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German Pages 348 Year 2011
Mathematik
für die ersten Semester von
Prof. Dr. rer. nat. habil. Wolfgang Mückenheim 3., verbesserte Auflage
Oldenbourg Verlag München
Wolfgang Mückenheim studierte Physik, Mathematik und Astronomie an der GeorgAugust-Universität Göttingen, wo er 1979 mit einem Thema zur Vakuumpolarisation promovierte. Unter seinen weit über 100 Publikationen fand die Erweiterung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs für eine formale Lösung der Nichtlokalitätsprobleme der relativistischen Quantenmechanik besondere Beachtung. 1989 wurde er als Hochschuldozent an die TU Clausthal berufen. 1990 nahm er einen Ruf auf eine Professur an der Hochschule Augsburg an. Dort lehrt er seitdem Mathematik und Physik.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Kathrin Mönch Herstellung: Constanze Müller Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Grafik + Druck GmbH, München Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-70821-9
Vorwort Dieses Buch enthält die so genannte höhere Mathematik, also die über das einfache Rechnen hinausgehende Mathematik, deren Lehre gewöhnlich in den letzten Schuljahren begonnen und in den ersten Studiensemestern erweitert und vertieft wird. Der für einen zweisemestrigen Kurs mit jeweils sechs bis acht Semesterwochenstunden berechnete Inhalt ist so angeordnet, dass nach einer Einführung in die mathematische Sprache Arithmetik, Algebra und Geometrie im ersten Semester behandelt werden, die Infinitesimalrechnung im zweiten. Für die meisten technischen Studienfächer ist der Umfang völlig ausreichend, und für Studierende der Mathematik, Informatik oder Physik bildet er ein solides Fundament. Im Prinzip sind Vorkenntnisse zum Verständnis nicht erforderlich, allerdings ist es eine bekannte Weisheit, dass man beim Wiederholen wesentlich einfacher und sicherer lernt als beim ersten Mal. Das Buch basiert auf einem Mathematikverständnis, das im Vorwort zur ersten Auflage ausführlich dargelegt wurde, woraus auf den nächsten Seiten ein Auszug wiedergegeben ist. Die vorliegende dritte Auflage ist gegenüber der zweiten Auflage nur wenig verändert. Einige Erklärungen wurden etwas weiter ausgeführt und Druckfehler korrigiert. Falls im Stichwortverzeichnis mehrere Fundstellen für einen Begriff ausgewiesen werden, so unterscheidet Kursivdruck die genauere Erklärung von der reinen Erwähnung. Prof. Edgar Ossner und Dr. Christine Zerbe haben sich der mühevollen Aufgabe unterzogen, sämtliche Übungen durchzurechnen. Die Lösungen mit stichwortartigen Lösungswegen stehen auf meiner Webseite und auf der des Oldenbourg-Verlages kostenlos zur Verfügung (Links dazu auf S. 321). Das Buch wäre nicht entstanden ohne die entscheidende Idee und das unermüdliche Engagement von Kathrin Mönch vom Oldenbourg-Verlag und ohne die stetige Liebe und Unterstützung meiner Frau Christa-Luise. Danke! Wolfgang Mückenheim
VI
Über Mathematik und Wirklichkeit und dieses Buch Die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als ein Mittel, um die Verschiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen. (Richard Dedekind)
Mathematik dient dem Überblick, der Einteilung und Erkenntnis der Wirklichkeit. Zu diesem Zweck werden mathematische Objekte wie Zahlen, Figuren, Symbole oder Strukturen geschaffen, ihre Eigenschaften untersucht und in Aussagen zusammengefasst, die – mit den Mitteln der Logik bewiesen – zu Lehrsätzen werden. Dies alles geschieht in einer möglichst klaren Sprache. Zur Beschreibung der Bedeutung eines Wortes benötigt man aber andere, bereits bekannte Wörter. Um einen Circulus vitiosus zu vermeiden, ist ein Grundstock von Wörtern erforderlich, die nicht weiter sinnvoll hinterfragt werden können. Aussagen, die nur solche grundlegenden Wörter enthalten und so evident erscheinen, dass sie keines Beweises bedürfen, wurden bereits von Euklid in die Geometrie der Antike eingeführt und als Axiome bezeichnet. Es ist eine strittige Frage, ob die Mathematik eine Naturwissenschaft ist. An deutschen und englischsprachigen Hochschulen findet man mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultäten, was den engen Zusammenhang zwischen beiden dokumentiert. Andererseits ist aus moderner Sichtweise die Wahl eines Axiomensystems nicht mehr an der Wirklichkeit orientiert, sondern vollkommen willkürlich, solange das System keine erkennbaren Widersprüche zulässt und umfangreich genug erscheint, die mathematisch als richtig erkannten Sätze zu beweisen. Diese letzte Bemerkung erhellt allerdings bereits, dass es nicht das Axiomensystem ist, welches über die Richtigkeit mathematischer Sätze entscheidet, sondern dass die Wirklichkeit darüber entscheidet, ob ein Axiomensystem akzeptabel ist oder nicht. Da moderne Axiomensysteme leider zu mancherlei wirklichkeitsfernen Konsequenzen führen, sollte eine wirklichkeitsnahe Mathematik aus den Grundlagen entwickelt werden, aus denen sie tatsächlich entstanden ist, nämlich aus dem Zählen von Einheiten und dem Zeichnen von Linien. Denn die Mathematik verdankt ihre Entstehung der Abstraktion aus Beobachtungen der Wirklichkeit. Eine Aussage wie „I + I = II“ muss nicht aus einem über viele Seiten sich hinziehenden Beweise hergeleitet werden. Diese Aussage selbst ist eine viel natürlichere Grundlage der Arithmetik als irgendein dazu erdachtes Axiom. Sie kann mit einem Abakus zwingender bewiesen werden als durch jede noch so tiefgründige Kette von logischen Schlüssen.
Über Mathematik und Wirklichkeit und dieses Buch
VII
Im Zuge ihrer Axiomatisierung wurde die Mathematik auf Georg Cantors Lehre von den transfiniten Zahlen aufgebaut, die er nach eigener Aussage entwickelte, um die von ihm vermuteten aktualen, d. h. vollendeten Unendlichkeiten in der Natur und jedem noch so kleinen, ausgedehnten Teil des Raumes beschreiben zu können [1]. Im Lichte moderner Naturerkenntnis ist aber klar geworden, dass die Wirklichkeit nichts enthält, worauf transfinite Zahlen angewandt werden könnten. Im geistigen Gesamtbilde unseres Jahrhunderts wirkt das aktual Unendliche geradezu anachronistisch [2]. Die Endlichkeit des zugänglichen Universums führt aber auch zu der Erkenntnis, dass die Mathematik wie jede andere Wissenschaft gezwungen ist, mit endlichen Mitteln auszukommen. Doch ohne unendliche Mittel gibt es auch keine unendlichen Resultate. Eine Zahlenmenge besteht aus Zahlen, die in irgendeiner Weise voneinander unterscheidbar sein müssen, die also unterschiedliche Bezeichnungen erfordern. Eine Zahl kann durch einen Namen, durch eine Definition, durch eine Ziffernfolge oder durch andere Merkmale eindeutig bezeichnet und von allen übrigen Zahlen unterschieden werden. Ist die Anzahl aller Merkmale aber begrenzt, so gilt dies auch für die Menge der unterscheidbaren Elemente. Das Universum mit seinen 1080 Protonen und erst recht jeder zum Denken und Rechnen nutzbare Teilbereich besitzen eine endliche Informationsspeicherkapazität und beschränken so die Zahl der Unterscheidungsmerkmale aus rein materiellen Gründen. Können nur deutlich weniger als 10100 Informationseinheiten oder Ziffern gespeichert werden, so ist es ganz gewiss nicht möglich, 10100 Zahlen zu unterscheiden. Was aber nicht bezeichnet, nicht unterschieden und daher auch nicht gedacht werden kann, kann auch keine Zahl sein – Ungedachtes und niemals Denkbares gehört nicht zur Menge der Gedanken. Um hier einer müßigen Existenzdiskussion aus dem Wege zu gehen, kann wohl Konsens darüber vorausgesetzt werden, dass es unmöglich ist und für immer unmöglich bleiben wird, „Zahlen“, die nicht bezeichnet werden können, in irgendeiner Weise als Individuen zu verwenden. Sie gehören nicht zur Mathematik, sofern die Mathematik zur Wirklichkeit gehört. Die Endlichkeit aller Zahlenmengen impliziert aber nicht die Existenz einer größten Zahl, wie zuweilen fälschlich angenommen wird. Die Zahl 10100 und auch viel größere Zahlen wie 101000 können benannt und identifiziert werden, z. B. hier auf dem Papier oder im Bewusstsein der Leser.1 Aber viele Zahlen, deren Darstellung 10100 verschiedene Ziffern erfordern würde, können nicht definiert und deshalb auch nicht verwendet werden. Es ist unmöglich, 100 von 1 bis 1010 zu zählen – unabhängig von der verfügbaren Zeit. Die Folge der natürlichen Zahlen kommt nicht makellos daher wie ein nicht endender ICE. Sie weist Lücken auf [3]. Und diese Lücken wachsen mit zunehmender Zahlengröße. Deswegen kann man nicht sinnvoll von einer aktual unendlichen Zahlenfolge sprechen, und im vorliegenden Buch wird auch nicht der Versuch gemacht, die Existenz von aktual unendlichen Mengen zu postulieren oder mit transfiniten Zahlen zu rechnen. Die wichtigen Sätze einer wirklichkeitsorientierten Mathematik können mit Hilfe von Experimenten – vor allem auf leistungsfähigen Rechenmaschinen – in guter Näherung nachgeprüft werden. Rechenmaschinen sind für den Mathematiker das, was Teleskope für den Astronomen sind. Sie bringen das Entfernte näher und erlauben eine Unterscheidung von Details, die ohne Hilfsmittel nicht gelingt. Zwar werden 1
Um diese ungewohnte Überlegung verständlich zu machen, stelle man sich einen einfachen Speicher vor, der nur sieben Zeichen fasst. Bei Verwendung des Dezimalsystems kann dort jede beliebige positive Zahl zwischen 0 und 9999999 gespeichert werden. Mit der Vereinbarung, dass E einen Exponenten einleitet, kann auch die Zahl 101000 in der Form 10E1000 dort gespeichert werden, die viel kleinere Zahl 12345678 aber nicht.
VIII
Über Mathematik und Wirklichkeit und dieses Buch
die Begriffe „unendliche Menge“ oder „Menge aller Zahlen mit einer bestimmten Eigenschaft“ in diesem Buch verwendet, doch sind darunter Mengen zu verstehen, die nicht aktual existieren, die nicht überschaubar und also in des Wortes eigentlicher Bedeutung unendlich sind. Im Gegensatz zu einer aktual unendlichen Menge kann die Anzahl der Elemente einer solchen potentiell unendlichen Menge weder bestimmt noch übertroffen werden, denn sie ist ja niemals vollendet. Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes [4]. Deren Anzahl ist endlich und wird stets endlich sein. Eine Konstruktion existiert nicht, ehe sie gemacht wurde. Wenn etwas neu gemacht wurde, so ist es etwas Neues und nicht eine Auswahl aus einer vorher schon existierenden Kollektion [5]. Daher sind Zahlenmengen nicht fixiert. Die natürlichen Zahlen von heute sind nicht die natürlichen Zahlen von gestern [6]. Das Unendliche findet sich nirgends realisiert; es ist weder in der Natur vorhanden, noch als Grundlage in unserem verstandesmäßigen Denken zulässig – eine bemerkenswerte Harmonie zwischen Sein und Denken [7]. Mit der Endlichkeit einer jeden Menge ist auch die Menge aller Ziffern einer Zahl endlich. Die meistens stillschweigend angenommene Voraussetzung, dass jede reelle Zahl „beliebig genau“ approximierbar sei, gilt nicht uneingeschränkt – die Zahlenachse weist Lücken auf; die Stetigkeitsannahme, der Konvergenzbegriff und andere Grundpfeiler der Infinitesimalrechnung werden problematisch; schon der Zwischenwertsatz oder der Fundamentalsatz der Algebra „leiden Ausnahmen“. Das kann niemand ändern! Die Mathematik steht nicht außerhalb der Wirklichkeit. Es hilft wenig, die Existenz aktual unendlicher Mengen axiomatisch zu fordern und so die Vollständigkeit der reellen Zahlen zu „beweisen“. Damit behebt man den Mangel ebenso wenig, wie ein Kaufmann seine Bilanz durch Anhängen einiger Nullen aufbessern kann – wie Immanuel Kant in einem ähnlichen Zusammenhang feststellte [8]. Das wirklich zugängliche „Kontinuum“ besitzt eine körnige Struktur. Die Korngröße hängt von der verfügbaren Rechenkapazität ab. Dem mit einem Abakus allein ausgerüsteten Mathematiker stellt sie sich als 1 dar, denn ihm sind nur ganze Zahlen zugänglich. Glücklicherweise ist die Körnung in der Regel fein genug, um ohne nachteilige Auswirkungen zu bleiben. Ebenso wie die Quantisierung der Erdbahn für astronomische Probleme ohne jede Relevanz ist und die molekulare Struktur von Butter deren Portionierbarkeit nicht merklich beschränkt, wird die prinzipielle Unsicherheit von Zahlen ihren im Eingangszitat genannten Zweck nicht beeinträchtigen. In der Regel genügt schon die zehnstellige Genauigkeit des Taschenrechners oder die 100-stellige Genauigkeit einfacher Rechenprogramme. Die Kenntnis von 10100 Stellen wird man äußerst selten anstreben und bei irrationalen Zahlen niemals erreichen [9]. Doch dieser Mangel ist allenfalls für die mathematische Grundlagenforschung von Bedeutung, und selbst dafür hat der Erfinder der Non-Standard-Analysis festgestellt: Unendliche Gesamtheiten existieren in keinem Sinne des Wortes, weder real noch ideell. Genauer gesagt, jede Erwähnung oder Behauptung unendlicher Gesamtheiten ist buchstäblich sinnlos. Trotzdem sollten wir weiterhin wie gewohnt Mathematik machen, d. h. wir sollten so tun als ob unendliche Gesamtheiten wirklich existierten [10]. Ohne also den Mangel aus unserem Bewusstsein zu verdrängen, können und dürfen wir zur Erkenntnis der Verschiedenheit der Dinge in der Wirklichkeit weiterhin so vorgehen, als gäbe es unendliche Mengen. Deswegen wird das Problem im folgenden Text gar nicht mehr erwähnt.
Inhaltsverzeichnis I
Grundlagen
1
1
Logik.......................................................................................................................... 3
2
Mengen ...................................................................................................................... 7
3 3.1
Relationen ................................................................................................................ 15 Abbildungen ............................................................................................................ 18
II
Arithmetik
4 4.1 4.2 4.3
Die natürlichen Zahlen............................................................................................. 25 Das Prinzip der vollständigen Induktion.................................................................. 25 Der binomische Satz ................................................................................................ 26 Primzahlen ............................................................................................................... 29
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6
Erweiterungen der Zahlenmenge ............................................................................. 31 Die ganzen Zahlen ................................................................................................... 31 Gruppe ..................................................................................................................... 33 Die rationalen Zahlen............................................................................................... 34 Körper ...................................................................................................................... 35 Die reellen Zahlen.................................................................................................... 36 Die komplexen Zahlen............................................................................................. 37
III
Elementare Geometrie
6
Ebene Geometrie...................................................................................................... 45
7
Trigonometrie .......................................................................................................... 51
8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8
Vektoren .................................................................................................................. 55 Vektoraddition ......................................................................................................... 56 Skalarmultiplikation................................................................................................. 57 Einheitsvektor .......................................................................................................... 58 Skalarprodukt........................................................................................................... 59 Kreuzprodukt ........................................................................................................... 62 Parallelverschiebung ................................................................................................ 63 Polarkoordinaten...................................................................................................... 64 Vektorraum .............................................................................................................. 65
23
43
X
Inhaltsverzeichnis
9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5
Geometrie des ¸3 ......................................................................................................69 Geradengleichungen .................................................................................................69 Abstand eines Punktes von einer Geraden................................................................71 Ebenengleichungen...................................................................................................73 Reguläre Polyeder.....................................................................................................74 Orthonormalbasis......................................................................................................74
IV
Lineare Algebra
10 10.1 10.2 10.3
Lineare Gleichungssysteme ......................................................................................81 Darstellung von linearen Gleichungssystemen.........................................................83 Elementaroperationen...............................................................................................83 Gaußsches Eliminationsverfahren ............................................................................84
11 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5
Matrizen....................................................................................................................89 Addition und Multiplikation von Matrizen...............................................................89 Die transponierte Matrix...........................................................................................91 Elementarmatrizen....................................................................................................92 Inversion von Matrizen.............................................................................................93 Das Matrixinversionsverfahren ................................................................................95
12 12.1 12.2 12.3 12.4
Determinanten ..........................................................................................................99 Sätze über Determinanten.......................................................................................101 Berechnung von Determinanten .............................................................................103 Die adjungierte Matrix............................................................................................107 Die Cramersche Regel ............................................................................................109
13 13.1 13.2 13.3 13.4
Transformationen mit Matrizen ..............................................................................113 Drehungen ..............................................................................................................114 Streckung und Spiegelungen ..................................................................................117 Orthogonale Matrizen.............................................................................................118 Lösungsmengen irregulärer linearer Gleichungssysteme .......................................120
14 14.1 14.2
Iterative Lösung von linearen Gleichungssystemen ...............................................127 Das Verfahren nach Gauß und Seidel.....................................................................127 Stabilität..................................................................................................................128
V
Algebra und Geometrie
15 15.1 15.2
Polynome................................................................................................................131 Geschlossene Lösungsverfahren.............................................................................135 Approximation der Nullstellen ...............................................................................138
16 16.1 16.2
Zweidimensionale quadratische Formen ................................................................143 Allgemeine Gleichungen zweiten Grades...............................................................146 Eigenwerte und Eigenvektoren...............................................................................149
79
129
Inhaltsverzeichnis
XI
17 17.1 17.2 17.3 17.4 17.5 17.6
Die Kegelschnitte................................................................................................... 151 Die Ellipse ............................................................................................................. 151 Die Parabel............................................................................................................. 158 Die Hyperbel.......................................................................................................... 160 Tangenten und Polaren der Kegelschnitte.............................................................. 166 Vergleich der Kegelschnitte................................................................................... 169 Begründung der Bezeichnung „Kegelschnitt“ ....................................................... 169
18 18.1
Sphärische Geometrie ............................................................................................ 177 Sphärische Trigonometrie...................................................................................... 180
VI
Infinitesimalrechnung
19
Folgen .................................................................................................................... 185
20
Reihen .................................................................................................................... 193
21
Stetige Funktionen ................................................................................................. 199
22
Funktionenfolgen und Funktionenreihen ............................................................... 201
VII
Differentialrechnung
23 23.1 23.2
Der Differentialquotient......................................................................................... 207 Ableitungen einfacher Funktionen......................................................................... 208 Ableitungsregeln.................................................................................................... 210
24 24.1 24.2 24.3 24.4 24.5
Die Exponentialfunktion........................................................................................ 215 Der natürliche Logarithmus ................................................................................... 218 Grenzwerte............................................................................................................. 219 Irrationalität der Basis der natürlichen Logarithmen ............................................. 221 Die allgemeine Potenz ........................................................................................... 221 Logarithmisches Differenzieren............................................................................. 222
25 25.1 25.2
Die Winkelfunktionen............................................................................................ 225 Die Kreisbogenfunktionen ..................................................................................... 226 Die Hyperbelfunktionen......................................................................................... 228
26 26.1
Kurvendiskussion................................................................................................... 233 Beispiel einer Kurvendiskussion............................................................................ 234
27 27.1 27.2 27.3
Approximation von Funktionen ............................................................................. 237 Der allgemeine binomische Satz............................................................................ 237 Fourier-Analyse ..................................................................................................... 240 Die Taylor-Reihe ................................................................................................... 242
28 28.1 28.2 28.3
Funktionen mehrerer Variablen ............................................................................. 249 Partielle Differentiation ......................................................................................... 249 Das totale Differential............................................................................................ 251 Implizite Differentiation ........................................................................................ 252
183
205
XII
Inhaltsverzeichnis
VIII
Integralrechnung
255
29
Das Integral ............................................................................................................257
30 30.1 30.2 30.3 30.4 30.5 30.6
Integrationsmethoden .............................................................................................261 Direkte Integration..................................................................................................261 Integration mittels Substitution...............................................................................262 Partielle Integration ................................................................................................263 Logarithmische Integration.....................................................................................265 Partialbruchzerlegung.............................................................................................266 Uneigentliche Integrale...........................................................................................269
31
Kurvenlänge und Kurvenkrümmung ......................................................................273
32 32.1
Mehrfachintegrale...................................................................................................275 Rotationskörper ......................................................................................................276
33 33.1 33.2 33.3 33.4 33.5
Integraltransformationen ........................................................................................279 Beweis der Gleichungen für die Fourier-Koeffizienten..........................................279 Fourier-Transformation ..........................................................................................280 Etwas Funktionentheorie ........................................................................................282 Laplace-Transformation .........................................................................................284 Rechenregeln für die Laplace-Transformation .......................................................287
IX
Vektoranalysis
34 34.1 34.2 34.3 34.4 34.5
Differentiation von Feldern ....................................................................................293 Vektoralgebra .........................................................................................................293 Differentiation eines Vektorfeldes nach einem Skalar ...........................................294 Räumliche Differentiation eines Feldes..................................................................295 Mehrfache Differentiation eines Feldes..................................................................298 Der Laplace-Operator in Polarkoordinaten.............................................................299
35 35.1 35.2 35.3
Integralsätze............................................................................................................303 Der Satz von Gauß..................................................................................................304 Greensche Sätze......................................................................................................306 Der Satz von Stokes................................................................................................307
X
Differentialgleichungen
36 36.1 36.2 36.3 36.4
Gewöhnliche Differentialgleichungen....................................................................313 Homogene lineare DGL mit konstanten Koeffizienten ..........................................314 Lineare DGL mit Störfunktion ...............................................................................315 Trennung der Variablen..........................................................................................316 Lösen von DGL mit der Laplace-Transformation ..................................................316
291
311
Literatur
319
Stichwortverzeichnis
323
I Grundlagen
1
Logik
Um mathematische Sätze aufzustellen, macht und verknüpft man Aussagen. Diese können wahr (w) oder falsch ( f ) sein, d. h. ihnen kann ein Wahrheitswert unabhängig vom persönlichen Standpunkt zugeordnet werden. Beispiele für mathematische Aussagen sind: 1 ist kleiner als 2. (w) Zu jeder natürlichen Zahl gibt es eine größere natürliche Zahl. (w) Für drei Punkte gibt es immer eine Ebene, zu der sie gehören. (w) 2 ist kleiner als 1. ( f ) Es gibt eine natürliche Zahl, die größer als alle anderen ist. ( f ) Für drei Punkte gibt es immer eine Gerade, zu der sie gehören. ( f ) Dagegen sind die folgenden Aussagen zwar zu begrüßen, aber nicht mathematisch: Mathematischer Unterricht sollte stärker gefördert werden. Es ist unangemessen, die Null als natürliche Zahl zu bezeichnen. Außerdem gibt es Aussageformen, deren Wahrheitswert erst nach Festlegung der Variablen entschieden werden kann: 3n ist eine gerade Zahl. m teilt n ohne Rest. Um auch bei der Beschreibung und Erklärung komplexerer Zusammenhänge von der oft unpräzisen Alltagssprache unabhängig zu sein, um Schreibarbeit zu sparen und vor allem um eine möglichst übersichtliche Darstellung zu gewinnen, hat man eine prägnante Symbolsprache geschaffen. Zum Verständnis mathematischer Texte muss man diese Symbole wie Vokabeln und Grammatik einer fremden Sprache lernen. Die Aussage
'
ist kleiner als
)
kann man mit den speziellen Definitionen H1 :=
', H :=
nen Definition „ b a 1 berechnen. (Die Determinante einer 1l1Matrix, also einer reellen Zahl ist diese selbst.) Dazu streicht man die i-te Zeile und die j-te Spalte der Matrix und berechnet die Determinante der verbleibenden Untermatrix. Man erhält so eine Unterdeterminante Dij (n–1)-ter Ordnung. Multiplikation mit (–1)i+j ergibt die Adjunkte Aij = (–1)i+jDij
(12.25)
des Matrixelementes aij. Nach dem Entwicklungssatz von Laplace ist die durch (12.21) definierte Determinante dann gegeben als D=
¦ aij Aij = ¦ aij Aij . j
(12.26)
i
Man sagt, die Determinante wird nach der i-ten Zeile bzw. der j-ten Spalte entwickelt. § a11 a12 · (12.27) Beispiel: Die Determinante der 2l2-Matrix ¨ ¸ , berechnet mit Hilfe des La© a21 a22 ¹ placeschen Entwicklungssatzes (hier nach der ersten Zeile entwickelt)
D = a11(–1)1+1D11 + a12(–1)1+2D12 = a11(–1)2a22 + a12(–1)3a21 ist in Übereinstimmung mit (12.22). Kann man Aij nicht unmittelbar ausrechnen, weil die Ordnung der Unterdeterminante größer als n = 3 ist, so verfährt man mit der Unterdeterminante genauso wie mit der ursprünglichen Determinante D. Man entwickelt eine Determinante zweckmäßig nach der Zeile oder Spalte mit den meisten Nullen, denn für Koeffizienten aij = 0 braucht man die zugehörigen Adjunkten gar nicht zu berechnen. Nun bleibt noch zu zeigen, dass Definition (12.21) und damit die Laplace-Entwicklung der Determinante mit der ursprünglichen Definition (12.1 – 12.3) identisch ist. Beweis. Zu (12.1): Zum Beweis der Linearität in jeder Spalte betrachten wir alle Elemente einer Spalte als aus zwei Summanden der Form (Da + Eb) bestehend und entwickeln die Determinante nach dieser Spalte. (Der Beweis für die Zeilen verläuft analog.) Da11 Eb11 Da21 Eb21
a12 … a1n a22 … a2 n
…
… … …
Dan1 Ebn1
an 2 … ann
=
= D ¦ ai1 Ai1 + E ¦ bi1 Ai1 = Dº i
i
¦ (Dai1 Ebi1 ) Ai1 = ¦ Dai1 Ai1 + ¦ Ebi1 Ai1 i
i
a11 a21
a12 … a1n a22 … a2 n
…
… … …
an1
an 2 … ann
+ Eº
i
b11 b21
a12 … a1n a22 … a2 n
…
… … …
bn1
an 2 … ann
106
IV Lineare Algebra
Zu (12.2): Vertauscht man zwei Reihen (d. h. zwei Zeilen oder zwei Spalten) miteinander, so ändert die Determinante ihr Vorzeichen. Jede Vertauschung bedeutet bei jedem Summanden in (12.21) eine Transposition mehr oder weniger. t wird zu t + 1 oder t – 1. Damit ändert sich das Vorzeichen der Permutation und ebenso der Faktor (–1)i+j in den Adjunkten, die in (12.26) verwendet werden. Um dies zu sehen, beginne man die Berechnung der Adjunkten in zwei nebeneinander liegenden vertauschten Zeilen nach dem Schema aus (12.22). Die Vertauschung von nicht nebeneinander liegenden Reihen lässt sich stets auf eine ungerade Anzahl von Transpositionen nebeneinander liegender Reihen zurückführen: Mit einer Transposition erreicht man (1, 2, 3) o (3, 2, 1) ebenso wie mit dreien (1, 2, 3) o (1, 3, 2) o (3, 1, 2) o (3, 2, 1). Zu (12.3): Die Determinante der Einheitsmatrix ist D(I ) = 1. Für die Adjunkten aller Diagonalelemente (t = 0) ist der Vorfaktor nach Laplace (–1)i+j = (–1)2i = 1 und alle Diagonalelemente der Einheitsmatrix sind gleich 1. Die Laplace-Entwicklung ebenso wie (12.21) ergibt somit 1º1ººº1 = 1. Alle anderen Glieder enthalten den Faktor Null und verschwinden. Die Determinante mit den Eigenschaften (12.1 – 12.3) kann also nach (12.21) ebenso wie nach (12.26) berechnet werden. e Beispiel: Berechnung der Determinante der Drehmatrix nach Sarrus cos x sin x 0 sin x
cos x
0
0
0 = cos xºcos xº1 – 1ºsin xº(–sin x) = 1 1
oder durch Laplace-Entwicklung nach der dritten Zeile (oder Spalte) D = 1º(–1)3+3º[cos2x – (–sin2x)] = 1 . Beispiel: Gegeben sei die Determinante
D=
3 4 0 2 5 2
1 7
2 1
1
0
.
2 1 0
2
Bei Entwicklung nach der letzten Spalte ist die einzige nicht verschwindende Unterdeterminante 1
3 4
D24 = 2 1 1 . 2 2 1
12 Determinanten
107
Diese berechnen wir nach Sarrus oder entwickeln sie z. B. nach der ersten Zeile D24 = 1º[1º(–1) – 2º1] – 3º[(–2)º(–1) – 2º1] + (–4)º[(–2)º2 – 2º1] = (–3) – 0 + 24 = 21 . Damit wird die Determinante D D = a24A24 = a24(–1)2+4D24 = 2º(–1)6º21 = 42 . Diese Berechnung ist aber umständlich und verleitet zu Fehlern. Deswegen schauen wir die Untermatrix genauer an und denken daran, dass auch ihre Determinante durch die Elementaroperation Ri o Ri + DRj (i j) nicht verändert wird. (R steht für Reihe, also Zeile oder Spalte. Es dürfen aber nur Zeilen mit Zeilen und Spalten mit Spalten ersetzt werden.) 1
3 4
Die Zeilenoperation Z3 o Z3 + Z2 ergibt 2 1 0 3
1 , und bei Entwicklung nach der letzten 0
Zeile ist dort nur das Element a32 0. So kann D24 wesentlich leichter als vorher ausgerechnet werden D24 = 3º(–1)3+2º[1º1 – (– 4)º(–2)] = 21 . Natürlich könnte man den Reduktionsprozess auch noch weiter fortsetzen 1
0 4
7 0 4
7 0 0
2 0
1 o 0
0
1 o 0
0 1
0
0
3
0
3 0
3
0
0
bis in jeder Reihe nur noch ein nicht verschwindendes Element steht, jedoch trägt dies meistens nicht wesentlich zur Übersichtlichkeit bei.
12.3
Die adjungierte Matrix
Es sei A eine nln-Matrix und Aij die Adjunkte zum Element aij, also die mit (–1)i+j multiplizierte Determinante Dij der Untermatrix, die sich bei Streichung der i-ten Zeile und der j-ten Spalte aus A ergibt. Da es nln Adjunkte gibt, kann man daraus wieder eine Matrix bilden. Wir nennen die so gebildete Matrix  T. Ihre transponierte Form ( T)T =  nennen wir die zu A adjungierte Matrix. (12.28) Satz A Ë Â = | A|ºI § a11 Beispiel: A = ¨ © a21
a12 · ¸ a22 ¹
§ A11 ÂT = ¨ © A21
A12 · ¸ A22 ¹
§ A11 Â= ¨ © A12
A21 · ¸ A22 ¹
108
IV Lineare Algebra
mit A11 = a22, A12 = – a21, A21 = – a12, A22 = a11 . § a11 A11 a12 A12 a11 A21 a12 A22 · AËÂ= ¨ ¸ © a21 A11 a22 A12 a21 A21 a22 A22 ¹ § a11a22 a12 a21 a11a12 a12 a11 · § | A | 0 · = ¨ ¸ = ¨ ¸ = | A|ºI © a21a22 a22 a21 a21a12 a22 a11 ¹ © 0 | A | ¹ Beweis. Das Matrixelement in der i-ten Zeile und der j-ten Spalte der Produktmatrix ist (A Ë Â )ij =
n
¦ aik âkj k 1
wobei aik aus A und âkj aus Â, d. h. âkj = Ajk. Daher ist (A Ë Â )ij =
n
¦ aik Ajk .
(12.29)
k 1
Falls j = i, so ist (12.29) die Laplace-Entwicklung der Determinante von A nach der i-ten Zeile, d. h. (A Ë Â )ii = | A| .
(12.30)
Falls i j, so ist (12.29) die Entwicklung der Determinante einer Matrix mit den folgenden Zeilen a11 ................................ a1n ................................................ ai1 ................................. ain ................................................ a( j–1)1 ............................ a( j–1)n ai1 ................................. ain a( j+1)1 ............................ a( j+1)n ................................................ an1 ................................ ann
i-te Zeile (12.31) j-te Zeile
nach der j-ten Zeile. Bei Entwicklung nach der j-ten Zeile ergeben sich die Adjunkten Ajk (mit festem j) aus allen Zeilen außer der j-ten, die dann ja zu streichen ist. Bei der Entwicklung der Determinante nach Laplace (12.26) sind diese Adjunkten mit den Elementen ajk der j-ten Zeile zu multiplizieren. In (12.29) stehen an deren Stelle aber die Elemente der i-ten Zeile aik. Dies ist bei der Laplace-Entwicklung der Determinante der Matrix (12.31) der Fall. Deren i-te und j-te Zeile sind identisch, womit die Determinante verschwindet (A Ë Â )ij = 0
für j i.
Zusammenfassung von (12.30) und (12.32) liefert (12.28).
(12.32) e
(12.28') Korollar Die Matrix A Ë Â ist diagonal, alle Diagonalelemente sind gleich | A| und alle Außerdiagonalelemente verschwinden, d. h. (A Ë Â )ij = | A| Gij .
12 Determinanten
12.4
109
Die Cramersche Regel
(12.33) Satz Die nln-Matrix A ist umkehrbar x |A| 0. In diesem Falle gilt außerdem A–1 =
 . | A|
(12.34)
Beweis. (Á): Wenn A umkehrbar ist, dann existiert A–1 mit A Ë A–1 = I. Nach (12.20) ist dann | A|º| A–1| = 1, woraus folgt | A| 0. (¿): Sei | A| 0. Nach Satz (12.28) ist A Ë Â = | A|ºI, und durch | A| 0 kann dividiert werden mit dem Ergebnis A Ë (Â/| A|) = I. Also ist A umkehrbar und die inverse Matrix ist Â/| A|. e Nun betrachten wir das lineare Gleichungssystem mit n Zeilen und n Unbekannten AËX=B
das mit Rang(A) = r = n genau eine Lösung besitzt X = A–1 Ë B =
1 ÂËB. | A|
Wie sieht diese Lösung aus? Mit  = (âij) und B = (bj) ergibt sich xi =
1 | A|
n
¦ âij b j j 1
und wegen âij = Aji folgt xi =
1 | A|
n
¦ Aji b j = j 1
1 | A|
n
¦ b j Aji .
(12.35)
j 1
Die Summe (12.35) ist nach (12.26) eine Entwicklung der Determinante von A, wobei die Elemente aji der Entwicklungsspalte i durch die Elemente bj des Vektors B der Konstanten ersetzt wurden § a11 ¨ a21 Bi = ¨ ¨… ¨¨ an1 ©
a12
… a1(i 1)
b1
a1(i 1)
a22 … a2(i 1) b2
a2(i 1)
… …
…
…
an 2 … an (i 1) bn
… an (i 1)
… a1n · ¸ … a2 n ¸ . … …¸ ¸ … ann ¸¹
Wir nennen diese modifizierte Matrix Bi. Damit erhalten wir eine einfache Möglichkeit, lineare Gleichungssysteme zu lösen. Satz (Cramersche Regel) Ist A regulär, dann ist die Lösung des linearen Gleichungssystems A Ë X = B eindeutig, und zwar ist für 1 i n
xi =
| Bi | . | A|
(12.36)
110
IV Lineare Algebra
Die Matrix Bi entsteht, indem die i-te Spalte von A durch den Spaltenvektor B ersetzt wird. Ist dabei mindestens eine Determinante |Bi| 0, so ist mindestens eine Unbekannte xi 0. Sind alle |Bi| = 0, so ist der Nullvektor die einzige Lösung. Beispiel: Das Gleichungssystem 1x1 + 2x2 = 3 4x1 + 5x2 = 6 § 1· mit | A| = –3, |B1| = 3 und |B2| = –6 besitzt die Lösung X = ¨ ¸ . ©2¹ Ist A singulär, also | A| = 0, aber mindestens ein |Bi| 0, so liefert (12.36) noch die Aussage, dass das Gleichungssystem keine Lösung besitzt. Beispiel: Das Gleichungssystem 1x1 + 0x2 = 0 1x1 + 0x2 = 1 mit | A| = 0, |B1| = 0 und |B2| = 1 besitzt keine Lösung. Für | A| = 0 und alle |Bi| = 0 sind verschiedene Fälle möglich: 0x1 + 0x2 = 0 0x1 + 0x2 = 0 § x1 · besitzt unendlich viele Lösungen X = ¨ ¸ . © x2 ¹
1x1 + 0x2 = 1 1x1 + 0x2 = 1 §1· besitzt unendlich viele Lösungen X = ¨ ¸ . © x2 ¹
0x1 + 0x2 = 1 0x1 + 0x2 = 1 besitzt keine Lösung.
12 Determinanten
111
Übungen 12.1 Zeigen Sie, dass die Laplace-Entwicklung für 3l3-Matrizen auf die Regel von Sarrus führt. 12.2 Lösen Sie das Gleichungssystem aus Übung 10.2 auf S. 88 mit der Cramerschen Regel. §a 0 6· ¨ ¸ ¨ 0 0 3 ¸ mit a 0. ¨0 1 a¸ © ¹
§ 968 0 4711· 12.3 Gegeben sind die Matrizen A = ¨ ¸ und B = © 255 413 146 ¹
Bestimmen Sie die Determinanten von A, B und A Ë B und berechnen Sie die Inversen – wo möglich.
12.4 Bestimmen Sie die Adjunkten A13, A23, A33 und A42 von A =
3 4 2 1 0 0 3 4 1 7 7 6
.
3 3 3 0
§1 2· 12.5 Bilden Sie die adjungierte Matrix  von A = ¨ ¸ . Berechnen Sie | A| und | Â|. ©3 4¹ § a 7 6· ¨ ¸ 12.6 Bilden Sie die adjungierte Matrix  von A = ¨ 2 b 3 ¸ . Berechnen Sie | A| und | Â|. ¨5 1 c¸ © ¹
12.7 Erklären Sie mit eigenen Worten die Begriffe: Untermatrix, Adjunkte, adjungierte Matrix, reguläre Matrix. 12.8 Erklären Sie die Umformungen:
2º
2 3
b) 2º
4 3
a)
3 4 3 2
= =
1 2 3
c)
d)
4 6 3 4 4 6 3 4
= =
4 1
+
3 4 7 10 3
4
1 2 3
=
0 5 3 4 1 2 3 4
=–
3 4 1 2
=
4 3 2 1
1 2 3
4 5 6 = 2 1 0 = 2 1 0 =0 7 8 9
4 2 0
1 2 3
1
2
0 0 0 3
1
0
0
1
0
0
1
0
0
1
0
0
4 2 8 = 0 6 4 = 0 6 4 = 0 0 5 = 0 0 5 = - 0 2 0 3 4 6 0 2 3 0 2 3 0 2 3 0 2 0 0 0 5
112
IV Lineare Algebra
12.9 Berechnen Sie: 0 1 2 3 4 1 2 3 4 5 a) 2 3 4 5 6 3 4 5 6 7 4 5 6 7 8
b)
1
2
3
4
10
20
30
50
100 300 300 500 2
3
6
c)
1
2
3
4
10
20
30
50
100 300 200 600
8
2
3
7
5
Vor dem Rechnen genau hinsehen! [Hinweis: In (a) die Differenzen der Zeilen oder Spalten bilden. In (b) die erste Zeile zweimal von der letzten subtrahieren. Mit der sich ergebenden "Jokerzeile" (0, -1, 0, 0) die übrigen Elemente in der zweiten Spalte eliminieren und die verbleibenden Teile der zweiten und dritten Zeile vergleichen. In (c) die überflüssigen Nullen beseitigen und die Summe der Zeilen 2 bis 4 mit der ersten Zeile vergleichen.]
12.10 Berechnen Sie: a)
1 2 3 4 1 2 3 5 a b c d
2 9 7 8
b)
3 4 2 0 0 2 3 4 1 7 7 6 3 3 3 0
12.11 Welche Lösungsmenge besitzt das folgende Gleichungssystem?
0x1 + 0x2 = 0 1x1 + 0x2 = 0 12.12 Berechnen Sie die zur Anwendung der Cramerschen Regel erforderlichen Determinanten und interpretieren Sie das Ergebnis.
0x1 + 0x2 = 3 1x1 + 0x2 = 0 12.13 Berechnen Sie die zur Anwendung der Cramerschen Regel erforderlichen Determinanten und interpretieren Sie das Ergebnis. § 1 2 1 13 · ¨ ¸ ¨ 2 3 2 9 ¸ ¨ 3 0 3 9 ¸ ¹ ©
12.14
a)
§ 13 · ¨ ¸ Berechnen Sie die Darstellung des Vektors ¨ 19 ¸ in der Basis ¨ 1¸ © ¹
§ 2· ¨ ¸ ¨ 4¸ , ¨1¸ © ¹
§0· ¨ ¸ ¨ 2 ¸, ¨ 3 ¸ © ¹
§ 4· ¨ ¸ ¨0¸ . ¨ 2¸ © ¹
§ 2 0 4 13 · ¨ ¸ b) Berechnen Sie nach Cramer die Lösungen des Gleichungssystems ¨ 4 2 0 19 ¸ . ¨ 1 3 2 1¸ ¹ ©
13
Transformationen mit Matrizen
Manche geometrischen Probleme lassen sich leichter lösen, wenn man das Koordinatensystem „geeignet“ wählt, d. h. die Vektoren transformiert oder abbildet. Offensichtlich werden lineare Abbildungen durch Matrizen bewirkt. In diesem Abschnitt werden daher Transformationen mit Hilfe von Matrizen behandelt. Sei A eine mln-Matrix und X eine nl1-Matrix, d. h. ein Vektor mit n Komponenten, so führt die Abbildung fA: ¸n o ¸m Y = fA(X) = A Ë X
auf einen Vektor Y mit m Komponenten. Die Umkehrabbildung ergibt sich mit Hilfe der inversen Matrix A–1 (falls diese existiert) A–1 Ë Y = fA–1(Y) = X .
Wie wir bereits wissen, bewirkt In die identische Abbildung id: ¸n o ¸n. §a· § 2 0· 2 Gegeben sei die Matrix M = 2ºI2 = ¨ ¸ . Jeder Vektor ¨ ¸ ± ¸ wird durch diese Abbil©b¹ ©0 2¹ 2 a § · dung auf ¨ ¸ abgebildet. Die Matrix M vermittelt also eine Maßstabsstreckung um den © 2b ¹
Faktor 2. Der ¸2 wird damit auf den ¸2 abgebildet, fM : ¸2 o ¸2. Offensichtlich ist diese Abbildung bijektiv (surjektiv und injektiv) und außerdem linear, also ein Isomorphismus. §1/ 2 0 · Die Umkehrabbildung wird durch M –1 = ¨ ¸ erzeugt. © 0 1/ 2 ¹
§ 2 0 1· Gegeben sei nun die 2l3-Matrix A = ¨ ¸ . Sie wird auf Dreiervektoren angewandt © 0 2 1¹ und liefert Zweiervektoren, vermittelt also eine lineare Abbildung fA: ¸3 o ¸2 §a· ¨ ¸ § 2a c · A Ë ¨b¸ = ¨ ¸ ¨ c ¸ © 2b c ¹ © ¹
.
Diese Abbildung eines Raums auf eine Ebene ist wieder surjektiv, aber nicht mehr injektiv. § a c / 2· § 2a c · ¨ ¸ Zum Beispiel wird das Bild ¨ ¸ auch durch das Urbild ¨ b c / 2 ¸ erzeugt. b c 2 © ¹ ¨ 0 ¸ © ¹
114
IV Lineare Algebra
§ 2 0· ¨ ¸ Die Matrix B = ¨ 0 2 ¸ bildet eine Ebene in den Raum ab fB: ¸2 o ¸3 ¨1 1¸ © ¹ § 2a · §a· ¨ ¸ B Ë ¨ ¸ = ¨ 2b ¸ ©b¹ ¨a b¸ © ¹
.
Diese Abbildung ist injektiv, aber nicht surjektiv.
13.1
Drehungen
Die entgegen dem Uhrzeigersinn um den Winkel M um die Achse Z 0 = W 0 gedrehten Basisvektoren )(M) = { U 0, V 0, W 0 } werden in der festen Basis ) = { X 0, Y 0, Z 0 } nach (9.16) ausgedrückt. Diese Abbildung von )(M) nach ) = )(0) (vgl. Abb. 9.6) lässt sich mit Hilfe der Drehmatrix § cos M sin M 0 · ¨ ¸ D = ¨ sin M cos M 0 ¸ ¨ 0 0 1 ¸¹ ©
für die Rotation um die z-Achse durchführen: § cos M sin M 0 · § 1 · § cos M · ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ D Ë U (0) = ¨ sin M cos M 0 ¸ Ë ¨ 0 ¸ = ¨ sin M ¸ = U 0(M) ¨ 0 0 1 ¸¹ ¨© 0 ¸¹ ¨© 0 ¸¹ © § cos M sin M 0 · § 0 · § sin M · ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ 0 D Ë V (0) = ¨ sin M cos M 0 ¸ Ë ¨ 1 ¸ = ¨ cos M ¸ = V 0(M) ¨ 0 0 1 ¸¹ ¨© 0 ¸¹ ¨© 0 ¸¹ © § cos M sin M 0 · § 0 · § 0 · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ D Ë W 0(0) = ¨ sin M cos M 0 ¸ Ë ¨ 0 ¸ = ¨ 0 ¸ = W 0(M) ¨ 0 0 1 ¸¹ ¨© 1 ¸¹ ¨© 1 ¸¹ © 0
Die Koordinaten eines im gedrehten System )(M) festen Vektors §u· ¨ ¸ A= ¨v¸ ¨ w¸ © ¹
(13.1)
13 Transformationen mit Matrizen
115
sind in ) § cos M sin M 0 · § u · § u cos M v sin M · ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ D Ë A(0) = ¨ sin M cos M 0 ¸ Ë ¨ v ¸ = ¨ u sin M v cos M ¸ = A(M) . ¨ 0 ¸ w 0 1 ¸¹ ¨© w ¸¹ ¨© ¹ ©
Um den Übergang von ) nach )(M) zu finden, benötigen wir die inverse Matrix D–1. Nach dem bekannten Verfahren rechnen wir sie aus: D § cos M sin M 0 · ¨ ¸ ¨ sin M cos M 0 ¸ ¨ 0 0 1 ¸¹ ©
I3 §1 0 0· ¨ ¸ ¨0 1 0¸ ¨0 0 1¸ © ¹
Die erste Zeile mit cosM und die zweite Zeile mit sinM multiplizieren: § cos 2 M sin M cos M 0 · ¨ 2 ¸ ¨ sin M cos M sin M 0 ¸ ¨¨ 0 0 1 ¸¸ © ¹
0 0· § cos M ¨ ¸ sin M 0 ¸ ¨ 0 ¨ 0 0 1 ¸¹ ©
Die zweite Zeile zur ersten addieren § cos 2 M sin 2 M 0 0· ¨ ¸ sin 2 M cos M sin M 0 ¸ ¨ ¨¨ 0 0 1 ¸¸ © ¹
§ cos M sin M 0 · ¨ ¸ sin M 0 ¸ ¨ 0 ¨ 0 0 1 ¸¹ ©
und berücksichtigen, dass cos2M + sin2M = 1. Dann die erste Zeile mit sin2M multipliziert von der zweiten subtrahieren 0 0· §1 ¨ ¸ ¨ 0 cos M sin M 0 ¸ ¨0 0 1 ¸¹ ©
cos M sin M 0· § ¨ ¸ 2 3 ¨ cos M sin M sin M sin M 0 ¸ ¨ 0 0 1 ¸¹ ©
und berücksichtigen, dass sinMº(1 – sin2M) = sinMºcos2M. Dann die zweite Zeile durch cosMºsinM teilen: §1 0 0· ¨ ¸ ¨0 1 0¸ ¨0 0 1¸ © ¹
I3
§ cos M sin M 0 · ¨ ¸ ¨ sin M cos M 0 ¸ ¨ 0 0 1 ¸¹ ©
D–1
116
IV Lineare Algebra
Die inverse Matrix D–1 ergibt sich also in diesem Falle durch Spiegelung der ursprünglichen Matrix D an der Hauptdiagonale, d. h. durch Transposition: D–1 = DT. Solche Matrizen heißen orthogonale Matrizen. Denselben Effekt erhält man durch Umkehrung der Drehrichtung, d. h. durch Ersetzen von M durch (–M) und damit von sinM durch –sin(M) bei unverändertem Vorzeichen der Kosinusterme. Anstelle der Drehung um die z-Achse kann auch die Drehung um die x-Achse oder die y-Achse erreicht werden. Zur Unterscheidung gibt man Drehwinkel und Drehachse als Indizes an, neben der nun mit DM, z bezeichneten Drehmatrix aus (13.1) also noch 0 0 · §1 ¨ ¸ DM, x = ¨ 0 cos M sin M ¸ ¨ ¸ © 0 sin M cos M ¹
und
§ cos M 0 sin M · ¨ ¸ DM, y = ¨ 0 1 0 ¸ . ¨ sin M 0 cos M ¸ © ¹
(13.1')
Alle Drehmatrizen besitzen die Determinante |DM, n| = 1. Sie lassen Winkel und Längen unverändert. Werden mehrere Drehungen um verschiedene Achsen hintereinander geschaltet, so ist das Endergebnis von der Reihenfolge der Drehungen abhängig, weil die Matrixmultiplikation nicht kommutativ ist. Beispiel: Eine Drehung um S/2 im mathematisch positiven Sinne, zuerst um die x-Achse und dann um die z-Achse wird mit der folgenden Matrix erreicht § 0 1 0 · § 1 0 0 · § 0 0 1 · ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ DS/2, z Ë DS/2, x = ¨ 1 0 0 ¸ Ë ¨ 0 0 1¸ = ¨ 1 0 0 ¸ . ¨0 0 1¸ ¨0 1 0 ¸ ¨0 1 0¸ ¹ © ¹ © ¹ ©
Dreht man zuerst um die z-Achse und anschließend um die x-Achse, so ergibt sich ein anderes Resultat § 1 0 0 · § 0 1 0 · § 0 1 0 · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ DS/2, x Ë DS/2, z = ¨ 0 0 1¸ Ë ¨ 1 0 0 ¸ = ¨ 0 0 1¸ . ¨0 1 0 ¸ ¨0 0 1¸ ¨1 0 0 ¸ © ¹ © ¹ ¹ ©
Anwendung auf den Einheitsvektor X 0 liefert im ersten Falle eine Ausrichtung in Y 0 (DS/2, x bleibt wirkungslos), im zweiten Falle eine Ausrichtung in Z0 (über die Zwischenposition DS/2, z Ë X 0 = Y 0): §0 0 1· §1· ¨ ¸ ¨ ¸ ¨1 0 0¸ Ë ¨0¸ = ¨0 1 0¸ ¨0¸ © ¹ © ¹
§0· ¨ ¸ ¨1¸ ¨0¸ © ¹
§ 0 1 0 · § 1 · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ 0 0 1¸ Ë ¨ 0 ¸ = ¨1 0 0 ¸ ¨0¸ © ¹ © ¹
§0· ¨ ¸ ¨0¸ ¨1¸ © ¹
13 Transformationen mit Matrizen
13.2
117
Streckung und Spiegelungen
Die Streckungsmatrix §D 0 0· ¨ ¸ ¨ 0 E 0¸ ¨ 0 0 J¸ © ¹
bewirkt eine Streckung um D in der x-Achse, um E in der y-Achse und um J in der z-Achse. Beispiel: Streckung eines Kreises in der x-y-Ebene (z = 0) mit D = 1,5 und E = –0,5. Der negative Wert bewirkt eine Vertauschung von positiver und negativer Richtung in der y-Achse. y
x
Abb. 13.1:
Streckung eines Kreises. Die Polkappe deutet die Richtung an.
Die Matrix S0 einer Punktspiegelung am Ursprung bewirkt die Vertauschung aller Vorzeichen: § 1 0 0 · ¨ ¸ S0 = ¨ 0 1 0 ¸ ¨ 0 0 1¸ © ¹
Die Matrix Sx einer Spiegelung an der x-Achse lässt nur das Vorzeichen der x-Koordinate unverändert. Analoges gilt für die Spiegelungen an y-Achse und z-Achse. Die entsprechenden Matrizen sind Spezialfälle der Drehmatrizen für den Drehwinkel M = S = 180°: §1 0 0 · ¨ ¸ Sx = ¨ 0 1 0 ¸ ¨ 0 0 1¸ © ¹
§ 1 0 0 · ¨ ¸ Sy = ¨ 0 1 0 ¸ ¨ 0 0 1¸ © ¹
§ 1 0 0 · ¨ ¸ Sz = ¨ 0 1 0 ¸ ¨ 0 0 1¸ © ¹
Die Matrix Sx, y für eine Spiegelung an der x-y-Ebene lässt nur die Vorzeichen der x-Koordinate und der y-Koordinate unverändert. Analoges gilt für die anderen Ebenen: §1 0 0 · ¨ ¸ S x, y = ¨ 0 1 0 ¸ ¨ 0 0 1 ¸ © ¹
§ 1 0 0 · ¨ ¸ S y, z = ¨ 0 1 0 ¸ ¨ 0 0 1¸ © ¹
§1 0 0· ¨ ¸ Sz, x = ¨ 0 1 0 ¸ ¨0 0 1¸ © ¹
118
IV Lineare Algebra
Die Matrix einer Spiegelung am x-y-z-Raum lässt nur die Vorzeichen der drei Raumkoordinaten unverändert: §1 0 0· ¨ ¸ S x, y , z = ¨ 0 1 0 ¸ = I 3 ¨0 0 1¸ © ¹
Eine weitere Koordinate, z. B. die Zeitkoordinate würde bei dieser Spiegelung ihr Vorzeichen ändern.
13.3
Orthogonale Matrizen
Wir wollen nun untersuchen, welche Abbildungen Längen und Winkel unverändert lassen, also Metrik und Skalarprodukt respektieren. Eine solche Transformation f mit f (A) = X und f (B) = Y muss die Bedingung XT Ë Y = ( f (A))T Ë f (B) = AT Ë B = O ±¸
(13.2)
erfüllen. Sie heißt orthogonale Transformation. Die Matrix der von uns gesuchten orthogonalen Transformation nennen wir M. Sie muss sicher quadratisch sein. Dann erhalten wir X = M Ë A und Y = M Ë B .
Nach Anwendung der Bedingung (13.2) ergibt sich XT Ë Y = (M Ë A)T Ë (M Ë B) = AT Ë (MT Ë M ) Ë B = AT Ë B .
Dies muss auch für Vektoren A und B der Form (0, …, 0, 1, 0, …, 0) gelten. Daraus, wie auch aus (MT Ë M ) Ë B = B, folgt MT Ë M = I .
(13.3)
Satz Orthogonale Transformationen werden durch Matrizen vermittelt, für die gilt M –1 = MT .
(13.4)
Man nennt alle Matrizen M mit dieser Eigenschaft orthogonale Matrizen. Beispiele dafür hatten wir mit den Dreh- und Spiegelungsmatrizen bereits kennengelernt. Das Produkt (13.3) (bzw. seine kommutierte Form) zeigt: Das Skalaprodukt von zwei gleichen Spalten (bzw. Zeilen) ist 1, das Skalarprodukt von zwei verschiedenen Spalten (bzw. Zeilen) verschwindet. Wir betrachten nun eine beliebige Basis { V1, V2, …, Vn }, die keine ONB zu sein braucht. Die beiden Vektoren A und B können in dieser Basis analog zu (8.7) dargestellt werden als A = 6i DiVi und B = 6j EjVj . Ihr Skalarprodukt ist AT Ë B = (6i DiVi)T Ë (6j EjVj) = 6ij DiEj (ViT Ë Vj) = 6ij Di cij Ej = XT Ë C Ë Y
mit cij = (ViT Ë Vj)
(13.5)
13 Transformationen mit Matrizen
119
mit der Matrix C = (cij) der Skalarprodukte der Basisvektoren und den Koordinatenvektoren XT und Y in dieser Basis { V1, V2, …, Vn } § E1 · ¨ ¸ E2 XT = (D1, D2, …, Dn) und Y = ¨ ¸ . ¨ …¸ ¨ ¸ © En ¹
Das Skalarprodukt wird also durch Multiplikation der Koordinatenvektoren mit einer Matrix C vermittelt. In einer ONB ist dies natürlich die Einheitsmatrix In, denn für die Basisvektoren { X10, X20, …, Xn0 } gilt Xi0T Ë Xj0 = Xj0T Ë Xi0 = Gij .
Das Skalarprodukt der beiden Vektoren A und B in der kanonischen Basis kann also folgendermaßen geschrieben werden §1 ¨ 0 AT Ë I Ë B = (a1, a2, …, an) Ë ¨ ¨… ¨ ©0
0 1 … 0
… … … …
0 · § b1 · ¸ ¨ ¸ 0 ¸ ¨ b2 ¸ Ë . …¸ ¨ …¸ ¸ ¨ ¸ 1 ¹ © bn ¹
Doch auch für beliebige Basen unterliegt C einigen Einschränkungen. Für das Skalarprodukt gilt stets AT Ë A 0 und falls AT Ë A = 0, so ist A = 0 .
Definition. Eine reelle nln-Matrix C heißt positiv definit, wenn gilt X ± ¸n: XT Ë C Ë X 0 und XT Ë C Ë X = 0 Á X = 0 . Für das Skalarprodukt O als reelle Zahl gilt weiterhin die Symmetriebedingung AT Ë B = O = OT = (AT Ë B)T = BT Ë A .
Daher gilt auch für beliebige Basisvektoren ViT Ë Vj = VjT Ë Vi
so dass die Matrix C = (cij) = (cji) symmetrisch sein muss. Satz Die Matrix C der bilinearen Abbildung „Skalarprodukt“ ist symmetrisch und positiv definit. §1· § 2· Beispiel: Wir wählen als Basis in der Ebene die Vektoren V1 = ¨ ¸ und V2 = ¨ ¸ . Der Vek1 © ¹ ©0¹ §5· § 3· §6· tor A = ¨ ¸ besitzt in dieser Basis den Koordinatenvektor X = ¨ ¸ , der Vektor B = ¨ ¸ © 3¹ ©1¹ © 2¹
§ 2· den Koordinatenvektor Y = ¨ ¸ . © 2¹
120
IV Lineare Algebra
§ 2 2· Die Matrix C = ¨ ¸ enthält die Skalarprodukte der Basisvektoren (s. 13.5). Als Ergebnis © 2 4¹ finden wir: §2 XT Ë C Ë Y = (3, 1) Ë ¨ ©2 §1 AT Ë I Ë B = (5, 3) Ë ¨ ©0
2· § 2· ¸ Ë ¨ ¸ = 36 4¹ © 2¹ 0· § 6· ¸ Ë ¨ ¸ = 36 1¹ © 2¹
Wie transformiert sich die Matrix C des Skalarproduktes, wenn die Transformationsmatrix M orthogonal ist? In der ursprünglichen Basis gilt XT Ë C Ë Y = O.
Die transformierten Koordinatenvektoren seien X' = M Ë X und Y' = M Ë Y .
Wir bezeichnen die in der neuen Basis zum Skalarprodukt gehörige Matrix mit C'. Dann ist O = X'T Ë C' Ë Y' = (M Ë X )T Ë C' Ë (M Ë Y ) = XT Ë (MT Ë C' Ë M ) Ë Y . Somit folgt C = MT Ë C' Ë M
und wegen MT = M –1 C' = M Ë C Ë MT .
Man erhält die Matrix C' durch Multiplikation von C von links und rechts mit der Transformationsmatrix M und ihrer Transponierten MT.
13.4
Lösungsmengen irregulärer linearer Gleichungssysteme
Irreguläre lineare Gleichungssysteme besitzen keine eindeutige Lösung und sind daher in der Praxis von geringerem Interesse als reguläre. Trotzdem ist die Kenntnis möglicher Lösungen für Optimierungsprobleme von Bedeutung. Definition. Das zu A Ë X = B gehörige Gleichungssystem AËX=0
(13.6)
heißt homogenes Gleichungssystem. A Ë X = B mit B 0 heißt inhomogenes Gleichungssystem. Besitzt das inhomogene Gleichungssystem mehrere Lösungen, so kann man diese durch Kombination mit den Lösungen des homogenen Gleichungssystems finden. Das homogene Gleichungssystem lässt sich naturgemäß leichter behandeln als das inhomogene.
13 Transformationen mit Matrizen
121
§ c1 · ¨ ¸ c2 (13.7) Satz Sei C = ¨ ¸ eine feste Lösung des inhomogenen Gleichungssystems A Ë X = B. ¨ …¸ ¨ ¸ © cn ¹ Alle anderen Lösungen sind dann von der Gestalt C' = C + C*, wobei C* eine Lösung des homogenen Gleichungssystems ist, also A Ë C* = 0. Beweis. C' = C + C* ist eine Lösung von A Ë X = B, denn
A Ë (C + C*) = A Ë C + A Ë C* =B+0 =B.
Es sei C' eine beliebige und C die bekannte Lösung, dann ist A Ë (C' – C ) = A Ë C' – A Ë C =B–B=0.
Also ist (C' – C ) = C* Á C' = C + C*. e Jedes homogene Gleichungssystem besitzt mindestens eine Lösung, nämlich die triviale Lösung C* = 0. Aber nicht jedes inhomogene Gleichungssystem besitzt eine Lösung. A Ë X = B hat genau eine (bzw. mehrere) Lösung(en) Á A Ë X = 0 hat genau eine (bzw. mehrere) Lösung(en). A Ë X = 0 hat nur eine Lösung ÁA Ë X = B hat eine oder keine Lösung.
Wir wollen die Lösungsmengen nun etwas genauer definieren. Durch die mln-Matrix A wird der n-Vektor X abgebildet. Das Bild ist der m-Vektor B. A vermittelt also eine lineare Abbildung vom n-dimensionalen Vektorraum in den m-dimensionalen Vektorraum, fA: ¸n o¸m. Für m < n gehen dabei einige Dimensionen verloren. Definition. Die Menge aller Vektoren aus ¸n, die auf den Nullvektor abgebildet werden, also die Lösungsmenge des homogenen Gleichungssystems, nennen wir Kern der Abbildung: Kern( fA) = { X ± ¸n | fA(X) = 0 } Kern( fA) ist ein Unterraum des Definitionsbereichs, also des n-dimensionalen Vektorraums, denn Addition zweier Vektoren aus Kern( fA) sowie Multiplikation mit einem Skalar ergibt wieder einen Vektor aus Kern( fA). A Ë X = 0 und A Ë X' = 0 Á A Ë (X + X' ) = 0 A Ë X = 0 Á A Ë O X = O(A Ë X) = O0 = 0
Definition. Die Menge aller Vektoren aus ¸m, die Bilder von Vektoren X aus ¸n sind, nennen wir Bild der Abbildung: Bild( fA) = { B ± ¸m | B = fA(X) }
122
IV Lineare Algebra
Bild( fA) ist ein Unterraum des m-dimensionalen Bildraums. Sind B und B' Bilder, d. h. A Ë X = B und A Ë X' = B', so ist auch B + B' ein Bild, nämlich von X + X', das mit X und X' auch zum Urbildraum gehört. A Ë X = B und A Ë X' = B' Á A Ë (X + X' ) = B + B' A Ë X = B Á A Ë O X = O(A Ë X ) = OB
Definition. Die Dimension des Kerns dim(Kern( fA)) heißt Defekt der Abbildung. Definition. Die Dimension des Bildes dim(Bild( fA)) heißt Rang der Abbildung. Nun können wir die für Abbildungen mit der mln-Matrix A gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassen: 1. Die Lösungsmenge des homogenen Gleichungssystems A Ë X = 0 ist Kern( fA). Das homogene Gleichungssystems besitzt nur eine Lösung ¾ Defekt( fA) = 0. 2. Das inhomogene Gleichungssystem A Ë X = B besitzt mindestens eine Lösung C ¾ B ± Bild( fA). 3. Sei C eine solche Lösung, dann ist die gesamte Lösungsmenge von A Ë X = B die Menge { C + Kern( fA) }. A Ë X = B hat dann genau eine Lösung¾ Defekt( fA) = 0. 4. Defekt( fA) + Rang( fA) = dim(¸n) = n.
y
f y (x, y)
Kern Bild x
Abb. 13.2:
f x (x, y)
Zur Veranschaulichung der Mengen Kern und Bild des folgenden Beispiels.
§O· Beispiel: Wir konstruieren eine Abbildung fA: ¸2 o ¸2, deren Kern ¨ ¸ mit x = y = O die ©O¹ Hauptdiagonale im Urbildraum
§ a11 ¨ © a21
a12 · § O · § 0 · ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸ a22 ¹ © O ¹ © 0 ¹
(13.8)
§P· und deren Bild ¨ ¸ die mit fx bezeichnete x-Achse im Bildraum ist ©0¹
§ a11 ¨ © a21
a12 · § x · § P · ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸ . a22 ¹ © y ¹ © 0 ¹
P steht hier als Abkürzung für a11x + a12y und durchläuft alle reellen Zahlen.
(13.9)
13 Transformationen mit Matrizen
123
Aus (13.8) folgt O : a11O + a12O = 0 O : a21O + a22O = 0
Á Á
a12 = –a11 a21 = –a22
Á Á
a11 = a ± ¸ \ { 0 } a22 = 0
und aus (13.9) folgt x, y: a11x + a12 y = P x, y: a21x + a22 y = 0 also mit dem Ergebnis von (13.8) x, y: a11(x – y) = P x, y: a22(y – x) = 0
§ a a · Die Abbildungsmatrix ist ¨ ¸ mit a ± ¸ \ { 0 }. ©0 0 ¹ Übungen
§ 2 0· § x · §6· 13.1 Bestimmen Sie alle Lösungen, Kern und Bild von ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸. ©0 0¹ © y ¹ ©0¹ § 2 0 · § x · § 3· Warum besitzt ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸ keine Lösung? © 0 0¹ © y ¹ ©1¹
§1 1· § x · § 2· 13.2 Bestimmen Sie alle Lösungen, Kern und Bild von ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸. ©0 0¹ © y ¹ © 0¹ §1 1· § x · § 2· 13.3 Bestimmen Sie alle Lösungen, Kern und Bild von ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸. © 2 2¹ © y ¹ © 4¹ 13.4 Gegeben sei das lineare Gleichungssystem:
4x1 + 2x2 – 1x3 = –2 12x1 – 7x2 – 3x3 = –6 –8x1 + 5x2 + 2x3 = 4 a) Schreiben Sie das lineare Gleichungssystem als A Ë X = B. b) Schreiben Sie das lineare Gleichungssystem als XT Ë AT = BT. c) d) e) f)
Bestimmen Sie sämtliche Lösungen. Prüfen Sie die lineare Abhängigkeit der Zeilen von A. Prüfen Sie die lineare Abhängigkeit der Spalten von A. Bestimmen Sie zwei Punkte und die Normale der Bildebene.
124
IV Lineare Algebra
13.5 Gegeben sei das lineare Gleichungssystem:
30x1 + 40x2 + 50x3 = 0 20x1 + 20x2 + 50x3 = 30 15x1 + 18x2 + 30x3 = 9 Bestimmen Sie alle Lösungen, Defekt, Rang, Kern und Bild. § 1 2 1 · ¨ ¸ 13.6 Gegeben sei das Gleichungssystem A Ë X = B mit A = ¨ 2 3 2 ¸ und B = ¨ 3 0 3 ¸ © ¹
§13 · ¨ ¸ ¨ 9 ¸. ¨9¸ © ¹
Man bestimme Defekt(A), Rang(A). Man gebe alle Lösungen C an. Man beschreibe anschaulich die Mengen Kern und Bild. Sollte das Bild eine Ebene sein, bestimmen Sie bitte die Normale der Bildebene. 13.7
Konstruieren Sie eine Abbildung ¸2 o ¸2, deren Kern die x-Achse im Urbildraum ist und deren Bild fy die y-Achse im Bildraum ist. b) Konstruieren Sie eine Abbildung ¸2 o ¸2, deren Kern die Form y = 2x besitzt und deren Bild die Form fy = 3fx besitzt.
a)
13.8 Zeigen Sie, dass die folgenden Abbildungen des Vektors A linear sind und beschreiben Sie ihre Wirkung. (Der Punkt symbolisiert das Skalarprodukt.) a) f (A) = (A º X 0)X0 + (A º X 0)Y 0 b) f (A) = (A º X 0)Y0 + (A º Y 0)X 0 13.9 Welche der folgenden Abbildungen sind linear? Beschreiben Sie ihre Wirkung. a) f (x) = xX 0 + 2xY 0 + 3xZ 0 b) f (x) = X 0 + 2xY 0 §6· § 3· § 3· § 0· §0· ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 13.10 Die Vektoren U = ¨ 6 ¸ und V = ¨ 4 ¸ sollen in der Basis ) = { ¨ 0 ¸ , ¨ 2 ¸ , ¨ 0 ¸ } als ¨ 0¸ ¨ 2¸ ¨0¸ ¨ 0¸ ¨1¸ © ¹ © ¹ © ¹ © ¹ © ¹ T Koordinatenvektoren X und Y dargestellt werden. Man berechne U Ë I Ë V in der kanonischen Basis und XT Ë C Ë Y in der Basis ). §1· §1· § 1· § 1 · § 0 · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 13.11 Die Vektoren U = ¨ 0 ¸ und V = ¨ 2 ¸ sollen in der Basis ) = { ¨1¸ , ¨ 1 ¸ , ¨ 1 ¸ } als ¨1¸ ¨ 3¸ ¨ 1¸ ¨ 0 ¸ ¨ 1 ¸ © ¹ © ¹ © ¹ © ¹ © ¹ T Koordinatenvektoren X und Y dargestellt werden. Man berechne U Ë I Ë V in der kanonischen Basis und XT Ë C Ë Y in der Basis ).
13 Transformationen mit Matrizen
125
§ 3· § 2· § 0· ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 13.12 Die Basis )' geht aus der Basis ) = { ¨ 1 ¸ , ¨ 1 ¸ , ¨ 0 ¸ } durch Drehung um M = 30° in ¨0¸ ¨ 0¸ ¨ 2¸ © ¹ © ¹ © ¹ mathematisch positiver Richtung um die z-Achse hervor. a) Man bestimme )'. § 1· §1· ¨ ¸ ¨ ¸ b) Man drücke die Vektoren U = ¨ 2 ¸ und V = ¨ 1¸ durch die Koordinatenvektoren X und ¨2¸ ¨ 3¸ © ¹ © ¹
Y in der Basis ) bzw. X' und Y' in der Basis )' aus. c) Man bestimme die Matrizen C bzw. C' des Skalarproduktes in den beiden Basen, so dass UT Ë I Ë V = 3 = XT Ë C Ë Y = X'T Ë C' Ë Y'. d) Man ermittle die Transformationsmatrix M in C' = M Ë C Ë MT.
§ 3 · § 2· § 0· ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 13.13 Die Basis )' geht aus der Basis ) = { ¨ 1¸ , ¨ 1 ¸ , ¨ 0 ¸ } durch Drehung um M = 30° ¨ 0 ¸ ¨ 0¸ ¨ 2¸ © ¹ © ¹ © ¹ in mathematisch positiver Richtung um die y-Achse hervor. a) Man bestimme )'. § 1· §1· ¨ ¸ ¨ ¸ b) Man drücke die Vektoren U = ¨ 2 ¸ und V = ¨ 1¸ durch die Koordinatenvektoren X und ¨2¸ ¨ 3¸ © ¹ © ¹
Y in der Basis ) bzw. X' und Y' in der Basis )' aus. Man bestimme die Matrizen C bzw. C' des Skalarproduktes in den beiden Basen, so dass UT Ë I Ë V = 3 = XT Ë C Ë Y = X'T Ë C' Ë Y'. d) Man ermittle die Transformationsmatrix M in C' = M Ë C Ë MT.
c)
13.14 Man drehe die Gerade y = 2x + 1 mit Hilfe der Drehmatrix um den Winkel M um die z-Achse und bestimme den Schnittpunkt mit der x-Achse in Abhängigkeit vom Drehwinkel.
14
Iterative Lösung von linearen Gleichungssystemen
Die exakte Lösung von linearen Gleichungssystemen n-ter Ordnung erfordert ungefähr n3 Schritte – unabhängig vom gewählten Verfahren. Bei sehr großen Gleichungssystemen sind selbst leistungsfähige Rechner überfordert. In vielen Fällen muss man sich daher mit einer numerischen Approximation (lateinisch für Annäherung) begnügen, indem in einem ersten Schritt nur eine sehr grobe Abschätzung durchgeführt wird, die in weiteren Schritten verbessert wird. Ein schrittweise sich wiederholendes Verfahren wird iteratives Verfahren oder Iteration genannt.
14.1
Das Verfahren nach Gauß und Seidel
Zu diesem Zweck wird das quadratische (m = n) und eindeutig lösbare Gleichungssystem gegebenenfalls durch Umstellung der Gleichungen oder Umbenennung der Variablen so vorbereitet, dass in a11x1 + a12x2 + … + a1n xn = b1 a21x1 + a22x2 + … + a2n xn = b2 ........................ an1x1 + an2x2 + … + ann xn = bn alle Diagonalkoeffizienten aii von Null verschieden sind. Nun isoliert man die Unbekannten in der Form x1 = (b1 – a12x2 – … – a1n xn )/a11 x2 = (b2 – a21x1 – … – a2n xn )/a22 .......................... xn = (bn – an1x1 – … – an,n–1xn–1)/ann
(14.1) (14.2) (14.3)
indem durch die Diagonalkoeffizienten dividiert wird. Man rät oder schätzt dann einen Startvektor (x1(0), x2(0), x3(0), …, xn(0)) für die Werte der Unbekannten. Wenn jede Information fehlt, setzt man z. B. einfach den Vektor (0, 0, 0, …, 0) ein. Ist bereits eine Vorstellung über die Größe der Unbekannten vorhanden, so geht man davon aus. Diese nullte Näherung verwendet man, um durch Einsetzen von (x2(0), x3(0), …, xn(0)) in die rechte Seite von (14.1) eine erste Näherung x1(1) für die erste Unbekannte zu gewinnen. In die rechte Seite von (14.2) werden anschließend die Werte (x1(1), x3(0), …, xn(0)) eingesetzt, woraus sich eine erste Näherung x2(1) für die zweite Unbekannte ergibt. Auf diese Weise verwendet man alle Gleichungen einschließlich (14.3) mit dem Ergebnis der vollständigen ersten Näherung (x1(1), x2(1), x3(1), …, xn(1)). Sie wird eingesetzt, um nach demselben Verfahren die zweite und beliebig viele weite-
128
IV Lineare Algebra
re Näherungen zu berechnen – so lange bis sich der Lösungsvektor im Rahmen der geforderten Rechengenauigkeit nicht mehr verändert. Beispiel:
10x1 + 2x2 + x3 = 20 x1 + 5x2 + 2x3 = 00 x2 + 2x3 = 10
Á x1 = 2 – 0,2x2 – 0,1x3 Á x2 = – 0,2x1 – 0,4x3 Á x3 = 5 – 0,5x2
Näherungen (mit fünf Nachkommastellen): i 0 1 2 3 4 5 6 7 …
x1(i) 0 2 1,56 1,8588 1,9275 1,9433 1,9470 1,9478 … 1,9481
x2(i) 0 –0,4 –2,392 –2,8502 –2,9555 –2,9798 –2,9853 –2,9866 … –2,9870
x3(i) 0 5,2 6,196 6,4251 6,4778 6,4899 6,4927 6,4933 … 6,4935
Die Lösung wurde bereits nach der sechsten Iteration mit einem Fehler von weniger als ein Promille erreicht.
14.2
Stabilität
Ein lineares Gleichungssystem ist schlecht konditioniert, wenn die Determinante klein ist. Dann führen kleine Änderungen in den Koeffizienten zu großen Änderungen im Lösungsvektor. Die Lösung ist also nicht stabil. In der Praxis können kleine Messfehler zu großen Fehlern im Ergebnis führen. Beispiel: Das Gleichungssystem 2,00ºx1 + 4,05ºx2 = 10,10 3,00ºx1 + 6,00ºx2 = 15,00 besitzt die Determinante D = 2º6 – 3º4,05 = –0,15. Die Lösung ist x1 = 1,00 und x2 = 2,00. Eine leichte Veränderung der Koeffizienten von x2 (um 1 %) liefert 2,00ºx1 + 4,01ºx2 = 10,10 3,00ºx1 + 6,06ºx2 = 15,00 mit der Determinante D = 2º6,06 – 3º4,01 = 0,09. Die Lösung ist nun x1 = 11,73 und x2 = –3,33.
V Algebra und Geometrie
15
Polynome
Definition. Eine formale Summe mit der Variablen x p(x) = a0 + a1x + a2x2 + … + an xn =
n
¦ ak x k
(15.1)
k 0
mit k ± Û0, ak ± ¸, an 0 heißt reelles Polynom des Grades n. p(x) = a0 mit a0 0 ist wegen a0 = a0 x0 ein Polynom vom Grad 0. Die Addition und Multiplikation zweier Polynome ist definiert durch n
¦ ak x k
k 0
max( m , n )
m
+
¦ bk xk
k 0
=
¦ ak bk x k
(15.2)
k 0
§ n · § m · k k ¨¨ ¦ ak x ¸¸ º ¨¨ ¦ bk x ¸¸ = ©k 0 ¹ ©k 0 ¹
mn
i
i 0
j 0
¦ ¦ ai j b j xi .
(15.3)
Beispiel: (1x0 + 2x1 + 4x2) + (3x0 + 5x1 + 6x3) = 4x0 + 7x1 + 4x2 + 6x3 (1 + 2x + 4x2) º (3 + 5x + 6x3) = 3 + 11x + 22x2 + 26x3 + 12x4 + 24x5 Die Menge aller reellen Polynome ist „fast“ ein Körper. Seien p(x), q(x) und r(x) Polynome, dann gilt: Addition und Multiplikation sind assoziativ und kommutativ. p(x) º [q(x) + r(x)] = p(x) º q(x) + p(x) º r(x) . p(x) + 0(x) = p(x) mit 0(x) := 0 . p(x) º 1(x) = p(x) mit 1(x) := 1 . Zu jedem p(x) existiert ein p'(x) mit p(x) + p'(x) = 0(x) . Aber Bedingung (5.11) ist nicht für alle p(x) erfüllt: Zum Beispiel existiert zu p(x) = x kein p–1(x) mit p(x) º p–1(x) = 1(x). p–1(x) müsste x–1 sein, aber (–1) ² Û0. Ein mathematisches System, das außer dem letzten alle Axiome eines Körpers erfüllt, heißt kommutativer Ring mit Eins. Falls die Multiplikation nicht kommutativ und kein Einselement vorhanden ist, so spricht man lediglich von einem Ring. Nach (15.2) und (15.3) gilt: Grad( p(x) + q(x)) max{ Grad( p(x)), Grad(q(x)) } Grad( p(x) º q(x)) = Grad( p(x)) + Grad(q(x))
132
V Algebra und Geometrie
Damit die zweite Bedingung auch dann noch gilt, wenn das Nullpolynom x ±¸0(x) 0 als Faktor auftritt, setzt man formal Grad(0(x)) = –. Division liefert b(x) = q(x) º a(x) + r(x) mit Grad(r(x)) < Grad(a(x)) . Beispiel: b(x) : a(x) = q(x) Rest r(x) –(2x3 + 1x2 + 3x – 1) : (1x2 + 2x + 1) = (2x – 3) Rest (7x + 2) –(2x3 + 4x2 + 2x) (–3x2 + 1x – 1) –(–3x2 – 6x – 3) (7x + 2) Á
b(x) = q(x) º a(x) + r(x) (2x3 + x2 + 3x – 1) = (2x – 3) º (x2 + 2x + 1) + (7x + 2) Grad(a(x)) = 2, Grad(r(x)) = 1 .
Beispiel: b(x) : a(x) = q(x) Rest r(x) –(2x3 + 1x2 + 3x – 1) : (x) = (2x2 + 1x + 3) Rest (–1) –(2x3) (1x2 + 3x –1) –(1x2) (3x –1) –(3x) (–1) Á
b(x) = q(x) º a(x) + r(x) (2x3 + x2 + 3x – 1) = (2x2 + x + 3) º (x) + (–1) Grad(a(x)) = 1, Grad(r(x)) = 0 .
Definition. D ± ¸ heißt Nullstelle des Polynoms p(x), wenn p(D) = 0 . Nach dem Divisionsalgorithmus gilt für a(x) = (x – D): Es existiert ein q(x) und ein r(x) mit Grad(r(x)) < 1, also r(x) = r0 = konstant, so dass p(x) = q(x) º (x – D) + r0 . Wird die Nullstelle D eingesetzt, so folgt 0 = p(D) = q(D) º (D – D) + r0 = r0 . Satz Wenn D eine Nullstelle des Polynoms p(x) ist, so ist p(x) ohne Rest durch (x – D) teilbar. a(x) ist ein Teiler von b(x), wenn es ein Polynom q(x) gibt, so dass b(x) = q(x) º a(x) .
(15.4)
15 Polynome
133
Also ist (x – D) ein Teiler von p(x). Ein Teiler kann auch als Faktor aufgefasst werden. Weil (x – D) in x linear ist (x in der ersten Potenz auftritt), heißt (x – D) Linearfaktor. Dieselbe Überlegung können wir auf q(x) = p(x)/(x – D) anwenden. Ist E eine Nullstelle von q(x), so ist (x – E) ein Teiler von q(x). Jeder Teiler von q(x) ist aber gleichzeitig Teiler von p(x) = q(x) º (x – D). Damit folgt der Satz Sind D1, …, Ds Nullstellen von p(x), so gilt für geeignetes q(x) p(x) = q(x) º (x – D1) ººº (x – Ds) . Definition. Ein Polynom p(x) heißt genau dann irreduzibel, wenn es außer der reellen Zahl Ound Polynomen der Form Oº p(x) mit 0 O ± ¸ keinen weiteren Teiler besitzt. (Analogie zur Primzahl.) Beispiel: p(x) = x2 + 1 ist irreduzibel. Diese Definition beruht allerdings darauf, dass wir bisher nur reelle Nullstellen betrachtet haben. Lassen wir auch komplexe Zahlen zu, so ist x2 + 1 reduzibel, denn mit i = 1 ist x2 + 1 = (x + i) º (x – i) . Polynome nullten und ersten Grades sind nach Definition immer irreduzibel. Nach obigem Beispiel gibt es für x ± ¸ auch irreduzible Polynome zweiten Grades. Verwenden wir dagegen auch komplexe Zahlen x ± © als Nullstellen und Variablenwerte, so gilt der 1799 von Gauß bewiesene Fundamentalsatz der Algebra: Jedes nichtkonstante Polynom hat mindestens eine Nullstelle D ± © ¬ ¸. Also gilt mit komplexen Nullstellen D: p(x) = q(x) º (x – D). Wenn q(x) wieder ein reduzibles Polynom ist, d. h. Grad(q(x)) 2, so können wir den Fundamentalsatz abermals anwenden usw. Satz Jedes nichtkonstante Polynom p(x) vom Grade n besitzt eine bis auf die Reihenfolge eindeutige Zerlegung p(x) = Oº (x – D1)n1 º (x – D2)n2 ººº (x – Dr)nr
(15.5)
mit O ± ¸, x, D1, …, Dr ±© und r, n1, …, nr ±Û. D1, …, Dr sind die verschiedenen Nullstellen von p(x). ni heißt Multiplizität der Nullstelle Di, und es gilt n1 + n2 + … + nr = n . Satz Ist D = u + iv mit u, v ± ¸ eine komplexe Nullstelle von p(x), so ist die konjugiert komplexe Zahl D* = u – iv ebenfalls eine Nullstelle von p(x). Beweis. Für komplexe Zahlen gilt (D + E)* = D* + E* und (DºE)* = D*ºE*: (D + E)* = [(u + iv) + (w + iz)]* = [(u + w) + i(v + z)]* = (u + w) – i(v + z) = (u – iv) + (w – iz) = D* + E* DºE)* = [(u + iv)(w + iz)]* = [uw – vz + i(vw + uz)]* = uw – vz – i(vw + uz) = (u – iv)(w – iz) = (u + iv)*(w + iz)* = D*ºE* Sei nun D eine komplexe Nullstelle von p(x), dann ist p(D) = 0 = 0* = [p(D)]* = a0* + a1*D* + … + an*D*n
134
V Algebra und Geometrie
und da ai ±¸, folgt 0 = a0 + a1D* + … + anD*n = p(D*) . Also ist D* ebenfalls eine Nullstelle von p(x).
e
Jedes Polynom kann demnach in der Form p(x) = O(x – D1)(x – D*1) ººº (x – Ds)(x – D*s)(x – E1) ººº (x – Et)
(15.6)
geschrieben werden, wobei Di die komplexen und Ei die reellen Nullstellen bedeuten. Wegen (x – D)(x – D*) = [x – (u + iv)]º[x – (u – iv)] = [(x – u) – iv]º[(x – u) + iv] = (x – u)2 + v2 = x2 – 2ux + u2 + v2 ist das Produkt von zwei komplex-konjugierten Linearfaktoren ein reelles Polynom zweiten Grades. Damit folgt der Satz Jedes reelle Polynom lässt sich faktorisieren als Produkt aus reellen Polynomen ersten und zweiten Grades. Satz Jedes reelle Polynom von ungeradem Grade 2n – 1 mit n ± Û besitzt mindestens eine reelle Nullstelle. p(x) = a0 + a1x + a2x2 + … + an xn § a · a1 a2 a = an xn ¨ 0 n … n 1 1¸ n 1 n2 a x a x a x a x n n n © n ¹
Für x o ± verschwinden außer 1 alle Summanden in der Klammer, und es folgt lim p(x) = an xn .
(15.7)
xorf
Für ungeraden Grad und an > 0 beginnt der Graph von p(x) im negativ Unendlichen und endet im positiv Unendlichen (und umgekehrt für an < 0). Dabei muss er mindestens einmal die Abszisse kreuzen. Also existiert mindestens eine reelle Nullstelle. Beispiele (die Nullstellen sind nicht in der Reihenfolge der Linearfaktoren geordnet): p(x) = x3 + x = (x – 0)(x – i)(x + i) p(x) = x3 = (x – 0)(x – 0)(x – 0) p(x) = x3 – x = (x – 1)(x – 0)(x + 1)
ÁD1 = 0, D2 = (–i), D3 = i ÁD= 0 (Multiplizität 3) ÁD1 = (–1), D2 = 0, D3 = 1
Für geraden Grad beginnt und endet der Graph auf derselben Seite der Abszisse. Es ist möglich, dass keine reelle Nullstelle existiert. Beispiele (die Nullstellen sind nicht in der Reihenfolge der Linearfaktoren geordnet): p(x) = x2 + 1 = (x – i)(x + i) p(x) = x2 = (x – 0)(x – 0) p(x) = x2 – 1 = (x – 1)(x + 1)
Ákeine reelle Nullstelle ÁD= 0 (Multiplizität 2) ÁD1 = (–1), D2 = 1
Jedes Polynom n-ten Grades besitzt höchstens n verschiedene Nullstellen.
15 Polynome
135
Zur Berechnung einzelner Punkte eines Polynoms verwendet man das Horner-Schema. Um nicht ständig Potenzen von x bilden zu müssen, formt man p(x) folgendermaßen um: p(x) = a0 + a1x + a2x2 + … + an xn = (…((an x + an–1)x + an–2)x + … + a1)x + a0 Beispiel: p(x) = 2x3 – 5x2 + 0x – 4 = ((2x – 5)x + 0)x – 4 p(6) = ((2º6 – 5)º6 + 0)º6 – 4 = 248 Terme mit ai = 0 nicht vergessen!
15.1
Geschlossene Lösungsverfahren
Die Menge der Nullstellen eines Polynoms bildet dessen Lösungsmenge. Statt von einer Nullstelle oder Lösung spricht man auch von einer Wurzel des Polynoms. Wie findet man nun diese Wurzeln? Für n 4 gibt es explizite Lösungsverfahren. Besitzt das Polynom einen höheren Grad, so ist man i. A. auf numerische Verfahren angewiesen. Da die Lösungsverfahren für n = 3 und n = 4 sehr umständlich sind und andererseits überall leistungsfähige Computer zu Verfügung stehen, wendet man diese Verfahren heute kaum noch an. Für den Fall n = 2, die quadratische Gleichung, haben sich gewisse Symbole, darunter p, fest eingebürgert, weshalb wir das Polynom als f (x) = ax2 + bx + c
(15.8)
schreiben. Seine beiden Nullstellen werden mit x1 und x2 bezeichnet. Um sie zu finden, normieren wir f (x), d. h. wir teilen durch a und erhalten mit b/a := p und c/a := q ( p und q sind hier reelle Zahlen!) ohne Änderung der Lösungsmenge die Normalform xi2 + pxi + q = 0
mit i = 1, 2 .
Fügen wir auf beiden Seiten die „quadratische Ergänzung“ ( p/2)2 hinzu, so folgt xi2 + pxi +
p2 p2 = –q. 4 4
Nun ist die linke Seite gerade gleich (xi +
xi = –
p ± 2
p2 q 4
x1 = –
p – 2
p2 q 4
p 2 ) , so dass 2
(15.9)
also und
x2 = –
p + 2
p2 q 4
136
V Algebra und Geometrie
oder mit den ursprünglichen Bezeichnungen xi = –
b r b 2 4ac . 2a
(15.10)
p2 = q zu einer Lösung der Mul4 p2 q, d. h. wenn tiplizität 2 verschmelzen. Die Lösungen sind aber nur dann reell, wenn 4 Wie erwartet, finden wir zwei Lösungen, die im Grenzfall
b/2 a 0. c b/2
(15.11)
Die Lösung der kubischen Gleichung ohne quadratisches Glied x3 + px + q = 0
(15.12)
wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts von Scipione del Ferro und Nicole Tartaglia gefunden. Sie basiert auf dem binomischen Satz für Kuben, der auf die Form (u1/3 – v1/3) angewandt wird, um eine spezielle Darstellung für x3 zu erzeugen x3 = (u1/3 – v1/3)3 = u3/3 – 3u2/3v1/3 + 3u1/3v2/3 – v3/3 . Dieser Bedingung gehorchen unendliche viele Zahlenpaare (u, v). In (15.12) eingesetzt, ergibt sich die Gleichung u – 3u2/3v1/3 + 3u1/3v2/3 – v + p(u1/3 – v1/3) + q = 0 . Sie wird zu einer Identität mit den Substitutionen q = –u + v
(15.13)
(um die äußeren Glieder des Binoms wegzuheben) und p = 3u1/3v1/3
(15.14)
(um die inneren Glieder des Binoms wegzuheben). Ist (15.12) gegeben, so berechnet man zunächst u und v aus (15.13) und (15.14) und daraus x = u1/3 – v1/3 .
(15.15)
Beispiel: x3 + 5x – 42 = 0 Die Substitutionen –u + v = –42 und uv = (5/3)3 führen auf eine quadratische Gleichung: (v + 42) v = 125/27 oder v2 + 42 v – 125/27 = 0 125 0,11 oder – 42,11 u = v + 42 42,11 oder – 0,11 27 Á x = u1/3 – v1/3 3,48 – 0,48 = – 0,48 – (–3,48) = 3 .
v = –21
441
Die kubische Gleichung mit quadratischem Glied x3 + px2 + q = 0
(15.16)
15 Polynome
137
wurde von Geronimo Cardano durch die Substitution x = y – p/3 ( y3 – 3y2p/3 + 3yp2/9 – p3/27) + p( y2 – 2yp/3 + p2/9) + q = 0
(15.17)
auf (15.12) zurückgeführt. Denn die in y quadratischen Glieder in (15.17) heben sich damit weg. Bemerkenswert ist, dass Cardano erstmals drei Lösungen einer kubischen Gleichung gefunden hat. Wir betrachten nun wieder ein allgemeines Polynom, das allerdings in Normalform sein soll, d. h. normiert auf an = 1, mit den Wurzeln xi p(x) = a0 + a1x + a2x2 + … + an–1xn–1 + xn = (x – x1)(x – x2) ººº (x – xn–1)(x – xn) . Ausmultiplizieren der Linearfaktoren ergibt p(x) = xn – (x1 + x2 + … + xn)ºxn–1 + … + (–1)n(x1ºx2 ººº xn) und Koeffizientenvergleich liefert die Sätze von Vieta: (x1 + x2 + … + xn) = –an–1 (x1ºx2 ººº xn) = (–1)na0
(15.18) (15.19)
In normierten Polynomen ist der Koeffizient der zweithöchsten Potenz gleich der negativen Summe aller Wurzeln. Das absolute Glied ist das Produkt aller Wurzeln, multipliziert mit (–1)n. Diese Sätze dienen als Probe zur Kontrolle der Rechenergebnisse. Wenden wir die Sätze (15.18) und (15.19) auf die Lösung (15.9) der quadratischen Gleichung an, so bestätigen wir leicht: x1 + x2 = –p x1ºx2 = q Insbesondere folgt für a0 = 0: Wenn das absolute Glied verschwindet, so muss mindestens eine Nullstelle des Polynoms den Wert 0 besitzen. Der Graph des Polynoms läuft durch den Ursprung des Koordinatensystems. Satz Sind alle Koeffizienten mi eines Polynoms ganzzahlig, so enthält das absolute Glied unter seinen ganzzahligen Faktoren auch alle existierenden ganzzahligen Lösungen. Beweis. Sei
p(x) = m0 + m1x + m2x2 + … + mn–1xn–1 + mnxn
mit mi ±Àm0 0
und es existiere eine Nullstelle x1 ± À, d. h. p(x1) = 0, so folgt m0/x1 = –(m1 + m2x1 + … + mn–1x1n–2 + mnx1n–1) . Da rechts eine ganze Zahl steht (Summe aus Produkten aus ganzen Zahlen), muss auch m0/x1 ± À sein, d. h. x1 ist Teiler von m0. e Beispiel: p(x) = 2x2 + x - 1. Als ganzzahlige Lösungen kommen nur (-1) und 1 in Frage. (-1) ist eine Lösung oder Wurzel des Polynoms. Beispiel: p(x) = x4 – x3 – 21x2 + x + 20. Die Faktoren des absoluten Gliedes sind ±1, ±2, ±4,
138
V Algebra und Geometrie
±5, ±10, ±20. Rechnet man p(x) z. B. unter Verwendung des Horner-Schemas für diese Werte von x aus, so zeigt sich, dass –4, –1, 1 und 5 Wurzeln sind. Auf diese einfache Weise hat man also bereits alle Wurzeln gefunden. Das ist natürlich nicht immer so einfach. Beispiel: p(x) = x2 - 2. Dieses Polynom besitzt überhaupt keine ganzzahlige Wurzel. Bevor man zu approximieren beginnt, ist es zweckmäßig, gezielt zu raten. Dazu dient auch der folgende Satz Sind alle Koeffizienten eines normierten Polynoms ganzzahlig, so können die Nullstellen nicht gebrochen rational sein, sondern nur ganzzahlig, irrational oder komplex. Beweis durch Widerspruch. Sei
p(x) = m0 + m1x + m2x2 + … + mn–1xn–1 + xn und es existiere eine Nullstelle x1 = u/v mit teilerfremden u, v ±À, so folgt aus m0 m1
0
u u2 u n 1 u n m2 2 … mn 1 n 1 n v v v v
nach Multiplikation mit vn–1
un v
m0 v n 1 m1uv n 2 m2 u 2 v n 3 … mn 1u n 1 .
Rechts steht eine ganze Zahl, also muss auch links eine solche stehen. Wenn aber u und v teilerfremd sind, so sind es auch un und v (wegen der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung e von u, vgl. S. 29). Die Annahme war also falsch.
15.2
Approximation der Nullstellen
Führt Erraten nicht zum Ziel und ist eine geschlossene Lösung nicht möglich oder zu aufwendig, so bedient man sich der näherungsweisen Lösung. Die älteste Methode ist die Regula falsi (das Prinzip des falschen Ansatzes, schon um 870 n. Chr. im arabischen Raum bekannt). Man sucht zwei x-Werte, x+ und x–, für die gilt p(x+) > 0
und
p(x–) < 0 .
Da p(x) stetig ist (s. S. 199f) muss im Intervall zwischen x– und x+ mindestens eine Nullstelle x1 liegen (s. S. 200). Nun approximiert man p(x) in diesem Intervall durch eine Sekante. Nach dem Strahlensatz folgt für den Schnittpunkt x* der Sekante mit der Abszisse p ( x ) x x *
p( x ) p ( x ) : m. x x
(15.20)
Kürzen wir die rechte Seite (die Steigung der Sekante) mit m ab, so finden wir für den Schnittpunkt der Geraden mit der Abszisse x*
x
p ( x ) . m
(15.21)
15 Polynome
139
p(x)
p(x + ) - p(x - )
x* x-
x+
x1
x
x+ - x -
Abb. 15.1:
Zur Regula falsi.
Nun wird p(x*) berechnet. Ist p(x*) > 0, so setzen wir x* als neues x+ in (15.20) ein und wiederholen den Rechengang. Ist p(x*) < 0, so setzen wir x* als neues x– in (15.20) ein und wiederholen den Rechengang. Durch dieses Iterationsverfahren wird der Abstand zwischen der Nullstelle x1 des Polynoms und der Nullstelle x* der Sekante immer kleiner. x1 kann also durch wiederholte Anwendung der Regula falsi beliebig genau bestimmt werden. Allerdings hat die Regula falsi den Nachteil, dass unter Umständen einer der Punkte x+, x– weit von x1 entfernt bleibt und der Fehler |x* – x1| daher nur sehr langsam abnimmt. Deswegen wendet man die Regula falsi meist nur für die ersten Iterationen an und bedient sich in der Nähe der Nullstelle des Newton-Verfahrens. Anstelle der Steigung m einer Sekante berechnet man die Steigung einer Tangente an p(x), d. h. die Ableitung dp/dx (s. S. 207ff) an der Stelle x+ p ( x ) x x *
dp ( x ) dx
p(x)
p(x + ) x
1
Abb. 15.2:
Zum Newton-Verfahren.
x*
x+
x
140
V Algebra und Geometrie
p(x)
x
x*
1
Abb. 15.3:
x
Ungünstige Wahl des Anfangspunktes x+ beim Newton-Verfahren.
und findet für x*
x+
dp ( x ) 0 dx
x
p ( x ) . dp ( x ) dx
(15.22)
Ist der Verlauf von p(x) wie in Abb. 15.2 dargestellt, so gelangt man durch Wiederholung des Verfahrens (x+ in (15.22) durch x* ersetzen und damit ein neues x* ausrechnen) immer näher an die Nullstelle. Besitzt p(x) zwischen x+ und der Nullstelle dagegen einen komplizierteren Verlauf, so führt das Verfahren nicht unbedingt zum Ziel. Man suche dann einen näher an der Nullstelle liegenden Anfangswert x+. Durch den Einsatz moderner Rechner hoher Leistung sind die genannten Verfahren in vielen Anwendungen durch einfache Intervallschachtelung abgelöst worden. Dabei wird das untersuchte Intervall durch x* = (x– + x+)/2
(15.23)
lediglich halbiert und x* im nächsten Schritt je nach dem Ergebnis von p(x*) als x– oder x+ eingesetzt. Übungen 15.1 Dividieren Sie 2x3 – 2,2x2 – 2,4x + 1,8 durch (x + 1). Schließen Sie aus dem Ergebnis auf eine Nullstelle. 15.2 Dividieren Sie x5 – 2x4 + 3x – 6 durch (x – 2). Schließen Sie aus dem Ergebnis auf eine Nullstelle. 15.3 Lösen Sie a) x2 + 2x – 8 = 0 b) x2 – 9 = 0 c) x2 + 9 = 0 und prüfen Sie die Lösungen mit den Sätzen von Vieta.
15 Polynome
141
15.4 Finden Sie eine Lösung der kubischen Gleichung
x3 + x + 30 = 0 . [Hinweis: Suchen Sie zunächst einen negativen und einen positiven Wert des Polynoms. Verkleinern Sie das Intervall (x–, x+). Vermuten Sie, dass die Lösung ganzzahlig ist.] 15.5 Finden Sie eine Lösung der kubischen Gleichung
x3 – x2 – 100 = 0 . [Hinweis: Suchen Sie zunächst einen negativen und einen positiven Wert des Polynoms. Verkleinern Sie das Intervall (x–, x+). Vermuten Sie, dass die Lösung ganzzahlig ist.] 15.6 a) Approximieren Sie eine Nullstelle von p(x) = x3 + 5,7x2 – 0,6x – 20,4 zwischen 0 und 2 mit Hilfe der Regula falsi auf 1 % genau. b) Die Ableitung lautet dp/dx = 3x2 + 11,4x – 0,6. Führen Sie die Approximation mit dem Newtonschen Näherungsverfahren durch. c) Führen Sie die Approximation mittels Intervallhalbierungen durch.
16
Zweidimensionale quadratische Formen
Eine zweidimensionale lineare Form ist ein Ausdruck l = a1x + a2y . § x· Er lässt sich als Skalarprodukt (a1, a2) Ë ¨ ¸ schreiben. © y¹
Für festes l ± ¸ ergibt sich eine Gerade. Analog dazu definiert man die zweidimensionale quadratische Form q = a11x2 + a12xy + a21yx + a22y2 oder mit der 2l2-Matrix A § a11 q = XT Ë A Ë X = (x, y) Ë ¨ © a21
a12 · § x · ¸ Ë ¨ ¸ . a22 ¹ © y ¹
(16.1)
Die Matrix einer quadratischen Form ist wegen xy = yx nicht eindeutig bestimmt. Zum Beispiel ergibt sich q = x2 + 4xy + y2 aus §1 4· § x · (x, y) Ë ¨ ¸ ˨ ¸ ©0 1¹ © y¹ und ebenso aus §1 2· § x · (x, y) Ë ¨ ¸ ˨ ¸ . ©2 1¹ © y¹
Es gibt jedoch immer nur eine symmetrische Matrix A (mit a12 = a21) für die quadratische Form q. Diese ist besonders wichtig, denn man kann sie durch orthogonale Koordinatentransformation auf eine sehr einfache Form bringen. Wenn zwischen UT = (u, v) und XT = (x, y) der folgende Zusammenhang besteht X=DËU
wobei D eine umkehrbare 2l2-Matrix sein soll, so ergibt diese Transformation q = XT Ë A Ë X = UT Ë DT Ë A Ë D Ë U = UT Ë C Ë U .
(16.2)
144
V Algebra und Geometrie
Durch orthogonale Koordinatentransformation mit Hilfe der zweidimensionalen Drehmatrix § cos M sin M · D= ¨ ¸ © sin M cos M ¹
(16.3)
geht die Matrix A der quadratischen Form in die Matrix C = DT Ë A Ë D
(16.4)
mit |C| = |DT|º|A|º|D| = |A| über. Die quadratische Form verändert ihren Charakter dadurch nicht, denn es wird lediglich das Koordinatensystem in die Hauptachsenlage (vgl. Abschn. 17) gedreht. Durch orthogonale Koordinatentransformation kann jede quadratische Form vereinfacht werden. Jede symmetrische Matrix A lässt sich mit Hilfe einer Drehmatrix D auf die Diagonalform C (mit c12 = c21 = 0) bringen. Jede quadratische Form lässt sich also in der reduzierten Form q = c11u2 + c22v2 schreiben. (Wenn der Rang der Matrix A kleiner als zwei ist, so enthält die Summe weniger als zwei Summanden.) §1 2· Beispiel: Die symmetrische Matrix A = ¨ ¸ soll durch Drehung um die z-Achse auf ©2 1¹ Diagonalform gebracht werden. Zu suchen ist die zweidimensionale Drehmatrix D, so dass C in (16.4) Diagonalmatrix ist. Wir berechnen zunächst DT Ë A 2 cos M sin M · § cos M sin M · § 1 2 · § cos M 2sin M ¨ ¸ Ë ¨ ¸ ¸ = ¨ © sin M cos M ¹ © 2 1 ¹ © sin M 2 cos M 2sin M cos M ¹
und multiplizieren dies von rechts mit D 2 cos M sin M · § cos M sin M · § cos M 2sin M ¨ ¸ ˨ ¸ © sin M 2 cos M 2sin M cos M ¹ © sin M cos M ¹ § 1 4sin M cos M 2sin 2 M 2 cos 2 M · = ¨ ¸ . ¨ 2sin 2 M 2 cos 2 M 1 4sin M cos M ¸¹ © Aus der Forderung § c11 0 · 2 2 C= ¨ ¸ Á c12 = c21 = 2(cos M– sin M) = 0 © 0 c22 ¹
16 Zweidimensionale quadratische Formen
145
ergibt sich der Drehwinkel Mzu ±45° oder ±135°. Wählen wir M = +45° oder M = –135°, so wird §3 0 · 2 2 C= ¨ ¸ Á q = 3u – v . © 0 1¹
(16.5)
Die beiden anderen Winkel M = –45° oder M = +135° führen zur Matrix § 1 0 · 2 2 C' = ¨ ¸ Á q = –u' + 3v' © 0 3¹
(16.6)
wobei also lediglich eine unwesentliche Koordinatenvertauschung v' = u und u' = v stattfindet. Die zu D inverse Matrix ist D–1 = DT. Wegen (16.2) folgt: U = DT Ë X u = xcosM + ysinM v = –xsinM + ycosM
Für festes q ± ¸ unterscheiden wir spezielle Klassen quadratischer Formen: q = c11x2 + c22y2 (16.7) Besitzen beide Koeffizienten cii dasselbe Vorzeichen wie q, so heißt die quadratische Form Ellipse und im Spezialfall c11 = c22 Kreis. (16.8) Besitzen die beiden Koeffizienten cii verschiedene Vorzeichen, so heißt die quadratische Form Hyperbel. (16.9) Besitzen beide Koeffizienten cii das zu q entgegengesetzte Vorzeichen, so lässt sich q nicht mit reellen Zahlen x, y darstellen. Die ersten beiden Fälle sind die reellen zweidimensionalen quadratischen Formen. Ellipse und Hyperbel sowie Kreis und Parabel (S. 158) heißen Kegelschnitte, weil sie beim Schnitt eines Kegels mit einer Ebene entstehen (als Grenzfälle entstehen auch Geraden und Punkte). Zur Darstellung unseres Beispiels wählen wir q = 1. Jede andere Wahl von q kann mit Koeffizienten cii/q auf diesen Fall zurückgeführt werden. Es ergibt sich eine Hyperbel 1 = 3u2 – v2
(16.10)
v2 = 3u2 – 1 .
(16.11)
oder
Um den Vorteil der Koordinatentransformation zu veranschaulichen, vergleichen wir mit der Darstellung in den ursprünglichen Koordinaten 1 = x2 + 4xy + y2 .
(16.12)
Zur Isolierung von y müssen wir hier zunächst eine quadratische Gleichung lösen. Und dann ergibt sich der wesentlich unübersichtlichere Ausdruck y = –2x ± selbe geometrische Figur beschreibt (s. Abb. 16.1).
3 x 2 1 , der jedoch die-
146
V Algebra und Geometrie
v
y 10
v
4
u
2
5 5 -10
Abb. 16.1:
16.1
10 x
-5
-3
-2
-1
1
-5
-2
-10
-4
2
3 u
Die Hyperbel des Beispiels in zwei verschiedenen Lagen (16.12) und (16.11).
Allgemeine Gleichungen zweiten Grades
Wir betrachten eine um (D, E) parallelverschobene (s. Abschn. 8.6) allgemeine quadratische Form mit der symmetrischen Matrix A = (aij) q = a11(x – D)2 + 2a12(x – D)(y – E) + a22(y – E)2 .
(16.13)
Durch Ausmultiplizieren ergibt sich: q = a11x2 – 2a11xD+ a11D2 + 2a12xy – 2a12xE– 2a12Dy + 2a12DE + a22y2 – 2a22yE+ a22E2 Fassen wir alle Glieder der Potenzen von x und y sowie die absoluten Glieder zusammen, so folgt nach Umbenennung ein Ausdruck der Form 0 = b11x2 + 2b12xy + b22y2 + 2b13x + 2b23y + b33
(16.14)
wobei: b11 = a11 b12 = a12 b22 = a22 b13 = –a11D– a12E b23 = –a12D– a22E b33 = a11D2 + 2a12DE+ a22E2 – q
(16.15) (16.16) (16.17) (16.18) (16.19) (16.20)
Ist also eine allgemeine quadratische Gleichung der Form (16.14) mit den sechs Koeffizienten bij gegeben, so lässt sich daraus die symmetrische quadratische Form (16.13) berechnen.
16 Zweidimensionale quadratische Formen
147
Einsetzen von (16.15) und (16.16) in (16.18) und von (16.16) und (16.17) in (16.19) liefert D und E; damit folgt q aus (16.20). Durch Parallelverschiebung des Koordinatensystems um D längs der x-Achse und um E längs der y-Achse werden D und E eliminiert. Jede quadratische Gleichung in zwei Variablen lässt sich daher durch Parallelverschiebung in die bekannte quadratische Form mit einer symmetrischen 2l2-Matrix A überführen. Durch Drehung kann diese dann zu einer diagonalen 2l2-Matrix C reduziert werden. Beispiel: Gegeben sei die Gleichung 0 = x2 + 4xy + y2 – 10x + 16y – 84
(16.21)
also eine Gleichung der Form (16.14) mit linearen und quadratischen Gliedern in den Variablen x und y. Um daraus eine Gleichung der Form (16.13) zu gewinnen, berechnen wir: a11 = b11 = 1 a12 = b12 = 2 a22 = b22 = 1 b12E= –b11D– b13 b12D = –b22E – b23 q = b11D2 + 2b12DE+ b22E2 – b33
(16.15') (16.16') (16.17') (16.18') (16.19') (16.20')
Einsetzen von (16.19') in (16.18') liefert mit b13 = –5 und b23 = 8 b22E b23 b13 b12 18 b b b b 1 8 (5) 2 = =6. E = 11 23 13 12 = b12 b12 b11b22 3 2 2 11
b12E= b11
Damit ergibt sich D aus (16.19') 2D = –6 – 8 ÁD = –7 und dann q aus (16.20') mit b33 = –84 q = 1º49 + 2º2º(–7)º6 + 1º36 – (–84) = 1 . Die gegebene Gleichung (16.21) lautet also umgeformt 1 = (x + 7)2 + 4(x + 7)(y – 6) + (y – 6)2 .
(16.22)
Parallelverschiebung des Koordinatensystems um E = 6 Einheiten in y-Richtung und D = (–7) Einheiten in x-Richtung führt mit q = 1 auf die bereits bekannte Form (16.12) mit der symmetrischen Matrix A. Drehung ergibt dann die quadratische Form (16.10) mit der Diagonalmatrix (16.5). Die Koeffizienten bij der allgemeinen Gleichung zweiten Grades (16.14) lassen sich formal zu einer symmetrischen 3l3-Matrix zusammenfassen § b11 b12 ¨ B = ¨ b21 b22 ¨b © 31 b32
b13 · ¸ b23 ¸ mit bij = bji . b33 ¸¹
148
V Algebra und Geometrie
y
6
-7
Abb. 16.2:
0
x
Punkte der parallelverschobenen Hyperbel (16.22).
Um ohne Transformation feststellen zu können, welche Art von Kegelschnitt vorliegt, berechne man die Determinante |B| dieser Matrix. Nicht-entartete Kegelschnitte ergeben sich nur für |B| 0, andernfalls ergeben sich entartete Kegelschnitte, das sind Geraden oder Punkte, reell oder komplex. Ist |B| 0, so berechne man die Determinante der Untermatrix |B33| =
b11
b12
b21 b22
= b11b22 – b122 = |A|
sowie die Spur (das ist die Summe der Diagonalelemente) Spur(B33) = b11 + b22 = Spur(A) . Nicht entartete Kegelschnitte lassen sich folgendermaßen erkennen: |B33| < 0 |B| 0 |B33| = 0 |B| 0 |B33| > 0 |B| º Spur(B33) < 0
Á Hyperbel Á Parabel Á Ellipse oder Kreis
(16.23) (16.24) (16.25)
Zur Bestimmung und Vereinfachung einer beliebigen quadratischen Gleichung mit zwei Variablen und vorgegebenen Koeffizienten kann folgendes Schema dienen: 1. Ablesen der Koeffizienten bij der Matrix B (s. 16.14) aus den gegebenen Zahlen. 2. Bestimmung der Art des Kegelschnittes aus |B|, |B33| und Spur(B33). 3. Berechnung von D, E, q nach (16.18 – 16.20) unter Berücksichtigung der Identität A = B33 (16.15 – 16.17). 4. Drehung der symmetrischen 2l2-Matrix B33 = A nach (16.4), so dass eine diagonale 2l2-Matrix C entsteht.
16 Zweidimensionale quadratische Formen
16.2
149
Eigenwerte und Eigenvektoren
Wenn die Gleichung A Ë X = OºX
(16.26)
mit O ± ¸ besteht, dann heißt O ein Eigenwert und X ein Eigenvektor der Matrix A. Ein zweidimensionales Beispiel ist §O 0· § x· § x· ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = Oº ¨ ¸ . O y 0 © ¹ © ¹ © y¹
Satz Die Eigenwerte der nln-Matrix A sind Lösungen der Gleichung
D(A – OI) = 0 .
(16.27)
Beweis. Die Determinante der Matrix (A – OI) verschwindet genau dann, wenn der Kern der von ihr vermittelten Abbildung mindestens einen Vektor X 0 enthält, so dass (A – OI) Ë X = 0, e also A Ë X = OI Ë X = OX. §1 Beispiel: Für A = ¨ ©2 (1 – O)2 – 4 = 0 Á O2 – (16.26) aus
2· 1 O 2 . Die Eigenwerte folgen also aus ¸ ist D(A – OI) = 1¹ 2 1 O 2O – 3 = 0 Á O1 = 3, O2 = –1. Die Eigenvektoren ergeben sich nach
§1 2· § x · § x· ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = 3º ¨ ¸ ©2 1¹ © y¹ © y¹
und
§1 2· § x · § x· ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = –1º ¨ ¸ . ©2 1¹ © y¹ © y¹
Die zugehörigen linearen Gleichungssysteme sind: x + 2y = 3x 2x + y = 3y Áx=y
x + 2y = –x 2x + y = –y Á x = –y
§O· § O · Die Eigenvektoren sind ¨ ¸ und ¨ ¸ mit O ± ¸, z. B. ©O¹ © O ¹
§ 1· §1· ¨ ¸ und ¨ ¸ . © 1¹ © 1¹
§1 1 · Bilden wir aus diesen Eigenvektoren eine Matrix M = ¨ ¸ und berechnen ihre Inverse ©1 1¹ §1/ 2 1/ 2 · M–1 = ¨ ¸ , dann ist ©1/ 2 1/ 2 ¹ §1/ 2 1/ 2 · § 1 2 · §1 1 · § 3 0 · C = M–1 Ë A Ë M = ¨ ¸ Ë ¨ ¸ Ë ¨ ¸ = ¨ ¸ ©1/ 2 1/ 2 ¹ © 2 1 ¹ ©1 1¹ © 0 1¹
Diagonalmatrix, deren Diagonale die Eigenwerte enthält.
150
V Algebra und Geometrie
Übungen 16.1 Beweisen Sie anhand der folgenden Gleichung: Bei der Drehung einer symmetrischen 2l2-Matrix bleibt die Spur erhalten
§ cos M sin M · § a11 ¨ ¸ ˨ © sin M cos M ¹ © a21
a12 · § cos M sin M · § c11 c12 · ¸ =¨ ¸ Ë ¨ ¸ . a22 ¹ © sin M cos M ¹ © c21 c22 ¹
16.2 1 = 5x2 + 3xy + 7y2. Finden Sie die Diagonalmatrix C. Finden Sie die Drehwinkel für die Hauptachsenlage. 16.3 5 = 3x2 – 2xy + y2. Finden Sie die Diagonalmatrix C. Finden Sie die Drehwinkel für die Hauptachsenlage. 16.4 1 = x2 + 2xy + y2. Finden Sie die Diagonalmatrix C. Finden Sie die Drehwinkel für die Hauptachsenlage. 16.5 Gegeben ist die allgemeine Gleichung zweiten Grades 0 = 9x2 + 4y2 – 54x – 32y + 109. Formen Sie um in Mittelpunktslage. Bestimmen Sie |B|, |B33| und Spur(B33). Skizzieren Sie die quadratische Form im kartesischen Koordinatensystem. 16.6 a) Gegeben ist die quadratische Form –4 = x2 + 3y(x – y). Man bestimme die Art des Kegelschnittes und die Richtung seiner Achsen. Skizzieren Sie die quadratische Form im kartesischen Koordinatensystem. b) Zur alternativen Berechnung der C-Matrix benutze man |C| = |A| und Spur(C) = Spur(A). 16.7 1 = xy. Bestimmen Sie |B|, |B33| und Spur(B33). Finden Sie die Diagonalmatrix C. Skizzieren Sie die quadratische Form im kartesischen Koordinatensystem.
17
Die Kegelschnitte
Da sich alle quadratischen Formen durch Koordinatentransformationen diagonalisieren lassen, betrachten wir im Folgenden nur quadratische Formen in solcher einfachen Gestalt. Zu den Kegelschnitten gehören Kreis, Ellipse, Parabel und Hyperbel sowie die entarteten Kegelschnitte Punkt, Gerade und gekreuzte Geraden.
17.1
Die Ellipse
Die quadratische Form q = c11x2 + c22y2 mit sgnc11 = sgnc22 = sgnq, d. h. alle Vorzeichen sind gleich, heißt Ellipse und im Grenzfall c11 = c22 Kreis. Durch Streckung kann jede Ellipse in einen Kreis überführt werden. Analog entsteht eine Ellipse, wenn ein Kreis in einer Richtung gestreckt wird. Durch Umbenennung der Koeffizienten q = a2 c11
q = b2 c22
erhält man die implizite Mittelpunktsgleichung der Ellipse 2
2
§ y· §x· 1= ¨ ¸ + ¨ ¸ . ©b¹ ©a¹
(17.1)
OBdA sei a b: Dann heißt a große Halbachse und b kleine Halbachse der Ellipse. 2a ist die Hauptachse, 2b die Nebenachse. Für a = b = r heißt r Radius und 2r Durchmesser des Kreises. Umformung der impliziten Mittelpunktsgleichung ergibt die explizite Mittelpunktsgleichung für die Ellipse y=±
b 2 a x2 a
(17.2)
bzw. für den Kreis y=±
r 2 x2 .
(17.3)
152
V Algebra und Geometrie
y
b a
Abb. 17.1:
x
Ellipse und Kreis vom Radius r = a.
Die liegende Ellipse geht somit aus einem Kreis mit dem Radius r = a durch Stauchung seiner y-Koordinaten um den Faktor b/a = b/r hervor. (Eine Streckung um einen Faktor kleiner als 1 wird auch Stauchung genannt.) Da jedes Flächenelement der Ellipse um diesen Faktor verkleinert wird, geht die Fläche A der Ellipse aus der des Kreises (s. S. 50) hervor AEllipse =
b b AKreis = Sa2 = Sab . a a
(17.4)
Die Schnittpunkte des Ellipsenrandes mit den Achsen heißen Scheitel. Die Hauptscheitel liegen auf der (längeren) Hauptachse, die Nebenscheitel auf der (kürzeren) Nebenachse. Bei der Ellipse bezeichnet man e=
a2 b2
(17.5)
als lineare Exzentrizität. Die lineare Exzentrizität des Kreises ist e = 0. Die im Abstand e vom Mittelpunkt M auf der Hauptachse gelegenen Punkte F1 und F2 heißen Brennpunkte. Sie sind um e aus dem Zentrum gerückt, also "exzentriert". Wegen e2 + b2 = a2 ist die Strecke zwischen einem Brennpunkt und einem Nebenscheitel gleich a.
17 Die Kegelschnitte
153
y a
b e
e F1
Abb. 17.2:
0
a
F2
x
Die Ellipse in Mittelpunktslage und ihre Bestimmungsgrößen.
Das Verhältnis von linearer Exzentrizität und großer Halbachse H=
e a
(17.6)
heißt numerische Exzentrizität. Für jede Ellipse ist H < 1. Die Länge des von F1 zum Punkt P führenden Radius r1 (s. Abb. 17.3) ist r12 = (e + x)2 + y2 b2 2 2 (a – x ) a2 b2 = a2 – b2 + 2ex + x2 + b2 – 2 x2 a a2 b2 2 x + 2ex + a2 = a2 e2 = 2 x2 + 2ex + a2 a
= e2 + 2ex + x2 +
§e · = ¨ x a¸ ©a ¹ Ár1 = a + Hx .
2
(17.7)
Entsprechend findet man für die Länge des zum selben Punkt P führenden, von F2 ausgehenden Radius (s. Abb. 17.3) Á
r22 = (e – x)2 + y2 r2 = a – Hx .
(17.8)
Die Summe der Radiuslängen ist daher mit (17.7) und (17.8) r1 + r2 = 2a .
(17.9)
154
V Algebra und Geometrie
y P r1
y
M F1
r2
x e b
F2
x
Abb. 17.3:
Zur Berechnung der Radiensumme und zur Ableitung der Polargleichung.
Abb. 17.4:
Fadenkonstruktion der Ellipse.
Diesen Umstand benutzt man zur zeichnerischen Gärtner- oder Fadenkonstruktion der Ellipse nach Anthemios von Tralleis (Erbauer der Hagia Sophia in Konstantinopel). Eine andere zeichnerische Konstruktion geht von Gleichung (17.2) aus, die leicht umgeformt zu der Proportionalität y a2 x2 =± b a
(17.2')
führt. Konstruktion der Ellipse (a und b gegeben): Nach Abb. 17.5 konstruiert man zwei konzentrische Kreise mit Radien a und b, zeichnet einen Radius ein und fällt von seinem Ende das Lot L auf die x-Achse. Vom Schnittpunkt des Radius mit dem kleineren Kreis fällt man das Lot auf das erste Lot L. Der Schnittpunkt beider Lote ist ein Punkt der Ellipse, denn nach dem Strahlensatz verhält sich die Lothöhe L = zum kleinen Radius b.
a 2 x 2 zum großen Radius a wie die Ordinate y
17 Die Kegelschnitte
155
y
a
L = a2 - x 2
b y
x
x
Abb. 17.5:
Zweikreiskonstruktion der Ellipse.
Durch Parallelverschiebung der Ellipse um a in x-Richtung erreicht man, dass der linke Scheitel im Ursprung liegt. Die explizite Mittelpunktsgleichung der Ellipse wird dann zu y2 = p
b2 § x2 · b2 2 b2 2 2 2 2 ª º ( ) = 2 = 2 x a x a a x xa a ¨ ¸ . ¼ a2 a © a ¹ a2 ¬ b2 a
(17.10)
heißt Parameter der Ellipse. Damit erhält man die Scheitelgleichung y2
2 px
p 2 x a
2 px 1 H 2 x 2 .
Für den Kreis mit Radius r ergibt sich analog die Scheitelgleichung y2 = r2 – (x – r)2 = r2 – x2 + 2rx – r2 = 2rx – x2 . Für x o 0 sind quadratische Glieder vernachlässigbar. Beide Kurven stimmen dann überein, wenn r = p. In den Scheitel der Halbachse a kann man einen Schmiegekreis des Radius p einbeschreiben. p heißt daher Scheitelkrümmungsradius ra ra
b2 a
p .
(17.11)
Der Mittelpunkt dieses Schmiegekreises (s. Abb. 17.6 und Abb. 17.9) ist nicht der Brennpunkt! Es sei denn, die Ellipse ist zu einem Kreis entartet. Den Scheitelkrümmungsradius des Nebenscheitels erhält man durch Vertauschen von a und b zu rb
a2 . b
156
V Algebra und Geometrie
y
2p F1
Abb. 17.6:
Ellipse in Scheitellage mit Schmiegekreisen in Hauptscheitel und Nebenscheitel.
r(M) M
rx
ry F2
F1
Abb. 17.7:
x
F2
Zur Parameterform der Polargleichung.
Wir wollen nun die Ellipse von ihrem linken Brennpunkt F1 aus beschreiben. Wir bezeichnen diesen Punkt, um den sich alles dreht, als Pol und die sich ergebende Gleichung als Polargleichung. Um den Abstand zwischen Pol F1 und Ellipsenpunkt P als Funktion des Winkels M zu berechnen, entnehmen wir aus Abb. 17.3 mit r := r1 cosM =
e x Á x = rcosM – e . r
Die Länge des unter dem Winkel M zur Hauptachse liegenden Radius r ist nach (17.7) r = a + Hx, so dass r = a + HrcosM – He . Mit He =
e2 a2 b2 = =a–p a a
folgt r(1 – HcosM) = p
17 Die Kegelschnitte
157
und damit die von der Wahl des Koordinatensystems unabhängige Polargleichung der Ellipse p . 1 H cos M
r=
(17.12)
Die Ordinate in den Brennpunkten (cosM = 0) ist |y| = p. Der Radius r kann auch als Vektor betrachtet werden. Damit gelangen wir zur Parameterform der Polargleichung (s. Abb. 17.7): rx =
p cos M 1 H cos M
ry =
p sin M 1 H cos M
Mit den Koordinaten x und y der Mittelpunktsgleichung besteht der Zusammenhang (s. r1 in Abb. 17.3) rx = x + e
und
ry = y .
Eine weitere Definition der Ellipse geht von einer Leitgeraden L und einem nicht auf ihr liegenden Brennpunkt F aus. Die Ellipse ist der geometrische Ort aller Punkte, deren Abstände d von L und r von F im Verhältnis r =H 1 ist, kann r in (17.12') negativ werden. Dies ist der Fall, wenn der Winkel M < arctan(b/a) ist. Dann trifft der Radius nicht auf den näher liegenden Zweig der Hyperbel. Auch hier hilft die Vorstellung von der Durchmessung des Unendlichen. Trägt man nämlich die negative Strecke in Richtung M, also die positive in der Gegenrichtung auf, so erhält man einen Punkt des ferner liegenden linken Hyperbelastes. In (17.12') gehen wir vom rechten Brennpunkt aus, den wir als F1 bezeichnen (s. Abb. 17.12 und Abb. 17.13 und Fußnote 7). Unter Beachtung dieses Zusammenhangs ist die Summe der Längen der Radien |r(0)| = p 1 H p und r(S) = von F1 zu den beiden Scheiteln der Hyperbel und damit der Abstand ihrer 1 H Brennpunkte |r(0)| + r(S) =
7
p(1 H) p (1 H) = 1 H2
2 pH 2 pH 2 pH = = = 2e . p a 2 b2 b2 1 2 a a2 a
Dies entspricht der Vorstellung, dass der linke Brennpunkt F1 der Ellipse ins negativ Unendliche auswandert und als Brennpunkt einer Hyperbel aus dem positiv Unendlichen wiederkehrt. F2 nimmt den umgekehrten Weg.
17 Die Kegelschnitte
163
y
F2
D x
F1
Abb. 17.13: Konstruktion von Punkten der Hyperbel mit der Polargleichung (17.12').
Der Radius vom Brennpunkt F1 unter dem Winkel M kann auch als Vektor verstanden und durch seine Komponenten ausgedrückt werden. Damit gelangen wir zur Parameterform der Polargleichung: rx =
p cos M 1 H cos M
ry =
p sin M 1 H cos M
Mit den Koordinaten x und y der Mittelpunktsgleichung besteht der Zusammenhang (s. r1 in Abb. 17.14) rx = x – e
und
ry = y .
Die Länge des von F1 zum Punkt P führenden Radius r1 ist in Mittelpunktskoordinaten r12 = (x – e)2 + y2 b2 2 x a2 a2 b2 = x2 – 2ex + a2 + b2 + 2 x 2 – b2 a 2 2 a b 2 x – 2ex + a2 = a2 e2 = 2 x2 – 2ex + a2 a
= x2 – 2ex + e2 +
Á
r1
§e · = ¨ x a¸ ©a ¹ = Hx – a .
2
(17.24)
164
V Algebra und Geometrie
y P
x r2 r1
y
e F2
a
F1
x
Abb. 17.14: Zur Differenz der Radien bei der Hyperbel.
Abb. 17.15: Fadenkonstruktion der Hyperbel mit Hilfe eines drehbar fixierten Lineals (nach Guido Ubaldi del Monte). Genau genommen muss sich das Lineal um seinen in F2 gelegenen Eckpunkt links unten drehen, nicht um das Loch zum Aufhängen!
Entsprechend findet man für die Länge des zum selben Punkt P führenden, von F2 ausgehenden Radius Á
r22 = (e + x)2 + y2 r2 = Hx + a .
(17.25)
Die Differenz der Längen der Radien ist daher r2 – r1 = 2a .
(17.26)
17 Die Kegelschnitte
165
d f r M F1
L
Abb. 17.16: Hyperbelkonstruktion mit einer Leitgeraden.
Eine weitere Definition der Hyperbel geht von einer Leitgeraden L und einem nicht auf ihr liegenden Brennpunkt F aus. Die Hyperbel ist der geometrische Ort aller Punkte, deren Abstände d von L und r von F im Verhältnis r =H>1 d
(17.27)
stehen. Mit (17.12') und der aus Abb. 17.16 folgenden Beziehung d = f + r cosM ergibt sich die Bedingung 1 d f f fH = = + cosM = – cosM + cosM = const. H r p p r
Diese Bedingung ist erfüllbar und erfüllt für f=
p = H
b2 a 2 b2
.
Der Scheitelabstand vom näheren Brennpunkt ist r(S) = e – a =
p . 1 H
Wie bei Ellipse und Parabel gilt daher (17.15).
(17.28)
166
V Algebra und Geometrie
r e b D a
e a
F2
p
M F1
p
Abb. 17.17: Übersicht: Von kartesischen Koordinaten unabhängige Größen der Hyperbel.
17.4
Tangenten und Polaren der Kegelschnitte
Eine Gerade, die den Kreis in einem Punkte berührt, heißt Tangente an den Kreis. Die Tangente t steht senkrecht auf dem zum Berührungspunkt weisenden Radiusvektor R. Mit dem zu einem anderen Punkt der Tangente weisenden Vektor T folgt die Gleichung Rº(T – R) = 0 Á RºT = RºR = R2. Dies ist die Mittelpunktsform der Tangentengleichung, vektoriell also RºT = R2
R T =1 R2
oder
(17.29)
und als Koordinatengleichung xRxT + yRyT = R2
oder
xR xT y R yT 2 =1. R2 R
(17.30)
y T
R
t
R x Abb. 17.18: Eine Tangente an den Kreis mit Radius R.
17 Die Kegelschnitte
167
Liegt der Kreismittelpunkt nicht im Ursprung des Koordinatensystems, sondern bei M, so sind die Gleichungen entsprechend zu transformieren: (R – M)º(T – M) = R2 (xR – xM)º(xT – xM) + (yR – yM)º(yT – yM) = R2 Um die Tangentengleichung der Ellipse abzuleiten, kann man nicht vom Verschwinden des Skalarproduktes Rº(T – R) ausgehen, da hier die Tangente im Allgemeinen nicht senkrecht auf dem Radiusvektor R des Berührungspunktes steht. Man erhält die Mittelpunktsform der Tangentengleichung aber aus (17.30), indem alle x-Koordinaten mit R/a und alle y-Koordinaten mit R/b multipliziert werden xR xT y R yT 2 =1. a2 b
(17.31)
Für die um M aus dem Mittelpunkt verschobene Ellipse haben wir
xR xM xT xM yR yM yT yM
a2
b2
=1.
Die Tangenten der Hyperbel ergeben sich ganz analog, in Mittelpunktsform also aus xR xT y R yT 2 =1. a2 b
(17.32)
Eine Gerade, die den Kreis schneidet, heißt Sekante. Ihr im Kreisinnern gelegener Teil heißt Sehne. Von einem Punkt S außerhalb eines Kreises lassen sich immer zwei Tangenten an den Kreis legen. Die Sehne, welche diese beiden Berührungspunkte verbindet, heißt Polare.
y
S
t1
t2
R1
p M
R
x P R2
Abb. 17.19: Zum Punkt S gehörende Tangenten t1 und t2 und Polare p eines Kreises vom Radius R.
168
V Algebra und Geometrie
Wie man aus Symmetriegründen erkennt, liegt die Polare p in der Richtung von R1 – R2 und damit senkrecht zu dem Vektor S, dem Schnittpunkt t1 « t2 der beiden Tangenten. Für alle Punkte P der Polare p gilt daher Sº(P – R1) = 0 oder SºP = SºR1. Wegen SºR1 = |S||R1|ºcosM = |S||R1|º|R1|/|S| = |R1|2 = R2
gilt die Mittelpunktsform der Polarengleichung SºP = R2
SP =1 R2
oder
(17.33)
und als Koordinatengleichung xSxP + ySyP = R2
oder
xS xP y S y P 2 =1. R2 R
(17.34)
Liegt der Kreismittelpunkt nicht im Ursprung des Koordinatensystems, sondern bei M, so sind die Gleichungen entsprechend zu transformieren: (S – M)º(P – M) = R2 (xS – xM)º(xP – xM) + (yS – yM)º(yP – yM) = R2 Um die Polarengleichung der Ellipse abzuleiten, kann man nicht vom Verschwinden des Skalarproduktes Sº(P – R1) ausgehen, denn die Polare p steht im Allgemeinen nicht senkrecht auf dem Vektor S. Man erhält die Mittelpunktsform der Polarengleichung aber aus (17.34), indem alle x-Koordinaten mit R/a und alle y-Koordinaten mit R/b multipliziert werden xS xP y S y P 2 =1. a2 b
(17.35)
y S t1
t2
R1
p P
a b
R2
Abb. 17.20: Zum Punkt S gehörende Tangenten t1 und t2 und Polare p einer Ellipse.
x
17 Die Kegelschnitte
169
Für die um M aus dem Mittelpunkt verschobene Ellipse haben wir
xS xM xP xM y S y M y P y M
a2
b2
=1.
Die Polare der Hyperbel ergibt sich ganz analog, in Mittelpunktsform also aus xS xP y S y P 2 =1. a2 b
17.5
(17.36)
Vergleich der Kegelschnitte
[M, S] = a
Kreis
Ellipse
Parabel
Hyperbel
a
a
–
a
2
2
b a
b a
b2 a
p
r=a=b
[M, F] = e
0
a2 b2
–
e a
0
0
p 2
p 2
p 2
p 2
p
H=
[F, L] = f =
p H
p
a2 b2
z0 eindeutig bestimmt durch die Gleichung tanJ =
x2 y 2 z z0
(17.38)
oder mit der Abkürzung tanJ = k x2 + y2 = [k(z – z0)]2 .
(17.39)
Der Kegel schneidet die durch z=0
(17.40)
definierte x,y-Ebene. Dabei entsteht ein Kreis mit dem Radius kz0, nämlich die Lösungsmenge des Gleichungssystems aus (17.39) und (17.40) x2 + y2 = (kz0)2 .
(17.41)
Für z0 = 0 besitzt der Kreis den Radius 0, d. h. er ist zu einem Punkt entartet. Nun drehen wir das Koordinatensystem mit Hilfe der Drehmatrix DM,y aus (13.1') um den Winkel (-M) um die y- bzw. v-Achse (s. Abb. 17.21 und Abb. 17.22). Dies bedeutet eine Drehung des Kegels um den Winkel M, also im mathematisch positiven Sinne relativ zum Koordinatensystem. Eine Drehung im mathematisch positiven Sinne erfolgt gegen den Uhrzeigersinn, wenn man von der positiven Seite auf die Drehachse blickt.8 Wir blicken in Abb. 17.22 aber von der negativen Seite auf die Drehachse.9 Daher erfolgt die Drehung des Kegels relativ zum Koordinatensystem aus unserer Perspektive im Uhrzeigersinn. 8
9
Merkregel: Weist der Daumen der rechten Hand in die Drehrichtung, so zeigen die gekrümmten Finger den mathematisch positiven Drehsinn. Für das Endergebnis ist es natürlich ohne Belang, in welchem Sinne die Ebene gedreht wird.
17 Die Kegelschnitte
171
w v
u z0
Abb. 17.22: Ein Kegel wird von der um den Winkel (–M) um die y-Achse = v-Achse gedrehten u,v-Ebene geschnitten.
Die Koordinaten (u, v, w) der Punkte im gedrehten Koordinatensystem ergeben sich aus der Transformation § u · § cos M 0 sin M · § x · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 1 0 ¸ Ë ¨ y¸ ¨v¸ = ¨ 0 ¨ w ¸ ¨ sin M 0 cos M ¸ ¨ z ¸ © ¹ © ¹ © ¹
zu u = xcosM + zsinM v=y w = –xsinM + zcosM .
(17.42) (17.43) (17.44)
Gehören die Punkte mit den Koordinaten (x, y, z) im ursprünglichen Koordinatensystem zum Kegel, erfüllen also (17.39), so gehören auch die Punkte mit den daraus nach (17.42)–(17.44) hervorgehenden Koordinaten (u, v, w) zum Kegel. Zum Beispiel befindet sich die Spitze (17.37) des gedrehten Kegels bei u0 = z0sinM v0 = 0 w0 = z0cosM wie man durch Einsetzen ihrer ursprünglichen Koordinaten (0, 0, z0) aus (17.37) in (17.42)– (17.44) erkennt (vgl. Abb. 17.22, z0 ist dort negativ). Die Schnittmenge des Kegels mit der gedrehten Ebene ergibt sich also aus dem aus (17.39) und w=0 bestehenden Gleichungssystem.
(17.45)
172
V Algebra und Geometrie
(17.44) liefert mit der Bedingung (17.45) xsinM = zcosM oder z = xtanM. Setzen wir dies jedoch in (17.39) ein, so beschreiben wir den Schnitt des Kegels mit der gedrehten Ebene in den Koordinaten des ursprünglichen Systems, nicht aber innerhalb der u,v-Ebene. Deswegen lösen wir (17.42)–(17.44) nach (x, y, z) auf. Diese geschieht am bequemsten mit Hilfe der inversen Drehmatrix D–1M, y = DTM, y § x · § cos M 0 sin M · § u · ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ 1 0 ¸ Ë ¨v¸ ¨ y¸ = ¨ 0 ¨ z ¸ ¨ sin M 0 cos M ¸ ¨ w ¸ ¹ © ¹ © ¹ ©
und liefert x = ucosM – wsinM y=v z = usinM + wcosM Einsetzen in (17.39) liefert unter Berücksichtigung von (17.45) u2cos2M + v2 = [k(usinM – z0)]2 .
(17.46)
z0 ist ebenso wie k eine Konstante und wird nicht transformiert. Nach kurzer Umformung ergibt sich u2[cos2M – k2sin2M] + 2uk2z0sinM + v2 = k2z02 . Mit den Abkürzungen cos2M – k2sin2M := b11 k2z0sinM := b13
(17.47) (17.48)
b11u2 + 2b13u + v2 = k2z02
(17.49)
folgt
und für b11 0 2
b · (b ) 2 § b11 ¨ u 13 ¸ + v2 = k2z02 + 13 . b11 b11 ¹ ©
(17.50)
Für b11 > 0 ist der absolute Term, d. h. die rechte Seite von (17.50) positiv. Da der Koeffizient von v2 gleich (+1) ist, ergibt sich eine Ellipse. Für z0 < 0 ist b13 0 (vgl. (17.48), denn bei der Wahl des Drehwinkels M zwischen 0 und S wird sinM niemals negativ). Daher ist der Mittelpunkt der Ellipse um |b13/b11| in u-Richtung verschoben. In diesem Falle schneidet die u,v-Ebene den oberen Kegel (vgl. Abb. 17.21 und Abb. 17.22). Der Schnittpunkt des rechten Kegelrandes mit der u,v-Ebene wandert mit wachsendem Drehwinkel M immer schneller in u-Richtung, während sich ihr Schnittpunkt mit dem linken Kegelrand kaum verändert (vgl. Abb. 17.22). Daher wandert der Mittelpunkt der Ellipse immer weiter in die u-Richtung. (Ein Schnitt der u,v-Ebene mit dem unteren Kegel, also z0 > 0, würde b13 0 implizieren und den Mittelpunkt der Ellipse um –|b13/b11|, also in die negative u-Richtung verschieben.)
17 Die Kegelschnitte
173
a
b
Abb. 17.23: (a) Parabel und (b) Hyperbel.
Für b11 = 0 folgt aus (17.47) cos2M = k2sin2M oder cos2M = tan2Jºsin2M, d. h. 1 = tan2Jºtan2M oder kurz M = S/2 – J. Nun schneidet die u,v-Ebene den Kegel nicht mehr vollständig (s. Abb. 17.23 a). Der Mittelpunkt der Ellipse ist ins Unendliche ausgewandert. Wie man aus (17.49) abliest, ergibt sich eine Parabel. Im Grenzfalle z0 = 0 wird auch b13 = 0, und die Parabel entartet zu der Geraden v = 0 in der u,v-Ebene. Der Schnitt des Kegels mit der u,v-Ebene ist also in diesem Falle die u-Achse. Weitere Drehung M > S/2 – J führt zu einer Hyperbel, da b11 nun negativ ist und die Koeffizienten von u und v in (17.50) somit verschiedene Vorzeichen besitzen (s. Abb. 17.23 b). Für den Drehwinkel M = S/2 liefert (17.46) ein Paar sich kreuzender Geraden v2 = [k(u – z0)]2 Á v = k(u – z0) . Übungen 17.1 x = 0 ist die Gleichung der y-Achse in der x,y-Ebene. Welche Geraden beschreiben die folgenden Gleichungen in der x,y-Ebene? a) x – 3 = 0 b) y + 5 = 0 c) y – 2 = 3(x – 5) + 3 17.2 x2 + y2 = 0 ist die Ursprungsgleichung eines entarteten Kreises, also eines Punktes. Welche Punkte beschreiben die folgenden Gleichungen in der x,y-Ebene? a) (x – 3)2 + y2 = 0 b) x2 + (y + 5)2 = 0 c) (x + 1)2 + (y – 2)2 = 0 17.3 Wo schneiden sich die Ellipsen 1 = (x/10)2 + (y/5)2 und 1 = ((x – 5)/10)2 + (y/5)2?
174
V Algebra und Geometrie
17.4 Wo schneiden sich die quadratische y2 = 25 – (x/2)2 und die lineare Form y = 2x + 1? Skizzieren Sie die Formen! 17.5 Welche Kegelschnitte beschreiben die folgenden quadratischen Formen? a) 2x2 – y2 = 2 b) (x – 2)2 = 0 c) x2 – 3y2 – 2 = 0 d) 2 – 4x2 – y2 = 0 17.6 Eine Ellipse besitzt den Parameter p = 3,2 und die Fläche 20 S. a) Bestimmen Sie die Halbachsen und geben Sie die explizite Mittelpunktsgleichung an, so dass die Hauptachse in der x-Achse liegt. b) Wie lautet diese Gleichung, wenn die Ellipse so weit verschoben wird, dass ihr linker Scheitel die Koordinaten x = 2 und y = 2 besitzt? c) Bestimmen Sie lineare und numerische Exzentrizität der Ellipse. d) Bestimmen Sie den Abstand ihrer Brennpunkte. e) Tragen Sie die berechneten Größen in eine Skizze ein. 17.7 Die Fläche einer Ellipse beträgt A = 50 S, ihre numerische Exzentrizität ist H = (¹3)/2. Im Mittelpunkt der Ellipse ist eine Höhe h = 10 errichtet. Von ihrem oberen Punkt führen Geraden zu den Scheiteln der Ellipse. a) Wie groß sind die Winkel zwischen den Geraden? b) Wie groß sind die Winkel zwischen den Geraden und der Höhe? 17.8
Berechnen Sie die charakteristischen Größen (a, b, e, H) für eine Ellipse, deren Fläche A = 25 beträgt und deren Schmiegekreis im Hauptscheitel den Radius 2 besitzt. b) Der Mittelpunkt der Ellipse besitzt die Koordinaten (1, –3). Wie lautet die implizite Mittelpunktsgleichung dieser Ellipse?
a)
17.9
Berechnen Sie die charakteristischen Größen (a, b, e, H) für eine Ellipse, deren Fläche A = 17 beträgt und deren Schmiegekreis im Hauptscheitel den Radius 2 besitzt. b) Der Mittelpunkt der Ellipse besitzt die Koordinaten (1, –3). Wie lautet die implizite Mittelpunktsgleichung dieser Ellipse?
a)
17.10 Eine Hyperbel besitzt den Parameter p = 8 und die numerische Exzentrizität H = 3. Ihre Brennpunkte liegen auf der x-Achse. Stellen Sie die Polargleichung auf, tabellieren Sie die Radiuslängen r(M) für M = 0°, 30°, 120°,150°, 180° und skizzieren Sie die Hyperbel mit ihren Bestimmungsgrößen (a, e) sowie die Endpunkte der berechneten Radien. 17.11 Eine Ellipse besitzt den Parameter p = 30/7 und die numerische Exzentrizität H = 4/7. Skizzieren Sie einige Punkte der Ellipse mit Hilfe der Polargleichung. Berechnen Sie a, b und die lineare Exzentrizität e.
17 Die Kegelschnitte
175
17.12 Die Polargleichung einer Ellipse liefert r(0) = 10, r(S/3) = 6. Was wissen Sie über diese Ellipse? 17.13 Konstruieren Sie mit Hilfe der Polargleichung die Ellipse mit p = 5 und H = 1/2 und die Hyperbel mit p = 5 und H = 2. 17.14 Eine Hyperbel besitzt den Parameter p = 3 und die numerische Exzentrizität H = 1/3. Was stimmt nicht an diesem Aufgabentext? 17.15 Eine Straße soll in 50 m Höhe verlaufen. Ihre Stützpfeiler besitzen einen Abstand von 10 m voneinander und ruhen auf einer Parabel (s. folgende Abbildung). Die markierten Punkte besitzen die Koordinaten in der Einheit Meter: P1 = (30, 20), P2 = (60, 40), P3 = (120, 30). Wie lang müssen die Pfeiler bei 30, 40, 50, …, 120 m sein? y
2
3
1 x
17.16 Skizzieren Sie eine Parabel mit p = 10 mittels Schnellkonstruktion. 17.17 Gegeben ist eine Ellipse mit den Halbachsen a = 5 (in der x-Richtung) und b = 3 (in der y-Richtung). Ihr Mittelpunkt besitzt die Koordinaten (xM, yM) = (3, –2). Die Ellipse wird von einer Geraden geschnitten, welche die Punkte (1, 1) und (3, 7) enthält. a) Wie lautet die implizite Mittelpunktsgleichung der Ellipse? b) Wie lautet die Gleichung der Geraden? c) In welchen Punkten (x1, y1) und (x2, y2) schneidet die Gerade die Ellipse? 17.18 Man berechne alle Bestimmungsgrößen der folgenden quadratischen Formen und skizziere sie unter Verwendung der Schmiegekreise: a) 0,32ºx2 + 0,5ºy2 – 8 = 0 b) 0,32ºx2 – 0,5ºy2 – 8 = 0 c) 0,32ºx2 – 0,5ºy2 + 8 = 0 d) y2 – 8x = 0 17.19 a) Wie lauten die Gleichungen der Tangenten durch den Punkt (x, y) = (7, 3) an den Kreis xK2 + yK2 = 1? b) Man bestimme die Gleichungen der vom Punkt (8, 13) an den Kreis xK2 + yK2 = 25 gelegten Tangenten.
176
V Algebra und Geometrie
17.20 a) Wie lautet die Gleichung einer Tangente, die in xE = 2 die Ellipse xE2/16 + yE2/25 = 1 berührt? b) Berechnen Sie eine Tangente, die in xE = 3 dieselbe Ellipse berührt. c) Und dasselbe noch einmal für xE = 4. 17.21 Wie lautet die Gleichung einer Tangente, welche die Hyperbel xH2/16 – yH2/25 = 1 in yH = 20 berührt? 17.22 Wie lauten die Gleichungen der Tangenten, welche den Kreis (xK – 1)2 + (yK + 3)2 = 9 bei xK = 2 berühren? 17.23 Der Kreis xK2 + yK2 = 36 wird von der Geraden y = 3x + 1 geschnitten. In welchem Punkt S schneiden sich die in den Schnittpunkten R1 und R2 an den Kreis gelegten Tangenten t1 und t2 (vgl. Abb. 17.19)? Wie lang ist die Sehne (die Sekante p im Kreisinnern)?
18
Sphärische Geometrie
Gegenstand der sphärischen Geometrie ist die Geometrie auf der Kugeloberfläche. Zur Vereinfachung der Notation wählen wir den Kugelradius R = 1 und legen den Ursprung des Koordinatensystem in den Kugelmittelpunkt. Dann ist die Kugeloberfläche S2 die Menge aller Punkte R = (x, y, z) mit Abstand 1 vom Koordinatenursprung S2 = { R | x2 + y2 + z2 = 1 } .
(18.1)
Nach (8.20) genügen zur Bestimmung eines Punktes auf der Kugeloberfläche zwei Koordinaten: T mit 0 T S M mit 0 M < 2S In kartesischen Koordinaten ergibt sich mit (8.21) R(T, M) = (sinTºcosM, sinTºsinM, cosT) .
(18.2)
z N T sinT
dT
d: x M
Abb. 18.1:
10
dM
Zur Definition der Kugelkoordinaten in mathematischen und physikalischen Systemen.10
Die geographische Einteilung der als kugelförmig angenommenen Erdoberfläche in Längen- und Breitengrade geht auf Claudius Ptolemäus (im zweiten Jahrhundert n. Chr.) zurück. Die Meridiane erstrecken sich vom Nordpol zum Südpol. Sie werden durch Längengrade von 0° bis 180° östlicher bzw. 0° bis 180° westlicher Länge unterschieden. Der Nullmeridian schneidet die britische Sternwarte in Greenwich. Die Breitenkreise liegen konzentrisch um die Erdachse. Die Zählung der Breitengrade beginnt am Äquator bei 0° und läuft bis 90° nördlicher bzw. südlicher Breite. Mit Ausnahme des Äquators sind dies keine Großkreise.
178
V Algebra und Geometrie
Am Nordpol N ist T = 0 und z = 1. Am rechten Kugelrand (s. Abb. 18.1) befindet sich der Nullmeridian, d. h. dort ist M = 0. Mit dieser Vereinbarung geht aus (18.2) hervor, dass die y-Richtung nach hinten weist. Ein kleines Oberflächenelement hat die Fläche d: = dT dM sinT .
(18.3)
Die gesamte Kugeloberfläche ist somit (vgl. auch (32.10)) :(S2) =
2S
S
0
0
³ dM³ sin TdT = 4S.
(18.4)
Als Großkreis bezeichnet man den Schnitt einer Ebene E durch das Kugelzentrum (0, 0, 0) mit der Kugeloberfläche S2. Wird die Ebene durch den auf ihr senkrechten Vektor RE definiert, so ergibt sich aus E = { R | RºRE = 0 } und S2 = { R | RºR = 1 } die Großkreismenge G(RE) = { R | RºR = 1 RºRE = 0 } .
(18.5)
Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten R1 und R2 aus S mit R1 R2 liegt in der von ihnen aufgespannten Ebene 2
G(R1, R2) = { R | RºR = 1 R = DR1 + ER2 , D, E ± ¸ } in Koordinaten also wegen R12 = R22 = 1 D2 + 2DEcos(R1, R2) + E2 = 1 .
RE R1
R2
Abb. 18.2:
Ein Großkreis, definiert durch die Normale RE oder durch zwei Vektoren der Schnittebene.
(18.6)
18 Sphärische Geometrie
179
C J
N M
U
a
V
A´ E b
B
c
D B´ a
A C´
b
Abb. 18.3: (a) Ein Kugelzweieck wird begrenzt durch zwei Großkreise. (b) Ein Kugeldreieck wird begrenzt durch drei Großkreise.
Ein Großkreis teilt S2 in zwei gleiche Hälften. Zwei Großkreise, die nicht zusammenfallen, teilen S2 in vier Kugelzweiecke, von denen mindestens zwei kongruent sind. Wir betrachten nur eines von ihnen. OBdA kann ein Schnittpunkt der beiden Großkreise in den Kugelnordpol (T = 0) gelegt werden. Der zweite Schnittpunkt ist dann der Gegenpunkt des Nordpols, der Südpol. Der Winkel zwischen den Großkreisen ist identisch mit dem Winkel zwischen den Tangenten an die Großkreise am Nordpol (s. Abb. 18.3). Die Fläche eines Kugelzweiecks ist :(M) = 2M
(18.7)
denn sie wächst linear mit dem Winkel und für den Vollkreiswinkel 2S ergibt sich nach (18.4) die Gesamtfläche 4S. Ein Kugeldreieck kann durch drei Großkreise definiert werden. Die Flächen der Kugelzweiecke in Abb. 18.3b sind nach (18.7): :(D) = 2D:(E) = 2E
:(J) = 2J
(18.8)
Im Folgenden wollen wir uns an die Eulersche Konvention halten, wonach kein Winkel größer als S sein soll. Ein Dreieck und das durch die Gegenpunkte seiner Eckpunkte definierte Gegendreieck sind kongruent, besitzen also gleiche Flächen :(A', B, C) = :(A, B', C') .
(18.9)
Die in Abb. 18.3b durch E und J definierten Kugelzweiecke liegen vollständig auf der vorderen Kugelseite. Der auf der hinteren Kugelseite liegende Teil des durch D definierten Zweiecks kann mit (18.9) auf die Vorderseite projiziert werden. Damit wird jeder Punkt der vorderen Hemisphäre (Halbkugel) von Zweiecken bedeckt, und zwar die innerhalb der Fläche
180
V Algebra und Geometrie
:(A, B, C) gelegenen Punkte dreimal und die außerhalb gelegenen einmal. Die Summe der drei Zweiecksflächen ist also die gesamte Hemisphärenfläche 2S und zusätzlich die zweifache Dreiecksfläche :(D) + :(E) + :(J) = 2S + 2:(A, B, C) . Daraus ergibt sich die Dreiecksfläche zu :(A, B, C) = D + E + J – S.
(18.10)
Die Innenwinkelsumme von Kugeldreiecken ist stets größer als S. Der Überschuss (18.10) wird auch als sphärischer Exzess bezeichnet. Er bestimmt die Fläche des Dreiecks. Auf der Einheitskugel sind demnach Dreiecke, die gleiche Winkel besitzen, nicht nur ähnlich, sondern sogar kongruent.
18.1
Sphärische Trigonometrie
Im Folgenden werden einige Sätze der sphärischen Trigonometrie hergeleitet; das ist die Lehre vom Zusammenhang zwischen Winkeln und Seiten in Kugeldreiecken. Zur Unterstützung des Vorstellungsvermögens kann das Koordinatensystem so gewählt werden, dass ein Eckpunkt des Kugeldreiecks im Nordpol und ein weiterer auf dem Nullmeridian liegt (s. Abb. 18.3b): A = (xA, yA, zA) B = (xB, 0, zB) C = (0, 0, 1) Unabhängig von dieser speziellen Wahl, die im Folgenden nicht benutzt wird, gilt (da alle Vektoren den Betrag 1 besitzen): cosa = BºC cosb = AºC cosc = AºB
(18.11) (18.12) (18.13)
Der Winkel J wird von den Vektoren U und V aufgespannt (s. Abb. 18.3b). U liegt in der von C und A aufgespannten Ebene senkrecht zu C. Wir können U also darstellen, indem wir A verwenden, den zu C parallelen Anteil aber subtrahieren, so dass U = A – Ccosb. Analog ergibt sich der Vektor V = B – Ccosa. Somit gilt für J: cos J = cos J =
( A C cos b) ( B C cos a) | A C cos b | | B C cos a | AB AC cos a CB cos b C 2 cos b cos a A2 2 AC cos b C 2 cos 2 b B 2 2 BC cos a C 2 cos 2 a
18 Sphärische Geometrie
181
Mit (18.11)–(18.13) sowie A2 = B2 = C2 = 1 folgt cos J =
cos c cos b cos a cos a cos b cos b cos a
1 2 cos b cos b cos 2 b 1 2 cos a cos a cos 2 a cos c cos a cos b cos J = . sin a sin b
(18.14)
Daraus ergibt sich der Seitenkosinussatz cosc = cosacosb + sinasinbcosJ.
(18.15)
Durch zyklische Vertauschung folgen die analogen Sätze für die übrigen Seiten. Speziell für das rechtwinklige Kugeldreieck mit J = S/2 folgt daraus cosc = cosacosb .
(18.16)
Mit Hilfe von (18.15) finden wir: sin J = 1 cos 2 J =
§ cos c cos a cos b · 1 ¨ ¸ sin a sin b © ¹
2
sin J =
sin 2 a sin 2 b (cos c cos a cos b) 2 sin 2 a sin 2 b
sin J =
sin 2 a sin 2 b cos 2 c 2 cos c cos a cos b cos 2 a cos 2 b sin a sin b
sin J =
1 cos 2 a cos 2 b cos 2 c 2 cos a cos b cos c sin a sin b
sin J = sin c
1 cos 2 a cos 2 b cos 2 c 2 cos a cos b cos c sin a sin b sin c
(18.17)
Zyklische Vertauschung liefert sin D = sin a
1 cos 2 a cos 2 b cos 2 c 2 cos a cos b cos c sin a sin b sin c
(auf der rechten Seite ändert sich nichts). Daraus folgt der Sinussatz sin D sin E sin J = = . sin a sin b sin c
(18.18)
Für das rechtwinklige Kugeldreieck mit J = S/2 speziell sin D =
sin a . sin c
(18.19)
182
V Algebra und Geometrie
Aus den beiden vorangehenden Sätzen kann der Winkelkosinussatz abgeleitet werden. Wir beginnen mit dem Quadrat von (18.17) 1 – cos2a – cos2b – cos2c + 2cosacosbcosc = sin2asin2bsin2J multiplizieren auf beiden Seiten mit cosa und verwenden gleichzeitig rechts einmal sinbsinJ = sincsinE aus (18.18) cosa – cos3a – cosacos2b – cosacos2c + 2cos2acosbcosc = sin2asinbsincsinEsinJcosa . Ergänzung der linken Seite durch cosbcosc und Umordnung führt auf [cosa – cosbcosc – cos3a + cos2acosbcosc] + [cosbcosc – cosacos2b – cosacos2c + cos2acosbcosc] = sin2asinbsincsinEsinJcosa [(cosa – cosbcosc)(1 – cos2a)] + [(cosb – cosacosc)(cosc – cosacosb)] = sin2asinbsincsinEsinJcosa cos a cos b cos c cos b cos c cos a cos c cos a cos b + = sinEsinJcosa . º sin b sin c sin c sin a sin a sin b Mit Gleichung (18.15) und ihren durch zyklische Vertauschung entstehenden Varianten ergibt sich cosD + cosEcosJ = sinEsinJcosa und damit der Winkelkosinussatz cosD = –cosEcosJ + sinEsinJcosa .
(18.20)
Übungen 18.1 Wie groß ist die Fläche des Kugeldreiecks (|R| = 1) mit D = S/2, E = S/3, J = S/4? 18.2 Bestimmen Sie die Seitenlängen im Kugeldreieck aus Übung 18.1. 18.3 Der Mond hat einen Radius von 1738 km. Da die Erde ausgedehnt ist und der Mond etwas schwankt, sind nur 41 % seiner Fläche für uns unsichtbar. a) Welchem Kugelzweieck entspricht das? b) Welches gleichseitige Kugeldreieck auf dem Mond besitzt dieselbe Fläche? 18.4 Neapel (14° östliche Länge) und New York (76° westliche Länge) liegen beide auf 41° nördlicher Breite. a) Wie groß ist der Abstand zwischen den Orten auf der Erdoberfläche? b) Wie lang ist der Weg von Neapel bis New York auf dem 41. Breitengrad? [Hinweis: Die Zählung der Breitengrade beginnt am Äquator, nicht wie in Abb. 18.1 am Nordpol. Die Erde kann als Kugel mit Radius 6370 km angenommen werden.] 18.5 Berechnen Sie die Fläche des Kugeldreiecks, dessen Eckpunkte im mathematischen System (T, M) durch A = (S/2, 0), B = (S/2, S/3), C = (S/6, 0) gegeben sind. [Hinweis: Zwei Seiten stehen senkrecht aufeinander und besitzen die Länge S/3.]
VI Infinitesimalrechnung
Das Rechnen mit dem Unendlichen, dem Infiniten, unterscheidet sich deutlich von der finiten Mathematik; wir haben es schon am Beispiel unendlicher Dezimalbruchentwicklungen und in noch stärkerem Maße am Beispiel der irrationalen Zahlen kennengelernt. Dieses Kapitel vermittelt die grundlegenden Kenntnisse, vor allem den Grenzwertbegriff. Die wichtigsten Anwendungen der Infinitesimalrechnung, die Differential- und Integralrechnung mit ihren speziellen Techniken bis zur Laplace-Transformation sowie Vektoranalysis und Differentialgleichungen werden dann in gesonderten Kapiteln behandelt.
19
Folgen
Eine (reelle, unendliche Zahlen-) Folge ist eine Abbildung von den natürlichen Zahlen in die reellen Zahlen, so dass jeder natürlichen Zahl n genau eine reelle Zahl an zugeordnet wird. Bei endlichen Folgen wird nur eine endliche Untermenge der natürlichen Zahlen abgebildet. Wir bezeichnen die Glieder der Folge allgemein mit an und die ganze Folge mit (an). (an) = 3, 6, –1, S, 3, 3, ¹7, 2, 13 und (an) = 1, 4, 9, 16, 25 sind endliche Folgen. Sie sind im Allgemeinen von geringem Interesse. Wir wollen von jetzt an unter Folgen nur noch unendliche Folgen verstehen. (n) = 1, 2, 3, … p p p (an) = a1, a2, a3, … Unendliche Folgen kann man nur dann geschlossen behandeln, wenn ihren Gliedern ein Bildungsgesetz zugrunde liegt. Sie werden entweder durch Aufzählung der ersten Glieder, aus denen das Bildungsgesetz ablesbar sein muss, beschrieben oder mit Hilfe des Bildungsgesetzes selbst oder rekursiv, indem jedes Glied aus dem vorhergehenden berechnet wird11. Dann muss aber zusätzlich auch das erste Glied angegeben werden. Einige Beispiele sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: Aufzählung
Bildungsgesetz
Rekursionsformel
Anfangsglied
(an) = 2, 4, 6, 8, 10, …
an = 2ºn
an = 2 + an–1
a1 = 2
(bn) = 8, 10, 12, 14, …
bn = 2º(n + 3)
bn = 2 + bn–1
b1 = 8
(cn) = 2, 4, 8, 16, … (dn) = 1, 4, 9, 16, … (en) = 9, 16, 25, 36, …
cn = 2
n
cn = 2ºcn–1
2
dn = (1 + ¹dn–1)
dn = n
en = (n + 2)
2
c1 = 2 2
d1 = 1
2
e1 = 9
–1
f1 = 1
en = (1 + ¹en–1)
( fn) = 1, 1/2, 1/3, …
fn = 1/n
fn = (1 + 1/fn–1)
(gn) = –1, 1, –1, 1, –1, …
gn = (–1)n
gn = –gn–1
g1 = –1
In dieser Tabelle wird selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Rekursionsformel erst ab n = 2 anzuwenden ist. Eine Folge wie (an) oder (bn) mit konstanter Differenz zwischen benachbarten Gliedern heißt arithmetische Folge. Eine Folge wie (cn) mit konstantem Quotienten benachbarter Glieder 11
Das ist allerdings nicht immer möglich. Ein Beispiel für eine unendliche Folge, die nicht mit einer expliziten Formel beschrieben werden kann, ist die Folge (pn) = 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, … der Primzahlen (s. Abschn. 4.3).
186
VI Infinitesimalrechnung
heißt geometrische Folge. Die Folge ( fn) der Stammbrüche 1/n nennt man auch die harmonische Folge. Eine Folge wie (gn) mit wechselnden Vorzeichen benachbarter Glieder, allgemein eine Folge mit an = (–1)n|an|, heißt alternierende Folge. Definition. Eine Folge (an) ist beschränkt, wenn es zwei reelle Zahlen S– und S+ gibt, so dass n±Û: S– an S+ .
(19.1)
S– heißt untere Schranke, S+ heißt obere Schranke. Gilt nur eine der beiden Ungleichungen (19.1), so heißt die Folge nach unten beschränkt bzw. nach oben beschränkt. Bei S muss es sich keineswegs um die kleinstmögliche obere oder die größtmögliche untere Schranke handeln. Die Folge der Stammbrüche besitzt eine obere Schranke S+ = 10, denn jede reelle Zahl S+ 1 ist eine obere Schranke dieser Folge. Die kleinste obere Schranke heißt obere Grenze oder Supremum der Folge. Die größte untere Schranke heißt untere Grenze oder Infimum der Folge. Definition. Ein Häufungspunkt einer Folge ist eine Zahl h, in deren Umgebung (h – H, h + H) für jedes H > 0 unendlich viele Glieder der Folge liegen. (Eine Umgebung ist also ein offenes Intervall (a, b) = { x | a < x < b }, das oft auch in der Form ]a, b[ dargestellt wird.) Besitzt eine beschränkte Folge nur einen Häufungspunkt, so heißt dieser Häufungspunkt Grenzwert der Folge. In Abb. 19.1 sind die beiden Häufungspunkte der Folge 50 + 10º(–1)n und der einzige Häufungspunkt der Folge 100/n durch h markiert. Definition. Eine Folge (an) konvergiert gegen den endlichen Grenzwert a, wenn zu jeder reellen Zahl H > 0 eine natürliche Zahl nH±Û existiert, so dass für alle n nH gilt |an – a| an+1
so heißt die Folge streng monoton steigend bzw. streng monoton fallend. Satz Eine beschränkte monotone Folge ist konvergent. Beweis. Die Existenz eines Häufungspunktes ergibt sich sofort aus der Beschränkung. Die Folge besitzt keine Glieder außerhalb eines Intervalls [S–, S+]. Einteilung dieses Intervalls in beliebig schmale Teilintervalle der Breite b führt auf (S+ - S–)/b := k Teilintervalle. Wenn
188
VI Infinitesimalrechnung
jedes von ihnen maximal m Glieder der Folge enthält, so besitzt die Folge höchstens kºm Glieder, im Widerspruch zur Annahme einer unendlichen Folge. Also befinden sich in mindestens einem Teilintervall unendlich viele Glieder. Das entspricht einem Häufungspunkt, denn die positive Intervallbreite b kann kleiner als der kleinste Abstand zwischen zwei verschiedenen Häufungspunkten der Folge gewählt werden. Wir überzeugen uns nun, dass es nur ein einziges Teilintervall dieser Art und damit nur einen einzigen Häufungspunkt gibt, indem wir die gegenteilige Annahme zum Widerspruch führen. OBdA sei die Folge monoton steigend. Sie besitze mindestens zwei verschiedene Häufungspunkte, h1 und h2 > h1. Da h2 Häufungspunkt ist, liegen unendlich viele Glieder im Intervall (h2 – H, h2 + H) mit H = (h2 – h1)/2. Das erste dieser Glieder sei an. Wegen der Monotonie der Folge liegen alle weiteren Glieder außerhalb des Intervalls (h1 – H, h1 + H). Also können in diesem Intervall um h1 höchstens (n – 1), d. h. endlich viele Glieder liegen. Deshalb kann h1 kein Häufungspunkt sein. e Definition. Eine Teilfolge entsteht dadurch, dass Glieder der Folge weggelassen werden, wobei noch unendlich viele übrig bleiben. Definition. Ein Glied as der Folge (an) heißt Spitze der Folge, wenn es von keinem der darauf folgenden Glieder übertroffen wird: n > s Á an as. Beispiel: Die konstante Folge 1, 1, 1, … enthält nur Spitzen, ebenso wie die Folge der Stammbrüche ( fn). Sie Folge der natürlichen Zahlen enthält keine Spitze.
an
n
Abb. 19.2: Eine nach einem einfachen Bildungsgesetz aufgebaute Folge. Ihre Spitzen sind durch schwarz gefüllte Kreise markiert.
Satz Jede Folge enthält eine monotone Teilfolge. Beweis. Eine Folge enthält entweder endlich viele Spitzen (z. B. gar keine) oder unendlich viele Spitzen. Im ersten Fall existiert nach der letzten Spitze zu jedem Glied ein größeres Glied. Die Teilfolge dieser größeren Glieder ist streng monoton steigend. Im zweiten Fall bildet die Folge der unendlich vielen Spitzen eine monoton fallende Folge. e Da aus Beschränkung und Monotonie Konvergenz folgt, gilt der Satz Jede beschränkte Folge enthält eine konvergente Teilfolge.
Mit dem Cauchyschen Konvergenzkriterium gelingt es, das Konvergenzverhalten auch dann zu prüfen, wenn ein Grenzwert nicht bekannt ist.
19 Folgen
189
Satz (Cauchy) Die Folge (an) konvergiert genau dann, wenn es zu jedem H > 0 eine natürliche Zahl nH ± Û gibt, so dass für m, n nH gilt
|an – am| < H.
(19.3)
Beweis Á Die Folge (an) sei konvergent. Dann besitzt sie einen Grenzwert a. Also existiert zu jeder reellen Zahl H/2 > 0 eine natürliche Zahl nH/2, so dass für m, n nH/2 gilt |an – a| < H/2
und
|a – am| < H/2 .
Mit der Cauchy–Schwarzschen Ungleichung (s. Übung 5.4) folgt dann H > |an – a| + |a – am| |an – a + a – am| = |an – am| .
Das Cauchysche Konvergenzkriterium (19.3) ist also erfüllt. Beweis (¿). Nun gelte (19.3). (an) ist sicher beschränkt und enthält daher eine konvergente Teilfolge ( ank ) mit Grenzwert a. Für n, nk nH/2 gilt |an – ank | < H/2 und wegen der Konvergenz der Teilfolge ( ank ) gegen a gilt auch | ank – a| < H/2 . Wieder folgt mit der Cauchy–Schwarzschen Ungleichung H > |an – ank | + | ank – a| |an – ank + ank – a| = |an – a| .
Die Folge (an) ist nach (19.2) konvergent. e Eine konvergente Folge nennt man deshalb auch Cauchy-Folge. In den reellen Zahlen besitzt jede Cauchy-Folge einen Grenzwert. In den rationalen Zahlen ist dies nicht der Fall. Beispiel: Eine Folge sei definiert durch die Rekursionsformel an+1 =
1§ 2 · an ¸ ¨ 2© an ¹
(19.4)
mit a1 = 1. Alle Glieder sind rationale Zahlen. Für den Grenzwert a muss gelten a=
1§ 2· ¨a ¸ 2© a¹
da sich an und an+1 für n o nicht mehr unterscheiden. Daraus folgt a = ¹2 ² · . Die Folge (19.4) kann also dazu dienen, den Wert von ¹2 zu approximieren. Auch die Quadratwurzeln anderer Zahlen lassen sich auf diese Weise mit beliebiger Genauigkeit berechnen. Der Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die Gleichung 2x2 = x2 + k die offenbar dann erfüllt ist, wenn x2 = k gilt. Da x unbekannt ist, formt man die Gleichung um
190
VI Infinitesimalrechnung
x=
1§ k· ¨x ¸ 2© x¹
setzt für die rechts stehenden Unbekannten x einen Anfangswert a1 ein, z. B. x = a1 = 1, und rechnet aus, ob sich derselbe Wert für das links stehende x ergibt. Dies ist für irrationale Wurzeln nie der Fall, sondern man erhält a2 =
1§ k · a1 ¸ a1 ¨ 2© a1 ¹
und eine Folge analog zu (19.4). Der Prozess wird fortgesetzt, bis sich an+1 im Rahmen der gewünschten Genauigkeit nicht mehr von an unterscheidet. Auf diese Weise lassen sich auch höhere Wurzeln als Grenzwerte von Folgen berechnen, z. B. 3¹k
Á
2x3 = x3 + k 1§ k · an+1 = ¨ an 2 ¸ . 2© an ¹
(19.5)
Die reellen Zahlen ¸ können gleichermaßen durch Dedekind-Schnitte (s. Abschn. 5.5) wie durch Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen definiert werden. Die in den rationalen Zahlen nicht existierenden Grenzwerte bilden die Menge der irrationalen Zahlen. Zum Umformen von Folgen kann man die folgenden trivialen Regeln anwenden. Seien (an) und (bn) konvergente Folgen und c ± ¸, dann gilt: lim (c º an) = c º lim an
nof
nof
lim (an + bn) = lim an + lim bn
nof
nof
nof
lim (an º bn) = lim an º lim bn
nof
nof
nof
lim
1 1 = , falls an 0 und lim an 0 nof an lim an
lim
anc
nof
nof
n of
, falls a c
= lim an n of
c n
und lim an n of
c
existieren
Eine Folge (an) konvergiert gegen den Grenzwert a genau dann, wenn die Folge (an – a) eine Nullfolge ist. Seien (an) und (bn) konvergente Folgen mit an bn für fast alle12 n, dann gilt lim an lim bn .
n of
n of
(bn) heißt dann Majorante von (an), und (an) heißt Minorante von (bn). Bei der Berechnung der Grenzwerte von verwickelten Ausdrücken verwende man diese Regeln und Sätze, um einfache Ausdrücke mit klar ersichtlichem Grenzverhalten zu erzeugen, vor allem die Folgen (n) und (1/n) sowie ihre Potenzen. 12
„Fast alle“ bedeutet „alle bis auf endlich viele“.
19 Folgen
191
Übungen 19.1 Man setze a1 = 1 und berechne mit Hilfe der Folge (19.5) die dritte Wurzel aus 3 auf vier zählende Stellen genau. 19.2 Man bestimme die Grenzwerte der unten definierten Folgen oder stelle ihre Divergenz fest (große Buchstaben bezeichnen positive reelle Zahlen).
an bn
cn
dn
n 1/ 2 §J · n Kn ¸ I 5 4 U Vn Wn 2 ¨© n ¹ n Cn Un n 2 Kn 2 n5 D 2 E nB
A n
L Kn3/ 4 Mn5 / 8 2
n 7L n 4
Ln
5n 3n
6
2
n3
2
§ 1 1 · ¨1 n 2 ¸ n ¹ © Gn H 1 1 Un 2 Vn3 Wn 4
1 n2 1
19.3 Fibonacci-Folge: Ein Mann bekommt im Januar ein Pärchen Kaninchen geschenkt, die gerade geboren sind und erst im übernächsten Monat (März) und dann in jedem folgenden Monat ein Pärchen erzeugen. Auch dieses und alle weiteren Pärchen erzeugen ab dem zweiten Monat nach ihrer Geburt jeweils ein Pärchen monatlich. Wie viele Pärchen hat der Mann im Dezember? Wie lautet die Rekursionsformel für diese erste implizit definierte Folge? [„Fibonacci“ (Sohn des Gutchens) war der Spitzname von Leonardo von Pisa.]
20
Reihen
Definition. Sei (an) eine Folge, dann heißt die Summe ihrer Glieder f
¦ an
a1 a2 a3 …
(20.1)
n 1
eine Reihe, und (an) heißt Stammfolge dieser Reihe. Bricht man die Summation nach dem k-ten Glied ab, so erhält man die k-te Partialsumme oder Teilsumme k
¦ an
sk
a1 a2 a3 … ak .
(20.2)
n 1
Ist die Folge der Partialsummen (sk) konvergent, so heißt die Reihe konvergent. Der Grenzwert der Partialsummenfolge heißt dann Wert oder Summe s der Reihe lim sk
k of
k
f
n 1
n 1
¦ an ¦ an k of
s .
lim
(20.3)
f
Satz Ist
¦ an
konvergent, so gilt lim an = 0. n of
n 1
Der Beweis für diese notwendige Bedingung ist trivial. f
Die Umkehrung des Satzes gilt nicht, z. B. ist die harmonische Reihe
1
¦n
divergent. Beweis
n 1
durch Reihenverdichtung, s. (20.10). Existiert kein Grenzwert s der Partialsummenfolge, so heißt die Reihe divergent. Ein Beispiel dafür bilden die arithmetischen Reihen, deren Stammfolgen durch eine konstante Differenz d ihrer Glieder ausgezeichnet sind: a1 ( a1 d ) (a1 2d ) (a1 3d ) …
Eine spezielle und sehr wichtige Klasse von Reihen sind die geometrischen Reihen. Der Quotient von zwei aufeinanderfolgenden Gliedern ist konstant q
an 1 . an
In der einfachsten Form lautet die Partialsumme sn
1 q q 2 ... q n 1
n
¦ q k 1 k 1
1 qn . 1 q
(20.4)
194
VI Infinitesimalrechnung
1 q q
Beweis.
2
… q n 1 (1 q ) 1 q n .
e
1 qn n of 1 q
Für |q| < 1 konvergiert die geometrische Reihe gegen lim
1 . 1 q
Die allgemeine Form der geometrischen Reihe ist daher a1 a1q a1q 2 a1q 3 … a1
1 1 q
für |q| < 1 .
(20.5)
Beispiel: Trinkt man ein Glas Wasser zur Hälfte aus und dann immer nur die Hälfte dessen, was man beim letzten Mal getrunken hat, so könnte man unendlich lange von einem Glas Wasser trinken (vorausgesetzt, es gäbe keine Atome), denn die Hälfte bleibt immer übrig 1 1 1 1§ 1 1 · … ¨1 …¸ 2 4 8 2© 2 4 ¹
1 1 2 1 1 2
1 .
Gibt man jeweils die Hälfte zurück und trinkt davon wieder nur die Hälfte 1 1 1 1 1§ 1 1 1 · … ¨1 …¸ 2 4 8 16 2© 2 4 8 ¹
1 1 2 1 1 2
1 3
so benötigt man sogar nur 1/3 Glas Wasser für die Ewigkeit. Satz Konvergenzkriterien für Reihen mit nichtnegativen Gliedern. f
(20.6) Die Reihe
¦ an n 1
k
konvergiert genau dann, wenn die Folge (sk) = (¦ an ) der Partialsumn 1
men beschränkt ist. f
(20.7) Majorantenkriterium: Sei bn an für n n0, und es konvergiere
¦ bn , dann konvern 1
f
giert auch
¦ an . n 1
(20.8) Quotientenkriterium: Für n n0 und 0 < q < 1 gelte
an 1 q, dann konvergiert an
Anstelle von „für n n0“ kann die Bedingung auch in die Form lim
n of
f
¦ an . n 1
an 1 q gefasst werden. an
Man beachte, dass q echt kleiner als 1 sein muss. (20.9) Wurzelkriterium: Für n n0 und 0 < q < 1 gelte f
dann konvergiert
¦ an . n 1
n
an d q bzw. es gelte lim
n of
n
an d q ,
20 Reihen
12
4
195
8
16
12
4
8
16
Abb. 20.1: Zur Reihenverdichtung. Darstellung aller Reihenglieder an als senkrechte Balken. Links sind jeweils 2k–1 Balken der Größe des Gliedes a2k dunkel markiert; sie werden von der Reihe vollständig überdeckt. Rechts sind 2k Balken der Größe des Gliedes a2k dunkel markiert. Sie überdecken alle Glieder der Reihe mit Ausnahme des ersten Gliedes a1. f
(20.10) Reihenverdichtung: Sei (an) eine monoton fallende Nullfolge.
¦ an
konvergiert
n 1
f
genau dann, wenn
¦ 2k a2
k
konvergiert.
k 1
Beweis. (20.6) folgt aus Beschränktheit und Monotonie der Partialsummenfolge (sk) und letztere aus der Voraussetzung an 0. (20.7) ist trivial. (20.8) und (20.9) wurden mit (20.5) bereits bewiesen, denn als Majorante lässt sich immer eine konvergente geometrische Reihe finden. Zu (20.10): Da eine monoton fallende Folge (an) vorausgesetzt wurde, ist a2 nicht größer als irgendein vorhergehendes und nicht kleiner als irgendein darauf folgendes Glied. Teilt man die Reihe geschickt auf (s. Abb. 20.1), so ergeben sich die Ungleichungen: k
a1 + (a2) + (a3 + a4) + (a5 + a6 + a7 + a8) + … a1 + 1ºa2 + 2ºa4 + 4ºa8 + … = a1 +
f
¦ 2k 1 a2 k 1
a1 + (a2 + a3) + (a4 + a5 + a6 + a7) + (a8 + … a1 + 2ºa2 + 4ºa4 + 8ºa8 + … = a1 +
f
¦ 2k a2 k 1
Mit f
¦ 2k 1 a2 k 1
k
=
1 f k ¦ 2 a2k 2k 1
folgt
a1 +
1 f k ¦ 2 a2k 2k 1
f
f
n 1
k 1
¦ an a1 + ¦ 2k a2
k
.
k
k
196
VI Infinitesimalrechnung
Konvergiert die rechte Reihe, so konvergiert auch die linke, da sie sich nur um den Faktor 1/2 von der rechten unterscheidet (das endliche Glied a1 spielt für das Konvergenzverhalten keine Rolle). Da der Wert der mittleren Reihe aber größer als der Wert der linken und kleiner als der Wert der rechten ist, muss er endlich sein. Umkehrschluss: Konvergiert die mittlere e Reihe, so konvergiert notwendig auch die linke (Minorante) und damit auch die rechte. Reihenverdichtung ist ein äußerst nützliches Konvergenzkriterium, das in vielen Fällen zum Ziele führt, in denen andere Kriterien versagen, z. B. bei der harmonischen Reihe, die weder mit dem Wurzelkriterium noch mit dem Quotientenkriterium behandelt werden kann, da sich a wegen lim n an = 1 und lim n 1 = 1 kein q < 1 finden lässt, aber für n ± Û gilt n an < 1 n of n of an a und n 1 < 1, so dass das Konvergenzverhalten ungewiss bleibt. Die Reihenverdichtung an f
zeigt aber, dass
1
¦n
f
nicht konvergiert, weil
n 1
1
¦ 2k 2k k 1
f
=
¦1 nicht konvergiert. k 1
Satz (Leibniz-Kriterium für alternierende Reihen): Sei (an) eine monoton fallende Nullfolge. f
¦ (1)n1 an .
Dann konvergiert
n 1
2m
Beweis. Die Notwendigkeit der Bedingung ist klar. Sei nun m ± Û, dann ist ¦ (1) n 1 an s n 1
2 m 1
2 m 1
2m
n 1
n 1
n 1
¦ (1)n 1 an . Also liegt s in einem Intervall der Größe ¦ (1)n1 an – ¦ (1)n1 an = a2m+1
und diese geht gegen Null für n o . f
Definition.
¦ an
e f
heißt absolut konvergent, wenn
n 1
¦ | an | konvergiert. n 1
Satz Eine absolut konvergente Reihe lässt sich beliebig umordnen, ohne den Grenzwert zu ändern. Eine nicht absolut konvergente Reihe besitzt eine divergente Umordnung. Beispiel: Nach dem Leibniz-Kriterium ist die alternierende harmonische Reihe f
1
¦ (1)n1 n n 1
1 1 1 1 … 2 3 4
konvergent. Die Konvergenz ist nicht besonders stark; man benötigt viele Glieder für eine genauere Berechnung ihres Wertes s = ln2 (s. Übung 27.8), aber die ersten vier Glieder lie7 5 s . Wir ordnen die Reihe nun folgendermaßen um: fern bereits die Abschätzung 12 6 § 1 1· §1 1 1· §1 1 1· § 1 1 1· ¨1 ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ … © 3 2 ¹ © 5 7 4 ¹ © 9 11 6 ¹ © 13 15 8 ¹
20 Reihen
197
Alle negativen Glieder erscheinen, wenn auch etwas später. Der Wert der ersten Klammer ist 5/6 und der Wert der zweiten Klammer 13/140. Keine Klammer kann negativ werden, da in jedem Falle der kleinere positive Summand größer als die Hälfte des negativen ist. Damit hat sich der Grenzwert geändert: s > 5/6. Man kann diese Reihe auch so umordnen, dass immer erst dann ein negatives Glied (–1/k) eingeschaltet wird, wenn die Summe der direkt davor stehenden positiven Glieder größer als 2/k ist. Da unendlich viele positive und negative Glieder vorhanden sind, divergiert die so gebildete Reihe. Definition. Eine Reihe konvergiert unbedingt, wenn jede Umordnung gegen denselben Grenzwert konvergiert. f
f
n 1
n 1
¦ an konvergiert absolut ¾ ¦ an
Satz
konvergiert unbedingt.
Übungen 20.1 Man untersuche das Konvergenzverhalten folgender Reihen: f
a)
1
¦ (1)n 2 n n 1 f
b)
1
¦ 2n n 1 f
c)
n2
¦ 2n n 1 f
d)
¦ n 1 f
e)
2n n!
1
¦ n n2 n 1 f
f)
n2 ¦ 1 n3 n 1
g)
¦ ln 2n
f
1
n 1
[Hinweis: Für ln2n beachte man Abschn. 24.1, insbesondere (24.9).] f
20.2 Für welche Zahlen q konvergiert die Reihe
¦ q n1 ? n 1 f
20.3 Für welche Zahlen q konvergiert die Reihe
qn
¦ n! ? n 1
198
VI Infinitesimalrechnung
20.4 Man bestimme eine konvergente Majorante für f
a)
1
¦ n n 2 n3 n 1 f
b)
1
¦ 3n2 ln 3n
.
n 1
[Hinweis: Für ln3n beachte man Abschn. 24.1, insbesondere (24.9).] f
[Anmerkung: Selbstverständlich kann man auch
2
¦ an
als konvergente Majorante angeben,
n 1
f
wenn man weiß, dass
1
¦ an
konvergiert.]
n 1
20.5 Man stelle 0,123123123… als Bruch dar. [Hinweis: Umformung mit Hilfe der geometrischen Reihe.] 20.6 97 ist als Summe einer geometrischen Reihe mit dem Anfangsglied 1 darzustellen. 20.7 In einen Würfel von 1 m Kantenlänge ist eine Kugel einbeschrieben, in diese wieder ein Würfel, in diesen eine Kugel usw. Wie groß ist die Oberfläche aller Würfel? [Hinweis: Der Durchmesser der Kugel im Würfel n ist die Raumdiagonale des Würfels n + 1.]
21
Stetige Funktionen
Die Definition einer Funktion als einer Abbildung zwischen Zahlenmengen wurde bereits in Abschn. 3.1 gegeben. Demnach gehören auch Folgen und Reihen zu den Funktionen. Da ihr Definitionsbereich nur aus den Indizes 0, 1, 2, 3, … besteht, werden sie zuweilen auch als Indexfunktionen bezeichnet. Wir wollen in diesem Abschnitt reelle Funktionen betrachten; Definitionsbereich und Wertebereich sind Untermengen der reellen Zahlen. Von besonderem Interesse sind stetige Funktionen. Eine Funktion ist dann stetig, wenn man ihren Graphen ohne abzusetzen zeichnen kann. Das zeichnerische Prüfverfahren scheitert allerdings in manchen Fällen, z. B. bei schnell oszillierenden Funktionen. Zur formalen Prüfung der Stetigkeit gibt es zwei äquivalente Definitionen, die Epsilon-Delta-Definition und die Folgen-Definition. Definition. Die Funktion f (x) ist genau dann stetig in x0 ± +, wenn es zu jeder Zahl H > 0 eine Zahl G > 0 gibt, so dass für alle x ± ¸ mit 0 < |x – x0| < G gilt | f (x) – f (x0)| < H. Anmerkung: Eine heute weit verbreitete Definition fordert nur, dass für alle x ± + (nicht ¸) mit |x – x0| < G gilt | f (x) – f (x0)| < H. Damit sind auch Indexfunktionen stetig, was jedoch dem Grundgedanken der Stetigkeit reeller Funktionen zuwiderläuft. Definition. Die Funktion f (x) ist genau dann stetig in x0 ± +, wenn für jede Folge (xn) mit xn x0 und Grenzwert x0 gilt: lim f (xn) = f (x0). Da dies für jede Folge gelten muss, kann n of
man auch lim f (x) = f (x0) schreiben. Gilt dies nicht für jede Folge oder existiert keine Folx o x0
ge (xn) auf + mit xn x0 und Grenzwert x0, so ist die Funktion nicht stetig an der Stelle x0. Definition. Die Funktion f (x) ist nicht stetig an der Stelle x0 ± +, wenn es eine Zahl H > 0 gibt, so dass zu jeder Zahl G > 0 ein x ± ¸ existiert mit 0 < |x – x0| < G und | f (x) – f (x0)| H H. Hinweis: Die Bedingung | f (x) – f (x0)| H H bedeutet nicht allein | f (x) – f (x0)| H, sondern schließt auch den Fall ein, dass f (x) nicht definiert ist.
f(x)
f(x)
2H
2H
2G Abb. 21.1:
x a
f(x)
x0 2G
x b
x1
x2
x c
(a) stetige Funktion, (b) in x0 unstetige Funktion, (c) in (x1, x2) und sonst nirgends stetige Funktion.
200
VI Infinitesimalrechnung
Ist eine Funktion an der Stelle x0 nicht erklärt, also x0 ² +, so ist sie dort auch nicht stetig, z. B. f (x) = x/x ist unstetig an der Stelle x0 = 0. Definition. Die Funktion f (x) heißt stetig im Intervall B ° +, wenn f (x) an jeder Stelle x ± B stetig ist. Beispiel: Jedes reelle Polynom ist überall stetig. Satz (Zwischenwertsatz von Bolzano) Sei f (x) stetig auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] ° + und sei f (a) y f (b). Dann gibt es eine Stelle x0 ± [a, b] mit f (x0) = y. Wenn f (a) und f (b) verschiedene Vorzeichen besitzen, so liegt im Intervall mindestens eine Nullstelle. Nicht jede stetige Funktion ist beschränkt, wie f (x) = x mit + = (–, ) oder f (x) = 1/x mit + = (0, 1) zeigen. Aber wenn f (x) an der Stelle x0 stetig ist, dann gibt es eine Umgebung U = (x0 – H, x0 + H) von x0 mit H > 0, so dass f (U « +) beschränkt ist.
Definition. Die Funktion f (x) heißt gleichmäßig stetig auf dem Intervall B ° +, wenn es zu jeder Zahl H > 0 eine Zahl G > 0 gibt, so dass für alle x, y ± B mit |x – y| < G gilt | f (x) – f (y)| < H. G(H) ist dabei für das gesamte Intervall B dasselbe, unabhängig von der speziellen Wahl von x und y. Jede auf einem abgeschlossenen Intervall stetige Funktion ist dort gleichmäßig stetig. Beispiele für gleichmäßig stetige Funktionen auf ¸ sind die konstante Funktion f (x) = c und die lineare Funktion f (x) = mºx + c sowie der Absolutbetrag f (x) = |x|. Polynome zweiten und höheren Grades sind auf ¸ zwar stetig, aber nicht gleichmäßig stetig. Die lineare Funktion f (x) = x ist auf ¸ gleichmäßig stetig. Wählen wir einfach G = H, so folgt aus |x – y| < G, dass auch | f (x) – f (y)| = |x – y| < G = H. Die Hyperbel-Funktion f (x) = 1/x ist im Intervall (0, ) nicht gleichmäßig stetig. Um | f (x) – f (y)| = |1/x – 1/y| = |(x – y)/(xºy)| < H sicherzustellen, muss |x – y| < Hºxºy gelten. GHºxºy hängt also nicht allein von H ab, sondern auch von den Argumenten x und y, die beliebig klein werden können, so dass G sehr klein werden muss. Auch die Parabel-Funktion f (x) = x2 ist auf ¸ nicht gleichmäßig stetig. | f (x) – f (y)| = |x2 – y2| = |(x – y)º(x + y)| < H gilt nur, falls |x – y| < G H|x + y|. Übungen 21.1 Man prüfe mit derHG-Definition die Stetigkeit der folgenden Funktionen auf ¸: a) f (x) = x + 2 b) f (x) = |x| c) f (x) = x3 21.2 Man zeige die Stetigkeit der Funktion f (x) = ¹x im Intervall (0, ). Wie ist G zu wählen? [Hinweis: |¹x – ¹x0| = |(x – x0)/(¹x + ¹x0)|] 21.3 Man zeige die gleichmäßige Stetigkeit der Funktion f (x) = x–1 im Intervall [1, 10]. Wie ist G zu wählen? [Hinweis: |1/x – 1/x0| = |(x – x0)/xºx0|] 21.4 Man zeige die gleichmäßige Stetigkeit der Funktion f (x) = x2 im Intervall [0, 10] mit Hilfe eines nur von H abhängenden G.
22
Funktionenfolgen und Funktionenreihen
Die Glieder einer Folge oder einer Reihe können auch Funktionen sein. Definition. Sei + ° ¸ und n0 ± Û fest. Für jedes n n0 sei fn: + o ¸ gegeben. Dann heißt ( fn) eine Funktionenfolge. § n · Definition. Die Funktionenfolge ¨¨ ¦ f k ¸¸ heißt Funktionenreihe und © k n0 ¹ oder Summe der Reihe.
f
¦
f k heißt Wert
k n0
Definition. Sei ( fn) eine Funktionenfolge und B ° +. Die Funktionenfolge heißt konvergent im gewöhnlichen Sinne oder punktweise konvergent auf B, wenn eine Funktion f: B o ¸ existiert, so dass für alle x ± B gilt f (x) = lim f n ( x) . f heißt Grenzfunktion und ist eindeutig n of
bestimmt. Definition. Die Funktionenfolge mit der Grenzfunktion f: B o ¸ heißt gleichmäßig konvergent auf B, wenn zu jedem H > 0 ein nH n0 existiert, so dass für n nH und alle x ± B gilt | fn(x) – f (x)| < H. Die zweite Definition ist wesentlich schärfer als die erste, denn sie besagt, dass von einem gewissen nH an die Funktionen fn(x) an keinem Punkt x des Intervalls stärker als um ±H von f (x) abweichen. Ist eine Funktionenfolge gleichmäßig konvergent, so ist sie auch punktweise konvergent. Sind die Funktionen fn stetig und gleichmäßig konvergent, so ist auch die Grenzfunktion f stetig. Sind die Funktionen dagegen nur punktweise konvergent, so kann die Grenzfunktion unstetig sein. Definition. ( fn) ist nicht gleichmäßig konvergent, wenn es ein H > 0 und ein x ± B gibt, so dass zu jedem nH ein n nH existiert mit | fn(x) – f (x)| H.
H H f(x) x Abb. 22.1:
Grenzfunktion mit Epsilon-Umgebung.
202
VI Infinitesimalrechnung
f(x)
1
0 0
1/2n
Abb. 22.2:
1/n
1
x
Beispiel einer nicht gleichmäßig konvergenten, stetigen Funktion mit stetiger Grenzfunktion.
Beispiel: fn(x) = xn. Die Funktionen der Folge sind offenbar stetig und konvergieren auf dem Intervall B = [0, 1] punktweise gegen die unstetige Grenzfunktion 0 für 0 d x 1 . f (x) = ® ¯ 1 für x 1 Es gibt ein H > 0 und ein x ± B, so dass für n nH gilt | fn(x) – f (x)| H. Man wähle H = 1/2 n
und die Stelle x =
3 / 4 < 1. Dort ist fn(x) = 3/4 und f (x) = 0, also | fn(x) – f (x)| = 3/4 1/2.
Im Intervall [0, a] mit 0 < a < 1 herrscht aber gleichmäßige Konvergenz, da
n
x
0 und n so groß, dass 1/n < x. Dann ist fn(x) = 0. Für alle x > 0 strebt also fn(x) gegen Null. Für x = 0 und alle n ist fn(x) = 0 (s. Abb. 22.2). Die Grenzfunktion ist also auf dem gesamten Intervall [0, 1] f (x) = 0 und damit stetig. Für den Beweis der nicht gleichmäßigen Konvergenz wähle man H = 1/2, n = nH und x = 1/2nH. Dann ist fn(x) = 1 und | fn(x) – f (x)| = 1 1/2. n
xk für x ± ¸. Diese Funktionenreihe konvergiert auf dem Intervall [–a, a] 0 k!
Beispiel: fn(x) = ¦ k
mit a ± ¸ gleichmäßig gegen f (x) =
f
k 0 f
k
f
xk
xk n 1 k !
¦ k ! , denn | f (x) – fn(x)| = ¦ k
f
k
| x |k n 1 k !
¦
k
a , und das ist der Rest einer konvergenten Reihe, der beliebig klein wird. n 1 k !
¦
Die Definition der gleichmäßigen Konvergenz kann auch mit dem Cauchy-Kriterium erfolgen: Satz Die Funktionenfolge fn(x) konvergiert gleichmäßig auf B ° +, wenn zu jedem H > 0 ein n0 existiert, so dass für alle m, n n0 und für alle x ± B gilt | fn(x) – fm(x)| < H.
22 Funktionenfolgen und Funktionenreihen
203
Das Weierstraßsche Majorantenkriterium vereinfacht den Beweis der gleichmäßigen Konvergenz: f
¦
Satz
f k ist auf B ° + gleichmäßig konvergent, wenn es eine konvergente Reihe
k n0
f
¦ an
n n0
gibt, so dass | fn(x)| |an| für alle x ± B. f
Beispiel: Die Reihe
k
f
und
1
¦ k2
1 sin(kx) sin(kx) konvergiert gleichmäßig für alle x ± ¸, denn 2 2 2 k k k 1
¦
konvergiert.
k 1
Fast alle Funktionen einer gleichmäßig konvergenten Funktionenfolge weichen also im gesamten Definitionsbereich nur um ein beliebig kleines H von der Grenzfunktion ab. Daher muss die Grenzfunktion dieselben Stetigkeitseigenschaften wie die Funktionen der Folge besitzen. Damit ergibt sich der Satz: Satz Ist fn(x) gleichmäßig konvergent und sind die fn stetig, so ist auch die Grenzfunktion f stetig. Dann sind die Grenzprozesse vertauschbar: Die Funktion der Grenzwerte ist der Grenzwert der Funktionenfolge lim lim fn(x) = lim f (x) = f (x0) = lim fn(x0) = lim lim fn(x) .
x o x0
x o x0
nof
nof
nof
x o x0
(22.1)
Dann ist der Grenzübergang mit der Summenbildung vertauschbar f
lim
x o x0
¦
f
f n ( x) =
n n0
fn(x) . ¦ xlim ox
n n0
(22.2)
0
Falls alle Funktionen fn stetig differenzierbar sind (s. Abschn. 23) und die Folge der Partialsummen der Ableitungen f'n gleichmäßig konvergiert, gilt auch noch d f ¦ f n ( x) = dx n n0
f
d
¦ dx fn(x) .
(22.3)
n n0
Definition. U heißt Konvergenzradius einer Potenzreihe
f
¦ an x n , wenn die Reihe für alle x
n n0
mit –U < x < U konvergiert. Nach dem Quotientenkriterium konvergiert die Potenzreihe mit den Gliedern anxn, wenn an 1 x n 1 < 1 für n > n0 oder für n o . Wegen |x| < U, ergibt sich daraus sofort der Konan x n vergenzradius U = lim
nof
an . an 1
(22.4)
204
VI Infinitesimalrechnung f
Beispiel: Der Konvergenzradius der Reihe
¦ xn
ist U = 1, denn die geometrische Reihe kon-
n 0
f
xn ¦ nk mit n 1 beliebigem aber festem k. Für |x| < 1 ist die geometrische Reihe Majorante. Für |x| > 1 diver1 1 giert die Reihe nach dem Quotientenkriterium, denn für n n0 > k | x | 1 ist < k | x | 1 n k k n 1 1 n 1 n 1 § · § · , und es folgt < k |x| Á ¨ Á 1 + < k |x| Á ¸ < |x| Á ¨ ¸ > n n |x| © n ¹ © n 1¹
vergiert für |x| < 1 gegen (1 – x)–1. Denselben Konvergenzradius besitzt die Reihe
| x |n 1 | x |n § n · = |x| ¨ ¸ > 1. Die Reihenglieder wachsen also ab n0 beständig an, und die k k (n 1) n © n 1¹ Reihe – ob alternierend oder nicht – kann nicht konvergieren. Für x = 1 hängt das Konvergenzverhalten von der Größe von k ab: Für k = 1 ergibt sich die divergente harmonische Reihe, für k 2 liegt Konvergenz vor. Für x = –1 konvergiert die Reihe nach dem Leibniz-Kriterium. k
f
¦ an x n konvergent, so konvergiert auch die Reihe
Satz Ist die Potenzreihe
n 0
f
¦ nr an y n
mit
n 1
r ±¸ und |y| < |x|. (n 1) r an 1 y n 1 (n 1) r a y 1 = º n 1 < 1 n an n r an y n nr
Beweis.
r
º
an 1 x . an
Für n o strebt der linke Faktor gegen 1 und der rechte nach Voraussetzung gegen q < 1. e f
Satz Sei
¦ an ( x x0 )n
f
=
n 0
¦ bn ( x x0 )n
für x ± (x0 – U, x0 + U), dann gilt an = bn. (Identi-
n 0
tätssatz für Potenzreihen) Übungen f
22.1 Welchen Konvergenzradius besitzt die Reihe
§1
·
¦ (1)n ¨© 2 x ¸¹
n
?
n 0
[Hinweis: Man substituiere x + 1/2 := y.] 22.2 Man zeige, dass folgende Reihen (vgl. Kap. VII) den Konvergenzradius U = besitzen:
a) e x
f
xn ¦ n 0 n!
f
b) cos x
¦ (1)n
n 0
x2n (2n)!
f
c) sin x
¦ (1)n
n 0
x 2 n 1 (2n 1)!
x 2 n 1 x x2n [Hinweis: Man setze x2n = (x2)n := (y)n und zerlege in , worin der erste (2n 1)! 2n 1 (2n)!
Faktor für n o verschwindet, also gewiss kleiner als 1 ist.]
VII Differentialrechnung
23
Der Differentialquotient
Die Differentialrechnung dient zur Ermittlung der Steigung von Tangenten an Kurven. Tangenten können aber nur angelegt werden, wenn der Definitionsbereich der die Kurven erzeugenden Funktionen nicht zu willkürlich ist, z. B. wie bei einer Folge nur aus isolierten Punkten besteht. Daher soll im Folgenden die Einschränkung gelten: Definition. Eine Teilmenge + ° ¸ heißt zulässig als Definitionsbereich, wenn jeder Punkt x ± + Häufungspunkt ist, d. h. unendlich viele Punkte aus + in jeder Umgebung von x liegen.
f(x)
df (x ) dx 0
f(x 1) f(x 2) f(x 3) f(x0)
x0
x3
x2
x1
x
Abb. 23.1: Strebt die Folge (xn) = x1, x2, x3, … gegen x0, so strebt die Folge der Differenzenquotienten (Steigung der Sekanten) gegen den Differentialquotienten (Steigung der Tangente an der Stelle x0).
Definition. Die Funktion f (x) heißt an der Stelle x0 differenzierbar, wenn der Grenzwert der Folge der Differenzenquotienten eindeutig, d. h. für jede Folge (xn) o x0, existiert. Da der Grenzwert von der Wahl der speziellen Folge unabhängig ist, schreiben wir kurz lim
x o x0
f ( x) f ( x0 ) df : ( x0 ) { f '( x0 ) . dx x x0
(23.1)
Dieser Grenzwert heißt Differentialquotient oder Ableitung von f an der Stelle x0. Die Bezeichnung df/dx stammt von Leibniz, die Bezeichnung f ' (eigentlich ein f mit einem Punkt darüber) von Newton. Satz Ist f an der Stelle x0 differenzierbar, so ist f dort stetig. Á Ist f an der Stelle x0 nicht stetig, so ist f dort nicht differenzierbar.
208
VII Differentialrechnung
Stetigkeit ist also eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Differenzierbarkeit. Ein Beispiel für eine überall stetige, aber nicht überall differenzierbare Funktion ist der Absolutbetrag f (x) = |x|. Für x0 > 0 ist df /dx = 1, für x0 < 0 ist df /dx = (–1), für x0 = 0 existiert kein Differentialquotient. Um dies zu sehen, wählen wir für den Grenzübergang x o 0 die Folge xn = (–1)n/n, die zweifellos den Grenzwert x0 = 0 besitzt. Dort gilt aber für die Folge der Differenzenquotienten
an
§ (1) n · f¨ f ( x0 ) ¨ n ¸¸ © ¹ (1) n x0 n
(1)n 0 n
(1) n n
(1) 0 n
(1) n
n
n
1 (1) n
Á (an) = –1, 1, –1, 1, …
Sie besitzt also keinen Grenzwert. Wenn wir Funktionen betrachten, die in ihrem gesamten Definitionsbereich differenzierbar sind, brauchen wir uns nicht auf einen speziellen Punkt x0 zu beschränken, sondern können Regeln aufstellen, die für alle x ± + gelten. Wir können dann den Differentialquotienten an jeder beliebigen Stelle x bilden. Ersetzen wir x durch x0 + 'x und lassen anschließend den Index 0 weg, so erhält (23.1) die für viele Zwecke übersichtlichere Form lim
'x o 0
f ( x 'x) f ( x) df : ( x) { f '( x) . 'x dx
(23.2)
Ist die Ableitung f '(x) einer differenzierbaren Funktion f (x) wieder eine differenzierbare Funktion, so kann die zweite Ableitung d f '( x) dx
d d f ( x) dx dx
d 2 f ( x) { f ''( x) dx 2
(23.3)
gebildet werden. Ist diese wieder differenzierbar, so kann die dritte Ableitung f ''' gebildet werden usw. Höhere als dritte Ableitungen werden nicht durch Striche sondern durch in Klammern gesetzte Exponenten angegeben: f (4), f (5), … Es ist aber stets zu untersuchen, ob die bearbeitete Funktion auch differenzierbar ist. Die mehrfache Anwendung des Differentialn
d § d · bezeichnet man in exponentieller Schreibweise durch ¨ ¸ . Gewöhnlich dx © dx ¹ wird der Exponent aber am oberen und am unteren Teil angebracht, und zwar so, wie aus (23.3) ersichtlich – also im Zähler vor dem Funktionssymbol.
operators
23.1
Ableitungen einfacher Funktionen
Für die lineare Funktion f (x) = mºx + c mit + = ¸ ist die Ableitung gleich der konstanten Steigung m lim
'x o 0
[m( x 'x) c] [mx c ] 'x
lim
'x o 0
m' x 'x
m .
23 Der Differentialquotient
209
Daran erkennen wir drei Regeln, die sofort aus der Definition des Differentialquotienten (23.1) bzw. (23.2) folgen: Die Ableitung der konstanten Funktion f (x) = c verschwindet c' = 0 .
(23.4)
Die Ableitung der Summe zweier Funktionen ist die Summe der beiden Ableitungen ( f + g)' = f ' + g ' .
(23.5)
Eine additive Konstante entfällt also bei der Differentiation ersatzlos. Eine multiplikative Konstante m bleibt dagegen bei der Differentiation unverändert ( fºm)' = f 'ºm .
(23.6)
Die Ableitung der Funktion f (x) = x mit + = ¸ ist 2
d 2 ( x 'x ) 2 x 2 x = lim 'x o 0 dx 'x
x 2 2 x'x ('x) 2 x 2 'x o 0 'x lim
2x .
Die Ableitung der Funktion f (x) = xn mit + = ¸ und n ± Û erhalten wir ebenfalls mit Hilfe der binomischen Formel
d n ( x 'x ) n x n x = lim 'x o 0 dx 'x
nx n 1'x R('x) 2 'x o 0 'x lim
nx n 1
(23.7)
denn der Rest R('x)2 enthält den Faktor 'x mindestens in der zweiten Potenz, so dass er beim Grenzübergang verschwindet. Wie man aus folgendem Beispiel ersieht, sind Polynome unendlich oft differenzierbar: f (x) = x3 f '(x) = 3x2 f ''(x) = 6x f '''(x) = 6
f (4)(x) = 0 f (5)(x) = 0 usw.
Dagegen ist die zweite Ableitung f ''(x) = 6|x| der Funktion f (x) = |x|3 zwar überall stetig, aber an der Stelle 0 nicht differenzierbar. Mit (23.7) erhalten wir für alle Polynome und sogar für Potenzreihen (die obere Summationsgrenze ist dann ) d dx
n
n
k 0
k 1
¦ ak xk = ¦ ak kx k 1 .
(23.8)
Zu beachten ist, dass die untere Summationsgrenze von 0 auf 1 gesetzt werden muss (denn die Ableitung von x0 ist 0 und nicht 0ºx–1, weil das für x = 0 einen unbestimmten Ausdruck ergäbe). Wie später noch gezeigt wird (s. Abschn. 27.1), lässt sich der binomische Satz verallgemeinern, so dass wir nicht nur für natürliche Zahlen k, sondern für alle reellen Zahlen r außer Null erhalten d r x = rºxr–1 dx
für r ± ¸ \ { 0 } .
(23.9)
210
VII Differentialrechnung
Zum Beispiel besitzt die Funktion f (x) = x–1 auf ihrem gesamten Definitionsbereich + = ¸ \ { 0 } die Ableitung f '(x) = –x–2 1 1 d 1 = lim x 'x x dx x 'x o0 'x
23.2
x ( x 'x ) ( x 'x ) x lim 'x o 0 'x
lim
'x o 0
'x ( x 'x ) x 'x
1 . x2
Ableitungsregeln
Satz (Kettenregel) Seien g(y) in y0 und f (x) in x0 differenzierbare Funktionen mit y = f (x), dann gilt
dg df dg (x0) = (y0) (x0) . dx dx dy dg g ( y ) g ( y0 ) (x0) = lim x o x 0 dx x x0
Beweis.
lim
x o x0
g ( y ) g ( y0 ) y y0 . y y0 x x0
Da f (x) = y in x0 differenzierbar ist, ist f dort auch stetig und es gilt lim y = lim f (x) = f ( lim x) = f (x0) = y0 = lim y
x o x0
x o x0
x o x0
y o y0
d. h. y o y0 für x o x0. Man erhält das Produkt der Limites dg df g ( y ) g ( y0 ) f ( x) f ( x0 ) dg lim (x0) = lim = (y0) º (x0) y o y x o x 0 0 dx dx y y0 x x0 dy
oder kurz dg dg dy = º dx dy dx
(23.10)
wie es vom Grenzwert einer Folge von Brüchen zu erwarten ist. e Bemerkung: In Fällen wie diesem ist die Leibnizsche Notation der Newtonschen vorzuziehen. Satz Sei f (x) = y auf + streng monoton und differenzierbar. Dann existiert die Umkehrfunktion f –1(y) = x und es gilt dy dx dx dy
1.
(23.11)
Beweis. Der Beweis folgt abermals aus der Tatsache, dass der Differentialquotient Grenzwert einer Folge ist, für welche die Regeln der Bruchrechnung ohne Einschränkung gelten 1 df (x ) d f (x ) = 1 = . Man kann auch von (23.10) ausgehen, wobei dg/dx = 1, da 1 dx df (f (x )) df (y ) dy –1 g = f ( f (x)) = x . e
23 Der Differentialquotient
211
Satz (Produktregel) Seien f (x) und g(x) auf + differenzierbar, dann gilt
d ( f ºg) = f 'ºg + f ºg ' . dx Beweis.
(23.12)
d(f g ) f ( x ) g ( x) f ( x0 ) g ( x0 ) (x0) = lim x o x 0 dx x x0 f ( x ) g ( x) f ( x) g ( x0 ) f ( x ) g ( x0 ) f ( x0 ) g ( x0 ) = lim x o x0 x x0 g ( x) g ( x0 ) f ( x) f ( x0 ) . = lim f ( x ) lim g ( x0 ) lim x o x0 x o x0 x o x0 x x0 x x0
e
(23.7) ergibt sich auch durch wiederholte Anwendung von (23.12): d 2 x = (xºx)' = 1ºx + xº1 = 2x dx
d 3 x = (x2ºx)' = 2ºxºx + x2º1 = 3ºx2 dx
usw.
Der Beweis durch vollständige Induktion benutzt x' = 1ºx0 und den Schritt d n+1 x = (xnºx)' = nºxn–1ºx + xnº1 = (n + 1)ºxn . dx Satz (Quotientenregel) Seien f (x) und g(x) auf + differenzierbar, wobei auf dem gesamten Definitionsbereich g(x) 0 gelten soll, dann gilt d f f ' g fg ' = . dx g g2
Beweis. Die Produktregel liefert
(23.13) § 1 ·' d § 1· 1 ¨ f ¸ = f 'º + f º ¨ ¸ . Mit der Kettenregel folgt für den dx © g ¹ g ©g¹
1 d d 1 1 g dg zweiten Term = = 2 g ' . Erweitern des ersten Terms mit g liefert (23.13). e dx g dg dx g
Satz (Mittelwertsatz) Sei f : [a, b] o ¸ auf dem offenen Intervall (a, b) differenzierbar und auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetig. Dann gibt es ein x0 ± (a, b) mit
f (b) f (a) = f '(x0) . ba
(23.14)
Dies ist eine Folge des Zwischenwertsatzes (S. 200) für die stetige Ableitung f ' der differenzierbaren Funktion f. Verallgemeinerung: Seien f und g auf [a, b] differenzierbar und g' 0 für x ± +. Dann gibt es ein x0 ± (a, b) mit f (b) f (a) f '( x0 ) = . g (b) g (a) g '( x0 )
212
VII Differentialrechnung
f(x)
df (x ) dx 0 f(b)
f(a)
a
x0
b
x
Abb. 23.2: Zum Mittelwertsatz. Die Tangente muss an mindestens einer Stelle zwischen a und b parallel zur Sekante verlaufen, wenn die Funktion f dort überall differenzierbar ist (also keine Ecken oder Lücken hat).
Satz (l’Hospitalsche Regel) Seien f und g auf dem abgeschlossenen Intervall B differenzierbar, sei g ' 0 für x ± B und a ein Endpunkt von B. Ist lim f ( x) lim g ( x) 0 ( xB ) o a
und existiert
lim
lim
( xB ) o a
( xB ) o a
f ( x) g ( x)
( xB ) o a
f '( x) , dann ist g '( x) lim
( xB ) o a
f '( x) . g '( x)
Übungen 23.1 Man berechne die ersten und zweiten Ableitungen der Funktionen ¹x, 3¹x, x3,14, 3x + 3, (7x + 2)º(3x3 – 2x6/7), (x2 – 3x)/(x – 1), (x + 7)/(x – 3), (3x2 + 2)1/2, (3x2 + 2)–1/2, ((x3 + 2x2 + x + 2)–1 + 2x)–1, ¹¹x, ((x1/2)1/2)1/2, x1/2ºx1/2
und gebe die Definitionsbereiche der Funktionen und ihrer Ableitungen an. 23.2 Man berechne mit Hilfe der Kettenregel
1 x , d(3x 5) , ((x + f (x))2)', d ((x5 + 1)3 + 3x)4, df (x) , df (x) . d2 x d(2 x 3) dx dg (x) d 1 x d
23.3 Man berechne mit Hilfe der Quotientenregel
d 3 x 5 d 5 x 5 d (f ( x))3 . , , dx 2 x 3 dx 2 x 2 3 dx 1 g ( y )
(23.15)
23 Der Differentialquotient
213
23.4 Man berechne mit Hilfe der Produktregel:
d ( f ( x) g ( y ) h( z )) dx [Hinweis:Funktionen, die nicht von x abhängen, ändern sich nicht bei Änderung von x.]
a)
d ( f ( x) g ( x)h( x)) dx [Hinweis: fºgºh = (fºg)ºh.]
b)
c)
d n f k ( x) dx k 1
[Hinweis: 3 ist eine Abkürzung für das Produkt aller Funktionen von f1 bis fn.] 23.5 Man berechne mit Hilfe der l’Hospitalschen Regel die Grenzwerte
( x 3) 4 x2 1 x2 1 x3 x 2 2 ( x 1)3 x 1 , , lim , lim 5 , lim , lim , lim 3 3 x o1 x 1 x o ( 1) x 1 x o1 x o1 x x 2 x o3 ( x 3) x o1 x 1 x 1 lim
sin x sin 2 x 1 , lim . [Hinweis: (sinx)' = cosx, (cosx)' = –sinx, s. Abschn. 25.] x oS / 2 cos x x o0 x
lim
23.6 An welcher Stelle läuft die Tangente der Kurve
2 x2 parallel zur Geraden 1 – 2x? x 1
23.7 An welcher Stelle läuft die Tangente der Kurve
2 parallel zur Geraden 2 + x/3? x2
23.8 An welcher Stelle stimmen die Ableitungen von x2 und ¹x überein? 23.9 Bilden Sie die erste Ableitung:
3
3
3
f
n 0
n 0
n 0
n 0
xn
¦ n2 x n , ¦ x2 x n , ¦ x2 2 1 x 2n , ¦ n ! .
24
Die Exponentialfunktion
Die Exponentialfunktion f
x 0 x1 x 2 x3 xn = … 0! 1! 2! 3! 0 n!
exp(x) = ¦ n
(24.1)
ist auf allen reellen Zahlen erklärt. Ihr Wertebereich ist (0, ). Bemerkung: Die Schreibweise expx ist ebenfalls möglich, aber etwas verwirrend, weil die Funktionsbezeichnung bereits ein x enthält. Anstelle der von Newton stammenden Reihe (24.1) kann nach Euler auch der Grenzwert § x· exp(x) = lim ¨ 1 ¸ n of © n¹
n
(24.2)
zur Berechnung verwendet werden. Die binomische Formel (S. 26) liefert eine Darstellung § x· ¨1 ¸ © n¹
n
1
n x n(n 1) x 2 n(n 1)(n 2) x3 n(n 1) x n 2 n x n 1 x n + … 2 3 1n 1 2 n 1 2 3 1 2 n n 2 1 n n 1 n n n
der Folgenglieder, aus der sich (24.1) im Grenzfalle n o ergibt.
Beweis (für x 0). Die Eulersche Folge ist Minorante der Newtonschen Reihe n ± Û: §¨1 x ·¸ ©
n¹
n
n
§ n · xk
¦ ¨ k ¸ nk
k 0©
¹
n
n x k n(n 1) (n k 1) xk d 1+ ¦ k k! 1n k 1 k!
= 1+ ¦ k
n
xk
¦ k!
k 0
ihr Grenzwert kann also (24.1) nicht übertreffen. Andererseits ist für jedes m n n
m x k n( n 1) ( n k 1) 1 m 1 · m xk § x· § 1+ 1 (1 ) (1 )¸¦ t ¨ 1 ¸ t 1+ ¦ ¨ n n ¹ k 1 k! nk © n¹ © k 1 k!
n
m xk § x· und wegen der Monotonie der Folge gilt m ± Û: lim ¨1 ¸ t ¦ , woraus für m o n of © n¹ k 0 k! die zu beweisende Identität von (24.1) und (24.2) folgt. Um den Beweis auf x < 0 auszudehnen, verwendet man (24.4). Siehe auch die Ableitung von (24.2) aus (24.11') auf S. 220 sowie Übung 24.10. e Eine dritte Möglichkeit zur Definition der Exponentialfunktion ergibt sich mit Hilfe der Funktionalgleichung
exp(x1 + x2) = exp(x1)ºexp(x2) .
(24.3)
216
VII Differentialrechnung
Beweis. f
x1n º 0 n!
exp(x1)ºexp(x2) = ¦ n
f
xm
¦ m2!
m 0
...
Das Produkt dieser beiden unendlichen Reihen kann auf die übliche Art gebildet werden (alle Terme der zweiten Reihe mit dem ersten Term der ersten Reihe multiplizieren, dann mit dem zweiten Term der ersten Reihe usw.) oder aber nach dem Cauchyschen Diagonalverfahren:
.. 0 1 23 4 5
Abb. 24.1:
...
5 4 3 2 1 0
Zum Cauchyschen Diagonalverfahren.
Anstelle der Indexkombinationen (0, 0), (0, 1), (0, 2), …, (1, 0), (1, 1), (1, 2), …, (2, 0), (2, 1), (2, 2), … werden die Indexkombinationen (0, 0), (0, 1), (1, 0), (0, 2), (1, 1), (2, 0), … summiert. Auch auf die zweite Art kommt jede Kombination genau einmal zustande. f
f
xn
xm
¦ n1! º ¦ m2!
n 0
m 0
f
=
¦ ¦
k 0 nm k
f
x1n x2m = n ! m !
k
xn xk n
¦ ¦ n !1(k 2 n)!
k 0n 0
Der letzte Ausdruck kann mit k! erweitert werden. Da k in der zweiten Summe nicht als Summationsindex, sondern nur als Grenze, also als Konstante vorkommt, kann k! vor das letzte Summenzeichen geschrieben werden. Es ergibt sich dann mit (4.7), wobei dort die Buchstaben k und n vertauscht sind, was aber belanglos ist, f
1
k
k!
f
1
k
§k ·
f
1
¦ k ! ¦ n! (k n)!x1n x2k n = ¦ k ! ¦ ¨ n ¸ x1n x2k n = ¦ k ! ( x1 x2 )k
k 0
n 0
k 0
n 0©
¹
k 0
e also exp(x1 + x2). Damit ist (24.3) bewiesen. x Aus historischen Gründen schreibt man die Exponentialfunktion auch als e mit der irrationalen, also nicht-periodischen Basis n
§ 1· e = lim ¨ 1 ¸ = 2,718281828… n of © n¹
24 Die Exponentialfunktion
217
exp(x) 2
1
-1 Abb. 24.2:
0
1
x
Graph der Exponentialfunktion.
so dass die Funktionalgleichung lautet ex1+x2 = ex1ºex2 .
(24.3')
Satz exp(–x) = 1/exp(x) . Beweis. 1 = exp(0) = exp(x – x) = exp(x)ºexp(–x) .
(24.4) e
Satz exp(x) ist streng monoton wachsend mit dem Wertebereich (0, ).
Beweis. Für x 0 gilt nach (24.1) exp(x) 1. Nach (24.3) ist für 'x > 0 und alle x ± ¸ exp(x + 'x) = exp(x)ºexp('x) > exp(x) . Und nach (24.4) ist exp(x) auch für negative Argumente positiv mit den Grenzwerten exp(x) o für x o
und
exp(x) o 0 für x o – . xn x of exp( x )
Satz exp(x) wächst stärker als jedes Polynom von x: lim
e 0.
xn x n 1 xn (n 1)! > Á o 0 für x o . n ! ( 1)! x x n exp( ) 0
f
Beweis. ex = ¦ n
e
Satz Die Ableitung der Exponentialfunktion exp(x) ist exp(x). Beweis.
exp'(x) =
f d f xn d xn =¦ = ¦ dx n 0 n ! n 0 dx n !
nx n 1 = 1 n!
f
¦ n
f
x n 1
(24.5) f
xm
¦ (n 1)! = ¦ m! n 1
= exp(x)
m 0
denn es ist ganz gleichgültig, mit welchem Buchstaben der laufende Index bezeichnet wird. e
218
VII Differentialrechnung
Satz Die Exponentialfunktion ist die einzige Funktion mit den Eigenschaften exp'(x) = exp(x) und exp(0) = 1. Beweis. Sei f (x) = f '(x). Dann ist d f ( x) f '( x ) exp( x ) f ( x) exp( x) f '( x) - f ( x) = = =0. dx exp( x) exp( x) (exp( x)) 2
Also ist
24.1
f ( x) konstant, f (x) = Cºexp(x), f (0) = C. exp( x)
e
Der natürliche Logarithmus
Die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion heißt natürlicher Logarithmus oder logarithmus naturalis mit der Abkürzung ln. Man schreibt ln(x) oder kurz lnx. Der natürliche Logarithmus einer Zahl x ist der Exponent13, mit dem man die Zahl e potenzieren muss, um x zu erhalten. Wie sich aus den Eigenschaften der Exponentialfunktion ergibt, ist lnx eine streng monoton wachsende Funktion mit dem Definitionsbereich (0, ) und dem Wertebereich ¸. Funktion und Umkehrfunktion erfüllen lnex = x = elnx
(24.6)
wobei die rechte Gleichung x > 0 erfordert. Im Definitionsbereich gelten die im Folgenden beschriebenen und bewiesenen Rechenregeln. Man vergleiche zum Beweis jeweils das in eckige Klammern gesetzte Argument der Exponentialfunktion links und rechts. Wegen der strengen Monotonie der Exponentialfunktion implizieren gleiche Funktionswerte gleiche Argumente. ln1 = 0 denn exp[ln1] = 1 = exp[0] . lne = 1 denn exp[lne] = e = exp[1] . ln(1/x) = –ln(x) denn exp[ln(1/x)] = 1/x = 1/explnx = exp[–lnx] . ln(x1ºx2) = lnx1 + lnx2 denn exp[ln(x1ºx2)] = x1ºx2 = explnx1 º explnx2 = exp[(lnx1 + lnx2)] . ln(xa) = aºln(x) denn ln(xa) = ln(xºxºººx) = lnx + lnx + … + lnx = aºlnx .
(24.7) (24.8) (24.9)
(24.8) ist die Funktionalgleichung der Logarithmusfunktion; sie führt direkt auf (24.9) und diese mit negativem Exponenten auf (24.7). b b b Zur Bezeichnungsweise: ea := e(a ) (ea) eab denn ln((ea) ) = bºln(ea) = bºaºln(e) = aºb = (aºb)ºln(e) = ln(eab) b aber ln(e(a )) = abºln(e) = ab aºb, z. B. für a = b = 0 . b
13
Die Bezeichnung Logarithmus ist daher eigentlich überflüssig. Man hätte ebensogut Exponent benutzen können.
24 Die Exponentialfunktion
219
ln(x)
2 0
2
4
6
8
10 x
-2 -4 -6 -8 Abb. 24.3:
Graph der Logarithmusfunktion.
Satz lnx wächst schwächer als jede Potenz von x: lim
x of
ln x xn
0.
Beweis. Mit der Substitution x = exp(y) wird ln x ln e y y lim lim 0 x of x n y of (e y ) n y of e y n denn exp(y) und damit auch exp(yn) wächst stärker als jedes Polynom von y. lim
e
Satz Die Ableitung der Logarithmusfunktion ist
d ln x 1 = . x dx
(24.10)
Beweis. d ln x 1 1 1 = = = . d exp ln x x dx exp ln x d ln x
24.2
e
Grenzwerte ex 1 1 x o0 x
lim
(24.11)
folgt unmittelbar aus (24.1). Also gilt auch lim
x o0
x 1. e 1 x
(24.11')
220
VII Differentialrechnung
Damit ergibt sich lim
x o1
denn
ln x x 1
ln x 1 x 1 ln x exp(ln x) 1
y und y o 0 für x o 1. e y 1
e
Die Behauptung folgt mit (24.11').
(24.2) lässt sich ebenfalls durch eine derartige Grenzwertbetrachtung gewinnen. Mit (24.11') ist y · § exp(x) = lim exp ¨ x y ¸ y o0 © e 1 ¹ § · ln(1 x / n) = lim exp ¨ x ¸ n of © exp(ln(1 x / n)) 1 ¹
da ln(1 + x/n) o 0 für n o . Und mit (24.6) folgt § ln(1 x / n) · exp(x) = lim exp ¨ x ¸ n of x/n © ¹ = lim exp(n ln(1 x / n)) n of
= lim exp ln(1 x / n) n n of
e
= lim (1 x / n) n . n of
Auch lnx lässt sich als Grenzwert einer Folge schreiben ln x
lim n
n of
n
x 1 für x > 1 .
(24.12)
Abermals wird (24.11) angewandt lnx = lim ln( x) y o0
e y 1 y
§ ln( x) · exp ¨ ¸ 1 © n ¹ = lim ln( x ) n of ln( x ) n § § ln( x) · · = lim n ¨ exp ¨ ¸ 1¸ n of © n ¹ ¹ ©
= lim n exp ln( x1/ n ) 1 n of
= lim n x1/ n 1 . n of
e
24 Die Exponentialfunktion
24.3
221
Irrationalität der Basis der natürlichen Logarithmen
Satz e ist eine irrationale Zahl. p mit natürlichen Zahlen p und q. Da e nicht ganzzahlig ist, q muss gelten q 2. Summiert man nur vom nullten bis zum q-ten Glied, so bleibt der Rest
Beweis. Wir nehmen an, e =
q
R
1 n 0 !
e¦ n
1· p § 1 1 ¨1 … ¸ q © 1! 2! q!¹
1 1 1 … (q 1)! (q 2)! (q 3)!
q! ist Hauptnenner der linken Seite, also muss q!ºR eine positive ganze Zahl sein. Multiplizieren wir die rechte Seite mit q!, so ergibt sich die Abschätzung q ! R
1 1 1 … (q 1) (q 1)(q 2) (q 1)(q 2)(q 3) 1 1 1 … 2 (q 1) (q 1) (q 1)3
Das ist eine geometrische Reihe mit dem Anfangsglied a1
1 und dem Quotienten q 1
1 . Mit der Summenformel der geometrischen Reihe führt die Abschätzung für q 2 auf q 1
q!ºR
ln | px q |@a = (ln|pb + q| – ln|pa + q|) = ln ³ p a px q p p p pa q b
Beispiel: Zu bestimmen ist das Integral
³ tan x dx
für 0 a < b S/2.
a
b
³ tan x dx = a
b
Beispiel: Der Integrand in cos x ³ sin x cos 2 x dx =
30.5
b
sin x sin x cos a b ³ cos x dx = – ³ cos x dx = – >ln | cos x |@a = ln cos b a a dx
³ sin x cos x
kann mit cosx erweitert werden.
1 1 ³ sin x cos2 x dx = cos x
cos 2 x ³ tan x dx = ln | tan x | C
Partialbruchzerlegung
Eine echt gebrochen rationale Funktion kann in Teilbrüche oder Partialbrüche zerlegt werden. Dazu bestimmt man die Linearfaktoren des Nenners und formt den Bruch damit in eine Summe von Brüchen um. Diese können dann elementar integriert werden. Für zwei teilerfremde Zahlen kann man nach Abschn. 5.1 immer zwei ganzzahlige Multiplikatoren finden, so dass die Linearkombination der Produkte 1 ergibt. Einen ähnlichen Satz können wir auch für Polynome formulieren, die nach Abschn. 15 einen Ring bilden. Satz. Seien a(x), b(x) und p(x) drei teilerfremde Linearfaktoren, dann gibt es zwei Zahlen A und B, so dass
x: Bºa(x) + Aºb(x) = p(x) .
(30.19)
Beweis. Die Linearfaktoren seien (x – D), (x – E) und (x – J). Wir berechnen A und B und zeigen damit die Existenz.
30 Integrationsmethoden
267
Um für alle x die Gleichung x: Bº(x – D) + Aº(x – E) = (x – J)
(30.20) 0
zu erfüllen, vergleichen wir die Glieder mit verschiedenen Potenzen von x (hier nur x und x1) separat miteinander. Denn bei Änderung von x ändern sich diese Glieder in unterschiedlicher Weise. Da wir in den resultierenden Gleichungen (30.21) und (30.22) die Potenzen von x nicht aufzuführen brauchen (sie kürzen sich für x 0 heraus), werden nur deren Faktoren oder Koeffizienten verglichen. Daher heißt diese Methode Koeffizientenvergleich. x0: BºD + AºE = J x1: B + A = 1
(30.21) (30.22)
Mit B = 1 – A aus (30.22) führt (30.21) auf A =
JD J E und B = . ED D E
e
Bemerkung: Auch für ein konstantes p(x) = –J liefert (30.19) eine Lösung. Das Gleichungssystem lautet dann BºD + AºE = J, B + A = 0 und führt auf B = J/(D – E) und A = J/(E – D). Eine echt gebrochen rationale Funktion zweiten Grades ist der Quotient zweier Polynome, worin der Zähler (vom Grad 0 oder 1) nicht durch einen Linearfaktor des Nenners (vom Grad 2) teilbar ist. Wie gerade gezeigt wurde, können wir in diesem Falle folgende Umformung durchführen, wenn D E, die Linearfaktoren des Nenners also verschieden sind: p( x) A B = a ( x ) b( x ) a ( x ) b( x )
(30.23)
denn nach (30.19) ist A B Ab B a Ab B a p = . = = a b a b b a a b a b Beispiel:
x3
³ x 2 x 2 dx
ist mit Partialbruchzerlegung zu integrieren.
x3 x3 A B x 2 x 2 ( x 1) ( x 2) x 1 x 2 x: x + 3 = Aº(x + 2) + Bº(x – 1)
(30.24) (30.24')
Koeffizientenvergleich oder die Festlegung bestimmter Werte wie 1 und –2 für x (denn (30.24') soll ja im Gegensatz zu (30.24) für alle x gelten) liefert A = 4/3 und B = –1/3. x3
³ x 2 x 2 dx
4 1 1 1 dx – ³ dx ³ 3 x 1 3 x2 4 1 = ln | x 1| – ln | x 2 | + C 3 3
=
= ln 3
| x 1|4 +C | x2|
268
VIII Integralrechnung
Wenn die beiden Linearfaktoren des Nenners identisch sind, führt der Ansatz (30.23) nicht zum Ziel. Man benutzt stattdessen den Ansatz p( x) A A = 1 22 . a( x) a ( x) a 2 ( x) 7x 2
³ ( x 1)2 dx
ist zu integrieren.
7x 2 ( x 1) ( x 1)
A1 A2 ( x 1) ( x 1) 2
Beispiel:
(30.25)
Á x: 7x + 2 = A1º(x + 1) + A2
führt auf A1 = 7 und A2 = –5. Dies entspricht einer Umformung des Zählers von 7x + 2 auf 7(x + 1) – 5. 7x 2
³ ( x 1)2 dx
= 7³
1 5 1 +C dx – 5³ dx = 7 ln | x 1 | + 2 x 1 x 1 ( x 1)
Für echt gebrochen rationale Funktionen höheren Grades kann man die Partialbruchzerlegung ebenfalls anwenden. Bei drei verschiedenen Linearfaktoren wird (30.23) fortgesetzt zu p ( x) A B C = . a ( x ) b( x ) c ( x ) a ( x ) b( x ) c ( x )
(30.26)
Bei mehreren gleichen Linearfaktoren ist (30.25) so fortzusetzen, dass jeweils eine Potenz hinzugefügt wird. Bei drei gleichen Linearfaktoren wird (30.25) fortgesetzt zu p ( x) A A A = 1 22 33 . 3 a( x) a ( x) a ( x) a ( x)
(30.27)
Und bei noch mehr Linearfaktoren wird entsprechend weiter fortgesetzt. Ist eine unecht gebrochen rationale Funktion zu integrieren, so teilt man den Zähler durch den Nenner und integriert das bei der Division entstehende ganze Polynom direkt.
2 x 4 x3 3x 2 x 1 ³ x3 2 x2 x dx ist nicht echt gebrochen, doch durch Polynomdivision ergibt sich ein ganzes Polynom und eine echt gebrochen rationale Funktion Õ(2x – 3)dx + 7 x2 2 x 1 ³ ( x 0)( x 1)2 dx . Zur Bestimmung der Partialbrüche beachten wir die doppelte Nullstelle: Beispiel:
B 7 x2 2 x 1 A B2 = + 1 + 2 x x 1 ( x 0)( x 1) ( x 1) 2 7x2 + 2x + 1 = Aº(x + 1)2 + B1ºxº(x + 1) + B2ºx Koeffizientenvergleich liefert: x0: 1 = A x2: 7 = A + B1 x1: 2 = 2A + B1 + B2
Á A=1 Á B1 = 6 Á B2 = –6
30 Integrationsmethoden
269
Damit wird das Integral zu: Õ(2x – 3)dx +
A
B1
B2
³ x dx + ³ x 1 dx + ³ ( x 1)2 dx = Õ(2x – 3)dx +
1
³ x dx
+6³
1 1 dx – 6 ³ dx ( x 1) ( x 1) 2
= x2 – 3x + ln|x| + 6ºln|x + 1| +
6 +C x 1
Im Falle komplex-konjugierter Nullstellen zerlegt man nur bis zum irreduziblen quadratischen Polynom und bringt es durch Substitution auf die Form 1 + t2. Die komplexe Nullstelle sei u + iv, das irreduzible Polynom x2 – 2ux + u2 + v2 = (x – (u + iv))º(x – (u – iv)) . Mit der Substitution x – u := y vereinfacht sich das Polynom zu § § y ·2 · (y – iv)º(y + iv) = y2 + v2 = v2 ¨ ¨ ¸ 1¸ . ¨© v ¹ ¸ © ¹
Der Faktor v2 wird vor das Integral gezogen, so dass nur noch 2
§ y· 2 ¨ ¸ + 1 := t + 1 ©v¹
zu integrieren bleibt. Damit wird die Partialbruchzerlegung: 1 Dt E D 2t = + E 2 1 t2 1 t2 1 t2 D Dt E 2 ³ 1 t 2 dt = 2 ln|1 + t | + Eºarctant + C
30.6
(30.28)
Uneigentliche Integrale
Gelegentlich lässt sich eine Funktion f auch über einem Intervall integrieren, wenn sie nicht auf dem gesamten Intervall definiert ist. Man spricht dann von uneigentlicher Integration. Satz f (x) ist uneigentlich integrierbar über [a, ), wenn zu jedem H > 0 ein b0 ± [a, ) b2
existiert, so dass für b1, b2 b0 gilt:
³ f ( x) dx
< H.
b1
Zur Prüfung kann das Majorantenkriterium herangezogen werden.
270
VIII Integralrechnung
1/x
-b
-a a
Abb. 30.2:
b
x
Zur Begründung von Õdx/x = ln|x| + C.
Insbesondere erhalten wir für Funktionen der Form 1/xc: f
c > 1:
dx ³ xc = 1
f
f
speziell
1
1
dx ³ xc = 0
dx
³ x2
=1
(30.29)
=2
(30.30)
1
ª x1 c º 1 c ³ x dx = «¬1 c »¼ = 1 c 0 0
1
0 < c < 1:
f
ª x1 c º 1 c ³ x dx = «¬1 c »¼ = c 1 1 1
1
speziell
³ 0
dx x
Im Grenzfall c = 1 kann die Funktion 1/x nicht von 0 und nicht bis integriert werden, da die Integrale ln0 und ln nicht definiert sind. Jedoch ersieht man aus Abb. 30.2, dass aus Gründen der Punktsymmetrie gilt: b
dx ³ x = b
dx =0 x a
b
a
dx ³ x = b
a
³
dx ³ x + b
a
dx ³ x + a
b
dx ³x a
Á
a
dx ³ x =– b
b
dx x a
³
Da bei Vertauschung der Integrationsgrenzen das Vorzeichen des Integrals wechselt, ist b
dx = x a
³
b
dx x a
³
Á
b
dx = x a
³
b
dx = x a
³
b
³ a
dx = x
b
dx . x a
³
Das Vorzeichen der Integrationsgrenze spielt daher in diesem speziellen Fall keine Rolle, und wir können schreiben b
dx b b = > ln | x |@a = ln|b| – ln|a| = ln . a x a
³
(30.31)
30 Integrationsmethoden
271
Übungen 30.1 Man bestimme die folgenden Integrale: a) e2xdx 2 b) xºex dx 3 c) x2ºex dx d) axdx e) cos(kºx)dx f) xn–1sin(xn)dx g) ³ dx / sin x [Hinweis: sin2x = 2sinxcosx] dx
h)
³ cos x tan x
i)
³ dx / cos
2
x
j) lnxdx k) xºlnxdx ln x dx l) x 3x 4 2 x3 2 x 2 2 x dx [Hinweis: zuerst Polynomdivision, dann Partialbruchzerlegung] m) ³ x2 1 dx n) ³ ( x 3)5 f
30.2 Man integriere beide Seiten der Gleichung
¦ xk
k 0
1 und gewinne daraus eine Rei1 x
henentwicklung für ln|1 – x|. Konvergenzradius? 30.3 Man entwickle f (x) =
1
und bestimme durch Integration beider Seiten die ersten 1 x2 Glieder einer Reihenentwicklung für arcsinx. Aus arcsin(1/¹2) = S/4 soll eine Reihe für S/4 angegeben werden. 30.4 Berechnen Sie die Fläche der Ellipse. 30.5 Berechnen Sie die Fläche unter der Parabel y = kºx2 im Intervall [a, b]. 30.6 Berechnen Sie die Fläche unter der Hyperbel y = k/x im Intervall [a, b], a 0 b. 30.7 Eine Rakete der Gesamtmasse M0 enthält Treibstoff, der mit der konstanten Geschwindigkeit u ausgestoßen wird. Bezeichnet m die Masse des schon verbrannten Treibstoffs, so u liefert der Impulserhaltungssatz 0 = uºdm + (M0 – m)ºdv Á dv = dm. Man berechne M0 m die Endgeschwindigkeit v(m = MT) der Rakete im schwerefreien Raum als Funktion der Gesamtmasse MT des mitgeführten Treibstoffs. Die Anfangsgeschwindigkeit sei v(m = 0) = 0.
31
Kurvenlänge und Kurvenkrümmung
Der Graph einer differenzierbaren Funktion f (x) zwischen zwei Werten des Arguments x und x + 'x kann im Grenzfall 'x o 0 durch eine Gerade approximiert und seine Länge 's nach dem Satz des Pythagoras berechnet werden: ('s)2 = ('x)2 + ('f (x))2
für 'x o 0
's § 'f ( x ) · = lim 1 ¨ ¸ 'x o 0 'x 'x o 0 © 'x ¹
Á
s'(x) = lim
Á
> s @0x
x
=
³ s '(t )dt = 0
x
³
2
= 1 > f '( x) @
2
1 > f '(t )@ dt 2
(31.1) (31.2)
0
Wird die Ableitung der Kurvenlänge integriert, so ergibt sich wieder die Länge; (31.2) beschreibt die Länge s des Graphen im Intervall [0, x]. In Abschn. 26 haben wir gesehen, dass die zweite Ableitung einer Funktion deren Krümmung beschreibt. Wir wollen diesen Begriff jetzt präzisieren: Genauso wie man in eindeutiger Weise eine Tangente an den Graphen jeder mindestens einmal differenzierbaren Funktion legen kann, kann man in eindeutiger Weise einen Schmiegekreis an den Graphen jeder mindestens zweimal differenzierbaren Funktion legen. (Der Schmiegekreis wurde bereits in Abschn. 17, S. 155 benutzt.) Als objektives Maß für die Kurvenkrümmung wählt man den Kehrwert von dessen Krümmungsradius (großer Radius ¾ kleine Krümmung, kleiner Radius ¾ große Krümmung). Wenn die Krümmung variiert, d. h. f '' const., so ändert sich natürlich auch die Größe und die Lage der Schmiegekreise von Punkt zu Punkt. Die Kurve ihrer Mittelpunkte heißt Evolute. In Abb. 31.1 ist ein Teil eines Schmiegekreises (K) abgebildet. Er wurde gewonnen, indem in den beiden eng benachbarten Punkten (x, f (x)) und (x + 'x, f (x + 'x)) die Normalen oder Lote auf den Tangenten t1 und t2 konstruiert und als Radien r1 und r2 im Krümmungsmittelpunkt miteinander zum Schnitt gebracht wurden. Der Winkel 'M ist daher die Differenz der Steigungswinkel der beiden Tangenten 'M = |arctanf '(x + 'x) – arctanf '(x)| . Der von den Radien eingeschlossene Kreisbogen rº'M kann im selben Grenzfall durch eine Gerade approximiert und seine Länge wie in (31.1) geschehen nach Pythagoras durch 's =
§ 'f · ('x) 2 ('f )2 = ('x) 1 ¨ ¸ © 'x ¹
2
274
VIII Integralrechnung
t1
t2 f K
f(x + 'x)
r2
f(x) r1
'M M
x x + 'x
Abb. 31.1:
Der Schmiegekreis K mit Krümmungsmittelpunkt M, Radien rk und Tangenten tk an eine Kurve f (x).
angegeben werden. Mit 'f = f (x + 'x) – f (x) und 'M = 's/r ergibt sich für die Krümmung an der Stelle x: 'M 1 = 's r | arctan f '( x 'x) arctan f '( x) | 'x o 0 'x
= lim
ª dx º = « arctan f '( x ) » ¬x ¼ 1 f ''( x) = r ( x) (1 [ f '( x)]2 )3/ 2
§ f ( x 'x) f ( x) · 1 ¨ ¸ 'x © ¹
2
1 [ f '( x)]2
(31.3)
Übungen 31.1 Man bestimme die Krümmungen von Ellipse, Hyperbel und Parabel. 31.2 Man berechne den Kreisumfang. 31.3 Man berechne die Länge der Parabel y = kx2 über dem Intervall [0, a]. 31.4 Im Straßenbau wird die Klothoide (auch Cornu-Spirale genannt) verwendet, da ihre Krümmung 1/r linear mit ihrer Länge s zunimmt. Eine explizite Definitionsgleichung existiert s nicht. Die Parameterdarstellung lautet mit dem Parameter t und einer Konstante a: a S t
x(t )
t
§S · a S ³ cos ¨ u 2 ¸ du ©2 ¹ 0
Man zeige: rºs = a2. [Hinweis: y '
y (t )
dy dx
§S · a S ³ sin ¨ u 2 ¸ du ©2 ¹ 0
dy dt dt dx
dy dt
dx und y '' dt
dy ' dt .] dt dx
32
Mehrfachintegrale
In Abschn. 28 haben wir Funktionen von mehreren Variablen kennengelernt. Auch solche Funktionen lassen sich integrieren. Da das Integral der Grenzwert einer Summe ist, gelten die in Abschn. 20 abgeleiteten Konvergenzkriterien und Vertauschungsregeln sinngemäß. Um eindeutig anzugeben, welches Integrationsintervall zu welcher Integrationsvariablen gehört, schreibt man Letztere zweckmäßig direkt hinter das Integralzeichen §d · d x ³ ¨¨ ³ dy f ( x, y) ¸¸ a ©c ¹ b
b
d
a
c
³ dx ³ dy f (x, y) .
Dies ist stets erlaubt, jedoch nicht notwendig, wenn durch konventionelle Bezeichnung der Integrationsvariablen ihr Integrationsintervall klar ist 2S
X
0
0
³ dM
³ dx f (x, M)
2S
§X · ³ ¨¨ ³ f ( x, M) dx ¸¸ dM 0 ©0 ¹
2S X
³ ³ f ( x, M) dx dM. 0 0
(Man beachte, dass die obere Integrationsgrenze hier durch ein großes X bezeichnet wird, die Variable durch ein kleines x.) Sind die Grenzen einer Fläche A oder eines Volumens V bekannt, so bezeichnet man das entsprechende Mehrfachintegral oft kurz mit
³³ f ( x, y)dxdy
³³³ f ( x, y, z )dxdydz .
bzw.
A
V
Beispiel: Die konstante Funktion 1 liefert das Integrationsintervall selbst
³³ dxdy
³³³ dxdydz
= A bzw.
A
=V.
V
Sind die Grenzen fest, so ist die Reihenfolge der Integration beliebig. Ist dagegen die Grenze einer Variablen y eine Funktion einer anderen Variablen x, so muss zuerst über die erste Variable y integriert werden. Beispiel: Das Volumen unter der Fläche f (x, y) = x + y2 (s. Abb. 28.1) im Rechteck 0 x 2 und 0 y 1 ist zu bestimmen. Die Integrationsreihenfolge ist beliebig: 1
2
2 ª 1 · ª x2 x º 8 y3 º § dx dy (x + y ) = d x xy = d x x « » ¨ ¸ = « » = ³ ³ ³ ¬ ³ 3 ¼0 0 © 3 ¹ ¬ 2 3 ¼0 3 0 0 0 2
1
2
2
2
1
1 ª x2 ª 8 y3 º 2 2º dy dx (x + y ) = d y xy = d y (2 2 y ) = 2 y 2 « » « » = ³ ³ ³ ¬2 ³ 3 ¼0 3 ¼0 ¬ 0 0 0 0 1
2
1
2
276
VIII Integralrechnung
y 2 1 0
2 x
1
Abb. 32.1:
Die obere Integrationsgrenze von y ist eine Funktion von x.
Ist das Volumen unter der Fläche f (x, y) = x + y2 nur im Dreieck 0 x 2 und 0 y x zu bestimmen (s. Abb. 32.1), so ist nun die obere Integrationsgrenze für y eine Funktion von x. Würden wir zuerst über x integrieren, so wäre am Ende unklar, bis zu welchem Wert sich die Integration über y erstreckt. Daher ist zuerst von 0 bis x über y zu integrieren 2
x
0
0
2 ³ dx ³ dy (x + y ) =
32.1
x
ª y3 º ³ dx «¬ xy 3 »¼ = 0 0 2
2
§ 2 x3 · ª x3 x 4 º ³ dx ¨© x 3 ¸¹ = «¬ 3 12 »¼ = 4 . 0 0 2
Rotationskörper
Entsteht ein Körper durch Drehung der Fläche unter der (positiven) Kurve f (x) auf dem Intervall [a, b] um den Winkel 'M um die x-Achse, so erzeugt jedes kleine Kurvenelement 's, für das der Funktionswert f als konstant angenommen werden kann, einen Kreisbogen der Länge fº'M und der Breite 's. Die Mantelfläche des Rotationskörpers ist dann mit (31.2) und bei vollständiger Drehung um 2S 2S
M=
³ dM 0
b
³ a
b
f 1 f '2 dx = 2Sº ³ f 1 f '2 dx .
(32.1)
a
Jedes Flächenelement fº'x unter der Kurve erzeugt bei Drehung um den kleinen Winkel 'M f 'M f 'x . Das Volumen des Rotationskörpers ist damit bei volldas Volumenelement 2 ständiger Drehung um 2S 2S b
V=
³³ 0 a
b
f2 dMdx = Sº ³ [ f ( x )]2 dx . 2 a
(32.2)
Unter dem Moment n-ter Ordnung bezüglich der Variablen x versteht man das folgende Integral über das Volumen V eines Körpers
³³³ x dxdydz . n
V
(32.3)
32 Mehrfachintegrale
277
f(x)
's
'M a
'x
x
b
Abb. 32.2: Ein Kurvenstück erzeugt bei Drehung um den Winkel 'M um die x-Achse die dunkel getönte Mantelfläche. Die Stirnfläche besitzt bei kleinem Winkel 'M die Form eines Dreiecks mit der Basis f (b)º'M und der Höhe f (b).
Das Moment nullter Ordnung ist das Volumen selbst, die Momente erster Ordnung liefern die Schwerpunktkoordinaten (xs, ys, zs):
xs =
³³³ xdxdydz V
³³³ dxdydz V
ys =
³³³ ydxdydz V
³³³ dxdydz V
zs =
³³³ zdxdydz V
³³³ dxdydz
(32.4)
V
Ebenso lässt sich der Schwerpunkt (xs, ys) der Fläche A unter einer (positiven) Funktion f (x) = y im Intervall [a, b] berechnen:
xs =
³³ xdxdy A
³³ dxdy
=
b b § f ( x) · 1 1 x x y = x f ( x) dx d d ¨ ¸ ¸ A ³a ¨© ³0 A ³a ¹
(32.5)
=
b b § f ( x) · 1 1 1 2 x yy = d d ¨ ¸ ³ 2 [ f ( x)] dx ¸ A ³a ¨© ³0 A a ¹
(32.6)
A
ys =
³³ ydxdy A
³³ dxdy A
Nach (32.2) ist das rechte Integral in (32.6) V/2S. Damit ergibt sich die erste Guldinsche Regel für das Volumen eines Rotationskörpers, der bei Rotation der Fläche A unter einer Funktion um die x-Achse entsteht V = 2SºAºys .
(32.7)
278
VIII Integralrechnung
Auch eine Kurve besitzt einen Schwerpunkt. Die y-Koordinate ist b
ys =
³f
1 f '2 dx
a
³
(32.8)
wobei f (x) = y .
b
1 f ' dx 2
a
Mit (32.1) und (31.2) folgt die zweite Guldinsche Regel: Die Mantelfläche M eines Rotationskörpers ist das Produkt aus der Kurvenlänge s und dem Weg 2Sºys des Kurvenschwerpunktes M = 2Sºsºys .
(32.9)
Beispiel: Der Rand des halben Einheitskreises f(x) = 1 x 2 (für -1 x 1) besitzt die Länge s = S (s. Übung 31.2). Der Schwerpunkt des Randes ist (xs, ys) mit 1
ys =
³
1 x2 1
1 1
³
1
1
x2 dx 1 x2
x2 dx 1 x2
1
³
1 x2
1 1
³
1
1 dx 1 x2
1 dx 1 x2
[dx]11 [arcsin x]11
2 S
(und aus Symmetriegründen xs = 0, was hier jedoch ohne Belang ist). Die Oberfläche : der Kugel mit Radius R = 1 (Einheitskugel) ergibt sich aus dem Weg 2Sºys des Schwerpunktes und der Kurvenlänge s = S zu : = 2SºSº2/S = 4S
(32.10)
Die Oberfläche der Kugel mit dem Radius R berechnet man mit dem Halbkreis der Länge SR (s. Übung 31.2) und dem Schwerpunkt bei ys = 2R/S (s. Übung 32.1) zu AKugel = 2SºSRº2R/S = 4SR2
(32.11)
Übungen 32.1 Man berechne die Schwerpunktkoordinate ys des halben Kreisbogens nach (32.8). 32.2 Man berechne die Schwerpunktkoordinate ys der Halbkreisfläche nach (32.6) und daraus das Volumen der Kugel mit der ersten Guldinschen Regel (32.7). 32.3 Man berechne den Schwerpunkt der Fläche unter der Parabel y = kx2 (0 y h). 32.4 Man berechne das Volumen des Kegels mit halbem Öffnungswinkel M und Höhe h. 32.5 Man berechne das Volumen des Paraboloids z = kº(x2 + y2) der Höhe h. 32.6 Man berechne das Integral der Funktion f (x, y) = x2 + xºy3 im Kreis mit Radius R = 1 um den Ursprung.
33
Integraltransformationen
Eine Transformation ist eine Umwandlung. Man bezeichnet zum Beispiel den Übergang von einer Vektorbasis in eine andere oder die Vereinfachung einer Matrix als Transformationen. Das Wort bedeutet in der Mathematik etwa dasselbe wie Abbildung. Eine Integraltransformation bildet Funktionen auf Funktionen ab. Im Abschn. 27.2 haben wir z. B. periodische Funktionen durch Linearkombinationen von trigonometrischen Funktionen dargestellt. Dieses Verfahren hätten wir auch im Rahmen des nächsten Abschnittes behandeln können. Wir wollen daher den Stoff hier wieder aufnehmen und zunächst zeigen, dass die Behauptungen (27.5) bis (27.7) zutreffen. Dann werden wir zu nicht periodischen Funktionen übergehen und sehen, dass auch dort eine Fourier-Analyse durchgeführt werden kann, wobei allerdings nicht mehr diskrete Winkelfunktionen der Form cos(kºZ0t) oder sin(kºZ0t) mit k ± Û0, sondern ein Kontinuum anzuwenden ist, denn eine nicht periodische Funktion kann als periodische Funktion mit unendlich großer Periodenlänge T aufgefasst werden. Für T o gilt Z0 o 0, und die Winkelfunktionen rücken beliebig nahe aneinander.
33.1
Beweis der Gleichungen für die Fourier-Koeffizienten
Zunächst berechnen wir für m ± Û das Integral ³
T /2
T / 2
cos(mZ0 t )dt mit der Substitution x(t) = mZ0t,
dx = mZ0dt und den Grenzen mºZ0ºT/2 = mS 1 mZ0
Das Integral 1 mZ0
mS
³
1 >sin x @m mS S = 0 . mZ0
cos xdx =
mS
³
T /2
T / 2
sin(mZ0 t )dt verschwindet für m ± Û ebenfalls
mS
³
mS
(33.1)
sin xdx =
1 >cos x @mmS S = 0 . mZ0
(33.2)
Die Integrale (27.5) bis (27.7) können nun durch Umformung der Integranden auf (33.1) und (33.2) bzw. (30.16'') zurückgeführt werden. Aus Übung 7.6 folgt cosmZ0t º cosnZ0t =
1 [cos((m – n)Z0t) + cos((m + n)Z0t)] . 2
280
VIII Integralrechnung
Der Integrand ist demnach die Summe zweier Kosinusfunktionen, deren Integrale nach (33.1) verschwinden, es sei denn m = n, in welchem Falle der Integrand
1 1 cos((m – n)Z0t) = von 2 2
–T/2 bis T/2 integriert zum Ergebnis T/2 führt. Damit ist (27.5) bewiesen. Aus Übung 7.7 folgt sinmZ0t º sinnZ0t =
1 [cos((m – n)Z0t) – cos((m + n)Z0t)] 2
mit denselben Ergebnissen für das Integral (27.6) wie oben. Schließlich verwenden wir noch Übung 7.5 mit dem Ergebnis sinmZ0t º cosnZ0t =
1 [sin((m – n)Z0t) + sin((m + n)Z0t)] . 2
Der Integrand ist demnach die Summe zweier Sinusfunktionen, deren Integrale nach (33.2) verschwinden, und zwar wegen sin0 = 0 auch für den Fall m = n. Damit ist (27.7) ebenfalls bewiesen. (27.8) ist trivial.
33.2
Fourier-Transformation
Schreiben wir in (27.4) a0/2 anstelle von a0, so kann der Koeffizient a0 in die Summe einbezogen und mit derselben Formel (27.9) wie die übrigen berechnet werden. Da der Koeffizient b0 wegen sin0 = 0 nach (27.11) ohnehin verschwindet, wird (27.4) damit zu f
f (t) =
¦ [ak cos(k Z0t ) bk sin(k Z0t )] .
(33.3)
k 0
2 S(2k + 1)
Z0 Abb. 33.1:
3Z0
5Z0
7Z0 kZ 0 Z
Die Fourier-Koeffizienten bj der Funktion aus Abb. 27.3.
33 Integraltransformationen
281
Wir setzen nun (27.9) und (27.11) ein, wobei W als Integrationsvariable verwendet wird, da t bereits als Argument für f dient. Der gemeinsame Faktor 2/T = Z 0/S wird herausgezogen und zur Abkürzung die Zählung über Z 0 durch Z k := kZ 0 notiert f (t) =
Z0 S
f
ª T /2
¦« ³ k 0«
¬ T / 2
T /2
f (W) cos(Zk W)dW cos(Zk t )
³
T / 2
º f (W) sin(Zk W)dW sin(Zk t ) » . »¼
Mit T o geht die Streifenbreite Z 0 (s. Abb. 33.1) gegen Null. Anstelle von Z 0 schreiben wir dZ . Die Summe wird zum Integral f (t) =
f f f º 1 ª « ³ f (W) cos(ZW)dW cos(Zt ) ³ f (W) sin(ZW)dW sin(Zt ) » dZ ³ S 0 ¬« f f ¼»
(33.4)
oder kürzer, bei erlaubter Vertauschung der Integrale und mit (7.5): f
f
f (t) =
1 ³ f (W) ³ >cos(ZW) cos(Zt ) sin(ZW) sin(Zt )@ dZ dW S f 0
f (t) =
f ªf º 1 f ( ) W « ³ cos Z(t W)dZ» dW ³ S f ¬« 0 ¼»
(33.5)
Es ist üblich, den Faktor 1/S auf die Integrale aufzuteilen. Damit ergibt sich aus (33.4) der Fouriersche Integralsatz in der Form: f (t) =
1 S
f
³ >Ma cos(Zt ) Mb sin(Zt )@ dZ
(33.6)
0
Ma(Z) =
1
Mb(Z) =
1
f
³
S f f
³
S f
f (W) cos(ZW)dW
(33.7)
f (W) sin(ZW)dW
(33.8)
f (t) heißt Zeitfunktion. Deren Fourier-Transformierte Ma und Mb heißen Spektralfunktionen. Der Satz gilt für uneigentlich absolut integrierbare Funktionen, also für Funktionen der Art f
³f | f (t ) |dt
0 die Existenz des Integrals ermöglicht. Im Folgenden wollen wir diese Funktion der Einheitlichkeit halber mit G(p) bezeichnen (zumal Z nicht mehr explizit auftritt). Als Integrationsvariable kann auch t dienen. Damit erhalten wir die Laplace-Transformierte oder Bildfunktion f
G(p) =
³ g (t )e
pt
dt
(33.22)
0
der Zeitfunktion oder Originalfunktion g(t). (33.22) ist die Definitionsgleichung der Laplace-Transformation. Die in (33.21) auftretenden Vt Faktoren 2S e sind darin bereits enthalten. Ein nach (33.22) korrespondierendes Paar von Funktionen g(t) und G(p) heißt eine Korrespondenz. Die Korrespondenz notiert man durch17
G(p) = 3[g(t)]
oder
G(p) ËÌ g(t) .
Wenn die Zeitfunktion g(t) folgende Bedingungen erfüllt, ist das uneigentliche Integral (33.22) definiert: x
t < 0: g(t) = 0
x
a ± ¸: ³ | g (t )|dt < a
x x
b, c ± ¸: |g(t)| < bºecºt Es existiert der rechtsseitige Grenzwert lim g(t) = g(0) .
x
g(t) ist in jedem endlichen Intervall in endlich viele stetige und monotone Stücke zerlegbar.
f
0
17
0t o0
In der Literatur findet man die Korrespondenznotationen f(t), F(p) oder f(x), g(p) oder M(t), f(p) und andere. Wir wollen hier den Leser nicht durch eine Umbenennung g o f verwirren, doch können statt der Funktionsbezeichnungen G(p) und g(t) selbstverständlich auch die Funktionsbezeichnungen F(p) und f(t) in (33.22) verwendet werden.
286
VIII Integralrechnung
sx(t)
s (t) 0
1
1
1
x
t Abb. 33.4:
s0(t) - sx (t)
t
x
t
Zwei Stufenfunktionen s0(t) und sx(t) und ihre Differenz, ein Rechteckimpuls oder Kastenimpuls.
Die Laplace-Transformierte der Stufenfunktion s0 (t ) f
0 für t 0 ist ® ¯1 für t t 0
f
3[s0(t)] = ³ 1 e
pt
0
ª e pt º 1 dt = « ËÌ s0(t)18 » = p ¬ p ¼0
Die Stufenfunktion s x (t )
(33.23)
0 für t x bei x > 0 führt auf ® ¯1 für t t x f
f ª e pt º e px 3[sx(t)] = ³ 1 e pt dt = « ËÌ sx(t) . » = p ¬ p ¼x x
(33.24)
0 für t 0 ergibt bei partieller Integration oder durch AbleiDie lineare Funktion l(t) = ® ¯ t für t t 0 tung der Funktion (33.23) unter dem Integral 3[t] =
f
pt ³ t e dt = 0
f
d d 1 1 = 2 ËÌ t . e pt dt = ³ dp 0 dp p p
(33.25)
Wiederholte Anwendung liefert tn ÌË
n! . p n 1
(33.25')
0 für t 0 mit a ± © besitzt die Laplace-Transformierte Die Exponentialfunktion ® ¯exp at für t t 0
3[e ] = at
³e 0
18
f
f
at
e
pt
ª e( a p )t º 1 . dt = « » = pa ¬ a p ¼0
(33.26)
Unter der Voraussetzung, dass g(t) für t < 0 stets verschwindet, könnten wir auch 1/p ËÌ 1 schreiben, nur wäre dies für die Funktion sx(t) im nächsten Beispiel nicht möglich.
33 Integraltransformationen
287
Bedingung ist allerdings Re(a) < Re(p), damit e(a – p)t für t o wie oben vorausgesetzt verschwindet, denn wegen a = Re(a) + Im(a) = D + iE eat º e–pt = e(D – V)t [cos(Et – Zt) + isin(Et – Zt)] ist allein D < V die Bedingung für lim eat º e–pt = 0. t of
0 für t 0 finden wir mit (25.10) Für die Kosinusfunktion ® ¯cosZt für t t 0
3[cosZ t] =
f
f
f
1 1 1 (eiZt e iZt ) e pt dt = ³ eiZt e pt dt ³ eiZt e pt dt ³ 20 20 20 f
f
1 ª e(iZ p ) t º 1 ª e( iZ p )t º 1 1 1 1 = « » « » = 2 ¬ iZ p ¼ 0 2 ¬ iZ p ¼ 0 2 p iZ 2 p iZ p cosZ t ÌË 2 . p Z2
(33.27)
0 für t 0 Analog ergibt sich für die Sinusfunktion ® ¯sinZt für t t 0
3[sinZ t] =
f
f
f
1 1 iZt pt 1 (eiZt e iZt ) e pt dt = e e dt ³ eiZt e pt dt ³ ³ 2i 0 2i 0 2i 0 f
f
1 ª e( iZ p )t º 1 ª e( iZ p )t º 1 1 1 1 « » « » = 2i ¬ iZ p ¼ 0 2i ¬ iZ p ¼ 0 2 ip Z 2 ip Z Z sinZ t ÌË 2 . p Z2
=
33.5
(33.28)
Rechenregeln für die Laplace-Transformation
Aus den Grundregeln des Rechnens mit Summen und Integralen ergeben sich einige Rechenregeln für die Laplace-Transformation. Funktionen in Summen können getrennt behandelt werden 3[g1(t) + g2(t)] = 3[g1(t)] + 3[g2(t)]
(33.29)
allgemein gilt ª n º 3 « ¦ g k (t ) » = ¬k 1 ¼
n
¦
3[gk(t)] .
(33.29')
k 1
Eine multiplikative Konstante kann ausgeklammert werden 3[aºg(t)] = aº3[g(t)] .
(33.30)
288
VIII Integralrechnung
Eine additive Konstante a führt analog zu (33.23) auf a/p 3[g(t) + a] = 3[g(t)] + aº3[1] = 3[g(t)] + a/p .
(33.31)
Mit diesen Regeln und den oben berechneten Korrespondenzen können bereits alle Polynome und viele andere Strukturen berechnet werden. Beispiel: Mit (33.23), (33.24), (33.29) und (33.30) ist die Laplace-Transformierte des Rechteck- oder Kastenimpulses (Abb. 33.4) der Höhe h K x (t )
h für 0 t x ® ¯0 sonst
3[Kx(t)] = h
1 e px . p
(33.32)
Satz (Verschiebungssatz) 3[g(t)] = G(p) Á 3[g(t – t0)] = e–pt0G(p), t0 > 0 .
(33.33)
Beweis. Bei der Substitution u = t – t0 ändert sich die untere Integrationsgrenze 3[g(t – t0)] =
f
f
0
t0
pt ³ g (t t0 )e dt =
³ g (u )e
p ( u t0 )
du
f ª0 º = e pt0 « ³ g (u )e pu du ³ g (u )e pu du » = e–pt G(p) . «¬ t0 »¼ 0 0
Der erste Summand in den eckigen Klammern verschwindet, weil die Bildfunktion für t < 0 verschwindet und das Koordinatensystem um (–t0) verschoben wird, also um t0 nach links. e Satz (Ähnlichkeitssatz) 3[g(t)] = G(p) Á 3[g(aºt)] =
1 § p· G¨ ¸ . a ©a¹
(33.34)
Beweis. Bei der Substitution u = aºt ändern sich die Integrationsgrenzen nicht 3[g(aºt)] =
f
pt ³ g (a t )e dt = 0
f
1 1 § p· g (u )e up / a du = G ¨ ¸ . ³ a ©a¹ a0
Satz (Dämpfungssatz) 3[g(t)] = G(p) Á 3[e–Gtg(t)] = G(p + G) .
Beweis. 3[e–Gtg(t)] =
f
³e 0
Gt
g (t )e pt dt =
f
³ g (t )e
( p G ) t
dt = G(p + G) .
e
(33.35) e
0
Zur Rücktransformation ist entweder eine Integration im Komplexen auszuführen V if
g(t) =
1 0 e pt G (p )dp mit t > 0 2Si V0 ³if
(33.36)
oder es ist auf die bekannten Korrespondenzen und allgemeine Rechenregeln zurückzugreifen.
33 Integraltransformationen
289
Beispiel: Die Zeitfunktion zu der Bildfunktion G(p) = menregel (33.29) g(t) =
1 1 ist mit (33.25') und der Sump3 p5
t2 t4 + . 2 24
Beispiel: Die Bildfunktion 3[e–Gts0(t)] der abklingenden Exponentialfunktion ist wegen 1 1 3[s0(t)] = und mit (33.35) 3[e–Gts0(t)] = . Also ist e–Gt (für t > 0) die Zeitfunktion zu p pG dieser Bildfunktion. Beispiel: Die Bildfunktion 3[e–GtcosZt] der gedämpften Schwingung ist mit 3[cosZ t] = p pG und (33.35) 3[e–GtcosZ t] = . Also ist e–GtcosZ t (für t > 0) die Zeit2 2 p Z ( p G) 2 Z2 funktion zu dieser Bildfunktion. Übungen 33.1 Man berechne das Fourier-Spektrum für einen Rechteckimpuls der Höhe h, der sich von (–t0) bis (+t0) erstreckt. f
33.2 Zeigen Sie, dass für jedes t0 > 0 gilt
sin(Zt0 ) dZ = S/2. [Hinweis: Verwenden Sie Z 0
³
anstelle des in Abb. 33.2 dargestellten Impulses den Impuls aus Übung 33.1.] 33.3 Warum sind die folgenden Funktionen (mit x, y ± ¸) für x, y 0 nicht komplex differenzierbar? a) w = x [Hinweis: x = (1ºx + 0ºy) + i(0ºx + 0ºy)] b) w = iy [Hinweis: iy = (0ºx + 0ºy) + i(0ºx + 1ºy)] c) w = zºz* = x2 + y2 [Hinweis: v = 0] 33.4 Man prüfe (33.15) für die folgenden Funktionen (mit x, y ± ¸):
a) w = z = x + iy b) w = z2 = (x + iy)2 c) w = exp(x + iy) = excosy + iexsiny 33.5 Man prüfe (33.16) für die folgenden Funktionen (mit x, y ± ¸):
a) w = z = x + iy b) w = z2 = (x + iy)2 33.6 Wie sind a, b, c, d zu wählen, damit w = (ax + by) + i(cx + dy) differenzierbar ist? 33.7 Man berechne die Laplace-Transformierte von g(t) = 2 + 3t – tn.
290
VIII Integralrechnung
33.8 Man berechne die Fourier-Transformierte und die Laplace-Transformierte für einen Impuls der Höhe 1, der sich von 0 bis 1 erstreckt. 33.9 Man beweise tn ÌË n!/pn+1. 33.10 Man berechne die Laplace-Transformierte von sin(2Z t). 33.11 Man berechne die Laplace-Transformierte von e–Gtsin(Z t).
IX Vektoranalysis
34
Differentiation von Feldern
Eine Funktion, deren Funktionswerte reelle Zahlen sind und deren Definitionsbereich ein n-dimensionaler Vektorraum ist, bezeichnet man auch als Skalarfeld. Eine Funktion, deren Funktionswerte Vektoren sind und deren Definitionsbereich ein n-dimensionaler Vektorraum ist, heißt Vektorfeld. In jedem Punkt des Raums ist nicht nur eine Zahl f (V), sondern auch eine Richtung A(V) definiert. Ein Beispiel ist das Vektorfeld A(x, y) = xX0 + yY0 oder der rotierende Einheitsvektor A0(t) = X0cosZ t + Y0sinZ t . Wir wollen uns im Folgenden auf Felder im dreidimensionalen Raum beschränken, da sie für die Anwendung, z. B. in der Elektrotechnik, von großer Bedeutung sind. Bevor wir aber mit der Differentiation und Integration von Feldern beginnen, benötigen wir noch einige algebraische Regeln für dreidimensionale Vektoren.
34.1
Vektoralgebra
Das in (8.16) definierte Kreuzprodukt kann mit Hilfe der Matrixschreibweise leicht memorierbar als formale Determinante ausgedrückt werden X0
ax
bx
AlB= Y
0
ay
by
Z
0
az
bz
(34.1)
z. B. X0
X lY = Y 0
0
0
Z0
1 0 0 1 = Z0 . 0 0
Das Spatprodukt besitzt folgende zyklische Umformungen: A º (B l C) = C º (A l B) = B º (C l A)
(34.2)
294
IX Vektoranalysis
Das Produkte aus Seitenfläche und zugehöriger Höhe, zum Beispiel aus der Fläche |A|º|B|sin(A, B) und der zugehörigen Höhe CºN0 (vgl. (8.18) und Abb. 8.5), ist für einen gegebenen Spat in jedem Falle dasselbe, denn bei Scherung bleibt das Spatvolumen unverändert. Die direkte Rechnung bestätigt (34.2) ebenfalls, z. B. (A l B) º C = (aybz – azby)cx + (azbx – axbz)cy + (axby – aybx)cz = aybzcx – azbycx + azbxcy – axbzcy + axbycz – aybxcz = axbycz – axbzcy + aybzcx – aybxcz + azbxcy – azbycx = ax(bycz – bzcy) + ay(bzcx – bxcz) + az(bxcy – bycx) = A º (B l C) . Häufig benötigt man das Produkt A l (B l C) = B º (AºC) – C º (AºB) .
(34.3)
Der Beweis durch direktes Ausrechen sei dem Leser als Übung 34.3 überlassen. Wir überlegen uns, dass (B l C) senkrecht auf B und C steht. A l (B l C) steht wiederum senkrecht auf dieser Senkrechten, ist also eine Linearkombination A l (B l C) = EB + JC mit den reellen Zahlen E und J in der aus B und C aufgespannten Ebene. A l (B l C) steht aber auch senkrecht auf A, so dass das Skalarprodukt mit A verschwindet 0 = A º (A l (B l C)) = A º (EB + JC) = EAºB + JAºC . Diese Gleichung ist erfüllt für E = AºC und J = –AºB
E = –AºC und J = AºB .
oder
Das in (34.3) gewählte Vorzeichen bestätigt man mit X0 l (Y0 l X0) = X0 l (–Z0) = Y0 = Y0 º (X0ºX0) – X0 º (X0ºY0) .
34.2
Differentiation eines Vektorfeldes nach einem Skalar
Die Differenzierbarkeit des Vektorfeldes sei im Folgenden stets vorausgesetzt. Die Definitionsgleichung des Differentialoperators kann direkt angewandt werden:
dA dt
lim
't o 0
A(t 't ) A(t ) 't
§ da x ¨ dt ¨ ¨ da y ¨ dt ¨ ¨ daz ¨ dt ©
· ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¸ ¹
(34.4)
34 Differentiation von Feldern
295
Aus einem Vektor entsteht so wieder ein Vektor. Wie im Fall reeller Funktionen folgen Summen- und Produktregel:
d dA dB ( A B) dt dt dt d dA dD DA D A mit D± ¸ dt dt dt d dB dA A B A B dt dt dt
(34.5) (34.6) (34.7)
Aus einem Skalar entsteht so wieder ein Skalar. Und aus einem Kreuzprodukt wird schließlich wieder ein Kreuzprodukt: d Au B dt
Au
dB dA Bu dt dt
(34.8)
Das negative Vorzeichen in (34.8) ergibt sich aus der Umstellung der Faktoren. Man schreibt den Faktor B besser vor den Differentialoperator, um deutlich zu machen, dass B nicht differenziert werden soll.
34.3
Räumliche Differentiation eines Feldes
Zur partiellen Differentiation nach den drei Raumkoordinaten dient der Nabla-Operator19
´ = X0
w w w Y 0 Z0 wx wy wz
§ w · ¨ ¸ ¨ wx ¸ ¨ w ¸ ¨ wy ¸ . ¨ ¸ ¨ w ¸ ¨ ¸ © wz ¹
(34.9)
Dieser Differentialoperator ist ein Vektor, der sowohl auf Skalarfelder als auch auf Vektorfelder angewendet werden kann. Eine reelle Funktion F(x, y, z) = F(R) der Raumkoordinaten ist ein Skalarfeld. Ihr totales Differential ist nach (28.6') dF =
19
wF wF wF dx dy dz . wx wy wz
benannt nach einem phönizischen Saiteninstrument dieser Form.
296
IX Vektoranalysis
Das ist gerade das Skalarprodukt des auf F angewandten Nabla-Operators
grad F(R) := ´F(R) = X 0
wF wF wF Y 0 Z0 wx wy wz
§ wF · ¨ ¸ ¨ wx ¸ ¨ wF ¸ ¨ wy ¸ ¨ ¸ ¨ wF ¸ ¨ ¸ © wz ¹
(34.10)
mit dem differentiellen Wegstück dR = X0dx + Y0dy + Z0dz dF = ´F º dR
(34.11)
so dass wir formal schreiben können ´F =
dF . dR
(34.12)
Diese Operation wird auch als Gradientenbildung bezeichnet. Sie erzeugt aus einem Skalarfeld F ein Vektorfeld ´F oder grad F. Wenn sich F in der Richtung dR nicht ändert, so verschwindet das Skalarprodukt 0 = dF = ´F º dR . Also steht ´F senkrecht auf dieser Richtung dR. grad F weist in die Richtung der stärksten Änderung von F. Die räumliche Differentiation eines Vektorfeldes erzeugt ein Skalarfeld. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Divergenzbildung div A(R) := ´ºA(R) ´A(R) =
wax wa y waz . wx wy wz
(34.13)
Hier wird ein Skalarprodukt gebildet. Der Nabla-Operator kann auch in Form des äußeren Produktes mit dem Vektorfeld verknüpft werden. Dann ergibt sich wieder ein Vektorfeld. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Rotationsbildung. Mit (34.1) und (34.9) finden wir rot A(R) := ´ l A(R) § wa wa y · § wa y wax · wa · 0 § wa x = X0 ¨ z z ¸ Z0 ¨ ¸Y ¨ ¸ . w y w z w z w x wy ¹ © ¹ © ¹ © wx
(34.14)
Die für diese Differentialoperationen geltenden Produktregeln sind im Folgenden aufgeführt: ´(AF) = F(´A) + Aº´F = F div A + A grad F ´ l (AF) = F(´ l A) – A l´F ´(A l B) = B º (´ l A) – A º (´ l B)
(34.15) (34.16) (34.17)
Zur Herleitung der letzten Zeile wird die zyklische Vertauschung der Faktoren so angewandt, dass hinter dem Nabla-Operator jeweils nur ein Vektorfeld steht. Zur Auflösung der Rotation
34 Differentiation von Feldern
297
eines Kreuzproduktes verwenden wir zunächst die BACCAB-Regel (34.3) in der Form, dass alle Vektoren hinter dem Nabla-Operator stehen, sodann die Produktregel ´ l (A l B) = (´B)A – (´A)B = (Bº´)A + A(´B) – B(´A) – (Aº´)B
(34.18)
wo (Cº´) = cx
w w w cy cz . wx wy wz
(34.19)
Die Berechnung von ´(AºB) gestaltet sich etwas schwieriger, weil AºB ein Skalar ist, die Anwendung des Nabla-Operators auf die einzelnen Faktoren aber keinen Gradienten, sondern eine Divergenz liefert. Nach (34.3) ist B l (´ l A) = ´(BºA) – (Bº´)A A l (´ l B) = ´(AºB) – (Aº´)B wobei ´(BºA) und ´(AºB) anzeigen, dass der Nabla-Operator nur auf den jeweils zweiten Faktor anzuwenden ist. Damit ergibt sich ´(AºB) = ´(BºA) + ´(AºB) = (Bº´)A + (Aº´)B + B l (´ l A) + A l (´ l B) .
(34.20)
Im Folgenden werden einige Beispiele zur Differentiation von Feldern vorgestellt; dabei ist § x· ¨ ¸ R = ¨ y ¸ = X0x + Y0y + Z0z, und A ist ein fester Vektor. ¨z¸ © ¹ w( X 0 x Y 0 y Z 0 z) w( X 0 x Y 0 y Z 0 z ) w( X 0 x Y 0 y Z 0 z) Y 0 Z0 wx wy wz 0 0 0 0 0 0 =X X +Y Y +Z Z =3.
´ºR = X 0
´|R| = X 0
= X0 =
w x2 y2 z 2 w x2 y2 z 2 w x2 y2 z 2 Y 0 Z0 wx wy wz x x y z 2
2
2
Y 0
y x y z 2
2
2
Z0
z x y2 z2 2
R = R0 . |R|
Wenn F nur vom Abstand vom Ursprung abhängt, liefert die Kettenregel ´F(|R|) =
dF dF . | R | = R0 d|R| d|R|
298
IX Vektoranalysis
Mit diesem Ergebnis und der Produktregel erhalten wir R0 3 1 1 2 R = R = = . R R 2 |R| |R| |R| |R| | R| | R| ´|R0| = ´1 = 0 . § wz wy · § wy wx · § wx wz · ´ l R = X0 ¨ ¸ Y 0 ¨ ¸ Z0 ¨ ¸ = 0 . © wz wx ¹ © wy wz ¹ © wx wy ¹ ´R0 =
Mit A = const. und ´ l R = 0 ergibt sich aus (34.20) § x· §1· §0· § 0· § w w w ·¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ay az ¸ ¨ y ¸ = ax ¨ 0 ¸ a y ¨ 1 ¸ az ¨ 0 ¸ = A ´(AºR) = (Aº´)R = ¨ ax w w w x y z © ¹ ¨z¸ ¨0¸ ¨0¸ ¨1¸ © ¹ © ¹ © ¹ © ¹
und außerdem: ´(A l R) = –A º (´ l R) = 0 ´ l (A l R) = A(´R) – (Aº´)R = Aº3 – A = 2A
34.4
Mehrfache Differentiation eines Feldes
Die Divergenz eines Gradientenfeldes ´F berechnet man mit dem Laplace-Operator 'F divgrad F = ´(´F) = (´º´)F =
w2 F w2 F w2 F := 'F . wx 2 wy 2 wz 2
(34.21)
Der Laplace-Operator kann auch auf Vektorfelder angewendet werden, in kartesischen Koordinaten: § w2 w2 w2 · divgrad A = (´º´)A = 'A = ¨ 2 2 2 ¸ (X0ax + Y0ay + Z0az) wy wz ¹ © wx
(34.22)
Davon zu unterscheiden ist graddiv A = ´(´A) § w w w · § wa wa y waz · = ¨ X0 Y 0 Z0 ¸ ¨ x ¸ wx wy wz ¹ © wx wy wz ¹ ©
(34.23)
worin auch die gemischten Ableitungen auftreten. Weiterhin definiert man rotrot A, während die Rotation eines Gradientenfeldes (34.25) und die Divergenz eines Wirbelfeldes (34.26) identisch verschwinden: rotrot A = ´ l (´ l A) = ´(´A) – 'A rotgrad F = ´ l (´F) = (´ l ´)F 0 divrot A = ´(´ l A) = (´ l ´)A 0
(34.24) (34.25) (34.26)
34 Differentiation von Feldern
34.5
299
Der Laplace-Operator in Polarkoordinaten
Für die Differentiation kugelsymmetrischer Felder ist die Darstellung des Laplace-Operators (34.21) in Polarkoordinaten von Vorteil. Dazu sind die kartesischen Differentiale dx, dy, dz mit Hilfe der Kettenregel durch die Differentiale der Polarkoordinaten dr, dT, dM auszudrücken: w w wr w wT w wM wr w wT w wM w = = wr wx wT wx wM wx wx wr wx wT wx wM wx
(34.27)
Die partiellen Differentialquotienten wurden rechts vor die mit ihnen verketteten Differentialoperatoren gezogen, um zu verdeutlichen, dass Letztere nicht auf sie anzuwenden sind. Mit der Produktregel gibt sich daraus die zweite partielle Ableitung nach x: w w w 2 r w wr w w w 2 T w wT w w w 2 M w wM w w = 2 wx wx wx wr wx wx wr wx 2 wT wx wx wT wx 2 wM wx wx wM
(34.28)
Nun wird w/wx nach (34.27) in die Differentialoperatoren eingesetzt § wr w wT w wM w · w w w wr w 2 wT w 2 wM w 2 2 ¸ =¨ = wx wr wx wTwr wx wMwr wx wr © wx wr wx wT wx wM ¹ wr w w § wr w wT w wM w · w wr w 2 wT w 2 wM w 2 2 = =¨ ¸ wx wr wT wx wT wx wMwT wx wT © wx wr wx wT wx wM ¹ wT
§ wr w wT w wM w · w wr w 2 wT w 2 wM w 2 w w = =¨ ¸ wx wM © wx wr wx wT wx wM ¹ wM wx wr wM wx wTwM wx wM2 so dass (34.28) schließlich folgende Form erhält: w2 w2r w wr wr w 2 wr wT w 2 wr wM w 2 2 = 2 2 wx wx wTwr wx wx wMwr wx wx wr wx wx wr
w 2T w wT wr w 2 wT wT w 2 wT wM w 2 wx 2 wT wx wx wr wT wx wx wT2 wx wx wMwT
wM wr w 2 wM wT w 2 wM wM w 2 w 2M w 2 wx wM wx wx wr wM wx wx wTwM wx wx wM2
(34.28')
Analoge Gleichungen ergeben sich für die Differentialoperatoren w2/wy2 und w2/wz2 des Laplace-Operators. Nun werden die einzelnen Differentialquotienten berechnet. Dazu verwenden wir (8.20) und (8.21), schreiben aber wie schon oben zur Abkürzung r statt |R|
Á
r = x2 y 2 z 2
T = arccos(z/r)
M = arctan(y/x)
(8.20')
x = rºsinTºcosM
y = rºsinTºsinM
z = rºcosT
(8.21')
x y 2
2
= rºsinT
300
IX Vektoranalysis
und erhalten die ersten Differentialquotienten: wr x = = sinTºcosM wx r 2
Á
2
wr y = = sinTºsinM wy r
wr z = = cosT wz r
2
§ wr · § wr · § wr · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 1 © wx ¹ © wy ¹ © wz ¹ wT xz cos T cos M = = 2 2 2 wx r r x y
(34.29) yz cos T sin M wT = = 2 2 2 wy r r x y
wT sin T x2 y 2 = = 2 2 2 wz r r x y 2
Á
2
Á
2
2
1 § wT · § wT · § wT · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 2 x y z w w w r © ¹ © ¹ © ¹ sin M wM cos M wM x y = 2 = = 2 = 2 2 wx r sin T r sin T wy x y x y 2
§ wM · § wM · § wM · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ © wx ¹ © wy ¹ © wz ¹
2
1 r 2 sin 2 T
(34.30)
wM =0 wz (34.31)
Die zweiten reinen Differentialquotienten sind: w2r 1 x2 = – r r3 wx 2
Á
w2r w2r w2r wx 2 wy 2 wz 2
w2r 1 y2 = – r r3 wy 2
w2r 1 z2 = – r wz 2 r3
2 r
(34.32)
z (r 2 x 2 y 2 ) xz (2 x x 2 y 2 r 2 x / x 2 y 2 ) w2T = wx 2 (r 2 x 2 y 2 )2 z (r 2 x 2 y 2 ) yz (2 y x 2 y 2 r 2 y / x 2 y 2 ) w2T = wy 2 (r 2 x 2 y 2 )2
( x 2 y 2 )2 z x 2 y 2 w2T = wz 2 (r 2 x 2 y 2 )2 Á
w2T w 2T w 2T wx 2 wy 2 wz 2
z r
2
w2M 2 xy = 2 2 wx ( x y 2 )2
Á
w2M w2M w 2M wx 2 wy 2 wz 2
x y 2
2
cos T r 2 sin T
2 xy w2M = 2 2 wy ( x y 2 )2 0
(34.33) w2M =0 wz 2
(34.34)
34 Differentiation von Feldern
301
Es zeigt sich, dass die gemischten Differentialquotienten, die als Faktoren bei den gemischten Differentialoperatoren auftreten, bei der Summation über die drei kartesischen Koordinaten alle verschwinden: wr wT wr wT wr wT wx wx wy wy wz wz
sin T cos T cos 2 M sin T cos T sin 2 M cos T sin T r r r
wT wM wT wM wT wM wx wx wy wy wz wz
cos T cos M sin M cos T sin M cos M 0 r r sin T r r sin T
wM wr wM wr wM wr wx wx wy wy wz wz
sin M cos M sin T cos M sin T sin M 0 r sin T r sin T
So bleiben für den vollständigen Laplace-Operator in Polarkoordinaten nur die aus den Gleichungen (34.29) bis (34.34) resultierenden Faktoren; sie sind in die Summe aus (34.28') und den entsprechenden Gleichungen für w2/wy2 und w2/wz2 einzusetzen: '=
w2 w2 w2 + + wx 2 wy 2 wz 2
'=
2 w cos T w 1 w2 w 1 w2 w2 + 1 2 + 2 + 2 2 2 + 2 2 + 0 wM r wr r wT r sin T wM wr r sin T wT
w2 w2 · 2 w 1 § cos T w 1 w2 2 2 2¸ + + 2 ¨ 2 r wr r © sin T wT wT sin T wM ¹ wr 1 w § 2 w · 1 § 1 1 w § w · w2 · ¨ sin T ¸ 2 2 ¸ '= 2 º ¨r ¸ + 2 º¨ wT ¹ sin T wM ¹ wr ¹ r wr © r © sin T wT © w · w § w · w2 º 1 ªw § 1 1 ¨ sin T ¸ 2 2 » ' = 2 « ¨ r2 ¸ wr ¹ sin T wT © wT ¹ sin T wM ¼ r ¬ wr ©
'=
Beispiel: Ein Zentralpotential gehorcht der Gleichung I =
c für r 0. Anwendung des r
Laplace-Operators liefert w § w · w2 º c 1 ªw § 2 w · 1 1 sin r T « » ¨ ¸ ¨ ¸ wr ¹ sin T wT © wT ¹ sin 2 T wM2 ¼ r r 2 ¬ wr © 1 w § 2 w · c 'I = 2 ¨r ¸ wr ¹ r r wr © 1 w 2 c r 2 'I = 2 r r wr 1 w 'I = 2 (–c) r wr 'I = 0 für r 0 .
'I =
(34.35)
302
IX Vektoranalysis
Übungen 34.1 Berechnen Sie für X 0: X l (A l X) + X º (AºX) 34.2 Berechnen Sie: a) Y0 l (X0 l (X0 l Y0)) b) A º (A l B) c) (X0 l Y0) l X0 d) X0 º (AºX0) + Y0 º (AºY0) + Z0 º (AºZ0) 34.3 Zeigen Sie die BACCAB-Regel: A l (B l C) = B º (AºC) – C º (AºB) 34.4 Zeigen Sie die Lagrange-Identität: (A l B) º (C l D) = (AºC) º (BºD) – (AºD) º (BºC) [Hinweis: Nach (34.2) ist (A l B) º C = A º (B l C), also (A l B) º (C l D) = A º (B l (C l D)).] 34.5 Berechnen Sie für R 0: a) div R b) grad 1/|R| c) div R/|R3| d) rot R/|R3|
[Hinweis: ´ l R|R–3| = |R–3| ´ l R – R l ´|R–3|. (Ein Feld, für das die Rotation verschwindet, nennt man konservatives Feld.)] 34.6 Es gibt neun Möglichkeiten, Paare aus grad, div, rot zu bilden. Prüfen Sie, welche dieser Kombinationen auf Vektoren und welche auf Skalare (oder beides) angewandt werden können. Beschreiben Sie ebenfalls die Bildmengen. Prüfen Sie ferner, welche identisch verschwinden [Hinweis: 2 Paare] und welche nicht definiert sind [Hinweis: 4 Paare].
35
Integralsätze
Die Integralsätze stellen einen Zusammenhang her zwischen dem Feld in einem Gebiet G und an dessen Rand G. Ist das Gebiet ein Volumen, so kann es durch das Integral differentieller Volumenelemente (dies sind keine Vektoren) in orthogonalen Koordinaten d3R = dxdydz beschrieben werden. Der Rand eines Volumens ist eine Fläche, das Integral differentieller Flächenelemente. Wird jedes Flächenelement nicht allein durch seinen Betrag, sondern auch durch seine Richtung gekennzeichnet, zum Beispiel d2R = (X0 l Y0)dxdy so muss das Integral über die geschlossene Oberfläche eines Volumens verschwinden, weil sich gegensinnige Vektoren aufheben (s. Abb. 35.1). Die Wahl der Normalenrichtung (entweder nach innen oder nach außen weisend) ist zwar freigestellt, muss aber für alle Flächenelemente dieselbe sein, denn insbesondere bei kantenlosen Flächen wie der Kugeloberfläche gibt es keine Grenze, an der ein Wechsel erfolgen könnte.
0
No
z
Nl
0
0
Nr
0
y
Nu
x Abb. 35.1: Darstellung von Flächennormalen eines Würfels. Die Vektoren Nr0 und Nl0 der rechten und linken Seite heben sich ebenso auf wie die Vektoren No0 und Nu0 von Ober- und Unterseite oder die hier nicht dargestellten Vektoren von Vorder- und Hinterseite.
304
IX Vektoranalysis
35.1
Der Satz von Gauß
Das Integral eines Feldes über eine geschlossene Oberfläche muss ebenfalls verschwinden, wenn das Feld konstant ist. Ändert es sich, so gilt die hier am Beispiel der x-Richtung dargestellte Überlegung (s. Abb. 35.1 und Abb. 35.2): An der linken Würfelseite haben wir
A(x, y, z)ºd2R = axX0 º dydz Nl0 = –axdydz wegen X0ºNl0 = – 1, und an der rechten Würfelseite wa § · A(x + dx, y, z)ºd2R = (ax + dax)X0 º dydz Nr0 = ¨ ax x dx ¸ dydz wx © ¹ wax dxdydz. Analog werden die beiden übrigen Flächenpaare wx behandelt. Für die gesamte Oberfläche V des Würfels erhalten wir
wegen X0ºNr0 = 1. Netto bleibt
³v A( R) d
2
R =
wV
wa y wax waz dxdydz + dxdydz + dxdydz . wx wz wy
Es ist üblich, in diesem Zusammenhang nur ein Integralzeichen zu verwenden, weil d2R ebenso wie d3R als ein Differential interpretiert werden kann. Geteilt durch das differentielle Volumen dxdydz ergibt sich wa y wax waz 1 { ´A(R) = lim + + V o 0 wz wy V wx
v³ A( R) d
2
R.
wV
z
dz
ax X
0
(a x + dax)X
0
dy dx y x Abb. 35.2: In das Skalarprodukt aus Flächenelement (Y0 l Z0)dydz und Vektor A geht nur dessen x-Komponente axX0 ein, da Y0 º (Y0 l Z0) = 0 und Z0 º (Y0 l Z0) = 0. ax kann sich mit dx ändern.
35 Integralsätze
Abb. 35.3:
305
Bei zwei zusammengesetzten Würfeln entfallen die Beiträge der inneren Oberflächen.
Fügt man mehrere Volumenelemente zusammen, so entfallen die inneren Flächen im Integral aufgrund der gegensinnigen Normalenvektoren. Somit bleibt nur das Integral über die äußere Oberfläche. Bei genügender Verfeinerung der Würfelstruktur gilt daher für jedes beliebige Volumen der Satz von Gauß:
³ d R div A( R) = v³ d 3
2
R A( R)
(35.1)
wV
V
Als Beispiel integrieren wir die Divergenz des Vektorfeldes R über eine konzentrisch um den Ursprung gelegte Kugel. Für jedes Oberflächenelement ist d2RºR = |d2R|º|R|, weil R parallel zu der Normalen des betreffenden Oberflächenelementes steht. Mit |R| als multiplikativer Konstante, (32.11) und div R = 3 (vgl. ´ºR auf S. 297 und Übung 34.5a), wird (35.1) zu 3³ d 3 R = | R | v³ | d 2 R | = 4S|R|3 . wV
V
Als Nächstes betrachten wir ein Skalarfeld F(R) und übertragen Abb. 35.2 auf diesen Fall. An der linken Würfelseite haben wir F(x, y, z) d2R = F dydz Nl0 = F dydz (–X0) wegen Nl0 = –X0, und an der rechten Würfelseite wegen Nr0 = X0 wF § · F(x + dx, y, z) d2R = (F + dF) dydz Nr0 = ¨ F dx ¸ dydz X0 . wx © ¹
Mit den entsprechenden Ergebnissen für die übrigen Flächen folgt
³v F ( R) d
wV
2
R =
wF wF wF dxdydz X0 + dxdydz Y0 + dxdydz Z0 wx wz wy
oder X0
1 wF wF wF { ´F(R) = lim Y 0 Z0 V o 0 V wx wy wz
v³ F ( R) d
wV
2
R.
306
IX Vektoranalysis
Setzt man mehrere Volumenelemente zusammen, so entfallen die inneren Flächen im Integral aufgrund der gegensinnigen Normalenvektoren. Somit bleibt nur das Integral über die äußere Oberfläche. Bei genügender Verfeinerung der Würfelstruktur gilt daher für jedes beliebige Volumen
³ d R grad F ( R) 3
³v d
=
2
R F ( R) .
(35.2)
wV
V
Dieser Zusammenhang kann auch direkt aus (35.1) hergeleitet werden. Dazu definieren wir A(R) = N0F(R) für einen beliebigen, aber festen Einheitsvektor N0. ´A(R) = ´(N0F(R)) = N0º´F(R). Dies eingesetzt in (35.1) liefert
N0 º ³ d 3 R grad F ( R) = N0 º V
³v d
2
R F ( R)
wV
und da N0 beliebig war, folgt (35.2). Sei schließlich das Feld A(R) l N0 mit einem beliebigen, aber festen Einheitsvektor N0 gegeben. Hierfür liefert der Satz von Gauß (35.1)
³d
3
R ( A u N 0 ) =
³v d
2
R ( Au N 0 )
wV
V
also mit (34.2) und (34.17)
N0 º ³ d 3 R (u A) = N0 º V
³v d
Ru A
2
wV
und da N0 beliebig ist, folgt
³d
3
R rot A( R) =
2
R u A( R) .
(35.3)
wV
V
35.2
³v d
Greensche Sätze
Die Greenschen Sätze sind eine einfache Folge des Satzes von Gauß. Ersetzen wir den Vektor A durch den Vektor F´G, so folgt mit (35.1) und der Produktregel der erste Greensche Satz
³v F G d
2
R
wV
³ ( F G ) d R ³ (F G F 'G ) d R 3
V
3
(35.4)
V
und analog mit dem Vektor G´F
³v GF d
wV
2
R
³ (GF )d R ³ (G F G'F ) d R . 3
V
3
V
Subtraktion der zweiten von der ersten Gleichung liefert den zweiten Greenschen Satz
³ ( F 'G G'F ) d R ³v ( F G GF ) d 3
V
wV
2
R.
(35.5)
35 Integralsätze
35.3
307
Der Satz von Stokes
Wir betrachten ein in z-Richtung orientiertes, quadratisches Flächenelement G. Die Zirkulation des Vektorfeldes A(R) ist definiert als das Integral
³v A( R) dR
wGz
über den Rand G, der wie in Abb. 35.4 dargestellt zu durchlaufen ist (rechte-Hand-Regel). Die einzelnen Beiträge sind (vgl. Abb. 35.4): 1. (X0ax + Y0ay + Z0az) dxX0 = axdx § wa y · wa wa § § · § ·· dx ¸ Z 0 ¨ az z dx ¸ ¸ dyY0 2. ¨ X 0 ¨ ax x dx ¸ Y 0 ¨ a y wx wx wx © ¹ © ¹¹ © ¹ © wa y · § dx ¸ dy = ¨ ay wx © ¹ 3.
4.
§ 0§ wa y · § § ·· wax · wa dy ¸ Y 0 ¨ a y dy ¸ Z 0 ¨ az z dy ¸ ¸ dx(–X0) ¨ X ¨ ax wy wy wy © ¹ © ¹ © ¹¹ © § · wa = – ¨ ax x dy ¸ dx wy © ¹ (X0ax + Y0ay + Z0az) dy(–Y0) = –aydy
Fast alle Terme heben sich weg, übrig bleibt nur
³v A( R) dR
wGz
§ wa y wax · wa · 0 § wa y =¨ x ¸ ºZ0dxdy . ¸ dxdy = Z ¨ wy ¹ wy ¹ © wx © wx
y 3 dy 4
G
2
1 dx
x Abb. 35.4:
Der Rand eines in z-Richtung orientierte Flächenelementes G wird umlaufen.
308
IX Vektoranalysis
Das ist die z-Komponente der Rotation von A multipliziert mit der in z-Richtung orientierten Fläche G. Da die Koordinaten beliebig gewechselt werden können und die Fläche damit beliebig gedreht wird, gilt allgemein rot A(R) = lim
1
G o0 G
³v dR A( R) .
wG
Fügt man mehrere Flächen aneinander, deren Ränder alle im selben Richtungssinne durchlaufen werden, so entfallen die Beiträge an den inneren Grenzen und es gilt der Satz von Stokes
³d
2
R rot A( R) =
³v dR A( R) .
(35.6)
wG
G
Sei nun A(R) = N0F(R) ein Skalarfeld mit einem konstanten Einheitsvektor multipliziert. Dann führt der Stokessche Satz auf
³d
2
R ( u ( N 0 F )) =
³v dR ( N
0
F)
wG
G
³ (d
2
R u) ( N 0 F ) =
³v (dR F ) N
0
wG
G
N ³ d R uF = N 0
2
0
G
³v dR F
wG
und da N0 beliebig ist, erhalten wir allgemein
³d
2
R u grad F ( R) =
³v dR F ( R) .
(35.7)
wG
G
Übungen 35.1 Wird der Satz von Gauß (35.1) auf ein Vektorfeld der Form B = rot A angewendet, so kann das Ergebnis mit dem Satz von Stokes (35.6) weiterverarbeitet werden
³d
V
3
R divrot A( R)
³v d
2
wV
R rot A( R)
³v dR A( R) .
wwV
Man zeige den bereits aus (34.26) bekannten Sachverhalt, dass das Ergebnis identisch verschwindet. [Hinweis: Der Rand V der geschlossenen Oberfläche V eines Volumens V existiert nicht.] 35.2 Ein Vektorfeld heißt quellenfrei, wenn seine Divergenz verschwindet. Man zeige, dass ein quellenfreies Vektorfeld stets als Rotation eines Vektorfeldes dargestellt werden kann, d. h.
div B 0 Á B = rot A .
35 Integralsätze
309
35.3 Analog zu Übung 35.1 wende man (35.3) und (35.7) auf ein Vektorfeld an, das der Gradient eines Skalarfeldes ist und berechne rotgrad F(R) mit Hilfe von V = 0. [Bemerkung: In differentieller Form ist dieser Sachverhalt bereits aus (34.25) bekannt. Er gilt für jedes einfach zusammenhängende Volumen (das ist ein Volumen, in dem sich jeder geschlossene Weg auf einen Punkt zusammenziehen lässt – Gegenbeispiel: Torus).] 35.4 Ein Vektorfeld heißt wirbelfrei, wenn seine Rotation verschwindet. Man zeige, dass ein wirbelfreies Feld stets als Gradient eines Skalarfeldes dargestellt werden kann:
rot B 0 Á B = grad F . [Hinweis: Man benutze das Ergebnis von Übung 35.3.]
X Differentialgleichungen
36
Gewöhnliche Differentialgleichungen
Differentialgleichungen (DGL) n-ter Ordnung enthalten die n-te Ableitung f (n) sowie eventuell weitere Ableitungen niedrigerer Ordnung einer Funktion f (x), die Funktion selbst und das Argument x. Gewöhnliche Differentialgleichungen enthalten keine partiellen Differentialquotienten. Lineare Differentialgleichungen enthalten keine Produkte der Funktion oder ihrer Ableitungen mit der Funktion oder ihren Ableitungen. Homogene Differentialgleichungen enthalten kein absolutes Glied. Eine Differentialgleichung liegt in Normalform vor, wenn der Koeffizient der höchsten Ableitung 1 ist. Beispiele: f '' + f = 0 ist eine gewöhnliche, lineare und homogene DGL 2. Ordnung. f '''ºf + ( f '')2 + h = 0 mit h 0 ist eine gewöhnliche, nichtlineare und inhomogene DGL 3. Ordnung. b
d
d
2 § h x · § wf ( x, y, z ) · 2 ¸ ¸ = kºy + f (x, y, 0)ºsin ¨ wz ¹ © f (0, y, z ) ¹
³a dx ³c dy ³a dz f (x, y, z) + ¨©
ist eine partielle nichtlineare Integro-Differentialgleichung „mit allem“; so etwas wird im Folgenden nicht behandelt. Aufgabe der Theorie der Differentialgleichungen ist es, Funktionen anzugeben, welche die Differentialgleichungen erfüllen. Dazu ist es nützlich, einen Vorrat an Funktionen zur Verfügung zu haben. Zum Beispiel wissen wir bereits ohne Rechnung: Die DGL f ' – f = 0 wird gelöst durch die Funktion ex. Die DGL f '' – f = 0 wird gelöst durch sinhx und coshx und ex. Die DGL f '' + f = 0 wird gelöst durch sinx und cosx und eix. Linearkombinationen dieser Lösungsfunktionen und deren Produkte mit konstanten Faktoren sind ebenfalls Lösungen.
314
X Differentialgleichungen
36.1
Homogene lineare DGL mit konstanten Koeffizienten20
Homogene lineare DGL mit konstanten Koeffizienten ak werden am einfachsten gelöst, indem die DGL 0 = a0 f + a1 f ' + a2 f '' + … + anf (n) =
n
¦ ak f (k )
(36.1)
k 0
durch die Substitution (Lösungsansatz)
f = Cepx Á f (k) = pkCepx = pkf
(36.2)
in eine algebraische Gleichung umgewandelt wird. Meistens ist die triviale Lösung C = 0 uninteressant. In allen anderen Fällen ist f 0, so dass durch f dividiert werden kann. Dann ergibt sich die sogenannte charakteristische Gleichung der DGL, eine algebraische Gleichung 0 = a0 + a1p + a2p2 + … + anpn =
n
¦ ak p k
(36.3)
k 0
die nach bekannten Methoden gelöst wird. Nach Abschn. 15 existieren n (verschiedene oder identische) Wurzeln pi. Sind alle pi verschieden, so ergibt sich die allgemeine Lösung der DGL aus der Linearkombination
f (x) = C1ep1x + C2ep2x + … + Cnepnx .
(36.4)
Die Konstanten Ci müssen durch Nebenbedingungen festgelegt werden. Sind mindestens zwei Exponentialfaktoren gleich, z. B. pi = pj, so erhält man mit Cij = Ci + Cj eine unvollständige, da nur aus (n – 1) Summanden bestehende Lösung. In diesem Fall bilde man eine vollständige Lösung unter Verwendung des Terms (Ci + xCj )epix
f (x) = C1ep1x + C2ep2x + … + (Ci + xCj)epix + … + Cnepnx .
(36.5)
Als Beispiel betrachten wir die DGL
f '' + f ' – 2f = 0 . Die charakteristische Gleichung p2 + p – 2 = 0 besitzt die beiden Lösungen p1 = 1 und p2 = –2. Die allgemeine Lösung der DGL lautet damit
f (x) = C1ex + C2e–2x . Durch zwei Nebenbedingungen wie z. B.
f (0) = A Á C1 + C2 = A und f '(0) = B Á C1 – 2C2 = B werden die freien Konstanten festgelegt C1 =
20
2A B 3
und C2 =
n
A B 3
Falls die inhomogene DGL ¦ ak f ( k ) = c mit a0 0 vorliegt, führt die Koordinatentransformation f o g mit k 0
a0g(0) = a0f (0) – c und g(k) = f (k) für k ± Û zu einer homogenen DGL.
36 Gewöhnliche Differentialgleichungen
315
und die allgemeine Lösung ist unter diesen Nebenbedingungen
f (x) =
2 A B x A B –2x e + e . 3 3
Weitere Beispiele in Normalform: f '' – f = 0 f '' = 0 f ''' + f '' = 0 f '' + f = 0
Á Á Á Á
f (x) = C1ex + C2e–x . f (x) = C1 + xC2 . f (x) = C1 + xC2 + C3e–x . f (x) = C1eix + C2e–ix .
p1,2 = ±1 p1,2 = 0 p1,2 = 0, p3 = –1 p1,2 = ±i
Die komplexen Exponentialfaktoren pi im letzten Beispiel können mit Hilfe der Eulerschen Gleichung (25.9) aufgelöst werden C1eix + C2e–ix = (C1+ C2)cosx + i(C1 – C2)sinx .
36.2
Lineare DGL mit Störfunktion
Häufig enthalten DGL neben der Funktion f (x) und ihren Ableitungen noch eine Funktion g(x); Letztere wird Störfunktion genannt: g(x) = a0 f + a1 f ' + a2 f '' + … + an f (n) =
n
¦ ak f (k )
(36.6)
k 0
Um (36.6) zu lösen, suche man zunächst die allgemeine Lösung der homogenen DGL (36.1) und bilde dann die Linearkombination mit einer speziellen Lösung von (36.6). Beispiel: f ' – f = 3 [mit der konstanten Funktion g(x) = 3]. Die Lösung der homogenen DGL lautet (mit p = 1): fhom = Cex; eine spezielle Lösung der inhomogenen DGL ist finh = –3. Damit ergibt sich die allgemeine Lösung der inhomogenen DGL zu f (x) = Cex – 3. Sie hätte nach der Fußnote 20 auch durch Koordinatentransformation gewonnen werden können. Das ist im folgenden Beispiel nicht möglich. Beispiel: f ' – f = 3x. Wiederum ist fhom = Cex. Eine spezielle Lösung der inhomogenen DGL findet man mit dem Ansatz: Á
finh = Ax + B f 'inh – finh = A – (Ax + B) = 3x
Koeffizientenvergleich liefert A – B = 0 und –A = 3, d. h. f 'inh = –3x – 3. Von der Richtigkeit der vollständigen Lösung f (x) = Cex – 3x – 3 überzeuge man sich durch Einsetzen in die DGL.
316
36.3
X Differentialgleichungen
Trennung der Variablen
Nichtlineare DGL lassen häufig eine Separation der Variablen auf verschiedenen Seiten der Gleichung zu, wobei das folgende Schema anwendbar ist dy = y' = g(x)ºf (y) dx
y' = g(x) f ( y)
Á
Á
dy = g(x)dx f ( y)
und anschließend integriert werden kann. Beispiel: y' = x2 º¹y Á
36.4
dy
Á
§ x3 C · y(x) = ¨ ¸ © 6 2¹
y
= x2dx
Á
Õy –1/2dy = Õx2dx
Á
2¹y =
x3 +C 3
2
Lösen von DGL mit der Laplace-Transformation
Die Laplace-Transformierte 3[g'(t)] der Ableitung einer Zeitfunktion g(t) kann durch partielle Integration auf die Laplace-Transformierte 3[g(t)] der Zeitfunktion zurückgeführt werden: 3[g'(t)] =
f
0
Á
f
f
pt pt pt ³ g '(t ) e dt = ª¬ g (t ) e º¼ 0 + p ³ g (t ) e dt
0
3[g'(t)] = pº3[g(t)] – g(0)
(36.7)
Die Differentiation im Zeitbereich entspricht der Multiplikation mit einem Faktor im Bildbereich. Die zweite Ableitung wird mit (36.7) 3[g''(t)] = pº3[g'(t)] – g'(0) = p2º3[g(t)] – pºg(0) – g'(0) .
(36.7')
Höhere Ableitungen findet man entsprechend. Durch eine Laplace-Transformation kann eine DGL in eine algebraische Gleichung verwandelt werden, die auch schon die Anfangswerte enthält. Beispiel: Die Laplace-Transformierte der Lösung der DGL g''(t) – 4g(t) + t2 = 0 mit den Anfangsbedingungen g(0) = 0 und g'(0) = 1 findet man mit Hilfe von (36.7') und (33.25') aus p2º3[g(t)] – pºg(0) – g'(0) – 43[g(t)] + zu 3[g(t)] =
2 p 3 . p 3 ( p 2 4)
2 =0 p3
36 Gewöhnliche Differentialgleichungen
317
Damit ist die algebraische Gleichung gelöst. Die Zeitfunktion g(t) berechnet man durch Rücktransformation der Bildfunktion. Zu diesem Zweck ist eine Partialbruchzerlegung der Bildfunktion nützlich
p3 2 A B B B C 1 22 33 = 3 2 p2 p p p2 p ( p 4) p =
3 1 1 1 1 1 1 5 1 0 2 3 16 p 2 8 p 2 p 16 p 2 p
denn mit (33.25') und (33.26) ergibt sich daraus die Zeitfunktion
g(t) =
3 2t 1 0 1 t 2 5 2t 1 t 2 5e 2t 3e 2t e t e = . 16 8 2 2 16 8 4 16 16
Durch Umstellung von (36.7) erhält man auch die Laplace-Transformierte 3[Õg(t)dt] der Stammfunktion einer Zeitfunktion g(t) 3[Õg(t)dt] = p–1º 3[ g (t )] C (0)
(36.8)
wobei die Integrationskonstante C(0) den Anfangswert der Stammfunktion bezeichnet. Dies kann zur Lösung von Integro-Differentialgleichungen genutzt werden. Übungen 36.1 Man bestimme die allgemeinen Lösungen der folgenden DGL: a) f (4) = x [Hinweis: Schrittweise direkt integrieren und die Konstanten nicht vergessen!] b) f '' + f ' – f = 0 c) f '' + 2f ' + f = 0 36.2 Welche der Lösungen aus Übung 36.1 erfüllen die Anfangsbedingung f (0) = 0? 36.3 Welche der Lösungen aus Übung 36.1 sind stabil, d. h. |f (x)| < für x o ? 36.4 Man löse die folgenden DGL durch Trennung der Variablen: a) f 'ºsinx = f ºcosx 1 b) 2f f ' f 36.5 Bei konstanter Temperatur sinkt der Luftdruck p mit zunehmender Höhe dh um den Beitrag der Luftschicht in diesem Intervall, der wiederum proportional zum Luftdruck in dieser Höhe ist. Mit der Proportionalitätskonstante K > 0 ist also dp = –Kpdh. Stellen Sie eine Formel für p(h) auf. Passen Sie K so an, dass p(5,54 km) = p(0)/2. 36.6 Innerhalb des kleinen Zeitintervalls dt ändert sich die Anzahl von N radioaktiven Atomen um dN = –KºNºdt (K > 0). Wie lautet das Zerfallsgesetz N(t)? Nach welcher Zeit ist noch die Hälfte der Atome vorhanden?
318
X Differentialgleichungen
36.7 Gegeben sei eine homogene Kugel mit Radius R. Der Laplace-Operator der Funktion f lautet in Polarkoordinaten 'f (r R) = K > 0, 'f (r > R) = 0. Man bestimme f (r) innerhalb und außerhalb der Kugel. Nebenbedingungen: f () = 0, f (0) < , f und ´f sind überall stetig, auch bei R. 36.8 Lösen Sie die DGL des Beispiels von Seite 315 f ' – f = 3x mit der Anfangsbedingung f (0) = 0 mit Hilfe einer Laplace-Transformation.
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Lexika und Formelsammlungen K. Bosch: Mathematik-Lexikon, Oldenbourg, München 2000. J.J. O’Connor, E. F. Robertson: The MacTutor History of Mathematics archive. http://www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/ N. Egge, A. Krowne et al.: PlanetMathOrg. http://planetmath.org/ M. Hazewinkel et al.: Encyclopaedia of Mathematics. http://eom.springer.de/ H. Meschkowski: Mathematisches Begriffswörterbuch, Bibl. Inst., Mannheim 1971. L. Sanger, J. Wales et al.: Wikipedia. http://en.wikipedia.org/wiki/Portal:Mathematics G. Walz et al.: Lexikon der Mathematik, Spektrum, Heidelberg 2003. E. Weisstein et al.: WolframMathworld. http://mathworld.wolfram.com/
320
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Ergänzende und weiterführende Literatur G. Bärwolff: Höhere Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure, Spektrum, Heidelberg 2006. W. Brauch, H.-J. Dreyer, W. Haacke: Mathematik für Ingenieure, Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2006. R. Dobbener: Analysis, Oldenbourg, München 2007. R. Dobbener: Lineare Algebra, Oldenbourg, München 2001. G. Dobner, H.-J. Dobner: Lineare Algebra für Naturwissenschaftler und Ingenieure, Spektrum, Heidelberg 2007. J. Erven, D. Schwägerl: Mathematik für Ingenieure, Oldenbourg, München 2008. G.H. Hardy, E.M. Wright: Einführung in die Zahlentheorie, Oldenbourg, München 1958. N. Herrmann: Höhere Mathematik, Oldenbourg, München 2007. H. Heuser: Lehrbuch der Analysis, Teil 1–2, Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2006, 2008. K. Jänich: Lineare Algebra, Springer, Berlin 2008. K. Jänich: Vektoranalysis, Springer, Berlin 2005. T. Needham: Anschauliche Funktionentheorie, Oldenbourg, München 2001. I. Niven, H.S. Zuckermann: Einführung in die Zahlentheorie, Band I, Bibl. Inst., Mannheim 1991. I. Niven, H.S. Zuckermann: Einführung in die Zahlentheorie, Band II, Bibl. Inst., Mannheim 1987. L. Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 1–3, Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2007–2008. L. Papula: Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler – Klausur- und Übungsaufgaben, Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2007. T. Rießinger: Mathematik für Ingenieure, Springer, Berlin 2007.
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Stichwortverzeichnis Abbildung 18ff, 33f, 41, 56, 58f, 62, 65f, 69, 99f, 102, 113f, 118f, 121f, 124, 149, 175, 185, 199, 227, 279, 282 Abbildungsmatrix 123 abelsche Gruppe 33f, 65f abgeschlossen 31, 33, 35f, 83, 200, 211f, 242 abklingende Exponentialfunktion 289 Ableitung 6, 52, 139, 141, 156, 207ff, 217, 219, 222ff, 230, 233ff, 243, 245f, 249ff, 257, 260ff, 266, 273, 286, 298f, 313, 315f Ableitungsregeln 210 Absolutbetrag 33, 200, 208 absoluter Term 86, 172 absolutes Glied 137f, 146, 313 absolut integrierbar 281 absolut konvergent 196f, 239 Absorptionsgesetz 13 Abstand 69, 71ff, 77, 81, 139, 152, 156ff, 162, 165, 174f, 177, 182, 283, 297 Abszisse 48, 134, 138, 161, 233 Abtrennungsregel 6 Achse 9, 16, 37ff, 48, 59ff, 63, 76ff, 82, 114, 116f, 122, 124f, 144, 147, 150ff, 160, 169ff, 173ff, 177, 251, 276f Achsenabschnitt 78 Additionstheorem 52 adjungierte Matrix 107, 111 Adjunkte 105ff, 111 Ähnlichkeitssatz 288 algebraisch 36, 293, 314, 316f Algorithmus 31, 86, 132 allgemeine Gleichung 70, 146f, 150 allgemeine Lösung 314f, 317 allgemeine Potenz 221
allgemeine quadratische Form 146 allgemeiner binomischer Satz 237 allgemeines Dreieck 53 Allquantor 4 alternierende Folge 186, 238 alternierende Reihe 196, 204, 237f alternierend in den Zeilen 100 analytische Funktion 245, 247 analytische Geometrie 48 Anfangswert 140, 190, 262, 316f angeordneter Körper 35f Ankathete 51 Anordnung 9, 36, 63, antikommutativ 62 antisymmetrisch 17 Approximation 127, 138, 237ff Äquator 177, 182 Äquivalenz 4, 6, 102 Äquivalenzklasse 16, 31, 35, 55, 58, 61, 190 Äquivalenzrelation 16, 21, 58 Äquivalenzumformung 4, 6, 28 Archimedes 50 Arcuskosinus-Funktion 227f Arcuskotangens-Funktion 227f Arcussinus-Funktion 227f Arcustangens-Funktion 227f arithmetisch 10, 41 arithmetische Folge 185 arithmetische Reihe 193 assoziativ 11, 33ff, 56ff, 59, 63, 89f, 94, 132 Assoziativgesetz 6 Ast 162, 174, 226, 257f asymmetrisch 16, 241 Asymptote 161 aufspannen 73f, 82, 178, 180, 294 Aussage 3ff, 14, 25, 36, 69, 100, 110
324 Aussageform 3f Aussagenverknüpfung 4f äußeres Produkt 62, 296 Axiom 25, 33, 36f, 41, 69, 131 BACCAB-Regel 294, 297, 302 Basis 35, 46, 50, 67, 74ff, 82, 112, 118ff, 124f, 216, 221f, 226, 277, 279 Basisvektor 74ff, 82, 114, 119f Bernoullische Ungleichung 30 beschränkt 11, 54, 65, 186ff, 194, 200, 285 bestimmtes Integral 259 Betrag 33, 37, 39, 40, 42, 56, 58f, 61, 64, 69, 71, 75, 81, 180, 245, 303 bijektiv 19f, 34, 41, 55, 113, 227 Bild 18f, 41, 56, 65, 101, 113, 121ff Bildbereich 18f, 316 Bildebene 123f Bildfunktion 285, 288f, 317 Bildmenge 18, 302 Bildraum 122 Bildungsgesetz 28, 185, 188, 241 bilinear 119 binär 15f, 35 Binärzahl 35, 41 Binom 27, 136 Binomialkoeffizienten 27ff, 237ff, 244, 246 binomische Formel 26f, 209, 215, 237, 239 binomische Reihe 239, 246 binomischer Satz 26, 30, 136, 209, 237 Bolzano 200 Breitengrad 177, 182 Breitenkreis 177 Brennpunkt 152, 156ff, 165, 169, 174 Briggsscher Logarithmus 222 Bruch 34ff, 198, 210, 230, 266 Bruchrechnung 210, 230 Cantor 7 Cardano 137 Cauchy-Folge 189f Cauchy, Restglied 245 Cauchy-Riemann DGL 283 Cauchy, Satz 189, 283
Stichwortverzeichnis Cauchysches Diagonalverfahren 216 Cauchysches Konvergenzkriterium 188f, 202 Cauchysches Multiplikationsschema 238 Cauchy-Schwarzsche Ungleichung 41, 69, 189 charakteristische Gleichung 314 Cornu-Spirale 274 Cramersche Regel 109, 111f Dämpfungssatz 288 Dedekind-Schnitt 36, 190 Defekt 122, 124 Definitionsbereich 9, 12, 18f, 52, 54, 121, 199, 203, 207f, 210ff, 218, 226, 234, 252, 293 Definitionsgleichung 58, 225, 274, 285, 294 Definitionslücke 260 Descartes 48 Determinante 99ff, 116, 128, 148f, 293 dezimal 35 Dezimalbruchentwicklung 184 Dezimaldarstellung 8 Dezimalzahl 35, 41 DGL 313ff Diagonale 50, 77, 149, 251 Diagonalelement 17, 106, 108, 148 Diagonalmatrix 144, 147, 148ff Differential 251f, 295, 299, 304 Differentialgleichung 184, 283, 311ff Differentialoperator 208, 250, 294f, 299, 301 Differentialquotient 207ff, 230, 299ff, 313 Differentialrechnung 184, 205ff, 257, 263 Differentiation 209, 249, 252f, 263, 283, 293ff Differenz 32, 164, 185, 193, 229, 239, 242f, 259, 273, 286 Differenz (Matrizen) 89 Differenz (Mengen) 10f, 13 Differenz (Vektoren) 57, 69 Differenzenquotient 207f, 245 differenzierbar 203, 207ff, 222, 225, 242, 245f, 250f, 260ff, 273, 283, 289, 294
Stichwortverzeichnis differenzieren 222, 228, 244, 250, 252, 282 Dimension 65, 83, 121f, 249 dimensional 11, 55ff, 62, 72, 82f, 121f, 143ff, 250, 293 Dimensionszahl 82 disjunkt 10, 16 Disjunktion 4f, 11 Distanz 69 distributiv 35, 58f, 62, 90 Distributivgesetz 6, 11, 62 divergent 187, 193, 196, 204 Divergenz (Feld) 296ff, 305, 308 divergieren 197, 204 Dividend 32 Division 31, 34f, 38f, 41f, 58, 132, 268, 271 Divisionsalgorithmus 31, 132 Divisor 32 Dodekaeder 74 Doppelindizierung 83, 92 Drehachse 116, 170 Drehmatrix 76, 106, 114, 116f, 125, 144, 170, 172 Drehrichtung 116, 170 Drehung 40, 114, 116, 124, 144, 147f, 150, 170, 173, 276f Drehwinkel 116f, 125, 145, 150, 172f dreidimensional 55f, 62, 72, 293 Dreieck 28, 46ff, 74, 179f, 226, 238, 276f Dreiecksform 86 Dreiecksungleichung 69 Dreiervektor 113 dreikomponentig 33 duale Aussage 14 Durchmesser 151, 198, 236 Durchschnitt 10f, 13, 16, 84 Ebene 3, 37, 42, 64, 72ff, 81ff, 113f, 117, 119, 123f, 145, 169ff, 178, 180, 252f, 283, 294 ebene Geometrie 45f Ebenengleichung 73 Eckpunkt 49, 164, 179f, 182 Eigenvektor 149 Eigenwert 149
325 eindeutig 18f, 29, 36, 56, 82, 88, 95, 100, 102, 109, 120, 127, 133, 143, 170, 201, 207, 234, 273, 275 Eindeutigkeit 29, 226 einfach zusammenhängend 309 Einheit 37, 67, 147, 175 Einheitskreis 9, 45f, 50, 226 Einheitskugel 180 Einheitsmatrix 90, 93f, 100, 103, 106, 119 Einheitsvektor 58ff, 69f, 75, 77, 81, 116, 293, 306, 308 Einheitswurzel 40, 42 Einselement 65, 131 Einsvektor 58 Element 7ff, 13, 15ff, 33ff, 55f, 59, 66, 82f, 85, 89, 102, 104f, 107ff Elementarmatrix 92ff, 97 Elementaroperation 83f, 87, 93f, 101, 103, 107 Eliminationsverfahren 84, 88 Ellipse 145, 148, 151ff, 161f, 165, 167ff, 172ff, 253, 271, 274 endlich 185ff, 190, 196, 285 Endpunkt 50, 174, 212 entartet 148, 151, 170, 173 entwickelbar 245 Entwicklungspunkt 243f Entwicklungssatz von Laplace 105 Entwicklungsspalte 109 Epsilon-Delta 199f Epsilon-Umgebung 201 erweitern 34, 211, 238 Euklid 29, 45 euklidischer Raum 11, 55 Euler 46, 179 Euler-Diagramm 9 Eulersche Formel 215 Eulersche Gleichung 39, 228, 315 Evolute 273 Exhaustionsverfahren 50 Existenzquantor 4 explizit 135, 185, 252f, 274, 285 explizite Mittelpunktsgleichung 151, 155, 161, 174 Exponent 28, 35, 208, 218, 221, 224, 234, 238f, 243
326 Exponentialfaktor 314f Exponentialfunktion 215ff, 229, 261, 282, 286, 289 Exponentialrechnung 35, 40 Extremstelle 233, 235 Extremum 233, 234 Exzentrizität 152f, 158, 161, 174f Fadenkonstruktion 154, 164 faktorisieren 134 fallend 187f, 195f, 233 fast alle 190, 203, 307 Feld 249, 293ff, 303f, 306, 309 Fermat 30, 48 Fermatscher Satz 29f, 41 del Ferro 136 Fibonacci 191 Fläche 10, 46ff, 63, 74, 152, 170, 174, 177ff, 182, 198, 236, 257f, 260, 263, 271, 275ff, 294, 303ff, 307f Flächenelement 152, 303f, 307 Flächennormale 303 Folge 18, 28, 32, 87, 185ff, 193ff, 199, 201ff, 207f, 210f, 215, 220, 239 Fourier 240 Fourier-Analyse 240, 279 Fourier-Koeffizient 242, 279f Fourierscher Integralsatz 281 Fourier-Spektrum 289 Fourier-Transformation 280 Fourier-Transformierte 281, 290 Fundamentalsatz der Algebra 133 Fundamentalsatz der Zahlentheorie 29 Fünfeck 47f, 74 Funktion 18f, 48, 54, 66, 156, 199ff, 207ff, 218, 222, 224, 226, 229f, 233ff, 237ff, 249ff, 257ff, 261ff, 266ff, 273, 275ff, 279f, 281ff, 289, 293, 295, 313, 315, 318 Funktionalgleichung 215, 217f Funktionenfolge 201ff Funktionenreihe 201ff Funktionentheorie 282 Funktion mehrerer Variablen 249ff, 275 Funktionswert 218, 237, 242, 244, 249, 251f, 259, 276, 293
Stichwortverzeichnis Ganze Zahl 8, 25, 30, 31ff, 36, 40, 88, 137f, 221, 238, 266 ganzzahlig 30, 137f, 141, 221, 240 Gärtnerkonstruktion 154 Gauß-Ebene 37 Gauß, Fundamentalsatz der Algebra 133 Gauß-Jordan-Algorithmus 86 Gauß, Satz 304ff, 308 Gaußsches Eliminationsverfahren 84, 88, 100 Gauß und Seidel, Verfahren 127 Gebiet 283f, 303 gebrochen 35, 138, 238, 266ff gedämpfte Schwingung 289 Gegendreieck 179 Gegenkathete 51 Gegenpunkt 179 Gegenrichtung 162 gemischte Ableitungen 250f, 298 gemischte Differentialoperatoren 301 gemischte Differentialquotienten 301 geometrische Folge 186 geometrische Reihe 193ff, 198, 204, 221, 237f geordnetes n-Tupel 55 geordnetes Paar 10 geordnetes Tripel 11, 15, 55 Gerade 3, 16, 21, 45ff, 49, 61, 69ff, 77f, 81f, 125, 138, 145, 148, 151, 166f, 173ff, 213, 233, 273 Geradenabschnitt 45 Geradengleichung 69f, 72 gerade Zahl 3, 9, 29 geradzahlig 32, 234 geschlossen 135, 138, 185, 283, 303f, 308f gewöhnliche DGL 313ff ggT 32 Gleichheit 9, 47, 57 gleichmäßig konvergent 201, 202f, 239 gleichmäßig stetig 200 gleichschenklig 47, 49 gleichseitig 48f, 182 Gleichungssystem 81ff, 89, 92f, 95f, 100ff, 109ff, 120ff, 127f, 149, 170f, 267 Grad 131ff, 146f, 150, 200, 244, 267f
Stichwortverzeichnis Gradient eines Feldes 296f, 309 Gradientenbildung 296 Gradientenfeld 298 Greensche Sätze 306 Grenze 50, 89, 186, 209, 216, 230, 259, 262f, 266, 270, 275f, 279, 288, 303, 308 Grenzfall 136, 145, 151, 158, 173, 215, 257, 259, 270, 273 Grenzfunktion 201ff Grenzübergang 203, 208f, 239 Grenzwert 184, 186ff, 193, 196f, 199, 203, 207f, 210, 213, 215, 217, 219f, 230f, 235, 239, 259, 262, 275, 282f, 285 Großkreis 177ff größter gemeinsamer Teiler 32 Grundfläche 63, 236 Grundkreisfrequenz 240 Grundseite 53 Gruppe (algebraisch) 33f, 41, 65f Gruppenaxiome 33 Guldinsche Regel 277f Halb 34 Halbachse 151, 153, 155, 174f Halbkreis 46, 278 Halbkreisfläche 278 Halbkugel 179 Halbordnung 17 harmonische Folge 186 harmonische Reihe 193, 196, 204 Häufungspunkt 186ff, 207 Hauptachse 151f, 156, 174 Hauptachsenlage 144, 150 Hauptdiagonale 91, 116, 122 Hauptnenner 38, 221 Hauptscheitel 152, 174 Hemisphäre 179f Hessesche Normalform 72f, 78 Hexagon 48ff, 74 hinreichende Bedingung 86, 233 hinreichende Voraussetzung 208 Höhe 15, 46, 49ff, 53, 63, 154, 174f, 226, 236, 249, 252, 277f, 288ff, 294, 317 Höhenlinie 249, 252
327 Höhenliniendiagramm 249 holomorphe Funktion 283 homogen 96, 100, 120ff, 313ff, 318 Homomorphismus 20 horizontale Tangente 234 Horner-Schema 135, 138 l’Hospitalsche Regel 212f Hyperbel 145f, 148, 151, 160ff, 169, 173ff, 200, 253, 271, 274 Hyperbelfunktion 228f Hyperbelkonstruktion 165 Hyperebene 83 Hypotenuse 47, 50f Idempotenzgesetz 13 identische Abbildung 20, 113 identische Zeilen 100f Identitätssatz 204 Ikosaeder 74 imaginäre Einheit 37 Imaginärteil 37, 283 Implikation 4f implizit 191, 252f implizite Differentiation 252 implizite Form 252 implizite Mittelpunktsgleichung 151, 160f, 174f Index 90, 103, 216f, 222 Indexfolge 87 Indexfunktion 199 Indexkombination 216 Indexmenge 89 Indexvektor 103f Indexvertauschung 92 Indizes 55, 62, 87, 91f, 104, 116, 199 Indizierung 83, 92 Induktion 25ff, 30, 211 Induktionsannahme 26 Induktionsbeweis 25 Induktionsschluss 27f Infimum 186 Infinitesimalrechnung 183ff inhomogen 120ff, 313ff injektiv 19, 56, 58f, 62, 113f Inklusion 8f Innenwinkelsumme 47f, 180 inneres Produkt 59
328 Integral 32, 257ff, 262ff, 269ff, 275ff, 279ff, 303ff Integralfunktion 257, 260, 262 Integralrechnung 178, 184, 241, 255ff Integralsätze 303ff Integraltransformationen 279ff Integrand 32, 257, 262, 266, 279f Integration 237, 241, 259, 261ff, 265, 269, 271, 275f, 283, 286, 288, 293, 316 Integrationsgrenze 259, 262, 266, 270, 275f, 288 Integrationsintervall 275 Integrationskonstante 258f, 317 Integrationsmethoden 261ff Integrationsreihenfolge 275 Integrationsvariable 262, 275, 281, 285 Integrationsweg 283 integrierbar 269, 281 integrieren 240, 260, 263, 266ff, 273, 275f, 280, 316f Integro-Differentialgleichung 313, 317 Intervall 138, 140f, 186ff, 196, 200ff, 211f, 242, 245f, 249, 257ff, 262, 269, 271, 273ff, 285, 317 Intervallhalbierung 141 Intervallschachtelung 140 inverse Abbildung 20 inverse Matrix 93ff, 102, 109, 113, 115f, 145, 149, 172 inverser Vektor 56 Inverses 33, 35, 59, 93ff, 111 Inversion 93 irrational 36, 138, 184, 189f, 216, 221 irreduzibel 133, 269 irreguläre Matrix 96, 101 irreguläres Gleichungssystem 120 isolierter Punkt 207 Isomorphismus 20, 113 Iteration 127f, 139 Iterationsverfahren 139 Kanonische Basis 75f, 119 Kante 67, 74, 77 Kantenlänge 198 kantenlos 303 Kardinalzahl 8
Stichwortverzeichnis kartesisch 9f, 15, 19, 48f, 55, 59, 61, 64f, 76f, 150, 158, 166, 177, 298f, 301 Kastenfunktion 241f Kastenimpuls 286, 288 Kathete 47 Kegel 145, 169ff, 278 Kegelschnitt 145, 148, 150, 151ff Kehrwert 34, 51, 187, 273 Kern 121ff, 149 Kettenregel 210ff, 221, 223f, 252, 283, 297, 299 Klassen quadratischer Formen 145 Klothoide 274 Koeffizient 74, 81f, 85f, 88f, 93, 102, 105, 127f, 137f, 145ff, 151, 160, 172f, 238, 240f, 244, 267, 280, 313f Koeffizientenvergleich 137, 267f, 315 kollinear 73 kommutativ 11, 33, 35, 56ff, 84, 89f, 93, 116, 131 Kommutativer Ring 131 Kommutativgesetz 6 Komplement 12 komplex 138, 148, 282f, 288, 315 komplex differenzierbar 283, 289 komplexe Analysis 282 komplexe Ebene 37, 42, 283 komplexe Funktion 282 komplexe Nullstelle 133f, 138, 269 komplexer Abstand 283 komplexes Argument 229, 282 komplexes Polynom 133 komplexe Zahl 8, 36, 37ff, 66, 133, 199 komplex konjugiert 38, 42, 134, 269 Komponente 39, 55, 58, 60, 62, 70, 72f, 75, 81, 99, 113, 157, 163, 304, 308 Komponentenform 38, 40ff komponentenweise 38, 56 konditioniert 128 kongruent 31, 179f Konjunktion 4f, 11 Konklusion 5 konservatives Feld 302 Konstruktion 46f, 49f, 154, 163 Kontradiktion 6
Stichwortverzeichnis Kontraposition 5, 260 konvergent 186ff, 193, 195f, 198, 201ff, 237 Konvergenz 187f, 196, 202ff Konvergenzintervall 245 Konvergenzkriterium 187ff, 194, 196, 275 Konvergenzradius 203f, 246, 271 Konvergenzverhalten 188, 196f, 204 konvex 283 konzentrisch 64, 154, 177, 305 Koordinaten 10, 48f, 55, 64, 82f, 114, 145, 152, 157ff, 163, 166ff, 171f, 174f, 177f, 277, 298, 301, 303, 308 Koordinatenachse 59 koordinatenfrei 58 Koordinatengleichung 166, 168 Koordinatensystem 9, 19, 48f, 55, 60f, 63, 65, 67, 71, 76f, 81, 113, 137, 144, 147, 150, 157ff, 167f, 170f, 177, 180, 288 Koordinatentransformation 143ff, 151, 158, 314f Koordinatenvektoren 119f Körper (algebraisch) 35f, 41, 65f, 131 Körper (geometrisch) 74, 276 Körperaxiome 36 Korrespondenz 285, 288 Korrespondenznotation 285 korrespondierendes Paar 285 Kosinus 51ff, 116 Kosinusfunktion 53f, 225f, 229, 241, 280, 287 Kosinus hyperbolicus 229 Kosinussatz 52f, 60 Kotangens 51, 225f Kotangensfunktion 225f Kotangens hyperbolicus 230 Kreis 46, 49f, 117, 145, 148, 151f, 154f, 158, 160, 162, 166f, 169f, 173, 175f, 188, 236, 278, 284 Kreisbogen 45f, 50, 226, 273, 276, 278 Kreisbogenfunktion 226 Kreisfläche 50, 263 Kreismittelpunkt 167f Kreisradius 45, 50 Kreisumfang 45, 274
329 Kreuzprodukt 62f, 66, 72, 293, 295, 297 Kroneckersches Delta-Symbol 61 Krümmung 233f, 273f Krümmungsmittelpunkt 273f Krümmungsradius 273 Kubikwurzel 40 kubische Gleichung 136f Kugel 64, 198, 236, 278, 305, 318 Kugeldreieck 179ff Kugelkoordinaten 65, 177 Kugelmittelpunkt 177 Kugeloberfläche 177f, 278, 303 Kugelradius 177 kugelsymmetrisch 299 Kugelzentrum 178 Kugelzweieck 179, 182 Kurve 155, 207, 213, 233f, 253, 273f, 276, 278 Kurvendiskussion 233ff Kurvenkrümmung 273 Kurvenlänge 273, 278 Kurvenschwerpunkt 278 Lagrange-Identität 302 Längengrad 177, 182 Laplace 105f, 108 Laplace-Entwicklung 105f, 108, 111 Laplace-Operator 298f, 301, 318 Laplacesche Differentialgleichungen 283 Laplacescher Entwicklungssatz 105 Laplace-Transformation 184, 282, 284f, 287, 316, 318 Laplace-Transformierte 285f, 288ff, 316f leere Menge 9f, 13, 17 leere Zeile 100 Leibniz 207 Leibniz-Kriterium 196, 204 Leibnizsche Notation 210 Leitgerade 157, 159, 165, 169 Limes 187, 210 linear 17f, 20, 99, 113, 124, 133, 147, 179, 274 linear abhängig 74, 102, 123 lineare Abbildung 20, 34, 99, 113, 121, 124 lineare Algebra 79ff lineare DGL 313ff
330 lineare Exzentrizität 152f, 161, 174 lineare Form 143, 174 lineare Funktion 200, 208, 286 lineare Gleichung 81, 89, 95 lineare Ordnungsrelation 17 lineares Gleichungssystem 81ff, 93, 95, 101, 103, 109, 120, 123f, 127f, 149 Linearfaktor 133f, 137, 235, 266ff, 282 Linearität 21, 100f, 105 Linearkombination 32, 74f, 82, 100, 266, 279, 294, 313ff linear unabhängig 74f, 77, 82, 100 linksgekrümmt 234 Linksinverses 93f links total 18 logarithmische Integration 265 logarithmisches Differenzieren 222 Logarithmus 218, 221f Logarithmusfunktion 218f logarithmus naturalis 218 Logik 3ff logische Aussage 9, 14 logische Gesetze 6 logische Verknüpfung 4 Lösung 4, 36f, 41, 81ff, 87, 89, 95f, 101f, 109f, 112, 120ff, 127f, 135ff, 140f, 149, 259, 267, 313ff Lösungsansatz 314 Lösungsfunktion 313 Lösungsmenge 81ff, 88, 112, 120ff, 135, 170 Lösungsvektor 128 Lösungsverfahren 103, 135 Lot 45ff, 49f, 154, 273 MacLaurin-Entwicklung 246 MacLaurin-Reihe 245, 247 Majorante 190, 195, 198, 204 Majorantenkriterium 194, 203, 269 Mantelfläche 170, 276ff Maßstabsstreckung 113 mathematisch positiv 39, 76, 116, 124, 170 Matrix 33, 89ff, 99ff, 107ff, 113ff, 143ff, 279 Matrixaddition 89f
Stichwortverzeichnis Matrixelement 105, 108 Matrixinversionsverfahren 95 Matrixmultiplikation 33, 90, 93f, 101, 116 Matrixprodukt 91f Matrixschreibweise 293 maximal 87, 96, 100, 188, 236 Maximum 233ff, 245 Mehrfachintegral 275ff Menge 7ff, 15ff, 25, 29, 31, 33ff, 41, 49, 55, 65f, 71, 81, 83, 121f, 124, 131, 135, 177, 190 Mengendiagramm 9, 13 Mengenklammer 8 Mengenoperation 9 Mengensubtraktion 10 Meridian 177 Metrik 69, 71, 118 metrischer Raum 69 Minimum 233ff Minorante 190, 196 Mittelpunktsgleichung 151, 155, 157, 160ff, 174f Mittelwert 241 Mittelwertsatz 211f, 245 Modul 32 modulo 31 modus ponens 6 modus tollens 6 Moment 276f monoton 187f, 195f, 210, 217f, 285 Monotonie 188, 218f de Morgan 6, 12f multilinear 99, 102 Multilinearität 102 Multiplikationstheorem für Determinanten 103 Multiplizität 133f, 136 Nabla-Operator 295ff Näherung 127f, 128, 138, 141, 237, 242f, 252, 257 natürlicher Logarithmus 218, 221f natürliche Zahl 3, 7f, 11, 25ff, 29, 31, 36f, 55, 185ff, 209, 221, 237, 240, 242 n-dimensional 11, 62, 72, 82, 121, 293 Nebenachse 151f
Stichwortverzeichnis Nebenbedingung 252, 314f, 318 Nebenscheitel 152, 155 n-Eck 47 Negation 4ff negativ 10, 61, 100, 104, 117, 134, 137, 141, 162, 170ff, 194, 197, 217f, 237f, 295 negativer Vektor 56f negatives Element 66 negative Zahl 31, 33, 35f, 41, 238 Nenner 29, 34f, 266ff neutrales Element 13, 33ff, 56, 59, 66 Newton 207, 215 Newtonsche Notation 210 Newton-Verfahren 139ff nichtabelsch 33f, 41 nichtlinear 17, 313, 316 Nordpol 177ff, 182 Normale 45, 72, 77, 123f, 178, 273, 303, 305 Normalenrichtung 303 Normalenvektor 63, 71, 73, 81f, 305f Normalform (einer DGL) 313, 315 Normalform (eines linearen Gleichungssystems) 86ff, 93, 103 Normalform (eines Polynoms) 135, 137 Normalform (Hessesche) 72f, 78 Normalform (reduzierte) 86ff, 93, 103 normiert 75, 81, 135, 137f notwendige Bedingung 86, 193, 196 n-Tupel 11, 55, 83 Null 3, 32, 35, 86, 91, 101f, 105f, 127, 187, 196, 202, 209, 233, 240, 243, 245, 250, 252, 259 , 281 Nullfolge 187, 190, 195f Nullmeridian 177f, 180 Nullpolynom 132 Nullpunkt 67, 241, 250f, 284 Nullstelle 132ff, 137ff, 200, 235, 268f nullte Näherung 127, 242 nullten Grades 133 nullte Ordnung 277 nulltes Glied 221 Nullvektor 56, 62, 83, 110, 121 Nullzeile 101 numerisch 127, 135, 237
331 numerische Exzentrizität 153, 158, 161, 174f OBdA 29, 151, 179, 187, 237 obere Dreiecksform 86 obere Grenze 186, 259, 262 obere Schranke 186f, 259 Oberfläche 198, 303ff, 308 Oberflächenelement 305 Obermenge 8f, 17 Obersumme 258 offenes Intervall 186, 246 Öffnungswinkel 169f, 278 Oktaeder 74 ONB 75, 118f Ordinate 48, 54, 154, 157, 160, 162, 234, 241 Ordinatenabschnitt 233 Ordnung 17, 36, 41, 104f, 127, 243, 250f, 253 Ordnungsrelation 16ff, 21 Oresme 35 Originalfunktion 285 orthogonale Koordinaten 303 orthogonale Koordinatentransformation 143f orthogonale Matrix 116, 118, 120 orthogonale Transformation 118 orthogonale Vektoren 75 Orthonormalbasis 74ff Ortsvektor 55 Paar 10, 17, 31f, 35, 56, 136, 173, 285, 302, 304 paarweise 75 Parabel 145, 148, 151, 158ff, 162, 165, 169, 173, 175, 200, 253, 257f, 271, 274, 278 Parabelscheitel 159 parallel 16, 21, 28, 57, 61, 81f, 180, 212f, 305 Parallele 45 Parallelepiped 63 Parallelschaltung 5 Parallelverschiebung 63f, 146ff, 155, 159, 162
332 Parameter 71, 73, 155, 159, 162, 174f, 240, 274 Parameterdarstellung 70, 274 Parameterform 157, 163 Parkettierung 48 Partialbruch 266, 268 Partialbruchzerlegung 32, 266ff, 271, 317 Partialsumme 193f Partialsummenfolge 193 partielle Ableitung 249f, 252f, 299 partielle Differentialquotienten 299, 313 partielle Differentiation 249, 283, 295 partielle Integration 263, 286, 316 partielle Ordnungsrelation 17 Pascalsches Dreieck 28, 238 Pentagon 48, 50, 74 Periode 54 Periodenlänge 240, 279 periodisch 54, 216, 240, 279 Peripheriewinkel 49 Permutation 103f, 106 Pfeil 55ff, 65 von Pisa 31, 191 Pivotelement 85 Platonischer Körper 74 Platzhalter 88 Polardarstellung 40 Polare 166ff Polarengleichung 168 Polarform 39, 41f, 284 Polargleichung 156f, 159, 162f, 174f Polarkoordinaten 39, 64f, 299, 301, 318 Polarvektor 55 Polyeder 74 Polygon 48, 74 Polynom 131ff, 200, 209, 217, 234, 242f, 266ff, 282, 288 Polynomdivision 268, 271 positiv definit 119 Potential 64 potentiell unendlich 25 Potenz 133, 135, 137, 146, 190, 209, 219, 221, 238f, 251, 267f potenzieren 218, 222 Potenzmenge 17 Potenzrechnung 36 Potenzreihe 203f, 209, 242, 245
Stichwortverzeichnis Potenzreihenentwicklung 237 Prämisse 5 Primfaktor 29 Primfaktorzerlegung 29, 36, 138 Primzahl 29f, 32, 133, 185 Primzahlsatz 29 Prinzip des falschen Ansatzes 138 Produkt 10f, 14f, 28f, 59, 61ff, 81, 89, 91f, 97, 104, 134, 137, 210, 213, 216, 236, 265, 278, 294, 296, 313 Produktmatrix 108 Produktmenge 10, 18 Produktregel 211, 213, 244, 263, 295ff, 306 Produktreihe 231 Projektion 61, 72, 77 Ptolemäus 177 punktierte Funktion 260, 262 Punktspiegelung 117 Punktsymmetrie 234, 270 punktsymmetrisch 54 punktweise konvergent 201f Pyramide 67 Pythagoras, Satz 46f, 49, 51, 56, 273 Pythagoras, Winkelsatz 61 Quadrat 36f, 47f, 49, 60, 69, 74, 182, 236 quadratische Ergänzung 135 quadratische Form 143ff, 151, 160, 174f quadratische Gleichung 135ff, 145ff quadratische Matrix 90f, 93, 99, 101, 118 quadratisches Flächenelement 307 quadratisches Gleichungssystem 127 quadratisches Glied 136f, 147, 155 quadratisches Polynom 269 Quadratwurzel 36ff, 40, 47, 189 Quantor 4 quellenfrei 308 Quotient 32, 185, 193, 221, 267 Quotientenkriterium 194, 196, 203f Quotientenregel 211f, 250 Radius 45f, 50, 64, 151ff, 159f, 162ff, 170, 174, 182, 273, 278, 284, 318 Radiusvektor 157, 163, 166f, 305 Radizieren 40 Rang 87, 96, 100, 109, 122, 124, 144
Stichwortverzeichnis rational 8, 30f, 34ff, 138, 189f, 239, 266ff Raum 11, 55, 58, 65, 69, 74, 83, 113f, 118, 138, 271, 293 Raumdiagonale 77, 198 Raumkoordinaten 118, 295 räumliche Differentiation 295f Raum-Zeit-Kontinuum 83 Realteil 37, 283 Rechteck 46, 61, 236, 275 rechteckig 236 Rechteckimpuls 281f, 286, 288f Rechte-Hand-Regel 63, 307 rechter Winkel 45ff rechts eindeutig 18 rechtsgekrümmt 234 Rechtsinverses 93f Rechtssystem 55, 63 reduzibel 133 reduzierte Form 144 reduzierte Normalform 86ff, 93, 103 reell 4, 37, 136, 145, 148, 185, 282f reelle Achse 38f reelle Funktion 66, 199, 282, 295 reelle Matrix 119 reelle Nullstelle 134 reeller Exponent 221, 239 reeller Hauptnenner 38 reeller Koeffizient 240 reelles Argument 229 reelles Polynom 131, 134, 200 reelle Variable 131, 282 reelle Zahl 8, 20, 25, 36f, 41, 55ff, 65f, 69, 82, 93, 99, 105, 119, 133, 135, 145, 185f, 188ff, 199, 209, 215, 228, 239, 246, 293f reflexiv 16f Regula falsi 138f, 141 reguläre Matrix 96, 103, 111 reguläres Gleichungssystem 120 reguläres Polyeder 74 Reihe 193f, 199, 201ff, 215f, 221, 229, 237ff, 246, 271 Reihe (Matrix) 103, 106f Reihenentwicklung 39, 228f, 246, 271 Reihenglied 195, 204 Reihenschaltung 5 Reihenverdichtung 193, 195f
333 reine Ableitungen 250 reine Differentialquotienten 300 Rekursionsformel 185, 189, 191, 265 rekursiv 87, 185 Relation 8, 15ff, 58, 252 Repräsentant 16, 55 Rest 3, 16, 29, 31f, 34, 132, 202, 209, 221 Restglied 244ff Restklasse 31 Richtung 39, 55, 58f, 61, 63f, 69f, 117, 124, 147, 150f, 155, 159, 162, 168, 172, 175, 178, 250, 252, 293, 296, 303f, 307f Ring 131, 266 Rotation 114, 277 Rotation (Feld) 296, 298, 302, 308f Rotationsachse 76 Rotationsbewegung 64 Rotationsbildung 296 Rotationskörper 64, 276ff rotationssymmetrisch 64 Rücktransformation 288, 317 Sarrus 104, 106f, 111 Sattelpunkt 233ff Scheitel 49, 152, 155, 158ff, 162, 169, 174 Scheitelabschnitt 159 Scheitelabstand 165 Scheitelgleichung 155, 158, 162 Scheitelkrümmungsradius 155 Schenkel 28, 47 Schmiegekreis 155f, 159, 162, 174f, 273f Schnellkonstruktion (Parabel) 160, 175 Schnitt 82, 145, 169f, 172f, 178, 273 Schnittaxiom 36f Schnittbildung 13 Schnittebene 178 Schnittmenge 10, 81, 171 Schnittpunkt 9, 46,125, 138, 152, 154, 168, 172, 176, 179 Schnittzahl 37 Schranke 186f, 259 schwache Inklusion 9 Schwarz 41, 69, 189, 251 Schwerpunkt 277f Sechseck 48
334 Sehne 49, 167, 176 Seitendiagonale 67 Seitenkosinussatz 181 Seitenverhältnis 51, 54 Sekante 138f, 167, 176, 207, 212 Separation der Variablen 316 sgn 151, 160, 233 Sinus 51f, 231 Sinusfunktion 53f, 225f, 228f, 280, 287 Sinus hyperbolicus 229 Sinussatz 52, 181 Skalar 57f, 121, 294f, 297, 302 Skalarfeld 293, 295f, 305, 308f Skalarmultiplikation 57f, 65, 83 Skalarprodukt 57, 59, 61, 63, 66, 69, 71f, 75, 91, 118ff, 124, 143, 167f, 294, 296, 304 Spaltenoperation 102f Spaltenvektor 91, 99, 110 Spat 63, 294 Spatprodukt 63, 293 Spatvolumen 63, 294 spektrale Zerlegung 240 Spektralfunktion 281, 284 Spektrum 240, 282 spezielle Lösung 315 sphärische Geometrie 177ff sphärischer Exzess 180 sphärische Trigonometrie 180 sphärisches Koordinatensystem 65 Spiegelsymmetrie 234 spiegelsymmetrisch 54 Spiegelung 116, 117f Spiegelungsmatrizen 118 Spitze einer Folge 188 Spur 148, 150 stabil (Funktion) 317 stabil (Gleichungssystem) 128 Stabilität 128 Stammbruch 186, 188, 239 Stammfolge 193 Stammfunktion 257ff, 261, 266, 317 Stauchung 152 steigend 187f, 233 Steigungswinkel 233, 253, 273 stetige Teilung 50 Stetigkeit 199f, 208, 242, 260
Stichwortverzeichnis Stetigkeitseigenschaften 203 Stirnfläche 277 Stokes 307f Störfunktion 315 Strahl 45 Strahlensatz 45, 50, 138, 154 Strecke 45, 50, 66, 152, 162, 252 Streckung 117, 151f Streckungsmatrix 117 Streifenbreite 259, 281 strenge Ordnungsrelation 16f streng monoton 187f, 210, 217ff strikte Inklusion 8 strikte Ungleichung 187 Stufenfunktion 286 stumpfer Winkel 52 Substitution 136f, 262f, 269, 279, 281, 288, 314 Subtraktionssymbol 10 Südpol 177, 179 Summationsgrenze 209, 230 Summe (Ableitungen) 209 Summe (Binomialkoeffizienten) 28, 238 Summe (Diagonalelemente) 148 Summe (Funktionen) 209, 280 Summe (Kubikzahlen) 260 Summe (Matrizen) 89 Summe (Radiuslängen) 153, 162 Summe (Reihe) 193, 198, 201, 237 Summe (Vektoren) 57, 61, 66 Summe (Winkel im Dreieck) 46, 51 Summenbildung 203 Summenformel 221 Summenregel 289, 295 Summenvektor 57 Supremum 186 surjektiv 19, 56, 58f, 62, 113f Syllogismus 6 Symmetrie 16 Symmetriebedingung 119 Symmetrieeigenschaften 229, 234 symmetrisch 16 symmetrische Funktion 241 symmetrische Matrix 96, 119, 143f, 146ff, 150 symmetrische quadratische Form 146 Systemmatrix 88f
Stichwortverzeichnis Tangens 51, 225f, 233, 253 Tangensfunktion 225f Tangens hyperbolicus 230 Tangente 139, 166ff, 175f, 179, 207, 212f, 233f, 242, 253, 273f Tangentengleichung 166f Tartaglia 136 Taylor-Entwicklung 253 Taylor-Polynom 243ff Taylor-Reihe 242, 245ff, 251, 283 Teiler 32, 132f, 137 teilerfremd 32, 138, 266 Teilfolge 188f Teilmenge 8ff, 15, 18, 207 Teilsumme 193 Term 27, 40, 62, 86f, 135, 172, 211, 216, 243, 252, 264, 307, 314 Terrassenpunkt 233 Tertium non datur 6 Tetraeder 74 Thalessatz 46f, 49 totales Differential 251f, 295 von Tralleis 154 Transformation 113ff, 143, 148, 159, 171, 184, 279f, 282, 284f, 287, 316, 318 transitiv 16f transponierte Matrix 91f, 102, 107, 118, 120 transponierter Vektor 91 transponiertes Gleichungssystem 102 Transposition 34, 92, 103f, 106, 116 Trennung der Variablen 316f Trichotomie 36 Trigonometrie 51, 53, 60, 180 Tripel 11, 15, 55, 74 triviale Lösung 96, 121, 314 Ubaldi del Monte 164 Uhrzeigersinn 39, 76, 114, 170 Umfang 48ff Umgebung 186, 200f, 207, 245f, 283 Umkehrabbildung 20, 34, 113 umkehrbar 33, 94, 102f, 109, 143, 234, 262 Umkehrfunktion 210, 218, 222, 226, 262 Umordnung 182, 196f
335 Umrechnung (Logarithmen) 222 Umrechnung (Polarkoordinaten) 39, 64 unbedingt konvergent 197 Unbekannte der Klasse 1 87 Unbekannte der Klasse 2 87 unbestimmter Ausdruck 209 unbestimmtes Integral 259 unechte Untermenge 9 unecht gebrochen 268 uneigentlicher Grenzwert 187 uneigentliches Integral 269, 285 Unendlichkeitsstelle 283f ungerade 21, 30, 36, 106, 134, 233f ungeradzahlig 234 Ungleichung 30, 41, 69, 186f, 189, 195, 246, 258 Unstetigkeit 199f, 260 Unterdeterminante 105f untere Grenze 186, 259, 262 untere Schranke 186f, 259 Untermatrix 105, 107, 111, 148 Untermenge 8f, 17, 25, 185 Unterraum 83, 121f Untersumme 258 unvollständige Lösung 314 Urbild 18, 41, 113 Urbildbereich 18 Urbildraum 122 Ursprung 9, 49, 54f, 63f, 67, 69ff, 77, 81, 117, 137, 155, 158, 160, 162, 167f, 177, 234, 278, 297, 305 Ursprungsgleichung 173 Vektoraddition 33, 56, 58f, 62 Vektoranalysis 184, 291ff Vektorfeld 293ff, 298, 305, 307ff Vektorprodukt 62 Vektorraum 65f, 72, 82f, 121, 293 Vektorsubtraktion 58 Venn-Diagramm 9 Vereinigung 10f, 13 Verknüpfung 4, 9, 20, 34ff, 57, 59 Verschiebungssatz 288 Vertauschungsregeln 275 Verzinsung 224 Vielfaches 30, 102 Vielflach 74
336 Viereck 47f, 74 Viertelkreis 263 Vieta, Produktreihe 231 Vieta, Sätze 137, 140 Vollkreiswinkel 45f, 179 vollständige Induktion 25ff, 30, 211 vollständige Lösung 314f Volumen 63, 236, 249, 275ff, 294, 303ff, 308f Volumenelement 276, 303, 305f Wahrheitstafel 4ff, 9 Wahrheitswert 3ff, 9 Wallissches Produkt 265 Weg 162, 278, 283f, 309 Wegintegral 283 Weierstraß, Approximationssatz 242 Weierstraß, Majorantenkriterium 203 Wendepunkt 233f Wendestelle 233, 235 Wertebereich 18, 199, 215, 217f, 235 Wert einer Reihe 193, 196f, 201 Wertevorrat 18 Widerspruch 29, 138, 188 Wilson 32 Winkel 39, 45ff, 51ff, 60f, 67, 75, 78, 114, 116, 118, 125, 145, 156f, 159, 161ff, 170f, 174, 179f, 273, 276f Winkelfunktionen 39, 52ff, 225ff, 240, 279 Winkelhalbierende 49 Winkelkosinussatz 182 Winkelsatz 61 Wirbelfeld 298
Stichwortverzeichnis wirbelfrei 309 Würfel 74, 77, 198, 303ff Würfeldiagonale 67, 77 Würfelstruktur 305f Wurzel 36ff, 40ff, 189ff Wurzel (des Wortes „halb“) 34 Wurzel (eines Polynoms) 135, 137f, 314 Wurzelkriterium 194, 196 Zahlenmenge 18, 31ff, 199 Zahlensystem 31 Zahlentheorie 29, 31 Zähler 29, 35, 208, 267f Zehnersystem 224 zeichnerische Addition 57 zeichnerische Darstellung 57 zeichnerische Konstruktion 154 zeichnerische Subtraktion 57 Zeilenoperation 92, 94, 100, 102, 107 Zeilenvektor 91, 99 Zeitbereich 316 Zeitfunktion 281f, 285, 289, 316f Zentralpotential 301 Zentrum 49, 161, 178 Zentrumswinkel 49 Zerlegung 29, 133, 240 Zermelo 29 Zirkulation 307 Zuwachs 257 zweidimensional 143ff Zweiervektor 113 Zweikreiskonstruktion 155 Zwischenwertsatz 200, 211 zyklisch 53, 62, 181f, 293, 296 zyklometrische Funktion 226