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German Pages V, 220 [224] Year 2021
Higher Education Research and Science Studies
Monika Jungbauer-Gans Anja Gottburgsen Hrsg.
Migration, Mobilität und soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung
Higher Education Research and Science Studies Reihe herausgegeben von Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung GmbH Hannover, Deutschland
In der Reihe „Higher Education Research and Science Studies“ (HERSS) werden Monografien und referierte Sammelbände in deutscher oder englischer Sprache im Themenspektrum der Hochschul- und Wissenschaftsforschung veröffentlicht. Sie trägt mit der Fokussierung auf interdisziplinäre und international anschlussfähige Forschung insbesondere zur innovativen Entwicklung dieses For schungsfeldes in der Schnittmenge von Hochschul- und Wissenschaftsforschung bei. Herausgegeben wird die Reihe HERSS vom Deutschen Zentrum für Hochschulund Wissenschaftsforschung (DZHW), einem nationalen und internationalen Kompetenzzentrum für die Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Das DZHW betreibt erkenntnis- und problemorientierte Forschung zu aktuellen und langfristi gen Entwicklungen auf allen Ebenen des Hochschul- und Wissenschaftssystems.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/16454
Monika Jungbauer-Gans · Anja Gottburgsen (Hrsg.)
Migration, Mobilität und soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung
Hrsg. Monika Jungbauer-Gans Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung GmbH Hannover, Deutschland
Anja Gottburgsen Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung GmbH Hannover, Deutschland
ISSN 2662-5717 (electronic) ISSN 2662-5709 Higher Education Research and Science Studies ISBN 978-3-658-31693-8 ISBN 978-3-658-31694-5 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31694-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Inhaltsverzeichnis
Migration, Mobilität und soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung ...........1 Monika Jungbauer-Gans und Anja Gottburgsen Muster migrationsspezifischer Unterschiede unter Studienberechtigten in Deutschland: Soziale Herkunft – Schulische Leistungen – Bildungsaspirationen .........................................................................................27 Swetlana Sudheimer und Sandra Buchholz Migrationsspezifische Unterschiede bei der Studienfachwahl ..........................59 Hanna Mentges und Heike Spangenberg Migrationsspezifische Unterschiede bei der Wahl der Hochschulart ................81 Heidrun Schneider und Andreas Woisch (Warum) beeinflusst ein Migrationshintergrund die Auslandsstudienabsicht? .................................................................................103 Nicolai Netz und Andreas Sarcletti Der Einfluss der Bildungsherkunft auf die Studienabbruchintention von internationalen Studierenden im ersten Studienjahr .................................137 Theresa Thies und Susanne Falk Erfolgserwartung und Abbruchneigung bei internationalen Studieninteressierten und Geflüchteten in der Studienvorbereitung ...............169 Michael Grüttner, Stefanie Schröder und Jana Berg Der Einfluss des Demokratieniveaus von Staaten auf ihre Attraktivität als Studiendestination: Eine netzwerkanalytische Perspektive .......................197 Eva Maria Vögtle und Michael Windzio
Migration, Mobilität und soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung Monika Jungbauer-Gans und Anja Gottburgsen1
Keywords: Migration, mobility, higher education, life event analysis
Abstract This volume investigates migration and mobility in higher education from the perspective of life event analysis. The introduction describes the theoretical and methodological approach for analyzing educational trajectories in higher education. The contributions in the volume focus on different stages, such as the decision to enter higher education, continuance or drop-out from higher education and the transition from university to the labour market. The main research question is which social mechanisms explain success or failure in educational and professional careers of persons with migration background or mobility experience. The contributions take the selection processes in secondary school into account, but also relevant family resources, motivation and competences. The introductory chapter explains how migration, mobility and inequality in higher education are interconnected. Regarding inequality, three groups of students are distinguished: students with migration background, international students and refugees (interested in) entering university. The chapter reviews the state of the art of research into migration inequalities in the transition from school to university, educational success in higher education and transition to the labour market. It concludes with a heuristic model describing the research field, the different transitions and groups of interest, thus providing a framework for locating the different chapters of the volume. 1
Monika Jungbauer-Gans | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und Leibniz Universität Hannover | [email protected] Anja Gottburgsen | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) | [email protected]
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 M. Jungbauer-Gans und A. Gottburgsen (Hrsg.), Migration, Mobilität und soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung, Higher Education Research and Science Studies, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31694-5_1
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Monika Jungbauer-Gans und Anja Gottburgsen
Einführung
Hochschulen stehen durch Migration und Mobilität vor wachsenden Herausforderungen. Eine durch Migration und Mobilität zunehmend diverse Studierendenpopulation stellt differenzierte Anforderungen an die Gestaltung von Studium und Lehre. Aber auch strukturelle Maßnahmen zur strategischen Gestaltung von Internationalisierung beispielsweise durch die Beteiligung an Austauschprogrammen, die Etablierung von Joint Degrees oder ausländischen Filialen sowie die Rekrutierung internationaler Wissenschaftler*innen spielen eine Rolle. Die Spannbreite der organisationalen Zielsetzungen reicht dabei von der Erreichung internationaler wissenschaftlicher Exzellenz bis zu einer gesellschaftlich gebotenen Gewährleistung von Teilhabe und Chancengerechtigkeit für die Bevölkerung mit Migrations- oder Fluchterfahrungen. Neben der Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“ durch 110 Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften 2 als Bekenntnis zur Förderung von Vielfalt und Internationalisierung auf symbolischer Ebene betreiben Hochschulen eine Reihe von Institutionen und Maßnahmen, die der Qualitätssicherung in der Betreuung internationaler Studierender und Wissenschaftler*innen dienen sollen, wie z. B. Auslandsämter und International Offices, Stipendien- und Betreuungsprogramme, interkulturelle Trainings bis hin zu Programmen zur Integration internationaler Absolvent*innen in den deutschen Arbeitsmarkt. Zur Förderung des Studienerfolgs von Bildungsinländer*innen mit und ohne deutschen Pass wurden und werden Programme und Projekte zum Diversitätsmanagement in Studium und Lehre aufgelegt (z. B. das Diversity Audit „Vielfalt gestalten“ des Stifterverbandes der deutschen Wissenschaft oder die Förderung von Projekten zu Diversität/Heterogenität im früheren Qualitätspakt Lehre. 3 Migration und Mobilität in der Hochschulbildung wird in diesem Band aus der Perspektive der Lebens- und Bildungsverlaufsanalyse betrachtet. Dies bedingt die Anwendung eines spezifischen theoretischen und methodologischen Zugangs, der in diesem einführenden Kapitel näher erläutert wird. Aber auch die Auffassung, dass Bildung ein wesentlicher Schlüsselfaktor für soziale Teilhabe und gesellschaftliche Inklusion ist, zeichnet diese Perspektive auf Migration und Mobilität in der Hochschulbildung aus. Individuelle Bildungsverläufe und damit die Zugänge zu Bildungsabschlüssen und Zertifikaten werden ganz maßgeblich von der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen beeinflusst (vgl. z. B. Gottburgsen & Gross, 2012; Gottburgsen & Sixt, 2012; Gross, Gottburgsen, & Phoenix, 2016).
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Vgl. https://www.charta-der-vielfalt.de/, Stand: 05.06.2020. Vgl. https://www.qualitaetspakt-lehre.de/de/projekte-im-qualitatspakt-lehre-suchen-und-finden.php.
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Mit dieser Perspektive der Lebensverlaufsanalyse werden Bildungsverläufe an Hochschulen in den Beiträgen dieses Bandes untersucht. Die einzelnen Beiträge fokussieren dabei verschiedene Übergänge und Bildungsentscheidungen zur Aufnahme eines Studiums, zu Verbleib oder Studienabbruch und zum Übergang in den akademischen und außerakademischen Arbeitsmarkt. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Welche sozialen Mechanismen erklären gelingende oder misslingende Bildungs- und Berufsverläufe? Vorgelagerte Bildungsprozesse und ihre Selektionswirkung bestimmen dabei, mit welchen Voraussetzungen in Bezug auf bildungsbiografische Erfahrungen und bildungsrelevante Ressourcen, Motivationen und Kompetenzen verschiedene Gruppen von Studierenden ihr Studium beginnen. Die Lebensverlaufsperspektive umfasst auch den Gedanken, dass Kontexte und ihre Merkmale, wie z. B. die Diversität an der Hochschule, die Internationalität des Studienprogramms oder das soziale und akademische Klima, individuelle Bildungsverläufe beeinflussen. Daneben ergeben sich immer auch Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Lebensdomänen, also zwischen dem Bildungsverlauf einerseits und möglicherweise parallelem Berufsverlauf, Konstellationen in der Herkunftsfamilie, Partnerschaft, eigener Elternschaft und sonstigen Domänen (Sport, Hobbys) andererseits. Hinzu kommt, dass konkrete historische Ereignisse verschiedene Kohorten in unterschiedlich vulnerablen Phasen treffen können. So ist anzunehmen, dass künftige Forschungsergebnisse zeigen werden, dass Absolventenkohorten in Phasen wirtschaftlicher Rezession, wie der von Corona-Pandemie ausgelösten, unter besonderen Schwierigkeiten beim Arbeitsmarktübergang leiden. Mit dieser Heuristik lassen sich konkrete Forschungsfragen formulieren, die in den Beiträgen dieses Bandes adressiert werden. Die Datengrundlage der Beiträge in diesem Band sind verschiedene aktuelle Untersuchungen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung (IHF). Dies sind im Einzelnen die DZHW-Studienberechtigtenpanels 2012 und 2015, die 20. Sozialerhebung des DZHW und Daten des Projekts „Studienerfolg und Studienabbruch bei Bildungsausländern im Bachelor- und Masterstudium“ (SeSaBa, IHF). Dieser Beitrag gliedert sich wie folgt: Zunächst werden theoretische Grundlagen von Migration und Mobilität an sich (Abschnitt 2) sowie von migrationsspezifischer sozialer Ungleichheit in der Hochschulbildung (Abschnitt 3) eingeführt. Dabei wird auf die Differenzierung von Studierenden mit Migrationshintergrund, internationalen Studierenden und Geflüchteten eingegangen, weil diese Gruppen mit systematisch unterschiedlichen Voraussetzungen an die Hochschule kommen. Der kurze Überblick zum Forschungsstand migrationsund mobilitätsspezifischer Ungleichheit im Übergang an die Hochschule, im Studienverlauf und im Übergang in den Arbeitsmarkt bildet Ausgangspunkt und
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Rahmen für die Beiträge des Bandes (Abschnitt 4). Der Beitrag schließt mit einem heuristischen Modell zum Themenfeld, das die einzelnen Beiträge an den verschiedenen Schnittstellen und Bildungs- sowie Berufsentscheidungen bzw. in der Fokussierung auf spezifische Studierendengruppen wie Studierende mit Migrationshintergrund, internationale Studierende oder geflüchtete Studierende einordnet (Abschnitt 5).
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Mobilität und Migration als globale gesellschaftliche Phänomene
Die aktuelle migrationssoziologische Forschung beschreibt „Migration“ als einen komplexen, zirkulären (nicht endenden) Prozess, der durch die Interaktion multipler Bedingungs- und Einflussfaktoren auf Mikro-, Meso- und Makroebene determiniert wird (Castles, de Haas, & Miller, 2014; King, 2012; Stepputat & Nyberg-Sørensen, 2014). Migrationsprozesse betten sich ein in weltumspannende Migrationssysteme (Castles, 2003, 2010), die Gesellschaften und Regionen zum Teil historisch begründet eng miteinander verflechten (z. B. Algerien/Marokko-Frankreich, Indien/Pakistan-Großbritannien, Mexiko-USA). Angesichts von Globalisierung, Krieg und Umweltkatastrophen sowie gestiegenen Mobilitäts- und Informationsmöglichkeiten hat sich nicht nur die Zahl der international Migrierenden drastisch erhöht (UN, 2016: 2015 244 Mio., davon rd. 60 Mio. Menschen unfreiwillig; UNHCR, 2016). Vielmehr haben sich auch die Migrationsformen/-typen diversifiziert: z. B. Arbeitsmigration, Familienzusammenführung, Flucht, studentische Mobilität, Lifestyle-Migration, illegale Migration, Trafficking, high-skilled migration (King, 2012; Castles et al., 2014). Eine klare Abgrenzung zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Migration erscheint dabei häufig unmöglich (King, 2012: 9). Insbesondere die unfreiwillige Migration und ihre Folgen aufgrund von Krieg, Umweltkatastrophen sowie politischer oder ethnisch begründeter Vertreibung haben durch die Flüchtlingswelle eine große praktische Bedeutung gewonnen (Überblicke in Fiddian-Qasmiyeh, Loescher, Long, & Sigona, 2014, Triantaphyllidu, 2016, O’Reilly, 2016). Während die ältere Migrationsforschung vor allem die Push- und Pullfaktoren für die individuelle Migrationsentscheidung sowie die Akkulturationsprozesse- und Anpassungsleistungen der Migrierenden in den Aufnahmegesellschaften fokussierte (zur Kritik daran King, 2012; Castles et al., 2014), berücksichtigt das mittlerweile etablierte Konzept des Transnationalismus, dass Migrierende weiterhin in vielfältigen Austausch- und Beziehungsstrukturen zu ihren Familien und den Herkunftsgesellschaften stehen (Faist, 2010; Glick Schiller, Basch, & Blanc-Szanton, 1992; Portes, 1999). Beispielsweise lag die Höhe der
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Remittances, d. h. der Rücküberweisungen von Migrant*innen in ihre Herkunftsländer, 2015 bei 431,6 Mrd. US-Dollar (Weltbank, 2016). Die Migrationsentscheidung der Einzelnen ist, auch wenn ihr häufig ein gemeinsam getragener Beschluss einer Großfamilie zur Verbesserung des Gesamthaushaltseinkommens zugrunde liegt, von einem hohen Maß an individueller Eigeninitiative und Durchsetzungsfähigkeit geprägt („agency“, Arango, 2004; Castles et al., 2014: 37 ff.). Aber nicht nur bezogen auf diese Persönlichkeitsmerkmale ist von einer Positiv-Selektion im Vergleich zu den Bleibenden auszugehen, sondern auch hinsichtlich z. B. des Alters, der Gesundheit und der Bildung (Kennedy, McDonald, & Biddle, 2015; Razum & Rohrmann, 2002). Dass es sich bei Migrant*innen also um eine insgesamt hochselektive Gruppe handelt, wird häufig vernachlässigt, was zu einer Unterschätzung von Tatkraft, Motivation und Fähigkeiten der Migrierenden führen kann (King, 2012; Castles et al., 2014). Von besonderer Relevanz für Migrationsentscheidungen und -bewegungen erweisen sich zudem persönliche und soziale Netzwerke (NetzwerkMigration, früher „Kettenmigration“, z. B. Arango, 2004; Massey, 1990; de Haas, 2010), die als soziales Kapital in den Migrationsprozess eingehen.
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Mobilität, Migration und soziale Ungleichheit in der Hochschule
„Mobilität“ ist im Kontext von Hochschule und Forschung ein positiv besetztes Phänomen. In einem differenzierten Forschungsfeld werden Ursachen internationaler Mobilität von Studierenden und Wissenschaftler*innen sowie die Auswirkungen von Mobilität auf Bildungsverläufe oder berufliche Karrieren untersucht (Netz & Kratz, 2018; Parey, Ruhose, Waldinger, & Netz, 2017; Kratz & Netz, 2018; Netz & Jakzstat, 2017). Ein aktueller systematischer Review empirischer Studien (Netz, Hampel, & Aman, 2020) zu den Effekten internationaler Mobilität auf die Karrieren von Wissenschaftler*innen hinsichtlich verschiedener karriererelevanter Dimensionen belegt positive Effekte auf den Ausbau wissenschaftlicher Netzwerke, wissenschaftliche Produktivität, wissenschaftlichen „Impact“ oder die berufliche Situation (einhergehend allerdings mit durchschnittlich längeren befristeten Beschäftigungsverhältnissen). Die Befundlage zu weiteren Karrieredimensionen (Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung, wissenschaftliches Fachwissen, Zugang zu Forschungsinfrastruktur und -finanzierung, symbolisches Kapital) zeigt sich deutlich heterogener – zumal diese nicht nur seltener, sondern auch auf Basis weniger robuster Designs untersucht wurden (Netz et al., 2020). Zu den makrostrukturellen Determinanten internationaler Mobilität zu Studienzwecken (Beine, Romain, & Ragot, 2014) und ihren Effekten für die Aufnahme- und Herkunftsländer („Brain Drain-Gain“, Docquier
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& Rapoport, 2012) liegt eine ganze Reihe von Untersuchungen vor (ein Überblick zum internationalen Forschungsstand in King, Findlay, & Ahrens, 2010). Werden die Zusammensetzung und Diversität von Studierenden an Hochschulen betrachtet, sind drei Gruppen anhand ihrer unterschiedlichen biografischen Erfahrungen und bildungsrelevanten Ressourcen zu differenzieren (Kerst & Wolter, 2017): (1) Studierende mit Migrationshintergrund (also mit eigener oder (groß-)elterlicher Migrationserfahrung), die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben und die über eine deutsche, eine ausländische oder doppelte Staatsangehörigkeit verfügen (eine Teilgruppe davon sind „Bildungsinländer*innen“ mit ausländischer Staatsangehörigkeit), (2) internationale Studierende, die zum Zweck des Studiums nach Deutschland gekommen sind (Bildungsausländer*innen), und (3) Geflüchtete. Während internationale Studierende und Bildungsinländer*innen im Rahmen der Hochschulstatistik über ihre Staatsangehörigkeit leicht identifizierbar sind – ihre Anteile liegen im Studienjahr 2019 bei 10,5 Prozent und 3,2 Prozent aller Studierenden (Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung & Deutscher Akademischer Austauschdienst, 2020) –, können zur Studienbeteiligung von Studierenden mit Migrationshintergrund sowie von geflüchteten Studierenden nur Schätzungen vorgenommen werden. Beispielsweise hatten 20 Prozent der im Rahmen der 21. Sozialerhebung befragten Studierenden einen Migrationshintergrund und ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben; von diesen wiederum hatten 69 Prozent die deutsche und 31 Prozent als Bildungsinländer*innen eine ausländische oder doppelte Staatsangehörigkeit (Middendorff et al., 2017: 32 ff.). Bei Personen mit Fluchterfahrung kann ein hohes Potenzial für die Teilnahme an Hochschulbildung konstatiert werden, so gaben im Jahr 2015 49 Prozent der 18- bis 24-jährigen Schutzsuchenden mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit den Besuch eines Gymnasiums oder einer Hochschule an (IAB, 2016). Bei den Studierenden mit Migrationshintergrund an deutschen Hochschulen handelt es sich bereits um eine hochselektive Gruppe, die erfolgreich das deutsche Schulsystem durchlaufen hat, obwohl dieses ausgeprägte soziale und migrationsspezifische Ungleichheiten reproduziert (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018; OECD, 2015, 2019). Zur Erklärung der systematischen Disparitäten beim Übergang in die Hochschule, im Studienverlauf sowie beim Übergang in den Arbeitsmarkt hat sich eine Reihe von ungleichheitstheoretischen Ansätzen der soziologischen Bildungsforschung etabliert (Coleman et al., 1966; Boudon, 1974; Bourdieu & Passeron, 1971; R. Becker & Lauterbach, 2010). Dem entscheidungsorientierten Modell von Boudon (1974) zufolge erklären sich Bildungsungleichheiten über primäre und sekundäre Herkunftseffekte. Primäre Effekte bestehen darin, dass eine hohe soziale Herkunft der Eltern (so-
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wohl deren sozioökonomische Lage als auch Bildungsnähe sowie Kenntnisse des Bildungssystems) mit einer bestimmten Erziehungsweise, besserer Ausstattung und gezielter Förderung der Kinder verbunden ist, was diese zu besseren Leistungen befähigt. Als sekundäre Herkunftseffekte werden die nach sozioökonomischer Lage variierenden Bildungsentscheidungen bei gleichen Leistungen verstanden. Die jeweiligen Bildungsentscheidungen werden dann im Sinne der Rational-Choice-Theorie aufgrund bewusster, rationaler Abwägungen hinsichtlich der Renditen (z. B. erwartete Berufs- und Einkommenschancen sowie Statuserhalt) und der Kosten (Investitions-, Opportunitäts- und Transaktionskosten) von Bildung getroffen (Breen & Goldthorpe, 1997; Erikson & Jonsson, 1996, Erikson, 2007). Die Erweiterung des Boudon’schen Modells auf migrationsbedingte Bildungsunterschiede (Heath & Brinbaum, 2007; Kristen & Dollmann, 2010; van de Werfhorst & van Tubergen, 2007; Diehl, Hunkler, & Kristen, 2016b) erklärt Disparitäten, die unter Kontrolle der sozialen Herkunft nur durch den Migrationshintergrund beeinflusst werden, wie z. B. den Effekt der in der Familie gesprochenen Sprache auf die Leistungen („primärer ethnischer Effekt“: Esser, 2006; Gresch, 2012). Die die Bildungsentscheidungen beeinflussenden migrationsbedingten Faktoren („sekundäre ethnische Effekte“) sind demnach solche, die nach Kontrolle der Leistung und der sozialen Herkunft fortbestehen. Während sich der Migrationshintergrund von Studierenden in Interaktion mit einer niedrigen sozialen Herkunft (keine akademischen Familienerfahrungen sowie geringere finanzielle Ressourcen) negativ auf die Leistungen auswirken kann („primärer ethnischer Effekt“ verstärkt den primären Effekt sozialer Herkunft kumulativ), hat der „sekundäre ethnische Effekt“ in Kombination mit dem sekundären Effekt sozialer Herkunft eine gegenteilige Wirkung. So haben Studierende mit Migrationshintergrund und ihre Eltern trotz schlechterer Leistungen höhere Bildungsaspirationen und entscheiden sich häufiger für einen höheren Bildungsweg als die Referenzgruppe ohne Migrationshintergrund (Hadjar & Scharf, 2019; Kristen, Reimer, & Kogan, 2008; Kristen & Dollmann, 2010). Auch mit dem ungleichheitstheoretischen Ansatz von Bourdieu (Bourdieu & Passeron, 1971; Bourdieu, 1975, 1983 und 1988) lassen sich die schlechteren Chancen von Studierenden mit Migrationshintergrund erklären. Herkunftsbedingte Disparitäten (sozial- und migrationsbedingte) beruhen danach auf dem Fehlen eines für das Hochschulsystem passenden familiären kulturellen Kapitals. Kulturelles Kapital ist bei Bourdieu differenziert in drei Formen (vgl. Bourdieu, 1983: 185): (a) inkorporiertes kulturelles Kapital erfasst Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, die gemeinhin mit ‚Allgemeinbildung‘ bezeichnet werden, und auch elaborierte Verhaltensweisen, die im Habitus verankert sind; (b) objektiviertes kulturelles Kapital in Form kultureller Güter wie Bilder, Bücher, Lexika etc., das zwar materiell übertragbar ist, jedoch inkorporiertes kulturelles Kapital als die Fähigkeit zu deren Genuss bzw. Wertschätzung voraus-
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setzt; (c) institutionalisiertes kulturelles Kapital in Form von Titeln und Bildungszertifikaten. Verbunden mit einem hohen institutionalisierten kulturellen Kapital der Eltern ist informelles Wissen über hochschulische Standards, da die Eltern den entsprechenden Bildungsgang selbst durchlaufen haben. Inkorporiertes kulturelles Kapital ist für Bildungserfolge nach Bourdieu in dreifacher Hinsicht bedeutend: Mit steigendem inkorporierten kulturellen Kapital ist es wahrscheinlicher, die in der Hochschule vorherrschenden „elaborierten Sprachcodes“ zu verstehen und zu interpretieren. Weiterhin ist mit hohem inkorporiertem kulturellem Kapital davon auszugehen, dass die Art der Wissensvermittlung bereits vertraut ist und so die Aneignung leichter fällt. Vor dem Hintergrund der Definition von inkorporiertem kulturellen Kapital – als die im Habitus einer Person verankerten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, die zu einer sozial- und migrationsbedingten kulturellen Praxis führen – wird nachvollziehbar, dass höheres kulturelles Kapital jene Verhaltensweisen und Einstellungen fördert, die das Vorankommen in der Hochschule positiv beeinflussen. Im Vergleich zu Studierenden mit Migrationshintergrund bringen internationale Studierende andere Bildungserfahrungen, Lern- und Studienvoraussetzungen mit als Studierende, die ihre Bildungssozialisation im deutschen Bildungssystem durchlaufen haben. Zudem stehen sie – sofern sie nicht einen englischsprachigen Studiengang wählen – vermutlich vor der Herausforderung, sich die deutsche Sprache auf hohem Niveau anzueignen. Ihr entsprechend divergierendes kulturelles Kapital und ihr „anderer“ Habitus wird nun eingesetzt und ggf. transformiert (von Rosenberg, 2011), in einem zum Teil noch nach unvertrauten Regeln funktionierenden wissenschaftlichen Feld (Bourdieu, 1988, 1975). So unterscheiden sich akademische Kulturen beispielsweise darin, ob ihre Lernkultur eher repetitiv oder diskursorientiert ist oder ob den Lehrenden gegenüber eine eher hierarchische oder teamorientierte Haltung eingenommen wird (Schumann, 2012; Zhou, Jindal-Snape, Topping, & Todman, 2008). Ähnliches gilt für die geflüchteten Studierenden. Auch sie haben eine andere Bildungssozialisation erfahren und treten in einen unvertrauten gesellschaftlichen, sozialen und akademischen Kontext ein, für dessen „Bewältigung“ der passende Habitus erst erlernt werden muss. Erschwerend kommt für diese Studierendengruppe die Fluchterfahrung mit ihren traumatisierenden Erlebnissen und die Sorge um Familienangehörige hinzu. Auffällig ist, dass die Gruppe der geflüchteten Studieninteressierten und Studierenden im deutschen Hochschulsystem (obwohl selbstverständlich vorher schon präsent) erst durch die Flüchtlingswelle seit 2015 in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt ist und eine große praktische Bedeutung gewonnen hat. Dass der Zugang zu Hochschulbildung von immenser Bedeutung gerade auch für diese Gruppe ist, verdeutlicht eine ganze Reihe von Studien in den Flüchtlingslagern verschiedener Regionen weltweit (Crea & MacFarland, 2015; Watenpaugh & Fricke, 2013, Watenpaugh,
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Fricke, & King, 2014a/b; Zeus, 2011). Diese Untersuchungen zeigen, welche positiven Effekte die tertiären Bildungsangebote für das Selbstwertgefühl, die Entwicklung von Zukunftsperspektiven und die Steigerung der Lebensqualität insgesamt haben (z. B. Crea, 2016; El Jack, 2010; Wright & Plasterer, 2010; Zeus, 2011). Die Frage, wie sich der Status „Geflüchtet-Asylsuchend“ auf Studienvorbereitung, -einstieg und -erfolg in einem neuen gesellschaftlichen, sozialen und akademischen Kontext auswirkt, ist auch international bislang selten Gegenstand empirischer Hochschulforschung (Australien: Joyce, Earnest, de Mori, & Silvagni, 2010; USA: Kanno & Varghese, 2010; Großbritannien: Morrice, 2013; Kanada: Shakya et al., 2010). So identifizieren Joyce et al. (2010) in ihren Interviews geflüchteter Studierender eine ganze Reihe relevanter, sich wechselseitig bedingender Faktoren: (1) sozio-kulturelle Unterschiede zwischen Aufnahme- und Herkunftsland, (2) Stress, Angst und gesundheitliche Probleme durch die stattfindenden Akkulturationsprozesse sowie Erfahrungen von Rassismus und Diskriminierung, (3) Unterschiedlichkeit der Lernkulturen (Prüfungsarten und -formen, academic writing), (4) sprachliche Barrieren, (5) emotionaler Stress durch Traumatisierung sowie Sorge um die zurückgebliebene Familie, (6) Schwierigkeiten, sich studentischen Gemeinschaften und Aktivitäten anzuschließen, da diese zum Teil durch ganz anders gelagerte Vorlieben (Partys, Alkohol) geprägt sind, (7) Unterstützung durch soziale Netzwerke mit anderen Geflüchteten des eigenen kulturellen Hintergrundes sowie (8) Finanzierung des Lebensunterhaltes. Zudem nannten die von Shakya et al. (2010) in Kanada befragten Geflüchteten Informationsdefizite, die Nichtanerkennung der Zeugnisse, finanzielle Probleme und Diskriminierungserfahrungen. Erst die neuere Forschung wird zeigen, wie es geflüchteten Studierenden und den hochschulischen Einrichtungen gelingt, Studienerfolge im deutschen Hochschulsystem zu erreichen.
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Forschungsstand zu Ungleichheit bei Studierenden mit Migrations- und Mobilitätserfahrungen
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Übergang in die Hochschule
Da Ungleichheit nach Migrationserfahrung in allen Bildungsphasen von Bedeutung ist (Diehl et al., 2016b), haben entsprechende Selektionsprozesse einen Einfluss auf die soziale Zusammensetzung von Personen mit Migrationserfahrung, die in der Hochschule ankommen. Die in den schulischen Bildungsphasen feststellbaren Kompetenzunterschiede können durch die soziale Herkunft und die damit verbundene Verfügbarkeit bildungsrelevanter Ressourcen sowie die Sprache erklärt werden (Dollmann, 2017). Dabei gibt es erhebliche Unterschie-
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de nach Herkunftsländern, die zeigen, dass Schüler*innen und Studierende aus asiatischen Herkunftsländern oder aus Osteuropa erfolgreicher sind als Personen, die aus südeuropäischen Herkunftsländern stammen (Heath & Brinbaum, 2014; Lutz, 2014; Abada, Hou, & Ram, 2009). Ein sehr prägnantes Ergebnis vieler Studien ist zudem, dass Schüler*innen mit Migrationserfahrung höhere Bildungsaspirationen haben (Gresch, Maaz, Becker, & McElvany, 2012; Camilleri et al., 2013; Kristen & Dollmann, 2010; Relikowsky, Yilmaz, & Blossfeld, 2012), was teilweise durch den motivationalen Hintergrund der Migrationsentscheidung erklärt werden kann. Die Tendenz zu höheren Ambitionen und Aspirationen ist insbesondere bei Jugendlichen mit einem türkischen Hintergrund festzustellen (Kristen et al., 2008). Dass Personen mit Migrationserfahrung auf dem dualen Ausbildungsmarkt häufiger diskriminiert werden, aber häufig auch eine geringe Vertrautheit mit dem dualen Berufsausbildungssystem haben (Kristen et al., 2008), könnte neben den Bildungsaspirationen eine Erklärung für eine höhere Studierneigung sein (Hunkler, 2010; Ulrich, 2012; Camilleri et al., 2013). Die Forschung zu den dem Übergang in die Hochschule vorgelagerten Bildungsphasen hat gezeigt, dass sich Personen mit und ohne Migrationserfahrung deutlich in ihren Kompetenzen und Übergangschancen unterscheiden (z. B. B. Becker & Reimer, 2010; Diehl, Hunkler, & Kristen, 2016a; Dollmann, 2017). Zudem gibt es einige Arbeiten zum Übergang von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in die Hochschule und deren Chancen, ein Hochschulstudium abzuschließen (z. B. Kristen et al., 2008; für die Schweiz und Frankreich: Griga, Hadjar, & Becker, 2013). Studienberechtigte mit Migrationshintergrund verfügen seltener über eine allgemeine Hochschulreife; sie nehmen häufiger ein Fachhochschulstudium und seltener ein Universitätsstudium auf (Kristen, 2016). Obwohl sie durchschnittlich schlechtere Abiturnoten haben, beginnen sie häufiger ein Studium (Hinz & Thielemann, 2014). Zudem wählen sie häufiger Fächer mit guten Arbeitsmarktchancen (vgl. zusammenfassend Hinz & Thielemann, 2014). Aufgrund ihrer häufiger bildungsfernen Herkunft, die oft mit geringeren finanziellen Ressourcen der Eltern einhergeht, benötigen Studierende mit Migrationserfahrung öfter finanzielle Unterstützung oder arbeiten selbst parallel zum Studium in umfangreichem Maße, um ihre Familie zu unterstützen (Hinz & Thielemann, 2014). 4.2
Studienerfolg
Die in der Studienübergangsphase bereits dokumentierten Leistungsdifferenzen, eine häufiger nicht-akademische Bildungsherkunft und eine teils fehlende allgemeine Hochschulreife sind Risikofaktoren, die eine höhere Studienabbruchquote bei Studierenden mit Migrationserfahrung erklären (Ebert & Heublein,
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2017; Heublein, et al., 2017). Weitere relevante Faktoren hierfür sind eine oft stark extrinsische Studienmotivation, ein Studienfach, das nicht dem Wunschfach entspricht, und finanzielle Probleme im Studium (Ebert & Heublein, 2017). Die Befunde zum in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft (Bildungsherkunft und sozio-ökonomischer Status) variierenden Studienerfolg bzw. Studienabbruch (R. Becker, 2009; Müller & Schneider, 2013; Sarcletti & Müller, 2011, Lörz, 2019) und zu den relativ hohen Abbruchquoten von internationalen Bachelor-Studierenden (Heublein, Richter, Schmelzer, & Sommer, 2014) legen dabei nahe, dass Fragen der kulturellen Passung eine zentrale Rolle spielen (Kramer & Helsper, 2010). Zentral ist demnach, ob und wie die von den internationalen Studierenden und studieninteressierten Geflüchteten in den Bildungsprozess eingebrachten individuellen Ressourcen zu den strukturellen und institutionellen Rahmenbedingungen tertiärer Bildung passen bzw. auch durch die studienvorbereitenden Maßnahmen in den Studienkollegs und Universitäten die Voraussetzungen für den Studienerfolg verbessert werden können. Wichtige Einflussgrößen auf den Studienerfolg sind sozio-ökonomische und kulturelle Herkunft, Geschlecht sowie verschiedene Aspekte der Persönlichkeit. Persönlichkeitsmerkmale („Big Five“: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus, Allport, 1974), Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Schwarzer & Jerusalem, 2002; Robbins et al., 2004), eventuelle Traumatisierungen (Möller & Adam, 2009; Behrensen & Westphal, 2009) und der Stress der Akkulturation (Berry, 1992; Berry, Kim, Minde, & Mok, 1987), also die Anpassung an die neue soziale Umgebung, spielen eine entscheidende Rolle für Studienvorbereitung und -einstieg. Welche Faktoren den Übergang vom Bachelor zum Master bestimmen, wurde in einigen Studien adressiert (Falkenhagen, 2013; Rehn, Brandt, Fabian, & Briedis, 2011; Sarcletti, 2015; Himpele, 2014). Wesentlich ist hier vor allem die Hochschulart, wobei Studierende mit Migrationserfahrung häufiger Fachhochschulen besuchen, deren Absolvent*innen seltener ein Masterstudium anschließen (Fabian, Hillmann, Trennt, & Briedis, 2016; Rehn et al., 2011). In einer die Herkunftsregionen und Länder des Erwerbs der Hochschulzugangsberechtigung differenzierenden Studie wurde gefunden, dass Absolvent*innen mit ausländischer Nationalität, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben, signifikant höhere Übergangsraten in den Master haben (Jungbauer-Gans & Lang, 2019). Internationale Studierende aus dem europäischen Ausland haben eine tendenziell höhere Übergangsrate als deutsche Absolvent*innen, während außereuropäische internationale Studierende eine signifikant niedrigere Übergangsrate haben (Jungbauer-Gans & Lang, 2019).
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Arbeitsmarkt
Im Allgemeinen gilt, dass Personen mit Migrationshintergrund einen niedrigeren beruflichen Status haben als Angehörige der autochthonen Bevölkerung (Kalter & Granato, 2018). Dabei gibt es allerdings prägnante Unterschiede nach dem Herkunftsland: Deutlich besser gestellt als die Referenzgruppe sind Migrant*innen aus den USA, vergleichbar den Personen aus west- und nordeuropäischen Ländern, während osteuropäische Migrant*innen deutlich schlechtere berufliche Positionen aufweisen. Wesentliche Erklärung dafür sind niedrigere Bildungsabschlüsse, aber auch mangelnde Sprachkenntnisse (insbesondere der selbsteingewanderten ersten Generation), die Segmentierung des Arbeitsmarktes und fehlende soziale Beziehungen (Kalter & Granato, 2018). Aktuell ändert sich die Befundlage dahingehend, dass Migrant*innen der zweiten Generation einerseits oft größere Erfolge im Bildungsbereich haben, andererseits aber immer noch Nachteile auf dem Arbeitsmarkt, die sich in höheren Arbeitslosenraten widerspiegeln (Rafferty, 2012; Zuccotti & Platt, 2019). Offenbar können diese Bildungserfolge nicht von allen adäquat in Arbeitsmarkterfolge transformiert werden. Als Erklärung wird diskutiert, dass einige ethnische Gruppen nicht nicht ausreichend soziale Netzwerke und kulturelles Kapital erwerben konnten, die auf dem Arbeitsmarkt stärker honoriert werden (Zuccotti & Platt, 2019). Wie sieht es nun bei Akademiker*innen bzw. Absolvent*innen von Hochschulen aus? Auffällig ist, dass diesbezüglich die Forschungslage relativ dünn ist. Die Studie von Kracke (2016) untersucht die unterwertige Beschäftigung von Akademiker*innen mit Migrationshintergrund in Kombination mit den Merkmalen Geschlecht und soziale Herkunft. Sie kommt mit Daten der NEPS Erwachsenenkohorte zu dem Ergebnis, dass ein Migrationshintergrund häufiger zu unterwertiger Beschäftigung führt. Zudem verstärken sich eine niedrige soziale Herkunft und Migrationshintergrund bei Männern in ihrer Wirkung. Eine niederländische Studie zu Absolvent*innen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften findet bezüglich der Beschäftigungsadäquanz, dass Absolvent*innen mit einem nicht-westlichen Migrationshintergrund in doppelter Weise, also sowohl vertikal als auch horizontal, inadäquat beschäftigt sind (Falcke, Meng, & Nollen, 2020). Die Ergebnisse zeigen deutliche Differenzen zwischen den verschiedenen Herkunftsregionen, aber auch Interaktionen mit dem Geschlecht dergestalt, dass vor allem Frauen aus westlichen Herkunftsländern Nachteile erfahren. Zudem zeigt sich, dass die Arbeitsmarktpositionen von Absolvent*innen nicht-westlicher Herkunftsländer niedriger sind (Falcke et al., 2020). Eine deutsche Studie untersucht basierend auf KOAB-Daten das Einkommen von Absolvent*innen mit Migrationshintergrund und zeigt, dass türkeistämmige Absolvent*innen weniger verdienen, während das Einkommen der
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anderen Gruppen sich nicht signifikant vom Einkommen deutscher Absolvent*innen unterscheidet (Müller & Kooij, 2019). Bezüglich der Jobzufriedenheit finden die Autoren, dass die aus Kasachstan und der Türkei stammenden Personen weniger zufrieden sind solche als aus dem Iran, jedoch nicht im Vergleich zu Personen mit russischem oder polnischem Migrationshintergrund. Deutlich besser ist die empirische Evidenz für Großbritannien. Hier finden Studien, die Hochschulabsolvent*innen (Black Caribbean, Black African, Indian, Pakistani, Bangladeshi, Chinese im Vergleich zu White British) untersuchen, geringere Disparitäten als für Nicht-Akademiker*innen (Zwysen & Longhi, 2016, 2018). Es gibt geringe Unterschiede bezüglich der Erwerbsbeteiligung und keine Unterschiede bei der Höhe des Einkommens, wenn die soziale Herkunft, regionale Merkmale und Merkmale des Studiums bzw. der Hochschule kontrolliert werden (Zwysen & Longhi, 2018). Betrachtet man das Einkommen 3,5 Jahre nach dem Hochschulabschluss, sind Einkommensunterschiede größer als drei Jahre früher, insbesondere für Frauen mit Migrationserfahrung (Zwysen & Longhi, 2016). Internationale Studierende und Bildungsinländer*innen sind in Großbritannien nicht häufiger inadäquat beschäftigt als Absolvent*innen ohne Migrationserfahrungen (Byrne & McGuinness, 2009). Wenn sie unterwertig beschäftigt sind, sind ihre Lohneinbußen geringer als bei einheimischen unterwertig beschäftigten Absolvent*innen (Byrne & McGuinness, 2009). Mit Daten des kanadischen Zensus konnte gezeigt werden, dass vollzeitbeschäftigte 30-34-jährige Absolvent*innen der zweiten Generation sogar mehr verdienen als länger Ansässige der dritten oder späterer Generationen (Turcotte, 2019). Werden jedoch das Studienfach und weitere Merkmale kontrolliert, haben neun der 15 unterschiedenen Herkunftsregionen niedrigere Einkommen als die Referenzgruppe. Bei Frauen sind die Unterschiede nach Herkunftsregion deutlich niedriger und reduzieren sich bei Kontrolle der Fächer und weiterer Merkmale (Turcotte, 2019). Wie differenziert die sozialen Prozesse hin zur Arbeitsmarktpositionierung im jeweiligen kulturellen bzw. nationalen Kontext ablaufen, wird in einer qualitativen Studie untersucht. Naseem (2019) zeigt, dass das Zusammenspiel von Geschlecht, sozialer Herkunft und ethnischer Zugehörigkeit als Proxy für Kultur und Religion schon die Wahl der Hochschule, den Übergang in die Hochschule, die Wahl des Ausbildungsniveaus und dann die Wahl der beruflichen Position beeinflusst. Zudem scheint die Bewertung der Migrationserfahrung in dieser komplexen Wechselwirkung von Bedeutung zu sein. Pakistanische Frauen in Großbritannien betonen – möglicherweise vor dem Hintergrund ihrer Erfahrung von Kolonisierung, Rassismus und Diskriminierung in der britischen Gesellschaft – ihre Rechte und Gleichheit in allen Lebensbereichen und sind sehr zufrieden mit dem Erwerb eines Hochschulabschlusses, weil er die Türen zu professionellen Berufen und finanzieller Unabhängigkeit öffnet. Algerische
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Frauen hingegen drücken ihre Dankbarkeit gegenüber England aus, ihnen den Zugang zur Hochschule zu ermöglichen. Zudem stärkt eine gute berufliche Platzierung auch die Verhandlungsposition der Hochschulabsolventinnen gegenüber ihren Eltern, die spezifische kulturell und religiös geprägte Erwartungen an ihre Töchter haben (Naseem, 2019).
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Heuristisches Modell und Einordnung der Beiträge
Das Themenfeld dieses Bandes und die den Beträgen zugrunde liegende Analyseperspektive ist in der zusammenfassenden Abbildung 1 dargestellt. Die im Folgenden versammelten Beiträge können in diesem Modell verortet werden. Dabei wird nicht der Anspruch erhoben, dass die Beiträge die in der Abbildung skizzierten Zusammenhänge und Prozesse vollumfänglich abdecken. In Abbildung 1 soll deutlich werden, dass im Wesentlichen die Bildungs- und Berufschancen von drei Teilgruppen unterschieden und im Vergleich zu autochthonen Studierenden betrachtet werden: Studierende, die einen Migrationshintergrund haben, internationale Studierende, die zum Zweck des Studiums an eine Hochschule in Deutschland gekommen sind, und geflüchtete Studierende. Analysegegenstand sind Bildungs- und Berufsverläufe, die in spezifische Phasen bzw. Übergänge differenziert werden: den Übergang ins Studium, den Studienverlauf und den Übergang in den Arbeitsmarkt. Für jede Phase lassen sich konkrete Bildungsentscheidungen mit Folgen für den Erfolg in der jeweiligen Phase und für spätere Lebens- und Teilhabechancen ausmachen, die in den empirischen Studien untersucht werden. Zentrale Fragestellungen dabei sind, wie sich vorgängige Voraussetzungen basierend auf sozialer Herkunft oder anderen soziodemografisch geprägten Bedingungen und die Verfügung über bildungsrelevante Ressourcen oder Einschränkungen auf den Bildungs- und Berufserfolg auswirken. Da sich die differenzierten Teilgruppen in ihren Voraussetzungen und Zielsetzungen bezüglich Bildungs- und Berufserfolg unterscheiden, ist die Aufschlüsselung der jeweils wirkenden sozialen Mechanismen wichtig, um möglichen Benachteiligungen durch bildungspolitische Maßnahmen entgegenwirken zu können. Die Rahmenbedingungen und Bildungskontexte auf der Ebene der Hochschulen sind ebenfalls von Bedeutung, da sie die jeweiligen Lernkontexte prägen und durch entsprechende Programme und Maßnahmen die Voraussetzungen für den Bildungserfolg schaffen können. Darüber hinaus ist die Analyse von Mobilitätsprozessen auf der Makroebene – also als Austauschnetzwerk auf Länderebene – wichtig, um beurteilen zu können, wie sich die politisch geförderte Internationalisierung fortentwickelt und ob die Maßnahmen tatsächlich die gewünschten Früchte tragen.
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Abb. 1: Themenfeld und theoretisches Konzept des Sammelbandes
Zu den Beiträgen Der Beitrag von Swetlana Sudheimer und Sandra Buchholz betrachtet den Übergang von der Sekundarstufe II in die Hochschule, ist also am ersten Übergang angesiedelt. Ausgehend von dem Befund, dass für frühe Bildungsübergänge, insbesondere den wichtigen Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulformen, vergleichsweise viel über migrationsspezifische Ungleichheiten bekannt ist, prüfen sie, ob sich ähnliche Muster auch für die Aufnahme eines Studiums finden lassen. In der Schulforschung ist belegt, dass der geringe Bildungserfolg von Menschen mit Migrationshintergrund in engem Zusammenhang mit bestimmten sozialen Herkunftslagen und Unterschieden im schulischen Leistungsvermögen begründbar ist, aber gleichzeitig die Bildungsaspirationen von Menschen mit Migrationshintergrund häufig überdurchschnittlich hoch sind. Für den Übergang in die Hochschule ist zu beachten, dass Studienberechtigte durch die vorgelagerten Selektionsprozesse eine wesentlich homogenere Gruppe sind, sodass Ergebnisse aus der Schulforschung nicht analog gelten müssen. Untersucht werden in diesem Beitrag migrationsspezifische Unter-
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schiede in der sozialen Herkunft, den Schulleistungen und den Bildungsaspirationen von Studienberechtigten in Deutschland. Den Ergebnissen zufolge wiederholen sich die für die Sekundarstufe dokumentierten migrationsspezifischen Unterschiede auch bei Studienberechtigten. Eine differenzierte Analyse nach Herkunftsländern zeigt, dass Studienberechtigte aus den ehemaligen Anwerbeländern eine Sonderstellung einnehmen. Der Beitrag von Hanna Mentges und Heike Spangenberg untersucht, ob es Unterschiede in der Studienfachwahl zwischen Studienberechtigten mit Migrationshintergrund und Studienberechtigten ohne Migrationshintergrund gibt. Dieser Beitrag betrachtet damit ebenfalls die erste Übergangsentscheidung. Dabei wird die Immigrant-Optimism-Hypothese in den Mittelpunkt gestellt, die besagt, dass Studienberechtigte mit Migrationshintergrund bei der Wahl eines Studienfaches höhere Aspirationen zeigen und mit höherer Wahrscheinlichkeit prestigeträchtigere Studienfächer wählen als Studienberechtigte ohne Migrationshintergrund. Zudem werden herkunftslandgruppenspezifische Unterschiede untersucht. Datengrundlage sind die DZHW-Studienberechtigtenpanels 2012 und 2015. Die Ergebnisse multinomialer Regressionsanalysen belegen, dass Studienberechtigte mit türkischem Hintergrund häufiger prestigreiche Studienfachgruppen wählen, was sich teilweise mit der Immigrant-OptimismHypothese erklären lässt. Studienberechtigte aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wählen häufiger als die Referenzgruppe ohne Migrationshintergrund ein Studienfach der Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, aber seltener einen Lehramtsstudiengang. Im Lehramt sind die Studienberechtigten mit polnischem bzw. rumänischem Hintergrund ebenfalls seltener zu finden. Der dritte Beitrag zum Übergang in die Hochschule wird von Heidrun Schneider und Andreas Woisch beigesteuert. Sie untersuchen die Wahl einer Hochschulart. Der Migrationshintergrund wird hierbei durch das Geburtsland der Befragten und das ihrer Eltern operationalisiert. Auch in diesem Beitrag werden die Daten der DZHW-Studienberechtigtenpanels der Kohorten 2012 und 2015 herangezogen. Neben den Herkunftslandgruppen Türkei, (Ex-)Jugoslawien und Südeuropa werden auch Ergebnisse für die Herkunftslandgruppen Polen, ehemalige Sowjetunion, Rumänien und sonstiges Asien vorgelegt. Die Ergebnisse von logistischen Regressionsanalysen zeigen, dass unter Kontrolle einer Vielzahl von relevanten Merkmalen zur Erklärung der migrationsspezifischen Hochschulartwahl einzelne Gruppen von Migrant*innen, vor allem türkeistämmige, polnische und asiatische Studienberechtigte, ein Studium an einer Universität dem an einer Fachhochschule vorziehen. Weitere Ergebnisse sind, dass leistungsstärkere Studienberechtigte sowie Studienberechtigte aus einem akademischen Elternhaus eher ein Universitätsstudium aufnehmen. Faktoren, die ein Fachhochschulstudium nahelegen, sind eine ausgeprägte Kostensensibilität,
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gemessen über den Wunsch nach kurzer Studiendauer und baldiger finanzieller Unabhängigkeit, sowie der Wunsch nach sicherer beruflicher Zukunft. Die folgenden Beiträge befassen sich mit den Bildungsverläufen in der Hochschule. Ausgehend von ungleichheits- und migrationstheoretischen Ansätzen verbinden Nicolai Netz und Andreas Sarcletti die Forschungsstränge zur Auslandsmobilität von Studierenden und zu migrationsspezifischen Ungleichheiten im Hochschulsystem. Sie untersuchen, über welche Mechanismen ein Migrationshintergrund beeinflusst, ob Studierende eine Auslandsstudienphase beabsichtigen. Die Analysen nutzen die Daten der 20. Sozialerhebung des DZHW. Die Ergebnisse zeigen, dass Studierende mit Migrationshintergrund seltener eine Auslandsstudienabsicht haben, was tendenziell durch ihre soziale Herkunft bedingt ist. Gründe dafür sind, dass die Eltern ihnen weniger finanzielle Unterstützung geben können und dass sie häufiger fürchten, eine finanzielle Mehrbelastung durch den Auslandsaufenthalt zu haben oder auf Leistungen bzw. Verdienstmöglichkeiten verzichten zu müssen. Durch bessere selbst eingeschätzte Sprachkenntnisse können Studierende der ersten Generation herkunftsbedingte Nachteile in der Auslandsmobilität ausgleichen. Studierende der zweiten Generation oder mit nur einem im Ausland geborenen Elternteil können Nachteile sogar leicht überkompensieren, weil sie nicht nur bessere Sprachkenntnisse haben, sondern zugleich bessere sozioökonomische Voraussetzungen als Studierende der ersten Generation. Die Studie bestätigt ein Ergebnis der Mobilitätsforschung: Frühere Mobilitätserfahrung bzw. migrationsspezifische Erfahrungen und Kompetenzen erweisen sich als förderlich für die Auslandsmobilität. Im Beitrag von Theresa Thies und Susanne Falk wird untersucht, ob ein akademischer Hintergrund der Herkunftsfamilie bei internationalen Studierenden zu einer geringeren Abbruchintention führt. Die Daten wurden in einer Panelbefragung von internationalen Studierenden (International Student Survey) gewonnen, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts „Studienerfolg und Studienabbruch bei Bildungsausländern im Bachelor- und Masterstudium“ (SeSaBa) in deutscher und englischer Sprache durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Analysen zeigen, dass ein akademischer Hintergrund die Abbruchabsicht bei internationalen Studierenden verringert. Diese Unterschiede verschwinden allerdings, wenn primäre und sekundäre Herkunftseffekte, also Leistungsunterschiede gemessen an der Note der Hochschulzugangsberechtigung sowie Aspiration, subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit und finanzielle Ressourcen kontrolliert werden. Je besser die Abiturnote, je höher die Bildungsaspirationen der Eltern und je höher die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit, desto geringer ist die Abbruchintention.
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Michael Grüttner, Stefanie Schröder und Jana Berg untersuchen spezifisch die Gruppe der geflüchteten Studierenden sowie internationalen Studierenden. Mit welchen Erfolgserwartungen und Abbruchintentionen sie formale Studienvorbereitungsprogramme an deutschen Hochschulen durchlaufen, wird in dieser Studie gefragt. Die Daten wurden im Projekt „WeGe – Wege von Geflüchteten an deutsche Hochschulen“ zusammengetragen. Die Ergebnisse zeigen, dass Geflüchtete ähnliche Erfolgserwartungen, aber stärkere Abbruchintentionen haben als internationale Studierende. Nach Kontrolle von Alter, psychologischen Problemen und Finanzierungsproblemen verschwinden die Unterschiede zwischen beiden Gruppen, woraus geschlossen werden kann, dass diese Faktoren die treibenden Kräfte für Abbruchintentionen sind. Zudem zeigt sich, dass der Gebrauch der deutschen Sprache und eine starke Bindung zum Studienfach das Risiko eines Studienabbruchs reduzieren können. Zur Frage des Arbeitsmarktübergangs von Studierenden mit Migrationserfahrung gibt es leider keinen Beitrag. Dafür rundet ein makrostruktureller Beitrag die Diskussion zu Migration und Mobilität in diesem Band ab. Der Aufsatz von Eva Maria Vögtle und Michael Windzio untersucht den Zusammenhang zwischen dem Demokratieniveau von Ländern und der Attraktivität der Länder für Studierende aus dem Ausland. Dazu wird ein Netzwerk internationaler Studentenmobilität basierend auf den tatsächlichen Studierendenbewegungen zwischen den Ländern für die Zeit zwischen 2000 und 2009 im Querschnitt analysiert. Angewendet werden Methoden der sozialer Netzwerkanalyse und Exponential-Random-Graph-Modelle. Als Ergebnis zeigt sich, dass Austauschbeziehungen häufiger sind, wenn beide Länder einer Dyade entweder ein niedriges oder ein hohes Demokratieniveau haben, d. h. wenn sie sich in ihrem Demokratieniveau ähnlich sind. Da dies allerdings nur gilt, wenn das Aufnahmeland wirtschaftlich wohlhabend ist, sollten die Wechselwirkungen zwischen Demokratisierung und wirtschaftlichem Wohlstand im Blick behalten werden.
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Muster migrationsspezifischer Unterschiede unter Studienberechtigten in Deutschland: Soziale Herkunft – Schulische Leistungen – Bildungsaspirationen Swetlana Sudheimer und Sandra Buchholz 1
Keywords: Effects of social origin and migrant origin, primary and secondary effects, school leavers with higher education entrance certificates, migration background, countries of origin
Abstract Educational inequalities between children with and without migration background are well-documented for the early stages of the German educational system, especially the transition from primary to secondary education. Such inequalities are closely linked to differences in children’s social origin and school performance. At the same time, educational aspirations of children from migrant families are often higher than those of children without migration background. For later stages of education, little is known about migration-related inequalities in Germany. In our empirical analysis we investigate differences in social origin, school performance, and educational aspirations of school leavers with and without migration background who successfully earned a higher education entrance certificate. Our results show that even within this highly selective group of pupils migration-related patterns of inequality resemble those found for earlier stages of education. However, there are also considerable differences within the group of school leavers from migrant families.
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Swetlana Sudheimer | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) | [email protected] Sandra Buchholz | Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und Leibniz Universität Hannover | [email protected]
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 M. Jungbauer-Gans und A. Gottburgsen (Hrsg.), Migration, Mobilität und soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung, Higher Education Research and Science Studies, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31694-5_2
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Swetlana Sudheimer und Sandra Buchholz
Einleitung
In ihren Ursprüngen konzentrierte sich die Diskussion um Bildungsgerechtigkeit in Deutschland stark auf die Kunstfigur des „katholischen Arbeitermädchens vom Lande“ (Peisert, 1967). Die gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Diskussion über Ungleichheiten im deutschen Bildungssystem wurde ab Mitte der 1990er Jahre jedoch um einen neuen und wichtigen Aspekt erweitert, nämlich die Bedeutung des Migrationshintergrunds. Die kulturelle Vielfalt Deutschlands hat deutlich zugenommen. Als Reaktion auf den Arbeitskräftemangel in den Wirtschaftswunderjahren wurden von Westdeutschland ab den 1960er Jahren Anwerbeabkommen mit südeuropäischen und nordafrikanischen Ländern sowie der Türkei geschlossen (Oltmer, Kreienbrink, & Sanz Dias, 2012). Während zu Beginn der Anwerbeabkommen insbesondere Menschen aus Italien zuwanderten, wurden ab den 1970er Jahren zunächst Jugoslawien und anschließend die Türkei zu den Hauptherkunftsländern der Zuwanderungsbewegung. Ab den 1980er Jahren nahm die Zahl Asylsuchender zu. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs setzte eine verstärkte Zuwanderung aus dem ehemaligen Ostblock ein. Zuletzt hat insbesondere die Öffnung innerhalb Europas zur weiteren kulturellen Vielfalt Deutschlands beigetragen. Laut Statistischem Bundesamt (2018, 2019a) leben aktuell über 20 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Dies entspricht etwa 25 Prozent der Gesamtbevölkerung. Unter den Menschen mit Migrationshintergrund stammen mit fast 2,8 Millionen die meisten aus der Türkei, gefolgt von Menschen aus Polen und der Russischen Föderation (Statistisches Bundesamt, 2019b). Als direkte Folge der Zuwanderung hat sich auch die Komposition der Menschen im deutschen Bildungssystem deutlich verändert. Für frühe Bildungsphasen, insbesondere den wichtigen Übertritt von der Grundschule auf weiterführende Schulformen, sind migrationsspezifische Unterschiede bereits vergleichsweise gut erforscht (vgl. z. B. Dollmann, 2010; Kristen & Dollmann, 2010; Becker & Schubert, 2011; Gresch, 2012; Relikowski, 2012). Dabei zeigt sich: Der geringere Bildungserfolg von Menschen mit Migrationshintergrund steht in engem Zusammenhang mit bestimmten sozialen Herkunftslagen und Unterschieden im schulischen Leistungsvermögen. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass die Bildungsaspirationen von Menschen mit Migrationshintergrund häufig überdurchschnittlich hoch sind und sie sich häufiger für anspruchsvollere und prestigereichere Bildungswege entscheiden. Während einiges über migrationsspezifische Ungleichheiten in frühen Bildungsphasen bekannt ist, wurden entsprechende Disparitäten für spätere Bildungsphasen, so auch am Ende der Sekundarstufe II, bisher vergleichsweise selten untersucht (Ausnahmen sind Kristen, Reimer, & Kogan, 2008; Heine, Spangenberg, & Willich, 2008; Lörz, Quast, & Woisch, 2012; Kristen, 2016). Ein wichtiger Grund dafür ist eine lü-
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ckenhafte und unzureichende Datenlage. Neuere Daten des Studienberechtigtenpanels des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) sind diesbezüglich eine Ausnahme. Sie ermöglichen es, migrationsspezifische Unterschiede auch für die Gruppe der Studienberechtigten und somit am Ende der Sekundarstufe II tiefergehend zu ergründen. Anknüpfend an den Stand der Forschung lässt sich das Erkenntnisinteresse unserer quantitativen Analysen auf die folgenden Fragen herunterbrechen: (1) Unterscheiden sich Studienberechtigte mit und ohne Migrationshintergrund hinsichtlich ihrer sozialen Herkunft? (2) Zeigen sich auch für die positiv selektierte Gruppe der Studienberechtigten migrationsspezifische Leistungsdisparitäten und welchen Einfluss hat dabei die soziale Herkunft? (3) Welche Bildungsaspirationen weisen Studienberechtigte mit und ohne Migrationshintergrund auf und welche Rolle spielen dabei ihre soziale Herkunft und ihre schulischen Leistungen? Ein besonderes Interesse unserer Analysen gilt zudem der Frage, wie sich eine unterschiedliche Operationalisierung des Migrationshintergrunds auf die Ergebnisse auswirkt. Dazu bilden wir den Migrationshintergrund zunächst nur über eine binäre Unterscheidung zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund ab, schlüsseln diesen dann jedoch weiter auf, indem wir verschiedene Herkunftsregionen unterscheiden. So möchten wir der Frage nachgehen, ob sich zusätzlich zu den Unterschieden zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund auch Unterschiede innerhalb der Gruppe der Studienberechtigten mit Migrationshintergrund zeigen. Unser Beitrag ist wie folgt aufgebaut: Im nachfolgenden Abschnitt diskutieren wir, basierend auf dem aktuellen Stand der Forschung, das theoriegeleitete Erkenntnisinteresse unserer Studie. Daran anknüpfend stellen wir das Forschungsdesign sowie die von uns verwendeten Daten und Methoden vor. Im nächsten Schritt diskutieren wir die Ergebnisse unserer empirischen Analysen. Abschließend fassen wir die gewonnenen Erkenntnisse kurz zusammen.
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Motivation, Forschungsstand und Erkenntnisinteresse
Die Forschung zu migrationsspezifischen Disparitäten im individuellen Bildungserwerb und -erfolg knüpft stark an die Arbeiten von Boudon (1974) an, der – bezogen auf die Erklärung sozialer Herkunftseffekte – die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Effekten einführte. Demnach wirkt die soziale Herkunft 2 über zwei grundlegende Mechanismen auf das individuelle Bil2
Die soziale Herkunft ist ein facettenreiches Konzept und umfasst etwa das Bildungsniveau der Eltern, den elterlichen Berufsstatus und/oder den sozio-ökonomischen Status einer Familie. Insbesondere in jüngerer Zeit gibt es einen wachsenden wissenschaftlichen Diskurs darüber, wie
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dungsverhalten und den individuellen Bildungserfolg, nämlich erstens über durch die soziale Herkunft vermittelte Leistungsdisparitäten (primärer Effekt) und zweitens über eine durch die soziale Herkunft vermittelte unterschiedliche Bildungswahl (sekundärer Effekt). Die geringere Präsenz von Kindern schwacher sozialer Herkunft an Gymnasien würde Boudon zum Beispiel wie folgt erklären: Zum einen erzielen Kinder schwacher sozialer Herkunft aufgrund der familiären Rahmen- und Lernbedingungen im Schnitt schlechtere Schulleistungen und besuchen deshalb seltener das Gymnasium (primärer Effekt). Zum anderen entscheiden sich sozial schwache Herkunftsgruppen selbst dann, wenn ein Kind ähnlich gute Schulleistungen wie ein Kind aus einer Akademikerfamilie mitbringt, seltener für den Besuch des Gymnasiums (sekundärer Effekt), beispielsweise weil die Erfolgsaussichten eines Gymnasialbesuchs geringer und die entsprechenden Kosten höher eingeschätzt werden. Das Modell von Boudon wurde vielfach auch auf die Erklärung migrationsspezifischer Bildungsdisparitäten übertragen (siehe z. B. Dollmann, 2010; Kristen & Dollmann, 2010; Becker & Schubert, 2011; Esser, 2011; Gresch, 2012). Kristen und Dollmann (2010) erweiterten das Modell Boudons, indem sie neben primären und sekundären Effekten der sozialen Herkunft auch zwischen primären und sekundären Effekten der ethnischen Herkunft 3 unterscheiden. Diese Erweiterung ist aus zwei Gründen zentral für das Verständnis und die Erklärung migrationsspezifischer Bildungsungleichheiten: Erstens lässt sich erst durch die Unterscheidung zwischen primären Effekten der sozialen und der ethnischen Herkunft verstehen, ob es einen eigenständigen und über die unterschiedliche soziale Komposition hinausgehenden Effekt des Migrationshintergrunds auf das individuelle Leistungsvermögen gibt. Insbesondere für Menschen, die über die Anwerbeabkommen der Wirtschaftswunderjahre nach Deutschland gekommen sind, und ihre Nachkommen ist bekannt,
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wir als Bildungsforscherinnen und -forscher die soziale Herkunft angemessen abbilden (Bukodi & Goldthorpe, 2013; Jaeger, 2007). Bukodi und Goldthorpe (2013) haben gezeigt, dass verschiedene Operationalisierungen der sozialen Herkunft zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen (können). Die verschiedenen Facetten der sozialen Herkunft scheinen die Genese von (Bildungs-)Ungleichheit auf sehr spezifische Art und Weise zu beeinflussen und sind somit nicht austauschbar. Der systematische wissenschaftliche Diskurs zu diesem Thema steht jedoch noch aus. In unseren empirischen Analysen beschränken wir uns darauf, die soziale Herkunft über das Bildungsniveau der Eltern abzubilden. Eine differenzierte Analyse und theoretische Diskussion distinkter Einflüsse der verschiedenen Facetten der sozialen Herkunft von Studienberechtigten überschreitet den Rahmen unseres Beitrags. In der Bildungsforschung wird die ethnische Herkunft von Menschen vor allem über das Geburtsland der Untersuchungspersonen und ihrer Eltern abgebildet. Streng genommen umfasst Ethnizität jedoch weit mehr als nur die geografische Herkunft eines Menschen. Auch können Menschen desselben Landes verschiedenen Ethnien angehören. Eine tiefergehende und differenziertere Abbildung der ethnischen Herkunft erlauben jedoch in der Regel die Daten, so auch der von uns genutzte Datensatz, nicht.
Muster migrationsspezifischer Unterschiede unter Studienberechtigten in Deutschland
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dass ein Migrationshintergrund häufig mit einer schwächeren sozialen Herkunft einhergeht. Ziel der Anwerbeabkommen war es, Arbeitskräfte für die industrielle Massenfertigung, die Schwerindustrie und den Bergbau zu gewinnen. Die zu dieser Zeit in diesen Wirtschaftszweigen ausgeübten Tätigkeiten erforderten zumeist nur geringe Qualifikationen. Entsprechend war das Qualifikationsniveau der im Rahmen der Anwerbeabkommen Zugewanderten vergleichsweise niedrig. Leistungsdisparitäten zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund könnten folglich allein auf die unterschiedliche Komposition dieser Gruppen mit Blick auf die soziale Herkunft zurückzuführen sein (primärer Effekt der sozialen Herkunft, siehe z. B. Müller & Stanat, 2006; Kristen, 2008; Dollmann, 2010). Studien kommen jedoch häufig zu dem Schluss, dass sich migrationsspezifische Leistungsdisparitäten nicht vollständig durch die unterschiedliche soziale Herkunft von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund erklären lassen (z. B. Kalter, 2005; Kristen & Granato, 2007; Becker & Beck, 2012; Blossfeld, 2018). Auch unter Kontrolle der sozialen Herkunft können sich diesbezüglich weiter Unterschiede zeigen. Dies wird als primärer Effekt der ethnischen Herkunft bezeichnet (Kristen & Dollmann, 2010). Zweitens ist auch die Unterscheidung zwischen sekundären Effekten der sozialen und ethnischen Herkunft zentral, da die Bildungsaspirationen von Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt sehr hoch sind (vgl. z. B. Ditton, Krüsken, & Schauenberg, 2005; Paulus & Blossfeld, 2007; Schuchart & Maaz, 2007). Sowohl bei schwächerer sozialer Herkunft als auch bei weniger starken Leistungen neigen Menschen mit Migrationshintergrund häufiger als Menschen ohne Migrationshintergrund dazu, einen anspruchsvolleren Bildungsweg einzuschlagen (z. B. Kristen et al., 2008; Kristen & Dollmann, 2010; Becker & Schubert, 2011; Gresch, 2012). Menschen mit Migrationshintergrund sind also besonders ambitioniert mit Blick auf ihre Bildungsziele. Dies zu erkennen, ist ebenfalls erst möglich, wenn das Modell von Boudon um den sekundären Effekt der ethnischen Herkunft erweitert wird. Insbesondere für frühe Bildungsphasen bzw. -übergänge ist bereits vergleichsweise viel bekannt über Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund (siehe z. B. Dollmann, 2010; Kristen & Dollmann, 2010; Becker & Schubert, 2011; Gresch, 2012; Relikowski, 2012; Dollmann, 2016; Tjaden & Hunkler, 2017). Sowohl im Bereich der vorschulischen Bildung als auch im Grundschulbereich und beim Übergang von der Primar- auf die Sekundarstufe finden sich vielfältige Unterschiede. So lassen sich bereits in den vorschulischen Bildungseinrichtungen Kompetenzunterschiede im sprachlichen Bereich nachweisen (z. B. Becker & Biedinger, 2016). Bei der Einschulung werden Kinder mit Migrationshintergrund häufiger zurückgestellt als Kinder ohne Migrationshintergrund (Becker & Biedinger, 2006; Gresch, 2016). Für den Übergang von der Primar- auf die Sekundarstufe ist vielfach belegt, dass Kinder
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mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund deutlich geringere Chancen haben, eine anspruchsvollere Schulart zu besuchen (vgl. z. B. Kristen & Dollmann, 2010; Gresch, 2012; Relikowksi, 2012; Dollmann, 2016). Ein wesentlicher Grund dafür sind ihre schwächeren Leistungen in der Grundschule (Kristen & Dollmann, 2010; Gresch, 2012; Dollmann, 2016). Bei gleichen Leistungen und ähnlicher sozialer Herkunft zeigen sich für Kinder aus Migrantenfamilien indes Vorteile beim Übergang auf weiterführende Schulformen (Kristen, 2008; Bildungsbericht, 2010; Dollmann, 2016). Die Schwierigkeiten, die Kinder mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem haben, sind eng verbunden mit Unterschieden in der sozialen Herkunft (Kalter, 2005; Kristen & Granato, 2007; Segeritz, Walter, & Stanat, 2010; Alba, Handl, & Müller, 2017). Gleichzeitig weisen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund trotz ihrer größeren Schwierigkeiten häufig höhere Bildungsaspirationen auf als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler (Hossler & Stage, 1992; Paulus & Blossfeld, 2007; Spera, Wentzel, & Matto, 2009; Relikowski, Yilmaz, & Blossfeld, 2012; Becker & Gresch, 2016). Relativ wenig ist dagegen über migrationsspezifische Unterschiede unter Studienberechtigten bekannt (für Ausnahmen siehe Heine, Spangenberg, & Sommer, 2006; Heine et al., 2008; Heine, Quast, & Beuße, 2010; Kristen et al., 2008; Lörz, 2012; Lörz, Quast, & Woisch, 2011; Olczyk, Seuring, Will, & Zinn, 2016; Kristen, 2016). Ob hier die gleichen Muster zu finden sind wie für frühe Bildungsphasen und -übergänge, ist jedoch eine wichtige Frage. Studienberechtigte sind nämlich eine sehr spezifische Population. Es handelt sich um Schülerinnen und Schüler, die erfolgreich die Hochschulreife erworben haben. Sie sind somit eine durch die schrittweisen Selektionsprozesse im Bildungssystem stark homogenisierte Gruppe. Insofern ist zumindest infrage zu stellen, ob die gut dokumentierten Erkenntnisse für frühe Bildungsübergänge, die in der Regel noch keine selektiven Teilpopulationen betrachten, eins zu eins auf die Gruppe der Studienberechtigten übertragbar sind. Erstes Ziel unseres Beitrags ist es, die von der Forschung für die Erklärung migrationsspezifischer Bildungsungleichheiten als relevant erachteten Aspekte – nämlich Unterschiede mit Blick auf soziale Herkunft, schulische Leistungen und Bildungsaspirationen – für die positiv selektierte Gruppe der Studienberechtigten zu untersuchen. Zweites Ziel ist, den Einfluss des Migrationshintergrunds differenzierter zu beleuchten. Menschen mit Migrationshintergrund sind keine homogene Gruppe und stammen aus sehr unterschiedlichen Ländern und Regionen. Eine rein binäre Unterscheidung zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund greift deshalb in der Regel zu kurz. Aus diesem Grund werden wir nicht nur den Unterschied zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund untersuchen, sondern auch die verschiedenen Herkunftsregionen von Studienberechtigten mit Migrationshintergrund näher betrachten.
Muster migrationsspezifischer Unterschiede unter Studienberechtigten in Deutschland
3
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Forschungsdesign, Daten und Methoden
Für unsere empirischen Analysen greifen wir auf die Daten des DZHW-Studienberechtigtenpanels 2015 zurück. Hierbei handelt es sich um eine deutschlandweite Stichprobe von Studienberechtigten, die im Jahr 2015 eine schulische Hochschulzugangsberechtigung erworben haben. Wir nutzen Informationen aus der ersten und der zweiten Befragungswelle. Die erste Befragung fand ein halbes Jahr vor Erlangen der Studienberechtigung statt, die zweite Befragung ein halbes Jahr nach ihrem Erwerb. Gut 60.000 Schülerinnen und Schüler an fast 800 Schulen wurden zur Teilnahme am Panel eingeladen. An der ersten Welle nahmen, schriftlich befragt im schulischen Kontext, fast 30.000 Schülerinnen und Schüler teil, an der zweiten Welle von knapp 22.000 angeschriebenen Personen 8.953 (für Details siehe Schneider, Franke, Woisch, & Spangenberg, 2017). In unsere Analysen fließen nur Befragte ein, die an beiden Panelwellen teilgenommen und tatsächlich eine Studienberechtigung erworben haben. Nur für diese Personen liegen Informationen sowohl zur schulischen Leistung als auch zur Studienabsicht vor. Personen mit fehlenden Werten in den für unsere Fragestellung relevanten Untersuchungs- und Kontrollvariablen 4 wurden für unsere Analysen ausgeschlossen. Insgesamt umfasst unser Analysesample 8.185 Studienberechtigte. Unsere empirischen Analysen sind wie folgt aufgebaut: Im ersten Schritt gehen wir der Frage nach, ob bzw. inwiefern sich migrationsspezifische Unterschiede mit Blick auf die soziale Herkunft von Studienberechtigten zeigen. Im zweiten Schritt nehmen wir die schulischen Leistungen der Studienberechtigten in den Blick und untersuchen – durch Ergänzung der Interaktion zwischen Migrationshintergrund und sozialer Herkunft –, ob es migrationsspezifische Unterschiede im Einfluss der sozialen Herkunft auf die Schulleistungen von Studienberechtigten gibt. Im dritten und letzten Schritt analysieren wir die Bildungsaspirationen, nämlich die Studienintention von Studienberechtigten. Auch in diesem Fall interessieren uns mögliche migrationsspezifische Variationen, weshalb wir in weiterführenden Modellen zusätzlich die Interaktion zwischen Migrationshintergrund und sozialer Herkunft bzw. Migrationshintergrund und schulischen Leistungen aufnehmen. Die soziale Herkunft bilden wir über das Bildungsniveau der Eltern ab und unterscheiden zwischen (a) Studienberechtigten, deren Eltern maximal einen Hauptschulabschluss erworben haben, (b) Studienberechtigten, deren Eltern eine mittlere Reife erlangt haben, (c) Studienberechtigten, deren Eltern selbst die Hochschulreife erreicht haben, und (d) Studienberechtigten, deren Eltern ein Hochschulstudium abgeschlossen haben. Wir verwenden dabei jeweils den 4
Dabei handelte es sich um 592 Personen.
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Swetlana Sudheimer und Sandra Buchholz
höchsten von den Eltern erreichten Bildungsabschluss. Zur Operationalisierung der Schulleistungen greifen wir auf die Abschlussnote der Befragten zurück und unterscheiden zwischen Studienberechtigten mit (a) sehr guten Noten, (b) guten Noten und (c) befriedigenden oder ausreichenden 5 Noten. Die Bildungsaspirationen von Studienberechtigten bilden wir über eine Information aus der ersten Panelwelle ab. Die Befragten sollten ein halbes Jahr vor Schulabschluss angeben, ob sie planen, ein Studium aufzunehmen. Die Studienintention wurde fünfstufig abgefragt (von „ja, auf jeden Fall“ bis „nein, auf keinen Fall“). Wir haben jeweils die beiden äußeren Kategorien zusammengefasst und unterscheiden in unseren Analysen zwischen Befragten, die ein Studium (a) beabsichtigen, (b) eventuell beabsichtigen und (c) nicht beabsichtigen. Für den Migrationshintergrund nutzen wir unterschiedliche Operationalisierungen. Im ersten Schritt unterscheiden wir nur zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund. Diese Unterscheidung basiert auf Angaben zum Geburtsland der Studienberechtigten und zum Geburtsland ihrer Eltern. Wurden Studienberechtigte selbst oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren, werden sie als Studienberechtigte mit Migrationshintergrund klassifiziert. Im zweiten Schritt nutzen wir Informationen zum konkreten Herkunftsland und unterscheiden zwischen (a) Ländern der ehemaligen Anwerbeabkommen, 6 (b) Ländern des ehemaligen Ostblocks 7 und (c) sonstigen Ländern. 8 Die geografische Herkunft basiert zunächst auf dem Geburtsland der Studienberechtigten. Wurden diese in Deutschland geboren, wird auf das Geburtsland der 5
6
7
8
Da nur wenige Studienberechtigte ausreichende Schulleistungen erzielt haben, fassen wir sie mit Studienberechtigten mit befriedigenden Abschlussnoten zusammen. Ägypten, Algerien, Bosnien und Herzegowina, Griechenland, Italien, Kosovo, Kroatien, Libyen, Malta, Marokko, Mazedonien, Montenegro, Portugal, Serbien, Slowenien, Spanien, Sudan, Tunesien und Türkei. Albanien, Armenien, Bulgarien, China, Estland, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Lettland, Litauen, Moldawien, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Tadschikistan, Tschechische Republik, UdSSR (bis 21.12.1991), Ukraine, Ungarn, Usbekistan und Weißrussland. Afghanistan, Angola, Äthiopien, Äquatorialguinea, Bahrain, Bangladesch, Belgien, Benin, Botsuana, Burkina Faso, Burundi, Dänemark, Demokratische Republik Kongo, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Finnland, Frankreich, Gabun, Gambia, Ghana, Großbritannien, Guinea, Guinea-Bissau, Indien, Indonesien (inkl. Osttimor), Irak, Iran, Irland, Japan, Jemen, Jordanien, Kambodscha, Kamerun, Kanada, Kap Verde, Karibik, Katar, Kenia, Komoren, Kurdistan, Kuwait, Lesotho, Libanon, Liberia, Luxemburg, Madagaskar, Malaysia, Malediven, Mali, Mauretanien, Mauritius, Mayotte, Mosambik, Mexiko, Namibia, Nepal, Niederlande, Niger, Nigeria, Nordkorea, Norwegen, Oman, Österreich, Pakistan, Palästina, Philippinen, Republik Kongo, Réunion, Ruanda, Sambia, São Tomé und Príncipe, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Singapur, Somalia, Sri Lanka, Südafrika, Südamerika, Südkorea, Swasiland, Syrien, Tansania, Thailand, Togo, Tschad, Uganda, USA, Vereinigte Arabische Emirate, Vietnam, Zentralafrikanische Republik und Zentralamerika. Vor dem Hintergrund, dass diese Gruppe nur 238 Fälle beinhaltet, werden die sonstigen Länder nicht weiter aufgeschlüsselt.
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Muster migrationsspezifischer Unterschiede unter Studienberechtigten in Deutschland
Eltern zurückgegriffen. Wurden beide Eltern im Ausland geboren, wird das Geburtsland der Mutter herangezogen, es sei denn, dieses ist nicht bekannt. In diesem Fall wird das Geburtsland des Vaters verwendet. Die Referenzgruppe der Studienberechtigten ohne Migrationshintergrund umfasst im Fall beider Operationalisierungen dieselbe Personengruppe. In Tabelle 1 findet sich ein deskriptiver Überblick unseres Analysesamples. Tab. 1:
Deskriptive Beschreibung des Analysesamples N
%
Gesamt
8.185
100
Migrationshintergrund Ohne Migrationshintergrund Mit Migrationshintergrund – davon: Länder der ehemaligen Anwerbeabkommen Länder des ehemaligen Ostblocks Sonstige Länder
7.153 1.032 253 541 238
87,39 12,61 3,09 6,61 2,91
Bildungsniveau der Eltern Maximal Hauptschulabschluss Mittlere Reife Hochschulreife Hochschulabschluss
823 2.362 578 4.422
10,05 28,86 7,06 54,03
Schulabschlussnote Sehr gut (0,7 bis 1,4) Gut (1,5 bis 2,4) Befriedigend oder ausreichend (2,5 und schlechter)
1.128 4.101 2.956
13,78 50,11 36,11
Studienabsicht Studium beabsichtigt Studium eventuell beabsichtigt Studium nicht beabsichtigt
6.339 971 875
77,45 11,86 10,69
Quelle: DZHW-Studienberechtigtenpanel 2015
Um migrationsspezifische Unterschiede mit Blick auf die soziale Herkunft von Studienberechtigten sowie ihre schulischen Leistungen und ihre Bildungsaspirationen zu untersuchen, berechnen wir multinomiale logistische Regressionen. Die Ergebnisse unserer Analysen weisen wir als Marginaleffekte aus und berichten sowohl durchschnittliche Wahrscheinlichkeiten (sogenannte Predictive Margins) als auch durchschnittliche Prozentpunktdifferenzen (sogenannte Average Marginal Effects). Neben methodischen Vorteilen (Mood, 2010) ist eine Stärke der Marginaleffekte, dass sie schnell lesbar und leicht verständlich sind. Zusätz-
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Swetlana Sudheimer und Sandra Buchholz
lich zu den im Mittelpunkt unseres Erkenntnisinteresses stehenden erklärenden Variablen fließen in unsere Analysen verschiedene Kontrollvariablen ein – nämlich, je nach Modell, das Geschlecht und das Geburtsjahr der Befragten, die Art der erworbenen Hochschulreife und das Bundesland, in dem die Studienberechtigung erworben wurde. Da diese Variablen nicht von erklärendem Interesse für unseren Beitrag sind, berichten wir die Ergebnisse dieser Zusatzvariablen aus Platzgründen nicht. Unter den Ergebnistabellen und -abbildungen wird jedoch jeweils ausgewiesen, welche weiteren unabhängigen Variablen in die Modellschätzung eingeflossen sind.
4
Ergebnisse
4.1
Soziale Herkunft
Im ersten Schritt untersuchen wir mögliche Unterschiede in der sozialen Herkunft von Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund. Tabelle 2 gibt die Ergebnisse von zwei multinomialen logistischen Regressionen 9 wieder. Im ersten Modell wird zwischen Studienberechtigten mit und ohne Migrationshintergrund unterschieden; im zweiten Modell wird der Migrationshintergrund über Herkunftsregionen abgebildet. In beiden Modellen werden zusätzlich das Geschlecht und das Geburtsjahr der Studienberechtigten sowie das Bundesland, in dem die Studienberechtigung erworben wurde, kontrolliert. Zunächst wird deutlich, dass Studienberechtigte meistens aus Akademikerfamilien stammen (Modell 1). 55 Prozent der Studienberechtigten ohne Migrationshintergrund und 49 Prozent der Studienberechtigten mit Migrationshintergrund kommen aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil einen Hochschulabschluss erworben hat.
9
Die Modellierung über multinomiale Regressionen mag auf den ersten Blick überraschen, da es sich bei der sozialen Herkunft – im strengen Sinne – nicht um eine abhängige Variable handelt. Anders als eine rein deskriptive Analyse der sozialen Herkunft von Studienberechtigten erlaubt die multivariate Modellierung jedoch, wichtige Kontrollvariablen ins Modell aufzunehmen. So können zusätzliche Heterogenitäten kontrolliert werden. Durch Marginaleffekte lassen sich die multivariaten Ergebnisse zudem als Prozentwerte ausweisen, so dass die Ergebnisse – wie in einer deskriptiven Analyse – als Verteilung klar greifbar werden.
Ref. -0,24 *** -0,02 0,05
Ohne Migrationshintergrund Länder der ehemaligen Anwerbeabkommen Länder des ehemaligen Ostblocks Sonstige Länder
PM
AME
PM
Ref. 0,02 *
0,07 0,09
Ref. -0,06 ***
0,30 0,23
Modell 1: Migrationshintergrund binär
AME
Ref. 0,11 ***
AME
0,55 0,31 0,53 0,60
Ref. -0,00 0,02 + 0,03
0,07 0,07 0,09 0,10
8.185
Ref. -0,05 + -0,05 * -0,12 ***
0,30 0,25 0,25 0,17
Ref. 0,29 *** 0,05 ** 0,05 *
0,09 0,38 0,13 0,14
0,09 0,19
PM
Maximal Hauptschulabschluss
Modell 2: Migrationshintergrund nach Herkunftsregion
0,55 0,49
PM
Mittlere Reife
Anmerkungen: *** p