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German Pages 330 [336] Year 2003
Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler Problemorientierte Einführung
Von Universitätsprofessor
Dr. Alexander Karmann
5., erweiterte Auflage
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
© 2003 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza ISBN 3-486-27414-7
Vorwort Vorwort zur fünften Auflage Die konzeptionelle Besonderheit dieses Lehrbuches hat sich im Studienbetrieb an verschiedenen Universitätsstandorten bewährt, wonach in jedem Kapitel die darin erläuterten formalen Methoden zunächst an ökonomischen Fragestellungen motiviert und am Ende beispielhaft angewendet werden. Das Buch dient zunächst als Vorlesungsbegleiter für eine einführende Lehrveranstaltung Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler im Grundstudium, die grundlegende Instrumente formaler Analyse in den Wirtschaftswissenschaften vorstellt. Dieser Teil umfaßt Matrizenrechnung, lineare Systeme und Optimierung ebenso wie Differential- und Integralrechnung sowie die Lagrange-Methode, also die Kapitel 1 bis 12. Weiterführende mathematische Analyseinstrumente, die darüber hinaus für das Hauptstudium in den wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen von Bedeutung sind, betreffen insbesondere Modelle, die durch Differentialgleichungen beschrieben werden, Ansätze zur intertemporalen Steuerung oder die Entwicklung dynamischer Systeme. Diese sowie einige typische Anwendungen werden in den Kapiteln 13 bis 16 vorgestellt. Die entsprechenden Inhalte werden an der Technischen Universität Dresden in der Lehrveranstaltung Mathematische Analyseinstrumente am Ende des Grundstudiums behandelt, nach einer Wiederauffrischung des ersten Teils. Die vorliegende Neuauflage enthält Aktualisierungen ökonomischer Anwendungsbeispiele sowie das neu aufgenommene Kapitel 14 über Dynamische Optimierung: Hamilton. Das dort angeführte Beispiel 14.2 habe ich dankenswerterweise von Prof. Dr. Klaus Wälde übernommen. Herrn Dipl.-Vw. Marco Weimann bin ich für hilfreiche Unterstützung bei der Erstellung der neuen Abschnitte zu großem Dank verpflichtet. Für Vorschläge zur Verbesserung oder Erweiterung bin ich jederzeit dankbar und bitte um Zusendung an [email protected]. Dresden, im Januar 2003
Hinweis für den eiligen Leser:
Der eilige Leser kann folgende -
Alexander Karmann
dem eifrigen Leser durchaus
empfohlene - Teile überspringen, ohne den Anschluß an die übrigen Abschnitte zu verlieren: 5.6, 5.7, 6.1 - 6.5, 7.3, 8.2, 10.3, 11.3, 12.3, 12.4, 14.1 - 14.6, 15.1 - 15.5, 16.1 - 16.4.
1
1.1, 2.3,
A u s dem Vorwort zur zweiten Auflage Ziel der zweiten Auflage ist es, die typischen Inhalte der Lehrveranstaltung Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, wie sie etwa an der Technischen Universität Dresden und der Universität Hamburg gelehrt wird, wiederzugeben. Neben graphischen Veranschaulichungen sind als ergänzende Kapitel oder Abschnitte hinzugekommen: Aussagenlogik, Komplexe Zahlen, Eigenwerte und Eigenvektoren, Lineare Optimierung sowie Reihen und Konvergenzkriterien. Da das Buch nicht nur als Vorlesungsbegleiter und Formelsammlung, sondern auch als Einstiegshilfe in das Hauptstudium dienen soll, ist ein Kapitel Dynamische Systeme neu aufgenommen worden. Darüber hinaus sind in den Beispielen und Anwendungen einige moderne ökonomische Gebiete berücksichtigt, die aus den Vorlesungen des Autors, etwa zur Finanzmarkttheorie und der monetären Makroökonomie, stammen: zustandsbedingte Wertpapiere aus der Finanzmarkttheorie, das Prinzipal-Agent-Modell und loglineare Modelle der Neuen Makroökonomie. Der Autor ist den Kollegen der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Dresden für einige Anregungen zur Neuauflage ebenso dankbar wie den Vertretern des Fachs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, mit denen das Curriculum auf die in den Wirtschaftswissenschaften benötigten mathematischen Methoden abgestimmt worden ist. Das Kapitel 15 über Dynamische Systeme ist von Herrn Dipl.-Math. Thomas Kahler verfaßt worden, dem für die Mitarbeit an der vorliegenden Auflage herzlich gedankt sei. Dresden - Hamburg, im März 1997
Alexander Karmann
A u s dem Vorwort zur ersten Auflage Mathematische Methoden gehören zum festen Bestandteil der wirtschaftswissenschaftlichen Grundausbildung. Dies reflektiert nicht zuletzt den Grad der mathematischen Formalisierung, der auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften heute wissenschaftliche wie praxisangewandte Arbeiten kennzeichnet. Studierende der Wirtschaftswissenschaften der ersten Semester stehen oftmals den mathematischen Methoden zunächst skeptisch gegenüber, da sie noch nicht abschätzen können, wozu die formalen Instrumente benutzt und welche mathematischen Techniken im einzelnen benötigt werden. An dieser Motivationsschwelle
2
setzt das vorliegende Buch an. Es ist aus der Vorlesung Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler entstanden, wie sie an der Universität Hamburg kompakt als einsemestrige Veranstaltung gehalten wird. Besonderheiten der Buchkonzeption sind zum einen die einführenden wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen, die jedem Kapitel vorangestellt sind und die die nachfolgend behandelte Mathematik ökonomisch motivieren. Zum anderen werden die grundlegenden mathematischen Begriffe sowohl deutsch als auch englisch wiedergegeben, um Studenten die spätere Lektüre mathematischwirtschaftswissenschaftlicher Arbeiten zu erleichtern und Fehlübersetzungen zu ersparen. Jedes Kapitel enthält einen Abschnitt mit ökonomischen Beispielen, in dem auch die zu Beginn des Kapitels erörterten Problemstellungen aufgegriffen und ausführlich diskutiert werden. Die Beispiele entstammen teilweise klassisch-ökonomischen Fragen wie Haushalts-, Produktionsoptimierung, InputOutput-Rechnung, aber auch komparativ statischer Modellanalyse, Grenzsteuerbelastung und Anwendungen aus der neueren Finanzwirtschaft. Aufgaben aus bisher gestellten Klausuren sind teilweise in die ökonomischen Beispiele mitaufgenommen worden. Da das Buch als Einführung und Vorlesungsbegleiter gedacht ist, ist es knapp und ohne Beweisführung gehalten; ein Verzeichnis mit weiterführender Literatur ist für den interessierten Leser am Ende aufgeführt. Das Buch kann aber auch als Studienbegleiter dienen, da es einige über die Grundvorlesung hinausreichende Sachgebiete umfaßt, die zum Standardrepertoire wirtschaftswissenschaftlicher Modellierung gehören, etwa Hesse-Matrix, Kuhn-Tucker-Bedingungen (hinreichende Optimalitätsbedingungen), Implizites Funktionentheorem (komparative Statik), Einhüllenden-Satz, Differenzen-, Differentialgleichungen (Wachstumsmodelle) . Die zentralen Ergebnisse der einzelnen Kapitel werden in Form durchnummerierter Sätze und Rechenregeln übersichtlich festgehalten. Für nützliche Hinweise zur Stoffauswahl danken wir dem Professorium des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg. Den Lehrbeauftragten des Fachs Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler, den Herren Professor Eberhard Groth, Aulis Harmoinen, Jochen Huesmann, Gunter Kleist, Rainer Kuske, Professor Hans Petersen und Dr. Lothar Wilde sind wir für die kritische Durchsicht des Buches und ihre weiterführenden Anregungen zu Dank verpflichtet. Hamburg, im März 1994
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Alexander Karmann Thomas Kahler
Inhaltsverzeichnis Vorwort
1
1
M e n g e n u n d Aussagenlogik 1.1 Grundzüge der Aussagenlogik 1.2 Mengen und Operationen 1.3 Mengen in reellen Räumen
7 7 12 17
2
P u n k t i o n e n einer u n d mehrerer Veränderlicher 2.1 Grundbegriffe 2.2 Reellwertige Funktionen 2.3 Komplexe Zahlen 2.4 Eine Auswahl ökonomischer Funktionen
25 26 28 41 45
3
Matrizen 3.1 Grundbegriffe 3.2 Spezielle Matrizen 3.3 Operationen mit Matrizen 3.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
48 50 52 55 61
4
Vektorräume 4.1 Grundbegriffe 4.2 Lineare Abbildungen 4.3 Lineare Abhängigkeit, Basis und Dimension 4.4 Rang einer Matrix 4.5 Skalarprodukt, Norm eines Vektors 4.6 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
65 66 68 69 71 74 76
5
Lineare G l e i c h u n g s s y s t e m e , D e t e r m i n a n t e n , E i g e n w e r t e 5.1 Lineare Gleichungssysteme 5.2 Gauß-Algorithmus, Bestimmung von Rang und Basis 5.3 Determinanten 5.4 Berechnung von Determinanten 5.5 Berechnung von inversen Matrizen und Cramersche Regel 5.6 Quadratische Formen 5.7 Eigenwerte und Eigenvektoren 5.8 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
4
79 80 83 88 91 94 97 98 103
6
Lineare O p t i m i e r u n g 6.1 Allgemeine Aufgabenstellung 6.2 Basislösungen 6.3 Austauschschritt 6.4 Simplex-Algorithmus 6.5 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
111 112 117 122 128 138
7
Folgen, Stetigkeit v o n Funktionen, R e i h e n u n d K o n v e r g e n z k r i t e rien 146 7.1 Grundbegriffe 147 7.2 Grenzwerte und Stetigkeit im n-dimensionalen reellen Raum . . . . 152 7.3 Reihen und Konvergenzkriterien 153 7.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele 157
8
Differentialrechnung einer Veränderlichen 8.1 Grundbegriffe 8.2 Taylor-Reihen 8.3 Ableitungsregeln 8.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
168 168 172 173 175
9
Kurvendiskussion 9.1 Grundlagen 9.2 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
182 183 187
10 Integralrechnung 10.1 Das bestimmte Integral 10.2 Zusammenhang zwischen Integration und Differentiation 10.3 Das uneigentliche Integral 10.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
194 194 198 202 203
11 Differentialrechnung v o n m e h r e r e n Veränderlichen 11.1 Partielle Differenzierbarkeit 11.2 Totale Differenzierbarkeit 11.3 Komparative Statik und implizites Funktionentheorem 11.4 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
207 208 210 213 216
12 A u s g e w ä h l t e O p t i m i e r u n g s p r o b l e m e i m n - d i m e n s i o n a l e n R a u m 225 12.1 Lokale Extrema und Hesse-Matrix 226 12.2 Lagrange-Methode und Nebenbedingungen 228 12.3 Satz von Kuhn-Tucker 231
5
12.4 Einhüllenden-Satz 12.5 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
232 234
13 Differenzen- u n d Differentialgleichungen 13.1 Differenzengleichungen 13.2 Differentialgleichungen 13.3 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
244 244 248 253
14 D y n a m i s c h e O p t i m i e r u n g : H a m i l t o n 14.1 Hamiltonfunktion in Momentanwertversion 14.2 Intuition über die Hamiltonfunktion 14.3 Hinreichende Bedingung 14.4 Infiniter Zeithorizont 14.5 Gegenwartswertversion der Hamiltonfunktion 14.6 Eine Auswahl ökonomischer Beispiele
258 259 262 264 264 266 267
15 D y n a m i s c h e S y s t e m e 15.1 Richtungsfeld und Phasendiagramm 15.2 Lösung dynamischer Systeme 15.3 Differentialgleichungen 2. Ordnung 15.4 Stabilität 15.5 Numerische Beispiele dynamischer Systeme
273 274 276 285 287 289
16 Einige w e i t e r e A n w e n d u n g e n 16.1 Intertemporale Allokation und Geldhaltung 16.2 Das Prinzipal-Agent-Modell 16.3 Wachstumsraten in diskreter und kontinuierlicher Zeit
298 298 302 307
16.4 Loglineare Modelle
313
Literaturverzeichnis
321
Indexverzeichnis Mathematik
323
Indexverzeichnis Ökonomie
329
6
1 1.1
Mengen und Aussagenlogik Grundzüge der Aussagenlogik
Mit der Aussagenlogik werden Regeln für die Verknüpfung von Aussagen bereitgestellt, um durch Umformung neue Aussagen exakt nachvollziehbar ableiten zu können. Unter dem hier behandelten Begriff Aussage wird ein Satz verstanden, der die Eigenschaft hat, entweder wahr (w) oder falsch (f) zu sein, und daher im weiteren als logisch eindeutige Aussage bezeichnet wird. Durch w und f wird der Wahrheitswert einer Aussage angegeben. Aussagen werden im weiteren mit den Buchstaben p, q, r, s... bezeichnet.
Beispiele. p: "5 ist eine Primzahl." q: "Berlin ist eine Millionenstadt in Deutschland."
x s: "Es gibt eine natürliche Zahl x mit der Eigenschaft — = 7." x ^ t: "Für alle natürlichen Zahlen x ist — wieder eine natürliche Zahl."
(w) (w) (w) (f)
Zur Einführung des Begriffs natürliche Zahl siehe Abschnitt 1.3. Dagegen ist der Ausspruch eines Kreters "Alle Kreter lügen" keine Aussage im oben genannten Sinn, da seine Wahrheit unmittelbar die Falschheit des Satzes zur Folge hätte. Ebenso sind Sätze wie "langfristig ist der Gewinn der Firma X positiv" oder "Die Konjunktur boomt" für sich genommen keine logisch eindeutigen Aussagen, solange die verwendeten Begriffe (langfristig, Konjunktur, Boom) nicht präzisiert sind und damit über ihren Wahrheitswert nicht eindeutig unterschieden werden kann. Hingegen sind Sätze wie p: "Bei normalem Verlauf der Preis-Absatz-Funktion (vgl. Abschnitt 2.4) steigt die Nachfrage mit sinkendem Güterpreis" oder q: "Bei fallendem EUR-Dollar-Wechselkurs erhält man weniger Dollar für den Euro" aufgrund ihres definitorischen Charakters (normaler Verlauf EUR-Dollar-Wechselkurs) entscheidbare Aussage, die also entweder wahr (Aussage p) oder falsch (Aussage q) sind.
7
Definitionen. Negation:
-ip
(lies: nicht p) ist wahr, wenn p falsch ist.
Konjunktion:
p Aq
(lies: p und q) ist wahr, wenn p wahr ist und q wahr ist.
Disjunktion:
p Vq
(lies: p oder q) ist wahr, wenn mindestens eine der beiden Aussagen p und q wahr ist.
Implikation:
p —» q
(lies: aus p folgt q) ist wahr, wenn aus der Aussage p die Aussage q folgt; anders ausgedrückt: p > q ist falsch, wenn p wahr und q falsch ist.
Äquivalenz:
p q
(lies: p äquivalent q) ist definiert als (p —> q) A (q —> p).
B e m e r kungen. - Anstelle des Begriffes Implikation wird auch der Begriff Folgerung verwendet. - Statt des Symbols verwendet.
(bzw. ' W ' ) wird auch das Symbol "=>" (bzw. "")
- Die Disjunktion p V q entspricht nicht dem umgangssprachlichen "entweder - oder", da sich beide Aussagen nicht ausschließen. Das ausschließende "entweder - oder" wird durch den Ausdruck ( p V q ) A ->(p A q) dargestellt, wie nachfolgend ersichtlich wird.
Der Wahrheitswert zusammengesetzter Aussagen läßt sich durch obige aussagenlogische Regeln ermitteln und in Form von Wahrheitstafeln übersichtlich zusammenstellen. Beispielsweise gilt:
8
Wahrheitstafeln P
q
--P
p Aq
p Vq
p
q
p ~ q
(p v q )
P A -ip
p V -ip
A^(p A q) w
w
f
w
w
w
w
f
f
w
w
f
f
f
w
f
f
w
f
w
f
w
w
f
w
w
f
w
f
w
f
f
w
f
f
w
w
f
f
w
Bedingung, B e m e r k u n g . Bei der Implikation p —» q wird p auch hinreichende q auch notwendige Bedingung genannt. Denn aus der Gültigkeit der Implikation folgt unmittelbar: q ist wahr, wenn p wahr ist; ist q falsch, muß auch p falsch sein. Eine ausführliche Erläuterung wird am Ende dieses Abschnitts gegeben.
Beim Beweis mathematischer Sätze werden Aussagenketten gebildet, bis schließlich die zu beweisende Aussage als wahr abgeleitet ist. Im Fall des direkten Beweises werden dabei aus den Voraussetzungen - unter der Benutzung von Definitionen und bereits bewiesenen mathematischen Zusammenhängen - solange durch Ketten von Implikationen neue Aussagen gebildet, bis zum Schluß die Behauptung folgt. Im Fall des indirekten Beweises wird angenommen, daß die zu zeigende Aussage p falsch ist. Durch Bildung logischer Ketten werden wiederum solange Implikationen abgeleitet, bis die negierte Aussage, also —>p, als wahr folgt. Aufgrund der Äquivalenz von p —> -ip und p A ->p wird der indirekte Beweis auch Widerspruchsbeweis oder Beweis durch Kontradiktion genannt. Anhand folgender Beispiele sollen einige in der mathematischen Logik häufig benutzte Begriffe erläutert werden.
9
Beispiele. Kontradiktion
P A -ip pV^p
Tautologie
-•->p p
doppelte
((p —> q) A (q —> r)) —> (p —• r)
Negation
Transitivität
Unter einer Aussageform wird ein Satz mit einer Variablen x (vgl. Abschnitt 2.1) verstanden, die durch Einsetzen der Variablen in eine formal eindeutige Aussage übergeht. Schreibweise: p(x), q(x), ... Um auszudrücken, daß die Gültigkeit von p(x) für mindestens eine spezielle Wahl von x oder etwa für alle Wahlen von x gesichert ist, werden nachfolgend definierte Symbole verwendet: Definitionen. Existenzquantor: 3 X p(x) (lies: es gibt ein x, für das p(x) gilt) gilt, wenn für eine spezielle Wahl von x die Aussage p(x) wahr ist. Allquantor: V^ p(z) (lies: für alle x gilt p(x)) gilt, wenn für jedes x die Aussage p(x) wahr ist. Beispiele. Aussageformen. p(a:,j/): "x ist Teiler von y". ux2+y2 q(x,y): > z2". Aussagen. p: "Vj; Vy y
=
2x —> x ist Teiler von y".
Die folgende Aussage q: "Es existiert ein Marktgleichgewichts-Preis p* zu gegebener Angebotsfunktion xA(p) = 2p und gegebener Nachfragefunktion
10
xN(p) = 12 — p" (vgl. Abschnitt 2.4) wird formal geschrieben (der Buchstabe p bezeichnet hier eine Variable und nicht eine Aussage): q: "3P- 2p* = 12 - p*v. Die Aussage q ist wahr, da die Gleichung für p* = 4 erfüllt ist. Bemerkung. Eine Aussage, etwa q: "Vx p(x)'\ läßt sich dadurch widerlegen, daß die Existenz eines speziellen x gezeigt wird, für das die Aussage p(x) falsch ist (Beweis durch Gegenbeispiel); denn, wie leicht zu sehen, gilt die Äquivalenz der Aussagen Jedoch läßt sich aus der Gültigkeit der Aussage p(x) für ein spezielles x nicht auf deren Allgemeingültigkeit zurückschließen, was formalisiert wie folgt ausgedrückt werden kann u -(3 x p(a:) - Vzp(z))". In mathematischen Sätzen geht es um die Eigenschaften von mathematischen Objekten x, die in Aussageformen p(.x) formuliert sind. Die interessierende Eigenschaft p(x) wird in Implikationsbeziehungen mit einer anderen Eigenschaft q(x) gesetzt. Folgende Beziehungen werden unterschieden: - q(.x) ist hinreichende Bedingung für die Gültigkeit der Eigenschaft p(.r): "V, (q(x) ^ pío:))", in Worten: Wenn q(x) für x gilt, dann gilt auch p(x) für x. - q(x) ist notwendige Bedingung für die Gültigkeit der Eigenschaft p(x): "V* (p(x) q(z))", in Worten: p(a:) gilt für x nur dann, wenn q(z) für x gilt. - q(x) ist notwendige und hinreichende Bedingung für die Gültigkeit von p(x): "V* (q(at) ~ p(z))", in Worten: p(z) gilt für x genau dann, wenn q(x) für x gilt.
11
Beispiele. - q(x) ist eine hinreichende Bedingung für p(x). aber keine notwendige: q(z): "x = - 3 " , p(z): "x 2 = 9". - t\(x) ist eine notwendige Bedingung für p(x), aber keine hinreichende: x q(x): ux ist gerade", - q(x) ist eine hinreichende und notwendige Bedingung für p(x): q(x): "(x = 3) V (x = - 3 ) " , p(x): "x 2 = 9". p(x) ist dann auch eine hinreichende und notwendige Bedingung für q(x).
1.2
Mengen und Operationen
Der Begriff der Menge (set) ist zwar grundlegend für die Mathematik, jedoch die Frage, wie der Begriff eingeführt werden kann, wurde bis heute noch nicht präzise beantwortet. Unter einer Menge verstehen wir eine Zusammenfassung X von bestimmten, wohlunterschiedenen Objekten, welche die Elemente (elements) (in einigen Fällen auch Punkte (points)) von X genannt werden, zu einem Ganzen (Cantor (1845 -1918), Begründer der Mengenlehre). In diesem Kapitel werden einige Beispiele von Mengen genannt, welche für die Betrachtungen der folgenden Kapitel ausreichen. Schreibweisen. Das Element x ist aus der Menge X, liegt in X oder ist Element der Menge X: x £ X oder X 3 x. Das Element x ist nicht aus der Menge X: x £ X oder X $ x. Mengen können auf folgende Weisen definiert werden: durch explizite Nennung ihrer Elemente X := {Berlin, Hamburg, Köln, München} oder durch Angabe einer Eigenschaft bzw. Aussageform, welche die Elemente der Menge charakterisiert X := {x | x ist eine Millionenstadt in Deutschland} oder X := {x | x < 1}.
12
Definition. Enthält eine Menge keine Elemente, so handelt es sich um die leere Menge (empty set): 0 := { } oder 0 := {x | x / x}. Definition. X heißt Teilmenge (subset) von Y oder Y enthält (includes) X, wenn jedes Element von X auch in der Menge Y enthalten ist (vgl. Abbildung 1.1). Schreibweise: X QY oder YDX.
A b b . 1.1. Teilmenge X von Y. Bemerkung. Wenn X nicht Teilmenge von Y ist, also ein Element in X existiert, welches nicht zu Y gehört, wird folgende Schreibweise benutzt: X £Y oder Y ^ X. Definition. Zwei Mengen X und Y sind einander gleich (equal), in Zeichen X = Y, wenn X C Y und Y C X gilt. Sie sind ungleich (unequal), in Zeichen X ^ Y , wenn X % Y oder Y % X gilt. Definition. jedoch nicht X CY
X heißt echte Teilmenge (proper subset) von Y, wenn X = Y gilt. Schreibweise: oder Y D X.
In anderen Lehrbüchern werden auch folgende Schreibweisen verwendet: X q(x). Analoge Formulierungen lassen sich für die anderen genannten Mengenrelationen aufstellen. Ferner gilt: 0 = {x | p(x) A ->p(a;)}. Im folgenden werden einige gängige Mengenoperationen eingeführt. Definitionen. Durchschnitt (intersection): Xr\Y
:= {x | x € X und xe
Y}.
A b b . 1.2. Durchschnitt der Mengen X und Y. Wenn X PI Y = 0, so sind die Mengen X und Y disjunkt oder elementfremd (disjoint or nonintersecting). Vereinigung (union): XUY
:= {x I X e X oder i £
Y}.
A b b . 1.3. Vereinigung der Mengen X und Y.
14
Differenz (relative complement): X\Y
:= X-Y
:= {x \ x e X und x £ F}.
Komplement (complement): (]7Y := F := {x |
x?Y}.
Potenzmenge (power set): V{X)
:= {Y I Y c
X}.
V(X) ist die Menge aller Teilmengen von X. Hat X n Elemente, so hat V(X) 2n Elemente. Beispielsweise gilt: P({1,2}) = {0,{1},{2},{1,2}}.
15
Kartesisches Produkt (Cartesian product): 1 x 7
: = {{x, y) \ x e X und y € Y}.
Das kartesische Produkt besteht aus der Menge der geordneten P a a r e ix, y). Dabei kommt es auf die Reihenfolge der Elemente an, da im Allgemeinen (x, y) (y, x) gilt. Bemerkung. X DY X UY X\y (fr X x F
= = = = =
Sei wieder X := {x | p(x)} und
Y := {x | q(x)}. Dann gelten:
{x | p ( i ) A q ( i ) } { x | p(x) Vq(x)} {x I p(o)) A -iq(x)} {x | -nq(x)} {(x, y) | p(x) A q(j/)}.
Definitionen. Ist / eine Menge, genannt Indexmenge, und ist für jedes i £ I eine Menge Xi gegeben, so heißt [ J Xi iei
Vereinigung der Mengen Xi
und definiert die Menge aller Elemente x, die in mindestens einer der Mengen Xi enthalten sind, P| Xi iei
Durchschnitt der Mengen X t
und definiert die Menge aller Elemente x, die in jeder der Mengen Xi enthalten sind, und X X, • 6/
Produkt der Mengen Xi
und definiert die Menge aller n-Tupel x\ e X i , X2 G X2, X3 e X3, . . . .
X2, X3,...) mit den Komponenten
16
Ist I = { 1 , . . . , n }
endlich, so wird auch geschrieben:
u* =u* n * n* n
¿e/
=
X1ö... . u x „
i=l n
=
iei
=
JCi n . • • n i „
=
Xi x . .. x Xn
=
X x .. .
¿=i
Xx< speziell:
n
=
ier X"
x X
n-mal
1.3
Mengen in reellen Räumen
Üblicherweise werden folgende einfache Mengen betrachtet: IN IN0
TL
a } ]—oo, o] = {x e IR | x < a } j - o o , a [ = {a; e IR j x < a}
B e m e r k u n g . Intervalle werden oft in Form von Ungleichungen beschrieben (zur Verwendung des Absolutbetrages vgl. Abschnitt 2.2), etwa: [10,+oo[ = {x G IR | x > 10}
] - 1,7[ = {x G IR | \x-3|< 4}
W e i t e r e Bezeichnungen: 1R+ : = {x € IR | x > 0} = [0, +oo[ = Menge der nichtnegativen reellen Zahlen IR* : = {x e IR | i / 0} = H \ { 0 } I R ; : = { x e IR I x > 0} = ]0,+oo[ IR"
IR™ IR* n
: = IR x .
x IR.
= { ( x i , . . . , x n ) € IR™ | xi G IR; . . . ; x n € IR}
n-mal = n-dimensionaler reeller R a u m (real n-space) : = IR+ x . . . x IR + = {(:ci,. ..,xn) G IR n | xi e I R + ; . . . n-mal : = IR* x =
x IR*
;xn e
IR+}
= { ( x i , . . . , x n ) G IR n | xi G I R * ; . . . ; x n e IR*}
n-mal IR n \{0}, wobei gilt: 0 : = ( 0 , . . . , 0). n-mal
18
Einige Spezialfälle: Seien a = ( a i , . . . , an) € IR", üi < bi für i = 1 , . . . , n und c € IR:
6 = ( 6 j , . . . , bn) 6 IR" mit
:= { ( x i , . . . , x n ) e I R n | a i < x i < 6 ! } = Quader im IR" bzgl. a und b Für o ^ O wird definiert H"(a, c) : = { ( z i , . . . , xn) e IR" | aix\+,..., +anxn = Halbraum im IR" bzgl. a und c Q"(a,b)
E"(a,
c) := { ( z i , . . . , xn )
6 I R " | aiXi
< c}
+ , . . . , +a„a;n = c}
=
Hyperebene im IR n bzgl. a und c Speziell für n = 2 und n = 1 werden auch folgende anschauliche Begriffe benutzt: H^a,
c)
= {(x\,x2)
E IR 2 | a\X\
+ 0,2X2 < c}
= Halbebene im IR" bzgl. a und c E\a, c) = {(11, X2) e IR2 | aixi + a2X2 — c} = G e r a d e im IR n bzgl. a und c H\a,c) = {x e IR | ax < c} = ] - o o , = uneigentliches Intervall E\a,c) = { i e E | o i = c}= = relle Zahl.
A b b . 1.6. Halbebene im IR2 bzgl. a = (ai,a,2) = (—1,1) und c— 1.
Wird in Abbildung 1.6 die zugrundeliegende Gleichung der Geraden E\a,c) X2 = und
+ ^
umgeformt, so gibt — ^ = — ^
— der Geraden an. Ä ao = t1 = 1 den zo-Achsenschnitt 19
in
= 1 die Steigung der Geraden
Bemerkungen. - IR"" 1 (n > 1) ist eine Hyperebene im JR n , aber keine Hyperebene im I R n + 1 . - IR+ ist ein Halbraum im IR, IR™ (n > 2) ist jedoch kein Halbraum im IR™. - Eine Hyperebene E"{a, c) stellt die Begrenzung des Halbraumes Hv{a, c) dar. - Eine Hyperebene E"(a, c) unterteilt den IR" in zwei Halbräume H"ia, c) und H"(—a, —c) = { ( a : i , . . . , xn) e IR n | 0 1 X 1 + , . . . , +anxn > c}, wobei zu beachten ist, daß —a = (—a 1 , . . . , — a n ) ist und beim Multiplizieren der Ungleichung mit —1 aus ">" " Y bijektiv, so wird die Umkehrfunktion (inverse function) wie folgt definiert: f~l:Y V
—> X •
f~\y).
27
Mit x € X, y € Y gilt für bijektive Abbildungen:
Bemerkung. f(x)
= y
fif-Hy))
•
= y
Mit / ist auch Definition. gof:
/_1(y) = x
und
und
= X.
f-^fix))
bijektiv. Für Funktionen / : X —• Y und g : Y —> Z heißt die Funktion
X —» Z x '—• g(f{x))
die Komposition (oder Hintereinanderschaltung, Verkettung) (composition) von / und g. Bemerkung. tive law):
Es gilt für h : Z —> W und x e X das Assoziativgesetz (associa-
(ft o(9 »/))(*)
= h((gof)(x)) = h(g(f(x))) = (hog)(f(x)) =
((Aop)o/)(*).
Im Allgemeinen gilt jedoch nicht das Kommutativgesetz (commutative law):
(3 »/)(*) ^ (fog)(x).
2.2
Reellwertige Funktionen
Sei speziell X C ]Rn und Y = IR m . Wird m— 1 gesetzt, dann wird von einer reellwertigen Funktion einer Veränderlichen gesprochen, falls n = 1 ist, bzw. von mehreren Veränderlichen, falls n > 1 ist. Beispielsweise stellt die Vorschrift f(xi, x^) = x\ • X2 eine reellwertige Funktion mit zwei Veränderlichen dar. Definitionen.
Eine Funktion f : X —• IR heißt in X C ]R n :
monoton wachsend (monotonically increasing) (bzw.
fallend (decreasing)),
wenn für alle x = (xi,..., xn) € X und z = (zi,..., zn) E X, für die xt < Zi für alle 1 < i < n gilt, folgt:
f{x) < f(z)
(bzw. f(x) > /(2)); 28
streng monoton wachsend (strictly monotonically increasing) (bzw. fallend (decreasing)), wenn für alle x = (xi,..., xn) £ X und 2 = (z\,..., zn) e X, für die Xi < Zi für alle 1 < i < n und Xj Zj für mindestens ein 1 < j < n gilt, folgt: f{x)
f(z));
beschränkt (bounded), wenn N und M (E IR existieren mit: N
IR (.Xi,x2) i—> öXl,x2> wobei gilt: 1, falls xi = X2, 0, falls x\ X2-
39
X
Binominalkoefflzient: ( ) : IN0 x IN0
"
M '
\ k )
k \ { n - k ) V
wobei n\ (gelesen n Fakultät) wie folgt definiert wird: 1, tI
•_
falls n = 0,
n
U i = 1 • 2 • 3 • . . . • n,
falls n > 0.
i= 1
Entsprechendes gilt für k\ und (n — k)\. Es gelten folgende Rechenregeln: n n k
b) c)
n
+
n
1
— k
f
n \ k j
(x + y)n
=
n +
\ k - i r
E ^ J ^ ' V
mit x, j/ e IR,
wobei c) als Binomischer Lehrsatz bekannt ist. Norm (norm): (vgl. Abschnitt 1.3) || ||: IRn —• IR x
^
||z||.
Dichtefunktion der Normal(/x, u 2 )-Verteilung: t p ^ i : IR > IR 1
(
(x -
ß f
Speziell für {¡i, a 2 ) = (0,1) heißt der Graph dieser Funktion auch Gaußsche Glockenkurve. Die Funktion • ¡ ( x ) ist quasikonkav. a
40
¥>0,1 (x) Gesamtfläche unter der Kurve = 1
2
0
- 1
1 =
— CT
2
x
a
Abb. 2.16. Gaußsche Glockenkurve.
Bemerkung. Die identische Abbildung, die Indikatorfunktion, das Kroneckersymbol und die Norm können statt für reellwertige Urbilder auch für beliebige Urbildmengen X definiert werden.
2.3
Komplexe Zahlen
In Abschnitt 2.2 beschränkt sich der Definitionsbereich der Quadratwurzel auf die Menge IR + , da keine negative reelle Zahl sich als Quadrat zweier reeller Zahlen darstellen läßt. Komplexe Zahlen dienen dazu, diesen Definitionsbereich zu erweitern. Hierzu wird folgende Zahl definiert: i : = %/— 1
bzw.
i2
:= —1.
Das Symbol i darf dabei nicht mit dem sonst gebräuchlichen Index verwechselt werden. Definition.
Die Menge der komplexen Zahlen C wird wie folgt definiert:
C : = {x + iy | x, y e IR,: 2i
41
Eine komplexe Zahl (irrational number) z e € setzt sich also additiv aus ihrem Realteil zRE := x und Imaginärteil zIM := y wie folgt zusammen: zRE +
izIM.
Zwei komplexe Zahlen z\ und z2 sind genau dann gleich, wenn gilt: zRE und JM _ ,/M
=
z2E
Eine Zahl z € € kann in einer Gaußschen Zahlenebene (vgl. Abbildung 2.17) dargestellt werden, welche durch eine sogenannte reelle und imaginäre Achse aufgespannt wird. Auf der reellen Achse ist der Imaginärteil gleich null und stellt somit die Zahlengerade der Menge 1R dar. imaginare Achse
reelle Achse Abb. 2 . 1 7 . Darstellung einer komplexen Zahl. Eine komplexe Zahl z E C kann mit einem geordneten Paar (x, y) G 1R x 1R (vgl. Abschnitt 1.2) wie folgt identifiziert werden: Haben die geordneten Paare (x,y), (£1,2/1), (22,2/2) £ 1R x bzgl. der Addition und Multiplikation die Eigenschaften (Xl,yi) + (x2,y2)
(xi,yi)
• (x2,y2)
=
=
(Zl + Z 2 , 2 / l
+2/2),
(x!x2-yiy2,xiy2
+
yix2),
und wird i — (0,1) gesetzt, so gilt der folgende Zusammenhang: (x,y)
= (x,0) + (0,l)(y,0) =
x + iy 42
=
z.
Definition. gilt: 2
=
Zwei komplexe Zahlen Z,Z € C heißen konjugiert komplex, wenn z
R E
+ IZIM
und
Z
=
Z
R E
- I Z
I M
.
In der Gaußschen Zahlenebene kann z aus z durch Spiegelung an reellen Achse gewonnen werden, Z und z sind identisch, wenn z auf der reellen Achse liegt, d.h. wenn ZIM = 0 ist. Seien z, Z\. 22 £ €. Für konjugiert komplexe Zahlen gelten folgende Rechenregeln:
a)
RE
_
b)
IM
_
c)
2
=
2,
d)
zi + 22
=
21+22,
e)
zyzi
=
f)
zz
—
ZL¿2, RE (~RE (Z
• IM AM\( +1 IZ ){ZRE
~RE - I Z
I M
)
=
(Z
1 1 XL
'
R E
)
+ ( Z
imaginare Achse 2/1+2/2¿2
Z1+Z2
2/2-
1 i
2
\ 0
11 X1+X2
reelle Achse
Abb. 2 . 1 8 . Addition der komplexen Zahlen z\ und z243
I M
Y
Definition.
Sei z € C . Dann heißt
\z\ := \ f ü B e t r a g der k o m p l e x e n Zahl z. Bemerkung.
Der Betrag einer komplexer
Zahl z entspricht
wegen
\z\ = yj(zRE)2 + (zIM)2 der euklidischen Norm des geordneten Paares ( z R E , zIM) (vgl. Abschnitt 1.3) und gibt den Abstand zwischen dem Punkt z und dem Nullpunkt der Gaußschen Zahlenebene an, d.h. die Pfeillänge in Abbildung 2.17 entspricht dem Betrag von z. Zusätzlich mit den Eigenschaften einer Norm besitzt der Betrag der komplexen Zahlen z\ und zi noch die Eigenschaft: \ziz2\ = |zi| • |z2|Üblicherweise werden die trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus Hilfe der nachfolgend dargestellten Eulerschen Formel eingeführt.
mit
E u l e r s c h e Formel: elx
= cos(a;) + i sin(a;).
Da für alle x e IR cos2(a:) + s i n 2 ( x ) = 1 ist, gilt: \etx\ = 1. In der Gaußschen Zahlenebene kann somit elx als ein Punkt auf dem Einheitskreis dargestellt werden. imaginäre Achse
44
2.4
Eine Auswahl ökonomischer Funktionen
Die Beschreibung und Erklärung ökonomischer Sachverhalte erfolgt häufig in funktionaler Form. Ohne auf die damit verbundene inhaltliche Problematik einzugehen, werden nachfolgend einige elementare ökonomische Funktionen aufgelistet. Im Fall der Produktionsfunktion wird auch auf den Homogenitätsgrad eingegangen. Nachfragefunktion (demand function): xN = xN(p), xN : nachgefragte Menge eines Gutes (in ME) (pro Bezugsperiode), p : Preis eines Gutes (in GE/ME). Die Nachfragefunktion xN wird üblicherweise als streng monoton fallend angenommen. Z.B. xN(p) = a-bp
mit a, b > 0.
Preis-Absatz-Funktion: Diese Funktion ist die Umkehrfunktion der Nachfragefunktion und damit typischerweise streng monoton fallend. Angebotsfunktion (supply function): xA = xA(p), xA : angebotene Menge eines Gutes (in ME) (pro Bezugsperiode), p : Preis eines Gutes (in GE/ME). Die Angebotsfunktion xA wird üblicherweise als monoton steigend angenommen. Z.B. xA(p) = cp — d mit c, d > 0. Produktionsfunktion (oder Ertragsfunktion) (production function): Y = Y(K,N), Y : Output (Ertrag, Ausbringung) des erzeugten Produktes (in ME), K : Einsatz von Kapital (in ME), N : Arbeitsnachfrage (in ME). Die exogenen Variablen K, N werden auch Inputs (Einsatzfaktoren) genannt. Speziell werden die neoklassische (z.B. Cobb-Douglas- oder CES-) und limitationale Produktionsfunktionen unterschieden. Ertragsgesetzliche Verläufe von Produktionsfunktionen werden in Kapitel 9 besprochen (vgl. auch Beispiel 9.3 in Abschnitt 9.2). Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion Y(K. N) = Ka • N0 Grade r = a + ß, denn: 45
ist homogen vom
Y(XK,XN) = (XK)a(XN)P = Xa+0KaNi3 = Xa+0Y{K,N). Ist die Summe der Exponenten gleich 1, so ist die Cobb-DouglasProduktionsfunktion linear homogen, z.B. a = ß = 0,5. Die limitationale Produktionsfunktion Y(K,N) = min( ^ , -ß) mit a, ft > 0 ist linear homogen, wie leicht nachzurechnen ist. Erlösfunktion, Umsatzfunktion: E(p) = x(p) • p (bzw. E(x) = p(x)-x), E : wertmäßiger Erlös (bzw. Umsatz) (in GE), x : abgesetze Gütermenge (in ME), p : Verkaufspreis (in GE/ME). Kostenfunktion (cost function): K = K(x) = Kv(x) + K}, K : Gesamtkosten (in GE) für die Produktion des Outputs, Kv : variable Kosten, Kf : fixe Kosten, x : Output (Produktionsmenge, Ausbringung) (in ME). Gewinnfunktion (profit function): G(x) := E(x)-K(x), G : Gewinn (in GE). Konsumfunktion: C = C(Y), C : gesamtwirtschaftliche Ausgaben für Konsumgüter (in GE/ZE), Y : Volkseinkommen bzw. Sozialprodukt (in GE/ZE). Sparfunktion: S(Y) := Y-C(Y), S : gesamtwirtschaftliche Ersparnis (in GE/ZE). Nutzenfunktion (utility function): U = U{xi,...,xn), U : N u t z e n eines Wirtschaftssubjektes (z.B. Haushalt), Xi : Konsumgut i (i = 1 , . . . , n) (in ME). Z.B.
U(X\,X2)
=
X\
• X2-
Eine Indifferenzkurve (indifference curve), die dargestellt wird durch U(xi,..., xn) — const., gibt die Menge aller Güterkombinationen (xi,..., xn) an, bei deren Konsum ein Wirtschaftssubjekt denselben Nutzen hat, und stellt gemäß Definition aus Abschnitt 2.1 eine Isoquante von U mit den Wert const, dar. 46
Invest it ions funkt ion:
I = I(i), I : gesamtwirtschaftliche Investitionen (in GE/ZE), i : Marktzinssatz. (Keynessche) Geldnachfragefunktion:
L =
L(Y,i),
L : gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage (in GE/ZE). Insbesondere gilt: L = LT + Ly + Lg LT = LT(Y) : Transaktionskasse, Ly = Ly(Y.i) : Vorsichtskasse, Ls = Ls(i) Spekulationskasse.
mit
47
3
Matrizen
Zwei ökonomische Anwendungen. - In der sogenannten Input-Output-Analyse wird die Verflechtungsstruktur eines Wirtschaftssystems untersucht, welches in n endogene Sektoren (z.B. Industriezweige) und einen exogenen Sektor (z.B. Haushalte) aufgeteilt wird. Jeder endogene Sektor i produziert auf der einen Seite Güter, die sogenannten Vorleistungen Xi, die als Zwischenprodukte andere endogene Sektoren j geliefert werden oder als Endprodukte y t der Nachfrage des exogenen Sektors zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite benötigt der Sektor i zur Produktion Vorleistungen. Vorleistungen sind dabei Güter xu des Sektors i aus eigener Produktion bzw. Güter Xji mit j / i von anderen Industriezweigen oder Primärfaktoren rr des exogenen Sektors (z.B. Arbeitsleistungen der Haushalte). Diese Verflechtungsstruktur kann in Tabellenform ("Matrix") beschrieben werden, etwa Input-Output-Tabelle endogene Sektoren
exogene
Gesamt-
Sektoren
output X\
...
X\ j
...
X\n
2/i
...
X•i j
•••
^in
Vi
endogene Sektoren
Xj^
Vn
exogener Sektor
mit
n
%ji = Xi - y ^ X j j . 3=1
Mit Hilfe der nachfolgend erläuterten Operationen mit Matrizen lassen sich in diesem Zusammenhang etwa folgende Fragen erörtern: 48
- Wie sieht die industrielle Verflechtung auf jährlicher Basis aus, wenn die Daten quartalsweise gegeben sind (vgl. Beispiel 3.1 in Abschnitt 3.4) ? - Wie groß müßten die sektoralen Produktionsleistungen sein, um eine gegebene Endnachfrage nach den produzierten Gütern decken zu können (vgl. Beispiel 5.3 in Abschnitt 5.8) ? Beispiel 7.7 in Abschnitt 7.4 betrachtet statt einer güterwirtschaftlichen eine monetäre Verflechtung, d.h. ein Bilanz-Schema finanzieller Forderungen. - In der MikroÖkonomie werden Güterbündel (xi)i aus m zur Verfügung stehenden Gütern i betrachtet, wobei x, die von Gut i vorhandene Quantität bezeichnet. Zu gegebenen Güterpreisen ist dann der Wert der Güterbündel von Interesse ('Vektormultiplikation' und vgl. Beispiel 3.2 in Abschnitt 3.4). Häufig werden jedoch auch einzelne Objekte i selbst in verschiedenen Kategorien j durch Merkmale q^ charakterisiert (z.B. Warentest). Wertungs-Tabelle Kategorien 1
Objekte
j
n
1
9n
...
qij
...
Qln
i
fti
...
qij
...
Qin
m
1ml
•• •
Qmj
•• •
Qmn
So werden in der Konsumtheorie physische Konsumgüter durch n Charakteristika gekennzeichnet, etwa a) Vollmilchschokolade durch ihre Prozentanteile an Zuckergehalt oder Milchpulver oder b) Alpinski durch technische Daten wie Griffigkeit, Drehfreude, Eignungen für Piste oder Tiefschnee, Lebensdauer. In der Politischen Ökonomie hingegen werden Organisationen, z.B. politische Parteien, durch ein Spektrum aus n Eigenschaften abgebildet, die auf einer abstrakten Skala abgetragen werden und Größen wie Glaubwürdigkeit, Durchsetzungsvermögen umfassen.
49
In der Finanzmarkttheorie werden Finanzaktiva k (1 < k < K) mit heute (t = 0) bekanntem Preis betrachtet, deren Wert Vsk morgen (t = 1) jedoch von den S möglichen zukünftigen Zuständen s der Ökonomie abhängig ist; sie werden daher zustandsbedingte Wertpapiere (contingent claims) genannt. Jeder contingent claim k wird daher durch einen Vektor Vk = ( V s 5 ) ^