafen beiderseit gemein sein, und sulln die Stete die Juden schirmen und frieden.646 Hieraus kann nicht unbedingt auf die Anwesenheit von Juden in der Stadt geschlossen werden, da sonst eine Regelung auch bezüglich in der Stadt lebender jüdischer Einwohner zu erwarten wäre. Möglicherweise wurden diese Regelungen getroffen, um die Wiederansiedlung von Juden nach einer nicht auszuschließenden Verfolgung im Jahr 1349 zu fördern. Im Jahr 1398 verfügt dann Landgraf Balthasar für seinen Juden und Diener Joselin von Mühlhausen, dasz er czu Gotha ader czu Salcza wonen sal, und darüber hinaus erhielt dieser vom Landgrafen den Auftrag, dem Wechsel vorczustende an silber, grosschin und an andere were der Münze zu Sangerhausen und sagt ihm darüber 642 643 644 645 646
WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 38. WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 38. Chronica S. Petri Erfordensis cont. III, A.1349, in: SS rer. Germ. 42, S. 379f. LÖWENSTEIN: Art. Langensalza, S. 718. Abdruck des Textes der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122f. hier S. 122. Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2,1, Nr. 533.
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hinaus eine Befreiung von den Zinsen und seinen Schutz für drei Jahre zu.647 Ob sich Joselin von Mühlhausen in Gotha oder Langensalza niedergelassen hat, geht aus dieser Quelle nicht hervor und es muss offenbleiben, wo er wohnhaft wurde. Lediglich sein Name verweist auf eine Herkunft aus Mühlhausen. Auch „Das Erfurter Judenbuch“ erwähnt zwischen 1357 und 1407 eine Reihe von Juden mit der Herkunftsbezeichnung von Salza.648 Hierbei dürfte es sich jedoch auch um in dieser Zeit nach Erfurt übergesiedelte ehemalige Langensalzaer Juden handeln oder es waren Juden aus Langensalza, welche sich wenigstens zeitweilig in Erfurt niedergelassen hatten. Dennoch verweist dies darauf, dass auch nach der Jahrhundertmitte Juden in Langensalza ansässig waren. Sicher nachweisbar ist eine jüdische Bewohnerin Langensalzas erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1371. In dieser verspricht Dietrich von Gottern dem Mainzer Erzbischof Johann, gegen eine Zahlung von 120 Mark auf 12 Mark Einkünfte aus der Stadt zu verzichten. Eine Mark davon wurde von einem Hof der Jüdin genannt Josemennin gezahlt.649 Eine größere jüdische Gemeinde lässt sich seit dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts erkennen. So war 1420 und 1425 ein Jude aus Langensalza durch den Landesherrn zur Einsetzung und Bestallung von Steuererhebern für die lokale Judenschaft ermächtigt. Für 1418 sind in der Stadt 14 männliche Juden nachweisbar, welche zu versteuerndes Vermögen besaßen.650 Uta Löwenstein schätzt die Zahl der in dieser Zeit in Langensalza lebenden Juden auf etwa 80 Personen.651 Ob die Gemeinde darüber hinaus einen eigenen in der Steuerliste von 1418 als Bischof bezeichneten Rabbiner oder Vorsteher besessen haben könnte,652 wie Maike Lämmerhirt meint,653 kann nicht erwiesen werden. So trägt die betreffende Person lediglich den (Zu-)Namen Bisschoff, und die Bezeichnung kann durchaus auf einen jüdischen Gemeindevorsteher verweisen,654 eine ausdrückliche Amtsbezeichnung ist hier aber nicht erkennbar.655 Einige dieser Juden trieben Geldhandel, wobei sie ihrem meist geringen Kapital entsprechend eher kleinere Beträge verliehen. Größere Geldgeschäfte wurden insbesondere von einer Gesellschaft aus drei Langensalzaer Juden getätigt, 647 648 649 650 651 652 653 654 655
CDS I, B 2, Nr. 189. LÖWENSTEIN: Art. Gotha, S. 458f. LÖWENSTEIN: Art. Langensalza, S. 718. So für 1357, 1368, 1370, 1327, 1373, 1345, 1376, 1378, 1380, 1382, 1383, 1389, 1392, 1403, 1404, 1407. (Das Erfurter Judenbuch 1357-1407, S. 23-92.) SHStA Dresden 10001, Nr. 4000. LEISERING: Regesten 1366-1380. Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 55/1/13, S. 6. LÖWENSTEIN: Art. Langensalza, S. 718f. Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 55/1/13, S. 6. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 317. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 317. BREUER/GUGGENHEIM: Die jüdische Gemeinde, S. 2091 mit Anm. 74. Bisschoff X guld. (Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 55/1/13, S. 6, Z. 15.)
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welche ihr Kapital durch die Beteiligung auswärtiger Verwandter vergrößerten.656 Über dem Durchschnittsvermögen der Juden in der Landgrafschaft lag laut der Steuerliste von 1418 das Vermögen der Familie Saul Leiningen zu Salza. Sauls Sohn Vinos und dessen Schwiegersohn waren mit einem Vermögen von 410 Gulden die begütertste Familie der Langensalzaer Juden.657 Die Gerichtsverhältnisse der Juden in Langensalza wurden im Wesentlichen durch die wettinischen Stadtherren geregelt, und die Einziehung der Judensteuer wurde in Langensalza durch jüdische Judenschosser durchgeführt. 658 Im Jahr 1390 befreite allerdings Erzbischof Adolf von Mainz unter anderem die Juden zu Salza von den Ladungen vor geistliche Gerichte.659 Die jüdische Gemeinde lebte am nordöstlichen Rand der Altstadt in der heute noch vorhandenen, erstmals 1446 nachweisbaren660 Jüdengasse. Wohnhaft waren sie in 28 Häusern, welche wohl zum Teil in christlichem Besitz waren.661 In dieser Straße lag auch die Synagoge.662 Mit den nachweisbaren 14 jüdischen Familien besaß Langensalza zusammen mit Zwickau die größte jüdische Gemeinde unter den kleineren und mittleren landgräflichen Städten.663 Die Niederlassung am Rande der Altstadt könnte darüber hinaus ein Hinweis darauf sein, dass die Juden schon vor ihrer sicheren Nachweisbarkeit in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Langensalza ansässig waren. Vielleicht ließen sie sich im Zuge der Herausbildung der Altstadt oder vielleicht schon im Zuge einer vorangehenden Marktsiedlung bereits hier nieder. Da würde die Lokalisierung im äußersten Nordosten der Altstadt eher für eine Ansiedlung sprechen, welche zu einem Zeitpunkt stattfand, als die Altstadt bereits ihre endgültige Ausdehnung erreicht hatte. So entsprach die Lage der jüdischen Siedlung in Langen-
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Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 55/1/13, S. 6. Das Vermögen der Juden in der Landgrafschaft lag selten über 100 Gulden. (Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 55/1/13, S. 1. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 145 u. 377. LÖWENSTEIN: Art. Langensalza, S. 719. CDS I, B I, Nr. 322. Maike Lämmerhirt gibt das Jahr 1447 an. Tatsächlich findet sich eine platea Judorum bereits in einer Geschossrechnung aus dem Jahr 1446. (Jahresrechnung von 1446, in: StadtA Bad Langensalza R II, VIII, fol. 82b [Rechnungsbuch der Stadt von 1446]. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 102.) So überließ 1454 Landgraf Wilhelm dem Kloster Homburg einen freien Hof in der Judengasse zu Salza, welcher vorher der verstorbene Christian von Weberstedt als Lehen besessen hatte. (UB Homburg B. Nr. 45.) SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 134. LÖWENSTEIN: Art. Langensalza, S. 718. Hohenloher Zentralarchiv GA 15, Schubl. E. 55/1/13. Vgl. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 488f.
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salza durchaus der Norm in mittelalterlichen Städten. Wie andernorts auch befand sie sich im städtischen Randbereich, aber noch innerhalb der Ummauerung. Häufig befanden sich die Siedlungen auch in der Nähe von Toren und hatten eine Verbindung zum Markt.664 Wegen der typischen Lage am Rande der ursprünglichen Rechtsstadt665 dürfte die Siedlung jedoch schon vor der Zusammenlegung der Altstadt mit den zwei Teilstädten im Jahr 1356 bestanden haben. Andernfalls wäre wohl eine Siedlung an den Ausfallstraßen der zwei Vorstädte oder in dem Bereich der Altstadt, welcher nicht an die Vorstädte grenzte, wahrscheinlicher gewesen. Für ein erheblich höheres Alter der jüdischen Gemeinde in Langensalza gibt es darüber hinaus weitere Indizien. Im Freizinsregister der Erfurter St. Severikirche finden sich Hinweise auf aus Langensalza stammende Juden aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. So hatten 1321, 1323, 1329 und 1350 ein Meiger de Saltza und 1323 ein Moses de Salze Abgaben an St. Severi zu leisten.666 Diese Nennung nach Langensalza lässt, wie schon beim Erfurter Judenbuch, den Schluss zu, dass es sich ursprünglich um Juden aus Langensalza handelte beziehungsweise die Stadt ihr Heimatort war. Somit ist eine jüdische Gemeinde bereits seit den 1320 Jahren in der Stadt zu erschließen. Maike Lämmerhirt vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, aus den Erwähnungen von Juden mit der Herkunftsbezeichnung de Salza im Erfurter Freizinsregister sei eine Anwesenheit von Juden in den 1340er Jahren in Langensalza nicht sicher zu erschließen. Vielmehr könnte es bedeuten, dass die Juden aus Langensalza schon vor 1349 nach Erfurt übergesiedelt waren und deswegen auch keine Verfolgung stattfand. Nicht unmöglich ist ihrer Meinung nach eine direkte Auswirkung der Belagerung und Niederbrennung der Stadt im Jahr 1346. Im Zusammenhang dieser Geschehnisse könnten die Juden die Stadt verlassen haben.667 Zu entscheiden ist diese Frage letztendlich nicht. Jedoch wird anhand der Lage der jüdischen Siedlung und der Erwähnungen im Freizinsregister deutlich: Juden waren lange vor ihrer sicheren Nachweisbarkeit im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts in Langensalza wohnhaft. Im Zuge der Ausweisung der Juden aus der Landgrafschaft im Jahr 1436 mussten auch die Langensalzaer Juden Urfehde schwören. Für Gotha ist überliefert, dass die dort ansässigen Juden sich verpflichten mussten, nie wieder in die Landgrafschaft zurückzukommen und niemanden mehr für seine Schulden zu belangen. Sie sollten bezüglich dieser Schulden auch vor keinem Gericht klagen
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ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 65. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Auszug aus dem Freizinsregister der Severikirche, in: KRONER: Festschrift, S. 46-48. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 22, 40.
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dürfen. Des Weiteren verpflichteten sie sich, gegen die mit der Ausweisung verbundene Inhaftierung vor keinem Gericht Klage zu führen. Da auch die Langensalzaer Juden Urfehde schwören mussten, dürfte alles dies auch für sie zugetroffen haben.668 Der jüdische Friedhof befand sich nach Carl Friedrich Göschel auf dem sogenannten Jüdenberg beziehungsweise Jüdenhügel östlich vor der Stadt, und auch Uta Löwenstein ist der Auffassung, dass es sich um die Begräbnisstätte der Langensalzaer Juden handelte. Darüber hinaus berichtet Göschel, das Klagetor im Osten der Neustadt, durch welches der Weg zum Jüdenhügel führte, habe den Namen deshalb, weil die Juden mit ihren Toten unter lautem Klagegeschrei durch dieses Tor zum Friedhof zogen.669 Hermann und Gustav Schütz sind jedoch der Überzeugung, dass der Name Klagetor in einen anderen Bedeutungszusammenhang zu bringen ist. Sie leiten den Namen von Klauen- oder Klausentor ab und stellen diese Bezeichnung in den Zusammenhang mit einer zwischen Merxleben und Langensalza liegenden Nikolauskapelle. Darüber hinaus sind sie der Auffassung, Juden und Christen seien nicht auf getrennten Friedhöfen bestattet worden, sondern die Juden wurden ebenfalls auf den christlichen Begräbnisplätzen beigesetzt.670 Allerdings war es Juden im Mittelalter gerade nicht erlaubt, ihre Toten auf christlichen Friedhöfen zu bestatten. Maike Lämmerhirt betont darüber hinaus, dass für die Landgrafschaft häufig nur schwer festzustellen ist, wo die Juden ihre Toten begruben.671 Zunächst klingt die von Gustav und Hermann Schütz geäußerte Erklärungsmöglichkeit bezüglich des Namens des Klagetores durchaus plausibel.672 Unterstützt wird dies vor allem durch die Altbezeichnungen Clawszentor.673 Der Standort der Nikolauskapelle ließ sich anhand älterer Flurkarten nicht mehr rekonstruieren. Sie geben keinerlei Hinweis auf eine solche Kirche.674 Ihr Standort befand
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Vgl. LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 461f. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt Topographische Aufnahme von 1854, Reprint Thüringer Landesvermessungsamt, Nr. 4829. GÖSCHEL: Chronik 1, S. 255. LÖWENSTEIN: Art. Langensalza, S. 718. SOMMER: Langensalza, S. 21. SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 77f. Vgl. hierzu: LÄMMERHIRT: Juden in den wettinischen Herrschaftsgebieten, S. 125 u. 140f. So auch: GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. EBERHARDT: Thüringer Altstraßen und Wege im Mittelalter zwischen Eisenach – Gotha, S. 47. 1379: vor dem clawszen thore (StadtA Bad Langensalza R II, 1 fol. 92b [Rechnungsbuch der Stadt von 1379]. 1416: Clauwentore (StadtA Bad Langensalza, Abt. III, I, Ab Nr. 5.) GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. LATh-StA Gotha Katasteramt: Langensalza I, 9/2-4, Karte Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Langensalza, Gemarkung Langensalza, No. 24, fol. 10, 15 u. 17.
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sich aber, wie aus zwei Verkaufsurkunden aus den Jahren 1502 und 1503 ersichtlich wird, auf dem Damm bei Merxleben und somit noch im Weichbild der Stadt Langensalza.675 Allerdings vernachlässigt diese Deutung, den Umstand, dass das Tor auch Clauwetor genannt wurde.676 Clawe oder klawe wiederum ist die alt- beziehungsweise mittelhochdeutsche Form von Klaue677 und bedeutet Kralle oder gespaltener Huf.678 Insofern erscheint auch der Zusammenhang mit der bei Merxleben gelegenen Kapelle wenigstens bedenklich und diese Bezeichnung könnte auch auf einen anderen Ursprung zurückzuführen zu sein. Allerdings, und dieses würde wiederum die Interpretation der Brüder Schütz stützen, trägt noch heute eine östlich vor dem Klagetor verlaufende kleine Straße den Namen Klostergasse, ohne dass sich erklären lässt, in welchem Zusammenhang dieser Name steht. Über ein entsprechendes Kloster an dieser Stelle ist nichts bekannt. Lediglich die Nikolauskapelle lässt sich hier vor der Stadt nachweisen.679 Der Name Klostergasse könnte auch auf einen größeren vor der Stadt gelegenen klösterlichen Hof verweisen.
4.7 Die Stadt- und Siedlungstopographie 4.7.1 Die Marktplätze und das Rathaus Der Langensalzaer Stadtgrundriss erweckt in seiner Gesamtheit den Eindruck einer vollkommen unregelmäßig angelegten Siedlung. Auch in der Altstadt lassen sich keinerlei Hinweise auf eine geplante Stadtanlage finden.680 In einer etwa diagonalen Linie zieht sich die Marktstraße vom Erfurter Tor bis zum inneren Mühlhäuser Tor durch die Altstadt. Zusätzlich dazu lagen in der Altstadt noch der Töpfermarkt, der Kornmarkt und der nicht weiter zu lokalisierende Rossmarkt.681 Im Verlauf der Marktstraße befindet sich kurz vor dem ehemaligen inneren Mühlhäuser Tor an einer Weggabelung ein heute dreieckiger Platz, welcher auf einen ursprünglichen Dreiecksmarkt hindeuten könnte 682 und der heute auch als
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StadtA Bad Langensalza, Abt III, I, D Nr. 1f. StadtA Bad Langensalza, Abt. III, I, Ab Nr. 5. GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. KLUGE/SEEBOLD, Etymologisches Wörterbuch, S. 208. LEXER: Handwörterbuch, Bd. 1, Sp. 1595-1597. Vgl. auch Kap. II.4.8.2. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 179. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 8. Vgl. Kap. II.4.5.1. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7.
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Neumarkt bezeichnet wird und 1282 erstmals belegt ist.683 Schon wegen dieser Bezeichnung ist damit zu rechnen, dass dieser Markt jünger ist und sein Name sich auf einen älteren Markt bezieht. Auf dem als Neumarkt bezeichneten Platz befindet sich noch heute das Rathaus, welches seit 1356 als Gerichtsstätte des Schultheißengerichtes bekannt ist.684 Für das Rathaus lassen sich seit dem 14. Jahrhundert bis zum Ausgang des Mittelalters wenigstens fünf Bauphasen feststellen,685 woraus sich ein mehrfacher Um- und Ausbau ableiten lässt. Eine Urkunde aus dem Jahr 1392 verweist darauf, dass wenigstens ein vorläufiger Abschluss von Baumaßnahmen erreicht und ein Großteil fertiggestellt worden war. So heißt es hier: Als das Rathaus daselbst von Gottes Gnaden mit Arbeit, Hilfe und Steuer der Gemeinde außen und innen gebauet worden und das Mehrteil vollbracht ist.686 Auffällig im Zusammenhang mit dem von Phase I übrig gebliebenen Keller sind die massiven Brandspuren, welche beim Niederbrennen der Stadt durch Landgraf Friedrich II. im Jahr 1346 entstanden sein könnten. Sollte dieser älteste Kellerraum im Zusammenhang mit einem ersten Rathausbau stehen, wäre dies ein Indiz dafür, dass sich schon vor der Ersterwähnung von 1356 und vor der Zerstörung der Stadt von 1346 in Langensalza ein Rathaus befand.687 Das Rathaus war aber nicht nur wirtschaftlicher und administrativer Mittelpunkt der Stadt, sondern erfüllte, wie das zweitägige Turnier von 1378 zeigt, in kultureller Hinsicht gleichfalls zentrale Funktionen. 688 Auch wenn der heutige Rathausbau in weiten Teilen erst im 17. Jahrhundert neu errichtet worden ist,689 finden sich in den Schriftquellen Hinweise auf einzelne mittelalterliche bauliche Elemente und deren Funktionen. Darüber hinaus konnten im Zuge umfangreicher archäologischer Untersuchungen in den Jahren 2007 bis 2009 wesentliche Hinweise zur mittelalterlichen Gestalt des Rathauses und hier vor allem seines Grundrisses und damit seiner Lagebeziehung zum Neumarkt gewonnen werden. Oben genannt wurden bereits die Verkaufsgaden und der darüber liegende ebenfalls als Verkaufsraum genutzte Boden.690 Weiterhin befand sich eine als estuarium bezeichnete Räumlichkeit im Rathaus, in welcher Erzbischof Ludwig von 683
684 685 686 687 688 689 690
Erstmalig in den Quellen ist dieser 1282 greifbar. Hier zeugt ein Hermannuns de novo forro, miles in einer Urkunde der Vögte von Salza. (Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 80. UB Homburg B. Nr. 73.) Erneut zeugt ein Hermannuns de novo forro, jetzt ohne den Zusatz miles in einer Urkunde aus dem Jahr 1303. (UB Homburg B. Nr. 128.) GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122. MÜLLER-STÜCKRAD: Im Zentrum, S. 19f. Vgl. den Text der Urkunde in: GÖSCHEL: Chronik 1, S. 148. MÜLLER-STÜCKRAD: Im Zentrum, S. 19f. Zum Turnier vgl. Kap. II.4.5.1. Zum im Jahr 1742 begonnenen Rathausneubau: GUTBIER: Baugeschichte, S. 32. Vgl. Kap. II.4.6.4.
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Meißen und Markgraf Wilhelm I. am 26. Dezember 1379 ein Fest abhielten.691 Dieses Estuarium wiederum wurde erst wenige Tage vor seiner ersten Erwähnung fertiggestellt und am 15. Dezember dieses Jahres vom Erzbischof und seinem Gefolge besichtigt.692 Ein Estuarium kann eine Feuerstelle/Ofen oder ein Zimmer mit Feuerstelle meinen. 693 Darüber hinaus wird damit durchaus auch ein Dampfbad bezeichnet.694 Letzteres und auch Ofen/Feuerstelle dürften, wegen des hier abgehaltenen Festes jedoch kaum zutreffen. Insofern muss es sich um eine besonders beheizbare größere Räumlichkeit handeln, vielleicht der große Ratssaal, welche auch zur Durchführung von Festen geeignet war. Dieses Estuarium steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bauphase II.695 Darüber hinaus lässt sich noch eine weitere Räumlichkeit nachweisen, welche als ambet stuben und gleichzeitig als kleiner Saal bezeichnet wird. Hier trafen sich am 20. Februar 1381 Erzbischof Ludwig und die Ratsmeister.696 Solche Amtsstuben finden sich als gesonderte Räume seit dem 14. Jahrhundert vor allem in größeren Rathäusern.697 Nicht nur der kleine, sondern auch der große Saal waren beheizbar und darüber hinaus wurde im oder am kleinen Saal der Geldkasten des Rates verwahrt.698 Meist befand sich im Rathaus noch eine Kapelle, in welcher die Ratsherren zusammenkamen, um vor der Ratssitzung die Messe zu hören.699 Das Mainzer Subsidienregister von 1506 nennt keine Kapelle im Rathaus, erwähnt aber eine Vicaria sancti Thome, welche sich in pretorio befand.700 Wahrscheinlich gehörte diese Vikarie zum Altar einer Ratskapelle,701 welche aber ansonsten nicht nachweisbar ist. Neben den bisher genannten Elementen und Räumlichkeiten beherbergte das Rathaus auch eine Schreibstube, welche 1483 neu errichtet wurde.702 Ebenso gehörte zum Rathaus in der Regel ein Ratskeller, in dem auch fremde Biere und Weine, welche gesondert besteuert wurden, ausgeschenkt worden sind. Dieser erfüllte damit nicht nur soziale Funktionen, sondern war darüber hinaus
691 692 693 694 695 696 697 698 699 700 701 702
Vgl. Kap. II.4.5.1. StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 197r. NIERMEYER I, S. 502. BRINCKMEYER I, S. 736. HEYNE: Fünf Bücher deutscher Hausalterthümer 3: Körperpflege, S. 53. Vgl. MÜLLER-STÜCKRAD: Im Zentrum, S. 20. StadtA Bad Langensalza R II, II, fol. 56b. ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 20f. BEYER: Historische Bauforschung, S. 26. ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 32f. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1853f. Vgl. SOMMER: Langensalza, S. 54. Vgl. auch BEYER: Historische Bauforschung, S. 26. BEYER: Historische Bauforschung, S. 27.
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durch diese Besteuerung eine wichtige Einnahmequelle für die Stadt.703 Ein solcher Keller war tatsächlich vorhanden, und es liegen für die Zeit von 1469 bis 1488 vier Kellerregister im Stadtarchiv Bad Langensalza vor.704 Diese Kellerregister dokumentieren den Ausschank, den Ankauf von Weinen und den jeweiligen Warenbestand sowie die Einnahmen und Ausgaben. Unter anderem ist verzeichnet, dass neben einheimischen auch fränkische Weine gekauft und ausgeschenkt wurden. Die Weine sind dabei nicht nur von durchziehenden Händlern erworben worden, sondern Langensalzaer Händler kauften sie gezielt auf der Frankfurter Messe ein.705 Dass es sich hierbei um Waidhändler handelte, welche Waid nach Frankfurt lieferten und auf den Rückweg dann den Wein importierten, ist nicht auszuschließen.706 Regelungen zum Ratskeller finden sich auch in den beiden umfangreichen Privilegien Landgraf Wilhelms aus den Jahren 1457 und 1463. In beiden wird verfügt, dass die Verwaltung des Kellers und seiner Finanzen einer aus dem Rat bestimmten Person und einem der Viermänner aus der Gemeinde gemeinsam obliegen sollte.707 Darüber hinaus wird der Keller im Privileg von 1457 ausdrücklich als Weinkeller bezeichnet. Deshalb wurde hier wahrscheinlich lediglich Wein ausgeschenkt. Darüber hinaus war alle Vierteljahre vom Gewinn eine Abgabe an den wettinischen Stadtherrn zu zahlen.708 Der Ratskeller ist auch anhand archäologischer und bauhistorischer Befunde nachweisbar. Er befand sich im Nordosten des mittelalterlichen Rathausbaus unter dem älteren Hauptbau und hatte eine für Langensalza einzigartige architektonische Ausstattung.709 Vom mittelalterlichen Rathaus ist neben den Kellern heute noch der massive Turm, um welchen dann das barocke Rathaus errichtet wurde, deutlich zu erkennen. 710 Solche Türme sind wiederum ein typisches Element vieler Rathäuser in Franken, Sachsen, Bayern und Thüringen. In seinem Keller fand sich häufig das städtische Gefängnis, im Erdgeschoss lag das Ratsarchiv und er diente als Ausguck für den Turmwächter, um mögliche Gefahren wie beispielsweise Feuer zu 703 704 705 706 707 708 709 710
ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 22. StadtA Bad Langensalza R III, 1-1, 1-2, 1-3 u. 1-4. Vgl. exemplarisch Kellerregister von 1469: StadtA Bad Langensalza R III, 1-1, fol. 3b-10a. So war die Frankfurter Messe ein wichtiger Umschlagplatz für thüringische Waidhändler. (Vgl. SELZER: Blau, S. 301-309.) StadtA Bad Langensalza Abt. I, IV, B, Nr. 4 u. 5. Abdruck dieser Urkunden bei: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 25-31, hier S. 23 u. 25f. StadtA Bad Langensalza Abt. I, IV, B, Nr. 4. Abdruck dieser Urkunde bei: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 22-31, hier S. 24. BEYER: Historische Bauforschung, S. 25f. MÜLLER-STÜCKRAD: Im Zentrum, S. 19-24. BEYER: Historische Bauforschung, S. 25-27. SOMMER: Langensalza, S. 54.
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erkennen. Er beherbergte Glocken, welche sowohl bei Gefahren als auch zur Einberufung des Rates geläutet wurden. Der Turm selbst muss spätestens 1433 fertiggestellt gewesen sein.711 Der stark gegliederte Bau verweist auf eine doch nicht unerhebliche Größe des Rathauses. Große und vor allem stark differenzierte Rathausbauten finden sich eher in größeren und bedeutenderen Städten. Die nachweisbaren Einzelelemente sind demzufolge nicht nur Ausdruck der unterschiedlichen Funktionen eines Rathauses, sondern sie verweisen darauf, dass Langensalza spätestens in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine voll ausgebildete und prosperierende Stadt war, deren Bürgergemeinde, worauf die Urkunde von 1392 ausdrücklich verweist, einen weitläufigen und differenzierten Rathausbau finanzieren konnte.712 Zurückzukommen ist nun auf den Neumarkt. Christine Müller vertritt die Auffassung, dieser Markt sei erst im Zuge des Baues des Rathauses entstanden, indem das Rathaus den Platz vor seiner Westfront von der Marktstraße abtrennte. 713 Dieser Platz weist heute eine Fläche von etwa 800 m2 auf.714 Allerdings sind Teile des Platzes unterkellert, was wiederum auf eine Bebauung hinweist. Letzteres würde den Platz aber erheblich verkleinern, und es ist deshalb fraglich, inwiefern Müllers These haltbar ist. Deswegen sollen noch einmal Lage, Ausrichtung und Umfang des mittelalterlichen Rathauses sowie der anschließenden Gebäude genauer betrachtet werden: Die eben angesprochenen Keller sind zwar erst im 16. Jahrhundert in ihrer jetzigen Form errichtet worden. Die Westmauer des nördlichen Kellers wird aber ins 14. Jahrhundert datiert, und anhand weiterer dokumentierter Teile dieser älteren Umfassungsmauer konnte deren Verlauf weitgehend erschlossen werden. Hieraus lässt sich ein mit der Traufseite zur Marktstraße ausgerichtetes Gebäude ableiten, welches mindestens eine Größe von 24 x 16 Meter hatte und die Fläche beider Keller des 16. Jahrhunderts umfasste. Seine bauliche Beziehung zum Rathaus ist zunächst unklar. Da für das 15. Jahrhundert hier die Fleisch- und Brotbänke überliefert sind, könnte dieses anhand der Mauerfragmente archäologisch nachweisbare Gebäude aus dem 14. Jahrhundert sie schon beherbergt haben. Südlich davon befand sich ein weiteres, wohl als Wohnhaus anzusprechendes Gebäude, an dessen Südseite angelehnt dann im 15. Jahrhundert die städtische Schreiberei errichtet worden ist.715 711 712 713 714 715
BEYER: Historische Bauforschung, S. 26. ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 35f. ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser, S. 32. Zur Urkunde von 1392 vgl. oben. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 180, Anm. 122. Vermessen mit Geoproxy, URL: http://www.geoproxy.geoportal-th.de/ (06.09.2013.) MÜLLER-STÜCKRAD: Im Zentrum, S. 20-23. Vgl. auch Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 8.
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Deutlich wird damit, dass der Platz westlich des Rathauses im Mittelalter eng bebaut war. Es kann sich damit nicht, wie Christine Müller meint, um den ursprünglichen Neumarkt handeln. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass die Mühlhäuser Straße, welche heute auf beiden Seiten durch Häuserfronten begrenzt wird, ursprünglich erheblich breiter war. Die Mühlhäuser Straße ist die beim Rathaus beginnende westliche Verlängerung der Marktstraße, und bereits Bernd MüllerStückrad äußerte die Vermutung, hierbei handele es sich um einen weiteren Marktplatz,716 welcher vielleicht der Neumarkt oder dessen Verlängerung gewesen sein könnte. Auch die Längsausrichtung des Rathauses auf die diagonal durch die Stadt verlaufende Hauptverkehrsstraße dürfte dafür sprechen, einen weiteren (neuen) Marktplatz eher in der Verlängerung der Marktstraße zu suchen. Unterstützt wird dies noch dadurch, dass der Zugang zum Ratskeller auf der Nordseite an der Marktstraße lag und auch der Zugang zum westlich an diesen anschließenden Keller von dieser Seite erfolgte.717 Das Wohngebäude des 14. Jahrhunderts steht wiederum zunächst in keiner Beziehung zum mittelalterlichen Rathaus, während die Schreiberei direkt südlich angelehnt an dieses errichtet worden ist. Michael Beyer meint, das Grundstück sei im Zuge der Erweiterung aus der Zeit um 1483 hinzugezogen worden. Der Keller selbst weist spätestens in diese Zeit zu datierende Verbindungen zum Gewölbe der Schreiberei als auch zum Gewölbe des nördlich anschließenden Rathausbaus auf.718 Insofern ist durchaus denkbar, dass nicht nur das Grundstück hinzugenommen worden ist, sondern auch der Keller und das darauf stehende Gebäude oder ein hier errichteter Neubau in den Rathauskomplex eingefügt worden sind. Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Neumarkt kann sich kaum, wie Müller vermutet, im Bereich des heutigen westlich des Rathauses gelegenen Platzes befunden haben, sondern muss an anderer Stelle gesucht werden. Nicht auszuschließen ist, dass der heutige Platz Neumarkt erst nach dem großen Brand von 1711 im Zuge des Wiederaufbaus von Stadt und Rathaus entstand.719 Der mittelalterliche neue Markt begann wahrscheinlich entweder an der nordöstlichen Ecke des Rathauses und verlief bis zum Inneren Mühlhäuser Tor im Westen oder umfasste nur die Verbreiterung im Bereich der heutigen Mühlhäuserstraße.720 716 717
718 719 720
MÜLLER-STÜCKRAD: Unter der Stadt, S. 34. Vgl. Abb. 27, in: BEYER: Historische Bauforschung, S. 26. Abb. 35: Katasterplan, mittelalterliche Großparzellen südlicher Mühlhäuser Straße, in: MÜLLER-STÜCKRAD: Unter der Stadt, S. 34. Vgl. Grundriss des Langensalzaer Rathauses, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 8. BEYER: Historische Bauforschung, S. 26f. mit Abb. 27, S. 26. Vgl. Grundriss des Langensalzaer Rathauses, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 8. Zum Stadtbrand von 1711 und dem Rathausneubau: BEYER: Historische Bauforschung, S. 30. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7.
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Auch die Lage des Altmarktes macht einige Schwierigkeiten. Grundsätzlich könnte, da die Bonifatiuskirche auch die Bezeichnung Marktkirche trägt, angenommen werden, der Altmarkt lag im Bereich dieser Kirche.721 Die Marktstraße selbst war dann entweder schon eine Markterweiterung oder aber könnte den Altmarkt um die Marktkirche mit dem Neumarkt beim Rathaus verbunden haben. Des Weiteren bestünde die Möglichkeit, dass es sich bei der gesamten heutigen Marktstraße um den als Straßenmarkt angelegten Altmarkt handelte und dieser im Bereich der Marktkirche begann und sich nach Westen bis zum Rathaus fortsetzte.722 Ebenso könnte sich dieser Markt auf der Südseite des Rathauses befunden haben. Dem widerspricht jedoch einerseits die eindeutige Ausrichtung des Rathauses auf die Straße im Norden. Andererseits verlief auch die von Osten durch die Stadt führende Hauptverkehrsachse nördlich des Rathauses zum Inneren Mühlhäuser Tor, während die südlich verlaufende Rathausstraße und das an ihrem Ende liegenden Tor erst im 14. Jahrhundert entstanden sind.723 Gleichwohl tritt in einer Urkunde Günthers von Salza aus dem Jahr 1272 unter den Zeugen ein Conradus plebanus sancti Bonifacii in foro entgegen.724 Gegenstand der Urkunde ist die Übertragung des im Weichbild Langensalza durch den Vater Günthers gegründeten Hospitals an das Kloster Volkenroda. Bei dem genannten Pfarrer dürfte es sich damit um den der Marktkirche St. Bonifacii handeln. Der Wortlaut scheint letztendlich darauf hinzudeuten, dass die Kirche selbst auf dem Marktplatz lag. Demzufolge könnte sich hier auch der ursprüngliche Altmarkt befunden haben, dessen Verlängerung wiederum dann die Marktstraße bildete oder die Marktstraße ist der Altmarkt und nur im Bereich der Bonifatiuskirche weist er eine Verbreiterung auf. Ebenso verweist Christine Müller darauf, dass die Südseite des spätmittelalterlichen Baus der Marktkirche weniger repräsentativ gestaltet ist als die Nordseite. Daraus schließt sie eine eindeutige Ausrichtung der Kirche in Richtung der 721 722
723
724
PATZE: Art. Langensalza, S. 34. Vgl. PATZE: Art. Langensalza, S. 34. Vgl. auch: MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt, S. 27. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1 Pläne und Karten, Karte 7. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 181. Das Jakobstor selbst war spätestens 1365 vorhanden. So verkaufte Erzbischof Gerlach von Mainz am 22. Juni dieses Jahres einen Hof innerhalb der Mauern seiner Stadt Langensalza, welcher prope portam Sancti Iacobi gelegen war. (Abdruck der Urkunde bei: SCHANNAT: Vindemiae I, Nr. 61, S. 137. Vgl. auch: Regesten der Erzbischöfe von Mainz II,1, Nr. 1955.) Dob IV, Nr. 814. Historia Monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § XXXIV, S. 763. Vgl. auch: Dob IV, Nr. 815f. Außerdem: Regesten der Marktkirche St. Bonifatii, Nr. 611. (StadtA Bad Langensalza Regesten der Marktkirche St, Bonifatii in Langensalza, zusammengetr. von Hermann Gutbier [handschriftlich: StadtA Bad Langensalza Sa 2-3: Marktkirche, T. 1: 724-1599.)
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Nordseite.725 Ob dieses aber schon bei den Vorgängerbauten der Fall war, ist nicht mehr zu erkennen und insofern ist dieses Argument für die Situation des 13. Jahrhunderts wenig beweiskräftig. Bisher unberücksichtigt ist jedoch, dass zur Bonifatiuskirche auch ein Kirchhof gehört haben muss, welcher den Platz um die Kirche noch einmal erheblich verkleinert haben dürfte. Insofern könnte der Altmarkt tatsächlich die Straße nördlich der Marktkirche und deren weiteren Verlauf, die Marktstraße, umfasst haben, während sich südlich der Kirchhof mit Friedhof anschloss. Der Töpfermarkt war dann ein kleinerer, zu einem späteren Zeitpunkt hinzugekommener Spezialmarkt, welcher unmittelbar neben dem Kirchhof gelegen war oder diesen ersetzte. Sollte es sich bei der Marktstraße tatsächlich um den ursprünglichen Altmarkt handeln, könnte dies darauf hindeuten, dass der Stadt eine ältere Marktsiedlung voranging, welche allmählich entlang des Straßenmarktes entstanden war. Korrespondieren würde dieses wiederum damit, dass es sich bei dieser diagonal durch die spätere Stadt führenden Straße um eine wichtige von Erfurt nach Mühlhausen führende Fernverbindung handelte.
4.7.2 Die Stadtbefestigung Der Verlauf der äußeren Ummauerung wirkt wie die gesamte Topographie des Ortes in weiten Teilen wenig geradlinig. Häufig finden sich im Mauerverlauf Einund Ausbuchtungen. Dieses dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass man bei der Errichtung der Mauer den bereits vorhandenen Siedlungsgrenzen folgte.726 Lediglich die zuerst errichtete Mauer der Altstadt weist eine gewisse Geradlinigkeit auf.727 Bei der sogenannten Altstadt könnte es sich um eine Viertorstadt gehandelt haben,728 deren Tore aber nicht auf den Achsen lagen, sondern verschoben waren. Eine solche Verteilung der Stadttore resultiert aus der Tatsache, dass Städte häufig Verkehrsmittelpunkt waren und Straßen sie aus vier Himmelsrichtungen berührten. Viertorstädte wiederum finden sich in der Regel bei den sogenannten Planstädten.729 Letzteres kann aber bei Langensalza weitgehend ausgeschlossen werden.
725 726 727 728
729
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 180, Anm. 122 und S. 181. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 8. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 179. Vgl. Verlauf der älteren Mauer, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Überliefert sind das „Innere Mühlhäuser Tor“, „Das Innere Erfurter Tor“, „Das (Innere) Frauentor“ und „Das Jakobstor“. (Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7.) PLANITZ: Die deutsche Stadt, S. 243-246.
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Werner Schnellenkamp vertritt die Auffassung, dass Langensalza wohl ursprünglich eine Zweitorstadt war, wobei sich die Verkehrswege vor den zwei Toren vereinigten, um dann als eine einzige Straße durch die Stadt zu führen. Diese zwei älteren Tore waren nach ihm das „Innere Erfurter Tor“ und das „Innere Mühlhäuser Tor“.730 Tatsächlich fällt auf, dass alle wichtigen Marktplätze und auch die Kirche der Altstadt sowie das Rathaus an diesem oder auf diesem diagonal durch die Stadt verlaufenden Verkehrsweg lagen. Auch könnte das Frauen- oder Neustädter Tor im Norden der Altstadt erst später als Zugang zur Neustädter Teilstadt entstanden sein, und Gleiches könnte auch für das Jakobstor im Südwesten der Altstadt angenommen werden.731 Allerdings besteht bezüglich des Straßenverlaufes auch noch eine andere Möglichkeit. So könnte vom Erfurter Tor kommend eine Straße nach Norden, in Richtung der Niederhöfe und von hier weiter zum Unstrutübergang bei Thamsbrück geführt haben. Immerhin trägt noch heute eine in fast gerade Linie vom Niederhöfer Tor der Neustadt nach Norden verlaufende Straße die Bezeichnung Böhmenstraße. Der Böhmen bezeichnet ein unterhalb des Klosters Homburg gelegenes Flurstück mit den Böhmenteichen, welches am Südufer der Unstrut gegenüber von Thamsbrück liegt.732 Korrespondieren würde die Vermutung eines weiteren, schon älteren Tores im Norden der Altstadt mit der Lage der jüdischen Siedlung.733 Auch bezüglich des im Südwesten der Altstadt gelegenen Jakobstores soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass es von Beginn an als westlicher Zugang zur Stadt im Stadtmauerverlauf vorhanden war und dass hier unter anderem die aus Eisenach kommende Straße in die Stadt eintrat. Allerdings führt von keinem der zentralen Plätze der Stadt ein direkter Weg zum Jakobstor. Die Verkehrswege waren demzufolge nicht auf das Tor ausgerichtet. Ausgerichtet war das Tor vielmehr auf die Jakobskirche in der Jakobsstadt. So führte vom Jakobstor die Salzstraße in gerader Linie nach Westen bis zur Jakobskirche und damit zum Zentrum der im Westen gelegenen Jakobsvorstadt.734 Demnach handelt es sich beim Jakobstor wahrscheinlich nicht um ein Tor, durch welches ein Fernweg die
730 731 732
733 734
SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 6. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 181. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt Topographische Aufnahme von 1854, Reprint Thüringer Landesvermessungsamt, Nr. 4829. Topographische Karte 4829 Bad Langensalza. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Zur Lage der Jüdengasse vgl. Kap. II.4.6.5. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7.
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Stadt betrat. Vielmehr garantierte es, worauf auch sein Name verweist, den Zugang zur Jakobsstadt beziehungsweise der sich hier allmählich entwickelnden Siedlung. Ob es bereits von Anfang an im Stadtmauerverlauf vorhanden war, hängt letztendlich davon ab, ab ob hier schon eine ausreichend große Ansiedlung entstanden war, welche einen direkten Zugang notwendig machte. Sollte dieses Tor erst später die Stadtmauer durchbrochen haben, wäre die Langensalzaer Altstadt ursprünglich eine Dreitorstadt gewesen, und dies könnte weiterhin Hinweis darauf sein, dass um die Bonifatiuskirche herum ursprünglich ein an einer Weggabelung entstandener älterer Dreiecksmarkt lag. Damit könnte, wie schon im Zusammenhang mit einem möglichen älteren Straßenmarkt anzunehmen war, die Stadt Langensalza aus einer vorangehenden Marktsiedlung erwachsen sein. Dieses würde damit korrespondieren, dass die Altstadt anhand ihrer topographischen Struktur als allmählich gewachsene Siedlung entgegentritt.735 Im Jahr 1282 wird durch die Herren von Salza die Schenkung einer Hofstätte an das Kloster Homburg bestätigt, welche vor den Toren der Stadt gelegen war.736 Damit ist das Jahr 1282 der früheste mögliche Zeitpunkt des Nachweises eines Tores und damit vielleicht auch einer schon vorhandene Ummauerung. Nicht zu erkennen ist jedoch, ob die Stadtmauer zu diesem Zeitpunkt noch im Bau oder schon fertiggestellt war. Tatsächlich nachweisen lässt sich eine Mauer erst im Jahr 1303, als eine Urkunde von der extra murros gelegenen Stephanskirche berichtet.737 Die Ummauerung der Altstadt dürfte in dieser Form wenigstens bis 1356 bestanden haben. In der bereits mehrfach erwähnten Urkunde aus diesem Jahr sind dann die zwei Teilstädte Neu- und Jakobsstadt in den Rechtsbereich der Altstadt aufgenommen worden738 und in der Folge wurde wohl auch eine Ummauerung der Gesamtstadt angestrebt. Der Beginn des Baus der zweiten Stadtmauer, welche jetzt auch die Teilstädte mit einbezog, wird durch Werner Schnellenkamp, der sich auf Gustav und Hermann Schütz beruft, auf die 1370er Jahre gelegt.739 Laut Schnellenkamp dürfte sie bereits in den 1380er Jahren weitgehend fertiggestellt
735
736
737 738 739
Bereits Christine Müller nahm an, dass Langensalza eine gewachsene Marktsiedlung war. Sie verlegte den Dreiecksmarkt allerdings in den Bereich des heutigen Rathauses. (Vgl. Kap. II.4.7.1. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 27.) Nos Guntherus et Fridericus fratres aduocati de Salcza in his scriptis lucide profitemur, quod pater noster Guntherus pie memorie nostro accedente consensu in decessu suo pro remedio suorum peccaminum ecclesie in Homburgk[…]et aream seu curiam sitam ante portam civitatis Salcza contulit atque dedit. (UB Homburg B. Nr. 73.) UB Homburg B. Nr. 28. GÖSCHEL: Chronik 1, S. 122. Gustav und Hermann Schütz verlegen den Bau der zweiten Ummauerung in die Zeit zwischen 1374 und 1380. (SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 40.) SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 7 u. 24 Anm. 31.
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gewesen sein.740 Direkt erkennbar ist dieser Umstand aus dem städtischen Rechnungsbuch von 1380 nicht. Vielmehr wurde bei einem sehr groben Überblick über die städtischen Abrechnungen dieses Jahres lediglich deutlich, dass erhebliche Aufwendungen für Baumaterialien und Baumaßnahmen verzeichnet worden sind.741 Nach Artur Wartmann beseitigte erst eine Anweisung Landgraf Balthasars aus dem Jahr 1401 die ursprüngliche, die Altstadt umgebende Mauer.742 Die betreffende Urkunde konnte jedoch bisher nicht aufgefunden werden und deshalb ist diese Aussage auch nicht zu bestätigen. Deutlich wird an anderer Stelle aber, dass die innere Ummauerung noch in der Mitte des 15. Jahrhunderts wenigstens in großen Teilen weiterhin bestanden haben muss. So befahl Landgraf Wilhelm 1457, die innersten Muren und Thoren zwischen den Städten abzubrechen und die drie Städte […] in eine Festung zu verwandeln. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel und Bauleistungen waren dabei von allen Einwohnern gleichermaßen nach Festlegung des sitzenden Rates und der Vier aufzubringen. 743 Ein vollständiger Abbruch der Altstadtmauer scheint jedoch nie stattgefunden zu haben. Noch im 19. Jahrhundert standen Teile der Stadtmauer, welche die Altstadt von der Neustadt trennten,744 und noch heute steht der sogenannte Storchennestturm auf der Grenze zwischen ehemaliger Alt- und Neustadt. Gleichzeitig könnte der Wortlaut der Urkunde von 1457 darauf hindeuten, dass die äußere Befestigung noch nicht vollständig errichtet war.745 Wann die vollständige Ummauerung der drei Teilstädte abgeschlossen war, ist nicht zu ermitteln. Eine bisher nicht auffindbare Urkunde aus dem Jahr 1380 soll aber angeblich erwähnen, die unzweifelhaft in der Jakobsstadt befindliche Jakobskirche habe zu diesem Zeitpunkt extra murros gelegen.746 Allerdings war das Jahrmarkter Tor im Süden der Jakobsstadt bereits 1379 fertiggestellt. Ebenso wird das sogenannte Klagetor im Osten der Neustadt schon 1379 und 1380 in den städtischen Rechnungsbüchern genannt.747 Es ist demzufolge davon auszugehen, dass wenigstens Teile der äußeren Ummauerung bereits 25 Jahre nach dem Vertrag 740 741 742 743 744 745
746 747
SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 7. Exemplarisch: StadtA Bad Langensalza R II, 2, fol. 36f. WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 15. StadtA Bad Langensalza Abt. I, IV, B Nr. 2 (Urkunde von 1457). Abdruck in: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 21-25, hier S. 24. GUTBIER: Baugeschichte, S. 10. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 180. Zu diesem Ergebnis kommt gleichfalls Thomas Biller, welcher aus baulicher Sicht einen Abschluss der Befestigung erst in der Feuerwaffenzeit für wahrscheinlich hält. (BILLER: Stadtbefestigung 2, S. 200.) SOMMER: Langensalza, S. 52. StadtA Bad Langensalza R II, I, fol. 92b. (Rechnungsbuch von 1379) R II, II, fol. 48a. (Rechnungsbuch von 1380).
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von 1356 fertiggestellt waren und insofern ist ein Beginn der Befestigungsarbeiten in den 1370er Jahren, wie ihn Gustav und Hermann Schütz sowie Werner Schnellenkamp annehmen, nicht auszuschließen. Möglicherweise erfolgte dieses sogar im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der im Vertrag von 1356 festgelegten rechtlichen Zusammenlegung der drei Teilstädte zu einer Stadt. Auf den ersten Blick weisen auch die Jakobsstadt und die Neustadt relativ unregelmäßige Straßenzüge auf, weswegen planmäßige Stadterweiterungen vorerst nahezu ausgeschlossen werden können.748 Die Jakobsstadt ist, wie aus der Lage des Jakobstores im Südwesten der Altstadt zu folgern ist,749 im Westen der heutigen ummauerten Stadt Langensalza zu suchen, und demzufolge schloss sich die Neustadt, wie der Name Neustädter Tor im Norden der Altstadt anzeigt, nördlich an die Altstadt an.750 Die Neustadt wiederum weist einen relativ kompakten Block im Nordosten auf, welcher noch einmal durch die um 90° abknickende Burggasse unterbrochen wird.751 Wegen ihrer nicht mit der Lage der Dryburg in Verbindung zu bringenden Bezeichnung ist in diesem Straßennamen ein Hinweis auf eine weitere befestigte Anlage zu sehen. Der in diesem Bereich, genau in der Nordostecke der jüngeren Stadtmauer befindliche Turm trägt darüber hinaus den Namen „Burgturm“.752 Die ältere Forschung vermerkt zu diesem Turm darüber hinaus, dass er auch aus bauhistorischer Sicht zeitlich aus der sonst in diesem Bereich recht homogenen Stadtummauerung herauszufallen scheint und nach Hermann Gutbier deshalb früher entstanden sein dürfte als die äußere Stadtbefestigung.753 Seine viereckige Grundrissform gibt nach Gisela Münch des Weiteren Hinweise auf eine zeitliche Einordnung. Runde Türme gelangten erst am Anfang des 13. Jahrhundert in den deutschen Raum, während bis dahin eine eckige Bauweise vorherrschend gewesen ist. Dieser Turm könnte demzufolge bereits im 12. Jahrhundert entstanden oder noch älter sein, wobei jedoch auch eine Entstehung noch im 13. Jahrhundert nicht auszuschließen ist.754 748 749 750 751 752 753
754
Zur planmäßigen Anlage von Neustädten und Vorstädten vgl. PLANITZ: Die deutsche Stadt, S. 216f. Vgl. Stadtplan Langensalza in: PATZE: Landesherrschaft: Anhang, Nr. 9. Hierauf verweist auch die durch die Neustadt hindurchführende Neustädter Straße. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 43-46. Bevor die Stadtmauer im Umfeld des Turmes abgetragen worden ist, befanden sich an dieser Kragsteine, welche ansonsten in der Mauer nicht nachweisbar waren. (MÜNCH Stadtbefestigung, S. 43. GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182. Vgl. auch Fotos, in: Anhang: 2. Fotos, Foto 6f.) MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 43.
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Gleichzeitig, hierauf hat Thomas Biller neuerdings ausdrücklich hingewiesen, bietet die Langensalzaer Stadtmauer eine „aufschlussreiche Sammlung“ von unterschiedlichsten Turmformen aus der Zeit zwischen 1350 und 1450. Ebenso, so stellt er weiter fest, enthält die Stadtmauer im Bereich der Jakobs- und Neustadt auch sonst häufig rechteckige oder quadratische Türme.755 Auf eine Errichtung im 12. Jahrhundert könnten die verarbeiteten grob behauenen Steine deuten.756 Allerdings, und auch das hat Biller zuletzt herausgearbeitet, sind die Langensalzaer Stadtmauer und ihre Türme weitestgehend aus Bruchsteinen errichtet. 757 Des Weiteren, so stellte Biller ebenfalls fest, sind rechteckige oder quadratische Türme, auch wenn sie die Vorherrschaft allmählich verlieren, als Bauform bis ins 15. Jahrhundert anzutreffen.758 Noch ein weiterer Punkt könnte gegen ein erheblich höheres Alter dieses Turmes sprechen. Häufiger lassen sich bei der Langensalzaer Stadtmauer vereckige Türmen an Stellen beobachten, an denen die Stadtmauer ihren Verlauf ändert. Hierzu gehören der „Pulver- oder Wachturm“, welcher sich an einer Stelle befindet, an der die Stadtmauer der Jakobsstadt nach Süden einknickt, um dann weiter nach Westen zu verlaufen,759 der „Weiße Turm“ in der Südwestecke der Stadtummauerung der Jakobsstadt, der „Butterturm“ in der Altstädter Mauer (im Süden an der Kreuzung Lindenbühl-Gothaer Straße) und der „Storchennesturm“ beim ehemaligen „Inneren Neustädter Tor“ im Norden der ehemaligen Altstädter Mauer.760 Diese Türme unterscheiden sich aber im Aussehen durchaus vom Burgturm. Zwar sind auch sie im Grundriss viereckig, durch ihre größere Höhe und höhere Anzahl von Geschossen wirken sie aber im Gegensatz zum gedrungen erscheinenden „Burgturm“ wesentlich schlanker.761 Während der „Weiße Turm“, der „Pulver- oder Wachturm“, der Butterturm und der Storchennestturm über nach oben gleichbleibenden gerade Wände verfügen, springt die Mauer des Burgturmes am Übergang vom ersten zum zweiten Geschoss nach innen, und der
755 756 757 758 759
760
761
BILLER: Stadtbefestigung 2, S. 200. Vgl. MECKSEPER: Burgenbau, S. 89-92. BILLER: Stadtbefestigung 2, S. 200. BILLER: Stadtbefestigung 1, S. 114f. Zum ursprünglichen Mauerverlauf vgl. GUTBIER: Baugeschichte, S. 12. Heute verläuft eine Mauer vom Turm etwa 20 Meter nach Osten, um dann im rechten Winkel abzuknicken. (Vgl. Fotos in: Anhang 2. Fotos, Foto 8.) Bei diesen beiden Türmen kragt im Unterschied zum Wach- oder Pulverturm und zum Storchenesturm das Obergeschoss nach außen. (Vgl. Fotos, in: Anhang: 2. Fotos, Foto 9-11.) So ist der „Burgturm“ nur 16 Meter hoch und hat drei Geschosse. Der „Pulver- oder Wachturm“ ist 21 Meter hoch und hat 5 Geschosse. Der „Weiße Turm“ ist sogar 24 Meter hoch und hat 6 Geschosse. (MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 43, 55 u. 62.)
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
obere Teil des Turmes wirkt damit aufgesetzt.762 Beim Pulver- oder Wachturm“, Butterturm und Storchennestturm kragt wiederum das Obergeschoss beziehungsweise die Plattform nach außen. Demzufolge scheint es doch erhebliche bauliche Unterschiede zu anderen Türmen mit viereckigem Grundriss zu geben. Eine gewisse Ähnlichkeit weist der Burgturm aber zum Turm am Lindenbühl (gegenüber Einkaufsmarkt) auf. Auch hier springen die oberen Geschosse im Verhältnis zu den Untergeschossen nach innen. Anders als beim Burgturm verlaufen die Eckkannten aber senkrecht nach oben und verjüngen sich nicht.763 Dieser Turm befindet sich jedoch im Bereich der Stadtmauer der Altstadt, während der Burgturm zur jüngeren Neustädter Mauer gehört. Letzteres spricht dafür, es beim Burgturm mit einer älteren Bauform zu tun zu haben, welche noch einmal beim Turm am Lindenbühl Anwendung fand. Auf einen anderen Entstehungszusammenhang des Burgturmes verweist noch ein weiterer Umstand: Die von ihm nach Süden führende Mauer war erheblich schwächer als die anderen Mauerteile.764 Vor diesem Hintergrund sowie im Zusammenhang mit dem Namen „Burgturm“ und der sich im Norden anschließenden „Burggasse“ vermutete schon Herman Gutbier hier den Standort einer Burg.765 Die äußere Ummauerung umfasste bei einer Länge von etwa 2,5 Kilometer sieben Tore mit Türmen. Hinzu kamen noch die zwei Tore der Erfurter Vorstadt. Insgesamt sicherten die mittelalterliche Stadt mehr als 30 Türme und turmartige Ausbuchtungen.766 Hinzu kamen noch die Türme und Tortürme der inneren, im 15. Jahrhundert immer noch bestehenden Stadtmauer. Die hohe Zahl der Türme dokumentiert sicherlich nicht nur die Wehrhaftigkeit der Stadt nach außen, sondern spricht bei den enormen Kosten, welche mit einem Mauerbau verbunden waren, auch für eine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt. Vorherrschendes Material für die Stadtbefestigung war Travertin. Die massiven Vorkommen dieses Gesteins in Langensalza und in der Umgebung dürften den Bau der Stadtmauer erheblich erleichtert, vielleicht auch in dieser Form erst ermöglicht haben.767 Neben der Ummauerung der Stadt existierte als weiteres Sicherungs- und Überwachungssystem an den wichtigen Straßen eine Reihe von Warten, welche gleichzeitig auch die Grenzen der Stadtflur markierten. So befanden sich ein oder 762 763 764 765 766 767
Vgl. Zeichnung in: MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 43. (Vgl. Fotos, in: Anhang 2. Fotos, Foto 6f. u. 9-11.) Vgl. Fotos, in: Anhang: 2. Fotos, Foto 6f. u. 12. GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. Die Problematik der Langensalzaer Burgen ausführlicher im folgenden Kapitel. MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 5, 19 u. 20. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 181. MÜLLER-STÜCKRAD: Stadtarchäologie, S. 15f.
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zwei Warten zwischen Zimmern – Ufhoven und Henningsleben. Auf eine weitere verweist eine Warthügel genannte Anhöhe bei Alterstedt. Eine Warte befand sich bei Gräfentonna in Richtung Aschara und noch eine bei der Wüstung Reifenheim zwischen Langensalza und Gräfentonna.768 Damit lässt sich eine Absicherung der Stadt in Richtung Süden, Südosten und Westen erkennen. Darüber hinaus kontrollierten im Westen Burg und Ort Ufhoven den Zugang zur Stadt. Nach Norden lässt sich nichts Derartiges nachweisen. Wahrscheinlich ist aber, dass spätestens seit der landgräflichen Teilhabe an der Stadtherrschaft im Norden Thamsbrück und im Nordosten der die dortige Furt beherrschende Ort Merxleben, die Stadt sicherten.
4.7.3 Die Siedlungskerne und die Burgen Eng verbunden mit der Entwicklung der Siedlungen sind ihre Kirchen. Deshalb müssen sie, auch wenn sie später ausführlicher untersucht werden,769 in die nachfolgenden Überlegungen einbezogen werden. Bei der in Ufhoven befindlichen Wigbertikirche dürfte es sich um eine hersfeldische Eigenkirche gehandelt haben. Da das Kloster wohl schon recht früh über Besitz in Ufhoven verfügte, dürfte dieser Umstand ebenfalls für eine recht alte Kirche und damit auch recht alte Siedlung sprechen. Hinzu kommt noch, dass die Ufhovener Kirche wahrscheinlich ein Erzpriestersitz war.770 Unmittelbar vor der wohl in den 1250er Jahren zur Stadt erhobenen Siedlung Salza befand sich innerhalb der späteren Neustadt eine weitere Kirche, die Stephans- oder Bergkirche. Letztere ist erstmals als welfische Eigenkirche im Jahr 1196 nachweisbar und sie war, wie die Wigbertikirche in Ufhoven Pfarrkirche. 771 Beide Kirchen lagen außerhalb der späteren Altstadt Langensalza. Die Stephanskirche wurde erst mit dem Zusammenschluss der drei Teilstädte eine der städtischen Pfarrkirchen, nämlich die der Neustadt. Innerhalb der Altstadt lag die Bonifatius- oder Marktkirche, welche gleichfalls Pfarrkirche war. Deshalb dürfte es sich bei ihr um die Pfarrkirche der Altstadt
768 769 770 771
EBERHARDT: Thüringer Altstraßen und Wege im Mittelalter zwischen Eisenach – Gotha, S. 46. MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 20. Vgl. Kap. II.4.8.1. Vgl. Kap. II.4.3. SHStA Dresden 10001, Nr. 113. HEINEMANN: Heinrich von Braunschweig, Anhang, Nr. 1. UB Langensalza, Nr. 304. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 167. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 9.
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handeln. Erstmals sicher bezeugt ist die Bonifatiuskirche im Jahr 1272,772 während die 1238773 und 1256774 bezeugten Pfarrer von Salza nicht schlüssig auf sie bezogen werden können.775 Denn 1238 und 1256 wird allgemein von einem Langensalzaer Pfarrer gesprochen, während 1272 ausdrücklich ein Pfarrer der auf dem Markt gelegene Bonifatiuskirche genannt wird.776 Diese nun ausdrückliche und ausführliche Bezeichnung und damit Zuordnung des Pfarrers zu einer bestimmten Kirche könnte bedeuten, dass nun zwei Pfarrkirchen, die Stephans- und die Bonifatiuskirche, in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander bestanden 777 und deshalb zur Unterscheidung eine genauere Bezeichnung erfolgen musste. Im Umkehrschluss ließe sich hieraus folgern, dass noch 1256 nur eine Pfarrkirche, die Stephanskirche, vorhanden war. Gestützt wird diese Vermutung durch die Datierung der ältesten Bauteile der Bonifatiuskirche auf die Zeit nach der Mitte des 13. Jahrhunderts, wobei ein Vorgängerbau nicht zwingend ausgeschlossen werden kann, aber eben auch nicht nachweisbar ist.778 Jedoch dürfte das Bonifatiuspatrozinium auf eine ältere fuldische Kirche hinweisen. Diese Kirche war dann geistliches Zentrum einer größeren fuldischen Grundherrschaft mit dem Mittelpunkt Salza.779 Letztendlich spricht einiges dafür, in der Bonifatiuskirche als ursprünglich fuldische Kirche eine ältere Kirche zu sehen, als sich anhand der bauhistorischen Befunde nachweisen lässt. Damit würde sich andeuten, dass es im Bereich der späteren Stadt schon vor der Entstehung der Stadt oder einer vorangehenden Marktsiedlung, zwei Vorgängersiedlungen gab, welche darüber hinaus Zentrum eines eigenen Pfarrbezirk waren. Die spätere Altstadt entwickelte sich aus einer um die Marktkirche entstandenen, auf das Kloster Fulda zurückgehenden Siedlung. Erstaunlich ist dieses insofern, weil sich eine Beteiligung des Klosters Fulda an der Stadtentstehung überhaupt nicht nachweisen lässt.780 Die hier ursprünglich vorhandenen Rechte müssen demzufolge schon vor der Stadterhebung entweder an die Welfen oder an die Ministerialen von Salza übergegangen sein. Das Areal und die Lage der Stephanskirche erwecken des Weiteren noch heute den Eindruck einer burgartigen Befestigung.781 Diese Kirche liegt am höchsten 772 773 774 775 776 777 778 779 780 781
…,Conradus plebanus sancti Bonifacii in foro dicte Salza,[…] (Historia Monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § XXXIV, S. 762f. Dob IV, Nr. 814.) Dob III, Nr. 729. Dob III, Nr. 2504. MANGER: Marktkirche, S. 18. Historia Monasterii Volceroldensis diplomatica, Nr. XXXIX, 2, S. 766f. Vgl. Dob IV, 1167. Vgl. auch Kap. II.4.3. Die Wigbertikirche in Ufhoven lag doch in einiger Entfernung zur späteren Gesamtstadt. MANGER: Marktkirche, S. 127. Vgl. Kap. II.4.3. Vgl. Kap. II.4.4.3. Vgl. Fotos in: Anhang 2. Fotos, Foto 13-16.
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Punkt nur hundert Meter abseits einer von Süden und Südosten nach Norden führenden Verkehrsverbindung.782 Es handelte sich bei ihr möglicherweise entweder um eine befestigte Kirche oder um die Kirche einer Burg, welche ursprünglich hier lag. Für eine hier wenigstens in Ansätzen vorhandene Befestigung spricht auch der bereits erwähnte Umstand, dass 1349 Landgraf Friedrich seinen Dienstmann Hans von Hove mit 30 Bewaffneten verpflichtete, auf der Stephanskirche zu Salza Dienst zu tun.783 Doch sagt dieser späte Hinweis nichts darüber aus, wann und unter welchen Umständen hier eine Befestigung entstanden sein soll. Möglicherweise geschah die Verlegung dieser Bewaffneten an diesen Ort auch nur, weil sich die Kirche auf einem zur Verteidigung günstigen Gelände befand. Dennoch ist nicht auszuschließen dass es sich bei der Stephanskirche um eine von der Forschung als Wehrkirche bezeichnete Anlage beziehungsweise eine Kirchenburg handelte. Kirchen konnten in Thüringen sehr wohl als Zuflucht und Burgersatz dienen, und Kirchtürme wurden durchaus als Wehrtürme genutzt.784 Darüber hinaus ist die Erhöhung, auf der sich die Bergkirche befindet, in die Erweiterung der Stadtmauer um die Neustädter Vorstadt einbezogen worden und der Kirche war unmittelbar ein Stadtmauerturm vorgelagert.785 Wegen ihrer Lage zwar etwas versetzt, aber doch noch oberhalb des Inneren und Äußeren Mühlhäuser Tores könnte sie diesen Zugang zur Stadt ursprünglich zusätzlich geschützt haben. Die Entfernung zu beiden Toren beträgt etwa 100 Meter Luftlinie und sie lag damit in einiger Entfernung zu ihnen. Jedoch führt die von Norden kommende Mühlhäuser Straße als wichtiger überregionaler Weg westlich der Kirche zur Altstadt.786 Auch spricht die Besatzung von 30 Bewaffneten, von denen immerhin 10 beritten waren, dafür, dass auf dem Areal auch genügend Kapazität für ihren Dienst vorhanden war. Allerdings verweist der Urkundentext von 1349 nicht auf eine vorhandene Burg, sondern sie überliefert ausdrücklich die Verlegung der Besatzung in die Stephanskirche. Auch in der Urkunde von 1196, mittels welcher die Stephanskirche an das Kloster Homburg übertragen wurde, nennt ausdrücklich
782
783 784 785 786
Peter Sachenbacher verweist darauf, dass eine hervorgehobene Lage nicht zwangsweise auch mit einem Wehrcharakter in Verbindung zu bringen ist, dennoch aber ein wichtiger Hinweis auf eine Befestigung ist. (SACHENBACHER: Dorfkirchen, S. 83-85.) SHStA Dresden 100024, Kopial 25. fol 16b. LIPPERT/BESCHORNER: Einleitung, S. CXLVI, Anm. 7. HOPF/MÜLLER: Befestigte Kirchen, S. 59. Vgl. Foto in: Anhang 2. Fotos, Foto 17. Für Kirchenburgen wurde nach Möglichkeit eine erhöhte Lage gewählt und häufig wurde sie an strategisch wichtigen Durchgangsstraßen beziehungsweise Flussübergängen errichtet. (ZÖLLER: Fränkische Wehrkirchenstraße, S. 13.) Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang 1. Pläne und Karten, Karte 7.
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nur die Kirche und erwähnt keine hier befindliche Befestigung.787 Ebenso wird 1303 die Stephanskirche lediglich als außerhalb der Mauern gelegen bezeichnet, ohne dass weitere Hinweise auf irgendeine Befestigung gegeben werden.788 Über den Charakter einer hier vorhandenen Befestigung lässt sich anhand der anderen Schriftquellen demnach nichts weiter feststellen. Die heutige Gestalt der Kirche selbst gibt keinerlei Hinweise auf einen zu Verteidigungszwecken errichteten Bau. Sie entspricht im Wesentlichen einem normal genutzten Kirchenbau. Allerdings können gerade der die umliegenden Bauwerke überragende Kirchturm und die Lage der Kirche auf einer Anhöhe auf die Funktion als ein höher gelegener Beobachtungs- und Verteidigungsposten verweisen.789 Darüber hinaus wurden nach 1394 die alte Kirche abgebrochen und an ihrer Stelle ein Neubau errichtet,790 so dass sich ihr ursprüngliches Aussehen kaum noch nachvollziehen lässt. Lediglich die unteren Teile des Turmes geben ältere Baustrukturen zu erkennen und auch dessen Stellung im Kirchengrundriss gibt vielleicht Hinweise auf den Vorgängerbau. Der Turm nimmt nicht, wie zu erwarten, nur ein Vierungsquadrat des Seitenschiffes ein, sondern ragt in das Mittelschiff hinein. Das südliche Seiten- und das Mittelschiff sind demzufolge an einen älteren Turm angelehnt worden, dessen obere Stockwerke dann neu errichtet wurden.791 Ob es sich bei diesem älteren Turm um einen ehemaligen Bergfried handelt und die ursprüngliche Kirche sich an ihn anlehnte oder der massivere Turm Bestandteil der älteren Kirche war, lässt sich nicht klären.792 Allerdings könnte die massive Bauweise gerade des unteren Teils des Turmes ein weiteres Indiz für den fortifikatorischen Charakter des Plateaus der Bergkirche sein. Auch die Proportionen der Kirche sind für einen Bau des ausgehenden 14. Jahrhunderts ungewöhnlich. So weisen die Seitenschiffe die halbe Breite des Mittelschiffes auf. Eine solche Aufteilung von Mittel- und Seitenschiff kommt jedoch nach dem 13. Jahrhundert in Hallenkirchen kaum noch vor. Somit könnte auch der Grundriss des Baus von 1394 auf einen älteren Vorgängerbau zurückgehen. Aber auch hinsichtlich eines solchen älteren Baus stehen Turm und Kirchenschiffe in einem Missverhältnis zueinander. Das Mittel- und Seitenschiff des 787
788 789
790 791 792
SHStA Dresden 10001, Nr. 113. HEINEMANN: Heinrich von Braunschweig, Anhang, Nr. 1. UB Langensalza, Nr. 304. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 167. UB Homburg B. Nr. 128. Die Benutzung von Kirchtürmen als Warttürme lässt sich unter anderem in zur Stadt Mühlhausen gehörenden Orten nachweisen. (HOPF/MÜLLER: Befestigte Kirchen, S. 59f.) GUTBIER: Baugeschichte, S. 3. SOMMER: Langensalza, S. 42 u. 44. SOMMER: Langensalza, S. 45. Die Umnutzung älterer Bergfriede zu Kirchtürmen ist nichts Ungewöhnliches und findet sich häufig in Mitteldeutschland. (MÜLLER: Wehrhafte Kirchen, S. 50-60.)
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Vorgängerbaus könnten deshalb durchaus später als der Turm errichtet worden sein, und die unteren Stockwerke des Turms verweisen möglicherweise auf einen noch älteren Kirchenbau mit einem massiven Turm beziehungsweise tatsächlich auf einen ehemaligen Bergfried, welcher in einen Kirchturm umgewandelt wurde. Im südlichen Teil zwischen den ehemaligen Wohnhäusern der Geistlichen und Kirchenbediensteten ist außerdem noch heute der Rest einer möglichen ehemaligen Umfassungsmauer zu erkennen.793 Letztere könnte aber auch im Zusammenhang mit dem hier befindlichen Friedhof entstanden sein, wobei die Ummauerung von Kirch- beziehungsweise Friedhöfen durchaus auch Befestigungscharakter haben kann. Wie alt dann eine hier nicht auszuschließende ursprüngliche Befestigungsanlage ist, kann nicht sicher festgestellt werden. Allerdings haben Udo Hopf und Rainer Müller herausgearbeitet, dass die massiven, bergfriedartigen Türme von Wehrkirchen doch eher Erscheinungen des 14. Jahrhunderts sind. Auch Kirchen mit Wehrfunktion sind laut ihnen eher ein Phänomen des Spätmittelalters.794 Oben wurde bereits neben einer möglichen Befestigung auf dem Stephansberg eine weitere Burganlage im Bereich der späteren Neustädter Vorstadt vermutet. Deren Entstehung muss aber weitgehend unklar bleiben. Vielleicht steht die Befestigung in Beziehung zu den nördlich dieses Bereiches liegenden Niederhöfen, welche wie die Oberen Höfe (Ufhoven) zur weitläufigen Siedlung Salza zählten, wobei die Burg dann etwas abseits der Niederhöfe lag. Hermann Gutbier meint, bei der hier einst befindlichen Burg handele es sich möglicherweise um eine Anlage aus der Zeit vor der Errichtung der äußeren Stadtmauer, welche als vorgeschobenes Verteidigungswerk die sich entwickelnde Neustädter Vorstadt absichern sollte. Noch eine andere Möglichkeit ist aber nicht völlig auszuschließen. So meint Friedrich August Günther, bei der Anlage im Bereich der Burggasse und nicht bei der am Nordrand der Altstadt habe es sich um die ursprüngliche Dryburg gehandelt.795 Dann aber hätte Otto IV. nicht die heute noch sichtbare Burg in der Altstadt, sondern die in der späteren Neustadt belagert. Eine Burg zu Salza wird nach den Nachrichten über die Belagerung von 1212 erstmals wieder 1225/26 im Gerichtsprotokoll für das Mainzer St. Peterstift796 793 794 795
796
Vgl. Foto in: Anhang 2. Fotos, Foto 13. HOPF/MÜLLER: Befestigte Kirchen, S. 64-69 u. 74-76. GUTBIER: Baugeschichte, S. 14. GÜNTHER: Langensalza, S. 51. Hermann Gutbier lehnt eine solche Möglichkeit kategorisch ab, liefert jedoch keine Begründungen dafür. (GUTBIER: Baugeschichte, S. 14.) Movens igitur castra contra municiunculam Salcza[…] (Anno 1212, in: Chronica Reinhardsbrunnensis, in: MGH SS 30, 1, S. 580.) Otto veniens in Thurinngiam cum tribracho – driboch – castrum lantgravii in Salza obsedit et expugnavit. (Anno 1212, in: Cronica S. Petri Erfordensis
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und dann erneut 1319 als Ausstellungsort einer Urkunde erwähnt. Allerdings ist anhand des Textes lediglich zu ermitteln, dass sich die betreffende Burg in der weitläufigen Siedlung Salza befand. Ob es sich bei ihr um die in den oberen Höfen oder die in der Stadt handelte, ist nicht zu erkennen, sie könnte sogar eine entsprechende Anlage im Norden der Neustadt meinen.797 Aus bauhistorischer Sicht ist kein Element der Burg der Altstadt vor die 1220er Jahre zu datieren. Deshalb vertrat bereits Gerd Strickhausen die Auffassung, diese Burg sei erst nach der Belagerung von 1212 entstanden. Hintergrund hierfür war möglicherweise, dass im Zuge der Belagerung die Schwächen einer älteren Burganlage offenkundig geworden waren.798 So hatte die Burg 1212 dem schweren Belagerungsgerät, welches das Heer Kaiser Ottos IV. mit sich führte, nichts entgegenzusetzen.799 Insofern ist Folgendes durchaus vorstellbar: Die in der Neustadt vorhandene ältere Anlage wurde durch die spätere „Dryburg“ in der Altstadt abgelöst, weil Erstere erhebliche fortifikatorische Schwächen aufwies. Im Anschluss wurde sie dann aber nicht vollständig abgerissen, sondern einzelne Elemente in den späteren Stadtmauerverlauf eingebunden. Anders als die in der Niederung gelegene ältere Burganlage, welche lediglich im Norden und im Osten durch Wasserläufe geschützt gewesen sein dürfte, entstand die Burg der Altstadt auf einer leichten Anhöhe. Darüber hinaus befand sich im Norden unterhalb der Burg ein Nebenlauf der Salza, welche ein zusätzliches Annäherungshindernis darstellte.800 Insofern lag diese Burg auch am verteidigungstechnisch günstigsten Punkt im Gelände und somit in besserer Schutzlage als eine weiter nördlich vorhandene und tiefer gelegene Vorgängerburg.801 Letztendlich lässt sich nicht sicher sagen, in welcher Beziehung die Burg der Altstadt und eine mögliche Anlage in der Neustadt zueinander standen und ob Letztere durch Erstere abgelöst worden ist. Die Befestigung im Nordosten der späteren Neustadt liegt aber nicht nur bei den Niederhöfen, sondern ist auch nur etwa 100 Meter von dem sich um die Stephanskirche gruppierenden welfischen Besitz entfernt. Insofern ist durchaus vorstellbar, dass eine solche Anlage den welfischen Besitz sicherte und dass diese Burg 1212 durch Kaiser Otto IV. belagert und erobert worden ist.
797 798 799 800 801
moderna, in: MGH SS rer. Germ 42, S. 210 und MGH SS 30, 1, S. 383.) HStA Darmstadt C1A Nr. 114, Nr. 202, fol. 130a. Vgl. auch: FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250, Nr. 534. Vgl. auch Kap. II.4.3.2. Dis alles geschah zu Salza uf dem hus nach gots beburd MCCCXIX[…] (SHStA Dresden 10001, Nr. 2154. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 150.) STRICKHAUSEN: Burgen, S. 129. Vgl. Kap. II.4.4.1 u. II.4.4.3. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vor allem die Neustadt, in der die ältere Burg gelegen haben könnte, liegt tiefer als die Burgstelle. Vgl. Foto in: Anhang 2. Fotos, Foto 18.
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Eine weitere Burg befand sich in Ufhoven. Wie über die mögliche Burg im Nordosten der Neustadt ist aber auch über deren Entstehungszeit nichts weiter auszusagen. Erstmals urkundlich nachweisbar ist die Ufhovener Burg 1342, als Johann Herr zu Salza und seine Brüder bekennen, dass ihr Burgmann in den Ufhoven Heinrich von Zimmern dem Kloster Homburg Besitz übertragen hat.802 Erneut erwähnt wird die Burg dann im oben bereits besprochenen zwischen Landgraf Friedrich und Friedrich von Salza geschlossenen Vertrag aus dem Jahr 1346. In dieser wird dann deutlich, dass die Ministerialen die Burg zu Ufhoven ursprünglich als hersfeldisches Lehen besaßen.803 Somit ist bei der Ufhovener Burg anders als bei einer im Nordosten der späteren Altstadt zu vermutenden Burg sicher nachzuweisen, in welchem herrschaftlichen Zusammenhang sie entstand. Es handelte sich um eine ursprüngliche hersfeldische Anlage, welche wahrscheinlich die Besitzungen des Klosters in Ufhoven schützen sollte und ihr Verwaltungsmittelpunkt war. In diesem Zusammenhang könnte die Burg wegen des bereits sehr früh nachweisbaren hersfeldischen Besitzes auch ein erhebliches Alter aufweisen. Dabei ist aber einschränkend auf die späte Ersterwähnung im 14. Jahrhundert hinzuweisen. Die Burg dürfte dann für den jeweiligen Salzaer Stadtherrn eine wichtige Rolle gespielt haben. So sicherte sie die Stadt nach Südwesten ab, indem sie die Möglichkeit einer vorgezogenen Verteidigungslinie bot. Gleichzeitig war sie geeignet, die aus Südwesten von Eisenach kommende Straße zu überwachen.804 Darüber hinaus verfügte der Ort Ufhoven möglicherweise bereits im Mittelalter über eine Ortsbefestigung. So trägt noch heute die in Richtung Eisenach den Ort verlassende Straße den Namen „Am Mühltor.“805 Neben diesem Tor befand sich im Süden des Ortes noch ein weiteres Tor, das sogenannte Dammtor. Im Osten im Bereich der heutigen Pfortenstraße lag nach Langensalza hin mit dem „Angertor“ ein weiteres Tor. 806 Überliefert sind die Tore aber erst seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.807 Auf einer Flurkarte aus dem Jahr 1594, welche Langensalza im Anschnitt und Ufhoven vollständig zeigt, ist eine Mauer als Ortsbefestigung zu erkennen.808 Auch Gustav Sommer gibt an, der Ort sei von drei Seiten ummauert gewesen, während er im Norden durch den Salzabach geschützt 802 803 804 805 806 807 808
UB Homburg B, Nr. 67. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 211. Vgl. oben, Kap. II.4.6.2. EBERHARDT: Altstraßen zwischen Eisenach – Gotha, S. 46. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Topographische Karte 4829 Bad Langensalza. Darauf verweisen unter anderem die noch heute vorhanden Straßennamen Pfortenstraße und Dammtorstraße. Topographische Karte 4829 Bad Langensalza. ROCKSTUHL: Ufhoven, S. 91. Vgl. auch: SEIDEMANN: Geschichte, S. 169 u. 181. Flurkarte Stadt Saltza Langensalza und Hofoven 1594: SHStA Dresden 12884: Karten und Risse: Schrank 1, Fach 1, Nr. 12.
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wurde.809 Wann die Befestigung des Ortes erfolgte, ist nicht zu klären. Allerdings fällt auf, dass Ufhoven seit dem 15. Jahrhundert immer wieder auch Flecken genannt wird.810 Es besteht demzufolge die Möglichkeit einer Befestigung des Ortes am Übergang des 15. zum 16. Jahrhunderts. Des Weiteren verweist die Bezeichnung Flecken darauf, dass es sich bei Ufhoven um einen Ort handelt, welcher im ausgehenden Mittelalter nicht mehr nur Dorf war. Falls eine Befestigung ausschlaggebend für eine solche Veränderung in der Bezeichnung des Ortes war, könnte die Errichtung im 15. Jahrhundert erfolgt sein.811 Hinzu kommt noch, dass sich auf dem unmittelbar beim Ort gelegenen Sülzenberg ein spätestens im ausgehenden Mittelalter betriebener Steinbruch befand.812 Letztendlich bleibt festzustellen: In der weitläufigen Siedlung Salza scheint es mindestens drei Burgen gegeben zu haben. Im Fall der Burg zu Ufhoven ist ein eindeutiger Bezug zum Kloster Hersfeld und dessen Besitzungen in den oberen Höfen herzustellen. Auch wenn sie möglicherweise ein hohes Alter besaß und vielleicht bis ins Frühmittelalter zurückreicht, muss aber ungewiss bleiben, wann diese Burg errichtet wurde. Schwieriger stellt sich die Situation bezüglich einer Burg in der Nordostecke der späteren Neustadt dar. Sicher nachweisbar ist sie nicht. Allerdings sprechen einigen Indizien für eine solche Anlage, welche ihrerseits älter gewesen sein könnte als die heute als „Dryburg“ bezeichnete und wohl nach 1212 errichtete Burg in der Altstadt. Ob sie dann die Burg der „Niederen Höfe“ war, die welfischen Besitzungen um die Stephanskirche oder wegen ihrer Lage zwischen beiden Siedlungen Besitz in beiden Siedlungsteilen schützte und verwaltete, ist genauso wenig aufzulösen wie die Frage beantwortet werden kann, ob die seit dem frühen 13. Jahrhundert erbaute Stadtburg sie ablöste. Die Burg in der Altstadt dürfte schon wegen ihrer Lage in einer engen Beziehung zur Stadt oder einer vorangehenden Marktsiedlung stehen. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass sich auf dem Plateau der Stephanskirche eine befestigte Anlage befand, welche in Kriegszeiten durch die ortsansässige Bevölkerung genutzt worden ist beziehungsweise im Bedarfsfall durch den Stadtherrn mit Truppen besetzt werden konnte.
809 810 811 812
SOMMER: Ufhoven, S. 81. Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 469f. StadtA Bad Langensalza Abt. II, v, a, Nr. 1 u. 3. Zum Fleckenbegriff: vgl. Kap. II.5.11.2. Zu diesem Steinbruch vgl. StadtA Bad Langensalza Abt. II, v, a, Nr. 1 u. 3.
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4.7.4 Die Teilstädte 4.7.4.1 Die Neustadt Die Berg- oder Stephanskirche ist nach den Schriftquellen die älteste bezeugte Kirche innerhalb der 1356 auch auf die Teilstädte ausgedehnten Stadt Langensalza und bestand schon vor der Erhebung Langensalzas zur Stadt.813 Damit kann die sogenannte Neustadt nicht als echte Vorstadt angelegt worden sein, sondern ist als ältere, schon zum Zeitpunkt der Stadtwerdung Salzas vorhandene Siedlung zu betrachten, welche mit dem Vertrag von 1356 in den Stadtrechtsbereich einbezogen worden ist. Über das eigentliche Alter der Stephanskirche ist nichts auszusagen. Lediglich der Umstand, dass sie 1196 bereits Pfarrkirche war, könnte auf ein erhebliches Alter hindeuten. 814 Das Stephanspatrozinium findet sich durchaus bei Kirchen der Frühzeit. Stephan war ein im Frankenreich durchaus beliebter Heiliger und gelangte schon recht früh über den Rhein und hierbei insbesondere nach Sachsen.815 Letzteres ist deshalb von Interesse, weil es die Bergkirche durchaus als doch recht alte Kirche ausweisen würde. Weiterhin war die Bergkirche, worauf die Übertragung des Patronatsrechtes im Jahr 1196 verweist, ursprünglich in welfischer Hand. Die süpplingenburgischen und brunonischen Vorfahren der Welfen kamen aus Sachsen und waren dort einflussreiche Adelsgeschlechter. Das Kloster Homburg und ein erheblicher Teil seines Besitzes geht auf ursprüngliches Eigengut dieser Geschlechter zurück. Umfangreicher welfischer, damit wahrscheinlich ehemals brunonischer oder süpplingenburgischer Besitz bestand auch in Salza.816 Das Stephanspatrozinium der Bergkirche könnte deshalb auf eine dieser Dynastien zurückgehen. Damit könnte die Kirche schon in der ersten Hälfte des 12., vielleicht sogar schon im letzten Drittel des 11. Jahrhunderts als geistlicher Mittelpunkt der „mittleren Siedlung“ Salza, welche wohl nicht mit der späteren Altstadt identisch ist,817 gegründet worden sein.818 813 814 815 816 817 818
Vgl. Kap. II.4.7.3. Vgl. Kap. II.4.7.3. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl, S. 52f. BRÜSCH: Brunonen, S. 137-157. Vgl. auch Kap. II.1.3. u. II.4.3. Vgl. Kap. II.4.7.3. So fällt auch die Gründung des süpplingenburgischen oder brunonischen Klosters Homburg in die Zeit zwischen dem letzten Drittel des 11. Jahrhunderts bis spätestens zum Jahr 1117. Letzteres spricht immerhin dafür, dass die Vorfahren der Welfen in dieser Zeit doch ein erhebliches Interesse an ihrem Besitz in der Region Salza hatten. Insofern könnte die Gründung einer Kirche auf ihrem Salzaer Besitz doch nicht unwahrscheinlich sein. (Vgl. Kap. II.1.3.)
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Dass die Stadt Salza nicht in der Siedlung um die Stephanskirche entstand, dürfte wohl an den fehlenden herrschaftlichen Befugnissen des Stadtgründers gelegen haben. Oben ist jedoch eine welfische Privilegierung zur Stadt als sehr wahrscheinlich herausgearbeitet worden. Dieses steht aber zunächst im Widerspruch dazu, dass sich der ältere welfische Besitz maßgeblich um die Stephanskirche gruppierte. Die Stephanskirche wiederum gehörte aber seit 1196 zum Kloster Homburg und es ist vorstellbar, dass das Kloster weiteren Besitz aus welfischer Hand um die Kirche herum erwarb. Des Weiteren befand sich das Kloster Homburg seit 1233 in mainzischer Hand 819 und ein Homburger Besitzverzeichnis (Staatsarchiv Dresden) listet umfangreichen Besitz des Klosters im Bereich der späteren Neustadt auf. Dieses Register, welches die gesamte klösterliche Grundherrschaft enthält, umfasst 325 Blatt und verzeichnet Besitz im Umkreis von 1520 Kilometern um das Kloster aus der Zeit zwischen den Jahren 1403 und 1458. 820 Auch wenn seine Bearbeitung vor allem bezüglich der Langensalzaer Stadtgeschichte und auch der Homburger Klostergeschichte mehr als wünschenswert wäre, kann sie jedoch in diesem Rahmen hier nicht geleistet werden. Festzustellen bleibt vorerst nur, das Kloster verfügte auch über nicht unbedeutenden Grundbesitz in der Neustadt, wovon, wie die Schenkung der Stephanskirche von 1196 deutlich macht, Teile bereits vor der Stadterhebung an das Kloster gelangten. Das Kloster Homburg wiederum war 1233 in mainzische Hand übergegangen und damit auch der Homburger Besitz um die Stephanskirche. Die Welfen hatten nunmehr über diesen Besitz keine Verfügungsgewalt mehr. Schon vorher war dem welfischen Ministerialen Hugo von Salza durch Pfalzgraf Heinrich verboten worden, über Homburger Güter zu verfügen.821 Zum Zeitpunkt einer anzunehmenden Privilegierung zur Stadt besaßen somit die maßgeblichen Förderer der städtischen Entwicklung keine ausreichenden Rechte an der Siedlung um die Ste-
819 820 821
Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182 u. S. 167. Vgl. auch Kap. II.1.3. SHStA Dresden 10024, 08940/01. UB Homburg, Nr. 21. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 11. Die Urkunde selbst ist im Homburger Kopialbuch undatiert. Der Aussteller der Urkunde Heinrich nennt sich Herzog von Sachsen und Pfalzgraf bei Rhein. Demzufolge kann sie frühestens 1195 entstanden sein. In diesem Jahr wurde Heinrich der Ältere durch Kaiser Heinrich VI. mit der Rheinpfalzgrafschaft am Rhein belehnt. Im Jahr 1212/13 verzichtete Heinrich der Ältere zugunsten seines Sohnes Heinrich des Jüngeren auf die Pfalzgrafschaft. Dieser wiederum verstarb 1227 kinderlos und ihm folgte der Wittelsbacher Ludwig in der Pfalzgrafschaft. Demzufolge wurde die Urkunde zwischen 1195 und 1227 ausgestellt. (Vgl. Anm. zu: Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 11. Zu Heinrich dem Älteren und Heinrich dem Jüngeren vgl. ENGELS: Art. H. (V.), d. Ä., v. Braunschweig, Sp. 2076. FUCHS: Art. Heinrich (V.) der Lange (der Ältere) von Braunschweig, Pfalzgraf bei Rhein, S. 382.)
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phanskirche, um diese zur Grundausstattung der Stadt hinzuzunehmen. Die Situation änderte sich erst grundlegend, als der Mainzer, welcher seit 1233 auch Herr des Homburger Klosters war, in den 1340er Jahren Anteile an der Stadt erwarb.822 Damit war nun der Weg frei, im Jahr 1356 die Neustadt und die Altstadt miteinander zu einer Rechtsstadt zu vereinen.823 Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass eine Stadterhebung nicht vor der Veräußerung des Klosters Homburg im Jahr 1233 an den Mainzer Erzbischof stattgefunden haben kann. Auch Christine Müller vermutet die an Homburg in Langensalza übertragenen welfischen Güter im Bereich der Stephanskirche und begründet dies mit dem Umstand, dass der Abt von Homburg vor 1331 ein Haus auf dem Stephansberg erbaut hatte.824 Jedoch waren bis 1331 im Zusammenhang mit diesem Haus fünf Schillinge Mühlhäuser Pfennige jährlich an die Bürger der Stadt Langensalza zu zahlen. Der Abt von Homburg kann wegen dieser Abgabe kaum über vollständige Herrschaftsrechte in diesem Bereich verfügt haben. Vielmehr befreite erst Heinrich, Herr von Salza, mit Zustimmung seiner Brüder im Jahr 1331 den Abt von diesen Leistungen. Die betreffende Urkunde enthält außerdem die Schenkung einer Hufe Land zu Salza, welche frei von Geschoss und Wache war, sowie eine Mühle mit Backhaus unterhalb des St. Stephanberges an das Kloster.825 Im Jahr 1499 ließ sich dann das Kloster noch einmal den Besitz der Mühle, der Hufe und des Backhauses durch Landgraf Georg bestätigen.826 Von Interesse ist im Zusammenhang mit der Urkunde von 1331, dass Zahlungen an die Langensalzaer Bürgerschaft von einem Grundstück zu leisten waren, welches außerhalb des Rechtsbereiches der Altstadt lag. Wie schon an anderer Stelle deutet sich damit an, dass schon vor der Zusammenlegung der Teilstädte der städtische Rechtsbereich über die Grenzen der Altstadt hinausging. Möglicherweise handelte es sich deshalb bei der im Vertrag von 1356 verfügten Zusammenlegung der drei Teilstädte zu einer Stadt nur noch um einen formalen Akt, welcher gewohntes Recht noch einmal kodifizierte und damit Rechtssicherheit schuf. Darüber hinaus bestätigten Günther und Friedrich Brüder von Salza schon 1282 eine Schenkung ihres Vaters an das Kloster Homburg, welche unter anderem einen Verzicht auf Rechte am Pfarrgut Sancti Stephani enthält.827 Demzufolge besaßen auch die Herren von Salza im 13. Jahrhundert Rechte in der späteren
822 823 824 825 826 827
Vgl. Kap. II.4.5.1. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182. UB Homburg B, Nr. 42. UB Homburg B, Nr. 44. UB Homburg B, Nr. 73.
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Neustadt und hier insbesondere um die Stephanskirche.828Auf welchem Weg dieser Besitz an die Ministerialen von Salza gelangt war, muss unklar bleiben. Ursprünglich könnte es sich um ministerialische Dienstlehen gehandelt haben, welche sie in ihrer Eigenschaft als welfische Dienstleute besaßen; mit dem Verlust des welfischen Einflusses in der Region nach 1214 oder nach der Mitte des 13. Jahrhunderts dürften diese Dienstlehen dann bei den Herren von Salza verblieben sein, so dass diese darüber verfügten. Auch Hübner sieht die Stephanskirche in einer besonderen Beziehung zum Kloster Homburg und führt dafür ebenfalls das auf dem Stephansberge bei der Stephanskirche durch den Abt von Homburg erbaute Haus an.829 Von entscheidenderer Bedeutung dürfte jedoch die Übertragung der Stephanskirche mit dem Patronatsrecht und weiterem Güterbesitz durch die Welfen an das Kloster Homburg im Jahr 1196 sein.830 Aus ihr wird deutlich, dass ab diesem Zeitpunkt das Kloster Homburg sehr wohl über die Stephanskirche und zugehörigen Besitz verfügte. Gleichwohl erwähnt die betreffende Urkunde nicht, dass der gesamte hier befindliche welfische Besitz an Homburg verschenkt worden ist, sondern lediglich die Kirche mit ihrem Grund und Patronat wird an das Kloster Homburg übertragen. 831 Auf eine enge Beziehung zwischen Kloster und Stephanskirche verweist des Weiteren der Umstand, dass auch die Pfarrstelle der Bergkirche mit Mönchen aus dem Kloster Homburg besetzt worden ist. So ist 1386 ein Mönch aus dem Kloster Homburg als Pfarrer an der Bergkirche nachweisbar.832 Auch ansonsten finden sich immer wieder Hinweise auf die Zugehörigkeit der Kirche zum Kloster Homburg.833 828 829 830
831 832
833
Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 170f. HÜBNER: Die Kirche St. Stephanie, S. 214. SHStA Dresden 10001, Nr. 113. HEINEMANN: Heinrich von Braunschweig, Anhang, Nr. 1. UB Langensalza, Nr. 304. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 14. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 167. ...ecclesiam sancti Stephani in Salza, cujus fundus et patronatus omni jure michi spectabat, me […] libere contradictisse[…] (UB Langensalza, Nr. 304.) Hübner verweist auf die Urkunden des Langensalzaer Kirchenarchivs, Nr. 32 u. 33. (HÜBNER: Die Kirche St. Stephani, S. 225.) Die Bestände des ehemaligen Langensalzaer Kirchenarchivs konnten bisher aber nicht aufgefunden werden. 1303 bekennen Günther und Friedrich von Salza, die Seelgerätsstiftung ihres Bruders – Pfarrer zu St. Stephani – dem Abt und Konvent des Klosters Homburg als Besitz zu erhalten. (UB Homburg B, Nr. 128.) 1339 bestätigte Erzbischof Heinrich von Mainz die Gründung und Dotierung eines Altars zu Ehren des hl. Nikolaus in der Pfarrkirche St. Stephani, ohne dass daraus der Mutterkirche [in Homburg?] ein Nachteil entstehen soll. Im Jahr 1340 bestätigte der Mainzer Erzbischof auf Bitten des Abtes des Klosters Homburg zwei in dieser Kirche gestiftete Vikarien. Darüber hinaus waren die zwei dafür zuständigen Vikare durch den Abt zu wählen und zu präsentieren, mit der Einschränkung, dass dabei das Recht des Archidiakons bewahrt werden sollte. (Mainzer Regesten 1,2
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4.7.4.2 Die Jakobsstadt und die Erfurter Vorstadt An Neustadt und Altstadt schloss sich im Westen die Jakobs(vor)stadt mit der Jakobskirche als Namen gebendes geistliches Zentrum an. Die Kirche selbst ist nicht mehr vorhanden. Jedoch nennt das markgräfliche Register von 1378 eine Kirche sancti Jakobi,834 und noch einmal wird in einer nicht mehr auffindbaren Urkunde aus dem Jahr 1380 die extra murros liegende Jakobskirche genannt.835 Eine als Abschrift im Homburger Kopialbuch überlieferte Urkunde dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit der früheste Hinweis auf das Bestehen der St. Jakobskirche sein. So bezeugten 1333 Abt Berthold von Homburg und der ganze Konvent, dass Bruder Heinrich Keule einen Zins vom Hof des Heinrich Henner, welcher bei St. Jakob gelegen war, und einen weiteren, an diesen anstoßenden Hof, gekauft hatte.836 Die Urkunde selbst verortet die Jakobskirche nicht ausdrücklich in Langensalza, dieses ergibt sich aber aus der Einordnung der Urkunde im Homburger Kopialbuch. Hier wurden die Urkunden nicht chronologisch eingetragen, sondern in weiten Teilen nach den Orten, die sie betreffen.837 In diesem Fall ist sie zwischen anderen ebenfalls Salza betreffenden Urkundenabschriften eingeordnet.838 Außerdem wird als erster Zeuge Berthous, Vikar der Stephanskirche auf dem Berge, genannt. Zwar erfolgt auch hier keine weitere Ortsangabe, dennoch dürfte es sich doch um den Vikar der Langensalzaer Stephans- oder auch Bergkirche handeln. Insofern kann die hier erwähnte Jakobskirche tatsächlich nur die in der Jakobsstadt sein. Außerdem nennt die Urkunde zwei Höfe, welche in
834 835 836 837
838
Nr. 4457 u. 4543. UB Homburg B, Nr. 112 u. 114. HÜBNER: Die Kirche St. Stephani, S. 225) Registrum XIX, 6c. SOMMER: Langensalza, S. 52. Vgl. auch Kap. II.4.7.2. Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425, fol. 43 b. UB Homburg B, Nr. 116. Exemplarisch: Die die Kirchheilinger Besitzungen betreffenden Urkundenabschriften aus der Zeit zwischen 1272 und 1428 befinden sich auf fol. 35a-37b. Zwar ist hierunter auch eine Windischheilingen betreffende Urkunde zu finden. Diese Zuordnung erfolgte wohl aber wegen der Nähe des Ortes zu Kirchheilingen. (Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425. Auch die, die Besitzungen in und um den Ort Thiemsburg betref- fenden und zwischen 1342 und 1374 ausgestellten Urkunden sind weitestgehend als Komplex zusammengefasst. (Vgl. Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425, fol. 10a-b.) Ähnliches lässt sich bei den, den Besitz in Thamsbrück betreffenden Urkunden (aus der Zeit zwischen 1228 und 1454) beobachten. (Vgl. Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425, fol. 51a-57b.) Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425, fol. 43a-50b.
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unmittelbarer Nähe dieser Kirche lagen, weshalb die Jakobsvorstadt bereits bestanden haben muss. Das bedeutet des Weiteren, dass auch die Jakobsvorstadt zum Zeitpunkt der Zusammenlegung aller drei Städte im Jahr 1356 schon mehr als zwanzig Jahre bestand. Auch diese Vorstadt könnte sich aber bereits recht früh entwickelt haben. Die Siedlung, aus der sie erwachsen ist, war vielleicht schon zur Zeit der Stadtgründung vorhanden oder entstand kurz danach. Gerade die nach 1261 und vor 1272 erfolgte Gründung des Augustinerklosters839 unmittelbar vor dem Inneren Mühlhäuser Tor in der späteren Jakobsvorstadt verweist wiederum darauf, dass offensichtlich in der Altstadt selbst kein Platz mehr für eine solche Einrichtung war und man deshalb bereits in den Bereich vor der Stadt ausweichen musste. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde das Areal, auf dem das Kloster lag, bereits in dieser Zeit als zum städtischen Siedlungsgebiet gehörig betrachtet. 840 Das Kloster selbst könnte aber dann Ausgangspunkt für die Entwicklung einer weitläufigen Vorstadt gewesen sein. Letztlich ist im Fall der Jakobsvorstadt aber nur sicher, dass sie spätestens 1333 existiert haben muss. Da sie aber 1356 als (Teil-)Stadt angesprochen wird, muss sie einen schon weit fortgeschrittenen städtischen Entwicklungsstand erreicht haben und dürfte damit auf eine bereits längere Entwicklung zurückblicken. Mit der Jakobskirche entstand das geistliche Zentrum dieser Vorstadt in erheblicher Entfernung zum Augustinerkloster und einer eventuellen dortigen älteren Vorstadtsiedlung. Des Weiteren lag sie nicht zentral in der Teilstadt, sondern in ihrem südlichen Teil.841 Deshalb könnte sich die Jakobs(vor)stadt aus verschiedenen Siedlungskernen entwickelt haben. So könnte sie aus einer Siedlung im Süden der späteren Teilstadt und einer zweiten nördlich beim Augustinerkloster gelegenen entstanden sein und beide wuchsen erst allmählich zusammen. Für den Umstand, dass sie aus zwei Siedlungskernen entstanden ist, könnte auch ihre im Verhältnis zu den anderen Teilstädten wesentlich größere Fläche sprechen.842 Das Barfüßerkloster scheidet wegen seiner späten Gründung im Jahr 1457843 als Keimzelle eines südlichen Siedlungskernes der Jakobsstadt aus.844 Allerdings 839 840 841 842 843 844
Zum Augustinerkloster vgl. Kap. II.4.8.2. Hierauf verweisen das vom Grundstück zu leistenden Geschoss und das abzuführende Wachgeld. (MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 183f.) Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Und Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.). Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Und Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.). Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 333. HERTLEIN: Art. Bad Langensalza Thüringen, S. 90. Zur Ansiedlung von Vorstädten um geistliche Einrichtungen vgl. PLANITZ: Die deutsche Stadt, S. 217-219. BLASCHKE: Vorstädte, S. 188.
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trägt das östlichste Tor der Neustadt auch den Namen Brühltor und westlich davon lag der Brühltum. Der Begriff Brühl kann wiederum, wie Blaschke meint, auf eine frühe Ansiedlung von Kaufleuten hinweisen.845 Der Begriff Brühl bezeichnet aber seit dem Frühmittelalter eine Fläche, welche zur Domäne adliger Grundherren gehörte. Im Hoch- und Spätmittelalter blieb es ein eingefriedetes Sondernutzungsgebiet, welches aus der genossenschaftlichen Nutzung herausgelöst war. Häufig war es feuchtes Weideland.846 Es ist demzufolge fraglich, inwiefern Blaschkes Deutung hier zutreffend ist. Entscheidender ist, dass westlich vom Brühlturm das Jahrmarkter Tor lag, welches auf einen in diesem Raum abgehaltenen Jahrmarkt verweist. Hieraus könnte sich andeuten, dass in diesem Bereich tatsächlich Jahrmärkte abgehalten worden sind und deshalb die Siedlung im Zusammenhang mit den Jahrmärkten zunächst als temporäre Händlersiedlung entstanden ist. Schwierigkeiten macht dabei aber vor allem, dass ein Jahrmarkt vor 1379 nicht belegbar ist,847 während die Jakobsvorstadt nach der Urkunde von 1333 schon bestanden haben muss. Auffällig ist aber, dass sich die Jakobskirche an der durch das Jahrmarkter Tor nach Norden verlaufenden und dann nach Osten in Richtung Altstadt abknickenden Straße befand. Diese Straße trägt noch heute zwischen Jahrmarkter Tor und der Stelle der ehemaligen Jakobskirche den Namen Steinweg. Dieser Name wiederum könnte Hinweis auf eine wichtige und stark frequentierte Straße und damit auch auf Fernhandel sein.848 Die Bedeutung dieser Straße könnte dazu geführt haben, dass hier ein Jahrmarkt entstanden ist. Ob die Jakobsvorstadt tatsächlich im Zusammenhang mit einem Jahrmarkt und aus einer Händlersiedlung entstand, muss aber letztendlich in hohem Maße spekulativ bleiben. Zumal Brühl auch einfach nur umfriedetes feuchtes Gelände vor einem Herrenhof meinen kann,849 was in diesem Fall, da in diesem Bereich der Stadt die Salza mit Nebenarmen fließt, ebenfalls durchaus wahrscheinlich ist. Allerdings entstanden neue Pfarreien und damit Pfarrkirchen dann, wenn einerseits die städtische Pfarrkirche nicht zu erreichen war oder andererseits neue Personenverbände entstanden. Letztere könnte dann auch für die Jakobsstadt und die Jakobskirche zutreffend sein. Ein solch neuer Personenverband könnte sich
845
846 847 848 849
Vgl. Stadtplan von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.) MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 66. Zur Begrifflichkeit Brühl im Rahmen der Stadtentstehung, vgl. BLASCHKE: Sprachliche Hilfsmittel, S. 165. CARLEN: Art. Brühl, in: LexMa 2, Sp. 751. BRINCKMEIER: Glossarium I, S. 423. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 39f. Vgl. Kap. II.4.6.4. BLASCHKE: Stadtplan, S. 201. BRINCKMEIER: Glossarium I, S. 423.
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hier mit den zunächst nur temporär ansässigen Fernhändlern herausgebildet haben. Eine sich daraus entwickelnde Siedlung gehörte dann nicht in den Pfarrbereich der städtischen Hauptkirche und die Jakobskirche wurde gegründet, um die Seelsorge für die neue Gemeinde abzusichern. An dieser Stelle soll aber noch eine vollkommen anders geartete Überlegung angestellt werden. Bei einer Aufteilung der Jakobstadt in einen südlichen und einen nördlichen Teil entlang der Linie Lange Straße vom Jakobstor der Altstadt bis zum Kriegstor im Westen der Jakobsstadt ergibt sich ein südlicher Siedlungsteil, in dessen Zentrum genau die Jakobskirche lag.850 Diese zentrale Lage wiederum könnte auf den Umstand verweisen, es beim südlichen Teil der Jakobsstadt mit einer planmäßigen Anlage zu tun zu haben. War zunächst festgestellt worden, dass die Gesamtstadt Langensalza den Eindruck einer gewachsenen und unregelmäßig angelegten Siedlung erweckt, ist dieses für die Jakobsstadt nun genauer zu überprüfen. Vom Jahrmarkter Tor führt eine Straße, deren südlicher Teil der Steinweg ist, in fast gerader Linie auf die Lange Straße zu. Östlich davon liegt ein größerer Block, welcher durch die nahezu geradlinig von Westen nach Osten zur Mauer der Altstadt verlaufenden „Salzstraße(gasse)“ und die „Enge Gasse“ in drei kleinere Baublöcke untergliedert wird. Auch der westlich gelegene Block weist fast ausschließlich geradlinige Elemente auf. Lediglich die südlich vom Barfüßerkloster verlaufende Straße knickt in Richtung der westlichen Stadtmauer nach Süden ab. Allerdings verläuft sie entlang der Salza, welche die Stadt an deren westlichem Ende betritt. Eine geradlinige Planung dieses Straßenverlaufes und damit der Baublockgrenzen war wohl deshalb nicht möglich. Der Lauf der Salza knickt beim Barfüßerkloster nach Norden ab und verläuft dann weiter entlang der „Langen Straße“ nach Osten zur Altstadt.851 Wenigstens der Südteil der Jakobsstadt scheint damit durchaus geplante Elemente aufzuweisen. Ebenso fällt auf, dass der Stadtmauerverlauf im Süden und Westen recht geradlinig ist. Des Weiteren wird bei einem Blick auf den Stadtplan von 1834 deutlich, dass sich vor allem im Südteil der Jakobsstadt größere unbebaute Flächen befinden, bei denen allerdings unklar ist, ob sie bereits im Mittelalter in dieser Form bestanden.852 Sollten sie aber schon im Mittelalter vorhanden gewesen sein, wäre daraus zu folgern, dass im Zuge der Ummauerung eine größere Fläche konzipiert worden war, als letztendlich aufgesiedelt worden ist. 850 851 852
Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.) Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.) Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.)
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Aus all dem Festgestellten könnte dann bei aller Vorsicht geschlossen werden, dass dieser Teil der Jakobsstadt eine wenigstens in groben Zügen geplante Vorstadt ist, in deren Zentrum die zuständige Pfarrkirche St. Jakob errichtet worden ist. Hieraus lassen sich dann bezüglich der zeitlichen Abfolge der Entstehung der Jakobsstadt weitere Schlüsse ziehen: Im Norden beim Augustinerkloster lag einer der Siedlungskerne der Jakobsstadt, welcher bis an die „Lange Straße“ heranwuchs. Die natürliche Siedlungsgrenze war im Süden dann die entlang des Ostteils der „Langen Straße“ durch die Jakobsstadt fließende Salza. Als die Fläche weitgehend bebaut war, erfolgte dann vor 1333, aber erst nach der Stadterhebung der Altstadt, die planmäßige Anlage des Südteils. Dabei lassen Freiflächen in Vorstädten auch auf anderem Weg erklären. Sie wurden gezielt für die städtische Landwirtschaft angelegt. Die bürgerliche Oberschicht unterhielt hier Gärten. Es war Platz für Mühlen oder Gewerbe, welche aus Gründen der Sicherheit in Randlage ihre Plätze erhielten.853 Die Freiflächen im Süden der Jakobsvorstadt lagen in einem Bereich, welcher von Wasserläufen durchzogen und deshalb bestens für die Anlage von Mühlen geeignet war. Wenigstens im Südwesten der Jakobsstadt befand sich eine ganze Reihe von Mühlen entlang dieser Wasserläufe. Hinzu kommt noch, dass sich, wie vielleicht der Name Brühl andeutet, in diesem Bereich herrschaftliches Weideland befunden hat, welches aus dem genossenschaftlichen Recht einer hier befindlichen Siedlung herausgelöst war und deshalb auch nicht bebaut werden konnte. Neben den im Jahr 1356 in die Stadt eingegliederten Teilstädten Jakobs- und Neustadt existierten spätestens im frühen 15. Jahrhundert noch weitere Siedlungen. So lebten laut der Zählung von 1414 ante hospitalem 56 Familien, in curiis hospitalem 7 und außerdem sind noch 44 extranei erfasst. Die auf das Hospital bezogenen Einträge beziehen sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die noch im 19. Jahrhundert so bezeichnete Erfurter Vorstadt, wo sich auch das St. Georgshospital befand.854 Die Erfurter Vorstadt scheint ebenfalls befestigt gewesen zu sein. So verzeichnet der Grundrissplan von 1834 eine Art Befestigung, die am Lindenbühler Tor beginnend nach Osten führte, um dann in Höhe der heutigen Kreuzung Tonnaer/Tennstedter Straße nach Norden abzuknicken.855 Die Befestigung, welche die Erfurter Vorstadt schützte, war durch einen vorgelagerten Wassergraben zusätzlich verstärkt. Noch heute sind an der südlichen Grenze der Vorstadt, entlang der Salza Reste einer Mauer zu erkennen. Im Osten der Erfurter Vorstadt befand sich noch ein weiteres Tor, das sogenannte „Äußere 853 854 855
ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 93. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 6f. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Grundrissplan von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.) Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7.
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Erfurter Tor“, durch welches die Straße nach Erfurt die Stadt verließ.856 Ein weiteres, dem Brühltor vorgelagertes Tor, das sogenannte Gothaer Gatter, lag im Westen der Erfurter Vorstadt.857 Auch vor dem Klagetor hatte sich eine weitere Siedlung herausgebildet, welche wegen der an den Rat zu leistenden Abgaben wohl zum Weichbild der Stadt gehörte.858 Ob es sich hierbei um den Ansatz zur Bildung einer weiteren Vor- oder Neustadt handelte, kann nicht gesagt werden, dies erscheint aber wegen der engen Bindung an die Stadt nicht unwahrscheinlich. An dieser Stelle sind die Teilstädte noch einmal in statistischer Beziehung zueinander zu setzen. Die Gesamtfläche aller drei zu einer Stadt vereinigten Teilstädte beträgt etwa 52 Hektar.859 Damit gehört Langensalza nach der Stoob’schen Kategorisierung zu den größeren Mittelstädten.860 Die ursprüngliche Altstadt umfasste dabei etwa 15 Hektar, die Neustadt ungefähr 13 Hektar und die Jakobsstadt war mit circa 24 Hektar fast so groß wie die Alt- und die Neustadt zusammen. Bei Hinzunahme der Erfurter Vorstadt und der Vorstadt vor dem Klagetor, wobei der Umfang der Letzteren nur ungenau zu ermitteln ist, ergibt sich eine Gesamtfläche von 57-60 Hektar. Dies ist nun im Verhältnis zu den oben bereits verwendeten Geschossregistern von 1379 und 1414 zu betrachten. Mit 431 Haushaltsvorständen lassen sich 1379 in der Altstadt die meisten Familien nachweisen, während in der Neustadt 198 Haushalte registriert worden sind und in der Jakobsstadt 396 Familien lebten. Dies ergibt zunächst eine Gesamtzahl von 1025 Familien. Bei einer angenommen Durchschnittszahl von vier Angehörigen je Familie (ohne Gesinde) ergibt sich daraus eine Gesamtbewohnerzahl von rd. 4100 Personen, wobei die Zahl wegen des vernachlässigten Gesindes eher noch nach oben zu korrigieren sein dürfte.861 Auch diese Zahl entspricht der von Stoob ermittelten typischen Einwohnerzahl für mittelalterliche Mittelstädte.862 Während im Jahr 1414 die Anzahl der geschosspflichtigen Haushalte in der Neustadt und in der Jakobstadt als nahezu gleich groß angegeben ist wie 1379, war die Zahl der Haushalte in der Altstadt zwischen 1379 und 1414 um 110 auf 321 856 857 858 859
860 861 862
MÜNCH: Stadtbefestigung, S. 20. EBERHARDT: Altstraßen zwischen Eisenach – Gotha, S. 100. Zum Begriff Gatter: LEXER: Taschenwörterbuch, S. 60. In der Siedlung vor dem clawen thore werden 1379 14 abgabenpflichtige Haushalte verzeichnet. (StadtA Bad Langensalza R II, Nr. 1, fol. 92b.) Ermittelt wurde die Fläche mit: http://www.geoproxy.geoportal-th.de (19.09.2013) basierend auf dem Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.) STOOB: Stadtformen, S. 159. Zur Ermittlung der Gesamtbewohnerzahl anhand der geschosspflichtigen Haushaltsvorstände vgl. Kapitel II.5.6. STOOB: Stadtformen, S. 159f.
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geschrumpft. Wann es zu diesem Bevölkerungsrückgang kam und welche Umstände dabei eine Rolle spielten, kann nicht mehr gesagt werden. Letzteres könnte aber wiederum Indiz dafür sein, warum in der Jakobsvorstadt keine der möglicherweise schon im Mittelalter bestehenden Freiflächen besiedelt wurden. Da sich bis 1414 die Zahl der geschosspflichtigen Haushalte in der Jakobsstadt nicht erhöhte, fand wohl auch bis dahin keine Besiedlung der freien Flächen statt.
4.8 Die geistlichen Einrichtungen – das Niederkirchenwesen 4.8.1 Die Kirchen Carl Friedrich Göschel nennt in seiner Chronik sieben mittelalterliche Kirchen in Langensalza. Dabei handelte es sich nach ihm um die Stephanskirche in der Neustadt, die Markt- oder Bonifatiuskirche und die Klosterkirche der Magdalenerinnen in der Nähe der Marktkirche in der Altstadt, die Augustiner- und die Jakobskirche in der Jakobsstadt, die Kirche und das Hospital St. Wendelin vor dem Inneren Mühlhäuser Tor und die Marienkirche in den Niederhöfen.863 In seiner Aufzählung berücksichtigt er jedoch nicht die Wigbertikirche in Ufhoven. 864 Schwerpunkt der nachfolgenden Untersuchung sind, da die übrigen Kirchen schon an anderer Stelle behandelt wurden,865 die Markt- oder auch Bonifatiuskirche und die Marienkirche. Da die Wigbertikirche in Ufhoven für die städtische Entwicklung weitgehend unbedeutend ist, soll auch sie hier nicht weiter bearbeitet werden.866 Interessanterweise überliefern sowohl Göschel und vor ihm auch schon Andreas Toppius, dass es sich bei der Stephanskirche um die Hauptkirche der Stadt Langensalza handelte.867 Johann Heinrich Stieler berichtet, dass die Bonifatiuskirche erst 1470 im Zuge ihrer Erweiterung zur Stadtkirche gemacht worden ist.868 Immerhin kann eine Stadtkirche durchaus Filialkirche einer benachbarten älteren
863 864 865 866 867 868
GÖSCHEL: Chronik. 2, S. 69f. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Außerdem: GUTBIER: Baugeschichte der Stadt Langensalza, S. 5. Vgl. Kap. II.4.1.3 u. II.4.7.3. Zur Jakobs- und Stephanskirche vgl. Kap. II.4.5.1 u. II.4.7.3f. Zur Bedeutung und Geschichte der Wigbertikirche vgl. Kap. II.4.3.1. u. II.4.7.3. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 69. TOPPIUS: Langensalza, S. 150. Historische Beschreibung von Amt und Stadt Langensalza. Zusammengetr. von Johann Heinrich Stieler bis 1762 und fortgesetzt von Johann Christian Weuchen. Als Auszug abgedruckt bei: MANGER: Die Marktkirche, Nr. 23, S. 194.
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Dorfkirche sein. Ein solcher Umstand verweist dann auf das geringere Alter der städtischen Siedlung gegenüber dem außerhalb liegenden Dorf.869 Erstmals erwähnt wird ein Pfarrer der Marktkirche im Jahr 1272.870 Auch in zwei weiteren Urkunden aus diesem Jahr wird ein Pfarrer der Marktkirche genannt.871 Damit ist ein Pfarrer an der Marktkirche zu dieser Zeit sicher nachweisbar und auch in der Folge treten sie immer wieder in Urkunden in Erscheinung.872 In einer dieser Urkunden, der vom 20. August 1272, befreit Werner, Erzbischof von Mainz, die Kirche des Georgshospitals zu Salza von der an das Hospital grenzenden Pfarrei der Parochialkirche St. Bonifatii.873 Erneut als parrochialis ecclesia wird die Marktkirche dann mehrfach in den 1350er Jahren erwähnt und 1358 wird auch von einem angeschlossenen Friedhof berichtet. In diesem Zusammenhang wird sie auch als parrochialis ecclesia St. Bonifatii opidi Salza bezeichnet.874 Damit dürfte die Kirche spätestens seit den 1270er Jahren Pfarrkirche gewesen sein und wegen ihrer Lage auf dem Markt der Stadt Langensalza dürfte es sich auch um die Kirche der Pfarrei der Altstadt handeln. Über das Alter der Marktkirche ist nichts bekannt. Wahrscheinlich scheint aber, dass sie als fuldische Gründung ein erhebliches Alter aufweisen dürfte und vielleicht schon im Zusammenhang mit dem seit dem 9. Jahrhundert vorhandenen Langensalzaer Besitz des Reichsstiftes entstand.875 Michael Manger aber datiert den ursprünglichen Kirchenbau in die Zeit nach 1212.876 Manger orientiert sich mit dieser Einschätzung wohl an der von Rothe auf das Jahr 1212 datierten Erhebung Langensalzas zur Stadt. Unabhängig davon, dass dieses Datum als falsch anzusehen ist, kann die Marktkirche wegen ihres Patroziniums kaum so spät gegründet worden sein. Weiterhin vermutet Manger, schon vor 1272 sei ein Kirchenneubau errichtet worden. 869 870 871
872 873 874 875 876
BLASCHKE: Kirchenorganisation und Kirchenpatrozinien, S. 135. Vgl. Kap. II.4.7.1. u. II.4.7.3f. Vgl. auch: Dob IV, Nr. 815f. Außerdem: Regesten der Marktkirche St. Bonifatii, Nr. 611. (StadtA Bad Langensalza Regesten der Marktkirche St, Bonifatii in Langensalza, zusammengetr. von Hermann Gutbier (handschriftlich: StadtA Bad Langensalza Sa 2-3: Marktkirche, T. 1: 724-1599.), Abdruck bei: MANGER: Marktkirche, S. 276-317. Manger schließt dann auf S. 317 nahtlos an den zweiten Teil der Sammlung Gutbiers an, welcher bis ins Jahr 1934 reicht: StadtA Bad Langensalza Sa 2-4: Marktkirche T. 2: 1600-1934.) Die Nummerierung bei Manger stimmt nicht mit den Regestennummern von Gutbier überein. In der Folge wird deshalb die Nummerierung Gutbiers übernommen. Dob IV, Nr. 1785 u. 2333. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 2. Historia monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § 35, in: Diplomataria et scriptores historiae Germanicae 1. hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG, S. 763. Dob IV, Nr. 815. Regesten der Marktkirche St. Bonifatii, Nr. 29-31. Vgl. Kap. II.4.3.1. MANGER: Marktkirche, S. 117.
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Im 14. Jahrhundert wurden an der Kirche erhebliche Baumaßnahmen durchgeführt oder waren wenigstens geplant. Carl Friedrich Göschel gibt in seiner Berufung auf eine chronikalische Nachricht, welche heute nicht mehr aufzufinden ist, an, dass bereits im Jahr 1340 Baumaterialien zum Kirchenbau gelagert worden sind. Ein geplanter Neubau wäre nach ihm dann aber auf Grund der Ereignisse der 1340er Jahre verschoben worden.877 Sicher mit Baumaßnahmen ist für das Jahr 1395 zu rechnen. So gibt das Zinsregister der Kirche aus diesem Jahr Hinweis auf das Vorhandensein eines Steinbruchs und einer Bauhütte sowie eines angestellten Baumeisters und dazugehöriger Gesellen. 878 Im Jahr 1470 wurde dann ein weiterer umfangreicher Neu- und Erweiterungsbau der Bonifatiuskirche begonnen und um 1500 fertiggestellt.879 Anhand der Stilformen und Bauelemente ist eine eindeutige Datierung des heute vorhandenen Baues nur noch schwer möglich. Die Nonnenempore muss im zeitlichen Zusammenhang mit der Verlegung des Magdalenerinnenklosters aus den Niederhöfen zur Marktkirche (1336/37)880 errichtet worden sein. Auch das Nordportal mit seiner Wand dürfte einem früheren Bau angehören und ist wohl in die Zeit um 1400 zu datieren. Der Großteil der Kirche ist mit Ausnahme des Chores, sowie der Sakristei und des darunterliegenden Ossariums jedoch zwischen 1470 und 1500 entstanden. Auch aus bauhistorischer Sicht ist somit kaum etwas über das Alter der Bonifatiuskirche auszusagen. Lediglich Ossarium und Sakristei gehören zu einem Bau des 13. Jahrhunderts.881 Auffällig bleibt aber, dass noch 1256 recht allgemein von einem Langensalzaer Pfarrer gesprochen wurde, während dann 1272 erstmals ein Pfarrer ausdrücklich der Bonifatiuskirche zugeordnet worden ist. Eine solche nun ausdrückliche Zuordnung war notwendig, so ist vermutet worden, weil jetzt zwei Pfarrkirchen in unmittelbarer Nachbarschaft vorhanden waren.882 Letzteres könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Bonifatiuskirche nach 1256 zur Pfarrkirche der jungen Stadt wurde. Der von Manger vermutete Neubau des 13. Jahrhunderts könnte im Zusammenhang mit der Einrichtung der Pfarrkirche stehen. Nach Göschel wiederum handelt es sich bei der heute abgebrochenen Marienkirche in den Niederhöfen um die älteste Kirche der weitläufigen Siedlung Salza.883 Die Marienkirche selbst ist heute nicht mehr vorhanden. So wurde die 877 878 879 880 881 882 883
GÖSCHEL: Chronik 1, S. 194. Vgl. auch: SOMMER: Langensalza, S. 25. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, Fa Nr. 1, fol. 16b. Abdruck von Auszügen des Zinsregisters in: MANGER: Marktkirche, S. 158-166. MANGER: Marktkirche, S. 15. u. 120. Vgl. Kap. II.4.8.2. MANGER: Marktkirche, S. 117-127. Vgl. Kap. II.4.7.3. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 69.
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barocke Gottesackerkirche 1734-38 zum großen Teil aus den Steinen der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Marienkirche errichtet.884 Die Marienkirche befand sich ursprünglich in den nördlich der Neustadt vorgelagerten Niederhöfen an einer Straße nach Merxleben. Auf die Marienkirche in den Niederhöfen verweist auch der Name des nördlichen Tores der Neustadt, welches neben Niederhöfer Tor auch als Frauentor bezeichnet worden ist. Andreas Toppius überliefert in seiner im 17. Jahrhundert verfassten „Historie des Amts und Stadt Langensalza“, dass sie bereits im Jahr 1070 durch Ludwig den Springer errichtet worden sei. Er berichtet des Weiteren von einer in der Kirche befindlichen Inschrift, welche lautet: Ludowicus saliqvus aedificavit templum et turres in honorem S. Marie.885 Die Inschrift selbst ist heute nicht mehr vorhanden und kann deshalb auch nicht überprüft werden. Beweisbar ist diese Gründungslegende anhand der zeitgenössischen Quellen ebenfalls nicht und auch späterer landgräflicher Besitz kann in den Niederhöfen nicht nachgewiesen werden. So ist auch nicht auszuschließen, dass die Inschrift weniger eine historische Tatsache, sondern vielmehr eine lokale Gründungslegende wiedergibt. Sollte diese Überlieferung jedoch den Tatsachen entsprechen, wäre auf diesem Wege auch zu erkennen, wann die Ludowinger an Besitz im Salzaer Raum gelangten. Dieses muss dann bereits sehr früh und zu Beginn eines ersten ludowingischen Herrschaftsausbaus in Thüringen geschehen sein. Allerdings lässt sich für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts kein ludowingischer Besitz im Umfeld Langensalza nachweisen.886 Erst in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts können mit dem Herrschaftsmittelpunkt Thamsbrück umfangreichere Rechte der Ludowinger in der Region erfasst werden. Zwar könnten die Ludowinger bereits in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts Besitz in Thamsbrück und damit auch in Langensalza erworben haben, nachweisbar ist dieses aber nicht.887 Dennoch übernahm sowohl die ältere als auch die neuere Forschung diese Gründungslegende der Marienkirche und ihre Datierung in das Jahr 1070 ungeprüft,888 während über das tatsächliche Alter der Marienkirche kein Quellenmaterial vorliegt. Nach Angabe des um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Langensalza tätigen evangelischen Superintendenten Hübner soll sich anhand einer Urkunde 884
885 886 887 888
Zur Marienkirche vgl. unten. Zum Abriss der Marienkirche und dem Bau der Gottesackerkirche vgl. GÖSCHEL: Chronik 4, S. 104. GÖSCHEL: Chronik 5, S. 1 u. 41. GÖSCHEL: Chronik 6, S. 29. TOPPIUS: Langensalza, S. 155. PATZE: Landesherrschaft, S. 143-178. Vgl. Kap. II.1.3. GÖSCHEL: Chronik 1, S. 140. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 69. EISSING (Bearb.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, S. 89.
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des Abtes von Homburg aus dem Jahr 1326 für die Marienkirche ein eigener Pfarrbezirk nachweisen lassen, während sie dann 1412 in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Stephanskirche erscheint.889 Zwar wird in der Urkunde von 1326, mittels welcher der Homburger Abt die Einrichtung eines Magdalenerinnenklosters bei der Marienkirche genehmigt, die Marienkirche genannt, Hinweise auf eine ursprüngliche Pfarrfunktion und einen eigenen Pfarrbezirk finden sich aber weder in dieser Urkunde noch in der von 1412.890 Bezeichnet wird die Kirche zwar mit dem lateinischen Begriff ecclesia, jedoch hat Janssen gezeigt, dass dieser nicht ausreichend ist, um auf die Pfarrfunktion zu schließen. Vielmehr ist es ein neutraler Begriff, welcher ein kirchliches Gebäude bezeichnet.891 Insofern ist der Status Pfarrkirche mit eigenem Pfarrbezirk, anders als Hübner meint, unsicher. Das Mainzer Subsidienregister von 1506 führt St. Marien nur als Kapelle und nicht als Pfarrkirche.892 Hübner sieht die Ursache hierfür in der Belagerung und damit einhergehenden Niederbrennung Langensalzas durch den Landgrafen im Jahr 1346. Im Zuge dieser Ereignisse, so meint er weiter, erhielt die Bergkirche St. Stefani eine größere Bedeutung und ihre Parochie wurde auf die Marienkirche ausgedehnt. Grundlage für diese Ausdehnung war nach Hübner wiederum die Bedeutung der Teilstadt Neustadt für die Stadt Langensalza, welche über eine größere Bevölkerungszahl als die Altstadt verfügte. 893 Werner Schnellenkamp vertritt die Auffassung, nicht die gesamte Bevölkerung der Niederhöfe sei in die Marienkirche eingepfarrt gewesen, sondern ein Teil habe zur Parochie der Stephanskirche gehört.894 Deshalb ist noch einmal die Urkunde aus dem Jahr 1326 zu betrachten. In ihr wird erwähnt, dass die Marienkirche sich in den Niederhöfen befand. Des Weiteren hatte der Propst des bei der Marienkirche gegründeten Magdalenerinnenklosters, Heinrich Ketting, welcher gleichzeitig der Pfarrer der Bonifatiuskirche war, das Recht, der familia des Klosters das Abendmahl und andere Sakramente zu erteilen. Ausdrücklich ausgeschlossen sind jedoch andere Personen, welche sich daselbst in den Niederhöfen befinden.895 Die Urkunde gibt damit Auskunft darüber, dass die Seelsorge über Kloster und angehörige familia durch den als 889
890 891 892 893 894 895
HÜBNER: Kirche St. Stephanie, S. 226. Laut Hübner gehörte die entsprechende Urkunde zum bisher verschollenen Bestand des Langensalzaer Kirchenarchivs. Jedoch gibt es im Langensalzaer Stadtarchiv eine auf dieses Jahr datierte Urkunde. UB Homburg, Abt, B. Nr. 115. HÜBNER: Kirche St. Stephanie, S. 226. JANSSEN: Pfarrorganisation, S. 62. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1855. HÜBNER: Kirche St. Stephanie, S. 225f. Ähnlich auch: SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 14. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 14. Kopialbuch des Klosters Homburg im Stadtarchiv Bad Langensalza B 425, XLIII, b auch fol. 39, b: Urkunde 1. vgl. auch: UB Homburg B. Nr. 115.
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Propst des Klosters tätigen Pfarrer der Marktkirche ausgeübt worden ist. Über einen Pfarrer der Marienkirche, welcher die übrigen Niederhöfe als Kirchspiel betreute, ist nichts zu erfahren. Lediglich aus dem Ausschluss anderer dort ansässiger Personen aus dieser Seelsorge könnte auf deren Zugehörigkeit zu einer anderen Pfarrei, welche aber eben nicht zwangsläufig eine zur Marienkirche gehörige sein muss, geschlossen werden. Die Zuweisung des Pfarrers der Bonifatiuskirche als Propst könnte darauf hindeuten, dass sich an der Marienkirche kein geeignetes Personal und damit eben kein Pfarrer befand und sie deshalb auch keine Pfarrfunktionen ausübte beziehungsweise von hier aus keine eigene Parochie betreut wurde. Allerdings besaß die Kirche bis zum Wüstfallen der Niederhöfe im Dreißigjährigen Krieg das Begräbnisrecht.896 Insofern könnte es sich bei der Marienkirche ursprüngliche dennoch um eine eigenständige Pfarrkirche gehandelt haben. Schon Jannsen hat jedoch darauf hingewiesen, dass auch nicht selbstständige Kapellen über einen Taufbrunnen und einen Friedhof verfügen konnten. Des Weiteren besaßen sie durchaus das Recht zur Sakramentspendung und hatten ein eigenes Kirchspiel. Sie verfügten demzufolge über Funktionen einer Pfarrkirche, ohne eine solche zu sein. Um eine solche zu werden, war ein sie dazu erhebender Rechtsakt notwendig.897 An St. Egidien (1. September) 1326 erteilte Abt Heinrich von Homburg mit Rat des Priors und des ganzen Konvents die Erlaubnis zur Erbauung und Einrichtung eines Magdalenerinnenklosters in den Niederhöfen. Gestiftet worden war das Kloster durch die Ministerialen von Salza.898 Darüber hinaus erlaubte er dem Kloster, eigenes Gesinde zu besitzen, und befreite Kloster und Propst von Oblationen an den Abt.899 Von besonderem Interesse erscheint die Zustimmung des Homburger Abtes und des Konventes zur Errichtung und Ausstattung des Klosters in den Niederhöfen. Aus ihr lässt sich schlussfolgern, dass das Kloster Homburg über umfangreiche Rechte in den Niederhöfen verfügte.900 In diesem Zusammenhang ist es unwahrscheinlich, dass die Marienkirche in den Niederhöfen, wie Toppius vermutet, durch Ludwig den Springer gegründet worden ist. Vielmehr könnten auch die homburgischen Rechte in den Niederhöfen aus welfischer beziehungsweise schon aus brunonischer oder süpplingenburgischer Hand an das Kloster gekommen sein.901 Letzteres lässt hier eher umfangreichen Besitz einer dieser Familien vermuten. 896 897 898 899 900 901
GÖSCHEL: Chronik 2, S. 69. JANSEN: Pfarrorganisation, S. 59. Vgl. Kap. II.4.8.2. UB Homburg B, Nr. 115. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182, Anm. 137. Vgl. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 14. Zu diesen Rechten in der Siedlung Salza und dem Problem der Gründung des Klosters Homburg vgl. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 609f. u. 620.
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Damit ließ sich feststellen, dass die Marienkirche einerseits zum Kloster Homburg gehörte, andererseits aber der Pfarrer der Bonifatiuskirche und nicht der der Stephanskirche Propst des Magdalenerinnenklosters war. Des Weiteren dürfte sie keine Pfarrkirche gewesen sein, da ansonsten doch ein dort bestellter Pfarrer, Propst des Kloster geworden wäre. Die Zustimmung des Homburger Abtes zur Errichtung des Weißfrauenklosters bei der Marienkirche, deutet auf eine Zugehörigkeit der Marienkirche zum Kloster Homburg. Dieses hätte zur Folge, dass sie entweder eine Filialkirche der Homburger Klosterkirche war oder aber, dass sie in der Pfarrei der Stephanskirche lag. Im letzteren Fall hätte eigentlich der Pfarrer der Stephanskirche seine Zustimmung geben müssen, damit der Propst des Magdalenerinnenklosters die Sakramente in der Pfarrei der Stephanskirche spenden konnte. Notwendig war dieses aber vielleicht deshalb nicht, weil mit der Zustimmung des Abtes und Konventes des Klosters Homburg die des Kirchenherrn vorlag. Aus der Einsetzung des Pfarrers der Marktkirche als Propst ließe sich wiederum schlussfolgern, die Marienkirche hätte zu deren Parochie gehört. Jedoch ist das Sakramentsrecht nur auf die Angehörigen des Magdalenerinnenklosters begrenzt. Andere Personen sind ausdrücklich ausgenommen. Demzufolge gehören die Niederhöfe eben nicht zur Pfarrei der Marktkirche. Zuständig war damit entweder die Homburger Klosterkirche oder die Stephanskirche. Eine Zugehörigkeit der Marienkirche zur Stephanskirche wird aus einer Urkunde aus dem Jahr 1454 deutlich. Hier heißt es, dass das wohl bei der Marienkirche befindliche Hospital in der Parochie der Stephanskirche außerhalb der Mauern der Stadt Langensalza lag.902 Insofern ist durchaus vorstellbar, dass bereits 1326 und auch schon vorher die Marienkirche als Filialkirche von der Stephanskirche abhängig war und dieses dann in der bisher verschollenen Urkunde von 1412 ebenfalls dokumentiert wird. So lange der Urkundenbestand des Langensalzaer Kirchenarchives, aus welchem Hübner die betreffende Urkunde zitiert, jedoch nicht aufgefunden werden kann, ist auch nichts hinsichtlich des Wortlautes der betreffenden Urkunde von 1412 auszusagen.903 Die Ausdehnung der Parochie der Stephanskirche auf die Niederhöfe und die Zuordnung der Marienkirche als Filialkirche könnte wiederum ihre Ursache in der Bevölkerungsentwicklung der Neustädter Vorstadt und den Niederhöfen haben. Im Jahr 1379 gab es in der Neustadt 198 und in den Niederhöfen 112 Ge-
902 903
StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, B Nr. 7, Z. 2f. Zum Hospital bei der Marienkirche vgl. Kap. II.4.8.3. Zum Bestand des Langensalzaer Kirchenarchivs vgl. oben
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schoss zahlende Haushaltsvorstände, während in der Altstadt 431 und in der Jakobsstadt 396 Haushaltsvorstände diese Abgabe leisteten.904 Die Anzahl der in der Neustadt und in den Niederhöfen lebenden geschosspflichtigen Einwohner war demzufolge in dieser Zeit selbst zusammengerechnet noch geringer als jeweils in der Altstadt und der Jakobsvorstadt. Noch 1414 lebten 129 geschosspflichtige Haushaltsvorstände in den Niederhöfen und 191 in der Neustadt. Damit war die Zahl der Einwohner um einiges geringer als die in der Altstadt verzeichneten 321 und die in der Jakobsstadt gezählten 375 Bürger und Einsassen.905 Die Zahl der geschosspflichtigen Haushalte blieb aber sowohl in der Neustadt und den Niederhöfen zwischen 1379 und 1414 weitgehend konstant. Von einem starken Bevölkerungsschwund ist deshalb nicht auszugehen. Dennoch könnte die im Verhältnis zu den anderen Teilstädten geringere Bevölkerungszahl ausschlaggebend für eine mögliche Zusammenlegung der Parochien gewesen sein.
4.8.2 Die Klöster Neben den Kirchen existieren im Ort eine Reihe weiterer geistlicher Einrichtungen. Im Jahr 1280 stiftete Günther von Salza, ein Augustineremitenkloster. Errichtet wurde es vor dem Inneren Mühlhäuser Tor an der Straße nach Mühlhausen.906 Das Areal des Klosters nahm nahezu den gesamten nördlichen Teil der späteren Jakobsstadt ein, lag jedoch zur Zeit seiner Gründung noch außerhalb der damaligen Rechtsstadt Salza und wurde erst bei der Stadterweiterung von 1356 in die Stadt einbezogen.907 Die Einrichtung von Klöstern außerhalb der Stadtmauer folgte entweder aus Gründen der Zweckmäßigkeit oder war dem erhöhten Platzbedarf geschuldet, welcher in der eng bebauten Stadt nicht mehr vorhanden war. Darüber hinaus sollte auf diese Weise vielleicht auch sichergestellt werden, dass Wirtschaftsge-
904 905 906
907
StadtA Bad Langensalza R II, 1 fol. 70a-94b (Rechnungsbuch der Stadt von 1379). Vgl. auch Kap. II.4.6.2.2 u. II.4.7.4.2. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 6. WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte, S. 15. Bis zum Brand 1711 lag die Grabplatte Günthers von Salza, welcher ihn als fundator istius loci ausweist, in der Augustinerkirche und wurde dann in die Bergkirche verbracht. (SOMMER: Langensalza, S. 50.) GÖSCHEL: Chronik 1, S. 80. SOMMER: Langensalza, S. 50.
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bäude, welche unzweifelhaft zum großzügig angelegten Augustinerkloster gehörten, dem Zugriff der städtischen Gerichtsbarkeit und Obrigkeit entzogen waren.908 Außerdem existierte seit dem frühen 14. Jahrhundert ein ebenfalls durch die Herren von Salza gestiftetes Magdalenerinnenkloster, welches zunächst prope Salcza bei der ecclesie B. Marie virginis, quod in inferior villa vocatur und somit außerhalb der Stadt lag.909 Als Klostergründer treten mit Günther V. und seinen Söhnen Günther VII. und Heinrich III. ebenfalls Vertreter der Ministerialenfamilie von Salza in Erscheinung. Am St. Pauls Tag (25. Januar) 1325 übereigneten sie Heinrich Kettinge […] Pfarre zu Salza vier Hufen, die da liegen zu Mergsleyben in den Velden, um ein Kloster einzurichten. Innerhalb eines Jahres sollte dann von St. Walpurgis (1. Mai) an das Kloster durch den Erzbischof von Mainz bestätigt werden.910 Am 1. September 1326 wurde seitens des Abts Heinrich von Homburg mit Rat des Priors und des ganzen Konvents die Erlaubnis zur Erbauung und Einrichtung des Klosters in den Niederhöfen erteilt911 und damit wurde das Kloster bei der Marienkirche in den Niederhöfen eingerichtet.912 Eine enge Verbindung bestand zwischen dem Schlotheimer Weißfrauenkloster und dem neu gegründeten Magdalenerinnenkloster in Langensalza. So traten im Jahr 1337 neun aus dem Adel stammende Frauen aus dem Schlotheimer Magdalenerinnenkloster nach Langensalza über.913 Auch ansonsten scheint eine enge Beziehung zwischen beiden Weißfrauenklöstern bestanden zu haben. So besaß das Langensalzaer Magdalenerinnenkloster 1342 in Schlotheim ein Gut vom dortigen Weißfrauenkloster.914 Vielleicht sind diese wenigen Indizien ein Hinweis dafür, dass die Langensalzaer Gründung unter Mitwirkung des älteren Schlotheimer Konvents geschah, Letzteres vielleicht sogar die Funktion eines Mutterklosters besaß.915
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911 912 913 914 915
SOMMER: Langensalza, S. 50. BLASCHKE: Die Stellung der Vorstädte, S. 187f. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 2. LATh-StA Rudolstadt SU, 1332, April 25. (Re. 409). Vgl. auch: LATh-StA Rudolstadt Findmittel B1-024, zusammengest. von Apfelstedt. Regesten der Marktkirche St, Bonifatii, Nr. 18. Vgl. auch: HÜBNER: Die Kirche St. Bonifacii, S. 491. (Hier datiert auf den 23. Februar.) Daz daz closter bestetiget wirt mit willen unses herren des byschoves von menze binnen der zit als nu von sente Walpurgis tage ubir ein jar. (StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 2, Z. 4f.) Vgl. auch: HÜBNER: S. Bonifacii, S. 491. UB Homburg B, Nr. 115. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182, Anm. 137. Vgl. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 14. Regesten der Marktkirche, Nr. 13. Diplomata Schlothemensia, Nr. 17, S. 130. Regesten der Marktkirche, Nr. 20, S. 278. Vgl. hierzu die Gründung des Schlotheimer Weißfrauenklosters als Tochterkloster des Mühlhäuser Magdalenerinnenkonventes. (Kap. II.3.9.1.)
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Spätestens 1336/37 und somit wohl nur wenige Jahre nach der Gründung war das Magdalenerinnenkloster aus den Niederhöfen in die Stadt in die Nähe der Marktkirche verlegt worden und erscheint dann 1346 als intra murros gelegen.916 Im Jahr 1356 inkorporierte dann der Erzbischof von Mainz mit Zustimmung des Landgrafen von Thüringen auf Bitten des Nonnenkonvents die Marktkirche St. Bonifacii dem Kloster.917 Durch die Verlegung war die Marktkirche nicht mehr nur Stadtkirche, sondern auch Klosterkirche und über einen Gang mit dem Magdalenerinnenkloster verbunden.918 Für das Jahr 1382 wird dann eine in den Niederhöfen gelegene Mühle als Besitz des Nonnenklosters erwähnt.919 Schon 1332 und damit kurz nach der Gründung hatte der Pfarrer der Bonifatiuskirche, welcher Propst des Klosters war, Besitz für das Nonnenkloster erworben.920 Diese wenigen Hinweise lassen zunächst lediglich erkennen, dass das Kloster über eine gewisse Ausstattung verfügte und Einkünfte vorhanden waren, welche die Erwerbung weiteren Besitzes ermöglichten. Im Jahr 1386 schlichteten die als Schiedsrichter bestellten Hermann von Bessingen – Dekan des Kollegiatsstiftes an der Marienkirche zu Erfurt – und der Vikar Berthold von Weberstedt einen Streit zwischen dem Abt von Homburg, dem Pfarrer an der Stephanskirche zu Langensalza, dem Vikar an der Bonifatiuskirche auf der einen Seite und der Priorin und dem gesamten Nonnenkonvent zu Langensalza auf der anderen Seite. Inhalt des Streites war die Frage der Zugehörigkeit des Hospitals St. Gangolfi zum Pfarrbezirk der Bonifatiuskirche. Entschieden wurde zugunsten der Bonifatiuskirche und des Nonnenkonvents. Das Hospital gehörte demnach spätestens seit dieser Zeit zur Pfarrei der Bonifatiuskirche und die Oblationen, welche in der Kapelle zu St. Gangolfi gespendet wurden, sollten der Priorin und dem Konvent der Weißfrauen zustehen.921 Damit unterstand das Spital nun den Weißfrauen zu Langensalza. Hinsichtlich der Anzahl der Klosterfrauen gibt es vor dem 16. Jahrhundert keine Hinweise. Erst für das Jahr 1540 lassen sich acht Nonnen und vierzehn Ordensfrauen, welche den Laien zugerechnet werden, nachweisen.922 Diese doch recht geringe Zahl dürfte aber kaum repräsentativ für die Belegung des 14. und 916 917 918 919 920 921 922
Erstmals als bei der Bonifatiuskirche gelegen wird das Kloster 1337 erwähnt. (Regesten der Marktkirche, Nr. 13. Vgl. auch: MANGER: Marktkirche, S. 37.) Regesten aus den Urkunden der Stadt Bad Langensalza, mitgeteilt bei MANGER: Marktkirche, S. 261. Regesten der Marktkirche, Nr. 29f. Vgl. zur Nutzung des Klosters durch die Nonnen: MANGER: Die Marktkirche, S. 38 u. 261. Regesten der Marktkirche, Nr. 37, S. 279. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 2. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 7. HÜBNER: Die Kirche S. Bonifacii, S. 498. MANGER: Die Marktkirche, S. 27.
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15. Jahrhunderts sein. Vielmehr ist sie ein Ergebnis des in dieser Zeit zu beobachtenden allgemeinen Niedergangs klösterlichen Lebens in der Stadt. Diese Entwicklung des Klosters steht wohl in engem Zusammenhang mit der Einführung des evangelischen Glaubens in Langensalza und der Verfall von Ordensgemeinschaften ist auch ansonsten in der Stadt zu beobachten. So waren sowohl die Mönche des Augustinerklosters als auch die des Franziskanerklosters 1540 im Zuge der Reformation gezwungen, ihre Klöster aufzugeben und die Stadt zu verlassen.923 Etwas anders verhält es sich im Fall des Weißfrauenklosters. Die letzte Nonne lebte noch bis zum Jahr 1574 in der Stadt, und erst zu diesem Zeitpunkt wurde das Kloster endgültig aufgelöst. Im Jahr 1551 sind wiederum zum letzten Mal Ordensfrauen nachweisbar, aber auch ihre Zahl war auf jetzt acht Schwestern zurückgegangen.924 Hübner teilt weiterhin mit, die Schwestern hätten, bevor sie die Stadt verließen, den Grundbesitz der Schwesternschaft und alle bewegliche Habe im Kloster verkauft.925 Ein weiteres Kloster befand sich in der Jakobsstadt. Es schloss sich an die hier gelegene Jakobskirche an.926 Dieses am 24. Juli 1453 gegründete Barfüßerkloster trug ebenfalls ein Jakobspatrozinium927 und war als Franziskanerkloster im Zuge der Bemühungen Landgraf Wilhelms III. zur Durchsetzung der Ordensobservanz für die Franziskaner in seinen Gebieten gemeinsam mit dem in Weimar eingerichtet worden. Nur wenige Tage vorher, am 21. Juli 1453, war hierfür durch den päpstlichen Gesandten Johannes Kapistrani die Genehmigung im Namen von Papst Nikolaus V. erteilt worden.928 Noch im selben Jahr übertrug Landgraf Wilhelm dem Kloster das Patronatsrecht über die Jakobskirche. Da sie sich vorher im Besitz des Magdalenerinnenklosters zu Salza befand, versprach er dieses dafür mit einer regelmäßigen Kornlieferung zu entschädigen.929 923 924 925 926 927
928
929
HERMANN: Verzeichnis, S. 122. MANGER: Die Marktkirche, S. 27. HÜBNER: Miscellen, S. 589. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 70. StadtA Bad Langensalza Abt. III, b, Nr. 1. EISSING (Bearb.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Thüringen, S. 90. SCHMIES: Langensalza, S. 234. WEIGEL: Ordensreform, S. 173, Anm. 35, 186f. und Anm. 102 u. 104. Der selbe hertzoge Wilhelm liesz novch des andechtigin vaters abescheit zcwey Barfuszen closter sines, des andechtigin vaters, orden buwe, die dy reformacien sulde habe, eyns zu Saltza, das andir zu Wymar. (Chronik Hartung Cammermeisters, cap. 61, VII, S. 133.) SCHMIES: Langensalza, S. 234. WEIGEL: Ordensreform, S. 173, Anm. 35, 186f. und Anm. 102 u. 104. HERMANN: Verzeichnis, S. 122. WINTRUFF: Kirchenpolitik, S. 76. SCHULZE: Die Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 106. Ermächtigt war Kapistrani durch Papst Nikolaus V. 20 neue Ordenshäuser zu gründen. (WEIGEL: Ordensreform, S. 194.) SHStA Dresden 10004 Kopiale 49, fol. 6, Nr. 73. Vgl. auch: WINTRUFF: Kirchenpolitik, S. 76.
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Die Übertragungsurkunde ist jedoch nicht mehr vorhanden. Überliefert wird sie nur in einer dreizeiligen Notiz in einer größeren Sammlung von Aktennotizen, welche sich allesamt auf Urkunden Landgraf Wilhelms beziehen. Über das Original ist nichts bekannt und aus der knappen Angabe ist nichts weiter über die Begleitumstände zu entnehmen. Insofern ist unklar, wie genau die Besitzverhältnisse bezüglich der Kirche ursprünglich waren. So ist immerhin vorstellbar, dass Wilhelm deswegen mitwirkte, weil er der eigentliche Kirchenherr war und sich das Patronatsrecht grundsätzlich in seiner Hand befand. Hierauf deutet vor allem der Umstand, dass er Entschädigung für die Übertragung versprach. Bereits vor der Gründung des Franziskanerklosters war der Orden in Langensalza präsent. In der Stadt befand sich ein Termineihaus der Eisenacher Franziskaner. Die Terminei selbst war aber nicht Ausgangspunkt der Klostergründung. Vielmehr wurde das Kloster, wie das in Weimar, mit auswärtigen Brüdern besetzt. Es handelte sich hierbei um Brüder von den Universitäten Leipzig, Wien und Krakau. 930 Das zur Durchsetzung der Ordensobservanz gegründete Kloster sollte demzufolge eines der Zentren dieser Bewegung in Thüringen werden. Zwar wurde das Langensalzaer Kloster relativ schnell durch die Weimarer Gründung überflügelt,931 dennoch scheint auch das Ordenshaus in Langensalza schon bald nach seiner Stiftung einige Bedeutung erlangt zu haben. Schon im Jahr 1460 fand hier ein Provizialkapitel statt und 1475 und 1492 folgten zwei weitere.932 Neben dem Männerkonvent bestand noch eine Franziskanerinnengemeinschaft, welche durch das Barfüßerkloster seelsorgerisch betreut wurde und die ursprünglich genau gegenüber dem Kloster angesiedelt war. Nachweisbar ist diese Tertianerinnenniederlassung seit dem Jahr 1466. Noch zweimal erwähnt wird sie dann 1475 und 1518.933 Überhaupt nichts bekannt ist über die wirtschaftlichen Grundlagen des Franziskanerklosters. Das Bauensemble des Klosterkomplexes lässt aber erahnen, dass westlich des Klausurbereiches ein größerer Wirtschaftshof angeschlossen war.934 Darüber hinaus besaß das Kloster durchaus auch Häuser in der Stadt, aus welchen Abgaben an den Rat zu zahlen waren.935 Eine wichtige Einnahmequelle 930 931
932 933 934 935
SCHMIES: Langensalza, S. 234. WERNER: Landesherr und Franziskanerorden, S. 351. Hintergrund hierfür dürfte vor allem der Umstand sein, dass Weimar für Landgraf Wilhelm als Hauptresidenz eine erhebliche Bedeutung hatte. So übernahm der Weimarer Konvent zunehmend die Funktion des Hofkonventes, welche vorher durch St. Elisabeth unterhalb der Wartburg ausgeübt worden war. (WERNER: Landesherr und Franziskanerorden, S. 354.) SCHMIES: Langensalza, S. 234. RG IX, Nr. 5474. Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn, S. 203. VOIGT: Frauengemeinschaften, S. 101 und Anm. 107, S. 107. SCHMIES: Langensalza, S. 234. PIEPER: Architektur, S. 166. SCHMIES: Langensalza, S. 234.
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war sicherlich die angeschlossen Pfarrkirche St. Jakob. Landgraf Wilhelm dürfte das Kloster bei seiner Gründung auch mit hinreichendem Besitz zum Unterhalt ausgestattet haben. Die Entschädigung in Form einer regelmäßigen Kornlieferung, die Landgraf Wilhelm dem Langensalzaer Magdalenerinnenkloster für die Übertragung des Patronatsrechtes leistete, deutet des Weiteren darauf hin, dass mit dem Patronatsrecht auch entsprechende Einkünfte verbunden waren. Grundsätzlich ist jedoch darauf zu verweisen, dass die Bettelorden, wie es die Franziskaner waren, die Übernahme von Pfarreien eigentlich ausschlossen. Gleichwohl gibt es für das Gegenteil durchaus Belege. So ist beispielsweise für Würzburg eine Pfarrei in dominikanischem Besitz belegt.936 Auffällig ist die Nichterwähnung der Jakobskirche im Mainzer Subsidienregister von 1506,937 woraus wiederum durchaus zu schließen wäre, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte. Jedoch soll noch bis 1540 Gottesdienst in der Kirche abgehalten worden sein und erst danach wurde sie bis 1590 weitestgehend abgerissen.938 Dieses hätte jedoch zur Folge, dass die Jakobskirche zu keinerlei Leistungen an den Mainzer Erzstift verpflichtet war und Gleiches gilt dann wohl auch für das ebenfalls nicht erwähnte Barfüßerkloster.939 Ebenso wird auch das von Landgraf Wilhelm zeitgleich in Weimar gegründete Franziskanerkloster nicht im Subsidienregister erwähnt.940 Hintergrund ist, dass Bettelorden keine Subsidien zahlten.941 Durch die Ansiedlung des Klosters, so bemerkt Bernd Schmies, erhielt die Jakobsvorstadt einen neuen religiösen Mittelpunkt.942 Ein religiöser Mittelpunkt bestand aber bereits in der hier befindlichen Pfarrkirche St. Jakob. Vielmehr wurde das religiöse Zentrum dadurch weiter aufgewertet und trat jetzt in direkte Konkurrenz zu dem an der Peripherie der Jakobsvorstadt liegenden Augustinereremitenkolster. Letzteres scheint aber, und hierauf verweist die Gebetsbruderschaft zwischen den Tuchmachern und dem Kloster, nach wie vor ein wichtiges geistliches Zentrum in der Gesamtstadt gewesen zu sein.943 Ausschlaggebend für diese Bruderschaft des Augustinerklosters könnte aber auch ein viel grundsätzlicherer Umstand gewesen sein. So befand sich die Tuchmachergasse, als Quartier der Tuchmacher, westlich des Augustinerklosters im unmittelbaren Anschluss an den an das Kloster angeschlossenen Friedhof. 936 937 938 939 940 941 942 943
SCHMIEDER: Die Pfarrei, S. 149. BÜNZ: … mehr Grüße, als Pfaffen, S. 47. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1829-1883. SOMMER: Langensalza, S. 52. Register, in: Mainzer Subsidienregister, S. 537f. Mainzer Subsidienregister, Nr. 863, 927-928 u. 943-950. HEINEMEYER: Die Erfurter „Grünen Bücher“, S. 256 Anm. 55. SCHMIES: Langensalza, S. 234. Zu dieser Bruderschaft vgl. Kap. II.4.6.2.2.
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Die Hinwendung zum Augustinerkloster könnte demzufolge in der Lage in direkter Nachbarschaft begründet sein.944 Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, dass schon vor dieser Bruderschaft eine enge Beziehung zwischen Tuchmacherinnung und Kloster bestand. So könnten seitens des Klosters Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden sein, welche von der Tuchmacherinnung als Zunftlokal genutzt worden sind.945 Das Augustinereremitenkloster selbst gehörte in der sächsisch-thüringischen Augustinerprovinz nicht zu den bedeutenderen Konventen. Es war aber immerhin groß genug, dass 1348 hier ein Kapitel dieser Ordensprovinz stattfinden konnte. Im Rahmen der Reformbewegung der 1470er Jahre verließen dann viele Brüder das Kloster und im Zuge der Reformation ging es schließlich ein.946 Ob die Kirche des Klosters auch für die sie umgebende Siedlung Pfarrfunktionen wahrnahm, ist nicht überliefert. Noch heute heißt jedoch ein westlich liegender Platz Gottesacker und die hier befindliche im 17. Jahrhundert errichtete Trinitatiskirche trägt den Namen Gottesackerkirche.947 Einen Hinweis auf einen möglicherweise hier befindlichen Friedhof liefert noch eine Quelle aus dem Jahr 1313. Ein in Langensalza liegender, nicht näher genannter Friedhof wurde in diesem Jahr nach vorangehender Entweihung durch einen Bischof auf dessen Bitte hin neu geweiht und entsühnt.948 Alfred Overmann meint, es handele sich bei dem betreffenden Bischof um den damaligen Mainzer Weihbischof und Augustinereremiten Johannes Messerer, obwohl der Quellentext selbst keinen Hinweis auf die Identität des Bischofs gibt.949 Kunzelmann wiederum folgert daraus, dass, falls dieser als Weihbischof selbst um die 944 945 946 947 948 949
Zur Lage der Tuchmachergasse vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. Kap. I.4. KUNZELMANN: Augustiner-Eremiten 5, S. 160f. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Zur Gottesacker- oder Trinitatiskirche vgl. Kap. II.4.8.1. UB Erfurter Stifter 1, Nr. 963. Original: SHStA Dresden 10001, Nr. 1985. Regest in: UB Erfurter Stifter 1, Nr. 963 mit Anm. 1. Vogt verweist in seinen Regesten der Erzbischöfe von Mainz darauf, dass es sich auch um den Mainzer Domherren Berthold von Henneberg gehandelt haben könnte, welcher seit 1307 Mainzer Weihbischof war. In dieser Funktion ist er aber nur bis 1312, seinem wahrscheinlichen Todesjahr belegt. Seit 1312/13 war Johannes Messerer, Titularbischof von Lavata, Mainzer Weihbischof in Erfurt. Insofern kann es sich bei dem Bischof von 1313 in Langensalza kaum um Berthold von Henneberg handeln. Allerdings begegnet parallel zu Johannes Messerer auch Ludwig von Maronien als Mainzer Weihbischof. Dieser war jedoch gleichfalls Angehöriger des Augustinerordens. (Anm. zu Regesten der Erzbischöfe von Mainz 1,1, Nr. 1563. WENDEHORST: Bischofsreihe von 1254-1455, S. 18f. KUNZELMANN: Augustiner-Eremiten 2, S. 20, mit Anm. 60 u. S. 54f.
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Erlaubnis zur Weihe gebeten habe, könne es sich durchaus um den Friedhof der Augustiner in Langensalza gehandelt haben.950 Wobei damit immer noch nicht bewiesen ist, dass der Friedhof auch Bestattungsplatz für die Bewohner der umliegenden Siedlung war. Das Mainzer Subsidienregister erwähnt weder das Augustinerkloster noch die Kirche und kann damit keine Auskunft über mögliche Pfarrfunktionen geben.951 Aber immerhin diente die Kirche nach der Säkularisation von 1540-1556 als städtische Pfarrkirche.952 Sollte die Kirche diese Funktionen schon vor der Reformation ausgeübt haben, wäre dieses wiederum Bestätigung für die oben angestellten Überlegungen zur Entstehung der Jakobsvorstadt aus verschiedenen Siedlungskernen. Zwei unterschiedliche Kirchspiele dürften durchaus auf unterschiedliche Entstehungszusammenhänge verweisen. Im späten 15. Jahrhundert kam zu den schon bestehenden drei Klöstern der Stadt noch ein weiteres hinzu. Der Mainzer Erzbischof Adolf II. erlaubte im Jahr 1470 auf Bitten des Stiftes Dorla mit Zustimmung von Abt und Konvent des Klosters Homburg dem Stift Dorla die Stephanskirche zu inkorporieren.953 Im darauffolgenden Jahr genehmigte Erzbischof Adolf von Mainz die Verlegung des Stiftes von Dorla nach Langensalza 954 und 1472 erfolgten die Bestätigungen durch Landgraf Wilhelm III. und erneut durch Erzbischof Adolf.955 Die landgräfliche Urkunde betätigt darüber hinaus umfangreiche Rechte und Besitzungen des Stiftes in und um die Stadt und regelt das Verhältnis zwischen dem Rat, den Bürgern und dem Stift. Des Weiteren bekannten der Rat und die ganze Bürgergemeinde, alle getroffenen Regelungen einzuhalten. Außerdem befreite Wilhelm den Pfarrhof und die Häuser auf dem Kirchhof von allen Geschoss, Diensten, Reisen,
950 951
952 953
954 955
KOCH: Erfurter Weihbischöfe, S. 70. MAY: Geistliche Ämter, S. 524f. FELDKAMM: Erfurter Weihbischöfe, S. 5 u. 36-38.). KUNZELMANN: Augustiner-Eremiten 5, S. 160. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1830-1883. Nicht erwähnt werden sie, weil das Augustineremitenkloster, wie schon die Franziskaner im St. Jakobskloster keine Subsidien zu zahlen hatten. (Vgl. oben). SOMMER: Langensalza, S. 52. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab, Nr. 10. Göschel datiert die Urkunde irrtümlich auf 1471. (GÖSCHEL: Chronik 2, S. 49.). Die Urkunde ist jedoch eindeutig in den August 1470 datiert. (StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab, Nr. 10, Z. 31f.) Zur Übersiedlung des Klosters vgl. auch: GÖSCHEL: Chronik 2, S. 53-55. Zur Verlegung des Dorlaer Stiftes an die Stephanskirche vgl. auch: Mainzer Subsidienregister, Nr. 1751 u. 1754, S. 203 u. Nr. 1837, S. 211. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab Nr. 10. Abdruck des Urkundentextes in: WOLF: Kirchengeschichte, S. 61-67. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab Nr. 12f. Abdruck des Urkundentextes der landgräflichen Urkunde in: WOLF: Kirchengeschichte, S. 55-60. Zum Inhalt: GUTBIER: St. Petri et Pauli, S. 54f.
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Graben, Wachen und aller Auflegung. Darüber hinaus hatten weder seine Nachkommen noch der Bürger ihre Erben und nachkommen darauf und darinnen nichts gebieten noch zu gebieten […] ausgenommen ob Erbzinse darauf stünden.956 Die Zustimmung des Rates und der Bürgerschaft erkaufte sich der Landgraf wohl damit, dass er den Chorherren und Vikaren zwar erlaubte Bier zu brauen, aber nur in solchem Umfang, wie es für den Eigengebrauch notwendig war. Er untersagte ihnen, dieses in einer Taverne auszuschenken, und darüber hinaus verbot er ihnen, Handel zu treiben. Des Weiteren war verboten, dass die geistlichen Herren weltliche Sachen vor ihrem Gericht verhandelten. Andererseits sollten die Bürger die Freiheiten und Rechte der Chorherren unangetastet lassen.957 Diese umfangreichen Regelungen waren notwendig, um Konflikte zwischen den Bürgern und den Chorherren, wie sie in anderen Städten auch vorkommen, zu vermeiden. So ist in Städten durchaus zu beobachten, dass die Geistlichkeit im Interesse ihres Oberherrn versuchte, in die Verhältnisse der Stadt einzugreifen und Einfluss auf die städtische Politik zu nehmen. Diese Konflikte konnten zum Teil jahrzehntelang andauern.958 Das Peter und Pauls Stift zu Dorla war einer der zentralen Orte des Mainzer Erzbischofes in Thüringen. Dorla war der Hauptort des Archidiakonates Dorla und wenn der Mainzer Erzbischof in Dorla weilte, dürfte er sich im Stift aufgehalten haben.959 Die Verlegung nach Langensalza ist deshalb insofern erstaunlich, weil doch der Mainzer 1400 auf seine Ansprüche an der Stadt verzichtet hatte. Über die Hintergründe der Verlegung gibt die Bestätigung Landgraf Wilhelms Auskunft. Hier heißt es, das Stift sei unbefestigt, keinerlei wehrhafte Gebäude böten Schutz. Des Weiteren war es durch mehrfachen Brand und anderweitige, nicht näher genannte Katastrophen erheblich in seiner Substanz geschädigt worden. Die Schäden müssen so erheblich gewesen sein, dass ein Neuaufbau vorgenommen werden musste. In diesem Zusammenhang sollte das Stift gleich an einen sichereren Ort verlegt werden.960 In welchem Zusammenhang es zu den Brandkatastrophen und der Verwüstung des Stiftes gekommen war, wird nichts Unmittelbares ausgesagt. Die Verlegung hinter die Mauern einer Stadt verweist aber auf durchaus vorhandene Bedrohungen im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Noch deutlicher wird dies im Bestätigungsschreiben Erzbischof Adolphs. Hier wird di-
956 957 958 959 960
StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab Nr. 13. WOLF: Kirchengeschichte, S. 57-60. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab Nr. 13. Urkunden zur eichsfeldischen Kirchengeschichte, S. 57-60. Vgl. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 643-647. Vgl. KÜTHER: Art. Oberdorla, S. 315. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab Nr. 13. WOLF: Kirchengeschichte, S. 56.
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rekt davon gesprochen, dass Kriegshandlungen zu massiver Schädigung des Stiftes geführt hatten.961 Unmittelbare Kriegshandlungen im Umkreiss des ehemaligen Klosterplatzes in Dorla sind für diese Zeit jedoch nicht überliefert. Lediglich im Zuge des sächsischen Bruderkrieges der 1440er Jahre kam es auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen in Thüringen. Wobei sich diese zunächst eher auf den Norden und den sächsischen Raum um Naumburg konzentrierten. Im Jahr 1447 erschien dann der Bischof von Naumburg vor Freyburg an der Unstrut und anschließend wurde der Krieg bis ins mittlere Saaletal getragen, während das nordwestliche und westliche Thüringen unberührt blieb. Auch sonst konzentrierten sich die Auseinandersetzungen eher auf den östlichen Teil Thüringens.962 Im Mai 1447 sammelte Herzog Wilhelm dann beim etwa 15 Kilometer nordöstlich von Dorla liegenden Körner seine Truppen, um dem in der Soester Fehde bedrängten Mainzer Erzbischof zu Hilfe zu eilen. Aber auch in diesem Zusammenhang ist nichts über Auswirkungen auf die Region um Dorla bekannt.963 Auch die folgenden Auseinandersetzungen in Thüringen, die durch Fehden ausgelöst worden waren, in welche nahezu der gesamte thüringische Adel verstrickt war, konzentrierten sich eher auf den Saaleraum und die Gebiete östlich davon. Im Zuge des Konfliktes um den Mainzer Stuhl in den frühen 1460er Jahren ist ebenfalls nichts über Kriegshandlungen in Westthüringen überliefert.964 Vorstellbar ist nur, dass im Zuge einer dieser Fehden auch das Dorlaer Stift Schaden erlitten hatte. Möglicherweise wurde hier aber nur etwas nachgeholt, was im Fall der anderen Archidiakonatssitze schon bestand. So lag der Sitz des Archidiakons von Heiligenstadt in Heiligenstadt. Die zwei Erfurter Archidiakonatssitze St. Severi und St. Marien befanden sich in Erfurt und Jechaburg lag unmittelbar vor der Stadt Sondershausen.965 Drei der vier Thüringer Archidiakonate hatten ihr Zentrum in einer Stadt, und dieses traf auch für das Eichsfelder Archidiakonat Heiligenstadt zu. Nur Dorla lag noch auf dem Land und wurde jetzt in die Stadt als „modernes“ Zentrum einer Region verlegt. Hintergrund hier war wahrscheinlich auch, da die bessere Infrastruktur einer Stadt und ihre Einbindung in den Raum aus verwaltungstechnischer Sicht günstiger für einen solchen Mittelpunkt war. Langensalza war damit jetzt Zentrum des Archidiakonats Dorla und Sitz des Sedessprengels Salza/Ufhoven. Bezeichnet wurde das Archidiakonat aber weiterhin als Dorla.966 961 962 963 964 965 966
StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, Ab Nr. 12. WOLF: Kirchengeschichte, S. 61. PATZE: Politische Geschichte, S. 132-135. PATZE: Politische Geschichte, S. 135. PATZE: Politische Geschichte, S. 135-141. Vgl. hierzu Karte in: Mainzer Subsidienregister. Mainzer Subsidienregister, Nr. 417, S. 53 u. 1750, S. 203. Mainzer Subsidienregister, Editionsanhang Nr. 1, S. 383 u. Nr. 2, S. 387.
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4.8.3 Die Hospitäler und Kapellen der Stadt – Einrichtungen auswärtiger Klöster Neben den Klöstern gab es in der Stadt und im näheren Umfeld eine Reihe von Hospitälern. So unterstellte Günther von Salza im Jahr 1272 dem Kloster Volkenroda ein Hospital, welches sein Vater Hugo zur Memoria, zu seinem und seiner Familie Seelenheil errichtet hatte.967 Das Hospital war demzufolge vor 1272 gegründet. Da Hugo von Salza letztmalig 1261 in einer Urkunde zeugt, ist davon auszugehen, dass er kurz danach verstorben ist. Die Gründung dürfte spätestens in den frühen 1260er Jahren erfolgt sein.968 Nach Carl Friedrich Göschel lag dieses Hospital außerhalb der Mauern vor dem Erfurter Tor der Altstadt. 969 Die Übertragungsurkunde von 1272 bezeichnet es aber lediglich als hospitale civitatis Salzensis970 und es wird nicht ersichtlich, welches Patrozinium es trug und wo genau es sich befunden hat. Überliefert werden die Patrozinien dann in der Bestätigungsurkunde des Mainzer Erzbischofs vom selben Tag. Hier heißt es, das durch Hugo gegründete Hospital sei beate et intemerate virgini Marie et beato Georgio martyri geweiht. Auch hier wird aber weiter erwähnt, es sei extra villam Salza predictam situatum.971 Das Mainzer Subsidienregister von 1506 erwähnt das Hospital nicht.972 Da es aber 1385 durch Erzbischof Adolf I. von Mainz eine Ordnung bekam, bestand es wenigstens noch im 14. Jahrhundert.973 Prinzipiell könnte aus der Nichterwähnung im Subsidienregister gefolgert werden, dass es bereits nicht mehr bestand. Allerdings war das Hospital schon kurz nach seiner Gründung durch die Gründerfamilie an das Kloster Volkenroda übertragen wurden. Dieses wiederum gehört zu den exemten Klöstern im Archidiakonat Jechaburg, die kein Subsidium caritativum zahlen mussten.974 Deshalb dürfte auch das Hospital dem Mainzer Erzstift nicht abgabenpflichtig gewesen sein. Das Hospital verfügte über nicht unerheblichen Grundbesitz, welcher, wie die Flurkarte der Langensalzaer Gemarkung von 1863 zeigt, in der Flur zwischen Merxleben und Langensalza lag.975 967 968 969 970 971 972 973 974 975
Historia Monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § XXXIV, S. 762. Regesten Salza, Nr. 60. Dob III, Nr. 2923. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 79. Historia Monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § XXXIV, S. 762. Historia Monasterii Volcolderodensis Diplomatica, § XXXV, S. 763. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1830-1884. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, D Nr. 1. In seiner ursprünglichen Form bestand das Hospital noch bis 1625. (SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 58.) Mainzer Subsidienregister, Editionsanhang, Nr. 5, 5. LATh-StA Gotha Katasteramt Langensalza I, 9/2-4, Karte Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Langensalza, Gemarkung Langensalza, No. 24, fol. 9.
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Auffällig ist, dass die Einrichtung des Georgshospitals und des Augustinerklosters durch die Herren von Salza in einem engen zeitlichen Kontext mit der Erwähnung Langensalzas als oppidum im Jahr 1268 und als civitas im Jahr 1282 und zu der für die Mitte des 13. Jahrhunderts angenommen Stadterhebung stehen.976 Es ist anzunehmen, dass sowohl der gezielte Ausbaus Langensalzas zur Stadt und als Stadt durch die Ministerialen von Salza als auch die Einrichtung eines Hospitals und vor allem eines Klosters vor dem Hintergrund geschahen, einen religiösen Mittelpunkt ihrer Herrschaft um Langensalza977 zu schaffen und damit den repräsentativen Charakter ihres Herrschaftsmittelpunktes aufzuwerten. Des Weiteren ist anzunehmen, dass die Gründung des Augustinerklosters auch vor dem Hintergrund einer Familiengrablege und der Versorgung von Familienangehörigen erfolgte. Neben dem St. Georgshospital978 und dem ebenfalls schon genannten Leprosium St. Gangolphi,979 erwähnt das Mainzer Subsidienregister von 1506 ein weiteres Hospital, das Hospital sancti Iohannis, welches intra murros lag.980 Damit ist es eindeutig innerhalb der Ummauerung zu suchen, und zwar in einer der drei Langensalzaer Teilstädte. Gustav Sommer beschreibt es im Band Bad Langensalza der Bau- und Kunstdenkmäler als in der Enggasse, welche sich im Süden der Jakobsstadt befand, gelegen.981 Nach Hermann Gutbier handelt es sich aber um das spätere St. Wendelinhospital gegenüber dem Augustinerkloster direkt vor dem inneren Mühlhäuser Tor. Der hl. Wendelin ist als Patron im Zusammenhang mit dem dort gelegenen Hospital erstmals im Jahr 1606 überliefert.982 Sommer stellte die Situation noch 1834 in seinem Grundriss der Stadt Langensalza folgendermaßen dar: St. Wendelin befand sich im Norden vor dem Inneren Mühlhäuser Tor, während das Georgshospital und nicht das Johanneshospital am östlichen Ende der Engen Gasse noch innerhalb der Jakobsstadt, aber knapp außerhalb der Altstadt lag. Letzteres widerspricht aber wiederum Sommers späterer Darstellung in den Bau- und Kunstdenkmälern von 1879. Zudem ist das
976 977
978 979 980 981 982
Zur Stadterhebung vgl. Kap. II.4.4.3. Über den Umfang der Herrschaft der Ministerialen von Salza gibt die Urkunde über die Aussöhnung der Ministerialen mit Landgraf Friedrich von 1347 Auskunft. Neben der Stadt werden hier fünf Dörfer (Wiegleben, Aschersleben, Eckartsleben, Zimmern und Kleinvargula) im unmittelbaren Umfeld Langensalzas als Besitz der Ministerialen genannt, deren Fluren wohl weitgehend an die Stadtflur gegrenzt haben dürften. (Vgl. SHStA Dresden 10004 Kopiale 25, fol. 5. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 227.). Vgl. Kap. II.4.8.1 u. II.4.8.2. Vgl. Kap. II.4.6.2. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1858. SOMMER: Langensalza, S. 53. GUTBIER: Baugeschichte, S. 28.
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Johanneshospital im Grundriss von 1834 überhaupt nicht verzeichnet.983 Gustav und Hermann Schütz berichten, dass das Georgshospital erst 1625 im Zuge des Dreißigjährigen Krieges an das östliche Ende der Engen Gasse verlegt worden sei. Vorher befand es sich innerhalb der Erfurter Vorstadt.984 Es befand es sich demnach mit einiger Wahrscheinlichkeit ursprünglich direkt vor dem inneren Erfurter Tor der Altstadt an der Straße nach Erfurt.985 Gegen eine Lokalisierung des Georgshospitals an der Stelle des späteren Wendelin Hospitals spricht eine Urkunde aus dem Jahr 1493. In ihr wird das gegenüber dem Augustinerkloster gelegene Hospital als „Neues Hospital“ bezeichnet. Diese Bezeichnung muss sich auf ein älteres Hospital beziehen. Wie die Beschreibung gein den Augustinern liegen986 deutlich macht, handelt es sich um das neue, gegenüber dem Augustinerkloster liegende Hospital. Die genaue Lagebeschreibung deutet auf ein weiteres Hospital jüngeren Datums hin, mit dem möglicherweise die Gefahr der Verwechslung bestand. Bereits 1446 erfolgte durch Katharina Goszwin wonhaftig czu Erfforte, erbarn burgerin cztu Salcza, und Elisabeth goszwin clostir frowe czu den wissenfrowuen czu Erfforte die Stiftung einer Marienkapelle, die gelegen ist vor deme molhuszer thore kegen den Augustinern czu Salcza.987 Katharina und Elisabeth Goswin statteten die Kapelle weiterhin mit einer Johannis baptiste sanctor et Petri et Pauli ap., der heiligen dry Konige, der heiligen frouwen sancte Anne und der heiligen Jungfrauwe sancte Barbara geweihten Vikarie aus, welche mit jährlichen Einkünften von 30 Rheinischen Gulden dotiert war. Die Aufsicht über die Kapelle sowie die Einkünfte der Vikarie übertrug sie an den Rat und verfügte außerdem, dass dieser auch einen Priester zur Seelsorge bestellen solle.988 Über Katharina Goswin ist bekannt, dass sie nicht nur in Langensalza eine Kapelle stiftete und ausstattete, sondern auch in Erfurt umfangreiche Stiftungen für 983 984 985
986 987 988
Grundrissplan von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.). SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 58. In diesem Bereich befand sich bis ins 19. Jahrhundert ein Waisenhaus. Dieses Waisenhaus wurde nach Gustav und Hermann Schütz im 18. Jahrhundert im Bereich des dort befindlichen St. Elisabeth Hospitals eingerichtet. Wie noch zu zeigen sein wird, befand sich das Elisabethhospital aber in den Niederhöfen. Demgegenüber verzeichnet der Grundrissplan von 1834 das Waisenhaus eindeutig im Bereich der Erfurter Vorstadt. Deshalb dürften sich Gustav und Hermann Schütz insofern irren, als die Einrichtung nicht an Stelle des St. Elisabeth-, sondern im ehemaligen Georgshospitals erfolgt sein muss. (SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 272f. Grundrissplan von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.). GUTBIER: Baugeschichte, S. 28. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 62. Das Original konnte bisher nicht aufgefunden werden. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, A, Nr. 1, Z. 1-6. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, A, Nr. 1, Z. 10-18.
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die Magdalenerinnen tätigte. Das Testament Katharinas erwähnt darüber hinaus Stiftungen an das Kloster Homburg und die Augustinereremiten in Erfurt. Katharina Goswin stammte vielleicht ursprünglich aus Erfurt und war mit einem reichen Langensalzaer Ratsherren989 und Waidhändler verheiratet. Andrea Wittkampf hält es für möglich, dass Katharina und ihre Tochter Elisabeth 1438 oder im Jahr darauf, wegen eines verheerenden Stadtbrandes in Langensalza oder der im folgenden Jahr in der Stadt ausgebrochenen Pest nach Erfurt übersiedelten. Elisabeth trat dann in das Weißfrauenkloster in Erfurt ein und war dort zwischen 1449 und 1478 Priorin.990 Die Kapelle lag wie das „Neue Hospital“ gegenüber dem Augustinerkloster. Jedoch gibt die Urkunde von 1446 keinerlei Hinweise auf ein an dieser Stelle bestehendes Hospital. Die Lokalisierung vor dem Mühlhäuser Tor, muss, wenn sie mit der weiteren Beschreibung „gegenüber den Augustinern gelegen“ in Einklang gebracht werden soll, auf das „Innere Mühlhäuser Tor“ bezogen werden. Der Bauplatz an dieser Stelle ist sehr begrenzt.991 Die Kapelle kann damit nur auf dem Gelände des 1493 erstmals erwähnten Hospitals oder unmittelbar an dieses angrenzend errichtet worden sein. Wenn das Hospital 1446 nicht erwähnt wird, dürfte es auch noch nicht bestanden haben. Aus der Urkunde von 1493 lässt sich auch nicht, wie beispielsweise Hermann Gutbier meint, ableiten, dass dieses Hospital dem hl. Johannes geweiht war.992 Ein Johannespatrozinium ist nur für die Vikarie der Kapelle überliefert. Die Kapelle selbst trägt ein Marienpatrozinium. Sicher in den Quellen nachweisbar ist somit nur die Bezeichnung „Neues Hospital“. Damit lassen sich bisher lediglich das „Neue Hospital“ als vor dem „Inneren Mühlhäuser Tor“ gelegenen und das in der Erfurter Vorstadt befindliche „Georgshospital“ lokalisieren. Ob Johanneshospital und das „Neue Hospital“, wie die ältere Forschung meint, identisch sind, muss vorerst unklar bleiben. Zurückzukehren ist nun zum Mainzer Subsidienregister von 1506. Dieses erwähnt das dem hl. Gangolf geweihte Leprosenhospital vor der Stadt, das Johanneshospital und ein vorerst nicht zuzuordnendes Hospitale intra.993 Das St. Johanneshospital wird als innerhalb der Mauern gelegen bezeichnet, sonst ist nichts
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Die Familie Goswin stellte im 15. Jahrhundert häufig Mitglieder des Rates (1403: Hans Goswin; 1430: Apel Goswin; 1432: Johann Goswin), Kämmerer: (1434, 1443: Hermann Goswin). Vgl. hierzu die städtischen Rechnungsbücher in: StadtA Bad Langensalza RII, 4 fol. 100a; R II, 7 fol 204a u. fol. 345b; RII, 8 fol 1 u. 75b. WITTKAMPF: Klosterreform im spätmittelalterlichen Erfurt, S. 136. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Vgl. GUTBIER: Baugeschichte, S. 28. Vgl. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1830-1878.
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weiter darüber zu erfahren. Weder werden ein St. Wendelin – ein „Neues Hospital“ noch ein Georgshospital erwähnt. Auch die 1446 gestiftete Kapelle findet im Zusammenhang mit dem Johanneshospital keine Erwähnung. Die 1446 gestiftete Vikarie wird gleichfalls nicht im Zusammenhang mit dem Johanneshospital genannt. Hierunter eingeordnet werden lediglich eine St. Thomas und den Heiligen drei Königen geweihte Vikarie und zwei weitere Vikarien ohne Nennung der Patrozinien.994 Immerhin ist aber denkbar, dass sich die Vikarie von 1446 hinter einer der zwei nicht näher bezeichneten verbirgt. Erwähnt wird allerdings eine zur Stephanskirche gehörige Marienkapelle mit einer Vikarie.995 Dass es sich hierbei um die Gründung von 1446 handelt, dürfte aus folgenden Gründen wahrscheinlich sein: So ist diese Kapelle keinesfalls mit der ebenfalls ein Marienpatrozinium tragenden Kirche in den Niederhöfen gleichzusetzen. 996 Diese wird als Kapelle im Subsidienregister gesondert erwähnt.997 Die von Katharina und Elisabeth Goswin gestiftete Kapelle befand sich demnach in der Parochie der Stephanskirche und damit in der Neustadt. Dieses wiederum würde mit der Lagebeschreibung der 1446 gestifteten Marienkapelle, welche gegenüber dem Augustinerkloster beim „Inneren Mühlhäuser Tor“ errichtet worden ist, übereinstimmen. Sie lag noch in der Neustadt während die Jakobsstadt gegenüber beim Augustinerkloster begann. Deshalb könnte es sich bei einer der im Subsidienregister von 1506 nicht näher bezeichneten Vikarien um die im Zusammenhang mit der Marienkapelle 1446 gestifteten handeln, zumal die 1506 genannte Marienkapelle wie die Stiftung von 1446 eine den heiligen drei Königen geweihte Vikarie besaß. Die Situation stellt sich damit vorerst folgendermaßen dar. Unzweifelhaft ist die Lokaliserung des St. Gangolfi-Spitals, welches noch heute als Bau erkennbar ist. Es lag weit außerhalb der Stadt an der Straße nach Erfurt. Die Existenz des Georgshospitals ist schon wegen der erlassenen Ordnung von 1385 ebenfalls unzweifelhaft; es lag wohl in der Erfurter Vorstadt, wurde später aber in die Jakobsstadt westlich des Lindenbühler Tores verlegt. Auch das Johanneshospital ist wegen seiner Erwähnung im Mainzer Subsidienregister von 1506 nachweisbar, kann aber, außer dass es innerhalb der Mauern gelegen war, anhand der Schriftquellen nicht näher lokalisiert werden. Hinzu kommt noch das im Subsidienregister nicht erwähnte „Neue Hospital“, welches entweder ein weiteres Hospital neben den genannten oder aber mit dem Georgsoder dem Johanneshospital identisch ist.
994 995 996 997
Mainzer Subsidienregister, Nr. 1858 u. 1877f. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1832. Vgl. Kap. II.4.8.1. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1855-1857.
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Zurückzukommen ist nun auf das im Mainzer Subsidienregister ebenfalls erwähnte hospitale intra. Genannt wird es direkt anschließend an die Marienkapelle der Niederhöfe.998 Es könnte demzufolge ein an diese Kirche angeschlossenes Hospital sein.999 So ist eingangs erwähnt worden, dass die ältere Forschung noch ein weiteres Hospital, das St. Elisabethhospital, in Langensalza lokalisiert. Nach Hermann und Gustav Schütz soll sich in der Nähe des Georgshospitals vor dem Erfurter Tor in Nachbarschaft zum späteren Waisenhaus noch ein Elisabethhospital befunden haben.1000 Dieses Hospital wird in einer Urkunde des Rates aus dem Jahr 1454 aber als in den Niederhöfen und außerhalb der Mauern und nicht in der Erfurter Vorstadt gelegen bezeichnet.1001 Gegründet und dotiert worden ist dieses Hospital am 15. August 1412 durch die proconsules et consules in Salcza, welche gleichzeitig die procuratores novi hospitalis waren. Die Gründungsurkunde verortet das Hospital ebenfalls eindeutig in den Niederhöfen und darüber hinaus in der Parochie der Stephanskirche.1002 Zur Einrichtung des Hospitals an dieser Stelle war des Weiteren, wie schon bei der ursprünglichen Gründung des Magdalenerinnenklosters bei der Marienkirche, die Zustimmung des Abtes und des ganzen Konventes des Klosters Homburg notwendig.1003 Notwendig war dieses, weil St. Stephan dem Kloster Homburg inkorporiert war und damit dem Kloster auch die Marienkirche unterstand. Die Bestätigungsurkunde des Rates aus dem Jahr 1454, welcher immer noch die Vormundschaft über das Hospital innehatte, nennt neben dem Elisabethpatrozinium noch ein Heiliges Kreuz- und ein Martinspatrozinium.1004 Bei diesem Hospital handelt es sich anders als beim Georgshospital um eine eindeutig städtische Gründung. Es stand auch unter städtischer Vormundschaft und wurde somit durch den Rat verwaltet.1005
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Mainzer Subsidienregister, Nr. 1876f. Die Bezeichnung hospitale intra könnte sich, da es im Register direkt auf die Marienkapelle, welche in den Niederhöfen außerhalb der Mauern gelegen ist, folgt, auch auf diese zu beziehen. Der Begriff intra ist dann so zu verstehen, dass es das Hospital innerhalb der Marienkirche ist – dass es zu dieser gehört. Dass damit eine Lage innerhalb der Stadt gemeint ist, scheint deshalb auszuscheiden, weil im Fall des tatsächlich in der Stadt liegenden Johannesklosters Letzteres als intra murros liegend beschrieben wird. (Vgl. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1858 u. 1874f.). SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 88f. …, in parochialis Sancte Stephanie in inferioribus extra murros apud Salcza sitam[…] (StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, B Nr. 7, Z. 2f.). StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, b Nr. 4, Z. 1-6. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, Nr. 4, Z. 7. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, B Nr. 7, Z. 2. StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, B Nr. 7. SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 84f.
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Wie das Hospital gegenüber dem Augustinerkloster wird auch dieses als „Neues Hospital“ bezeichnet. Dieser Umstand ist insofern erstaunlich, weil diese Bezeichnung für das Spital vor dem inneren Mühlhäuser Tor noch 1493 benutzt worden ist, während das in den Niederhöfen 1412 und 1454 so genannt wurde.1006 Hieraus wiederum ergeben sich neue Fragen bezüglich der Entstehungszeit des beim Augustinerkloster gelegen Hospitals. Erneut ist darauf zu verweisen, dass in der Stiftungsurkunde der Marienkapelle im Jahr 1446 kein Hospital an dieser Stelle erwähnt wird, es vielmehr erstmals 1493 überhaupt in den Quellen entgegentritt. Daraus wiederum ließen sich weitreichende Folgerungen hinsichtlich der Entstehungszeit dieses Hospitals ziehen: Das Hospital vor dem inneren Mühlhäuser Tor muss nach dem in den Niederhöfen und nach 1454 gegründet worden sein und wurde deshalb 1493 in Bezug auf das ältere in der Stadt gelegene Hospital St. Georg als „Neues Hospital“ und als Unterscheidung zum gleichfalls neu gegründeten Elisabethhospital in den Niederhöfen als gegenüber dem Augustinerkloster gelegen bezeichnet. Gerade diese späte Einrichtung, aber auch der Umstand, dass die wohl dem Hospital vorangehende Marienkapelle unter anderem durch die in Erfurt wohnhafte Langensalzaer Bürgerin Katharina Goswin und ihre Tochter gestiftet worden ist, könnte das Johanneshospital gleichfalls als bürgerliche Gründung ausweisen. Zusammenfassend stellt sich die Situation somit folgendermaßen dar: Spätestens in den 1260er Jahren gründete Hugo von Salza ein Hospital in der Erfurter Vorstadt. Im frühen 15. Jahrhundert wurde dann durch den Rat in den Niederhöfen ein weiteres, das Elisabethhospital, gegründet, und nach der Mitte des 15. Jahrhunderts ist das Spital gegenüber dem Augustinerkloster vor dem inneren Mühlhäuser Tor eingerichtet worden. Diese drei Hospitäler sind sicher auch anhand der Schriftquellen nachweisbar. Unklar ist, ob das Johanneshospital mit dem gegenüber dem Augustinerkloster gelegenen Hospital identisch ist oder ob es sich um eine weitere nicht genauer zu lokalisierende Einrichtung handelt. Des Weiteren kommt noch das weit außerhalb liegende Leprosenhospital hinzu. Insgesamt sind somit vier Hospitäler sicher nachzuweisen. Das Elisabethhospital befand sich an der Straße zur Unstrutfurt nach Merxleben, und dieser Weg führte von da aus weiter nach Nordosten in Richtung Sondershausen. Das Georgshospital lag an der Straße nach Südosten, und diese wiederum führte weiter nach Erfurt, aber auch von dem aus Gotha kommenden Weg war es gut zu erreichen. Das „Neue Hospital“, welches gegenüber dem Augustinerkloster lag, war an der ebenfalls wichtigen Fernstraße nach Mühlhausen errichtet worden, und das Leprosenhospital lag etwas abseits der Straße nach Erfurt. Damit waren die Hospitäler alle an den wichtigen Fernstraßen nach Norden, Osten und Süden errichtet worden, während sich an der westlichen Ausfallstraße nach Eisenach 1006
StadtA Bad Langensalza Abt. III, IV, B Nr. 7.
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keines lokalisieren lässt. 1007 Insofern könnte das gegenüber dem Augustinereremitenkloster lokalisierte „Neue Hospital“, welches im Subsidienregister von 1506 nicht genannt wird, mit dem hier jedoch erwähnten Johanneshospital identisch sein. Deshalb ist nicht völlig auszuschließen, dass sich das Johanneshospital im Westen der Jakobsstadt im Bereich des sogenannten „Kriegstores“ befunden haben könnte. Anhand der älteren Pläne Langensalzas lässt sich jedoch ein entsprechend genutztes Areal nicht nachweisen.1008 Neben den bisher genannten kirchlichen Einrichtungen existierte noch eine weitere Kapelle, welche durch die Zisterzienser errichtet worden war. Für deren Bau hatte Christian, Bischof von Samland, dem Zisterzienserorden 1276 die Erlaubnis erteilt.1009 Somit versuchten auch die Zisterzienser augenscheinlich schon recht bald nach dem Abschluss der Stadtwerdung im Raum Langensalza Fuß zu fassen. Im Subsidienregister von 1506 lässt sich eine solche Kapelle nicht nachweisen1010 und auch ihre Lage ist nicht mehr festzustellen. Möglicherweise handelt es sich bei dieser Kapelle um die am Dammweg nach Merxleben vor dem Klagetor gelegene Nikolauskapelle. 1011 Zwar wird in der Gründungsbestätigung von 1276 kein Patrozinium genannt,1012 aber es gibt vielleicht einen anderen Hinweis darauf, dass es sich hierbei um dieselbe Kapelle handeln könnte. Auch das vor 1291 gegründete Döllstedter Zisterzienserinnenkloster besaß neben dem Peter-Patrozinium auch Nikolaus als Patron. Die zum Kloster gehörige Kirche war sogar ausschließlich dem hl. Nikolaus geweiht. Auch ansonsten scheint es einen engen Zusammenhang zwischen Langensalza und dem Kloster Döllstedt gegeben zu haben. So lässt sich für das Jahr 1315 eine Äbtissin aus dem Geschlecht der Herren von Salza nachweisen.1013 In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf den gleichfalls in diesem Gebiet anzutreffenden Straßennamen Klostergasse zurückzukommen. 1014 Wahrscheinlich ist, dass dieser Straßenname nicht im Zusammenhang mit einem weiteren, bisher unbekannten Kloster steht, sondern sich auf einen Hof eines Klosters bezieht. Dieser könnte dann ein Hof des Klosters Döllstedt bei Langensalza gewesen sein, und die Nikolauskapelle ist die Kapelle des Hofes. 1007 1008 1009 1010
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Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Grundrissplan von 1834. (StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2.). SHStA Dresden 100001: Originalurkunden, Nr. 878. UB Mühlhausen, Nr. 254. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1829-1883. Das Fehlen im Subsidienregister erklärt sich daher, dass die Zisterzienser wie schon die Franziskaner kein Subsidium caritativum zahlen mussten. (HEINEMEYER: Die Erfurter „Grünen Bücher“, S. 256 Anm. 55. Auch oben. Kap. II.4.8.2.). Vgl. Kap. II.4.6.5. SHStA Dresden 100001: Originalurkunden, Nr. 878. Vgl. Kap. II.4.6.5. Vgl. SIMON: Art. Döllstedt, S. 359-369. Vgl. Kap. II.4.6.5.
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Darüber hinaus verfügte das Kloster Reinhardsbrunn über einen Hof in Langensalza, von welchem die Abgaben der umliegenden Güter eingezogen wurden und noch im 16. Jahrhundert befand sich eine Reinhardsbrunner Kollektorei in diesem Hof.1015 Diese Besitzungen setzten sich aus 1365 getätigten Schenkungen des Erzbischofs von Mainz und der Landgrafen Friedrich und Balthasar zusammen. Auch die Brüder Johann und Günther von Salza hatten ihren Siedelhof in Langensalza dem Kloster überlassen.1016 Während der an das Kloster Reinhardsbrunn übertragene mainzische Besitz in der Nähe des Jakobstores lag, wird über die Lage der landgräflichen Schenkung nichts ausgesagt. Der durch die Herren von Salza 1365 geschenkte Siedelhof wird wiederum als eindeutig innerhalb der Mauern der Stadt gelegen bezeichnet. Auch die Schenkung des Mainzers und der Landgrafen setzte sich aus Teilen der durch die Herren von Salza in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an beide Parteien übertragenen Güter zusammen. Ob es sich bei dem übertragenen Besitz um einen Komplex handelte oder die Güter über Langensalza verstreut waren, lässt sich nicht mehr erkennen. Bereits im Jahr 1337 hatte ein Heinrich von Salza das etwa drei Kilometer südlich von Langensalza liegende Dorf Illeben mit allen zugehörigen Rechten an das Kloster Reinhardsbrunn verkauft.1017 In einer weiteren Urkunde aus dem Jahr 1370 wird der Verkauf des Dorfes Illeben bestätigt.1018 In den Jahren 1367/68 erwarb das Kloster dann weiteren Grundbesitz im näheren Umfeld Langensalzas sowie in einigen Dörfern der Umgebung,1019 und 1423/24 überließen der Langensalzaer Bürger Hans Greutsch und seine Frau dem Kloster Einkünfte aus Besitz in Illfeld.1020 Über den Langensalzaer Hof des Klosters Reinhardsbrunn wurden 1524 Einkünfte aus 16 Orten der Umgebung sowie der Stadt Tennstedt eingezogen. Er 1015 1016
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LATh-StA Gotha Kammerarchiv, Amt Reinhardsbrunn Nr. 1f. LÖFFLER: Reinhardsbrunn, S. 150f. SCHÜTZ/SCHÜTZ: Chronik, S. 89f. Regesten zum Kopialbuch Reinhardsbrunn (URL: https://www.thueringen.de/imperia/md/content/staatsarchive/gotha/2-110001_regesten-_kopia_reinhardsbrunn.pdf. (25.04.2013]. Da bei den Onlineregesten keine Zählung erfolgt, wird das entsprechende Regest in der Folge mittels der unter dem Regest genannten Signatur in Kombination mit dem Datum gekennzeichnet: Reinh. Kop. RR I 18, fol. 291f. (1365 Juni 24.). Abdruck des Gesamttextes der Urkunden in: Göschel: Chronik 1, S. 124-126. Regesten des Geschlechts Salza, Nr. 253-255. Reinh. Kop. RR I 18, fol. 175-178. (Urkunden vom: 1337 5. Feb. 1337. Febr. 18. 1337, Febr. 24.). Reinh. Kop. RR I 18, fol. 181f. (1370 Febr. 19.) Reinh. Kop. RR I 18, fol. 27f., 72f., 157, 185 u. 297. (Urkunden vom: 1368 Febr. 5. 1367 Sept. 2.). Reinh. Kop. RR I 18, fol. 185. (Urkunde vom Dez. 26. oder 4. oder, Febr. 3 oder Aug. 2.).
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erfasste damit den meisten Besitz des Klosters in Thüringen. Von den 1.020 Gulden, welche 1524 aus den Außenbesitzungen des Klosters abgeführt wurden, sammelte der Hof in Langensalza mit 147 Gulden die umfangreichsten Abgaben ein.1021 Der Hof lag zwischen Kornmarkt und Jakobstor und könnte schon wegen seiner zum Teil prunkvollen Bauweise neben der Funktion als Güterverwaltung auch repräsentativen Charakter gehabt haben.1022 Zusammenfassend ergibt sich: In der Stadt lagen mindestens drei Pfarrkirchen. Eine weitere befand sich vor der Stadt im Dorf Ufhoven. Bei der Marienkirche in den Niederhöfen scheint es sich nicht um eine Pfarrkirche gehandelt zu haben. Vielmehr lag sie in der Pfarrei der Stephanskirche.1023 Weiterhin gab es vier Klöster, drei Hospitäler und weitere Kapellen in und um Langensalza. Die Anzahl von vier Pfarrkirchen und weiterer Kapellen könnte durchaus Ausdruck einer prosperierenden Stadt sein. Jedoch hat bereits Karlheinz Blaschke darauf verwiesen, dass viele Kirchen nicht zwangsweise Hinweise auf die Größe der Stadt sind, sondern ebenfalls auf die mehrstufige Gesamtentwicklung eines Ortes zurückgeführt werden können.1024 So fällt auch im Zusammenhang mit Langensalza auf, dass die Kirchen unterschiedlichsten Entwicklungs- und Zeitperioden angehören. Bei der Wigbertikirche in den Oberen Höfen (Ufhoven) sowie der Bonifatiuskirche und vielleicht auch der Stephanskirche dürfte es sich um die ältesten Kirchen der Ortschaft Salza handeln. Über das Alter der Marienkapelle ist nichts Gesichertes auszusagen. Auch verfügte sie nicht über einen eigenen Pfarrbezirk. Die Gründungsdaten und -zusammenhänge der anderen Kapellen sind bekannt: Die Kapelle der Zisterzienser – vielleicht die Nikolauskapelle – (1276) und die Marienkappelle (1446). Wenigstens die oberen Höfe und die Siedlung um die Stephanskirche scheinen außerdem unterschiedlichen Herrschaftsträgern zugeordnet werden zu können. Bei den Niederhöfen lässt sich nicht sicher erkennen, ob hier das Kloster Homburg beziehungsweise die Gründer des Klosters oder vielleicht sogar die Landgrafen herrschaftliche Rechte besaßen. Die Siedlung um die Bonifatiuskirche dürfte ursprünglich in fuldischer Hand gewesen sein und auch die Kirche ist eine fuldische Gründung. In den Niederhöfen hatte das Kloster Hersfeld um-
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LÖFFLER: Reinhardsbrunn, S. 155f. Vgl. GUTBIER: Baugeschichte, S. 16. Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7. Schwierigkeiten bereitet hier vor allem die Marienkirche, deren Pfarrbezirk nur angenommen werden kann aber nicht sicher nachzuweisen ist. (Vgl. Kap. II.4.8.1.). BLASCHKE: Kirchenorganisation und Kirchenpatrozinien, S. 146.
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fangreiche Rechte und gründete hier eine eigene Kirche. Der Bereich um die Stephanskirche war ursprünglich in welfischer Hand und stammte von deren Vorfahren. Bei den drei Teilsiedlungen – den oberen Höfen, den niederen Höfen, der Siedlung um die Stephanskirche und einer weiteren im Bereich der Marktkirche – dürfte es sich auch um die ursprünglichen Ortschaften der Gesamtsiedlung Salza handeln, in deren Zusammenhang später die Stadt Salza entstand. Letztere erwuchs aber aus dem ursprünglich fuldischen Siedlungskern, welcher um die Bonifatiuskirche herum lag. Die schon in die Zeit des fuldischen Besitzes zurückreichende Marktkirche wurde dann Pfarrkirche der Altstadt. Dieses wiederum lässt vermuten, dass die Markt- beziehungsweise Stadtherren über keine ausreichenden Rechte im Bereich der Stephanskirche verfügten oder aber hier die unklare Gemengelage eine Stadterhebung unmöglich machte. Über den Verbleib der ursprünglichen fuldischen Rechte im Bereich der Marktkirche ist nichts bekannt.1025 Anders als die Stephanskirche könnte die Jakobskirche im Zuge der allmählichen Ausbildung einer Vorstadt oder sogar im Rahmen einer planmäßig angelegten vorstädtischen Siedlung entstanden sein. Über eine ältere, bis in die Zeit vor der Stadtgründung zurückreichende Siedlung um diese herum ist nichts überliefert. Dass sich diese Vorstadt aus einer zunächst temporären Händlersiedlung, welche nur während des Jahrmarktes benutzt worden ist, entwickelte, ist nicht auszuschließen, aber auch nicht zu beweisen. Schwierigkeiten macht, dass vollkommen unklar ist, zu welcher Zeit ein erstes Jahrmarktsprivileg erteilt worden ist. Zusammenfassend bleibt nur festzustellen: Die Anzahl der Kirchen ist letztendlich Ausdruck der vielschichtigen Entwicklung und damit der vorstädtischen und städtischen Entwicklung des Ortes. Mit seinen vier Klöstern, von denen zwei durch die Herren von Salza gestiftet worden sind, verfügte Langensalza ebenfalls über eine erhebliche Anzahl von Konventen. Die Stiftertätigkeit der Familie von Salza setzte aber bereits mit der Gründung des Georgshospitals in den 1260er Jahren ein und dokumentiert recht früh das durchaus adlige Selbstverständnis dieser Ministerialenfamilie. Die verhältnismäßig große Anzahl von Hospitälern, von denen vielleicht zwei, sicher aber eines durch die Bürgergemeinde gegründet worden sind, und der Umstand, dass Bürger auch Kapellen stifteten, dürfte darüber hinaus Ausdruck einer prosperierenden Stadt und einer finanzkräftigen Bürgerschicht sein. Die Spitalgründungen durch Bürger oder den Rat als Vertreter der Stadtgemeinde hatte oft ganz pragmatische Gründe. So machten die Pestwellen, aber auch die steigende Bevölkerungszahl sowie stärkere Mobilität solche Fürsorgeeinrichtungen notwendig. Eingerichtet wurden sie aus hygienischen Gründen, aber auch um noch 1025
Vgl. Kap. II.4.3 u. II.4.8.1.
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nach Einbruch der Nacht Reisende aufnehmen zu können, häufig am Stadtrand oder außerhalb der Stadt. Dies ist auch in Langensalza der Fall. Alle Hospitäler lagen in Randlage innerhalb oder außerhalb der Stadt und darüber hinaus an den wichtigen Fernverkehrswegen.1026 Für eine weit entwickelte Bürgergemeinde mit starker sozialer Differenzierung spricht der Umstand, dass es offensichtlich eine gewisse Oberschicht gab, welche finanzkräftig genug war, um Seelgerät zu stiften.1027 Diese zum Teil sehr umfangreichen Schenkungen setzten im späten 14. Jahrhundert ein. Nachweisbar waren solche Stiftungen über die oben besprochenen Fälle hinaus aber nur an das Hospital gegenüber dem Augustinerkloster sowie an das Magdalenerinnenkloster.1028 Über Stiftungen an die anderen Klöster ist bis auf die im Rahmen der Bruderschaft zwischen der Tuchmacherinnung und dem Augustinerkloster nichts bekannt. Auch ließen sich nicht im selben Umfang wie beim Schlotheimer Magdalenerinnenkloster Stiftungen, der im Umfeld ansässigen adligen oder ministerialischen Geschlechter, feststellen. Lediglich ein Fall ist überliefert. So übertrug 1358 der Ritter Ulrich von Tennstedt zu seinem Seelenheil Besitz an das Weißfrauenloster in Langensalza.1029 Des Weiteren gelang es den städtischen Klöstern, die jeweilige Pfarrkirche, an welche sie angeschlossen waren, in die Hand zu bekommen und sie besetzten die Pfarr- und Vikarstellen und statteten sie mit den jeweiligen Pfründen aus. Damit übten sie nicht nur die Pfarrseelsorge in der jeweiligen Gemeinde aus, sondern besaßen auch die damit verbundenen umfangreiche Einnahmen. Sie wurden demzufolge auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in der Stadt.
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ISENMANN: Die deutsche Stadt im Spätmittelalter, S. 183-187. Diese Stiftungen zur Erlangung des Seelenheils erforderten in ihrer häufigsten Form als Memorial- oder Anniversarstiftung ein nicht unbeträchtliches Grundkapital (ISENMANN: Die deutsche Stadt im Spätmittelalter, S. 222.). So vermachten beispielsweise 1411 die Salzaer Bürger Dietrich Norden und Konrad Norden dem Magdalerinnenkloster und der Bonifatiuskirche umfangreiche Einkünfte aus Grundbesitz, welcher sich sowohl über die Flur im unmittelbaren Umfeld der Stadt als auch in benachbarten Orten, wie etwa Schönstedt, Grummbach und Zimmern verteilte. (StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 13.). Vgl. des Weiteren: StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 12, 14f. u. 46. Abt III, IV, A, Nr. 4f. u. 7. StadtA Bad Langensalza Abt. III, I, B Nr. 5f.
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4.9 Zusammenfassung Nennenswerten Königsbesitz in und um Langensalza scheint es nicht gegeben zu haben. Auf Besitz des Klosters Fulda in Langensalza verweist wenigstens das Bonifatiuspatrozinium der Marktkirche. Weiterhin wird auch ein Salza häufiger im Zusammenhang mit Klosterbesitz genannt. Ebenso ist umfangreicherer hersfeldischer Besitz in der Ortschaft nachweisbar, wobei das Besitzzentrum weniger im Bereich der späteren Stadt zu suchen ist. Vielmehr befand sich dies in den Oberen Höfen, dem heutigen Ufhoven, westlich der Stadt. Umfangreicheres Eigengut besaßen auch die Welfen (wohl schon aus der Hand ihrer Vorfahren) in Langensalza. Teile dieses Eigengutes gingen schon am Ende des 12. Jahrhunderts an das Kloster Homburg über, und darüber hinaus erwarb das Kloster weiteren Besitz in Langensalza. Unsicher ist der Besitz des Klosters Hasungen und es ist ebenfalls nicht ersichtlich, ob schon die ludowingischen Landgrafen Güter und Rechte in Langensalza besaßen. Mit der Wigbertikirche in Ufhoven, der Stephanskirche in der späteren Neustadt und auch der Bonifatiuskirche dürften drei Pfarrkirchen und somit auch die dazugehörigen Siedlungen älter als die städtische Siedlung sein. Die Marienkirche in den Niederhöfen war keine Pfarrkirche und auch ihr Alter und ihre Gründungszusammenhänge ließen sich nicht feststellen. Ihre erst für das Spätmittelalter festzustellende Zugehörigkeit zur Stephanskirche könnte aber durchaus schon weiter zurückreichen. Dies könnte darauf verweisen, dass zwischen der Siedlung um die Stephanskirche und den Niederhöfen auch ein herrschaftlicher Zusammenhang bestand. Die Stadt selbst entstand aber aus der Siedlung um die Bonifatiuskirche. Ob sie aus einer Marktsiedlung hervorging, ist nicht abschließend zu ermitteln. Sicher bestand bei dieser Kirche ursprünglich ein fuldischer Villiaktionsmittelpunkt. Sicherlich auszuschließen ist, dass Langensalza durch Kaiser Otto IV. zur Stadt erhoben worden ist. Vielmehr dürfte dies erst um die Mitte des 13. Jahrhundert erfolgt sein. Wahrscheinlich ist sogar, dass dies durch den welfischen Herzog Otto das Kind zwischen 1247 und 1252, möglicherweise sogar im Winter 1251/52 geschehen ist. Während bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts die Entwicklung der Stadt eng mit dem Geschlecht der Herren von Salza verknüpft war, welche offensichtlich unter der Duldung des eigentlichen Stadtherren die tatsächliche Stadtherrschaft ausübten, werden ab der Mitte des 14. Jahrhunderts andere Kräfte wirksam. Ebenso besaß diese Ministerialenfamilie eine entscheidende Mitwirkung an der Entwicklung des Ortes zur Stadt. Möglicherweise handelte es sich bei ihnen sogar um die treibende Kraft im Prozess der Stadtwerdung. Ab den 30er und 40er Jahren des 14. Jahrhunderts ist zu beobachten, dass die Landgrafen massiv versuchten auf die Stadt, an der sie bisher keine Rechte hatten,
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auszugreifen. Bereits vorher waren Teile der Stadt aus der Hand derer von Salza an den Erzbischof von Mainz gelangt. In der Folge kam es zu erheblichen Konflikten, welche dann in der gewaltsamen Eroberung der Stadt durch den wettinischen Landgrafen erstmals kulminierten. Trotz des anschließenden Versuchs, die Teilung der Herrschaft zwischen beiden Parteien vertraglich zu regeln und den Konflikt beizulegen, schwelten die Auseinandersetzungen weiter. Auch wenn es den Landgrafen zunehmend gelang, den Mainzer aus der Stadtherrschaft zu verdrängen, werden sie erst 1401 die alleinigen Herren. Schon nach 1373/74, als der Wettiner Ludwig als Gegenkandidat Adolfs I. von Nassau Mainzer Erzbischof war und sich nahezu ununterbrochen in Lagensalza aufhielt, dürfte das Erzstift aber kaum noch Zugriff auf seinen Teil an der Stadt gehabt haben. Vielmehr wird, wie an der Beteiligung der Stadt an den wettinischen Kriegsunternehmungen gegen das mainzische Eichsfeld deutlich wird, der Mainzer Teil im Interesse der Wettiner verwaltet worden sein. Unter der erzbischöflichen und wettinischen Stadtherrschaft wurden die bereits vor der Altstadt gelegenen Siedlungen Neustadt und Jakobsstadt in den Rechtsbereich der Stadt eingegliedert und alle drei (Teil-)Städte zu einer Stadt zusammengeschlossen. Bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dürfte die Altstadt ummauert gewesen sein und ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde eine weitere, die Teilstädte der Stadterweiterung von 1356 umschließende, Mauer errichtet. Der Rat als Einrichtung städtischer Selbstverwaltung ist ab dem Jahr 1356 nachweisbar. Zu diesem Zeitpunkt könnte eine Ratsverfassung, da die Stadt möglicherweise bereits um 1260 über eine gewisse bürgerliche Selbstverwaltung verfügte, schon längere Zeit existiert haben. Auch die Gerichtsbarkeit konnte die Stadt dann in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts aus landgräflicher Hand erwerben, und die Münzprägung scheint ebenfalls ab dem frühen 15. Jahrhundert unter städtischen Einfluss, aber nie vollständig in städtische Hand gekommen zu sein. Als besonderer Förderer der städtischen Entwicklung im 15. Jahrhundert tritt Landgraf Wilhelm III. in Erscheinung, welcher der Stadt umfangreiche Privilegien ausstellte. Darüber hinaus tritt er als Gründer eines weiteren Klosters – des Barfüßerklosters – in der Jakobsstadt entgegen. Außerdem war er an der Verlegung des Stiftes Dorla nach Langensalza beteiligt und regelte darüber hinaus das Zusammenleben der Kanoniker dieses Stifts und der Bürgerschaft der Stadt. Für die Entwicklung der Stadt von entscheidender Bedeutung ist sicherlich der Handel gewesen. Ausdruck dafür ist die Vielzahl der Märkte in der Stadt, so beispielsweise der älteste Markt zwischen Bonifatiuskirche und dem Neumarkt mit dem Rathaus, welches gleichfalls als Kaufhaus genutzt worden ist. Eines der wichtigsten Produkte des städtischen Handels scheinen Tuche gewesen zu sein. Ein weiteres bedeutendes Fernhandelsprodukt war der Waid. Nicht nur Erfurt tritt dabei als Handelspartner in Erscheinung. Vielmehr handelten die Langensalzaer
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Händler selbstständig in alle wichtigen Abnahmezentren. Bedingt durch das wachsende städtische Handwerk und die offensichtlich nicht zu unterschätzende Bedeutung des Handels für die Stadt drängen die Handwerksinnungen dann zunehmend auf politische Partizipation und erreichten diese am Ende des 14. Jahrhunderts. Zwar waren die Jakobs- und die Neustadt seit dem Jahr 1356 in den Rechtsbereich der Stadt eingegliedert worden, tatsächlich bestanden jedoch vorerst weiterhin Rechtsunterschiede zwischen den Teilstädten. So stellte die Altstadt bei der Besetzung des Rates die gleiche Anzahl der Ratsmitglieder wie Neustadt und Jakobsstadt zusammen. Dieser Zustand dauerte bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts und wurde erst dann mittels zweier Urkunden Landgraf Wilhelms III. beseitigt. Ebenfalls in dieser Zeit bestand auch noch die Mauer zwischen Altstadt und den Vorstädten. Auch hier grenzte sich demzufolge die Bevölkerung der Altstadt gegen die Neustädte ab. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es der Stadt Langensalza, welche verkehrsgeographisch äußerst günstig lag, gelungen war, zu einem der wichtigen Zentren des nördlichen Thüringer Beckens aufzusteigen. Darüber hinaus ist eine weit entwickelte und differenzierte städtische Gemeinde zu erkennen. Ein viel differenzierteres Bild dürfte sich noch durch eine gezielte Auswertung der städtischen Rechnungsbücher und des gesamten Urkundenbestandes ergeben. Vor allem die Rechnungsbücher sind nur unter einzelnen Aspekten und hier auch recht grob untersucht und nicht in ihrem Gesamtumfang bearbeitet worden.
5. Dorf, Flecken und Stadt Herbsleben 5.1 Forschungsstand und Quellenlage Neuere umfassende wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte Herbslebens gibt es nicht.1030 Die einzige umfangreichere Untersuchung wissenschaftlichen Anspruchs stammt von Heinrich Zeyß und wurde 1873 gedruckt.1031 Der Band Thüringen des Handbuchs der historischen Stätten berücksichtigt den Ort zwar, der
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Einen chronologischen Überblick über die Herbslebener Geschichte gibt Bernd Rießland in seinem 1995 erschienenen Buch „Herbsleben. Geschichte in Daten“. Weitestgehend beruft er sich dabei jedoch auf die Geschichte Herbslebens von Heinrich Zeyß. (ZEYSS: Herbsleben). Häufig macht er jedoch keine Angabe, woher er seine Informationen bezieht. (RIESSLAND: Herbsleben.). ZEYSS: Herbsleben.
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Artikel geht aber kaum über die Untersuchung von Zeyß hinaus.1032 Lediglich zur Baugeschichte und zur Geschichte der Burg Herbsleben liegen zwei neuere Untersuchungen Udo Hopfs vor. In diesen setzt er sich auch mit wesentlichen Aspekten der Ortsgeschichte auseinander, sofern sie für die Geschichte der Burg von Bedeutung sind.1033 Etwas besser stellt sich die Quellenlage für Herbsleben dar. Im Anhang der Geschichte des Marktfleckens Herbsleben von Heinrich Zeyß finden sich wesentliche Urkunden als Regest oder als Volltext abgedruckt.1034 Einige wenige zum Teil bereits von Zeyß berücksichtigte Quellen druckt Eckart Leisering in seinen 2003 und 2012 herausgegebenen Regesten der Urkunden des Sächsischen Hauptstaatsarchives Dresden ab.1035 Diese sind hier besser als bei Zeyß aufgearbeitet und mit kritischen Anmerkungen versehen. Darüber hinaus bespricht Leisering in seiner Arbeit über die Wettiner und ihre Herrschaftsgebiete 1349-1382 weitere für Herbsleben wesentliche Quellen und gibt Auskunft über ihren Aufbewahrungsort.1036 Vor allem zu den Herren von Herbsleben finden sich einige wenige Nachrichten in Dobeneckers „Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae“, welche im Wesentlichen aber ebenfalls schon von Zeyß berücksichtigt worden sind.1037 Drei für den Ort wichtige königliche Privilegien des 14. Jahrhunderts sind darüber in den Constitutiones der Monumenta Germaniae Historica abgedruckt.1038 Für die hennebergische Zeit des Ortes Herbsleben liefern darüber hinaus die von Johannes Mötsch und Katharina Witter bearbeiteten ältesten Lehnsbücher der Grafen von Henneberg wertvolle Hinweise für die hennebergische Zeit.1039 Einige wenige weitere Herbsleben betreffende Urkunden sind in den zwischen 1842 und 1866 erschienen Bänden 1, 2 und 5 des hennbergischen Urkundenbuches abgedruckt.1040 Ein Großteil der vorhandenen urkundlichen Quellen betrifft die Herren von Herbsleben oder sie treten als Zeugen entgegen, Nachrichten über den Ort selbst sind selten.
1032 1033 1034 1035 1036 1037 1038 1039 1040
KAUFMANN: Herbsleben, S. 195f. HOPF: Baugeschichte des Schlosses Herbsleben, S. 25-72. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 91-117. ZEYSS: Herbsleben, Anhang I-IV, S. 197-274. LEISERING: Regesten 1351-1365. LEISERING: Regesten 1366-1380. LEISERING: Herrschaftsgebiete. Dob I.-IV. Const. 5, Nr. 724. Const. 6, Nr. 671. Const. 6,2, Nr. 115. MÖTSCH/WITTER: Die ältesten Lehnsbücher der Grafen von Henneberg. Hennebergisches UB I, II, V.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Die wichtigsten archivalischen Quellen werden im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden aufbewahrt. Ein Teil der für den Ort wesentlichen Dokumente befand sich ursprünglich im Herbslebener Gemeindearchiv und gelangte 1949 ins heutige Thüringische Staatsarchiv Gotha.1041 Weitestgehend sind sie jedoch bei Zeyss und Leisering als Volltext oder als Regesten abgedruckt und nur im Falle spezifischer Fragestellungen war eine Einsichtnahme der Originale unumgänglich.
5.2 Die verkehrsgeographische Lage und Frühgeschichte – der Ortsname Nördlich des Ortes befindet sich ein Flussübergang über die Unstrut, über den das im Norden von Herbsleben liegende Tennstedt erreicht werden konnte. Neben diesem Flussübergang gab es im Westen zwischen Großvargula und Herbsleben einen weiteren Unstrutübergang. Über diesen verlief eine als Königsleuteweg bezeichnete Verkehrsverbindung nach Norden ebenfalls in Richtung Tennstedt. 1042 Beide Wege über die Unstrut vereinigten sich wahrscheinlich erst in Tennstedt zu einer weiter nach Norden führenden Straße. Umgekehrt kam dieser Weg aus dem nördlichen Thüringer Becken, spaltete sich bei Tennstedt in zwei Stränge überquerte im Raum Herbsleben an zwei Stellen die Unstrut und führte nach Süden zur Straße Erfurt – Langensalza – Mühlhausen. Der östliche Strang wiederum dürfte von Sondershausen über Tennstedt – Herbsleben direkt nach Erfurt geführt haben.1043 Wegen des Namens Königsleuteweg deutet sich vielleicht an, dass der westliche Übergang der ältere und ursprünglich bedeutendere gewesen sein könnte. Neben den genannten Nord-SüdVerbindungen führte ein Weg von Südwesten aus Bad Langensalza kommend nach Herbsleben und verlief durch den Ort in Richtung Gebesee nach Osten. Dieser Weg nahm in Bad Langensalza Straßen aus Gotha und Eisenach auf.1044
1041 1042
1043
1044
LATh-StA Gotha Bestand Herbsleben. Zum weiteren Verlauf des Weges vgl. Kap. II.2.2. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 527. ZEYSS: Herbsleben, S. 1. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt 325/326, (1853/54). NIEMANN: Heer- und Handelsstraßen, S. 17-19. EBERHARDT: Altstraßen Eisenach – Gotha, S. 108. GERBING: Handel und Handelsstraßen, S. 100. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 92. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Vgl. Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt 325/326, (1853/54).
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Vorstellbar ist, dass die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaute hochmittelalterliche Burg1045 in Sichtweite der Aufgabelung des Weges nach Norden und Osten in dieser strategisch günstigen Position errichtet worden ist, um hier zusammenlaufende Verkehrswege sowie ihren Übergang über die Unstrut abzusichern. 1046 Inwiefern der romanischen Burganlage des 13. Jahrhunderts auch eine frühere Befestigung voranging, ist nicht mehr zu erkennen. Wegen der erstmaligen Nennung der Ministerialen von Herbsleben um die Mitte des 12. Jahrhunderts kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es wenigstens schon ein Jahrhundert früher auch eine Befestigung am Ort gegeben hat.1047 Eine noch ältere frühmittelalterliche Befestigung konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Es waren auf dem Burgareal lediglich bronzezeitliche Relikte aufzufinden, während es keine Hinweise auf eine Vorgängerbebauung aus dem Frühmittelalter gibt.1048 Udo Hopf denkt dennoch daran, dass Herbsleben schon in karolingischer Zeit eine Schutzfunktion für die benachbarten Königsgüter in Gebesee und Tennstedt ausübte. Des Weiteren verweist er darauf, dass es neben der hochmittelalterlichen Anlage eine weitere Befestigung auf der Nordseite der Unstrut auf dem sogenannten Amtmannsberg an der Straße nach Tennstedt1049 gegeben haben soll, und dass es sich bei Herbsleben um eine besonders gut geschützte Übergangsmöglichkeit über die Unstrut gehandelt habe.1050 Der Ort selbst dürfte ein nicht unerhebliches Alter aufweisen. Bei den auf das Grundwort -leben endenden Orten handelt es sich um Ortsgründungen aus der Zeit des Thüringer Königreiches und damit aus der zweiten Hälfte des 5. bis ins erste Drittel des 6. Jahrhunderts.1051 Hinzu tritt bei den ältesten Überlieferungen des Ortsnamens mit Herifrides- und Herfrides-1052 ein Personenname als Ortsnamenbestimmungswort. Dieses setzt sich dann auch in den jüngeren Formen mit Hervers- oder Herbers- fort. Anders als im Fall Thamsbrücks spielte somit die Lage an einem Flussübergang keine Rolle bei der Entstehung des Ortsnamens, sondern der Gründer beziehungsweise Eigentümer des Ortes selbst ging in den Namen ein.1053
1045 1046 1047 1048 1049 1050 1051 1052 1053
HOPF: Baugeschichte des Schlosses Herbsleben, S. 28. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Vgl. außerdem: Topographisches Feldoriginal – Urmesstischblatt 325/326, (1853/54). Vgl. unten. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 93f. Zur Lage: Topographische Karte 1:25000, 4831 Gebesee, Erfurt 1994. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 94. UDOLPH: Namenkundliche Studien, S. 506ff. PATZE: Landesgeschichte, S. 21-23. Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Bd. 2, 84 rb, Nr. 44f., S. 134; 88 va, Nr. 242, S. 148. Vgl. Thambsrück in: Kap. II.1.2. CASSEL: Ortsnamen, S. 191f., Anm. 89.
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EINZELUNTERSUCHUNGEN
Erstmals erwähnt wird der Ort aber erst wesentlich später. Die frühesten Erwähnungen des Ortes stehen im Zusammenhang mit dem Kloster Fulda. So überliefert der Codex Eberhardi aus der Mitte des 12. Jahrhunderts drei in das 9. Jahrhundert zu datierende Schenkungen zu Herbsleben an das Reichskloster.1054 Genannt werden Tradierungen eines Herolf und eines Ratene, welche Güter nicht näher genannten Umfanges in Herifridesleiben an das Kloster Fulda übertrugen.1055 In einer weiteren Traditionsnotiz wird ein Baba genannt, der seinen gesamten Eigenbesitz in villa Herfridesleba an Fulda schenkte.1056 Der damit seit dem 9. Jahrhundert in Herbsleben nachweisbare fuldische Besitz war wahrscheinlich Bestandteil einer größeren Villikation, welche neben Herbsleben auch weitere Orte der Umgebung umfasste und deren Vorort (Groß-)Vargula war.1057 Dieser fuldische Besitz lässt sich später dann nur noch im markgräflichen Register von 1378 greifen. Weitere Hinweise auf das Schicksal der klösterlichen Besitzungen in Herbsleben liefern die Quellen nicht. Des Weiteren standen nach dem Register wenigstens Teile der Einnahmen aus den Fuldaer Gütern dem Landgrafen zu, beziehungsweise wurden von diesem eingezogen. So heißt es hier: Item de 12 ½ mansis boni Fuldensis hereditarii 12 ½ maldra frumenti Michaelis.1058 Das wohl in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts oder kurz nach der Jahrhundertmitte verfasste Güterverzeichnis des Klosters Helmarshausen nennt unter anderem Tradierungen eines Adligen Reinfried an das Kloster und in diesem Zusammenhang wird dann auch Besitz in Herbsleben genannt. So übertrug er in villa que dicitur Rasthorp sechs Hufen für 13 Mark lötiges Silber und vier Hufen, welche die Frau Adele, seine Schwester, innehatte und die in Thüringen in villa que dicitur Herivesleve lagen.1059 Die zugrunde liegenden Urkunden sind nicht mehr vorhanden 1060 und anhand der Traditionsnotizen kann über den Zeitpunkt der Schenkungen nichts weiter ausgesagt werden. Auch über Besitz des Klosters Helmarshausen in Herbsleben ist in der Folge nichts mehr in Erfahrung zu bringen. Fridrich Pfaff vermerkt in seiner umfassenden Untersuchung der Geschichte der Abtei Helmarshausen lediglich, dass der Besitz in Herbsleben wegen seiner großen Entfernung zum Kloster und wegen seiner Lage weit außerhalb der übrigen 1054 1055 1056 1057 1058 1059
1060
Zur Datierung vgl. Vgl. Kap. II.3.2. Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Bd. 2, 84 rb, Nr. 44f., S. 134. Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Bd. 2, 88 va, Nr. 242, S. 148. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 534. Registrum XVIIII, 2. Schenkungsregister des Klosters Helmarshausen an der Diemel, in: WENCK: UB 2, Nr. 51, 27, S. 63. Wenck datiert das Verzeichnis in etwa um 1120. (Vgl. WENCK: UB 2, Nr. 51, Anm. S. 60f.). Fridrich Pfaff denkt an eine Entstehung in der Spätzeit Abt Thietmars I. und grenzt es auf die Jahre 1107-1112 ein. (PFAFF: Helmarshausen 2, S. 3.). Zur späteren Datierung des Verzeichnisses vgl. METZ: Güterverzeichnisse, S. 76-78.). Vgl. Anmerkungen zu Dob I, Nr. 1014.
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Besitzungen1061 später gegen näher gelegenen Besitz getauscht worden sei. Nachweise hierfür gibt er aber nicht an. An anderer Stelle sagt er aber, schon im 12. Jahrhundert sei begonnen worden, entfernt liegenden Besitz wegen seiner schwierigen Nutzung abzustoßen. 1062 Denkbar ist deshalb, dass dieser Besitz schon spätestens im 12. Jahrhundert vom Kloster wieder veräußert worden war. Im Anschluss an das Güterverzeichnis druckt Wenck ein Abgabenverzeichnis des Klosters.1063 Dessen erster Teil soll nach dem bisherigen Stand der Forschung gleichzeitig oder wenig später mit dem Güterverzeichnis entstanden sein, während der zweite Teil wohl in das ausgehende 12. Jahrhundert gehört.1064 In keinem der beiden Teile werden Abgaben aus Herbsleben erwähnt. Der Besitz in Herbsleben könnte demnach schon vor der Abfassung des Güterverzeichnisses sowie des ersten Teils des Abgabenverzeichnisses vom Kloster aus der Hand gegeben worden sein. Gleichwohl wiesen Wenck und Pfaff, der sich auf Ersteren stützte, darauf hin, dass das Verzeichnis der Abgaben zum Teil unleserlich ist beziehungsweise ganze Blätter fehlen.1065 Eine vermeintliche Bulle Papst Paschalis II. (1099-1118) bestätigt die Stiftung eines Reinfried an das Kloster Reinhardsbrunn. Das Datum fehlt bei dieser Urkunde und des Weiteren wird sie zu den Reinhardsbrunner Fälschungen gerechnet und ist wohl erst um 1165 angefertigt worden.1066 Bei den gestifteten Gütern werden unter anderem auch vier Hufen zu Hervesliebon genannt.1067 Ein Reinfried tradierte darüber hinaus dem Kloster Reinhardsbrunn das Dorf Dietenborn1068 mit Zubehör und Besitz zu Berndten und Straußfurt. 1069 Gegenüber der Paschalisurkunde ist die Echtheit dieser Stiftung kaum zu bezweifeln.1070 Die geschenkten Güter werden ebenfalls in der gefälschten Bestätigung Papst Paschalis’ 1061 1062 1063 1064 1065 1066 1067 1068
1069 1070
So lag ein Großteil des klösterlichen Besitzes im Umkreis von 25 Kilometern um Helmarshausen. (PFAFF: Helmarshausen 2, S. 56.). PFAFF: Helmarshausen 2, S. 9 u. 37. WENCK: UB 2, Nr. 51, S. 72-76. PFAFF: Helmarshausen 2, S. 4. Vgl. auch: HEINEMEYER: Abtei Hellmarshausen, S. 227. WENCK: UB 2, Nr. 51, Anm. S. 72. PFAFF: Helmarshausen 2, S. 4. PATZE: Landesherrschaft, S. 173, Anm. 144. HEINEMEYER: Reinhardsbrunner Fälschungen, S. 143, Nr. 14 u. S. 204. CDS I, A 2, Nr. 23. Dob I, Nr. 1057. Bereits 1004 hatten Reinfried und seien Gemahlin in Dietenborn eine kleine Kirche errichtet und unter anderem mit 10 Hufen Land dotiert. (Vgl. Dob I, Nr. 1010.). Diese Stiftung wurde dann 1109 offensichtlich durch die Schenkung des ganzen Dorfes erweitert. Dob I, Nr. 1054. PATZE: Landesherrschaft, S. 173. HEINEMEYER: Fälschungen, S. 184-186. Zwar wurden durchaus Bedenken gegen die Echtheit der Urkunde geäußert, diese konnten jedoch zerstreut werden. (Vgl. HEINEMEYER: Fälschungen, S. 157.).
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aufgezählt1071 und durch weitere Güter, darunter auch die vier Hufen zu Herbsleben, ergänzt. 1072 Die Fälschung nennt demzufolge auch unzweifelhaft an das Kloster tradierten Besitz. Insofern kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch andere Güter und somit auch die in Herbsleben Gegenstand einer heute nicht mehr überlieferten Schenkung Reinfrieds waren. Die Fälschung auf Paschalis II., dessen Pontifikat von 1099-1118 dauerte,1073 legt nahe, den möglichen Erwerb von Rechten in Herbsleben auch für diese Zeit zu vermuten. Gestützt wird diese Vermutung noch durch die anderen 1109 getätigten Schenkungen Reinfrieds an das Kloster. Hintergrund für die Fälschung könnte dann sein, dass unter dem Eindruck des Vorgehens weltlicher und geistlicher Herren gegen den klösterlichen Besitz in der Mitte des 12. Jahrhunderts, Reinhardsbrunn versuchte, mittels Fälschungen seine Besitzrechte zu schützen. Auch deshalb könnte es sich bei dem in der Paschalisfälschung erwähnten Herbslebener Besitz durchaus um tatsächliches Klostergut handeln,1074 welcher mittels gefälschter päpstlicher Bestätigung abgesichert werden sollte. Immerhin bestünde die Möglichkeit, dass jener Reinfried, welcher Besitz in Herbsleben an Helmarshausen übertrug, identisch ist mit dem Reinfried, der auch dem Kloster Reinhardsbrunn Güter tradiert haben soll. Walter Heinemeyer vermutete im Zusammenhang mit den Übertragungen Reinfrieds in Dietenborn, die Fälschungen seien entstanden, weil es Spannungen zwischen den Erben des Stifters und des Klosters hinsichtlich des Besitzes gab.1075 Vorausgesetzt, die in der Paschalisurkunde genannte Schenkung Herbslebener Güter durch Reinfried an das Kloster Reinhardsbrunn ist als echt anzusehen und der genannte Reinfried ist identisch mit dem im Hellmarshäuser Schenkungsregister als Tradent genannten Reinfried, ließe sich auch die Tradierung an das Kloster Hellmarshausen zeitlich eingrenzen. Sie müsste dann in etwa im ausgehenden 11. oder aber im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts erfolgt sein. Umgekehrt verfügte damit dieser Reinfried wohl über umfangreicheren Eigenbesitz in Herbsleben, von welchem er Teile an geistliche Einrichtungen übertragen konnte. Herbsleben war als Erzpriestersitz Mittelpunkt eines kirchlichen Verwaltungsbezirkes.1076 Im Zusammenhang mit dieser Funktion und weiteren am Ort und in der unmittelbaren Umgebung vorhandenen Kapellen vermutet Hopf eine frühe 1071
1072 1073 1074 1075 1076
Allerdings umfasst der zu Dietenborn tradierte Besitz statt der ursprünglichen durch Reinfried geschenkten 10 Hufen in der Paschalisurkunde 52 Hufen. (HEINEMEYER: Fälschungen, S. 205.) CDS I, A 2, Nr. 23. PATZE: Landesherrschaft, S. 173, Anm. 144. HEINEMEYER: Fälschungen, S. 204. BLUMENTHAL: Paschalis II, Sp. 1752f. HEINEMEYER: Fälschungen, S. 215-224. HEINEMEYER: Fälschungen, S. 175. HOPF: Schlossruine Herbsleben, S. 5. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 94.
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Gründung eines ausgedehnten Ortes. Hinweise darauf liefern nach ihm das Maria Virginis Patrozinium einer in Herbsleben befindlichen Kapelle und das Peterspatrozinium einer auf der Nordseite der Unstrut errichteten Kapelle1077 Schwierigkeiten dürfte aber jedoch vor allem darin bestehen, dass beide Kapellen nicht vor 1506 nachweisbar sind1078 und über eine frühe Gründung deshalb letztendlich nur spekuliert werden kann. Der gesamte Raum Tennstedt – Gebesee – Herbsleben, muss in der Frühzeit jedoch von erheblicher Bedeutung gewesen sein. So lag zwischen Gebesee und Herbsleben oberhalb der Unstrut die Tretenburg, welche die alte Gerichtsstätte und der Versammlungsort der Thüringer war.1079 Eine ähnliche Situation findet sich im Fall der durch Bonifatius errichteten Fritzlaer Peterskirche, welche sogar Archidiakonatssitz war. Sie wurde in Bezug auf ein heidnisches Heiligtum und in Schutzlage einer fränkischen Burganlage – der Büraburg – errichtet. Wobei Letztere etwa vier Kilometer entfernt lag und damit ein unmittelbarer topographischer Zusammenhang nicht zwingend notwendig war.1080 Vergleichbares lässt sich hinsichtlich des Erzpriestersitzes in Ditmold (bei Kassel) feststellen. Auch hier handelt es sich um eine frühe Kirche, welche später Sedeskirche wurde. Mit einiger Wahrscheinlichkeit war sie sogar die älteste Kirche der Gegend überhaupt und sie könnte, so vermutet Karl Heinemeyer, ursprünglich Stützpunkt für die christliche Mission im Kasseler Raum gewesen sein. Errichtet wurde sie bei einem alten Gerichts- und Versammlungsplatz der Bevölkerung und möglicherweise befand sich hier auch eine heidnische Kultstätte. Wenigstens aber dürfte der Ort politischer Mittelpunkt des Kasseler Beckens gewesen sein.1081 Zentrale Orte der ansässigen Bevölkerung könnten somit bei der Auswahl für Standorte früher Kirchen eine Rolle gespielt haben. Allerdings vertritt Hans K. Schulze die Auffassung, die Sedeskirchen seien in Thüringen nicht unbedingt wegen ihres hohen Alters als Erzpriestersitz ausgewählt worden. Vielmehr sei dafür die Zugehörigkeit zum Mainzer Erzstift oder einer der Mainzer Propsteien ausschlaggebend gewesen.1082 Immerhin verweist das Wigbertipatrozinium der Pfarrkirche auf eine hersfeldische Gründung und vielleicht verfügte sogar das Kloster Hersfeld über nicht unerheblichen Besitz am
1077 1078 1079 1080 1081 1082
HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 94. Mainzer Subsidienregister, Nr. 1727 u. 1730. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 258. KÄLBLE: Ethnogenese, S. 389f. Vgl. HEINEMEYER: Bonifatius in Mitteldeutschland, S. 77. HEINEMEYER: Erfurts Ersterwähnung, S. 13-19. HEINEMEYER: Königshöfe und Königsgut, S. 146f. SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 55.
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Ort.1083 Insofern könnte wiederum die Überlegung Schulzes auch für Herbsleben durchaus zutreffend sein. Gleichwohl sind die Parallelen zu den oben knapp angerissenen Beispielen Fritzlar und Ditmold auffällig. Es könnte sich demnach bei der Wigbertikirche zu Herbsleben tatsächlich um die Pfarrkirche einer früh gegründeten Großpfarrei handeln und dieser Vorrang hat sich dann in der Funktion als Erzpriestersitz erhalten. Nicht zwingend muss hierfür auch eine königliche Burg am Ort vorhanden gewesen sein. Sofern sie überhaupt notwendig war, konnte sie, wie das Verhältnis Fritzlar – Büraburg zeigt, auch in einiger Entfernung liegen. Insofern kann auch die königliche Burg zu Tennstedt eine solche Funktion übernommen haben. Allerdings sei einschränkend darauf verwiesen, dass das tatsächliche Alter dieser Burg weitestgehend unklar ist. Immerhin scheint eine Errichtung in karolingischer Zeit möglich und spätestens 775 bestand hier ein Königshof.1084 Dennoch dürfen die Überlegungen Udo Hopfs nicht bedenkenlos zurückgewiesen werden. Immerhin ist vorstellbar, dass zunächst in Herbsleben eine frühe fränkische Reichsburg bestand, welche das umliegende, umfangreiche Königsgut schützte. In deren Beziehung wurde dann vielleicht eine gleichfalls frühe Pfarrkirche errichtet. Die Reichsburg zu Tennstedt könnte dann zu einem späteren Zeitpunkt eine Burg in oder bei Herbsleben abgelöst haben. Entsprechende Parallelen finden sich vielleicht im Verhältnis Mühlhausens zum Nachbarort Görmar. Bei der Einführung der Archidiakonatsverfassung an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert erfolgte in Görmar die Einrichtung einer Sedeskirche. Auch wenn Görmar als Vorort der Germar-Mark wenigsten im 8. Jahrhundert als das politische Zentrum der fränkischen Zentralgewalt in der Region anzusehen ist, trifft dieses für die Zeit der Einrichtung der Achidiakonatsverfassung nicht mehr zu. Zu diesem Zeitpunkt hatte Mühlhausen Görmar längst überflügelt. Gockel führt den Umstand der Erhebung zur Sedeskirche darauf zurück, dass der Altersvorrang der Görmarer Kirche gegenüber einer Mühlhäuser Kirche ausschlaggebend für die Wahl als Erzpriestersitz war.1085 Selbiges könnte dann auch für die Herbslebener Wigbertikirche angenommen werden und entgegen Schulze wäre sie als die älteste Kirche innerhalb ihres Sedesbezirkes anzusprechen. Gleichzeitig könnte, wie im Fall Görmars, zunächst Herbsleben der Vorort der Region gewesen sein. Abgelöst worden ist er erst zu einem späteren Zeitpunkt durch den Nachbarort Tennstedt. Für einen solchen Umstand würde möglicherweise die oben ausgeführte verkehrsgeographisch gute Lage Herbslebens an einem Übergang über die Unstrut sprechen.
1083 1084 1085
WUNDER: Wigberttradition, S. 164. Vgl. auch unten. Vgl. Kap. II.2.3. Außerdem: GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 529. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 293. HEINEMEYER: Der Eschweger Königshof, S. 27-32.
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Im Fall Görmars geht Gockel sogar noch einen Schritt weiter und vermutet hier einen Königshof. Grundsätzlich ist dieses auch für Herbsleben nicht auszuschließen und Letzteres würde wiederum der Idee Udo Hopfs entsprechen, welcher bei Herbsleben sogar eine frühe fränkische Reichsburg vermutete. Dem steht jedoch entschieden entgegen, dass anders als in Görmar1086 in Herbsleben für das Frühmittelalter überhaupt kein Reichsgut nachweisbar ist. In Beziehung zum Reich tritt der Ort wohl erst im ausgehenden 13. und im 14. Jahrhundert. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist dieses aber weniger auf älteren Reichsbesitz am Ort zurückzuführen. Vielmehr liegen die Ursachen hierfür in einem späten Übertritt derer von Herbsleben in die Reichsministerialität.1087 Ebenso kommt noch hinzu, dass in fränkischer Zeit im mitteldeutschen Raum in der Regel kirchlicher Mittelpunkt und administrativer-politischer Mittelpunkt räumlich voneinander getrennt waren. Sie befanden sich in benachbarten Orten.1088 Dass Herbsleben zunächst der königliche Zentralort in der Region war, scheint deshalb durchaus zweifelhaft. Den Schutz des Überganges über die Unstrut konnten die königlichen Burgen in Gebesee und Bad Tennstedt gleichfalls übernehmen. Dennoch muss die Frage gestellt werden, woher das Kloster Hersfeld den Besitz erhielt, auf welchem es die Wigbertikirche gründete. Möglich ist immerhin, dass dieser aus königlicher Hand stammte. Anders als im Fall des Nachbarortes Gebesee, in welchem das Kloster Hersfeld umfangreichen Besitz aus königlicher Hand empfing, geben die Quellen für Herbsleben diesbezüglich aber keine Auskunft.1089
5.3 Die Ministerialen von Herbsleben In einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs aus dem Jahr 1144 zeugt unter den Ministerialen ein Heinrich von Herverisleyben.1090 Für Hans Patze ist in seiner 1962 erschienenen: „Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen“ aber eine Zugehörigkeit der Herren von Herbsleben zur ludowingischen Ministerialität mehr als wahrscheinlich. Er verweist darauf, dass eine solche Beziehung auch nicht durch das Auftreten eines Hugos von Herbsleben in einer Urkunde des Erzbischofes von Mainz aus dem Jahr 1183 beeinträchtigt wird.1091 1086 1087 1088 1089 1090 1091
GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 290-293. Vgl. Kap. II.5.4. Vgl. Kap. II.3.3.4. Vgl. GOCKEL: Art. Gebesee, S. 153f. GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 534. Mainzer UB 2, 1, Nr. 62, S. 120. Dob I, Nr. 1490. PATZE: Landesherrschaft, S. 348. Mainzer UB 2, 2, Nr. 464, S. 758. Dob II, Nr. 670.
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Eine ausdrückliche Zugehörigkeit Heinrichs von Herbslebens zur mainzischen Ministerialität wird in der Urkunde von 1144 nicht erwähnt. Heinrich wird lediglich recht allgemein als Ministerial bezeichnet. Allerdings finden sich in der Urkunde von 1144 eine Reihe von Zeugen, welche über ihre Zeugenschaft hinaus in Beziehung zu Mainz standen. Angeführt wird die Liste der weltlichen Zeugen durch die Freien, an dessen erster Stelle Wigger von der Wartburg steht, gefolgt von Meinhard von Mühlberg und Adelbert von Ballhausen. Anschließend folgen die Ministerialen mit: Bertold von Tütleben, Adelbert von Allmenhausen, Günther von Merxleben, dann Heinrich von Herbsleben und nach ihm Werner von Witterda und die nicht näher bezeichneten Sigebold, Werner und Hartung. Der als Erstes genannte Wigger von der Wartburg war zwar ludowingischer Amtsträger, unterhielt aber auch Beziehungen zum Mainzer Erzbischof und auch Meinhardt von Mühlberg stand in einem vasallitischen Verhältnis zum Mainzer Metropolitien. Für den gleichfalls zeugenden Adalbert von Allmenhausen ist laut Patze erst seit dem späten 12. Jahrhundert eine vasallitische Abhängigkeit von den ludowingischen Landgrafen gesichert. Bei den Herren von Tüttleben ist nach Patze eine Zugehörigkeit zu den landgräflichen Vasallen nur wahrscheinlich. 1092 Zu Adalbert von Ballhausen lassen sich kaum sichere Aussagen machen, Teil seines Besitzes scheint jedoch Reichsgut gewesen zu sein. 1093 Nur die Herren von Merxleben sind wohl spätestens seit den 1150er Jahren landgräfliche Vasallen.1094 Grundsätzlich könnte die Zeugenschaft Heinrichs von Herbsleben durchaus auf eine Beziehung zum Mainzer Erzbischof verweisen. Deshalb soll auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Herren von Herbsleben noch im 12. Jahrhundert zur Mainzer Ministerialität zählten. In denselben Zusammenhang gehört dann vielleicht auch die Zeugenschaft Hugos von Herbsleben als Zeuge in der gleichfalls von Patze angeführten Urkunde Erzbischof Konrads I. aus dem Jahr 1183. In diesem Zusammenhang sei außerdem darauf verwiesen, dass Patze schon 1974 die 1962 vertretene Aussage bezüglich der Herren von Herbsleben relativierte und den Ort Herbsleben wiederum als wenigstens teilweise in mainzischem Besitz sah.1095 Auf noch in der Mitte des 13. Jahrhundert vorhandene Beziehungen zwischen dem Mainzer Erzbischof und den Herren von Herbsleben verweisen dann auch mehrere im Folgenden zu besprechende Quellen: Zunächst sind zwei Einträge in der Mainzer Heberolle von 1248/49 zu betrachten. So waren ursprünglich an Johann von Herbsleben drei Mühlen für 50 Mark verpfändet, welche jener als Burglehen innehatte und welche aber zur 1092 1093 1094 1095
PATZE: Landesherrschaft, S. 339 u. 375. PATZE: Art. Groß- und Kleinballhausen, S. 172. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 339, 350 u. 375. PATZE: Art. Groß- und Kleinballhausen, S. 172. PATZE: Art. Mühlberg, S. 285. PATZE: Politische Geschichte, S. 211.
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Zeit der Abfassung der Heberolle bereits durch Bertho, der Schreiber, für 30 Mark gelöst worden waren. Weiterhin hatte Johann von Herbsleben der Mainzer Kirche Eigengut im Wert von 30 Mark lötigen Silbers übergeben und dieses dann als Burglehen vom Erzbischof von Mainz empfangen. 1096 Darüber gibt dann auch eine Urkunde vom 9. November 1249 Auskunft.1097 Ein weiterer Eintrag nennt einen Hof, que fuit de Herversleibin, von welchem ein Solidus zu leisten war.1098 Im Jahr 1266 zeugen die Herren von Herbsleben dann erneut in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofes.1099 Diese Umstände verweisen eindeutig darauf, dass die Herren von Herbsleben sehr wohl noch im 13. Jahrhundert in einem vasallitischen Verhältnis zum Mainzer Erzbischof standen. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass dieses auch schon im 12. Jahrhundert der Fall war und damit auch die Zeugenschaft in den Urkunden von 1144 und 1183 hinreichend erklärt werden kann. Zu prüfen bleibt jedoch, ob der Mainzer Metropolit, wie Patze meinte, selbst über Besitz in Herbsleben verfügte. Grundsätzlich könnte dieses schon wegen der vasallitischen Bindung der Herren von Herbsleben an Mainz angenommen werden. Ersichtlich wird ein solcher Umstand anhand der Einträge in der Heberolle nicht. Es wird nicht ausdrücklich erwähnt, dass sich die genannten Lehen in Herbsleben selbst befinden. So wird der erwähnte Hof auch nicht als in oder bei Herbsleben gelegen bezeichnet, sondern hier heißt es lediglich, que fuit de Heruersleibin – „der denen von Herbsleben war“. Darüber hinaus war die mit dem Hof verbundene Abgabe von einem Solidus an den Marktmeister bei der Kaufmannskirche zu entrichten.1100 Demzufolge gehörte die Abgabe nach Erfurt1101 und auch der Hof muss sich in Erfurt oder der unmittelbaren Umgebung befunden haben. Auch beim zweiten Eintrag in der Mainzer Heberolle ist nicht zu erkennen, dass sich die drei an Johann von Herbsleben verpfändeten Mühlen in Herbsleben 1096
1097
1098 1099 1100 1101
Dominus S. Archiepiscopus bone memorie obligaverat domini Johanni de Herversleiben III. Molendina pro L. Marcis, quas debet ha- bere in feodo castrensi, et asignare tantos redditus proprietatis sue. Illas ego Bertholdus Scriptor absolui pro XXX marcis pro quibus idem Johannes assignabit tantum proprietatis sue et recipit in feudo castrensi ad solutionem ipsius pecunie. (Mainzische Hebe-Rolle, S. 13.). UB Stadt Erfurt 1, Nr. 140. Dob III, Nr. 1744. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 24. Zur Verpfändung von Gütern im Zusammenhang mit Burglehen und zur Auflassung von Eigengut an den Burgherren, welches dann wiederum durch den Burgmann als Lehen vom Burgherren empfangen wird: KRIEGER: Art. Burglehen, Sp. 1055f. Mainzische Hebe-Rolle, S. 29. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 35. Diese Abgabe wird unter isti census spectant ad officium Magistri fori ad ecclesiam Mercatorum in der Heberolle aufgelistet. (Mainzische Hebe-Rolle, S. 27.). Hinsichtlich der Verbindung von Marktmeister und Kaufmannskirche vgl. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 72.
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selbst befanden. Auskunft über die Lage der Mühlen gibt wiederum die bereits genannte Urkunde vom 9. November 1249. Hier heißt es: tria molendina posita super Gera fluvium.1102 Damit lagen auch die verpfändeten Mühlen nicht in Herbsleben. Vielmehr legt ihre Lokalisierung an der Gera und der Umstand, dass der ebenfalls ehemals an die Ministerialen von Herbsleben verpfändete Hof in oder bei Erfurt lag, nahe, Gleiches auch für die Mühlen anzunehmen. Mainzer Besitz in Herbsleben lässt sich deshalb überhaupt nicht nachweisen. Nicht zu erkennen ist, wo die Herbslebener Ministerialen ihr Burgamt ausübten. Infrage kommen dürfte nahezu jede mainzische Burg in der Umgebung Erfurts. Dennoch soll nicht ausgeschlossen werden, dass sie dieses Burgamt auf der Burg zu Herbsleben ausübten. Gegen eine solche Annahme spricht aber wiederum der nicht nachweisbare mainzische Besitz im Ort und dass auch eine mainzische Verfügungsgewalt über die Burg nicht zu belegen ist. Neben dem Mainzer Erzbischof erscheinen die Ministerialen von Herbsleben auch mehrfach in Verbindung zum Kloster Hersfeld. So zeugte Im Jahr 1155 ein Hugo von Herbsleben in einer Urkunde des Abtes von Hersfeld, in welcher Letzterer bekennt, beim Landgrafen Ludwig erreicht zu haben, dass dieser ihm das Vogteirecht in dem Dorf Kieselbach unterhalb der Kraynburg auflässt.1103 Die Zeugenschaft Hugos könnte in diesem Fall grundsätzlich auf eine Beziehung zum Abt von Hersfeld als auch zum Landgrafen Ludwig zurückgeführt werden. Anhand der Zusammensetzung der Zeugenliste dieser Urkunde erscheint eine Zuordnung Hugos von Herbsleben zu einem der beiden Herren mehr als schwierig. Am Anfang der Zeugen erscheint ein Graf Wigger mit seinem Sohn. Beide übten in dieser Zeit für die Ludowinger das Burggrafenamt auf der Wartburg1104 aus und sie zeugten in diesem Fall wohl als ludowingische Amtsträger. Der anschließend genannte Eckehard von Gottern könnte in engem Verhältnis zum Landgrafen gestanden haben. Laut Patze tritt er zwischen 1155 und 1192 als Zeuge in landgräflichen Urkunden entgegen und 1185 wird dann ein Eckehard von Gottern als landgräflicher Ministerial bezeichnet.1105 Allerdings sei darauf verwiesen, dass nach der Zeugenschaft von 1155 erst 1175 und damit 20 Jahre später wieder ein Träger dieses Namens in landgräflichen Urkunden unter den Zeugen anzutreffen ist. Es erscheint demnach ungewiss, ob die Zeugenschaft von 1155 überhaupt wegen einer Beziehung Eckehards von Gottern zu Landgraf Ludwig geschah. Der ebenfalls genannte Herr Reginard und seine Söhne Reginard und Friedrich von Treffurt waren zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch Vertreter der 1102 1103 1104 1105
UB Stadt Erfurt 1, Nr. 140. Dob II, Nr. 98. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 3. PATZE: Landesherrschaft, S. 375. PATZE: Landesherrschaft, S. 346.
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hersfeldischen Seite.1106 Berthold von Salzungen, Heinrich von Lengsfeld und sein Bruder sowie Heinrich von Weilar sind wohl ebenfalls zur hersfeldischen Ministerialität zu rechnen.1107 Otto von Stein wiederum könnte sowohl Angehöriger der hersfeldischen als auch der landgräflichen Ministerialität gewesen sein.1108 Möglicherweise kann wegen der nachweisbaren Beziehungen der Herren von Heringen zum Kloster Hersfeld im frühen 13. Jahrhundert1109 auch für 1155 eine enge Verbindung zu Hersfeld angenommen werden. Schwierig ist ebenfalls die Zuordnung Dietmars von Tiefenort und seines Bruders Dietrich. Am Anfang des 13. Jahrhunderts wird ein landgräflicher Marschall Berthold von Tiefenort genannt.1110 Ob daraus auch eine frühere Beziehung zu den Landgrafen abgeleitet werden kann, ist nicht sicher zu sagen, erscheint aber nicht unmöglich. Überhaupt nicht identifizieren lässt sich der nicht näher bezeichnete Eggebert. In der Zeugenliste werden Vertreter beider Seiten genannt und letztendlich ist nicht eindeutig festzustellen, welcher Seite Hugo von Herbsleben zuzurechnen ist. Allerdings zeugen nach ihm mit Reginard von Treffurt und seinen Söhnen, Otto von Stein, Berthold von Salzungen, Heinrich von Weilar, Heinrich von Heringen sowie Heinrich von Lengsfeld mit seinem Bruder wohl zum hersfeldisch Umfeld zu rechnende Personen. Damit ist auch bei Hugo von Herbsleben ein solcher Umstand nicht auszuschließen. Zu prüfen ist noch, ob sich aus dem Rechtsinhalt der Urkunde und den dort genannten Objekten die Zeugenschaft Hugos von Herbsleben begründen lässt. Das Dorf Kieselbach, unmittelbar unterhalb der ehemals hersfeldischen Burg
1106 1107 1108
1109 1110
PATZE: Landesherrschaft, S. 357. PATZE: Landesherrschaft, S. 382f. KÜTHER: Art. Stadtlengsfeld, S. 418. Register zu: Weilar, Herren von, in: Dob II, S. 549. Register zu: Stein, in: Dob II, S. 540. Die hersfeldische/landgräfliche Doppelministerialität derer von Stein tritt seit den 1180er Jahren gut sichtbar zu Tage. Für die Zeit vorher kann ein solcher Umstand zunächst nicht nachgewiesen werden. So tritt ein Otto von Stein 1153 und 1168 in jeweils einer hersfeldischen Urkunde als Zeuge entgegen und bezeugt 1180 in einer Bestätigungsurkunde Graf Siegfrieds von Orlamünde für das Kloster Langheim. (Dob II, Nr. 47, 354 u. 591.). Allerdings denkt August Eckhardt, dass schon die Vorfahren Landgraf Ludwigs III. die Burg Stein (Bischofstein), nach der sich die Ministerialen benannten, als hersfeldisches Lehen besessen haben dürften und diese nach dem Tode Landgraf Ludwigs von der Abtei als erledigtes Lehen beansprucht wurde, um es dann an den Grafen Otto aus der Familie der Grafen von Lohra auszugeben. Erst nach dessen Tod gelangte die Burg wieder als Lehen an das ludowingische Landgrafenhaus. (ECKHARDT: Eschwege, S. 222230.). Zusammenfassend könnte es sich bei dem 1155 zeugenden Otto von Stein sowohl um einen hersfeldischen als auch einen landgräflichen Dienstmann handeln. Vgl. unten. PATZE: Landesherrschaft, S. 364.
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Kraynburg im heutigen Wartburgkreis etwa 20 Kilometer südwestlich von Eisenach gelegen,1111 lässt sich in keinerlei direkte Beziehung zu Hugo von Herbsleben bringen. Burg und Ort sind, wie aus der Urkunde von 1155 unmittelbar deutlich wird, als hersfeldischer Besitz anzusehen. Die Ministerialen von Hersbleben treten in der Folge auch in weiteren hersfeldischen Urkunden als Zeugen auf – so etwa 1214, 1219 und 1220.1112 In der Urkunde von 1214 überträgt der Abt von Hersfeld dem Kloster Volkenroda einen Hof zu Hochstedt mit Zubehör. Als Zeugen treten Albert und sein Bruder Johann von Herbsleben zusammen mit Siboto von Heringen, Günther, Truchsess von Schlotheim, Gottfried von Tennstedt und Christian von Gebesee auf.1113 Bei Siboto von Heringen dürfte es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um einen hersfeldischen Ministerialen gehandelt haben 1114 und Gleiches gilt wohl auch für Christian von Gebesee.1115 Zwar ist bei den Herren/Ministerialen von Tennstedt eine Zugehörigkeit zur landgräflichen Ministerialität nicht unwahrscheinlich. Dennoch konnte gezeigt werden, dass auch das Kloster Hersfeld über nicht unerhebliche Teile des Ortes Tennstedt verfügte. Somit könnte sich die Zeugenschaft Gottfrieds von Tennstedt aus einer bestehenden Bindung an den Abt von Hersfeld erklären. Einzig bei Günther von Schlotheim ist eine enge Beziehung zu den Landgrafen anzunehmen.1116 Die Zeugenschaft Günthers von Schlotheim könnte dann vielleicht auf seine herausragende Stellung in der Region zurückgeführt werden. Volkenroda selbst liegt nur wenige Kilometer westlich von Schlotheim, dem Stammsitz der Herren von Schlotheim. Möglicherweise zeugte Günther in der Urkunde für die Volkenrodaer Seite. Da sich kein Bezug Alberts und Johanns von Herbsleben zum Objekt der Schenkung, dem Hof mit Zubehör in Hochstedt, herstellen lässt, scheint wahrscheinlich, dass beide die Übertragung als Vertreter der hersfeldischen Seite bezeugten. Die zweite, im Jahr 1219 ausgestellte Urkunde beendet einen Streit zwischen dem Kloster Hersfeld und dem Kloster Pforte. Gegenstand des Schiedsspruches 1111 1112 1113 1114 1115
1116
Zur Kraynburg vgl. KÜTHER: Art. Kraynburg, S. 242f. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 11 u. 14f. Dob II, Nr. 1598, 1853 u. 1923. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 11. Dob II, Nr. 1598. Vgl. Register zu Heringen, Siboto, in: Dob II, S. 499. Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 345f. Dobenecker möchte in ihm einen landgräflichen Ministerialen sehen. (Vgl. Register zu: Gebesee, Heinrich, in: Dob II, S. 487.). Christian von Gebesee lässt sich ansonsten nur noch einmal 1219 als Zeuge in einer Urkunde zwischen dem Kloster Hersfeld und dem Klosters Pforte urkundlich nachweisen. (Dob II, Nr. 1853.). Eine Beziehung zu den Landgrafen kann somit eher ausgeschlossen werden. Auch ist Gebesee zu diesem Zeitpunkt ein hersfeldischer Besitzschwerpunkt. (GOCKEL: Art. Gebesee, S. 154.). Vgl. Kap. II.2.4. u. II.3.5.1. PATZE: Landesherrschaft, S. 327-333.
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sind 11 ½ Hufen zu Vehra (bei Straußfurt 20 Kilometer nördlich von Erfurt). Als Zeugen werden unter den Laien neben Johann von Herbsleben, ein Heinrich von Gebesee, Konrad von Kölleda mit seinem Bruder Friedrich, Dietrich von Gebesee und sein Bruder Eckhard, Christian vilicus von Gebesee und sein Sohn Heinrich sowie Friedrich von Utstete erwähnt.1117 Auch in diesem Fall lässt sich kein direkter Bezug derer von Herbsleben zum Rechtsobjekt nachweisen. Gleichwohl liegt der Ort Vehra nur etwa 20 Kilometer von Herbsleben entfernt. Da aber alle Zeugen der Urkunde in Beziehung zu den Klöstern Hersfeld und Pforte stehen,1118 scheint, da auch keine Verbindung derer von Herbsleben zum Kloster Pforte bekannt ist, dass sie auch in diesem Fall als hersfeldische Dienstleute oder Vasallen zeugten. Auch die Urkunde von 1220 ist eine hersfeldische Ausstellung und betrifft erneut die 11 ½ Hufen zu Vehra, welche nun dem Kloster Pforte überlassen werden. Hier zeugt Johann von Herbsleben in einer Reihe mit Heinrich, Dietrich und Eckhard von Gebesee sowie Konrad und Friedrich von Kölleda. Diese Personen 1117 1118
Dob II, Nr. 1853. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 14. Bei Heinrich von Gebesee handelt es sich laut Dobenecker um einen landgräflichen Ministerialen. (Register zu Gebesee, Heinrich von, in: Dob II, S. 487.). Er zeugt 1191 und 1206 in Urkunden Landgraf Hermanns. Allerdings taucht er neben der betreffenden Urkunde von 1219 auch 1220 als Zeuge einer Güterübertragung des Abtes von Hersfeld an das Kloster Pforte auf. (Dob II, Nr. 881, 1327, 1853 u. 1923.). Auch Dietrich und sein Bruder Eckard von Gebesee werden von Dobenecker als landgräfliche Ministerialen eingeordnet. (Register, zu: Gebesee, Dietrich von und Eckard von, in: Dob II, S. 487.). Beide finden sich aber nur als Zeugen in zwei hersfeldisch-pfortischen Urkunden von 1219 und 1220. (Dob II, Nr. 1853 u. 1923.). Der vilicus Christian von Gebesee wird neben der Urkunde von 1219 noch in einer weiteren aus dem Jahr 1214 als Zeuge genannt. Auch diese Urkunde ist durch den Abt von Hersfeld ausgestellt und betrifft das Kloster Volkenroda. (Dob II, Nr. 1598.). Sein Sohn Heinrich taucht in einer Urkunde von 1219 auf. Bei diesen sich nach Gebesee nennenden Personen scheint eine Zugehörigkeit zu Hersfeld schon wegen des Umstandes, dass Gebesee ein hersfeldisches Besitzzentrum war, mehr als wahrscheinlich. (Vgl. GOCKEL: Art. Gebesee, S. 154.). Konrad von Kölleda zeugt 1215 in einer Urkunde Landgraf Hermanns, in welcher sich der Landgraf und der Abt von Hersfeld über Streitigkeiten geeinigt haben. (Dob II, Nr. 1638.). Im Jahr 1220 taucht Konrad in der oben bereits mehrfach erwähnten Urkunde des Abtes von Hersfeld für das Kloster Pforte als Zeuge auf und auch 1224 ist er in der Zeugenliste einer Urkunde des Abtes von Hersfeld anzutreffen. (Dob II, Nr. 1923 u. 2177.). Sein 1219 mit ihm zeugender Sohn findet sich in einer 1211-1219 durch Lambert von Gleichen für das Kloster Pforte ausgestellten Urkunde als Zeuge und er bezeugt ebenfalls die hersfeldischpfortische Urkunden von 1220 und im Jahr 1227 ist er als Zeuge in einer Urkunde Heinrichs, Abt von Walkenried, anzutreffen. (Dob II, Nr. 1871, 1923 u. 2478.). Lediglich bei Friedrich von Udestedt kann eine Beziehung zum Landgrafen angenommen werden, während eine Beziehung zu Hersfeld oder Pforte nicht nachgewiesen werden kann. So zeugt er 1223 und 1226 in zwei landgräflichen Urkunden. (Dob II, Nr. 2109 u. 2366.).
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standen aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls entweder als Dienstleute oder als Vasallen in einer Beziehung zum Abt von Hersfeld.1119 Letzteres dürfte auch in diesem Fall gleichfalls für von Herbsleben zutreffen. Somit deutet sich eine zunächst wenigstens für das erste Viertel des 13. Jahrhunderts enge Beziehung der Herren/Ministerialen von Herbsleben zum Kloster Hersfeld an und deshalb könnte dieses auch schon für das 12. Jahrhundert angenommen werden. Im Jahr 1256 verkauften die Brüder Johann, Johann und Albert von Herbsleben zwei Hufen zu Henschleben, welche sie wiederum von Hersfeld zu Lehen besaßen, an Gertrud, Gemahlin Alberts, und ihren Sohn Johann und teilen dieses dem Abt von Hersfeld mit.1120 Diese am 26. Oktober ausgestellte Urkunde wurde am 4. November durch den Abt von Hersfeld und am 7. Mai 1257 noch einmal durch Landgraf Heinrich bestätigt.1121 Bereits 1255 hatte Albert von Herbsleben als Dank für seine treuen Dienste vom Abt von Hersfeld den Brühl zu Gebesee als Lehen erhalten.1122 Eine gleichfalls in das Jahr 1255 gehörende Urkunde gibt noch einmal Hinweise auf eine enge Beziehung Alberts zum Kloster Hersfeld. Im Tausch für zwei Hufen zu Henschleben, mit deren Vogtei er von den Grafen von Gleichen belehnt war, bot er den Grafen zwei Hufen aus Eigengut beziehungsweise von hersfeldischen Gütern zu Gebesee an.1123 Darüber hinaus verfügten die Herren von Herbsleben in der Burg Gebesee über Besitz, aus welchem Albert von Herbsleben mit Zustimmung seiner Gemahlin 1258 eine Hufe an das Kloster Pforte verkaufte.1124 Beziehungen zwischen den Herren von Herbsleben und dem Kloster Hersfeld lassen sich demzufolge bis nach der Mitte des 13. Jahrhunderts feststellen. Ihr Besitz im alten hersfeldischen Zentrum Gebesee kann nur auf Verbindungen zum Hersfelder Kloster zurückgeführt werden. Das Verhältnis der Herren von Herbsleben zum Kloster Hersfeld könnte sich wiederum auf hersfeldischen Besitz erheblichen Alters in Herbsleben und Gebesee begründen und möglicherweise ist der Abt von Hersfeld deshalb auch als der ursprüngliche Ortsherr von Herbsleben anzusehen, wobei nicht ausgeschlossen werden soll, dass dieser Besitz aus königlicher Hand stammte. So verweist die, dem heiligen Wigbert geweihte Ortskirche auf recht frühen hersfeldischen Einfluss.1125 Umso
1119 1120 1121 1122 1123 1124 1125
Dob II, Nr. 1923. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 15. Dob III, Nr. 2475. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 29f. Dob III, Nr. 2545. Dob III, Nr. 2312. Dob III, Nr. 2394. UB Kloster Pforte I,1, Nr. 170. Dob III, Nr. 2696. UB Kloster Pforte I,1, Nr. 162. Vgl. oben.
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erstaunlicher ist jedoch, dass für die Frühgeschichte des Ortes lediglich fuldischer Besitz nachweisbar ist.1126 Im Jahr 1183 bezeugt ein Hugo von Herbsleben eine Urkunde Landgraf Ludwigs III. für das Kloster Lippoldsberg.1127 In der betreffenden Urkunde nimmt der Landgraf das Kloster in seinen Schutz und befreit es von allen Abgaben. Erneut unter den Zeugen einer Urkunde Landgraf Ludwigs III. ist Hugo dann im Jahr 1186 zusammen mit seinem Sohn Adelbrat anzutreffen.1128 Letztmalig in einer Zeugenliste findet sich Hugo von Herbsleben ebenfalls in einer 1186 ausgestellten landgräflichen Urkunde.1129 Gegenstand dieser Urkunde sind Güterübertragungen an das Kloster Reinhardsbrunn durch den Landgrafen. Diese Güter besaß er ursprünglich vom Abt von Hersfeld, weshalb die Zustimmung desselben notwendig war und er die Übertragung auch selbst mitbezeugte. Als Laien zeugen unter anderem Pfalzgraf Hermann von Sachsen (später Landgraf Hermann I.) und Graf Poppo von Henneberg. Die anschließend genannten Albert von Hiltenburg sowie Ludwig von Frankenstein und seine Brüder gehören wohl zum Grafen von Henneberg, könnten aber auch in Beziehung zum Abt von Hersfeld gestanden haben. Demgegenüber sind mit Eckehard von Gottern, Mechtfried von Gotha und Günther von Schlotheim die nachfolgend genannten Personen dem Landgrafen zuzuordnen.1130 Zwischen den Letzteren findet sich dann auch Hugo von Herbsleben und es kann deshalb nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass die Zeugenschaft Hugos geschah, weil er eben auch im Dienst Landgraf Ludwigs stand. Gleichwohl wurde die Urkunde in Gegenwart und mit Zustimmung Abt Siegfrieds von Hersfeld ausgestellt. Insofern könnte Hugo Selbige auch in seiner Eigenschaft als hersfeldischer Dienstmann bezeugt haben, zumal er die einzige Person unter den weltlichen Zeugen ist, welche sich sicher in Beziehung zum Abt von Hersfeld bringen lässt. Gleichwohl bezeugten schon 1174 ein Reinhard und Udo von Herbsleben eine Schenkung Landgraf Ludwigs III. an die Kirche zu Jechaburg. Gegenstand der Übertragung sind 4 ½ Hufen und 3 Höfe zu Kutzleben samt Zubehör.1131 In 1126 1127 1128 1129 1130
1131
Vgl. Kap. II.5.2. CDS I, A 2, Nr. 481. Hier in das Jahr 1184 datiert. Berichtigt bei Dobenecker, welcher richtigerweise das Jahr 1183 angibt. (Vgl. Dob II, Nr. 656, Anm. 1.). CDS I, A 2, Nr. 525. Dob II, Nr. 760. CDS I, A 2, Nr. 524. Dob II, Nr. 761. Herren von Frankenstein: KÜTHER/PATZE: Art. Frankenstein, S. 201f. Die Hiltenburger übten das Burggrafenamt auf der Hiltenburg, welche auf dem Gebiet der Grafschaft Henneberg lag, aus und scheinen durchaus auch in enger Beziehung zu den Hennebergern zu stehen. (WAGNER: Edelherren von Hiltenburg, S. 141-177.). Mechfried von Gotha: PATZE: Landesherrschaft, S. 360. Eckehard von Gottern: vgl. oben. Zu den Herren von Schlotheim vgl. Kap. II.3.5.1. CDS I, A 2, Nr. 406. Dob II, Nr. 492.
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einer weiteren Urkunde Landgraf Hermanns I. von 1206 tritt ein Albert von Herbsleben als Zeuge entgegen und in einer weiteren von 1211 finden sich Albert und sein Bruder Johann in der Zeugenliste. In der betreffenden Urkunde bestätigt der Landgraf einen Verkauf von 3 ½ Hufen an das Kloster Volkenroda, welche östlich des Klosters lagen und 2 ½ Hufen sowie einen Wald zu Körner. Die Schenkung erfolgte noch im Kindesalter der Brüder Kuno und Rudolf zu Körner sowie deren Mutter. Rudolf von Körner versuchte nun, nachdem Mutter und Bruder verstorben waren, die von ihm als Kind verkauften Güter zurückzufordern.1132 Falls es nicht andere Gründe für die Zeugenschaft in dieser Urkunde gab, könnte sie durchaus Hinweis auf Beziehungen Alberts und Johanns von Herbsleben zum Landgrafen sein. Johann wird dann erneut unter den Zeugen zweier Urkunden Landgraf Hermanns vom 8. September 1215 erwähnt. Beide Urkunden beinhalten ein Rechtsgeschäft mit dem Abt von Hersfeld und in beiden bezeugen Personen, welche in Beziehung zum Abt von Hersfeld oder zum Landgrafen stehen, wobei wenigstens in der ersten Urkunde landgräfliche Vertreter dominieren.1133 1132 1133
CDS I, A 3, Nr. 98 u. 158. Dob II, Nr. 1313 u. 1488. CDS I, A 3, Nr. 210, Dob II, Nr. 1637. Die zweite Urkunde ist nicht im Original überliefert, sondern in der Bestätigungsurkunde Erzbischofs Siegfried II. von Mainz vom selben Tag per Insertion eingefügt. (Vgl. Anm. zu Dob II, Nr. 1638. CDS I, A 3, Nr. 1639.). Zu den Zeugen: In der ersten Urkunde erscheinen Graf Heinrich von Stolberg, Graf Burchard von Lauterberg, Gottschalk von Plesse, die Brüder Albert und Siboto von Franckenstein, Ludwig von Wangenheim, Hugo von Sumeringin sowie Hugo und Ludwig von Allmenhausen. Die Grafen von Stolberg als auch die Grafen von Lauterberg standen in Beziehung zum Landgrafen und dies kann auch für Gottschalk von Plesse angenommen werden. (PATZE: Landesherrschaft S. 237, 283, 315, 317 u. 516.). Anders sieht es für die Herren von Frankenstein aus, welche in Beziehung zum Kloster Hersfeld gestanden haben könnten. Im Zusammenhang mit den Herren von Wangenheim, welche wohl fuldische Ministeriale waren, lassen sich immer wieder auch lehnsrechtliche Beziehungen zu den Landgrafen finden. In Urkunden von 1195, 1196, 1212 wird Ludwig eindeutig als fuldischer Ministerial bezeichnet. Anzutreffen ist er aber auch als Zeuge in königlichen und landgräflichen Urkunden. (Dob II, Nr. 988, 998, 1519, 1588, 1690, 1814 u. 2051. PATZE: Landesherrschaft S. 304 u. 392. KAUFMANN: Art. Wangenheim, S. 461f.). Bei Hugo von Sumeringin dürfte es sich um einen Angehörigen des landgräflichen Ministerialengeschlechtes von Sömmern handeln. (PATZE: Landesherrschaft, S. 355. Register zu Sömmern, in: Dob II, S. 539.) Bei Hugo und Ludwig von Allmenhausen handelt es sich sicher um landgräfliche Dienstleute, deren Zugehörigkeit zur Ministerialität aus ihrer Stellung in den Zeugenlisten erschlossen werden kann. (PATZE: Landesherrschaft, S. 339.). Umfangreicher ist die Zeugenliste der zweiten Urkunde, wobei sich alle Zeugen der ersten wiederfinden und zusätzlich noch Rudolf von Vargula, welcher als Mundschenk ein landgräfliches Hofamt ausübte, Reinbold von Lengsfeld, Volbert von Bibra, die Brüder Heinrich und Giso von Hersfeld, Vinnold von
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Im Jahr 1223 ist Johann dann wiederum in einer landgräflichen Urkunde als Zeuge anzutreffen. Die Herren von Herbsleben bezeugen außerdem 1229, 1231, 1234, 1236, 1240, 1241 und 1242 Rechtsgeschäfte Landgraf Heinrichs und werden in zwei Urkunden aus dem Jahr 1234 sogar als Getreue des Landgrafen bezeichnet. Seit 1251 sind sie dann in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis 1282 häufig auch als Zeugen in Urkunden der wettinischen Landgrafen zu finden.1134 Die Ministerialen von Herbsleben stehen demnach im 12. und 13. Jahrhundert sowohl in Beziehung zum Abt von Hersfeld als auch zu den ludowingischen Landgrafen, wobei auffällig ist, dass sie erst im 13. Jahrhundert vermehrt in den Zeugenlisten landgräflicher Urkunden anzutreffen sind und auch erst in dieser Zeit ausdrücklich als landgräfliche Getreue bezeichnet werden. Zeitgleich waren sehr wohl aber auch Verbindungen zum Mainzer Erzstift zu erkennen. Damit unterhielt diese weitverzweigte Familie im 12. und 13. Jahrhundert Verbindungen zu den wichtigsten Landesherren der Region. Allerdings kann, wie gezeigt, kein mainzischer Besitz in Herbsleben nachgewiesen werden. Landgräflicher Besitz im Ort wird im Lehnbuch Friedrichs des Strengen von 1349/50 zwar überliefert, erscheint jedoch mit drei Hufen eher gering. Wahrscheinlich ist, da die Ministerialen von Herbsleben ansonsten Dienstlehen in anderen Orten vom Landgrafen erhielten,1135 dass die landgräflichen Rechte in Herbsleben nicht wesentlich umfangreicher waren. Darüber hinaus ist nicht zu erkennen, ob dieser Grundbesitz schon im 12. und 13. Jahrhundert vorhanden war oder erst später, vielleicht sogar aus der Hand derer von Herbsleben, erworben worden ist. Insofern ist landgräflicher Besitz für dieses Zeit ebenfalls kaum nachzuweisen. Auffällig ist die enge Beziehung derer von Herbsleben zum Hersfelder Kloster. Dieses erstaunt insofern, weil anders als beispielsweise in Gebesee das Reichsstift mit Ausnahme der Wigbertikirche über keinen nachweisbaren Besitz im Ort verfügte. Demgegenüber besaßen die Herren von Herbsleben noch in der
1134
1135
Wechmar, Heinrich von Ebersberg, Konrad von Kölleda, sowie ein nicht näher bezeichneter Hermann die Zeugenliste ergänzen. Sicher zu den Landgrafen gehörig sind Rudolf Schenk von Vargula und Heinrich Marschall von Ebersberg. (PATZE: Landesherrschaft S. 32-338.). Als hersfeldische Ministeriale anzusprechen sind Reinbold von Lengsfeld, Volbert von Bibra, Heinrich und Giso von Hersfeld, Winold von Wechmar und Konrad von Kölleda. (Vgl. oben und: Register zu: Bibra- Hersfeldische Ministeriale, in: Dob II, S. 462. Wechmar – Herren von, in: Dob II, S. 548.). CDS I, A 3, Nr. 316, 423, 515 und 517. Dob II, Nr. 2109. Dob III, Nr. 71, 212, 464f., 618, 856 u. 951. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 25. Dob III, Nr. 2723. Dob IV, Nr. 310, 1395, 1554-1556, 1627, 1839, 1867, 2045. UB Mühlhausen, Nr. 194. UB Erfurter Stifter 1, Nr. 471. UB Kloster Pforte, Nr. 265f. UB Stadt Erfurt 1, Nr. 197 u. 306. Lehnbuch Friedrichs des Strengen, I, Nr. 36.
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Mitte des 14. Jahrhunderts umfangreichen Besitz in der Umgebung Gebesees aus Hersfelder Hand.1136 Eine Linie des weitverzweigten Geschlechts nennt sich seit 1191 sogar nach ihrem wohl aus hersfeldischer Hand stammendem Besitz in1137 und verfügt im 14. Jahrhundert sogar über Eigenbesitz an der Burg zu Gebesee.1138 Daneben waren sie gleichfalls landgräfliche Dienstleute, wobei auch kein ludowingischer Besitz in Herbsleben festzustellen war. Gleiches gilt für ihr Verhältnis zum Mainzer Erzstift. Mainzische Dienstlehen erhielten sie nicht in Herbsleben, sondern in oder bei Erfurt. Mit ihren Bindungen an die wichtigsten Herren der Region gelangten sie laut Hopf nicht nur in eine gehobenere Stellung, sondern verfügten in der Folge wohl auch über nicht unerhebliche finanzielle Mittel. In diesem Zusammenhang, so folgert Hopf, erklärt sich dann auch, wie die Ministerialen von Herbsleben eine solche ausgesprochen qualitätsvolle spätromanische Burg errichten konnten.1139 Darüber, ob sie die Burg selbst errichteten oder dieses im Auftrag eines ihrer Dienstherren geschah, welcher auf diesem Weg seinen Anspruch auf den Ort untermauern wollte, ist jedoch nichts bekannt. Über die Besitzverhältnisse im 12. und 13. Jahrhundert lässt sich deshalb anhand der Quellen überhaupt nichts Sicheres aussagen. Hinzu tritt noch, dass die im Frühmittelalter als Grundherren in Erscheinung tretenden Klöster Helmarshausen und Reinhardsbrunn in der Folge nicht mehr in Beziehung zum Ort zu bringen sind. Lediglich das Kloster Fulda scheint bis ins Spätmittelalter Rechte in Herbsleben besessen zu haben. Hinsichtlich der Ortsherrschaft kann deshalb nur spekuliert werden. Vielleicht könnte aus dem Umstand, dass die Ministerialen von Herbsleben eben auch in enger Beziehung zum Kloster Hersfeld standen und die örtliche Pfarrkirche, welche darüber hinaus Sedestitelkirche war, wohl als hersfeldische Gründung anzusehen ist, auf doch umfangreicheren Besitz des Klosters im Ort geschlossen werden. Dieser wiederum, so könnte weiter spekuliert werden, stammte vielleicht ursprünglich aus königlicher Hand beziehungsweise verfügte das Königtum weiterhin über Rechte in Herbsleben. Schwierigkeiten bereitet aber vor allem, dass es keine entsprechenden Quellennachweise hierfür gibt.
1136 1137
1138
1139
GOCKEL: Königspfalzen 2, S. 690f. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 95. ZEYSS: Herbsleben, S. 7-20. Zum Gebeseer Besitz derer von Herbsleben vgl. GOCKEL: Art. Berichtigungen und Nachträge zu: Gebesee, S. 690. Urkunde vom 8. Juni 1324: Der Ritter Heinrich von Herbsleben verkauft dem Kloster und Konvent zu Hersfeld seinen Teil an der Burg zu Gebesee. (HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 248.). HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 95.
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Die entscheidende Veränderung für den Ort steht aber weder im Zusammenhang mit dem Kloster Hersfeld noch mit den Landgrafen oder dem Mainzer Erzbischof. Vielmehr waren es die Grafen von Henneberg, welche 1331 erreichten, dass der Ort durch Kaiser Ludwig ein Marktprivileg erhielt.1140 Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass königlicher Besitz in Herbsleben nicht auszuschließen ist, wird zu prüfen sein, ob die Verleihung des Marktrechtes durch Kaiser Ludwig nicht doch ein Hinweis auf königliche Rechte in Herbsleben sein könnte.
5.4 Die Grafen von Henneberg als Ortsherren 5.4.1 Der Eintritt der Grafen von Henneberg in die Ortsherrrschaft – Herbsleben als Reichslehen Nach 1282 lassen sich die Herren von Herbsleben in landgräflichen Urkunden zunächst überhaupt nicht mehr nachweisen. Erst 1306 findet sich ein Albert von Herbsleben wieder in einer Verkaufsurkunde Landgraf Diezmanns. Im Jahr 1307 wird dann Albrecht von Herbsleben durch Diezmann zum Schiedsrichter gewählt. Am 29. Mai 1310 bürgt Albrecht im Naumburger Friedensvertrag zwischen Landgraf Friedrich I. und der Stadt Erfurt für den Landgrafen und auch in der in Gotha ausgestellten Sühneurkunde vom 17. Juli 1310 ist er unter den landgräflichen Bürgen zu finden.1141 Das Fehlen von Nachweisen für eine Beziehung zu den Landgrafen zwischen 1282 und 1306 dürfte im Wesentlichen darauf zurückzuführen sein, dass über die Erfurter Urkundenbücher hinaus für die Zeit zwischen 1288 und 1381 keine umfangreicheren Quelleneditionen und Regestensammlungen für die Landgrafen und den thüringischen Raum vorliegen. Allerdings ist Hugo von Herbsleben in einem 1319 ausgehandelten Sühnevertrag zwischen ihm, den Grafen von Hohnstein auf der einen und dem Landgrafen Friedrich auf der anderen Seite unter den Gegnern des Landgrafen anzutreffen.1142 Bereits 1311 ist ein Theodericus de Hervirsleybin unter den Adligen zu finden, welche sich mit der Stadt Erfurt gegen Landgraf Friedrich verbündet hatten.1143
1140 1141
1142 1143
ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 134. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 92, 95 u. 97f.. UB Stadt Erfurt 1, Nr. 557, 559 u. 561. Zum Friedensvertrag vgl. MICHELSEN: Die Landgrafschaft, S. 22f. PATZE: Politische Geschichte, S. 69f. Scriptores Rerum Germanicarum 2, Sp. 978. Vgl. auch: HOCHE: Geschichte, S. 75. UB St. Erfurt, Nr. 565. Vgl. zu den Hintergründen: PATZE: Politische Geschichte, S. 71.
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Schon seit der Mitte des 13. Jahrhunderts verfügen die Herren von Herbsleben über Grundbesitz in der Region, welchen sie frei veräußern können, und treten gleichzeitig seit dem späten 13. Jahrhundert selbst als Lehnsherren in Erscheinung.1144 Darüber hinaus besitzen sie auch Lehen der Grafen von Schwarzburg. So verzichtet der oben genannte Hugo von Herbsleben 1326 auf die Hälfte eines Fischteiches zu Hastingsleben (Haßleben, 5 Kilometer östlich von Gebesee), welche er von den Grafen von Schwarzburg zu Lehen hatte.1145 Im Jahr 1342 verspricht Johann von Herbsleben dann, seine Güter zu Hastensleyben an das Marienstift zu Erfurt zu übertragen, und 1346 gestattet Graf Günther von Schwarzburg den Herren von Herbsleben drei Hufen und 32 Acker Wiesenwachs zu Ringleben, welche sie von ihm zu Lehen besaßen, an das Augustinerkloster Erfurt zu übereignen. Deutlich wird damit gleichzeitig, neben Besitz in Herbsleben und Gebesee verfügten die Herren von Herbsleben noch über Rechte im benachbarten Ringleben und Haßleben. Darüber hinaus hatten sie in weiteren Orten der Region sowie in den Städten Thamsbrück, Weißensee und Tennstedt und in einigen der nordwestlich gelegenen Heillingen- und Sömmernorte Besitz.1146 Noch 1365 besteht das Lehnsverhältnis zwischen den Herren von Herbsleben und den Schwarzburger Grafen fort. So verzichtet 1365 Jan von Herbsleben auf Lehen zu Ringleben.1147 Zugriff auf Herbsleben selbst scheinen die Grafen von Schwarzburg jedoch vorerst nicht gehabt zu haben. Vielmehr begründete sich ihr Verhältnis zu den Herren von Herbsleben auf anderweitigen, nicht im Ort gelegenen Besitz. Im Jahr 1322 übertrug Albert, Ritter und Herr in Herbsleben, dem Kloster Walkenried sechs Hufen als Wiedergutmachung für den Schaden, den er dem Kloster in seiner Eigenschaft als Offizial des Landgrafen Diezmann zugefügt hat. Da Diezmann am 10. Dezember 1307 gestorben ist, muss die genannte Schädigung des Klosters auch vor dieser Zeit stattgefunden haben.1148 Deutete der Sühnevertrag von 1319 zunächst auf eine enge Beziehung zu den Grafen von Hohnstein, so erscheinen doch seit den 1320er Jahren die Grafen von Henneberg als die Inhaber der Lehnsherrschaft über die Burg zu Herbsleben. Graf Berthold VII. von Henneberg besaß die Burg Herbsleben wiederum
1144 1145 1146 1147 1148
Vgl. UB St. Erfurt, Nr. 466, 471, 560 u. 631. UB Kloster Pforte 1,1, Nr. 500. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 127. Haßleben: Dob III, Nr. 1524 (Konrad von Hastensleibin), 1765 (Ortwin von Hasteinleibin) und Register, S. 615. ZEYSS: Herbsleben, S. 9. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 146 u. 151. ZEYSS: Herbsleben, S. 8f. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 196f. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 119. Urkunden des Stiftes Walkenried, Tbd. 2, Nr. 808, S. 134. BLASCHKE: Art. Diezmann, Sp. 1041.
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als Reichslehen. Die Herren von Herbsleben wiederum besaßen die Burg als Afterlehen aus hennebergischer Hand.1149 So heißt es in einer am 2. Februar 1323 ausgestellten Urkunde: Wir Ludewig, von gots gnadin Romischer kunig […], vorjhehin offenlich an disem briefe, daz wir dem Edeln manne grafen Bertolt von Hennenberg […] habin gelihin und lihin im und alle sin erbin alle die lehin, die er und sin erbin zu recht von dem riche zu lehin habin sullin. Und bei namen habin wir gelihin und lihen auch und alle sin erbin Koburg und was dartzu gehoret, Schauwinberg1150 und waz die von Schauwinberg von dem riche dartzu gewhabt habin und auch waz Ebirtin von Schauwinberg von dem riche had, Kunigsperg und waz dartzu gehort. Die vogtie ubir Rotin, den tzehenden tzu Bachfeld und dartzu Herbslebin…1151 Am 1. Januar 1330 bestätigte Kaiser Ludwig dem Grafen von Henneberg alle früher erteilten kaiserlichen Privilegien und hier insbesondere die Erhebung des Grafen in den Fürstenstand. Darüber hinaus wird in diesem Privileg verfügt, dass Bertold neben Coburg alle vormals per nobiles viros de Schowinberch posessa et habitata besitzen soll. Direkt im Anschluss werden castrum et opidum Kunigesperch, advocaciam monasterii Rothe, decimam ville Bachvelt, castrum dictum Herbisleibin, et castrum dictum Bylrith aufgezählt. 1152 Eine wohl 1437 angefertigte nicht wortgetreue Übersetzung enthält folgenden Wortlaut:1153 Wir haben auch darnach verliehen demselben Berld graven und sinen erben […] das slos und stad Coburg, das Slos Schauwenberg und andere alle gute, wie sie genant sind an dem namen, die besessen und inne gehabt han die edlen menner von Schauwinberg, die burg und stad konigesberg, die vogthie des monsters Rothin, den zehenden des dorffis Barchuelt1154, daz sloss genannt Herbisleuben, die burg genant Bylrith.1155 1149 1150 1151 1152 1153
1154
1155
Urkunde vom 2. Februar 1323, aus: Const. 5, Nr. 724. Urkunde vom 1. Januar 1330, in: Const. 6, 1, Nr. 671. Urkunde vom 15. Juni 1331, aus: Const. 6, 2, Nr. 115. Burg Schaumberg bei Meiningen. (Vgl. Register in: Const. 5, S. 881.). Const. 5, Nr. 724. Const. 6,1, Nr. 671, § 6. Regest, in: Regesten des Archives der Grafen von HennebergRömhild 1, Nr. 134, S. 96. Alte Uebersetzung von No. CCX, in: Hennebergisches UB I, S. 125. Zur zeitlichen Einordnung der Übersetzung vgl. Anm. zu B. Alte Uebersetzung von No. CCX, in: Hennebergisches UB I, S. 123. Anm. zu: Regesten des Archives der Grafen von HennebergRömhild 1, Nr. 134, S. 97. Gemeint sein könnten das Barchfeld östlich von Bad Salzungen und das Barchfeld östlich von Arnstadt. In beiden Orten listen die hennebergischen Lehnbücher aus dem 13. und frühen 14. Jahrhundert Besitz der Grafen auf. Jedoch finden sich die Besitzungen im östlich von Arnstadt gelegenen Barchfeld erstmals im 1383 entstandenen Lehnsbuch B, während Besitz in Barchfeld bei Bad Salzungen schon im ältesten Lehnbuch vermerkt wird. (Vgl. MÖTSCH/WITTER: Index der Orts- und Personenamen, S. 324.). Da aber in den Urkunden von 1323 und 1330 entgegen der Übersetzung des 15. Jahrhunderts ausschließlich Bachfeld geschrieben wird, dürfte es sich bei der Schreibweise Barchfeld in der Übersetzung wohl eher um eine fehlerhafte Abschrift des Namens handeln. Hennebergisches UB I, S. 125.
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Ausfertigung und Übersetzung erwecken den Eindruck, Herbsleben hätte zum ursprünglichen Besitz der Herren von Schaumburg gehört. Auch der Text der Urkunde von 1323 scheint dieses zunächst zu bestätigen.1156 Dieses verwundert insofern, weil im Zusammenhang mit Herbsleben in den Quellen dazu ansonsten überhaupt nichts zu erfahren ist. Zu überprüfen ist deshalb zunächst, ob es sich bei den nach der Schaumburg aufgezählten Gütern tatsächlich um schaumburgischen Besitz handelte. Die nur in der Urkunde von 1330 genannte Burg Belrieth1157 war Königsbesitz und zunächst an die Herren von Nortenberg ausgegeben.1158 Sie wird in der Belehnung vom 2. Februar 1323 noch nicht erwähnt, weil der König diese Graf Berthold erst am 26. Februar und somit wenige Tage später als Lehen ausgab. Die Schaumburger werden hier in keinster Weise genannt, vielmehr wird ausdrücklich gesagt, dass die Burg vorher im Besitz der Herren von Nortenberg war.1159 Wenigstens im Fall der Burg Belrieth scheiden schaumburgische Rechte somit aus. Damit weckt der Fall Belrieth erste erhebliche Zweifel daran, dass auch die anderen in den Urkunden von 1323 und 1330 nach der Schaumburg genannten Lehen tatsächlich in Schaumburger Besitz waren. Immerhin könnte behauptet werden, dieser Eindruck entstünde nur wegen der Art der Aufzählung der Lehensstücke in beiden Urkunden. Dann wiederum wäre der Wortlaut so zu verstehen: Zuerst wird Coburg genannt, dann die Schaumburg und alles das, was die von Schaumburg vom Reich dazu (zur Schaumburg) besitzen und was Eberhardt von Schaumburg noch an anderen Lehen vom Reich besitzt. Diese Rechte werden jedoch nicht weiter namentlich genannt, sondern jetzt erfolgt die Aufzählung einer weiteren Gruppe königlichen Besitzes, welcher Berthold von Henneberg zu Lehen erhalten hatte, und in dieser Gruppe erscheint dann auch Herbsleben. Hilfreich ist hierbei vielleicht das wohl nach 1330 abgefasste Lehnbuch Bertholds von Henneberg.1160 Aus ihm wird ersichtlich, dass die Burg Belrieth zwar als Reichslehen der Nortenberger eingezogen worden war, Berthold von Henneberg sie nach der Belehnung als Afterlehen aber wieder an die Herren Heinrich und Lupold von Nortenberg ausgab.1161 Ähnliches lässt sich bei der Schaumburg feststellen. Nachdem Berthold sie als Reichslehen erhalten hatte, belehnte er Eberhardt von Schaumburg mit der Burg.1162 Es lässt sich demzufolge feststellen, 1156 1157 1158 1159 1160 1161 1162
Vgl. oben. Landkreis Schmalkalden-Meinigen, 15 Kilometer nordöstlich der Burg Henneberg. (KÖHLER: Thüringer Burgen, S. 64.). KÖHLER: Thüringer Burgen, S. 64. UB zur Geschichte der Grafschaft Henneberg, Nr. 37, S. 65. MÖTSCH/WITTER: Einleitung, S. 15f. Lehnsbuch Bertholds, Nr. 241, S. 58. Lehnsbuch Bertholds, Nr. 77, S. 39.
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dass es seitens des Hennebergers Bestrebungen gab, die Lehen als Afterlehen wieder an die alten Inhaber auszugeben. Im Fall Herbslebens lässt sich, wie bereits bemerkt, keine Beziehung zu den Herren von Schaumburg herstellen. Vielmehr besitzt Albert von Herbsleben, wie das Lehnbuch vermerkt, die Burg daselbst direkt von Berthold von Henneberg zu Lehen.1163 Ähnlich gelagert ist die Situation im Fall Bachfelds und Königsberges. Auch bei diesen beiden Lehen ließ sich keine Weiterverlehnung an die Herren von Schaumburg feststellen.1164 Dieser 1323 und 1330 nach der Schaumburg genannte Komplex, welchen Graf Berthold erhalten hatte, ist demzufolge eher nicht zum Besitz der Herren von Schaumburg zu rechnen, sondern als eigenständig von diesem zu unterscheiden. Dafür, dass die 1323 und 1330 genannten an Berthold ausgegebenen Rechte als Reichslehen bezeichnet werden konnten, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder handelt es sich um schon vor 1323 bestehendes Königsgut oder aber Graf Berthold ließ diesen vorher erworbenen (Eigen-)Besitz dem König zu Lehen auf, um ihn dann als Reichslehen zu empfangen.1165 Darauf geben die Urkunden von 1323 und 1330 sowie der Übersetzung von 1437 aber nicht den geringsten Hinweis. Es bleibt somit zunächst zu überprüfen, ob sich für diese Güter älterer Reichsbesitz erkennen lässt. Im Fall der Burg Königsberg1166 handelt es sich um ursprünglichen Reichsbesitz, mit welchem zeitweise die Grafen von AndechsMeran belehnt waren. Noch 1234 war die Burg mit einem Reichsschultheißen besetzt. Im Jahr 1248 gelangte sie als heimgefallenes Lehen an das Hochstift Bamberg und wurde dann 1249 an Graf Hermann I. von Henneberg verkaufte.1167 Die Reichsrechte scheinen dabei unangetastet geblieben zu sein. Nur drei Jahre nach der Bestätigung von 1330 verlieh Kaiser Ludwig dem Ort das Marktrecht und 1350 belehnte König Karl IV. die Gräfin Jutta von Henneberg unter anderem mit Burg und Stadt Königsberg.1168 Die Burg Belrieth scheint zur Zeit der Belehnung des Hennebergers Reichsbesitz gewesen sein und bei Königsberg ist dieses ebenfalls wahrscheinlich. Zu überprüfen ist diese Frage nun im Zusammenhang mit der Schaumburg. Die von 1163 1164 1165
1166 1167 1168
Lehnsbuch Bertholds, Nr. 245, S. 58. Lehnsbuch Bertholds, Nr. 147, 176, 206 u. 215, S. 47, 51 u. 54f. Johannes Mötsch nennt diese Lehen nur als Reichslehen, gibt aber keine Auskunft darüber ob es sich um älteren Reichsbesitz handelt oder ob die Henneberger diesen Besitz dem König zu Lehen aufließen, um ihn dann als Reichslehen zu empfangen. (MÖTSCH: Henneberg [Gf.en von], S. 99.). Burg oberhalb der Stadt Königsberg in Bayern, Landkreis Haßberge. (KÖSSLER: Art. Königsberg in Bayern, S. 365.). KÖSSLER: Art. Königsberg in Bayern, S. 365. Const. 10, Nr. 97. KÖSSLER: Art. Königsberg in Bayern, S. 365.
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Schaumburg waren ursprünglich meranische Ministeriale und wechselten dann, als Herzog Otto VII. von Meranien 1245 auf die Seite des Papstes übertrat, zu Kaiser Friedrich II. In diesem Zusammenhang nahm dieser den Schaumburger Heinrich II. mit seinen Söhnen und allen gegenwärtigen und zukünftig erworbenen Gütern in seinen Schutz.1169 Im Zuge dieser Schutzzusage ist nicht auszuschließen, dass die Schaumburger ihren Besitz Friedrich II. zu Lehen aufließen und dieser damit Reichsgut wurde und dann wiederum als Lehen an die Schaumburger ausgegeben worden ist. Auch bei der Schaumburg könnte es sich damit seit dem 13. Jahrhundert um ein Reichslehen handeln, beweisbar ist dieses aber vorläufig nicht. Zuzuwenden ist sich nun dem sowohl 1323 als auch 1330 genannten Coburg. Aufgezählt wird es noch vor den Schaumburgischen Reichslehen. Es gelangte 1248 aus den Händen der Grafen von Andechs-Meran auf demselben Weg wie die Burg Königsberg an die Grafen von Henneberg. Auch in Coburg lassen sich sehr wohl seit der Mitte des 11. Jahrhunderts Reichsrechte nachweisen, über deren Umfang jedoch nichts weiter bekannt ist.1170 Inwiefern die Grafen von Henneberg im Falle Coburgs in Reichsbesitz einrückten, ist nicht auszumachen Bisher ebenfalls unberücksichtigt blieb die Vogtei über das Kloster Mönchröden bei Coburg. 1171 Darüber, ob die Vogtei ein Reichslehen war, ist nichts bekannt. Die Gründungsfamilie der Sterker selbst stand jedoch in enger Beziehung zum Königtum und der Gründer war Inhaber des königlichen Burggrafenamtes in Meißen. Ein Vertreter dieses Geschlechtes ist letztmalig 1172 nachweisbar und das Geschlecht scheint anschließend erloschen zu sein. Insofern ist nicht auszuschließen, dass aus deren Bindung an das Königtum auch die Vogtei über das Kloster nach dem Aussterben der Sterker in königlichen Besitz überging.1172 Noch schwieriger ist die Situation im Fall des Zehnten zu Bachfeld. Der Ort selbst liegt etwas nördlich der Schaumburg. Über die Belehnung von 1323 und 1330 hinaus kann nichts weiter über die Besitzverhältnisse im Ort ausgesagt werden und es lässt sich in keiner Weise erfassen, ob es sich um ältere Reichsrechte oder älteren hennebergischen Besitz handelte. Zusammenfassend handelt es sich bei den Lehensobjekten von 1323 und 1330 wenigstens teilweise um älteren Reichsbesitz, bei einigen kann dies durchaus angenommen werden und das könnte dann auch für Herbsleben zutreffen. Dem steht jedoch entgegen, dass bisher keine älteren Reichsrechte im Ort festgestellt 1169 1170 1171 1172
Henneberg. UB V, Nr. 7, S. 5f. Regesta Imperii V, 1, 1, Nr. 3459. BOSL: Reichsministerialität 2, S. 543f. Vgl. WITHOLD: Art. Coburg, S. 128. NÖTH: Einführung, S. 10. Vgl. oben. Vgl. BUTZ: Mönchröden, S. 41-44.
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werden konnten, während Verbindungen zu anderen Herren vielfältig in den Quellen erscheinen. Außerdem ist auch bei einigen der anderen Orte nicht sicher älterer königlicher Besitz nachzuweisen und insofern könnten sie auch als hennebergischer Eigenbesitz dem König zu Lehen aufgelassen worden sein. Deshalb ist nach wie vor nicht ausgeschlossen, dass die Henneberger auch die Burg zu Herbsleben noch auf anderem Weg erworben haben könnten und sie diese dann erst im Zusammenhang mit der Erhebung in den Fürstenstand dem König zu Lehen aufließen. Zu fragen wäre dann jedoch, wie sich das eher marginal liegende Herbsleben in den im Süden Thüringens und im nordfränkischen Raum liegenden hennebergischen Besitz anfügte. Im wohl nach 1330 entstandenen Lehnbuch Graf Bertholds von Henneberg finden sich neben Herbsleben noch weitere vereinzelte Besitzungen im Thüringer Becken. So werden an Erfurter Bürger und lokale Adlige ausgegebene hennebergische Lehen in Vieselbach, Altengottern, Stotternheim und Weberstedt aufgelistet, welche auf zum Teil umfangreicheren Besitz verweisen.1173 Bei keinem der Orte ist erkennbar, wie die Henneberger Grafen hier Besitz erwarben. Lediglich bei Vieselbach wird deutlich, dass das Dorf schon 1317 im Besitz der Grafen gewesen sein muss,1174 während 1316 hier noch Besitz der Grafen von Gleichen nachweisbar ist.1175 Rechte der Grafen von Gleichen sind seit 1210 in Vieselbach vorhanden und bei diesen handelt es sich um mainzische Lehen.1176 Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts lässt sich darüber hinaus Besitz des Erfurter Marienstiftes in Vieselbach greifen.1177 Vorstellbar ist, dass Berthold von Henneberg oder bereits seine Vorfahren diesen Besitz aus Mainzer Hand erwarben. Beweisen lässt sich diese Vermutung aber nicht, jedoch besaßen alle Linien der Grafen von Henneberg umfangreiche mainzische Lehen.1178 Auch im Zusammenhang mit Stotternheim ist die Besitzgeschichte wenig eindeutig. So lässt sich für das 12. Jahrhundert mainzischer Besitz am Ort nachweisen1179 und 1157 erhält das Kloster Fulda Grundbesitz in Stotternheim.1180 In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts besitzen die Herren von Stotternheim die Burg im Ort zu Lehen von der Stadt Erfurt, nachdem Ludolf von Stotternheim 1173 1174
1175 1176 1177 1178 1179 1180
Lehnsbuch Bertholds, S. 296. Am 19. März 1317 bestätigten die zwei Erfurter Bürger Heinrich von Biltersleyben und Johannes von Weimar dem Grafen Berthold von Henneberg 6 ½ Hufen zu Vieselbach von ihm zu Lehen zu haben. (Henneberg. UB I, Nr. 223.). PATZE: Politische Gesichte, S. 71 u. 192. Dob II, Nr. 1464. Dob. III, Nr. 3086 u. 3460. PATZE: Art. Vieselbach, S. 453. Dob II, Nr. 941. Dob III, Nr. 717. PATZE: Art. Vieselbach, S. 453. MÖTSCH: Henneberg (Gf.en von), S. 98-100. Dob I, Nr. 1464 u. 1597. Dob II, Nr. 156.
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sie für 150 Mark Silber an die Stadt verkauft hatte.1181 Vorstellbar ist aber auch hier, dass die hennebergischen Rechte aus Mainzer Hand stammten. Wenigstens Teile Altengotterns waren wohl zunächst in königlicher Hand und 997 erhielt das Mainzer St. Viktorstift durch Otto III. Besitz aus diesem Fiskalgut,1182 wobei Umfang und weiteres Schicksal dieses Besitzes ungeklärt sind. Neben dem Mainzer St. Viktorstift verfügte das Kloster Hersfeld über umfangreichen Besitz am Ort, welcher allerdings 1224 in einem Tauschgeschäft vollständig an den Deutschen Orden überging.1183 Im Jahr 1267 wird der Ort dann zugunsten des deutschen Ordens von der landgräflichen Gerichtsbarkeit befreit und noch im Jahr 1300 ist Besitz des Deutschen Ordens fassbar.1184 Auch hier ist wiederum vorstellbar, dass die Grafen ihren Besitz am Ort im Zusammenhang mit dem Mainzer St. Viktorstift vom Mainzer Erzbischof erhielten. In Weberstedt lässt sich gleichfalls hersfeldischer Besitz nachweisen. Das Brevarium Lulli listet immerhin 12 Hufen in Weberstedt auf1185 und ebenso verfügte das Kloster Fulda über Besitz im Ort.1186 Die Herren von Weberstedt sind in den Quellen kaum zu greifen. Ein Raphael von Weberstedt wird im Rahmen von Auseinandersetzungen mit dem Mainzer Erzstift in den 1260er Jahren exkommuniziert und ansonsten finden sich Vertreter der Familie im 13. Jahrhundert in Urkunden für das Kloster Georgenthal, das Heilige Kreuz Kloster zu Gotha und das Kloster Reinhardsbrunn, sowie für die Bürger der Stadt Mühlhausen.1187 Lediglich einmal zeugt ein Arnold von Weberstedt in einer Urkunde Landgraf Heinrichs aus dem Jahr 1240.1188 Wiederum auf Beziehungen zum Mainzer Erzstift könnte die Bannung Raphaels von Weberstedt verweisen. Der der Exkommunikation vorangehende Streit entzündete sich an einem unmittelbar bei Weberstedt liegenden Waldstück. 1189 Hinweise auf weiteren mainzischen Besitz in und um den Ort finden sich aber nicht, er kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Zusammenfassend könnte sich aber andeuten, dass die Henneberger den Besitz in diesen Orten aus Mainzer Hand erworben haben könnten. Schwierigkeiten
1181 1182 1183 1184 1185 1186 1187 1188 1189
Dob IV, Nr. 372f. DD O. III., Nr. 251. GOCKEL: Art. Gottern, S. 168 u. 173. UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 24. GOCKEL: Art. Gottern, S. 173. Dob IV, Nr. 24. UB Deutschordensballei Thüringen, Nr. 638. Brevarium sancti Lulli, II, Nr. 79, C Z. 20. Codex Eberhardi II, S. 147, Nr. 236. Dob III, Nr. 1002, 2461, 2833, 3035. Dob IV, Nr. 167, 203, 720, 1320, 1340, 1453, 2599 u. 2919. Dob III, Nr. 856. Dob III, Nr. 1002.
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macht dieses aber vor allem deshalb, weil gerade in Herbsleben keine mainzischen Rechte nachweisbar sind, sondern Vertreter der dort ansässigen Familie wohl lediglich mainzische Dienstleute waren. Allerdings ist sowohl in Weberstedt als auch Altengottern Besitz des Klosters Hersfeld vorhanden und darüber hinaus war ein Albert von Stotternheim im 12. Jahrhundert hersfeldischer Ministerial.1190 Da die Grafen von Henneberg über noch erheblich mehr hersfeldische Lehen im thüringischen Raum verfügten,1191 ist nicht auszuschließen, dass der hennebergische Besitz in Weberstedt, Stotternheim, Vieselbach und Altengottern ebenfalls aus hersfeldischen Gütern an die Grafen gekommen ist. Vor diesem Hintergrund und möglicherweise vorhandenen, aber eben nicht nachweisbaren älteren Rechten Hersfelds in Herbsleben könnte eine solcher Zusammenhang vielleicht auch für Herbsleben angenommen werden. Diese Annahme steht jedoch vor der Schwierigkeit, dass die Hersfelder Rechte in Altengottern schon 1224 vollständig an den deutschen Orden übergingen.1192 Falls nicht dennoch weiterer hersfeldischer Besitz im Ort vorhanden war, müssten die Henneberger diesen somit schon vor 1224 erworben haben. Ein so frühes Ausgreifen der Grafen auf das Thüringer Becken konnte bisher jedoch nicht nachgewiesen werden.1193 Letztendlich ist zwar durchaus möglich, dass die Grafen von Henneberg den Ort schon vor 1323 aus hersfeldischer Hand erwarben, abschließend beweisbar ist dieses jedoch nicht. Einen ganz anderen Vorschlag, wie die Henneberger den Ort vor 1323 erworben haben könnten, machte Heinrich Zeyß. Nach ihm gibt die Urkunde von 1323 sehr wohl Auskunft über die Zusammenhänge des Besitzerwerbes. So heißt es, dass Berthold von Henneberg und seine Erben alle die lehin zu recht von dem riche zu lehin habin sullin in der herschaft, die er kauft umb die margraffen von Brandenburg. Und bei namen habin wir im gelihin und lihen auch und alle sin erbin Koburg und was dartzu gehort, Schauwinberg und waz die von Schauwinberg von dem riche dartzu gehabt habin und auch waz Ebertin von Schauwinberg von dem riche had, Kunigsperg und waz dartzu gehort, die vogtie
1190 1191
1192 1193
Dob II, Nr. 670. Diese Lehen lagen im Umfeld Wechmars bei Gotha und waren in der Hand der Herren von Frankenstein – einer Nebenlinie der Grafen von Henneberg. Mit dem Verkauf an Berthold VII. im Jahr 1330 fiel dieser Besitz dann an die Linie Henneberg-Schleusingen. Wann die Herren von Frankenstein diesen Besitz erwarben, ist nicht zu erkennen. (GOCKEL: Art. Tilleda, S. 657f. MÖTSCH: Henneberg, S. 100.) Vgl. oben. Die sicher datierbaren Erwerbungen aus Hersfelder Hand erfolgten wohl eher erst im 14. Jahrhundert. (Vgl. MÖTSCH: Henneberg S. 100.). Ein erstes Ausgreifen der Henneberger Grafen aus dem Raum südlich des Thüringer Waldes erfolgte erstmals im ausgehenden 13. Jahrhundert. (PATZE: Politische Geschichte, S. 204.).
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ubir Rotin, den tzehenden tzu Barchfeild und dartzu Herbslbin und allis daz er und sin erbin zu rechte von dem riche habin sullin zu lehin.1194 Zeyß schlussfolgert daraus, dass es sich bei Herbsleben um Besitz der Markgrafen von Brandenburg handelte, welchen die Grafen von Henneberg vor 1323 erworben hätten. Weiterhin meint er, dass Herbsleben 1291 aus dem hennebergischen Besitz an die Markgrafen von Brandenburg gekommen ist. Nach ihm erhielt Otto der Lange von Brandenburg Herbsleben in diesem Jahr über seine Gemahlin Jutta, Gräfin von Henneberg. Weiterhin geht Zeyß von einem Rückkauf des Ortes im Jahr 1308 durch Berthold von Henneberg aus. Demzufolge müssen die Henneberger Grafen den Ort Herbsleben schon vor 1291 besessen haben.1195 Damit würde es sich bei Herbsleben um noch wesentlich älteren hennebergischen Besitz handeln. Dieses steht jedoch vor denselben Schwierigkeiten wie im Fall Altengotterns, nämlich, dass ein Ausgreifen der Henneberger auf das Thüringer Becken vor dem ausgehenden 13. Jahrhundert nicht nachweisbar ist. Des Weiteren deutet der Aufbau der Urkunde von 1323 weniger auf den Umstand, dass Herbsleben aus dem Besitz der Markgrafen von Brandenburg zurückgekauft worden ist. Vielmehr scheint es sich um vier Güterkomplexe zu handeln, welche durch König Ludwig an den Henneberger Grafen zu Lehen ausgegeben wurden. Im ersten Teil werden die durch Graf Berthold aus markgräflichem Besitz erworbenen Güter genannt, während anschließend Coburg mit allem Zubehör angeführt wird, als Drittes erscheinen dann die Schaumburger Lehen und anschließend die Gruppe der Lehen, unter denen auch Herbsleben zu finden ist.1196 Eine lehensrechtliche Beziehung zwischen den Henneberger Grafen und denen von Herbsleben bestand aber vielleicht dennoch schon seit 1317 oder früher. So werden im Lehnbuch Bertholds als Lehen der Herbslebener die Burglehen zu Herbsleben und Lehnsbesitz in Walhesleyben genannt.1197 Zwar ist das Lehnbuch erst nach 1330 abgefasst worden, jedoch verweist der Eintrag 73 darauf, dass Graf Berthold am Pfingsttag 1317 eine Zusammenkunft seiner Vasallen einberief, um 1194 1195 1196
1197
Const. 5, Nr. 724. ZEYSS: Herbsleben, S. 6 mit Anm. 2. ZEYSS: Herbsleben, S. 6 mit Anm. 2. Wir Ludewig von Gots gnadin Romischer kunig tzu allin ziten merer des riches vorjhehin offenlichin an disem briefe, daz wir dem edeln manne grafen Bertolt von Hennenberg unserm lieben getruwin in unser gunst und in unser gnade genumen han, und habin gelihin und lihin im und alle sin erbin alle die lehin, die er und sin erbin zu recht von dem riche zu lehin habin sullin in der herschaft, die er kauft umb die margraffen von Brandenburg. Und bei namen habin wir im gelihin und lihen auch und alle sin erbin Koburg und was dartzu gehort, Schauwinberg und waz die von Schauwinberg von dem riche dartzu gehabt habin und auch waz Ebirtin von Schauwinberg von dem riche had, Kunigsperg und waz dartzu gehort, die vogtie ubir Rotin, den tzehenden tzu Bachfeild und dartzu Herbslebin[…] (Const. 5, Nr. 724.). Lehnsbuch Bertholds, Nr. 268.
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sich die Mannlehen, welche sie von ihm besaßen, beschreiben zu lassen.1198 Eine Zusammenkunft am Pfingsttag 1317, auf der die Lehen abgefragt werden sollten, müsste wiederum eine frühere Belehnung voraussetzen. Allerdings ist in keiner Weise nachweisbar, dass die unter Nummer 268 und somit weit hinter dem Eintrag 73 vermerkten hennebergischen Lehen der Ministerialen von Herbsleben auch schon vor 1317 bestanden. Letztendlich ist anhand dieser Überlegungen nicht zu entscheiden, ob die Henneberger Grafen schon vor ihrer Belehnung mit Herbsleben im Jahr 1323 hier Besitz hatten und ihn vor der Belehnung dem König zu Lehen aufließen oder ob sie in diesem Jahr den Ort als tatsächliches Reichslehen erhielten. Schwierigkeiten macht vor allem, dass über Spekulationen hinaus nicht erkennbar ist, wie die Henneberger Grafen den Herbslebener Besitz erworben haben könnten und in welcher Beziehung dieser Besitzerwerb zu den in Herbsleben durchaus zu vermutenden hersfeldischen Rechten steht. Des Weiteren sind, wie bereits erwähnt, ältere königliche Rechte im Ort bisher nicht nachzuweisen. Erwerbungen hersfeldischen Besitzes durch die Grafen von Henneberg lassen sich andernorts aber sehr wohl beobachten. So begannen die Grafen Ende des 13. Jahrhunderts in den Breitungenorten (Herrenbreitungen, Frauenbreitungen und Altenbreitungen – an der Werra zwischen Thüringer Wald und Rhön gelegen) Fuß zu fassen. Das Kloster Hersfeld verfügte in diesen Orten über umfangreiche Rechte und es gelang den Hennebergern, diesen Besitz nahezu geschlossen in die Hand zu bekommen. Auch die Herren von Frankenstein, eine hennebergische Nebenlinie, besaß hersfeldische Lehen größeren Umfangs in diesem Raum. Diese gelangten zum Teil jedoch erst im Jahr 1337 an die Grafen von HennebergSchleusingen.1199 Hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Grafen von Henneberg, dem Abt von Hersfeld und denen von Herbsleben ist eine Urkunde aus dem Jahr 1255 bisher vollkommen unberücksichtigt geblieben. Ausgestellt ist sie durch den Grafen Hermann von Henneberg sowie Albert, den Sohn des Markgrafen von Meißen, welche beurkunden, dass Werner, Abt von Hersfeld, an Albert von Herbsleben zum Dank für geleistete Dienste den Brühl zu Gebesee als erbliches Lehen ausgegeben hatte.1200 Zeigt die Urkunde zunächst die enge Bindung derer von Herbsleben an den Abt von Hersfeld, stellt sich doch gleichzeitig die Frage, wes-
1198 1199 1200
Lehnsbuch Bertholds, Nr. 73. MÖTSCH/WITTER: Einleitung, S. 15f. PATZE: Politische Geschichte, S. 204f. KÜTHER/PATZE: Art. Breitungen, S. 57. KÜTHER/PATZE: Art. Frankenstein, S. 124. HStA Marburg Bestand Urk. 56, Nr. 64. Abdruck: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde N. F. 10 (1883), Beilagen, Nr. 11. Regest: Dob III, Nr. 2312.
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halb die Beurkundung dieser Belehnung durch den Grafen von Henneberg erfolgte. Es kann nur bedeuten, dass die Henneberger Grafen nicht nur im Raum südlich des Thüringer Waldes in Beziehung zum Kloster Hersfeld standen. Vielmehr scheint ihre Stellung so herausragend gewesen zu sein, dass sie auch im Thüringer Becken für das Kloster wirkten. Enge Beziehungen der Henneberger Grafen zum Kloster Hersfeld gab es demnach und es ist durchaus vorstellbar, dass auch Herbsleben aus hersfeldischer Hand an Henneberg gefallen sein könnte. Dieses steht jedoch weiterhin vor den Schwierigkeiten, dass sich hersfeldische Rechte, in Herbsleben überhaupt nicht nachweisen lassen und auch die eben besprochene Urkunde von 1255 betraf erneut nur hersfeldischen Besitz im Nachbarort Gebesee. Lediglich das Wigbertipatrozinium der Herbslebener Pfarrkirche könnte auf ursprünglichen hersfeldischen Besitz hindeuten. Gleichzeitig könnte die Beurkundung durch Graf Hermann von Henneberg auch erfolgt sein, weil die von Herbsleben bereits in einem Dienst- oder Vasallenverhältnis zum Grafengeschlecht standen und die Grafen schon Rechte in Herbsleben besaßen. Abschließend beantworten lässt sich aber nicht, aus welchen Gründen Hermann von Henneberg die Beurkundung der Belehnung vollzog. Ein Erwerb Herbslebens durch die Henneberger vor 1323 könnte im Zusammenhang mit dem Ausbau der hennebergischen Besitzungen ab dem letzten Drittel des 13. Jahrhundert stehen. Nach der Festigung ihrer Herrschaft am Thüringer Wald wandten sie sich nach Westen und seit 1285/86 begannen sie sich auch nördlich des Thüringer Waldes im Thüringer Becken festzusetzen.1201 Damit wird deutlich, dass die Henneberger Grafen Herbsleben prinzipiell bereits vor seiner Ausgabe als Reichslehen im Jahr 1323 erworben haben könnten, bewiesen ist aber auch dieses nicht. Zu einer abschließenden Lösung beitragen könnte das Wappen der Herren von Herbsleben. Bis ins späte 13. Jahrhundert führte das Geschlecht im Wappen drei Sparren. Der im Kloster Volkenroda befindliche Grabstein des 1295 verstorbenen Alberts von Herbsleben weist jedoch erstmals ein zweigeteiltes Wappen auf. Dieses zeigt im linken Teil nach wie vor die drei Sparren, während jetzt auf der rechten Seite ein längsgeteilter Adler abgebildet ist. Auch die Zweige der Ministerialen von Herbsleben, welche in Ringleben und Gebesee ansässig waren, trugen dieses Wappen.1202 Der nun zusätzlich getragene Adler verweist darauf,
1201 1202
PATZE: Politische Geschichte, S. 204. HOPF: Baugeschichte des Schlosses Herbsleben, S. 95f. HOPF: Schlossruine Herbsleben, S. 6. ZEYSS: Herbsleben, S. 7f.
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dass beginnend mit Albert von Herbsleben diese Familie seit dem späten 13. Jahrhundert in einer Beziehung zum Reich stand.1203 Mit ihm als ersten Träger deutet sich an, dass auch erst seit Albert von Herbsleben eine vasallitische oder ministerialische Bindung derer von Herbsleben an das Reich bestanden hat. Um königlicher Lehnsmann zu werden, hatte Albert möglicherweise zunächst seinen Eigenbesitz in Herbsleben oder Teile davon dem König zu Lehen aufgelassen, um anschließend wieder damit belehnt zu werden. 1204 Auf diesem Weg ließen sich dann auch die seit 1323 nachweisbaren Reichsrechte in Herbsleben durchaus erklären. Ursache dieser Hinwendung zum Königtum könnte die Auseinandersetzung um die Landgrafschaft zwischen Albrecht dem Entarteten und seinen Söhnen gewesen sein. Im Zuge dieses Konfliktes griff auch der König ein und eröffnete im Dezember 1289 einen großen Hoftag in Erfurt. Der König nutzte darüber hinaus die geschwächte Stellung der Wettiner, um ursprüngliche Reichsrechte wieder durchzusetzen.1205 Vorstellbar ist deshalb, dass sich die Ministerialen von Herbsleben in diesem Zusammenhang an den König anlehnten und zu Reichsdienstleuten wurden. Möglicherweise liegt in diesen Ereignissen in der Landgrafschaft auch die Zerrüttung des Verhältnisses zu den Landgrafen und führte letztendlich dazu, dass die von Herbsleben 1311 und vor 1319 in offene Gegnerschaft zu Friedrich dem Freidigen traten, während Albrecht von Herbsleben noch zwischen 1306 und 1310 in enger Beziehung zu Landgraf Diezmann und Landgraf Friedrich anzutreffen ist. Insofern dürfte, da Albrecht von Herbsleben noch im Juli 1310 als landgräflicher Bürge im Friedensvertrag mit der Stadt Erfurt auftrat,1206 die Abwendung von Landgraf Friedrich auch erst nach dieser Zeit stattgefunden haben. Unmittelbare Ursachen hierfür lassen sich jedoch nicht erkennen. Zu überprüfen ist nun noch genauer, welcher Teil Herbslebens Reichslehen der Grafen von Henneberg wurde. Die Urkunde von 1323 zählt ganz allgemein Herbsleben auf, während 1330 konkret die Rede vom castrum dictum Herbisleibin ist.1207 Da jedoch in der Urkunde von 1330 bis auf die hinzugefügte Burg Belrieth die Liste der Lehenstücke identisch ist mit den im Privileg von 1323 aufgeführten
1203 1204
1205 1206 1207
Zum Adler als Symbol der Reichszugehörigkeit und Reichsunmittelbarkeit: KORN: Adler, S. 336f. u. 343f. Schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts verfügten die Ministerialen von Herbsleben sehr wohl über Eigengut. Insofern ist nicht auszuschließen, dass sie auch die Burg zu Eigen besaßen. (Vgl. oben.). PATZE: Politische Geschichte, S. 55f. Vgl. oben. Const. 6, 1, Nr. 671.
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Lehen, dürften die einzelnen Lehen auch denselben Umfang gehabt haben. Deshalb ist davon auszugehen, wenn 1330 ausdrücklich nur die Burg Herbsleben genannt wird, dass auch 1323 nur diese Gegenstand der Belehnung war.1208 Die Urkunde von 1331, in welcher Kaiser Ludwig dem Ort Marktrecht erteilt, nennt ebenfalls lediglich die Burg Herbsleben als hennebergisches Reichslehen und diese sollte jetzt als Afterlehen den fratribus de Herbisleibin ministerialibus ausgegeben werden. 1209 Demzufolge verfügten die Henneberger Grafen anscheinend nicht über den Ort. Dass er Reichsgut war, kann anhand der Quellen nicht nachgewiesen werden, ist aber prinzipiell auch nicht auszuschließen. Der Ort Herbsleben könnte auch im Besitz eines anderen Herrn gewesen sein. Infrage kommen dürfte dafür in erster Linie das Kloster Hersfeld. Allerdings ist nicht unmöglich, dass die Ministerialen von Herbsleben über Teile des Ortes oder den ganzen Ort zu dieser Zeit als Eigenbesitz verfügt haben. Nur 20 Jahre später besaßen dann die Henneberger Grafen sowohl die Lehnsherrschaft über die Burg als auch den Ort. So verkauften sie am 22. Februar 1351 die lehenschaft an dem huose und dem dorfe zcu Herversleiben an Landgraf Friedrich.1210 Die Henneberger müssen demzufolge zwischen 1331 und 1351 auch die Oberherrschaft über den Ort erworben haben. Das nach 1383 entstandene zweite Lehnbuch der Grafen von Henneberg vermerkt hingegen, dass noch 1348 nur die Burg als Lehen an die Ministerialen von Herbsleben ausgegeben war.1211 Als am 11. Mai 1348 Günther von Herbsleben und die Erben seines Bruders Heinrich die Belehnung durch Graf Heinrich von Henneberg bestätigten, wird ebenfalls nur die Burg genannt.1212 Möglicherweise, musste der Ort in den Lehensurkunden deswegen nicht gesondert erwähnt werden, weil er Zubehör der Burg war und bei Übertragungen der Burg als Lehen immer inbegriffen war. In einem weiteren Eintrag in diesem Lehnbuch heißt es, dass die lehinschaft an dem huse und dorfe tzu Herversleibin mit allin erin und rechtin, als die der edel man Gunther herre tzu Herversleibin tzu lehin hatte mit einem Wiederkaufsrecht binnen fünf Jahre von den Hennebergern an Landgraf Friedrich verkauft worden war. Datiert ist der Eintrag auf das Jahr 1351.1213 Dieses stimmt mit der oben erwähnten Verkaufsurkunde von 1351 überein1214 und die Grafen von Henneberg müssen demzu-
1208 1209 1210 1211 1212 1213 1214
Vgl. Const. 5, Nr. 724. Const. 6, 1, Nr. 671. Const. 6, 2, Nr. 115. Henneberg. UB II, Nr. 151. Gunter herre tzu herversleibin und alle sin erbin habin tzu lehin daz hus gantz tzu Herversleibin, anno 48. (Lehnbuch B, in: Die ältesten Lehnbücher, Nr. 534, S. 113.). ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1, Nr. 157. Lehnbuch B, in: Die ältesten Lehnbücher, Nr. 671, S. 425. Henneberg. UB II, Nr. 151, S. 93.
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folge zwischen 1348 und 1351 auch die Oberlehnsherrschaft über das Dorf erworben haben. Vorstellbar ist, dass dieses geschah, indem die von Herbsleben dem Henneberger den Ort, welche sie als Eigengut besaßen, zu Lehen aufließen oder aber die Grafen das Dorf Herbsleben aus der Hand des Klosters Hersfeld erwarben, 1215 beziehungsweise sowohl Eigenbesitz der Herren von Herbsleben als auch hersfeldischer Besitz durch die Henneberger erworben wurden. Allerdings, und dieses ist bisher vollkommen unbeachtet geblieben, war oben heraus gearbeitet worden, dass auch das Kloster Fulda im Frühmittelalter über Besitz in Herbsleben verfügte1216 und wenigstens Teile davon auch noch im Spätmittelalter nachweisbar sind. Insofern könnte der Henneberger Besitz am Ort ursprünglich auch aus fuldischer Hand stammen.1217 Falls sich Herbsleben als Eigengut vollständig in der Hand derer von Herbsleben befand, ist natürlich zu überlegen, unter welchen Umständen sie es dann den Hennebergern zu Lehen aufließen. Möglicherweise führten die kriegerischen Auseinandersetzungen der 1330er und 1340er Jahre in Thüringen dazu, dass die Herren von Herbsleben ihren Besitz im Ort absichern wollten und ihn deshalb in der Folge den Hennebergern zu Lehen aufließen. Ausschlaggebend könnte dann die Wahl Günthers XXI. von Schwarzburg im Jahr 1349 zum Gegenkönig Karls IV. gewesen sein. Vor allem diese Wahl war schon deshalb auch für Thüringen von erheblicher Bedeutung, weil Landgraf Friedrich auf die Seite Karls IV. übergetreten war und Auseinandersetzungen innerhalb Thüringens nicht mehr auszuschließen waren. Begleitet wurde die Doppelwahl vom Mainzer Schisma, welches gleichfalls erhebliche Auswirkungen auf Thüringen hatte.1218 Unter dem Eindruck dieser für Thüringen bedrohlichen Zustände könnten die Ministerialen von Herbsleben dann ihren Allodialbesitz dem Henneberger, durch welchen sie schon mit der Burg belehnt waren, zu Lehen aufgelassen haben. Sicher erfassen lassen sich die Besitzverhältnisse im Ort erst mit der Belehnung Bertholds VII. von Henneberg durch Kaiser Ludwig im Jahr 1323. Bis zu 1215
1216 1217
1218
So hatte Graf Berthold 1331 die hersfeldischen Lehen der Herren von Frankenstein erworben und war 1335 dann durch den Abt von Hersfeld mit diesen Gütern belehnt worden. Im Jahr 1337 erwarb er dann die Vogtei Frauenbreitungen. (MÖTSCH: Henneberg, S. 100.). Vgl. Kap. II.5.2. Verwiesen sei hier auf Schlotheim. Zunächst verfügte das Kloster nur über geringen Grundbesitz am Ort, erhielt aber 975 aus königlicher Hand die Reichsburg, zu welcher mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein königlicher Hof gehörte. In den 1320er und 1330er Jahren war das Kloster wohl unter dem Eindruck einer permanent schwierigen finanziellen Lage gezwungen seinen Besitz in Schlotheim an die Grafen von Hohnstein zu veräußern. (Vgl. Kap. II.3.3 u. II.3.5.). Vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 78-94.
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diesem Zeitpunkt liegen sie weitestgehend im Dunkeln, wobei möglicherweise schon vor 1317 Teile der Burg in hennebergischer Hand gewesen sein könnten. Vor allem die Veränderungen des Wappens derer von Herbsleben im ausgehenden 13. Jahrhundert sprachen aber dafür, dass spätestens zu dieser Zeit durch das ortsansässige Geschlecht auch Beziehungen zum Reich unterhalten wurden und vielleicht Teile von Ort und Burg Reichsbesitz waren. Darüber, auf welchem Weg dieses geschah, kann jedoch nur spekuliert werden. Nach wie vor ist jedoch nicht auszuschließen, dass entweder das Kloster Hersfeld oder das Kloster Fulda über umfangreichere Rechte im Ort verfügten.
5.4.2 Die Erteilung des Marktrechtes Die bereits erwähnte Urkunde von 1331 enthält neben der Übertragung der Burg Herbsleben als Afterlehen der Grafen von Henneberg an die Ministerialen von Herbsleben durch König Ludwig im zweiten Teil noch die Verleihung des Marktrechtes. So erlaubt Kaiser Ludwig, jeweils am Bartholomäustag einen Jahrmarkt und jeden Sonntag einen Wochenmarkt abzuhalten. 1219 Neben dem Recht, Markt abzuhalten, wurde gleichzeitig festgelegt, dass alle die, die Handelstätigkeiten im Ort ausüben, selbst wenn sie eigentlich andere Rechte und Gewohnheiten besaßen, dem Herbslebener Marktrecht unterstanden.1220 Damit wird wenigstens im Bereich des Marktrechtes für Herbsleben ein eigener Rechtsraum geschaffen, welcher den Ort wiederum wenigstens teilweise aus dem Recht des Umlandes herauslöste. Welche Statuten das Marktrecht umfasste und wie es aufgebaut war, ist nicht überliefert. Im Mindestmaß muss dieses Recht demnach eine Marktordnung gewesen sein.1221 Außerdem wird der Markt gegen Übergriffe geschützt. Sollte irgendjemand gegen den Markt vorgehen, so fällt er einerseits beim König in Ungnade und andererseits wird eine Strafe von 50 Goldmark verhängt, welche zur Hälfte an den
1219
1220
1221
…, videlicet quod in villa Herbisleibin, ante castrum prenominatum sita, possit et valeat quolibet anno, videlicet in die beati Bartholomei apostoli annuale, et qualibet die dominica ebdomodale per singulos et universos mercantium[…] (Const. 6, 2, Nr. 115.). …vel alio bono modo et more venientis, ementes, vendentes, negotiantes, conmutativam que institiam exercentes, forum cum iure fori peragi, haberi, celebrari et sine contradictione qualibet attemptari. (Const. 6,2, Nr. 115.). Vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter (1988), S. 152.
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königlichen Fiskus und zur anderen Hälfte an die Ministerialen zu Herbsleben zu zahlen war.1222 Nicht nur die Belehnung dürfte ad instantiam et requisitionem spectabilis viri Bertoldi, comitis in Henninberg secretarii nostri dilecti fidelis erfolgt sein, sondern traf wohl auch für das Marktrecht zu.1223 Zwar wird dieses vor dessen Erteilung nicht noch einmal eigens betont, vielmehr wird die hennebergische Petitio nur auf die Ausgabe der Burg als Afterlehen bezogen.1224 Dennoch scheint, da sowohl Belehnung als auch Marktrechtsverleihung innerhalb eines Privilegs erfolgten, wahrscheinlich, dass eine solche auch der Erteilung des Marktrechtes voranging. So dürften immerhin beide Rechtsgegenstände der Urkunde zur selben Zeit verhandelt worden sein. Berthold von Henneberg tritt somit aller Wahrscheinlichkeit auch als Petent für die Erteilung des Marktrechtes durch den König in Erscheinung. Grundsätzlich wäre deshalb anzunehmen, dass Berthold versuchte, den weit außerhalb der anderen hennebergischen Besitzungen gelegenen Ort aufzuwerten und ihn vielleicht zum Hauptort seines Besitzes nördlich des Thüringer Waldes auszubauen.1225 Dem steht jedoch wiederum entgegen, dass Berthold, falls der Ort nicht als Zubehör der Burg betrachtet worden ist, zunächst überhaupt nicht über den Ort selbst verfügt zu haben scheint, sondern nur die Lehnherrschaft über die Burg innehatte. Für Letzteres spricht vielleicht der Umstand, dass die Strafgelder, welche bei Übergriffen auf den Markt zu zahlen waren, zur Hälfte an den König und zur anderen Hälfte an die Ministerialen von Herbsleben gehen sollten, während dem Grafen von Henneberg hiervon nichts zustand. An den König war wohl die Hälfte der Strafgelder zu zahlen, weil der betreffende Störer des Marktfriedens damit auch gegen ein durch den König verliehenes Recht verstieß. 1222
1223 1224
1225
Nulli ergo omnino hominum liceat hanc nostre concessionis et collationis gratiam infringere vel ei ausu temerario quomodolibet contraire. Si quis autem hoc attemptare presumpserit indignationem nostram gravem et penam quinquaginta librarum auri, quarum medietatem imperiali fisco nostro, residuam vero partem dictis fratribus iniuste lesis. (Const. 6, 2, Nr. 115.). Const. 6, 2, Nr. 115. Ludowicus Die gratia Romanorum imperator semper augustus singulis et univeris, ad quorum notitiam presentes devenerint, gratiam suam et notitiam subscriptorum. Ad instantiam et requisitionem spectabilis viri Bertoldi, comitis in Henninberg secretarii nostri dilecti fidelis, contulimus et presentibus conferimus strenuis viris, Alberto, Guntero et Heinrico, fratribus de Herbisleibin, ministerialibus, idem castrum a memorato Bertoldo, comiti de Henninberg suisque heredibus feodali titulo tenentibus, quod quidem Bertoldem comitem a nobis et sacro Romano imperio immediate nomine feodi tenere dinoscitur et habere, hanc quidem gratiam de maiestatis nostre clementia predictis fratribus duximus libere faciendam, videlicet quod in villa Herbisleibin, ante castrum prenominatum sita, possit et valeat quolibet anno, videlicet in die beati Bartholomei apostoli annuale, et qualibet die dominica ebdomodale… (Const. 6, 2, Nr. 115.). Zum Umfang dieser Besitzungen vgl. Kap. II.5.4.1.
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Dennoch dürften die Ministerialen von Herbsleben, ähnlich wie die Herren von Salza im 13. Jahrhundert beim Ausbau Langensalzas zur Stadt,1226 die nun für sie günstige Situation ausgenutzt haben, um ein Marktrechtsprivileg für ihren Ort zu erhalten. 1227 Dennoch ist schon wegen der Bindung der Herren von Herbsleben an den Henneberger Grafen anzunehmen, dass dieses auch in seinem Interesse geschah. So dürfte ein funktionierender Marktort für Graf Berthold, auch wenn er zunächst keinen unmittelbaren Zugriff darauf hatte, einige Bedeutung gehabt haben. Wird zugrunde gelegt, dass der hennebergische Besitzschwerpunkt nicht im Thüringer Becken lag, sondern sich südlich des Thüringer Waldes befand und zum Teil weit nach Süddeutschland hineinragte, ergibt sich ein durchaus funktionaler Aspekt des Marktortes für das Grafengeschlecht. Die Burg konnten sie nur dauerhaft halten, wenn ihre Lehnsleute über ausreichende Möglichkeiten verfügten, das Umland auch wirtschaftlich zu kontrollieren. Grundsätzlich zeigt jedoch erst einmal die Ausstattung mit einem Wochenmarkts- und einem Jahrmarktsprivileg, dass mit Herbsleben nicht nur ein wirtschaftliches Zentrum für die unmittelbare Umgebung etabliert werden sollte. Vielmehr dürfte der Einrichtung eines Jahrmarktes auch ein Interesse am Fernhandel zugrunde liegen. So hatten Jahrmärkte das Ziel, dass sich die Stadt oder der Ort mit allen notwendigen Fremdwaren eindecken konnte und gleichzeitig wurden hier für den Export bestimmte Waren abgesetzt.1228 Ob deshalb in einem zweiten Schritt Herbsleben auch zur Stadt weiterentwickelt werden sollte, kann nicht ausgeschlossen werden, wobei dann jedoch zu fragen ist, warum dieses nicht schon im Zusammenhang mit der Ausstellung des Marktprivilegs geschah. Vielleicht wurde zunächst auch nur ein Markt gegründet, um auf diesem Weg Konflikte mit den anderen Territorialherren in der Region zu vermeiden. Immerhin lag nur etwa vier Kilometer nördlich die landgräflich-hersfeldische Stadt Tennstedt. Dürfte sich schon die Einrichtung eines Marktes in Herbsleben erheblich auf die Tennstedter Wirtschaft ausgewirkt haben, so hätte die Errichtung einer befestigten Stadt als konkrete Bedrohung territorialer Interessen verstanden werden können. Insofern könnte die bloße Marktrechtsverleihung aus territorialpolitischer Sicht einen Kompromiss darstellen.
1226 1227
1228
Zur Stadtentwicklung Langensalzas durch die Herren von Salza vgl. Kap. II.4.4f. Günstig war die Situation wegen der herausragenden Stellung, welche Graf Berthold von Henneberg beim König innehatte. Immerhin gelang es ihm schon einen Tag vor der Erteilung des Marktrechtes für Herbsleben, sich auf seine Bitte hin und für seine Verdienste für den König seine Stadt Coburg freien zu lassen, und darüber hinaus wurde Coburg auch mit dem Schweinfurter Stadtrecht ausgestattet. (Const. VI, 2, Nr. 112.). ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 233f.
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Ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Einrichtung eines Marktes an dieser Stelle dürfte die nicht unbedingt ungünstige verkehrsgeographische Lage Herbslebens gewesen sein. So wird sowohl in einer Urkunde aus dem Jahr 1375 als auch im markgräflichen Register von 1378, in zwei weiteren Urkunden von 1397 und 1424 sowie in den 1440-1443 entstandenen Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt ein in Herbsleben erhobenes Geleit erwähnt.1229 Über das Alter dieses Geleites kann nichts gesagt werden1230 und auch das Alter der hier verlaufenden Verkehrswege ist kaum zubestimmen.1231 Aus der Erhebung des Geleites selbst ist aber wiederum zu folgern, dass der Ort an einer Fernverbindung lag und somit die Einrichtung eines Jahrmarktes an dieser Stelle durchaus sinnvoll erschien. Für eine gewisse Bedeutung des Ortes in den Wirtschaftsbeziehungen und als Handelsstützpunkt spricht dann die wahrscheinliche Anwesenheit von Juden vor der Mitte des 14. Jahrhunderts. So wird in der Erfurter Peterschronik zum Jahr 1349 Herbsleben unter den Orten erwähnt, in welchem Juden getötet worden sind. Genannt wird Herbsleben hier in einer Reihe mit Gotha, Eisenach, Ilmenau, Nebra, Wiehe, Tennstedt, Thamsbrück, Frankenhausen und Weißensee.1232 Bei allen diesen Orten handelt es sich 1349 bis auf Wiehe, dessen Stadterhebung zeitlich nicht genau einzuordnen ist, sicher um Städte.1233 Auch wenn diese Liste mit 1229
1230
1231 1232 1233
So versetzte Landgraf Friedrich III. gemeinsam mit seinen Brüdern Balthasar und Wilhelm Schloss Herbsleben mit Zubehör ausgenommen das Geleit an Heidenreich von Greußen. Vgl. ZEYSS: Herbsleben, S. 23. Item conductus 30 talenta magis vel minus. (Registrum, XVIII, 16.). 1397 verpfändet Landgraf Balthasar eine Mark vom Geleit zu Herbsleben. (CDS I, B 2, Nr. 137.) 1324 wurden Burg und Stadt Tennstedt verpfändet, ausgenommen das Geleit, welches nach Herbsleben gehört. (CDS I, B 4, Nr. 382.). …item von dem geleyte zu herbesleyben als das itezund verlassen ist eyn jar 60 sex.;[…]. (Zugehorunge des slosses Herbisleuben, aus: Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 443.). In den Urkunden über die Vergabe Herbslebens als Lehen an die Henneberger und die Herren von Herbsleben findet es keinerlei Erwähnung. (Urkunde vom 2. Februar 1323, aus: Const. 5, Nr. 724. Urkunde vom 1. Januar 1330, in: Const. 6,1, Nr. 671. Urkunde vom 15. Juni 1331, in: Const. 6, 2, Nr. 115.). NIEMANN: Alte Heer- und Handelsstraßen, S. 20. Chronica S. Petri Erfordensis cont. III, A. 1349, in: SS rer. Germ. 42, S. 379f. Gotha und Eisenach sind seit dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts Städte. Für Thamsbrück ist dieses spätestens seit 1206 anzunehmen und auch Frankenhausen und Weißensee sind seit dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts Städte. Ilmenau und Tennstedt werden in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erstmals als Städte erwähnt, wobei Tennstedt möglicherweise schon im 13. Jahrhundert Stadt geworden war. (FLACH: Entstehungszeit, S. 68-71. Zu Tennstedt vgl. Kap. II.2.6.1.). Im Jahr 1394 wird das Stadtrecht von Wiehe als „altes Recht“ bestätigt. Die Stadterhebung muss demzufolge vor 1394 geschehen sein. (NEUSS: Art. Wiehe, S. 499.). Nebra wird schon im 13. Jahrhundert oppidum genannt, oppidani lassen sich aber erst 1351 nachweisen. (NEUSS: Art. Nebra, S. 346.).
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Orten, an denen sich Juden niedergelassen hatten, nicht vollständig ist, so fällt doch auf, dass Herbsleben hier zwischen Städten aufgelistet wird. Allerdings ist die Ansiedlung von Juden in einzelnen dieser Orte in der Forschung nicht unumstritten und gerade für Herbsleben lässt sich die Anwesenheit von Juden nicht durch andere Quellen bestätigen.1234 So finden sich anders als im Fall des benachbarten Tennstedt im Erfurter Judenbuch von 1357-1407 keinerlei dahingehende Hinweise.1235 Sicher ist nur, eine Ansiedlung von Juden kann kaum vor der Verleihung des Marktrechtes im Jahr 1331 geschehen sein. Als Stadt bezeichnet wird Herbsleben in den Quellen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts nicht. 1236 Mit der Erteilung des Marktrechtes und der wahrscheinlichen Anwesenheit von Juden könnte jedoch eine städtische Entwicklung eingesetzt haben. Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass diese Entwicklung nur bis zu einem gewissen Grad durch die Ministerialen von Herbsleben gewollt worden ist. So sollte der Ort vielleicht nur soweit ausgebaut werden, bis er als wirtschaftliches Zentrum der näheren Umgebung das Wirtschaftspotential des Umlandes abschöpfen und gleichzeitig über den Jahrmarkt absetzen konnte.1237 Vorstellbar ist aber entgegen diesen Überlegungen ebenso, dass die Herren von Herbsleben versuchten, den Ort nach dem Vorbild der Städte ihrer Lehnsherren, den Grafen von Henneberg, aber auch nach dem von benachbarten Standesgenossen, wie etwa den Truchsessen von Schlotheim oder der Salzaer Ministerialendynastie, welche ihre Orte bereits im 13. Jahrhundert zur Stadt entwickelt hatten, zur Stadt auszubauen.1238 Ziel war es dabei möglicherweise, einen administrativen, politischen, militärischen und repräsentativen Mittelpunkt ihrer kleinen Herrschaft in der Region aufzubauen.1239 Diesem Versuch standen möglicherweise Interessenlagen umliegender Landesherren entgegen. Immerhin ist auffällig, dass einerseits erst in der hennebergischen Zeit eine Marktrechtsverleihung erfolgte und andererseits hierfür ein königliches Privileg eingeholt worden ist. Möglicherweise waren weder der Abt von Hersfeld noch der Landgraf gewillt, die Einrichtung eines weiteren Wirtschaftsmittelpunkt, zu dulden, welcher dann in Konkurrenz zum nördlich liegenden Tennstedt getreten wäre, in welchem sie gemeinsam die Stadtherrschaft ausübten. Gleichzeitig verfügte der Landgraf über Teile der Stadtherrschaft in Langensalza. Nordöstlich von Herbsleben befand sich die landgräfliche Stadt
1234 1235 1236 1237 1238 1239
Vgl. LÄMMERHIRT: Juden, S. 28-31. Vgl. Kap. II.2.6.2. Register in: Das Erfurter Judenbuch (1357-1407), S. 93-118. Vgl. oben. Vgl. EHBRECHT: „Minderstadt“, S. 1-50, insbesondere S. 38. 44 u. 48. Zu Schlotheim und Langensalza vgl. Kap. II.3.5.1 u. II.4.4f. FOUQUET: Stadt, Herrschaft und Territorium, S. 83-108.
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Weißensee. 1240 Er war damit mächtigster Territorialherr in der Region. Möglicherweise war er deshalb hinsichtlich einer angestrebten Erhebung Herbslebens zur Stadt und damit der Etablierung einer weiteren Stadt in diesem Raum wenig kompromissbereit. Vielleicht war die Mitwirkung des Königs aber deswegen notwendig, weil er auch die Oberherrschaft über den Ort ausübte. Letzteres hätte wiederum zur Folge, da der Ort in der Belehnung von 1331 nicht als Lehnsobjekt aufgeführt worden ist, dass er, wie schon vermutet, tatsächlich Zubehör der Burg war. Letztendlich wurde der König vielleicht aber auch nur bemüht, weil die guten Beziehungen Bertholds von Henneberg zum Königtum die Erteilung des Marktrechtes aussichtsreich erschienen ließen. Außerdem scheint die Mitwirkung des Königs bei der Aufwertung von Orten mittels eines Marktrechtes beziehungsweise bei einer Stadterhebung auch im 14. Jahrhundert notwendig gewesen zu sein. So sollte auch für den im Jahr 1354 zwischen Landgraf Friedrich III. und dem hersfeldischen Abt Johann II. für den Nachbarort Gebesee vereinbarten Ausbau zur Stadt eine königliche Genehmigung eingeholt werden.1241 Kaiser Ludwig wiederum war auf die wettinischen Länder und insbesondere auf Thüringen angewiesen, um seine Königsherrschaft aus seinen wittelsbachischen Stammlanden heraus auf das ganze Reich auszudehnen. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche war der Landgraf einer seiner wichtigsten Verbündeten. 1242 Darüber hinaus bahnte sich zwischen dem 1329/30 mündig gewordenen Landgraf Friedrich und seinem Vormund Heinrich II. Reuß von Plaue ein weiterer Konflikt an. Dieser musste, da der Reuße über gute Beziehungen zum König verfügte, auch Auswirkungen auf die königliche Politik gehabt haben.1243
5.5 Die Herrschaft der wettinischen Landgrafen 5.5.1 Die ersten Jahre unter wettinischer Herrschaft Im Jahr 13511244 erwarb Landgraf Friedrich III. den Ort für 200 Mark lötigen Silbers aus hennebergischer Hand. Mit dem Erwerb Herbslebens bot sich den 1240 1241 1242 1243 1244
Vgl. Kap. II.2.5f., u. Kap. II.4.5. Zu Weißensee: PATZE: Art. Weißensee, S. 488. SCHNELLENKAMP: Thüringer Waidstätten, S. 519. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 135f. PATZE: Politische Geschichte, S. 78. ROGGE: Wettiner, S. 96. PATZE: Politische Geschichte, S. 77. Hennebergisches UB II, Nr. 151. ZEYSS: Herbsleben, S. 23.
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Wettinern eine wichtige Möglichkeit zur Abrundung ihres Besitzes im nordwestthüringischen Raum. War noch bis ins 13. Jahrhundert Thamsbrück das Scharnier zwischen den südwestlichen und nordöstlichen Teilen der Landgrafschaft, markiert die Inbesitznahme Herbslebens einen vorläufigen Endpunkt in der Besitzarrondierung der Landgrafen. Schon mit dem Einrücken in wenigstens Teile der Stadtherrschaft in Langensalza in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts sowie mit der anteiligen Stadtherrschaft über Tennstedt hatten die Wettiner einen breiten Korridor als Brücke zwischen den landgräflichen Besitzungen geschaffen.1245 Des Weiteren konnte Herbsleben die landgräflichen Besitzungen in der Region gegen das südlich gelegene mainzische Erfurt abriegeln, gleichzeitig Druck auf die Stadt selbst ausüben und damit den territorialen Bestrebungen der Stadt entgegenwirken. So hatte die Stadt Erfurt seit dem späten 13. Jahrhundert ein Territorium erworben, welches im Norden bis Sömmerda reichte und mit der westlich von Herbsleben gelegenen Burg Großvargula bis unmittelbar an die Herbslebener Flur heranreichte.1246 Gleichzeitig versuchte Erfurt durch den Erwerb von Burgen die für die Stadt wichtigen Verkehrswege zu kontrollieren. So erwarb Erfurt in der Mitte des 14. Jahrhunderts auch die Burg Mühlburg mit dazugehörigem Amt von den Grafen von Schwarzburg, den Grafen von Henneberg und vom Mainzer Erzbischof, unter welchen die Burg aufgeteilt war.1247 Die Mühlburg selbst lag oberhalb der wichtigen, von Westen nach Osten durch das Thüringer Becken verlaufenden Fernverbindung, welche auch für Erfurt von zentraler Bedeutung war.1248 Wie wichtig Herbsleben offensichtlich sowohl für Erfurt als auch für die Landgrafen war, wird noch an einem anderen Umstand deutlich. Erst 1354 und somit drei Jahre nach dem Erwerb der Lehnsherrschaft über Herbsleben durch die Landgrafen nahmen die Herren von Herbsleben ihre Belehnung mit Ort und Burg aus den Händen der Wettiner entgegen. In diesem Zusammenhang verpflichteten sie sich, ihr Bündnis mit der Stadt Erfurt zu lösen und auch zukünftig kein solches mit der Stadt einzugehen.1249 Damit wird deutlich, dass Erfurt sehr wohl wenigstens auf dem Weg eines Bündnisses mit den Herren von Herbsleben versucht hatte, seine territorialen Ambitionen weiter nach Norden in den landgräflichen Besitz hinein auszudeh-
1245 1246 1247 1248 1249
LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 96. PATZE: Art. Erfurt, S. 110. PATZE: Art. Mühlburg, S. 285. REUSSE: Burg Mühlberg, S. 167. LEISERING: Regesten 1351-1365, Nr. 126f.
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nen, beziehungsweise sein Territorium gegen wettinische Ansprüche abzuriegeln.1250 Gleichzeitig, darauf verweist Eckhart Leisering, dürfte dieser Umstand auch Ausdruck dafür sein, dass die Ministerialen von Herbsleben die Lehnsherrschaft der Wettiner nicht ohne Widerstände hinnahmen.1251 Möglicherweise geschah dieses auch, weil den Herren von Herbsleben bewusst war, dass diese Lehnsherrschaft sich negativ auf die Entwicklung des Ortes und damit auf ihre möglichen Ambitionen hinsichtlich eines Ausbaues Herbslebens zur Stadt auswirken konnte. Der Grundstein für die Verbindung mit der Stadt Erfurt könnte wiederum bereits im 12. Jahrhundert durch die Beziehung derer von Herbsleben zum Mainzer Erzbischof gelegt worden sein. Des Weiteren besaßen Angehörige der Familie im 13. Jahrhundert wenigstens zeitweise mainzische Güter in oder um Erfurt.1252 Die Wettiner selbst verfügten nicht erst seit dem Kauf der Herrschaft an Dorf und Burg Herbsleben über Rechte und Besitz am Ort. Bereits das 1349/50 entstandene Lehnbuch Friedrichs des Strengen vermerkt, dass Günther von Herbsleben und sein Bruder Heinrich vom Landgrafen Friedrich tres mansos in Herversleiben zu Lehen besaßen. Genannt werden darüber hinaus weitere landgräfliche Lehen in Weißensee, Hornsömmern, Hugessummeringen und Mittelsömmern.1253 Des Weiteren werden Günther und Heinrich domini in Herversleiben unter den landgräflichen Ministerialen genannt.1254 Letzteres ist aber wohl noch vom Schreiber selbst gestrichen worden.1255 Dieses könnte andeuten, dass die von Herbsleben zum Abfassungszeitpunkt des Lehnbuches, wegen ihrer Lehen in einem Verhältnis zu den Landgrafen standen, jedoch nicht zur landgräflichen Dienstmannschaft gerechnet wurden, beziehungsweise letzterer Status nicht unbedingt sicher war oder aber noch während der Abfassungszeit des Lehnbuches Veränderungen eintraten. Bereits 1369 verpfändeten die Landgrafen Friedrich und Balthasar das slos Herbiszleybin husz und stad mit allem Zubehör an die Grafen Günther und Heinrich von Schwarzburg auf ein Jahr für 1800 Mark lötigen Silbers Erfurter Währung.1256 Allerdings verpflichteten sie die Schwarzburger, bevor sie Herbsleben in Pfand
1250
1251 1252 1253 1254 1255 1256
In einem ähnlichen Zusammenhang dürfte auch der Erwerb der Mühlburg nach der Mitte des 14. Jahrhunderts durch die Stadt Erfurt stehen. (Vgl. PATZE: Art. Mühlburg, S. 285.). Vgl. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 96, Anm. 375. Vgl. Kap. II.5.3. Lehnbuch Friedrichs des Strengen, I, Nr. 36. Lehnbuch Friedrichs des Strengen, IV. Registrum ministerialium in Thuringia, S. 266. Lehnbuch Friedrichs des Strengen, IV. Registrum ministerialium in Thuringia, S. 266, Anm. h. SHStA Dresden 10001: Ältere Urkunden, Nr. 3945. ZEYSS: Herbsleben, S. 15. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 227. LEISERING: Regesten 1366-1380, Nr. 169.
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nahmen, die Burg Herbsleben weder an Mühlhausen, an Nordhausen noch an Erfurt zu verkaufen. Hintergrund hierfür war, dass nur ein Jahr vorher die Stadt Erfurt versucht hatte, die Wachsenburg, auf die auch die Wettiner Ansprüche anmeldeten, von den Grafen von Schwarzburg zu kaufen. Die Städte wiederum versuchten sich in den Besitz der Burgen zu bringen, um die für sie so wichtigen Verkehrswege zu schützen und zu kontrollieren.1257
5.5.2 Dorf, Flecken oder Stadt? In der Urkunde über den Verkauf Herbslebens an Landgraf Friedrich von 1351 wird der Ort als Dorf bezeichnet. Gleiches gilt auch für den Eintrag über den Verkauf des Ortes an Landgraf Friedrich Im Lehnbuch Bertholds und Heinrichs von Henneberg.1258 Da der Ort jedoch in der Urkunde von 1369 erstmals Stadt genannt wird, ist deshalb zunächst zu vermuten, dass Herbsleben zwischen 1351 und 1369 zur Stadt erhoben worden sein könnte. Im markgräflichen Register von 1378 wird die, in diesem Fall als exactio ville bezeichnete Dorfsteuer eingezogen. In der mittelhochdeutschen Übersetzung des Registrums heißt es wiederum item schaczung des dorffs […] und in der ebenfalls lateinischen Handschrift B: Item villa Herbisleiben […] pure precarie. Im Summularium wird diese Dorfsteuer ebenfalls als precaria ville bezeichnet,1259 während die Bezeichnung der entsprechenden Abgabe bei Städten häufig precaria civitatis oder civitatis precaria lautet.1260 Eingezogen wird die Abgabe demzufolge als rein dörfliche Abgabe und hieraus dürfte wiederum abzuleiten sein, dass Herbsleben damals eindeutig als Dorf angesehen wurde. In einer Urkunde Landgraf Balthasars für Herbsleben aus dem Jahr 1387, in welcher die Gerichtsverhältnisse der Burgmannen und der Bewohner des Ortes 1257 1258
1259 1260
ZEYSS: Geschichte, S. 15. PATZE: Politische Geschichte, S. 105f. Wir Friderich von gotes gnaden lantgrave zcuo Dueringen […] bekennen offenlichen an disem brive, […], daz uns der wolgeborn Johans graf zcu Hennenberg unser liebir swager vorkouft hat recht und redlichin sine lehenschaft an dem huose und an dem dorfe zcu Herversleiben,[…] (Henneberg. UB II, Nr. 151. ZEYSS: Herbsleben, S. 23.). Friderich lantgrafe tzu Duringen, marggrafe tzu Missin etc., umb den und alle sin erbin sal Johans grafe tzu Hennenberg und alle sin erbin widdirkauffin die lehinschaft an dem huse und dorfe Herversleibin mit allin erin und rechtin, als die der eidel man Gunther herre tzu Herversleibin tzu lehin hatte, ynnewenig funf jarin fur tzweyhundirt mark lotigis silbirs mit ir selbis geilde, anno 51. (Lehnsbuch der Grafen Heinrich und Berthold, Nr. 671, S. 125.). Registrum XVIII, 15. Registrum, S. 50, Anm. m. Summularium XVIII, 7. Exemplarisch für Langensalza, Altenburg und Torgau: Summularium XIX, 1, LIV b, 1 u. LXIIb, 1.
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geregelt wurden, heißt es: Wir Balthasar von gotis gnaden Lantgrave […] bekennen uffinlich mit diesseme brieue, daz wir durch nutz und besten willen unsers dorffis zu Herbisleiben eyne sunderung gemacht haben, und in einer nur vier Jahre später ebenfalls durch Balthasar ausgestellten Urkunde wird der Ort ebenfalls nur als Dorf bezeichnet.1261 Auch 1403 ist der Ort wiederum in einer Urkunde Balthasars als Dorf qualifiziert,1262 während er 1404 zusammen mit Brücken und Tennstedt dann erneut Stadt genannt wird.1263 Zwischen 1405 und 1425 ist nichts weiter über den Status des Ortes zu erfahren. Auskunft gibt erst wieder eine Urkunde Landgraf Friedrichs aus dem Jahr 1425, in welcher Bestimmungen bezüglich der gemeyne Schencken, dem Ausschank von Bier und Wein und den damit verbundenen Abgaben getroffen werden.1264 Hier erscheint der Ort mehrfach mit der Bezeichnung Flecken oder Dorf.1265 Schon in der Urkunde Landgraf Friedrichs aus dem Jahr 1436, welche erneut die inneren Verhältnisse des Ortes regelt, wird Herbsleben ausschließlich als Dorf bezeichnet.1266 Auch im Abgabenverzeichnis des Thomas von Buttelstedt, entstanden zwischen 1440 und 1443, trägt der Ort lediglich die Bezeichnung Dorf.1267 Es lässt sich damit nicht entscheiden, ob es sich bei Herbsleben um eine Stadt oder ein Dorf handelt. Nach der Marktrechtsverleihung von 1331 wird der Ort im gesamten 14. Jahrhundert, bis auf die Stadtnennung in der Urkunde von 1369, 1261 1262 1263
1264 1265
1266 1267
Abdruck: ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 1f. CDS I, B 2, Nr. 491. Wir Balthasar von Gottes Gnaden Lantgrafe in Doringen […] bekennen […] und thun kund […] der hochgebornen Furstinn Frauwen Annen Lantgräfin in Doringen unser lieben Gemahlin disse nochgeschriebenen Slosze und Stete Herbesleiben, Tenstete und Brucken […] (Lebens- und HeldenGeschichte des Glorwürdigsten, S. 49.). Abdruck: ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. Wir Friderich von gotes gnaden Lantgrave in doringen[…]bekennen und tun kunt[…] Als von alden zciten bis her ein gemeyne Schencken in unserm flecke unsers dorffes Herbisleiben gewest ist…, so haben wir nu mit unsern lieben heimlichen und getruwen reten gewegen und bedoch, wy das unser armen lute desselbin unss fleckis herbisleiben keinen gewynn adir geniss von schenckens wegen nicht mugen gehabt habe, damite sie an dem dorffe unsers fleckis Herbisleiben […] sunderlichs nutzis und besserunge willen des genanten unss fleckis Herbisleiben solliche gemeyne schencken als vor gewest ist gentzlichen und ewiclichen abegetan und dem genanten unssm flecke Herbisleiben[…]Also das sie furdermehr ewiclichin in irem fleckis keller schencken sullen[…]Ouch haben wir yn dy gnade getan, was ire winschencke von getrencke von des fleckis wegen den nackeburen daselbs vorborgete, das ihr eygen knecht des fleckis […]Ouch sollin sieselbin unser menre unsss dorffes Herbisleiben […] und diese unser gnade und befestigunge sal den genanten unssn menren unsss dorffis Herbisleiben[…] (Abdruck: ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3.). Abdruck: ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. Item primo gibt das dorff das yars 12 lotige marg jarrente[…]item das dorff gibt y des jars 2 sex. Vor 1 fuder kollen zu furwergke[…] (Zugehorunge des slosses Herbisleuben, aus: Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 442.).
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ausschließlich als Dorf bezeichnet, während er dann 1404 erneut als Stadt entgegentritt. Die unterschiedlichen Bezeichnungen des Ortes in der Urkunde von 1425 könnten darauf verweisen, dass die Zeitgenossen selbst sich nicht ganz sicher waren, ob der Ort ein Dorf oder ein Flecken war1268 und Herbsleben sich somit auf einer Zwischenstufe zwischen Dorf und Flecken befand, oder dass beide Begriffe hier synonym gebraucht worden sind. Dennoch dürfte die Bezeichnung als Flecken einen Rückschritt gegenüber der Nennung als Stadt in der Urkunde von 1404 darstellen, welcher sich dann in der bloßen Nennung als Dorf bei Thomas von Buttelstedt und einer weiteren Urkunde von 14361269 fortsetzt. Damit deutet sich vorerst an, dass sich Herbsleben nach der Marktrechtsverleihung von 1331 zunächst in Richtung einer Stadt entwickelte, wobei die Erteilung eines Stadtrechtes aber wiederum nicht nachweisbar ist. Spätestens nach 1404 war diese Entwicklung augenscheinlich wieder rückläufig und der Ort erscheint 1425 bereits nur noch als Flecken und Dorf und wird 1436 und in den 1440er Jahren dann ausschließlich als Dorf bezeichnet. Ein ähnlicher Fall wie bei Herbsleben liegt bei Bad Berka (südlich von Weimar) vor. Dieser Ort wird 1414 in einer landgräflichen Urkunde erstmals Stadt genannt,1270 erneut als Stadt tritt der Ort dann 1467 in einer Urkunde des Grafen Hans von Beichlingen entgegen.1271 Zeitgleich dazu wird für Berka aber auch der Begriff Dorf gebraucht1272 und der Ort noch bis ins 18. Jahrhundert ebenso als Flecken bezeichnet.1273 Spätestens für das Jahr 1514 kann eine Ratsverfassung nachgewiesen werden1274 und der Ort war mit einiger Wahrscheinlichkeit schon im 15. Jahrhundert ummauert.1275 Auch die Entwicklung dieses Ortes war demzufolge wenig eindeutig. Dennoch lässt sich daraus erkennen, dass die Begriffe Dorf, Flecken und Stadt parallel zueinander verwendet werden konnten und somit Rückschlüsse auf den Status des Ortes anhand der zeitgenössischen Begriffe mehr als schwierig sind. Trotzdem kann wohl davon ausgegangen werden, dass, falls ein Ort neben Dorf auch als Flecken oder Stadt bezeichnet worden ist, er prinzipiell auch keine „rein“ dörfliche Siedlung mehr war, sondern sich darüber 1268 1269 1270 1271 1272
1273 1274 1275
Zur Problematik des Begriffes Flecken vgl. Kap I.2.1. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. Abdruck der Urkunde bei: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 2, S. 294f. Abdruck der Urkunde bei: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 3, S. 199f. Als Dorf bezeichnet wird Berka unter anderem 1422 (Regest der Urkunde in: ELLE: Die alte Herrschaft [Grafschaft] Berka 3, S. 197) und erneut 1470. (Regest der Urkunde in: ELLE: Die alte Herrschaft [Grafschaft] Berka 3, S. 200.). WIEMANN/PATZE: Art. Bad Berka, S. 27f. Regest der Urkunde in: ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 3, S. 214. WIEMANN/PATZE: Art. Bad Berka, S. 27f.
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hinaus weiterentwickelt hatte. Möglicherweise ist der Begriff Flecken dann gebraucht worden, wenn für Zeitgenossen nicht klar ersichtlich war, welchen Status ein Ort nun tatsächlich besaß. Ausgehend von der Urkunde von 1404, ist nun zu überlegen, wie die unterschiedlichen Bezeichnungen für Herbsleben in den Quellen erklärt werden können. Die Nennung als Stadt ist hier eindeutig und unzweifelhaft, wobei aber nur Tennstedt in anderen Quellen meist als Stadt bezeichnet wird und auch sicher eine solche gewesen ist, während Brücken eher den Charakter eines Marktfleckens besaß. Gleichwohl wird auch Tennstedt zu Beginn des 15. Jahrhunderts parallel zur Nennung als Stadt zweimal als Flecken bezeichnet.1276 Es könnte vermutet werden, dass in der Urkunde von 1404 wenigstens die Orte Herbsleben und Brücken aufgewertet werden sollten, um das Leibgedinge für die 2. Ehefrau Landgraf Balthasars, Anna von Sachsen-Wittenberg, angemessen erscheinen zu lassen. Die Schwarzburger Grafen hatten im Raum des nördlichen Thüringer Beckens Besitz und verfügten mit Schlotheim über eine nur etwa 20 Kilometer nordwestlich von Herbsleben gelegene Stadt. Deshalb ist zu vermuten, dass sie durchaus Kenntnis vom tatsächlichen Siedlungscharakter Herbslebens hatten.1277 Deshalb sollte aus der Urkunde nicht unbedingt auf einen tatsächlichen Stadtstatus des Ortes geschlossen werden, jedoch dürfte er wenigstens stadtähnlichen Charakter besessen haben, welcher eine solche Bezeichnung auch rechtfertigten konnte. Ähnlich verhält es sich möglicherweise im Zusammenhang mit der Verpfändung an die Grafen von Schwarzburg im Jahr 1369. Um den Wert des Pfandobjektes zu steigern, wurde vielleicht auch hier bewusst auf die Bezeichnung als Stadt zurückgegriffen. Gleichwohl ist wiederum darauf zu verweisen, dass dieses nur dann möglich war, wenn der Ort auch einen wenigstens annähernden städtischen Status erreicht hatte beziehungsweise hinreichend viele auch nach außen sichtbare städtische Kriterien aufweisen konnte. Die 1369 für Herbsleben gezahlte Pfandsumme ist mit 1800 Mark nicht niedrig. Immerhin war die Stadt Tennstedt im Jahr 1378 durch die Landgrafen für nur 522 ½ Mark verpfändet worden. Dabei ist aber zu bedenken, dass nicht klar ist, ob die Landgrafen zu diesem Zeitpunkt vollständig über die Stadt verfügten oder ob sie sich die Stadtherrschaft mit dem Abt von Hersfeld teilen mussten.1278 Die Summe von 1800 Mark, für die Herbsleben verpfändet wurde, spricht letztendlich aber durchaus dafür, dass der Ort Herbsleben einen doch nicht unbedeutenden Wert darstellte, ohne aber dass daraus etwas über einen städtischen Status Herbslebens ausgesagt werden kann. 1276 1277 1278
Vgl. Kap. II.2.6.2. Vgl. Kap. II.3.5. Vgl. Kap. II.2.4f.
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Auch eine vor 1369 erfolgte Stadterhebung, die jedoch letztendlich gescheitert wäre, soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Allerdings scheinen Stadterhebungen nach der Mitte des 14. Jahrhunderts nur noch selten im thüringischen Raum vorgenommen worden zu sein.1279 Jedoch verweist gerade das Beispiel des Nachbarortes Gebesee darauf, dass dieses durchaus noch möglich war. So vereinbarte Landgraf Friedrich III. im Jahr 1354 mit dem hersfeldischen Abt Johann II., Gebesee zur Stadt auszubauen. Dieses wurde aber zunächst offenbar nicht realisiert oder aber scheiterte.1280 Im Jahr 1396 trafen der Abt von Hersfeld und die Landgrafen Friedrich und Balthasar erneut Bestimmungen für die Erhebung Gebesees zur Stadt.1281 Auch dieser Versuch scheint letztendlich nicht erfolgreich umgesetzt worden zu sein, und Gebesee wurde erst 1638 von Kurfürst Johann Georg I. mit Stadtrecht bewidmet. Schon ein Jahrhundert früher war der Ort ummauert worden.1282 Auffällig im Zusammenhang mit Gebesee ist die enge zeitliche Parallele beider Vereinbarungen, den Ort zur Stadt zu erheben, zu den zwei einzigen Nennungen Herbslebens als Stadt in den Jahren 1369 und 1404. Insofern, auch wenn es nur Indizien sind, könnte dieses doch auf eine ebenfalls für Herbsleben wenigstens in Teilen ausgeführte zweimalige Stadterhebung hindeuten, wobei zwischen 1403 und 1404, ähnlich wie 1421 für Thamsbrück, nur eine Neuerteilung des Stadtrechtes erfolgt sein könnte.1283 Letztendlich ist nicht zu entscheiden, ob die Nennungen in Verbindung mit einer Stadterhebung stehen oder hier nur zu bestimmten Zwecken der Ort mittels der Bezeichnung als Stadt aufgewertet werden sollte. Auffällig ist jedoch, dass in den Privilegien für den Ort selbst – es handelt sich hier um Privilegien, welche für die Gemeinde ausgestellt worden sind – aus den Jahren 1387, 1391, 1425 und 1436 der Ort ausdrücklich nicht als Stadt, sondern nur als Dorf beziehungsweise 1425 auch als Flecken bezeichnet wird.
1279
1280 1281 1282 1283
Nach der Ausarbeitung Willy Flachs sind nach 1350 nur sieben Ersterwähnungen von Orten als Stadt festzustellen, wobei sich anhand der Ersterwähnung die Stadterhebung oder Gründung nicht in allen Fällen sicher zeitlich einordnen lässt und diese auch schon einige Zeit vor der Ersterwähnung geschehen sein kann. (Vgl. FLACH: Entstehungszeit, S. 66-77 u. 93.). SCHNELLENKAMP: Thüringer Waidstätten, S. 519. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 135f. HAGKE: Urkundliche Nachrichten, S. 104, 119 u. 130. LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 136. PATZE: Art. Gebesee, S. 129. SCHNELLENKAMP: Thüringer Waidstätten, S. 519. Vgl. Kap. II.1.4.
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5.5.3 Wettinische Ordnungen und Privilegien: der Ort aus verfassungsgeschichtlicher Perspektive Das oben skizzierte Problem lässt sich auch im ersten nach der Marktrechtsverleihung umfangreicheren landesherrlichen Privileg für den Ort greifen. Zwar greift die sogenannte Sonderung Landgraf Balthasars aus dem Jahr 1387 direkt in die innerörtliche Verfassung ein und regelt das Zusammenleben zwischen den erbaren luten und der gemeynne dasselbin, der Ort selbst wird aber ausschließlich als Dorf bezeichnet.1284 Mit ehrbare Leute dürften an dieser Stelle die Ritter beziehungsweise Adligen im Unterschied zur Bürgergemeinde gemeint sein.1285 Es erfolgt demzufolge eine Differenzierung zwischen den ortsansässigen Adligen, bei welchem wohl die Burgmannen der Burg zu Herbsleben gemeint sein dürften, und den Mitgliedern der Ortsgemeinde. In dieser Urkunde verfügte der Landgraf, dass die gemeyne unter yn, alleine furder heymburgen und andere vorstehere doselbs zu Herbisleibin satzen und haben sullen, wie sie es vorher schon getan haben, und die erbarn lute sie daran nicht hindern sollten. Wenn die Gemeinde die erbarn lute um Hilfe und Rat bittet, so haben diese zum Besten des Dorfes zu handeln. Darüber hinaus sollten die erbarn lute sunder sitzen by sollichen würden als unsere burglute tzu Wissense. Weiterhin unterstanden sowohl die Burgleute als auch die Gemeindemitglieder dem Gericht zu Herbsleben. Neben dem Vogt hatten sechs Geschworene, welche aus der Dorfgemeinde zu wählen waren, diesem Gericht vorzusitzen und nach dem gültigen Recht Urteile zu fällen.1286 Diese Sonderung dürfte kaum den Anspruch gehabt haben, städtische Verfassungsstrukturen nachzuahmen. Auch wenn das Amt der hier genannten Heimbürgen durchaus genossenschaftliche Züge besaß, so entstammt es doch eher aus dem Bereich der Dorfverfassung.1287 Zwar sind auch im Mühlhäuser Rechtsbuch aus dem frühen 13. Jahrhundert, in welchem auch städtisches Recht erkennbar ist,1288 Heimbürgen fassbar, jedoch handelt es sich bei diesen wohl um ein Relikt vorstädtischer Zeit.1289 Dennoch, mit der Stadt gemeinsam hatte Herbsleben einen eigenen Gerichtsbezirk, welcher nicht nur 1387 erkennbar wird, sondern auch im markgräflichen Register von 1378 erwähnt wird. In diesem ist unter Herbsleben vermerkt, dass 1284 1285 1286 1287 1288 1289
ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 1. BRINCKMEIER: Glossarium I, S. 711. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 1. LÜCK: Art. Heimbürge, Sp. 895-897. QUIRIN: Herrschaft und Gemeinde, S. 69-72. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 355f. Zur Entstehungszeit: MEYER: Reichsrechtsbuch, S. 38-72. PATZE: Rechtsbuch, S. 441. MEYER: Reichsrechtsbuch, S. 60f.
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eine Abgabe von 20 Talenten aus dem iudicium ibidem zu leisten war.1290 Entstanden sein könnte dieser im Zuge der Marktrechtsverleihung von 1331, mittels welcher auch Marktgerechtigkeit festgelegt worden ist.1291 Umgekehrt deutet sich damit an, dass sich über eine Marktordnung hinaus auch ein umfangreiches Recht entwickelt haben könnte, welches neben den Regelungen bezüglich Waren- und Handelsverkehr weitere Rechtsvorschriften enthalten oder aber schon seit der Zeit der Markterhebung umfasst haben könnte. Die Sonderung von 1387 könnte außerdem darauf hindeuten, dass es eine wenigstens in Teilen durchaus emanzipierte (Bürger-)Gemeinde gab, welche an der Wahrung ihrer bereits verbrieften Rechte interessiert war. So könnte die Gemeinde selbst um die erneute Verbriefung bereits bestehender Rechte gebeten haben. Immerhin heißt es an einer Stelle, dass sie die Heimbürgen und anderen Vorsteher, so wie schon zuvor, einsetzen und wählen sollen.1292 Im Jahr 1391 genehmigte Landgraf Balthasar den Bau einer Wasserleitung, welche eyn Bornen in daz selbe unss dorff brengin sulln und unss [des Landgrafen] dorff damite bessern sollte. Hierzu erhielt die Gemeinde die sogenannten Gebänkwiesen, welche 32 Acker umfassten und beim Baumgarten und an einem Flecken bei der Obermühle gelegen waren. Hierauf sollte die Gemeinde Waid säen und von diesen Äckern war so viel an den Landgrafen zu zahlen, wie in Herbsleben allgemein von Feldern, auf denen Waid angebaut wurde, üblich war. Der Rest der Einnahmen war zum Bau der Wasserleitung aufzuwenden.1293 Über den Bau der Wasserleitung hinaus ist diese Urkunde insofern von Interesse, weil hier Waid als landwirtschaftliches Erzeugnis genannt wird. Darüber hinaus ist zu erfahren, dass Waidanbau schon länger eine Rolle spielte. Bereits das markgräfliche Register von 1378 nennt das Waidgeld, welches von jedem mit Waid bestellten Feld an das Schloss zu Herbsleben zu entrichten war, und dieses Waidgeld war auch noch 1440/43 zu zahlen.1294 Demzufolge ist Waidanbau in Herbsleben sicher zwischen 1378 und der Mitte des 15. Jahrhunderts nachweisbar und könnte zu einem bescheidenen Wohlstand im Ort geführt haben. Waidhandel selbst lässt sich daraus aber nicht ableiten. Anders als im Fall der des Erfurter Waidgeldes, welches eine Handelsabgabe war,1295 wurde diese Abgabe hier auf den Waidanbau erhoben und ist somit eine Produktionsabgabe. 1290 1291 1292 1293 1294
1295
Registrum XVIII, 17. Summularium XVIII, 9. Vgl. Kap. II.5.4.2. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 1. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 2. Item weytgelt de quolibet agro seminato 4 solidos denariorum et facit in summa 12 talenta magis vel minus. (Registrum XVIII, 14.). Zugehorunge des slosses Herbisleuben, aus: Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 443. Vgl. Kap. II.1.4.
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Im Gandersheimer Besitzverzeichnis aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, welches die Besitzungen des Stiftes in Tennstedt und Umgebung auflistet, wird auch eine Waidmühle in Herbsleben genannt.1296 Daraus lässt sich ableiten, dass über den Anbau hinaus auch eine Weiterverarbeitung des Waides stattfand. Ob darüber hinaus in Herbsleben Tuche gefärbt worden sind, ist nicht bekannt. Zwar wurde dieses Handwerk insbesondere in den Waidstädten ausgeübt,1297 ein dahingehender Nachweis kann für Herbsleben aber in keiner Weise erbracht werden. So liefern weder die Schriftquellen noch die Straßennamen einen Hinweis darauf.1298 Vielmehr lässt sich die Verarbeitung des Waides nur bis zur Herstellung der Waidballen als Zwischenprodukt mittels der Waidmühle verfolgen. Zusammenfassend stellt sich die Situation in Bezug auf den Charakter des Ortes Herbsleben vorerst folgendermaßen dar: Nach der Erteilung des Marktrechtes von 1331, welches neben einem Wochenmarkt auch einmal jährlich einen Jahrmarkt vorsah, befand sich der Ort bis an die Wende zum 15. Jahrhundert wohl auf einer Zwischenstufe zwischen Stadt und Dorf. Dennoch scheint sich der Ort wenigstens so weit entwickelt zu haben, dass er nach außen zweimal als Stadt bezeichnet werden konnte. Gegenüber den Bewohnern wiederum wurde die Bezeichnung Stadt ausdrücklich vermieden. Des Weiteren dürfte das maßgebliche Produktionsgewerbe der Waidanbau und die Verarbeitung bis zum Zwischenprodukt der Waidballen gewesen sein. Deshalb ist auch anzunehmen, dass Waid das wichtigste Handelsgut war, welches auf dem Herbslebener Markt gehandelt wurde. Das nächste wichtige Privileg für Herbsleben, welches außerdem Auskunft über dessen innerörtliche Verhältnisse, aber auch den Siedlungscharakter gibt, stammt aus dem Jahr 1425 und wurde durch Landgraf Friedrich den Friedfertigen. erteilt. Hier wird der Ort gleichzeitig als Dorf und Flecken bezeichnet.1299 Dieses Privileg wird wohl vor allem deswegen erteilt, weil Herbsleben nur kurz vorher durch einen Brand erheblichen Schaden genommen hatte und hiermit eine Aufbauhilfe für den Ort geleistet werden sollte.1300 Dem Landgrafen war demzufolge daran gelegen, den Ort nach dem Brand zu fördern und weitestgehend wieder aufzubauen. So wird erwähnt, dass die armen lute desselbins unss fleckis herbisleiben [bisher] keinen gewynn ader geniss von schenckens wegen nicht mugen gehabt habe, damite sie 1296 1297 1298 1299 1300
NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 32a. HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 27. REINICKE: Waid, -anbau, -handel, Sp. 1929f. Zu den Straßenbezeichnungen vgl. Vermessungsregister der Flurstücke von 1822 (Abdruck des Registers in: STEUCKART: Herbsleben 2, S. 18-46, hier S. 20.). ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. Darumb und auch ume grosses mergklichs schaden willen de sy daselbis zu herbisleiben von brandis wegen, der sie in kortzer zeiet obergangen hat. (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3.).
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an dem dorffe unsers fleckis Herbisleiben durch gemeynes nutzis willen nicht muchten gebuwet oder gebessert habe.1301 Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass zum Wiederaufbau des Ortes keine Stadtrechtsverleihung erfolgte. Praktiziert wurde dieses bei durch Katastrophen und anderen Einflüssen geschädigten Orten in der Region durchaus. So wurde den unmittelbar vor Tennstedt gelegenen Osthöfen 1419 Stadtrecht erteilt. Hintergrund war hierfür, dass der Ort ebenfalls durch einen Brand erheblich geschädigt worden war.1302 Insofern wäre im Fall Herbslebens eine Stadtrechtsverleihung zum Zwecke der Überwindung von durch Katastrophen entstandenen Schäden durchaus möglich beziehungsweise nicht unüblich gewesen. Jedoch spielten im Fall der Osthöfen auch andere Prozesse eine Rolle, als sie in Herbsleben zu fassen sind. Die Osthöfe lagen unmittelbar vor der Stadt Tennstedt. Um eine Flucht der Bewohner aus dem durch Brand geschädigten Ort in die Stadt und damit eine Wüstfallung des Ortes zu verhindern, blieb letztendlich nur eine rechtliche Angleichung an die Stadt.1303 Auch musste nicht immer eine Katastrophe Ausgangspunkt für die Erteilung eines Stadtrechtes sein. So wird der Ort Buttelstedt 1334 und somit etwa zeitgleich wie Herbsleben mit Marktrecht ausgestattet und entwickelte sich noch im 14. Jahrhundert zur Stadt. Bereits 1349 erscheint der Ort als oppidum und 1363 als stat. Im Jahr 1454 erhielt der Ort das Weißenseer Stadtrecht und, wie oben bereits bemerkt, wurde auch Bad Berka noch im 15. Jahrhundert zur Stadt ausgebaut.1304 Gleiches deutet sich jedoch für Herbsleben nicht an. So verkaufte Herzog Wilhelm 1468 Schloss und Dorf Herbsleben mit Ausnahme des Geleites für 3000 rheinische Gulden einem Hans Knut auf Wiederkauf.1305 Als Stadt erwähnt wird der Ort in der Folge nicht mehr und auch der Begriff Flecken ist in den Quellen nicht mehr anzutreffen.1306 Im Jahr 1492 werden dann die 1387, 1425 und 1436 verliehenen Rechte, mittels welcher, wie noch zu zeigen ist, nicht städtisches, sondern dörfliches Recht festgeschrieben werden sollte, bestätigt und darüber hinaus wird der Ort eindeutig als Dorf bezeichnet.1307 Organe städtischer Selbstverwaltung sind in dieser Zeit ebenfalls nicht in den Quellen nachzuweisen.1308 1301 1302 1303 1304 1305 1306 1307 1308
ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. Vgl. Kap. II.2.5 u. II.2.6.3. Vgl. Kap. II.2.5 u. II.2.6.3. HUSCKE: Art.: Buttelstedt, S. 65. FLACH: Entstehungszeit, S. 85. WIEMANN/PATZE: Art. Bad Berka, S. 27f. ZEYSS: Herbsleben, S. 38. Vgl. die Quellenhinweise bei ZEYSS: Herbsleben, S. 38-43. LATh-StA Gotha Bestand Herbsleben, Loc. 40, Nr. 5. SHStA Dresden 10024, Loc. 09930/05, fol. 2. ZEYSS: Herbsleben, S. 41. Vgl. die Quellenhinweise bei ZEYSS: Herbsleben, S. 38-43.
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Dennoch wird deutlich, dass Stadterhebungen sowohl im 14. als auch im 15. Jahrhundert seitens der Wettiner durchaus durchgeführt wurden. Insofern deutet sich anhand des eben Geschilderten und dem Umstand, dass gegenüber der Gemeinde ausdrücklich nicht der Begriff Stadt verwendet worden ist, möglicherweise Folgendes an: Eine Erhebung Herbslebens zur Stadt war seitens der Wettiner nie angedacht, weil sie nicht im Interesse der wettinischen Landes- beziehungsweise Ortsherren lag. Die wohl umfangreichste landesherrliche Ordnung ist die im Jahr 1436 durch Landgraf Friedrich ausgestellte ordnunge und satzunge, welche er seinem dorffe und der gantzen gemeyne doselbs zu nutze und zu fromen erteilte.1309 Von einem Flecken oder einer Stadt ist im Verlauf des Privilegs nicht mehr die Rede, sondern es wird nur noch der Begriff Dorf benutzt. In der Ordnung spielen die Gerichtsrechte eine wesentliche Rolle. So lag die Niedergerichtsbarkeit fest in der Hand der Gemeinde. Des Weiteren finden sich umfangreiche Regelungen bezüglich der Veräußerung von im Ort gelegenen Besitz durch Gemeindemitglieder an Auswärtige. Dies wurde grundsätzlich bei Strafe untersagt und war nur dann möglich, wenn der auswärtige Käufer sich unter Mitwirkung zweier Gemeindemitglieder verbürgte, binnen eines Jahres nach Herbsleben zu ziehen und sich dem dortigen Recht zu unterwerfen. Auch war es verboten, Besitz an Geistliche und geistliche Einrichtungen derart zu übertragen, dass diese Güter damit aus der Gerichtsbarkeit des Ortes herausgelöst beziehungsweise die darauf lastenden Abgaben gemindert werden.1310 Außerdem wurde 1436 verfügt: Item wellich man auch von Herbisleibin zcoge oder zcihen wurde hette ader gewune der dann icht sache mit keyme der nachkegebuer, derselbe sal solliche sache nyrgent anders fordern dann vor unserm gerichte. Were ab ymand usswirdiger guter gerade oder varnde habe doselbs zu Herbisleiben uff erstorbe, das sal man ouch nyrgent anders fordern, dann doselbs zu Herbisleiben vor gerichte.1311 Ansprüche an in Herbsleben gelegenen Besitz mussten demzufolge, auch wenn der den Besitz Beanspruchende von auswärts kommt und somit einem anderen Rechtsbereich angehörte, vor dem in Herbsleben gelegenen landgräflichen Gericht gestellt werden. Damit wurden auch den Besitz betreffende Verhandlungen vor dem Gericht zu Herbsleben geführt. Neben dem Einzug der Bußgelder durch die Gemeinde konnten die Heimbürgen einen Teil der Bußgelder selbst festlegen und sie besaßen darüber hinaus das Pfändungsrecht. Des Weiteren werden neben dem Geschoss zu leistende
1309 1310 1311
ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4.
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Wachgelder erwähnt.1312 Gerade dieses Wachgeld ist jedoch eine eigentlich typisch städtische Abgabe, welche erhoben wurde, um die städtischen Wächter zu entlohnen.1313 Erhoben wurde es wie das Geschoss als Grundsteuer von jedem Grundstück in Herbsleben.1314 Erstmals genannt wird das in Herbsleben eingezogene Wachgeld 1403. In diesem Jahr übertrug Landgraf Balthasar seinem Knecht und Almoser Hans Geylenhusen einen Siedelhof und befreite ihn gleichzeitig vom Wachgeld.1315 Hieraus wird außerdem erkenntlich, dass die Abgabe wohl nicht von der Gemeinde, sondern vom Ortsherren und damit von der wettinischen Verwaltung eingezogen wurden ist. Damit entspricht diese Ordnung in einigen Teilen der ca. 50 Jahre jüngeren Hegemahlsordnung der Stadt Thamsbrück von 1481. 1316 Das Pfändungsrecht selbst stammt möglicherweise noch aus der Zeit der Markterhebung. So hat Wilhelm Liebhart für die altbayerischen Marktflecken festgestellt, dass dieses Recht neben den Wochen- und Jahrmärkten zur wichtigsten Gründungsausstattung dieser Orte gehörte.1317 Dieses wiederum könnte bedeuten, dass schon zur Zeit der Markterhebung die zum Markt gehörigen Rechtsvorschriften über eine bloße Marktordnung hinausgingen. Die in der Ordnung von 1436 getroffenen Regelungen bezüglich der Besitzveräußerung, und hierzu dürfte auch die Regelung über die Anmeldung von Ansprüchen an Besitz in Herbsleben vor dem dortigen Gericht zählen, sollten natürlich in erster Linie Besitzverlust an auswärtige Herren verhindern. Besitzerwerb durch Auswärtige war aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. So wird außerdem verfügt, dass auswärtige Käufer binnen eines Jahres nach Herbsleben umziehen und sich dem dortigen Recht unterwerfen müssen.1318 Dieses ist ein Hinweis darauf, dass Herbsleben nach wie vor als der eigenständige Rechtsbereich bestand, wie er mit der Verleihung der Marktgerechtigkeit im Jahr 1331 erstmals festgelegt worden ist und durch die Ortsbefestigung nach außen abgegrenzt worden sein dürfte.
1312 1313 1314 1315 1316 1317 1318
ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. Vgl. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 148f. Auch sal kein man ader wip doselbs solche guter doselbs gelgein, die mit yn wachen und geschossen nicht bescheiden[…] (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4.). CDS I, B 2, Nr. 491. StadtA Bad Langensalza IV,1. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 38. Vgl. auch Kap. II.1.4. LIEBHART: Zwischen Dorf und Stadt, S. 297. Zum ersten, das kein man zu Herbisleiben sine gute sie sint in dorffe ader in felde verkouffen sal eyme usswirdigen[…]Es were dann sache das derselbe yr nachkebuwer doselbs in eyme Jahre werden und dohin zeihen wulde und mit yn tragen alle gerechtigkeit des dorffis. (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4.).
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Eine aus dem Jahr 1608 stammende kolorierte Flurkarte Herbslebens verzeichnet jedoch den Standort des Herbslebener Gerichtes im Süden an der Grenze zur Döllstedter und Dachwiger Flur, unmittelbar an der Straße nach Döllstedt.1319 Damit befand sich der Platz des Gerichtes nicht, wie vielleicht zu erwarten, auf dem Markt oder bei der landesherrlichen Burg, sondern weit außerhalb des Ortes in unmittelbarer Grenzlage zu den Fluren der südlich gelegenen Orte. Dieses wiederum legt nahe, dass dieser Gerichtsplatz im Zusammenhang mit einem älteren Gericht stehen könnte, welches, wie aus der Grenzlage anzunehmen ist, darüber hinaus ursprünglich einen größeren Bezirk umfasst hatte. Vielleicht gehörten, wie aus der Lage des Gerichtsortes durchaus zu folgern wäre, ursprünglich sowohl Döllstedt als auch Dachwig zu diesem Gericht. Ob im Zuge der Marktrechtsverleihung ein weiteres Marktgericht innerhalb des Ortes eingerichtet worden war oder ob auch die den Markt betreffenden Sachen an dem außerhalb liegenden Gerichtsort verhandelt wurden, ist nicht zu sagen. Jedoch scheint der Umstand, dass Schöffen aus der Gemeinde dem landesherrlichen Gericht beizusitzen hatten,1320 für Letzteres zu sprechen.1321 Des Weiteren gibt die Ordnung von 1436 Auskunft darüber, dass die Gemeindemitglieder durchaus frei über ihren Besitz verfügen und ihn auch frei veräußern konnten. So kann ein iglicher si gut verkouffen und das gelt davon bescheiden adir vergebin nach siner andacht, wo er das von rechtis wegin gethun mag ane geverde.1322 Wobei der Verkauf an Auswärtige eingeschränkt war und nur unter gewissen Bedingungen erfolgen konnte.1323 Darüber hinaus bestätigte der Landgraf in der Ordnung die durch die Bewohner von ihm empfangenen Lehen, und nach dem Tod der Eltern sollen die Lehen den Erben übertragen werden.1324 Damit verfügten Gemeindemitglieder nicht nur über die Fähigkeit, Lehen zu empfangen, sondern diese waren darüber hinaus erblich. Wenigstens Teile der Bewohner müssen soweit rechtsfähig gewesen sein, dass sie weitestgehend frei über ihre Güter verfügen konnten. Allerdings ist wiederum schon die Vergabe von Lehen an Bauern gerade im Spätmittelalter nicht ungewöhnlich. Bei diesen Lehen handelte es sich um sogenannte Zinslehen. Von diesen waren jedoch keine militärischen Dienste zu leisten, sondern ein jährlicher 1319 1320 1321
1322 1323 1324
Flurkarte von 1608. (LATh-StA Gotha Gemeinde Herbsleben, Loc. 40, Nr. 22.). ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. Auch in Thamsbrück scheinen Stadt- und Landgericht zwei prinzipiell zu unterscheidende Gerichte gewesen zu sein. Ihre Besetzung erfolgte aber in Personalunion. Unklar ist jedoch gleichfalls, ob beide Gerichte am selben Gerichtsort oder an unterschiedlichen Plätzen abgehalten worden sind. (Vgl. Kap. II.1.5.). ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. Vgl. oben. …doch also das sich die erbin nach der eldern tode myt yren namen sullen lassen inschriben ane geverde[…] (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4.).
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Geld- oder Naturalzins abzuführen. Zwar waren es formal Lehen und als solche wurden sie auch in die Lehnsregister eingetragen, in ihrem Charakter erinnern sie jedoch stark an die übliche bäuerliche Leiheform.1325 Noch eine weitere Passage in der Ordnung von 1436 verdient Aufmerksamkeit. Hier heißt es: Auch welch man hussgenossen hette, der sal sie halden uns und unssm dorffe unschedelich.1326 Um was für eine Personengruppe es sich bei den Hausgenossen handelte, wird aus dem Text selbst nicht unmittelbar deutlich. Die Bezeichnung könnte, zur Miete wohnende Gemeindemitglieder, welche selbst kein Haus besaßen, meinen. Ebenso kann es sich um Familienmitglieder oder Hausgesinde handeln, die mit im Haushalt leben, und im Fall der Bedeutung Gesinde, nicht denselben rechtlichen Status haben wie der Haushaltsvorstand. Der Begriff kann aber gleichermaßen auch allgemein Dorfbewohner meinen.1327 Letzteres kommt jedoch, weil eindeutig zwischen den Hausgenossen und denjenigen, welche diese haben, unterschieden wird, hier nicht infrage. So ergibt sich aus dem Wortlaut, dass die als man bezeichneten Gemeindemitglieder den Hausgenossen gegenüber weisungsberechtigt gewesen sein müssen. Sie hatten durchzusetzen, dass sich die Hausgenossen nicht schädlich gegenüber den ortsherrlichen Interessen verhielten. Tatsächlich könnte es sich somit um dem Haushaltsvorstand unterstehendes Gesinde handeln, welches jedoch nicht zur Gemeinde gehörte. Nun ist wiederum zu prüfen, inwiefern sich aus den Regelungen von 1436 überhaupt noch ein städtischer Charakter Herbslebens ableiten lässt. So bleibt erneut festzustellen, dass der Ort 1436 nur als Dorf bezeichnet wird und der Landgraf auch ausdrücklich eine Dorfordnung/-satzung erließ. Desweitern werden die Bewohner mehrfach als nackebuwern bezeichnet.1328 Dieser Begriff wird bereits im Sachsenspiegel verwendet, um die Mitglieder eines dörflichen Rechtsbereiches zu bezeichnen.1329 Jedoch findet dieser Begriff ebenfalls im Zusammenhang mit Stadtbewohnern Anwendung und meint dann wiederum einen vollberechtigten Bürger einer Stadt, welcher einer durch die Bewohner eines Wohnviertels oder eines Straßenzuges gebildeten Gemeinschaft im Sinne einer Nachbarschaft angehörte. Weiterhin kann er Ortsansässiger, Gemeindeangehöriger oder Mitbürger bedeuten.1330
1325 1326 1327 1328 1329 1330
SPIESS: Lehnswesen, S. 24. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. DRW V, Sp. 406-410. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4. Font. iur. N. S. 7, 1, S. 465 u. 7, 2, S. 824f. DRW IX, Sp. 1123 u. 1126. QUIRIN: Herrschaft und Gemeinde, S. 72. DRW IX, Sp. 1124. Zur Bauernschaft als Nachbarschaftliche Organisationsform in Städten vgl. ROGGE: Viertel, Bauer, Nachbarschaften, S. 231f.
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Die Begriffsbedeutung lässt sich möglicherweise am ehesten anhand der Regelung bezüglich der Hausgenossen erkennen. So kann nackebuwer wiederum auch für vollberechtigte bäuerliche Grundbesitzer mit Nutzungsrechten in der Allmende und Dingpflicht verwendet werden. Dieser wird von den minderberechtigten Dorfbewohnern ohne Dingpflicht, Nutzungsrecht und ohne Grundbesitz unterschieden.1331 Damit würde es sich dann, falls die oben genannten Hausgenossen hier tatsächlich als Gesinde zu verstehen sind, bei den genannten man, von welchen diese abhängig waren, um die Mitglieder der Dorfgenossenschaft handeln, welche die Rechtskörperschaft der Gemeinde bildeten.1332 Demzufolge meint nackebuwer im Fall der Bewohnerschaft Herbslebens mit einiger Wahrscheinlichkeit den vollberechtigten Dorfbewohner. Es deutet sich anhand dieser Feststellungen an, die Ordnung von 1436 tatsächlich als eindeutige Dorfordnung zu verstehen. Damit gehörte Herbsleben in dieser Zeit aus verfassungshistorischer Sicht eindeutig in den dörflichen Bereich. Auch gelang es gerade im Spätmittelalter einigen Dorfgemeinden durchaus, gewisse Herrschaftsbefugnisse, wie etwa das Zwing-, Bann- oder Niedergericht und auch das Abgabenwesen unter ihre Kontrolle zu bringen.1333 Auch die Wahl der Heimbürgen und Vorsteher durch die Gemeinde, wie sie im Privileg von 1387 durch Landgraf Balthasar bestätigt wurde, ist in spätmittelalterlichen Dörfern nicht unüblich. Das Brau- und Schankrecht, welches seit 1378 in Herbsleben nachweisbar ist, konnte sich ebenfalls in der Hand dörflicher Gemeinden befinden. Ebenso können Dörfer eine ausgeprägte Selbstverwaltung aufweisen.1334 Damit scheint Herbsleben spätestens zwischen 1425 und 1436 wieder auf den Status eines Dorfes zurückgesunken zu sein. Ob dieses geschah, weil die landgräflichen Ortsherren kein Interesse an einer Stadt Herbsleben hatten oder aber anderweitigen Einflüsse, wie beispielsweise eine negative wirtschaftliche Entwicklung, dafür verantwortlich waren, ist nicht zu erkennen. Lediglich ist an dieser Stelle erneut darauf zu verweisen, dass der Ort im Jahr 1425 oder unmittelbar davor durch einen Brand erheblichen Schaden genommen hatte.1335 Auffällig bleibt jedoch nach wie vor, dass die Landgrafen bis auf die Ausnahme von 1425, als Herbsleben in dem in diesem Jahr ausgestellten Privileg als Flecken genannt worden ist,1336 bestrebt waren, gegenüber den Bewohnern den Ort als
1331 1332 1333 1334 1335 1336
DRW IX, Sp. 1123. Vgl. KROESCHELL/CORDES: Art. Bürger, Sp. 739. BADER: Art: Dorfgenossenschaft, Sp. 1277. BADER: Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, S. 366f. BADER: Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, S. 348f., 363-366 u. 373. Vgl. oben. Vgl. Kap. II.5.5.2.
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Dorf zu bezeichnen. Wenn 1425 der Ort auch nach innen und somit auch in Richtung der Bewohner als Flecken bezeichnet werden konnte, ist dieses wiederum gegenüber den Nennungen als Stadt von 1369 und 1404, welche vor landgräflichen Standesgenossen und somit nach außen erfolgten, kein Ausdruck einer rückläufigen Entwicklung. Vielmehr deutet sich damit eine Veränderung gegenüber den ebenfalls für den Ort bestimmten Privilegien von 1387 und 1391 an. Insofern könnte wiederum angenommen werden, im Jahr 1425 habe Herbsleben einen Zustand erreicht, durch welchen es nicht mehr möglich war, dass der Ortsherr in einem für die Bewohner bestimmten Privileg ausschließlich von Dorf sprechen konnte. Allerdings wird in diesem Privileg neben Flecken auch der Begriff Dorf benutzt. Zum Teil werden beide direkt nebeneinander gebraucht. So heißt es an einer Stelle: In unserm flecke unsers dorffes Herbisleiben. Nur wenige Zeilen weiter ist nur von unses fleckis die Rede, während wiederum kurz danach an dem dorfe unsers fleckis Herbisleiben zu finden ist. Des Weiteren kann auch nur Dorf alleine stehen.1337 Mit Flecken werden in der Regel Orte bezeichnet, welche sich über ein Dorf hinaus entwickelt haben und als Siedlungsform zwischen Dorf und Stadt liegen. Diese Orte können in ihrer äußeren Erscheinung, aber auch ihrer Verfassung den Kleinstädten ähnlich sein. So kann es sich um gefreite Dörfer handeln, welche über einzelne städtische Rechte wie etwa die Niedergerichtsbarkeit verfügten.1338 Herbsleben wiederum scheint wegen der gleichzeitig möglichen Bezeichnung als Dorf und Flecken in der Urkunde von 1425 dennoch eher als dörflich anzusehen zu sein und wäre dann nur durch einige wenige städtische oder nichtdörfliche Eigenschaften über den Status eines Dorfes hinausgehoben.1339 Gleichwohl werden die Bewohner von Tennstedt, Herbsleben und Brücken in der Urkunde von 1404 als Bürger bezeichnet,1340 woraus wiederum abzuleiten wäre, dass Teile der Herbslebener Gemeindemitglieder in dieser Zeit auch annähernd den Status eines städtischen Bürgers erreicht haben könnten. In der Urkunde von 1425 werden die Gemeindemitglieder wiederum an einer Stelle ebenfalls als nackeburen – bäuerliche Genossen1341 bezeichnet.1342 Deshalb ist auch hier anzunehmen, dass die Gemeinde als solche kaum den Status einer städtischen 1337 1338 1339 1340 1341 1342
ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. EHBRECHT: Art. Flecken, Sp. 539. DRW III, Sp. 568. LIEBHART: Zwischen Dorf und Stadt, S. 279-304. Bereits Heinz Stoob ordnete die als Flecken bezeichneten Siedlungen eher dem dörflichen Bereich zu. (STOOB: Minderstädte, S. 24f.). Und wir haben auch daruff unser voigte mann und burger derselben Slosze und stete[…] (Lebensund Helden-Geschichte des Glorwürdigsten, S. 49.). Vgl. oben. Ouch haben wir yn dy gnade getqan, was ire winschencke von getrencke von des fleckis wegen den nackeburen daselbs vorborgete,[…] (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3.).
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Bürgerschaft erreicht oder diesen Status schon wieder eingebüßt hatte. Möglich ist außerdem, dass dieser Begriff 1404 gebraucht werden konnte, weil Herbsleben urbane Merkmale aufwies, welche nicht zwangsweise rechtlicher Natur gewesen sein müssen. Diese typischen städtischen Merkmale oder vielleicht auch nur ein einzelnes führten dann dazu, dass der hieraus resultierende städtische Charakter auf die Bewohner projiziert worden ist und sie deshalb als burger bezeichnet werden konnte. Gleichzeitig kann die Verwendung des Begriffs von Bürger in Verbindung mit Stadt aber auch auf andere Umstände zurückgeführt werden: So ist ein nahezu floskelhafter Gebrauch dieses Begriffspaars nicht grundsätzlich auszuschließen. Oben ist darauf verwiesen worden, dass die Verwendung des Begriffes Stadt in der Urkunde von 1404, wohl dazu diente Herbsleben aufzuwerten.1343 Der Verwendung von Stadt, so ist zu vermuten, musste dann auch der Begriff Bürger als Bezeichnung der Einwohner folgen, ohne dass hieraus etwas hinsichtlich eines tatsächlich bestehenden Rechtsstatus als Bürger abzuleiten ist. Prinzipiell deutet sich für Herbsleben an, dass der Ort sehr wohl, wie die Stadtnennungen von 1369 und 1404 beweisen, ein gewisses Maß an Urbanität, wenn dieser Begriff als städtisch zu verstehen ist oder wenigstens einen städtischen Charakter bezeichnet, erreicht hatte. Gleichwohl lässt sich eine Stadterhebung nicht nachweisen und eine städtische Verfassungsstruktur blieb dem Ort gleichfalls verwehrt. Allerdings bestand für die Gemeinde eine eigenständige Gerichtsbarkeit und auch konnte sie sich relativ unabhängig von der Burgbesatzung verwalten.1344 Damit deutet sich dennoch sehr wohl an, dass sich die Gemeinde bis zu einem gewissen Grad gegenüber den ortsherrlichen Vertretern in der Burg und damit auch dem Ortsherrn emanzipieren konnte. Maßgebliche Voraussetzung hierfür dürfte die Erteilung des Marktrechtes von 1331 sein. In der Folge scheint der Ort, wie sich aus dem Vorhandensein eines Kaufhauses andeutet, zunächst auch eine wirtschaftlich günstige Entwicklung genommen zu haben, welche wiederum Einfluss auf das Selbstverständnis der Gemeindemitglieder gehabt haben dürfte. Gleichzeitig konnte aber auch gezeigt werden, dass der Übergang gewisser herrschaftlicher Rechte an die Gemeinde gerade im Spätmittelalter auch für Dörfer möglich war.
1343 1344
Vgl. Kap. II.5.5.2. Vgl. oben.
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5.5.4 Die Ortsbefestigung – Herbsleben als wirtschaftlicher Mittelpunkt Das 1425 erteilte landgräfliche Privileg ist über den bisher schon besprochenen Inhalt hinaus von weiterem Interesse. So gibt es einen bemerkenswerten Einblick in die Rechte sowie den Charakter des Ortes und enthält darüber hinaus Hinweise zu einer Ortsbefestigung. Noch im ersten Teil der Urkunde wird recht summarisch über Baumaßnahmen berichtet, welche, wie oben erwähnt, im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Ortes nach einer Brandkatastrophe stehen. Demgegenüber wird an späterer Stelle unter anderem bestimmt: was sy [die Gemeinde] also von dem schencken fremden getrenckis in irem keller gewynnen das sullen sy vorbuwen und anlegen an thorhuser, bergfriede, wende und ander des dorffes gebuwde zu buwen und zu bessern.1345 Dass es sich hierbei nicht um an der Befestigungsanlage der Burg durchzuführende Baumaßnahmen handelt, wird vor allem im letzten Teil dieses Satzes deutlich, welcher eindeutig von Gebäuden des Ortes spricht. Schon durch den von Landgraf Balthasar gestützten Bau der Wasserleitung hatte der Ort eine Aufwertung erfahren und auch durch seine Befestigung war er aus den Dörfern der Umgebung herausgehoben. Eine Ortsbefestigung muss durch den jeweiligen Landesherren genehmigt worden sein und falls ihre Errichtung durch die Landgrafen erfolgte, spricht dieses ebenfalls für ein besonderes Interesse ihrerseits am Ort. Sollte Herbsleben schon unter der hennebergischen Herrschaft oder unter Balthasar befestigt worden sein, so ist die Urkunde von 1425 Ausdruck dafür, dass Friedrich wiederum an einem Erhalt der Ortsbefestigung gelegen war und er für diesen Zweck auch bereit war, Einkünfte aus dem Ort an die Gemeinde abzutreten. Von der Ortsbefestigung selbst ist nichts mehr vorhanden. Auskunft über das Aussehen der Befestigung gibt erstmals eine Flurkarte von 1608, auf der Herbsleben als ummauert eingezeichnet ist.1346 Im Privileg von 1425 werden Baumaßnahmen an Torhäusern, Bergfrieden und Wänden aufgezählt.1347 Damit handelt es sich um eine Befestigung, welche neben Mauern und Toren auch Türme hatte oder vorsah. Erkennbar ist auf der Flurkarte von 1608 eine von der Nordostecke nach Süden um den Ort bis zur Nordwestecke verlaufende Mauer. Ob sie auch im Norden bestand, ist nicht zu sehen. So könnte hier wegen der natürlichen Befestigung durch den an der Nordostecke von der Unstrut abzweigenden Mühlengraben auf 1345 1346 1347
ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. Eine Nachzeichnung der Flurkarte von 1608 aus dem Jahr 1729 befindet sich im Staatsarchiv Gotha: LATh-StA Gotha Bestand Herbsleben, Loc. 40, Nr. 22. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3.
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eine solche verzichtet worden sein. Nördlich des Mühlengrabens verlief die Unstrut in einem Bogen etwa zur Nordwestecke Herbslebens und vereinigte sich dort wieder mit dem Mühlgraben. Deshalb waren dem Ort hier zwei Gewässer vorgelagert, welche Herbsleben nach Norden schützen konnten. Jedoch verzeichnet noch der Plan von Herbsleben aus dem Jahr 1822 westlich der Burg entlang der heutigen Grünen Gasse bis zur Kirchgasse eine Befestigung,1348 während deren weiterer Verlauf bis zur Nordwestecke des Ortes nur vermutet werden kann.1349 Durchbrochen war die Befestigung von mindestens vier Toren. Die Hauptstraße betrat von Westen als Vargulaer Weg den Ort durch das Obertor, verlief über den Markt an der Burg vorbei nach Osten zum Niedertor und verließ hier den Ort, um sich außerhalb in den nach Südosten führenden Erfurter Weg und den nach Osten führenden Gebeseer Weg aufzuspalten. Im Süden gab es zwei weitere Tore, wovon eines die vom Markt kommende Straße aufnahm, welche außerhalb des Ortes als Fahnerweg nach Süden führte. Westlich davon gab es noch eine Pforte, durch welche der von der Burg kommende Weg den Ort verließ. Sollte der Ort auch im Norden mit einer Umwehrung befestigt gewesen sein, ist es durchaus wahrscheinlich, dass es dort noch ein weiteres Tor oder eine Pforte gab, durch welche ein Weg nach Norden zu den zur Burg gehörigen Besitzungen zwischen Mühlgraben und Unstrut führte.1350 Zusätzliche Türme sind in der Abbildung des Ortes von 1608 nicht erkennbar1351 und die Tore dürften die einzigen Türme gewesen sein. Über das Material der Befestigung gibt ein noch 1822 im Westen des Ortes haftender Flurname „Haarwand“ Auskunft.1352 Von einer steinernen Mauer ist demzufolge eher nicht auszugehen, sondern die Befestigung bestand bis auf die steinernen Tortürme wohl aus einer Flecht-Tierhaar-Lehmwand. Deren Anlage dürfte mit den zu bauenden oder den auszubessernden wende in der Urkunde von 1425 korrespondieren.1353 Im Falle der Errichtung beziehungsweise Ausbesserung einer steinernen Mauer wäre möglicherweise auch mit einer entsprechenden Bezeichnung zu rechnen gewesen.1354 Zusätzlich zu dieser Mauer umgab den Ort wenigstens im Süden 1348 1349 1350 1351 1352 1353 1354
Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. Wolfer (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). Vgl. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Vgl. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Flurkarte von 1608. (LATh-StA Gotha Bestand Herbsleben, Loc. 40, Nr. 22.). Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. Wolfer (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. So nennt das Privileg Landgraf Wilhelms für Tennstedt aus dem Jahr 1448 Mauern als Stadtbefestigung, welche aus Stein errichtet wurden. (TOPPIUS: Tennstedt, S. 22f. Vgl. auch: Kap. II.2.6.3.). Zwischen dem Begriff Mauer und Wand bestand ein grundlegender
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und Osten ein Graben, welcher an den Toren mit Brücken überwunden wurde.1355 Damit stellt sich die Frage, inwiefern diese Umwehrung des Ortes auch ausreichend war, um den Ort als befestigt zu bezeichnen, beziehungsweise inwiefern die umgebende Holz-Tierhaar-Lehmwand überhaupt befestigenden Charakter hatte. Auskunft über wenigstens rudimentäre Verteidigungs- und Befestigungsfunktionen dieser Haarwand gibt wiederum ein Bericht aus dem Jahr 1626: Am 19. Juni dieses Jahres schlossen die Bewohner alle Tore des Ortes, um zu verhindern, dass sich Truppen in Herbsleben einquartierten. Als daraufhin einer der Wagenmeister dieser Truppen versuchte, bei einem der Tore ein Loch in die Wand zu schlagen, wurde er durch die sich verteidigenden Bewohner niedergeschossen, und auch an anderer Stelle wehrten sich die Herbslebener erfolgreich gegen Versuche der Soldaten, in den Ort einzudringen.1356 Gleichzeitig verweist dieser Bericht jedoch auf einen nicht unerheblichen Schwachpunkt dieser Art der Befestigung. Mit einfachsten Mitteln konnte sie zerstört werden und eine intensive Verteidigung war notwendig, um dieses im Angriffsfall zu verhindern. Die Verteidigung des Ortes lag zu diesem Zeitpunkt in der Hand der St. Sebastian Bruderschaft – einer Schützenbruderschaft oder -gilde. Erstmals in den Quellen tritt sie in einem Kirchenvisitationsprotokoll von 1540 entgegen, in welchem auch die Einkünfte der Bruderschaft vermerkt worden sind. 1357 Nach Bernd Rießland kommt als Gründungszeit der Bruderschaft die Zeit um 1380 infrage, und er beruft sich dabei wohl auf die Ausführungen von Heinrich Zeyß.1358 Letzterer gibt ebenfalls diesen Zeitraum an, teilt jedoch nicht mit, woher er diese Information bezieht. Prinzipiell ist eine Gründung im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts nicht auszuschließen. In den Städten auf deutschem Gebiet sind gerade im 14. Jahrhundert eine große Zahl solcher Gemeinschaften gegrün-
1355
1356 1357 1358
terminologischer Unterschied. So bezeichnete Mauer eher einen Steinbau, während Wand für Lehm-/Holzbauten verwendet worden ist. (Grimms Wörterbuch 27, Sp. 1476 u. 1478.). Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. WOLFER, (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. ZEYSS: Herbsleben, S. 101. ZEYSS: Herbsleben, Anhang III, S. 266f. Woher Rießland seine Informationen bezieht, gibt er nicht an. (RIESSLAND: Herbsleben. S. 20.).
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det worden. Gleiches gilt jedoch auch für das 15. Jahrhundert. Gründungen erfolgten ebenfalls noch im 16. Jahrhundert.1359 Die St. Sebastian Bruderschaft soll zunächst 50, später 85 Schützen umfasst haben.1360 Solche Schützenbruderschaften waren im Mittelalter die Vereinigung der städtischen Armbrust- und später auch Handbüchsenschützen mit einer eigenen Schützenordnung.1361 Sollte der nicht weiter nachweisbare Gründungszeitraum um 1380 den Tatsachen entsprechen, wäre dies ein Hinweis darauf, dass sich die Bewohnerschaft Herbslebens ihrem „Handwerk“ entsprechend durchaus in Innungen organisieren konnte. Handwerksinnungen selbst sind in Herbsleben jedoch erst ab dem 18. Jahrhundert nachweisbar. Auch gründete sich eine Leinweberinnung erst 1791.1362 Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich wenigstens die Bäcker und Fleischer schon im 14. Jahrhundert in Zünften organisiert haben könnten. Über das Alter der Befestigung an sich war bisher nichts auszusagen. Es deutet sich zunächst aber anhand des Wortlautes der Urkunde von 1425 an, dass damals entweder die gesamte oder wenigstens Teile der Ortsbefestigung schon bestanden. Von Interesse ist hierbei außerdem die schon besprochene Urkunde von 1403, mittels welcher Landgraf Balthasar seinem Knecht und Almoser Hans Geylenhusen einen Siedelhof mit in und bei Herbsleben gelegenem Grundbesitz überträgt. Dabei wird Hans Geylenhusen von Geschoss, Landbede und Wache befreit.1363 Von besonderem Interesse ist hierbei die Erwähnung eines Wachdienstes, welcher offensichtlich allgemein üblich war und der wenigstens auf die Existenz einer den Ort sichernden Befestigung hindeutet. Damit wäre eine wenigstens schon in Teilen an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert vorhandene Befestigung anzunehmen. Sie könnte somit tatsächlich im Zusammenhang mit dem Vorschieben des Erfurter Einflusses in den Raum Herbsleben zusammenhängen. Eine schon im 14. Jahrhundert bestehende Befestigung des Ortes könnte wiederum erklären, warum Herbsleben trotz einer bisher nicht nachweisbaren städtischen Verfassung in den Urkunden von 1369 und 1404 als Stadt bezeichnet wurde.1364 Mit der bestehenden Befestigung verfügte der Ort über ein sichtbares städtisches Merkmal.1365
1359 1360 1361 1362 1363 1364 1365
HARNISCHFEGER: Schützengesellschaften, S. 81-214. ZEYSS: Herbsleben, S. 71. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 455. ZEYSS: Herbsleben, S. 65, Anm. 2. Vgl. oben, Kap. II.5.5.3. Vgl. Kap. II.5.5.2. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 26f. ISENMANN: Stadt des Spätmittelalters, S. 17 u. 48-50. HAASE: Stadt als Festung, S. 384f.
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Ahmte schon die Ortsbefestigung eine Stadtbefestigung und somit ein wichtiges Element einer mittelalterlichen Stadt nach, findet sich im Privileg von 1425 ein weiteres eher Städten vorbehaltenes Recht.1366 Neben der Bestätigung des Schenkenkellers und des ewigen Rechts fremde Weine und Bier ausschenken zu dürfen, werden Abgaben von jedem Fuder Wein, in selbis in der flurmarcke gewachsen und von eyme fuder biers daselbis zu herbisleiben gebruwet, erhoben.1367 Im Gegensatz zum Flecken Ufhoven,1368 welcher, weil er innerhalb der Langensalzaer Bannmeile lag, in seiner Schenke Bier aus Langensalza ausschenken musste,1369 besaß Herbsleben demzufolge das Braurecht und ihm stand die Brausteuer zu, welche in seinem Fall für die Befestigung aufzuwenden war. Auch die Gemeindeschenke 1370 oder besser der „Fleckskeller“ 1371 mit weitreichenden Rechten könnte den Stadt- beziehungsweise Ratskeller als städtische Einrichtung nachahmen. Die Schenke des Ortes dürfte spätestens seit der Abfassung des markgräflichen Registers von 1378 bestanden haben und auch über das Recht, Bier zu brauen, verfügte die Gemeinde schon in dieser Zeit. Hier heißt es: Item de propinacione cervisie et vini et braxatura 15 talenta magis vel minus, de uno vase vini 5 solidos et de 8 urnis cervisie 40 denarios, eciam de braxatura 1 solidum.1372 Dabei wurde in der etwas später entstandenen Handschrift B1373 nach urnis cervisie über der Zeile cervisie Erfordensis hinzugefügt.1374 Letzteres deutet darauf hin, dass wenigstens zeitweise Erfurter Bier in der Gemeindeschänke ausgeschenkt worden ist. Ob damit der Ort auch zur Erfurter Bannmeile gehörte, ist nicht zu erkennen, scheint aber schon wegen des Heranreichens des Erfurter Territoriums bis in die unmittelbare Umgebung Herbslebens nicht ausgeschlossen.1375 Auch könnte dieses ein Relikt aus der Zeit zwischen 1351 und 1354 sein, als die Herren von Herbsleben mit der Stadt Erfurt verbündet waren. Das markgräfliche Register nennt noch eine weitere Einrichtung, welcher eher in Städten anzutreffen ist. So werden hier Abgaben aus einem als domum forensis 1366 1367 1368 1369 1370
1371 1372 1373 1374 1375
HELBIG: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 24. ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3. Zur Bezeichnung als Flecken exempl.: StadtA Bad Langensalza Abt. II, V, A, Nr. 1 u. 2. GÖSCHEL: Chronik 2, S. 100. Die Schenke befand sich an der Nordseite des Marktplatzes, während sich das Brauhaus unmittelbar westlich der Burg befand. Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. Wolfer. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.) An einer Stelle der Urkunde von 1425 lautet der Text: an irem fleckis keller. (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 3.). Registrum XVIII, 13. Vgl. hierzu Kap. II.2.6.2. Registrum dominorum Marchionum Missnensium S. 50, Anm. i. Zum Erfurter Landgebiet und Einfluss vgl. LASS: Städtische Burgen, S. 106-108.
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bezeichneten Markt- beziehungsweise Kaufhaus aufgelistet, zu welchen darüber hinaus ebensolche von den Fleischbänken und Brotverkäufen erwähnt werden.1376 Gerade das erwähnte Kaufhaus ist eine Einrichtung, welche eher in Städten anzutreffen ist. Bemerkenswert ist des Weiteren, dass ein solches weder für Thamsbrück noch für Schlotheim noch für Tennstedt nachweisbar ist. Lediglich im Langensalzaer Rathaus wurden in einem speziellen Verkaufsraum Tuche verkauft. Ein Kaufhaus diente in Städten als Lager und Warenauslage. Darüber hinaus war es für den Stadtherrn von enormer fiskalischer Bedeutung. Es war der Ort des Stapelzwanges für fremde Kaufleute. Hier wurden Verkehrs- und Verbrauchssteuern erhoben. Eine vorhandene Waage war Voraussetzung für die Zollerhebungen. Letztendlich war das Kaufhaus das Zentrum des städtischen Wirtschaftslebens und insbesondere im Zusammenhang mit Fernhandel von Bedeutung.1377 Gerade die fiskalische Bedeutung des Herbslebener Kaufhauses wird im markgräflichen Register ersichtlich. Von den Fleischbänken, den Brotverkäufen und vom Kaufhaus war jährlich ein Betrag von etwa sechs Talenten als Abgabe an den landgräflichen Ortsherrn zu zahlen.1378 Der Betrag von sechs Talenten, welcher 1440 Pfennigen entsprach,1379 erscheint zunächst nicht gering und verweist darauf, dass die Einnahmen aus Fleischbänken, Brotverkäufen und dem Kaufhaus nicht unerheblich waren.1380 Dass ein Stapelzwang für eingeführte Güter fremder Kaufleute bestand, lässt sich nur ableiten, ist aber nicht nachweisbar. Auch besteht durchaus die Möglichkeit, dass hier ein spezielles, für den Export bestimmtes Gut verkauft wurde. So waren in Langensalza die Verkaufsräume im Rathaus ausschließlich Mitgliedern der Langensalzaer Tuchmacherinnung vorbehalten, welche hier ihre Tuche verkauften.1381 Da Tuchhandel beziehungsweise -produktion in Herbsleben nicht nachweisbar ist, könnte es sich dann bei diesem speziellen, im Kaufhaus verkauften Produkt um den bereits zu Ballen weiterverarbeiteten Waid handeln. Damit wäre Herbsleben einer der Waid produzierenden 1376
1377 1378 1379 1380
1381
Item de maccellis, de domo forensi et de vendicione panum 6 talenta michaelis et Walpurgis magis vel minus seu super quartuor temporibus. (Registrum XVIII, 12.). Vgl. Auch HS C, in: Registrum dominorum Marchionum Missnensium, Anm. g zu Nr. XVIII, 12: …fleischbencken, von dem marckthausz, von brotverkeuffgunge… ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 111f. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 55. NAGEL: Kaufhaus, S. 65f. Registrum XVIII, 12. KAHNT/KNORR: Alte Maße, S. 308 u. 220. Ein Vergleich mit anderen im Registrum aufgelisteten Orten ist deshalb vorerst unmöglich, weil ein Kaufhaus ansonsten im Register nicht erwähnt wird. (Vgl. die Einzelangaben im: Registrum I-LXXII.). Vgl. Kap. II.4.6.4 u. II.4.7.1.
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und weiterverarbeitenden Orte, welche entweder ein übergeordnetes regionales Waidhandelszentrum, wie etwa Erfurt oder vielleicht aber auch die Nachbarstädte Tennstedt und Langensalza1382 bediente, beziehungsweise über den Jahrmarkt das Produkt selbst an Fernhändler weiterveräußerten. Die ergänzenden Artikel zur Erfurter Geleitstafel von 1441, mittels welcher die Regelungen zu Streitfällen bezüglich des Geleites dokumentiert wurden, erwähnen mehrfach auch ein Geleit zu Herbsleben. Diese als Artikel bezeichneten Streitfallregelungen sind zwar erst nach 1477 und vor 1511 entstanden,1383 geben jedoch einen Einblick in die Rolle Herbslebens als Geleitsort und Wegstation für Fuhrleute sowie Aufschlüsse hinsichtlich der über Herbsleben transportierten Waren. So wird Herbsleben als eine Geleitstation genannt, über welche die Fuhrleute, die Wein aus Franken nach Norden über die Sachsenburgen transportierten, versuchten das Erfurter Geleit zu umgehen. Ähnlich gelagert ist die Situation beim Salztransport. Hier begründeten die Fuhrleute das Umfahren Herbslebens mit dem Umstand, dass sie in Erfurt wie auch in Herbsleben das gleiche Geleit zu entrichten hatten. Dieses wiederum wurde nicht gestattet und die Transporte hatten immer über Erfurt zu fahren. Des Weiteren erscheint Herbsleben als eine Wegstation für Fuhrleute, welche aus Sachssen und der Marck nach Südwesten fahren. Die Strecke geht dabei über Sangerhausen oder Weißensee, dann über Herbsleben und von hier aus weiter nach Gotha. Auch hier wird wiederum verfügt, die Fuhrleute hätten grundsätzlich über Erfurt zu fahren.1384 Dieses deutet wenigstens daraufhin, dass der Weg über Herbsleben gegenüber dem über Erfurt der bequemere und vielleicht auch der direktere war, um Thüringen von Südwesten nach Nordosten und umgekehrt zu durchqueren. Die Fuhrleute scheinen, worauf die Streitigkeiten hindeuten, diesen Weg auch in der Vergangenheit durchaus häufig genutzt zu haben. Dieser durch Herbsleben kommende Fernverkehr hatte wiederum weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen für den Ort. Einerseits brachten die durchfahrenden Fuhrleute dem Ort Umsatz ein, andererseits könnte dieser Umstand eine weitere Erklärung für die Existenz eines Kaufhauses liefern.
1382
1383 1384
Zur Funktion Tennstedts als Ausgangspunkt für Fernhandel mit Waid vgl. Kap. II.2.6.2. Bezüglich Langensalza vgl. Kap. II.4.6.4, zu Erfurt vgl. MÄGDEFRAU: Waid- und Tuchhandel, S. 133-138. HEINEMEYER: Zum Erfurter Geleit, S. 50-59 u. 62-105. Erfurter Geleitstafel von 1441, GT 5: Artikel 2: StadtA Erfurt 2-210/1, fol. 9v. HEINEMEYER: Zum Erfurter Geleit, S. 88.
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Die Geleitsordnung für das Amt Herbsleben von 1554 nennt als Durchfuhrgüter unter anderem unverarbeitetes Metall, Bast, verarbeiteten Waid, Fisch, Gewänder, Holz, Salz und Vieh.1385 Die Geleitstafel von 1554 führt nahezu dieselben Handelsgüter wie die Ordnung auf, nennt aber zusätzlich beispielsweise Ballenwaid und unverarbeiteten Waid sowie Salza aus Frankenhausen.1386 Oben ist darauf verwiesen worden, dass in den Kaufhäusern der Stapelzwang erfolgte. Hier hatten die durchfahrenden Händler ihre Waren zeitweise auszulegen. Ist dieses auch für Herbsleben zutreffend, wäre das Kaufhaus wiederum nicht nur der Ort eines möglichen Waidhandels, sondern auch der Ort, an dem weitere Fernwaren aus dem fränkischen und dem sächsischen Raum ständig angeboten wurden. Insofern könnten neben dem Waid auch andere Fernhandelsprodukte wie etwa Wein aus Franken oder aber Salz im Kaufhaus gehandelt worden sein. Deutlich wird dieses zumindest für Wein und Bier möglicherweise daraus, dass die Geleitsordnung von 1554 Wein und Bier im Zusammenhang mit Herbsleben erwähnt. Hier heißt es zum Wein: Wein, der im lande Dhüringen gewachsen ist, desgleichen frembder Wein, der zu Herbsleben oder in der selben Jegeheit pleibt und nicht ferner gefurth wirder, gibt zwen Groschen von einem Wagen und ein groschen von einem Karren. Eine vergleichbare Formulierung findet sich weiterhin nur für das Bier.1387 Damit werden Wein und Bier als in Herbsleben ausgelegte Waren sichtbar. Außerdem wird erkennbar, dass Herbsleben auch noch im 16. Jahrhundert in einer größeren Waidanbauregion lag. So wird verfügt, dass vom Waid, welcher um Herbsleben wächst und welcher hier aufgeladen wird, solle, sofern die Geleitsstelle zu Herbsleben passiert wird, in Herbsleben und nicht in Erfurt das Geleit bezahlt werden.1388 Wahrscheinlich scheint, dass letztendlich ein nicht unerheblicher Teil der in den Geleitstafeln aufgeführten Güter auch im Kaufhaus angeboten worden ist, der Ort damit die Versorgung des Umlandes mit allen wesentlichen Gütern übernahm und Herbsleben dadurch in unmittelbarer Konkurrenz zum benachbarten Bad Tennstedt stand. Im Kaufhaus erfolgte darüber hinaus die Lagerung städtischer Vorräte und außerdem wurden hier auch lebensnotwendige Waren verkauft, um jederzeit den Bedarf an Waren des täglichen Bedarfs zu decken.1389 Da das markgräfliche Register
1385 1386 1387 1388 1389
STRAUBE: Geleitswesen, Tl. 4: Geleitsordnungen – Editionen, Nr. 37a. STRAUBE: Geleitswesen, Tl. 4: Geleitsordnungen – Editionen, Nr. 37b. STRAUBE: Geleitswesen, Tl. 4: Geleitsordnungen – Editionen, Nr. 37b. Vgl. auch: Original: LATh-HStA Weimar Reg. B 23 937, fol. 59a-61b. STRAUBE: Geleitswesen, Tl. 4: Geleitsordnungen – Editionen, Nr. 37b. Vgl. auch: Original: LATh-HStA Weimar Reg. B 23 937, fol. 59a-61b. NAGEL: Kaufhaus, S. 66.
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die Abgaben aus den Fleischbänken, den Brotverkäufen und dem Kaufhaus zusammen auflistet,1390 könnte dieses auch hier angenommen werden. Jedoch werden die ersten beiden nicht direkt dem Kaufhaus zugeordnet, sondern sind zusätzlich zu den Abgaben aus dem Kaufhaus vermerkt. Daraus wiederum ließe sich ableiten, dass im Kaufhaus außer dem Waid tatsächlich ein oder mehrere weitere Produkte verkauft worden sein könnten. Da Brot und Fleisch ständig verfügbar sein mussten, könnte wiederum angenommen werden, dass innerhalb des Ortes eine arbeitsteilige Gewerbe- beziehungsweise Produktionsstruktur vorhanden war. Gehandelt wurden diese Produkte dann möglicherweise zur Versorgung von Einwohnern, welche selbst keine Grundnahrungsmittel dieser Art produzierten, sondern einem Gewerbe nachgingen, aus welchem eine Selbstversorgung mit den elementaren Nahrungsmitteln nicht möglich war. Schon in den Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt von 1440/43 werden die Abgaben aus dem Kaufhaus, von den Fleischbänken und den Brotverkäufen nicht mehr erwähnt, während beispielsweise die Abgabe aus dem Geleit oder aber das Waidgeld beziehungsweise das Schankrecht auch bei Thomas von Buttelstedt genannt werden.1391 Auszuschließen erscheint hierbei, dass die Abgaben verpfändet waren, da dieses in den Aufzeichnungen in der Regel vermerkt ist.1392 Demzufolge scheint das Kauf- beziehungsweise Markthaus zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr vorhanden gewesen sein. Herbsleben könnte demzufolge schon im 15. Jahrhundert seine Bedeutung als Marktort zugunsten einer der umliegenden Städte eingebüßt zu haben. Wochen- und Jahrmarkt selbst bestanden jedoch noch bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts weiter und gingen erst dann ein. 1393 Des Weiteren sind die Fleischbänke auch noch in der nachmittelalterlichen Zeit vorhanden1394 und es ist auffällig, dass trotz weiter bestehendem Markt und noch vorhandener Fleischbänke keinerlei dahingehende Abgaben bei Thomas von Buttelstedt genannt werden. Auch die Abgaben aus der Braugerechtigkeit werden nicht mehr erwähnt, obwohl das Brauhaus noch im 19. Jahrhundert vorhanden gewesen sein muss.1395 Deshalb ist auch unklar, was daraus zu schlussfolgern ist, dass die entsprechenden 1390 1391 1392
1393 1394 1395
Vgl. oben. Registrum XVIII, 14 u. 16. Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 443. Item primo gibt das dorff das yars 12 lotige marg jarrente, die sind versaczt nemlich: item 6 marg sind versaczt dem closter zu senct mertin im Bruel zu Erffurd…, item ern Caspar Konige 6 margk zu liben;[…]. (Die Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt, S. 442.). BECK: Geschichte 3,1, S. 352. Vgl. ZEYSS: Herbsleben, S. 66, Anm. 3. Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. Wolfer. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). Außerdem Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9.
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Abgaben bei Thomas von Buttelstedt nicht mehr genannt werden, beziehungsweise ob aus einer Nichtmehrnennung auch eine Nichtmehrexistenz abgeleitet werden kann. Insofern ist nicht auszuschließen, dass auch das Kaufhaus weiterhin bestand, während die Abgaben daraus nicht mehr an die Ortsherren zu entrichten waren und deshalb nicht mehr aufgeführt werden. Vorstellbar ist, dass diese Abgaben bereits von der Gemeinde erhoben wurden und bei dieser verblieben. Immerhin erließen die Wettiner 1444 dem Ort wegen eines Brandschadens auch den Erbzins, die Korngulde, die Frondienste und verzichteten auf Teile des Waidgeldes.1396 In der Dorfordnung von 1436 wird darüber hinaus deutlich, dass die Gemeinde auch Teile der Bußgelder einziehen und für den Ort aufwenden konnte.1397 Beweisbar ist aber letztendlich nicht, dass die Gemeinde über die Abgaben aus dem Kaufhaus verfügen konnte, und insofern kann auch nichts weiter zum Schicksal des Kaufhauses ausgesagt werden. An dieser Stelle ist noch einmal auf die Einträge zu Herbsleben im markgräflichen Register von 1378 zurückzukommen. Das Kaufhaus, die Brotverkäufe und die Fleischbänke werden im Summularium des Registers nicht genannt. Vielmehr wird hier ein ius forense erwähnt, aus welchem Abgaben zu leisten waren. Hier heißt es: Herbisloubyn summa census ibidem et iuris forensi[s] et de propincionibus vini et cervisie 19 talenta incluso weyrtgeld.1398 Demgegenüber listet die etwas später entstandene deutsche Handschrift C des Registers eine Gesamtabgabe von 109 Talenten auf, welche sich aus Summa Herbisloybenn zcinse, von zcufeldigem geschenck (darüber kleingeschrieben: iur. [iuris] forensi), weyn und bir ingeslossen weitgelt zusammensetzte.1399 Die Zahl von 109 Talenten in der Handschrift C erscheint gegenüber A sehr hoch und könnte möglicherweise auf einem Fehler des Schreibers beruhen.1400 Beim erwähnten Waidgeld dürfte es sich um das in der Einzelauflistung der Abgaben für Herbsleben mit 12 Talenten veranschlagte Waidgeld handeln. 1401 Das Trinkgeld, welches im Summularium genannt wird, entspricht der in der Einzelauflistung genannten propinacio und umfasste 15 Talente. Schwieriger zuordnen lässt sich der Zins. Der einzige Zins, welcher in der Einzelauflistung in Geldform zu leisten war, ist der census hereditarius. Zu leisten war er von den Äckern, Mansen 1396 1397
1398 1399 1400
1401
ZEYSS: Herbsleben, S. 37. Und wann man busse und wandel innymmet ader ingenommen had, das sal man nicht vertricken, sundern das an unsers dorffis nutz und fromen keren und wenden und nyrgent anders[…] (ZEYSS: Herbsleben, Anhang II, Nr. 4.). Summularium XVIII, Nr. 1. Registrum, S. 323, Anm. i. So arbeitete der Schreiber von C nicht sehr sorgfältig, sondern hat zum Teil ganze Passagen einfach weggelassen und oft auch falsch gelesen. (Vgl. BESCHORNER: Einleitung zu: Registrum Dominorum Marchionum Missensium, S. LVIIf.). Registrum XVIII, 14.
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und den Höfen. Davon waren an Michaelis 54 talenta denariorum und an Walpurgis 22 Talente zu zahlen. Zu klären ist nun, worum es sich beim erwähnten ius forense handelt. Es kann in diesem Fall entweder das Marktgericht, das im Markt geltende Recht, das Recht, Markt zu halten, oder die dem Marktherrn aus dem Markt zustehende Abgabe meinen. 1402 Sollte es sich hier um das Marktgericht an sich handeln, würde dieses wiederum bedeuten, dass es neben dem sowohl in der Einzelauflistung der Abgaben als auch im Summularium erwähnten Iudicium ibidem ein weiteres, davon unterschiedenes Gericht gab, welches wiederum für den Markt und das dort geltende Recht zuständig war. Das ius forense wird in der Einzelauflistung jedoch nicht erwähnt, sondern erscheint nur im Summularium.1403 Da Letzteres eine Zusammenfassung der zuvor einzeln aufgelisteten Abgaben ist, müssen die zum ius forense gehörigen Einzelabgaben zuvor genannt worden sein. Ausgehend von dem Umstand, dass das ius forense auch als Abgabe aus dem Markt verstanden werden kann, ist deshalb zu prüfen, inwiefern es sich hierbei um die Zusammenrechnung der Abgaben aus den Brotverkäufen, den Fleischbänken und dem Kaufhaus handeln könnte. In der Einzelauflistung beträgt diese Leistung etwa sechs Talente. Zusammen mit dem 15 Talente umfassenden Trinkgeld, dem Waidgeld von 12 Talenten und dem in der Summe zu zahlenden Zins von 76 Talenten ergibt sich damit eine Gesamtsumme von 109 Talenten. Dieses entspricht genau der in der Handschrift C für diese Abgaben genannten Gesamtsumme.1404 Deshalb dürfte es sich bei der mit ius forense bezeichneten Abgabe aller Wahrscheinlichkeit nach um die Summe der dem Marktherrn vom Markt zustehenden Abgaben handeln. Des Weiteren hat dieses zur Folge, dass die Angabe von 19 Talenten in der Handschrift A falsch ist. Da unter ius forense demzufolge die marktlichen Abgaben aus den Brotverkäufen, den Fleischbänken und dem Kaufhaus zusammengefasst werden, besteht nun die Möglichkeit, den Betrag von sechs Talenten mit den marktlichen Abgaben anderer Orte im markgräflichen Register zu vergleichen. Die Stadt Weißensee hatte beispielsweise aus dem Marktrecht etwa vier Talente und zusammen mit dem sogenannten mystgelt und dem census in civitate acht Talente und 14 ½ Solidi zu zahlen.1405 Die Stadt Creuzburg wiederum hatte aus dem Marktrecht fünf Talente abzuführen. In Gotha waren aus dem Martrecht ibidem 12 ½ Talente an den Landgrafen zu leisten.1406 Damit hatte der Ort Herbsleben vom Marktumsatz in etwa 1402 1403 1404 1405 1406
DRW IX, Sp. 275-278. Registrum XVIII u. Summularium XVIII. Vgl. oben. Registrum XVIb, 3 u. Summularium XVI b, 3. Registrum IIIb, 3 u. Summularium VIIIb, 7.
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die Hälfte der Abgaben der wichtigen landgräflichen Stadt Gotha, aber mehr als die Städte Weißensee und Creuzburg abzuführen. Wie aussagekräftig dieses hinsichtlich der Wirtschaftsleistung Herbslebens ist, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit sagen. So handelt es sich bei den im Register angegebenen Marktabgaben nur um die an den Landgrafen abzuführenden Steuern. Es ist vollkommen unbekannt, in welcher Beziehung sie zum Warenumsatz und der Handelstätigkeit stehen. So könnten gerade in den Städten Teile dieser Abgabe auch an die Bürgerschaft privilegiert oder verpfändet gewesen sein oder befanden sich in der Hand anderer Herren. Insofern könnten in Gotha, Weißensee und Creuzburg die aus dem Markt gewonnen Erträge wesentlich höher ausfallen, als es das Register zunächst vermerkt. Letztendlich ist ein solcher Umstand aber auch nicht für Herbsleben auszuschließen. Es bleibt somit bei aller Vorsicht lediglich festzustellen: Im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts war aus Herbsleben vom Marktrecht eine ähnlich hohe Summe an den wettinischen Landesherrn abzuführen, wie aus den kleineren landgräflichen Städten Weißensee und Creuzburg. Diese Abgabe war aber um die Hälfte geringer als die in Gotha. Hinweis auf die Höhe des Warenverkehrs könnten auch die Einnahmen der Landgrafen aus dem zu Herbsleben erhobenen Geleit geben. Diese betrug im markgräflichen Register 30 Talente. Demgegenüber waren aus Weißensee 45 Talente und aus Creuzburg 3 Talente abzuführen. Wobei in Creuzburg nur Geleitsabgaben auf Tuche erhoben worden sind.1407 Damit deutet sich wenigstens im Fall Weißensees an, dass der Warenverkehr erheblich größer war und damit prinzipiell auch auf dem Markt mehr Waren umgesetzt werden konnten.
5.5.5 Herbsleben als wettinischer Stützpunkt – im Spannungsfeld zwischen Wettinern und Hennebergern Auch wird sowohl unter Landgraf Balthasar als auch unter Landgraf Friedrich eine gewisse Bedeutung des Ortes für die wettinischen Landgrafen erkennbar. 1408 Schon mit dem Wasserleitungsbau 1391 erfuhr der Ort eine Aufwertung im Bezug auf die Lebensqualität der Bewohner. Darüber hinaus hielten sich die Landgrafen mehrfach in Herbsleben auf und stellten hier Urkunden aus.1409 Zwar lässt sich für 1407 1408 1409
Registrum III, 5, XVIb, 8 u. Summularium VIIIb, 5. Zum Folgenden vgl. auch HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 99. Zugrunde liegend hierfür sind die Angaben im Anhang zu den Ausstellungsorten in Codex Diplomaticus Saxoniae regiae, Hauptt. I, Abt B, Bd. 1-4. Tatsächlich könnte eine
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Landgraf Wilhelm I. nur ein Aufenthalt in Herbsleben nachweisen, 1410 schon Balthasar hielt sich aber zwischen 1392 und 1395 vier Mal in Herbsleben auf und urkundete hier.1411 Darüber hinaus muss vor dem 19. Oktober 1396 durch Landgraf Balthasar ein Tag zu Herbsleben abgehalten worden sein.1412 Auf diesem Tag wurde wohl unter anderem über die Auseinandersetzungen zwischen Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen auf der einen Seite und dem landgräflichen Bruder Markgraf Wilhelm auf der anderen Seite verhandelt. In diesem Zusammenhang war es dann Balthasar gelungen, Ende 1396 einen Frieden zwischen den Streitparteien auszuhandeln.1413 Diese Aufenthalte fallen wiederum in eine Zeit, in der es dann augenscheinlich auch Auseinandersetzungen zwischen den Hennebergern und den Wettinern um die Ortsherrschaft gab. In einem an seinen Oheim gerichteten Schreiben beklagt Graf Wilhelm von Henneberg, dass sein Oheim der Landgraf den Wiederkauf der Burg Herbsleben nicht rechtmäßig zugelassen hätte. Des Weiteren gedenkt der Henneberger, dieses 1351 zwischen seinen Vorfahren und den Wettinern vereinbarte Rückkaufsrecht nun durchzusetzen.1414 Datiert ist das Schreiben nicht und da der Landgraf nicht direkt angesprochen wird, ist auch vollkommen unklar, um welchen der Landgrafen es sich handelt. Außerdem geht nicht aus dem Text hervor, welcher Wilhelm von Henneberg der Verfasser ist. Infrage kämen Wilhelm I. (reg. 1405-1416), Wilhelm II. (reg. 1426-1444) und Wilhelm IV. (reg. 1484-1559).1415 Insofern lässt sich auch vorerst nicht eingrenzen, an welchen Landgrafen das Schreiben gerichtet war. Das Schreiben ist Bestandteil eines umfangreicheren Registers, in welchem Briefe an die Thüringer Landgrafen abgelegt sind. Nach dem Findbuch des Staatsarchivs Meiningen handelt es sich bei der Archivalie GHA I, Nr. 2734 um eine Sammlung von Schreiben, welche auf die Zeit zwischen 1400 und 1410 zu
1410 1411 1412 1413 1414 1415
weitere dort nicht erfasste Urkunde ebenfalls in Herbsleben ausgestellt worden sein. Dennoch dürften die dortigen Angaben ausreichend repräsentativ sein, um weiterführende Ergebnisse ableiten zu können. Wilhelm stellte am 19. Oktober 1386 hier eine Urkunde aus. (LEISERING: Herrschaftsgebiete, S. 383. CDS I, B 2, S. 498.). CDS I, B I, S. 509 u. 514f. Über diesen Tag berichtet ein vom Rat von Mühlhausen an den zu Erfurt gerichtetes Schreiben vom 19. Oktober, welches nur als Konzept vorliegt. (CDS I, B 2, Nr. 64.). PATZE: Politische Geschichte, S. 120. LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, fol. 3. Vgl. auch: HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 98. MÖTSCH: Henneberg, S. 102. HESS: Henneberg, Grafen von, S. 537.
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datieren sind. Gerichtet waren sie an Markgraf [Friedrich] von Meißen und Landgraf Balthasar von Thüringen.1416 Es enthält auf Blatt 1-2 von Mechthild, Gräfin von Henneberg und Markfgräfin von Baden, verfasste (Schadensersatz-)Forderungen, auf Blatt 3-5 Forderungen des Grafen Wilhelm von Henneberg gegenüber dem Landgrafen sowie auf den Blättern 6-9 Anzeigen von Pferdeverlusten des Grafen Heinrich VII. im Dienste des Markgrafen. Es folgen auf den Blättern 10-16 die Anzeigen von durch Bürger und Amtleute Markgraf Balthasars dem hennebergischen Besitz zugefügte Schäden und auf dem letzten Blatt werden vom Kanzler Aussagen über die Lagerung von Akten getroffen, welche Auseinandersetzungen zwischen den Hennebergern und den Wettinern betreffen.1417 Es handelt sich um 16 einzelne Blätter, welche in ein gefaltetes Blatt Papier eingelegt sind. Auf dessen Vorderseite befindet sich folgender von jüngerer Hand verfasster Eintrag: Verzeichnis der Irrungen zwischen Henneberg und dem hochgeborn fursten Balthasar Landgraf in Thüringen.1418 Auf den auf Vorder- und Rückseite beschriebenen Blättern finden sich jeweils mehrere zum Teil stark verkürzte Abschriften der ursprünglichen heute nicht mehr vorhandenen Schreiben in sehr dichter Form. Die unterschiedlichen Handschriften sind noch spätmittelalterlich und das Register dürfte demzufolge noch im ausgehenden Mittelalter angelegt worden sein.1419 Anhand des Klappentextes scheint zunächst Balthasar als Empfänger dieser Schreiben zu identifizieren zu sein. Letzterer wiederum starb 1406 und damit müssen die ursprünglichen Schreiben bis zu diesem Zeitpunkt abgefasst worden sein und sie würden unter die Regierung Wilhelms I. von Henneberg fallen. Wilhelms Regierungszeit begann 1405 und damit müssten alle auf Blatt 3-5 wiedergegebenen Schreiben in der kurzen Zeit zwischen 1405 und 1406 verfasst worden sein. Die hier verkürzt wiedergegebenen Schreiben verweisen jedoch auf eine umfangreiche Korrespondenz zwischen den Hennerbergern und den Landgrafen, insofern könnte ein nicht unerheblicher Teil auch erst an Balthasars Sohn Friedrich gerichtet gewesen sein.1420 Das Herbsleben betreffende Schreiben ist das erste der auf den Blättern 3-5 registrierten Briefe mit Forderungen an den Landgrafen. Sollte der Anordnung der Abschriften eine Chronologie der ursprünglichen Schreiben zugrunde liegen, 1416
1417 1418 1419 1420
Archivportal Thüringen: Online-Findbuch des LATh-StA Meiningen GHA I: www.archive-in-thueringen.de/de/findbuch/view/bestand/27769/systematik/31426/archivgut/632058/searchall/friedrich/from/1400/to/1410 (03.08.2018). LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, fol. 1-16. LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, Einband vorn. LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734. Zu Landgraf Balthasar: PATZE: Politische Geschichte, S. 123. Zu Wilhelm, Graf von Henneberg: HESS: Henneberg, Grafen von, S. 537.
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könnte es noch an Balthasar gerichtet gewesen sein und damit in die Frühzeit der Regierungszeit Wilhelms I. fallen. Dem eigentlichen Schreiben voran geht ein einleitender Text, welcher lautet: Dietz sind die tzusprüche, die wir Wilhelm, grave und herre tzu henneberg habin tzu unseme oheme lantgrave tzu duringen.1421 Direkt genannt wird nicht, an wen die nachfolgenden Schreiben gerichtet sind. Jedoch verweist der einleitende Text auf eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Aussteller und dem Empfänger des Briefes. Eine solche Beziehung zwischen Hennebergern und Wettinern bestand tatsächlich. Katharina von Henneberg war mit Friedrich dem Strengen (gest. 1381), dem Bruder Landgraf Balthasars, verheiratet. Katharina steht jedoch in keinem direkten verwandtschaftlichen Verhältnis zu Wilhelm. Sie ist die Tochter Heinrichs VIII. von Henneberg und Juttas von Baden. Heinrich VIII. aber war der Bruder von Wilhelms Großvater Johan I. (gest. 1359).1422 Oheim bedeutet wiederum Mutter- als auch Vaterbruder, Ehemann der Schwester von Mutter oder Vater, möglicherweise aber auch Großonkel. Zutreffend ist in diesem Fall jedoch keines dieser Verwandtschaftsverhältnisse. Dennoch könnte sich die Bezeichnung Oheim auf die oben genannte verwandtschaftliche Beziehung begründen. Allerdings war es gerade im Hochadel nichts Ungewöhnliches Standesgenossen auch mit Oheim zu bezeichnen.1423 Letztendlich ist aber nicht eindeutig zu erkennen, ob es sich um ein Schreiben an Landgraf Balthasar handelte, wie der Einbandtext vorgibt, oder ob erst sein Sohn Friedrich der Adressat war. Wahrscheinlich erscheint jedoch, dass es sich beim Verfasser um Wilhelm I. von Henneberg handelt. Hierauf könnte auch der Umstand deuten, dass auf Blatt 1 und 2 Schadensersatzforderungen Mechthilds von Baden, Mutter Wilhelms I., verzeichnet sind. Möglicherweise war Wilhelm I. beim Tod seines Vaters zunächst noch unmündig und deshalb finden sich zunächst nur Schreiben seiner Mutter, welche die Interessen der Linie Henneberg-Schleusingen bis zur Rechtsfähigkeit Wilhelms vertrat.1424 Dieses hätte, sollte es zutreffend sein, dann wiederum zur Folge, dass, da Balthasar bereits 1406 und somit nur ein Jahr nach dem Tod Heinrichs X. (VII.) von Henneberg starb, die Briefe Wilhelms tatsächlich erst 1421 1422 1423 1424
LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, fol. 3. PATZE: Politische Geschichte, S. 206. MÖTSCH: Henneberg, S. 102. DRW X, Sp. 283-286. Über das Geburtsdatum Wilhelms ist nichts bekannt. Deshalb ist auch nicht auszumachen, ob er beim Tod seines Vaters schon volljährig war. Als sein Vater Heinrich 1405 starb, dürfte dieser in etwa um die 50 Jahre alt gewesen sein. Wilhelm wäre, falls er noch unmündig war, dann ein sehr spät geborenes Kind. Dafür, dass er noch sehr jung war, als sein Vater starb, könnte wiederum der Umstand sprechen, dass bei seinem Tod 1426 seine eigenen Kinder ebenfalls noch unmündig waren. (Vgl. MÖTSCH: Henneberg, S. 102. KOLB/KRENING: Unterfränkische Geschichte 2, S. 104.).
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an Balthasars Sohn Friedrich gerichtet gewesen sein könnten. Damit besteht dann die Möglichkeit, dass die Schreiben in der gesamten Regierungszeit Wilhelms I. irgendwann nach 1405 und vor 1416 abgefasst worden sind. Inhaltlich zeigt das Schreiben den unrechtmäßigen Besitz der Burg Herbsleben durch die Landgrafen an. Dieses erscheint insofern verwunderlich, weil doch das Wiederkaufsrecht nur auf fünf Jahre ab dem St. Michaelstage des Jahres 1351 (29. Dezember)1425 festgelegt war.1426 Der Rückkauf hätte demzufolge vor dem 29. September 1356 stattfinden müssen. Zwischen dem Ablauf der Frist für die Rechtsansprüche und der erneuten Formulierung am Anfang des 15. Jahrhunderts liegen demzufolge 50 oder mehr Jahre. Dennoch gab es seitens der Henneberger einen Grund, das Recht auf Rückkauf erneut zu beanspruchen. Im Schreiben von 1351 heißt es: In dem erstin sprechin wir yn tzu umb daz Slosz Herbisleubin mit allir siner tzuhorunge, daz von unsirn eldirn tzu lehin gange had […], was doch soltin sie daz umb ettliche sume geildeß, die noch wol wiszintlich ist gelost habe. Daz selbe geild lag tzu Erffurt uff dem Rathusz lengir dann jar und tag. Und bietin ir losunge tzuthun in rechtin tzyten die losunge unsirn eldirn nicht gegebin mochte und schuldin daz Slosz unsirn eldirn…1427 Wilhelm Graf von Henneberg nennt als Grund für die nun erfolgende späte Beanspruchung des Wiederkaufsrechtes den Umstand, dass das zur Lösung – dem Wiederkauf – der Burg notwendige Geld fristgerecht durch seine Vorfahren zu Erfurt hinterlegt worden sei, seitens des Landgrafen aber binnen der Frist nicht angenommen wurde. Im Gegenzug war Herbsleben dann auch nicht an die Henneberger zurückübertragen worden. Letztendlich konnten sich die Henneberger aber mit der Rückforderung nicht durchsetzen und die Burg blieb trotz der erneut formulierten Ansprüche im landgräflichen Besitz und in einem weiteren, ebenfalls als Zusammenfassung in derselben Sammlung überlieferten späteren Schreiben, verzichtete Graf Wilhelm auf die Burg zu Herbsleben.1428 Letzterer Zusammenhang könnte des Weiteren auch Hinweis auf eine tatsächliche Chronologie der stark verkürzten Abschriften hindeuten, welche sich an der zeitlichen Abfolge der ursprünglichen Schreiben orientiert. So findet sich das Rückforderungsschreiben auf Blatt 3 der Sammlung, während der endgültige Verzicht erst auf Blatt 5 eingetragen ist. Somit handelt es sich bei der vorliegenden Sammlung mit einiger Wahrscheinlichkeit um Abschriften von Schreiben in der ursprünglichen Chronologie und das erste Schreiben könnte wiederum in die Frühzeit der eigenständigen Regierung Wilhelms I. fallen.
1425 1426 1427 1428
GROTEFEND: Taschenbuch der Zeitrechnung, S. 50. Vgl. oben. LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, fol. 3. LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, fol. 5.
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Grundsätzlich wird aber Folgendes deutlich: Es gab einerseits Versuche der Henneberger Herbsleben mit der Burg zurückzuerlangen und andererseits waren die Landgrafen nicht gewillt auf sie zu verzichten. Die Auseinandersetzungen dürften sich von der Zeit nach dem Verkauf an die Wettiner im Jahr 1351 bis zum endgültigen hennebergischen Verzicht im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts hingezogen haben. Deutlich wird damit: Herbsleben muss für beide Parteien eine nicht unerhebliche Bedeutung gehabt haben. Die Wettiner hatten den Rückkauf trotz Zusicherung übergangen. Wie dieses in der Praxis geschah, wird am nachfolgenden Schreiben Graf Wilhelms an Balthasar deutlich. Hier zeigt Wilhelm im Zusammenhang mit dem durch seinen Vater Heinrich Graf von Henneberg versuchten Rückkauf der Burg Scharfenberg an, dass die Wettiner sowohl durch diesen an sie geschickte Boten als auch Schreiben schlichtweg ignoriert hatten.1429 Die Bedeutung Herbslebens für die Henneberger wird wiederum daraus ersichtlich, dass noch 50 und mehr Jahre nach Ablauf der Wiederkaufsfrist die Ansprüche an der Burg aufrechterhalten wurden. Trotz der offensichtlich bestehenden Ansprüche verfügten die Wettiner darüber hinaus frei über Herbsleben. So wurde die Burg mit Zubehör 1397 zusammen mit Eckartsberga und Weißensee als Pfand für das Leibgedinge Landgraf Friedrichs IV. für seine zukünftige Gemahlin Elisabeth von Görlitz, Nichte des böhmischen Königs Wenzel, eingesetzt.1430 Balthasar und sein Sohn Friedrich stellten dann zwischen 1401 und 1405 acht Urkunden in Herbsleben aus, woraus sich auch die gleiche Zahl der Aufenthalte ableiten lässt.1431 Allerdings lassen sich nach 1405 bis 1418 keinerlei Aufenthalte der Landgrafen in Herbsleben nachweisen. Falls dieser Umstand nicht einer Überlieferungslücke geschuldet ist, muss es andere Gründe hierfür geben, zumal sich Landgraf Friedrich IV. dann 1423 und 1424 insgesamt immerhin vier Mal im Ort aufhielt.1432 Des Weiteren weilte vor allem Landgraf Friedrich in der Zeit zwischen 1406 und 1418 häufig in der Region. So ist er mehrfach in Weißensee und Langensalza anzutreffen.1433 Insofern ist nicht auszuschließen, dass es durchaus weitere Aufenthalte, welche dann nicht überliefert sind, in Herbsleben gab oder sich der Ort in dieser Zeit in anderer Hand befand. Längere Aufenthalte der Landgrafen in Herbsleben lassen sich nur bedingt und unter Schwierigkeiten nachweisen. So wird häufig nur eine Urkunde in Herbsleben ausgestellt oder der Landgraf urkundet am Folgetag bereits an einem anderen Ort. In den Fällen, in denen nur eine Urkunde ausgestellt worden ist,
1429 1430 1431 1432 1433
LATh-StA Meiningen GHA I, Nr. 2734, fol. 3. CDS I, B 2, Nr. 81. CDS I, B 2, S. 527-543. CDS I, B 4, S. 425-430. Vgl. CDS I, B 2, S. 540-547 u. CDS I, B 3, S. 471-516.
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liegen zum Teil aber mehrere Tage bis zum nächsten nachweisbaren Ausstellungsort einer Urkunde. In einigen dieser Fälle ist auch ein längerer Aufenthalt in Herbsleben nicht auszuschließen. Jedoch zeigt das Itinerar auch, dass sich die Landgrafen zum Teil nur einen, höchstens aber zwei Tage in Herbsleben aufgehalten haben können.1434 Mehrtägige Aufenthalte Balthasars sind 1394 und 1395 nachweisbar. So stellte er am 12. September 1394 eine und am 14. September dieses Jahres zwei Urkunden in Herbsleben aus.1435 Am 17. März 1395 ist Balthasar zunächst in Herbsleben, am 28. März in Alsfeld und schon am 5. April wieder in Herbsleben.1436 Ein mindestens zweitägiger Aufenthalt am Ort lässt sich für den Dezember 1403 nachweisen. So stellten die Landgrafen Balthasar und Friedrich am 9. und am 10. Dezember jeweils eine Urkunde in Herbsleben aus und sind dann erst für den 30. Dezember in Eisenach greifbar. Ob sie auch das Weihnachtsfest in Herbsleben verbrachten, ist nicht zu sagen. Allerdings scheint hierfür Eisenach als der bedeutendere Ort wahrscheinlicher. Deshalb lässt sich nur bedingt eine Aussage hinsichtlich der Funktion Herbslebens für die Landgrafen im letzten Viertel des 14. und im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts treffen. Wenigstens eine wichtige Wegstation im nördlichen Thüringer Becken könnte der Ort gewesen sein.1437 1434 1435 1436 1437
CDS I, B 1, S. 498, 509. CDS I, B 2, S. 527, 531, 533f., 539 u. 542f. CDS I, B 4, S. 425, 428 u. 429f. CDS I, B 1, S. 514. CDS I, B 1, S. 515. So hielt sich der Wettiner Wilhelm 1386 aus Kassel kommend am 18. Oktober in Creuzburg auf und stellte am Folgetag eine Urkunde in Langensalza und eine in Herbsleben aus und urkundet dann am 20. Oktober in Eckartsberga. (CDS I, B 1, S. 498.). Balthasar kam 1392 aus Torgau, wo er letztmalig am 14. Juni eine Urkunde ausstellte, um dann am 18. Juni in Herbsleben zu urkunden, und ist am 27 Juni in Weißensee. (CDS I, B 2, S. 509.). Bevor er am 12. und 14. September 1394 insgesamt drei Urkunden in Herbsleben ausstellte, war er in Weimar und zog auch anschließend wieder dorthin. (CDS I, B 2, S. 514.). Balthasar und sein Sohn Friedrich urkundeten am 17. Juni 1401 in Weißensee, am 23. Juli in Herbsleben und am 11. Juli in Weimar. (CDS I, B 2, S. 627.). Im Jahr 1402 zogen die Landgrafen aus Eisenach über Gotha nach Herbsleben, stellten hier am 30. Oktober eine Urkunde aus und sind am Folgetag in Langensalza anzutreffen. (CDS I, B 2, S. 531.). Am 25. Mai 1403 waren sie zuerst in Weißensee und begaben sich dann mit einem Umweg über Herbsleben nach Weimar. (CDS I, B 2, S. 533.). Am 3. September dieses Jahres stellten sie in Weimar eine Urkunde aus, urkundeten am Folgetag in Herbsleben und sind am 10. September in Langensalza nachzuweisen. (CDS I, B 2, S. 534.). Erneut in Herbsleben weilten sie am 9. Dezember, nachdem sie letztmalig am 22. November in Gotha eine Urkunde ausstellten. Von hier aus zogen sie weiter nach Eisenach, wo sie am 30. Dezember urkundeten. (CDS I, B 2, S. 535.). Im Jahr darauf stellten sie am 16. September aus Weißensee kommend in Herbsleben eine Urkunde aus und sind dann erst am 20./21. Oktober in Gotha nachweisbar. (CDS I, B 2, S. 539.). Bis zum
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Ob Herbsleben aber auch, wie Udo Hopf meint, als eine nebengeordnete Residenz anzusehen ist,1438 kann letztendlich nicht entschieden werden. Hopf vertritt des Weiteren die Auffassung, dass die Burg ab 1440 als Residenz der Wettiner keine Rolle mehr gespielt habe.1439 Beweisen lässt sich dieses aber letztendlich vor allem deswegen nicht, weil umfangreichere Editionen und Regestenwerke wettinischer Urkunden aus dieser Zeit fehlen. Aus diesem Grund kann ohne eingehendere Untersuchungen des archivalischen Quellenmaterials auch nichts weiter über Herbsleben als Ausstellungsort von Urkunden und damit auch über Aufenthalte der Wettiner in Herbsleben ausgesagt werden. Dennoch, und so viel kann mit aller Vorsicht festgestellt werden, scheinen Ort und Burg auch um die Mitte des 15. Jahrhunderts nicht ganz unbedeutend gewesen zu sein. So vermachte Wilhelm III. 1449 seiner Frau Anna, der Tochter König Albrechts II., neben den Städten und Schlössern Eckartsberga, Münchenholzen (?), Weißensee, Kindelbrück, Tenneberg, Waltershausen und Creuzburg auch Ort und Burg Herbsleben als Versicherung für die 120.000 Dukaten betragende Aussteuer.1440
5.5.6 Schloss, Haus und Stadt Herbsleben – ein begriffliches Problem Die Urkunde von 1369, in welcher Herbsleben erstmals als Stadt bezeichnet wird, weist darüber hinaus ein weiteres Problem auf. Genannt werden entweder
1438 1439 1440
17. August 1405 sind Balthasar und Friedrich in Weimar, am 24. in Herbsleben und zwischen dem 1. und 17. September in Weißensee und aus Gotha kommend stellten sie am 16. Dezember eine Urkunde in Herbsleben aus, um dann nach Weimar weiterzuziehen, wo sie am 23. Dezember anzutreffen sind. (CDS I, B 2, S. 542f.). Nach der großen Lücke zwischen dem Dezember 1405 und dem Jahr 1423 weilte Landgraf Friedrich erstmals am 21. Dezember aus Weimar kommend in Herbsleben, um dann am 12. Januar in Gotha eine Urkunde auszustellen. (CDS I, B 4, S. 425f.). Noch am 22. Juni 1424 in Weimar weilend, war der Landgraf am 28. dieses Monats in Weißensee, begab sich von hier aus nach Herbsleben, wo er am 4. Juli eine Urkunde ausstellte. Nur drei Tage später war er auf der Sachsenburg (am östlichen Ausläufer des Hainichs, vier Kilometer nordwestlich von Kindelbrück gelegen), um dann von dort aus nach Gotha zu ziehen und schon am 12. Juli stellte Friedrich erneut eine Urkunde in Herbsleben aus und begab sich anschließend zurück nach Gotha, wo er am 21. Juli wieder urkundete. (CDS I, B 4, S. 428f.). HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 99. HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 100. Abdruck in: Sammlung verschiedener Nachrichten zu einer Beschreibung des Kirchenund Schulstaates, 3, S. 37. Vgl. auch: HOPF: Geschichte des Schlosses Herbsleben, S. 100. ZEYSS: Herbsleben, S. 38. Vgl. auch: RI XIII, H 10, Nr. 81.
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Schloss Herbsleben, Haus und Stadt, des Weiteren Schloss, Haus und Stadt Herbsleben oder auch nur Schloss Herbsleben oder nur Haus und Stadt.1441 Problematisch erscheint dabei zunächst, dass in der Regel Schloss und Haus die landesherrliche Burg bezeichnen.1442 Werden beide Begriffe gleichzeitig und unmittelbar hintereinander verwendet, dürfte dieses jedoch darauf verweisen, dass sie in diesem Fall auch etwas Unterschiedliches bezeichnen. Deutlich wird dieses vor allem daran, dass es schon bei der ersten Nennung in der Urkunde heißt: slos Herbiszleybin, husz und stad.1443 Es scheint so, als würde Schloss in diesem Fall das gesamte Objekt Herbsleben bezeichnen, welches sich wiederum aus Haus und Stadt zusammensetzte und zusammen etwas bildete, was als Schloss bezeichnet werden konnte. Erhärtet wird diese Vermutung noch durch den Umstand, dass in der betreffenden Urkunde entweder Schloss alleine anzutreffen ist, welches dann das gesamte Objekt meinen dürfte, oder aber, wenn es fehlt, jeweils Haus und Stadt dann als die zwei Bestandteile genannt werden. Zu überlegen ist nun, wie die Bezeichnungen jeweils zu verstehen sind. „Stadt“ dürfte hier die städtische Siedlung Herbsleben als Lebensraum der Bewohner bezeichnen. Schon die Bedeutung von „Haus“ erscheint zunächst etwas schwieriger. „Haus“ selbst kann sowohl das Wohnhaus an sich, aber auch die Burg als festes Haus meinen.1444 Wenn bei den untersuchten Städten Tennstedt und Schlotheim Haus und Stadt in einer Urkunde zusammen genannt wurden, bezeichneten sie jeweils die Burg und die Stadt.1445 Darüber hinaus wird in einer Urkunde über die Verpfändung Velburgs in der Oberpfalz aus dem Jahr 1402 ein ähnlicher Wortlaut wie bei Herbsleben gebraucht. Hier werden Schloss Velburg, Burg und Stadt verpfändet.1446 Die Burg liegt zwar anders als bei Herbsleben nicht im Ort, aber direkt oberhalb.1447 Noch größere Schwierigkeiten bereitet der Begriff Schloss. Er kann sowohl Burg als auch Stadtbefestigung im Sinne des Schlosses der Bürger bezeichnen, aber darüber hinaus durchaus auch Residenz, Herrschafts-, Gerichts- und Verwaltungssitz meinen. 1448 Den Begriff als einen von der Ortsbefestigung um-
1441 1442
1443 1444 1445 1446 1447 1448
SHStA Dresden 10001: Ältere Urkunden, Nr. 3945, Z. 2, 5, 8f., 13f., 19 u. 21. SCHÜTTE: Das Schloss als Wehranlage, S. 10-12. Auch in Urkunden König Ruprechts findet sich diese Kombination in einer solchen Bedeutung. (Vgl. exemplarisch: Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 2, Nr. 327, 949, 2123 u. 3177.). SHStA Dresden 10001: Ältere Urkunden, Nr. 3945, Z. 2. SCHÜTTE: Das Schloss als Wehranlage, S. 10-12. DRW V, Sp. 369f. Vgl. exemplarisch: LATh-StA Rudolstadt SU: 1338, Dezember 31. (Reg 556). SHStA Dresden 10001, Nr. 2863. Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen, Anhang 4a. Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 2, Nr. 2262. WITHOLD: Art. Velburg, S. 766f. DRW II, Sp. 847f.
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schlossenen Raum beziehungsweise als befestigten Ort zu verstehen, ist prinzipiell ebenfalls nicht unmöglich. Zwar ist die Ortsbefestigung Herbslebens erst 1425 in einer Schriftquelle nachweisbar und für das Jahr 1403 aus den genannten Wachgeldern zu erschließen,1449 ihr Vorhandensein spätestens schon 1369 damit aber nicht unmöglich. Sollte dieses zutreffen, hätte dieses zur Folge, dass das verpfändete Objekt folgendermaßen charakterisiert ist: Der ummauerte Gesamtkomplex Herbsleben setzt sich aus der städtischen Siedlung und der landesherrlichen Burg, welche wiederum innerhalb der Ortsbefestigung liegt, zusammen. In diesem Fall könnte die Bezeichnung Schloss hier doch im Sinne von Burg zu verstehen sein. Dann war die landesherrliche Burg das befestigte Zentrum im Sinne einer Hauptburg, während die befestigte Stad an sich die Funktion einer sie in diesem Fall umschließenden Vorburg übernahm. In Velburg (Ldkr. Neumarkt in der Oberpfalz) jedoch liegt die Burg oberhalb des Ortes außerhalb der am Anfang des 14. Jahrhunderts errichteten Stadtmauer.1450 Demzufolge befand sich die Burg nicht innerhalb der städtischen Befestigung. Dennoch könnte auch hier die Stadt, indem sie den einzigen Zugang zur Burg versperrte, den Charakter einer vorgelagerten Befestigung im Sinne einer Vorburg übernommen haben. Letztendlich ist somit weder für Herbsleben noch für Velburg auszuschließen, dass der verwendete Begriff Schloss doch im Sinn von Burg zu verstehen ist. Eine ähnliche topographische Struktur wie bei Velburg liegt auch bei Burg und Stadt Eberbach am Neckar im Norden Baden Württembergs, welche in einer Urkunde von 1402 ebenfalls Schloss, Burg und Stadt genannt werden, vor. In dieser Urkunde wird der Verkauf Eberbachs an Hans von Hirschhorn durch König Ruprecht bestätigt.1451 Auch hier befindet sich die seit dem 13. Jahrhundert ummauerte Stadt unterhalb der auf einem Bergvorsprung liegenden Burg und versperrt den Zugang zur Burg. Gleichzeitig gab es auch innerhalb der Stadtanlage eine stadtherrliche Befestigung. 1452 Insofern würde wenigstens in diesem Fall auch eine mit Herbsleben vergleichbare Topographie vorliegen. Noch ein weiterer Fall dieser Art lässt sich einer Urkunde aus dem Jahr 1367 für das unmittelbar benachbart liegende Langensalza feststellen. Verpfändet werden das sloz Salcza, hus und stat.1453 Auch Langensalza war wenigstens befestigt und innerhalb der Altstadt lag die stadtherrliche Burg.1454
1449 1450 1451 1452 1453 1454
Vgl. Kap. II.5.5.3. WITHOLD: Art. Velburg, S. 767. Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 2, Nr. 2124. SCHAAB: Art. Eberbach, S. 158. SCHWARZMAIER: Eberbach am Neckar, S. 69-74. LEISERING: Regesten 1367-1388, Nr. 176. Vgl. Kap. II.4.7.2.
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Bereits mit der Marktrechtsverleihung von 1331 wurde für Herbsleben ein eigener Gerichtsbezirk geschaffen und der Ort damit aus der Gerichtsbarkeit des Landes herausgelöst.1455 Im markgräflichen Register von 1378 bildet der Ort einen eigenen Amtsbezirk. Ähnliches lässt sich bei Velburg erkennen. Auch hier sind ein eigener, sich aus Ort und Burg zusammensetzender Amtsbezirk und ein eigener städtischer Gerichtsbezirk festzustellen.1456 Schwieriger ist die Situation im Fall Eberbachs. Die staufische Stadt des 13. Jahrhunderts war Verwaltungszentrum des Reichsgutes der Umgebung und Aufenthaltsort des Königs und Sitz seiner Burg- und Dienstmannen. Demgegenüber ist der Ort im 14. Jahrhundert fast durchgehend verpfändet.1457 Dennoch muss der Ort 1402, um in diesem Jahr durch König Ruprecht an Hans von Hirschhorn verkauft werden zu können,1458 wieder in unmittelbarem Reichsbesitz gewesen sein. Eberbach könnte demzufolge wenigstens gegen Ende des 14. Jahrhunderts wieder einige der eben genannten Funktionen besessen haben. Damit könnte „Schloss“ in den drei genannten Fällen wiederum auch den Mittelpunkt eines Amtsbezirkes meinen. Für Herbsleben deutete sich des Weiteren, wie oben herausgearbeitet, an, dass der Ort wenigstens im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert eine wichtige Wegstation für die Landgrafen im Norden des Thüringer Beckens war und somit als landgräflicher Herrschaftssitz und -mittelpunkt einige Bedeutung hatte.1459 Inwiefern dieses auch für die Zeit um 1369 anzunehmen ist, lässt sich wegen fehlender Editionen landgräflicher Urkunden in dieser Zeit jedoch nicht feststellen. Insofern ist Folgendes festzustellen: Schloss kann sich einerseits auf den Befestigungscharakter des Ortes und seine Funktion als Burg beziehen, andererseits auf die Funktion als Herrschaftsmittelpunkt mit eigenem Amtssitz verweisen. Wahrscheinlich sollten hier sogar beide Aspekte in der Bezeichnung ausgedrückt werden. Immerhin lässt die ausdrückliche Verwendung von Schloss anstatt von Burg bei der Bezeichnung des jeweiligen Gesamtkomplexes daran denken, dass hier mehr als nur der Befestigungscharakter gemeint ist. Klären kann dieses letztendlich aber nur eine breit angelegte Untersuchung darüber, wie die Zeitgenossen diesen Begriff verwendeten. In einer solchen Untersuchung müssten dann weitere Beispiele, welche dieselbe begriffliche Struktur wie in den Fällen Herbsleben, Eberbach und Velburg aufweisen, gesucht werden.
1455 1456 1457 1458 1459
Vgl. Kap. II.5.4.2. JEHLE: Art. Velburg, S. 846. SCHWARZMAIER: Eberbach am Neckar, S. 76 u. 100-117. SCHAAB: Art. Eberbach, S. 158f. Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 2, Nr. 2262. Vgl. Kap. II.5.5.5.
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Anschließend wäre zu prüfen, inwiefern sich die genannten Bedeutungsaspekte auch bei den anderen Beispielen finden lassen. Dennoch, darauf ist hier ausdrücklich hinzuweisen, war sowohl bei Eberbach als auch bei Velburg in der Zeit der Nennung des jeweiligen Gesamtobjektes als Schloss eine Stadtbefestigung vorhanden. Der Befestigungscharakter könnte somit für den Gebrauch des Begriffes Schloss eine wichtige Komponente sein. Dieses wiederum würde in starkem Maße für die oben bereits angestellte Vermutung, dass die Herbslebener Ortsbefestigung schon 1369 bestand,1460 sprechen. Deshalb ist weiter zu vermuten, dass auch 1404 die Bezeichnung als Stadt erfolgte, weil der Ort durch seine Befestigung nach außen als Stadt deutlich zu erkennen war. Gleichzeitig als Stadt bezeichnet wurden in der betreffenden Urkunde die Orte Tennstedt, Herbsleben und Brücken bei Sangerhausen. Schon bei Tennstedt deutet sich an, dass eine Befestigung bereits im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts vorhanden gewesen sein könnte.1461 Auch der ansonsten lediglich als Flecken oder Dorf bezeichnete Ort Brücken war befestigt, wobei über das Alter der Befestigung bisher nichts bekannt ist,1462 jedoch anhand der oben angestellten Überlegungen, mit einer solchen spätestens für 1404 zu rechnen wäre. Letztendlich scheint sich somit anzudeuten, dass Herbsleben 1369 und 1404 als Stadt bezeichnet werden konnte, weil der Ort nach außen hin, wie an der Befestigung erkennbar war, einen solchen Charakter besaß. Demgegenüber scheint seine innere Verfasstheit weitgehend dörflich gewesen zu sein. Gleichwohl deutete sich weiterhin an, dass Herbsleben sehr wohl zentralörtliche Funktionen wahrnahm, wie sie eigentlich als ein wichtiges Kriterium für eine Stadt herausgearbeitet worden sind. So stellte Franz Irsigler fest, dass eine Stadt sich vom Dorf in ihrer zentralörtlichen Funktion unterscheidet, welche wiederum politisch-herrschaftlicher, militärischer, wirtschaftlicher und kultisch-kultureller Art gewesen sein konnte. Des Weiteren ist für die Stadt eine beruflich spezialisierte und sozial geschichtete Bevölkerung charakteristisch.1463 Eng mit der Befestigung dürfte auch eine militärische Aufgabe Herbslebens einhergehen. Sie wurde dann durch die sich gegenseitig ergänzenden Elemente landesherrliche Burg und befestigter Ort erfüllt. Der militärische und damit auch strategische Wert selbst ergab sich aus der Grenzlage Herbslebens im landgräflichen Territorium.1464 Aus den häufigeren Aufenthalten der Landgrafen an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert wiederum wird deutlich, dass der Ort auch gewisse politisch-herrschaftliche Funktionen erfüllte. 1460 1461 1462 1463 1464
Vgl. Kap. II.5.5.4. Vgl. Kap. II.2.6.3. Vgl. SCHMIDT: Dorfbefestigungen, S. 35-38. SCHMITT: Dorfbefestigungen, S. 196. IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung S. 26. Vgl. Kap. II.5.5.5.
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Die zentrale Wirtschaftsfunktion lag in einem seit 1331 bestehenden Markt, welchem wiederum, wie aus dem Vorhandensein eines Kaufhauses abzuleiten ist, auch eine gewisse Bedeutung im Wirtschaftsgefüge der Region zugekommen sein dürfte oder zukommen sollte. Insofern lassen sich für Herbsleben sehr wohl städtische Elemente oder Funktionen erkennen, dabei ist aber nach wie vor zu betonen, dass eine städtische Verfassung an sich nicht nachgewiesen werden konnte. Bezüglich einer sozialen Schichtung der Bevölkerung lässt sich nichts weiter aussagen. Jedoch deutete sich an, dass es durchaus eine gewisse Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung innerhalb der Gewerbestruktur gegeben haben muss. Irsigler definiert Stadt darüber hinaus als „eine vom Dorf und nichtagrarischen Einzwecksiedlung unterschiedene Siedlung relativer Größe mit verdichteter, gegliederter Bebauung.“1465 Deshalb ist nun zu prüfen, inwiefern sich anhand der Topographie weitere Hinweise auf einen städtischen Charakter Herbslebens finden lassen.
5.6 Herbsleben als planmäßige Anlage – die Kirchen und geistlichen Einrichtungen Der Herbslebener Straßenverlauf erweckt westlich und südlich der Burg an einigen Stellen durchaus den Eindruck einer in Teilen planmäßigen Anlage, auch wenn er vor allem im Ostteil ebenso Unregelmäßigkeiten aufweist. Die Hauptachse führt von Osten nach Westen durch den Ort. Von ihr gehen jeweils nach Norden und Süden meist im 90 Grad Winkel weitere Straßen ab. Diese als Querrippensystem bezeichnete Anlage findet sich weitgehend nur bei planmäßig angelegten Städten beziehungsweise Orten.1466 Die Hauptstraße betritt, von Gebesee kommend, den Ort im Osten durch das Unter- oder Niedertor, führt über den Marktplatz nach Westen und knickt dann leicht nach Südwesten ab, um Herbsleben dann durch das Obertor an der Südwestecke des Ortes in Richtung Nägelstedt – Merxleben zu verlassen. Letzteres könnte wiederum auf eine ältere, nicht geplante Wegeführung und damit auch ungeplante Anlage verweisen. Ein weiteres Tor, das Mitteltor, befand sich in der Verlängerung einer vom Marktplatz nach Süden gehenden Straße.1467 1465 1466 1467
IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung, S. 26. Vgl. auch Kap. I.2.2. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 91. Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. WOLFER. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.) Außerdem Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Topographisches Feldoriginal –
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Anders als der Westteil der Siedlung ist das in einem Halbkreis von Norden östlich um die Burg herum gelegene und bis an die Schafgasse heranreichende Areal in jeder Hinsicht unregelmäßig. Wegen der unmittelbaren Lage bei der Burg handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die zur Burg gehörige Siedlung. Deutlich wird dieses auch aus den Straßennamen Herrengasse, „Das Kleine Vorwerk“ und „Das große Vorwerk“.1468 Damit dürfte der Ort Herbsleben mindestens aus zwei Siedlungsteilen bestehen, welche dann wiederum auch unterschiedlich entstanden sein könnten. Ersichtlich wird die Zweiteilung vielleicht auch daran, dass noch im 19. Jahrhundert der östliche Teil als Niederdorf und der westliche als Oberdorf bezeichnet wurden.1469 Ob es sich beim Niederdorf auch um den Ort „Altherbsleben“1470 handelt oder dieser erst im Zusammenhang mit der Burg entstanden ist, während der frühmittelalterliche Ort im Bereich der heutigen Plananlage zu suchen ist, kann anhand dieses Befundes nicht geklärt werden. Einen Hinweis zu den Entstehungszusammenhängen der Ortsteile kann möglicherweise die Lage der Pfarrkirche im Ort geben. Schon wegen ihres ursprünglichen Wigbertpatroziniums ist sie als sehr alt anzusehen und bestand wohl schon vor der Burganlage.1471 Sie liegt aber nicht in der östlichen Burgsiedlung, sondern westlich der Burg auf dem späteren Marktplatz.1472 „Altherbsleben“ dürfte demzufolge eher im Bereich westlich der Burg zu suchen sein. Demgegenüber entstand der Teil östlich der Burg vielleicht erst im Zusammenhang mit der Burg. In diesem Zusammenhang bereitet jedoch eine im Süden vor dem ehemaligen Mitteltor noch heute haftende Straßenbezeichnung Schwierigkeiten. Hier trägt eine südlich um den Ort herumführende Straße den Namen Anger.1473 „Anger“ wiederum verweist auf einen dörflichen Gemeinschaftsplatz, an welchem die gesamte Dorfgemeinschaft Nutzungsrechte hatte und welcher gleichzeitig auch
1468
1469 1470 1471 1472
1473
Urmesstischblatt der preußischen Messtischaufnahme von 1853/54, 32, Tennstedt und 326 Gebesee. Zum Namen und der Lage der Tore vgl. ZEYSS: Herbsleben, S. 64. BECK: Geschichte 3,1, S. 351. Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. WOLFER. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). Außerdem: HOPF: Baugeschichte des Schlosses Herbsleben, S. 92. Vgl. ZEYSS: Herbsleben, S. 103. Der Begriff wird in den Quellen nicht erwähnt und soll hier als Terminus technicus verwendet werden, um den frühmittelalterlichen Ort Herbsleben zu bezeichnen. Vgl. oben. Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. WOLFER. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9.
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Versammlungsplatz der Dorfgenossenschaft gewesen sein konnte.1474 Dieser Anger lässt sich in keiner Weise in Beziehung zu einer älteren Siedlung Herbsleben bringen. Möglicherweise bietet sich jedoch eine Lösung im Zusammenhang mit der Stadt Schlotheim an. Auch hier lässt sich, in diesem Fall aber innerhalb der Stadt gelegen, ein Platz feststellen, welcher den Namen Anger trägt und der darüber hinaus sogar Waidanger heißt. Schon im Zusammenhang mit diesem Platz ist vermutet worden, dass es sich möglicherweise um den Platz des lokalen Waidhandels handelte, und dabei ist auch bereits auf die Bedeutung des Erfurter Hauptmarktes – dem Anger als Waidhandelsplatz der Stadt Erfurt verwiesen worden.1475 Deshalb könnte durchaus angenommen werden, dieser Platz sei der Ort des Waidhandels in Herbsleben gewesen. Damit wiederum kann das Herbslebener Kaufhaus nicht das Zentrum des örtlichen Waidhandels gewesen sein, sondern muss tatsächlich als Auslagestätte für andere Handelswaren gedient haben. Über die Grenze zwischen Ober- und Niederdorf gibt ein Bericht über eine Brandkatastrophe aus dem Jahr 1627 Auskunft. Hier wird berichtet, große Teile des Niederdorfes seien etwa bis zur Kirche niedergebrannt.1476 Damit wird deutlich, dass das sogenannte Niederdorf wenigstens bis zur Kirche wohl aber auch darüber hinaus reichte. Insofern umfasste das Niederdorf demnach die älteste Siedlung mit der Wigbertikirche und die bei der Burg entstandene Burgsiedlung. Demgegenüber handelt es sich beim Oberdorf wohl um eine spätere Ortserweiterung, welche in der Folge der Markterhebung planmäßig angelegt worden ist. Das innerhalb der spätmittelalterlichen Befestigung gelegene Herbsleben zergliedert sich damit in drei Siedlungsteile: Altherbsleben, welches im Wesentlichen nördlich, östlich und südlich der Wigbertikirche gelegen haben durfte. Die später entstandene Burgsiedlung, welche den Ostteil des Ortes mit der Burg einnahm, sowie die planmäßige Marktsiedlung im Westteil – das Oberdorf, welches aber gerade im Südteil einige Unregelmäßigkeiten aufweist.1477 Auch der im Ortsplan von 1822 erkennbare Marktplatz könnte ursprünglich größer angelegt gewesen sein. So trägt eine südöstlich der Kirche liegende Straße den Namen „Neue Gasse“. Dieser Straßenzug schließt einen unmittelbar an den Markt grenzenden Baublock nach Osten und Süden ab. Die Bezeichnung „Neue Gasse“ verweist auf eine spätere Entstehung dieses Straßenzuges und damit auch der Bebauung in diesem Bereich. Sollte dieser Baublock tatsächlich erst später
1474 1475 1476 1477
TEMLITZ: Anger, S. 367-389. Vgl. Kap. II.3.7.2. Vgl. ZEYSS: Herbsleben, S. 103. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9.
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entstanden sein, war der Marktplatz in seiner ursprünglichen Anlage eher viereckig, wobei im westlichen Teil die Kirche und der Friedhof lagen.1478 Damit hätte der Marktplatz statt der Größe von etwa 70 x 30 Meter ursprünglich 70 x 150 Meter Ausdehnung gehabt.1479 Entstanden sein könnte der Baublock, welcher den Mark dann erheblich verkleinerte, möglicherweise aus dem hier befindlichen Kaufhaus und angeschlossenen Marktbuden.1480 Die Fleischbänke befanden sich vor dem Fleckskeller an der Nordseite des Marktes.1481 Die Gesamtfläche Herbslebens beträgt innerhalb der mittelalterlichen Befestigung 29 Hektar.1482 Die Ausdehnung ist in mehrerer Hinsicht erstaunlich. So ist der Ort in seiner Fläche fast dreimal so groß wie die Stadt Schlotheim, besaß eine größere Grundfläche als die Städte Tennstedt und Thamsbrück. Außerdem ist Herbsleben knapp eineinhalb Hektar größer als die in diesem Raum wichtige landgräfliche Stadt Weißensee. 1483 Des Weiteren liegt seine Fläche knapp unterhalb der von Stoob veranschlagten Schwelle zu den Mittelstädten, welche mindestens 30 Hektar Fläche umfassen müssen.1484 Zu untersuchen ist allerdings, wie aussagekräftig letztendlich die Gesamtfläche Herbslebens für den Charakter des Ortes ist. Grundsätzlich fällt beim Blick auf den Ortsplan von 1822 auf, dass die Bebauung sehr locker und wenig dicht
1478
1479
1480
1481 1482 1483
1484
Der Friedhof wurde im späten 16. Jahrhundert von der Wigbertkirche vor das Mitteltor außerhalb des Ortes verlegt. (ZEYSS: Herbsleben, S. 81.). Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Ermittelt wurde die Fläche mit: http://www.geoproxy.geoportal-th.de/geoclient/control (26.04.2013) anhand des Ortsplanes von A. Wolfer aus dem Jahr 1822. (Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. WOLFER. [LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.]). Kaufhäuser befanden sich häufig auf oder am Markt und zusätzliche Verkaufsgaden konnten direkt daran angeschlossen gewesen sein. (ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter [2012], S. 111f. NAGEL: Kaufhaus, S. 71.). Vgl. ZEYSS: Herbsleben, S. 66, Anm. 3. Zur Ermittlung der Fläche vgl. oben. Schlotheim ist mit annähernd neun Hektar ummauerter Fläche die kleinste der untersuchten Städte. Thamsbrück kommt immerhin noch auf annähernd 22 Hektar und bei Tennstedt sind es etwa 18 Hektar Siedlungsfläche. Im Fall Tennstedts nicht berücksichtigt sind die unmittelbar vor der Stadt gelegenen, 1419 mit Stadtrecht ausgestatteten und 1436 an die Stadt verkauften Osthöfe. Sie umfassen noch einmal rund vier Hektar Fläche. Weißensees Fläche innerhalb der Ummauerung beträgt etwa 27,5 Hektar. Zur Siedlungsfläche dieser Orte vgl. Kap. II.1.6., Kap. II.2.6.3 und Kap. II.3.9. Ermittelt wurde die Fläche Weißensees mit: http://www.geoproxy.geoportal-th.de/geoclient/ control (26.04.2013). STOOB: Stadtformen, S. 159.
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ist. Nicht nur die Hinterhöfe sind äußerst großzügig konzipiert, auch die Straßenfronten sind nicht durchgängig bebaut. Des Weiteren gibt es unbebaute Flächen in der gesamten Ortslage, jedoch meistens in Randlage zur Befestigung.1485 Hierfür gibt es unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten. Eine Variante wäre, dass die Randbereiche, wie andernorts auch, entlang der Befestigung für Verteidigungszwecke unbesiedelt blieben. Weiterhin könnte der Ortskern dichter bebaut gewesen sein, weil er wegen seiner Nähe zum Markt als Wohnplatz attraktiver erschien. Demgegenüber bleiben die Flächen am Rand dann frei. Letzterer Umstand würde vielleicht auf einen großzügig geplanten Marktort verweisen, welcher in seiner Gesamtfläche jedoch nie vollständig aufgesiedelt worden ist. Außerdem bestünde auch die Möglichkeit, dass die Randflächen im Zuge von Bevölkerungsverlusten frei wurden. Für Letzteres gibt es durchaus Hinweise in den Quellen. So hatten der Dreißigjährige Krieg und die Pestwellen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf die Herbslebener Bevölkerung, wie andernorts auch zu beobachten, massive Auswirkungen.1486 Die Bebauungslücken entlang der Straßenfronten waren wiederum ein Ergebnis des Wiederaufbaues nach dem großen Brand von 1818. Aus Gründen des Brandschutzes wurden einerseits die Straßen verbreitert, anderseits aber auch Lücken zwischen Häusern gelassen.1487 Insofern dürfte die Bebauung Herbslebens ursprünglich wesentlich dichter gewesen sein, als sie sich 1822 darstellt, und darüber hinaus könnte auch der Straßenverlauf wesentlich geradliniger gewesen sein, als auf dem Plan von 1822 erkennbar, und vor allem der westliche Teil, das Oberdorf könnte eine geplante Ortserweiterung im Ergebnis der Marktrechtsverleihung sein. Auf eine nicht geringe Bevölkerung verweisen gerade die zwischen 1613 und 1636 registrierten Pesttoten. Insgesamt starben in fünf Pestwellen (1613, 1625, 1626, 1635 und 1636) innerhalb von 33 Jahren 1545 Einwohner.1488 Hinweise auf die Anzahl der Wohnhäuser in Herbsleben gibt ein Bericht aus dem Jahr 1627. Am 21. Mai dieses Jahres brannten im Niederdorf, welches ab der Wigbertikirche den Ostteil des Ortes umfasste, 136 Häuser nieder.1489 Im Jahr 1529 mussten 148 Haushaltsvorstände Buße leisten, weil sie am Aufstand gegen den Amtmann zu Herbsleben teilgenommen hatten, gegen den Grafen von Gleichen in Tonna gezogen waren und das Kloster Ottenhausen überfallen hatten.1490 Im Ortsplan von 1822 sind etwas über 300 Wohnhäuser verzeichnet, von denen etwa 40 im Süden 1485 1486 1487 1488 1489 1490
Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. WOLFER. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). ZEYSS: Herbsleben, S. 99-127. STEUCKART: Herbsleben 2, S. 5-14. BECK: Geschichte 3,1, S. 353. ZEYSS: Herbsleben, S. 103. BECK: Geschichte 3,1, S. 352.
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im sogenannten neuen Dörfchen außerhalb der mittelalterlichen Ortsbefestigung lagen.1491 Dieses „Neue Dörfchen“ entstand erst nach dem großen Brand von 1818, als im Zuge des Wiederaufbaues die Straßenfronten zurückverlegt worden sind. In diesem Zusammenhang war ein Teil der Bevölkerung gezwungen, ihre Wohnstätten im Süden vor dem Dorf neuzubauen.1492 Insofern könnte eine Häuserzahl zwischen 250 bis 300 auch für das Spätmittelalter durchaus realistisch sein. Genauere Einblicke in die spätmittelalterlichen Verhältnisse gibt eine Geschossrechnung von 1475. Hier werden 197 schossende Haushalte aufgelistet1493 und daraus lassen sich dann vorsichtige Schätzungen der Gesamtbewohnerzahl ableiten. Problematisch ist dabei jedoch vor allem, dass nicht bekannt ist, wie viele Personen in einem Haushalt lebten. So kommen zu den unmittelbaren Familienangehörigen noch Gesinde und Handwerksknechte, welche ebenfalls zum Haushalt gehörten.1494 Dass es in Herbsleben solche zum erweiterten Haushalt zu zählende Personen gab, wird aus den in der Urkunde von 1436 genannten Haussassen erkennbar.1495 Es ist somit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, die Durchschnittsangehörigen eines Haushaltes zu ermitteln. Dennoch wird in der Regel von 3-5 zu einem Haushalt gehörenden Personen ausgegangen.1496 Daraus wiederum ließe sich bei einer Durchschnittszahl von 4 Familienangehörigen je Haushalt eine Gesamtbewohnerzahl von etwa 788 Personen ermitteln. Diese Zahl dürfte sich in Relation zu den Pesttoten des 17. Jahrhunderts wiederum eher an der Untergrenze der Gesamtbevölkerung bewegen. Mit einer somit etwa mindestens 800 Einwohner starken Bevölkerung liegt Herbsleben an der unteren Schwelle der von Stoob für Kleinstädte ermittelten Bevölkerungszahl.1497 Damit entspricht Herbsleben letztendlich ganz im Sinne des von Franz Irsigler entworfenen Kriterienbündels auch in seiner Topographie durchaus einer Stadt und wäre auch aus diesem Grund als städtische Siedlung anzusprechen. Vor der ehemaligen Ortsbefestigung nördlich der Straße nach Gebesee trägt eine Straße noch heute den Namen Spittelgartenweg. Das Visitationsprotokoll für das Amt Weißensee aus dem Jahr 1540 legt auch die Verwaltung des Kirchengutes 1491
1492 1493 1494 1495 1496 1497
Vgl. Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 gez. v. A. Wolfer. (LATh-StA Gotha Flurbücher, Steuerkataster, Nr. 580.). Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. STEUCKART: Herbsleben 2, S. 5-14. LATh-StA Gotha Bestand Herbsleben, Loc. 40, Nr. 7 (Geschossrechnung von 1475). ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 58-60. Vgl. Kap. II.5.5.3. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 60. STOOB: Stadtformen, S. 159.
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in Herbsleben fest. In diesem Protokoll werden Einkünfte eines Hospitals zu Herbsleben genannt. Des Weiteren wird erklärt: Zum vierdten sol das Einkommen zum hospital bleibenn unnd nochmals zu unterhaltung der armen gewanndt werdenn.1498 In einer 1548 durch den herzoglichen Amtmann Kurt Vitzthum von Eckstedt erlassenen Verordnung heißt es im Abschnitt neun unter anderem, dass alles, was die Spital- und Altarleute sowie die Kastenmeister anmahnen, auch zu erbringen ist.1499 Damit wird ersichtlich, dass spätestens seit den 1540er Jahren für Herbsleben ein Hospital nachzuweisen ist, welches für die Versorgung der Armen zuständig war. Im Jahr 1630 übertrug Hans Meusemann dem Hospital Besitz, damit seine von der Pest befallene Tochter im Hospital aufgenommen und gepflegt werden konnte.1500 Das hierfür notwendige Siechenhaus lag etwas abseits vom eigentlichen Hospital nördlich direkt an der Unstrut.1501 Neben der Armenfürsorge hatte das Hospital demzufolge die Aufgabe, Kranke zu versorgen. Damit nahm es Aufgaben wahr, wie sie auch städtischen Hospitälern eigen waren.1502 Auch die Lage des Hospitals entsprach durchaus der städtischer Hospitäler. Es lag außerhalb des Ortes an einer Wegkreuzung an dem Hauptweg, welcher aus Süden kommend durch den Ort führte und ihn dann im Osten durch das Niedertor in Richtung Gebesee wieder verließ. Ein weiterer Weg zweigte dann vor dem Niedertor von dieser Straße nach Norden in Richtung Tennstedt ab und überquerte in Höhe des zum Hospital gehörigen Siechenhaus die Unstrut. 1503 Ausschlaggebend hierfür war sicherlich nicht nur die verkehrsgünstige Lage des Platzes, sondern auch, dass Hospitäler und deren Siechenhäuser vor allem aus hygienischen Gründen direkt an fließenden Gewässern errichtet wurden.1504 Hospitäler entstanden seit dem 13. Jahrhundert vermehrt als kommunale Gründungen und waren eine eher städtische Erscheinung.1505 Heinrich Zeyß bemerkt hierzu, dieses Hospital sei am Ende des 14. Jahrhunderts aus den Mitteln der Kirche gegründet worden, gibt aber hierfür keine weiteren Nachweise an.1506 Bemerkenswert ist diese Behauptung vor allem deshalb, weil noch das Mainzer
1498 1499 1500 1501 1502 1503 1504 1505 1506
ZEYSS: Herbsleben, Anhang 3, S. 266f. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 4, S. 271. ZEYSS: Herbsleben, S. 105. ZEYSS: Herbsleben, S. 64. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 575-578. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Zur Lage von Hospitälern und Siechenhäusern: ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 44. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 547f. ZEYSS: Herbsleben, S. 64.
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Subsidienregister von 1506 keinerlei Hinweise auf ein Hospital liefert.1507 Jedoch ist nicht auszuschließen, dass das Hospital dem Mainzer Erzbischof nicht subsidienpflichtig war. Des Weiteren könnte es, wie Zeyß meint, durchaus aus den Mitteln der örtlichen Kirche gegründet worden sein. Es wurde dann deshalb nicht gesondert im Subsidienregister genannt, weil es mit in den Abgaben der örtlichen Kirche enthalten war, ohne gesondert erwähnt werden zu müssen. Eine Gründung nach 1506 ist dennoch nicht unmöglich. So erfolgten auch noch im 16. Jahrhundert durchaus Hospitalgründungen, aber gerade nach der Reformation geschah dies eher selten.1508 Eine Gründung um 1400 kann ebenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. So befand sich Herbsleben, wie sich aus der bisherigen Untersuchung ergibt, im letzten Drittel des 14. und im frühen 15. Jahrhundert aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Höchststand seiner Entwicklung. Insofern ist eine Hospitalgründung in dieser Zeit nicht unbedingt auszuschließen. Allerdings liefern weder die sogenannte „Fleckskellerordnung“ von 1425 noch die Ordnung von 1436 Hinweise auf ein bestehendes Hospital.1509 Möglich ist aber, dass eine solche Nennung in diesen Privilegien nicht erfolgte, weil es bezüglich des Hospitals seitens des Landgrafen keinen Regelungsbedarf gab oder er gar keinen Zugriff darauf hatte. Dennoch ist eine Gründung um 1400 kaum nachweisbar und die fehlende Nennung im Mainzer Subsidienregister von 1506 scheint doch eher auf eine Stiftung nach dessen Entstehung zu verweisen. Grundsätzlich kann trotz allem eine Einrichtung im Spätmittelalter nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Neben dem in seiner Entstehungszeit nur schwer einzuordnenden Spital bereiten zwei Einträge im Grundstückskataster von 1852 noch viel größere Schwierigkeiten. Bei der Beschreibung der Grundstücke 30a und 32a heißt es: Wohnhaus auf dem sogenannten Klosterplatz. Bei diesen beiden Grundstücken handelt es sich heute um die Hauptstraße 22 und 26 im Westteil des Dorfes östlich des Obertores. 1510 Grundsätzlich könnte die Bezeichnung auf ein ehemaliges Kloster verweisen. Nachweisbar ist ein solches ansonsten jedoch nicht. Möglicherweise steht dieser Straßenname aber auch nur im Zusammenhang mit Besitz eines ortsfremden Klosters. Immerhin verfügte aller Wahrscheinlichkeit nach das Kloster Reinhardsbrunn über Besitz in Herbsleben, aber auch hersfeldischer Besitz dürfte hier vorhanden gewesen sein. Des Weiteren hatte auch das Kloster Helmarshausen im 1507 1508 1509 1510
Mainzer Subsidienregister, Nr. 1715-1732. BÜNZ: Art. Hospital, Sp. 1135. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 2, Nr. 3 u. 4. Vermessungsregister der Flurstücke. Abdruck in: STEUCKART: Herbsleben 2, S. 20. Vgl. auch: Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9.
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12. Jahrhundert grundherrliche Rechte im Ort. Ebenso lassen sich Beziehungen zum Kloster Fulda nachweisen, welche, wie aus dem Eintrag im markgräflichen Register unter Herbsleben deutlich wird, durchaus bis ins Spätmittelalter bestanden haben könnten.1511 Zeyß bemerkt hierzu, dass sich in der Klostergasse im Oberdorf eine besondere Meierei des Klosters Döllstedt befunden habe, welche von Laienbrüdern bewirtschaftet worden ist. Er verweist hierzu auf eine Urkunde von 1327, welche er als Regest im Anhang seiner „Geschichte des Marktfleckens Herbsleben“ wiedergibt. 1512 Der vollständige lateinische Wortlaut der Urkunde findet sich in „Thuringia Sacra. Urkundenbuch, Geschichte und Beschreibung der thüringischen Klöster, Bd. 2 von Wilhelm Rein. Hierbei handelt es sich um eine Kaufbestätigung über einen Hof in Herbsleben, welcher durch das Kloster Heida an das Kloster Döllstedt verkauft worden ist. Dieser Hof war zuvor durch Albert von Herbsleben mit allen dazugehörigen Rechten an das Kloster Heida übertragen worden.1513 Das Kloster verfügte darüber hinaus über weiteren umfangreichen Besitz in und um Herbsleben, welcher zum großen Teil erst am Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts von den Herren von Herbsleben an das Kloster übertragen worden war. Dieser gelangte in erheblichem Umfang schon vor 1327 an das Döllstedter Nonnenkloster.1514
5.7 Zusammenfassung Bei Herbsleben handelt es sich um einen Ort, welcher in seiner Entstehung wenigstens bis in die Zeit des Thüringer Königreiches zurückreichen dürfte. Er lag verkehrsgeographisch günstig an einem Flussübergang. Der hier errichtete Erzpriestersitz könnte darauf hindeuten, dass der Ort bereits recht früh eine wesentliche Rolle in der Kirchenorganisation spielte und damit ein zentraler Ort der Bevölkerung des Umlandes war. Dass sich hier bereits nach der Unterwerfung Thüringens durch die Franken auch eine fränkische Garnision befand, ist wegen fehlender archäologischer Funde nicht zu beweisen. Der frühste nachweisbare Besitz im Ort steht im Zusammenhang mit dem Kloster Fulda; die diesem Besitz zugrunde liegenden Schenkungen gehören wohl 1511 1512 1513 1514
Vgl. Vermessungsregister der Flurstücke. Abdruck in: STEUCKART: Herbsleben 2, S. 1846, hier S. 20. ZEYSS: Herbsleben, S. 66, Anm. 5 u. Anhang 1, Nr. 129. Thuringia Sacra 2, Urkunden und Regesten III: Heyda, Nr. 11. Thuringia Sacra 2, Urkunden und Regesten III: Heyda, Nr. 1-10.
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in das 9. Jahrhundert. Des Weiteren hatten das Kloster Helmarshausen und das Kloster Reinhardsbrunn im 12. Jahrhundert hier Besitz, über dessen Alter aber nichts bekannt ist. Im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert erwarb außerdem des Klosters Heida umfangreichen Besitz in und um Herbsleben. Teile davon wurden recht zeitnah an das Kloster Döllstedt weiterveräußert. Außerdem deutet sich aus dem Wigbertipatrozinium der Ortskirche an, dass möglicherweise auch das Kloster Hersfeld umfangreichere Rechte im Ort besaß. Darauf beruht dann sicherlich auch die Beziehung der Ministerialen von Herbsleben zum Kloster Hersfeld. So waren sie wahrscheinlich schon im 12. Jahrhundert, sicher aber im 13. Jahrhundert hersfeldische Ministeriale und sind dann im 13. Jahrhundert auch mit hersfeldischem Besitz im Raum Gebesee-Herbsleben belehnt gewesen. Hieraus ergibt sich, dass das Kloster Hersfeld wenigstens im 12. und 13. Jahrhundert bestimmend im Ort gewesen sein dürfte. Darüber hinaus lassen sich Verbindungen des Geschlechtes zu weiteren wichtigen Herren nachweisen. So waren sie bereits im 12. Jahrhundert auch mainzische Vasallen, ohne dass sich mainzischer Besitz in Herbsleben nachweisen lässt. Ebenso haben die Ministerialen von Herbsleben seit dem späten 12. Jahrhundert wohl auch in Lehensbeziehung zu den Landgrafen von Thüringen gestanden. Jedoch ist landgräflicher Besitz im Ort für diese Zeit ebenfalls nicht nachweisbar. Damit unterhielt diese Familie Beziehungen zu den wichtigsten Territorialherren im Umfeld des Ortes und in Thüringen. Allerdings tritt im 14. Jahrhundert eine Veränderung in den Beziehungen zu diesen Territorialherren ein, die in der Folge auch erhebliche Auswirkungen für den Ort selber hatte. Spätestens für das 14. Jahrhundert lässt sich eine Entwicklung feststellen, welche dazu führte, dass das Verhältnis derer zu Herbsleben von den Landgrafen erheblich gestört war. So sind im Jahr 1319 die Ministerialen von Herbsleben auf der Seite der Grafen Hohnstein unter den Gegnern der Landgrafen anzutreffen, und bereits 1311 hatten sie sich mit der Stadt Erfurt und anderen Adligen gegen die Wettiner verbündet. Seit den 1320er Jahren ist dann auch eine lehensrechtliche Beziehung derer von Herbsleben zu den Schwarzburgern erkennbar, welche sich ebenfalls nicht auf Besitz der Grafen von Schwarzburg in Herbsleben selbst gründete. In welchem Zusammenhang die Abwendung von den Wettinern nach 1310 erfolgte, lässt sich jedoch nicht ausmachen. Ob sie in Verbindung mit der Hinwendung der Ministerialen von Herbsleben zum Königtum in den 1280er/90er Jahren steht, ist nicht zu erkennen, erscheint aber nicht unwahrscheinlich. Die für die nächsten 30 Jahre maßgeblich die Geschicke der Ministerialen von Herbsleben und des Ortes bestimmende Dynastie kommt mit den Grafen von Henneberg jedoch aus dem Raum südlich des Thüringer Waldes. Graf Berthold VII. von Henneberg wurde 1323 mit der Burg Herbsleben durch den König
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belehnt und erreichte 1331, dass die Ministerialen von Herbsleben vom König das Recht erhielten, einen Wochen- und Jahrmarkt im Ort einzurichten. Schwierigkeiten bereitet vor allem die Frage, auf welchem Weg die Burg in Reichsbesitz gelangt war, um dann an Graf Berthold als Reichslehen ausgegeben werden zu können. Letztendlich scheint jedoch einigermaßen sicher, dass sie im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts über Albrecht von Herbsleben, welcher sie wahrscheinlich dem König zu Lehen aufließ, an das Reich gelangte. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts war es den Hennebergern dann gelungen, ihre Rechte, welche zunächst nur die Burg umfassten, so weit auszubauen, dass sie auch über den Ort selbst verfügten. Die wohl wesentlichste Veränderung für den Ort trat mit der Erteilung des Marktrechtes durch König Ludwig im Jahr 1331 ein. Verliehen wurde es den Ministerialen von Herbsleben auf Bitten ihres Lehnsherren Berthold von Henneberg. Die Erteilung des Marktrechtes erfolgte demzufolge für die Ministerialen von Herbsleben. Dennoch dürfte auch der Henneberger ein Interesse daran gehabt haben. Vorstellbar ist, dass die Herren von Herbsleben nach dem Vorbild ihrer gräflicher Herren aber auch benachbarter Standesgenossen den Ort zu einem Herrschaftssitz mit repräsentativem Charakter ausbauen wollten, vielleicht sogar einen Ausbau zur Stadt beabsichtigten. Die Erteilung eines Wochen- und Jahrmarktprivilegs deutet des Weiteren darauf hin, dass der Ort nicht nur als Nahmarkt für das Umland, sondern auch als Fernhandelsplatz etabliert werden sollte. Das in Herbsleben erhobene Geleit verweist außerdem darauf, dass der den Ort passierende Fernverkehr nicht unerheblich war und auch die für 1349 in Herbsleben nachweisbaren Juden dürften Ausdruck eines regen Wirtschaftslebens sein. Auch das 1378 erwähnte Kaufhaus spricht für eine gewisse Bedeutung des Platzes in der Wirtschaft der Region. Das maßgebliche, im Ort hergestellte Fernhandelsgut könnte Waid gewesen sein. Allerdings sind sicherlich auch andere, nicht in der Region produzierte Güter im Herbslebener Kaufhaus und auf dem Markt für die ortsansässige Bevölkerung und das Umland gehandelt worden. Ob Herbslebener Händler den Waid selbst exportierten oder er durch auswärtige Fernhändler am Jahrmarkt gekauft und dann exportiert wurde, ließ sich nicht ermitteln. Nicht auszuschließen ist beispielsweise, dass der Waid auch nach der Nachbarstadt Tennstedt, welche ein Waidhandelszentrum war, oder nach Erfurt gehandelt wurde. Ob Herbsleben nach der Markterhebung in einem zweiten Schritt zur Stadt ausgebaut werden sollte, war nicht zu erkennen. Vorstellbar ist dieses durchaus. Ebenso ist aber möglich, dass eine vollständige Entwicklung zur Stadt weder von der Ministerialen von Herbsleben noch von einem die Oberherrschaft über den Ort ausübenden Herren gewollt war und somit gezielt verhindert wurde. Zumin-
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dest deutete sich an, dass Herbsleben gerade in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts durchaus auch das wirtschaftliche Potential einer Stadt gehabt haben könnte und deshalb eine Stadterhebung auch aus dieser Perspektive möglich gewesen wäre. Der Übergang der Ortsherrschaft an die Wettiner stellte für diese einen wichtigen Schritt in der Arrondierung ihres Besitzes in der Region dar. Mit Herbsleben verfügten sie über einen weiteren wichtigen Eckpfeiler an der Nahtstelle des südwestlichen und nordöstlichen Teils der Landgrafschaft. Für die Ministerialen von Herbsleben dürfte das Einrücken der wettinischen Landgrafen in die Ortsherrschaft eher problematisch gewesen sein, und es deutete sich an, dass sie dagegen zunächst durchaus Widerstand leisteten. Im Jahr 1354 wurden sie dann aber durch die Landgrafen mit Burg und Ort Herbsleben belehnt. In die Zeit der wettinischen Landgrafen fallen dann auch die zwei einzigen Nennungen Herbslebens als Stadt. Auch wenn der Ort in zwei Urkunden aus den Jahren 1369 und 1404 ausdrücklich als Stadt bezeichnet worden ist, erscheint er ansonsten bis auf eine weitere Ausnahme als Dorf in den Quellen. Auffällig war dabei, dass die Bezeichnung Stadt nur in Urkunden benutzt worden ist, welche für Standesgenossen der Landgrafen ausgestellt worden waren. Dabei geschah der Rückgriff auf diesen Terminus wohl, um den Ort gegenüber den Empfängern der Urkunden aufzuwerten. Demgegenüber wurde Herbsleben bis auf eine Ausnahme in den Urkunden Dorf genannt, welche der Landgraf für die Gemeinde selbst ausstellte und welche die Gemeinde und die innere Verfassung des Ortes betrafen. Demzufolge vermied der Ortsherr die Bezeichnung Stadt ausdrücklich gegenüber den Bewohnern des Ortes. Lediglich in der sogenannten „Fleckskelleordnung“ von 1425 wird Herbsleben nicht mehr nur Dorf, sondern auch Flecken genannt. Damit scheint der Ort auch in seiner inneren Verfasstheit eine Entwicklung genommen zu haben, welche eine bloße Bezeichnung als Dorf nicht mehr möglich machte. Gleichwohl enthält auch diese Fleckskellerordnung keine Rechte und Statuten, welche darauf schließen lassen, dass Herbsleben eine Stadt geworden war. Alle in der Ordnung privilegierten und bestätigten Rechte heben den Ort zwar etwas aus dem dörflichen Charakter hinaus, sie sind aber gerade für das Spätmittelalter bei Dörfern durchaus nicht unüblich. Auch durch die sogenannte Sonderung von 1387 werden der Gemeinde einige Freiheiten und Rechte bestätigt, genuin städtische Rechte enthält sie aber nicht. Dennoch ermöglichten sowohl die Sonderung als auch die Ordnung von 1425 Herbsleben ein gewisses Maß an Selbstverwaltung, städtische Selbstverwaltungsgremien werden jedoch ebenfalls nicht geschaffen. Letztlich erhält der Ort dann mit der Satzung von 1436 eine ausdrückliche Dorfordnung, die jedoch weitreichende Rechte und Freiheiten für die Gemeinde beinhaltete. In seiner inneren
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Verfassung scheint Herbsleben dennoch eher einem Dorf als einer Stadt entsprochen zu haben. Gleichwohl musste der Ort, um die Bezeichnung Stadt durch die Landgrafen gegenüber den Standesgenossen zu rechtfertigen, über gewisse städtische Merkmale verfügt haben. Diese dürften letztlich vor allem äußere Merkmale wie Größe und eine wahrscheinlich seit den 1360er Jahren vorhandene Befestigung, aber wahrscheinlich auch der vorhandene Markt gewesen sein. So fällt auf, dass Herbsleben um einiges größer war als die meisten anderen Städte des Untersuchungsraumes und darüber hinaus wahrscheinlich eine für ein Dorf verhältnismäßig hohe Bevölkerungszahl aufwies. Dass den Nennungen als Stadt tatsächliche eine Stadterhebung voranging, welche dann aber scheiterte, war nicht auszuschließen, konnte aber nicht bewiesen werden. Offensichtlich handelt es sich bei Herbsleben um einen der im Spätmittelalter häufig anzutreffenden Orte, 1515 welche auf einer Entwicklungsstufe zwischen Dorf und Stadt stehen geblieben waren, ohne dass zu erkennen ist, ob dieses seitens des Orts- oder Landesherrn gewollt war oder andere Gründe dafür verantwortlich sind. So scheint Herbsleben trotz fehlenden Stadtrechtes und einer städtischen Verfassungsstruktur eine höhere Stufe von Urbanität erreicht zu haben, als einige andere Städte des Untersuchungsraumes.
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Vgl. exempl.: STOOB: Minderstädte, S. 18-22. FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 633f. EHBRECHT: Minderstadt, S. 17-43. ENNEN: Minderstädte, S. 85.
III.
VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
1. Die herrschaftliche Perspektive 1.1 Thamsbrück, Tennstedt, Schlotheim, Langensalza und Herbsleben im Spannungsfeld landesherrlicher Territorialpolitik Im Rahmen ihrer Arbeit zu den ludowingischen Städten stellte Christine Müller fest, dass die landgräfliche Herrschaftspolitik seit Hermann I. anscheinend auf die Herstellung eines Bogens verdichteter Herrschaft von der unteren Unstrut bis zur Werra und von Eisenach bis zum Kamm des Thüringer Waldes abzielte. Nach ihr verband sich damit das Ziel, den gesamten thüringischen Raum herrschaftlich zu erfassen. Auf diesem Weg schufen die Landgrafen, so Müller weiter, das Fundament für die Errichtung eines Flächenstaates, wie er im Spätmittelalter im ganzen Reich zu beobachten ist. Für Christine Müller dokumentiert gerade das Städtenetz diesen territorialen Herrschaftsaufbau anschaulich.1 Die von Hans Patze im Rahmen seiner Untersuchung der „Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen“ erstellte Karte „Der Herrschaftsbereich der Landgrafen von Thüringen bis 1247“ erweckt trotz aller dokumentierter Zersplitterung des ludowingischen Herrschaftsbereiches in einigen Regionen den Eindruck territorialer Geschlossenheit. Letzteres hätte aber zur Folge, dass die Verdichtung der ludowingischen Herrschaft bereits am Ende des Hochmittelalters weit genug fortgeschritten war, um wenigstens teilweise geschlossene Bereiche zu bilden. Bei genauerem Blick auf seine Karte fällt jedoch auf: Ein erheblicher Teil dieses vermeintlichen ludowingischen Besitzes ist nur erschlossen. Basis für Patzes Zuordnung zum ludowingischen Herrschaftsbereich waren Rechte landgräflicher Ministerialen und Vasallen.2 Die Karte ist ein Ergebnis der umfangreichen Untersuchung Patzes zur Entstehung und Entwicklung der ludowingischen Herrschaft. Auch hier schließt er häufig aus sich nach einem Ort nennenden ludowingischen Ministerialen auf landgräflichen Besitz. Bereits Gerd Strickhausen hat gegenüber dieser Methode Bedenken geäußert.3 Hierin folgte ihm dann Christine Müller, welche ausdrücklich darauf
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 323. Vgl. Karte: Herrschaftsbereich der Ludowinger, in: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2,1, Einband hinten. PATZE: Landesherrschaft, Einband hinten. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 345. STRICKHAUSEN: Burgen, S. 34.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
verwies, dass aus der Anwesenheit ludowingischer Ministerialen nicht unbedingt auch auf landgräflichen Besitz geschlossen werden darf.4 Weiterhin verzeichnet Patze in seiner Karte sicher nachweisbaren ludowingischen Besitz im Umfeld von Städten, welche als landgräfliche Gründungen beziehungsweise planmäßige ludowingische Stadterweiterungen angesehen werden.5 Nicht bei allen dieser Städte ist aber eine ludowingische Initiative bei der Stadtentwicklung anzunehmen. Verwiesen sei hier nur auf die Städte Dornburg a. d. Saale, Nebra, Schlotheim und Treffurt, welche Müller erstmals eben nicht als Städte betrachtete, deren Entstehung auf ludowingische Initiative zurückging. Vielmehr sah sie in ihnen Gründungen ministerialischer Geschlechter, welche zwar auch in einem Dienstverhältnis zu den Landgrafen standen, aber auch anderen Herren verpflichtet waren. Dargestellt werden sie in Patzes Karte jedoch als Mittelpunkte ludowingischen Besitzes.6 Schon Müller verwies deshalb darauf, dass an dem durch die Karte vermittelten Bild eine grundlegende Korrektur notwendig ist.7 Eine wesentliche Verbesserung gegenüber der Karte Patzes stellt die von Matthias Kälble entworfene und 2007 im Rahmen des Begleitbandes zur Ausstellung „Elisabeth von Thüringen – Eine europäische Heilige“ veröffentlichte Karte der Landgrafschaft Thüringen zur Zeit Ludwigs IV. dar. Hier wurde auf die flächige Darstellung der Herrschaft verzichtet. Vielmehr ist mit Hilfe eines Symbolsystems versucht worden, die Beziehungen einzelner Orte beziehungsweise dort ansässiger Geschlechter zu den Ludowingern der Herrschaftszeit Landgraf Ludwigs IV. darzustellen. Auch wurden gegenüber Patzes Karte Korrekturen hinsichtlich der Besitzverhältnisse vorgenommen. Schlotheim beispielsweise wird nur noch als Sitz ludowingischer Ministerialen angegeben. Flächenhafter ludowingischer Besitz wird anders als bei Patze damit nicht mehr dargestellt.8 Jedoch ist auch diese Karte an einigen Stellen noch zu korrigieren. So ist bei Kälble Langensalza ebenfalls noch als ludowingische Stadt ausgewiesen. Jedoch kann die Stadtentstehung Langensalzas kaum in ludowingischer Zeit erfolgt sein und auch eine sichere Zuordnung dieser Ministerialen von Salza zu den Ludowingern ist anzuzweifeln. Eine Mitwirkung der Ludowinger bei der Stadtentstehung 4 5 6
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MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 345-348. Erneut: MÜLLER: Wann wurde Langensalza zur Stadt?, S. 28f. Vgl. Karte: Herrschaftsbereich der Ludowinger, in: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2,1, Einband hinten. PATZE: Landesherrschaft, Einband hinten. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 270-284 u. 346. Vgl. Karte: Herrschaftsbereich der Ludowinger, in: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2,1, Einband hinten. PATZE: Landesherrschaft, Einband hinten. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 345. Vgl. auch: STRICKHAUSEN: Burgen, S. 34. Karte: Der Herrschaftsbereich Landgraf Ludwigs IV., von Thüringen (1217-1227), in: KÄLBLE: Reichsfürstin und Landesherrin, S. 84f.
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scheidet deshalb aus. Vielmehr erfolgte, wie die vorstehende Untersuchung ergab, die Erhebung des Ortes zur Stadt mit großer Wahrscheinlichkeit durch den Welfen Otto das Kind. Ziel war es dabei, ein Gegengewicht zum ludowingischen Thamsbrück zu schaffen. Die Entwicklung zur Stadt wurde wohl außerdem maßgeblich durch die Ministerialen von Salza vorangetrieben.9 Eine solche Mitwirkung an der Stadtentstehung war bereits durch Hans Patze vermutet worden. Er sah die Ministerialen von Salza aber noch in Beziehung zu den Ludowingern.10 Ähnlich verhält es sich bei der Gründungsstadt Schlotheim. Auch hier waren die Truchsessen von Schlotheim als landgräfliche Ministerialen wohl die treibende Kraft für die Entstehung der Stadt. Bereits Patze hatte wegen der späten Erwähnung als Stadt an einer Mitwirkung der Ludowinger bei der Gründung gezweifelt. In seiner Karte der Landgrafschaft 1247 verzeichnet er Schlotheim und die Umgebung aber als ludowingischen Besitz. Hierfür dürfte der Umstand ausschlaggebend gewesen sein, dass die Truchsessen von Schlotheim, als Inhaber eines Hofamtes besonders eng an die Landgrafen gebunden waren.11 Gleichzeitig stellt Patze in seiner der Karte zugrunde liegenden Untersuchung aber fest, dass Schlotheim kein an die Truchsessen ausgegebenes ludowingisches Dienstlehen war, sondern es sich auch um Allod dieses Geschlechts gehandelt haben könnte.12 Spätestens hier wird deutlich, dass Patze bei der Erstellung seiner Karte wenig konsequent mit den Ergebnissen seiner eigenen Untersuchung umging. Die Ludowinger scheinen vielmehr keinerlei Rechte an Schlotheim besessen zu haben. Dass ihre Nachfolger in der Landgrafschaft – die Wettiner – an der Stadtentwicklung Anteil hatten, scheint darüber hinaus gleichfalls mehr als zweifelhaft. Vielmehr deutet sich an, im Abt von Fulda den an der Gründung beteiligten Grundherrn zu sehen.13 Wesentlich schwieriger ließen sich die Hintergründe und Zusammenhänge der Stadtwerdung Tennstedts erkennen. Deutlich wurde nur: Im Spätmittelalter war die Stadtherrschaft zwischen dem Abt von Hersfeld und den wettinischen Landgrafen geteilt. Ob beide Herren die Entwicklung des Ortes zur Stadt gemeinsam vorantrieben oder sie sich die Stadtherrschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt teilten, war nicht eindeutig zu erkennen. Wahrscheinlich ist jedoch eine ursprünglich ausschließlich hersfeldische Stadtherrschaft, während die Wettiner in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts begannen, umfangreiche Rechte im Raum 9 10 11
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Vgl. Kap. II.4.4f. Vgl. auch MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 183-185. PATZE: Landesherrschaft, S. 422. Vgl. Karte: Herrschaftsbereich der Ludowinger, in: PATZE/SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2,1. PATZE: Landesherrschaft. Zu den Truchsessen vgl. Kap. II.3.5.1f. PATZE: Landesherrschaft, S. 330. Vgl. Kap. II.3.5.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Tennstedt zu erwerben. Welche Rolle die Ministerialen von Tennstedt bei der Stadtwerdung spielten, ist gleichfalls ungewiss.14 Bei dem ebenfalls untersuchten Ort Herbsleben ergriffen die hier ansässigen Ministerialen in einer günstigen Situation die Initiative und ließen durch den Grafen von Henneberg beim König die Erteilung des Marktrechtes erwirken. Auch diesen Ort hatte Patze in seiner Karte dem ludowingischen Herrschaftsraum zugeordnet, obwohl die Landgrafen nachweislich erst 1351 den Ort und die Burg aus der Hand derer von Herbsleben erwarben. Vielmehr waren hier, wie spätestens aus der Marktrechtsverleihung im Jahr 1331 deutlich wird, andere herrschaftliche Kräfte am Werken.15 Lediglich die Stadt Thamsbrück lässt sich als einziger untersuchter Ort in Zusammenhang mit den Ludowingern bringen. Ausschließlich hier handelt es sich auch um sicher nachweisbaren älteren ludowingischen Besitz. Sowohl die Errichtung der Burg als auch die Gründung der Stadt gehen auf die Ludowinger zurück. Damit ergibt sich ein vollkommen anderes Bild von der ludowingischen Herrschaft im Untersuchungsraum. Patzes Karte vermittelt noch den Eindruck eines breiten, im Raum Creuzburg – Eisenach beginnenden und sich bis nach Weißensee – Frömmstedt, lediglich an einigen Stellen unterbrochenen leicht bogenförmig verlaufenden Korridors mit verdichteten ludowingischen Herrschaftsrechten. Schon die bisherigen Ergebnisse haben aber gezeigt, dass eine solche flächenhafte Herrschaft keinesfalls existierte.16 Vielmehr war bis zum Aussterben der ludowingischen Landgrafen Thamsbrück allem Anschein nach der Ort, welcher den ludowingischen Besitzschwerpunkt um Weißensee mit dem im Südwesten liegenden Creuzburg und Eisenach, aber auch mit Gotha verband. Er war demnach als zentraler Ort im westlichen Teil der thüringischen Gebiete der Landgrafschaft der Angelpunkt zwischen dem ludowingischen Besitz in und um Weißensee sowie Creuzburg/Eisenach als auch Gotha und ist damit wohl als neuralgischer und strategisch wichtig(st)er Punkt in diesem Bereich während der ludowingischen Herrschaft anzusprechen. Langensalza, Tennstedt, Schlotheim und Herbsleben brachten erst die wettinischen Landgrafen unter ihre Kontrolle.17 Weder bei Schlotheim noch bei
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Vgl. Kap. II.2.4. Kap. II.2.5 u. Kap. II.2.6.1. Vgl. Kap. II.5.3f. Vgl. Karte: Herrschaftsbereich der Ludowinger, in: PATZE/ SCHLESINGER (Hg.): Geschichte Thüringens 2,1. PATZE: Landesherrschaft. Etwas abgeschwächt vertrat auch noch Müller diese Auffassung. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 323. Dabei ist wenigstens im Fall Schlotheims nicht auszuschließen, dass eine Privilegierung zur Stadt auch durch die Wettiner erfolgte und diese wenigstens zeitweise im 13. Jahrhundert über Rechte in Schlotheim verfügten. (Vgl. Kap. II.3.5.1f.).
DIE HERRSCHAFTLICHE PERSPEKTIVE
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Tennstedt ist darüber hinaus sicher, ob diese Orte überhaupt schon in ludowingischer Zeit Städte waren. Im Fall Langensalzas sprach einiges dafür, die Stadterhebung ebenfalls erst nach dem Tod Heinrich Raspes anzusetzen, und für Herbsleben wurde erst 1331 ein Marktrechtsprivileg erteilt. Seine beiden Erwähnungen als Stadt fallen darüber hinaus in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts und in das frühe 15. Jahrhundert.18 Aber auch die wettinischen Landgrafen, waren, wie gezeigt, an der Entwicklung dieser Orte zu Städten beziehungsweise Märkten nicht beteiligt. Vielmehr spielten hier andere herrschaftliche Zusammenhänge eine Rolle. Des Weiteren versuchten nicht nur die Wettiner, diese Orte in die Hand zu bekommen. Sie blieben wenigstens bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, zum Teil aber auch bis zum Übergang ins 15. Jahrhundert Spielball herrschaftlicher, territorialer Interessen verschiedener Herren. Erkennbar wird damit aber auch, welche Bedeutung der Untersuchungsraum im Rahmen unterschiedlichster herrschaftlicher, territorialer Interessen zukam. Dies soll nun kurz zusammenfassend dargestellt werden: Während, wie eingangs dieser Untersuchung formuliert, sich die mainzische Städtepolitik im Thüringer Becken zunächst auf Erfurt konzentrierte, änderte sich dies spätestens im 14. Jahrhundert augenscheinlich grundlegend. In den 1330/1340er Jahren griffen die Erzbischöfe von Mainz verstärkt auf die Stadt Langensalza aus, indem sie Besitz und Rechte aus den Händen der welfischen Herzöge von Braunschweig sowie der Ministerialen von Salza erwarben. Hierbei scheuten sie auch nicht den Konflikt mit dem wettinischen Landgrafen Friedrich, welcher gleichfalls ein nicht unerhebliches Interesse an der Stadt hatte.19 Auch für die Erzbischöfe von Mainz war Langensalza von durchaus strategischer Bedeutung. Mit dem Einrücken in die Stadtherrschaft erhielten sie eine aussichtsreiche Möglichkeit, eine Verbindung zwischen dem mainzischen Zentrum Erfurt und den im Eichsfeld liegenden umfangreichen Besitzungen des Erzstiftes herzustellen. Darüber hinaus wurde damit die weitgehend isolierte Lage der etwas weiter westlich von Langensalza gelegenen wichtigen mainzischen Orte Oberdorla, Niederdorla und Langula, bei welchen es sich in Verbindung mit dem Stift Dorla gleichfalls um einen bedeutenden mainzischen Besitzkomplex handelte, aufgehoben. Im unmittelbaren zeitlichen Umfeld des Erwerbs von Anteilen an der Stadtherrschaft in Langensalza hatte der Mainzer darüber hinaus auch seinen Besitz im Eichsfeld erheblich ausgebaut.20 Im nordwestlich von Langensalza an
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Vgl. Kap. II.5.5. Vgl. Kap. II.4.5.1. Zum mainzischen Besitz im Eichsfeld und in der Vogtei Dorla vgl. CHRIST: Erzstift und Territorium, S. 347-384. Vgl. auch: LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 137.
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der Straße nach Mühlhausen gelegenen Bischofsgottern besaß das Erzstift außerdem umfangreiche ältere Rechte. Der Ort könnte darüber hinaus wenigstens in Ansätzen eine städtische Entwicklung genommen haben.21 Sowohl Langensalza als auch Bischofsgottern lagen für den Mainzer Erzstift besonders günstig, weil beide Orte die von Erfurt über Mühlhausen ins Eichsfeld führende Straße berührten. Außerdem war Bischofsgottern wegen seiner Lage zwischen der Vogtei und Langensalza gleichzeitig dazu geeignet, das verbindende Element zwischen beiden Besitzkomplexen zu bilden. Deutlich wird die Bedeutung beider Orte auch daraus, dass die Wettiner 1400 nicht nur den mainzischen Teil an Langensalza, sondern auch den von Bischofsgottern erhielten.22 Auf diesem Wege dürfte es ihnen gelungen sein, eine Vereinigung des mainzischen Besitzes im Eichsfeld mit Erfurt dauerhaft zu unterbinden. Ein mainzisches Ausgreifen auf den Raum Langensalza lässt sich erstmals mit dem Erwerb des nördlich der späteren Stadt gelegenen Klosters Homburg im Jahr 1233 feststellen. Dieses Kloster lag unmittelbar gegenüber der landgräflichen Stadt Thamsbrück auf der anderen Seite der Unstrut am Übergang über den Fluss, und hier befand sich ein wenigstens bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurückreichender Fernmarkt. In diesem Zusammenhang war vor dem Kloster bis ins frühe 13. Jahrhundert eine größere Siedlung entstanden. Der Abt von Homburg war außerdem im direkten Umfeld der späteren Altstadt Langensalza in der 1356 an die Stadt angeschlossenen Neustadt begütert. Im Ergebnis dieser Erwerbungen verfügte das Erzstift Mainz spätestens in den 1340er Jahren im Raum Langensalza – Homburg und Bischofsgottern – Vogtei (Oberdorla, Niederdorla und Langula) über umfangreiche Rechte. Diese wurden noch dadurch weiter abgerundet, dass unmittelbar östlich von Langensalza die wichtigsten mainzischen Vasallen in Thüringen – die Grafen von Tonna und Gleichen – mit dem Ort Gräfentonna einen ihrer Hauptorte hatten.23 Das territoriale Ausgreifen von Mainz auf diesen Raum erfolgte demzufolge in zwei Schritten. Zunächst wurde mit dem Erwerb Homburgs der Besitz in der Vogtei und in Bischofsgottern nach (Süd-)Osten in Richtung Erfurt erweitert. Annähernd hundert Jahre später ergab sich dann eine günstige Gelegenheit, um ihn mit dem Erwerb erheblicher Teile von Langensalza noch weiter in Richtung Erfurt vorzuschieben und den Anschluss nach Gräfentonna herzustellen und damit eine direkte Verbindung nach Erfurt zu erreichen. Wenigstens zeitweise besaßen sowohl die Grafen von Gleichen als auch der Erzbischof von Mainz Einfluss im
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Vgl. die knappen Bemerkungen zur Entwicklung Bischoffgotterns in Kap. I.2.1. SCHNELLENKAMP: Langensalza, S. 16. Vgl. auch Kap. II.4.3 u. II.4.5. Vgl. Kap. II.1.3.
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östlich von Gräfentonna in Richtung Erfurt gelegenen Döllstedt, und 1335 belagerte der Erzbischof die dortige Burg. Noch im 14. Jahrhundert besaß aber keine der beiden Parteien Besitz im Ort. Erst 1407 erhielten die Grafen von Gleichen Anteile an der Burg, was wiederum zu unmittelbaren Spannungen mit Landgraf Friedrich IV. führte. 24 Vorstellbar ist aber, dass auch dieser Ort bereits im 14. Jahrhundert als ein weiteres Verbindungsglied nach Erfurt unter mainzische Kontrolle gebracht werden sollte. Damit erweist sich der Erwerb von Rechten in Langensalza durch den Mainzer deutlich als Teil einer umfangreichen Territorialpolitik, welche wohl darauf abzielte, herrschaftliche Rechte so weit zu verdichten und auszubauen, dass wenigstens ansatzweise der mainzische Besitzkomplex im Eichsfeld mit der Stadt Erfurt verbunden werden konnte. Hintergrund dafür kann nur die Absicht sein, ein geschlossenes Territorium zu errichten. Das Erreichen dieses Zieles hätte dann gleichzeitig den Nebeneffekt gehabt, dass die Verbindung zwischen den landgräflichen Städten Eisenach – Gotha – Creuzburg mit Thamsbrück, Weißensee und den noch weiter nördlich gelegenen Besitzungen massiv bedroht, wenn nicht sogar gekappt worden wäre. Spätestens mit der Verdrängung des Mainzers aus der Stadtherrschaft in Langensalza durch die Landgrafen am Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert war dieser Versuch aber weitgehend gescheitert. Vielmehr waren es die Landgrafen, welche nun ihr Territorium erheblich ausbauen und die territoriale Brücke zwischen ihren Städten im Süden und Südwesten sowie Norden und Nordosten festigen konnten. Bevor der Erzbischof von Mainz in die Stadtherrschaft in Langensalza einrückte, lag die Oberherrschaft aber in Hand der Welfen und wurde wohl auch in deren Auftrag durch die ansässigen Herren von Salza ausgeübt. Diese besaßen darüber hinaus auch eigene stadtherrliche Rechte. Die Herrschaft der Welfen wiederum begründete sich auf älteren, wenigstens bis ins 11. Jahrhundert zurückreichenden Rechten. Im Raum Langensalza verfügten sie über umfangreichen Besitz aus der brunonischen oder süpplingenburgischen Erbmasse. Dieser verteilte sich vom ehemaligen Kloster Homburg im Norden bis zum südlich von Langensalza gelegenen Ort Henningsleben und bis zur westlich im Hainich befindlichen Thiemsburg beziehungsweise dem dort gelegenen Ort Thiemsburg.25 Dieser weit außerhalb der welfischen Stammlande gelegene Besitzkomplex mit seinem ursprünglichen Zentrum Kloster Homburg war trotz seiner vom übrigen Herrschaftsbereich isolierten Lage durchaus immer wieder von Bedeutung für die Welfen. So war, wie Helmut Flachenecker formulierte, das Kloster Homburg
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Vgl. PATZE: Art. Döllstedt, S. 80. Zu Henningsleben vgl. Kap. II.1.3.3 u. II.4.7.2. Zur Thiemsburg: DD H. d. L., Nr. 4. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 615.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
schon für Heinrich den Löwen ein wichtiger Stützpunkt gegen die Landesausbaubemühungen der Ludowinger und gleichzeitig ein wichtiger Ausgangspunkt zur Durchsetzung der eigenen herrschaftlichen Interessen in Nordthüringen, Südniedersachsen und Hessen.26 Hierfür verantwortlich ist sicherlich auch die Lage des Klosters unmittelbar gegenüber dem landgräflichen Stützpunkt Thamsbrück oberhalb des dortigen Übergangs über die Unstrut.27 Erneut Bedeutung erhielt der welfische Besitz im Raum Homburg – Langensalza dann in der Spätzeit des staufisch-welfischen Thronstreites. Bei der (Rück-) Eroberung der Burg zu Salza durch die Welfen spielten sicherlich vor allem welfische Hausmachtsinteressen eine Rolle. Im Fall der Burg zu Langensalza hatte Landgraf Hermann I. offensichtlich welfisches Hausgut okkupiert. Die Durchsetzung beziehungsweise Rückgewinnung ererbter Rechte kann aber sicherlich kaum vom Kampf um das Königtum getrennt werden. So dürfte Otto IV. zur Stützung seines Königtums gleichfalls bestrebt gewesen sein, die Integrität seiner Erbbesitzungen in Thüringen zu erhalten. Von Wichtigkeit war dieser welfische Besitzkomplex vor allem im Zusammenhang mit den Besetzungen Mühlhausens und Nordhausens im Jahr 1211 durch den welfischen Truchsessen Gunzelin von Wolfenbüttel, welcher damit landgräflichen Bestrebungen, diese Orte erneut in die Hand zu bekommen, zuvorkam. Von Mühlhausen und der Reichsstadt Nordhausen aus stieß Gunzelin immer wieder in die Landgrafschaft vor.28 20 Kilometer südöstlich von Mühlhausen und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Besitzkomplex Langensalza-Homburg lag die ludowingische Stadt Thamsbrück. Diese war zu diesem Zeitpunkt vor allem als Bindeglied zwischen den landgräflichen Besitzungen um Weißensee und denen im Raum Gotha-EisenachCreuzburg für die Ludowinger von Wichtigkeit. Der Raum Homburg – Langensalza dürfte deshalb für die Durchsetzung der welfischen Interessen in Thüringen und damit auch des Königtums von durchaus strategischer Bedeutung gewesen sein. Von hier aus konnte Druck auf den Angelpunkt der thüringischen Gebiete der Landgrafschaft, auf Thamsbrück, ausgeübt werden.29 Umgekehrt dürfte dieser Raum für den 1198 in Ichterhausen (15 Kilometer südlich von Erfurt) und Mühlhausen gewählten staufischen König Philipp von Schwaben genauso wichtig gewesen sein, weshalb sich wohl gerade 1203 und 1204 die Kämpfe mit der welfischen Partei auf Thüringen konzentrierten.30
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FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 612. Vgl. Kap. II.1.2. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 316. GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 382. Zur Rolle Thüringens bei der Durchsetzung des welfischen Anspruches auf die Krone vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 30f. PATZE: Landesherrschaft, S. 256-260. PATZE: Politische Geschichte, S. 30f.
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Nach dem Verlust der Herzogs- (1180) und Königswürde (1212) war die welfische Politik auf die Wiedererlangung der Herzogswürde ausgerichtet. Einher ging dieses mit einer vorsichtigen Restauration ihrer Machtbasis im heutigen Niedersachsen. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts richteten die Welfen ihre Politik auch wieder auf die Erweiterung ihres Besitzes aus, und sie gingen hierbei auch mit militärischen Mitteln vor.31 Im Rahmen ihrer nach 1212 maßgeblich auf Konsolidierung ausgerichteten Politik scheint der Besitz im Raum Langensalza – Homburg zunächst nebensächlich gewesen zu sein. Christine Müller sprach den Welfen sogar jegliches Interesse an diesen Außenbesitzungen ab, und begründet das mit der Veräußerung des Klosters Homburg an das Mainzer Erzstift im Jahr 1233.32 Auch Flachenecker sieht als Hintergrund für die Veräußerung, dass das Kloster für die welfische Territorialpolitik zu unbedeutend geworden war.33 Tatsächlich wurden nur das Kloster Homburg und sein unmittelbarer Besitz veräußert. Der übrige welfische Besitz, welcher maßgeblich im Bereich der späteren Stadt Langensalza lag und wohl weitgehend in der Hand der Ministerialen von Salza war, blieb unangetastet.34 Mit der um die Mitte des 13. Jahrhunderts erhobenen Stadt Langensalza verfügten die Welfen außerdem nur 20 Jahre nach der Veräußerung Homburgs wieder über einen zentralen Platz in Thüringen, welcher für die welfischen Interessen in der Region wesentlich war. Deshalb ist nun nach den Hintergründen der Veräußerung Homburgs an den Mainzer zu fragen. Weiterhin wird zu prüfen sein, ob eine Veräußerung tatsächlich wegen der geringen territorialpolitischen Bedeutung Homburgs in der Region geschah. Das Kloster gelangte zusammen mit dem ebenfalls welfischen Eigenkloster Bursfelde 1233 durch Schenkung an den Mainzer Erzbischof.35 Bereits 1223 hatte der Mainzer dem Homburger Abt das Recht erteilt, die Insul zu tragen, und ein Jahr später stellte er es unter seinen Schutz.36 Als Hintergrund hierfür sieht Flachenecker den schwindenden welfischen Einfluss in der Region, welcher Abt und Konvent des Klosters Homburg dazu genötigt habe, sich an einen anderen in Thüringen bedeutenden Herrn anzulehnen.37 Bereits Walter Ziegler verwies aber darauf, dass Bursfelde zusammen mit Homburg in der Vorbereitung 31 32 33 34
35 36 37
Vgl. auch Kap. II.4.5.1. MÜLLER: Wann wurde Bad Langensalza zur Stadt?, S. 31. Vgl. auch Kap. II.4.5. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 613. Den Zugriff auf diese Güter sicherten sich die Welfen trotz der doch starken Selbstständigkeit ihrer Salzaer Ministerialen auch weiterhin. So besaßen sie bis zur Veräußerung in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Oberlehnsherrschaft über die spätere Stadt Langensalza. (Vgl. auch ansonsten zum welfischen Besitz in der Region Kap. II.4.4.3.). FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 613. ZIEGLER: Art. Bursfelde, S. 83f. UB Homburg A, Nr. 25 u. 27. Regesta archiepiscoporum Maguntinensium 2, Nr. 452. UB Plesse Nr. 93. FLACHENECKER: Art. Homburg, S. 613.
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der 1235 erfolgten Konstituierung des neuen Herzogtums Braunschweig-Lüneburg an den Mainzer Erzbischof übertragen worden ist.38 Tatsächlich fallen die ersten mainzischen Privilegien für das Kloster in eine Zeit der welfischen Schwächephase. Die Veräußerung Homburgs und auch Bursfeldes geschah aber erst am Vorabend der Rückerlangung der Herzogwürde, zu einem Zeitpunkt, als die Restauration der welfischen Machtbasis weit fortgeschritten war. Sigurd Zillmann bemerkt im Ergebnis seiner Untersuchung der welfischen Territorialpolitik im 13. Jahrhundert: „Im Jahr 1235 erreichte Herzog Otto schließlich durch seine geschickte Politik gegenüber Fürsten und Reich die Erhebung der welfischen Territorien zu einem reichsfürstlichen Herzogtum.“ 39 Es wäre demnach nicht auszuschließen, dass die Veräußerung Homburgs und Bursfeldes an den Mainzer eine wesentliche Forderung des Metropoliten zur Unterstützung der welfischen Bestrebungen war. Im Jahr 1239 erfolgte dann eine Bestätigung der Schenkung Homburgs und Bursfeldes an den Mainzer, welche wiederum im Zusammenhang mit der Rückerlangung der den Welfen 1180/81 verloren gegangenen mainzischen Kirchlehen stehen dürfte. Auch Ziegler folgert letztendlich aber, dass die Veräußerung der beiden Klöster auf ihre isolierte Lage außerhalb des eigentlichen welfischen Machtbereiches beziehungsweise in dessen Grenzbereich zurückzuführen sei.40 Möglicherweise spielten wenigstens bei Homburg beide Aspekte eine Rolle. Die Veräußerung Homburgs könnte grundsätzlich auch deswegen vorgenommen worden sein, weil das Kloster gegenüber Langensalza nicht mehr dieselbe Bedeutung in den territorialpolitischen Erwägungen der Welfen wie früher hatte. Hintergrund war vielleicht, dass Langensalza zu diesem Zeitpunkt wohl schon Marktort gewesen war und Homburg als Zentrum des welfischen Besitzes abgelöst hatte. Vermutlich hatte die nahe landgräfliche Stadt Thamsbrück mit ihrem Markt auf den bei Homburg bestehenden älteren Marktplatz insofern ausgewirkt, dass dieser entweder eingeschränkt oder sogar schon bedeutungslos geworden war.41 Die erneute Bestätigung der Übertragung im Jahr 1239 ist vielleicht aber auch Ausdruck dafür, dass die Welfen nach 1233 nicht unbedingt gewillt waren, die Übertragung an den Mainzer aufrechtzuerhalten und versuchten, Homburg mit allem zugehörigen Besitz wieder in ihre Gewalt zu bekommen. Sie ist Inhalt eines Sühne- und Beistandsvertrages zwischen dem Welfen und dem Mainzer Erzbischof. Die erneute Aufnahme der Schenkungen von Bursfelde und Homburg dürfte aber durchaus Ausdruck dafür sein, dass der Mainzer bestrebt war, beide 38 39 40 41
ZIEGLER: Art. Bursfelde, S. 83f. ZILLMANN: Territorialpolitik, S. 319. ZILLMANN: Territorialpolitik, S. 263-270. Zum Verhältnis Homburg – Thamsbrück vgl. Kap. II.1.3 u. II.1.4.
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Klöster in seinem Besitz zu behalten und er deshalb eine erneute Bestätigung als grundlegend für die Rückgabe der Kirchenlehen und den Sühne- und Beistandsvertrag erachtete.42 Deutlich wird damit, dass der Mainzer ein nicht unerhebliches Interesse daran hatte, umfangreiche Rechte im Raum Langensalza – Thamsbrück zu erwerben und auch zu halten. Die Stadterhebung Langensalzas wiederum steht allem Anschein nach in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kampf um die ludowingische Nachfolge in Thüringen und Hessen nach dem Tod Heinrich Raspes im Jahr 1247. Im Rahmen dieser Auseinandersetzungen schob sich Herzog Otto zunächst ins Eichsfeld und in den hessischen thüringischen Grenzraum vor. Hierbei handelt es sich augenscheinlich um den Versuch, den welfischen Herrschaftsund Einflussbereich auch bis in das nördliche Thüringer Becken auszudehnen und eine Verbindung mit dem Besitzkomplex um Langensalza herzustellen. Erreicht werden sollte dies möglicherweise mit einem System aus festen und zentralen Plätzen. Deutlich wird Letzteres daran, dass es dem Sohn Herzog Ottos, Albrecht, gelungen war, die Werrastädte von Münden bis Eschwege in seine Hand zu bekommen. Zusätzlich dazu war auch der an das Eichsfeld grenzende Leinegau seit 1247/48 wieder unter welfischer Herrschaft. Ein Ausgriff auf den Nordwesten des thüringischen Beckens und die Herstellung einer Verbindung mit dem Raum Langensalza lag damit in Reichweite und erscheint fast als logische Konsequenz.43 Dem Besitz um Langensalza kam demzufolge noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts einige Bedeutung zu. Erst am Ende des Thüringer Erbfolgekrieges und der abschließenden Regelungen scheint der Raum Langensalza allmählich für die welfische Politik nebensächlich geworden zu sein, weshalb in der Mitte des 14. Jahrhunderts die Welfen ihre Rechte in Langensalza an den Mainzer Erzbischof veräußerten. Dass sie die Oberlehnsherrschaft nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt aus der Hand gaben, macht aber wiederum deutlich, wie wichtig ihnen dieser Ort war. Die Aufgabe der Besitzungen in Thüringen erfolgte wohl letztendlich unter dem Eindruck der immens hohen Verschuldung des welfischen Herzogs Heinrich II. von Braunschweig-Grubenhagen und der wenig stabilen Lage in Thüringen während der 1330er und beginnenden 1340er Jahre. Letzteres führte gleichzeitig auch dazu, dass sich die in der Region wichtigen welfischen Vasallen, die Herren von Salza, kaum noch gegen die bedeutenden Herren in Thüringen durchsetzen konnten und zum Spielball deren Interessen wurden.44 Die desolate finanzielle Lage der welfischen Herzöge führte möglicherweise zusammen mit dem Um-
42 43 44
Vgl. hierzu: Dob III, Nr. 797f. Vgl. WERNER: Neugestaltung, S. 75. Vgl. PATZE: Politische Geschichte, S. 79-84.
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stand, dass sie nicht gewillt waren, sich in die schwierigen thüringischen Verhältnisse in dieser Zeit einzumischen, letztendlich zur Aufgabe ihrer Rechte an Langensalza. In einem ähnlichen Spannungsfeld landesherrlicher Interessen lag auch die Stadt Tennstedt. So treten im Frühmittelalter zunächst das Königtum, das Reichsstift Gandersheim und die Reichsabtei Hersfeld als Herrschaftsträger in Erscheinung. Hier befand sich eine augenscheinlich nicht unbedeutende frühmittelalterliche königliche Burganlage, und Tennstedt war Mittelpunkt eines Reichsgutkomplexes unbekannten Umfanges. Während das Königtum bereits im Verlauf des Frühmittelalters seine Rechte im Raum Tennstedt zu erheblichen Teilen an Hersfeld und Gandersheim abtrat, blieben Letztere bis über das Mittelalter hinaus bedeutende Herren am Ort. Das Kloster Hersfeld dürfte sogar erheblichen Anteil an der Entwicklung des Ortes zur Stadt gehabt haben. Demgegenüber war Gandersheim nur als größerer Grundherr im Raum Tennstedt präsent. Seine Beteiligung an der Stadtwerdung war aber gleichfalls nicht zu erkennen.45 Hintergrund für die Entwicklung Tennstedts zur Stadt war vielleicht der Umstand, dass das Kloster Hersfeld mit dem Besitz in Tennstedt und mit dem benachbarten Villikationsmittelpunkt Gebesee einen größeren Besitzkomplex besaß, welcher jetzt einen neuen Hauptort erhalten sollte. Zugrunde lag anscheinend eine einsetzende hersfeldische „Territorialpolitik“, welche darauf ausgerichtet war, vorhandenen Besitz mittels einer Stadt zu strukturieren, zu verdichten und zu festigen.46 Auffällig ist aber, dass eben nicht das wichtige hersfeldische Besitzzentrum Gebesee, sondern der Nachbarort Tennstedt zur Stadt ausgebaut worden ist. Letzteres, so ist angenommen worden, könnte vielleicht mit den Herrschaftsverhältnissen in beiden Orten zusammenhängen. Nach Michael Gockel war der hersfeldische Besitz in Gebesee seit dem 12./13. Jahrhundert bereits in Auflösung begriffen. Allerdings vereinbarten noch im 14. Jahrhundert der Abt von Hersfeld und die Landgrafen von Thüringen, Gebesee zur Stadt auszubauen. Das Kloster besaß demzufolge immer noch ein nicht unerhebliches Interesse am Ort und verfügte hier auch noch über umfangreichen Besitz.47 Dennoch könnte das landgräfliche Ausgreifen auf Gebesee Ursache dafür sein, dass Tennstedt und eben nicht Gebesee durch den Abt von Hersfeld zur Stadt ausgebaut wurde. So war es vielleicht schon den Ludowingern im 13. Jahrhundert gelungen auf Gebesee auszugreifen. Demgegenüber erwarben wahrscheinlich erst die Wettiner Teile der Stadtherrschaft in Tennstedt. Der Ort wurde möglicherweise deshalb durch den 45 46 47
Vgl. Kap. II.2.3, 2.2.4 u. II.2.6.1. Etwas Vergleichbares hatte Müller im Zusammenhang mit der ludowingischen Städtepolitik angenommen. (MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 323f.). GOCKEL: Art. Gebesee, S. 154. Zu den Versuchen, Gebesee zur Stadt auszubauen, vgl. Kap. II.5.5 u. II.2.5:
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Abt von Hersfeld zur Stadt ausgebaut, weil sein Kloster innerhalb der späteren Stadt über die ausschließlichen oder maßgeblichen Rechte verfügte.48 Welche Rolle Herbsleben im Rahmen des Ausbaus eines kleineren geschlossenen hersfeldischen Territoriums in der Region spielte, ist ungewiss. Älterer hersfeldischer Besitz war in Herbsleben vorhanden, und auch die dort ansässigen Ministerialen standen im 13. Jahrhundert in Beziehung zum Kloster Hersfeld. Darüber hinaus dürfte es sich bei ihm auch um den ursprünglichen Ortsherrn gehandelt haben. Über das 13. Jahrhundert hinaus kann aber nichts bezüglich Beziehungen des Klosters zum Ort ausgesagt werden. Spätestens im ausgehenden 13. Jahrhundert lassen sich dann in Herbsleben auch andere herrschaftliche Zusammenhänge erkennen. Ebenso stehen die Ministerialen von Herbsleben wahrscheinlich schon im 12. Jahrhundert, sicher aber seit den 1220er Jahren in Beziehung zu den Landgrafen. Ob Herbsleben in das kleine hersfeldische Territorium Gebesee und Tennstedt eingebunden war, lässt sich deshalb nicht entscheiden, ist aber wegen der Lage sehr wahrscheinlich. Möglicherweise war es aber gerade ein seit dem frühen 13. Jahrhundert einsetzender Verlust von Rechten in Herbsleben und des Zugriffs auf Ort und die hier ansässigen Ministerialen, welcher letztendlich zum Ausbau Tennstedts zur Stadt führte. Seit dem 14. Jahrhundert lassen sich dann andere Herren im Zusammenhang mit Tennstedt greifen. So erwarben die wettinischen Landgrafen hier 1319 Besitz von den Grafen von Hohnstein. Umfang, Herkunft und Alter des hohnsteinischen Besitzes konnten gleichfalls nur vermutet werden. Ob es seitens der Hohnsteiner Versuche gab, in die Stadtherrschaft einzudringen, ließ sich nicht ermitteln. Auch wenn am Fall Tennstedts dies nicht nachweisbar war, wurde im Zusammenhang mit einer weiteren bearbeiteten Stadt deutlich, dass die Hohnsteiner Grafen im nördlichen Thüringer Becken sehr wohl versuchten, stadtherrliche Rechte aus der Hand der ursprünglichen Stadtherren zu erwerben, und sie hierbei auch erfolgreich waren. Nur wenige Jahre nach dem Verlust ihrer Rechte in Tennstedt gelang es ihnen, in die Stadtherrschaft der nördlich gelegenen Stadt Schlotheim einzurücken. In Schlotheim und der dazugehörigen Burg wiederum sind die Herrschaftsverhältnisse und deren Wechsel noch ungleich komplexer als bei den bis jetzt genannten Beispielen. Hier treten der Erzbischof von Mainz, der Abt von Fulda, die Grafen von Schwarzburg, die Grafen von Hohnstein sowie die Grafen von Beichlingen als Inhaber von Rechten entgegen. Neben diesen bedeutenden Herren besaß bis in das erste Drittel des 14. Jahrhunderts auch das weitverzweigte, sich nach Schlotheim nennende (Ministerialen-)Geschlecht Rechte an der Burg und Stadt. Seit dem 15. Jahrhundert tritt dann mit den Herren von Hopfgarten, bei welchen es sich um schwarzburgische Vasallen handelte, weitere Herren im 48
Vgl. Kap. II.2.6.1.
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Zusammenhang mit der Stadt Schlotheim in Erscheinung. Übten Letztere zunächst die Stadtherrschaft noch in schwarzburgischem Auftrag und Interesse aus, erwarben sie spätestens 1444 Stadt und Burg als Pfand aus der Hand der Grafen von Schwarzburg. Im Jahr 1466 verzichteten Letztere auch auf ihr Wiederkaufsrecht. Lediglich eine Einlösung durch die wettinischen Oberherren blieb vorbehalten. Auffällig im Zusammenhang mit Schlotheim war die große Anzahl von im nordthüringischen Raum bedeutenden Herren, welche versuchten, die Stadt und die Burg in die Hand zu bekommen. Zunächst ist aber die fuldische Stadtherrschaft im Zusammenhang mit einer fuldischen Territorialpolitik im zentralthüringischen Raum zu betrachten. Diese ist insofern besonders, weil über fuldische Städte und eine fuldische Städtepolitik in Zentralthüringen bisher nichts bekannt war.49 Die drei bekannten fuldischen Städte in Thüringen Geisa, Lengsfeld und Vacha liegen im heutigen hessisch-thüringischen Grenzraum und die anderen fuldischen Städte Fulda, Lauterbach, Bad Brückenau und Hammelburg befinden sich in Osthessen beziehungsweise in Unterfranken.50 Die Mitwirkung an der Stadtwerdung Schlotheims und der Besitz stadtherrlicher Rechte deuten an, dass Fulda in und um Schlotheim bedeutenden Besitz hatte. Dieser stammte aus königlicher Hand und war im Jahr 976 an das Reichsstift übertragen worden.51 Der Ausbau zur Stadt seitens des Stiftes Fulda dürfte ebenfalls mit dem Ziel verbunden gewesen sein, den weit außerhalb des eigentlich in Hessen und Nordfranken gelegenen fuldischen Besitzschwerpunktes zu strukturieren und zu verdichten und damit gegen das Eindringen anderer landesherrlicher Kräfte abzusichern. Dies scheint jedoch, wie die ständigen Wechsel in der Stadtherrschaft vor allem während des 14. Jahrhunderts zeigen, nur von mäßigem Erfolg gewesen zu sein. Vor allem die Lage Schlotheims war wohl ausschlaggebend für das Interesse der anderen Landesherren an Stadt und Burg. Beide lagen ausgesprochen verkehrsgünstig südlich der Hainleite. Von hier aus führt eine Straße durch das „Geschlink“ zum nördlich der Hainleite gelegenen Sondershausen. Stadtherrliche Rechte in Schlotheim, aber auch in Sondershausen waren demzufolge wichtig, um den Zugang aus dem südlichen Harzvorland in das Thüringer Becken und umgekehrt zu kontrollieren.52 Dabei ist einschränkend noch darauf hinzuweisen, 49 50
51 52
Vgl. Kap. I.3. Vgl. WETH: Siegelwesen, S. 123-127. HUSSONG: Reichsabtei Fulda im frühen und hohen Mittelalter, S. 162. HOFEMANN: Entwicklung, S. 57-64, 90-93, 103-109, 128-130 u. 157160. SCHRICKEL: Art. Geisa, S. 131. KÜTHER: Art. Vacha, S. 447f. WITHOLD: Art. Hammelburg, S. 269. KUNZMANN: Art. Brückenau, S. 108. GENSICKE: Art. Lauterbach, S. 266f. Vgl. Kap. II.5.3. Vgl. Kap. II.5.2.
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dass sich nordöstlich von Schlotheim unmittelbar vor dem Übergang über die Hainleite ein weiterer fester Ort, der Flecken Schernberg, befand.53 Nördlich von Schlotheim lag mit Ebeleben außerdem ein weiterer im Mittelalter als Flecken bezeichneter Ort.54 Dennoch begründet die Lage Schlotheims wohl auch das festgestellte erhebliche Interesse der maßgeblich im Raum nördlich des Thüringer Beckens ansässigen Grafen von Hohnstein. Wollten sie ihren Einfluss weiter nach Süden über ihre Stammlande hinaus nach Zentralthüringen vorschieben, war Schlotheim ein strategisch wichtiger Punkt. Auch hatten sie ihr Einflussgebiet schon im ausgehenden 13. Jahrhundert bis in das nördlich der Hainleite gelegene Sondershausen vorgeschoben und den Ort relativ schnell zur Stadt ausgebaut.55 Mit dem Erwerb Schlotheims kontrollierte sie dann beide Seiten des Übergangs über die Hainleite und verfügten über eine ausreichende Basis zum Ausbau ihrer Herrschaft. Schon 1338 gingen aber Burg und Stadt Schlotheim an die Grafen von Schwarzburg verloren. Letztere konnten nach mehrfachen weiteren Besitzwechseln Stadt und Burg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts endgültig unter ihre Kontrolle bringen, mussten aber eine wettinische Oberherrschaft akzeptieren.56 Gleichzeitig erwarb Graf Günther XXI. von Schwarzburg 1339 Frankenhausen. Auch auf Sondershausen begannen sie um die Mitte des 14. Jahrhunderts auszugreifen und konnten die Stadt 1356 in ihren Besitz bringen.57 Interessanterweise führt Peter Langhof unter den in den späten 1330er Jahren erfolgten schwarzburgischen Erwerbungen auch Greußen auf. Die ältere Forschung gibt im Allgemeinen aber an, dass die Grafen von Schwarzburg Greußen und den Nachbarort Clingen erst 1356 erworben hätten. Langhof verweist hierbei auf eine auf den 21. Januar 1339 datierte Urkunde aus dem Sondershäuser Urkundenbestand im Staatsarchiv Rudolstadt. 58 Die Überprüfung der Urkunde ergab Folgendes: Ausgestellt ist sie vom Grafen Heinrich von Hohnstein, seinen Söhnen Bernhard und Dietrich sowie Ulman, dem Bruder des Grafen, seinem 53
54 55 56 57 58
Vgl. Städtekarte, in: Anhang 1. Pläne und Karten, Karte 1. Über diesen Ort ist in der Forschung bisher nichts weiter bekannt. Straßen- und Platznamen deuten aber auf einen vorhandenen Markt und eine Ortsbefestigung hin. Lediglich seitens der Archäologie gibt es einige neue Ergebnisse zu Schernberg im Früh- und Hochmittelalter. (BREMER: Frühund hochmittelalterliche Siedlung, S. 161-228.). Städtekarte, in: SCHLÜTER/AUGUST (Hg.): Atlas das Saale und mittleren Elbegebietes 2, Karte 28, bearb. u. ausgf. v. C. OPITZ. GRESKY: Art. Ebeleben, S. 84f. HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 403f. Vgl. Kap. II.3.5. LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 135. EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 185f. GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 70. GRESKY: Art. Greußen, S. 170. LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 135 u. 144, Anm. 15.
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Vetter Konrad, Graf von Wernigerode, und dessen Sohn Konrad. In ihr bekennen die Genannten, von Graf Heinrich von Hohnstein, Herr zu Sondershausen, unter anderem die Burg zu Greußen als Pfand bekommen zu haben. Anders als im Fall des gleichfalls genannten Blankenburgs, bei welchem sowohl die Burg als auch die Stadt verpfändet werden, ist hier jedoch nur die Rede von der Burg zu Greußen. Die Verpfändung selbst erfolgt innerhalb der in mehrere Linien gespaltenen Grafenfamilie der Hohnsteiner. Des Weiteren wird verfügt, dass die Verpfändung binnen Jahresfrist zu lösen ist. Falls Heinrich von Hohnstein-Sondershausen innerhalb dieser Frist sterben sollte, ohne die Burgen ausgelöst zu haben, war die Burg an die genannten Grafen von Schwarzburg auszuhändigen.59 Der zu Sondershausen sitzende Graf Heinrich V. (III.) von Hohnstein ist aber wenigstens noch bis 1356 nachweisbar. 60 Deshalb ist doch unwahrscheinlich, dass Greußen im Rahmen der Verpfändung 1339 an die Grafen von Schwarzburg gelangte. Gleichwohl ist immerhin möglich, dass die Burg zu Greußen sich im schwarzburgischen Obereigentum befand und deshalb unter den genannten Umständen an die Grafen auszuhändigen war. In diesem Fall könnten sie auch die Oberherrschaft über den Ort Greußen ausgeübt haben und kämen auch für dessen Ausbau zur Stadt infrage. Zu erhärten ist diese Vermutung nach dem vorliegenden Quellenmaterial allerdings nicht. Zu beachten ist jedoch, dass ein solches Obereigentum in der Verpfändung nicht erwähnt wird. Sollte es sich hierbei tatsächlich nur um die Fixierung eines schwarzburgischen Anspruchs an der Burg zu Greußen handeln, deutet dieses doch im Mindesten auf ein gewisses Interesse der Grafendynastie an diesem Ort; er fügt sich schon wegen seiner Lage an einer weiteren zum Pass über die Hainleite nach Sondershausen führenden Straße in die zu erkennende Territorialpolitik der Schwarzburger ein.61 Unabhängig von der Frage, ob die Schwarzburger bereits in den 1330er Jahren über Greußen verfügten, war es ihnen innerhalb kürzester Zeit gelungen, bedeutenden Besitz im nördlichen Thüringen zu erwerben. Dieser sollte dann zu großen Teilen Grundlage der späteren schwarzburgischen Unterherrschaft bilden. Parallel dazu bauten sie auch ihren im Süden Thüringens gelegenen Besitz erheblich aus und versuchten auch auf Jena auszugreifen.62 Nach Peter Langhof erfolgte dieser schnelle Erwerb von Besitz durch die Schwarzburger, weil sich die Grafen als unmittelbare Gegner des wettinischen Territorialausbaus verstanden. Die
59 60 61 62
LATh-StA Rudolstadt SU: 1339, Jan. 21 (Nr. 544). SCHWENNICKE: Stammtafeln 17, Tafel 91. Die Straße dürfte eine nicht unwichtige Verbindung Erfurts mit dem Pass über die Hainleite gewesen sein. (PATZE: Landesherrschaft, S. 37.). LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 135. HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 404. FRANZ: Art. Frankenhausen, S. 31.
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schwarzburgischen Erwerbungen zielten unter anderem darauf ab, die Verbindung zwischen der Mark Meißen und den thüringischen Besitzungen der Wettiner abzuriegeln. Die Wettiner erkannten die ihrer Territorialpolitik drohenden Gefahr und verhinderten zunächst die dauerhafte Inbesitznahme Jenas durch die Schwarzburger.63 Gleichzeitig unternahmen die Wettiner auch im Norden des Thüringer Beckens Anstrengungen, eine Umklammerung durch die Grafen von Schwarzburg zu verhindern. So versuchten sie in den 1340er Jahren Schlotheim unter ihre Kontrolle zu bringen. In der Folge gelang ihnen dieses auch insofern, indem sie sich dauerhaft die Oberherrschaft über den Ort sichern konnten, und wenigstens in der Zeit nach der Mitte des 14. Jahrhunderts nahmen sie auch direkt stadtherrliche Rechte wahr.64 Wie bedrohlich die Lage für die Wettiner in den 1330er und 1340er Jahren im nördlichen Thüringer Becken war, wird bei einem Blick auf die Herrschaftsverhältnisse in diesem Raum deutlich. Neben Thamsbrück verfügten die Wettiner bis in die 1340er Jahre nur über umfangreichere Rechte in Tennstedt, und lediglich auf dieser Linie bestand eine Verbindung zwischen den im Südwesten gelegenen landgräflichen Hauptorten Gotha und Eisenach mit dem nordöstlich gelegenen Weißensee und weiterem landgräflichen Besitz im Nordosten und Osten. Mit der Erwerbung Schlotheims und vielleicht auch Greußens im Norden durch die Schwarzburger drohte nicht nur eine Abriegelung der Verbindung zwischen der Mark Meißen und der Landgrafschaft. Vielmehr bestand wie schon im Fall des Erwerbs Langensalzas durch den Mainzer gleichfalls die Gefahr, dass die dünne Verbindungslinie Thamsbrück – (Tennstedt) – Weißensee gekappt wurde. In der Konsequenz wäre damit die Landgrafschaft geteilt worden und eine angestrebte territoriale Einheit nur noch schwer möglich gewesen. So befand sich südlich der Linie Thamsbrück – Tennstedt – Weißensee das Erfurter Landgebiet, auf das die Wettiner keinen Zugriff hatten.65 Der Flussübergang bei Herbsleben dürfte sich, da Herbsleben seit 1323 im Besitz der Grafen von Henneberg war, bis zum Verkauf des Ortes an Landgraf Friedrich III. im Jahr 1351 auch in hennebergischem Zugriffsbereich befunden haben.66 Auch auf das Thamsbrück gegenüberliegende Langensalza sollte der wettinische Landgraf erst nach 1346/56 unmittelbaren Zugriff erhalten und östlich von Langensalza saßen als wichtige mainzische Vasallen die Grafen von Gleichen.67 Die südlichen 63 64 65 66 67
LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 134f. vgl. auch: PATZE: Politische Geschichte, S. 82f. DEVRIENT: Kampf der Schwarzburger, S. 9-12. Vgl. Kap. II.3.5. Zum Erfurter Landgebiet: OERGEL: Das ehemalige erfurtische Gebiet, S. 165-167 und Karte Umschlagseite hinten. Vgl. Kap. II.5.4. Vgl. oben.
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Besitzungen der Schwarzburger Grafen reichten wiederum bis an das Erfurter Landgebiet heran.68 Am Vorabend des Thüringer Grafenkrieges war die territorialpolitische Lage für die Wettiner demnach mehr als bedrohlich. Es deutet sich sogar an, dass eine unmittelbare Gefahr für die Landgrafschaft an sich bestand. Eine Durchtrennung der Linie Thamsbrück – (Tennstedt) – Weißensee hätte es für die Wettiner nicht nur dauerhaft schwieriger gemacht, die territoriale Integrität der Landgrafschaft zu erhalten. Auch wäre einem weiteren wettinischen Herrschaftsausbau in Thüringen auf längere Zeit, wenn nicht sogar auf Dauer, ein Riegel vorgeschoben worden. Letztendlich waren es jedoch die Wettiner, welche siegreich aus der Thüringer Grafenfehde hervorgingen und welche ihre Macht in Thüringen gegenüber allen anderen Parteien festigen und durchsetzen konnten. In der Folge wurden auch die mächtigen Schwarzburger zu wettinischen Lehnsleuten. Langhof bemerkt dazu, dass die Schwarzburger nicht mehr zu einer selbstständigen Politik in der Lage waren. Der Kampf um die Saalelinie, so äußert er weiterhin, war für die Grafen von Schwarzburg verloren und die Bedrohung einer Umklammerung der wettinischen Gebiete durch die territoriale Verbindung der Schwarzburgischen Besitzungen im Süden und Norden vereitelt.69 Dennoch blieben die wichtigen schwarzburgischen Orte im nördlichen Thüringer Becken in deren Besitz. Zwar mussten sie Schlotheim von den Wettinern zu Lehen nehmen, den Zugriff auf Burg und Stadt behielten sie aber. Darüber hinaus erwarben sie 1356 noch Sondershausen. In Letzterem sieht Langhof aber lediglich noch eine Abrundung der nördlichen Besitzungen der Grafen von Schwarzburg.70 Sollten jedoch Burg und Stadt Greußen bereits 1339 in schwarzburgischem Besitz gewesen sein, ergäben sich hieraus einige weitere Hinweise auf eine schwarzburgische Städte- und damit Territorialpolitik. So war Clingen spätestens 1353 Stadt und Greußen soll um 1350 Stadt geworden sein. Des Weiteren vertritt die Forschung die Auffassung, beide Orte seien zeitnah oder zeitgleich durch die Grafen von Hohnstein zur Stadt erhoben worden. Für Greußen wird dabei angenommen, dass es bereits im 13. Jahrhundert Marktort war und in seiner Entwicklung durch die Landgrafen gefördert wurde. Ein Ausbau zur Stadt erfolgte nach Meinung Hans Eberhardts aber wegen der verworrenen politischen Verhältnisse an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert nicht und wurde erst durch die Grafen von Hohnstein vorgenommen. Clingen wiederum soll durch die Grafen von Hohnstein zunächst in Konkurrenz zum landgräflichen Marktort Greußen
68 69 70
DEVRIENT: Kampf der Schwarzburger, S. 9. Sieh auch: Karte in: OERGEL: Das ehemalige erfurtische Gebiet, Umschlagseite hinten. LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 143f. LANGHOF: Thüringer Grafenfehde, S. 144.
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aufgebaut worden sein. Die relativ zeitnahe oder sogar gleichzeitige Stadterhebung wird durch Hans Eberhardt darauf zurückgeführt, dass die Hohnsteiner Grafen nicht einen von beiden Orten benachteiligen wollten.71 Sollte sich Greußen bereits 1339 oder unmittelbar danach in schwarzburgischer Hand befunden haben, wäre auch eine schwarzburgische Stadterhebung möglich. Falls Clingen tatsächlich durch die Grafen von Hohnstein zur Stadt entwickelt wurde, handelt es sich bei beiden Städten wiederum um Konkurrenzerhebungen. Letzteres erscheint doch auch vor folgendem Hintergrund als die plausiblere Variante: Beide Städte liegen etwas weniger als einen Kilometer auseinander.72 Insofern könnte hier durchaus auch von einer Doppelstadt ausgegangen werden. Bei der Entstehung dieser städtischen Rechtsform wiederum sind häufig unterschiedliche herrschaftliche Interessensphären zu beobachten.73 Eine vollständige Untersuchung dieser Zusammenhänge kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht geleistet werden und muss späteren Arbeiten vorbehalten bleiben. Dennoch wird, falls Greußen tatsächlich erst um die Jahrhundertmitte Stadt geworden ist und der Ort seit 1339 in Schwarzburger Hand war, deutlich: Eine schwarzburgische Stadt- und damit wohl auch Territorialpolitik gab es über den Erwerb Sondershausens hinaus auch nach der Grafenfehde. In diesem Zusammenhang erhält wiederum die wenigstens zeitweise Verpfändung von Stadt und Burg Herbsleben an die Grafen von Schwarzburg durch die Wettiner im Jahr 1369 eine ganz andere Bedeutung. 74 Vielleicht handelt es sich seitens der Schwarzburger wenigstens ansatzweise um einen erneuten Versuch, nicht nur eigenständige Territorialpolitik zu betreiben, sondern auch eine Verbindung zu den südlichen Besitzungen herzustellen. Ein dauerhafter Erwerb Herbslebens gelang den Schwarzburgern aber nicht. Nur wenige Jahre nach der Verpfändung befand sich der Ort wieder in wettinischer Hand.75 Spätestens zu diesem Zeitpunkt lag demnach ein aktives Entgegenwirken gegen die wettinische Territorialpolitik im Thüringer Becken nicht mehr im Rahmen der politischen Möglichkeiten der Schwarzburger Grafen. Auch die Hohnsteiner hatten trotz des Verkaufes von Burg und Stadt Schlotheim an die Grafen von Schwarzburg ihr Interesse an der Stadt nicht aufgegeben und versuchten gleichfalls weiterhin im nördlichen Thüringer Becken präsent zu 71 72 73 74 75
EBERHARDT: Clingen und Greußen, S. 185-187. GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 70. GRESKY: Art. Greußen, S. 170. Vgl. Karte Clingen, Greußen und die Helben um 1400, in: EBERHARDT: Clingen und Greußen. FISCHER: Doppelstadt, S. 247f. Vgl. auch: Kap. II.2.5. Vgl. Kap. II.5.5. Nach dem markgräflichen Register von 1378 konnten die Wettiner zu diesem Zeitpunkt wieder voll über den Ort verfügen. eine Verpfändung wird hier nicht angezeigt. (Registrum XVIII. Vgl. auch Kap. II.5.5.).
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bleiben. Noch bis ins ausgehende 14. Jahrhundert unternahmen sie Versuche, Schlotheim erneut in die Hand zu bekommen. Wenigstens 1386 hatten sie insofern Erfolg, dass Graf Günther XXX. von Schwarzburg ihnen Burg und Stadt für zehn Jahre überließ. Schon mit dem Verlust Clingens im Jahr 1356 war aber eine für die hohnsteinische Territorialpolitik im Thüringer Becken wichtige Schlüsselposition verlorengegangen. Insofern blieb nur noch Schlotheim, um perspektivisch überhaupt noch Zugang nach Zentralthüringen zu erhalten. Dauerhaft in die Hand bekamen die Grafen von Hohnstein Stadt und Burg aber nicht mehr, da Schlotheim in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wieder in schwarzburgischer Hand war.76 Auch die Grafen von Beichlingen besaßen zwischen 1339 und wenigstens 1344 Stadt und Burg Schlotheim als Pfand. Ob ihrerseits damit der Versuch verbunden war, gleichfalls auf diesen Teil des Thüringer Beckens auszugreifen, lässt sich nicht erkennen. Von einer über Ansätze hinausgehenden Städtepolitik als Basis einer beichlingischen Territorialpolitik ist in der Forschung jedenfalls nichts bekannt. Anteile an der eichsfeldischen Stadt Worbis sowie die gesamte Burg mussten sie schon 1291 an Landgraf Albrecht verkaufen, um ihre Schulden zu decken, und 1336 ging die Stadt dann vollends an die Landgrafen über. Im Jahr 1339 wurden Burg, Stadt und Salzbrunnen Frankenhausen an die Schwarzburger zunächst verpfändet und im darauffolgenden Jahr an diese verkauft. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts waren die Grafen von Beichlingen dann wegen ihrer immensen Verschuldung gezwungen, weiteren umfangreichen Besitz zwischen Hainleite, Kyffhäuser und Harz zu veräußern.77 Deshalb hatte Hans Patze festgestellt, ihre Ansätze zur Landesherrschaft seien letztendlich zu schwach gewesen, um eine selbstständige Herrschaft aufzubauen.78 Des Weiteren scheint die zeitweise Verpfändung Schlotheims an die Beichlinger kaum im Rahmen einer zielgerichteten territorialen Entfaltung geschehen zu sein. Sie erhielten Schlotheim im Rahmen des Kaufes von Frankenhausen durch die Schwarzburger bis zur endgültigen Zahlung der Kaufsumme als Pfand,79 ohne dass seitens der Beichlinger eine auf den nordwestlichen Teil des Thüringer Beckens ausgerichtete Territorialpolitik erkennbar ist. Dennoch gab es zunächst sehr wohl eine Städtepolitik der Grafen, welche auch darauf abzielte, die beichlingische Herrschaft stärker zu strukturieren und vor allem auch über das Thüringer Becken hinaus nach Norden in das Harzvorland vorzuschieben. Nur kurze Zeit, nachdem Landgraf Albrecht 1291 dem nördlich von Weißensee
76 77 78 79
Vgl. Kap. II.3.5. PATZE: Politische Geschichte, S. 181-183. GRESKY: Art. Worbis, S. 493. PATZE: Politische Geschichte, S. 183. Vgl. Kap. II.3.6.1.
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gelegenen Ort Kindelbrück Stadtrecht erteilt hatte, gelangte die Stadt in beichlingischen Besitz. Der Ort selbst lag nur knapp zehn Kilometer westlich der Burg Beichlingen – des Stammsitzes der Grafen.80 Nach der Mitte des 13. Jahrhunderts erhielten die Grafen von Beichlingen die Burg Rothenburg und weiteren umfangreichen Besitz um den Kyffhäuser. In der Folge wurden die Beichlinger von König Rudolf als Burggrafen auf der Reichsburg Kyffhausen bestellt.81 Darüber hinaus gründeten sie wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die unterhalb der Rothenburg planmäßig angelegte Stadt Kelbra. Dieser Ort hatte sich seit dem frühen 13. Jahrhundert im Besitz der Grafen befunden und war spätestens in den 1270er Jahren Stadt.82 Zusätzlich dazu verfügten die Grafen auch über die Sachsenburg, welche oberhalb der so wichtigen Sachsenburger Pforte lag und durch welche eine bedeutende Straße das Thüringer Becken verließ. Entscheidender war aber vielleicht, dass dieser Verkehrsweg weiter nach Nordwesten nach Frankenhausen führte. In diesem Zusammenhang bekommt nun auch der Erwerb Kindelbrücks eine ganz andere Bedeutung. Kindelbrück lag unweit der von Erfurt zur Sachsenburger Pforte verlaufenden Straße. Eine weitere Straße kam von Südwesten und führte über Weißensee zum Wipperdurchbruch weiter nach Norden in den Kyffhäuserraum. Östlich von Kindelbrück, oberhalb der aus Kölleda – Weimar kommenden Straße liegt die Burg Beichlingen. Den Ort Kölleda hatten die Grafen von Beichlingen zwischen 1249 und 1306 erworben und 1392 mit Stadtrecht ausgestattet.83 Die Grafen kontrollierten mit dem Erwerb Kindelbrücks demzufolge sowohl den aus Weimar über Kölleda als auch den aus Erfurt kommenden Verkehr, welcher durch die Sachsenburger Pforte und den Wipperdurchbruch das Thüringer Becken verließ, beziehungsweise den Verkehr, welcher sich von Norden durch die Sachsenburger Pforte und den Wipperdurchbruch ins Thüringer 80 81 82
83
Zu Kindelbrück: WIEMANN: Art. Kindelbrück, S. 233. Zu Beichlingen als Stammsitz: PATZE: Politische Geschichte, S. 179f. PATZE: Art. Kyffhäuser, S. 247. PATZE: Politische Geschichte, S. 181. Am 31. August 1271 beurkundeten Helwig, Marschall genannt von Goldbach, Konrad, Schultheiß, sowie die gesamte Bürgerschaft zu Eisenach, dass Reinhard, Lippold und Werner, Brüder, sowie ihr Schwager Konrad von Wernrode dem Kloster Walkenried 1½ Hufen sitam apud civitatem Kelbera verkauft haben. (Foto der Urkunde in: RÖSSLER: Stadt Kelbra, Einband vorn. Regest: Dob IV, Nr. 665.). Am 6. März 1274 bestätigte Graf Gozmar von Kirchberg, dass die Brüder Ehrenfried und Friedrich Lupin eine Hufe in Veteri villa prope Kelbra an das Kloster verpfändet haben. (Dob IV, Nr. 1034.). Zur Stadtanlage durch die Grafen von Beichlingen: RÖSSLER: Stadt Kelbra, S. 3-6. NEUSS: Art. Kölleda, S. 247. Vgl. WIEMANN: Art. Kindelbrück, S. 233. PATZE: Politische Geschichte, S. 180. Zur Verkehrssituation vgl. auch: PATZE: Landesherrschaft, S. 36f. Hier Verweis auf weiterführende Literatur. Außerdem: Übersichtskarte Thüringen, 1:250000.
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Becken auffächerte. Gleichzeitig hatten sie mit dem Erwerb ihre Herrschaft im nordöstlichen Thüringer Becken nach Westen vorgeschoben. Sie bauten ihre Herrschaft demnach auch durch den Erwerb von Städten aus und, wie das Vorgehen im Kyffhäuserraum zeigt, nutzten sie die Städte, um neu erworbene Rechte zu festigen und zu strukturieren. Eine eigene Territorialpolitik betrieben die Beichlinger demnach durchaus und diese ging, anders, als Patze meint, auch über bloße Ansätze hinaus. Deutlich wurde, dass auch im Rahmen der Territorialpolitik der Grafen von Beichlingen die Städte eine große Rolle spielten. Jedoch blieb die Sachsenburg als verbindendes Element der Angelpunkt der beichlingischen Territorien. Insofern könnte die wenigstens zeitweise Inpfandnahme Schlotheims für die Beichlinger von territorialpolitischem Interesse gewesen sein. Denn so kontrollierten sie wenigstens teilweise den südlichen Zugang zum „Geschlink“ bezeichneten Pass über die Hainleite und hatten damit Zugriff auf eine wichtigen Verkehrsweg vom Thüringer Becken ins Harzvorland. Dauerhaft waren die Grafen aber nicht in der Lage, ihre territorialen Bestrebungen durchzusetzen. So verloren sie nicht nur Frankenhausen und Worbis. Auch Kindelbrück gelangte 1359 zurück an die Wettiner. Ebenso scheiterte der dauerhafte Zugriff auf Schlotheim, und auch Kelbra ging verloren und gelangte an die Grafen von Hohnstein.84 Es scheint demzufolge einen engen Zusammenhang zwischen dem Verlust der Städte und dem Scheitern der Territorialisierung zu geben. Gleichwohl erhoben die Grafen noch im ausgehenden 14. Jahrhundert Kölleda zur Stadt und erwarben im 15. Jahrhundert die nördlich der Hohen Schrecke liegende Stadt Wiehe. Die Stadt war 1412 aus der Hand der Herren von Heldrungen an die Wettiner gelangt, welche sie ihrerseits 1413 an Graf Heinrich IX. von Hohnstein verliehen. Dieser wiederum verkaufte Stadt und Burg 1415 an Graf Friedrich von Beichlingen. Dauerhaft konnten die Beichlinger Wiehe aber nicht halten und verkauften Stadt und Burg 1436 an die Herren von Querfurt.85 Wenigstens Ansätze einer Städtepolitik und damit vielleicht auch einer Territorialpolitik gab es demnach noch im 15. Jahrhundert. Offensichtlich hatte auch der Mainzer Erzbischof Rechte in Schlotheim. Woher sich diese ableiteten, ist vollkommen unklar. Für den Fall, dass sie schon vor der Stadtgründung bestanden, könnte der Mainzer an der Stadtgründung beteiligt gewesen sein. Damit wäre Schlotheim eine weitere Stadt, welche wenigstens teilweise in Mainzer Hand war und die vielleicht sogar auch unter Mitwirkung des Erzbischofs zur Stadt wurde. Gleichzeitig würde, falls dieses zutrifft, erstmals erkennbar werden, dass es schon im 13. Jahrhundert eine mainzische Städtepolitik im Thüringer Becken und damit in Zentralthüringen gab, die nicht ausschließlich auf Erfurt ausgerichtet war. Grundsätzlich war aber nicht auszuschließen, dass 84 85
TIMM/SCHWINEKÖPER: Art. Kelbra, S. 237. SOMMER: Wiehe, S. 80.
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der Mainzer lediglich versuchte unberechtigte Ansprüche durchzusetzen. Vergleichbares war bereits bei Thamsbrück vermutet worden. Zwar tritt der Mainzer in letzterem Fall nicht aktiv als Stadtgründer in Erscheinung, dennoch hätte er sich durch Erlangung der Oberherrschaft den unmittelbaren Zugriff auf die Städte Schlotheim und Thamsbrück sichern können. Auch dies ist letztendlich eine Form von Städtepolitik, welche dann aber nicht auf den Ausbau von Orten zu Städten gerichtet war, sondern darauf abzielte, bereits vorhanden Städte zu erwerben. Lässt sich bei den bisher behandelten weltlichen und geistlichen Herren noch eine unmittelbare und deutliche Beziehung zum nördlichen Thüringer Becken feststellen, tritt mit den Grafen von Henneberg eine Dynastie in Erscheinung, welche ansonsten in diesem Raum wenig Einfluss hatte und kaum präsent war. Dieses Geschlecht war vielmehr südlich und südwestlich des Thüringer Waldes begütert und verfügte bis auf wenigen Grundbesitz unbekannten Ursprungs über keinen nennenswerten Besitz im Thüringer Becken. Herbsleben erhielten die Henneberger 1323 aus königlicher Hand86 und 1331 bekamen die Ministerialen von Herbsleben auf Vermittlung ihres Dienstherrn, Graf Berthold VII. von Henneberg, durch Kaiser Ludwig für Herbsleben ein Marktrechtsprivileg verliehen.87 Hierin könnte der Versuch bestanden haben, einerseits dem geringen Besitz im Thüringer Becken einen zentralen Ort als Verwaltungsmittelpunkt beizustellen und andererseits eine Basis für das Ausgreifen auf das Thüringer Becken zu schaffen. Das Marktrecht umfasste dann nicht nur das Recht, einen Wochenmarkt, sondern auch einen Jahrmarkt abzuhalten. Falls sich hinter dem Erwerb Herbslebens auch der Versuch verbarg, die geringen Rechte im Thüringer Becken zu strukturieren, lag der Ort insofern nicht ungünstig, weil er den südöstlich davon befindlichen hennebergischen Besitz in Stotternheim und Vieselbach mit dem westlich liegenden Besitz in Altengottern und Weberstedt verband. Festzustellen bleibt hierbei aber: Der Besitz in den entsprechenden Orten muss nach bisherigem Kenntnisstand als sehr gering angesehen werden.88 Auf Dauer halten konnten die Grafen von Henneberg Herbsleben nicht. Schon 1351 traten sie ihre Rechte in Herbsleben an den Wettiner Friedrich III. ab.89 Dennoch deutet sich vielleicht an, dass die Henneberger sehr wohl bestrebt waren, auch im Thüringer Becken Fuß zu fassen. So konnte Heinrich VIII., Sohn Bertholds VII., 1343 mit der Stadt Ilmenau einen weiteren wichtigen Ort nördlich des Thüringer Waldes in hennebergische Hand bringen.90 86 87 88 89 90
Vgl. Kap II.5.4.1. Vgl. Kap II.5.4.2. Zum Besitz in Stotternheim, Vieselbach, Altengottern und Weberstedt vgl. Kap. II.5.4.1. Henneberg. UB II, Nr. 151. ZEYSS: Herbsleben, S. 23. Vgl. auch Kap. II.5.5. HUSCHKE: Art. Ilmenau, S. 211. PATZE: Politische Geschichte, S. 205f.
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Nach dem Erwerb der Oberlehnsherrschaft über Herbsleben im Jahr 1351 verfügten die Wettiner seit dem zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts über umfangreiche Rechte in allen hier untersuchten Orten. Festzustellen bleibt deshalb: Bis in die 1340er Jahre war die Verbindung zwischen dem nordöstlichen Teil der Landgrafschaft um Weißensee sowie damit auch mit dem nördlich und östlich davon gelegenen Besitz und den Besitzungen im Südwesten um Gotha, Eisenach und Creuzburg äußerst zerbrechlich. Zu prüfen bleibt, inwiefern nicht zunächst Burgen die Sicherung dieser Verbindungslinie übernahmen und sie erst in der Folge durch den Erwerb der Städte ergänzt oder sogar abgelöst worden sind. Jedoch ist darauf zu verweisen, dass die Wettiner beispielsweise erst im frühen 14. Jahrhundert die östlich von Tennstedt gelegene Burg Kleinballhausen erwarben.91 An der südwestlich von Tennstedt aus gelegenen Burg Vargula hatten wohl weder die ludowingischen noch die wettinischen Landgrafen jemals Rechte und damit auch keinen unmittelbaren Zugriff, obwohl das dort ansässige Geschlecht als Inhaber eines ludowingischen Hofamtes zum engeren Umfeld des landgräflichen Hofes gehörte.92 So deutet sich vorerst an, dass die Städte in diesem Fall vorhandene Burgen als Mittel der territorialen Strukturierung nicht ablösten, sondern die Territorialisierung der landgräflichen Herrschaft erst einleiteten; der Territorialausbau erfolgte anscheinend in der Kombination von Burgen- und Städtepolitik. Erst um 1400 verfügten die wettinischen Landgrafen, soweit es sich bisher feststellen ließ, über einen breiten Korridor zwischen dem südwestlichen Teil der Landgrafschaft um Eisenach und Gotha sowie dem nordöstlich gelegenen landgräflichen Besitz um Weißenesee. Markiert wurde dieser Verbindungsraum durch die festen Plätze Langensalza, Thamsbrück, Tennstedt und Herbsbleben, wobei wenigstens im Raum Tennstedt als zusätzliches Mittel der Sicherung die Burg zu Kleinballhausen hinzukam. Im Norden sicherten dann noch Stadt und Burg Schlotheim diese Verbindungslinie ab. Dabei fällt auf, dass bei Schlotheim den Wettinern die Oberlehnsherrschaft langfristig ausreichte93 und sie den Ort nach der Mitte des 14. Jahrhunderts an die Schwarzburger als Lehen ausgaben. Diese belehnten ihrerseits Aftervasallen mit dem Ort und veräußerten ihn dann in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts an diese. Die wettinische Oberherrschaft blieb hierbei aber immer unangetastet. Anders sieht es in den erworbenen Städten Langensalza und Tennstedt, aber auch dem Ort Herbsleben aus. Hier nahmen die Wettiner aktiv herrschaftliche Rechte wahr und förderten die Städte und den Ort Herbsleben mit teilweise umfangreichen Privilegien. 91 92 93
Vgl. Kap. II.2.5. KÜTHER/PATZE: Art. Großvargula, S. 181. Wenigstens in der Zeit unmittelbar nach der Erwerbung lassen sich einige wichtige wettinische Privilegien für den Ort feststellen. (Vgl. Kap. II.3.5-3.7).
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Einiger Worte bedarf außerdem noch die Tatsache, dass die Wettiner in Langensalza erbittert darum kämpften, den Mainzer Erzbischof aus der Stadtherrschaft zu verdrängen, und dieses ihnen in der Folge auch gelang. Demgegenüber lässt sich bei Tennstedt nichts dergleichen feststellen. Dabei ist auch hier darauf hinzuweisen, dass das Fehlen von Nachrichten über Auseinandersetzungen um die Stadtherrschaft auch in der ungleich schlechteren Quellenlage für Tennstedt begründet sein könnte.94 Dennoch deutet einiges darauf hin, dass die Stadtherrschaft in Tennstedt noch im 15. Jahrhundert geteilt war. Das im Vergleich dazu massivere wettinische Vorgehen gegen die Mainzer Position in Langensalza lag vielleicht daran, dass die Wettiner im Erzbischof den für ihre eigene Position im Thüringer Becken ungleich gefährlicheren Herrschaftsträger ansahen. Nach dem weitgehenden Ausschalten der Grafen von Schwarzburg war wohl nur noch von der mainzischen Seite eine entscheidende Gefahr für die Territorialpolitik der Wettiner in Thüringen zu erwarten. Demgegenüber lagen die bedeutenden Besitzschwerpunkte der Reichsabteien Fulda und Hersfeld im hessischen Raum und in den thüringischen Randgebieten, so dass eine nachhaltige Einflussnahme auf die wettinische Politik in Thüringen kaum zu erwarten war. Deutlich zeigen sich als wesentliches Element der Territorialpolitik in Thüringen die landesherrlichen Städte. Nicht nur die Ludowinger, welche schon recht früh Städte errichteten, nutzten diese als Mittel zur herrschaftlichen Durchdringung und Expansion. Spätestens um die Mitte des 13. Jahrhundert folgten ihnen auch andere bedeutende Herrschaftsträger, aber auch die wettinischen Landgrafen setzten die ludowingische Städtepolitik fort. Als ein frühes Beispiel wettinischer Herrschafts- und Territorialpolitik auf der Basis von Städten dürfte Kindelbrück anzusehen sein. Diesem verkehrsgünstig gelegenen Ort verlieh 1291 Landgraf Albrecht das Recht von Weißensee und erhob ihn auch zur Stadt.95 Damit schuf der wettinische Landgraf nicht nur einen Ort, welcher geeignet war, die Verbindung zu den nördlichen Besitzungen um Sangerhausen aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig bestand darüber hinaus ein guter Anschluss noch Norden und Nordwesten. 96 Des Weiteren stellte er mit Kindelbrück dem beichlingischen Stammsitz Burg Beichlingen einen eigenen zentralen Ort entgegen.97 Der Untersuchungsraum zeichnete sich durch eine Gemengelage unterschiedlichster herrschaftlicher Interessen aus. In diesem Zusammenhang wurde oben im theoretisch-methodischen Teil formuliert, dass gerade in Räumen herrschaftlicher Zersplitterung häufig in direkter Nachbarschaft zueinander viele Städte unterschiedlicher Herrschaftsträger entstanden. Eine hohe Anzahl von Städten auf 94 95 96 97
Zur Quellenlage vgl. Kap. II.2.1. WIEMANN: Art. Kindelbrück, S. 233. Zur Verkehrslage vgl. auch oben. PATZE: Landesherrschaft, S. 36f. Zur Bedeutung Kindelbrücks für die Beichlinger Grafen vgl. oben.
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engstem Raum ist deshalb, wie von der Forschung für andere Regionen festgestellt,98 geradezu ein Hinweis auf eine solche starke Zersplitterung. Bei einem Blick auf die Verteilung der Städte im Thüringer Becken ergibt sich folgendes Bild. Vor allem im Norden und Osten muss im Zeitraum der Stadtentstehungen eine starke herrschaftliche Zersplitterung angenommen werden. Demgegenüber scheint wegen der nur wenigen Städte im Raum westlich der Gera und südlich der Unstrut schon recht früh ein weitgehend homogener Herrschaftsraum existiert zu haben.99 Ausgehend von Friedrichroda im Süden befand sich in dieser Region älterer ludowingischer Besitz. Friedrichroda war sogar der Ausgangspunkt der ludowingischen Herrschaft in Thüringen überhaupt. Die nahe Stadt Gotha geht sicher auf die Ludowinger zurück, und bei Waltershausen ist die Stadtentwicklung durch die Ludowinger wahrscheinlich. Ob der Ort aber noch durch sie zur Stadt erhoben wurde, ist nicht sicher. Auch sonst gibt es in diesem Raum ein relativ dichtes Netz ludowingischen Besitzes.100 Zusammenfassend lässt sich damit feststellen. Die Städte im Untersuchungsraum und auch der Marktort Herbsleben entstanden im Spannungsfeld herrschaftlicher und territorialpolitischer Interessen. Insofern erfüllten sie strategische Aufgaben und waren deswegen sicherlich auch aus militärischen Erwägungen heraus seitens ihrer Herren zu Städten entwickelt worden. Ihre Bedeutung im Rahmen einer Territorialpolititk ergibt sich vor allem daraus, dass bis auf Thamsbrück die anderen vier Orte mehrfach zwischen verschiedenen Herren wechselten oder in ihnen verschiedene Herren gleichzeitig herrschaftliche Rechte besaßen. Aber auch im Fall Thamsbrücks deutete sich an, dass die Welfen wenigstens im letzten Viertel des 13. Jahrhundert offensichtlich versucht hatten auf den Ort auszugreifen, dies ihnen aber nicht gelang. Festzuhalten bleibt demnach: Wer die Kontrolle über diese Orte hatte, verfügte auch über den maßgeblichen Einfluss in der Region. Dass dabei nicht nur territoriale Erwägungen im Untersuchungsraum selbst eine Rolle spielten, wird daran deutlich, welchen Einfluss die Kontrolle über diesen Raum auch auf größer angelegte Herrschaftsräume hatte. Gleichwohl waren es nicht die Ludowinger, welche in Tennstedt, Schlotheim, Langensalza und Herbsleben über maßgebliche Herrschaftsrechte verfügten. Der Zugriff gelang erst den Wettinern und in er-
98 99 100
Vgl. Kap. I.2.4. Vgl. Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte. 1. Karte: Der Herrschaftsbereich Landgraf Ludwigs IV, von Thüringen (1217-1227), in: KÄLBLE: Reichsfürstin und Landesherrin, S. 84f. Zu Gotha und Walthershausen: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 248-257. Zu Friedrichroda als Ausgangspunkt der ludowingischen Herrschaft: PATZE: Politische Geschichte, S. 10-13.
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heblichem Maße wohl erst im 14. Jahrhundert. Dennoch lässt sich durchaus beobachten, dass schon die Ludowinger versuchten auf diese Orte zuzugreifen. So versuchten sie offensichtlich, die im Ort ansässigen Ministerialen und Vasallen anderer Herren an sich zu ziehen. Ihre herrschaftliche Grundlage scheint demzufolge noch stärker auf personale Bindungen ausgerichtet gewesen zu sein, während die Wettiner über den direkten Erwerb von Städten versuchten ihre Herrschaft auszubauen. Dieses geschah jetzt nicht mehr wie noch bei den Ludowingern auf der Ebene von Personenverbänden, sondern indem mittels von Städten und wohl auch Burgen zusammenhängende Territorien geschaffen wurden.
1.2 Die ortsansässigen ministerialischen/niederadligen Geschlechter und die Entstehung der Städte Langensalza und Schlotheim und damit zwei der vier Städte sind sicher auch unter Mitwirkung ortsansässiger, ursprünglich der Ministerialität entstammender Geschlechter zur Stadt entwickelt worden. Offensichtlich versuchten diese sich auf diesem Weg ihren Stammsitz zum Zentrum ihrer kleinen Herrschaft auszubauen.101 Ähnliches kann auch im Fall Tennstedts nicht völlig ausgeschlossen werden. Herbslebens Privilegierung zum Marktort erfolgte zwar mit hennebergischer Hilfe, aber wohl ebenfalls auf Betreiben der ortsansässigen Ministerialen. Bereits Christine Müller hatte festgestellt, dass auch bei einer Reihe anderer Städte innerhalb der Landgrafschaft die ansässigen Ministerialenfamilien eine gewichtige Rolle bei der Stadtentwicklung spielten.102 Zeitgleich lässt sich dies auch bei den Reichsministerialen beobachten.103 Ministerialische Städte scheinen demzufolge keine Seltenheit zu sein und den ministerialischen/niederadligen Geschlechtern kam auch im thüringischen Raum eine nicht unbedeutende Rolle bei der Entstehung von Städten zu. Es bleibt bei zukünftigen Untersuchungen demnach zu prüfen, inwiefern ein solcher Umstand nicht auch bei anderen Städten zutreffend ist. Erheblichen Einfluss in der Stadtherrschaft und auf den Ausbau eines Ortes zur Stadt hatten die ministerialischen/niederadligen Geschlechter in den Städten im Untersuchungsraum, deren Oberherren nicht in der Lage waren, regelmäßig auch unmittelbar vor Ort zu wirken, und deren eigentliche Herrschaftsschwerpunkte weit außerhalb des Untersuchungsraumes lagen. In erster Linie zu nennen 101 102 103
Vgl. hierzu: FOUQUET: Stadt, Herrschaft und Territorium, S. 87, 106 u. 120. Vgl. auch: SCOTT: Kleine Städte, S. 198f. Vgl. oben. BRADLER: Stadtentwicklung und Ministerialität, S. 90.
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sind hier Schlotheim und Langensalza, dasselbe trifft aber möglicherweise auch für Tennstedt zu. Die gleichen Verhältnisse werden dann auch beim Marktort Herbsleben erkennbar. Es ist demzufolge vorstellbar: Den jeweiligen Ministerialen beziehungsweise Niederadligen kommt dann eine entscheidende Mitwirkung an der Entwicklung des Ortes zu, wenn die jeweiligen übergeordneten Herrschaftsträger kaum vor Ort präsent sein konnten und ihre Ministerialen sie vor Ort vertraten. Die äußerst knappen Ausführungen Bradlers zu den Städten der führenden Reichsministerialen erwecken den Eindruck, dass diese recht selbstständig ihre Orte zur Stadt ausbauen konnten. Über eine Beteiligung anderer Herren berichtet er nichts. 104 Solches scheint für die Städte Schlotheim und Langensalza ausgeschlossen werden zu können. Hier leitet sich schon aus der Oberlehnsherrschaft der Welfen in Langensalza und des Reichsstiftes Fulda in Schlotheim ab, dass ihre Dienstherren beteiligt waren und sie mit einiger Sicherheit sogar das jeweils notwendige Privileg ausstellten. Gleichwohl beschränkte sich die Stadtherrschaft der privilegierenden Herren auf die Wahrung der Oberherrschaft. Aktiv in die unmittelbare Stadtherrschaft griffen sie nicht ein. Vielmehr lag diese vor Ort bei ihren jeweiligen Ministerialen. Grundsätzlich könnten sich deren stadtherrliche Rechte aber auch auf anderem Weg herleiten lassen. Wegen der großen Entfernung zu den Stammlanden der eigentlichen Stadtherren kam deren Dienstleuten bei der Verwaltung von Markt und Stadt zunächst eine besondere Aufgabe zu. Hieraus erwuchsen dann möglicherweise eigene, auch erbliche herrschaftliche Rechte,105 und am Ende übten sie die de facto Stadtherrschaft unter Duldung ihres Herrn aus. Wobei aber wenigstens im Fall Eberhers von Salza deutlich wird, dass die Ministerialen schon vor der Stadterhebung und im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts mit einer Burg und zugehörigem Besitz umfangreichere Rechte im Ort besaßen und auch über Eigengut verfügten.106 Letzteres spricht doch eher dafür, dass der Dienstherr auf Bestreben seiner Ministerialen das Privileg zur Stadterhebung ausstellte. So erweckte auch die Formulierung des Marktrechtsprivilegs für Herbsleben aus dem Jahr 1331 den Eindruck, dass Graf Berthold von Henneberg auf Bestreben seiner Ministerialen von Herbsleben beim König um das Privileg gebeten hatte.107 Eine gewisse Unsicherheit bleibt dennoch hinsichtlich der Frage, welche Funktion den Ministerialen bei der Entwicklung der Orte zur Stadt zukam. Immerhin lag im Fall Langensalzas die Altstadt augenscheinlich etwas abseits des 104 105 106 107
BRADLER: Stadtentwicklung und Ministerialität, S. 90f. Etwas Vergleichbares skizzierte Bradler für Reichsstädte und Reichsministeriale als Stadtherren: BRADLER: Stadtentwicklung und Ministerialität, S. 89f. Vgl. Kap. II.4.3.2. Const. 6, 2, Nr. 115. Vgl. auch Kap. II.5.4.2.
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welfischen Besitzes um die Stephanskirche, welche innerhalb der späteren Teilstadt „Neustadt“ lag.108 Es ist deshalb anzunehmen, dass sie auf Allod der Herren von Salza entstand. Auf dieses sicherten sich die Welfen dann insofern den Zugriff, indem sie sich die Oberlehnsherrschaft über die Stadt vorbehielten. Der Ausbau eines Ortes zur Stadt, in dem auch Ministerialen entscheidende Rechte hatten, geschah demzufolge vor dem Hintergrund wechselseitiger Vorteile. Die jeweiligen Ministerialen waren im Zuge der Erhebung oder Gründung der Stadt in der Lage, ihre eigene kleine Herrschaft aufzuwerten und zu strukturieren, indem sie mit der Stadt einen zentralen Ort schufen. Dieser erfüllte dabei nicht nur herrschaftlich-administrative Zwecke, sondern dokumentierte gleichfalls die herrschaftlichen Ansprüche nach außen. Vergleichbar den Städten ihrer Dienstherren besaßen sie damit auch Residenzfunktionen. Gleichzeitig war damit sicherlich seitens der privilegierenden oder fördernden Herren der Ministerialen auch der Versuch verbunden, die Position ihrer Vasallen in der Region zu stärken. Dahinter stand gewiss die Absicht, langfristig über eine stabile Position in Räumen zu verfügen, auf die sie sonst keinen direkten Zugriff hatten, weil sie zu weit entfernt vom eigentlichen Besitzschwerpunkt lagen. Gleichzeitig war die Stadt als befestigter Stützpunkt in Krisenzeiten oder Phasen des territorialen Ausbaus eine wichtige Basis im Rahmen militärischer Auseinandersetzungen. Wie die Belagerungen von Burgen mit vorgelagerten Städten zeigt, war der jeweilige Gegner, wollte er sich in der Region durchsetzen, nicht in der Lage, diese Stützpunkte zu ignorieren.109 Noch auf eine weitere Auffälligkeit sei hingewiesen: Die führenden Reichsministerialen wurden zur Zeit des Niedergangs des staufischen Kaisertums und im Interregnum als Städtegründer tätig.110 Die Stadterhebung Langensalzas erfolgte mit einiger Wahrscheinlichkeit sowohl im Machtvakuum des Kampfes um die Nachfolge der Ludowinger als auch des Interregnums. Ähnlich scheint der Fall Schlotheim gelagert zu sein. Nebras Erstnennung als Stadt erfolgt 1267 und die Stadterhebung war mit einiger Wahrscheinlichkeit frühestens 1259 erfolgt. Treffurt wird erstmals 1276 Stadt genannt, wobei der Zeitpunkt der Stadterhebung weitgehend im Dunkel liegt. Schwieriger gestaltet sich die Lage bei Dornburg a. d. Saale. Dieser Ort wird erstmals 1343 Stadt genannt, und darüber hinaus ist
108 109
110
Vgl. Kap. II.4.7.4 u. II.4.8.1. Vgl. exemplarisch die mehrfache Belagerung Weißensees im staufisch-welfischen Thronstreit sowie die Belagerung Langensalzas durch Landgraf Friedrich im Jahr 1346. (Zur Belagerung Langensalzas im Jahr 1346, vgl. Kap. II.5.4.1. Zu Weißensee: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 49-51. PATZE: Politische Geschichte, S. 31f.). BRADLER: Stadtentwicklung und Ministerialität, S. 90f.
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im Stadtgebiet archäologisch keine Besiedlung vor dem 14. Jahrhundert nachweisbar. Eine späte Entstehung ist demnach wahrscheinlich, aber nicht sicher.111 Der Schwerpunkt der Entstehung solcher Städte könnte demnach gleichfalls im Machtvakuum des Interregnums und des Kampfes um die Nachfolge in der Landgrafschaft liegen. Zusammenfassend deutet sich damit Folgendes an: Schwerpunkt der Entstehung ministerialischer Städte ist augenscheinlich die Zeit des Interregnums, wobei im thüringischen Raum bis 1263/64 noch als weiterer begünstigender Faktor die Auseinandersetzungen um die Nachfolge in der Landgrafschaft hinzutrat. Gleichzeitig scheinen vor allem Herren dazu zu neigen, ihren Ministerialen solche weitreichenden Privilegien auszustellen, deren eigentlichen Herrschaftsschwerpunkte weiter entfernt lagen. Es lässt sich feststellen: Am Untersuchungsraum wurde letztendlich deutlich, auf welchem Wege verschiedene Landesherren versuchten ihr Territorium zu strukturieren, aber auch auf Kosten anderer auszudehnen. Selbst Herrschaftsträger, welche ihren Herrschaftsschwerpunkt weit entfernt hatten, versuchten ihren Einflussbereich bis nach Zentralthüringen auszudehnen. Als geeignetes Mittel hierfür erschienen nicht nur die Städte. Vielmehr banden wohl gerade die Herren, deren herrschaftliche Schwerpunkte in Entfernung zum Untersuchungsraum lagen, ortsansässige Ministerialen an sich, indem sie deren Stammsitze zu Städten erhoben und sich auf diesem Weg wohl auch die Oberherrschaft über diese Orte sichern konnten. Der Ausbau der Orte erfolgte somit in einem vielfältigen Spannungsfeld herrschaftlicher Interessen. Gleichzeitig schufen sich im Fall Langensalzas, Schlotheims und Herbslebens die ortsansässigen, wohl der Ministerialität als auch dem Niederadel angehörigen Geschlechter herrschaftliche Mittelpunkte nach dem Vorbild ihrer Herren. Dabei scheint in erheblichem Maße durch diese Ministerialen/Herren auch Allod in die neuen Städte eingebracht worden sein, welches wiederum nicht zwangsweise ehemalige Dienstlehen sein mussten. Vor diesem Hintergrund und dem kurz im einleitenden Kapitel skizzierten Umstand, dass ministerialische Geschlechter bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts trotz ihrer Standeszugehörigkeit durchaus auch Eigengut besaßen, seien einige Überlegungen angeschlossen. Patze hatte bereits festgestellt, dass die Truchsessen von Schlotheim, bevor sie als ludowingische Ministeriale in Erscheinung treten, offensichtlich eigenen Besitz in Schlotheim hatten und sie ursprünglich frei waren.112 Wenn seine Überlegungen zutreffend sind und die Schlotheimer dann im 14. Jahrhundert nachweislich Eigengut in Schlotheim hatten, so könnte 111 112
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 270-275 u. 281-284. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 275. PATZE: Landesherrschaft, S. 330. Vgl. auch Kap. II.3.5.1.
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sich andeuten, dass sie beim Übertritt in die ludowingische Ministerialität Letzteres weiterhin als freien Eigenbesitz behielten. Sie wären demnach weiterhin als Herren mit herrschaftlichen Rechten anzusehen. Ihre Zugehörigkeit zur Ministerialität würde sich damit letztendlich nur auf ihr Dienstverhältnis zu den Landgrafen begründen. Ihre herausragende Stellung unter den Ludowingern ließe sich dann aus anderen Vorbedingungen heraus erklären. Sie nahmen diese Stellung ein, weil sie über nicht unbedeutende herrschaftliche Rechte in Innerthüringen verfügten, weil sie bedeutende Grundherren in der Region waren und weil sie auch in einer vasallitischen Beziehung zu anderen bedeutenden Herren wie etwa dem Abt von Fulda standen. Die Aufnahme in die ludowingische Ministerialität und die Übertragung eines Hofamtes ist dann vielleicht insofern zu erklären, dass die Ludowinger im Rahmen des Ausbaus herrschaftlicher Rechte auf personaler Ebene bedeutendere regionale Geschlechter an sich banden. Das Verhältnis dürfte dabei aber gleichfalls wechselseitig gewesen sein. So eröffnete es den Schlotheimern die Möglichkeit, ihre Stellung in der Region zu festigen und im Ergebnis über ausreichend herrschaftliche Rechte, aber auch Einfluss zu verfügen, um in der Folge eine Stadtgründung in die Wege zu leiten. Vergleichbares deutete sich auch bei den Herren von Salza an, welche in enger Beziehung zu den Welfen standen. Insofern sollte zukünftig zu prüfen sein, ob Ähnliches nicht auch bei anderen bedeutenderen thüringischen (Ministerialen-)Geschlechtern zu erkennen ist, ob nicht die Entstehung weiterer Städte, wie etwa Eckartsberga als Stammsitz der Marschälle von Eckartsberga, in einem solchen Zusammenhang steht.113 Anhand der hier skizzierten Zusammenhänge wird deutlich, dass alle untersuchten Orte in erhöhtem Maße territorialpolitische Funktionen erfüllten.114 Ihre Entwicklung zu Städten, und eine solche ist auch bei Herbsleben wenigstens in Ansätzen feststellbar, geschah augenscheinlich primär aus herrschaftlichen, politischen und militärischen Erwägungen.115 Diesen vor allem solche Zwecke erfüllenden Städten wird seitens der Forschung aber eine eher ungünstige städtische Entwicklung zugeschrieben. Zu vollen Städten konnten sie sich in der Regel nicht entfalten. Viele von ihnen blieben Kümmerformen, waren „Minderstädte“ 116
113
114 115 116
Im Fall Eckartsbergas sei aber darauf verwiesen, dass wenigstens die Burg schon 1121 aus Reichsbesitz an die Ludowinger gekommen war. Gleichwohl liegt vollkommen im Dunkeln, wann und in welchem Zusammenhang Eckartsberga Stadt wurde. Erst 1292 wird sie erstmals als civitas bezeichnet. (Vgl. PATZE: Landesherrschaft, S. 311, 327f., 331f. u. 430. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 259-264.). Zur Bedeutung von Städten als Mittel der Territorialpolitik vgl. SCHMITT: Landesherr, Stadt und Bürgertum, S. 47-50. Außerdem Kap. I.2. Vgl. hierzu Kap. I.2.1. Vergleichbares hatte Günther Bradler auch für die Städte der Reichsministerialen festgestellt. (BRADLER: Stadtentwicklung und Ministerialität, S. 90f.).
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
oder wegen ihrer stark ländlich geprägten Wirtschaft sogenannte „Ackerbürgerstädte“.117 Wenigstens im Fall Herbslebens scheint dies insofern zuzutreffen, als eine städtische Entwicklung wohl nie vollständig zum Abschluss kam. Inwiefern sich die vier Städte Langensalza, Thamsbrück, Schlotheim und Tennstedt dennoch entwickeln konnten, ist anschließend zu skizzieren; in diesem Zusammenhang sind diese Städte in ihrer inneren Entwicklung zu vergleichen und in Beziehung zu anderen Städten zu setzen.
2.
Die innere Entwicklung der Städte im Vergleich
2.1 Die vorstädtische Geschichte Wenigstens Schlotheim wie auch Tennstedt waren als Mittelpunkte von königlichen Villikationen schon im Frühmittelalter zentrale Orte. In beiden Fällen wurde der königliche Villikationsmittelpunkt noch durch eine frühmittelalterliche Burg ergänzt und beide Plätze könnten in dieser Zeit sogar Pfalzen gewesen sein. Im Fall Schlotheims ist darüber hinaus nicht auszuschließen, dass es seit dem 10. Jahrhundert auch Mittelpunkt einer Villikation der Reichsabtei Fulda war. In Tennstedt gelangten erhebliche Teile des Königsgutes noch im Frühmittelalter an das Reichsstift Gandersheim und die Reichsabtei Hersfeld. Wenigstens für Gandersheim konnte mit der domus hovemanni gleichfalls eine zentrale Güterverwaltung nachgewiesen werden, und für Hersfeld dürfte eine solche wegen der umfangreichen hersfeldischen Rechte ebenfalls anzunehmen sein.118 Ähnliches lässt sich im Fall Langensalzas feststellen. Hier verfügten sowohl das Kloster Fulda als auch das Kloster Hersfeld über umfangreichen Besitz, welcher einen zentralen Hof gehabt haben dürfte. Wobei die hersfeldischen Rechte wohl in der westlichen Salza-Siedlung Ufhoven lagen. Der fuldische Besitzschwerpunkt lag, und hierauf deutet das Patrozinium der Marktkirche, welche die spätere städtische Hauptkirche war, maßgeblich im Umfeld der späteren Stadt.119 Ungleich schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob Thamsbrück bereits im Frühmittelalter und beginnenden Hochmittelalter zentrale Funktionen besaß, denn bisher lassen sich dafür keine Anzeichen erkennen. Allerdings lag nur wenige hundert Meter südlich davon das Kloster Homburg, bei welchem spätestens seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein Fernhandelsmarkt unbekannten 117 118 119
Vgl. hierzu Kap. I.2.3. Vgl. Kap. II.2.3f. u. II.3.3. Vgl. Kap. II.4.3.1.
DIE INNERE ENTWICKLUNG DER STÄDTE IM VERGLEICH
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Alters sowie spätestens seit dem frühen 13. Jahrhundert eine größere Siedlung bestanden. Dem Kloster selbst ging wohl eine Burg gleichfalls unbekannten Alters voraus. Unbeantwortet bleiben muss die Frage, ob es sich bei dieser ebenfalls um eine Reichsburg mit angeschlossenem Wirtschaftshof oder gar um eine königliche Pfalz handelte. Sicher ist nur, dass der Ort über die Süpplingenburger oder Brunonen in welfischen Besitz kam.120 Thamsbrück aber war spätestens seit dem zweiten Drittel des 12. Jahrhunderts ein für die Ludowinger nicht unbedeutender Ort. Er scheint mit seiner Bedeutung als Angelpunkt landgräflicher Herrschaft wenigstens innerhalb der ludowingischen Herrschaft ein nicht unbedeutender Platz gewesen zu sein.121 Die wohl ebenfalls seit dieser Zeit hier bestehende Burg war Sitz des Bruders Landgraf Ludwigs I., welcher sich Graf von Thamsbrück nannte.122 Insofern könnte der Ort schon bevor er Stadt wurde im Rahmen der ludowingischen Herrschaft auch herrschaftlich-administrative Funktionen wahrgenommen haben. Unberücksichtigt bleiben muss als mögliche Voraussetzung städtischer Entwicklung jedoch das Thamsbrücker Landgericht. Denn es ist vollkommen unsicher, ob es schon zur Zeit der Stadtgründung bestand oder ob es erst zu einem späteren Zeitpunkt eingerichtet worden ist. Deshalb kann diese Zentralfunktion nicht als Voraussetzung für die städtische Entwicklung dienen. Vor ähnlichen Schwierigkeiten steht auch die Frage hinsichtlich einer frühen Zentralfunktion Herbslebens. Sicher nachweisen lässt sich nichts Entsprechendes. Lediglich der Umstand, dass der Ort an einem Unstrutübergang lag, könnte eine frühmittelalterliche Burg vermuten lassen. Letztendlich sicher nachweisbar ist eine Burg aber erst im 13. Jahrhundert.123 Herbsleben war Sitz eines Erzpriesters, und auch Langensalza beziehungsweise Ufhoven war Mittelpunkt eines Sedessprengels. Unsicher ist, ob sich in Schlotheim gleichfalls ein Erzpriestersitz befand. Wenigstens Salza und Herbsleben besaßen demnach mit Sicherheit eine kirchliche Mittelpunktfunktion, auch wenn einigermaßen unklar ist, ob Ufhoven oder Langensalza Sitz des Erzpriesters waren.124 Bereits Hirschmann und Escher verwiesen bezüglich der Archidiakonatssitze aber darauf, dass ihnen kaum Bedeutung im Rahmen einer städtischen Entwicklung zukommen kann,125 weil sie sich auch an Orten befanden, bei denen 120 121 122 123 124 125
Vgl. Kap. II.1.3.1. Vgl. Kap. II.1.3.1. u. II.1.3.3. Vgl. Kap. II.1.3.1. Vgl. Kap. II.5.2. Vgl. Kap. II.3.3.4, II.4.3.1 u. II.5.2. In einigen Regionen waren die Archidiakonate durchaus stadtsässig und wurden deshalb sehr wohl als Kriterium von Urbanität angesehen. (Vgl. ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 50f.).
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keinerlei städtische Entwicklung festzustellen war. 126 Vergleichbares lässt sich auch für Thüringen feststellen. Drei der fünf Archidiakonate hatten zwar ihren Mittelpunkt in mittelalterlichen Städten, St. Severi und St. Marien in Erfurt und in Heiligenstadt St. Martini. Demgegenüber lässt sich für Oberdorla keinerlei städtische Entwicklung erfassen und Gleiches gilt auch für Jechaburg in dessen unmittelbarer Nachbarschaft jedoch später die Stadt Sondershausen entstand.127 Nicht anders verhält es sich im Fall der Erzpriestersitze. Auch sie lagen sowohl in späteren Städten als auch in Dörfern. Allerdings deutet sich an, dass sie eher in Dörfern lagen, als in Orten, welche sich später zu Städten entwickelten.128 Die Funktion eines Ortes als früher kirchlicher Mittelpunkt steht in den meisten Fällen demnach in keiner Beziehung zur späteren städtischen Entwicklung. Sowohl bei Tennstedt als auch bei Langensalza ist des Weiteren nicht grundsätzlich auszuschließen, dass der Stadt jeweils ein schon vorher bestehender Markt voranging, dass beide Orte, bevor sie Stadt wurden, also bereits Marktsiedlungen waren. Ausdrückliche Belege hierfür gibt es aber nicht. Sollte Schlotheim auch Mittelpunkt einer fuldischen Villikation gewesen sein, könnte auch hier schon ein der Stadt vorangehender Markt bestanden haben.129 Verkehrsungünstig lag keiner der untersuchten Orte. Thamsbrück und Herbsleben befanden sich an Übergängen über die Unstrut. Thamsbrücks Name leitete sich sogar davon ab. Bei Langensalza trafen wichtige überregionale Wege aufeinander und hier befand sich ein Übergang über die Salza. Tennstedt und Schlotheim lagen gleichfalls an wenigstens für die Region bedeutenden Straßen. Wann die vier sicher als Städte anzusprechenden Orte Stadt wurden, ist nicht überliefert. Thamsbrück entstand zusammen mit Freyburg und Creuzburg als ludowingische Gründungsstadt entgegen der Annahme Müllers wohl schon im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts.130 Die anderen Städte gehören mit einiger Wahrscheinlichkeit ins 13. Jahrhundert, wobei bei Tennstedt der Abschluss der Stadtentwicklung auch erst ins 14. Jahrhundert erfolgt sein könnte. Sicher zu datieren ist die Erhebung Herbslebens zum Marktort. Das entsprechende königliche Privileg aus dem Jahr 1331 ist überliefert.
126 127
128 129 130
ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 50f. Vgl. Karte: Kirchliche Organisation Thüringens im Mittelalter. Archidiakonate und Sedesbezirke, im Anhang von: Das Mainzer Subsidienregister, Umschlagseite hinten. Zu Oberdorla und Jechaburg/Sondershausen: KÜTHER/PATZE: Art. Oberdorla, S. 315-317. GRESKY. Art. Jechaburg, S. 214f. HARTUNG/GRESKY: Art. Sondershausen, S. 404. Vgl. Karte: Kirchliche Organisation Thüringens im Mittelalter. Archidiakonate und Sedesbezirke, im Anhang von: Mainzer Subsidienregister, Umschlagseite hinten. So bereits Christine Müller, in: MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 159. Vgl. Kap. II.1.4.
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Die Entstehung der Stadt Thamsbrück gehört in den Kontext einer, wie bereits Müller festgestellt hat, sehr früh ausgeprägten ludowingischen Städtepolitik. 131 Schlotheim und Salza zählen mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Gruppe von Städten, welche im Machtvakuum des Interregnums und des Kampfes um die Nachfolge in der Landgrafschaft oder deren unmittelbaren Folge, aber auch durch Mitwirkung der ortsansässigen Geschlechter unter Beteiligung ihrer Herren entstanden. Die herrschaftlichen Kräfte in Thüringen nutzten offensichtlich diese Zeit, um eine ausgeprägte Städtepolitik zu forcieren und mit ihr den Ausbau des Landes – die Territorialisierung – voranzutreiben. Deshalb wäre vor allem bei den Städten im thüringischen Raum, deren Ersterwähnung in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts fällt, zukünftig zu prüfen, ob hier nicht eine Entstehung zwischen 1247 und 1263/64 oder kurz danach wahrscheinlich gemacht werden kann. Gleichzeitig sollten dabei die jeweiligen herrschaftlichen Zusammenhänge untersucht werden. Hierbei sei auf die immerhin bereits durch Flach festgestellte Zahl von 19 Städten verwiesen, deren Ersterwähnung als Stadt oder von städtischen Merkmalen in die Zeit zwischen 1250 und 1299 fällt.132
2.2 Die Entwicklung der Orte aus rechts- und verfassungsgeschichtlicher Perspektive 2.2.1 Die Ausdifferenzierung der Ratsverfassung Ein Rat bildete sich in Thamsbrück, Tennstedt, Schlotheim und Langensalza, aber nicht in Herbsleben heraus. Dass im Fall von Herbsleben kein Rat nachweisbar ist, könnte ein wesentlicher Hinweis darauf sein, dass eine städtische Entwicklung, sofern sie überhaupt beabsichtigt war, nie zum Abschluss kam. Damit käme dem Rat als verfassungsrechtlichem Element bei der Beantwortung der Frage, ob es sich beim entsprechenden Ort um eine Stadt handelte, eine besondere Bedeutung zu. Die Entstehung einer Ratsverfassung ist demzufolge ein wesentliches Kriterium für eine Stadt. In Thamsbrück lassen sich Rat und Ratsmeister seit den 1270er Jahren nachweisen. In Tennstedt wird ein Rat erstmals 1404 genannt. Wegen der schlechten Quellenlage kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass er schon wesentlich früher vorhanden war. Ein Rat wird in Langensalza erstmals 1356 erwähnt, und in Schlotheim erfolgte die Erstnennung eines Rates im Stadtrecht, das aber 131 132
Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 302-308. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 97f. FLACH: Entstehungszeit, S. 68f.
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kaum vor 1351 entstanden sein kann. In Herbsleben dagegen hatte sich eine eher dörfliche Heimbürgenverfassung herausgebildet.133 Die Ersterwähnungen eines Rates in Tennstedt und Langensalza entsprechen der Beobachtung von Wolfgang Heß, dass sich in den landesherrlichen Städten eine Selbstverwaltung erst seit der Wende zum 14. Jahrhundert herauszubilden begann.134 Trifft dies zu, dürfte auch der Schlotheimer Rat erst damals oder nach dieser Zeit entstanden sein. Schon der Thamsbrücker Rat gehört aber eindeutig ins 13. Jahrhundert und bestand wegen seiner Ersterwähnung in den 1270er Jahren schon deutlich vor der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert. Schon im Zusammenhang mit dem 1268 durch den Mainzer Erzbischof über Langensalza verhangenem Interdikt, deutete doch einiges darauf hin, dass die noch junge Stadt bereits über ein gewisses Maß an städtischer Selbstverwaltung verfügte. Auch wenn ein Rat als Instrumente städtischer Selbstverwaltung nicht direkt genannt wurde, wird doch immer wieder die Stadt als Körperschaft angesprochen. Es muss demzufolge eine Institution gegeben haben, welche die Stadt nach außen vertrat.135 Damit werden Ansätze städtischer Selbstverwaltung auch bei den kleineren landesherrlichen Städten durchaus bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erkennbar. Dabei zeigt das Beispiel Thamsbrück, dass es in solchen Städten gleichfalls schon in dieser Zeit zur Ausbildung einer Ratsverfassung kam. In diesem Zusammenhang ist auf Arnstadt zu verweisen, wo, wie Heß selbst feststellte, dem Rat 1266 das Stadtrecht verliehen wird.136 Auch hier bestand eine Ratsverfassung demnach spätestens nach der Mitte des 13. Jahrhunderts. Des Weiteren soll nach Heß der Zeitpunkt zur Ausbildung städtischer Selbstverwaltung auch abhängig von Größe und wirtschaftlicher Bedeutung einer Stadt sein. Dies mag vielleicht noch im Fall Arnstadts zutreffen, steht bei Thamsbrück jedoch vor dem grundsätzlichen Problem, dass die Stadt, wenn überhaupt, lediglich Funktionen eines Nahmarktes besaß und sie auch nicht besonders groß war. Dabei ist aber nicht auszuschließen, dass sich die wirtschaftliche Funktion der Stadt wenigstens im 13. Jahrhundert zunächst nicht ungünstig entwickelt hatte.137 Dennoch ist zu überlegen, ob es nicht weitere Umstände gab, welche zur Entstehung einer Selbstverwaltung und damit auch zu einer Ratsverfassung führten. Wie oben erwogen, könnte gerade die militärische Funktion von Städten und hier vor allem von kleineren Städten eine solche Entstehung begünstigt, sie vielleicht 133 134 135 136 137
Vgl. für Thamsbrück: Kap. II.1.5, für Bad Tennstedt: Kap. II.2.6.2, für Schlotheim Kap. II.3.7.1, für Bad Langensalza Kap. II.4.6.2.2 und für Herbsleben Kap. II.5.5.3. Vgl. Kap. I.2. Vgl. Kap. II.4.6.2.1. HESS: Verfassung der Städte, S. 335. Vgl. Kap. II.1.6.
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geradezu befördert haben. Dies wäre bei Thamsbrück der Fall. Des Weiteren fällt auf, dass neben den Reichsstädten und Erfurt vor allem in den landgräflichen Städten schon recht früh eine städtische Selbstverwaltung entstand und sich in den feststellbaren Fällen auch recht früh ein Rat bildete. So wird 1251 erstmals ein Rat in Eisenach genannt und in Gotha erscheinen 1256 zum ersten Mal consules in den Quellen. Schöffen werden in Weißensee 1272 und in Creuzburg 1279 überliefert.138 Die Ersterwähnungen von Räten in Gotha und Eisenach fallen demnach in die Zeit des Kampfes um die Nachfolge in der Landgrafschaft. 139 Die erstmalige Nennung des Thamsbrücker Rates sowie die von Schöffen in Creuzburg und Weißensee erfolgte in der Zeit unmittelbar danach. Es ist demzufolge vorstellbar, dass es bei den ehemals ludowingischen Städten zwischen den Auseinandesetzungen um die Nachfolge in der Landgrafschaft Thüringen und der Ausdifferenzierung einer städtischen Selbstverwaltung Zusammenhänge gibt. Möglicherweise waren die Städte in diesen unsicheren Zeiten zunehmend darauf angewiesen, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen, beziehungsweise beförderten unklare Verhältnisse in der Stadtherrschaft die schnelle Entwicklung einer städtischen Selbstverwaltung. Im Fall Thamsbrücks könnte als weiterer Faktor hinzugekommen sein, dass offensichtlich auch die hessische Partei im Kampf um die Nachfolge in der Landgrafschaft bestrebt war, Thamsbrück in die Hand zu bekommen. Ebenso gab es seitens des Mainzer Erzbischofs Ansprüche auf die Stadt. In diesem Zusammenhang beförderte dann möglicherweise eine der Parteien, welche versuchten, in die Stadtherrschaft einzurücken oder Ansprüche durchzusetzen, mittels Privilegierung die Etablierung des Rates. Ziel könnte es dabei gewesen sein, durch die Zugeständnisse im Rahmen der Selbstverwaltung die Bürgerschaft der Stadt enger an sich zu binden, um damit gegenüber den anderen um die Stadtherrschaft konkurrierenden Herren einen Vorteil zu erlangen.140 Insofern scheint die Zeit um die Mitte des 13. Jahrhunderts und kurz danach nicht nur für die Entstehung von landesherrlichen Städten in Thüringen besonders günstig gewesen zu sein. Bei bereits bestehenden, älteren ehemals ludowingischen Städten begünstigte der Kampf um die Nachfolge in der Landgrafschaft anscheinend auch die Ausdifferenzierung der Ratsverfassung. Hintergrund hier-
138 139
140
FLACH: Entstehungszeit, S. 86 u. 110. PATZE: Art. Gotha, S. 155. HESS: Verfassung der Städte, S. 332-334. Vgl. hierzu die entsprechenden Aufsätze: BRAASCH-SCHWERSMANN/REINLE/RITZERFELD (Hg.): Neugestaltung in der Mitte des Reiches. Die maßgebliche Literatur wird ansonsten aufgelistet in: WERNER: Thüringen im Mittelalter, S. 325f. Vgl. Kap. II.1.4.
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für könnte sein, dass sich ein Rat herausbildete, weil im Rahmen dieser Auseinandersetzungen die Stadtherrschaft unklar war und deshalb ein Stadtherr nicht mehr unmittelbar wirken konnte, oder weil die unterschiedlichen Parteien im Kampf um die Nachfolge, um sich die Städte als feste Punkte dauerhaft zu sichern, der Bürgerschaft mehr Selbstverwaltung zugestanden. So könnte angenommen werden, dass sich auch in dem durch die Ludowinger im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts gegründeten Freyburg an der Unstrut141 bereits um die Mitte des 13. Jahrhunderts oder kurz danach die städtische Selbstverwaltung so weit ausgebildet hatte, dass ein Rat entstehen konnte. Ein solcher ist in Freyburg zwar erstmals im 15. Jahrhundert anhand der Schriftquellen nachzuweisen, doch erscheint dies vor dem skizzierten Hintergrund nicht allzu problematisch, da die Quellenlage für Freyburg im Allgemeinen recht schlecht ist.142 In diesem Zusammenhang sei noch darauf verwiesen, dass sich auch im Fall der Reichsstädte Vergleichbares andeutet. In Altenburg scheint sich der Rat zwar schon vor der Mitte des 13. Jahrhunderts herausgebildet zu haben, in Erscheinung tritt er dann aber erst 1256. In Mühlhausen ist der Rat erstmals 1251 belegt und in Nordhausen 1266.143 Auch hier fällt dieAusbildung der Ratsverfassung offensichtlich mit einer stadtherrlichen Schwächephase zusammen, in diesem Fall dem etwa zeitgleich zum Kampf um die Nachfolge in der Landgrafschaft einsetzenden und andauernden Interregnum.144 Für die süddeutschen Reichsstädte hatte zuletzt Martin Kaufhold festgestellt, dass sie „den Freiraum der Interregnumsjahre nutzten, um eine politische Institution einzuführen, deren Zeit bereits unter Friedrich II. gekommen war, die dessen restriktive Städtepolitik aber verhindert hatte.“145 Insofern könnte dasselbe auch für die ehemaligen ludowingischen Städte zutreffen. Auch hier könnten grundlegende Voraussetzungen der Ratsverfassung bereits angelegt gewesen sein. Eine Ausgestaltung war aber dann erst im Machtvakuum des Kampfes um die ludowingische Nachfolge möglich. Zusammenfassend bleibt auffällig, dass sowohl bei den Reichsstädten als auch bei den größeren ludowingischen Städten die Erstnennungen von Räten gehäuft nach der Mitte des 13. Jahrhunderts zu beobachten ist. Auch bei den kleineren Städten, wie etwa Weißensee und Creuzburg, lassen sich Schöffen, welche möglicherweise gleichfalls auf einen sich etablierenden Rat hindeuten, sowie der ausdrücklich erwähnte Thamsbrücker Rat in den 1270er Jahren erstmals nachweisen. 141 142 143 144 145
MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 94. Vgl. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 91f. HESS: Verfassung der Städte, S. 333f. Zur zeitlichen Eingrenzung des Interregnums vgl. KAUFHOLD: Interregnum, S. 1-4. KAUFHOLD: Interregnum, S. 226. Mit Verweis auf: RABE: Frühe Stadien der Ratsverfassung, S. 1-17. Sowie: RABE: Der Rat der niederschwäbischen Reichsstädte.
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In letzteren Fällen könnten aber auch die Wettiner im Zuge ihrer endgültigen Durchsetzung im thüringischen Teil der Landgrafschaft die Ratsverfassung, welche sich in den Wirren während des Kampfes um die Landgrafschaft herauskristallisiert hatte, durch Privilegien rechtlich fixiert haben. Eine grundsätzlich vergleichbare Situation scheint sich bei den ehemals ludowingischen Städten in Hessen anzudeuten. Exemplarisch soll hier nur auf die in der Urkunde Nr. 2 des Langsdorfer Vertrages von 1263 genannten Städte Grünberg und Frankenberg an der Eder verwiesen werden.146 So findet sich das ehemalige ludowingische Grünberg 1255 unter den Städten des Rheinischen Städtebundes. Allerdings ist hier nichts darüber bekannt, seit wann ein städtischer Rat existierte. Erstmals erwähnt werden Bürgermeister und damit ein Rat erst 1344.147 Jedoch dürfte die Mitgliedschaft im Rheinischen Städtebund auf eine doch erheblich städtische Selbstständigkeit in dieser Zeit verweisen.148 In Frankenberg ist zwar in dieser Zeit ebenfalls ein Rat nicht direkt nachweisbar, 1255 wird aber ein als theatrum bezeichnetes Rathaus erstmals genannt.149 Auch diese Städte waren nach dem Aussterben der Ludowinger im Mannesstamm Gegenstand der Auseinandersetzungen zwischen ihren Erben und dem Mainzer Erzbischof. Stadtherrliche Schwächephasen oder aber strittige Stadtherrschaften scheinen demnach die Ausbildung der Ratsverfassung begünstigt zu haben. So übernahmen die Städte in diesem Zusammenhang auch mehr politische und administrative Verantwortung. Gleichzeitig waren sie, wie die Mitgliedschaft Grünbergs im Rheinischen Städtebund zeigt, bereit, auch nach außen über ihre Stadtgrenzen hinaus im Verbund mit anderen Städten politische Verantwortung zu übernehmen. Sie wurden politische Akteure. Gleichzeitig dürfte aber auch die unsichere Gesamtlage dieser Zeit dafür verantwortlich sein, dass sich solche Städte in einem auch Schutz bietenden Bund organisierten.150 Mit Marburg und Alsfeld sind im Jahr 1255 aber zwei weitere ehemals ludowingische Städte, welche wie Grünberg in Hessen lagen, unter den Mitgliedern des Rheinischen Städtebundes zu finden.151 Gleichzeitig setzte sich der Bund aus 146 147 148
149 150
151
Langsdorfer Urkunden ed. v. Rohberg, LU 2, S. 395f. Geschichte der Stadt Grünberg, Nr. 10-12, S. 185-188. Zu Grünberg vgl. HESS: Hessische Städtegründungen, S. 40. KNÖPP: Art. Grünberg, S. 178f. Zum Rheinischen Städtebund vgl. KAUFHOLD: Interregnum, S. 168-215. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 123f. HStA Marburg Urk. 26, Nr. 109. Regest: Kloster Haina 1, Nr. 254. Vgl. auch: HESS: Hessische Städtegründungen, S. 133, mit Anm. 53. Der Rheinische Städtebund war nach dem Zusammenbruch der staufischen Herrschaft entstanden, um im Machtvakuum der nachstaufischen Zeit als Instrument der Friedensund Rechtssicherung die entstandene Lücke zu füllen. (Vgl. KAUFHOLD: Interregnum, S. 175-178. DISTLER: Städtebünde, S. 181f.) MGH Const. II, Nr. 428, VI. GUNZERT: Art. Alsfeld, S. 3.
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mehr als 70 oberdeutschen Städten zusammen.152 Da auch Mühlhausen Mitglied des Bundes war,153 reichte er bis in den Raum des nordwestlichen Thüringer Beckens und damit in den Bereich der Landgrafschaft. Eine Mitgliedschaft der in dieser Arbeit untersuchten Orte im Städtebund war jedoch nicht nachzuweisen. Grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch in Thüringen gelegene, ehemals ludowingische Städte Mitglieder des Bundes waren, wobei, wie der Fall Grünberg zeigt, auch ausgesprochene Kleinstädte ihm angehören konnten. 154 Allerdings ließe sich die Zugehörigkeit der in Hessen gelegenen Städte Grünberg, Marburg und Alsfeld auch auf anderem Wege erklären. So erscheint Sophie von Brabant, welche die hessischen Gebiete der Ludowinger für ihren Sohn beanspruchte, unter den dem Bund angehörenden adligen Herrschaftsträgern.155 Nicht auszuschließen ist deshalb, dass die Städte zusammen mit Sophie und auf ihr Betreiben in den Bund eingetreten waren.
2.2.2 Die Ratszusammensetzung Die Zusammensetzung des Rates, sofern erkennbar, ist in den einzelnen Städten unterschiedlich und unterlag im Verlauf des Spätmittelalters durchaus Veränderungen. Der Thamsbrücker Rat bestand zunächst aus acht Mitgliedern, schrumpfte spätestens im 15. Jahrhundert aber auf sechs zusammen. Dem Rat standen jeweils zwei Ratsmeister vor und im 15. Jahrhundert lassen sich dann auch Kämmerer nachweisen.156 Für Schlotheim überliefert keine mittelalterlichen Quelle die Anzahl der Ratsmitglieder und die Zusammensetzung des Rates. Lediglich anhand einer Quelle des 17. Jahrhunderts lässt sich erkennen, dass der Rat wohl ursprünglich aus acht Mitgliedern bestand, aus deren Kreis zwei Kämmerer und zwei Ratsmeister gewählt wurden.157 In Tennstedt setzte sich der Rat im 15. Jahrhundert aus acht Räten, zwei Kämmerern und zwei Ratsmeistern zusammen und umfasste
152 153 154
155 156 157
MGH Const. II, Nr. 432. KAUFHOLD: Deutsches Interregnum, S. 169. MGH Const. II, Nr. 428, VI. So verweist Eva Maria Distler darauf, dass dem Rheinischen Städtebund von 1255 auch niederadlige Städtchen und kleine Ackerbürgersiedlungen angehörten. (DISTLER: Städtebünde, S. 105.). […]domina Sophia lantgravia Thuringie[…] (MGH Const. II, Nr. 428, VI.). Vgl. auch BIELFELDT: Der rheinische Städtebund, S. 29. Vgl. Kap. II.1.5. Vgl. Kap. II.3.7.1.
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damit zwölf Mitglieder.158 Auch der Langensalzaer Rat bestand aus zwölf Mitgliedern, von denen ebenfalls zwei Ratsmeister und zwei Kämmerer waren. In Langensalza fand dann in der Mitte des 15. Jahrhunderts auf stadtherrliche Anweisung eine Veränderung der Ratszusammensetzung statt. Vier der zwölf Ratsmitglieder waren jetzt so zu wählen, dass zwei aus dem Handwerk und zwei aus der Bürgergemeinde kamen. An der Besetzung der zwei Ratsmeister- und zwei Kämmererämter hatten sie aber keinen Anteil. Diese waren vielmehr aus den übrigen acht Räten zu bestimmen. Etwas Ähnliches kann gleichfalls nach der Mitte des 15. Jahrhunderts in Thamsbrück beobachtet werden. Erstmals im Jahr 1473 lässt sich nachweisen, dass ein Kämmerer und ein weiteres Ratsmitglied von der Gemeinde zu wählen waren, welche damit wiederum ein wenigstens partielles Mitspracherecht in der Stadtregierung erhielt. Noch wenige Jahre vorher wurden augenscheinlich alle Mitglieder des neuen Rates vom sitzenden Rat gewählt. Unmittelbare Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Rates hatte diese andere Regelung zunächst anscheinend aber nicht. So deutet sich an, dass auch diese zwei Personen aus dem Kreis der alten ratsfähigen Geschlechter gewählt wurden.159 Wenigstens anhand Thamsbrücks und Langensalzas ist damit durchaus zu erkennen, dass auch die Bürgergemeinde beziehungsweise das Handwerk nach Mitsprache an der städtischen Regierung strebten und dies wohl auch durchsetzen konnten. Gleichzeitig deutet sich hieraus an: Auch in den landesherrlichen Städten und eben auch in den kleineren, wie etwa in Thamsbrück, strebte die Bürgergemeinde durchaus gegen den Rat und die alten ratsfähigen Geschlechter nach Partizipation oder wenigstens einer rechtlich fixierten grundsätzlichen Mitbestimmung. Ob dieses Streben nach Mitbestimmung mit innerstädtischen Auseinandersetzungen verbunden war, lassen die Quellen nicht unmittelbar erkennen. Jedoch verweist möglicherweise der Umstand, dass Landgraf Wilhelm für Langensalza 1457 und 1463 in zwei Urkunden hierzu Regelungen treffen musste, auf wenigstens bestehende Spannungen innerhalb der Bürgergemeinde. Zusammenfassend ließ sich aber feststellen: Offensichtlich gab es auch in den kleineren Städten durchaus Bestrebungen seitens der Gemeinde, gegen die alten ratsfähigen Geschlechter ein Mitspracherecht an der städtischen Verwaltung zu erreichen. Für Thamsbrück ließ sich noch eine weitere Entwicklung erkennen, welche aber wiederum in die Frühzeit seiner Ratsverfassung fällt. So setzte sich der Rat wenigstens im 13. Jahrhundert, wahrscheinlich aber bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts zu einem nicht unerheblichen Teil, wenn nicht sogar vollständig aus den ministerialischen Burgmannen der landgräflichen Burg zusammen. Erst in der
158 159
Vgl. Kap. II.2.6.2. Vgl. Kap. II.1.4f.
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Folge verschwinden diese Ministerialen aus der städtischen Verwaltung und werden durch Thamsbrücker Bürger abgelöst, bei denen keine Zugehörigkeit zu Ministerialität oder landgräflichen Burgmannschaft mehr erkennbar ist. 160 Vergleichbares lässt sich auch anderswo beobachten: In Marsberg (Hochsauerlandkreis in Nordrhein-Westfalen) setzte sich der ab 1277 nachweisbare Rat zunächst aus milites zusammen, welche dann nach und nach aus dem Rat verschwanden.161 Bei Tennstedt und Thamsbrück wurde außerdem deutlich, dass sich der Stadtherr noch im späten 15. Jahrhundert eine wenigstens formale Anerkennung des jeweils neuen Rates vorbehielt, indem seitens der Stadt dem Stadtherrn die neuen Ratsmitglieder mitgeteilt wurden.162 In Langensalza war, wie aus dem städtischen Rechnungsbuch für das Jahr 1382 hervorging, eine solche Bestätigung noch im späten 14. Jahrhundert die Regel. Hier war des Weiteren festzustellen, dass der Stadtherr bei der Ratssetzung, in deren Zuge wohl auch die Bestätigung geschah, persönlich anwesend war.163 Nichts Dahingehendes ist für Schlotheim überliefert. Aber auch hier scheint eine wenigstens formale Bestätigung durch den jeweiligen Stadtherrn doch wahrscheinlich. Die stadtherrliche Bestätigung des gewählten Rates entsprach gerade in kleineren landesherrlichen Städten anders als in den meisten Reichsstädten der Normalität. In Ersteren blieb somit die Besetzung des Rates von der landesherrlichen Zustimmung abhängig. Demgegenüber hatte der größte Teil der Reichsstädte hier eine weitestgehende Selbstbestimmung erreicht.164 Die Ratsverfassung an sich unterlag damit nach ihrer Einrichtung noch einmal Veränderungen. Abhängig war die Anzahl der Ratsmitglieder, wie etwa am Beispiel Thamsbrück deutlich wurde, von der Größe der Stadt und von der Einwohnerzahl. Dabei ist zu beachten, dass die Stadt Tennstedt, welche seit 1436 in etwa die gleiche Stadtfläche wie Thamsbrück aufwies, im 15. Jahrhundert immerhin über doppelt so viele Ratsmitglieder wie Thamsbrück verfügte. Hieraus lässt sich dann folgern: Die Stadt Tennstedt besaß vermutlich eine wesentlich dichtere Besiedelung; auf der gleichen Fläche lebten also mehr Bewohner, aus welchen die Wahl der Ratsmitglieder möglich war. Bezüglich der Ratsverfassung sei aber noch auf den schon im Zusammenhang mit Herbsleben mehrfach besprochenen Ort Gebesee verwiesen. Hier werden für das 15. Jahrhundert, obwohl keine abgeschlossene städtische Entwicklung zu ver-
160 161 162 163 164
Vgl. Kap. II.1.4. STOOB: Marsberg. Zu Thamsbrück vgl. Kap. II.1.4. Zu Tennstedt vgl. Kap. II.1.6.2. Vgl. Kap. II.4.6.2. Vgl. SCHROEDER: Ratsverfassung, S. 173. Vgl. auch: ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 328. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 131-136.
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zeichnen ist, Gemeindevorsteher als Vormünder, aber auch als Räte bezeichnet.165 Spätestens im 15. Jahrhundert erscheinen die Begriffe „Rat“ und „Räte“ demnach auch im Zusammenhang mit Orten, welche eine gewisse städtische Entwicklung genommen, diese aber nicht oder noch nicht vollständig abgeschlossen hatten. Somit ist bezüglich dieser Begrifflichkeit(en) im Spätmittelalter eine gewisse Vorsicht geboten. Nicht immer scheint die Erwähnung von Räten mit absoluter Sicherheit zu erlauben, auf eine typisch städtische Ratsverfassung zu schließen.
2.2.3 Die Gerichtsbarkeit Ebenso wesentlich wie die Frage nach der Ausbildung der Ratsverfassung und der Struktur des Rates war die Frage nach der Partizipation am städtischen Gericht. Hierzu ist seitens der Forschung festgestellt worden, dass es den kleineren Städten in der Regel nicht gelungen war, das städtische Gericht vollständig in die Hand zu bekommen und damit Gerichtsautonomie zu erreichen.166 Wenigstens im Fall Schlotheims und Thamsbrücks scheint dies zuzutreffen. Anders ist die Situation bei Langensalza. Hier wurde der Stadt das Stadtgericht im 15. Jahrhundert mittels Privileg vollständig übertragen. Dabei dürfte Langensalza in seiner Gesamtentwicklung kaum noch zu den Kleinstädten gehört haben. Für Tennstedt wiederum ließ sich, da keinerlei eindeutige mittelalterliche Quellen vorliegen, nichts Gesichertes aussagen.167 Bevor die Stadt Langensalza die Gerichtsautonomie erreichte, besaß sie spätestens seit 1356 wohl insoweit Mitspracherecht im Gericht, als die Schöffen des stadtherrlichen Gerichtes aus dem Rat besetzt wurden. Seit 1457 war einer dieser Schöffenplätze aus den vier von der Gemeinde und dem Handwerk zu wählenden Ratsmitgliedern zu besetzen. Damit war es der Stadtgemeinde auch hier gelungen, gegen den Rat und die ratsfähigen Geschlechter ein partielles Mitspracherecht zu erreichen.168 In Thamsbrück rekrutierten sich die Schöffen des Stadtgerichtes gleichfalls aus dem Rat. Darüber hinaus besetzte die Stadt spätestens seit
165 166 167 168
LATh-HStA Weimar Hh 1540 Rg Hh pag. 463 u. 477. SCHNELLENKAMP: Thüringer Waidstätten, S. 519. Vgl. Kap. I.2.2. Zu Thamsbrück vgl. Kap. II.1.5. Zu Schlotheim vgl. Kap. II.3.7.1. Zu Tennstedt vgl. Kap. II.2.6.2. Zu Bad Langensalza vgl. Kap. II.4.6.1. u. II.4.6.2.2f. Vgl. Kap. II.4.6.1.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
dem 15. Jahrhundert auch die Schöffenbank des Landgerichtes, doch könnte dies auch schon im 13. Jahrhundert der Fall gewesen sein.169 Trotz der Verleihung des Marktrechtes im Jahr 1331 entstanden in Herbsleben keine typischen städtischen Verfassungsstrukturen. Der Ort – dies hat er immerhin mit einer Stadt gemeinsam – bildete dennoch einen eigenen Gerichtsbezirk. Darüber hinaus wird 1387 durch Landgraf Balthasar verfügt, dass sechs aus der Gemeinde zu wählende Geschworene beim landgräflichen Vogt zu Gericht sitzen und nach gültigem Recht Urteile fällen sollen.170 Damit hatte auch die Gemeinde des Ortes Herbsleben sehr wohl die Mitwirkung im für sie zuständigen Gericht erreicht. Aber dieses ist genauso wie der eigene Gerichtsbezirk im Spätmittelalter für Dörfer nichts Ungewöhnliches mehr.171 Anders als die Ratsverfassung ist das Mitwirken einer Gemeinde im landesherrlichen Gericht ab dem Spätmittelalter demnach kein typisch städtisches Merkmal.
2.2.4 Die Innungen und die städtische Oberschicht Im Zusammenhang mit Langensalza ist bereits auf den Umstand verwiesen worden, dass auch das Handwerk nach Beteiligung an der städtischen Verwaltung und am Gericht strebte und diese dann auch im 15. Jahrhundert erreichte. Organisiert war dieses Handwerk insbesondere in Langensalza in Innungen. Hier lassen sich seit dem 14. Jahrhundert immerhin fünf nachweisen: Namentlich sind das die Tuchmacherinnung, die Fleischerinnung, die Bäckerinnung, die Müllerinnung und die Kürschnerinnung. Zusätzlich dazu dürften auch die Schmiede, Feinschmiede, Lohgerber und Schuhmacher in Innungen organisiert gewesen sein.172 In Schlotheim wird die Wollweberinnung im Stadtrecht erwähnt. Weitere Innungen scheinen aber, ohne namentlich genannt zu werden, bestanden zu haben. In Tennstedt gab es mit der Leinweberinnung, der Schuhmacherinnung und der Fleischerinnung mindestens drei Handwerksgenossenschaften. Keinerlei Handwerksinnungen lassen sich in Thamsbrück und in Herbsleben nachweisen. Allerdings konnten in Herbsleben die Bäcker und Fleischer bereits im Spätmittelalter
169 170 171 172
Vgl. Kap. II.1.5. Vgl. Kap. II.5.5.2f. Vgl. BADER: Das mittelalterliche Dorf I, S. 209-211, 285f. u. 348. Vgl. auch Kap. II.5.5.2f. Vgl. Kap. II.4.6.2.2.
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in Innungen organisiert gewesen sein. Auch die Herbslebener Schützenbruderschaft, welche 1540 erstmals nachweisbar war, könnte gleichfalls bereits im Spätmittelalter entstanden sein.173 Das Fehlen von Innungen in Thamsbrück erstaunt vor allem vor folgendem Hintergrund: Ausgerechnet in diesem Ort konnte für das letzte Drittel des 15. Jahrhunderts eine grundsätzliche Veränderung in der Stadtverfassung beobachtet werden. So war es der Bürgergemeinde gelungen, sich gegenüber dem Rat wenigstens ein Mitspracherecht bei der Besetzung des Rates zu erkämpfen. Grundsätzlich ist deshalb nicht auszuschließen, dass sich erst im 15. Jahrhundert in Thamsbrück Innungen herausgebildet hatten, ohne dass diese nachweisbar sind. Sie könnten demnach trotz fehlender Nachweise bis in die 1460er/70er Jahre ausreichend Bedeutung erreicht haben, um Triebkraft einer Verfassungsveränderung zu sein. Dieses wiederum hätte zur Folge, dass auch in den kleineren weniger entwickelten Städten Innungen ein wesentliche Rolle spielten und sie als genossenschaftliche Organisation in der Lage waren, gegen den Rat und die etablierten Geschlechter eigene Interessen durchzusetzen. Hierbei ist jedoch darauf zu verweisen, dass in Thamsbrück anders als in Langensalza, wo zwei Ratsmannen aus der Gemeinde und zwei aus dem Handwerk zu erwählen waren, eine ausdrückliche Wahl aus dem Handwerk nicht erwähnt wird. Insofern könnte gleichfalls gefolgert werden: Innungen entstanden in Thamsbrück nicht oder falls sie vorhanden waren, verfügten sie über keinen nennenswerten Einfluss. Wenigstens lässt sich aber erkennen, dass es insofern eine soziale Differenzierung gab, dass eine gewisse Oberschicht weitgehend die Geschicke der Städte lenkte. Spätestens im 15. Jahrhundert trat aber eine sich zunehmend emanzipierende Bürgergemeinde hinzu, welche sich gegen diese Oberschicht Rechte erkämpfte. Ob es sich bei dieser Oberschicht um ein Patriziat im Sinne eines abgeschlossenen Standes handelte, war nicht sicher zu erkennen.174 Bei Thamsbrück wurde wiederum deutlich, dass sich die städtische Oberschicht wenigstens im 13. Jahrhundert und teilweise noch im 14. Jahrhundert zu erheblichen Teilen aus den ministerialischen Burgmannen zusammensetzte. 175 Dass auch in Tennstedt, Langensalza und Schlotheim ein größerer Teil der städtischen Oberschicht zunächst aus stadtherrlichen, ministerialischen Burgmannen 173 174
175
Zu Schlotheim vgl. Kap. II.3.7.1. Zu Tennstedt vgl. Kap. II.2.6.2. Zu Herbsleben vgl. Kap. II.5.5.4. Zu Thamsbrück vgl. Kap II.1.5. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 282f. Wobei ein Aufstieg einzelner Familien in das Patriziat oder ein Abstieg aus diesem möglich war. Grundsätzlich ist das Patriziat keine vollständig abgeschlossene Gruppe innerhalb der Stadt- bevölkerung. (ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 760.). Vgl. für die Koblenzer Ministerialität: ROSLANOWSKI: Ministerialen, S. 108f. Zur Ministerialität als städtische Oberschicht vgl. auch: ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 217f. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 276-278.
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bestand und deren Familien damit zunächst auch die ratsfähigen Geschlechter bildeten, soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Dabei muss es sich nicht immer um Dienstleute der Herren, wie etwa den Welfen oder dem Abt von Fulda beziehungsweise Hersfeld, handeln, welche die Oberherrschaft über die Stadt innehatten. So besaßen sowohl die Ministerialen von Schlotheim, als auch die von Salza wiederum eigene Dienstleute und aus diesen könnte sich wenigstens teilweise auch eine städtische Führungsschicht zusammengesetzt haben, welche die städtischen Geschicke im Auftrag, zumindest aber im Sinne dieser Stadtherren ministerialischer Herkunft lenkten. Für Tennstedt und Langensalza besteht des Weiteren die Möglichkeit, dass die städtische Oberschicht auch Angehörige der Kaufmannschaft umfasste. Fernhandel und hier insbesondere der Waidhandel spielte in beiden Städten eine wesentliche Rolle. Entsprechende Nachweise finden sich für beide Städte jedoch erst aus dem 15. Jahrhundert.176 Aus welchen Gründen eine Ablösung der Ministerialen aus der städtischen Führungsschicht in Thamsbrück stattfand, war nicht zu erkennen. Ebenfalls blieb unklar, auf welchem Weg dieses geschah. Grundsätzlich könnte es mit einer allgemeinen Verdrängung des stadtherrlichen Einflusses in Thamsbrück durch eine sich zunehmend emanzipierende Bürgerschaft einhergehen. Jedoch ließ sich gerade für die ausgesprochene Kleinstadt Thamsbrück ein weiterhin bestehender hoher stadtherrlicher Einfluss feststellen. Daher besteht auch die Möglichkeit, dass die ministerialischen Burgmannen zunehmend zu Bürgern wurden und in ihrer Rolle als Bürger auf Bezeichnungen wie miles verzichteten. Letzteres spricht für einen auch anderswo zu beobachtenden Übertritt der Ministerialität in die Bürgerschaft. 177 Hinzu kommt in Thamsbrück noch, dass die Burg spätestens im 15. Jahrhundert zunehmend bedeutungslos für die Wettiner geworden war.178 Inwiefern sich dabei die ursprünglich ministerialischen Familien eine dauerhafte Führungsrolle in der Stadt bewahren konnten, war nicht zu erfassen. Deutlich wurde nur: Stadtherrliche Burgmannen ließen sich im 15. Jahrhundert im Rat nicht mehr nachweisen.179 176 177
178 179
Vgl. Kap. II.4.6.4. Auch in Mühlhausen ließ sich ein großer Teil der ministerialischen Burgmannschaft nach der Zerstörung der Reichsburg im Jahr 1256 in der Stadt nieder und erwarb das Bürgerrecht. Lediglich die Swicker von Mühlhausen waren wohl schon vor der Zerstörung Bürger. In Nordhausen erwarben die Reichsministerialen schon im frühen 13. Jahrhundert und damit vor der Zerstörung der Reichsburg durch die Nordhäuser Bürgerschaft in den 1270er Jahren das Bürgerrecht. (GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 307. GOCKEL: Art. Nordhausen, S. 376 u. 379.). Zur Rolle der stadtherrlichen Ministerialen bei der Herausbildung des städtischen Patriziats in rheinischen Bischofsstädten vgl. ROSLANOWSKI: Ministerialen, S. 108f. Allgemeiner: ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 216-219. Vgl. Kap. II.1.5. Vgl. Kap. II.1.5.
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Mit Ausnahme Thamsbrücks, wo sich immerhin für die Zeit des 13. und beginnenden 14. Jahrhunderts eine ministerialische Führungsschicht erkennen ließ, muss letztendlich ungewiss bleiben, wie sich die Führungsschicht der übrigen Städte zusammensetzte. Allerdings, bleibt gleichfalls als Ergebnis festzuhalten, dass es nicht nur in Langensalza, sondern auch in dem als ausgesprochene Kleinstadt anzusehenden Thamsbrück spätestens im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts durchaus erfolgreiche Bestrebungen der Bürgergemeinde gegen die bürgerliche Oberschicht um Teilhabe an der städtischen Verwaltung gab. Spätestens im 15. Jahrhundert lassen sich in Langensalza Familien feststellen, aus welchen doch recht häufig Personen im Rat saßen. Hieraus lässt sich folgern, dass sich eine gewisse städtisch-bürgerliche Oberschicht – ein Patriziat – ausbilden konnte.180
2.3 Die wirtschaftlichen Grundlagen 2.3.1 Handel, Markt, Münze und jüdische Bewohner Wenigstens im Fall Tennstedts könnte die Anwesenheit eines Kleinhändlers in Erfurt im Jahr 1277 auf Handelsbeziehungen nach Erfurt verweisen. Die verschiedenen Marktplätze in Schlotheim deuten auf unterschiedliche, für den städtischen Handel wichtige Produkte hin. Etwas Derartiges lässt sich für Thamsbrück nicht nachweisen. Dass Einwohner aus Langensalza in Erfurt Handel betrieben, wurde anhand des Handelsverbotes in der Stadt Erfurt von 1268 deutlich. Ob es sich bei den in Erfurt handelnden Langensalzaern um gewerbsmäßige Händler handelte, war nicht zu erkennen. Regionalhandel mit anderen Städten könnte dennoch bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert ein wichtiger Wirtschaftsfaktor gewesen sein. Waidhandel muss spätestens im 15. Jahrhundert in Langensalza und Tennstedt eine bedeutende Rolle gespielt haben. Beide Städte gehörten neben Erfurt, Arnstadt, Nordhausen, Gotha und Greußen zu den wichtigsten Thüringer Waidhandelsplätzen, welche beispielsweise 1447 gemeinsam die Differenzen hinsichtlich des Waidhandels mit der Stadt Görlitz ausräumten. Auf einem Tag zu Erfurt trafen sich Vertreter der Städte, um ihr Vorgehen in diesem Streit abzusprechen.181
180 181
Vgl. Kap. II.4.6.2.1. Codex dipl. Lusatiae superioris IV, S. 452. LÜRMANN: Waidwirtschaft, S. 9. Vgl. auch Kap. II.2.6.1.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Noch etwas anderes wird im Zusammenhang mit der Zusammenkunft in Erfurt aber deutlich: Auch landesherrliche Klein- und Mittelstädte, wie etwa Tennstedt oder Langensalza, aber auch das gleichfalls teilnehmende kleinstädtische Greußen konnten auf wirtschaftlicher Ebene durchaus politische Akteure sein. So wird an keiner Stelle eine landesherrliche Mitwirkung bei dem Zusammentreffen in Erfurt erwähnt. Vielmehr waren es die Kaufleute und Räte von Städten unterschiedlichster Herren, welche hier gemeinsam tätig wurden und welche die wirtschaftlichen Interessen der Städte auch nach außen vertraten. Vergleichbares lässt sich auch noch an anderer Stelle feststellen. So schlossen im März 1381 die Ratsmeister und Räte der landgräflichen Städte Jena, Weißensee, Eisenach und Salza einen Vertrag über die Prägung gleichwertiger Münzen. Dieses geschah zwar mit dem Wissen und auch Einverständnis der Landgrafen Friedrich und Balthasar. Dennoch lässt der Umstand, dass die Ratsmeister der genannten Städte als verhandelnde Akteure in Erscheinung treten, durchaus die Vermutung zu, dass sie auch hier einen gewissen politischen Spielraum nutzten, um in wirtschaftlichen Belangen selbstständig tätig zu werden.182 Sowohl in Langensalza, in Thamsbrück als auch in Schlotheim gehörte zur städtischen Grundausstattung eine Münze. Handel und Geldwirtschaft waren demnach eng miteinander verbunden. Für den Münzherren war dieses insofern von Bedeutung, weil ihm aus der Münzherstellung und dem Wechselgeschäft gleichfalls nicht unbedeutende Abgaben zugestanden haben dürften. Auch aus fiskalpolitischer Sicht waren Münzen deshalb für den Stadtherrn wichtig. Gleichzeitig dürften diese auch die Ansiedlung von Juden als Geldwechsler und Geldverleiher begünstig haben. 183 Insofern könnten sich in Schlotheim aber auch in Thamsbrück durchaus Juden niedergelassen haben, ohne dass dies nachzuweisen wäre. Bemerkenswert erscheint der Umstand, dass sich die Münzen in Langensalza und Schlotheim zunächst in der Hand der ministerialischen Stadtherren befanden. Vielleicht sind sie sogar von diesen, wenn auch wohl unter Mitwirkung ihrer Herren, eingerichtet worden. Sowohl die Schlotheimer als auch die Thamsbrücker Münze konnte sich aber nicht über das 13. Jahrhundert hinaus halten. Die Schlotheimer Münze scheint dabei auf Druck der Stadt Mühlhausen aufgelöst worden sein. Die Thamsbrücker wiederum könnte vor dem Hintergrund einer schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt bedeutungslos geworden sein, während die Langensalzaer Münze weiter bestand und an Bedeutung gewann.184
182 183 184
Vgl. Kap. II.4.6.3. Zu Münzverträgen zwischen Städten als Stadtbündnis vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 315f. u. 831. Vgl. hierzu Kap. II.4.6.5. Vgl. Kap. II.1.4. u. II.3.7.2.
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In keinem der Münzorte gelang es der Bürgerschaft, das Münzrecht dauerhaft in die Hand bekommen. Lediglich die Langensalzaer Bürgerschaft erreichte dies wenigstens vorübergehend, und zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatten sie das Recht erhalten, die Prägeeisen zu verwahren und die richtige Zusammensetzung der Münze zu kontrollieren. Damit war es wenigstens gelungen, Einfluss auf die Münzherstellung zu erreichen.185 Im Fall Thamsbrück und Schlotheim dürfte es wegen des frühen Eingehens der Münzen unmöglich gewesen sein, dass die Bürgerschaft hierauf Einfluss erhielt. Gleichzeitig deutet sich aber an, dass auch diese durch die Einrichtung einer Münze, Warenhandel und die nicht auszuschließende Anwesenheit von Juden vor 1350 seitens der Stadtgründer ausdrücklich als wirtschaftliche Mittelpunkte konzipiert worden waren. Thamsbrück und Schlotheim waren demzufolge auch als wirtschaftliche Mittelpunkte gegründet worden. Deutlich wird dies auch daran, dass der Markt als zentrales Element in diesen offensichtlichen Planstädten schon bei der Gründung mit eingeplant worden ist. Für Thamsbrück wiederum hat dieses zur Folge, dass die Stadt, wie Christine Müller meint, nicht bloß aus militärischen Erwägungen als Burgstadt gegründet worden sein kann, sondern tatsächlich auch wirtschaftliche Absichten eine Rolle spielten. Für wirtschaftliche Erwägungen spricht außerdem der Umstand, dass sich südlich der Stadt beim Kloster Homburg ein überregionaler Wirtschaftsplatz herausgebildet hatte, welcher einen Jahrmarkt besaß.186 Darüber hinaus könnte der Platz des Thamsbrücker Marktes als breite sich durch den Ort ziehende Marktstraße ursprünglich größer gewesen sein, als sich im heutigen Stadtgrundriss darstellt.187 Für Tennstedt ließ sich seitens der Schriftquellen nichts hinsichtlich hier abgehaltener Märkte nachweisen. Für umfangreicheren Marktverkehr sprach aber der großzügig angelegt Marktplatz im Osten der Stadt.188 Ein Wochenmarkt, welcher an zwei Tagen in der Woche stattfand, ist in Langensalzas als wahrscheinlich anzunehmen. In Schlotheim fand ein wöchentlicher Markt jeweils sonntags statt.189 185
186 187 188 189
Dass der wettinische Stadtherr das Münzrecht nicht dauerhaft aus der Hand gab, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Einnahmen daraus in der Regel zu den umfangreichsten gehörten. (Vgl. ISENMANN: Stadt Im Mittelalter, S. 178.). So standen den Wettinern 1378 aus der Eisenacher Münze 50 Talente Abgaben zu, während es aus dem Marktrecht nur 28 Talente waren. (Registrum IIb, 2f.). Aus Gotha waren es gleichfalls 50 Talente aus der Münze und vom Markt waren 12½ Talente abzuführen. (Registrum VIIIb, 2 u. 9.). In Weißenesse umfassten die Abgaben aus Zoll und Münze 72 Talente, während vom Markt etwa 4 Talente entrichtet werden mussten. (Registrum XVIb, 2f.). Vgl. Kap. II.1.3f. Vgl. Kap. II.1.4. u. II.1.6. Vgl. Kap. II.2.6.1.f. Vgl. Kap. II.3.7.2 u. II.4.6.4.
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Herbsleben erhielt mit dem Marktrechtsprivileg von 1331 gleichfalls das Recht, einen Wochenmarkt abzuhalten. Dieses Privileg beinhaltete außerdem das Recht zur Abhaltung eines Jahrmarktes am Bartholomäustag. Während für Tennstedt und Thamsbrück wie für die Wochenmärkte ebenso schriftliche Hinweise für einen Jahrmarkt fehlen, hatte die Stadt Schlotheim das Recht jeweils am 8. September einen Jahrmarkt abzuhalten. Wann ein solches Privileg erteilt worden ist, konnte aber nicht ermittelt werden. Spätestens im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts besaß Langensalza das Recht, einen Jahrmarkt durchzuführen. Wann das hierzu notwendige Privileg erteilt worden ist, blieb aber gleichfalls ungewiss. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts verfügte Langensalza dann über das Recht auf mindestens zwei, wahrscheinlich sogar drei Jahrmärkte.190 Alle untersuchten Orte waren damit im Mindesten auch regionale Handelsplätze oder waren wenigstens als solche konzipiert. Dabei ist für Schlotheim, Herbsleben und Bad Langensalza zu erkennen, dass auch überregionale wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielten. Augenscheinlich füllte Langensalza die Rolle so gut aus, dass es möglich wurde, im 15. Jahrhundert mindestens einen weiteren Jahrmarkt einzurichten. Sowohl in Tennstedt als auch in Langensalza sind jüdische Bewohner nachweisbar. In beiden Städten waren sie spätestens seit dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts ansässig.191 Allerdings deutete sich an, dass in Tennstedt die Vermögensverhältnisse der Juden im 15. Jahrhundert eher als schlecht einzuschätzen sind. Anders stellt sich die Situation in Langensalza dar. Hier waren zwar die jüdischen Geldverleiher kaum in der Lage, größere Summen allein aufzubringen. Allerdings verfügten sie über ausreichende Beziehungen zu jüdischen Gemeinden in anderen Städten, um im Verbund mit diesen auch größere Summen zu verleihen. Auch hatte sich in Langensalza spätestens im frühen 15. Jahrhundert eine größere jüdische Gemeinde herausgebildet.192 Schwieriger war die Frage nach jüdischen Bewohnern in Thamsbrück und Schlotheim zu beantworten. Das Schlotheimer Stadtrecht berücksichtigt zwar Juden. Ob sie wenigstens temporär in der Stadt wohnhaft waren, konnte aber nicht sicher festgestellt werden. Thamsbrück erscheint unter den Orten, in denen 1349 Juden verfolgt und getötet worden sind. Die tatsächliche Existenz einer jüdischen Gemeinde oder wenigstens einzelner jüdischer Familien wird seitens der Forschung jedoch angezweifelt, aber auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen.193 Unter den Orten, in denen Pogrome stattfanden, wird als einziger, welcher zu dieser Zeit keine Stadt war, Herbsleben aufgelistet. Aber auch hier ist unklar, ob 190 191 192 193
Vgl. Kap. II.1.4, II.2.6.1f., II.3.7.2, II.4.6.4, II.5.4.2 u. II.5.5.4. Vgl. Kap. II.2.6.1 u. II.4.6.5. Vgl. Kap. II.2.6.2f. u. II.4.6.5. Vgl. Kap. II.1.4 und II.3.7.2.
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und wann sich Juden angesiedelt hatten. Geschehen sein kann dies aber kaum vor der Marktrechtsverleihung von 1331. Sollten sich tatsächlich Juden in Herbsleben niedergelassen haben, wäre dies ein Hinweis darauf, dass sich der Ort schon bald nach der Marktrechtsverleihung als Wirtschafts- und Handelsplatz günstig entwickelt hatte.194 Zusammenfassend lässt sich festhalten: Einzig in Langensalza konnte eine größere jüdische Gemeinde nachgewiesen werden. Zudem waren auch nur hier ein geschlossener jüdischer Wohnbezirk sowie ein zugehöriger jüdischer Friedhof eindeutig erkennbar.195
2.3.2 Das städtische Gewerbe Die wirtschaftlichen Grundlagen der Städte weisen durchaus Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede auf. Eine auch landwirtschaftliche Ausrichtung der Wirtschaft dürfte in allen Städten der Fall gewesen zu sein. Auf den städtischen Marktplätzen umgeschlagene landwirtschaftliche Güter scheinen in der städtischen Wirtschaft der untersuchten Städte eine nicht unbedeutende Rolle gespielt zu haben. So verfügte Langensalza über einen Kornmarkt als besonderen Handelslatz für Getreide. Auf dem Rossmarkt wurden Pferde gehandelt. Ein solcher Spezialmarkt ließ sich auch in Schlotheim nachweisen. Darüber hinaus wurde in Schlotheim fremdes Getreide besonders besteuert, und hieraus war geschlossen worden, dass hier Getreide ein wichtiges Wirtschafts- und Handelsgut war. In Thamsbrück deutet die Getreideabgabe auf eine insgesamt starke landwirtschaftliche Ausrichtung. Die doch relativ große Zahl der Mühlen wies darauf hin, dass auch die Weiterverarbeitung von Getreide eine wichtige Rolle spielte.196 Wie wichtig oder wie ausgeprägt die landwirtschaftliche Produktion war, lässt sich aus den Abgaben des markgräflichen Registers von 1378 feststellen. Aus Tennstedt waren nach dem Register an Michaelis und Walpurgis 10 Talente, aus Langensalza 72 ½ Talente, aus Thamsbrück 17 Solidi Mühlhäuser Münze und aus Herbsleben 76 Talente Erbzins von landwirtschaftlichen Flächen und Betriebsstätten zu entrichten.197 Für Schlotheim lassen sich keine entsprechenden Aussa-
194 195 196 197
Vgl. Kap. II.5.4.2. Vgl. Kap. II.4.6.5 und II.4.7.2 u. II.4.7.1. Zu Schlotheim vgl. Kap. II.3.7.1. u. II.3.9. Zu Bad Langensalza vgl. Kap. II.4.6.4. Zu Thamsbrück vgl. Kap. II.1.4. Registrum XVIIa, 4; XIX, 2; XXa, 2 u. XVIII, 9.
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gen treffen, da außer der städtischen Prekarie den wettinischen Landgrafen keinerlei Abgaben aus der Stadt zustanden.198 Da das markgräfliche Register nur Abgaben an den wettinischen Stadtherren auflistet, dürften die Abgaben der Stadt Tennstedt ungleich höher gewesen sein, da hier einerseits die Stadtherrschaft zwischen dem Abt von Hersfeld und den wettinischen Landgrafen geteilt war und andererseits das Reichsstift Gandersheim noch im 15. Jahrhundert über nicht unerheblichen Grundbesitz um Tennstedt verfügte, welcher von Bürgern der Stadt bewirtschaftet wurde.199 Dasselbe gilt für Langensalza; auch hier dürften die Abgaben höher gewesen sein, da zum Zeitpunkt der Abfassung des markgräflichen Registers die Stadtherrschaft zwischen den Landgrafen und dem Mainzer Erzbischof geteilt war.200 Demgegenüber gab es keine entsprechenden Abgaben in Gotha, in Waltershausen und auch in Eisenach, jedoch wiederum in Weimar, wo 22 Talente und 6 Solidi von Höfen in und außerhalb der Stadt abzuführen waren. Hinzu kamen in Weimar noch eine ganze Reihe von Naturalabgaben und das Waidgeld in Höhe von 5 ½ Talenten und 3 Solidi.201 Wie aussagekräftig dieses im Vergleich der Städte zueinander ist, muss vor allem vor dem Hintergrund, dass viele Stadtbürger, welche landwirtschaftliche Fläche bewirtschafteten, möglicherweise gar keine Abgaben mehr an den Grundherren zahlten, dahingestellt bleiben. Anders verhält es sich, wenn die im markgräflichen Register aufgeführten Abgaben aus den Dörfern des Untersuchungsraumes hinzugezogen werden. So waren aus Kleinballhausen eine Prekarie sowie ein Erbzins von insgesamt 18 Talenten, aus Großballhausen eine Prekarie sowie ein Erbzins von insgesamt 19 Talenten und aus den Osthöfen insgesamt 19 Talente abzuführen.202 Damit ergibt sich ein gewisses Gesamtbild. Die landwirtschaftliche Produktion muss in Herbsleben und Langensalza sehr hoch gewesen sein, während sich für Schlotheim und für Tennstedt keine gesicherten Aussagen treffen lassen. Vergleichsweise niedrig erscheinen die Abgaben aus Thamsbrück, was insofern erstaunt, da die Landwirtschaft doch der bestimmende Faktor in der Stadt gewesen sein dürfte. Landwirtschaft spielte in Langensalza und in Herbsleben demzufolge eine sehr große Rolle, und dieses spiegelt sich dann auch in den Abgaben wider. Die von den Stadtbewohnern bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche umfasste nach dem markgräflichen Register von 1378 in Langensalza 70 Acker Weide- und Wiesenfläche, 75 Acker Wald sowie 7 Weinäcker.203 Für Tennstedt 198 199 200 201 202 203
Vgl. Kap. II.3.5. Vgl. Kap. II.2.4. Vgl. Kap. II.4.5.1. Registrum II b; VII a und b; VIIIb; XXII e, 8-16 und XXII f, 16. Registrum XIV, 2-4. Registrum XIX, Nr. 7 u. 15-17. Vgl. auch Kap. II.4.6.4.
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ließen sich im Gandersheimer Zinsverzeichnis (1438) 149 Einträge für die Stadt sowie 21 für die seit 1419 an die Stadt gekommenen Osthöfe nachweisen. Da jeder Eintrag durchschnittlich einen Acker umfasst, bewirtschafteten die Stadtbewohner wenigstens etwa 170 Acker Gandersheimer Grundbesitzes landwirtschaftlich.204 Über den landgräflichen und hersfeldischen Besitz liegen keine weiteren Informationen vor. Zu Herbsleben gehörten 54 Acker Weide, 70 Acker Wiese oder Gras, 18 Weinacker und 24 Hopfenacker.205 Zur Stadt Thamsbrück wiederum zählten nur 22 Acker Wiese, welche in landgräflichem Besitz waren und von der Stadt bewirtschaftet worden.206 In den Aufzeichnungen des Thomas von Buttelstedt aus den Jahren 14401443 gehörten zu Herbsleben 80 Weideacker, 70 Acker Wiese und 18 Weinacker.207 Zum Umfang der zu Thamsbrück gehörenden Ackerflächen wird im Verzeichnis nichts ausgesagt. 208 Unter Langensalza werden lediglich 18 Weinäcker und ein Holz angeführt, welche allerdings nicht zur Stadt, sondern wohl zum Burggut gehörten.209 Die Landwirtschaft bleibt damit zusammenfassend ein wesentliches Element der städtischen Wirtschaft in Langensalza und auch der Wirtschaft des Marktorts Herbsleben. Waid und damit ein weiteres landwirtschaftliches Produkt war in Tennstedt und Langensalza ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, er scheint aber auch in Schlotheim eine wesentliche Rolle gespielt zu haben. In Thamsbrück und Herbsleben war neben der Getreideproduktion, gleichfalls die Herstellung von Waid ein wesentlicher Wirtschaftszweig. So ließ sich in beiden Orten eine besondere Abgabe auf mit Waid bestellte landwirtschaftliche Flächen feststellen.210 Neben dem Waidhandel spielte in Tennstedt die Herstellung von Schuhen und wohl auch deren Absatz eine besondere Rolle. Daneben erscheint als eigenes Gewerbe die Tuchherstellung. Tuche waren auch in Langensalza und Schlotheim von erheblicher Bedeutung, und auch Fein- und Grobschmiede waren in Langensalza als Gewerbe vertreten.211 Außerdem wurden in Schlotheim Seile hergestellt sowie der dafür notwendige Rohstoff Flachs angebaut.212 Darüber hinaus 204 205 206 207 208 209 210 211
212
NLA StA Wolfenbüttel 11 Alt. Gand. Fb. 1. Nr. VII, 6, fol. 4a-33b. Vgl. auch Kap. II.2.4. Registrum XVIII, 1. Registrum XXa, 3. Vgl. Forwerg und Korngulde, in: Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 443. Vgl. Getreides Gefelle, in: Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 446f. Vgl. Zugehorunge des ampts zcu Salcza, in: Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 449. Vgl. Kap. II.1.4. Vgl. Kap. II.3.8.2 u. II.4.6.2.2. Zur Tuchproduktion als typisch städtisches Gewerbe: ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, S. 53. HERRMANN: Städte im Einzugsgebiet der Saar, S. 160f. Vgl. Kap. II.3.8.2.
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wurden, soweit nachweisbar, in den Orten Waren für den Alltagsgebrauch wie etwa Fleisch und Brot gehandelt. Auch in Herbsleben waren seit dem 14. Jahrhundert Fleisch- und Brotbänke vorhanden. Andere Produkte und Gewerbe waren anhand der Quellen nicht zu ermitteln. Allerdings erstaunte im Fall Herbslebens, dass sich hier ein Markthaus nachweisen ließ. Welches Handelsgut darin verkauft wurde, war nicht festzustellen. Vermutet wurde nur, dass hier neben dem Waid auch andere Fernhandelsprodukte, wie etwa Wein aus Franken oder aber Salz gehandelt worden sein könnten. Im Ergebnis lässt sich deshalb festhalten: Die Landwirtschaft spielte in allen Orten eine Rolle, sie war ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor. Wenigstens im Fall Thamsbrücks war sie vielleicht sogar die Hauptgrundlage der städtischen Wirtschaft, wobei allerdings auffiel, dass sich dies, anders als beispielsweise in Langensalza, nicht an den Abgaben von Zinspflichtigen für Anbauflächen erkennen ließ. Vielmehr waren dieses Abgaben um ein Vielfaches geringer als in Langensalza, aber auch in Herbsleben. Auch die bewirtschaftete Fläche ist in dieser Stadt geringer als in Herbsleben und Langensalza. Am weitesten differenziert hatte sich die Gewerbestruktur, soweit feststellbar, in Langensalza. Allerdings erstaunte die doch recht große Zahl von Spezialmärkten in Schlotheim. Deshalb ist nicht grundsätzlich auszuschließen, dass Schlotheim eine gewisse Rolle als regionaler, aber vielleicht auch überregionaler Handelsplatz spielte. Dabei würde auch für Schlotheim anhand der speziellen Marktplätze – dem Flachsmarkt als auch dem Waidmarkt in der Stadt – erkennbar, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse neben der Tuchproduktion eine dominierende Rolle in der städtischen Wirtschaft spielten. Ergänzt wird dies noch durch die besondere Besteuerung von auswärtigem Getreide, woraus gefolgert wurde, dass es sich möglicherweise um einen Schutzzoll für die städtische Getreideproduktion handelte.213 Solche Spezialmärkte gab es mit dem Korn- und Rossmarkt auch in Langensalza.214 Somit spielte in allen untersuchten Städten die Landwirtschaft eine nicht unbedeutende Rolle. Sicher nachweisbar ist dieses für Tennstedt, Langensalza und Schlotheim. Für Thamsbrück ließ sich dieses nur anhand der verhältnismäßig großen Zahl von Mühlen sowie der daraus an die Wettiner abzuführenden Leistungen erschließen.215 Deshalb stellt sich die Frage, ob es sich bei diesen Städten um „Ackerbürgerstädte“ handelte; dieses wird in den nachfolgenden Kapiteln zu untersuchen sein. Wenigstens bei Langensalza und Schlotheim deuten die Spezialmärkte beziehungsweise Sondersteuern darauf hin, dass der Handel mit diesen
213 214 215
Vgl. Kap. II.3.7.2. Vgl. Kap. II.4.6.4. Zu Thamsbrück vgl. Kap. II.1.4.
DIE INNERE ENTWICKLUNG DER STÄDTE IM VERGLEICH
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landwirtschaftlichen Erzeugnissen ebenfalls für die städtische Wirtschaft von Bedeutung war. Außer in Thamsbrück konnte in den Städten aber auch noch anderes Gewerbe festgestellt werden. Die Wirtschaft war breiter ausgerichtet. Eine Tuchproduktion als typisch städtisches Gewerbe gab es in Schlotheim, Langensalza und Tennstedt. Hinzu kommen noch unterschiedliche andere Gewerbe, wobei die Wirtschaft Langensalzas als am stärksten differenziert entgegentritt. Weniger eindeutig ist die Situation für Herbsleben, wobei sich für diesen Ort die viel grundsätzlichere Frage nach dem Siedlungscharakter stellt – die Frage, ob Herbsleben eher ein Dorf oder eine Stadt war.216 Auffällig war außerdem, dass in Schlotheim und Tennstedt spezielle Produkte hergestellt und gehandelt wurden. Kurt Ulrich Jäschke hatte für viele Kleinstädte im Südwesten Deutschlands festgestellt, dass sie maßgeblich Landwirtschaft betrieben und sie sich hierbei auf ein Sonderprodukt – in diesem Fall Wein – spezialisiert hatten.217 Des Weiteren hatte Franz Irsigler herausgearbeitet, dass die kleineren Zentren auf ein Oberzentrum ausgerichtet waren und sie für diese eine Zulieferfunktion von Halbfabrikaten oder Rohstoffen übernahmen.218 Beides trifft, wenn überhaupt, höchstens für Thamsbrück zu, welches maßgeblich landwirtschaftlich orientiert war und vielleicht, ohne dass dieses nachweisbar ist, ein Oberzentrum (vielleicht Langensalza oder Mühlhausen) belieferte. In Tennstedt wurden Schuhe, in Schlotheim Seile hergestellt und sicherlich auch gehandelt. Eine Halbfabrikation war nicht festzustellen. Vielmehr scheint es, als hätten sich diese Städte unter anderem auf ein Fertigprodukt spezialisiert und es auch auf dem Markt abgesetzt. Außerdem deutet wenigstens in Schlotheim der Waidanger auf den Handel mit Waid hin. Er könnte als Rohstoff in die größeren Waidverarbeitungszentren geliefert worden sein. Dennoch könnte die Spezialisierung auf ein Endprodukt eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage und damit auch die Zentralfunktion dieser Orte im Wirtschaftsgefüge der Region gewesen sein.
216 217 218
Vgl. Kap. II.5.5.2. JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum, S. 266f. ANDERMANN: Ackerbürger, S. 13-17. Vgl. auch Kap. I.2.2. IRSIGLER: Stadt und Umland in der historischen Forschung, S. 30. Vgl. auch Kap. I.2.2.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
2.4 Die Siedlungstopographie 2.4.1 Planmäßige Gründungsstadt oder gewachsene Stadt? Als planmäßig angelegte Gründungsstädte erscheinen Thamsbrück und Schlotheim. Aber auch sie entstanden nicht auf der „grünen Wiese“, sondern aus älteren Siedlungen heraus. Der Ort Alt-Thamsbrück könnte sich als ältere Burgsiedlung südlich vor der Stadt befunden haben, wobei eine noch ältere bereits vorgeschichtliche Vorgängersiedlung wohl an der Stelle der später entstandenen Burg lag. Die ursprüngliche Siedlung Schlotheim befand sich entweder innerhalb der späteren Stadt oder südlich davon im Bereich des hier im 13. Jahrhundert gestifteten Magdalenerinnenklosters. Die Stadt selbst entstand wohl an der Stelle des ehemaligen, wenigstens seit der Ottonenzeit bestehenden königlichen Wirtschaftshofes.219 Als weitgehend gewachsene Städte ohne erkennbaren planmäßigen Gründungsvorgang sind Tennstedt und Langensalza einzustufen. Hier ist deshalb auch angenommen worden, dass den Städten bereits Marktsiedlungen vorausgingen, welche sich allmählich zur Stadt entwickelten. In beiden Fällen stellte sich die vorstädtische Siedlungsstruktur darüber hinaus als sehr komplex und kompliziert dar. In Tennstedt entwickelte sich die Stadt mit einiger Wahrscheinlichkeit aus dem hersfeldischen Teil der großräumigen und vielgliedrigen Siedlung, während weitere Siedlungsteile um die Stadt herum bestanden. Diese besaßen eigene Pfarrkirchen und bildeten selbstständige Pfarrbezirke, waren anderen Herrschaftsträgern zuzuordnen und wurden zum Teil in die Stadt eingegliedert. Um von der Altstadt aus entstandene oder gegründete Vor- oder Neustädte handelte es sich, auch wenn sie vor der Stadt lagen, bei keinem dieser Siedlungsteile. Die östlich vor der Stadt gelegenen Osthöfe erhielten 1419 Stadtrecht, blieben zunächst aber von der Altstadt geschieden. Damit war Tennstedt bis zum Verkauf der Osthöfe an die Stadt im Jahr 1436 rechtlich eine Doppelstadt. Der Kauf der Osthöfe sowie weiterer Teile der Siedlung Tennstedt durch die Stadt war als Ausdruck der besseren wirtschaftlichen Fähigkeiten der Stadt in dieser Zeit gewertet worden.220 Ähnlich komplex stellte sich die Situation in Langensalza dar. Ursprünglich bestand die Stadt aus einer Kernstadt, mit welcher auf stadtherrliche Anweisung 1356 die zwei vor ihr befindlichen Teilstädte Jakobsstadt und Neustadt zu einer Stadt zusammengeschlossen wurden. Diese beiden Teilstädte waren zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses allem Anschein nach bereits im rechtlichen Sinne 219 220
Vgl. Kap. II.1.6 u. II.2.6.3. Vgl. Kap. II.2.6.3.
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Städte beziehungsweise war ihre städtische Entwicklung so weit fortgeschritten, dass sie als Stadt und eben nicht nur als vorstädtische Siedlung bezeichnet werden konnten. Bis ins 15. Jahrhundert scheint die Altstadt jedoch gegenüber diesen Teilstädten bevorrechtigt gewesen zu sein. Beide Teilstädte haben sich auch aus unterschiedlichen Voraussetzungen entwickelt. Keimzelle der Neustadt war die Siedlung um die Stephanskirche. Teile der Siedlung sowie ihre Kirche bestanden schon lange vor der Erhebung Langensalzas zur Stadt. Teilweise lässt sich Ähnliches für die Jakobsstadt feststellen. Der nördliche Teil um das Augustinerkloster könnte gleichfalls schon vor der Erhebung Langensalzas zur Stadt bestanden haben. Allerdings erweckt der gesamte südliche Teil, dessen Zentrum die Jakobskirche bildete, den Eindruck einer planmäßigen Stadterweiterung. Zu diesen Teilstädten, welche seit 1356 eine Gesamtstadt bildeten, kamen noch zwei weitere Vorstädte hinzu, die Erfurter Vorstadt und die Siedlung vor dem Klagetor.221 Eben ist darauf verwiesen worden, dass die Jakobsstadt und die Neustadt wenigstens insoweit städtische Merkmale hatten, dass ihre Bezeichnung mit dem Terminus Stadt möglich wurde. In zwei weiteren Bestimmungen im stadtherrlichen Vertrag von 1356 wird verfügt, dass die drei Städte einen Rat bestellen und ein gemeinsames Siegel führen sollen.222 Hieraus könnte gefolgert werden, nicht nur die Altstadt, sondern auch die zwei Teilstädte hatten bereits jeweils einen Rat und waren auch im rechtlichen Sinne so weit Städte, dass sie ein eigenes Siegel führen konnten. Eine ähnliche Siedlungsstruktur gab es auch in Hildesheim, den Nürnberger Städten St. Sebald und Lorenzer Stadt sowie Prag.223 In Hildesheim entwickelte sich aus der älteren Marktsiedlung um 1220/30 die Altstadt. Bereits um 1196 war parallel zur Marktsiedlung eine weitere Stadtanlage, die Dammstadt, entstanden. 1215 erfolgte die Gründung einer dritten Stadtanlage, die Neustadt. Alle drei Bürgergemeinden besaßen eigenes Recht und ihnen saß jeweils ein eigener Rat vor. 1332 wurde die Dammstadt durch die Bewohner der Altstadt überfallen und zerstört. Die Neustadt wurde an die Altstadt angeschlossen und erhielt ein minderheitliches Mitspracherecht im Rat.224 Die Nürnberger Teilstadt Lorenzer Stadt war seit 1140 von den Staufern am Südufer der Pegnitz angelegt worden und jünger als die nördliche Teilstadt St. Sebald. Durch die Pegnitz topographisch geschieden, entwickelten sich zunächst
221 222 223 224
Vgl. Kap. II.4.7.3f. Abdruck des Vertrages in: GÖSCHEL: Chronik I, S. 122. Vgl. Kap. II.4.5.1, II.4.6.2.1 u. II.4.7.4.1f. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 95. PETERSEN: Stadtentstehung im Schatten der Kirche, S. 143-164. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 95. ZODER: Hildesheim, S. 229f.
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zwei verschiedene Stadtgemeinden, welche auch getrennte Befestigungen besaßen. Erst nach dem Ende der Staufer wuchsen beide Städte zusammen und bildeten auch rechtlich eine Einheit.225 1243 gründete König Wenzel I. die Prager Altstadt und sie erhielt süddeutsches Stadtrecht. Demgegenüber bekam die 1257 durch den Premysliden Ottokar II. gegründete Neustadt Magdeburger Recht. Erst 1287 wurden die Stadtrechte vereinheitlicht, jedoch führten beide Städte noch im 14. Jahrhundert ein eigenes Siegel und entwickelten eigene Verwaltungen. Zu diesen zwei Städten entstand unter Karl IV. 1348 eine weitere Neustadt, deren Ausgangspunkt die Altstadt war. Die von Karl IV. vorangetriebene Vereinigung der Altstadt und der jüngeren Neustadt mit der älteren Neustadt scheiterte jedoch.226 Die hier geschilderten Vorgänge verweisen auf das Problem der Doppelstadt, wie es seit dem frühen 15. Jahrhundert auch in Tennstedt existierte. 1419 wurden die im Osten vor der Stadt gelegenen Osthöfe zur Stadt erhoben und erhielten Tennstedter Recht. Ein Zusammenschluss mit der älteren Stadt erfolgte zunächst aber nicht. Diesbezüglich war überlegt worden, dass dieses entweder geschah, weil ein zu großer zeitlicher Unterschied zwischen der Entstehung der beiden Teilstädte bestand, oder weil unterschiedliche herrschaftliche Rechte eine Rolle spielten.227 Zunächst sei noch darauf hingewiesen, dass der Begriff Doppelstadt insofern zu eng erscheint, da er lediglich auf zwei nebeneinander existierende, aber voneinander geschiedene Städte verweist. So können nicht nur zwei sondern, auch mehrere Städte parallel zueinander existieren. Bei diesen handelt es sich um Teilstädte, welche selbstständige oder weitgehend selbstständige Städte waren. Es konnte sich dabei sogar um tatsächlich parallele Gründungen handeln, wobei auch eine bereits existierende Siedlung zur Stadt erhoben werden konnte.228 Ein weiterer Entstehungshintergrund von Teilstädten konnte sein, dass die Altstadt bereits ihre Siedlungsgrenzen erreicht hatte und aus Platzbedürfnissen eine weitere Stadt notwendig wurde. Solche neuen Städte waren in der Regel rechtlich benachteiligt und von der Altstadt abhängig, von der aus sie gegründet worden sind.229
225 226 227 228 229
ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 95. PFEIFFER: Art. Nürnberg, S. 530f. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 95. Vgl. Kap. II.2.5. Vgl. zu Braunschweig: ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 94. MODERHACK: Art. Braunschweig S. 63-65. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 94.
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Als 1356 die zwei Langensalzaer Teilstädte Neustadt und Jakobsstadt mit der Altstadt vereinigt worden sind, wurden sie rechtlich gegenüber der Altstadt benachteiligt.230 Letzteres könnte darauf hinweisen, dass es ursprünglich von der Altstadt abhängige Vorstädte waren, deren städtische Entwicklung in einem engen Zusammenhang mit der Altstadt steht. Da der südliche Teil der Jakobsstadt eine gewisse Planmäßigkeit aufweist, könnte es sich um eine planmäßige Stadterweiterung handeln. Auch weist die zentral in diesem Teil gelegene Jakobskirche mit ihrem Patrozinium gleichfalls auf eine neu angelegte Vorstadt.231 Hier könnte es sich demzufolge um eine Stadterweiterung handeln, welche von der Stadt und/oder vom Stadtherrn ausgingen. Der älteste Teil der Neustadt, welche um die Stephanskirche herum lag, ist älter als die Stadt und gehört schon in die Frühzeit der Siedlung Salza, und auch im Nordosten der Neustadt bestand mit einer wahrscheinlich hier befindlichen Burg eine ältere Siedlung.232 Maßgeblich an der Stadtentwicklung waren die Herren von Salza sowie ihre Herren, die Welfen, beteiligt. Die Stephanskirche und Teile der bei ihr liegenden Siedlung befanden sich zum Zeitpunkt der Stadterhebung in der Hand des Klosters Homburg, welches 1233 an den Mainzer Erzbischof gekommen war. Bereits Christine Müller hatte deshalb festgestellt, dass eine Ausdehnung der Stadt bei ihrer Erhebung auf die Siedlung um die Stephanskirche nicht möglich war, weil die Stadtherren darauf keinen unmittelbaren Zugriff hatten.233 Deshalb besteht folgende Möglichkeit: Bei der Neustadt handelt es sich um eine Gegenstadt zur Altstadt, welche auf andere Herren und damit andere herrschaftliche Zusammenhänge zurückgeht. Infrage kommt in erster Linie das Kloster Homburg, wobei der Mainzer Erzbischof als Herr des Klosters daran beteiligt gewesen sein könnte. Möglich ist dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass das beim Kloster gelegene und mit einem Markt ausgestattete suburbium sowie der Markt im Verlauf des 13. Jahrhunderts augenscheinlich eingegangen waren. 234 Das Kloster Homburg könnte damit die Siedlung innerhalb der späteren Neustadt zur Stadt erhoben und erweitert haben. Anders ist die Situation des nördlichen Teils der Jakobsstadt. Hier konnten die Herren von Salza bereits 1280 ein Kloster gründen.235 Sie waren demzufolge die Herren und verfügten damit über die wesentlichen herrschaftlichen Rechte. Eine Entstehung der zwei Siedlungsteile der Jakobsstadt durch fremde Herren dürfte 230 231 232 233 234 235
Vgl. Kap. II.4.6.2.1. Vgl. Kap. II.4.7.4.2. Vgl. Kap. II.4.7.3. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 182. Vgl. Kap. II.4.7.4.1. Vgl. Kap. II.1.3. Vgl. Kap. II.4.8.2.
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deshalb ausscheiden. Ungewiss muss bleiben, in welchem Zusammenhang die Erfurter Vorstadt und die vor dem Klagetor gelegene Siedlung entstanden sind. Ausgangspunkt der Erfurter Vorstadt könnte aber das hier in den 1260er Jahren gegründete St. Georgshospital gewesen sein.236 Wie die Langensalzaer Jakobsstadt weist auch die Topographie Herbslebens teilweise auf eine gewachsene und teilweise auf eine geplante Anlage hin. Während der östliche Teil um die Burg als gewachsene Siedlung entgegentritt, ist dem Westteil eine gewisse Planmäßigkeit nicht abzusprechen. Unsicher blieb aber, inwiefern der westliche Teil eine planmäßige Ortserweiterung im Ergebnis der Marktrechtsverleihung und einer daraus resultierenden Entwicklung des Ortes ist. Dennoch ergibt sich hieraus im Wesentlichen, dass es sich bei der Entstehung der Siedlung im Mindesten um zwei Phasen mit unterschiedlichen Hintergründen handeln muss. Im Osten lag die Siedlung um die Burg, welche allmählich gewachsen ist, während der Westteil als planmäßige Anlage entgegentritt, welcher in Beziehung zum Markt steht.237
2.4.2 Stadtbefestigung und stadtherrliche Burg 2.4.2.1 Die Stadtbefestigung Über eine Befestigung verfügten alle untersuchten Orte. Während Thamsbrück, Tennstedt, Schlotheim und Langensalza aus Stein errichtete Befestigungen besaßen, wurde Herbsleben nur von einer aus Lehm und Holz bestehenden, „Haarwand“ genannten Ortsbefestigung geschützt und diese besaß lediglich Tortürme. Zusätzlich zur Befestigung verfügten Langensalza und Tennstedt mit Warten über ein vorgeschobenes Verteidigungs- und Sicherungssystem.238 Bei Langensalza wurde schon bald nach dem Zusammenschluss der Altstadt mit der Jakobsstadt und der Neustadt begonnen, die zwei hinzugekommenen Teilstädte gleichfalls mit einer Mauer zu umgeben. Auch um die Erfurter Vorstadt war eine Mauer errichtet worden, wobei unklar blieb, wann dieses geschah. Demgegenüber wurden die vor den Städten Schlotheim und Thamsbrück gelegenen Siedlungen nicht in die Befestigung einbezogen.239 Begründen ließe sich dieses dadurch, dass sie wohl nie zum Rechtsbereich der Städte gehörten. In beiden 236 237 238 239
Zum Hospital vgl. Kap. II.4.8.3. Vgl. Kap. II.5.6. Vgl. Kap. II.1.6, II.2.6.3, II.2.3.10, II.4.7.2 u. II.5.5.4. Vgl. Kap. II.1.6, II.2.6.3, II.3.9, II.4.7.2 u. II.5.5.4.
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Fällen könnte es sich um Siedlungen gehandelt haben, in denen die jeweiligen Burggüter angelegt waren, beziehungsweise war bei Schlotheim nicht auszuschließen, dass auch das in der Vorstadt gelegene Weißfrauenkloster hier entscheidende Rechte hatte. Auch die unmittelbar vor der Stadt Tennstedt gelegenen Osthöfe blieben wohl unbefestigt. Hier hätte die Stadt, nachdem sie diese 1436 erwarb, durchaus die Möglichkeit zur Befestigung gehabt.240 Thamsbrück, Schlotheim und Langensalza scheinen schon bald nach ihrer Stadtgründung beziehungsweise -erhebung befestigt worden zu sein. So besitzt die Thamsbrücker Stadtbefestigung Merkmale, welche die Anlage einer ersten Befestigung spätestens um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert wahrscheinlich machen. Bei Langensalza und Schlotheim werden schon bald nach dem Abschluss der Stadtwerdung Tore als Elemente einer Stadtbefestigung genannt. Im Fall der planmäßig angelegten Gründungsstädte Thamsbrück und Schlotheim könnte deshalb angenommen werden, dass eine Befestigung schon in der Planung mit berücksichtigt und sie auch als nach außen sichtbare Stadtgrenze von Beginn an vorgesehen war. Damit wiederum würde sich andeuten: Die Stadtbefestigung war ein wesentliches Element im Planungs- und Gründungsvorgang planmäßig angelegter Gründungsstädte – sie war Teil des verliehenen Stadtrechtes.241 Allerdings weist die Thamsbrücker Befestigung im südöstlichen Abschnitt Merkmale einer später erfolgten Anlage auf. Darüber hinaus kann die Stadtbefestigung erstmals 1288 anhand der Schriftquellen nachgewiesen werden.242 Deshalb war nicht auszuschließen, dass die Stadt erst im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts vollständig von einer Mauer umgeben war und der Befestigungsbau sich damit über einen sehr langen Zeitraum hinzog. Im Fall Langensalzas lässt sich, nachdem 1282 erstmals ein Tor genannt wird, 21 Jahre später auch eine Mauer in den Schriftquellen nachweisen. Damit war der Ort spätestens etwa 50 Jahre nach der zu vermutenden Stadterhebung auch von einer Mauer umgeben. Für Schlotheim wird 1277 ein Tor erwähnt. Ob hieraus bereits auf einen Abschluss des Baues der Stadtbefestigung zu schließen ist, und das gilt auch für die Erwähnung eines Tores der Stadt Langensalza im Jahr 1282, blieb offen.243 Wann Tennstedt befestigt wurde ist ebenfalls nicht sicher einzugrenzen. Hinweise auf eine steinerne Stadtmauer gibt es erst aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Doch waren auch Indizien für eine ältere vielleicht bis ins 14. Jahrhundert zurückreichende Befestigung zu finden. Unklar war sowohl bei Tennstedt als auch 240 241 242 243
Vgl. Kap. II.2.5 u. II.2.6.3. Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 91. Vgl. Kap. II.1.6. Vgl. Kap. II.3.9. Vgl. zu dieser Problematik auch: ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 45.
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bei Thamsbrück und bei Schlotheim, ob die Stadtbefestigungen von Anfang an als Steinmauer bestanden oder nicht doch zunächst Holz-Erde-Lehmbefestigungen errichtet worden war, welche erst in der Folge durch eine steinerne Mauer ersetzt wurde.244 Bis auf Herbsleben waren aber alle untersuchten Orte ummauert. Die steinernen Befestigungen der untersuchten Städte weisen jedoch Unterschiede auf. Thamsbrück und auch Schlotheim verfügten außer den Toren über keine Türme, wobei sich in Schlotheim an der Nordflanke turmartige Bastionen befanden, welche wohl wegen der schlechteren Verteidigungsposition hier errichtet worden waren. Zur Thamsbrücker Stadtmauer ist einschränkend zu bemerken, dass über ihr ursprüngliches Aussehen nahezu nichts bekannt ist. Lediglich ein Tor und geringe Mauerreste waren bis ins 19. und 20. Jahrhundert erhalten.245 Insofern können ursprünglich vorhandene Türme nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Gleichwohl ist aber auch ansonsten nichts hinsichtlich von Türmen überliefert. Demgegenüber besaßen sowohl die Tennstedter als auch die Langensalzaer Stadtmauer eine Vielzahl von Türmen. Mauern ohne Türme oder mit wenigen Türmen, wie Thamsbrück und Schlotheim, kamen durchaus häufig vor. Solche Mauern entstammen der Frühzeit der Stadtmauern oder gehören zu später entstandenen kleineren Städten. Frühe turmlose Mauern stammen aus der Zeit bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. So dürften die Mauern der Städte Gotha und Mühlhausen zunächst ohne Türme errichtet worden sein. Türme wurden in diese Mauern erst nachträglich ein- beziehungsweise angefügt. Mauern ohne oder mit nur wenigen Türmen, welche nach der Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden, gehörten in der Regel zu den kleineren Städten. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn keine Türme mehr nachweisbar sind, diese nicht ursprünglich trotzdem vorhanden waren. Häufig wurden sie später abgetragen. Dennoch wurde die Mauer in der Regel zunächst ohne Türme errichtet und erst in der Folge sind Türme ein- oder angefügt worden. Kam es nicht dazu, ist dies meistens auf fehlende finanzielle Möglichkeiten kleinerer Städte zurückzuführen.246 Im Ergebnis bedeutet dieses: Langensalza mit seinen ursprünglich mehr als 30 Türmen247 und Tennstedt mit seiner unklaren Anzahl einst vorhandener Türme 248 waren wesentlich finanzkräftiger als die ausgesprochenen Kleinststädte 244
245 246 247 248
Vgl. Kap. II.1.6, II.2.6.3, u. II.3.9. Zu Holz-Erde-Lehmbefestigungen vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 100. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 48. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 233f. BILLER: Stadtbefestigung 1, S. 43-47 u. 239. Vgl. Kap. II.1.6. BILLER: Stadtbefestigung 1, S. 101-105. Vgl. Kap. II.4.7.2. Vgl. Kap. II.2.6.3.
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Thamsbrück und Schlotheim.249 Thamsbrück wiederum könnte über eine turmlose Mauer verfügt haben, weil die Stadtgründung weit vor der Mitte des 13. Jahrhunderts stattfand und die Stadt sogar zu den älteren Städten des Thüringer Beckens gehört.250 Demgegenüber scheint die Befestigung Herbslebens mit einer nichtsteinernen Anlage doch eher dem dörflichen Bereich zuzuordnen zu sein. Möglicherweise wurde hier die steinerne Stadtbefestigung nachgeahmt. Jedoch sind nichtsteinerne Befestigungen bei Städten, insbesondere bei kleineren Städten durchaus häufig und bis ins Spätmittelalter anzutreffen, was ebenfalls Ausdruck fehlender finanzieller Möglichkeiten sein kann.251 Des Weiteren dürfte die Befestigung bei Gründungsstädten von Anfang an mit eingeplant gewesen sein. Hierbei handelte es sich zunächst aber meist um eine Holz-Erde-Befestigung oder lediglich eine Anlage von Gräben. Erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte der Bau einer Mauer. Thomas Biller hat hierzu herausgearbeitet, dass bis zur Errichtung der Mauer etliche Jahrzehnte vergehen konnten, dies durchaus aber auch erst nach zwei Jahrhunderten geschah.252 Hieraus ergeben sich weitere Folgerungen für die Errichtung der Thamsbrücker Stadtmauer. Zunächst war die Stadt von einer nichtsteinernen Befestigung umgeben, und zwar noch vor der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert. Im Zuge der Errichtung einer Mauer wurde möglicherweise der Befestigungsverlauf im Südosten korrigiert. Der Abschluss des Mauerbaues wiederum könnte unmittelbar in der Zeit vor 1288 erfolgt sein. Des Weiteren ist vorstellbar, dass die Stadtmauer erst nach und nach errichtet wurde und eine Vorgängerbefestigung allmählich ablöste. So könnte der nördliche Abschnitt als Erstes und spätestens um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert errichtet worden sein, während die Südostecke zuletzt und in der Zeit vor 1288 gebaut wurde.253
2.4.2.2 Die stadtherrliche Burg Alle untersuchten Orte stehen in einer Lagebeziehung zu landesherrlichen Burgen. In allen Fällen befand sich die Burg entweder im Ort oder dieser lehnte sich
249 250 251 252 253
Vgl. Kap. II.1.6 Dabei verfügte Schlotheim wenigstens im Norden über möglicherweise fünf turmartige Bastionen. (Vgl. Kap. II.3.9.). Zur Stadtgründung Thamsbrücks vgl. Kap. II.1.4. BILLER: Stadtbefestigung 1, S. 45-53. BILLER: Stadtbefestigung 1, S. 53. Vgl. Kap. II.1.6.
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unmittelbar an die Burg an. In Thamsbrück, Langensalza 254 und Schlotheim scheint die Burg außerdem in die Stadtbefestigung mit einbezogen gewesen zu sein und war damit ein Element der Stadtbefestigung.255 Die hier untersuchten Städte scheinen dabei auch immer die Funktion einer befestigten Vorburg übernommen zu haben. So verwies Christine Müller im Hinblick auf die Belagerung von Stadt und Burg Weißensee (1248) während des hessisch-thüringischen Erbfolgekrieges darauf, dass die Stadt hier zwischen Angreifer und Verteidiger eine Art Pufferzone darstellte, welche im Notfall preisgegeben werden konnte.256 Im Zusammenhang mit dem Angriff Ottos IV. auf Weißensee im Jahr 1212 wurde die Burg im Hinblick auf die sie gleichfalls schützende Stadt als „Innere Burg“ bezeichnet.257 Das Verhältnis zwischen Burg und Stadt war demzufolge bezüglich der Schutzfunktion immer auch wechselseitig – sie bildeten durchaus eine fortifikatorische Einheit, wobei die Stadt in der Regel an der am meisten gefährdeten Seite vor der Burg lag.258 Die Tennstedter Burg lag unmittelbar östlich vor der Stadt und bildete mit der Stadt wenigstens im 14. Jahrhundert einen landgräflicher Besitzkomplex. Ursprünglich scheint sie die Ostflanke der Stadt geschützt zu haben, beziehungsweise war sie, auch wenn sie vor der Stadt lag, Teil der städtischen Befestigung.259 Des Weiteren scheint sie auch die Funktion eines herrschaftlichen Angelpunktes zwischen den Osthöfen und der Stadt übernommen zu haben.260 Problematisch ist vor allem, dass darüber, ob die Burg Bestandteil der Stadtbefestigung war, keine Aussage möglich ist. Die Burg existiert seit dem 15. Jahrhundert nicht mehr. Über ihr Aussehen ist nichts weiter bekannt, jedoch befand sich bis 1448 zwischen Burg und Stadt keine Mauer.261 Es kann deshalb lediglich Folgendes vermutet 254
255
256 257
258 259 260 261
Bis zum Zusammenschluss mit der Neustadt. Ab diesem Zeitpunkt lag die Burg auf der Grenze zwischen Altstadt und Neustadt. (Vgl. Stadtgrundriss Langensalza, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 7.). Vgl. die Lage der Burgen in den Stadtgrundrissen in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karten 4 u. 6f. Eine ähnliche Beobachtung machte Christine Müller nicht nur bei Thamsbrück, sondern auch bei Gotha, Weißensee, Sangerhausen, Schmalkalden und Creuzburg. (MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 293.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 51. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 50. Vgl. auch: Tamen mediante marchione Mysnensi pauci adverse partis, dum multitudini extra vallum iam se paranti ad pugnam nequirent rebellare, in manus regias eo pacto dederunt civitatem, quod ad statutum terminum interioris castri diruta resacirent et se in eis reciperent. (Cronica Reinhardsbrunnensis, S. 580.). Vgl. KÜNTZEL: Die Stadt unter der Burg, S. 41. MÜLLER: Stadt als Burg, S. 91. Hierauf verweist vielleicht der Umstand, dass erst um 1448 der Bau einer steinernen Befestigung zwischen Burg und Stadt genehmigt wurde. (Vgl. Kap. II.2.6.3.). Vgl. Kap. II.2.5. Vgl. Kap. II.2.6.3.
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werden: Weil die Burg die Stadt an der Ostflanke ausreichend schützte, war hier keine zusätzliche Stadtmauer notwendig. Stadt und Burg bildeten demzufolge eine fortifikatorische Einheit, die Burg war an dieser Stelle Bestandteil der Stadtbefestigung. Deshalb stellt sich die Frage, welche Gründe dazu führten, dass 1448 erlaubt wurde, zwischen Burg und Stadt eine Mauer zu errichten. Möglicherweise war die Stadt bestrebt, sich stärker gegen die Burg abzugrenzen. Dies kann insofern fortifikatorische Gründe haben, wenn die Mauer gegen die Burg gerichtet war. So weist Michael Gockel hinsichtlich der 1251 in Mühlhausen erfolgten Errichtung der Trennmauer zwischen Reichsburg und Stadt darauf hin, dass dies nicht notwendigerweise auf ein gespanntes Verhältnis zwischen Burgmannen und den Bürgern der Stadt hindeuten muss. Vielmehr sieht er sie im Zusammenhang mit einer Verstärkung der Nordflanke des städtischen Verteidigungssystems, welche auf eine akute militärische Bedrohung zurückzuführen ist. 262 Im Fall Tennstedts ist lediglich bekannt, dass der wettinische Stadtherr seine Genehmigung zur Errichtung der Mauer erteilte und sich gleichzeitig mit einem gegenüber der Burg zu errichtenden Tor den unmittelbaren Zugang zur Stadt sicherte.263 Die Mauer kann deshalb wohl kaum gegen seine Burg gerichtet gewesen sein, vielmehr scheint ihre Entstehung andere Ursachen zu haben. Vielleicht war die Stadt bestrebt, ihren Rechtsbereich deutlicher gegen den Rechtsbereich der Burg abzugrenzen, oder die Errichtung geschah, um die Ostseite der Stadt stärker zu befestigen. Noch ein weiterer Punkt, welcher erst im Zusammenhang mit der Bearbeitung Langensalzas deutlich wurde, muss auch bei Tennstedt besprochen werden. Die Stephanskirche in Bad Langensalza konnte im Bedarfsfall mit Bewaffneten besetzt werden. Das gesamte Areal erweckt des Weiteren den Eindruck einer burgartigen Befestigung, welche geeignet war, die Nordflanke der Stadt, wo die Kirche lag, zusätzlich zu schützen.264 Eine ähnliche topographische Struktur findet sich auch bei der Wigbertikirche in Tennstedt. Wie Langensalzas Stephanskirche lag sie am Rand der Stadt. Die Befestigung führte nur wenige Meter hinter ihr entlang. Anders als die Stephanskirche lag sie nicht nur erhöht sondern sogar am höchsten Punkt der Stadt. Unmittelbar südlich der vor ihr entlangführenden Stadtmauer öffnet sich eine weite ebene Fläche. In diesem Bereich findet sich wie bei Langensalzas Stephanskirche ein massiver Stadtmauerturm. Es ist deshalb durchaus möglich, dass das Areal der Wigbertikirche gleichfalls eine burgartige
262 263 264
GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 312. Vgl. hierzu den Abdruck des Mauerbauprivilegs, in: TOPPIUS: Tennstedt, S. 22f. Vgl. auch Kap. II.2.6.1 u. II.2.6.3. Vgl. Kap. II.4.7.3.
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Befestigung gewesen ist, welche in das städtische Verteidigungssystem einbezogen war.265 Des Weiteren ist an dieser Stelle auch der zentrale hersfeldische Hof zu vermuten, welcher wohl nicht nur Verwaltungsmittelpunkt des hersfeldischen Güterkomplexes gewesen ist, 266 sondern möglicherweise schon früh befestigt war. Insofern besteht sogar die Möglichkeit, im Areal um die Wigbertikirche die ursprüngliche hersfeldische Stadtburg zu suchen.267 Dieses hat dann allerdings zur Folge, dass die im Osten vor der Stadt gelegene Wasserburg nicht im Zusammenhang mit der Stadt steht. Wegen ihrer Lage bei den Osthöfen könnte es sich um das herrschaftliche Zentrum dieser Siedlung handeln. Wenn die Burg ursprünglich in keinem Zusammenhang mit der Stadt stand, kann sie auch keine hersfeldische Burg gewesen sein. Infrage kommen würde dann das Reichsstift Gandersheim, zumal es wenigstens im 13. Jahrhundert das Patronatsrecht an der Pfarrkirche der Osthöfe besaß, das auf umfangreichere Gandersheimer Rechte in den Osthöfe verweisen könnte und auch hier der 1206 genannte gandersheimische Haupthof lag, der vielleicht sogar mit der Wasserburg identisch ist.268 Ebenso könnte die Burg eine wettinische Gründung sein. Ihre Aufgabe war es dann, die 1319 erstmals fassbaren und in dieser Zeit wahrscheinlich neu erworbenen Rechte im Raum Tennstedt zu verklammern und vor allem gegen den hersfeldischen Stadtherrn durchzusetzen.269 Für Langensalza, Schlotheim und Thamsbrück gab es einigermaßen sichere Hinweise darauf, dass der Stadt vorangehende landesherrliche Burgen existierten. Bei Langensalza blieb aber ungewiss, ob die heutige „Dryburg“ mit der 1212 erstmals überlieferten Burg identisch ist oder ob sie erst zu einem späteren Zeitpunkt, im Zuge der Stadtwerdung, an dieser Stelle errichtet wurde und eine ältere, etwas weiter nordwestlich liegende Anlage ablöste.270 Dieses muss im Sinne von Armand Baeriswyl nicht zwangsweise nur fortifikatorische Ursachen haben, son-
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268 269 270
Vgl. Fotos, in: Anhang 2: Fotos, Foto 5 u. 19-21. Vgl. Kap. II.2.4. Eine ähnliche Situation liegt im fuldischen Haina (Landkr. Gotha) vor. Um die im Nordosten des Dorfes gelegene Dorfkirche herum befand sich ein mit Wall und Graben befestigter Platz. Hierbei handelt es sich um einen Herrenhof des 10.-12. Jahrhunderts. Ähnlichkeiten zwischen Haina und Tennstedt bestehen auch sonst. Außerhalb der Ortslage befand sich wie in Tennstedt eine ältere Wallburg. Michael Gockel sieht in der Anlage um die Kirche den ursprünglichen fuldischen Herrenhof, welcher Mittelpunkt einer größeren fuldischen Villikation in der Umgebung Hainas war. (Vgl. GOCKEL: Art. Haina, S. 183-186. Zum frühen Befestigungsbau reichskirchlicher Institutionen vgl. STREICH: Burg und Kirche 1, S. 302-310). Vgl. Kap. II.2.4. Vgl. Kap. II.2.5. Vgl. Kap. II.4.7.3.
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dern kann mit einer Veränderung in den Aufgaben einer Burg einhergehen. Burgen, die mit Städten neu errichtet wurden, wie dies in Langensalzas für die Dryburg gezeigt werden konnte, übernahmen durch die enge räumliche Verbindung mit der Stadt viel stärker Residenzfunktionen als vorher.271 Bei Herbsleben lag die landes-/ortsherrliche Burg inmitten des Ortes und der diesen umgebenden Befestigung. Der Ort als befestigte Siedlung umgab demzufolge die Burg und schirmte sie nach allen Seiten gegen Angriffe ab. Gleichzeitig verband sie die westliche Marktsiedlung mit der östlichen Burgsiedlung.272 Die Burg selbst war wohl bis zum Erwerb des Ortes durch die Wettiner der Mittelpunkt der kleinen Herrschaft der Herbslebener Ministerialen, welcher durch die Marktsiedlung ergänzt wurde.273 Wie eng das Verhältnis zwischen Stadt und Burg war, wird daran deutlich, dass die Zeitgenossen beide durchaus als Einheit verstanden und dieses auch begrifflich zum Ausdruck brachten. Zu verweisen ist hier auf eine für Langensalza und Herbsleben überlieferte zeitgenössische Formulierung. So bildeten 1369 husz und stad das slos herbiszleybin.274 Nahezu gleichlautend heißt es 1367 bei Langensalza das sloz Salcza, hus und stat. Hieraus ist geschlussfolgert worden, beide Elemente würden eine Einheit bilden, welche als Schloss bezeichnet wurde. Auch Albrecht Dürer verstand in spätmittelalterlicher Tradition eine Stadt durchaus als großes Schloss mit ausdifferenzierten Funktionen, welche sich, wie er am Beispiel der idealtypischen geplanten königlichen Stadt (das Schloss) zeigt, aus einem Haus (Burg) als Sitz des in diesem Fall königlichen Stadtherrn und der stette (Stadt) als Siedlung des Künigs volck zusammensetzte. Im Vordergrund standen bei ihm zwar vor allem militärische Aspekte. Indem er aber auch den Handwerkern und den königlichen Verwaltungsbeamten einen Raum in der Stadt zuwies, gestand er der Stadt durchaus weitere funktionale Aspekte zu.275 Mit dem hier skizzierten engen Verhältnis von Burg und Stadt wird auch der Bereich der Funktionen beider als Residenzen berührt. Wenigstens für Langensalza, Schlotheim und Herbsleben war festgestellt worden, dass dieses Orte für die ansässigen ministerialischen/niederadligen Geschlechter als Mittelpunkte ihrer Herrschaften auch Residenzen waren. Langensalza wiederum behielt auch
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272 273 274 275
So Armand Beariswyl für die Stadt Burgdorf in Niedersachsen und Yverdon in der Schweiz. (BAERISWYL: Stadt und Burg, S. 27. Zur Funktion Langensalzas als Residenzstadt vgl. Kap. II.4.5.1.). Vgl. Ortsgrundriss Herbsleben, in: Anhang: 1. Pläne und Karten, Karte 9. Vgl. Kap. II.5.4.2. Vgl. Kap. II.5.5.4f. Vgl. Idealplan von Nürnberg, in: DÜRER: Etliche underricht, D3. SCHÜTTE: Militär, Hof und urbane Topographie, S. 131-154. JOHANEK: Stadtgeschichtsforschung, S. 76.
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nach dem Ausscheiden der Herren von Salza aus der Stadtherrschaft diese Funktion vorerst bei. So war die Stadt wenigstens in den 1370er und 1380er Jahren der maßgebliche Aufenthaltsort des Wettiners und Mainzer Erzbischofes Ludwig von Meißen. Hier war zudem ein enges Verhältnis zwischen dem erzbischöflichen Stadtherrn und der Bürgerschaft, vertreten durch den Rat, erkennbar. Augenscheinlich gehörte hier, wie in anderen Residenzen auch zu beobachten, die Stadt tatsächlich zum erweiterten Hof des Stadtherrn.276 Vielleicht – dies sei hier als These formuliert – verdankte Langensalza seine günstige Entwicklung auch dieser Phase der mainzischen Stadtherrschaft.277 Zurückzukommen ist nun auf Thamsbrück. Auch hier bildeten Burg und Stadt eine besondere Einheit. Bereits Edith Ennen hatte darauf verwiesen, dass die Stadt die Burg als Mittel herrschaftlicher Politik abgelöst hat. Christine Müller hält im Ergebnis ihrer Untersuchung ludowingischer Städte sogar fest: „Einen Sonderfall der Beziehung zwischen Stadt und Burg stellt Thamsbrück dar. Da hier die Stadtentwicklung offenbar fehlgeschlagen ist, hat die Stadt anscheinend Aufgaben der Burg als Amtssitz und Landgerichtsstätte, einschließlich der mit diesen Aufgaben betrauten Personen übernommen. Die Stadt ist funktional bis zu einem gewissen Maße selbst zur Burg geworden, die Burgmannen zu Stadtbürgern, Stadtgebiet und Burgbezirk durch die Einheit von Stadt- und Landgericht zusammengefasst. Städtisch-wirtschaftliche Funktionen blieben dabei auf der Strecke.“278 Jedoch bedarf der Ausschluss einer städtischen Entwicklung im Fall Thamsbrücks einiger Relativierung. So hat Müller zwar richtig festgestellt, dass die Burgmannen auch Stadtbürger waren. Nachweisbar ist dieses aber nur bis ins 14. Jahrhundert. Danach treten diese Burgmannen als Stadtbürger nicht mehr in Erscheinung. Als Träger der städtischen Oberschicht werden sie augenscheinlich abgelöst. So ist bei den im 15. Jahrhundert in den städtischen Rat gewählten Personen keine Beziehung zur Burgmannschaft nachweisbar. Zwar soll nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei einigen Personen weiterhin um Burgmannen handelte, ausdrücklich bezeichnet werden sie aber nicht als solche. Somit muss doch eine gewisse innerstädtische Entwicklung stattgefunden haben. Weiterhin scheinen Land- und Stadtgericht zwar durchaus in Personalunion besetzt worden zu sein, dennoch waren beide Gerichte grundsätzlich unterschiedliche Institutionen. Auf eine enge Verbindung von Stadt und Burg verweist jedoch, dass die aus der Stadt zu erhebenden Abgaben im markgräflichen Register 276 277 278
Vgl. hierzu: NEITMANN: Was ist eine Residenz?, S. 26-43. PATZE/PARAVICINI: Zusammenfassung, S. 480-488. Vgl. auch Kap. I.2.3. Immerhin fällt doch in diese Zeit auch ein Ausbau des Rathauses zu einem über funktionale Aspekte hinausgehenden repräsentativen Gebäude. (Vgl. Kap. II.4.5.1 u. II.4.7.1.). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 292.
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der Burg zugeordnet werden.279 Etwas Vergleichbares ließ sich bei Tennstedt beobachten. Auch hier werden in der Handschrift A und C des markgräflichen Registers die städtischen Abgaben unmittelbar der Burg zugeordnet. Demgegenüber differenziert die Handschrift B eindeutig zwischen an die Stadt und an die Burg zu entrichtenden Abgaben.280 Auch Langensalza tritt vor dem Zusammenschluss mit dem Amt Thamsbrück als eigenes Amt entgegen, dem durchaus auch Abgaben aus benachbarten Orten zugeordnet waren.281 Die städtische Entwicklung Langensalzas ist aber kaum als schlecht zu bezeichnen. Hieraus ergibt sich: Nicht zwangsweise stehen Amtsmittelpunkt und mäßige städtische Entwicklung in einem unmittelbaren Zusammenhang. Vielmehr handelt es sich bei der Rolle als Amtsmittelpunkt nur um eine (mögliche) Funktion von landesherrlichen Städten, wobei in erster Linie die Burg und nicht die Stadt der Amtssitz waren. Trotz der genannten Einwände muss aber Müller insofern Recht gegeben werden, als Thamsbrücks wesentliche Funktionen in seiner Rolle als Amtsmittelpunkt und Landgerichtsstätte erfüllte. Die Stadt war demnach eine typische Amtsstadt.282 Dennoch ging die Stadt nach der am Ende des 15. Jahrhunderts erfolgten Zusammenlegung der Ämter Langensalza und Thamsbrück sowie der Verschiebung des Amtsmittelpunktes in die Nachbarstadt nicht vollständig ein, sondern blieb bis in die jüngere Zeit Stadt. Die herrschaftliche Mittelpunktfunktion Thamsbrücks scheint demnach zwar durchaus wesentlich für die Stadt gewesen zu sein, grundlegend für die Eigenschaft als Stadt war sie aber nicht. Vielmehr fällt auf, dass innerhalb der Gemeinde und der Selbstverwaltung und auch der städtischen Verfassung Veränderungen zu einem Zeitpunkt eintraten,283 als sich der herrschaftliche Schwerpunkt der Landgrafschaft im 15. Jahrhundert von Eisenach im Westen nach Weimar im Osten verschob und in diesem Zuge auch Thamsbrück innerhalb der wettinischen Herrschaft erheblich an Bedeutung verloren hatte. Hinzu kommt noch, dass das nahe Langensalza die bedeutendere Stadt und ein wichtiger zentraler Ort der Wettiner war.284 Es scheint, ohne hierfür Beweise vorlegen zu können, demzufolge vorstellbar, dass Thamsbrücks städtische Entwicklung weniger durch eine schlechtere Verkehrslage als vielmehr durch den starken herrschaftlichen Zugriff zunächst entscheidend gehemmt worden ist. Die Entwicklung im späten 15. Jahrhundert war dann vielleicht erst deshalb möglich, weil sich der landesherrliche Zugriff im Rahmen des 279 280 281 282 283 284
Vgl. Kap. II.1.4. Registrum XX u. XXa und Summularium XX. Vgl. auch Kap. II.1.4. Vgl. Registrum XVII a u. b mit Anm. a, S. 49. Vgl. Kap. II.2.6.2. Vgl. Registrum XIX. Vgl. Kap. I.2.4. Vgl. hierzu das Mitspracherecht der Gemeinde gegenüber dem Rat bei der Besetzung städtischer Ämter. (Vgl. Kap. II.1.5.). Vgl. Kap. II.1.4.
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Bedeutungsrückganges der Stadt gelockert hatte. Spätestens in diesem Zusammenhang verfiel dann aber auch die Burg.285 Nahezu zeitgleich lassen sich in Tennstedt ähnliche Tendenzen beobachten. Auch hier war die wettinische Burg spätestens in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts so weit bedeutungslos geworden, dass sie verfiel, bis im Jahr 1484 dann durch die Landgrafen der Abbruch genehmigt wurde und ein Jahr später auch der letzte Burgmann seine Rechte an der Burg verkaufte.286 Sowohl die Thamsbrücker als auch die Tennstedter Burgen scheinen demnach am Ausgang des Mittelalters für den wettinischen Landesherrn bedeutungslos geworden zu sein. Hintergrund könnte einerseits sein, dass Burgen ihre militärische Bedeutung durch den Einsatz neuer Militärtechnik verloren hatten und andererseits gleichzeitig mit dem zwischen 1340 und 1440 zu beobachtenden Bevölkerungsrückgang auch die wirtschaftliche Versorgung der Burgen zunehmend schwierig geworden war. In diesem Zusammenhang ist das Burgensterben ein generelles Phänomen des 15. Jahrhunderts.287 Zugleich ist dieser Vorgang vielleicht ein Indiz dafür, dass wenigstens bei kleineren Burgen und Städten die Stadt die Burg in ihrer militärischen Funktion endgültig abgelöst hatte. Andere Burgen, vor allem in den bedeutenderen und größeren Städten, wie etwa in Langensalza, blieben als Residenzen erhalten. Wenigstens im Fall Thamsbrücks könnte weiterhin gefolgert werden: Eine Verlegung des Amtsmittelpunktes nach Langensalza geschah vor dem Hintergrund, dass Thamsbrück nun generell eine nebengeordnete Rolle in der wettinischen Herrschaftspolitik spielte, während Langensalza endgültig der bedeutendere wettinische Ort in der Region geworden war. Ursächlich hierfür könnte wiederum sein, dass sich die Wettiner in Langensalza an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert vollständig durchgesetzt hatten und sie damit Thamsbrück als herrschaftliches, militärisches Druckmittel nicht mehr benötigten. Außerdem ist deutlich geworden, dass dann im 15. Jahrhundert Landgraf Wilhelm ein gesteigertes Interesse an Langensalza hatte.288 Möglicherweise war dieses mit dem Ziel verbunden, den in der Region nicht unbedeutenden Ort weiter aufzuwerten und seine Funktion als regionales Zentrum und als zentralen Ort der Landgrafschaft in diesem Raum zu festigen. In der Folge trat dann Thamsbrück in seiner administrativen, aber auch herrschaftspolitischen Funktion endgültig hinter Langensalza zurück, und die Zusammenlegung der Ämter im ausgehenden
285 286 287 288
Vgl. Kap. I.2.4. Vgl. Kap. II.2.6.3. MEYER: Verteidigungswert, S. 32f. BÜREN: Burgen am Ende des Mittelalters, S. 208-217. ANZELEWSKY: Mittel-, Süd- und Westdeutschland, S. 135f. Vgl. Kap. II.4.6.2.3, II.4.8.2 u. II.5.
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15. Jahrhundert mit dem Ziel, die Verwaltung innerhalb der Landgrafschaft zu straffen, ist wiederum das Ergebnis dieser Entwicklung. Die Aufgabe beziehungsweise der desolate Zustand von stadtherrlichen Burgen ist in der Landgrafschaft im 15. Jahrhundert aber nicht bloß auf Thamsbrück und Tennstedt beschränkt. Auch die Burg Creuzburg lag um 1440 wüst, wurde aber später, weil sie weiterhin Mittelpunkt und Sitz eines wettinischen Amtes war, wieder aufgebaut. Die im Osten des Thüringer Beckens oberhalb des Städtchens Camburg liegende gleichnamige Burg wurde im sächsischen Bruderkrieg Mitte des 15. Jahrhunderts zerstört. Es ist demzufolge nicht auszuschließen, dass auch die Burgen Thamsbrück und Tennstedt im Zuge der militärischen Auseinandersetzungen im Bruderkrieg erheblichen Schaden nahmen. Gleichwohl ist nicht bekannt, dass der Konflikt auch im Westen Thüringens militärisch ausgetragen worden ist.289 Die Aufgabe der Burg zu Tennstedt könnte, wie bei Thamsbrück, ebenfalls mit einer Veränderung in der Ämterstruktur einhergehen. So wurde vielleicht die Burg Creuzburg wegen der weiterhin bestehenden Funktion als Amtsmittelpunkt wieder aufgebaut. Noch im markgräflichen Register von 1378 erscheint Tennstedt als eigenständiges Amt. Schon im Register des Thormas von Buttelstedt (1440-1443) wird ein Tennstedter Geleit erwähnt, welches aber Herbsleben zugeordnet wird. Weitere Abgaben zu Tennstedt finden sich im gesamten Verzeichnis nicht.290 Es ist demzufolge vorstellbar, dass die Burg zu Tennstedt ihre Aufgabe als Amtsmittelpunkt verloren hatte, weil durch die Wettiner landgräfliche Rechte in erheblichem Umfang aus der Hand gegeben worden sind. Das einzig übrig gebliebene Geleit wurde dann vom benachbarten Herbsleben aus mitverwaltet. Eine entsprechende Geleitsstation befand sich auf der höchsten Erhebung an der Straße von Herbsleben nach Tennstedt.291 Die Stadt selbst blieb bis 1657
289
290 291
PATZE: Art. Creuzburg, S. 72. Vgl. auch: KÖHLER: Thüringer Burgen, S. 88. PATZE: Art. Camburg, S. 68. KÖHLER: Thüringer Burgen, S. 85. PATZE: Politische Geschichte, S. 132-146. Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt, S. 429-488. Zum Geleit: S. 443. So wurde 1554 eine Geleitstafel für Herbsleben ausgestellt, in welcher das Geleit für den Warenverkehr aus Erfurt nach Norden geregelt ist. Entrichtet wurde das Geleit in Herbsleben und nicht in Tennstedt. (Vgl. STRAUBE: Geleitswesen, Tl. 4: Geleitsordnungen – Editionen, Nr. 37b. Herbsleben.). Auffällig ist weiterhin, dass Straube, welcher eine erhebliche Zahl von Geleitsordnungen und Geleitstafeln des 16. Jahrhunderts ediert hat, eine solche für Tennstedt augenscheinlich nicht aufgefunden hat. Letzteres spricht dafür, dass Tennstedt seine Funktion als Geleitsort an Herbsleben verloren haben könnte. (Vgl. STRAUBE: Geleitswesen, Tl. 4: Geleitsordnungen – Editionen, S. 763-772.). Hintergrund für die Verlegung des Geleites nach Herbsleben könnte sein, dass sich die Straße schon
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dem Amt Herbsleben zugehörig. 292 Herbsleben übernahm demzufolge im 15. Jahrhundert die Funktion als zentrale landgräfliche Güter- und Einkünfteverwaltung in der Region. Vielleicht deshalb ging die Herbslebener Burg anders als die Tennstedter, obwohl sie in den 1460er Jahren gleichfalls in einem sehr schlechten Zustand war, nicht ein, sondern wurde auf landgräfliche Anweisung wiederhergestellt.293 Ihre militärische Funktion zum Schutz der Ostflanke der Stadt hatte die Burg zu Tennstedt spätestens 1448 mit der Erlaubnis eingebüßt, die Stadt gegenüber der Burg gleichfalls mit einer Mauer zu befestigen. Hinzu kommt noch, dass die Landgrafen 1436 mit den Osthöfen und den Frohnhöfen wesentlichen Besitz in Tennstedt an die Stadt übertrugen und deshalb die Burg auch nicht mehr zur Verwaltung dieser Besitzungen benötigt wurde. Nichts weiter ist über das Schicksal der nach dem markgräflichen Register von 1378 über die Tennstedter Burg eingezogenen Abgaben bekannt. Thomas von Buttelstedt erwähnt sie, wie bereits festgestellt, nicht. Im Hinblick darauf, dass die Stadt Tennstedt mit den Frohnund den Osthöfen 1436 erheblichen wettinischen Besitz im Raum erhielt, könnten auch die 1378 unter der Burg Tennstedt genannten Abgaben an die Stadt gefallen und durch diese eingezogen worden sein. Letztlich deutet sich an, dass die Tennstedter Burg im 15. Jahrhundert für die Wettiner zunehmend an Bedeutung verloren hatte. Gleichzeitig scheint Herbsleben zwischen den 1390er und 1420er Jahren wichtiger für die Landgrafen gewesen zu sein. So lassen sich anders als in Tennstedt, hier sind für diese Zeit keine landgräflichen Aufenthalte bezeugt, eine ganze Reihe von Aufenthalten nachweisen.294 Dass die stadtherrliche Burg in Schlotheim weiter bestand, lässt sich wohl damit begründen, dass sie ihre Funktion als stadtherrlichen Sitz weiterhin behielt, weil sie seit dem späten 14. Jahrhundert herrschaftlicher Mittelpunkt und Stammsitz der Herren von Hopfgarten war.295 Diese waren zunächst mit Stadt und Burg
292 293 294
295
südlich von Tennstedt in unterschiedliche Richtungen aufgabelte. Möglicherweise erfolgte auch deshalb die Kontrolle der Fuhrleute auf der Straße zwischen Erfurt und Herbsleben. (STRAUBE: Geleitswesen, S. 106, Anm. 21.). WILHELMS: Tennstedt, S. 53. ZEYSS: Herbsleben, S. 65. Zur Wiederherstellung der Burg nach 1468: HOPF: Baugeschichte des Schlosses Herbsleben, S. 37. Vgl. Kap. II.5.5. Zu Tennstedt vgl. Ausstellungsorte der wettinischen Urkunden, in: CDS I, B I, S. 485-518, CDS I, B 2, S. 509-547, CDS I, B 3, S. 471-516 u. CDS I, B 4, S. 404-442. Vgl. zur Residenzenfunktion von Burgen im Spätmittelalter: BÜREN: Burgen am Ende des Mittelalters, S. 208-217. SCHÜTTE: Der neuzeitliche Schloss- und Festungsbau, S. 148-155.
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belehnt und erwarben beides dann 1466 aus schwarzburgischer Hand. Vergleichbares trifft dann vielleicht auch für die Burg Thamsbrück zu. Dass sie trotz ihres schlechten Zustandes am Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit nicht einging, lässt sich möglicherweise ebenfalls mit der Inbesitznahme durch ein in der Region nicht unbedeutendes niederadliges Geschlecht begründen. Denn die Wettiner verkauften die Burg 1544 an die Herren von Berlepsch, welche sie erst im 19. Jahrhundert an die Stadt veräußerten. Erst dann wurde sie wegen ihres baufälligen Zustandes bis auf den Bergfried abgetragen.296 Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Burgen waren bei den untersuchten Städten als Sitz des Stadtherrn immer auch ein Element der Stadt. Sie gingen der Stadt in ihrer Entstehung, soweit feststellbar, voraus, beziehungsweise war wenigstens im Fall Tennstedts nicht auszuschließen, dass sie zeitgleich mit der Stadt entstanden. Ihr Vorhandensein scheint gerade für landesherrliche Städte charakteristisch zu sein. Hier empfingen, wie das Beispiel Langensalza zeigt, der Stadtherr oder sein jeweiliger Vertreter den städtischen Rat.297 Das weitere Schicksal der stadtherrlichen Burgen fällt aber sehr unterschiedlich aus. In Thamsbrück und Tennstedt verloren sie ihre herrschaftlich-administrativen Funktionen weitgehend. In der Folge verfielen sie, was wenigstens im Fall Tennstedts dann zum vollständigen Abbruch führte. Wo die Burgen ihre Funktion als Amtsmittelpunkt behalten konnten, verblieben sie in landgräflichem Besitz und wurden auch, sofern sie verfallen waren, wieder aufgebaut. Die Schlotheimer Burg aber verfiel deswegen nicht, weil sie Sitz des niederadligen Geschlechtes von Hopfgarten war, welches gleichzeitig die Stadtherrschaft in Schlotheim ausübte. Nach dem Verlust ihrer militärischen Funktion scheint das Fortbestehen der Burgen in den untersuchten Fällen davon abhängig gewesen zu sein, ob sie weiterhin herrschaftlich-administrative Mittelpunktfunktionen wahrnahmen. Nur dann wurden sie, wie etwa die Herbslebener Burg, den veränderten militärischen Gegebenheiten angepasst. 298 So erfolgte unter Bernhard von Mihla, welcher Burg und Amt Herbsleben 1554 als erbliches Lehen aus ernestinischer Hand erwarb und zu seinem Wohnsitz bestimmte, ein Aus- und Umbau nach zeitgenössisch modernen, militärischen Aspekten zur Festung.299 Abhängig war das Fortbestehen der Burg aber auch von der territorialpolitischen Bedeutung des jeweiligen Ortes. So wird deutlich, dass die Burgen zu
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KORN: Art. Thamsbrück, S. 707. Vgl. Kap. II.4.6.2.1. Zum Festungsbau an Burgen: BÜREN: Burgen am Ende des Mittelalters, S. 208-217. SCHÜTTE: Der neuzeitliche Schloss- und Festungsbau, S. 148-155. HOPF: Baugeschichte des Schlosses Herbsleben, S. 38f.
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Thamsbrück und Tennstedt ihre Bedeutung in der Folge der erfolgreichen landgräflichen Erwerbspolitik des 14. Jahrhunderts verloren. Denn sie waren nach dem Erwerb Schlotheims, Langensalzas und Herbslebens nicht mehr im selben Maße zusammen mit der Stadt als Verbindungsglieder zwischen landgräflichem Besitz wichtig.300
2.4.3 Einwohnerzahl, städtische Grundfläche und Steuerleistung Gegenstand der Einzeluntersuchungen war weiterhin die Stadtgröße, die von der Mauer umschlossene Fläche. Hierbei wurde deutlich, dass Langensalza unter Einbeziehung der befestigten Vor- und Teilstädte mit 60 Hektar weitaus größer war als alle anderen untersuchten Orte. Unmittelbar darauf folgt der Marktort Herbsleben mit einer Fläche von 29 Hektar, und hieran schließen sich Thamsbrück mit 22 Hektar und Tennstedt mit 20 Hektar (ohne die Osthöfe, welche noch einmal etwa vier Hektar umfassten) an. Schlusslicht bildet die Stadt Schlotheim mit einer ummauerten Fläche von 11 Hektar.301 Da in Schlotheim, Langensalza, Thamsbrück und Herbsleben die herrschaftlichen Burgen innerhalb der Befestigung lagen, dürfte das eigentliche städtische Siedlungsgebiet noch einmal etwas kleiner ausfallen. Dennoch ergab sich ein erstaunliches Ergebnis. So wies der Ort Herbsleben die zweitgrößte Fläche auf, und lag mit 29 Hektar nur knapp unter der von Stoob für die Mittelstädte veranschlagten Schwelle von 30 Hektar. Demgegenüber lag in Schlotheim nach Abzug des Burgareals die städtische Siedlungsfläche mit dann noch etwa 9-10 Hektar nur knapp oberhalb der von Stoob festgestellten Grenze zwischen den Kleinstädten und den städtischen Minderformen. Schlotheim, Tennstedt, Thamsbrück und Herbsleben gehören damit nach der Stoob’schen Typologie zu den Kleinstädten, während Langensalza in die Kategorie der Mittelstädte fällt.302 Hieraus wird des Weiteren deutlich, dass nichtstädtische Orte durchaus eine größere Siedlungsfläche aufweisen konnten als Städte der Umgebung. Die Frage
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301 302
Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf das wettinische Buttelstedt, bei welchem sich Vergleichbares beobachten lässt. Seit 1434 war das Amt ständig verpfändet und wurde 1544 aufgelöst und Weimar zugeordnet. Die Burg war gleichfalls 1434 veräußert worden. Denn die Bedeutung des Ortes Buttelstedt für die Wettiner war seit dem Erwerb Weimars erheblich gesunken. (HUSCHKE: Art. Buttelstedt, S. 65.). Vgl. Kap. II.1.6, II.2.6.3, II.3.9, II.4.7.4.2 u. II.5.6. STOOB: Stadtformen, S. 159. Vgl. auch Kap. I.2.2 u. 2.5.6.
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ist deshalb, wie aussagekräftig solchermaßen angelegte Vergleiche sind.303 Verwiesen sei hier auch auf die Städte Schlotheim und Thamsbrück. Beide waren planmäßig angelegte Gründungsstädte. Schon in der Planung ist Schlotheim nur etwa halb so groß wie Thamsbrück angelegt worden. Dennoch deutete sich bei Schlotheim eine differenzierte und bessere wirtschaftliche Entwicklung an als in Thamsbrück. Vor diesem Hintergrund sind die bei Hirschmann, Haverkamp und Escher festgelegten Schwellenwerte für die Punktevergabe nach der Siedlungsgröße zu hinterfragen. Schlotheim, Tennstedt und Thamsbrück würden für ihre städtische Siedlungsfläche einen Punkt bekommen, während Herbsleben 2 und Langensalza 5 Punkte erreichen.304 Entscheidend ist, dass drei der untersuchten Städte eine niedrigere Punktzahl bekommen als Herbsleben, welches rechtlich nie Stadt war. Die Stadtgröße sagt deshalb im Einzelfall nur bedingt etwas über die städtische Entwicklung und damit die urbane Qualität eines Ortes aus. Des Weiteren waren sowohl in Tennstedt als auch in Thamsbrück größere unbebaute Flächen innerhalb der Stadt vorhanden. Ein solcher Umstand ließ sich bei Schlotheim wiederum nicht feststellen. Die reine Untersuchung der Siedlungsfläche ergibt deshalb eher ein verzerrtes Bild als einen sicheren Beitrag zum urbanen Charakter eines Ortes. In diesem Zusammenhang sei jedoch auf eine Auffälligkeit verwiesen. Thamsbrück wurde mit 22 Hektar deutlich größer angelegt, als die zeitgleich gegründeten ludowingischen Städte Freiburg (14 Hektar) und Creuzburg (15 Hektar mit Burg).305 Dies legt nahe, dass der Gründungsstadt Thamsbrück doch deutlich mehr Entwicklungspotential zugesprochen wurde als den anderen beiden Städten und sie deshalb großzügiger konzipiert wurde. Dieses ist vor allem vor dem Hintergrund zu beachten, dass Christine Müller für Creuzburg vermutet hat,306 bei der Stadtgründung hätten wegen der Verkehrslage an einem Werraübergang eher ökonomische Aspekte im Vordergrund gestanden. Somit scheinen auch aus dieser Perspektive Thamsbrück zunächst wesentlich mehr Funktionen zugedacht gewesen zu sein. Für eine rein militärische Gründung dürfte die Stadt doch eher zu groß angelegt gewesen sein. Auch war bereits im Zusammenhang mit dem benachbarten Fernhandelsmarkt Homburg überlegt worden, dass die Gründung Thamsbrücks auch aus wirtschaftlicher Perspektive erfolgte.307 303 304
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Vgl. hierzu bereits Max Weber: WEBER: Die Stadt, S. 42. Vgl. auch Kap. I.2.2. Städte mit 10-24 Hektar erhalten einen Punkt. Bei 25-49 Hektar gibt es 2 Punkte und Städte mit 50-99 Hektar erhalten 5 Punkte. Darauf folgen Städte mit 100-200 Hektar und die letzte Gruppe umfasst alle Städte über 200 Hektar. (Vgl. Kap. I.2.2.). Ermittelt wurde die Fläche mit: http://www.geoproxy.geoportal-th.de/geoclient/control (19.05.2014). MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 343. Vgl. Kap. II.1.3 u. II.1.4.2.
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Allerdings gibt die Größe der Fläche in der Regel keinen Hinweis auf die Art der mittelalterlichen Bebauung sowie die Größe der Grundstücke. Hilfreich wäre hierbei nur, die Anzahl der Bewohner zur Siedlungsfläche in Beziehung zu setzen. Dieses steht jedoch vor dem Problem, dass in den seltensten Fällen absolute Zahlen für das Mittelalter vorliegen. In der Regel geben lediglich spätmittelalterliche Steuerbücher (Geschossregister) Auskünfte über die Anzahl der geschosspflichtigen Haushalte, ohne dass deutlich wird, wie viele Personen im Einzelfall dem Haushalt angehörten.308 Im Rahmen der untersuchten Orte ergab sich noch das zusätzliche Problem, dass nur für zwei von ihnen mittelalterliche Geschossregister überliefert sind, aus denen Schlüsse bezüglich der Besiedlungsdichte gezogen werden könnten. In Herbsleben ergab sich aus einem aus dem Jahr 1475 überlieferten Steuerverzeichnis eine Anzahl von 197 Haushalten; bei einer angenommenen durchschnittlichen Zahl von vier Haushaltsmitgliedern würden sich so 788 Einwohner ergeben. In Langensalza ließen sich für die Altstadt, die Neustadt und die Jakobsstadt für das Jahr 1379 immerhin 1.025 Haushalte feststellen. Dieses entspricht bei gleichfalls vier Personen je Haushalt einer Bewohnerzahl von 4.100, dürfte aber noch weiter nach oben zu korrigieren sein, weil die Haushalte der Erfurter Vorstadt nicht berücksichtigt sind. Unsicherheiten ergaben sich vor allem daraus, weil nicht bekannt ist, wie viele Personen tatsächlich zum Haushalt gehörten.309 Dennoch ist anhand der errechneten Bewohner Langensalza nach Stoob als Mittelstadt anzusehen, während der Marktort Herbsleben aus dieser Perspektive zu den Kleinstädten zu rechnen ist und nach der Unterteilung Ammans einer mittleren Kleinstadt entspricht.310 Allerdings wies die Langensalzaer Altstadt 1414 gegenüber 1379 bei nahezu gleichbleibender Zahl von Haushalten in den anderen Teilstädten über 100 Haushalte weniger aus. Dies hätte einen Bevölkerungsverlust von mindestens 400 Personen gegenüber 1379 bedeutet. Nach der Unterteilung Stoobs ist Langensalza 1414 damit eher zu den Kleinstädten zu rechnen, während die Stadt nach Ammann weiterhin als kleinere Mittelstadt anzusehen ist. So muss die Kategorisierung nach der Größe und Bewohnerzahl problematisch bleiben.311 Dennoch soll im Folgenden gezeigt werden, dass sich wenigstens aus derAnzahl der Haushalte im Verhältnis zur Siedlungsfläche Weiteres hinsichtlich der Städte und ihrer Entwicklung ableiten lässt.
308 309 310 311
ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 60. Vgl. auch Kap. II.5.6. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 58-60. Vgl. auch Kap. II.4.7.4.2 u. II.5.6. STOOB: Stadtformen, S. 159. AMMANN: Wie groß war die mittelalterliche Stadt?, S. 503506. Vgl. auch Kap. I.2.2. Vgl. auch Kap. I.2.2 u. II.5.6.
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Hierzu sollen nun Grundfläche und Anzahl der schossenden Haushalte in Herbsleben und Langensalza in Beziehung zueinander gesetzt und verglichen werden. Die höhere Anzahl der schossenden Haushalte in Langensalza gegenüber Herbsleben ist grundsätzlich wohl der größeren Siedlungsfläche geschuldet. Aufschlussreicher ist der Umstand, dass Zahlen für die einzelnen Teilstädte Langensalzas vorliegen. Für die Altstadt sind 1379 bei einer Fläche von 15 Hektar 321 Haushalte erfasst. Die Neustadt weist eine Größe von 13 Hektar bei 198 Haushalten auf. Die Fläche der Jakobsstadt umfasst 24 Hektar mit 396 Haushalten. Demgegenüber verteilten sich in Herbsleben 197 Haushalte auf 29 Hektar Fläche. Selbst vor dem Hintergrund, dass vor allem im östlichen Teil Herbslebens die Burg und die Burggüter lagen und diese wohl auch einen nicht unerheblichen Teil der Fläche einnahmen, wird deutlich, dass die Dichte der Haushalte und also auch der Bewohner in den Langensalzaer Teilstädten und somit auch in der Gesamtstadt wesentlich höher war. Hinzu kommt, dass in Langensalza gleichfalls die Burg einigen Raum beanspruchte und darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt das Magdalenerinnenkloster in der Altstadt und das Augustinerkloster in der Jakobsstadt lagen, so dass diese den Siedlungsraum noch einmal verkleinerten. Die Bebauung in Langensalza war demzufolge wesentlich dichter und es ist weiterhin davon auszugehen, dass es in der Stadt mehrgeschossige Wohnhäuser gab, in denen mehrere Familien wohnten. Da jedoch für Tennstedt, Thamsbrück und Schlotheim keinerlei Geschossregister überliefert sind, lassen sich die eben gemachten Feststellungen nicht in Beziehung zu den anderen untersuchten Städten setzen. Abschließend sind noch die Steuerleistungen der jeweiligen Orte zu betrachten. Das markgräfliche Register von 1379 überliefert für alle Orte entsprechende Zahlen. Die städtische Prekarie, das Geschoss, welches jährlich an den wettinischen Stadtherrn zu zahlen war, betrug im Fall Langensalzas 60 Mark. Tennstedt hatte 20 Mark, Thamsbrück 10 Mark und Schlotheim 26 Solidi zu zahlen. In Herbsleben betrug die exactio ville 12 Mark.312 Langensalza hatte demzufolge die höchste Prekarie zu leisten. Auch hier ergibt sich jedoch eine nicht unerhebliche Schwierigkeit. Das markgräfliche Register berücksichtigt lediglich den an die wettinischen Landgrafen und damit den an diesen Stadtherrn zu zahlenden Teil. Noch einmal derselbe Betrag war durch die Stadt an den erzbischöflichen Stadtherrn abzuführen. Die Gesamtsteuerleistung betrug damit 120 Mark. 313 Langensalza zahlte demzufolge eine deutlich höhere Gesamtabgabe als die anderen untersuchten Orte.
312 313
Registrum XVIIa 12, XVIIb, XVIII 15, XIX 1 u. XXa 1. Vgl. Kap. II.4.5.1.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Mit dem Hinweis auf die Verdopplung des Betrages bei Langensalza ist jedoch auf ein grundsätzliches, auch bei anderen der untersuchten Orte bestehendes Problem verwiesen. Anhand der meist unklaren stadtherrlichen Verhältnisse ist nicht immer sicher, ob nicht auch dort noch an andere Stadtherren Abgaben zu zahlen waren und welche Höhe diese hatten. So könnte wenigstens für Tennstedt angenommen werden, dass vergleichbar zu Langensalza die Stadt an einen weiteren Stadtherrn, in diesem Fall den Abt von Hersfeld, Abgaben abzuführen hatte. Die städtische Prekarie könnte demzufolge höher ausfallen, ohne dass die genaue Höhe erkennbar ist. Bei Schlotheim, dessen Schoss mit 26 Solidi 1378 außerordentlich gering ausfällt, wurde anhand ihres Einzuges über Tennstedt und dem Fehlen weiterer Abgaben an die Wettiner sogar deutlich, dass zu dieser Zeit anderen Herrschaftsträgern der erhebliche Teil der Schlotheimer Abgaben zugestanden haben dürfte.314 Insofern ist bezüglich dieses Ortes nichts Näheres aus der 1378 verzeichnete Bede abzuleiten. Eindeutiger erscheint die Situation bei Thamsbrück und Herbsleben. In beiden Fällen dürften zum Zeitpunkt der Abfassung des markgräflichen Registers die Wettiner die maßgeblichen Herrschaftsrechte ausgeübt haben. 315 Im Vergleich beider Orte fällt auf, dass die im Register auch als Prekarie bezeichnete Herbslebener exactio ville mit 12 Mark immer noch höher ausfällt als die von 10 Mark in Thamsbrück. Dies korrespondiert mit der Beobachtung Christine Müllers, dass die Steuerleistung Thamsbrücks mehr als gering einzustufen ist und gerade einmal eine Mark mehr als die des benachbarten Dorfes Kirchheilingen betrug.316 Damit scheint letztlich wenigstens in dieser Zeit auch die wirtschaftliche Entwicklung Thamsbrücks als insgesamt gering eingeschätzt werden zu müssen, wobei nicht auszuschließen ist, dass Einkünfte auch an die Stadt übertragen worden sind.317 Eine bessere Auskunft über die Steuerleistung Schlotheims gibt die Alte Jahrrente von 1367. Hier beträgt sie 20 Mark und ist damit genauso hoch wie die von Tennstedt, aber immer noch geringer als die 45 Mark betragende Creuzburger Bede.318 Damit scheint, da wenigstens in dieser Zeit die Wettiner weitgehend über den Ort verfügten, die Gesamtsteuerleistung doch ebenfalls recht gering zu sein. Sie war zwar immer noch doppelt so hoch wie in Thamsbrück aber mehr als die 314 315 316 317
318
Vgl. Kap. II.2.6.2 u. II.3.5. Vgl. Kap. II.1.3 u. II.5.5.1f. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 199f. So verweist doch die Neuerteilung des Stadtrechtes im Jahr 1421, auch wenn hier keine stadtherrlichen Einkünfte an die Stadt übertragen worden sind, durchaus darauf, dass die Wettiner mit Privilegien versuchten, die Entwicklung des Ortes anzuschieben. (Vgl. OLEARIUS II, S. 235f. SCHNELLENKAMP: Thamsbrück, S. 3. Vgl. auch Kap. II.1.4.). Übersicht über die alte Jahrrente, in: Registrum dominorum marchionum Missnensium, Anhang VI, Nr. 30, S. 424.
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Hälfte niedriger als in Creuzburg. Vollkommen anders stellt sich die Situation für Langensalza dar. Zwar kann sich die Stadt nicht mit Eisenach oder Gotha messen, von denen Eisenach 250 Mark und Gotha 200 Mark zu leisten hatten. Die Stadt lag aber zusammen mit Weißensee, Jena und Weimar im Mittelfeld und unterschied sich hinsichtlich ihrer Steuerleistung deutlich von Orten wie Creuzburg, Buttelstedt oder Waltershausen.319 Im Nordwesten des Thüringer Beckens hob sich Langensalza letztendlich deutlich von den anderen im markgräflichen Register verzeichneten Orten ab und gehörte auch ansonsten zu den aus fiskalischer Sicht ertragreicheren wettinischen Städten. Auffällig ist weiterhin, dass die 1367 abzuführende Prekarie der von den untersuchten Orten flächenmäßig kleinsten Stadt Schlotheim immer noch doppelt so hoch war, wie die der an Fläche zweitgrößten Stadt Thamsbrück. Ähnliches gilt auch für Tennstedt. Denn diese 1378 gegenüber Thamsbrück flächenmäßig kleinere Stadt leistete mindestens die doppelte Abgabe. Wegen der geteilten Stadtherrschaft ist die städtische Steuerleistung aber auch hier deutlich höher einzuschätzen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieser Städte ist damit auch, gemessen an ihrer Fläche, gegenüber Thamsbrück deutlich höher. Hieraus lässt sich bei aller Vorsicht folgern, dass diese Städte auch wesentlich dichter besiedelt waren und die Wirtschaftskraft der Einwohner höher war.320
319
320
Registrum, IIb 1, IIIb 1, VIIb, VIIIb 1, XVIb 1, XXIIf 1, XXXII 1. Vgl. hierzu auch: Übersicht über die alte Jahrrente, in: Registrum dominorum marchionum Missnensium, Anhang VI, S. 422-425. So wird am Herbslebener Geschossregister deutlich, dass die jeweiligen Haushalte unterschiedlich hohe Abgaben zu zahlen hatten. Abhängig waren diese wiederum, wie das Schlotheimer Stadtrecht zeigt, von den persönlichen Vermögensverhältnissen, die bei dem Übertritt in die Bürgerschaft dem Rat auf Eid mitzuteilen waren, damit hieraus das zu entrichtende Geschoss ermittelt werden konnte. Dies wiederum zeigt, dass bei besseren Vermögensverhältnissen auch höhere Abgaben zu entrichten waren. Hiervon dürfte dann auch die an die wettinischen Stadtherren zu entrichtende Prekarie abhängig gewesen sein. (Vgl. LATh-StA Gotha Bestand Herbsleben, Loc. 40, Nr. 7 [Geschossrechnung von 1475]. PICARD: Stadtrecht, § 72, S. 141.). Zur Prekarie/Bede als eine genossenschaftliche, an den Stadtherrn zu zahlende Stadtsteuer: LOOZ-CORSWAREM: Art. Bede. II. Bede als städtische Steuer, Sp. 1780f.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
2.5 Das Rathaus als politischer und kultureller Mittelpunkt Nachweisbar waren mittelalterliche Rathäuser anhand der Schriftquellen in drei der fünf untersuchten Orte, in Langensalza, Schlotheim und Tennstedt. In Langensalza bestand es spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts. Nach einer unsicheren Nachricht könnte das Rathaus in Tennstedt 1377 errichtet worden sein. Das Schlotheimer Rathaus wird einzig im Stadtrecht erwähnt und könnte demzufolge seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts vorhanden gewesen sein.321 Sowohl das Tennstedter als auch das Langensalzaer Rathaus stehen in enger Beziehung zu dem oder einem städtischen Marktplatz. Das Tennstedter Rathaus lag an der wohl ursprünglich diagonal durch den Ort führenden Hauptstraße, welche als älterer Straßenmarkt dem möglicherweise später entstandenen Hauptmarkt vorangegangen sein könnte. Der großzügig angelegte Hauptmarkt erstreckte sich dann südlich und östlich des Rathauses. Das Langensalzaer Rathaus entstand ebenfalls am durch die Stadt führenden Straßenmarkt, welcher in seinem westlichen Abschnitt, beginnend beim Rathaus, auch als Neumarkt bezeichnet wurde. Nichts bekannt ist über die ursprüngliche Lage des Schlotheimer Rathauses. Der heutige Bau befindet sich erst seit dem 18. Jahrhundert an dieser Stelle.322 Als mögliche Standorte kämen die Baublöcke nördlich und westlich des heutigen Marktes in Frage. Ähnliche Schwierigkeiten ergaben sich im Zusammenhang mit dem Thamsbrücker Rathaus. Auch hier reicht die vorhandene Bausubstanz nicht vor die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück.323 Vermutet wurde deshalb, dass sich während des Mittelalters in Thamsbrück überhaupt kein Rathaus befunden haben könnte.324 Über die vielfältigen Funktionen des Rathauses geben wenigstens im Fall Langensalzas die Schriftquellen Auskunft. Es war Mittelpunkt der städtischen Verwaltung und hier wurden die städtischen Gerichtstage und Ratssitzungen abgehalten. Gleichzeitig übernahm es als Kaufhaus in der Stadt wirtschaftliche Mittelpunktfunktionen und beherbergte den Ratskeller. Indem es gleichfalls Räumlichkeiten für Festveranstaltungen bot, bei ihm auch öffentliche Veranstaltungen wie Turniere stattfanden, war es auch kultureller Mittelpunkt der Stadt. Deshalb ist
321
322 323 324
Vgl. Kap. II.3.6. Aus bauhistorischer Sicht ist nichts über das Alter des Rathauses auszusagen. Der Rathausbau auf dem Markt wurde erst im 18. Jahrhundert errichtet. (LEHFELDT: Schlotheim, S. 72.). Vgl. AULEPP: Schlotheim, S. 54. LEHFELDT: Schlotheim, S. 72. Vgl. Kap. II.1.6. Vgl. Kap. II.1.6.
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wenigstens in abgeschwächter Form Vergleichbares auch in den anderen untersuchten Städten anzunehmen.325 In der Funktion der Rathäuser als Kaufhaus liegt vielleicht die Erklärung, warum nur in Herbsleben ein Kauf-/Markthaus genanntes Gebäude ausdrücklich nachgewiesen werden konnte, während in den bearbeiteten Städten Hinweise darauf fehlten. In Herbsleben gab es ein auch ausdrücklich so genanntes Gebäude, weil ein Rathaus fehlte, welches diese Funktion sonst übernommen hätte. Auch war im Fall Herbslebens nicht auszuschließen, dass sich der sogenannte „Fleckskeller“, bei welchem es sich um den Gemeindekeller handelte, im Kaufhaus befand. Des Weiteren war vermutet worden, er könnte den Ratskeller als städtische Einrichtung nachgeahmt haben. Treffen diese Überlegungen zu, könnte sich dieser Gebäudekomplex aus Kaufhaus und Gemeindeschänke wenigstens insoweit funktional dem Rathaus angenähert haben. Gleichzeitig verfügten die Bewohner des Ortes über weitere eigentlich eher städtische Rechte, wie etwa das Recht, Bier zu brauen und auszuschenken. Gerade diese Rechte sind aber im Spätmittelalter für Dörfer nichts Ungewöhnliches. Sie wurden möglicherweise vor dem Hintergrund erteilt, den Lebensraum Dorf attraktiver zu gestalten und damit eine zunehmende Einwohnerflucht in die Städte zu verhindern. In diesem Zusammenhang entstanden dann gemein(de)schaftliche beziehungsweise gemeindeeigene Häuser, wie etwa die Gemeindeschänke. Diese wiederum wurde auch Sitz der genossenschaftlichen Dorfverwaltung, war Gerichtsort und kultureller Mittelpunkt. Auch in dieser Hinsicht scheint es, wie sich oben schon auf begrifflicher Ebene bei der Verwendung des Terminus Rat für dörfliche Vormünder im Fall Gebesee andeutete, eine Annäherung zwischen Stadt und Dorf gegeben zu haben, ohne dass deshalb das Dorf damit gleich zur Stadt wurde.326 In der Stadt erprobte Elemente fanden demnach Eingang in die Dorfstruktur. Ihr Vorhandensein kann demzufolge nicht ungeprüft und undifferenziert als städtisches Merkmal angesehen werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Rathäuser waren als städtisches Element in Schlotheim, Tennstedt und Langensalza vorhanden. Demgegenüber lässt sich dieses für Thamsbrück nicht sicher bestätigen. Dennoch scheint ein Rathaus
325
326
Zu diesen allgemeinen Funktionen des Rathauses vgl. auch: ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 111. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 54f. ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, Anm. 24, S. 15. Ähnliches lässt sich auch an anderer Stelle beobachten. So werden an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit Dorfbewohner, insbesondere auch grundherrliche Untertanen und Leibeigene gleichfalls als Bürger bezeichnet. Aus Heimbürgen und Bauermeistern werden Bürgermeister. (Vgl. BADER: Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, S. 197, 373, 403f. u. 277f. Vgl. Kap. II.5.5.f.).
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entgegen der Feststellung Haverkamps, Hirschmanns und Eschers327 ein wesentliches städtisches Merkmal zu sein. Es übernahm zentrale Funktionen innerhalb der Stadt und war in vielerlei Hinsicht Mittelpunkt des städtischen Lebens. Selbst ausgesprochene Kleinstädte wie etwa Schlotheim verfügten über ein solches. Falls ein Rathaus nicht nachweisbar ist und möglicherweise gar nicht vorhanden war, lässt sich Weiteres hinsichtlich der städtischen Qualität eines Ortes ableiten. Deshalb sei noch auf den Fall der Kleinstadt Clingen verwiesen. Zu Beginn des zweiten, im Jahr 1408 entstandenen Teiles des Clingener Stadtrechtes heißt es: Dit ist der stat friheit, dy unser gnediger herre had in unserem Keller gegeben.328 Obwohl es einen städtischen Rat nachweislich spätestens seit 1396 gab, lässt sich auch in der Folge hier kein Rathaus aus den Quellen nachweisen.329 Deshalb scheint, wie schon im Fall Thamsbrücks vermutet, nicht unbedingt immer ein Rathaus als Ort der Ratsversammlung und der städtischen Verwaltung vorhanden gewesen sein zu müssen. Auch andere Räumlichkeiten, wie etwa der Stadtkeller, konnten diese Funktion übernehmen. Andererseits befand sich wie in Langensalza der Stadtkeller durchaus im Rathaus und bildete mit ihm eine bauliche Einheit.330 Insofern bleibt wenigstens im Fall Clingens unklar, ob hier der Stadtkeller nur als besonderes Element des Rathauses erwähnt wurde oder ob er unabhängig von einem nicht vorhandenen Rathaus bestand. In diesem Fall wäre zu überlegen, ob das den städtischen Keller beherbergende Haus, ohne ausdrücklich als solches bezeichnet zu werden, funktional ein Rathaus war. Letzteres verweist aber auf ein grundsätzliches Problem: Wegen der relativen Quellenarmut für manche thüringischen Städte darf ein nicht zu erbringender Nachweis nicht mit einem Nicht-vorhanden-Sein gleichgesetzt werden. Dennoch erlaubt das nachweisliche Vorhandensein eines Rathauses in einer Stadt weitere Folgerungen. So ist anzunehmen, dass es als Bau an sich bereits städtisches/bürgerliches Bewusstsein dokumentierte. Anders lässt sich nicht erklären, dass Städte durchaus bestrebt waren, besonders herausragende Rathausbauten zu errichten. Ein weitläufiges und repräsentatives Ratsgebäude ist deshalb sicherlich auch immer Ausdruck einer gewissen städtischen Qualität. Es vermittelt als sichtbares Merkmal auch nach außen städtische Selbstbestimmung. Es ist insbesondere aber auch Ausdruck der wirtschaftlichen Potenz einer Stadt, welche immerhin für den Bau aufkommen musste.331 Deshalb könnte das weitläufige und offensichtlich auch mehrere repräsentative Räumlichkeiten enthaltende Langensalzaer Rathaus Ausdruck besonderer urbaner Qualität sein. Wenn tatsächlich, 327 328 329 330 331
Vgl. Kap. I.2.2. Alte Statuten der Stadt Clingen, § 24, Abdruck in: Rechtsdenkmale aus Thüringen, S. 193. EBERHARD: Anfänge, S. 179-183. GRESKY/PATZE: Art. Clingen, S. 69f. Vgl. Kap. II.4.7.1. ISENMANN: Stadt im Spätmittelalter, S. 54f.
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wie für Clingen und Thamsbrück nicht auszuschließen, kein Rathaus vorhanden war, scheint dieses auf eine schwächere oder noch nicht abgeschlossene städtische Entwicklung hinzudeuten. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass Thamsbrück, aber auch Clingen vor allem im 15. Jahrhundert häufig auch nur als Flecken bezeichnet worden sind.332 Rathäuser sind demzufolge durchaus Hinweise auf die städtische Qualität eines Ortes. So sind gerade die Rathaustürme wie die städtische Befestigung auch nach außen sichtbare Merkmale, und der Rathausturm erhebt sich als profaner Bau wie die Kirchtürme über die Silhouette der Stadt.333
2.6 Die geistlichen Einrichtungen 2.6.1 Die Kirchen334 Nach dem Rathaus als städtisches Element sind nun die geistlichen Einrichtungen einer Stadt, die Kirchen, Klöster und Spitäler, zu betrachten. Hinsichtlich der Kirchen macht sich zunächst ein quantitativer Unterschied bemerkbar. Während Herbsleben, Thamsbrück und Schlotheim nur eine Kirche besaßen,335 ist die Kirchenstruktur in Langensalza und in Tennstedt ungleich komplizierter, aber auch bei Schlotheim könnte neben der städtischen Pfarrkirche auch die Kirche des Magdalenerinnenklosters für die vor der Stadt gelegene und wohl zum Kloster gehörende Siedlung Pfarrkirche gewesen sein.336 Auch Tennstedt verfügte zunächst lediglich über eine städtische Pfarrkirche. Jedoch lagen im unmittelbaren Umfeld der Stadt zwei weitere Kirchen, welche ebenfalls Pfarrkirchen waren oder wenigstens Pfarrfunktionen wahrnahmen. Hierzu gehört die Kirche der Osthöfe, für die 1273 ein eigener Pleban zuständig 332 333
334
335 336
Vgl. FLACH: Entstehungszeit, S. 86. Vgl. hierzu die Darstellung Tennstedts in: ZEILLER: Topographia Superioris Saxoniae Thuriangiae, S. 181: Deutlich sichtbar hebt sich das Rathaus zusammen mit der Wigbertikirche aus dem Stadtbild heraus. Ähnliches lässt sich in der Abbildung Torgaus feststellen. Auch hier ragt das zentral gelegene Rathaus aus der Stadtsilhouette heraus. ZEILLER: Topographia Superioris Saxoniae Thuriangiae, S. 181. Die Kirchen sind bereits mehrfach in den vorangegangenen Untersuchungen mitbetrachtet worden. Dennoch sollen sie jetzt noch einmal in der Gesamtheit ihrer Bedeutung für die Städte untersucht und verglichen werden. Zu Herbsleben vgl. Kap. II.5.6. Zu Thamsbrück vgl. Kap. II.1.4 u. II.1.6. Zu Schlotheim vgl. Kap. II.3.3 u. II.3.8.1. Vgl. Kap. II.3.8.1.
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war und die im 15. Jahrhundert dann ausdrücklich als Pfarrkirche bezeichnet wurde. Erst 1419, mit der Übertragung der Osthöfe an die Stadt wurde sie städtische Pfarrkirche, blieb aber nur für die Osthöfe zuständig. Ab diesem Zeitpunkt besaß die Stadt dann zwei Pfarrkirchen. Bei der zweiten nicht zum städtischen Siedlungsraum gehörenden Kirche handelte es sich um die unmittelbar vor der frühmittelalterlichen königlichen Burg gelegene Andreaskirche. Möglicherweise war sie die Kirche der zur Burg gehörenden Siedlung. Neben diesen Kirchen gab es in der westlich vor der späteren Stadt gelegenen Siedlung Wenigentennstedt eine weitere Pfarrkirche – die Johanniskirche.337 Ähnlich komplex stellt sich das Niederkirchenwesen in Langensalza dar. Innerhalb der ab 1356 aus den drei Teilstädten Altstadt, Jakobsstadt und Neustadt bestehenden Gesamtstadt gab es drei Kirchen mit eigenen Pfarrbezirken, wobei wenigstens in der Jakobsstadt auch die Kirche des Augustinerklosters Pfarrfunktionen für den nördlichen Teil dieser Teilstadt übernommen haben könnte. Die älteste Kirche innerhalb der Stadt dürfte als fuldische Gründung die Bonifatiuskirche gewesen sein, welche nach der Stadterhebung auch Pfarrkirche der Altstadt war. Die Stephanskirche ist erstmals im Jahr 1169 nachweisbar. Auch sie könnte aber schon älter sein. Gegründet wurde sie entweder von den Welfen oder von deren süpplingenburgischen oder brunonischen Vorfahren. Nach dem Zusammenschluss der drei Langensalzaer Teilstädte wurde sie Pfarrkirche der Neustadt.338 Die Jakobskirche in der Jakobsvorstadt dürfte wiederum in einem direkten Entstehungszusammenhang mit dieser Vorstadtsiedlung stehen. Wie auch im Fall Tennstedts existierten unmittelbar vor der Stadt weitere Kirchen, welche wenigstens teilweise Pfarrfunktionen wahrnahmen oder sogar eigene Parochien besaßen. So lag nördlich vor der späteren Neustadt in den Niederhöfen die Marienkirche und in den westlich der Stadt befindlichen oberen Höfen befand sich mit der Wigbertikirche eine wohl sehr alte hersfeldische Kirche, welche darüber hinaus ursprünglich Sedestitelkirche war. Unsicher musste das Alter der Marienkirche bleiben. Eine gleichfalls frühe Gründung ist aber durchaus denkbar. Weiterhin war bei dieser Kirche unsicher, ob sie Pfarrkirche der Niederhöfe war oder für die dortige Gemeinde als Filialkirche der Stephanskirche nur Pfarrfunktionen ausübte.339 Wie sich hieran deutlich zeigt, sagt die Anzahl der (Pfarr-)Kirchen nur bedingt und nicht unmittelbar etwas über den urbanen Charakter eines Ortes aus. Viel-
337 338 339
Vgl. Kap. II.2.4. Vgl. Kap. II.4.3, II.4.7.4.1. u. II.4.8.1. Vgl. Kap. II.4.3, II.4.7.3f. u. II.4.8.1.
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mehr verweisen sie, wie schon Karlheinz Blaschke festgestellt hatte, auf eine differenzierte und vielschichtige Siedlungsentwicklung.340 Jedoch können Pfarrkirchen, wie wenigstens das Beispiel der Jakobskirche in Langensalza zeigt, durchaus auch Ausdruck einer höheren Urbanität sein. Die Jakobskirche entstand wahrscheinlich als Kirche des planmäßig angelegten südlichen Teils der Jakobsvorstadt und damit als Kirche einer Stadterweiterung. Langensalza entwickelte sich demnach so gut, dass zusätzliche städtische Siedlungsfläche notwendig wurde. Eine dabei entstehende Gemeinde wurde nicht mehr in die städtische Pfarrkirche eingepfarrt, sondern erhielt eine eigene Kirche. Vor allem bei Langensalza wurde diese Entwicklung noch dadurch begünstigt, dass die Bewohner der Neu- und der Jakobsstadt bis ins 15. Jahrhundert auch rechtlich gegenüber der Altstadt benachteiligt waren.341 Sie bildeten demnach auch nach dem Zusammenschluss der Teilstädte noch gesonderte Gemeinden. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Kirchen können sehr wohl Hinweise auf den urbanen Charakter eines Ortes geben. Da sie aber durchaus auch Ausdruck einer vielschichtigen Siedlungsentwicklung sind, ist hierzu immer auch eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Es ist zu prüfen, ob sie als Kirchen planmäßiger Stadterweiterungen entstanden oder ob es sich um ältere Kirchen handelt.342 Dass eine größere Zahl von Kirchen ebenfalls Ausdruck des urbanen Charakters eines Ortes sein dürfte, lässt sich wie schon im Fall des Rathauses ebenfalls an ihrer visuellen Wirkung feststellen. Wie die Rathäuser durch ihren Turm neben der Befestigung ein städtisches Merkmal waren, welches visuell wahrgenommen werden konnte, verhält es sich ähnlich mit den Kirchtürmen.343 Es war letztendlich eine Kombination der Stadtbefestigung mit ihren Toren und Türmen, den aufragenden Kirchen und ihren Türmen, dem Rathausturm sowie der relativ dichten Bebauung, was die Stadt als Stadt nach außen sichtbar macht. Insofern dürfen vor allem diese Kriterien für das Verständnis, was eine Stadt in zeitgenössischer Sicht ausmachte, nicht außer Acht gelassen werden. Dabei
340
341 342
343
BLASCHKE: Kirchenorganisation, S. 131-161. BLASCHKE: Vorstädte, S. 179. BLASCHKE: Stadtplan, S. 199. Vgl. auch: ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, Anm. 24, S. 15f. Kap I.2.2. Vgl. Kap II.4.7.4.2. Vgl. die zuletzt von Jakob Altersberger gemachten Überlegungen zur Mühlhäuser Jakobikirche und ihrem Verhältnis zu den städtischen Pfarrkirchen St. Marien und St. Blasii. (ALTERSBERGER: Kirchengeschichte Mühlhausens, S. 71-77.). Vgl. hierzu Kupferstiche der Stadt Mühlhausen und Nordhausen in: Topographia Superioris Saxonia, Thuringiae, Misniae, Lusatiae, S. 140f.
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darf nicht nur die bloße Anzahl von Kirchen das vordergründig ausschlaggebende Kriterium sein, sondern eben auch deren Größe und architektonische Ausstattung.344
2.6.2 Die Klöster Hinsichtlich der Klöster fällt bei den untersuchten Orten wie schon bei den Kirchen zunächst ebenfalls hauptsächlich ein quantitativer Unterschied ins Auge. Für Tennstedt gibt es einen Hinweis darauf, dass sich in der Zeit um 1266 im Ort ein Kloster befunden haben könnte, über das aber nichts Näheres bekannt ist und welches möglicherweise bald nach seiner Gründung wieder einging. Jedoch fanden sich bei der Einsicht in die Originalurkunde sehr wohl erhebliche Hinweise auf die Existenz eines solchen.345 Bei der Stadt Schlotheim befand sich ein Kloster.346 Demgegenüber waren in Langensalza am Ende des Mittelalters vier Klöster vorhanden.347 In Thamsbrück und Herbsleben ließen sich kein Kloster oder Stift nachweisen.348 Bei Herbsleben musste weiterhin unklar bleiben, worauf der im Westen des Ortes haftende Straßenname „Klosterplatz“ verweist. Wahrscheinlich aber handelte es sich lediglich um den Hof eines auswärtigen Klosters.349 Bevor hieraus Schlüsse auf die urbane Qualität des jeweiligen Ortes gezogen werden sollen, sind zunächst einige grundsätzliche Überlegungen zu den Klöstern in Schlotheim und Langensalza anzustellen: Das Schlotheimer Magdalenerinnenkloster ist eine Gründung der Ministerialen von Schlotheim. Das älteste Langen-
344
345
346 347 348 349
Ähnlich verhielt es sich schon bei der Befestigung. Nicht ihr bloßes Vorhandensein allein war ausreichend, um auf den urbanen Charakter zu schließen. So war darauf hingewiesen worden, dass auch nichtstädtische Orte über eine Befestigung verfügt haben könnten. Vielmehr ist bei einer Befestigung zu prüfen, ob sie nur über Tortürme oder auch über weitere Türme verfügte. Die Anzahl der Türme kann über die Wehrhaftigkeit hinaus ebenfalls Ausdruck des urbanen Charakters sein. (Vgl. Kap. III.2.4.2.1.). Die Urkunde selbst nennt als Empfänger ein nicht näher bezeichnetes Kloster und seinen Abt. Jedoch war nicht grundsätzlich auszuschließen, dass trotzdem die Reichsabtei Hersfeld gemeint war und hier eben nicht ein ansonsten nicht weiter erwähntes unbekanntes Kloster in Tennstedt als Empfänger erwähnt wird. Aus welchen Gründen das Kloster Hersfeld als Empfänger dann aber nicht namentlich genannt wurde, blieb spekulativ. (Vgl. Kap. II.2.4.). Vgl. Kap. II.3.8. Vgl. Kap. II.4.8.2f. Vgl. Kap. II.1 u. II.5.6. Vgl. Kap. II.5.6.
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salzaer Kloster, das Augustinerkloster, war gleichfalls eine Gründung der ministerialischen Stadtherren, der Herren von Salza. Die Stiftung des Augustinerklosters in Langensalza und die des Weißfrauenklosters in Schlotheim geschah darüber hinaus zum Zweck der persönlichen und der familiären Memoria sowie des eigenen Seelenheils und des der Familie. Wenigstens das Schlotheimer Kloster war auch Ort der Familiengrablege der ministerialen Herren von Schlotheim. Die Entstehung dieser Klöster erscheint damit nicht primär in einem städtischen Kontext, sondern vor dem Hintergrund „dynastischer“/religiöser Vorstellungen.350 Vergleichbares trifft auch für das in den 1320er Jahren gegründete Langensalzaer Magdalenerinnenkloster zu. Auch seine Stiftung erfolgte durch die ministerialischen/niederadligen Stadtherrn.351 Beide Klöster lagen bei ihrer Gründung außerhalb der jeweiligen Stadt. Im Zusammenhang mit der Gründung des Augustinereremitenklosters Langensalza ist vermutet worden, dass seine Errichtung vor der Stadt im Bereich der späteren Jakobsstadt deswegen erfolgte, weil innerhalb der Stadt keine Fläche mehr für ein großzügig angelegtes Kloster zur Verfügung stand. Auch das Langensalzaer Weißfrauenkloster wurde zunächst in den Niederhöfen bei der dortigen Marienkirche und damit außerhalb der Altstadt errichtet. Schon wenige Jahre nach seiner Gründung wurde es aber an die Kirche der Altstadt, St. Bonifatii, und damit in die Stadt verlegt.352 Aus Letzterem wird deutlich, dass es prinzipiell sehr wohl möglich war, innerhalb der Stadt Raum zur Errichtung von Klöstern zur Verfügung zu stellen. Insofern scheint es noch andere Gründe für die Anlage der Klöster vor der Stadt zu geben. Gleichwohl könnte innerhalb der mit 11 Hektar Stadtfläche recht klein angelegten Gründungsstadt Schlotheim sehr wohl kein weiterer Raum zur Anlage eines Klosters zur Verfügung gestanden haben, und es wurde anders als in Langensalza deshalb außerhalb angelegt. Weiterhin bildeten die Klöster zusammen mit der Burg und der Stadt das Zentrum der zwar recht kleinen, aber dennoch als solche anzusehenden Herrschaften der Ministerialen/Herren von Schlotheim und von Salza. Sie waren demzufolge in erster Linie eine Komponente dieser ministerialischen/ niederadligen Residenzen und weniger ein Bestandteil der Stadt. Auch die Gründung des Barfüßerklosters in der Langensalzaer Jakobsstadt geschah auf stadtherrliche Initiative. Seine Anlage erfolgte dann aber sehr wohl innerhalb der Stadt. Auch das Dorlaer Stift wurde in die Stadt verlegt und erhielt 350
351 352
Zum Verhältnis Residenz und Grablege vgl. NEITMANN: Was ist eine Residenz?, S. 3335. Vgl. auch das von Hans Patze und Gerhard Streich zusammengestellte Bearbeitungsschema für landesherrliche Residenzen, in: PATZE/STREICH: Die landesherrlichen Residenzen, S. 215-219. Vgl. Kap. II.3.8.1 u. II.4.8.2. Vgl. Kap. II.4.8.2.
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keinen Platz außerhalb der Stadt. Seine Verlegung in die Stadt erfolgte, weil dieser Standort Vorteile bot. Hintergrund war, dass die befestigte Stadt für das Stift, welches augenscheinlich in nicht näher bekannten militärischen Auseinandersetzungen erheblichen Schaden genommen hatte, einen wesentlich besseren Schutz bot. Vor demselben Hintergrund könnte dann auch die Verlegung des Langensalzaer Magdalenerinnenklosters in die Stadt erfolgt sein. Dahingehende Hinweise fanden sich in den Schriftquellen aber nicht.353 Auffällig ist weiterhin, dass die Herren von Salza in der Lage waren, zwei Klöster im unmittelbaren Umfeld der Stadt zu gründen und auch auszustatten. Dies legt doch nahe, dass sie über eine nicht unerhebliche herrschaftliche und auch wirtschaftliche Grundlage in der Region verfügten. Von Interesse ist des Weiteren, dass sowohl die Ministerialen von Salza als auch die von Schlotheim ein Weißfrauenkloster gründeten. Magdalenerinnenklöster sind in Thüringen mit sieben Niederlassungen eher selten anzutreffen. Drei von ihnen (Mühlhausen, Schlotheim und Langensalza) befanden sich im nordwestlichen Thüringer Becken. Drei weitere gab es in Cronschwitz, Weida und Altenburg und damit im Osten Thüringens. Das zusammen mit dem in Mühlhausen wohl älteste Weißfrauenkloster befand sich in Erfurt, in Zentralthüringen.354 In diesem Zusammenhang sei noch auf ein Ergebnis Jörg Voigts verwiesen. Nach ihm waren die Swiker, eines der führenden Reichsministerialengeschlechter in Mühlhausen, die wichtigsten Förderer des dortigen Weißfrauenklosters. Aber auch andere Mühlhäuser Ministerialenfamilien standen in enger Beziehung zu diesem Kloster. 355 Was Voigt andeutet, aber nicht ausspricht, wird vielleicht am Beispiel der Langensalzaer und der Schlotheimer Gründung deutlicher. Wie in diesen beiden Fällen könnte auch das Mühlhäuser Kloster durch Ministeriale gegründet worden sein. Wenigstens aber gab es im nordwestlichen Thüringer Becken augenscheinlich eine gewisse Affinität ministerialischer Familien zum Magdalenerinnenorden. Deshalb soll nun ein Blick auf die übrigen Ordensniederlassungen und ihre Gründungszusammenhänge geworfen werden. Eine vergleichbare Situation wie in Mühlhausen könnte für Altenburg angenommen werden. In dieser seit staufischer Zeit nicht unbedeutenden Pfalz und gleichfalls im 12. Jahrhundert hier entstandenen Stadt dürfte sich durchaus eine Reihe von lokal bedeutenden Ministerialengeschlechtern herausgebildet haben, welche auch über die wirtschaftlichen Grundlagen zur Gründung eines Klosters verfügten. Zu denken sei hier insbesondere an die Burggrafen von Altenburg, welche immerhin über umfangreiche 353 354 355
Vgl. Kap. II.4.8.2. Vgl. SCHULZE: Kirche im Hoch- und Spätmittelalter, S. 99. HEINEMEYER (Bearb.): Thüringisches Klosterbuch. VOIGT: Beginen, S. 135-138.
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Rechte in und um Altenburg, aber auch im weiteren Umfeld verfügten und durchaus eine überregionale Bedeutung erreichten. Auch war dieses Geschlecht darüber hinaus in der Lage, sich eine umfangreiche Herrschaft in der Region aufzubauen.356 Zu betrachten sind nun die Klöster Cronschwitz und Weida, welche auf die aus der Ministerialität stammenden Vögte von Weida zurückgehen. Während das Weidaer Magdalenerinnenkloster wohl in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts innerhalb der spätestens seit der Mitte des 13. Jahrhunderts vorhandenen Neustadt angelegt worden ist, wurde das Kloster Cronschwitz 1238/39 etwa drei Kilometer nordwestlich der Stadt gegründet.357 Vergleichbar den Burggrafen von Altenburg, aber auch den Herren von Salza, war dieses Geschlecht in der Lage, sich eine beachtliche Herrschaft aufzubauen, deren zentraler Mittelpunkt die schon im 12. Jahrhundert entstandene Stadt Weida war.358 Demzufolge finden sich auch hier Parallelen zu den Klöstern der Schlotheimer und Langensalzaer Ministerialen. Auffällig bleibt im Fall der Klöster Weida und Cronschwitz außerdem, dass zwei Weißfrauenklöster so nah beieinander entstanden. Dieser Umstand bedarf einiger weiterführender Untersuchungen, die aber hier nicht weiter zu leisten sind. Vor diesem Hintergrund nun zum Erfurter Magdalenerinnenkloster: Zusammen mit dem Mühlhäuser gehört es zu den ältesten Niederlassungen des Ordens in Thüringen und wurde etwa zeitgleich zum Mühlhäuser vor 1229/30 gegründet. Jörg Voigt verweist darauf, dass die Gründungszusammenhänge des Klosters weitgehend im Dunkeln liegen, hält aber wegen der Lage des Klosters im Bereich des Angers eine Zustimmung des Bürgertums zur Gründung für wahrscheinlich. Nach ihm wird diese Vermutung auch dadurch erhärtet, dass die Verwaltung des Klosters in der Mitte des 13. Jahrhunderts weitestgehend in der Hand des Erfurter Rates lag und darüber hinaus schon 1256 seitens der Stadt ein Haus an das Kloster geschenkt worden ist.359 Über die Gründungszusammenhänge ist damit aber noch nichts ausgesagt. Vielmehr muss nach Voigt weiterhin wegen der Lage des Klosters in der Pfarrei der Kaufmannskirche, deren Patronatsrecht sich in erzbischöflicher Hand befand, bei der Gründung eine erzbischöfliche Zustimmung angenommen werden.360 Im Zusammenhang mit der Gründung des Erfurter Magdalenerinnen-
356 357 358 359 360
Vgl. THIEME: Burggrafschaft Altenburg, S. 536-596. GOCKEL: Art. Altenburg, S. 39-70. PATZE: Art. Altenburg, S. 8. HERRMANN: Weidaer Kirchengeschichte, S. 39-44. HARTUNG: Art. Weida, S. 471f. PATZE: Politische Geschichte, S. 162-167. VOIGT: Beginen, S. 119-122. VOIGT: Bettelorden, S. 84. VOIGT: Beginen, S. 121. VOIGT: Bettelorden, S. 84.
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klosters sei aber auf die neuen Ergebnisse Karl Heinemeyers bezüglich des Erfurter Freizinsrechtes verwiesen. Ein wesentliches Ergebnis ist hierbei, dass dieses Freizinsrecht eben nicht „zur Anlage eines neuen Stadtteiles – etwa einer frühen Kaufleutesiedlung um die Kaufmannskirche – eingeführt worden“ ist.361 Entscheidender ist jedoch, dass unter anderem auch erzbischöfliche Ministeriale Inhaber von Freigütern waren. Aus der Gruppe der Freigutbesitzer rekrutierte sich dann spätestens im frühen 13. Jahrhundert die Führungsgruppe der Stadt. In dieser wiederum waren 1212 auch Ministeriale zu finden.362 Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich ein Ansatz hinsichtlich der Gründung des Erfurter Weißfrauenklosters. Wie im Fall Mühlhausen könnten auch hier Ministerialen, in diesem Fall des Mainzer Erzbischofs, für die Stiftung des Klosters verantwortlich sein.363 Dass der Erfurter Rat in der Mitte des 13. Jahrhunderts das Kloster verwaltete, wäre dann ebenfalls aus diesem Zusammenhang zu begründen. So gilt die städtische Führungsgruppe, welche sich 1212 feststellen lässt und in der Ministeriale vertreten waren, als die Vorstufe des Erfurter Rates.364 Insofern bleibt in Bezug auf die thüringischen Niederlassungen des Magdalenerinnenordens festzuhalten: Ihre Gründung scheint in allen Fällen auf Initiative ministerialischer/niederadliger Geschlechter erfolgt zu sein. Des Weiteren fällt auf, dass diese Klöster einen engen räumlichen Bezug zu Städten aufweisen. Dieser scheint aber im Wesentlichen darauf zu beruhen, dass die Gründer entweder zur städtischen Führungsschicht gehörten oder selbst stadtherrliche Rechte ausübten. Es gab demzufolge eine besondere Beziehung der Geschlechter ministerialischen Ursprungs zum Magdalenerinnenorden beziehungsweise der Ordenspatronin Maria Magdalena.365 Sicher festzustellen ist sowohl im Fall des Erfurter als auch des Mühlhäuser Weißfrauenklosters, spätestens eine Generation nach der Gründung bestand auch ein enges Verhältnis zur Bürgerschaft. Die Klöster hatten sich auch der Bürgerschaft geöffnet oder wie im Fall des Erfurter Klosters wurde es gar durch den Rat verwaltet. 366 Insofern ist prinzipiell zu schließen, dass die Verlegung des 361 362 363 364 365
366
HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 82. HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 76-83. So zuletzt auch Voigt, welcher die ritterliche Familie von Urbich als Förderer des Klosters nennt. (VOIGT: Bettelorden, S. 84.). HEINEMEYER: Freizinsrecht, S. 77. WOLF: Erfurt, S. 32-34 u. 38-40. So verweist Jörg Voigt darauf, dass sich seit dem 13. Jahrhundert auch in Thüringen die religiösen Lebensformen zunehmend ausdifferenzierten und dies eng mit der Herausbildung neuer sozialer Schichten zusammenhing. Zurückzuführen ist dieses einerseits auf den Urbanisierungsprozess und andererseits auf die Entstehung mehrerer neuer edelfreier und niederadliger Familien. (VOIGT: Beginen, S. 167.). Vgl. VOIGT: Beginen, S. 122 u. 138.
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Klosters zu Langensalza von den Niederhöfen in die Stadt im Jahr 1336/37 ebenfalls vor dem Hintergrund einer allmählich in der Stadt entstehenden bürgerlichen Frömmigkeitsbewegung auch auf Betreiben der Bürgerschaft geschehen sein könnte. Das Verhältnis der Bürgerschaft zum Schlotheimer und Langensalzaer Magdalenerinnenkloster lässt sich kaum erfassen. Im Fall des Schlotheimers waren keine bürgerlichen Stiftungen an das Kloster nachweisbar. Demgegenüber tätigten eine ganze Reihe Angehöriger von Ministerialen- und Adelsgeschlechtern des Umlandes Schenkungen an das Kloster. Über einige wenige Verkäufe durch Schlotheimer Bürger hinaus ließen sich überhaupt keine Beziehungen der Bürgerschaft zum Kloster nachweisen. Welche Funktion das Kloster für die Bürger übernahm, welche Stellung es im Verhältnis zur städtischen Bürgerschaft hatte, lässt sich deshalb nicht erkennen. Etwas deutlicher wird dieses in Langensalza. Hier war nur eine einzige Stiftung eines regionalen niederadligen Geschlechtes nachzuweisen. Darüber hinaus fanden sich im Stadtarchiv einige Stiftungsurkunden Langensalzaer Bürger, in welchen zum Teil nicht unerheblicher Besitz an das Kloster übertragen wurde. Weder in Langensalza noch in Schlotheim ließ sich jedoch erkennen, dass die Bürgerschaft, wie etwa in Erfurt, einen Zugriff auf die Magdalenrinnenklöster erhalten hatte, indem deren jeweilige Verwaltung dem Rat oblag. Auch das Barfüßerkloster in der Langensalzaer Jakobsstadt wurde auf stadtherrliche Initiative, und zwar 1453 durch Landgraf Wilhelm III. gegründet. Bedeutsam für die Frage nach dem urbanen Charakter Langensalzas sind aber vielleicht die Hintergründe dieser Gründung. Gegründet wurde es durch den Landgrafen zusammen mit der Niederlassung in Weimar im Rahmen der Ordensobservanz in Sachsen und Thüringen. Damit wurde Langensalza zu einem wichtigen Standort der Ordensreformation in der Ordensprovinz Sachsen. Die Einrichtung des Klosters erhob Langensalza zu einem Zentrum dieser Reformbewegung367 und stellte es damit dem nicht unbedeutenden älteren Franziskanerkloster in Eisenach entgegen. Noch vor einem weiteren Hintergrund ist die Gründung jedoch bedeutsam. Unter Landgraf Wilhelm fand eine Verschiebung des Schwerpunktes der Landgrafschaft nach Osten statt. Neues Zentrum wurde Weimar.368 Dass zeitgleich in Langensalza ein Franziskanerkloster eingerichtet wurde, zeigt aber das grundsätzliche Interesse des Wettiners an der Stadt und unterstreicht ihre Bedeutung in der Region. Gleichzeitig ist darauf zu verweisen, dass vor allem Bettelordensklöster auch auf ausdrücklichen Wunsch und mit Willen sowie mit Unterstützung der 367 368
Zur Bedeutung der Neugründungen im Rahmen der Observanzbewegung in der sächsischen Ordensprovinz: WEIGEL: Ordensreform und Konziliarismus, S. 189, 251 u. 276. PATZE: Verfassungs- und Rechtsgeschichte, S. 234f.
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jeweiligen Stadt entstanden. Insofern soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass die Gründung der Ordensniederlassung in Langensalza auch unter Mitwirkung der Bürgerschaft geschah.369 Eine weitere Auffälligkeit ergab sich im Zusammenhang mit Schlotheim und Langensalza. Im Jahr 1318 wurde dem Magdalenerinnenkloster zu Schlotheim zur Mehrung seiner Pfründe die städtische Pfarrkirche inkorporiert und wohl schon länger hatte es über das Patronatsrecht verfügt. Gleiches lässt sich für das Langensalzaer Kloster feststellen. Diesem wurde 1345 die St. Bonifatiuskirche inkorporiert. Darüber hinaus verfügte das Kloster auch über das Patronatsrecht an der Jakobskirche und damit über weitgehende Rechte an der Pfarrkirche der Jakobsstadt. Diese gelangte dann im Zuge der Gründung des Jakobsklosters an den dortigen Konvent, wobei die Magdalenerinnen hierfür eine Entschädigung erhielten. Nach der Verlegung des Dorlaer Stiftes an die Stephanskirche in der Langensalzaer Neustadt wurde diesem die sich bis dahin in der Hand des Klosters Homburg befindende Stephanskirche inkorporiert. Die städtischen Kirchen in Langensalza und in Schlotheim unterstanden damit den Klöstern und Stiften innerhalb oder im engeren Umfeld der Städte und diese dürften damit auch einen entscheidenden Einfluss in der Stadt ausgeübt haben. Über daraus resultierende Spannungen mit der Bürgerschaft ist aber nichts bekannt. Gleichwohl verweisen die umfangreichen Regelungen im Zuge der Verlegung des Dorlaer Stiftes an die Stephanskirche darauf, dass es seitens der Bürgergemeinde einen grundsätzlichen Anspruch auf die Wahrung ihrer Interessen gab. Vielleicht sind sie sogar Hinweis auf Widerstand der Stadt gegen die Übersiedlung des Stiftes. Dahingehende Hinweise fanden sich für die Gründung des Franziskanerklosters in der Jakobsstadt jedoch nicht. Insofern könnte die Gründung, wie andernorts durchaus zu beobachten, 370 tatsächlich auch auf ausdrücklichen Wunsch der Bürgergemeinde geschehen sein.371
2.6.3 Die Hospitäler und andere geistliche Einrichtungen In Bezug auf die Hospitäler fällt zunächst ebenfalls der zahlenmäßige Unterschied zwischen Langensalza und den übrigen untersuchten Orten auf. Während in der Stadt Thamsbrück überhaupt kein Hospital nachweisbar war, 372 bestanden in 369 370 371 372
Vgl. BLESS-GRABHER: Bettelordensklöster, S. 20f. ISENMANN: Die deutsche Stadt, S. 643-647. Vgl. auch Kap. II.4.8.2. Vgl. Kap. II.4.8.2. Vgl. Kap. II.1.6.
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Herbsleben ein Hospital sowie ein zugehöriger Siechenhof. Wann diese Einrichtungen entstanden, ist vollkommen ungewiss. Zwar war eine spätmittelalterliche Entstehung nicht vollkommen auszuschließen. Eindeutig nachweisbar sind beide Einrichtungen aber erst in der beginnenden Frühen Neuzeit.373 Auch in Tennstedt gab es ein Hospital und einen Siechenhof. Hier war ebenfalls nicht zu erkennen, wann diese Einrichtungen entstanden. Jedoch wegen ihrer Erwähnung im Mainzer Subsidienregister von 1506 bestanden sie spätestens am Ausgang des Mittelalters.374 Gleichfalls war ein Hospital in Schlotheim vorhanden. Dieses wiederum bestand sicher seit dem 14. Jahrhundert.375 In Langensalza gab es am Ausgang des Mittelalters vier sicher nachzuweisende Hospitäler: Das St. Georgshospital in der Erfurter Vorstadt, das St. Gangolfihospital, welches östlich und recht weit außerhalb vor der Stadt an der Straße nach Erfurt lag. In der Stadt gegenüber dem Augustinerkloster befand sich das Johanneshospital und bei der Marienkirche in den Niederhöfen war ein St. Elisabethhospital gegründet worden.376 Diese im Vergleich zu den anderen Orten hohe Zahl von Hospitälern in Langensalza scheint die Stadt gegenüber Thamsbrück, Tennstedt, Schlotheim und Herbsleben als in ihrer Urbanität besonders weit entwickelt auszuweisen. Wie schon bei den Klöstern ist aber auch hier eine differenziertere Betrachtung notwendig. So wurde das St. Georgshospital, bei welchem es sich um das älteste Hospital handelt, durch Hugo von Salza wohl in den 1260er Jahren zur Sicherung seines Seelenheiles und dem seiner Familie sowie zu seiner persönlichen Memoria gestiftet. Auch hier stellt sich demnach die Frage, welchen Aussagewert eine solche Stiftung hinsichtlich des urbanen Charakters Langensalzas hatte. Allerdings ist häufig zu beobachten, dass Hospitäler zunächst vom Stadtherrn gegründet worden sind. Erst in der Folge der innerstädtischen Entwicklung treten Rat und Bürgergemeinde als Stifter in Erscheinung und Hospitäler wurden dann auch durch den Rat verwaltet.377 Im Schlotheim könnte der Rat das städtische Hospital verwaltet haben. Unklar ist, durch wen es gegründet worden ist. In Langensalza lässt sich wenigstens im Fall des Hospitals bei der Marienkirche nachweisen, dass es durch den Rat gestiftet worden ist. Ebenfalls konnte nicht geklärt werden, wer für die Stiftung des Herbslebener und Tennstedter Hospitals infrage kommt. Wegen mangelnder
373 374 375 376 377
Genannt wird das Herbslebener Hospital erstmals 1540 in einem Visitationsprotokoll. (Vgl. Kap. II.5.6.). Vgl. Kap. II.2.6.3. Vgl. Kap. II.3.8.2. Vgl. Kap. II.4.8.3. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 574-583. KNEFELKAMP: Pflege und medizinische Behandlung, S. 177f. Vgl. auch Kap. I.4.
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Quellen ist außerdem ungewiss, auf welche Weise sie betreut und verwaltet wurden. Ungewiss ist auch, wer in Langensalza das St. Gangolfihospital außerhalb der Stadt sowie das St. Johanneshospital gegenüber dem Langensalzaer Augstinerkloster gründete. Ersteres könnte sehr wohl noch durch die ministerialischen/niederadligen Stadtherren gestiftet worden sein. Demgegenüber verweisen die späte Gründung sowie die Stiftungsumstände der dem Johanneshospital vorangehenden Marienkapelle vielleicht eher auf eine bürgerliche Gründung.378 Zusammenfassend wird damit wenigstens im Fall Langensalzas deutlich, dass die innerstädtische Entwicklung spätestens im 15. Jahrhundert eine Qualität erreicht haben muss, welche die Bürgergemeinde dazu befähigte, Hospitäler zu gründen und zu verwalten. In diesen Kontext reiht sich dann auch ein, dass die aus der Langensalzaer Bürgerschaft stammende Katharina Goszwin, obwohl sie zu dieser Zeit in Erfurt wohnte, in der Lage war eine Kapelle zu stiften und zu dotieren. Gerade in größeren und älteren Städten gründeten die Stadtgemeinde oder einzelne wohlhabende Bürger schon spätestens im 13. Jahrhundert Hospitäler. Um 1300 waren durch die Gemeinde gegründete Hospitäler der Regelfall. Die Ausdifferenzierung der Langensalzaer Bürgerschaft und die Entwicklung der Bürgergemeinde waren demzufolge erst im 15. Jahrhundert so weit fortgeschritten, dass im Vergleich zu bedeutenderen Städten, die bürgerschaftliche Gründung von Hospitälern vergleichsweise spät stattfand.379 Bei den anderen untersuchten Orten war nichts Entsprechendes festzustellen. Wobei aber festzuhalten bleibt, dass hier die Quellenlage ungleich schlechter ist als für Langensalza. Welche Funktion die Langensalzaer Bürgerhospitäler hatten, war nicht unmittelbar aus den Quellen zu erkennen. Vorstellbar ist nur, dass sie, wie andernorts auch, vor allem der Versorgung älterer Bürger dienten. Anders sieht es im Fall des Schlotheimer Hospitals aus. Dieses war augenscheinlich auf die Versorgung von Kranken ausgerichtet. Gleiches trifft für die dem Tennstedter und dem Herbslebener Hospital angegliederten Siechenhäuser (Krankenhäuser) zu. Das St. Gangolfihospital zu Langensalza war, wie aus seiner Bezeichnung als Leprosenhospital sowie seiner Lage weit außerhalb der Stadt deutlich wird, ebenfalls zu diesem Zwecke eingerichtet worden. Darüber hinaus könnte die Lage des Tennstedter und des Herbslebener Hospitals außerhalb der Orte an wichtigen Straßen auf eine Nutzung als Gasthäuser sprechen, in denen Reisende nach Versperrung der Tore Unterkunft fanden.380
378 379 380
Vgl. Kap. II.2.6.3, II.3.8.2, II.4.8.3 u. II.5.6. Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 574. Zu den Funktionen von Hospitälern und der Gründung speziell ausgerichteter Hospitäler vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 574-583. KNEFELKAMP: Pflege und medizinische Behandlung, S. 177f. PAULY: Funktionswandel, S. 106-116.
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Neben den Magdalennerinnen ließ sich einzig in Langensalza mit den Terziarinnen eine weitere religiöse Frauengemeinschaft nachweisen. Diese war zunächst dem Barfüßerkloster unterstellt und wurde von ihm betreut. Im Zuge des Niedergangs dieses Klosters während der Reformation wurde sie an das Magdalenerinnenkloster angeschlossen und verblieb dort bis zu dessen endgültiger Auflösung im Jahr 1574. Ebenfalls war lediglich in Langensalza eine Laienbruderschaft nachzuweisen. Die aus den Mitgliedern der Tuchmacherinnung gebildete Bruderschaft beging ihr Totengedächtnis gemeinsam und wurde durch die Augustinereremiten betreut. Über weitere Bruderschaften ist bisher nichts bekannt. Grundsätzlich soll aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch die anderen Handwerksinnungen in Langensalza in Laienbruderschaften zur Praktizierung gemeinsamer religiöser Handlungen organisiert waren.381 Insgesamt gesehen zeichnet sich Langensalza gegenüber den anderen untersuchten Orten durch eine Vielzahl und auch eine Vielfalt an Klöstern, Stiften und Hospitälern aus. Dies hebt die Stadt aus den untersuchten Orten heraus. Hinsichtlich der Anzahl der Klöster kann Langensalza damit wenigstens im Sinne der Irsigler’schen Definition eine nicht unbedeutende kultische Mittelpunktfunktion zugesprochen werden. 382 Darüber hinaus war nur in Langensalza anhand der Quellen eine stadtbürgerliche Frömmigkeitsbewegung zu erkennen. Unklar muss aber bleiben, ob eine solche Bewegung in den anderen Orten nicht oder kaum vorhanden war oder ob für dieses Bild nicht die schlechte Überlieferungslage verantwortlich ist. Des Weiteren dürfte wenigstens die Tatsache, dass in Langensalza mindestens ein Hospital durch die Bürgerschaft gegründet worden ist, auch auf einen gewissen städtischen Wohlstand verweisen. Denn Stiftungen waren nur möglich, wenn ein gewisses Grundkapital vorhanden war. Insoweit sind sie Ausdruck urbaner Qualität. Sie kennzeichnen damit den Entwicklungsstand einer Bürgergemeinde und sind ebenfalls Ausdruck ihrer Autonomie.383 Gleichzeitig bot ein Hospital nicht nur Leistungen für die Stadt und das Umland, sondern war auch ein wesentlicher Bezugspunkt für das Umland. Ohne Grund- und Rentenbesitz, d.h. ohne Lieferungen aus den Dörfern in die Stadt wäre es nicht funktionsfähig gewesen.“ Deshalb waren die Hospitäler und ebenso sicherlich die ansässigen Stifte und Klöster selbst wiederum Zentren eigener Grundherrschaften. Durch den Bezug von Abgaben aus der Umgebung wurde gleichzeitig auch die wirtschaftliche Zentralität der Stadt gesteigert.384
381 382 383 384
Bei der doch recht hohen Zahl an Handwerken und Innungen scheint ein solcher Umstand mehr als wahrscheinlich. (Vgl. Kap. III.2.2.4.). Zur Stadtdefinition Irsiglers vgl. Kap. I.2.2. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 141. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 127 u. 136f.
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In Langensalza unterhielt außerdem das Kloster Rheinhardsbrunn einen Hof, über welchen spätestens im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts ein erheblicher Teil der Einnahmen aus den Besitzungen des Klosters in Thüringen eingezogen wurden. Hirschmann und Escher verwiesen darauf, dass solche Stadthöfe auswärtiger Klöster, weil ihnen eine erhebliche Rolle im wirtschaftlichen und topographischen Gefüge eines urbanen Zentrums zukam, als hervorragender Indikator für die Bedeutung einer Siedlung beziehungsweise ihrer zentralörtlichen Funktion gewertet werden können. Die Anlage eines solchen Hofes in der Stadt geschah demzufolge vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Möglichkeiten des jeweiligen Ortes und weil sich das Kloster hiervon erhebliche wirtschaftliche Vorteile versprach.385
2.7 Was ist eine Stadt? Civitas, oppidum, Stadt, Städtchen oder Flecken – das Problem der Quellenterminologie 2.7.1 Stadt, Städtchen und Flecken – civitas, oppidum und oppidulum Vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus den vorstehenden Überlegungen sind nun die in den Quellen für die einzelnen Orte verwendeten Begriffe zu betrachten. In erster Linie fällt hier der zweimalige Gebrauch des Terminus Stadt (1369 und 1404) für Herbsleben auf. Im 15. Jahrhundert wird der Ort dann auch als Flecken bezeichnet. Die Städte Tennstedt und Thamsbrück treten, nachdem sie vorher civitas oder stat genannt wurden, gleichfalls in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts durchaus auch mit der Bezeichnung Flecken in den Quellen entgegen. Thamsbrück erscheint dann in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wieder als stat in der schriftlichen Überlieferung,386 und bei Tennstedt erfolgt der Gebrauch der Begriffe Flecken (1403 und 1407) und stat (1404 und 1405) sogar nahezu zeitgleich. Hinzu kommt noch ein weiterer Begriff, welcher für diese zwei Städte Verwendung findet. In der in Deutsch verfassten Handschrift C des Summulariums des markgräflichen Registers erscheint für Tennstedt als deutsche Übersetzung des Terminus oppidum aus der Handschrift A hier der Begriff stetigen – Städtchen. Der Gebrauch dieses Begriffes erfolgt dabei nur wenige Jahre bevor der Ort mehrfach nicht nur Stadt, sondern auch Flecken genannt wird. Gleichzeitig erscheint 385 386
Vgl. auch. ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 49. Vgl. hierzu die Ratsbestätigungen von 1463, 1465, 1472, 1473, 1476 und 1482. (LAThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Hh 1531, fol. 1-6.).
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Tennstedt im markgräflichen Register auch als civitas beziehungsweise dem deutschen Begriff stat.387 Auch die zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Flecken bezeichnete Stadt Thamsbrück wird im Register civitas genannt und erscheint in der deutschen Handschrift C als stat. Thamsbrück wird in einer landgräflichen Urkunde aus dem Jahr 1421 dann Städtchen genannt.388 Diese Bezeichnung fällt in denselben Zeitraum, in welchem der Ort auch als Flecken in Quellen entgegentritt. Wenigstens mit der Bezeichnung Flecken rücken Thamsbrück und Tennstedt begrifflich in die Nähe des Ortes Herbsleben. Es könnte sich damit andeuten, dass sie in dieser Zeit einen schwächeren Grad von Urbanität aufwiesen. Hierauf könnte auch die gleichzeitig erfolgte Verwendung von „Städtchen“ hindeuten. Denn gerade diese Diminutivbezeichnung verweist laut Stoob ausdrücklich auf städtische „Kümmerformen“. Siedlungen, welche als Flecken bezeichnet werden, ordnet er ebenfalls noch unter diese Kümmerformen, doch in den eher dörflichen Bereich ein. Aber Stoob sieht selbst, dass die Übergänge zwischen den einzelnen Stufen fließend sind.389 Ergänzend seien nun drei in dieser Untersuchung ansonsten nicht berücksichtigte Städte betrachtet. In der Überschrift des Summuluariums zu den Abgaben aus Waltershausen heißt es in der Handschrift A des markgräflichen Registers: Waltershusen oppidum. Die deutsche Fassung gibt hierfür stat Waltershausenn an. Demgegenüber heißt es in der Handschrift A direkt darunter: Waltershusen civitas dat precarie […] Die deutsche Handschrift C sagt hierfür stetleynn Waltershausenn. Auch hier wird die Diminutivbezeichnung von Stadt für einen Ort verwendet, welcher ansonsten als stat, civitas oder oppidum in den Quellen entgegentritt. Die Stadt Eckartsberga wird in der deutschen Handschrift C des markgräflichen Registers gleichfalls steteleyn genannt. In den lateinischen Handschriften A und B tritt sie wiederum als oppidum beziehungsweise civitas entgegen.390 In diesem Zusammenhang sei auch auf Orlamünde verwiesen. In einer Urkunde vom 27. April 1344, in welcher unter anderem der Ort durch Graf Heinrich IV. von Orlamünde an Landgraf Friedrich II. verkauft wurde, wird er als stetichen bezeichnet. In einer weiteren, dasselbe Rechtsgeschäft betreffenden und am selben Tag ausgestellten Urkunde wird er stat genannt.391 Im markgräflichen Register wird Orlamünde in der lateinischen Handschrift A als civitas, in B als oppidum und in der deutschen Handschrift C als stat bezeichnet.392 Im Summularium wird Orlamünde lateinisch oppidum und deutsch stat genannt.393 387 388 389 390 391 392 393
Registrum XVIIb u. Summularium XVIIb. OLEARIUS II, S. 236. Vgl. auch Kap. II.1.4. STOOB: Minderstädte, S. 13 u. 24. Registrum XXIVb. Summularium VIIb u. XXIVb. PATZE: Recht und Verfassung, S. 165, mit Anm. 2. Registrum XXXIV 1 u. 49. Außerdem S. 108, Anm. c. Summularium XXXIV u. S. 333, Anm. l.
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Damit wird deutlich, dass einerseits die lateinischen Termini oppidum und civitas in derselben Bedeutung benutzt wurden und andererseits diese dem deutschen Begriff Stadt entsprachen. Gleichzeitig konnte die Diminutivform Städtlein oder Städtchen sowohl als Entsprechung für oppidum und civitas benutzt werden. Insofern scheinen die verwendeten lateinischen Begriffe gar nichts über den Entwicklungszustand der Stadt, die sie bezeichnen, auszusagen. Demgegenüber lässt dies die Unterscheidung Stadt zu seinen Diminutivformen sehr wohl zu. Dennoch lassen sich im markgräflichen Register zwei Auffälligkeiten feststellen: In der 1378 niedergeschriebenen Handschrift A, welche durchgängig vom selben Schreiber Günther verfasst worden ist, werden oppidum und civitas nebeneinander gebraucht. Begonnen wurde mit der Abfassung des Registers wohl schon 1377 und sie dauerte wahrscheinlich bis 1379.394 Über die Art der Zusammenstellung und Erfassung der gelisteten Abgaben ist nichts bekannt. Da vorstellbar, ist, dass hieran mehrere Personen beteiligt waren, könnte sich der Gebrauch der verschiedenen lateinischen Begriffe für Stadt auch aus den unterschiedlichen begrifflichen Vorlieben der mit der Sammlung beauftragten Personen herleiten. Dennoch ist auffällig, dass oppidum augenscheinlich eher für Städte benutzt wurde, welche eben auch als Städtchen oder Städtlein entgegentreten. Es scheint sich demnach anzudeuten, dass es zwischen den lateinischen Begriffen civitas und oppidum Unterschiede geben konnte, aber nicht musste, wobei beide jeweils die Stadt bezeichneten. Dafür, dass solche Unterschiede existieren konnten, spricht eine Urkunde Bischofs Stephan von Brandenburg, welche während einer in Basel 1433 abgehaltenen Generalsynode ausgestellt worden ist. Hier heißt es: …cives et opidani, civitates et opidi Magdeburgensis, Halberstadensis, Halle, Brunswig, Quedelinburg, Aschersleve, Helmstede, Czerwist, Calve, Salcz, Stasforde, Schonebeke, Borch, Loborch et Mokern universis salutem et omnipotentis die benedictionem.395 Auffällig ist auch hier wieder die klare Trennung zwischen Civitas und Oppidum und cives und oppidani. Aus dem Gebrauch beider Begriffe ließe sich schlussfolgern, dass nicht alle genannten Städte gleich bezeichnet werden konnten, weil es zwischen ihnen Unterschiede gab und Selbiges trifft dann auch für die als cives und oppidani bezeichneten Bewohner zu. Worin die Unterschiede bestanden, wird aber nicht deutlich. Hilfreich hierfür ist vielleicht eine 1349 von Bischof Dietrich I. von Brandenburg ausgestellte Urkunde. In ihr werden ein Heinrich de Ovestveld civis in magdeborch und ein Syfrido Hurer oppidanus in Borch erwähnt. 396 Diese Verwendung unter-
394 395 396
Einleitung zu: Registrum Dominorum Marchionum Missensium, S. XLff., LVI u. LIXf. Vgl. auch Kap. II.6.2.2. CDB A 24, Nr. 132, S. 424. CDB A 10, Nr. 29, S. 470.
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schiedlicher Begriffe, welche beide geeignet sind den Bürger einer Stadt zu bezeichnen,397 ist auffällig. Beide Personen stehen in der Zeugenliste an letzter Stelle hinter den Geistlichen und bischöflichen Offizialen direkt nacheinander, wobei der Magdeburger cives noch vor dem oppidanus aus Burg steht. Die Anordnung der gesamten Zeugenliste entspricht einer normalen hierarchischen Gliederung von Zeugenlisten, was wiederum zur Folge hätte, dass der oppidanus dem civis im Rangverständnis nachgeordnet ist. Hieraus ergeben sich weitere Interpretationsmöglichkeiten. Ein oppidanus ist der Bürger/Einwohner einer als oppidum bezeichneten Stadt und ein civis Bürger/Einwohner einer als civitas qualifizierten Stadt. Dieses hätte anhand der Anordnung in der Zeugenliste zur Folge, dass, wie schon vorher vermutet, oppidum gegenüber civitas eine niedrigere städtische Qualität ausdrücken kann. Magdeburg selbst zählt zu den ältesten Städten der Region. Ansätze einer Stadtentstehung reichen bis ins 9./10. Jahrhundert zurück und eine erste Befestigung – zunächst umfasste sie nur die Domimmunität – war schon im ersten Viertel des 11. Jahrhundert vollendet. Genossenschaftlich organisierte Kaufleute lassen sich gleichfalls bis ins 10./11. Jahrhundert zurückverfolgen. Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts sind erste Ansätze einer städtischen Selbstverwaltung erkennbar.398 Magdeburg war also als Stadt wesentlich älter als die Stadt Burg. Die städtischen Strukturen wiesen eine längere Tradition auf, und Magdeburg hatte darüber hinaus als Stadt eine ganz andere Qualität als Burg. Möglicherweise fand dieses dann seinen Ausdruck in der Verwendung der unterschiedlichen Begriffe für den Magdeburger Bürger und den aus Burg und hieraus ist dann auch die Rangordnung der Städte erkennbar. Eine als oppidum bezeichnete Stadt könnte demnach gegenüber einer mit civitas bezeichneten Stadt nachgeordnet sein. Es könnte sogar auf eine schwächere urbane Qualität hinweisen. Zur Überprüfung dieser Überlegungen dürfte es aber notwendig sein, eine wesentlich breitere Quellenbasis zugrunde zu legen, als hier möglich war. Außerdem ist immer eine Einzelfallprüfung notwendig. Dennoch muss noch auf eine weitere Auffälligkeit hingewiesen werden. Die Diminutivform oppidulum wird von oppidum gebildet und eben nicht von civitas.399 Auch Letzteres könnte darauf hinweisen, dass zwischen civitas und oppidum ein qualitativer Unterschied bestehen kann.
397 398
399
Begriff cives: NIERMEYER: Lexicon minus 1, S. 240. Begriff oppidanus: NIERMEYER: Lexicon minus 2, S. 965. KLEINEN: Vom Grenzhandelsplatz zur Stadt, S. 43-74. HASSE: Magdeburg, S. 113-122. HUCKER: Die stadtsässigen Dienstleute Magdeburgs, S. 85-95. ELSNER: Art. Magdeburg Sp. 1123-1127. SCHWINEKÖPER: Art. Magdeburg, S. 292-301. Zum Begriff oppidulum vgl. Kap. I.2.2.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Während sowohl civitas als auch oppidum eine Stadt bezeichnen konnten, gelegentlich aber auch einen graduellen Unterschied anzuzeigen scheinen, ist die Problematik hinsichtlich des deutschen Begriffes Stadt eine ganz andere. So wurden Städte als Städtlein, Städtchen oder Flecken bezeichnet, während der Marktort Herbsleben gleichfalls Stadt, aber auch Flecken oder Dorf genannt werden konnte. Häufig erfolgten diese Bezeichnungen sogar parallel. Allerdings fällt doch auf, dass dies Begriffsmischung bei Orten zu erkennen ist, welche entweder ausgesprochene Kleinstädte waren,400 oder wie der Fall Herbsleben zeigt, es sich um Orte handelte, welche qualitativ aus der Masse der Dörfer herausragten. Insofern deutet sich an: Alle diese Orte mussten eine hinreichende Qualität aufweisen, um von den Zeitgenossen Stadt genannt werden zu können. Gleichzeitig scheinen sie sich aber qualitativ von solchen Städten unterschieden zu haben, welche ausdrücklich nur als civitas, oppidum oder stat in den Quellen entgegentreten. Begrifflich scheint dabei das lateinische civitas grundsätzlich dem Begriff Stadt zu entsprechen und dasselbe trifft auch für oppidum zu. Der Begriff Stadt deckt demzufolge die gesamte Bandbreite möglicher Formen von Stadt ab und kann, wie das Beispiel Herbsleben gezeigt hat, sogar für Orte benutzt werden, die zwar einen städtischen Charakter hatten, aber überhaupt keine Stadt waren. Qualitativ wurde unterschieden, indem zur Kennzeichnung schlechter entwickelter Städte die Diminutivformen Städtchen oder Städtlein gebraucht wurden, wobei die Diminutivformen tendenziell eher auf die quantitative Entwicklung abzielten und weniger eine rechtliche oder wirtschaftliche Qualität meinten. Letztere dürften aber im Wesentlichen von der der Stadtgröße abhängig gewesen sein. An dieser Stelle stellt sich deshalb die Frage, welche Kriterien hierfür ausschlaggebend gewesen sein könnten.
2.7.2 Was macht eine Stadt zur Stadt? Der Fall Herbsleben scheint anzudeuten, dass wenigstens im Spätmittelalter verfassungsrechtliche Elemente nicht zwangsweise eine Rolle spielen mussten, damit ein Ort durch die Zeitgenossen als Stadt bezeichnet und deshalb auch als eine solche angesehen werden konnte. So trat Herbsleben nie als Stadt im Rechtssinne entgegen. Vielmehr war der Ort verfassungsmäßig ein Dorf, welches aus rechtlicher Sicht nur durch den Marktstatus aus den übrigen dörflichen Siedlungen herausragt. Die Rechtsqualität scheint im Fall Herbslebens demnach nicht oder nicht 400
Hier sei erneut auf die Beispiele Thamsbrück und Tennstedt verwiesen. (Vgl. Kap. III.2.7.1.).
DIE INNERE ENTWICKLUNG DER STÄDTE IM VERGLEICH
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ausschließlich ausschlaggebend dafür gewesen zu sein, wie Zeitgenossen einen Ort verstanden. Andere Merkmale müssten demnach hierfür wichtig gewesen sein. Zu denken ist hier etwa an eine Befestigung oder einen Markt mit gewissem Marktverkehr. In Kombination mit diesen Merkmalen könnten vielleicht auch die Größe des Ortes ein ausschlaggebendes Kriterium gewesen sein. Die Benutzung des Begriffes Stadt scheint aus zeitgenössischer Perspektive demnach nicht unbedingt vom rechtlichen Charakter der Siedlung, sondern von ihrem Gesamterscheinungsbild abhängig gewesen zu sein. Im Umkehrschluss ist deshalb aus der spätmittelalterlichen Benutzung des Begriffes nicht ohne Weiteres auf den rechtlichen Status zu schließen. Zurückzukommen ist nun auf eine Bemerkung Stoobs: Im Zuge der Einführung seines Begriffes der Minderstadt verwies er darauf, dass die unterhalb der Minderstädten und Kümmerformen liegenden Flecken und Märkte in ihren Freiheiten deutlicher von den Freiheitsprivilegien der Ersteren geschieden sind als diese von den Städten. Sie unterscheiden sich vornehmlich durch ihre Größe vom Dorf, sind ländlich gewachsen, unbefestigt und meist ohne wesentliche rechtliche Sonderstellung. Ihm erscheint die Grenze zwischen den Flecken und Minderstädten deutlicher gezogen als die zwischen Flecken und Dörfern sowie Minderstädten und Städten.401 Wenigstens aus rechtlicher Perspektive bestätigt sich dies, da Herbsleben keinerlei städtische Rechtsqualitäten oder aber typisch städtische Organe aufweist. Aber schon in seiner Siedlungsstruktur unterscheidet sich Herbsleben wenig von einer Stadt, ist sogar deutlich größer als die Städte Thamsbrück, Schlotheim oder Tennstedt. Des Weiteren verfügte Herbsleben über eine Befestigung, welche wohl eine Holz-Erde-Lehmbefestigung war. Grade Letzteres sah Stoob aber doch eher als Merkmal der Minderstädte.402 Aber auch die äußere Stadtmauer Mühlhausens, welches keinesfalls eine Minderstadt war, bestand in einigen Abschnitten aus einer Holz-Erde-Lehmbefestigung. Überliefert ist diese Befestigung wie auch im Fall Herbslebens durch einen Straßennamen. Noch heute heißt eine Straße, welche in etwa einen Teil der äußeren westlichen Stadtbefestigung entlangführt „Hinter der Harwand“. Anders als bei Herbsleben ist diese Harwand sowohl mit den lateinischen Begriffen lutheus paries (im Jahr 1350 und erneut 1364) 403 beziehungsweise maceria (1407) 404 als auch dem mittelhochdeutschen Wort harwand (1450)405 bereits aus mittelalterlichen Quellen nachweisbar.
401 402 403 404 405
STOOB: Minderstädte, S. 24f. STOOB: Minderstädte, S. 25. LAMPERT: Ratsgesetzgebung, S. 146. Abdruck in: JORDAN: Zum Urkundenbuche, S. 672. GROTH: Kämmereirechnungen, S. 132. Vgl. AULEPP: Stadtbefestigung, S. 60 mit Anm. 21, S. 63.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Rolf Aulepp möchte in dieser Wand aber keine Holz-Erde-Lehmbefestigung, sondern eine Steinmauer mit Erdmörtel sehen, wofür ihm Grabungsergebnisse in einigen Bereichen der nicht mehr erhaltenen äußeren Mauer sowie ein paar wenige vorhandene Reste Recht geben.406 Sowohl die lateinischen Begriffe lutheus paries und maceriam als auch mittelhochdeutsch Harwand deuten jedoch grundsätzlich auf eine Lehmbauweise. Da kann der mittelhochdeutsche Wortbestandteil har durchaus auch im Zusammenhang mit einem Lehmputz stehen, welcher zum Verputzen von Mauern beziehungsweise Gefachen von Fachwerkhäusern benutzt worden ist.407 Keiner der Quellenbegriffe verweist aber zwangsweise auf eine Steinmauer und deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass die Mühlhäuser Harwand eine Mauer in Holzlehmbauweise war. Hinzu kommt noch, dass die Befestigung im Bereich des Dorfes Altmühlhausen (nördlicher Befestigungsabschnitt der äußeren Stadtmauer – im Bereich der Feldstraße) 1350 einmal als Harwand408 und einmal als lutheus paries409 bezeichnet wird. Der mittelhochdeutsche Begriff und die lateinische Bezeichnung meinen demnach dasselbe. Weiterhin wird in einer Urkunde aus dem Jahr 1350 eine lapideus paries erwähnt, welche aber nicht genauer lokalisiert wird.410 Deutlich wird dennoch Folgendes: In den zeitgenössischen Quellen wird grundsätzlich zwischen Lehmmauer und Steinmauer unterschieden. Insofern ist doch wahrscheinlich, dass, wenn die Begriffe Harwand beziehungsweise lutheus paries verwendet werden, hier eine Mauer gemeint ist, deren Bauausführung mit dem Hauptbaustoff Lehm erfolgte und die sich damit grundsätzlich von einer mit Steinen errichteten Mauer unterschied. Wenn Aulepp dann in Bereichen, in denen die Befestigung in den Quellen als Lehmmauer bezeichnet worden ist, Fragmente einer Steinmauer findet, ließe sich dieses dann darauf zurückführen, dass die erste Befestigung eine Mauer aus Lehm und Holz war, welche zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Steinmauer ersetzt beziehungsweise partiell ersetzt worden ist.411 Dieses bedeutet aber weiterhin, da der Name Harwand im westlichen Befestigungsabschnitt der äußeren Stadtmauer als Straßenname überdauerte, dass hier keine Ablösung der Holz-Erde-Lehmbefestigung durch eine Steinmauer erfolgte. Hieraus wiederum folgt: Auch Städte wie Mühlhausen konnten, ohne dass hieraus zwingend auf eine Minderstadt zu schließen wäre, über Befestigungen verfügen, welche nicht zwangsweise eine Steinmauer sein mussten.
406 407 408 409 410 411
AULEPP: Stadtbefestigung, S. 60f. Vgl. AULEPP: Stadtbefestigung, S. 61. JORDAN: Zum Urkundenbuche, S. 672. Abdruck in: JORDAN: Zum Urkundenbuche, S. 672. Abdruck in: JORDAN: Zum Urkundenbuche, S. 671f. Vgl. Kap. III.2.4.2.1.
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Insofern bleibt zu überlegen, ob die Art der Stadtbefestigung tatsächlich Auskunft über den städtischen Charakter eines Ortes geben kann oder ob nicht die bloße Befestigung ein städtisches Merkmal ist. Dabei zeigt gerade der Fall Herbslebens ebenfalls, dass auch Orte, welche keine Städte waren, über eine städtische Befestigung verfügen konnten. Weil Herbsleben mit anderen Städten eine Befestigung gemeinsam hatte, begründet sich möglicherweise der Umstand, dass der Ort als Stadt bezeichnet werden konnte. Im Gegensatz zu allen anderen Orten wird Herbsleben in den zeitgenössischen Quellen auch ausdrücklich als Dorf bezeichnet. Fahlbusch verwies darauf, dass sich die städtischen Minderformen, welche nach ihm auch mittels des Begriffs Flecken bezeichnet worden sind, weniger durch ihre Rechtsstellung vom Dorf unterscheiden. Vielmehr ist ihr stadtähnliches Gesamterscheinungsbild Hintergrund dafür, dass sie sich aus der Masse der Dörfer heraushoben und sie deshalb auch terminologisch von diesen geschieden werden konnten.412 Letztlich ist nicht sicher einzuschätzen, ob Herbsleben nach der Stoob’schen Klassifizierung zu den Minderstädten, den Kümmerformen oder aber den darunter liegenden dörflichen Flecken zu rechnen ist. Über Merkmale aller Kategorien verfügt der Ort. Die fehlende städtische Rechtsqualität scheint doch eher auf eine Zugehörigkeit zu den dörflichen Flecken zu verweisen. Allerdings entstand im Zuge der Marktrechtsverleihung ein über den dörflichen Bereich hinausgehender Rechtsbereich, welcher den Ort in seiner Rechtsqualität wiederum durchaus vom Dorf unterschied. Somit konnten auch Städte in bestimmten Phasen ihrer Entwicklung Flecken genannt werden. Gleichzeitig wurden kleinere Städte durchaus auch mit den Diminutiven Städtlein oder Städtchen bezeichnet. Einschränkend sei aber darauf verwiesen, dass sich für die kleinste der untersuchten Städte, für Schlotheim, der Gebrauch des Diminutivs nicht feststellen ließ, wobei dieses aber auch der Überlieferung geschuldet sein kann. Zusammenfassend deutet sich vorerst Folgendes an: Herbsleben besaß eine Befestigung. Der Ort war in seiner Fläche größer als andere untersuchte Orte und auch die Einwohnerzahl war wohl höher als in einigen anderen untersuchten Städten. Durch das Marktrecht unterschied sich Herbsleben von den dörflichen Siedlungen. Es gab demzufolge genug qualitative Merkmale – eine nach außen sichtbare Befestigung und das Marktrecht sowie ein dazugehörender Marktverkehr – und hinreichende quantitative Merkmale – Siedlungsgröße und Einwohnerzahl – um die zweimalige Bezeichnung Stadt zu rechtfertigen. Aus rechtlicher Perspektive war der Ort aber eben keine Stadt und es erfolgte im Mittelalter keine dauerhafte begriffliche Zuordnung zu dieser Siedlungsform.
412
FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 633. Vgl. Kap. I.2.2.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Zurückzukommen ist nun auf den Umstand, dass die untersuchten Städte sowohl oppidum, civitas beziehungsweise stat genannt werden. Notwendig ist dieses vor allem vor dem Hintergrund, weil seitens der älteren Forschung vor allem den Bezeichnungen civitas und oppidum eine Anzeige von unterschiedlichen Graden urbaner Entwicklung zugeschrieben worden ist und der Begriff oppidum gegenüber civitas einen schwächeren Grad von Urbanität anzeigte. Die Bandbreite der Bedeutungen des Begriffes oppidum reichte nach Werner Schnellenkamp seit dem Hochmittelalter im thüringischen Raum von der unbefestigten Marktsiedlung über die mit Stadtrecht bewidmete, befestigte oder unbefestigte Siedlung bis zur ummauerten Stadt.413 Fahlbusch wiederum verwies darauf, dass die Begriffe Flecken, aber auch oppidum von den Zeitgenossen als Bezeichnung für die als städtische Minderformen anzusehenden, unterhalb von einer Stadt liegenden Orte verwendet worden seien.414 Hans Planitz vertrat die Auffassung: Der Begriff oppidum kann auf eine fehlende Stadtmauer verweisen, während Städte mit steinerner Befestigung eher als civitas bezeichnet werden. Insbesondere bei Kleinstädten, darauf verweist er weiterhin, wird der Begriff aber auch weiterverwendet, wenn eine steinerne Befestigung inzwischen errichtet worden war.415 Zuletzt fassten dann Hirschmann und Escher die Bandbreite des Begriffes zusammen und stellten mit Verweis auf die ältere Forschung heraus, dass die Terminologie „synchronisch und diachronisch gesehen fließend“ ist, wobei der Begriff oppidum im Mindesten auf ein höheres Maß an Sicherheit verweist.416 Unter den von ihnen genannten Beispielen findet sich unter anderem der Hinweis auf ein Privileg Heinrichs VII. für Türckheim aus dem Jahr 1312. Hier erlaubte der König den Bewohnern, aus ihrem bis dahin villa genannten Ort durch Anlage von Mauern und Gräben ein oppidum zu machen.417 Durch Mauern und Gräben wurde aus dem Dorf demnach ein oppidum. Die Befestigung war ein wesentliches Kriterium, um einen Ort als oppidum und damit als Stadt bezeichnen zu können. Wie schon beim deutschen Begriff Stadt wird damit deutlich: Die Befestigung scheint ein wesentliches qualitatives Element von Stadt und für die Bezeichnung als oppidum zu sein. Wie wichtig die Stadtmauer im zeitgenössischen Verständnis für die Stadt war, wird auch anhand ihrer Darstellung auf den städtischen Siegeln deutlich. So ist 413 414 415
416 417
Vgl. SCHNELLENKAMP: Entstehungsgeschichte, S. 21. FAHLBUSCH: Art. Minderformen, städtische, Sp. 633. Vgl. auch Kap.: I.2.2. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 234. Hierfür würde vielleicht sprechen, dass das oppidum Eisfeld 1323 mit murris umgeben werden sollte. Als civitas bezeichnet wird der Ort augenscheinlich aber auch in der Folge nicht, erscheint im markgräflichen Register an einer Stelle aber mit der Bezeichnung stad. (Registrum XXIX 3. Vgl. FLACH: Entstehungszeit, S. 88.). ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 44-46. Vgl. ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren, S. 46.
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auf dem ältesten Mühlhäuser Stadtsiegel (1231) die von zwei hohen Türmen flankierte Stadtmauer das beherrschende Element. Zwischen den zwei Türmen auf einem niedrigeren Turm thront der Stadtherr – der deutsche König. Die Umschrift lautet: SIGILLVM MVLVHVSENSIS CIVITATIS IMPERII.418 Auch das 1261 erstmals genannte Siegel der Stadt Eschwege zeigt eine Mauer (mit Zinnen und Tor), welche von zwei Türmen flankiert ist. Es trägt spätestens seit 1279 die Umschrift: SIGILL(VM) BVRIGENSIU(M) I(N) ESHENEWEGE.419 Diese Darstellung findet sich mit veränderter Umschrift auch auf allen bis ins 16. Jahrhundert genutzten Sekretsiegeln. 420 Eine vergleichbare Abbildung haben die Siegel der Stadt Kassel (nach 1225). Beinhaltete das ältere Schultheißensiegel zunächst noch eine Darstellung eines Löwen beziehungsweise eines reitenden Landgrafen, findet sich auf dem Stadtsiegel als Hauptelement dann gleichfalls eine Mauer mit Tor und Türmen. Auch die Kasseler Neustadt, führte ein Siegel mit einer Mauer und Türmen.421 Das Große Magdeburger Siegel zeigt ebenso eine Mauer mit Tor und Türmen. Darüber befindet sich eine Jungfrau mit ausgestreckten Händen.422 In Thamsbrück war ein Siegel nachweislich seit 1270 im Gebrauch. Auf ihm dargestellt ist ein reitender Landgraf mit Fahne und Schild auf einer Brücke. Diese Darstellung findet seine Parallele im Weißenseer Stadtsiegel, welches neben dem Landgrafen einen Fisch zeigt. Bei beiden Darstellungen handelt es sich um eine Kombination aus Stadtherr und Wahrzeichen der Stadt. 423 Darstellungen von Mauern, Toren und Türmen, Kirchen oder anderer Zeichen einer Stadt sind seit dem 13. Jahrhundert auf städtischen Siegeln durchaus häufig. Im Mühlhäuser, Thamsbrücker und Weißenseer Siegel wurde außerdem der Stadtgründer dargestellt und auch dieses ist bei Stadtsiegeln nicht selten. Außerdem konnte sich auf städtischen Siegeln eine Anspielung auf die Haupterwerbstätigkeit der Bewohner
418 419
420 421 422 423
Abbildung in: UB Mühlhausen, vorderer Einband. Das älteste Bruchstück des Stadtsiegels stammt aus dem Jahr 1283. Für 1279 ist kein Siegel überliefert, jedoch heißt es in der Siegelankündigung in einer Urkunde aus diesem Jahr: …sigillum burgensium in Eschenwege[…] (Vgl. ECKARDT: Eschweger Stadt- und Bürgersiegel, S. 555. Vgl. auch: Abbildung in: Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 2.2, Tafel 1, Abb. 1.). ECKARDT: Eschweger Stadt- und Bürgersiegel, S. 555f. Abbildung in: Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 2.2, Tafel 1, Abb. 2-6. Siegelbeschreibungen in: KÜCH: Siegel und Wappen, S. 257. Außerdem: PRESCHE: Kassel im Mittelalter, S. 281. Vgl. UB Magdeburg 1, S. 554. MÜLLER: Landgräfliche Städte, S. 207.
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VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
finden.424 In Frankreich finden sich des Weiteren auf städtischen Siegeln Mitglieder des Stadtrates.425 Das Große Siegel der Stadt Langensalza, welches nach Sommer seit 1356 von allen drei Städten geführt worden sein soll, zeigte drei Türme mit Wappenschilden und hatte die Umschrift S(IGILVM) CIVITATIS SALCZA.426 Eine solche Darstellung ist insofern ebenfalls typisch, da sich auf den Schilden die jeweiligen Wappen der Stadtherren befinden.427 Diese drei Türme verweisen aber nach Gustav Sommer nicht auf die Anzahl der Stadtherren, sondern standen jetzt für die drei Teilstädte. Jedoch enthalten auch diese drei Türme Wappen – das landgräfliche, das Meissner und das Landsberger Wappen.428 Alle drei Wappen stehen in Beziehung zu den Wettinern.429 Insofern verweist die Darstellung auf den wettinischen Stadtherrn. Da sich keine Hinweise auf den Erzbischof von Mainz finden, dürfte dieses Siegel erst eingeführt worden sein, als die Wettiner an der Wende zum 15. Jahrhundert die alleinige Stadtherrschaft innehatten. Deshalb ist es möglich, dass die Stadt ursprünglich noch ein anderes Siegel führte – ein Siegel, welches noch die zwischen den Wettinern und dem Erzbischof geteilte Stadtherrschaft wiedergab. Sommer verweist im Zusammenhang mit dem Siegel des Hospitals St. Gangolphi, dass auf dem vorangehenden Stadtsiegel nur zwei Türme dargestellt gewesen sein könnten.430 Letztendlich ergeben sich aus der Diskussion hinsichtlich der Siegel zwei wesentliche Feststellungen: 1. Städte führten grundsätzlich ein Siegel. Wobei die Art des Siegelbildes und die Umschrift beziehungsweise deren Veränderungen durchaus Auskunft hinsichtlich des städtischen Charakters geben können.431 So befand sich auf dem ältesten Kasseler Stadtsiegel noch die Darstellung des Stadtherrn, während das nach 1225 geführte jüngere Siegel eine Mauer mit Türmen zeigt und der Hinweis 424 425 426 427 428 429
430 431
EWALD: Siegelkunde, S. 211f. Zur Darstellung der Stadtbefestigung auf Siegeln vgl. auch: PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 234f. DIEDERICH: Siegelkunde, S. 87-94. EWALD: Siegelkunde, S 213. SOMMER: Langensalza, S. 23. EWALD: Siegelkunde, S. 212f. SOMMER: Langensalza, S. 23. Die Burg Landsberg war vor 1174 durch den Wettiner Dietrich von Meißen erbaut worden und wurde zum Mittelpunkt seiner aus dem väterlichen Besitz ererbten Herrschaft (die Ostmark und die Grafschaft Eilenburg). Die Mark Landsberg war zwar 1291 mit der Burg, deren Zentrum sie inzwischen geworden war, an Otto IV. Markgraf von Brandenburg verkauft worden, wurde aber 1347 durch die Wettiner zurückerworben. (ROGGE: Wettiner, S. 42 u. 84.). SOMMER: Langensalza, S. 23. Zur Bedeutung des Siegelbildes im historischen Kontext der jeweiligen Stadt vgl. DIEDERICH: Siegelkunde, S. 95.
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auf den Stadtherrn aus dem Siegel verschwindet. Die Nennung des stadtherrlichen villicus in der Umschrift geschah ebenfalls nicht mehr. Hintergrund für diese Entwicklung war sicherlich die zunehmende Verselbstständigung der Stadt Kassel im Rahmen der Auseinandersetzungen um die ludowingische Nachfolge in Hessen.432 So kann eine Verdrängung des Stadtherrn beziehungsweise spezifischer stadtherrlicher Merkmale wie etwa des Wappens aus dem Siegel durchaus auch Hinweis auf eine gewisse Autonomie der Stadt gegenüber ihrem Stadtherrn sein. Gleichwohl führten gerade auch gut entwickelte Städte wie Mühlhausen weiterhin den Stadtherrn im Siegel. in diesem Fall wäre deshalb zu überlegen, ob dieses nicht geschah, weil der Hinweis auf den König im Siegel eben auch ein besonderes Merkmal war, welches diese Städte als Reichsstädte von den übrigen (landesherrlichen) Städten abhob, möglicherweise noch einmal eine andere städtische, identitäre Qualität ausdrückte.433 2. Im Siegelbild finden sich Antworten auf die Frage, was für die Zeitgenossen wesentliche Merkmale von Stadt waren und welche damit auch heute nicht vernachlässigt werden dürfen. Diese Darstellung drückt wenigstens für das Spätmittelalter eine hohe Bedeutung der Stadtbefestigung als zeitgenössisches Kriterium für Stadt aus.434 Für Hans Planitz ist im Spätmittelalter sogar nur die Stadtmauer das entscheidende Kriterium, um eine Stadt nicht mehr nur als oppidum, sondern als civitas bezeichnen zu können.435 Dennoch ist Herbsleben trotz seiner zweimaligen Bezeichnung als Stadt und der vorhandenen Befestigung eben vorrangig Dorf oder Flecken genannt worden. Hieraus ergibt sich, dass die Befestigung ein entscheidendes Kriterium war, aber alleine nicht ausreichte, um einen Ort dauerhaft als Stadt zu qualifizieren. Der wesentliche Unterschied zwischen diesem Ort und den anderen untersuchten Städten war vielmehr das Recht – aus rechtlicher Perspektive war Herbsleben keine Stadt, sondern vielmehr ein Dorf mit typischen rechtlichen Merkmalen eines Dorfes. Lediglich durch das Marktrecht war der Ort aus der Masse der Dörfer herausgehoben. Damit deutet sich weiterhin an: Der Ort wurde trotz des nach außen sichtbaren städtischen Merkmals einer Befestigung nicht dauerhaft als Stadt bezeichnet, 432 433
434 435
PRESCHE: Kassel im Mittelalter, S. 281f. Dieser Umstand wurde dann auch in der Siegelumschrift ausgedrückt: SIGILLUM MULUHUSENSIS CIVITATIS IMPERII. (Abbildung in: UB Mühlhausen, vorderer Einband.). Die Stadt Boppard führte im Siegel einen übergroßen Adler. Schon in der Umschrift wird Bezug darauf genommen, dass die Stadt eine freie Reichsstadt war. Es handelt sich demnach um einen besonderen Verweis auf die Zugehörigkeit zu den Reichsstädten und in diesem Zusammenhang auch auf eine bestehende Verbindung zum Königtum. (Vgl. DIEDERICH: Siegelkunde, S. 90f. Zur Adlerdarstellung in Stadtsiegeln und die Beziehung zum Königtum vgl. auch S. 88.). Vgl. hierzu: PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 229f. PLANITZ: Stadt im Mittelalter, S. 232.
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weil er im Gegensatz zu Schlotheim, Tennstedt, Thamsbrück und Langensalza trotz des vorhandenen Marktrechtes eben keine Stadt im Rechtssinne war. Städtisches Recht muss, entgegen der bewussten Ausklammerung als Kriterium von Stadt durch Hirschmann, Haverkamp und Escher, ebenfalls ein wichtiges Kriterium von Stadt gewesen sein.436 Insofern scheint deutlich zu werden, dass es eben doch das Stadtrecht war, welches die Stadt aus der Masse der Siedlungen heraushob und einen Ort dauerhaft zur Stadt machte. Das städtische Recht erscheint damit als wichtiges, aber nicht alleiniges Kriterium. Weitere Elemente, wie etwa äußere Merkmale (Befestigung, Größe, hierzu ergänzend die Einwohnerzahl oder auch Rathaus und bedingt die Kirchen), treten hinzu. Allerdings verweist gerade das Rathaus auf ein aus städtischem Recht – der Ratsverfassung – entstandenes und durch dieses geformtes bürgerliches Selbstverständnis.437 Insofern hängt auch dieses sichtbare Merkmal von Stadt grundsätzlich vom Rechtscharakter ab. Selbiges gilt für die Stadtbefestigung. Ohne stadtherrliche Erlaubnis – stadtherrliches Privileg – wäre ihre Errichtung undenkbar.438 Zusammenfassend bleibt deshalb festzuhalten: Es ist grundsätzlich das städtische Recht, was einen Ort zur Stadt machte. Aus diesem Recht erwuchsen die Kriterien, welche durch die Forschung immer wieder als typisch städtisch angesehen werden. Sie drücken letztendlich jedoch lediglich die städtische Entwicklung eines Ortes aus. Gerade deshalb dürfen sie bei den Untersuchungen von Städten nicht vernachlässigt werden. Inwiefern hierfür Kriterienkataloge hilfreich sind oder vielmehr die objektive Einzeluntersuchung wieder in den Vordergrund zu rücken ist, bleibt zu überlegen. Um alle Städte einer Region erfassen zu können, sollte bei zukünftigen Untersuchungen des Weiteren die Terminologie an erster Stelle stehen. So ist grundsätzlich erst einmal als Stadt zu verstehen, was durch die Zeitgenossen als solche bezeichnet worden ist. Eine Trennung in Städte und stadtähnliche beziehungs-
436
437 438
So war bereits an der ursprünglichen Stadtdefinition Irsiglers das Fehlen des Stadtrechtes kritisiert und Letzteres wurde deshalb von ihm ergänzt. Tom Scott bezweifelte, ob die bewusste Ausklammerung von Stadtrechtsverleihungen im Kriterienkatalog Hirschmanns, Haverkamps und Eschers gerechtfertigt ist. (Vgl. Kap. I.2.2.). Seine bildliche Darstellung fand dieses auf den Siegeln französischer Städte, indem hier Ratsmitglieder dargestellt werden. (Vgl. oben u.: EWALD: Siegelkunde, S. 213.). Vor 1251 errichtete die Stadt Mühlhausen zwischen der Stadt und der Reichsburg eine trennende Mauer. Hierfür wurde 1251 dann die nachträglich Genehmigung durch König Konrad IV. erteilt. (Vgl. UB Mühlhausen, Nr. 116. GOCKEL: Art. Mühlhausen, S. 272.). Auch für die in Tennstedt zwischen der landgräflichen Burg und der Stadt errichtete Mauer war eine stadtherrliche Genehmigung notwendig. (Vgl. Kap. II.2.6.3.).
DIE INNERE ENTWICKLUNG DER STÄDTE IM VERGLEICH
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weise städtische Orte kann dann im Rahmen von weiterführenden Einzeluntersuchungen erfolgen beziehungsweise kann sich schon anhand der zeitgenössischen Terminologie andeuten.
2.8 Ackerbürgerstadt, Minderstadt und Kümmerform 2.8.1 Ackerbürgerstädte und Ackerbürger Zu fragen ist nun, inwiefern die untersuchten Städte als Ackerbürgerstädte zu charakterisieren sind und inwiefern eine solche Charakterisierung überhaupt etwas zum Verständnis dieser Orte beiträgt. Die Landwirtschaft spielte mit einiger Wahrscheinlichkeit in allen untersuchten Städten eine nicht unerhebliche Rolle. In Schlotheim scheint die Getreideproduktion dabei so wichtig gewesen zu sein, dass fremdes Getreide gesondert und besonders besteuert wurde. In Schlotheim, Tennstedt und Langensalza war außerdem Waid ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Allerdings war nicht sicher zu erkennen, inwiefern die Städte den Waid aus dem Umland aufkauften und weiter vertrieben oder ausschließlich Eigenanbau absetzten. Gleiches gilt in diesem Zusammenhang auch, wenn etwa Sondermärkte für landwirtschaftliche Produkte, wie der Kornmarkt in Langensalza, vorhanden waren. Waid wurde sehr wohl in Thamsbrück und in Herbsleben, worauf das Waidgeld als Abgabe hinweist, angebaut. Inwiefern er auch über den jeweiligen Markt abgesetzt worden ist, war nicht nachzuweisen, aber auch nicht auszuschließen. Für eine starke landwirtschaftliche Ausrichtung Thamsbrücks spricht auch der Umstand, dass es zusammen mit Freiburg als einzige thüringische Städte eine Getreideabgabe an die wettinischen Stadtherrn zu entrichten hatte. Wenigstens für Thamsbrück dürfte, da auch kein anderes typisch städtisches Gewerbe nachweisbar war, der Begriff Ackerbürgerstadt am ehesten zutreffen. Jedoch war festgestellt worden, dass nicht nur Getreide, sondern auch dessen Weiterverarbeitung eine wichtige Rolle in der städtischen Wirtschaft gespielt haben könnte. Vollkommen anders sieht die Situation bei Tennstedt, Schlotheim und Langensalza aus. Hier ließ sich neben landwirtschaftlich orientierter Wirtschaft auch typisch städtisches Gewerbe, wie die Tuch- oder Schuhproduktion finden. Als Entstehungszeitraum für die Ackerbürgerstädte in Thüringen hatte Eberhardt einen Zeitraum zwischen 1250 und 1350 festgestellt.439 Thamsbrück ent-
439
EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 114. Vgl. auch Kap. I.2.2.
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stand aber deutlich früher. Des Weiteren sprach einiges dafür, dass bei der Gründung gleichfalls über die Landwirtschaft hinausgehende wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielten. Auch wenn Thamsbrück im Spätmittelalter als Ackerbürgerstadt entgegentritt, war diese Entwicklung augenscheinlich bei der Gründung nicht beabsichtigt. Bei keinem der anderen untersuchten Orte war außerdem zu erkennen, ob sie, wie Eberhardt für die thüringischen Kleinstädte allgemein feststellte, bei ihrer Entstehung Ackerbürgerstädte waren. Vielmehr treten sie mit einem einigermaßen ausdifferenzierten, durchaus städtischen Gewerbe entgegen und sie übernahmen als Markt wirtschaftliche Mittelpunktfunktionen. Langensalza entwickelte sich zudem so weit, dass es als kleinere Mittelstadt anzusehen ist. Insofern scheint grundsätzlich fraglich, inwiefern der Begriff Ackerbürgerstadt geeignet ist, um die Kleinstädte im nordwestlichen Thüringer Becken in ihrem Charakter zu erfassen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten hatten Schlotheim, Tennstedt und vor allem Langensalza eine über den Charakter einer reinen Ackerbürgerstadt hinausgehende Entwicklung genommen. Sie waren durchaus wirtschaftliche Mittelpunkte und übernahmen als zentrale herrschaftliche Orte auch andere Zentralfunktionen. Insofern ist das von Eberhardt entworfene Bild, nach dem sich thüringische Kleinstädte in der Regel kaum über den Status einer Ackerbürgerstadt hinaus entwickelten, zu korrigieren.440 Dennoch, dies bleibt im Ergebnis ebenfalls festzuhalten, spielte wenigstens in Schlotheim neben typisch städtischem Gewerbe auch die Landwirtschaft nachweislich eine anscheinend nicht unbedeutende Rolle. Im Rahmen der Waiderzeugung und des Waidhandels dürfte Vergleichbares nicht nur für Schlotheim, sondern wenigstens auch für Langensalza und Tennstedt zutreffend sein. Grundsätzlich bleibt aber fraglich, welchen Aussagewert der Begriff Ackerbürgerstadt beziehungsweise die Bezeichnung der Bewohner als Ackerbürger hat. Sowohl in Thamsbrück als auch in Schlotheim besaßen die Stadtbewohner bürgerliche Rechte. Sie waren Bürger, unabhängig von der wirtschaftlichen Ausrichtung und Entwicklung ihrer Stadt. Insofern waren diese Orte gleichfalls Städte, deren Wirtschaft im Unterschied zu anderen Städten zu einem erheblichen Maße aber landwirtschaftlich geprägt war und deren Bewohner damit ihre Haupterwerbsquelle in der Landwirtschaft hatten. Auch wenn die Entfaltungsmöglichkeiten von Städten wie Schlotheim und Thamsbrück durchaus sehr bescheiden waren, blieben sie dennoch Städte. Wie die Neuerteilung des Stadtrechtes für Thamsbrück im Jahr 1421 zeigt, waren die Bewohner und der Stadtherr sich dessen auch sehr wohl bewusst. Insofern stellt sich die Frage, ob nicht die Begriffe 440
Mit Buttstädt weist nur eine der von ihm untersuchten neun Städte eine differenziertere über die Landwirtschaft hinausgehende Gewerbestruktur auf. (EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 114. Vgl. auch Kap. I.2.2.).
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Minderstadt oder Kümmerform besser geeignet sind, um schlechter entwickelte Städte zu beschreiben.
2.8.2 Die Minderformen: Minderstadt und Kümmerformen Hinsichtlich der Kategorisierung einer Stadt als Kümmerform beziehungsweise Minderstadt zeigte schon der Fall Herbsleben ein grundsätzliches Problem auf. Der maßgebliche Unterschied zwischen beiden Begriffen ist die gewollte Minderung bei den Minderstädten und die unabsichtliche bei den Kümmerformen.441 Bei Herbsleben war nicht grundsätzlich auszuschließen, dass eine Stadterhebung nach der Mitte des 14. Jahrhunderts stattgefunden habe und die Entwicklung zur Stadt aus verschiedensten Gründen nicht erfolgreich war. Gleichzeitig war überlegt worden, ob es seitens des Stadtherrn kein Interesse an einer Stadterhebung gab, dass vielmehr mit der Privilegierung zum Markt das gewünschte Ziel erreicht war oder aus politischen Gründen eine Erhebung zur Stadt unmöglich war.442 Es ist demzufolge unklar, ob es sich um eine gewollte oder unabsichtliche Minderung handelte,443 und demzufolge ist eine Zuordnung in die Kategorien Minderstadt oder Kümmerform unmöglich und es stellt sich die Frage, inwiefern dieses nicht auch bei anderen Orten mit vergleichsweise schlechter Quellenlage zutrifft. Eine Zuordnung zu den Kümmerformen ist nur dann möglich, wenn direkt eine Privilegierung zur Stadt oder indirekt eine solche über vorhandenes städtisches Recht sicher nachweisbar ist und die Entwicklung der Orte dann ungünstig verlief, um eine Stadt „minderer“ städtischer Qualität entstehen zu lassen. Dabei steht dann aber immer noch die Frage im Raum, wo die Schwelle zwischen „normal“ entwickelter und „minder“ entwickelter Stadt zu ziehen ist, welche Stadt eine Kümmerform und welche Stadt eine „normale“ Stadt ist. Auch stellt sich die Frage, ob Begriffe wie Minderform, Minderstadt oder Kümmerform geeignet sind, den Siedlungscharakter des Ortes Herbsleben zu beschreiben. Grundsätzlich meinen sie einen Ort zwischen Dorf und Stadt, welcher in seiner Gesamtentwicklung wohl eher schon an der Schwelle zur Stadt steht.
441 442 443
Vgl. Kap. I.2.2. Vgl. Kap. II.5.5.2f. Schon Wilhelm Liebhart hatte für seine untersuchten Orte festgestellt, dass sich bei keinem eine absichtliche Minderung feststellen ließ. Vielmehr stellten sie für ihn einen eigenen Siedlungstypen zwischen Dorf und Stadt dar. Deshalb fand er die von Stoob entwickelte Typologie, als nicht überzeugend. (LIEBHART: Altbayerische Marktflecken, S. 300. Vgl. auch Kap. I.2.2.).
770
VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNG
Für Herbsleben scheint damit analog zum Begriff „Schwellenland“ aus der Geographie der Begriff „Schwellenstadt“ geeigneter zu sein, um seine Entwicklung darzustellen. So ist ein „Schwellenland“ ein Staat, welcher gemessen an gewissen Entwicklungsindikatoren, nicht mehr zu den Entwicklungsländern zählt, sondern sich am Anfang oder in einem fortgeschrittenen Zustand der Industrialisierung befindet – sich in seiner Entwicklung den Industriestaaten annähert oder angenähert hat und dieses Entwicklungsniveau auch halten kann.444 Insofern wäre eine Schwellenstadt eine Stadt, welche gemessen an gewissen Kriterien (Indikatoren) nicht mehr zu den Dörfern zählt, sondern eine mehr oder weniger fortgeschrittene städtische Entwicklung schon erreicht hat. Diese Kriterien müssten dann anhand der verschiedensten Kriterienkataloge für Stadt definiert und als Maßstab angelegt werden. Die Erstellung eines solchen Kriterienkatalogs steht aber vor der schon oben bei den städtischen Kriterienkatalogen gezeigten grundsätzlichen Schwierigkeit, überhaupt allgemeingültige Kriterien zu finden. Bei allen Versuchen, Begrifflichkeiten zu schaffen, welche geeignet sind, diese Zwischenformen zu beschreiben, wäre doch grundsätzlich zu überlegen, inwiefern nicht der bereits im Mittelalter gebräuchliche Begriff Flecken ausreichend und am besten geeignet ist, um solche Zwischenstufen zu erfassen.445 Vorgeschlagen wird deshalb, ihn weiterhin zur Beschreibung solcher Orte zu verwenden. In Einzelfällen könnten dann zusätzlich charakterisierende Begriffe hinzugezogen werden, welche den Ort noch genauer beschreiben, wie etwa: Markt- oder Amts-. Für Herbsleben erscheint dieses insofern besonders gut geeignet, weil mit der Bezeichnung Marktflecken deutlich wird, dass es sich um eine nicht mehr rein dörfliche, aber noch nicht städtische Siedlung handelt, welche aber über Marktrecht verfügt.
444 445
STAMM: Schwellen- und Ankerländer, S. 9-14. Dieses tat unter anderem Carl Opitz im von Otto Schlüter und Karl August herausgegebenen Atlas des mittleren Saale- und Elbegebietes, indem er auf Karte 28 neben den Städten auch die bis 1550 als Flecken bezeichneten Orte aufnahm. (SCHLÜTER/AUGUST: Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes 2, Karte 28, bearb. u. ausgf. v. OPITZ. Vgl. auch: WIEMANN: Karte 28: Die mittelalterlichen Städte. S. 105-107. Vgl. auch Kap. I.2.1.). Unter ähnlichen Gesichtspunkten entwarfen Barbara Haarberg und Wolfgang Hess die Karte 19 in: Geschichtlicher Atlas von Hessen, indem sie zwischen Stadt auf der einen Seite und Markt, Flecken oder Tal auf der anderen Seite unterschieden. (Vgl. Friedrich UHLHORN: Geschichtlicher Atlas von Hessen, Karte 19 entworfen v. HAARBERG/HESS.) Vgl. auch: WENZEL: „villa seu oppidum Neuwenmarckt“, S. 21-58.
IV. ERGEBNISSE
1.
Städte als Mittel der Territorialpolitik
Ein wesentlicher Entstehungshintergrund der untersuchten Städte ist ihre Funktion im Rahmen der jeweiligen landesherrlichen Territorialpolitik. Als wichtige Stützpunkte besetzten sie entscheidende territoriale Schlüsselpositionen und waren Eckpfeiler der Territorialpolitik. der jeweiligen Stadtherren. Dieses gilt im doppelten Sinn für die ministerialischen/niederadligen Städte Schlotheim und Langensalza, ebenso auch für den Marktort Herbsleben. Sie waren nicht nur territorialpolitischer Stützpunkt der jeweiligen Landesherren, sondern als Stammsitz der ortsansässigen Familien auch Mittelpunkt ihrer kleinen Herrschaft. Nach dem Vorbild ihrer Herren schufen sich diese Geschlechter Residenzen, welche sich im Fall Schlotheims und Langensalzas aus der Burg, der Stadt sowie einem Kloster als Familiengrablege zusammensetzte; in Langensalza wurde in der Folge noch ein zweites Kloster durch die Herren von Salza gestiftet. Ähnliches lässt sich auch für den Marktort Herbsleben annehmen. Auch hier versuchten die Ministerialen von Herbsleben allem Anschein nach, ihrer sich zwischen Gebesee und Herbsleben erstreckenden Herrschaft einen zentralen Ort zu geben. Eine Entwicklung des Ortes zur Stadt erfolgte aber nicht. Weshalb Herbsleben nicht zur Stadt ausgebaut worden ist, ließ sich über Vermutungen hinaus aber nicht erkennen. Ob Tennstedt seine Stadtentstehung gleichfalls der Mitwirkung des ortsansässigen Geschlechtes derer von Tennstedt verdankte, blieb gleichfalls ungewiss. Einige Indizien ließen sich aber durchaus dafür finden. Die Städte lösten, wie bereits Edith Ennen festgestellt hatte, de facto tatsächlich die Burg als herrschaftlichen Stützpunkt und Mittelpunkt ab. Hintergrund dürfte gewesen sein, dass sie besser geeignet waren, eine allmählich auf Territorialität ausgerichtete Herrschaft zu durchdringen und zu strukturieren. Mehrere der bedeutendsten hochadligen Geschlechter des Thüringer Raumes besaßen in den untersuchten Orten wenigstens zeitweise oder teilweise stadtherrliche Rechte. Zu nennen seien hier in erster Linie die ludowingischen Landgrafen und ihre Nachfolger, die Wettiner. Weiterhin besaßen die Grafen von Beichlingen temporär Rechte an Schlotheim. Die Grafen von Hohnstein, deren ursprüngliche Herrschaft sich im nördlich an das Thüringer Becken anschließenden Raum befand, verfügten zeitweilig über Rechte in Schlotheim und Tennstedt. Hinzu kommen noch die Grafen von Schwarzburg, welche zunächst eher im Süden Thüringens begütert waren, die aber in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
772
ERGEBNISSE
massiv nach Norden ausgriffen. Zu nennen sind weiterhin die Grafen von Henneberg, dessen bedeutendster Vertreter, Graf Berthold VII., spätestens in den 1320er Jahren Herbsleben unter seine Kontrolle gebracht hatte und am Ausbau des Ortes zum Marktort beteiligt war. Ob dahinter der Versuch stand, über den Thüringer Wald hinaus die hennebergische Herrschaft weit nach Norden vorzuschieben, kann nur vermutet werden. Neben diesen weltlichen Herren besaßen sowohl das Kloster Hersfeld als auch das Kloster Fulda und der Mainzer Erzbischof stadtherrliche Rechte in einigen Orten. Wahrscheinlich war Fulda sogar an der Stadtgründung Schlotheims beteiligt und der Ausbau Tennstedts zur Stadt geschah maßgeblich durch den Abt von Hersfeld. Des Weiteren gab es einen Hinweis darauf, dass auch der Mainzer Rechte an Schlotheim hatte. Ebenso scheint der Mainzer in Thamsbrück im Zuge des Kampfes um die Nachfolge in der Landgrafschaft in der Mitte des 13. Jahrhunderts versucht zu haben, stadtherrliche Rechte durchzusetzen. Da dieses wohl weitgehend misslang, griff er dann auf die südlich liegende Stadt Langensalza aus und erwarb hier einen nicht unerheblichen Teil der Stadtherrschaft, welche er immerhin bis zum Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert behaupten konnte. Entgegen bisheriger Erkenntnisse wurde damit deutlich: Sowohl Hersfeld als auch Fulda betrieben im Spätmittelalter im nördlichen Teil des Thüringer Beckens eine eigene Städtepolitik. Ziel war es dabei, den jeweils vorhandenen Besitz herrschaftlich, aber sicherlich auch wirtschaftlich besser zu erfassen. Gleiches gilt für den Mainzer Metropoliten. Es deutet sich nicht nur eine über Erfurt und Heiligenstadt hinausgehende, im besonderen Maße auch auf Städte ausgerichtete Territorialpolitik an. So versuchten die Mainzer Erzbischöfe, eine territoriale Verbindung zwischen ihrem thüringischen Zentrum Erfurt und dem Besitz im nordwestlichen Thüringer Becken, sowie im Eichsfeld herzustellen. Hierbei scheuten die Mainzer Metropoliten, wie am Beispiel Langensalzas deutlich wurde, auch nicht den offenen Konflikt mit den wettinischen Landgrafen. Gleiches gilt für die Grafen von Schwarzburg, welche in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts versuchten, eine Verbindung der Landgrafschaft mit den wettinischen Stammlanden in der Mark Meißen zu verhindern. Demgegenüber versuchten die Hohnsteiner Grafen, mit dem Erwerb von Rechten in Schlotheim und in Tennstedt oder der unmittelbaren Umgebung ihre Herrschaft weiter in das Thüringer Becken vorzuschieben. Unklar blieb letztendlich, ob der kurzzeitige Erwerb Schlotheims durch die Grafen von Beichlingen ebenfalls vor dem Hintergrund einer breit angelegten Territorialpolitik geschah. Spätestens am Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert hatten sich die Wettiner in allen Orte weitestgehend durchgesetzt, wobei die stadtherrlichen Rechte unterschiedlicher Natur waren. In Schlotheim genügte ihnen letztendlich die Oberherrschaft. Demgegenüber teilten sie sich in Tennstedt weiterhin mit dem Abt von Hersfeld die Stadtherrschaft. In Langensalza hatten sie den Mainzer
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Erzbischof am beginnenden 15. Jahrhundert aus der Stadtherrschaft verdrängt und in Thamsbrück blieben sie, trotz aller mainzischen Ansprüche und einem möglichen welfischen Versuch auf die Stadt auszugreifen, Stadtherren. In Herbsleben reichte ihnen zunächst augenscheinlich die Oberherrschaft. Spätestens im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts übten sie aber auch darüber hinausgehende Rechte aus. Entgegen allen Bestrebungen anderer Herren war es den Wettinern damit gelungen, sich in der Region zu behaupten und ihre Territorialherrschaft so weit auszubauen, dass sie jetzt über einen breiten Verbindungskorridor zwischen dem Raum Eisenach-Gotha-Creuzburg und dem Raum Weißensee verfügten. Die Landgrafschaft erstreckte sich erst jetzt in einem breiten Bogen vom Südwesten Thüringens über die untersuchten Orte hinaus weiter über Weißensee, Kindelbrück, Buttstädt, Buttelstedt, Neumark, Weimar, Apolda und Jena. Die aus ludowingischer Zeit stammenden herrschaftlichen Schwerpunkte waren damit zu einem Territorium verbunden und erheblich ausgebaut worden. Erst jetzt kann demnach von einem landgräflichen Territorium in Thüringen gesprochen werden.
2. Die städtische Entwicklung Trotz der sicherlich herausragenden territorialpolitischen Bedeutung dieser Städte ist die bloße Beschränkung auf eine politisch-herrschaftlich-militärische Zentralfunktion der Städte zu wenig. Es waren, wie Christine Müller unter anderem für Thamsbrück festgestellt hatte, nicht ausschließlich Burgstädte.1 Da alle untersuchten Orte in einer engen Verbindung mit stadtherrlichen/landesherrlichen Burgen stehen, dürften die Städte auch den Charakter einer Vorburg gehabt haben. Dennoch wurde auch für Thamsbrück deutlich, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Gründung eine Rolle gespielt haben müssen. Dass die Stadt diese wirtschaftliche Mittelpunktfunktion dauerhaft nicht entfalten konnte, scheint vielmehr späteren Entwicklungen geschuldet. Anders erscheint die Situation in Tennstedt und Schlotheim. Bei Schlotheim spricht die für die kleine Stadt relativ große Anzahl von Spezialmärkten für eine gewisse wenigstens regionale wirtschaftliche Bedeutung. Dabei lässt der hier abgehaltene Jahrmarkt ebenfalls auf überregionalen Handel schließen. Schwieriger erschien der Fall Tennstedt. Über Märkte ist hier nichts bekannt. Der großzügig angelegte Marktplatz und das Schuhmacher- und das Tuchmachergewerbe lassen aber gleichfalls einen überregionalen Handel erahnen. In Herbsleben wurde bei 1
MÜLLER: Stadt als Burg, S. 101.
774
ERGEBNISSE
der Erhebung zum Marktort neben dem Wochenmarkt gleichfalls ein Jahrmarktsprivileg erteilt. Die Existenz eines Markthauses in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verweist gleichfalls auf besondere Handelsgüter. Unklar blieb aber, ob hier ein besonderes regionales Produkt, wie etwa Waid, abgesetzt worden ist oder durchziehende Händler Fernhandelsgüter anboten. Wirtschaftliche Mittelpunktfunktionen scheinen jedenfalls alle untersuchten Orte wenigstens zeitweise besessen zu haben. Aus den untersuchten Orten tritt Langensalza besonders hervor. Wie die am ausgehenden Mittelalter abgehaltenen mindestens zwei, wahrscheinlich aber eher drei Jahrmärkte sowie die große Zahl von Spezialmärkten andeuten, handelt es sich bei der Stadt mit einiger Wahrscheinlichkeit um das neben Mühlhausen wichtigste Wirtschaftszentrum im nordwestlichen Thüringer Becken. Erhärtet wird dieses noch durch den Umstand, dass sich eine größere Zahl von Handwerksinnungen nachweisen ließ. Außer in Thamsbrück und Herbsleben konnte auch in den anderen untersuchten Orten unter anderem anhand der Innungen ein in unterschiedlichem Maße spezialisiertes und differenziertes Gewerbe nachgewiesen werden. Gleichzeitig wurde damit in diesen Städten eine gewisse soziale Differenzierung innerhalb der Stadtbevölkerung erkennbar. In Langensalza war nachweislich seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert diese Struktur so weit ausdifferenziert, dass sowohl das in Innungen organisierte Gewerbe als auch die Stadtgemeinde gegen die älteren ratsfähigen Geschlechter in den städtischen Rat drängten, damit eine Partizipation an der städtischen Verwaltung anstrebten und in der Folge auch erreichten. Vergleichbares ließ sich im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts auch für Thamsbrück feststellen. Schwierigkeiten bereitete die Frage nach der kultisch-kulturellen Zentralfunktion, wie sie Irsigler in seiner Stadtdefinition forderte. Im besonderen Maße scheint sie bei Langensalza, wie vielleicht aus der Anzahl von vier Klöstern in der Stadt hervorgehen könnte, ausgeprägt zu sein. Letztere dürften wiederum auch in erheblichem Maße auf das Umland ausgestrahlt haben. Schon im Fall der anderen untersuchten Orte war dies weniger deutlich zu erkennen. Bei Schlotheim bestand zwar ein Magdalenerinnenkloster, ob es als kultischer Mittelpunkt auch für die Stadt Bedeutung hatte, ließ sich nicht ermitteln. Dieses scheint aber vor dem Hintergrund, dass das Kloster wenigstens in der Region eine gewisse Anziehungskraft entwickelt hatte, nicht ausgeschlossen zu sein. Darüber hinaus war in keinem der Fälle eine bürgerliche Initiative bei den Klostergründungen beziehungsweise bei der Verlegung des Dorlaer Stiftes nach Langensalza eindeutig zu erkennen. Vielmehr wurden das Schlotheimer Magdalenerinnenkloster, das Langensalzaer Augustinerkloster und das dortige Magdalenerinnenkloster auf stadtherrliche Initiative primär aus religiösen und dynastischen Gründen heraus gegründet. Auch bei der Einrichtung des Barfüßerklosters in
DIE STÄDTISCHE ENTWICKLUNG
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Langensalza und der Verlegung des Dorlaer Stiftes war, soweit zu erkennen, nur der Stadtherr und nicht die Bürgerschaft beteiligt. Dieses Kriterium steht bei den kleineren Städten demnach, wie seitens der Forschung bereits festgestellt, vor erheblichen Schwierigkeiten hinsichtlich seiner Bewertung für den urbanen Charakter eines Ortes. Gleichwohl ist nicht zu vernachlässigen, dass diese Klöster sich durchaus auch auf die städtische Entwicklung ausgewirkt haben dürften. Ähnliche Schwierigkeiten bereitet das Merkmal der Befestigung, welches Johanek zu seiner Definition hinzunahm, welches aber von Irsigler abgelehnt worden ist. Alle untersuchten Städte waren ummauert und verfügten damit über eine Befestigung. Ihr Aussehen aber war unterschiedlich. Langensalza verfügte über ein große Anzahl von Türmen und eine erheblich ausgebaute Stadtmauer. Auch die Tennstedter Stadtmauer besaß Türme und, wo es notwendig erschien, war ein ausgeprägtes Wall-Graben-System vorgelagert. Anders sieht es bei Schlotheim und Thamsbrück aus. Beide Stadtmauern besaßen, sofern überhaupt, außer den Tortürmen augenscheinlich keine weiteren Türme. Herbsleben verfügte ebenfalls über eine Befestigung, bei der es sich aber nicht um eine steinerne Mauer, sondern um eine sogenannte Haarwand handelte. Wenigstens insofern scheint es gerechtfertigt, wenn Irsigler auf dieses Merkmal bei seiner Definition verzichtet. Er begründet den Verzicht mit dem Umstand, dass es nicht nur im angelsächsischen Raum Städte ohne Befestigung gab. Ob dies ohne Weiteres auch auf den deutschen Raum übertragen werden kann, muss vielmehr dahingestellt bleiben. Entscheidender scheint doch, dass nicht nur Städte, sondern auch Dörfer oder Orte zwischen Dorf und Stadt über Befestigungen verfügten, welche, wie auch anderorts zu beobachten, steinernen Stadtbefestigungen in nichts nachstanden.2 Dennoch sollte die Befestigung, weil sie die Stadt auch nach außen sichtbar machte, als strukturelles Element einer Stadt nicht vernachlässigt werden. Wobei es aber nur in Kombination mit anderen und somit als eines von mehreren Merkmalen von Stadt verstanden werden darf. Des Weiteren scheint vor folgenden Überlegungen, wenigstens überdenkenswert, ob die Befestigung nicht im Mindesten etwas über den urbanen Charakter eines Ortes aussagt: Entscheidend dürfte dabei sein, inwiefern eine steinerne Befestigung auch über Türme verfügte, nur Tortürme besaß oder gar keine Türme hatte. Die Errichtung von Türmen geschah zwar immer unter fortifikatorischen Aspekten, ihre Errichtung ist dabei aber gleichfalls sicherlich ebenso Ausdruck der wirtschaftlichen Fähigkeiten einer Stadt. Außerdem ist trotz des Umstandes, dass in anderen Regionen auch Dörfer mit umfangreichen Befestigungen ausgestattet waren, festzuhalten: Alle untersuchten Städte verfügten spätestens am 2
Vgl. hierzu die Einzelbeiträge in: WAGNER (Hg.): „umbringt mit starcken turnen, murn“. JÄSCHKE: Ackerbürger – Ackerbürgertum – Ackerbürgerstadt, S. 277. PAULY: Die luxemburgischen Städte, S. 124f.
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ERGEBNISSE
Ende des Mittelalters über eine Steinmauer, während Herbsleben nur eine HolzErde-Lehmbefestigung besaß. Es bleibt demnach zukünftig zu prüfen, ob nicht die aus Stein bestehende Stadtbefestigungen wenigstens im thüringischen Raum ein charakteristisches städtisches Merkmal ist. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang noch auf einen anderen Umstand. Sowohl Kindelbrück als auch Gebesee wurden erst im 16. Jahrhundert und damit zu einem Zeitpunkt, als der Verteidigungswert einer Stadtmauer wegen der veränderten Kriegsführung erheblich gesunken war,3 ummauert.4 Es deutet sich damit an, dass die steinerne Stadtmauer möglicherweise über ihre militärische Funktion hinaus für das zeitgenössische Verständnis von Stadt Bedeutung hatte.5 Eine rechtliche Unterscheidung der Städte vom Umland ließ sich insofern feststellen, dass sie einen eigenen Rechtsbereich bildeten, die Bewohner, sofern nachweisbar, einem gesonderten Gericht unterstanden und sich hier auch gesonderte Verfassungsstrukturen herausgebildet hatten. Dieses gilt im weitesten Sinne aber auch für Herbsleben. Der Ort besaß aber nur ein Marktrecht und kein Stadtrecht. Entscheidender Unterschied zu den Städten war deshalb vielleicht, dass hier kein ausdrücklich städtisches Recht vorhanden war. Dieses führt zu dem Ergebnis, dass ein wesentliches Kriterium für Stadt nach wie vor das städtische Recht ist, welches die Stadt von mit Freiheiten begabten Dörfern beziehungsweise Marktorten unterscheidet.6 Hinsichtlich der Größenverhältnisse der Siedlungen wurde deutlich, dass bei allen untersuchten Orten Langensalza herausragte und eine doppelte Größe gegenüber dem nächstkleineren Ort Herbsleben erreichte. Hierauf folgen absteigend Thamsbrück, Tennstedt und Schlotheim. An dieser Reihenfolge wurde deutlich, dass auch nichtstädtische Orte eine größere Fläche besitzen konnten als Städte. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass sich in Tennstedt, aber auch in Thamsbrück freie Siedlungsflächen befanden, war festgestellt worden, dass die Größe der Siedlungsfläche für den urbanen Charakter eines Ortes nur bedingt aussagefähig ist. Weiterhin deutet sich an, dass die Siedlungsgröße bei den kleineren Städten kaum oder gar nicht zur Unterscheidung zwischen Stadt und nichtstädtischer Siedlung geeignet ist. 3
4 5 6
Vgl. ISENMANN: Stadt im Mittelalter, S. 100-102. Wobei durchaus versucht wurde, diese späten Mauern den veränderten militärischen Bedingungen anzupassen. (BILLER: Stadtbefestigungen 1, S. 581.) Vgl. PATZE: Art. Gebesee, S. 129. WIEMANN: Art. Kindelbrück, S. 233. BILLER: Stadtbefestigungen 2, S. 203. In Thüringen werden im 16. Jahrhundert auch eine Reihe anderer ausgesprochener Kleinststädte noch befestigt. (Vgl. BILLER: Stadtbefestigungen 2, S. 203f.) Vgl. hierzu die Kritik Johaneks am Fehlen des Stadtrechtes in der Definition Irsiglers, in deren Zug Letzterer das Stadtrecht noch mit in die Definition aufnahm. (Vgl. Kap. I.2.2.)
DIE STÄDTISCHE ENTWICKLUNG
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Aussagekräftiger erschien das Verhältnis zwischen Siedlungsflächen und Anzahl der schossenden Haushalte. Hier war durch den Vergleich zwischen Herbsleben und den Langensalzaer Teilstädten zu erkennen, dass die Besiedelung der Salzaer Teilstädte wesentlich dichter war als in Herbsleben und damit hier somit eine größere Anzahl von Personen lebte als im Marktort Herbsleben. Im Ergebnis scheint dieser Umstand eine dichtere Bebauung der Stadt Langensalza vor allem auch mit mehrgeschossigen, für mehrere Haushalte ausgelegte Häuser vorauszusetzen. Da für die übrigen untersuchten Städte keine entsprechenden Register vorlagen, ließ sich dieses Ergebnis nicht weiter relativieren. Vielleicht spricht aber der Umstand, dass die Steuerleistungen Tennstedts und Schlotheims höher waren als die Thamsbrücks, dafür, dass auch hier eine größere Zahl schossender Haushalte vorhanden war und deshalb auch in diesen Städten eine dichtere Bebauung anzunehmen ist beziehungsweise mehrgeschossige Häuser, in denen auch mehrere Familien lebten, vorhanden waren. Zusammenfassend scheint deshalb die Größe der Siedlungsfläche allein wenig über den urbanen Charakter eines Ortes auszusagen. Sie führt nur im Zusammenhang mit der Bevölkerungszahl oder genauer den schossenden Haushalten zu brauchbaren Ergebnissen. Obwohl die Stadt Schlotheim kaum über ihre Gründungsgrenzen hinaus wuchs, muss es eine gewisse städtische Entwicklung gegeben haben. So war immerhin festzustellen, dass sich in dieser ausgesprochenen Kleinstadt doch auch typisch städtisches Gewerbe herausbilden konnte und darüber hinaus sich eine gewisse Differenzierung in der Gewerbestruktur andeutete. Gleiches trifft auch für Tennstedt zu. Demgegenüber ließ sich Vergleichbares weder für Thamsbrück noch für Herbsleben nachweisen. Aus dieser Perspektive scheint Thamsbrück damit Herbsleben nicht unähnlich gewesen zu sein. Gleichwohl hatte sich in Thamsbrück, wie auch in den anderen Städten, eine Ratsverfassung herausbilden können, während Herbsleben zwar gleichfalls über eine genossenschaftlich organisierte Verwaltung verfügte, der Ort aber in erheblichem Maße spätmittelalterliche dörfliche Strukturen aufwies. Die Ratsverfassung scheint damit, obwohl auch dörfliche Vormünder im Spätmittelalter als Räte bezeichnet werden konnten, ein wesentliches Kriterium von Stadt zu sein. Insofern scheint die Verfassung eines Ortes, wie hier noch einmal ausdrücklich zu betonen sei, nach wie vor ein wichtiges Kriterium zu sein, um die Stadt vom Dorf zu unterscheiden.7 In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf das eingangs 7
So ist, wie Klaus Flink erneut vor allem auch für die Ackerbürgerstädte betont, eine Stadtgründung beziehungsweise die Erhebung eines Ortes zur Stadt „ein eminent verfassungsrechtlicher Vorgang, wobei nicht nur die personen-, sondern auch die (meist übersehene) bodenrechtliche Privilegierung der innerstädtischen Areale Vorrang hat.“ Kombiniert mit dem Hinweis, dass Landwirtschaft in allen Städten in unterschiedlichem Ausmaß betrieben
778
ERGEBNISSE
gebrachte Beispiel der Stadterhebung Kindelbrücks durch Landgraf Albrecht im Jahr 1291 verwiesen. Erst durch die Verleihung des Stadtrechts wurden die rusticis de Kindelbrücken zu Bürgern und das Dorf zur Stadt.8 Gleichwohl war, wie wiederum das Beispiel Herbsleben zeigte, der rechtliche Status nicht ausschlaggebend, um einen Ort für die Zeitgenossen als Stadt erscheinen zu lassen. Auch gelang es verfassungsmäßig als Dörfer anzusehenden Siedlungen, nicht unwesentliche Rechte in die Hand zu bekommen und eine dörfliche Selbstverwaltung durchzusetzen. Im Fall Herbslebens sei aber darauf verwiesen, dass dieses bereits in der Privilegierung zum Marktort und der damit verbundenen Schaffung eines Sonderrechtsbereiches sowie von für einen Markt notwendigen Rechts- und Verwaltungsstrukturen tendenziell angelegt gewesen sein dürfte. Ebenso wurde deutlich, dass auch die landesherrlichen Städte trotz eines doch recht festen stadtherrlichen Zugriffs in der Lage waren, wenigstens in wirtschaftlichen Belangen als selbstständige politische Akteure in Erscheinung zu treten. Für keine der untersuchten Städte ist jedoch überliefert, dass sie als Mitglieder von Städtebünden auch darüber hinaus politisch tätig wurden. Allerdings zeigte das Beispiel der hessischen Kleinstadt Grünberg, dass dies unter gewissen Voraussetzungen durchaus möglich war. Vor allem die Zeit des Kampfes um die Nachfolge in der Landgrafschaft sowie das zeitgleich einsetzenden Interregnum scheinen darüber hinaus eine entscheidende Phase in der Geschichte thüringischer Städte gewesen zu sein. So könnte vor dem Hintergrund fehlender starker herrschaftlicher Zentralgewalten die Entstehung ministerialischer Städte wie Schlotheim oder Langensalza möglich geworden sein oder vielmehr begünstigten damit verbundene Auseinandersetzungen deren Entstehung. Gleichzeitig deutete sich an, dass sich in demselbem Zusammenhang in bereits bestehenden Städten die Ratsverfassung ausbildete. Der Stadt Langensalza gelang es, weitgehende Rechte in die Hand zu bekommen; so erhielt die Stadt im 15. Jahrhundert unter anderem Gerichtsautonomie und weitreichenden Zugriff auf die Münze. In Schlotheim sind für die gleiche Zeit Auseinandersetzungen mit den niederadligen Stadtherren, den Herren von Hopfgarten, zu erkennen. Die Stadt Tennstedt scheute nicht die Auseinandersetzungen mit lokalen Geschlechtern. Eine weitgehende Emanzipation vom Stadtherrn war jedoch in keiner der Städte zu erkennen. So war immerhin nachweisbar, dass der jeweils neu gewählte Rat in Tennstedt, Langensalza und Thamsbrück immer auch durch den Stadtherrn bestätigt werden musste.
8
worden ist, spricht er sich indirekt dafür aus, diese Orte doch zunächst als Städte anzusehen. (FLINK: Feld- und Waldwirtschaft, S. 181.) Quellen zur älteren Geschichte des Städtewesens in Mitteldeutschland 2, Nr. 209b. Vgl. auch Einleitung.
WICHTIGE ERGEBNISSE FÜR DIE THÜRINGISCHE LANDESGESCHICHTE
779
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die untersuchten Städte spielten im Rahmen herrschaftlicher Politik eine wesentliche Rolle. Sie lediglich auf eine solche Funktion zu beschränken, wird ihnen jedoch nicht gerecht. Sie nahmen auch darüber hinausgehende Funktionen wahr, ihre daraus resultierende Entwicklung fiel jedoch in hohem Maße unterschiedlich aus beziehungsweise kam, wie bei Herbsleben eine städtische Entwicklung, sofern sie überhaupt beabsichtigt war, nicht zum Abschluss.
3. Wichtige Ergebnisse für die thüringische Landesgeschichte a) Auch in Thüringen waren die Städte ein Mittel zur Durchsetzung von herrschaftlichen Ansprüchen. Mit ihnen gelang der Übergang von der Herrschaft auf personaler Ebene zur Flächenherrschaft – zur Landesherrschaft. b) Daraus folgend wurde deutlich, dass deshalb Städte für die bedeutenden geistlichen und weltlichen Herren in einer Region wichtig waren und sie deshalb selber Städte gründeten oder Orte zu Städten privilegierten. Waren sie nicht unmittelbar an der Stadtwerdung beteiligt, versuchten sie zur Durchsetzung ihrer territorialen Interessen in die Stadtherrschaft einzurücken. Letzteres gestaltete die untersuchte Region nachhaltig um, indem die Wettiner als Landgrafen spätestens am Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert andere Herren weitgehend verdrängt und damit ihre Herrschaft stabilisiert und ausgebaut hatten. Auch wenn dieser Vorgang insbesondere in der untersuchten Region hervortrat, dürfte Vergleichbares auch in anderen Teilen Thüringens zu beobachten sein. c) Von den vier untersuchten Städten waren drei ausgesprochene Kleinoder sogar Kleinststädte und nur eine war eine Mittelstadt. Dieses Verhältnis entspricht den eingangs dargestellten Ergebnissen hinsichtlich der Zahl von kleinen Städten in einer Städtelandschaft, insbesondere auch in Thüringen.9 Auch war dieses, wie gleichfalls zu Beginn überlegt, das Ergebnis der starken herrschaftlichen Zersplitterung im Untersuchungsraum. d) Herbsleben als Marktflecken hatte zwar verschiedene städtische Merkmale, scheint aber nie eine Stadt gewesen zu sein. Dieser Ort gehört zu den mittelalterlichen Flecken. Da mit Großengottern, Ufhoven, Gräfentonna 9
EBERHARDT: Ackerbürgerstädte, S. 96. EBERHARDT: Kleinstädte im mittleren Thüringen, S. 26. Vgl. auch Kap. I.2.1.
780
ERGEBNISSE
und Ebeleben mindestens drei weitere dieser Orte im Untersuchungsraum identifiziert werden konnten, ist zu vermuten, dass auch in anderen Teilen des Thüringer Beckens neben den Städten eine noch größere Zahl von Flecken bestand als auf der von Karl Opitz erstellten Karte über die Städte und Flecken in Thüringen.10 Auch solche Orte erfüllten ähnlich wie die Städte zentralörtliche Funktionen. e) Auch wenn die untersuchten Kleinstädte durchaus eine differenziertere Gewerbe- und damit auch Wirtschaftsstruktur aufwiesen, deutet sich doch an, dass sie durch Spezialisierung auf ein besonderes Produkt gewisse Alleinstellungsmerkmale in der Region hatten – es zwischen den Städten augenscheinlich eine Aufteilung des „regionalen“11 Absatzmarktes gegeben haben könnte. Eine breiter angelegte Untersuchung müsste dies für den gesamten thüringischen Raum überprüfen. f) Auffällig war außerdem, dass bei allen untersuchten Orten, wesentliche Quellen nicht oder nur unzureichend ediert waren. Vor allem im Fall Langensalzas ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass in den umfangreichen mittelalterlichen Stadtbüchern weitere für die Stadtgeschichte bedeutsame Informationen zu finden sein dürften.
10 11
SCHLÜTER/AUGUST: Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes 2, Karte 28, bearb. u. ausgf. v. OPITZ. Vgl. auch Kap. I.2.1. Unter „regional“ werden hier der Untersuchungsraum sowie die angrenzenden Regionen verstanden.
ANHANG
Pläne und Karten 1.
ANHANG
782
mittelalterliche Städte
mittelalterliche Flecken (unvollständig)
Grenze von Thüringen (heute)
Karte 1: Mittelalterliche Städte und Flecken in Thüringen
783
nach Groß- und Kleinwelsbach
PLÄNE UND KARTEN
feucht/sumpfige Unstrutaue
Thamsbrück
ursprüngliche Straße nach Bad Langensalza
feucht/sumpfige Unstrutaue
Platz des Klosters Homburg
300 m
Karte 2: Lageplan Kloster Homburg/Thamsbrück
ANHANG
784
im Mittelalter sicher als Stadt bezeugt
im Mittelalter als Flecken bezeichnet
Dorf
Karte 3: Untersuchungsraum: Städte, Flecken und Dörfer
785 PLÄNE UND KARTEN
zum Kloster Homburg, nach Bad Langensalza
D
4
A2 A
A1
3
100 m
k
a
c
d
2a
e
j
2b
1
f
l
i
C
h
g
nach Schlotheim, Großwelsbach
B
b
nach Issers-
1854 unbesiedelte Fläche innerhalb der Stadt
1854 innerhalb der Stadt besiedelte Fläche
vor 1854 aufgesiedelte Fläche südlich der Stadt
Lage der Burgsiedlung nach Werner Schnellenkamp
Verlauf der Stadtmauer
möglicher ursprünglicher Wegeverlauf
1) von Schnellenkamp vorgeschlagenes südliches Stadttor, 2a und 2b) mögliche Lage des nördlichen Sadttores, 3) vermutliche Lage des Dammtores, 4) Riedtor, 5) Steintor
Hauptachsen heilingen, Schlotheim A) Burg, A2) Zugang zur Burg, A2) Bergfried, B) St. Georgikirche, C) Rathaus, D) Obermühle
5
nach Merxleben, Bad Tennstedt
a) Rautengasse, b) An der Stadtmauer, c) Am Schlossberg, d) Bergstraße, e) Backhausberg, f) Königsplatz, g) Klingenstraße, h) Brauhausstraße, i) Große Reinhardsbrunner Straße, j) Kleine Reinhardsbrunner Straße, k) Am Stadtgraben, l) Marktplatz
Karte 4: Stadtgrundriss Thamsbrück
ANHANG
786
Herbsleben, zur Straße Bad Langensalza-Erfurt
vorgelagertes Wall-Grabensystem
zur Straße EbelebenGreussen-Weißensee
A) frühmittelalterliche Burganlage, A1) Hauptburg, A2) Vorburg, B) ungefähre Lage der hoch- und spätmittelalterlichen Wasserburg, C) Burgmühle, D) St. Andreaskirche, E) St. Wigbertikirche, F) Nikolaikirche,G) Hospital, G1) Hospitalskapelle H) Bruchmühle, I) Marktplatz, J) Rathaus, K) Elisabethkapelle, L) Winkelhöfe
Groß- und Kleinballhausen, zum Unstrutübergang bei Straußfurt
a) Steinweg, b) Herrengasse, c) Darrgasse
1) Osthöfer Tor, 2) Gebisches Tor, 3) Langensalzaer oder Wenigentennstedter Tor, 4) Brückentor, 5) Pforte
Verlauf der Stadtmauer 1853/54 innerhalb der Stadt unbesiedelte Fläche 1853/54 innerhalb der Stadt besiedelte Fläche
Gebesee
Karte 5: Stadtgrundriss Bad Tennstedt
787 PLÄNE UND KARTEN
A) spätmittelalterliche Burg, B) Salvatorkirche, C) Magdalenerinnenkloster, D) Hospital mit Kapelle, E) Standort Rathaus (heute), F) Mühlhäuser Tor, G) Erfurter Tor a) Markt, b) Waidanger, c) Flachsmarkt, d) Pferde- oder Gaulmarkt, e) Ratsstraße Verlauf der Stadtmauer Stadtmauerverlauf unsicher ottonische Befestigung
Karte 6: Stadtgrundriss Schlotheim Notter
ANHANG
788
UfhovenEisenach
Ufhoven-Eisenach
SchönstedtGroßengotternMühlhausen
Gotha
zum Böhmen, Kloster HomburgThamsbrück
Kloster HomburgThamsbrück
Merxleben-Bad TennstedtHerbsleben
Karte 7: Stadtgrundriss Bad Langensalza
789 PLÄNE UND KARTEN
Verlauf der äußeren Stadtmauer mit Türmen
Verlauf der inneren Stadtmauer
wegen der ursprünglich hier entlang führenden inneren Stadtmauer wohl ursprünglich unbebaute Flächen
1834 weitestgehend unbebaute Fläche
1834 weitestgehend bebaute Fläche
Erläuterungen zum Stadtgrundriss von Bad Langensalza 1) Inneres Frauen- oder Neustädter Tor, 2) Inneres Mühlhäuser Tor, 3) Jakobstor, 4) Inneres Erfurter Tor, 5) Äußeres Erfurter Tor, 6) Gothaer Gatter, 7) Jahrmarkter Tor, 8) Kriegstor, 9) Äußeres Mühlhäuser Tor, 10) Äußeres Frauen- oder Niederhöfer Tor, 11) Klagetor I) Altstadt, II) Neustadt, III) Jakobsstadt, IV) Erfurter Vorstadt, V) Siedlung vor dem Klagetor A) Stephans- oder Bergkirche, B) Marktkirche St. Bonifatii, C) Jakobskirche und Franziskanerkloster, D) Augustinerkloster mit Kirche, E) ehemaliges Dorlaer Stift unterhalb der Stephanskirche, F) Weißfrauen-/Magdalenerinnenkloster, G) Platz der ehemaligen Kirche St. Marien in den Niederhöfen (ursprünglicher Standort des Weißfrauenklosters), H) Rathaus, I) Burg, J) Hospital St. Johannis, K) Hospital St. Georg, L) Hospital St. Elisabeth, M) jüdische Siedlung, N) Burgturm (möglicherweise ursprüngliche Langensalzaer Burg), O) Reinhardsbrunner Hof a) Bergstraße, b) Neustädter Straße, c) Jüdengasse, d) Altmarkt, e) Neumarkt (heute Mühlhäuser Straße), g) Töpfermarkt, h) Kornmarkt, i) Neue Gasse, j) Herrengasse, k) Salzstraße, l) Enge Gasse, m) Tuchmachergasse, m) Steinweg, o) Burggasse, p) Lange Straße, q) Ratsstraße, r) Holzgasse, s) Klostergasse
ANHANG
790
Inneres Mühlhäuser Tor
a) b) c) d) e) f) g)
heutiger Rathausbau innere Stadtmauer
Zugang zum Ratskeller Ratskeller Rathausturm Brot- und Fleischbänke Schreiberei Wohngebäude des 14. Jahrhunderts Verbindungsraum (14.16. Jahrhundert)
Marktstraße
Altmarkt mit Marktkirche
Karte 8: Grundriss des mittelalterlichen Rathauses von Bad Langensalza und Neumarkt
791 PLÄNE UND KARTEN
1) Burg, 2) Obertor 3) Angertor, 4) Pforte 5) Niedertor, 6) Wigbertikirche, 7) Hospital, 8) Markt, 9) Gemeindeschänke
A) Hauptstraße, B) Herrenstraße, C) Neue Gasse, D) Spittelgartenweg, E) ehemaliger Klosterplatz
Verlauf der ehemaligen Ortsbefestigung
Karte 9: Ortsgrundriss Herbsleben
792
ANHANG
Die Karten und Grundrissen wurden vom Autor selbst erstellt. Grundlegend für ihre Erstellung war folgende Literatur: Karte 1: SCHLÜTER/AUGUST (Hg.): Atlas des Saale- und mttleren Elbegebietes 2, Karte 28. bearb. und ausgef. v. Carl OPITZ. Karte 2: Topographisches Feldoriginal - Urmesstischblatt der preußischen Landesaufnahme von 1853/54, Nr. 324 Langensalza. Karte 3: SCHLÜTER/AUGUST (Hg.): Atlas des Saale- und mttleren Elbegebietes 2, Karte 28. bearb. und ausgef. v. Carl OPITZ. Karte 4: Topographisches Feldoriginal - Urmesstischblatt der preußischen Landesaufnahme von 1854, Nr. 4829f u. 4929f. Karte 5: Topographisches Feldoriginal - Urmesstischblatt der preußischen Landesaufnahme von 1853/54, Nr. 325 Tennstedt u. 326 Gebesee. Plan des mittelalterlichen Tennstedts, in: WILHELMS: Bad Tennstedt, S. 48. Topographische Karte 1:25.000, Bll. 4830 Groß Vargula u. 4831 Gebesee, in: GOCKEL: Art. Tennstedt, S. 525. Karte 6: Topographisches Feldoriginal - Urmesstischblatt der preußischen Landesaufnahme von 1853/54, Nr. 310 Körner. Topographische Karte 1:10.000-SO Schlotheim. Stadtplan von Schlotheim, in: AULEPP: Mittelalterliche Bauten in Schlotheim, S. 55. Isophysenkarte, in: Wagner: Schlotheim, S. 26. Karte 7: Grundrissplan der Stadt Langensalza von 1834, StadtA Bad Langensalza Sa 7-00/1-2. Topographisches Feldoriginal - Urmesstischblatt der preußischen Landesaufnahme von 1854, Reprint: Thüringer Landesamt für Vermessung und Geodäsie, Nr. 4829f u. 4929f. BEYER: Unter der Stadt, Ab. 35, S. 34. Karte 8: MÜLLER-STÜCKRAD: Im Zentrum der Altstadt, S. 17-24. BEYER: Historische Bauforschung, S. 25-31.
PLÄNE UND KARTEN
793
Karte 9: Die Ausdehnung des Ortes Herbsleben im Jahre 1822 v. A. Wolfer, LATh-StA Gotha, Flurbücher, Steurkataster, Nr. 580.
794
ANHANG
2. Fotos
Foto 1: Rundturm der Bad Tennstedt Stadtmauer oberhalb des steil zur Stadt abfallenden Geländes (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 2: Das im südlichen Abschnitt der Stadtmauer von Bad Tennstedt vorgelagerte WallGraben-System. Der Weg markiert den tiefsten Punkt des der Mauer vorgelagerten Grabens. (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
FOTOS
795
Foto 3: Das im südlichen Bereich der Stadtmauer von Bad Tennstedt vorgelagerte Wall-Graben-System. Die linke äußere Baumreihe markiert den ehemaligen Verlauf der Stadtmauer. (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 4: Rundturm der südlichen Bad Tennstedter Stadtmauer. (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
796
ANHANG
Foto 5: Viereckiger Turm oberhalb der Bad Tennstedter Wigbertikirche im südlichen Abschnitt der Stadtmauer (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 6: „Burgturm“ der Bad Langensalzaer Stadtmauer von Osten (Foto: Leiniger, 15.08.2016)
Foto 7: „Burgturm“ der Bad Langensalzaer Stadtmauer von Westen (Foto: Leiniger, 15.08.2016)
Foto 8: „Pulver- oder Wachturm“ im nördlichen Abschnitt der Bad Langensalzaer Stadtmauer (Foto: Leiniger, 15.08.2016)
FOTOS
Foto 9: „Weißer Turm“ an der Süd-WestEcke der Bad Langensalzaer Stadtmauer (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 11: „Storchennestturm“ im nördlichen Abschnitt der ehemaligen Mauer der Altstadt Bad Langensalzas (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
797
Foto 10: „Butterturm“ im südlichen Abschnitt der Bad Langensalzaer Stadtmauer (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 12: Turm am Lindenbühl im südlichen Abschnitt der ehemaligen Mauer der Altstadt Bad Langensalzas (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
798
ANHANG
Foto 13: Bad Langensalzaer Stephanskirche mit Mauer, von Osten (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 14: Bad Langensalzaer Stephanskirche mit Mauer von Südosten. Im Vordergrund das aus Dorla hierher verlegte Stift St. Paul. (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
799
FOTOS
Foto 15: südlicher Aufgang zur Bad Langensalzaer Stephanskirche (Foto: Leiniger, 15.08.2016)
Foto 16: Hauptzugang zur Bad Langensalzaer Stephanskirche von der Mühlhäuser Straße (Foto: Leiniger, 15.08.2016)
Foto 17: die Bad Langensalzaer Stephanskirche von Nordwesten mit Stadtmauer und Rundturm (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
800
ANHANG
Foto 18: Reste der von der ehemaligen Bad Langensalzaer Neustadt erhöht liegenden Stadtburg (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 19: Verlauf der Bad Tennstedter Stadtmauer südwestlich der Wigbertikirche (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
FOTOS
801
Foto 20: Bad Tennstedter Wigbertikirche von Norden, Aufgang aus Richtung des ehemaligen Langensalzaer Tores. (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
Foto 21: Aufgang zur Bad Tennstedter Wigbertikirche vom Marktplatz und Rathaus aus. (Foto: Leiniger, 05.01.2018)
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
A.C.
Archivum Commune
ADB
Allgemeine deutsche Biographie
Arcinsys
Archivinformationssystem des hessischen Landesarchivs und weiterer Archive
BStA
Bayerisches Staatsarchiv
Cap.
MGH Capitularia
CDA
Codex Diplomaticus Anhaltinus
CDB A
Codex diplomaticus Brandenburgensis Hauptteil 1
CDS
Codex Diplomaticus Saxoniae
CDS A
1. Hauptteil, Abteilung A.
CDS B
1. Hauptteil, Abteilung B.
Const.
MGH Leges. Constitutiones
DD
MGH Diplomata
DD F. I.
Diplomata Friedrichs I.
DD F. II.
Diplomata Friedrichs II.
DD H. I.
Diplomata Heinrichs I.
DD H. d. L.
Diplomata Heinrichs des Löwen
DD K. d. Gr.
Diplomata Karls des Großen
DD L. d. D.
Dilomata Ludwigs des Deutschen
DD L. d. J.
Diplomata Ludwigs des Jüngeren
DD O. I.
Diplomata Ottos I.
DD O. II.
Diplomata Ottos II.
DD O. III.
Diplomata Ottos III.
Dob
Regesta Diplomatica necnon Epistularia Historiae Thuringiae, Bd. I-IV
DRW
Deutsches Rechtswörterbuch
804
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
DV
Documenta varia
Font. iur. N.S.
MGH Fontes iures Germanici antique. Nova series.
HStA
Hessisches Staatsarchiv
Hist. Volc.
Historia Monasterii Volcolderodensis diplomatica
LHASA
Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt
LATh-HStA
Landesarchiv Thüringen Hauptstaatsarchiv
LATh-StA
Landesarchiv Thüringen Staatsarchiv
LL
MGH Leges (in Folio)
LU
Langsdorfer Urkunden
NLA StA
Niedersächsisches Landesarchiv Staatsarchiv
MGH
Moumenta Germaniae Historica
OA
Ortsakte im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar
RG
Repertorium poenitentiariae Germanicum
RTA
Reichstagsakten
SHStA
Sächsisches Hauptstaatsarchiv
SS
MGH Scriptores
StadtA
Stadtarchiv
SU
Sondershäuser Urtkunden
TLDA
Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie
UB
Urkundenbuch
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
1.
Ungedruckte Quellen
Bayerisches Staatsarchiv Würzburg: Bestand Mainzer Ingrossaturbücher: Mainzer Ingrossaturbuch 3 (1347-1349) Bestand Mainzer Ingrossaturbücher: Mainzer Ingrossaturbuch 6 (1231-1400) Hessisches Staatsarchiv Darmstadt: Bestand R11, Regesten der Erzbischöfe von Mainz. REM Nr. 26: 1377-1378. Hessisches Staatsarchiv Marburg: Bestand Urkunden 1: Hessisches Samtarchiv Bestand Urkunden 15: Kloster Ahnaberg Bestand Urkunden 18: Kloster Spieskappel Bestand Urkunden 23: Kloster Georgenberg Bestand Urkunden 26: Kloster Haina Bestand Urkunden 56: Urkunden der Reichsabtei Hersfeld Bestand Urkunden 57: Hersfelder Klöster und Propsteien Bestand Urkunden 85: Städte und Gemeinden Bestand Urkunden 87: Klöster, Pfarreien, Hospitäler, geistliche Behörden Hohenloher Zentralarchiv Neuenstein: Bestand GA 15: Gemeinschaftliches Hausarchiv, Abteilung IV: Archiv der Herrschaft Weinsberg mit dem Nachlass des Reichserbkämmerers Konrad von Weinsberg Landesarchiv Sachsen-Anhalt. Wernigerode: Bestand D 21 A1: Amt Langensalza (1440-1871), Erbbücher (1440-1793) Bestand H 1: Herrschaftsarchiv Beichlingen (1266-1945) Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Magdeburg: Bestand U 10 a: Kursächsische Ämter (1289-1811) Landesarchiv Thüringen, Staatsarchiv Gotha: Bestand: Katasteramt Langensalza I (Bestandssignatur: 2-44-0583) Bestand: Flurbücher, Steuerkataster (Bestandssignatur: 2-16-0266) Bestand: Kammerarchiv Amt Reinhardsbrunn (Bestandssignatur: 2-14-2)
806
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Bestand: Kloster Georgenthal (Bestandssignatur: 2-11-0001) Bestand: Gemeinde Herbsleben (Bestandssignatur: 2-11-0002) Landesarchiv Thüringen, Staatsarchiv Meiningen: Bestand GHA (Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv) Sektion I Landesarchiv Thüringen, Staatsarchiv Rudolstadt: Bestand 5-99-1100 A VIII Hessesche Collectaneen 11: Nachlässe und fremde Sammlungen, 11.3 Familienarchiv von Hopfgarten (Marie Sophie von Hopfgarten: Die Vortrefflichkeit [Geschichte] der Familie von Hopfgarten aus den vergangenen und gegenwärtigen Zeiten, Mühlhausen 1761.) Bestand: Archivum Commune (Bestandssignatur: 5-11-1010) Bestand: Documenta varia (Bestandssignatur: 5-11-1040) Bestand: Lehnbücher (Bestandssignatur: 5-11-2030) Bestand: Sondershäuser Urkunden (Bestandssignatur: 5-11-2010) Landesarchiv Thüringen, Hauptstaatsarchiv Weimar: Bestand Ernestinisches Gesamtarchiv Reg B: Sachsen Verhältnisse zu Auswärtigen (1347-1630) Bestand Ernestinisches Gesamtarchiv Reg Hh: Städte und Bürger (1283-1677) Niedersächsiches Landesarchiv, Staatsarchiv Wolfenbüttel: Bestand 11 Alt Gandersheim. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden: Bestand 10001: Ältere Urkunden Bestand 10004: Kopiale Bestand 10024: Geheimer Rat (Geheimes Archiv) Bestand 12884: Karten und Risse: Schrank 1, Fach 1. Stadtarchiv Bad Langensalza: Bestand: R I-R III: (Kämmereirechnungen) Bestand: Sa 7-00/1-2: (Karten und Pläne) Bestand: B 425: Kopialbuch des Klosters Homburg Bestand: Sa 2-4: Marktkirche: Regesten der Marktkirche St. Bonifatii T. 1: 724-1599. T. 2: 1600-1934. Bestand: Thamsbrück, Magistrat I. Stadtarchiv Erfurt: Bestand: 2-111-2 Stadtarchiv Lübeck: Bestand: Altes Senatsarchiv
GEDRUCKTE QUELLEN
807
2. Gedruckte Quellen
Accurate Geographische Declineation des Ammtes Langensaltza = Accurate Geographische Declineation des Zu dem Chursaechsischen Thüringen gehörigen Ammtes Langensaltza, hg. v. Petrus SCHENK, Amsterdam 1754, Nachdruck durch Harald Rockstuhl, Bad Langensalza 1996. Adalberti continuatio Reginonis = Adalberti continuatio Reginonis, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germaniarum in usum scholarum, Bd. 50, hg. v. Friedrich KURZE, Hannover 1890, S. 154-179. Annales Erphordenses fratrum Praedicatorum = Annales Erphordenses fratrum Praedicatorum a. 1220-1253, in: Monumenta Germaniae Historica. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, T. 42: Monumenta Erphesfurtensia Saec. XII, XIII, XIV, hg. v. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1899, S. 72-116. Annales Lamperti = Lamperti Annales, in: Monumenta Germaniae Historica. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Bd. 38: Lamberti monachi Hersfeldensis opera ed. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1894, S. 1-304. AUE: Herren von Schlotheim = Zur Geschichte der Herren von Schlotheim und Allmenhausen, zusammengetr. v. Karl AUE, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 3 (1857/59), S. 201-210. Brevarium sancti Lulli = Brevarium sancti Lulli. Ein Hersfelder Güterverzeichnis aus dem 9. Jahrhundert, besorgt v. Thomas FRANKE, Bad Hersfeld 1986. BRÜHL/KÖLZER: Tafelgüterverzeichnis = Carlrichard BRÜHL/Theodor KÖLZER: Das Tafelgüterverzeichnis des römischen Königs, Köln/Wien 1979. Codex diplomaticus Brandenburgensis = Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellenschriften für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten, Bd. 2,1, hg. v. Adolph Friedrich RIEDEL, Berlin 1843. Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellenschriften für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten, Bd. 10, hg. v. Adolph Friedrich RIEDEL, ed. v. G. REIMER, Berlin 1856. Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellenschriften für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten, Bd. 24, hg. v. Adolph Friedrich RIEDEL, ed. v. G. REIMER, Berlin 1863. Codex diplomaticus Fuldensis = Codex diplomaticus Fuldensis, hg. v. Ernst Friedrich Johann DRONKE: Neudruck der Ausg. v. 1850, Aalen 1962.
808
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Codex dipl. Lusatiae superioris IV = Codex diplomaticus Lusatiae superioris. Sammlung der Urkunden für das Markgrafenthum Oberlausitz, Bd. 4: Oberlausitzer Urkunden von 1437-1457, hg. v. Richard JECHT, Görlitz 1911-1927. CDS I, A 1-3 = Codex diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung A: Bd. 1: Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, 948-1099, hg. von Otto POSSE, Leipzig 1882. Codex diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung A: Bd. 2: Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, 1100-1195, hg. von Otto POSSE, Leipzig 1889. Codex diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung A: Bd. 3: Urkunden der Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, 1196-1214, hg. von Otto POSSE/Hubert ERMISCH, Leipzig 1898. CDS I, B 1-4 = Codex Diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung B: Bd. 1: Urkunden der Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1381-1395, hg. v. Hubert ERMISCH, Leipzig 1899. Codex Diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung B: Bd. 2: Urkunden der Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1396-1406, hg. v. Otto POSSE, Leipzig 1902. Codex Diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung B: Bd. 3: Urkunden der Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1407-1418, hg. v. Hubert ERMISCH/Otto POSSE, Leipzig 1909. Codex Diplomaticus Saxoniae regiae. 1. Hauptteil, Abteilung B: Bd. 4: Urkunden der Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1419-1427, hg. v. Hans BESCHORNER, bearb. v. Hubert ERMISCH/Beatrix DEHNE, Leipzig 1941. Codex Eberhardi = Der Codex Eberhardi des Klosters Fulda, Bd. 1-4, hg. von Heinrich MEYER ZU ERMGASSEN (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen, Bd. 58,14), Marburg 1995-2009. Chronik Hartung Cammermeisters = Die Chronik des Hartung Cammermeisters, bearb. v. Robert REICHE (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, Bd. 35), Halle 1896. Cronica s. Petri Erfordensis continuatio III = Chronicae S. Petri Erfordensis moderna. Continuatio III. 1338-1355, in: Monumenta Germaniae Historica in usum scholarum, T. 42: Monumenta Erphesfurtensia Saec. XII, XIII, XIV, hg. v. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1899, S. 374-384. Das Erfurter Judenbuch 1357-1407 = Das Erfurter Judenbuch 1357-1407, hg. v. Arthur SÜSSMANN, in: Mitteilungen des Gesamtarchivs der deutschen Juden 5 (1914/15), S. 23-92. Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt = Die Aufzeichnung des Thomas von Buttelstedt über die Landgrafschaft Thüringen zur Zeit des Anfalles an die Herzoge Friedrich und Wilhelm von Sachsen 1440-1443,
GEDRUCKTE QUELLEN
809
hg. v. Karl MENZEL, in: Neue Mittheilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen 12 (1869), S. 427-488. Die ältesten Lehnsbücher der Grafen von Henneberg = Die ältesten Lehnsbücher der Grafen von Henneberg, bearb. v. Johannes MÖTSCH/Katharina WITTER (Veröffentlichungen aus thüringischen Staatsarchiven. Bd. 2), Weimar 1996. Die ältesten Lehnbücher der Herrschaft Bolanden = Die ältesten Lehnbücher der Herrschaft Bolanden hg. v. Wilhelm SAUER, Wiesbaden/Philadelphia 1882. Die Klöster der Landschaft an der Werra = Die Klöster der Landschaft an der Werra. Regesten und Urkunden (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Bd. 9,1), hg. v. Albert HUSKENS, Marburg 1916. Diplomata Schlothemensia = Diplomata Schlothemensia, in: Neue Beyträge zu den Geschichten, Staats-, Lehn- und Privatrechten der Lande des Chur- und Fürstlichen Hauses Sachsen, Tl. 1. gesammelt v. Heinrich Gottlieb FRANKEN, Altenburg 1767, S. 113-146. Diplomataria Maguntina, pagos Rheni 1 = Diplomataria Maguntina, pagos Rheni, Mogani, Navæque Wetteraviæ, Hassiæ, Thuringiæ, Eichsfeldiæ, Saxoniæ ct., T. 1, ed. Stephan Alexander WÜRDTWEIN, Mainz 1788. Diplomatariae et scriptores, hg. v. SCHÖTTGEN/KREYSIG 1 = Diplomataria et scriptores historiae Germanicae medii aevi cum sigillis aeri incisis, T.1, hg. v. Christian SCHÖTTGEN/Georg Christoph KREYSIG, Altenburg 1753. DRONKE: Codex diplomaticus Fuldensis = Codex diplomaticus Fuldensis, hg. v. Ernst Friedrich Johann DRONKE, Kassel 1850. DRONKE: Traditiones Fuldenses = Traditiones et antiquitates Fuldenses, hg. v. Ernst Friedrich Johann DRONKE, Fulda 1844. DÜRER: Etliche underricht = Albrecht Dürer, etliche underricht zu befestigung der Stett, Schlosz und flecken, Nürnberg 1527. Düringische Chronik des Johannes Rothe = Johannes Rothe, Thüringische Landeschronik und Eisenacher Chronik, hg. v. Sylvia WEIGELT (Deutsche Texte des Mittelalters, Bd. 87), Berlin 2007. ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka 2 u. 3 = Constantin ELLE: Die alte Herrschaft (Grafschaft) Berka a. d. Ilm. Ein Beitrag zur Kunde thüringischen Altertums: Tl. 2: Graf Dietrichs III. Söhne von 1251 bis gegen 1272, hg. v. A. MUELLER, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde, N. F. 16 (1906), S. 261- 302. Tl. 3: 1422-1608, hg. v. A. MUELLER, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde, N. F. 17 (1907), S. 193-250.
810
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
ERATH: Codex diplomaticus Quedlinburgensis = Codex diplomaticus Quedlinburgensis, ed. Anton Ulrich ERATH, Frankfurt am Main 1764. Erbarmannschaft Wettinische Lande III: Thüringen = Erbarmanschaft Wettinischer Lande, Bd. 3: Thüringen bearb. u. hg. v. Richard VON MANSBERG, Dresden 1905. Erfurter Zuchtbrief = Der Erfurter Zuchtbrief vom Jahre 1351, mitgetheilt v. Karl Eduard FÖRSTEMANN, in: neue Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen 7, 2 (1844), S. 101-129. FALCK: Mainzer Regesten 1200-1250 = Mainzer Regesten 1200-1250 zur Geschichte der Stadt, ihrer geistlichen und weltlichen Institutionen und Bewohner, 1. Teil: Text, hg. v. Ludwig FALCK (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 35, 1), Mainz 2007. Fuldischer Lehn-Hof = Fuldischer Lehn-Hof, sive de clientela Fuldensi beneficaria nobili et equestri tractatus historico juridicus in quo fuse disseritur, ed. Johann Friedrich SCHANNAT, Frankfurt a. Main 1726. Füsslein: Zisterzienserfrauenkloster zu Saalfeld und Stadtilm (1932/33) = Wilhelm FÜSSLEIN: Studien zur Gründungsgeschichte des Zisterzienserfrauenklosters zu Saalfeld-Stadtilm, T. III: Die Urkunden, hg. v. Wilhelm FÜSSLEIN, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumslkunde 38/N.F. 30, (1932/33), S. 421-460. Gisleberti Chronicon Hanoniense = Gisleberti Chronicon Hanoniense, in: Monumenta Germaniae Historica. Inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum. Scriptorum T. 21, ed. v. Wilhelm ARNDT/Georg Heinrich PERTZ, Hannover 1869, S. 481-622. GUDENUS: Cod. Dipl. 1 = Codex diplomaticus exhibens anecdota ab anno DCCCLXXXI ad MCCC. Moguntiaca, Ius Germanicum et S.R.I Historiam illustrantiam, Bd.1, hg. v. Valentin Ferdinand GUDENUS, Göttingen 1743. HAGKE: Urkundliche Nachrichten = Urkundliche Nachrichten über die Städte, Dörfer und Güter des Kreises Weißensee. Beiträge zu einem Codex Thuringiae Diplomaticus, hg. v. Friedrich Bernward Frhr. VON HAGKE, Weißensee 1867. HEINEMANN: Heinrich von Braunschweig = Heinrich von Braunschweig, Pfalzgraf bei Rhein Urkundenanhang, hg. v. Lothar von HEINEMANN, Gotha 1882, S. 317-350. Henneberg. UB I-VII = Hennebergisches Urkundenbuch, T. 1: Die Urkunden des gemeinschaftlichen hennebergischen Archivs zu Meiningen von 933-1330, hg. v. Karl SCHÖPPACH, Meinigen 1842.
GEDRUCKTE QUELLEN
811
Hennebergisches Urkundenbuch, T. 2: Die Urkunden des gemeinschaftlichen hennebergischen Archivs zu Meiningen von 1330-1356, hg. v. Ludwig BECHSTEIN/Georg BRÜCKNER, Meinigen 1847. Hennebergisches Urkundenbuch, T. 3: Die Urkunden des gemeinschaftlichen hennebergischen Archivs zu Meiningen von 1356-1385, hg. v. Georg BRÜCKNER, Meinigen 1861. Hennebergisches Urkundenbuch, T. 4: Die Urkunden des gemeinschaftlichen hennebergischen Archivs zu Meiningen von 1385-1412, hg. v. Georg BRÜCKNER, Meinigen 1861. Hennebergisches Urkundenbuch, T. 5: Die Urkunden des gemeinschaftlichen hennebergischen Archivs zu Meiningen. 1. Supplementband, hg. v. Georg BRÜCKNER, Meinigen 1866. Hennebergisches Urkundenbuch, T. 6, hg. v. Georg BRÜCKNER, Meinigen 1873. Hennebergisches Urkundenbuch, T. 7, hg. v. Georg BRÜCKNER, Meinigen 1877. Historia Erphesfurdensis (1726) = Historia Erphesfurdensis anonymi scriptoris de landgraviis Thuringiae, in: Rerum Germanicarum verteres iam primam publicati Scriptoris, T. 3, hg. v. Johannes PISTORIUS/Burkhard Gotthelf STRUVE, Regensburg 1726, S. 1296-1365. Historia monasterii Volcolderodensis Diplomatica = Historia monasterii VIII: Historia monasterii Volcolderodensis Diplomatica, in: Diplomataria et scriptores historiae germanicae medii aevi…, T. 1. hg. v. Christian SCHÖTTGEN/Georg Christoph KREYSIG, Altenburg 1753, S. 750-883. HORN: Lebens- und Helden-Geschichte = Lebens- und Helden-Geschichte des Glorwürdigsten Fürsten und Herren, Herrn Friedrichs des Streitbaren, weyland Landgrafens in Thüringen und Marggrafen zu Meissen etc. Dann auch Seines höchstpreißlichen Stammes Ersten Churfürstens zu Sachsen, hg. v. Johann Gottlob HORN, Leipzig 1733. Ilfelder Regesten = Ilfelder Regesten. Auszüge aus den Urkunden des ehemaligen Prämonstratenser-Klosters Ilfeld am Harz, zusammengest. v. Karl KÖHLER, hg. v. Walter BRANDT, Ilfeld 1932. JOVIUS: Chronicon Schwartzburgicum = Paulus Jovius: Chronicon Schwartzburgicum, in: Diplomataria et Scriptores Historiae Germanicae medii Aevi, T. 1, hg. v. Christian SCHÖTTGEN/Georg Christoph KREYSIG, Altenburg 1753, S. 109-724. Kloster Haina = Kloster Haina. Regesten und Urkunden. Bd. 1: 1144-1300, bearb. v. Franz Eckart GOETZ (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen und Waldeck, Bd. 9/Klosterarchive, Bd. 5), Marburg 1963. Langsdorfer Urkunden = Langsdorfer Urkunden – Kommentar und Edition v. Francesco ROHBERG, in: Ursula BRAASCH-SCHWERSMANN/Christine REINLE/Ulrich RITZERFELD (Hg.): Neugestal-
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
tung in der Mitte des Reiches. 750 Jahre Langsdorfer Verträge 1263/2013 (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte, Bd. 30), Marburg 2013), S. 369-400, Edition, S. 394-399. Lehnbuch Friedrichs des Strengen = Das Lehnbuch Friedrich des Strengen, Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen (Aus den Schriften der Königlich Sächsischen Kommission für Geschichte 8), hg. v. Woldemar LIPPERT/Hans BESCHORNER, Leipzig 1903. LEISERING: Regesten 1351-1365 = Regesten der Urkunden des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden 1351-1365, bearb. v. Eckart LEISERING (Veröffentlichungen des Sächsischen Staatsarchivs, Reihe A, Bd. 3), Dresden 2003. LEISERING: Regesten 1366-1388 = Regesten der Urkunden des Hauptstaatsarchivs Dresden 1366-1381, bearb. v. Eckart LEISERING (Veröffentlichungen des Sächsischen Staatsarchivs, Reihe A, Bd. 15), Dresden 2012. Liudprandi antapodosis = Liudprandi antapodosis in: Monumenta Germaniae Historica in usum scholarum, T. 41: Die Werke Liutprands von Cremona, hg. v. Joseph BECKER, Hannover/Leipzig 31915, S. 1-158. Mainzer Ingrossaturbücher = Mainzer Ingrossantbücher. Datenbank zu: Regesten der Erzbischöfe von Mainz, zugleich Fortetzung der Regesta archiepiscoporum Maguntinensium und der Regesten der Erzbischöfe von Mainz: URL: http://www.ingrossaturbuecher.de Mainzer Subsidienregister = Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Große Reihe, Bd.8), bearb. v. Enno BÜNZ, Köln/Weimar/Wien 2005. Mainzer UB = Mainzer Urkundenbuch, Bd. 1: Die Urkunden bis zum Tode Erzbischof Adalberts I. (1137), bearb. v. Manfred STIMMING, Darmstadt 1932. Mainzer Urkundenbuch, Bd 2: Die Urkunden seit dem Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis zum Tode Erzbischof Konrads (1200), bearb. v. Peter ACHT, Darmstadt 1968-1971. Monumenta Germaniae Historica. Diplomata F. I = Monumenta Germaniae Historica. Diplomata regum et imperatorum Germaniae Bd. 10, T. 1 Die Urkunden Friedrichs I (1152-1158), bearb. v. Heinrich APPELT, Hannover 1975. Monumenta Germaniae Historica. Fontes iures Germanici antique. N. S. = Monumenta Germaniae Historica. Fontes Iuris Germanici antiqui. Nova Series: Bd. 7: Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Tl. 1, hg. v. Karl August ECKHARDT, Hannover 2002. Monumenta Germaniae Historica. Fontes Iuris Germanici antiqui. Nova Series: Bd. 7: Glossen zum Sachsenspiegel-Landrecht, Buch’sche Glosse, Tl. 2, hg. v. Karl August ECKHARDT, Hannover 2002.
GEDRUCKTE QUELLEN
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Monumenta Germaniae Historica. Leges. Capitularia reges Francorum = Monumenta Germaniae Historica. Inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum, Legum: Sectio II: Capitularia regum Francorum: T. 1, ed. Alfred BORETIUS, Hannover 1883. Monumenta Germaniae Historica. Leges. Constitutiones = Monumenta Germaniae Historica Sectio IV: Constitutiones et acta publica imperatorum et regum: T. 1: Inde ab anno DCCCCXI usque ad annum MCXCVII, ed. Ludwig WEILAND, Hannover 1893. Monumenta Germaniae Historica. Legum sectio IV: Constitutiones et acta publica imperatorum et regum, T. 2: Inde ab anno MCXCVIII usque ad annum MCCLXXII, ed. Ludwig WEILAND, Hannover 1896. Monumenta Germaniae Historica Sectio IV: Constitutiones et acta publica imperatorum et regum: T. 6, 1: Inde ab anno MCCCXXV usque ad annum MCCCXXX, ed. Jakob SCHWALM, Hannover 1914-1927. Monumenta Germaniae Historica Sectio IV: Constitutiones et acta publica imperatorum et regum: T. 6, 2: Dokumente zur Geschichte des Deutschen Reiches und seiner Verfassung. 1. Lfg.: 1331, bearb. v. Ruth BORK, Weimar 1989. Monumenta Germaniae Historica Sectio IV: Constitutiones et acta publica imperatorum et regum: T. 11: Dokumente zur Geschichte des Deutschen Reiches und seiner Verfassung. 1354-1356, bearb. v. Wolfgang D. FRITZ, Weimar 1979-1992. Monumenta Germaniae Historica. Scriptores (in Folio) = Monumenta Germaniae historica. Inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum, Scriptores: T. 16. Annales aevi Suevici, ed. Georg Heinrich PERTZ, Hannover 1859. Monumenta Germaniae historica. Inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum, Scriptores: T. 25: Hannover 1880. Monumenta Germaniae historica. Inde ab anno Christi quingentesimo usque ad annum millesimum et quingentesimum, Scriptores: T. 30, P. 1. Supplementa tomorum XVI-XXV, hg. v. O. HOLDER-EGGER, Hannover 1896. Monumenta Germaniae Historica. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum seperatim editi = Monunemta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum: T. 20: Chronicon Moguntinum ed. Carl HEGEL Hannover 1885. Monunemta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum: T. 38: Lamberti monachi Hersfeldensis opera ed. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1894. Monunemta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum: T. 41: Die Werke Liutprands von Cremona, hg. v. Joseph BECKER, Hannover/ Leipzig3 1915. Monunemta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum: T. 42: Monumenta Erphesfurtensia Saec. XII, XIII, XIV, hg. v. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover/Leipzig 1899.
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Monunemta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum: T. 60: Die Sachsengeschichte des Widukind von Corvei, neu bearb. von Paul HIRSCH, Hannover 1935. MÖLLER: Erwerbungen und Besitzungen des Klosters Volkenroda = Johann Heinrich MÖLLER: Die Erwerbungen und Besitzungen des Klosters Volkenroda, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde Bd. 6 (1865), S. 301-364. MONE: Mainz und Thüringen = Franz Josef MONE: Mainz und Thüringen, vom 11.-13. Jahrhundert, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 10 (1859), S. 441-447. Oberrheinische Stadtrechte = Oberrheinische Stadtrechte, 1. Abt.: Fränkische Rechte: Hft. 1: Wertheim, Freudenberg und Neubrunn, bearb. v. Richard SCHRÖDER, Heidelberg 1895, Oberrheinische Stadtrechte, 1. Abt.: Fränkische Rechte: Hft. 2: Der Oberhof Wimpfen mit seinen Tochterrechten Eberbach, Waibstadt, Oberscheflenz, Bönnigheim und Mergentheim, bearb. v. Richard SCHRÖDER, Heidelberg 1895. Oberrheinische Stadtrechte, 1. Abt.: Fränkische Rechte: Hft. 3: Mergentheim, Lauda, Ballenberg und Krautheim, Amorbach, Walldürn, Buchen, Külsheim und Tauberbischofsheim bearb. v. Richard SCHRÖDER, Heidelberg 1897. Oberrheinische Stadtrechte, 1. Abt.: Fränkische Rechte: Hft. 4: Obernburg, Hirschhorn, Neckarsteinach, Weinheim, Sinsheim und Hilsbach, bearb. v. Richard SCHRÖDER/ Karl KÖHNE, Heidelberg 1898. OLEARIUS II = Johann Christoph OLEARIUS: Rerum Thuringicarium Syntagma continuatum II, Leipzig 1707. Politisches Archiv des Landgrafen Philipp (1910) = Politisches Archiv des Landgrafen Philipp des Grossmütigen von Hessen. Inventar der Bestände, Bd. 2, hg. v. Friedrich KÜCH (Publikationen aus K. Preussischen Staatsarchiven, Bd. 85), Leipzig 1910. Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250 = Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts und Sozialgeschichte bis 1250 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, FSGA 32), ausgew. u. übers. v. Lorenz WEINRICH, Darmstadt 1977. Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1 = Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege, Bd. 1: Urkunden und Stadtbücher/Bd. 2,1: Zinsregister bearb. v. Karl August ECKHARDT (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck, 13,5 u. 13, 6), Marburg 1959. Rechtsdenkmale aus Thüringen = Rechtsdenkmale aus Thüringen hg. v. Andreas Ludwig Jakob MICHELSEN, Jena 1865. Recuil des chartes de l’abbaye de Stavelot-Malmedy 1 = Recueil des chartes de l’abbaye de Stavelot-Malmedy, Bd. 1, hg. v. Joseph HALKIN/Charles Gustave ROLAND, (Commission royale d’histoire. Publications in quarto, Bd. 36,1), Brüssel 1909.
GEDRUCKTE QUELLEN
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Regesta archiepiscoporum Maguntinensium = Regesta archiepiscoporum Maguntinensium, Bd. 1: Von Bonifatius bis Arnold von Selehofen (742?-1160), bearb. u. hg. von Cornelius WILL, Innsbruck 1877. Regesta archiepiscoporum Maguntinensium, Bd. 2: Von Konrad I. bis Heinrich II. (1161-1288), bearb. u. hg. von Cornelius WILL, Innsbruck 1886. Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae = Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae Bd. 1: ca. 500-1152, Otto DOBENECKER, Jena 1896. Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, Bd. 2: 1152-1227, Otto DOBENECKER, Jena 1900. Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, Bd. 3: 1228-1266, Otto DOBENECKER, Jena 1925. Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae, Bd. 4: 1267-1288, Otto DOBENECKER, Jena 1939.
ed. ed. ed. ed.
Regesten der Erzbischöfe von Mainz = Regesten der Erzbischöfe von Mainz. Abt. 1. Bd. 1: 1289-1328, bearb. v. Ernst VOGT, Leipzig 1913. Regesten der Erzbischöfe von Mainz. Abt. 1. Bd. 2: 1328-1352, bearb. v. Heinrich OTTO, Darmstadt 1932-1935. Regesten der Erzbischöfe von Mainz. Abt. 2. Bd. 1: 1354-1371, bearb. v. Fritz VIGENER, Leipzig 1913. Regesten der Erzbischöfe von Mainz. Abt. 2. Bd. 2: 1371-1374, bearb. v. Fritz VIGENER, Leipzig 1913. Regesten der Grafen von Orlamünde = Regesten der Grafen von Orlamünde aus Babenberger und ascanischem Stamm mit Stammtafeln, Siegelbildern, Monumenten und Wappen, Vol. 1-2, bearb. v. Conon Chlodwig Frhr. VON REITZENSTEIN, Bayreuth 1865-1871. Regesten der Landgrafen von Hessen, Bd. 1 = Regesten der Landgrafen von Hessen, Bd. 1: 1247-1328, bearb. v. Otto GROTEFEND/ Felix ROSENFELD (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Bd. 6), Marburg 21991. Regesten der Marktkirche St. Bonifatii = Regesten der Marktkirche St. Bonifatii in Langensalza zusammengetr. von Herman GUTBIER u. a., in: Michael MANGER: Die Marktkirche St. Bonifatius in Bad Langensalza. Geschichte und Baubeschreibung, Bad Langensalza 2004, S. 276-328. Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 2 = Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1214-1508, Bd. 2, bearb. v. Lambert, Graf von OBERNDORFF/Manfred KREBS, Innsbruck 1939. Regesten des Archives der Grafen von Henneberg-Römhild = Regesten des Archives der Grafen von Henneberg-Römhild, Tb. 1 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Große Reihe 13, 1), hg. v. Johannes MÖTSCH, Köln/Weimar/Wien 2006.
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Regesten Salza = Regesten des aus dem alten deutschen Herrenstande hervorgegangenen Geschlechts Salza: zugleich mit einer kritischen Zusammenstellung aller die Fürsten, Herren (Voigte), Grafen und Freiherren von Salza in Deutschland, Schweden und Rußland betreffenden Acten, Schriften und Bücher und einer die innere und äußere Geschichte des Geschlechts umfassenden literar-historischen Einleitung auf Grund der in dem Familien-Archive, den Hauptstaats-Archiven zu Berlin, Dresden, Gotha, Königsberg etc. vorhandenen Nachrichten, Leipzig 1853. Regesten Wangenheim 2 = Regesten und Urkunden zur Geschichte des Geschlechts Wangenheim und seiner Besitzungen, T. 2. hg. Friedrich Hermann Albert VON WANGENHEIM, Göttingen 1872. Regesten zum Kopialbuch Reinhardsbrunn = Regesten zum Kopialbuch Reinhardsbrunn, bearb. v. Ernst DEVRIENT/überprüft durch Rudolf DIEZEL, Gotha 1945-1947 (URL: https://www.thueringen.de/imperia/md/content/staatsarchive/gotha/2-110001_regesten-_kopia_reinhardsbrunn. pdf). Registrum = Registrum dominorum marchionum Missnennsium, in: Registrum dominorum Marchionum Missnensium. Verzeichnis der den Landgrafen zu Meissen jährlich in den wettinischen Landen zustehenden Einkünfte 1378, Bd. 1, hg. v. Hans BESCHORNER, Leipzig/Berlin 1933, S. 1-311. Reichsrechtsbuch = Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts. Deutschlands ältestes Rechtsbuch nach den altmitteldeutschen Handschriften, hg., eingel. u. übers. v. Herbert MEYER, zweite verb. Aufl. Weimar 1934. Reichstagsakten = Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 2: Deutsche Reichstagsakten unter König Wenzel, 2. Abt. 1388-1397, hg. v. Julius WEIZSÄCKER, München 1874. Repertorium poenitentiariae Germanicum I, III, IV, IX = Bd. 1: Repertorium poenitentiariae Germanicum. Verzeichnis der in den Supplikenregistern der Pönitentiarie vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches. Bd. 1: Pontificat Eugens IV (1431-1447), bearb. v. Ludwig SCHMUGGE/ Hildegard SCHNEIDER-SCHMUGGE, Berlin 1998. Bd. 3: Repertorium poenitentiariae Germanicum. Verzeichnis der in den Supplikenregistern der Pönitentiarie Calixts III. (1455-1458), bearb. v. Ludwig SCHMUGGE/ Wolfgang P. MÜLLER, Tübingen 2001. Bd. 4: Repertorium Germanicum. Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Martins V. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1417-1431, Teilbd. 1, bearb. v. Karl August FINK, unveränd. Nachdruck d. Ausg. v. 1943, München 1992. Bd. 9: Verzeichnis der in den Kameralakten Pauls II. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien, 1464-1471, bearb. v. Hubert HÖINIG, T. 1 u. 2, Tübingen 2000.
GEDRUCKTE QUELLEN
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Sammlung verschiedener Nachrichten zu einer Beschreibung des Kirchen- und Schulstaates 1 = Sammlung verschiedener Nachrichten zu einer Beschreibung des Kirchen- und Schulstaates im Herzogtum Gotha, T.1, 3, ed. v. Johann Georg BRÜCKNER, Gotha 1762. SCHANNAT: Vindemiae I = Vindemiae Literariae. Hoc es veterum monumentorum ad germaniam sacram praecipue spectantum, collectio prima, ed. v. Johann Friedrich SCHANNAT, Leipzig/Fulda 1723. Scriptores rerum Germanicarum, praecipue Saxonicarum T. 1-3 Scriptores rerum Germanicarum praecipue Saxonicarum, Saxoniae Sup. Misniae, Thuringiae et Varisciae, T 1, ed. v. Johann Burchard MENCKEN, Leipzig 1728. Scriptores rerum Germanicarum praecipue Saxonicarum, Saxoniae Sup. Misniae, Thuringiae et Varisciae, T 2, ed. v. Johann Burchard MENCKEN, Leipzig 1729. Scriptores rerum Germanicarum, praecipue Saxonicarum Saxoniae Sup. Misniae, Thuringiae et Varisciae, T. 3, ed. v. Johann Burchard MENCKEN, Leipzig 1730. Stadtbuch von Augsburg = Das Stadtbuch von Augsburg insbesondere das Stadtrecht vom Jahre 1276, hg. v. Christian MEYER, Augsburg 1872. Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Walthershausen (1909) = Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Walthershausen, hg. v. Karl Friedrich von STRENGE/Ernst DEVRIENT (Thüringische Geschichtsquellen, N. F. Bd. 6), Jena 1909. Summularium = Summularium registri municionum dominorum marchionum Mizsenensium, in: Registrum dominorum Marchionum Missnensium. Verzeichnis der den Landgrafen zu Meissen jährlich in den wettinischen Landen zustehenden Einkünfte 1378, Bd. 1, hg. v. Hans BESCHORNER, Leipzig/Berlin 1933, S. 312-416. TOPPIUS: Langensalza = Andreas TOPPIUS, Historie des Amts und Stadt Langensalza, verfasst im Jahr 1675, abgedruckt, in: Beiträge zur Historie derer Chur und Fürstlichen Sächsischen Lande, gesammelt von M. George Christoph KREYSIG, Altenburg 1785, S. 134-220. TOPPIUS, Tännstedt = Andreas TOPPIUS: Glückliche Grundlegung und Anfang der Stadtmaueren zu Tennstet, in: M. Johann Gotfried GREGORII: Historische Nachricht von Tännstadt, Erfurt 1711, S. 21-36. Thuringia Sacra 2, Urkunden und Regesten III: Heyda = Thuringia Sacra. Urkundenbuch, Geschichte und Beschreibung der thüringischen Klöster, begrünet v. Wilhelm Rein, Bd. 2: Ettersburg, Heusdorf und Heyda, Urkunden III: Heyda, Weimar 1865, S. 254-259. UB Deutschordensballei Thüringen = Urkundenbuch der Deutschordensballei Thüringen (Thüringische Geschichtsquellen, Bd. 10 = N.F. 7), hg. v. Karl Heinrich LAMPE, Jena 1936.
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
UB Erfurter Stifter 1 u. 2 = Urkundenbuch der Erfurter Stifter und Klöster, Bd. 1/Bd. 2, (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, N.F. 5/7), bearb. von Alfred OVERMANN, Magdeburg 1925/1926. UB Gleißberg = Urkundenbuch zur Geschichte von Gleißberg 1333-1456, hg. v. Ernst DEVRIENT, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 20, N.F. 12 (1902), S. 54-136. UB Hersfeld = Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, Bd. 1 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck XIX,1), bearb. v. Hans WEIRICH, Marburg 1936. UB Homburg = Urkundenbuch des Benediktinerklosters Homburg bei Bad Langensalza aus den Jahren 1136-1536, Abt. A u. B, mitgetheilt von Ernst Günther FÖRSTEMANN, unveränderter zweiter Nachdruck der Ausgabe von 1857, Bad Langensalza 2006. UB Jena 2 = Urkundenbuch der Stadt Jena und ihrer geistlichen Anstalten, Bd. 2: 1406-1525, hg. v. Ernst DEVRIENT (Thüringische Geschichtsquellen, N.F. Bd. 3), Jena 1903. UB Kloster Pforte 1,1 = Urkundenbuch des Kloster Pforte, Theil 1, Halbbd. 1: 1132-1300 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, Bd. 33), bearb. von Paul BÖHME, Halle 1893. UB Langensalza = Urkundenbuch der Stadt und des Kreises Langensalza während des Mittelalters, Bd. 1: Regesten, sowie Urkunden und Auszüge aus anderen mittelalterlichen Quellenschriften von der ältesten Zeit bis zur Erhebung Langensalzas zur Stadt, hg. v. Hartmut WENZEL, Langensalza 1908. UB Magdeburg Urkundenbuch der Stadt Magdeburg, Bd. 1: Bis 1403, bearb. v. Gustav HERTEL, (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, Bd. 26), Halle 1894. UB Mühlhausen = Urkundenbuch der ehemals freien Reichstadt Mühlhausen in Thüringen (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete/Geschichtliche Vereine der Provinz Sachsen, Bd. 3), bearb. v. Karl HERQUET, Halle 1874. UB Plesse = Urkundenbuch der Herrschaft Plesse, bearb. v. Josef DOLLE (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 37,2), Hannover 1998. UB Stadt Erfurt 1 (1889) = Urkundenbuch der Stadt Erfurt, Teil 1 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen, Bd. 23), hg. v. Carl BEYER, Halle 1889.
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UB Stadt Erfurt 2 = Urkundenbuch der Stadt Erfurt, Teil 2 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen, Bd. 24), hg. v. Carl BEYER, Halle 1897. UB Walkenried = Die Urkunden des Stiftes Walkenried Tbd. 1 u. 2 (Urkundenbuch des historischen Vereins für Niedersachsen, Hft. 2 u. 3), Hannover 1852/55. Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn = Urkundliche Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn. Reinhardsbrunn als Amt und Lustschloss hg. v. Johann Heinrich MÖLLER, Gotha 1843. Verzeichnis der königlichen Tafelgüter = Das Verzeichnis der königlichen Tafelgüter und Servitien von 1064/65, hg. v. Alois SCHULTE, in: Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde 41 (1919), S. 571-577. WENCK: UB 2 = Urkundenbuch zum zweiten Band der Hessischen Landesgeschichte, ed. v. Helfrich Bernhard WENCK, Darmstadt/Gießen 1789. WENCK: UB 3 = Urkundenbuch zu dem dritten Bande von Helfrich Bernhard Wencks Landesgeschichte, ed. v. Helfrich Bernhard WENCK, Frankfurt/Leipzig 1803. Widukindi res gestae Saxonicae (1935) = Widukindi res gestae Saxonicae, in: Monumenta Germaniae Historica in usum scholarum, T. 60: Die Sachsengeschichte des Widukind von Corvei, neu bearb. von Paul HIRSCH, Hannover 1935, S. 1-154. WOLF: Kirchengeschichte = Johann WOLF.: Eichsfeldische Kirchengeschichte, Göttingen 1816. ZEILLER: Topographia Superioris Saxoniae Thuriangiae = Martin ZEILLER: Topographia Superioris Saxoniae, Thüringiae-Misniae, Lusatiae etc. Das ist Beschreibung der vornemsten und bekantesten Stätt und Plätz in Churfürstenthum Sachsen, Thüringen, Meissen, Ober und Nider Laußnitz und einverleibten Ländern; auch in andern zu dem Hochlöblichsten Sächsischen Craiße gehörigen Fürstentumen, Brandenburg und Pommern‘, Graff- und Herrschaften etc., Frankfurt 1650. ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1 = Heinrich ZEYSS: Herbsleben, Anhang 1: Urkundenanhang ed. v. Heinrich ZEYSS, in: DERS.: Geschichte des Marktflecken Herbslebens, Gotha 1873, S. 198-261.
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3.
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Literaturverzeichnis
ALBRECHT: Mittelalterliche Rathäuser = Stephan ALBRECHT. Mittelalterliche Rathäuser in Deutschland. Architektur und Funktionen, Darmstadt 2004. ALTERSBERGER: Kirchengeschichte Mühlhausens = Jakob ALTERSBERGER: Untersuchungen zur Kirchengeschichte Mühlhausens im Mittelalter, Wien 2013. AMMANN: Wie groß war die mittelalterliche Stadt? = Hektor AMMANN: Wie groß war die mittelalterliche Stadt?, in: Studium Generale. Zeitschrift für die Einheit der Wissenschaften im Zusammenhang mit ihrer Begriffsbildung und Forschungsmethoden 9 (1956), S. 503-506. ANDERMANN: Ackerbürger = Kurt ANDERMANN: Ackerbürger in Heilbronn? Stadtwirtschaft und Stadtverfassung im Südwesten des mittelalterlichen Reiches, in: Kurt-Ulrich JÄSCHKE/Christhard SCHRENK (Hg.): Ackerbürgertum und Stadtwirtschaft. Zu Regionen und Perioden landwirtschaftlich bestimmten Städtewesens im Mittelalter (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heilbronn, Bd. 13), Heilbronn 2002, S. 9-22. ANZELEWSKY: Mittel-, Süd- und Westdeutschland = Fedja ANZELEWSKY: Mittel-, Süd- und Westdeutschland, in: Horst Wolfgang BÖHME u.a. (Hg.): Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch. Bd. 1: Bauformen und Entwicklung, Stuttgart 1999, S. 135-147. APFELSTEDT: Art. Almenhausen = Heinrich Friedrich Theodor APFELSTEDT: Art. Almenhausen, in: DERS. (Bearb.): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen, Hft. 1: Die Unterherrschaft, Sondershausen 1886, S. 12-15. ARENDT: Rezension von: Das Mainzer Subsidienregister von 1506 (2006) = Sabine AREND: Rezension zu: Enno BÜNZ: Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506. Köln 2005, in: H-Soz-u-Kult, 26.04.2006, Url: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-2-064. (13.12.2013.) ARIS u. a.: Art. Fulda, St. Salvator = Mark Aeilko ARIS u. a.: Art. Fulda, St. Salvator, in: Friedhelm JÜRGENSMEIER/Franziskus Lothar BÜLL/Regina Elisabeth SCHWERDTFEGER (Bearb.): Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Hessen (Germania Benedictina, Bd. 7), St. Ottilien 2004, S. 213-434. AUE: Geschichte der Herren von Schlotheim = Karl AUE: Zur Geschichte der Herren von Schlotheim und Almenhausen, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 3 (1857/59), S. 201- 210.
LITERATURVERZEICHNIS
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QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
BLASCHKE: Qualität, Quantität u. Raumfunktion = Karlheinz BLASCHKE: Qualität, Quantität und Raumfunktion als Wesensmerkmal der Stadt vom Mittelalter zur Gegenwart, in: Peter JOHANEK (Hg.): Stadtgrundriss und Stadtentwicklung. Forschungen zur Entstehung Mitteleuropäischer Städte. Ausgewählte Aufsätze von Karlheinz Blaschke (Städteforschungen, Reihe A. Darstellungen, Bd. 44), Köln/Weimar/Wien 1997, S. 58-72. Erstabdruck: Jahrbuch für Regionalgeschichte 3 (1968), S. 34-50. BLASCHKE: Sprachliche Hilfsmittel = Karlheinz BLASCHKE: Sprachliche Hilfsmittel der Stadtkernforschung. Deutsche Fachbegriffe aus der Entstehungszeit der hochmittelalterlichen Städte, in: Peter JOHANEK (Hg.): Stadtgrundriss und Stadtentwicklung. Forschungen zur Entstehung Mitteleuropäischer Städte. Ausgewählte Aufsätze von Karlheinz Blaschke (Städteforschungen, Reihe A. Darstellung, Bd. 44), Köln/Weimar/Wien 1997, S. 163-171. BLASCHKE: Die Stellung der Vorstädte = Karlheinz BLASCHKE: Die Stellung der Vorstädte im Gefüge der mittelalterlichen Stadt, in: Peter JOHANEK (Hg.): Stadtgrundriss und Stadtentwicklung. Forschungen zur Entstehung Mitteleuropäischer Städte. Ausgewählte Aufsätze von Karlheinz Blaschke (Städteforschungen, Reihe A. Darstellungen, Bd. 44), Köln/Weimar/Wien 1997, S. 172-192. BLASCHKE: Stadtplan = Karlheinz BLASCHKE: Wie liest man einen Stadtplan?, in: Peter JOHANEK (Hg.): Stadtgrundriss und Stadtentwicklung. Forschungen zur Entstehung Mitteleuropäischer Städte. Ausgewählte Aufsätze von Karlheinz Blaschke (Städteforschungen, Reihe A. Darstellungen, Bd. 44), Köln/Weimar/Wien 1997, S. 193-204. BLESS-GRABHER: Bettelordensklöster = Magdalen BLESS-GRABHER: Zürich und seine Bettelordensklöster, in: Barbara HELBLING/Magdalen BLESS-GRABHER/Ines BUHOFER (Hg.): Bettelorden, Bruderschaften und Beginen in Zürich. Stadtkultur und Seelenheil im Mittelalter (Beiträge zur Hagiographie, Bd. 3), Zürich 2002, S. 11-24. BLUMENTHAL: Paschalis II = Uta-Renate BLUMENTHAL: Paschalis II, in: Norbert ANGERMANN (Hg.): Lexikon des Mittelalters, Bd. 6, München 1993, Sp. 1752f. BOCKENHEIMER: Art. Werner, Erzbischof von Mainz = Karl Georg BOCKENHEIMER: Art. Werner, Erzbischof von Mainz (1259-1284), in Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 42, Berlin 1897, S. 28-30. BOCKHOLT: Ackerbürgerstädte = Werner BOCKHOLT: Ackerbürgerstädte in Westfalen. Ein Beitrag zur historischen Stadtgeographie, Warendorf 1987. BODE u.a.: Die Baugestalt der mittelalterlichen Burg = Gabriele Nina BODE u.a.: Die Baugestalt der mittelalterlichen Burg. Formen und Typen im Überblick, in: Host Wolfgang BÖHME u.a. (Hg.): Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch. Bd.1: Bauformen und Entwicklung, Stuttgart 1999, S. 182-191.
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ENGELS: Art. H. (V.), d. Ä., v. Braunschweig = Odilo ENGELS: Art. H. (V.), d. Ä., v. Braunschweig, in: Robert Henri BAUTIER (Hg.): Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, München/Zürich 1989, Sp. 2076. ENGELS: Das Reich der Salier = Odilo ENGELS: Das Reich der Salier – Entwicklungslinien, in: Stefan WEINFURTER (Hg.): Die Salier und das Reich. Bd. 3: Gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Wandel im Reich der Salier, Sigmaringen 1992, S. 479-542. ENNEN: Art. Markt und Stadt = Edith ENNEN: Art. Markt und Stadt, in: Adalbert EHLER/Ekkehard KAUFMANN (Hg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 3, Berlin 1983, Sp. 330-335. ENNEN: Minderstadt = Edith ENNEN: Die sogenannte Minderstadt, in: Dietrich HÖROLDT/Franz IRSIGLER (Hg.): Edith Ennen: Gesammelte Abhandlungen zum europäischen Städtewesen und zur rheinischen Geschichte, Bonn 1987, S. 70-85. ENNEN: Rheinisches Städtewesen = Edith ENNEN: Rheinisches Städtewesen bis 1250 (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, Beihefte, Hft. 6,1), Köln 1982. ENNEN: Stadtrechtsorte und Freiheiten = Edith ENNEN: Stadtrechtsorte und Freiheiten im mittelalterlichen Europa, in: NilsArvid BRINGÉUS (Hg.): Wandel der Volkskultur in Europa. Festschrift für Günther Wiegelmann zum 60. Geburtstag, Tl. 2 (Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland, Bd. 60), Münster 1988, S. 637-650. ESCHER/HAVERKAMP/HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge = Monika ESCHER/Alfred HAVERKAMP/Frank G. HIRSCHMANN: Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge. Einleitung, in: DIES. (Hg.): Städtelandschaft – Städtenetz zentralörtliches Gefüge. Ansätze und Befunde zur Geschichte der Städte im hohen und späten Mittelalter (Trierer historische Forschungen, Bd. 43), Mainz 2000, S. 9-53. ESCHER/HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren = Monika ESCHER/Frank G. HIRSCHMANN: Die urbanen Zentren des hohen und späten Mittelalters. Vergleichende Untersuchungen zu Städten und Städtelandschaften im Westen des Reiches und in Ostfranken, Bd. 1-3 (Trierer historische Forschungen, Bd. 50/1-3), Trier 2005. ESCHER-APSNER: Mittelalterliche Bruderschaften = Monika ESCHER-APSNER: Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten. Funktionen, Formen, Akteure/Medieval confraternities in European towns. Functions, forms, protagonists. Eine Einleitung/An introduction, in: DIES. (Hg./Ed.): Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten/Medieval confraternities in European towns (Inklusion/Exklusion. Studien zur Fremdheit und Armut von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 12), Frankfurt a. M. u. a. 2009, S. 9-27. EWALD: Siegelkunde = Wilhelm EWALD: Siegelkunde (Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte, Abt. 4), Darmstadt 31975.
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LITERATURVERZEICHNIS
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SOMMER: Tennstedt = Gustav SOMMER: Tennstedt, in: DERS./Heinrich OTTE (Bearb.): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzenden Gebiete, Bd. 2: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Langensalza, Halle 1879, S. 70-75. SOMMER: Ufhoven = Gustav SOMMER: Ufhoven, in: DERS./Heinrich OTTE (Bearb.): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, T. 2: Der Kreis Langensalza, Halle a. d. Saale 1879, S. 80-81. SOMMER: Wiehe = Gustav SOMMER: Wiehe, in: DERS./Heinrich OTTE (Bearb.): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzenden Gebiete, Hft. 9: Der Kreis Eckartsberga, Halle 1883, S. 79-82. SPIESS: Lehnswesen = Karl-Heinz SPIESS: Das Lehnswesen in Deutschland im hohen und späten Mittelalter (Historisches Seminar N.F. Bd. 13), Idstein 2002. STERCKEN: Gebaute Ordnung = Martina STERCKEN: Gebaute Ordnung. Stadtvorstellungen und Planung im Mittelalter, in: Bruno FRITZSCHE/Hans-Jörg GILOMEN/Martina STERCKEN (Hg.): Städteplanung – Planungsstädte, Zürich 2006, S. 15-38. STERCKEN: Städte der Herrschaft = Martina STERCKEN: Städte der Herrschaft. Kleinstadtgenese im habsburgischen Herrschaftsraum des 13. und 14. Jahrhunderts (Städteforschung, Reihe A: Darstellungen, Bd. 68), Köln/ Weimar/Wien 2006. STOOB: Marsberg = Heinz STOOB: Marsberg, in: DERS. (Hg./Bearb.): Deutscher Städteatlas, Lfg. II, Nr. 9, Dortmund 1979. STOOB: Minderstädte = Heinz STOOB: Minderstädte. Formen der Stadtentstehung im Spätmittelalter, in: Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 46 (1959), S. 1-28. STOOB: Stadtformen = Heinz STOOB: Stadtformen und städtisches Leben im späten Mittelalter, in: DERS.: (Hg.): Die Stadt. Gestalt und Wandel bis zum industriellen Zeitalter (Städtewesen, Bd. 1), Köln/ Wien 1979, S. 157-194. STÖRMER: Gründung von Kleinstädten = Wilhelm STÖRMER: Die Gründung von Kleinstädten als Mittel herrschaftlichen Territorialaufbaus, gezeigt an fränkischen Beispielen, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 36 (1973), S. 563-585. STRAUBE: Geleitswesen = Manfred STRAUBE: Geleitswesen und Warenverkehr im thüringisch-sächsischen Raum zu Beginn der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe, Bd. 42), Köln/Weimar/Wien 2015.
870
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
STREICH: Reiseherrschaft = Brigitte STREICH: Zwischen Reiseherrschaft und Residenzenbildung. Der wettinische Hof im späten Mittelalter (Mitteldeutsche Forschungen, Bd. 101), Köln/Wien 1989. STREICH: Funktionsverlust und Funktionswandel = Gerhard STREICH: Funktionsverlust und Funktionswandel: Umwandlung von Burgen in Klöster und Stifte, in: Horst Wolfgang BÖHME u.a. (Hg.): Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch, Bd. 2: Geschichte und Burgenlandschaften, Stuttgart 1999, S. 94-97. STREICH: Burg und Kirche = Gerhard STREICH: Burg und Kirche während des deutschen Mittelalters. Untersuchungen zur Sakraltopographie von Pfalzen, Burgen und Herrensitzen. Pfalz- und Burgkapellen bis zur staufischen Zeit, Teil 1 u. 2 (Vorträge und Forschungen, Sonderbd. 29, 1 u. 29, 2), Sigmaringen 1984. STRICKHAUSEN: Art. Wartburg = Gerd STRICKHAUSEN: Art. Wartburg, in: Werner PARAVICINI (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bd. 1: Ein dynastisch-topographisches Handbuch, Teilbd. 2: Residenzen (Residenzenforschung, Bd. 15. 1, 2), Ostfildern 2003, S. 614f. STRICKHAUSEN: Burgen = Gerd STRICKHAUSEN: Burgen der Ludowinger in Thüringen, Hessen und dem Rheinland. Studien zur Architektur und Landesherrschaft im Hochmittelalter (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, Bd. 109), Darmstadt/Marburg 1998. STRICKHAUSEN: Burgenbau Graf Günthers XXI. von Schwarzburg = Gerd STRICKHAUSEN: Zum Burgenbau Graf Günthers XXI. von Schwarzburg, in: Burgen in Thüringen. Geschichte, Archäologie und Burgenforschung (Jahrbuch der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Forschungen und Berichte zu Schlössern, Gärten, Burgen und Klöstern in Thüringen 10), Regensburg 2007, S. 69-87. STÜLLEIN: Itinerar Heinrichs VI. = Hans-Joachim STÜLLEIN: Das Itinerar Heinrichs VI. München, Univ., Philos. Fak., Diss., 1970, München 1971. TACENKO: Geschichte der deutschen Kursive = Tamara N. TACENKO: Zur Geschichte der deutschen Kursive im 16. Jahrhundert, in: Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel und Wappenkunde 38 (1992), S. 357-380. TACKE/BRETHAUER: Art. Bursfelde = Eberhard TACKE/Karl BRETHAUER: Art. Bursfelde, in: Kurt BRÜNNING/Heinrich SCHMIDT (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 2: Niedersachsen und Bremen, 5. verb. Auflage, Stuttgart 1986, S. 88. TEBRUCK: Rezension von: Rogge: Die Wettiner = Stefan TEBRUCK: Rezension von: Jörg Rogge: Die Wettiner. Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter, Stuttgart 2005, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 10 [15.10.2006], URL: http://www.sehepunkte.de/2006/10/9794.html (11.12.2013).
LITERATURVERZEICHNIS
871
TEBRUCK: Pacem confirmare – iustitiam exhibere = Stefan TEBRUCK: Pacem confirmare – iustitiam exhibere – per amiciciam concondare. Herrschaft und politische Integration: Heinrich der Erlauchte, Thüringen und der Weißenfelser Vertrag von 1249, in: Jörg ROGGE/Uwe SCHIRMER (Hg.): Hochadlige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200-1600). Formen – Legitimation – Repräsentation (Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte, Bd. 23), Stuttgart 2003, S. 243-303. TEBRUCK: Integration und Selbstbehauptung = Stefan TEBRUCK: Zwischen Integration und Selbstbehauptung. Thüringen im wettinischen Herrschaftsbereich, in: Werner MALECZEK (Hg.): Fragen der poltischen Integration im mittelalterlichen Europa (Vorträge und Forschungen, Bd. 63), Ostfildern 2005, S. 375-412. TEMLITZ: Anger = Klaus TEMLITZ: Anger – Verbreitung, Wortbedeutung und Erscheinungsbild. Ein Beitrag zur Orts- und Flurnamenforschung unter besonderer Berücksichtigung Nordwestdeutschlands, in: Westfalen und Niederdeutschland, Tb. 2: Beiträge zur allgemeinen Landesforschung (Spieker. Landeskundliche Beiträge 25), Münster/Westfalen 1977, S. 367-389. TETTAU: Stiftungsurkunden = Wilhelm Johann Albert von TETTAU: Über die Ächtheit der Stiftungsurkunden des Kloster Volkenroda von 1130. Ein Beitrag zur Geschichte der Grafen von Gleichen, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 8 (1871), S. 243-297. THIEME: Altenburg = André THIEME: Die Burggrafschaft Altenburg. Studien zu Amt und Herrschaft am Übergang vom hohen zum späten Mittelalter (Schriften zur sächsischen Landesgeschichte, Bd. 2), Leipzig 2001. THIER: Art. Bede = Andreas THIER: Art. Bede, in: Albrecht CORDES (Hg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 2, 2. völlig überarb. u. erw. Aufl., Berlin 2012, Sp. 494-496. TIETZE: Westermann-Lexikon der Geographie 1 = Wolf TIETZE: Westermann-Lexikon der Geographie, Bd. 1: A-E, Braunschweig 31975. TIMM: Siedlungs- und Agrargeschichte = Albrecht TIMM: Siedlungs- und Agrargeschichte Mitteldeutschlands, Köln/Graz 1956. TIMPEL: „Alte Schanze“ = Wolfgang TIMPEL: Wallburg „Alte Schanze“ auf dem Kirchberg bei Schlotheim Kr. Mühlhausen, in: Ausgrabungen und Funde. Nachrichtenblatt der Landesarchäologie 17 (1972), S. 250-257. TREFFEISEN/ANDERMANN (Hg.): Landesherrliche Städte = Jürgen TREFFEISEN/Kurt ANDERMANN (Hg.): Landesherrliche Städte in Südwestdeutschland (Oberrheinische Studien, Bd. 12), Sigmaringen 1994.
872
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
TRÜBENACH: Beiträge = Arno TRÜBENACH: Beiträge zur Geschichte der Dörfer des Kreises Langensalza. Ein Thüringer Dorfbuch, Langensalza 1941. Übersichtskarte Thüringen = Übersichtskarte Thüringen 1:250000, hg. v. Landesamt für Vermessung und Geodäsie Thüringen, Erfurt 2009. UDOLPH: Namenkundliche Studien = Jürgen UDOLPH: Namenkundliche Studien zum Germanenproblem (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 9), Berlin/New York 1994. UENZE: Art. Büraburg = Otto UENZE: Art. Büraburg, in: Georg Wilhelm SANTE (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 4: Hessen, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1976, S. 63. UHLHORN: Geschichtlicher Atlas von Hessen ) Friedrich UHLHORN (Bearb.): Geschichtlicher Atlas von Hessen, Marburg an der Lahn 1978. VIGENER: Kaiser Karl IV. = Fritz VIGENER: Kaiser Karl IV. und der Mainzer Bischofsstreit (1373-1378), Trier 1908. VOGT: Herzogtum = Herbert Walther VOGT: Das Herzogtum Lothars von Süpplingenburg 1106-1125 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, Bd. 57), Hildesheim 1959. VOIGT: Bettelorden = Jörg VOIGT: Bettelorden und religiöse Frauen in Erfurt, in: Karl HEINEMEYER/Anselm HARTINGER (Hg.): Barfuß ins Himmelreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt, Dresden 2017, S. 84-88. VOIGT: Beginen = Jörg VOIGT: Beginen im Spätmittelalter. Frauenfrömmigkeit in Thüringen und im Reich (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe, Bd. 32), Köln/Weimar/Wien 2012. VOIGT: Frauengemeinschaften = Jörg VOIGT: Religiöse Frauengemeinschaften und Franziskaner – Klarissen, Beginen und Tertiarinnen in der sächsischen Franziskanerprovinz, in: Thomas T. MÜLLER/Bernd SCHMIES/Christian LOEFKE (Hg.): Für Gott und die Welt. Franziskaner in Thüringen (Mühlhäuser Museen, Forschungen und Studien, Bd. 1), Paderborn 2008, S. 92-108. WAEHLER: Slawische Nebensiedlungen = Martin WAEHLER: Die einstigen slawischen Nebensiedlungen in Thüringen, in: Beiträge zur thüringischen und sächsischen Geschichte. Festschrift für Otto Dobenecker zum 70. Geburtstag, Jena 1929, S. 17-36.
LITERATURVERZEICHNIS
873
WAGNER: Edelherren von Hiltenburg = Heinrich WAGNER: Die Edelherren von Hiltenburg in Nordfranken, in: Ferdinand KRAMER/Wilhelm STÖRMER (Hg.): Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben (Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte, Bd. 20), München 2005, S. 141-178. WAGNER: Schlotheim = Arno WAGNER: Schlotheim. Die siedlungsgeographische Betrachtung einer deutschen Landstadt, Schlotheim 1933. WAGNER (Hg): „umbringt mit starken turnen, murn“= Olaf WAGNER (Hg): „umbringt mit starken turnen, murn“. Ortsbefestigungen im Mittelalter (Beihefte zur Mediaevistik. Monographien, Edition, Sammelbände, Bd. 15), Frankfurt a, Main u.a. 2010. WAITZ: Jahrbücher des deutschen Reichs unter König Heinrich I = Georg WAITZ: Jahrbücher des deutschen Reichs unter König Heinrich I. (Jahrbücher der deutschen Geschichte; Bd. 1, Abt. 1), Nachdr. der 3. Aufl. von 1885, Darmstadt 1963. WALTER: Vorgeschichte = Diethard WALTER: Die Vorgeschichte. Eine germanische Siedlung unter dem Kurmittelhaus Bad Langensalza, in: Bernd MÜLLER-STÜCKRAD (Hg.): Unter dem Pflaster. Neue Ergebnisse aus Archäologie und Bauforschung in Bad Langensalza, Bad Langensalza 2009, S. 9-11. WALTHER: Namenkunde = Hans WALTHER: Namenkunde und geschichtliche Landeskunde: ein einführender Überblick, Erläuterungen namenkundlicher Fachbegriffe, Auswahlbibliographie zur Namenkunde und Landeskunde Ostmitteldeutschlands (Onomastica Lipsiensia, Bd. 1), Leipzig 2004. WALTHER: Namengut = Hans WALTHER: Spätgermanisch-frühdeutsches Namengut zwischen Werra und Saale, in: Ernst EICHLER (Hg.): Probleme der älteren Namenschichten, Leipziger Symposium 21.-27. November 1989, Heidelberg 1991, S. 15-31. WANDEL: Art. Gotha = Jens Uwe WANDEL: Art. Gotha, in: Werner PARAVICINI (Hg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Bd. 1: Ein dynastisch-topographisches Handbuch, Teilband. 2: Residenzen (Residenzenforschung, Bd. 15. 1, 2), Ostfildern 2003, S. 218-220. WARTMANN: Wirtschaftsgeschichte = Arthur WARTMANN: Zur Wirtschaftsgeschichte der Stadt Langensalza, Diss Univ. Jena, Jena 1923. WEBER: Die Stadt = Max WEBER: Die Stadt. Begriff und Kategorien, in: Carl HAASE (Hg.): Die Stadt des Mittelalters, Bd. 1: Begriff, Entstehung und Ausbreitung (Wege der Forschung, Bd. 243), Darmstadt 1978, S. 41-66.
874
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
WEGELE: Friedrich der Freidige = Franz Xavier WEGELE: Friedrich der Freidige, Markgraf von Meißen, Landgraf von Thüringen und die Wettiner seiner Zeit (1247-1325). Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Reiches und der wettinischen Länder, Nördlingen 1870. WEIGEL: Ordensreform und Konziliarismus = Petra WEIGEL: Ordensreform und Konziliarismus. Der Franziskanerprovinzial Matthias Döring ( 1427-1461) (Jenaer Beiträge zur Geschichte, Bd. 7), Frankfurt a. M. 2005. WEIß: Bettelorden = Ulman WEIß: Die Erfurter Bettelorden und ihre Bruderschaften, in: Karl HEINEMEYER/Anselm HARTINGER (Hg.): Barfuß ins Himmelreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt, Dresden 2017, S. 138-147. WENZEL: „villa seu oppidum Neuwenmarckt“ = Hartmut WENZEL: „villa seu oppidum Neuwenmarckt“: Über Marktflecken und kleine Städte in Thüringen, in: Mark ESCHERICH/Christian MISCH/Rainer MÜLLER (Hg.): Entstehung und Wandel mittelalterlicher Städte in Thüringen (Erfurter Studien zur Kunst- und Baugeschichte, Bd. 3), Berlin 2007, S. 21-58. WERNEBURG: Wüstungen = Adolf WERNEBURG: Die Namen der Ortschaften und Wüstungen Thüringens, ca. 1884. WERNER: Neugestaltung = Matthias WERNER: Neugestaltung in der Mitte des Reiches: Thüringen und Hessen nach dem Ende des ludowingischen Landgrafenhauses 1247 und die Langsdorfer Verträge von 1263, in: Ursula BRASCH-SCHWERSMANN/Christine REINLE/Ulrich RITZERFELD (Hg.): Neugestaltung in der Mitte des Reiches. 750 Jahre Langsdorfer Verträge, Marburg 2013, S. 5-118. WERNER: Art. Cronica = Matthias WERNER: Art. Cronica s. Petri Erfordensis moderna, in: Robert-Henry BAUTIER (Hg.): Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, München 1986, Sp. 353. WERNER: Art. Reinhardsbrunn = Matthias WERNER: Art. Reinhardsbrunn, in: Norbert ANGERMANN (Hg.): Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, München 1995, Sp. 667f. WERNER: Landesherr und Franziskanerorden = Matthias WERNER: Landesherr und Franziskanerorden im spätmittelalterlichen Thüringen, in: Dieter BERG (Hg.): Könige, Landesherren und Bettelorden. Konflikt und Kooperation in West- und Mitteleuropa bis zur frühen Neuzeit (Saxonia Franciscana, Beiträge zur Geschichte der Sächsischen Franziskanerprovinz, Bd. 10), Werl 1998, S. 331-360. WERNER: Neugestaltung = Matthias WERNER: Neugestaltung in der Mitte des Reiches. Thüringen und Hessen nach dem Ende des ludowingischen Landgrafenhauses 1247 und die Langsdorfer Verträge von 1263, in: Ursula BRASSCH-SCHWERSMANN/Christine REINLE/Ulrich RITZERFELD (Hg.): Neugestaltung in der Mitte des Reiches. 750 Jahre Langsdorfer
LITERATURVERZEICHNIS
875
Verträge (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte, Bd. 30), Marburg 2013, S. 5-118. WERNER: Thüringen im Mittelalter. = Matthias WERNER: Thüringen im Mittelalter. Ergebnisse – Aufgaben – Perspektiven, in: DERS. (Hg.): Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. 150 Jahre Landesgeschichte in Thüringen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Bd. 13), Köln 2005, S. 245-341. WERNER-HASSELBACH: Güterverzeichnisse der Reichsabtei Fulda = Traut WERNER-HASSELBACH: Die älteren Güterverzeichnisse der Reichsabtei Fulda (Marburger Studien zur älteren deutschen Geschichte. 2. Reihe, 7. Stück), Marburg 1942. WETH: Siegelwesen = Ludwig WETH: Studien zum Siegelwesen der Reichsabtei Fulda und ihres Territoriums (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, Bd. 41), Darmstadt/Marburg 1980. WIEMANN: Art. Arnstadt = Erich WIEMANN: Art. Arnstadt, in: Hans PATZE (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, 2. verb. u. ergänzte Auflage, Stuttgart 1989, S. 18-26. WIEMANN: Art. Kindelbrück = Erich WIEMANN: Art. Kindelbrück, in: Hans PATZE (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, 2. verb. u. ergänzte Auflage, Stuttgart 1989, S. 233. WIEMANN: Karte 28: Die mittelalterlichen Städte = Erich WIEMANN: Karte 28: Die mittelalterlichen Städte nach ihrer Erwähnungszeit, Befestigungsart und Größe (um 1550) – Mittelalterliche Flecken – Stadtrechtsverleihungen in der Neuzeit, in: Otto SCHLÜTER/Oskar AUGUST: Atlas des Saale und mittleren Elbegebietes, Erläuterungen zum dritten Teil, 2. völlig neu. bearb. Auflage des Werke Mitteldeutscher Heimatatlas, Leipzig 1961, S. 105-107. WIEMANN/PATZE: Art. Bad Berka = Erich WIEMANN/Hans PATZE: Art. Bad Berka, in: Hans PATZE (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 9: Thüringen, 2. verb. u. ergänzte Auflage, Stuttgart 1989, S. 27f. WILDE: Art. Amtmann = Manfred WILDE: Art. Amtmann, in: Albrecht CORDES (Hg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 1, 2. völl. überarb. u. erw. Aufl. Berlin 2008, Sp. 214f. WILHELMS: Tennstedt = Fritz WILHELMS: Zur Geschichte der Stadt Bad Tennstedt, in: Erfurter Heimatbrief 27 (1973), S. 46-55. WINTRUFF: Kirchenpolitik = Wilhelm WINTRUFF: Landesherrliche Kirchenpolitik am Ausgang des Mittelalters (Forschungen zur Thüringisch Sächsischen Geschichte, Hft. 5), Halle a. d. Saale 1914.
876
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
WITHOLD: Art. Coburg = Karl WITHOLD: Art. Coburg, in: Karl BOSL (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, 3. überarb. Auflage Stuttgart 1981, S. 127f. WITHOLD: Art. Velburg = Karl WITHOLD: Art. Velburg, in: Karl BOSL (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd. 7: Bayern, 3. überarb. Auflage Stuttgart 1981, S. 766f. WITTKAMPF: Klosterreform im spätmittelalterlichen Erfurt = Andrea WITTKAMPF: Klosterreform im spätmittelalterlichen Erfurt. Das Beispiel der Magdalenerinnen (Weißfrauen), in: Karl HEINEMEYER/Anselm HARTINGER (Hg.): Barfuß ins Himmelreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt, Dresden 2017, S. 132-137. WITTMANN: Im Schatten der Landgrafen = Helge WITTMANN: Im Schatten der Landgrafen. Studien zur adeligen Herrschaftsbildung im hochmittelalterlichen Thüringen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe, Bd. 17), Köln/Weimar/Wien 2008. WOHLFARTH: Tennstedt = Hermann WOHLFARTH: Tennstedt in Gegenwart und Vergangenheit, 2. unveränd. Nachdr. der Ausg. von 1884, Bad Langensalza 2011. WOLF: Erfurt im 13. Jahrhundert = Stephanie WOLF: Erfurt im 13. Jahrhundert. Städtische Gesellschaft zwischen Mainzer Erzbischof, Adel und Reich (Städteforschung, Reihe A: Darstellungen, Bd. 67), Köln 2005. WUNDER: Wigberttradition = Harald WUNDER: Die Wigberttradition in Hersfeld und Fritzlar, Diss. Friedrich-Alexander-Universität zu Erlangen-Nürnberg 1964. ZEYSS: Herbsleben = Heinrich ZEYSS: Geschichte des Marktfleckens Herbsleben, Gotha 1873. ZIEGLER: Art. Bursfelde = Walter ZIEGLER: Art. Bursfelde, in: Ulrich FAUST (Bearb.): Die Benediktinerklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen (Germania Benedictina, Bd. 6: Norddeutschland), St. Ottilien 1979, S. 80-100. ZIEGLER: Territorium der Reichsabtei Hersfeld = Elisabeth ZIEGLER: Das Territorium der Reichsabtei Hersfeld von seinen Anfängen bis 1821 (Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau, St. 7), Marburg 1939. ZILLMANN: Territorialpolitik = Sigurd ZILLMANN: Die welfische Territorialpolitik im 13. Jahrhundert (1218-1267) (Braunschweiger Werkstücke, Reihe A, Bd. 12), Braunschweig 1975. ZIMMERMANN: Patrozinienwahl I = Gerd ZIMMERMANN: Patrozinienwahl und Frömmigkeitswandel im Mittelalter. Dargestellt an Beispielen aus dem alten Bistum Würzburg. Teil 1, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 20 (1958)., S. 24-126.
LITERATURVERZEICHNIS
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ZIMMERMANN: Patrozinienwahl II = Gerd ZIMMERMANN: Patrozinienwahl und Frömmigkeitswandel im Mittelalter. Dargestellt an Beispielen aus dem alten Bistum Würzburg. Teil II: Subjektive Patrozinienwahl seit der Wende im 11. Jahrhundert, in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 21 (1959), S. 5-124. ZSCHIESCHE: Waidbau und Waidhandel = Paul ZSCHIESCHE: Der Erfurter Waidbau und Waidhandel. Ein culturgeschichtliches Bild aus der Vergangenheit, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, Bd. 18 (1896), S. 19-70.
REGISTER 1.
Personenregister
Das Register verzeichnet alle im Text- und Fußnotenteil erwähnten Personen. Jedoch ist darauf verzichtet worden, jene Personennamen aufzunehmen, auf die nur im Kontext der Forschungsdiskussion rekurriert wird und die lediglich in bibliographischen Angaben erscheinen. Die Auflistung erfolgt alphabetisch. Angehörige einer Familie sind unter dem jeweiligen Familiennamen zugeordnet. Inhaber eines städtischen Amtes finden sich unter der jeweiligen Stadt beim entsprechenden Amt. Zu allen aufgelisteten Personen wurden Lebens-, Herrschaft- und Amtsdaten, soweit sie bekannt sind, ergänzt. Bei den Herrschafts- und Amtszeiten wird, wenn ihr Ende mit dem Todesjahr zusammenfällt, nur der Beginn angegeben. Bei Personen, deren Lebensdaten unbekannt sind, werden lediglich ihre urkundlichen Erwähnungen im Zusammenhang mit der vorliegenden Untersuchung genannt. Bei unterschiedlichen Schreibweisen der Namen werden diese angegeben. Albrecht der Große, Herzog von Braunschweig-Lüneburg Welfen Allstedt, Johannes von 275 Altgewe, Egilof de 110 Almenhausen, Herren von 280 - Adelbert (1144) 572 - Hugo I. (1215) 580 - Hugo III. (?) (1319) 239 - Ludwig (1215) 580 Anna von Österreich (*1432, †1462), Tochter Kg. Albrechts II., Gemahlin Ldgrf. Wilhelm III. von Sachsen 640 Anna von Sachsen-Wittenberg (†1426), 2. Gemahlin Landgraf Balthasars 250, 609 Arnestede, Edelerus von (1273) 211 Arnsberg, Ministerialen von 223-225 Balduin (*um 1285, †1354), Erzbischof: 1307, Verwalter des Mainzer Erzbistums: 1328-1336 141, 328, 332 Ballhausen, Grafen von 240 - Albert (1161, 1170) 240 - Konrad (1161, 1170) 196, 240
Ballhausen, Ritter von 572 - Albert (1144) 572 - Berthold (1273) 210 - Eckard, miles, von Summeringen (1258, 1273) 198f. - Hugo (1273) 210 Beichlingen/Rothenburg, Grafen von/zu 69, 91, 158, 205, 310, 322, 334, 427, 579, 671, 678-680, 683, 772 - Albrecht (1341/1344), Graf von Beichlingen, zu Rothenburg 310 - Friedrich (1341/1344), Graf von Beichlingen, zu Rothenburg 310 - Friedrich (1415), Graf von Beichlingen 158, 680 - Gerhard (1341/1344), Graf von Beichlingen, zu Rothenburg 310 - Hans (1467), Graf von Beichlingen 423, 608 Bendeleben, Egilulf von, Ritter 120 Berlstedt, Ludolf von (1221) 217 Bertold, Priester (1312) 276 Blanckenberg/Blankenburg, Heinrich von (1332) 358
880
Bodungen, Tilo von, (mainzischer Burgmann auf Burg Scharfenstein) 332 Bonifatius (hl.) (*um 673, †754/755) 25, 294, 297, 569 Bonifatius IX. (*1350, †1404), Papst: 1389 440 Brandenburg, Bischöfe von - Dietrich I. (†1365), Bischof: 1347 756 - Stephan (*1384, †1459), Bischof: 1421 756 Breuberg, Gerlach von (*um 1245, †1306), Landfriedenshauptmann in Thüringen: 1282 453 Brunonen 68, 127-129, 132, 134, 400, 521, 536, 665, 691, 742 - Eckbert II., Markgraf von Meißen (*1059/61, †1090) 201 - Gertrud (genannt die Ältere) von Braunschweig (†1077), Großmutter Gertruds d. Jüngeren 129 - Gertrud (genannt die Jüngere) von Braunschweig (*um 1060, †1117) 127, 129, 400 Buch, Grafen von 90 Buttelstedt, Thomas von 153f., 158, 443, 464f., 601, 607f., 630f., 711, 729f. Clemens VI. (*1290, †1352), Papst: 1342 359, 361f. Creuzburg, Beringer von (1221) 217 Christeningen, Giselerus de (1312) 276 Curia, de/Gandersem de (Gandersheimer Ministerialen/Ritter) 211 - Bruning, Vogt des Klosters Gandersheim: 1270-1285 211 - Heinrich, Kämmerer der Äbtissin von Gandersheim (1259-1273) 211 Döllstedt, Heinrich von (1273) 211 Ebeleben, Herren von/Ministerialen von
REGISTER
- Albert (1221) 217 - Heinrich (1306) 358 Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, Markgräfin zu Meißen (*1286, †1359) 469f., 660 Elisabeth von Görlitz (*1390, †1451) 638 Ellen, Gerhard von (1218-1227) 218 Fahner, Heinrich von (1221) 217f. Falkenstein, Kuno von (*um 1320, †1388), Dompropst zu Mainz 13481354, Erzbischof von Trier: 1362 437 Flarchheim, Renhard von (genannt der Lange) 412 Foro, Sindoldus in (1328) 148 Frankenstein, Herren von 460, 579f., 591, 593, 597 - Albert (1215) 580 - Ludwig (1183) 579 - Siboto (1215) 580 Fulda, Reichsabtei, Abt/Äbte 69, 284f., 304f., 311f., 316, 319f., 322, 326, 330, 354, 361, 378f., 393, 661, 671, 689, 704 - Heinrich VI. von Hohenberg, Abt: 1315-1353 319 Furra, Hermann von (1242-1264) 299 Gandersheim - Margarethe I., von Plesse (†1305), Äbtissin: 1253 210f. - Dietrich, Pfarrer der Klosterkirche (1273) 211 Gebesee, Herren/Ministerialen von - Dietrich (1219) 577 - Eckart (1219) 577 - Heinrich (1219) 577 Gebesee, Christian, vilicus zu Gebesee (1214-1219) 576f. Gebesee, Heinrich, Sohn des vilicus Christian (1219) 577
PERSONENREGISTER
Gleichen, Grafen von Tonna/Gleichen Grafen von Gertrud (genannt die Ältere) von Braunschweig Brunonen Gertrud (genannt die Jüngere) von Braunschweig Brunonen Gertrud von Süpplingenburg Süpplingenburg Goldacker, Herren von 466-476 - Diezmann II. von Weberstedt (1322, 1324) 472 - Diezmann III. von Alterstedt (13621392) 471-473 - Diezmann IV. (1437-1444) 470, 478 - Friedrich (1444) 470 - Hans (1444) 470 - Hermann I., landgräflicher Marschall, landgräflicher Amtmann zu Ufhoven (1307-1343) 466, 469-471 - Hermann II. (1362-1419) 471-473 - Hermann III. von Weberstedt (ab 1386-1419) 471 - Hermann IV. (genannt der Jüngere), (ab 1417-1437) 470f., 475, - Jan (1349/50) 470, 472 - Johann (1444-1455) 470 - Juncmann (1322) 470 Gottern, Herren von - Dietrich (1371) 495 - Eckart (1155-1192) 470, 574, 579 - Eckart (1444) 470 Habsburger 36, 59 - Albrecht I. von (*1255, †1308), röm.dt. König: 1298 342, 420, 422 - Rudolf I. (*1218, †1291), röm. dt. König: 1273 679 Hagke, Heinrich (Kanoniker in Dorla, 1312) 276 Harras, Albrecht von (1411, 1421), landgräflicher Marschall 158 Hausen, Heinrich von (Ritter) 266 Havelberg, Bischof von 193
881
Heldrungen, Herren von 90, 680 Henneberg, Grafen von 101, 316, 325, 422, 427, 474, 563, 579, 583-604, 606, 634-637, 654, 662, 675, 681, 771 - Berthold VII. (genannt der Weise), (*1272, †13.04.1340), Graf von Henneberg-Schleusingen: 1284 584, 586f., 591, 597, 599f., 603, 654f., 681, 686 - Heinrich VIII. (*1300, †1347), Graf von Henneberg: 1340 596, 636 - Heinrich X. (VII.) (*1352, †1405), Graf von Henneberg: 1365 636f. - Hermann I. (*1224, †1290) 587, 593f. - Johann I. (*um 1289, †1359) 636 - Jutta/Judith (1250, †1327) 592 - Jutta (*1289, †1353), Gräfin von Henneberg-Schleusingen 587 - Katharina (*1340, †1397), Gemahlin Landgraf Friedrichs III. 636 - Poppo VI. (†1190) 579 - Poppo X. von Henneberg-Hartenberg (†1348), Graf von Henneberg-Hartenberg: 1317 422 - Wilhelm I. (1384, †1426), Graf von Henneberg: 1405 634-637 - Wilhelm II. (1415, †1444), Graf von Henneberg: 1426 634 - Wilhelm IV. (1478, †1559), Graf von Henneberg: 1484 634 Herbsleben, Herren/Ministerialen von 306, 563, 565, 571-585, 593-602, 604f., 626, 653-656, 671, 681, 686, 771 - Adelbrat, Sohn Hugos I. 579 - Albert I. (1206-1241) 576, 580 - Albert II. (1240-1264) 578, 593 - Albert III. (†1295) 594f. - Albert IV. (1299-1317) 583 - Albert V. (1322-1327) 584, 587, 653 - Dietrich/Theodericus (1311) 583 - Günther I. (1348) 596
882
-
Heinrich I. (1144) 571f. Heinrich III. (1348) 596 Hugo I. (1155-1189) 574-576, 579 Hugo III. (1298-1326) 224, 230, 239, 583f. - Jan (1365) 584 - Johann I. (1206-1223) 576f., 580f. - Johann II. (1249-1264) 572f., 578 - Johann III. (1255/56) 578 - Johann IV. (1255/56) 578 - Johann VII. (1342) 584 - Reinhard (1174) 306 - Udo (1174) 306 Herbsleben - Burgmannen/Ritter 606f., 611 - Einwohner/Gemeinde 606, 611f., 614f., 617-621, 650, 656 - Hausgenossen 650 - Juden 601f., 655, 708f. - Geschworene/Schöffen/Heimbürgen 611f., 615, 617, 619, 702 - Vogt 611 Heringen, Herren von 575f. - Heinrich (1155) 575 - Siboto (1214) 576 Hersfeld (Reichsabtei/Kloster) - Äbte - Berthold I., von Elben (*vor 1260, †1302/1304), Abt: 1300 206 - Heinrich II. (*vor 1180, †1217), Abt: 1214 218 - Johann II. von Elben (*um 1300, †1367), Abt 1343 603, 610 - Werner von Schweinsberg (*um 1200, †1258/59) Abt: 1254/55 593 - Küchenmeister 220 - Ministerialen 236 - Giso (1215) 580 - Heinrich (1215) 580 - Nuntius/Nuncius 393
REGISTER
Hessen, Heinrich I. von, Landgraf von Hessen, (*1244, †1308), Landgraf 1247-1308 115-117 Hesserode, Pfarrer von 297 Heuwental, Burchardus de (1349/50) 438 Hohnstein, Grafen von 68f., 138, 217, 223-225, 228-231, 239-242, 278, 310f., 319-321, 325, 327, 334, 360, 363, 367, 379, 427, 583f., 597, 671, 673f., 676-678, 680, 771f. - Elger II. (*?, †1190), Graf von Ilfeld: 1174, Graf von Hohnstein: 1182 138 - Heinrich I. (II.) (*um 1225, †1293), Graf von Hohnstein 1249, Graf von Klettenberg 1253 68, 200, 305, 368 - Heinrich V. (* vor 1300, †nach 1356), Graf von Hohnstein: nach 1312 310, 319, 321f., 328, 673f. - Heinrich VII. (*vor 1356, †1408), Graf von Hohnstein und zu Klettenberg und Lohra 327, 363 - Heinrich IX. (*1398, †1434), Graf in Kelbra: 1400, Graf in Heldrungen: 1413 680 - Sophie von Hohnstein (†1268), Gemahlin Heinrichs III. von Schwarzburg, Schwester Graf Heinrichs I. (II.) von Hohnstein 200 Homburg Äbte von 393, 460, 523f., 540, 545, 553, 664, - Arnold (nach 1362, vor 1400) 150 - Bertho (1211-1224) 132f., 434 - Berthold (1333) 525 - Friedrich (1342-1362) 150 - Heinrich I. (1304-1326) 150, 536, 539 - Konrad (1400-1411) 150 - Thiemo III. (1284-1304/05?) 150 Honorius III. (*um 1148, †1227); Papst: 1216 142, 434
PERSONENREGISTER
Hopfgarten, Herren von 281, 322, 333-335, 364-367, 369, 372, 380, 382, 671, 730f., 778 - Dietrich I. (1402, 1406) 382 - Dietrich II. (1466) 333, 368 - Friedrich (1442) 354 - Georg (1466) 333 - Peter (1466) 333 - Rudolf I. (1426) 355, 372 - Rudolf II. (1498, 1533/34) 365 Hörselgau, Hartwich von (1221) 217f. Ilfeld (Kloster) - Hugold, Dekan: 1246-1262 299 - Vromhold, Probst: 1244/46-1258 299 Innozenz III. (*1161, †1216); Papst: 1198 199, 207 Johanniter/Johanniterorden; Kommende Weißensee 367f. - Stapil, Heinrich, Komtur (1311) 368 Käfernburg, Grafen von Schwarzburg/Käfernburg (Grafen von) Kahle, Dietrich der, mainzischer Ministerial/Schenk 329 Kannawurf, Heinrich von 239 Karolinger - Karl der Große (*747/748, †814), König der Franken: 768, König von Italien: 774, Kaiser: 800 190, 388 - Karlmann (*751, †771), König der Franken: 768 296 - Ludwig II. (genannt der Deutsche), (*806, †876), König des Ostfränkischen Reiches 843 301, 393 - Ludwig III. (genannt der Jüngere), (*um 835, †882), König des ostfränkischen Reiches: 876 200 Kegel, Hermann, Ritter (1343) 362 Kerstlingerode; Ritter von
883
- Heisen (1389) 332 - Tilo (1389) 332 Knorr, Tilo mainzischer Burgmann auf Burg Scharfenstein 332 Kölleda, Konrad von (1215) 577, 581 Körner, Herren von - Kuno (1211) 580 - Rudolf von Ministerial, (1211-1222) 218, 580 Lippoldsberg, Dietrich I. Propst von; Propst: 1235-1255 120 Lobdeburg, Herren von 90 Lohra, Grafen von 90, 575 Ludowinger, Landgrafen von Thüringen 14, 27, 30f., 50, 57f., 63, 68, 70, 74, 84-89, 93, 99, 113, 116-119, 122-129, 131f., 134f., 137-140, 143, 146, 163f., 178-180, 182, 198, 217, 219, 222, 226, 232, 241, 253, 274, 280, 305-308, 311, 313f., 316, 329, 331f., 378-380, 383, 398, 400, 403, 426-428, 431f., 434, 534, 571f., 574f., 581f., 659-663, 666, 669f., 682-684, 687-689, 691-693, 695-698, 726, 733, 765, 772f. - Heinrich IV, Raspe (*1204; †1247), Landgraf: 1241-1247, Gegenkönig 1246/47 113, 120, 180, 309, 314, 316, 379, 431f., 581, 590, 663, 669 - Hermann I. (*um 1155, †1217), Landgraf 1190 135, 137, 223, 401, 406, 577, 579f., 659, 666 - Konrad von Thüringen (*um 1206, †1240), Landgraf im hessischen Teil der ludowingischen Landgrafschaft: 12311234, Eintritt in den Deutschen Orden: 1234, Hochmeister: 1239 241 - Ludwig (*um 1135, †1189/90), Graf von Thamsbrück, 3. Sohn Ludwigs I. 113, 125, 131, 137, 179f.
884
- Ludwig (genannt der Springer), (*1042, †1123), Graf Ludwig von Schauenburg 117, 534, 536 - Ludwig I. († 1140), Landgraf: 11311140 112, 128, 691 - Ludwig II. der Eiserne (*1128, †1172), Landgraf: 1140 574f. - Ludwig III. (genannt der Fromme/der Milde), (*1151/1152, †1190), Landgraf: 1172 30, 135, 304, 397, 452, 579 - Ludwig IV. (genannt der Heilige), (*1200, †1227), Landgraf von Thüringen und Pfalzgraf von Sachsen: 1217 180, 217f., 313, 427, 660 Luxemburger - Karl IV. (*1316, †1378), römisch-deutscher König ab 1346, König von Böhmen 1347, König von Italien 1355, Kaiser: 1355 336, 363, 410, 447, 587, 597, 716 - Wenzel von Luxemburg (*1361, †1419) als Wenzel IV. König von Böhmen: 1363, röm. dt. König: 1376-1400 450, 638 Mansfeld, Burchard V. Graf von (*vor 1291, †1354) 292
Mainz, Erzbischöfe von - Adalbert I. von Saarbrücken (*im 11. Jh., †1137), Erzbischof: 1111-1137 117f., 129, 189, 330 - Adolf I. von Nassau (*1350, †1390), Erzbischof: 1381 447, 450, 458, 496, 548 - Adolf II. (*1423, †1475), Erzbischof: 1461 545 - Christian I. von Buch (*1130, †1183), Erzbischof: 1160/61, 1165-1183 28 - Christian II. von Bolanden (*1179, †1253), Erzbischof: 1249-1251 329
REGISTER
- Gerhard I. Wildgraf von Dhaun und Kryburg (†1259), Erzbischof: 1251 117 - Gerlach von Nassau (*1322, †1371), Erzbischof: 1346, Schisma: 13461353 221, 359, 437f., 486, 505 - Heinrich I. von Harburg (*um 1080, †1153), Erzbischof: 1142 72 - Heinrich III. von Vierneburg (*um 1295, †1353), Erzbischof: 13281346/1353, Schisma: 1346-1353 156, 332, 435f., 524 - Johann I. von Luxemburg-Ligny (*1342, †1373), Erzbischof: 1371 495 - Johann II. von Nassau (*um 1360, †1419), Erzbischof: 1397 366, 439, 441, 457 - Konrad I. von Wittelsbach (*1120/25, †1200), Erzbischof: 1183 28, 572, 328 - Konrad II. von Weinsberg (*um 1340, †1396), Erzbischof: 1390 440 - Ludwig von Meißen (*1341, †1382), Erzbischof von: 1373-1381 444, 447f., 450f., 458, 466, 483, 488, 500f., 726 - Lullus (*710, †786), Erzbischof: 755 388 - Peter von Aspelt (*1245, †1320), Erzbischof: 1306, Bischof von Basel: 1297-1306 359 - Siegfried I. (†1084), Erzbischof: 1059 118 - Siegfried II. von Eppstein (*um 1165, †1230), Erzbischof: 1200 27, 142, 434, 580 - Siegfried III. von Eppstein (*um 1194; †1249), Erzbischof: 1230 329 - Werner I., von Eppstein (*1225, †1284), Erzbischof: 1259 407-409, 413, 489
885
PERSONENREGISTER
Mechthild von Baden (*1368, †1425), Markgräfin von Baden, Gemahlin Heinrichs VII., Graf von Henneberg 635f. Melre/Mehler, Theodericus de, Schultheiß des Bertho von Schlotheim (1270) 309 Melre/Mehler - Bruno (1180) 329 - Frumhold (1180) 329 Merxleben, Herren/Ministerialen von 572 - Günther (1144) 572 Mühlberg, Grafen von Mühlberg 90 - Meinhard von (1144) 572 Mühlberg, Dietrich, Vogt zu (1336) 141 Mülverstedt, Ritter von - Burckhardt (1312) 276 - Hermann (1312) 276 Nassau, Adolf von (*1250, †1298), König: 1292 420 Nauendorf, Dietmar von, Propst (1254) 275 Neuenburg, Arnold von (1174) 306 Netra, Dietrich und Herrmann (Brüder, 1346) 255 Niger, Dietrich (1221) 217 Northeim, Richenza von (1087/89, †1141), Gemahlin Lothars von Süpplingenburg 129, 133 Nortenberg, Herren von 586 Osterode, Friedrich und Heinrich von (Brüder, 1367) 108 Osthausen, Heinrich von (1312) 276 Osthoven - Heinrich de (1312) 276 - Theodericus de/Dietrich von (1254) 275 Ottonen 24, 231, 287, 289, 291, 296f., 377
- Heinrich II. (*973/78, †1024), König: 1002, Kaiser: 1014 400 - Otto I. (*912, †973), Herzog der Sachsen: 936, König 936, Kaiser: 962 191, 296 - Otto II. (*955, †983), Mitkönig: 961, Mitkaiser: 967, Alleinherrscher: 973 191f., 200, 231, 285f., 301 - Otto III. (*980, †1002), König: 983, Kaiser 996 195, 590 Paschalis II. (†1216), Papst: 1099 567f. Plaue, Herren von - Heinrich von (1402) 422f. - Heinrich II. (genannt: Reuß von Plaue), (*1289, †1350), Herr von Plaue: 1303-1306, Herr zu Greiz: 1306 603 Plesse, Herren von - Gottschalk (1273) 210f., 580 - Otto, Sohn Gottschalks (1273) 210 Premysliden - Ottokar II. (*1232; †1278), König von Böhmen: 1253 716 - Wenzel I. (*1205, †1253), König von Böhmen: 1230 716 - Wenzel II. (*1271, †1305), König von Böhmen: 1278, König von Polen: 1300 337 - Wenzel III. (*1289, †1306), König von Ungarn: 1301, König von Böhmen und Titularkönig von Polen: 1305 339 Proles, Andreas (*1429, †1503), Provinzialvikar des Augustinerordens: 1461 484 Querfurt, Herren von 680 Röblingen, Johann zu, Pfarrer (1254) 275 Rosenberg, Eberhard, Ritter von 328 Roßleben, Alexander von, Propst (1254) 275
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Rothe, Johannes 131, 404f., 429-433, 532, 585 Rothenburg, Grafen von Grafen von Beichlingen, Grafen von Rothenburg Ruckersleben, Diether von 152 Rusteberg, Otto von erzbischöflich-mainzischer Vogt von Gleichenstein, (1367) 446 Salhut, Gerung 159 Salier Heinrich IV. (*1050, †1106), Mitkönig: 1053, König: 1056, Kaiser: 1084) 110, 318, 420 Heinrich V. (*1081/86, †1125), Mitkönig: 1098, König: 1105, Kaiser: 1111 117f., 190, 193, 277 Salza, Herren/Ministerialen/Ritter von 100, 140, 233, 253, 262, 267, 308, 334, 384, 391, 401, 404, 407f., 412, 428f., 435f., 438f., 447, 452-461, 474f., 508, 523f., 539, 549, 555f., 669, 687, 689, 717, 726, 745-747, 771 - Eberher, von Weißensee (1206, 1225/26) 401-403 - Friedrich I. Vogt zu Salza (1272-1303) 452, 523f. - Friedrich IV. (1294-1327) 469 - Friedrich V. (1331-1349/50) 325, 429, 432, 435f., 455, 460, 474f., 519 - Gieseler (1303) 453 - Günther V. Vogt zu Salza, (12561282) 452, 523, 539, 548 - Günther VII. Vogt zu Salza, (12721303) 413, 453f., 459, 523f., 538f. - Günther VIII.? (1294-1321) 459f., 469, 486f. - Günther IX. (1342-1368) 435, 455, 460, 556 - Hans I. (1347) 435, 455 - Hans II. (1402) 475
REGISTER
- Hardrad, von Weißensee, welfischer Ministerial (1162) 399 - Heinrich III. (genannt der Jüngere), Herr zu (1315-1349/50) 429, 455, 460, 539 - Hermann I. (1206-1225/26) 401f. - Hermann V. Herr zu Döllstedt (1402-1407) 475 - Hugo II. (1220-1561) 455f., 522, 548, 554 - Johann/Johannes (1342-1349/50) 429, 460, 519, 556 - Otto (1225/26) 402 Salza, Langensalza - Amtmann 158, 453, 463f. - von Werter, Fritsche (1385) 463 - Bewohner/Bürger 411, 438f., 440, 442, 444, 448, 459, 462, 492, 523, 538, 546, 749 - Albert (1292) 459 - Engeride, Kirsten (1377) 462 - Engeride Thomas (1377) 444, 462 - Greutsch, Hans (1423/24) 556 - Goszwin/Goswin/Gos(z)wein, Katharina (1446) 550-554, 732 - Goszwin/Goswin/Gos(z)wein, Elisabeth (1446) 451 - Gutbier, Jan (1379) 451 - Heinrich (1292) 459 - Wendenkarren, Konrad (1356) 486 - Bürgermeister Rat/Ratsmeister - Erzpriester 402 - Wiegand (1225/26) 402 - Händler 489 - Waidhändler 490, 502, 551 - Neugrad, Thiele (1400-1425) 490f., 502, 562, 705 - Tuchhändler 491 - Innungen 479-485, 487, 702f. - Bäcker 480 - Feinschmiede 484, 702 - Fleischer 480, 483
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PERSONENREGISTER
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Gerber 484 Gewandschneider 479 Kürschner 479 Müller 447, 450, 483 Schmiede/Grobschmiede 484, 702 - Schuhmacher 484, 702 - Tuchmacher 484, 492, 543f., 559, 627, 702, 753 - Wollweber 466, 491 Juden/jüdische Gemeinde 494-499, 708 - Bischoff (1418) 495 - Josemennin (1371) 495 - Leiningen, Saul (1418) 496 - Mühlhausen, Joselin von (1398) 494 - Saltza, Meiger de (1321-1350) 497 - Saltza, Moses de (1323) 497 - Vinos, Sohn des Saul Leiningen (1418) 496 Münzmeister 488 - Kassel, Conrad von (1401) 489 - Münzer, Hans von Eschwege (1392) 488 Pfarrer/Priester/Vikare - St. Bonifatii 409, 505, 514, 532f., 536f., 540 - Conrad, Pfarrer (1272) 505 - Ketting, Heinrich Pfarrer (1326), Propst des Weißfrauenklosters zu Salza 535, 539 - St. Stephan 524, 540 - Berthous, Vikar (1333) 525 Schultheißen/Schultheißenamt 455, 463 Rat 415f., 438, 447, 463-466, 476-479, 483, 485f., 489, 502, 530, 542, 545, 550, 553f., 558, 561, 693f., 699, 701, 715, 751, 774, 778 - Kämmerer 485, 699 - Cramern, Johann (1434) 477 - Boimgarten, Apel (1392) 477
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Dygreden, Heinrich (1430) 477 Eygerieden, Heinrich (1436) 476 Germar, Hermann (1382) 476 Großwein, Curt (1436) 476 Gro(ß)wein, Hermann (1434) 467 - Gutbier, Jan (1382) 476 - Gutbier, Heinrich (1430) 476 - Herbiste (1379) 476 - Hochheim, Hermann (1380) 476 - Honefeld, Ludwig (1379) 476 - Körner, Hans von (1394) 477 - Lybezeit, Hans (1431) 477 - Picator, Albert (1378) 476 - Seebach, Conrad (1378) 476 - Septore, Johannes (1380) 476 - Trayboth, Hartwig (1392) 477 - Treffurt, Dietrich (1434) 467, 476f. - Wert, Hans (1394) 477 - Zimmern, Johann (1434) 478 - Ratsleute 443, 477f. - Degin, Berld (1431) 477 - Eckersleben, Apollo (1414) 476 - Eczye, Hans (1436) 476 - Egin, Johann (1430, 1433) 477 - Dygreden, Heinrich (1430, 1433) 477 - Eitersleben/Eckerslben Heinrich (1436) 476 - Forst, Dietrich (1430-1436) 477 - Frede, Wiegand (1430, 1433) 477 - Görmar/Germar, Heinirich (1431, 1434) 477 - Grabe/Grube, Heinrich (1430, 1433, 1436) 476f. - Grab(b)ier/Grub(b)er/Grubier, Dietrich (1436) 476 - Großwein, Apel (1430, 1433, 1436) 476 - Gutbier, Berlt (1431, 1434) 477
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- Gutbier, Heinrich (1430, 1433, 1436) 476 - Hulgestad, Hartung (1431) 477 - Kalnberg, Gunther (1431, 1434) 477 - Kebil, Heinrich (1434) 478 - Krieg, Dietrich (1431) 477 - Lybezeit/Lybezid, Johann (1434) 478 - Rote, Hans (1431) 477 - Rotenberg, Johann (1430, 1433) 477 - Seebach, Hermann (1430, 1433) 476 - Schaubenrink, Berlt (1436) 476 - Treybet/Treybete/Treybote, Hermann (1430, 1433, 1436) 476 - Uten, Hans von (1434) 478 - Wiegand, Hermann (1431) 478 - Zimmern, Hanns (1431) 477 - Ratsmeister 438, 443, 451, 466f., 476-478, 485, 488, 501, 699, 706 - Dreyvort/Treffurt, Dytrich (1434) 476f. - Eckersleben, Apollo (1431, 1434) 467, 476f. - Eckersleben, Heinrich (1430) 477 - Forst, Dietrich (1436) 476 - Goszwyn, Berung (1431) 477 - Grabe/Grube, Heinrich (1436) 476 - Gutbier, Johann (1394) 477 - Gyssylmann/Gieselmann, Clauwes/Klaus (1392) 476f. - Treybet/Treybete/Treybote, Hermann (1430) 477 - Varyla/Vargula, Apel von (1392) 476f. - Weysze/Weise, Konrad (1394) 477 - Wiegand, Hermann (1434) 477
REGISTER
- Schöffen 464, 485, 701 - Torwärter/Wächter/Türmer 462 - Vogt/Untervogt/Vogt der Herren von Salza in Langensalza/Schultheißen 461-463, 466 - Edeling, Hermann (1385) 463 - Salza, Tylemannus von (1302) 461 - Stange, Albert (1305) 461 Salzungen, Berthold von (1155) 575 Samland, Christian (†1295), Fürstbischof von Samland und Weihbischof von Mainz: 1276 315, 555 Scharfenstein, Herward von (1311) 359 Schaumburg, Herren/Ministerialen von 586-588 - Eberhardt (1330) 586 - Heinrich II. (1245) 588 Scheid, Klaus, Frankfurter Waidhändler (Mitte d. 15. Jh.) 249 Schlotheim Ministerialen/Herren/Truchsessen von 74, 218f., 253, 280, 305, 307-310, 313-315, 317-323, 328f., 331-335, 338, 341, 344, 351f., 354, 356-360, 361f., 364, 366f., 371, 378-380, 576, 602, 661, 666, 745, 704 - Anno Sohn Berthos II. (1285) 307, 356, 358 - Berlt von Bienbach (1412) 333 - Bertho/Berthold I. (1174, 1180, 1191) 304-306, 328 - Bertho/Berthold II. (†1266), Truchsess: 1243 309, 315, 329 - Bertho/Berthold III. (†nach 1288), Truchsess: 1269 307, 309, 313, 356 - Bertho/Berthold IV. (1351) 351 - Busso Sohn Heinrich Slunes (1357) 362 - Dietmar Domherr zu Mainz (1340 1350) 332 - Friedrich Sohn Günthers II. (1285) 356f.
PERSONENREGISTER
- Günther I. (†nach 1220), Truchsess, Sohn Berthos I. 305, 313 - Günther II. (*vor 1244, †1277) 307, 309, 314 - Günther III., Sohn Berthos II. Truchsess: ab 1284 356f. - Günther IV., Sohn Günthers II. (1285) 356f. - Günther Slune (1344-1382) 332 - Günther von Willerstedt (1328) 319f. - Heinrich Slune (1330-1357) 319f., 362 - Hermann I. (1222) 309, 331 - Hermann II., Sohn Berthos II. (1285) - Heyno, Sohn Berthos II. (1285) - Johannes von Creuzburg, genannt Slune, Truchsess, Burgmann auf der Creuzburg (1292) - Kunemund Sohn Berthos I. (1191) - Kunemund II. Sohn Günthers II. (1285) - Lutolf der Ältere (1323) - Lutolf der Jüngere, Sohn Lutolf des Älteren (1323) - Rudolf (1338) - Thytzel Bruder Berthos/Bertholds IV. (1351) Schlotheim - Bürger/Bürgerschaft/Einwohner 327, 336, 347, 349f., 353-356, 369, 381,749, 752 - Else, Gemahlin Hans Nacses (1417) 355 - Jutta, Gemahlin Eckehard Seylers (1378) 350 - Marite, Gemahlin Hans Reisings (1442) 354 - Nacze, Hans (1417) 355 - Reising Hans Bürger (1442) 354 - Sachsene, Kurt Bürger (1437) 354, 376
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- Schlotheim, Beringer zu Bürger (1442) 354 - Seyler, Eckehardt, Bürger (1378) 350 - Bürgermeister Rat/Ratsmeister - Burgmannen 324, 327 - Conrad/Cunradus de Slatheim Erzpriester (1246) 298, 300 - Juden/jüdische Gemeinde 352, 381, 706-708 - Magdalenerinnen/Weißfrauen: Ordensschwestern/Nonnen (Kloster Schlotheim) 356, 358, 363, 369f., 382 - Husemann, Else (1437) 354, 376f. Isentrude, Tochter des Schlotheimer Bürgers Beringer zu Schlotheim (1442) 354 - Margarethe, Priorin?, Schwester Gerhards von Schlotheim (1294) 357 - Rat 345f., 251, 355, 369, 380f., 393f., 398 - Kämmerer 345, 381, 698 - Ratsmänner 346, 381 - Ratsmeister 345, 376 - Pfarrer zu St. Salvator 295 - Innungen/Handwerker 355, 702 - Seiler 350f. - Tuchmacher/Wollweber/Meister 348f., 381, 702f. - Stadtrichter 344f., 353 Schlotheim, Dietrich von, Generalprior des Magdalenerinnenordens in Deutschland (1341-1343) 356 Schwarzburg/Käfernburg, Grafen von 23f., 58, 69, 91, 200, 217, 222, 228, 234, 237, 281, 295, 310, 319, 321f., 325, 327, 333-335, 338-341, 364f., 374, 379f., 427, 490, 584, 597, 604-606, 609, 654, 671-678, 683, 731, 771
890
- Günther III, (*um 1150, †1221), Graf von Käfernburg, Ilmenau und Arnstadt: 1197 217 - Günther VIII. (†1318/1324), Graf von Käfernburg 276 - Günther XI. (XXV.) (genannt der Jüngere), (*1331, †1368), Herr zu Arnstadt, in Sondershausen: 1356 310, 584 - Günther XVI. (XXX.) (*1352, †1416), Herr zu Arnstadt, Sondershausen und Frankenstein: 1377, zu Blankenburg: 1391 327, 678 - Günther XXI. (*1304, †1349), Gegenköng Karls IV: 1349 673 - Günther XXXVI. (XX.) (*1439, †1503) 333 - Heinrich II. (*1150/55, †1236), Graf von Schwarzburg-Blankenburg: 1197 217 - Heinrich III. (*um 1219, † 1258/59), Graf von Schwarzburg: 1233 200 - Heinrich IX. (*um 1325, †1372/1373), Herr zu Schlotheim, Rudolstadt und Frankenhausen: 1340, zu Arnstadt: 1343, zu Blankenburg und Saalfeld: 1346, Herr zu Sondershausen und Ehrenstein: 1356 310 - Heinrich XIV. (*1350, †1413/14), Herr zu Arnstadt, Sondershausen und Frankenstein: 1377), zu Blankenburg: 1391 333 - Heinrich XIX. (XXIV.) (*1388, †1444), Graf zu Arnstadt, Blankenburg und Sondershausen: 1415, Herr zu Görlitz: 1421, Herr zu Heringen: 1432, Herr zu Stadtilm: 1434, kursächsischer Hofmeister: 1433 333 - Heinrich XXXII. (XXIII.) (*1499, †1538), Herr in Rudolstadt: 1527, in Arnstadt: 1531 365 - Johann II. (*1327, †1407), Graf von Schwarzburg-Wachsenburg 364
REGISTER
Seebach/Sebeche/Sebich, Ritter von - Richard (1396) 152 - Tile/Tilo (1405-1446) 158, 220, 263 Siegried/Syfridus, frater, Vorsteher des Magdalenerinnenordens in Deutschland (1372) 363f. Slawen 19, 188f., 195, 199, 201, 277, 303 Sollstedt, Hans von (1398) 489 Sömmern, Ehrenfried von (1221) 217 Sondershausen, Ministerialen/Herren/Ritter von - Friedrich (1294) 357 - Hermann (1294) 357 - Kunemund (1294) 357 Sophie von Brabant/von Thüringen (*1224, †1275), Gemahlin Heinrichs II., Herzog von Brabant 180, 426, 698 Stalberg, Siboto von (1312) 276 Staufer 25-28, 31, 38, 125, 137, 194, 401, 425, 660, 387, 715f. - Friedrich I., Barbarossa (*um 1122, †1190), röm.-dt. König: 1152, Kaiser: 1155 25, 28f., 31, 73, 139, 196, 420 - Friedrich II. (*um 1194, †1250), röm.dt. König: 1212, Kaiser: 1220 402, 406, 588, 696 - Philipp von Schwaben (*1177, †1208), röm.-dt. König: 1198 137, 223, 420, 666 Stavelot-Malmedy, Abt von 57 Stein, Otto (1155) 575 Steine, Wezel vom (1336) 141 Stock, Hermann (1273) 211 Stotternheim, Herren von 589 - Albert (12. Jh.) 591 - Ludolf (1. Hälfte 13. Jh.) 589 - Otto (1336) 141 Süpplingenburger 68, 127, 132, 400, 521, 536, 665, 691, 742
PERSONENREGISTER
- Lothar III. (*1075, †1137), König: 1125, Kaiser: 1133 28f., 125, 400, 406 - Gertrud von Süpplingenburg (*1115, †1143), Tochter Lothars III., Mutter Heinrichs d. Löwen 128, 133, 400 Tennstedt, Ministerialen/Herren/Ritter von 182, 219f., 223, 225f., 231f., 239-241, 253f., 278, 662, - Klein-/Wenigentennstedt von/de minor Tenstete - Günther (1302, 1319) 206, 217 - Heinrich (1302) 206 - Tennstedt/Großentennstedt von - Bernold (1221, 1222) 217 - Friedrich, miles (1272) 253 - Gottfried (1214, 1218-1227, 1230) 218, 254, 576 - Heinrich (1273) 211 - Lampert, Bruder Friedrichs (1272) 253 - Ulrich (1358) 559 - Walther (1221, 1222) 217 Tennstedt, Stadt - Haussassen 258 - Baumeister 261 - Bürger/Bürgerschaft 236, 235, 257-262, 263-265, 268 - Geldener, Hanns (1407) 257 - Gesel, Heinrich (1407) 257 - Loysche, Hans (1363) 258 - Tenstete, Hansen von (1407) 258 - Tumesbrücken (Thamsbrück), Curden (1407) 258 - Wetzel, Johann (1421) 258 - Burgmannen (landgräfliche Burg) 178, 260f., 265, 703 - Schallen, Hans (1485) 269 - Toba, Tyle von (1346) 267 - Werter, Albrecht von (1346) 267 - Bürgermeister Rat/Ratsmeister - Innungen 259f., 702, 774
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- Fleischer 234, 259, 702 - Leinenweber 259, 702, 773 - Schuhmacher/-meister 259, 702, 773 - Gerichtsschreiber 261 - Händler 249, 251, 705 - Giselerus, Institor de Tennstete (1277) 251f., 705 - Mey, Bonifatius (1533-1537) 249 - Pertuch, Paul (1533-1537) 249 - Pertuch, Simon (1533-1537) 249 - Juden/jüdische Gemeinde 250, 252, 708 - Isaak von Tennstedt (1418) 250 - Israel von Tennstedt (1418) 250 - Kirchvater/Fürsteher 261 - Marktmeister 261 - Pfarrer, parrochus/parrochianus 198, 202 - Pfarrer der Johanniskirche (Wenigentennstedt) 198 - Pfarrer der Nikolaikirche (Kirche der Osthöfe) plebanus orientalis ecclesie 203, 210-212, 215, 230, 246 - Dietrich (1273) 211f., 215 - Pfarrer der Wigbertikirche 197, 202, 212, 252 - Netra, Hermann von (1339) 202 - Rat 249f., 257, 260-262, 264f., 296, 693f., 698, 700 - Kämmerer (1448, 1469, 1473) 261 - Ratsmeister/Bürgermeister (1448, 1449, 1473) 261f., 693f. - Schultheiß (hersfeldisch) 220 - Schultheiß (landgräflich) 220 - Spendenmeister 261 - Stadtschreiber (1448) 261 - Waagemeister 261 Thamsbrück - Amtmänner 154, 160 - Lengenfeld, Rudolf von (1367) 446
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- Bürger, Bürgerschaft, Einwohner 161-163, 165, 167-169, 700, 704 - Ecclesiam, Theodorescus apud (1277, 1304) 162 - Hopfgarten, (…), de dictus miles de Grussen (1326) 162 - Lengefelt, Johann von (1289-1328) 163 - Henricus Schetcil, miles (1304) 162 - Salfeld, Dietrich (1482) 169 - Ubeche, Ludewicus de/Ubech Lodewicus de (1288-1304) 162 - Burgmannen Ritter/Burgmannen/Ministeriale - Bürgermeister Rat/Ratsmeister - Heimbürgen 155, 166f. - Conradus/Konrad (1290) 167 - Innungen 169, 703, 774 - Juden/jüdische Gemeinde 150f., 706-708 - Münzmeister, monetarius 149f. - Dithmarus/Dietmar (1268-1284) 149, 161 - Otmarus/Ottmar (nach 1284?) 150 - Pfarrer (Stadtpfarrkirche. St. Georg) 143-145, 169 - Schorrbrandt, ? (1375) 169 - Rat 103, 108, 124, 154-160, 168-171, 180f. - Kämmerer 167f. - Amera, Henre (1473) 168 - Guschengopff, Michael (1473) 168 - Salfeld, Andreas (1443) 168 - Salfeld, Heinrich (1463) 168 - Salfeld, Tyzel (1472) 169 - Smol, Heinrich (1443) 168 - Ratsmänner/consules 160f. - Ecclesiam, Johannes apud/iuxta cymiterium Tungesbruken (1270-1284) 161f. - Mulhusen, Cunradus Olla de (1270) 161
REGISTER
- Rosten, Oswalden (1473) 168 - Sala, Cunradus de Sohn von Reinhardus miles dictus (1270) 161 - Sala, Reinhardus dictus de miles (1270) 161 - Urleiben, Hansen (1473) 168 - Wurbeze, Bertoldus miles de (1270) 161 - Wurbeze, Herdeynus (1270) Sohn Bertholdus, miles de Wurbeze 161 - Ratsmeister 154-156, 159, 165, 167-169, 180 - Drescher, Ditterichen (1473) 168 - Landtgrave, Heyno dictus (1340) - Tensteden, Ditterichen/Tennstedt, Dietrich (1463-1482) 168 - Waynsmer, Bertold (1351) 166, 168 - Wigand, Reinhard (1340) 167 - Wundolt, Kurt (1351) 168 - Richter 169 - Schorbrandt, Kerstan (1375) 169 - Ritter/Burgmannen/Ministeriale 145, 154, 159, 160-163, 168, 178 - ecclesiam Johannes apud /iuxta cymiterium Tungesbruken, (1270-1284) 150, 161 - ecclesiam, Theodericus apud (1277-1304) 162 - Kerchen, Heinrich by der, castrensis (1344) 161f. - Hopfgarten, (…) de, dictus miles de Grussen (1326-1328) 162 - Sala, Reinhardus dictus de, miles (1270) 161 - Sala, Cunradus dictus de, Sohn von Reinhardus, miles (1270) 161 - Schetcil, Henricus, miles (1304) 162 - Ubeche, Fridrich de (1304) 162
PERSONENREGISTER
- Ubeche, Hermann de (13041340) 162 - Ubeche, Ludewicus de/Ubech, Lodewicus de miles (1288-1304) 162 - Wurbeze, Bertoldus de, miles (1270) 161f. - Wurbeze, Herdeynus (1270), Sohn Bertholdus, miles de Wurbeze 161f. - Schöffen/Heimbürgen 155, 164-167 - Hopfgarten, Fritzsche von (1344) 166 - Ulrich, Eckhard (1344) 166 - Waynsmer, ? (1344) 166 - Wert, Heyno (1344) 166 - Wiederold, Heinrich (1344) 166 - Schultheiß 120, 146, 164 - Christian (1240) 120 - Vogt/Vögte 154, 159, 179 - Vögte der Herzöge von Braunschweig 141 Thamsbrück, Volbert von (1174) 306 Theophanu (*955, †991), Gemahlin Ottos II. 231, 285-287, 304 Tiefenort, Herren von - Berthold, landgräflicher Marschall: Anfang 13. Jh. 575 - Dietmar (1155) 575 - Dietrich (1155) 575 Tonna/Gleichen, Grafen von 21, 58, 68, 90f., 112, 120, 129, 266, 578, 589, 664f., 675 - Albrecht V. ( † 1292) 358 - Adolf (*um 1395, †1456), Graf von Gleichen 266 - Ernst III. (*vor 1162, †1226/30) 329 - Erwin II. (†1193) 329 - Lampert II. (*vor 1191, †1227) 577 Treffurt, Herren/Ministerialen von 217, 429 - Friedrich I. (1155) 574f.
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- Friedrich II. (†um 1243) 218, 309, 329 - Reginhard I. (1155) 574f. - Reginhard II. (1155) 574f. Tütleben, Bertold von (1144) 572 Uslar, Hermann von (1273) 210f. Udestedt, Friedrich von (1219-1226) 577 Volkenroda, Äbte von 198 - Dithmar (1272) 407 Vargula, Schenken von 70 - Rudolf, Schenk von (1215-1222) 217f., 580 Wangenheim, Herren von 250, 580 - Fritsche (1336) 141 - Ludwig (1215) 580 Wartburg, Brandenburg, Burggrafen von - Ludwig II., Burggraf von der Wartburg: 1222 309, 313 - Wigger, Burggraf auf der Wartburg: 1122/24 aber vor 1138 572, 574 Weberstedt, Ritter/Herren von 411, 478, 590 - Albold (1226) 412 - Arnold (1224) 412, 590 - Friedrich Gans (1444) 470 - Heinrich Raphael (1224) 412 - Reinold, genannt Raphael (12241268) 409, 411-413, 590 - Renold (1224) 412 Weida, Vögte von 100, 747 Weilar, Heinrich von (1155) 575 Weimar und Orlamünde, Grafen von 24, 58, 117f. - Heinrich IV. (†1357) 755 - Siegfried II. (1180) 575 - Siegfried III. (*um 1155, †1206), Graf von Orlamünde: 1172 575
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- Ulrich II. (*um 1064, †1112), Graf: 1070-1112 118 Weinsberg, Konrad von (*um 1378, †1448), Reichskämmerer: 1407-1439, formal bis 1448 250 Welfen/Herzöge von Braunschweig 129, 135, 137, 141-143, 180, 399f., 424-426, 428, 431-435, 456-458, 460, 474, 514, 521f., 524, 560, 661, 665-669, 686, 689, 704, 717, 742 - Albrecht I. von Sachsen/Braunschweig (*1236, †1279), Herzog zu Braunschweig und Lüneburg: 1252 123, 142, 425-427 - Albrecht II. (*1268, †1318), Herzog von Braunschweig-Lüneburg: 1279 363 - Heinrich d. Löwe Herzog von Sachsen und Bayern (*1129/30 oder 1133/35, †1195), Herzog von Sachsen: 11421180, Herzog von Bayern: 1156-1180 29, 33, 68, 128-130, 133-135, 138, 147, 399f., 403, 420, 666 - Heinrich I., Herzog von BraunschweigLüneburg (*1267, †1322), Fürst von Grubenhagen: 1291 141, 359 - Heinrich II. Herzog von Braunschweig und Grubenhagen (*1289, †1351), Herzog: 1322 425, 435 - Heinrich V. (genannt der Ältere), (*um 1173/74, †1227), Pfalzgraf bei Rhein: 1195-1212/13 406, 433f., 522 - Otto I. (genannt das Kind), Herzog von Braunschweig-Lüneburg (*1204, †1252), Herzog: 1235 123, 426, 431-433, 560, 661, 668f. - Otto IV. von Braunschweig (*1175/76, †1218), König: 1198, Kaiser: 1209 135, 137, 180, 400f., 404f., 420, 429, 431f., 517f., 560, 666, 764
REGISTER
Wernrode, Herren von - Friedrich (1302) 358 - Konrad (1271) 67 Werter, Ritter von 297 Wettiner/Herzöge von Sachsen/Markgrafen von Meißen/Landgrafen von Thüringen 57f., 85f., 91, 96, 100, 117, 119, 122f., 130f., 137, 180, 197f., 206, 225f., 228-231, 234f., 237-240, 254, 264, 314f., 318, 321-323, 325-327, 334, 339, 363f., 379f., 426-428, 431, 436, 439, 445-450, 452, 456-458, 475, 477, 486, 488, 561, 563, 595, 604-606, 615, 631, 697, 704, 707, 712, 725-732, 736, 749, 764, 771-773, 779 - Albrecht II. (genannt der Entartete) (*1240, †1314), Landgraf: 12651294; Markgraf von Meißen: 1288 13, 141, 200, 224, 237, 314f., 321, 422, 452f., 460, 469, 595, 678, 683, 778 - Albrecht III. (genannt der Beherzte), Herzog von Sachsen, Markgraf von Meißen, Gubernator von Friesland (*1443, †1500), Herzog von Sachsen: 1464 148, 159, 269, 485f., 491, 494 - Balthasar von Wettin (*1336, †1406), Landgraf von Thüringen: 1349 157, 234, 250, 336, 391, 437, 440-442, 448, 450, 463, 465, 475, 486, 488f., 494, 509, 556, 601, 605-607, 609-612, 616, 619, 622, 625, 633-640, 702, 706 - Diezmann, auch Dietrich III. (IV.) (*1260, †1307), Markgraf der Lausitz: 1291-1303, Markgraf der Osterlande: 1291, Landgraf von Thüringen: 1298 315, 583f., 595 - Ernst, Kurfürst von Sachsen, Landgraf in Thüringen und Markgraf zu Meißen (*1441, †1486), Kurfürst von Sachsen:
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PERSONENREGISTER
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1464, Markgraf von Meißen: 1464, Landgraf: 1482 148, 269, 485f., 491, 494 Friedrich I. (genannt der Freidige), (*1257, †1323), Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen: 1292 223, 225, 230, 237, 239, 323, 362, 469, 583, 595, Friedrich II. (genannt der Ernsthafte), (*1310, †1349), Markgraf von Meißen und Landgraf: 1323 141, 237, 322, 325, 436, 470, 474, 500, 515, 519, 549, 597, 675, 687, 755 Friedrich II. (genannt der Sanftmütige), (*1412, †1464), Landgraf: 1440-1445 465 Friedrich III. (genannt der Strenge), (*1332, †1381 Landgraf von Thüringen und Markgraf von Meißen: 1349 242, 427, 444, 486, 596f., 601, 603, 606 Friedrich IV. (genannt der Jüngeren/der Friedfertige), (*1384, †1440), Landgraf: 1406 186, 228, 441, 465, 480, 610, 613, 615, 633, 638, 640, 665 Georg (genannt der Bärtige), (*1471, †1539) Herzog von Sachsen 523 Heinrich III. (genannt der Erlauchte), (*um 1215, †1288), Markgraf der Lausitz, Landgraf von Thüringen: 1247 120, 578, 581, 590 Wilhelm I. (genannt der Einäugige), (1343, †1407) Landgraf von Thüringen: 1349-1382, Markgraf von Meißen
1349 157, 336, 437, 440, 442, 448, 451, 486, 501, 601, 634 - Wilhelm II. (genannt der Reiche), (*1371, †1425), Markgraf von Meißen: 1407 57, 445, 634, 639 - Wilhelm III. (genannt der Tapfere), (*1425, †1482) Landgraf: 1445 159, 265f., 334, 470, 484, 486, 496, 509, 541-543, 545, 547, 561, 614, 640, 699, 728, 749 Wilrode, Dietrich von (1240-1264) 299 Wintzingerode, Johan von (1336) 141 Wittelsbacher - Ludwig IV. (genannt der Bayer), (*1282/86, †1347) röm.-dt. König: 1314-134, Kaiser: 1328-1347 361, 522, 583, 585, 587, 596-598, 603, 681 - Ruprecht (*1352, †1410) röm.-dt. König: 1400-1410 642f. Wolfenbüttel, Gunzelin von (*um 1170, †1255) welfischer Ministerial, Reichsministerial 136, 666 Worbis, Berthold von Ritter (1336) 328 Wolf - Heinrich (1322) 358 - Konrad (1322) 358 Wolferstedt, Peter von Pfarrer (1254) 275 Wulfenchen, Arnold von (1273) 211 Zimmern, Heinrich von (1342)
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REGISTER
2. Orts- und Sachregister Für die Untersuchung wichtige Begrifflichkeiten sind den jeweiligen Orten alphabetisch untergeordnet. Die alphabetische Einordnung von Städten und Orten erfolgt ohne Berücksichtigung des neuzeitlichen Titels „Bad“. Dieser wird aus Gründen der Vollständigkeit zusätzlich in Klammern angegeben. Gibt es mehrere Schreibweisen wird die geläufigere zuerst angegeben. Werden mehrere Orte einer Siedlungsgruppe erwähnt oder besprochen, erfolgt die alphabetische Einordnung in Ortsgruppen. Kenntlich gemacht ist dieses durch den Zusatz -Orte. Beispiel: HeilingenOrte: Abtsheilingen, Bothenheilingen, Issersheilingen, Neunheilingen… Da es im deutschen Raum sehr häufig Siedlungen mit gleichen Ortsnamen gibt, erfolgt immer auch eine Lokalisierung durch Angabe des Landkreises in dem sich der Ort befindet bzw. durch Angabe der nächst größeren Siedlung. Abkürzungen: LK = Landkreis; OT = Ortsteil. Ebenso wird angegeben, ob es sich um ein Dorf oder eine Stadt handelt. Außerdem wurde, da bei Siedlungen liegende Klöster und Burgen häufig namensgleich mit der Siedlung sind, gekennzeichnet, um was es sich jeweils handelt.
Abtsbessingen 285 Adorf (Stadt im sächsischen Vogtlandkreis) 414f. Allstedt 283 - Burg (civitas, frühmittelalterlich) 292f. - Pfalz 283, 282 - Stadt 292 - Wirtschaftshof (curtis, frühmittelalterlich) 292f. Almenhausen (Burg) 280 Alsfeld (Stadt im Vogelsbergkreis) 639, 697f. Altenburg 15, 28f., 37, 93, 97, 696 - Weißfrauenkloster 746f. - Pfalz 28 Altenstein (Burg) 324f. Alterstedt (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 471, 473, 513 Altgau (pagus) 110, 190, 389f. Ammern (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 395 Anrode (Kloster im Unstrut-HainichKreis) 308f. Apfelstedt (Fluss) 14
Apolda (Kreisstadt LK Weimarer Land) 239, 275, 773 Arnstadt (Kreisstadt Ilm-Kreis) 14, 16, 26, 64, 69, 93-95, 153, 222, 234, 237, 249, 279, 340, 351, 385, 694, 705 Aschersleben (bei Bad Langensalza/vielleicht Aschara) 455, 460, 549 Auerbach (Stadt im Vogtlandkreis) 422f. Avignon 360f. Backleben (OT von Kölleda) 392 Ballhausen-Orte 188, 195f., 198f., 215, 226, 230, 264, 471 - Großballhausen 187-189, 195, 198, 228f., 236, 273, 710, 786 - Kleinballhausen/Windischballhausen 187-189, 195, 198, 228f., 236, 273, 710, 786 - Amt/Amtsbezirk 187, 226-230, 238, 264, 457 - Burg 215, 225, 228f., 236, 457, 682 Bamberg (Hochstift) 587
ORTS- UND SACHREGISTER
Barchfeld (Dorf im Wartburgkreis) 585 Bellstedt (Dorf im Kyffhäuserkreis) 285, 358 Belrieth (Burg im LK SchmalkaldenMeinigen) 586f., 595 (Bad) Berka (Stadt im LK Weimarer Land) 423f., 608, 614 Beichlingen (Burg im LK Sömmerda) 69, 205, 679, 683 Bischoffstein (Burg oberhalb des Ortes Lengefeld unterm Stein im Unstrut-Hainich-Kreis) 333, 575 Biscofestat 390 Blancstrut (Landstreit, Weiler bei Eisenach) 471 Blankenburg (Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 358 (Bad) Blankenburg (Stadt im Harz) 23f. Bleicherode (Stadt im LK Nordhausen) 239 Bollstedt (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 184, 193, 305, 309, 312 Böhmen (Flurstück beim Kloster Homburg/Thamsbrück) 507, 788 Breitungen-Orte 196, 460 - Altenbreitungen 593 - Frauenbreitungen 593, 597 - Herrenbreitungen 460, 593 Breslau 64, 250 Bruchstedt (Dorf im Unstzrut-Hainich-Kreis) 274 Brüchter (Großbrüchter, Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 312 Brücken (Flecken bei Sangerhausen/LK Mansfeld-Südharz ) 257, 607, 609, 620, 644 (Bad) Brückenau (Stadt im LK Bad Kissingen) 316, 342, 672 - Stadtrecht Buchenstat 200
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Büraburg (ehemalige fränk. Burg im Schwalm-Eder-Kreis) 569f. Bursfelde (Kloster im LK Göttingen) 426, 667f. Buffleben (Dorf im LK Gotha) 454f. Buttelstedt (Stadt im LK Weimarer Land) 60, 614, 732, 737, 773 - Amt 732 - Burg 732 - Landgericht 60, 119, 146 - Marktrecht 614 - Stadtrecht 614 Calbe/Calve (Stadt im Salzlandkreis) 756 Clingen (Stadt im Kyffhäuserkreis) 18, 21, 23, 63, 69, 283, 340, 673, 676f., 740f. - Stadtkeller 740 - Stadtrecht 339f., 740 Creuzburg (Stadt im Wartburgkreis) 27, 30f., 34, 40, 50, 88, 97, 146, 149, 154, 157, 244, 255, 263, 414, 427, 632f., 639f., 662, 665f., 682, 692, 695f., 722, 733, 737, 773 Coburg (Stadt im Regierungsbezirk Oberfranken) 585f., 592 Cronschwitz, Kloster (LK Greiz) 97, 746f. Denkte (Dorf im LK Wolfenbüttel) 199 - Kirche 214 Dietenborn (Dorf und Kloster im Kyffhäuserkreis) 567f. Ditmold (OT von Kassel), Erzpriestersitz 569f. Dingelstädt (Stadt im Eichsfeldkreis) 20 Döllstedt (Dorf im LK Gotha) 394, 439, 617, 665 - Burg 665
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- Zisterzienserinnenkloster 219f., 555, 653f. - Klosterkirche St, Nikolaus 555 Dorla Vogteidörfer Dornburg a. d. Saale (Stadt im SaaleHolzland-Kreis) 660, 687 Duderstadt (Stadt im Landkreis Göttingen) 431, 448f. Duisburg - curtis 296 - Pfalzkapelle 296 Dün (Höhenzug im nw. Thüringer becken) 14, 60, 389, 282 Ebeleben (Stadt im Kyffhäuserkreis) 285, 291, 358, 673, 780, 786 Eberbach (Stadt im Rhein-NeckarKreis) 642-644 Eckartsberga (Stadt im Burgenlandkreis) 15, 414, 638-640, 689, 755 Ehrich-Orte (Erch, Erice, Ericha/OT d. Landgemeinde Greußen im Kyffhäuserkreis) 185, 199-201, 211 - Burg 200 - Großenehrich (Maiori Erich) 200, 207 - Westernehrich (Wenigenehrich, Kleinehrich,Westernerche) 195, 199f. - Kirchen 214 Eigenrieden (Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 283 Einhausen (Dorf im LK Schmalkalden-Meinigen) 422 Eisenach (kreisfreie Stadt in Thüringen) 15, 27, 29f., 57f., 91, 93, 98, 105, 123f., 146, 149, 159, 184, 218f., 222, 226, 255, 273, 283, 386, 395, 400, 427, 488, 507, 519, 554, 564, 601, 639, 660, 662, 665f., 675, 682, 695, 706, 710, 727, 737, 773, 788
REGISTER
- Augustinerchorherrenstift 473 - Franziskanerkloster 471, 749 - Nikolaikloster 307 - Stadtrecht 343 Ellen (Dorf im Wartburgkreis) 421, 424 Ellrich (Stadt im LK Nordhausen) Elten (OT d. Stadt Emmerich am Rhein im Kreis Kleve) - Burg 296f. - Kloster 296f. Erfurt 15f., 19-21, 25f., 28f., 35, 37, 50, 55, 62-64, 67f., 88, 92-97, 104, 117, 126, 129, 138f., 152f., 184, 242f., 249, 251, 276, 284, 316, 352, 364, 371, 376, 386, 409-412, 437, 439, 449, 469f., 478, 489f., 506, 530, 550, 554, 564, 573f., 582-584, 589, 595, 604-606, 628f., 634, 647, 654, 663-666, 695, 705f., 729, 746, 749, 751f., 772, 786 - geistliche Einrichtungen - Kirchen - Kaufmannskirche 573 - St. Peter und Paul 218 - Klöster/Stifte - Karthäuserkloster 259 - Marienstift 362 - Martinskloster 258 - Peterskloster 461 - Magdalenerinnen-/Weißfrauenkloster 747f. - Waid 348, 655 - Waidgeld 153 Eschwege (Stadt im Werra-MeißnerKreis) 123, 256, 283, 300, 418, 431f., 439, 441, 669, 763 - Burg (civitas, frühmittelalterlich) 286, 293 - Cyriaksberg 293 - Wirtschaftshof (curtis, frühmittelalterlich) 293, 297, 300 - kirchliche Einrichtungen
ORTS- UND SACHREGISTER
- Kirchen - St. Dionysius, Pfarrkirche 297 - Klöster/Stifte - Kanonissenstift St. Cyriakus 420 - Münze 354 - Pfalz 285 Fahnersche Höhen (Höhenzug im Südwesten des Thüringer Beckens) 66 Falken (mainzisches Amt/OT v. Treffert im Wartburgkreis) 329 Finne (Höhenzug im Burgenlandkreis und LK Sömmerda) 14f., 392 Fladungen (Stadt im LK Rhön-Grabfeld) 342, 422 Flarchheim (Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 160 (Bad) Frankenhausen 63, 69, 138, 282, 322, 379, 601, 629, 673, 678-680 Frankenberg a. d. Eder (Stadt im LK Waldeck-Frankenberg) 697 Frankfurt am Main 135, 249f., 283, 410, 490, 502 Frauensee (Kloster im Wartburgkreis) 218 Freising (Kreisstadt Regierungsbezirk Oberbayern) 147 Freyburg a. d. Unstrut (Stadt im Burgenlandkreis) 31, 34, 58, 146, 219, 244, 547, 692, 696 Frieda (frühmittelalterliche königliche Burg im Werra-Meißner-Kreis) 285f., 517 Friedrichroda (Stadt im LK Gotha) 125, 684 Fritzlar 220, 263, 570 Frömmstedt (Dorf im LK Sömmerda) 283, 662 Fulda, Kloster/Reichsabtei 69, 101f., 110, 112, 125, 179, 188, 219, 237, 284-287, 294f., 304-306, 308, 311f.,
899
315-318, 320, 327, 330, 334, 361, 378, 388, 393-397, 403, 514, 560, 566, 582, 589f., 597f., 653, 672, 683, 686, 690, 772 Fulda (Stadt) 342, 672 - Stadtrecht 342 Furra/Großfurra (Lehnsbezirk/Dorf im Kyffhäuserkreis) 324f. Gandersheim (Reichsstift, Kanonissenstift) 191-196, 198-201, 205, 209-212, 214, 216, 219, 224, 230, 232, 246, 252, 277f., 679, 690, 710 - Klosterkirche 208 - Vogtei 188 - zentraler Wirtschaftshof in/bei Tennstedt (domus hovemanni) (Bad) Tennstedt Gebesee (Stadt im LK Sömmerda) 14, 16, 20, 69, 184, 222, 237, 240f., 273, 276, 284, 448f., 564, 569, 578, 581f., 584, 594, 603, 623, 645, 650f., 654, 670f., 700, 771, 786 - Brühl 578, 593 - Burg 571, 582 - Fiskalgutbezirk/-zentrum 196, 565 - Orts-/Stadtbefestigung 776 - Villikationsmittelpunkt (hersfeldisch) 670 Gefell (Stadt im Saale-Orla-Kreis) 422-424 Geisa (Stadt im Wartburgkreis) 69, 317, 342, 672 Gelnhausen (Stadt im Main-KinzigKreis) 316, 342 - Stadtrecht 316, 342 Georgental (Kloster im LK Gotha) 69, 454f., 590 Gera (Fluss in Thüringen) 67, 104, 190, 286, 290f., 303f., 377, 570 Gera (kreisfreie Stadt in Thüringen) 15
900
Gera (Grafschaft an der schmalen Gera) 469 Germar Mark (Thüringen/frühmittelalterliche Grenzmark) 67, 104, 190, 286, 290f., 303f., 377, 570 Gernsheim (Stadt im südhessischen Kreis Groß-Gerau) 410 Gerstungen (Marktflecken, westlich von Eisenach) 327, 354, 395 - Münze 354 Geschlink. (Passiermöglichkeit über die Hainleite, bei Sondershausen) 282, 672, 680 Gieboldishausen (im LK Göttingen) mit Pfarrei und Kirche 214 Gispersleben (Stadtteil v. Erfurt) 184 Goldene Aue (Landschaft zwischen Nordhausen und Sangerhausen) 138 Görlitz (Kreisstadt LK Görlitz) 249, 490, 705 Görmar (Dorf bei Mühlhausen) 300f., 389, 460, 570 Gotha (Kreisstadt LK Gotha) 15f., 27, 29, 60, 62, 64, 91, 96, 98, 119, 123, 146, 153, 160, 249, 351, 386, 399-401, 414, 427, 450, 454f., 479, 497, 554, 564, 583, 601, 628, 633, 639f., 662, 665f., 675, 682, 684, 720, 737, 773, 788 - Amt/Amtsbezirk 454, 457 - Burg (Grimmenstein) 57, 722 - geistliche Einrichtungen - Erzpriestersitz 398f. - Kreuzkloster 590 - Landgericht 118f., 146, 454 - Markt 30, 632, 707 - Rat 695 - Stadtrecht 343 Gottern-Orte 129, 139, 152, 396 - Altengottern 173f., 589, 591, 681 - Bischoffsgottern (Großengottern) 173f.
REGISTER
- Amt (mainzisch) 329 - Geleit 173 Grabe (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 285, 406f., 434 Greußen 16, 21, 23, 63, 65, 69, 283, 673f., 677, 706 - Burg 674, 676 - sedes/Erzpriestersitz 196 - Waid/Waidhandel 249, 705 Großenhain (Stadt im LK Meißen) 364 - Magdalenerinnen-/Weißfrauenkloster 364 Großenlupnitz (Dorf im Wartburgkreis) 395 Grumbach (Dorf im Unstrut-Hainichkreis) 386 Grünberg (Stadt im LK Gießen) 697f., 778 Haina (Dorf/Kloster im LK Gotha) 26, 724 Hainich (Höhenrücken im Nordwesten Thüringens) 14f., 66, 68, 105, 193, 283, 386, 474, 493, 665 Hainleite (Höhenzug in Nordthüringen) 14f., 23, 63, 66, 282, 321, 330, 389, 672, 674, 680 Halle a. d. Saale 282f., 448, 756 Hammelburg (Stadt im LK Bad Kissingen) 316, 342, 672 Harburg (Burg im LK Eichsfeld) 439 Harz 14f., 68, 678 Harzburg (Burg im LK Bad Harzburg) 128 Hasela (Dorf bei Wertheim im Wetteraukreis) 410 Haßleben/Hastingsleben (Dorf im LK Sömmerda) 584 Hasungen (Kloster im LK Kassel) 458, 560 Heiligenstadt (Kreisstadt LK Eichsfeld) 27f., 772
ORTS- UND SACHREGISTER
- Archidiakonat 547, 692 Heilingen-Orte (Dörfer nördlich von Bad Langensalza/Unstrut-Hainich-Kreis) 312, 584 - Altenheilingen 312 - Appenheilingen 312 - Bothenheilingen 184, 193 - Heilingen 312, 459f. - Issersheilingen 312, 785 - Kirchheilingen 131, 184, 193, 459f., 525, 736, - Erzpriestersitz/sedes 131 - Neunheilingen 358, 362 - Windischheilingen 453, 525 Heilinger Höhen (Höhenzug im nordwestlichen Thüringer Becken) 66, 282 Helbe (Fluss in Nordthüringen) 389 Heldrungen-Orte - Heldrungen (Stadt im Kyffhäuserkreis) 14 - Hausheldrungen (wüst.) 295 Helmarshausen (Kloster im LK Kassel) 566-568, 582, 652, 654 Helme (Fluss in Nordthüringen und im südl. Sachsen-Anhalt) 389 Helmegau (pagus) 289f. Henningsleben (Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 132, 513, 665 Henschleben (Dorf im LK Sömmerda) 578 Herbsleben 21, 64, 66, 72, 74, 153, 184, 196, 215, 224, 257, 272, 311, 414, 427, 445, 458, 662f., 671, 675, 677, 681f., 684, 686, 689, 691-694, 700, 702, 708-713, 718, 720, 725-736, 739, 741, 744, 751, 754f., 761, 765, 767, 769-779, 786, 788, 791 - Altherbsleben 646f. - Amt/Amtsbezirk 457f., 730f. - Brau-/Schankrecht 619, 626, 630
901
- Brauhaus 626, 630 - Brotbänke 712 - Burg/Burglehen 563, 574, 584, 589, 592, 596, 598, 605f., 611, 634, 637f., 641-647, 655, 662, 665f., 677, 730f. - Dorf 597, 605-611, 613-615, 620, 644f., 650, 656f., 713, 758f., 761, 765, 769 - Erzpriestersitz/sedes 568, 653, 691 - Flecken 66, 606-610, 613-615, 619f., 656, 754, 758, 765, 779 - Fleckskeller/Fleckskellerordnung 626, 648, 652, 656, 739, 791 - Fleischbänke 630f., 648, 712 - Gebänkwiesen 612 - geistliche Einrichtungen - Hospital 650f., 750f. - Kapellen - St. Marie Virginis 569 - St. Peter 569 - Pfarrkirche St. Wigberti 570f., 578, 581, 647-649 - Geleit 601, 628f., 630, 633, 655, 729 - Gemeindeschänke Fleckskeller - Gericht/Marktgericht 612, 615-618, 631f., 702 - Jahrrente/Prekarie/Steuer/Geschoss/exactio ville 606, 735f. - Kaufhaus/Markthaus 627, 629-632, 647f., 655, 739 - Landwirtschaft/landwirtschaftliche Flächen und Abgaben 710f. - Marktplatz 623, 645-648, 681 - Marktrecht 587, 596, 598f., 614, 633, 761, 765, 770, 776 - Jahrmarkt 598, 602, 613, 628, 630, 655, 681 - Wochenmarkt 598, 613, 655, 681 - Mühlengraben 622 - Obermühle 612, 785 - Ortsbefestigung 622-628, 641f., 644, 650, 718, 775, 791
902
- Tore 622-624, 720 - Mitteltor 645f., 648, 791 - Niedertor 623, 645, 651, 791 - Obertor 623, 645, 652, 791 - Pforte 623, 791 - Ortsteile - Neues Dörfchen 650 - Niederdorf 646f., 649 - Oberdorf 646f., 649, 653 - Stadt/städtische Siedlung/Marktsiedlung 257, 606-610, 640-645, 647-653, 656f., 754, 758f. - Straßen - Anger 646f. - Das große Vorwerk 646 - Das kleine Vorwerk 646 - Herrengasse 646 - Klosterplatz 652, 744, 791 - Neue Gasse 647, 791 - Schafgasse 646 - Wachgeld 616, 642 - Waid/Waidhandel 613, 630-632, 655, 711-713, 767, 774 - Waidgeld 612, 630-632 - Waidmühle 613 - Wasserleitung 612, 622 Hersfeld (Kloster/Reichsabtei) 69, 101f., 126f., 186, 190-192, 194f., 196-198, 202f., 205, 207f., 210, 215, 219-224, 236f., 244, 252, 263, 266, 277, 387-393, 396, 403, 474, 520, 557, 569, 571, 574-580, 582f., 590, 593, 596-598, 600, 652, 654, 661, 670f., 683, 690, 704, 711, 714, 724, 742, 744, 772 Hersfeld (Kreisstadt LK Hersfeld-Rotenburg) 248, 255, 279 - Marktplatz 248 Heusdorf (Benediktinerkloster im LK Weimarer Land) 275 Hildburghausen (Kreisstadt LK Hildburghausen) 58 Hildesheim 715
REGISTER
Hochstedt (Dorf/OT v. Erfurt) 576 Hohnstein (Burg im LK Nordhausen) 239 Homburg (Burg/Kloster im UnstrutHainich-Kreis) 68, 104f., 110f., 125-131, 133-135, 142f., 147-149, 154, 158, 162, 167f., 172, 179, 235, 321, 387, 399f., 406, 413, 425f., 433f., 457, 459, 486f., 496, 507f., 515, 519, 521-525, 538-537, 560, 564-568, 690, 707, 717, 750, 783, 785, 788 - Hof beim Kloster 133 - Hof in Thamsbrück 130f. - Kapelle östlich d. Klosters 133 - Kapelle St. Maria 133 - Kapelle St. Simon und Juda 133 - Klosterkirche 133 - Kustodie 132 - Markt 105, 132f., 179, 733 - Mauritiuspatrozinium 130 - Suburbium/Marktsiedlung 105, 132f., 179, 717 - Vogtei 68, 138, 142, 321, 434 Honingen (Wüstung m Unstrut-hainich-Kreis) 120, 285, 357 Hörsel (Fluss in Westthüringen) 15 Hülfensberg (Berg im LK Eichsfeld) 296 Ichtershausen (Kloster im Ilm-Kreis) 217 Ilfeld (Kloster im LK Nordhausen) 299 Illeben (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 405, 459f., 556 Ilmenau (Stadt im Ilm-Kreis) 601, 681 Jechaburg (OT v. Sondershausen) 692 - Archidiakonat 131, 196, 547f., 692 - Kirche St. Maria und Josef 304 - Kloster 131, 196, 547f., 692
903
ORTS- UND SACHREGISTER
Jena (Stadt in Thüringen) 15, 97, 414, 445, 488, 674, 706, 737, 773 Kassel (Stadt in Hessen) 30, 639, 763, 765 - fränkischer Königshof 300 - Stadtsiegel 763 Kelbra (Stadt im LK Mansfeld-Südharz) 679f. Keula (Dorf im Kyffhäuserkreis) 358 Kieselbach (Dorf im Wartburgkreis) 574f. Kindelbrück 13, 63, 65, 107, 160, 422, 424, 640, 679f., 683, 773, 776 - Bewohner/Bürger 13, 422 - Stadtbefestigung 13 - Stadtrecht 13, 422 Kindleben (OT Gotha) 394 Kölleda (Stadt im LK Sömmerda) 63, 343, 679f. - Stadtrecht 679 Königsberg (Stadt/Burg im LK Haßberge) 587f. Körner (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 120, 131, 142, 285, 312, 389, 406f., 434, 547, 580 Krahnberg (Berg/Höhenzug nordwestlich von Gotha) 14 Kraynburg/Krayenburg (Burg im Wartburgkreis) 574, 576 Kutzleben (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 215, 305, 579 Kyffhausen (Reichsburg im Kyffhäuserkreis) 194, 679 Kyffhäuser (Mittelgebirge im Nordthüringen) 69, 194, 295, 678-680 Lampertshausen (Dorf im LK Schmalkalden-Meiningen) 422 (Bad) Langensalza, Salza, Langensalza 15, 20f., 23, 63-66, 68, 71, 91, 97-99, 103, 111, 123-125, 130, 132, 134-136, 138-142, 151, 153, 156f.,
-
-
159, 172f., 181, 184, 221f., 225, 234f., 245, 249, 253, 255, 267, 272, 274, 283, 298, 321, 334, 348, 351, 356, 367, 379, 564, 600, 602, 604, 606, 626, 628, 638f., 642, 660, 662-670, 675, 682-688, 690, 692-694, 699-715, 732-737, 741f., 767f., 771f., 774-778, 780, 788 Amselholz (Waldstück am Ostrand des Hainichs) 467, 473f. Amt 179 Brotbänke 492, 503 Burgen/Dryburg, Burg beim Burgturm, Burg bei der Stephanskirche 140, 233, 401f., 404f., 412, 416, 429-431, 435-439, 441, 446, 450f., 455, 461f., 487, 510, 512, 515-518, 520, 722-728, 731 Fleischbänke 492, 503 geistliche Einrichtungen - Erzpriestersitz 298, 398f., 402, 691 - Franziskanerterminei/Tertiannerinnen 542 - Hospitäler 750-754 - Neues Hospital 550-552, 554 - Neues Hodspital bei Inneren Mühlhäuser Tor, St. Johannis 550-554, 789 - St. Elisabeth 553f., 751, 789 - St. Gangolphi (Hospital vor dem Erfurter Tor) 471f., 474f., 549, 764 - St. Georg und St. Maria (in der Erfurter Vorstadt) 529, 532, 548-554, 558, 718, 751, 789 - St. Johannes 549-552, 554f., 751f - St. Wendelin 531, 549f., 552 - Kapellen - Kapelle der Zisterzienser 555, 557
904
- Nikolauskapelle (zwischen Klagetor und Merxleben) 498f., 557 - Ratskapelle 501 - St. Marien in den Niederhöfen 531, 533-537, 539, 552f., 557, 560, 751, 789 - St. Marien beim Inneren Mühlhäuser Tor 550-552, 554, 752 - Kirchen 741-743 - Augustinerkirche (Kirche des Augustinerklosters) 538, 543-545, 742 - Friedhof 543-545 - St. Bonifatii, auch Marktkirche (Pfarrkirche der Altstadt) 395f., 409, 493f., 505f., 508, 513f., 531-533, 535, 538, 540, 557-561, 690, 742, 750, 789f. - Friedhof 506 - St. Jakobi, auch Jakobskirche (Pfarrkirche der Jakobsstadt) 507-509, 525-528, 531, 541, 543, 558, 715-717, 742f., 750, 789 - St. Stephanie, auch Berg- oder Stephanskirche (Pfarrkirche der Neustadt) 400, 436f., 490, 508, 513-518, 520-525, 631-535, 537f., 540, 545, 552f., 557f., 560, 687, 715, 717, 723, 742, 750, 789, 798f. - Altar St. Nikolaus 524 - Vikarien 524 - Klöster 744-747, 749f. - Augustinereremitenkloster 538f., 541, 543-545, 549-552, 554f., 559, 715, 735, 742, 745, 751, 774, 789 - Barfüßerkloster St. Jakob 541-543, 545, 749f., 789 - Magdalenerinnen-/Weißfrauenkloster 531, 533, 535-541, 543,
REGISTER
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551, 559, 714, 735, 745-747, 749f., 753, 774, 789 - Stift St. Peter (1471 aus Oberdorla nach Langensalza verlegt) 545-547, 561, 563, 745, 750, 774f., 789, 798 Gericht/Gerichtsrechte/Gerichtsbezirk/Untervogtei/Schultheißenamt/Stadtgericht 416, 437, 463-465, 701, 778 Geschoss 485f., 523, 545 Gewandgaden 479, 491f. Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer 438, 443-446, 450, 486, 710, 735 Jüdenhügel/Jüdenstraße/jüdischer Friedhof 498, 709 Judensteuer 496 Landbede 442-446, 450 Landwirtschaft/landwirtschaftliche Abgaben 710f. Markt 409, 459, 482, 497, 514, 531f., 558, 692, 705f. - Freimarkt 482f., 492 - Jahrmarkt 494, 527, 708, 774 - Wochenmarkt 482, 492, 493 Marktplätze 499-506 - Altmarkt 500-506. 738, 789f. - Kornmarkt 493, 499, 557, 709, 767, 789 - Marktstraße 499, 503-506 - Neumarkt 500-506 - Rossmarkt 493, 499, 709, 712 - Töpfermarkt 493, 499, 506, 789 Marktsiedlung 294, 496, 506, 508, 514, 520, 560 Marktrecht 465 Mühle 393, 395, 523, 540 Münze/Münzrecht 149, 487-489, 495, 706f., 778 Niederhöfe 429, 507, 517, 520, 535-537, 553, 558, 742 Prekarie Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer
905
ORTS- UND SACHREGISTER
- Rathaus 451, 463, 479, 492f., 500-505, 507, 627, 738-741, 789f. - Amtsstube/Kleiner Saal 501 - Estuarium 500f. - Rathausturm 502f., 790 - Ratskapelle geistliche Einrichtungen - Ratskeller 501f., 504, 738, 790 - Schreibstube 501 - Reinhardsbrunner Hof/Kollektorei 556, 754, 789 - Salz 387, 493 - Stadt - Stadtbefestigung 404, 432, 462, 466, 506-513, 718-720, 722, 743 - Stadttore 506f., 512, 519, 719 - Brühltor 527, 530 - Äußeres Erfurter Tor 386, 530, 789 - Inneres Erfurter Tor 386, 467, 499, 506f., 548, 550, 553, 789 - Frauentor Niederhöfer Tor/Frauentor - Jahrmarkter Tor 509, 527f., 789 - Jakobstor 505-507, 528, 557, 789 - Klagetor 498f., 509, 530, 555, 715f., 789 - Kriegstor 528, 789 - Lindenbühler Tor 529 - Äußeres Mühlhäuser Tor 515 - Inneres Mühlhäuser Tor 386, 459, 486, 499, 504-507, 515, 526, 531, 538, 549, 551f., 554, 789f. - Niederhöfer Tor/Frauentor 534, 506f., 789 - Stadtmauertürme 510-512, 720, 775 - Burgturm 510-512, 796 - Butterturm 511f., 797 - Pulverturm/Wachturm 511, 796
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- Storchennestturm 509, 511f., 797 - Turm am Lindenbühl 512, 797 - Weißer Turm 511, 797 Stadtrecht 343, 404 Stadtsiegel 764 Stadtwappen 764 Straßen-/Platznamen - Brühl 527, 529 - Burggasse 510, 512, 517, 789 - Enge Gasse 528, 789 - Holzgasse 493, 489 - Jüdengasse 496, 507, 789 - Klostergasse 499, 555, 789 - Salzstraße 493, 507, 528, 789 - Lange Straße 528f., 789 - Mühlhäuser Straße 504, 515, 789 - Tuchmachergasse 542f., 789 Synagoge 496 Teilstädte/Vorstädte 466, 478, 485, 487, 493, 496f., 499, 506-515, 517-532, 535, 538, 548-550, 558, 561f., 642, 664, 686, 714-718, 722, 732, 734f., 742f., 745, 764, 777, 789, 797 - Altstadt/Rechtsstadt/Kernstadt 396, 400, 415f., 429, 436f., 462, 465f., 478 - Erfurter Vorstadt 512, 529f., 550-554, 715, 718, 734, 751, 789 - Jakobsstadt 465, 493, 507-511, 525-531, 538, 541, 549, 552, 555, 561f., 714f., 717f., 734f., 742f., 745, 749, 789 - Neustadt 235, 436, 465f., 498, 507, 509-511, 513, 517-520, 521-525, 527, 529-531, 534f., 537f., 552, 560-562, 664, 687, 714-718, 722, 734f., 742, 747, 750, 789f. - Siedlung vor dem Klagetor 530, 715, 718, 789 Vorwerk 440
906
- Waid/Waidhandel 348, 490f., 502, 711, 767 - Waidmühlen 491 - Warten 512f., 718 - Zoll 491f., 465 Lauterbach (Kreisstadt Vogelsbergkreis) 316, 342, 422, 672 Leipzig 250, 483, 542 Leisnig (Stadt im LK Mittelsachsen) 414f. Lengefeld (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 283 Limburg (Kloster bei Bad Dürkheim) 296 Lippoldsberg (Kloster im LK Kassel) 469, 579 Logne (Vieuxville (Ardennen, Belgien) Burg und Marktort 57 Lorch (Kloster im LK Bergstraße) 125 Maden (Gerichtsstätte im SchwalmEder-Kreis) 117 Mainz (Stadt, Erzbischofssitz) 19 - Stift St. Mariengreden 405 - Stift St. Peter 401, 403, 412 - Stift St. Viktor 195, 412, 590 Marburg (Kreisstadt LK Marburg-Biedenkopf) 697f. Melra/Großmehlra/Mehler/Ober/GroßMehler, (Dorf im UnstrutHainich-Kreis) 310, 321, 371, 359f. - Pfarrkirche Großmehler 359f. Melsungen (Stadt im Schwalm-EderKreis) 116 Merxleben (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 110, 112, 115, 139f., 173, 386, 416, 457, 498f., 513, 534, 548, 554, 572, 645, 785, 788 Mestat/Mehrstadt; inferior et superior/Ober- und Niedermehrstedt
REGISTER
(Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 310 Mittweida (Stadt im LK Mittelsachsen) 414f. Meuselwitz (Stadt im LK Altenburger Land) 20 Mihla (mainzisches Amt, LK Wartburgkreis) 329 Mittelhausen (OT von Erfurt) 390 - Landgerichtsstätte 117, 119 Mühlberg (Dorf im LK Gotha) 26, 325 Mühlburg (Burg im LK Gotha) 324 - Lehnsbezirk 324 Mühlhausen (Kreisstadt Unstrut-Hainich-Kreis) 15f., 21, 28, 30, 37, 62f., 66-68, 76, 93, 97, 104f., 125, 129, 135-139, 143, 152f., 156, 165, 173, 180, 184, 193, 242, 256, 273, 282-285, 301, 305, 318, 321, 341, 351, 354, 367, 386, 407, 418-420, 436, 439, 495, 506, 538, 554, 564, 570, 590, 606, 634, 664, 666, 698, 704, 706, 713, 720, 723, 746, 748, 760, 765, 774, 788 - Brückenkloster (Magdalenerinnnen, St. Magdalenae) 97, 121, 307f., 356, 359, 746 - Klosterkirche 366 - Burg 286, 420, 723 - Gericht 166f. - Königsgut/Königsgutbezirk 27, 166 - Pfalz 50, 125, 283, 285f., 300f. - Rechtsbuch 165-167, 341, 611 - Stadtsiegel 763 München 33, 52, 147 Münden (Stadt im LK Göttingen) 123, 431, 669 Münnerstadt (Stadt im LK Bad Kissingen) 342
ORTS- UND SACHREGISTER
Münstergehofen (sedes/wüstes Dorf im heutigen Erfurter Stadtgebiet) 196 Nägelstedt (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 199, 405, 645 Naumburg (Kreisstadt Burgenlandkreis) 15, 547 Nebra (Stadt im Burgenlandkreis) 295, 601, 666, 687 Neuenburg (Burg bei Freyburg a. d. Unstrut, im Burgenlandkreis) 63, 306 Neumarkt (Stadt im LK Weimarer Land) 421, 424 Niederhall (Stadt im Hohenlohekreis) 410 Niederrhone (Erzpriestersitz, sedes, Stadtteil von Eschwege im WerraMeißner-Kreis) 300 Nordhausen (Kreisstadt LK Nordhausen) 20, 27-30, 37, 90, 92f., 97, 136f., 139, 143, 180, 239, 249, 256, 282, 299, 351, 387-390, 393-397, 407, 418-421, 439, 606, 634, 666, 696, 704f. - Burg 92, 135, 704 - Pfalz 283 Nürnberg 249, 490, 715, 725 Obermaßfeld (Dorf im LK Schmalkalden-Meinigen) 422 Oberföhring (Stadtteil von München) 33, 52 Ohrdruf (Stadt im LK Gotha) 14, 69, 97 Oldisleben (Dorf im Kyffhäuserkreis) 14 Orlamünde (Stadt im Saale-HolzlandKreis) 23f., 414f., 755 Osthausen (Dorf im Ilm-Kreis) 276 Osthöfe Tennstedt
907
Ottenhausen (OT von Weißensee im LK Sömmerda) 391, 649 Ottenhausen (wüstes Dorf im LK Schmalkalden-Meinigen) 391 Ottinscvoha/Octinsvoha (vielleicht Ufhoven/OT von Bad Langensdalza) 390-392 Pausa (Stadt im Vogtlandkreis) 422f. Peukendorf (Dorf im Unstrut-HaichKreis) 363 Pforta/Pforte (Zisterzienserabtei bei Bad Kösen im Burgenlandkreis) 576-578 Prag 715f. Rastenberg (Stadt im LK Sömmerda) 63 Regensburg 193 Remda (OT von Rudolstadt im LK Saalfeld-Rudolstadt) 23f. Reinharsbrunn (Kloster, Stadtteil von Friedrichroda im LK Gotha) 358, 365, 443, 460, 472, 476, 556, 567f., 579, 582, 590, 652, 654 Rockstedt (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 285 Römhild (Stadt im LK Hildburghausen) 58, 391 Rothenburg (Burg im Kyffhäuserkreis) 679 Rudolstadt (Stadt im LK Saalfeld-Rudolstadt) 23f., 58 Saale (Fluss) 14f., 547, 676 Saalfeld (Kreisstadt LK Saalfeld-Rudolstadt) 23-25, 27f., 97, 295 (Bad) Sachsa, (Stadt im LK Göttingen) 396 Sachsenburg, Obere und Untere Sachsenburg im Kyffhäuserkreis 283, 628, 640, 679f.
908
Salza-Orte (Ober- und Nieder-/Untersalza bei Nordhausen) 387-389, 391-393, 397 Salza (Fluss bei und in Bad Langensalza) 386-388, 518, 527-529, 692 Sangerhausen (Kreisstadt LK Mansfeld-Südharz) 146, 257, 282f., 390, 495, 628, 644, 683, 722 Scharfenstein (Burg im Eichsfeldkreis) 332f., 448 Schaumburg (Burg im LK Sonneberg) 586-588, 592 Schleusingen (Stadt im LK Hildburghausen) 58 Schlotheim (Sletheim, Slethem) 21, 63, 66, 69f., 93, 97, 105, 120, 219, 224, 244, 272, 427, 597, 609, 627, 641, 647f., 660-662, 671-673, 675-678, 680-682, 684-688, 690, 692f., 714, 733, 761, 768, 771, 776-778, 785, 787 - Anger (vor dem Mühlhäuser Tor) 376 - Bede Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer - Burg (frühmittelalterliche civitas) 283-294, 301-304, 307, 377f., 690 - Burg/hus/Haus zu Schlotheim (hoch-/spätmittelalterlich) 305, 310, 315-322, 324, 326f., 328f., 331, 333-335, 360, 371-376, 379f., 382, 671-673, 676-678, 682, 714, 722, 724, 730f. - Fiskalgut/Fiskalgutbezirk 283, 285, 294, 302f., 330, 378, 690 - Flachs 349f., 370, 381, 711 - geistliche Einrichtungen - Erzpriestersitz 297-301, 691 - Hospital/Siechenhaus/Leprosenhospital 367-370, 382, 751, 787 - Kapellen - St. Crucis (Hospitalskapelle) 367 - Friedhof 369
REGISTER
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- Patronatsrecht 369 - Pfarrei 370 - St. Margareten (auf dem Kirchberg) 288f., 307 - Patronatsrecht 307 - Kirchen - St. Salvator (städtische Pfarrkirche) 293-297, 307f., 359, 378, 382, 741, 787 - Patronatsrecht 307f. - Klosterkirche 366f. - Klöster - Magdalenerinnenkloster/Weißfrauenkloster 281, 288, 318, 350, 356-367, 382, 539, 559, 741, 744-746, 749f., 774 Geleit 283 Geschoss 355, 735f. Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer 279, 326, 709f., 735, 737 Kirchberg mit frühmittelalterlicher Wallanlage 287f., 290-292, 302, 307f., 377 Lehnsbezirk 324f. Markt 348, 355, 381, 708, 773 - Jahrmarkt 348, 355, 381, 708, 773 - Wochenmarkt 348, 355f., 381, 707 Marktplatz/Marktplätze 370, 373, 381, 705, 773 - Flachsmarkt 712 - Gaul-/Pferdemarkt 370, 373, 787 - Waidanger 348, 370, 373, 376, 787 Mehrstädter Bach 375 Mühle 309, 312, 377 Münze 318, 353-355, 381, 706 Rathaus 347, 350, 375, 738-740 Stadtbefestigung/Stadtmauer 313, 317, 371-375, 718-720, 775, 787 - Erfurter Tor 284, 350, 371, 386, 787 - Mühlhäuser Tor 371, 376f.
ORTS- UND SACHREGISTER
- Stadtrecht 281, 335-350, 352-354, 367, 369f., 373f., 377, 381, 693, 702, 708, 737, 738 - Vorstadt 367, 373, 376f., 382, 718f. - Waid 348f., 370, 381, 711, 713, 767 - Wirtschaftshof (frühmittelalterliche königliche curtis) 125, 283, 285-287, 290-293, 296f., 307, 330 Schernberg (Dorf im Kyffhäuserkreis) 21, 673 Schmücke (Höhenzug im Kyyfhäuserkreis) 14f., 23 Schönstedt/Niederschönstedt 151, 160, 174, 383, 395, 559, 788 - Gericht/Gerichtsbezirk 120f., 457 Schrecke (Höhenzug im Kyffhäuserkreis und LK Sömmerda) 14, 680 Schwabhausen (Dorf im LK Gotha) 142, 396, 406f. Schweinberg (Stadt im Neckar-Odenwald-Kreis) 342 Schwerstedt (Dorf im LK Sömemrda) 196, 273 Seebach (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 218, 396, 440 Seesen, St. Andreaskirche (Stadt im LK Goslar) 207, 209, 214 Sömmerda (Kreisstadt LK Sömmerda) 16, 64, 66, 184, 323, 395, 604 - Sömmern-Orte (Dörfer im UnstrutHanich-Kreis) 160, 584 - Großensömmern 312, 319 - Gerichtsrechte 319 - Hornsömmern 605 - Hugessummeringen 605 - Mittelsömmern 605 Sondershausen (Kreisstadt Kyffhäuserkreis) 15, 21, 58, 63, 69, 272, 282f., 328, 330, 352, 371, 547, 554, 564, 672-674, 676f., 692 Sondershäuser Wald 359 Sontra (Stadt im Werra-MeißnerKreis) 295, 439, 441
909
Spatenburg (Burg im Kyffhäuserkreis) 330 - Gerichtsbezirk 330 Stadtlengsfeld/Lengsfeld (Stadt im Wartburgkreis) 69, 317, 327, 342, 672 - Burg 327 - Stadt 327 Stadtroda (Stadt im Saale-HolzlandKreis) 18 Staßfurt (Stadt im Salzlandkreis) 756 Stotternheim (OT von Erfurt) 141, 589, 591, 681 Straußfurt (Dorf im LK Sömmerda) 273, 401, 567, 577, 786 Sulzbach (OT von Apolda im LK Weimarer Land) 275 Sundhausen (Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 160 Sußra (Dorf, Rocken- oder Marksußra im Unstrut-Hainich-Kreis) 285, 301, 312 - Erzpriestersitz/sedes 298-301 Swaleborn/Schwalborn (wüstes Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 310 Tenigebroch 111 (Bad) Tennstedt (Dannistath, Dennestede, Tennistat, Tenstet) 16, 20f., 63, 66, 94f., 104, 125, 154, 279, 283f., 311, 321, 326, 379, 389, 392, 414, 427, 479, 490, 556, 564f., 569f., 576, 584, 600-602, 607, 609, 613f., 627-629, 641, 644, 648, 651, 655, 661-663, 670f., 675f., 682f., 685f., 690, 692, 700, 706, 714, 716, 724, 727, 732f., 737, 742, 754f., 759, 766, 768, 771-778, 785f., 788 - Altstadt 235, 274, 714 - Amt 227, 229f., 234, 255, 264f. - Bede Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer
910
- Burg (frühmittelalterlich, Reichsburg) 190, 194f., 203, 208-210, 276f., 570, 690 - Burg (Wasserburg, hoch-/spätmittelalterlich, Haus, hus zu Tennstedt) 186, 217, 221, 229, 231-234, 236-238, 246f., 253f., 255, 260, 265-270, 273, 277, 325, 601, 682, 722-724, 727-732 - Fernebach 184 - Fiskalgut/Fiskalgutbezirk 189-197, 206f., 209, 231f., 276f., 670, 690 - Flecken 251, 257, 270, 755 - Frohnhof, Frommhöfe 216, 730 - geistliche Einrichtungen - Hospitäler 752 - Hospital in den Osthöfen 276, 715 - Leprosenhospital 277, 715 - Kapellen - St. Elisabeth 247, 277 - St. Jakobi (Hospitalskapelle) 276f. - Kirchen - St. Andreas, Pfarrkirche 192, 204-210, 212-214, 252, 276, 276, 741f., 786 - St. Johannes, Pfarrkirche in Wenigentennstedt 197f., 201, 203, 208, 212, 742 - St. Nikolai (in den Osthöfen, östlich vor der Stadt) 202, 208, 210-213, 216, 231f., 245-247, 252, 278, 741, 786 - St. Wigbert, St. Trinitatis (parrochialis ecclesia), Pfarrkirche in Großentennstedt 196-198, 202-204, 206-208, 212f., 220f., 233, 243f., 246f., 252, 264, 723f., 741, 786 - Geleit 264, 729 - Gericht 226f., 265, 701
REGISTER
- Großentennstedt (magnum Dennestede, Maior Tenstet) 186-188, 192, 197, 200-203, 208f., 214-216, 229f., 232f., 236-238, 242, 247, 254, 260, 272f. - Jahrmarkt 248, 259, 707f., 773 - Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer 226, 279, 326, 709f., 727, 735f. - Königshof (frühmittelalterlich) 190-195, 204, 208, 277 - Konvent/Klöster 205-207, 744 - Landwirtschaft/landwirtschaftliche Abgaben 710-712 - Marktplatz 242-249, 707 - Marktsiedlung/-gemeinde 213, 238, 244, 251f., 257f., 265, 279, 692 - Marktverkehr/Marktrecht 234, 250-252, 256, 259, 262, 692 - Mühlen - Abtsmühle (Aptismullen) 223 - Schambachsmühle 260 - Münze 263 - Osthöfe (Osthofin, Flecken) 187f., 203, 208f., 212, 215f., 226-236, 238, 242, 245-247, 252, 263f., 266, 270-279, 614, 648, 710f., 714, 716, 719, 722, 724, 730, 732, 741f., 786 - Rathaus 244, 248, 260f., 265, 268, 741 - Stadtrecht (mit Ostzhöfen) 234, 236, 251, 263, 271, 274, 714 - Stadtbefestigung/-mauer 243, 265-277, 718-720, 723, 786 - Brückentor 185, 270-272, 786 - Gebisches Tor (Gebeseer Tor) 270, 786 - Langensalzaer Tor 243, 271-273, 786, 801 - Osthöfer Tor 266, 270-273, 277, 286, 786 - Pforte 271, 786 - Stadtrecht 343 - Stadtsiegel/Stadtwappen 185, 221
911
ORTS- UND SACHREGISTER
- Vogtei (gandersheimisch) 188, 201, 210, 227 - voytgelt 264 - Vronyginhofin 187, 227-230, 236, 238, 277 - Waid/Waidhandel/Waidgeld 264, 348, 705, 711, 767 - Warten 274, 718 - Hohe Warte 274 - Mittelwegwarte 274 - Wenigentennstedt (parvum Dennestede) 186, 188, 197f., 203, 208f., 214, 277-279 - Burg 217, 225, 238f., 241, 253, 278 - Winkelhöfe 187, 192, 204, 206, 276f., 786 - zentraler Wirtschaftshof des Klosters Gandersheim in Tennstedt (domus hovemanni) 214-216, 690 - zentraler Wirtschaftshof des Klosters Hersfeld in Tennstedt/hersfeldische Burg 690, 723f. - Zoll 220, 234, 263f. Thamsbrück 15, 21, 23, 34, 63, 65f., 68, 71, 184, 226, 244, 261, 263, 294, 306, 311, 321, 326, 331, 343, 345, 371, 386, 400, 425, 427f., 432, 453, 474, 479-481, 487, 507, 513, 525, 534, 584, 601, 604, 627, 648, 661f., 664-666, 668f., 675f., 681f., 684, 690-693, 695, 699f., 705, 713f., 732-735, 744, 750f., 754f., 759, 768, 772-778, 783, 785, 788 - Brücke 109, 151, 164 - Burg 113-115, 122-124, 130-133, 135-142, 144, 147, 154, 156, 158f., 162f., 170-172, 177-179, 233, 722, 724, 726-732 - Burggüter 157, 159, 178 - Flecken 155, 157, 181, 754f. - geistliche Einrichtungen - Kapellen
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- Burgkapelle, vor der Burg gelegen; Vikarie St. Mauritius 144 - Kapelle gegenüber der Pfarrkirche 144 - Nikolauskapelle 144 - St. Crucis 144 - St. Marien (auf dem Königsplatz) 144 - Kirchen - St. Georgi (Stadtkirche, Pfarrkirche) 112, 143-145, 170f., 741 Geleit 151, 173f. Getreide/Getreideabgabe 152-154, 709, 711, 767 Hegemahlsordnung 158, 616 Jahrrente/Prekarie/Stadtsteuer 735-737 Landgericht/Amt/Amtsbezirk/comitie/Grafschaft 60, 113, 114-124, 146, 160, 164f., 181, 324, 457, 459, 617, 691, 726-728 Landwirtschaft/landwirtschaftliche Abgaben 153, 155, 158, 169, 177, 709-711 Lehnsbezirk 324 Mühlen 153, 709, 712 Markt/Marktplatz 147-149, 151, 153f., 165f., 170f., 173-175, 179, 371, 694, 705, 707 - Wochen-/Jahrmarkt 708 Marktgericht (plebiscitum forensi, placitum forense)/Stadtgericht 148, 162-167, 617, 701, 726 Münze 149-151, 154, 180, 706f. Präurbium 177f. Rathaus 738-741 Stadtbefestigung/-mauer 171f., 174, 176, 181, 718-721 - Stadttore - Dammtor 108, 170, 172-175 - Riethtor 171-175 - Steintor 172, 175 Stadtrecht 610
912
- Stadtsiegel 164, 763 - Waid 153f., 767 - Waidgeld 153f., 767 Themar (Stadt im LK Hildburghausen) 422, 424 Thiemsburg (Burg/Siedlung im Unstrut Hainich-kreis) 131, 460, 525, 665 Thüringer Becken 14-16, 20, 25f., 44, 60, 62-69, 76, 84, 98, 104, 123, 135, 138, 152, 184, 189, 224-226, 276, 282-284, 296, 309, 318, 320, 329, 334, 352, 358, 379, 390, 392, 410, 493, 562, 564, 589, 591f., 594, 600, 604, 639, 663-669, 671f., 675-681, 683, 768, 771f., 774 Thüringer Schiefergebirge (Mittelgebirge in Südostthüringen) 14 Thüringer Wald (Mittelgebirge in Südtthüringen) 14f. Tilleda (Dorf im LK Mansfeld-Südharz) 296 - Pfarrkirche St. Salvator 296 - Pfalz 190, 194, 283, 290-292, 296 Tonna (Fluss) 66, 405 Tonna-Orte (Dörfer im LK Gotha) 112, 152, 394, 396 - Gräfentonna 68, 112, 126, 129, 386, 449, 513, 649, 664f., 779 Torgau (Kreisstadt LK Nordsachsen) 469, 606, 639, 741 Töttleben (OT von Erfurt) 160, 206 Trebra (Gericht, Dorf im Kyffhäuserkreis) 239 Tretenburg (wüste Burg im LK Sömmerda) 119, 569 Tüngeda (Dorf im Wartburgkreis) 107, 126, 394, 396 Tunzenhausen (Dorf im LK Sömmerda) 223 Tutinsoda (frühmittelalterliche königliche Burg bei Reiser im UnstrutHainich-Kreis) 285f., 290
REGISTER
Ufhoven (OT von Bad Langensalza) 125, 386, 388, 391-393, 395f., 398f., 402f., 439, 470, 474f., 477, 491, 513, 517, 519f., 557, 560, 626, 690f., 779 - Amt 470, 474, 477 - Burg 391, 398, 436, 455, 470, 474f., 513, 519f., - geistliche Einrichtungen - Erzpriestersitz (sedes) 131, 298, 398f., 402, 513, 547 - Pfarrkirche St. Wigberti 391, 513f., 560 - Ortsbefestigung 519 - Schenke 626 Ummerstadt (Stadt im LK Hildburghausen) 414f. Unstrut (Fluss in Thüringen/SachsenAnhalt) 14, 30, 58, 66, 68, 104-108, 110, 125f., 131f., 134, 148f., 151f., 172f., 179, 184, 196, 273, 386, 389, 449, 507, 547, 554, 564f., 569-571, 622, 651, 660, 664, 666, 684, 691f., 696, 783, 786, 791 Urleben-Orte (Dörfer im Unstrut-Hainich-Kreis) 189, 196 - Großurleben 269 - Kleinurleben 188, 195 Vacha (Stadt im Wartburgkreis) 29, 69, 317, 327, 342, 672 - Amt 327 - Münze 354 Vargula-Orte (Dörfer im Unstrut-Hainich-Kreis) 195f. - Großvargula 98, 188f., 564, 566 - Burg 604, 682 - Kleinvargula 195, 272, 455, 460, 549 Vehra (Dorf im LK Sömmerda) 577 Velburg (Stadt im LK Neumarkt) 641-644 Veßra (Kloster im LK Hildburghausen) 422
ORTS- UND SACHREGISTER
Vieselbach (OT von Erfurt) 589, 591, 681 - Grafschaft 470 Vogteidörfer (Dörfer im Unstrut-Hainich-Kreis) 125, 129, 139, 386, 664 - Langula 125, 663f. - Niederdorla 125, 663f. - Oberdorla/Dorla 125, 276, 329, 389, 396, 398, 545-547, 663, 692 - Archidiakonat 131 - Stift St. Peter (1471 aus Oberdorla nach Langensalza verlegt) 545-547, 745, 750, 774f., 789, 798 Volkenroda (Kloster im Unstrut-Hainich-Kreis) 111f., 120, 199, 218, 308f. 312, 328, 363, 373, 377, 407-409, 459, 470, 505, 548, 576f., 580, 594 Wachsenburg (Burg im Ilm-Kreis) 443, 606 Wahlwinkel, Erzpriestersitz (OT von Waltershausen im LK Gotha) 398f. Wallhausen (Dorf im LK MansfeldSüdharz) - Deutschordenskommende 420 - Pfalz 283 Waltershausen (Stadt im LK Gotha) 111, 343, 399, 414, 640, 684, 710, 737, 755 Wanfried (Dorf im Werra-MeißnerKreis) 283, 285 Wartburg (Burg bei Eisenach) 27, 57-59, 63, 91, 123, 159, 469, 542, 572 Warza (Dorf im LK Gotha) 386 Weberstedt (Dorf im Unstrut-Hainich-Kreis) 412, 589-591, 681 - Burg 470, 472 - Martinswald 411
913
Wechmar (Dorf im LK Gotha) 392, 591 Wechsungen, Erzpriestersitz (Großwechsungen, Dorf im LK Nordhausen) 298, 300 Weida, Weißfrauenkloster (Stadt im LK Greiz) 746f. Weimar 15f., 40, 57, 64, 91, 96, 159, 639f., 679, 710, 727, 732, 737, 773 - Erzpriestersitz, sedes 298 - Franziskanerkloster 541-543, 749 - Waidgeld 710 Westgau (pagus) 389 Westhausen (Dorf im LK Gotha) 386 Weißensee 16, 21, 44, 58, 63, 65, 76, 91, 93, 105, 136, 154, 171, 184, 226, 244, 250, 255, 263, 266, 268, 273, 311, 316, 343, 352, 368, 391, 400-404, 416, 427, 488, 584, 601, 603, 605, 628, 632f., 638-640, 648, 662, 665f., 675f., 678f., 682f., 687, 696, 706, 722, 737, 773, 786 - Burg 219, 722 - Landgericht/ Amt/Amtsbezirk 60, 118f., 146f., 324, 457, 650 - Lehnsbezirk 323f. - Stadtrecht 343 - Stadtsiegel 164, 763 Welsbach (Groß- und Kleinwelsbach, Dörfer im Unstrut-Hainich-Kreis) 104, 160, 174, 783, 785 Wernrode (OT von Bleicherode im LK Nordhausen) 358 Werra (Fluss in Westthüringen/Osthessen) 15, 30, 123, 593, 659, 733 Wiegleben (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 455, 460, 549 Wiehe (Stadt im Kyffhäuserkreis) 414f., 601, 680 Wolfsbehringen (Dorf im Wartburgkreis) 386
914
Worbis (Stadt im LK Eichsfeld) 18, 20, 97, 323, 440, 678, 680 - Burg 333 Wurbiz (Urbach im Unstrut-HainichKreis oder Worbis im LK Eichsfeld) 323 Wutha (Dorf im Wartburgkreis) 391
REGISTER
Zimmern (Dorf im Unstrut-HainichKreis) 125, 386, 392, 396, 455, 460, 474, 513, 549, 559 Zwickau 249, 496