Materialwirtschaft und Einkauf. Band 2 Materialwirtschaft und Einkauf: Band 2: Qualitätsmanagement. Qualitätssicherung und -verbesserung als Aufgabe der Beschaffung [Reprint 2018 ed.] 9783486787023, 9783486230604

Ziel dieses "Beschaffungslehrbuches" ist der situationsgerechte und strategische Einsatz der Qualitätsmanageme

195 112 43MB

German Pages 231 [232] Year 1995

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungen
1. Qualität und ihre Bedeutung
2. Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003
3. Von der passiven Qualitätssicherung zum total quality management in der Beschaffung
4. Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen als Instrument des Qualitätsmanagements
5. Lieferantenpolitik als Instrument des Qualitätsmanagements
6. Wareneingangsprüfung als Instrument des Qualitätsmanagements
7. Qualitätsmanagementvereinbarungen als Instrument des Qualitätsmanagements
8. Situationsgerechter und strategischer Einsatz der Qualitätsmanagement-Instrumente
Inhalt des Anhangs
I. Beispiel einer technischen Lieferbedingung für eine Verpackung
II. Beispiel eines Fragebogens zur Selbstauskunft des Lieferanten
III. Beispiel einer Lieferantenbewertung
IV. Beispiel eines Qualitätshandbuchs für Lieferanten (Qualitätsmanagementempfehlungen und -vorgaben)
V. Qualitätsmanagement am Beispiel des Zulieferprodukts Kartoffel
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Materialwirtschaft und Einkauf. Band 2 Materialwirtschaft und Einkauf: Band 2: Qualitätsmanagement. Qualitätssicherung und -verbesserung als Aufgabe der Beschaffung [Reprint 2018 ed.]
 9783486787023, 9783486230604

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Qualitätsmanagement Qualitätssicherung und -Verbesserung als Aufgabe der Beschaffung zugleich Band 2 des Werkes

Materialwirtschaft und Einkauf

Von Professorin

Dr. Ruth Melzer-Ridinger

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Melzer-Ridinger, Ruth: Qualitätsmanagement: Qualitätssicherung und -Verbesserung als Aufgabe der Beschaffung ; zugleich Band 2 des Werkes „Materialwirtschaft und Einkauf'/ von Ruth Melzer-Ridinger. - München ; Wien : Oldenbourg, 1995 ISBN 3-486-23060-3 NE: Melzer-Ridinger, Ruth: Materialwirtschaft und Einkauf

© 1995 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitimg in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München

ISBN 3-486-23060-3

Vorwort

V

Konzeption des Buches

Qualitätsmanagement in der Beschaffung ist kein neues Thema. Seit der Beschreibung der technischen Dienstleistungsaufgabe durch E. Grochla im Jahr 1956 ist die Erfüllung von Anforderungen als zentrale Beschaffungsaufgabe betrachtet worden. Sehen sich Praktiker mit der Forderung nach einem systematischen Qualitätsmanagement konfrontiert, reagieren sie daher häufig empört. Das vorliegende Buch soll zeigen, daß die Aufgaben, Überzeugungen und Instrumente der konventionellen Qualitätssicherung teilweise ergänzungs- und teilweise änderungsbedürftig sind.

Eine (erneute) intensive Auseinandersetzung mit den Aufgaben und Instrumenten eines systematischen Qualitätsmanagements und mit der Rolle der Beschaffung im Qualitätsentstehungsprozeß wird notwendig, wenn ein Unternehmen ein Zertifikat nach ISO 9001-9003 anstrebt und wenn die Grundsätze und Oberzeugungen des total quality management auf die Beschaffung übertragen und dort praktisch angewendet werden sollen.

Die Darstellung und kritische Würdigung der in der ISO-Norm formulierten Anforderungen an die Beschaffung und der Versuch, die Überzeugungen des total quality managements für die Beschaffung zu interpretieren (Abschnitte 2 und 3), wird zeigen, daß ein Qualitätsmanagement in der Beschaffung mehr ist als ein modisches Schlagwort. In gewissem Umfange besteht zwischen den Überzeugungen der ISO-Normen und dem total quality management ein Gegensatz: Ein systematisches Qualitätsmanagement besteht nach Auffassung der ISO-Norm dann, wenn die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten klar geregelt sind und eindeutige Richtlinien für die Erfüllung qualitätssensibler Aufgaben erlassen sind, wenn diese befolgt und dokumentiert werden. Es soll deutlich werden, daß die Gestaltung und Einführung eines Qualitätsmanagementsystems in der Beschaffung zu Bürokratie und Verlust von Mitarbeiterengagement führen wird, wenn die Vorgaben nicht auf die aktuelle Beschaffungssituation und die Produktanforderungen zugeschnitten sind. Nach der Überzeugung des total quality managements ist der Mitarbeiter der strategische Erfolgsfaktor eines wirkungsvollen und effizienten Qualitätsmanagements. Seine Erfahrung und sein Engagement, seine Produkt- und Marktkenntnisse, seine Fähigkeit und Bereitschaft, sich als interner Dienstleister zu verstehen, sind von mindestens ebenso großer Bedeutung wie die „Hardware" des Qualitätsmanagements, die Aufbau- und Ablauforganisation.

VI

Vorwort

Zahlreiche Gespräche mit Qualitäts-Beauftragten und Einkäufern haben deutlich gemacht, daß die Beschaffung von Schrauben, Weißblechdosen, Kartoffeln, Folie und Papier für jeweils bestimmte Verwendungszwecke zwar individuelle Besonderheiten und Schwierigkeiten aufweist, daß jedoch grundsätzlich immer die gleiche Vorgehensweise praktiziert wird und grundsätzlich die gleichen Instrumente eingesetzt werden können.

In den Abschnitten 4-7 werden daher die Instrumente eines Qualitätsmanagements in der Beschaffung dargestellt. Dabei wird deutlich, daß die Instrumente nicht in jeder Beschaffungssituation und für jedes Produkt die gleiche Wirksamkeit aufweisen und daß sie nicht immer mit einem günstigen KostenNutzen-Verhältnis eingesetzt werden können. Daraus resultiert die Forderung nach einem situationsgerechten und strategischen Einsatz der Qualitätsmanagement-Instrumente.

Prof. Dr. Ruth Melzer-Ridinger Weinheim 1995

Inhaltsverzeichnis

Qualitätsmanagement:

VII

Qualitätssicherung und -Verbesserung als Aufgabe der Beschaffung

Vorwort

V

Inhaltsverzeichnis

VII

Abbildungsverzeichnis

XII

1

Qualität und ihre Bedeutung

1

1.1 1.2 1.3

1 4

Produktqualität als strategischer Erfolgsfaktor Qualitätskosten als strategischer Erfolgsfaktor Juristische Bedeutung der Produktqualität und des Qualitätsmanagements 1.3.1 1.3.2

2

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003 2.1 2.2

3

Haftung für Produktfehler und Mangelfolgeschäden Anforderungen der Rechtsprechung an das Qualitätsmanagement

Elemente und Instrumente eines Qualitätsmanagementsystems Gestaltung, Dokumentation und Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems

Von der passiven Qualitätssicherung zum total quality management in der Beschaffung 3.1

Grundsätze und Überzeugungen des total quality management 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5

Kundenorientierter Qualität«begriff Interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen Präventive Qualitätspolitik und Prozeßbeherrschung Null-Fehler-Zielsetzung und ständige Prozeßverbesserung Qualitätsverbesserung als Instrument zur Kostensenkung

6

6 13

15

15 21

35

36 36 37 37 47 50

Inhaltsverzeichnis

VIII

3.2

Aufgaben eines Qualitätsmanagements in der Beschaffung

53

3.2.1

53

Der Einkauf als interner Lieferant 3.2.1.1

3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.3

4

5

Qualitätsmanagement in der Beschaffung als Instrument zur Kostensenkung

53 56 58 64 65 66 73

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen als Instrument des Qualitätsmanagements

75

Lieferantenpolitik als Instrument des Qualitätsmanagements

85

5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6

6

Qualitätsmanagement für zugekaufte Produkte 3.2.1.2 Qualitätsmanagement für Dienstleistungen des Einkaufs Qualitätsplanung als Aufgabe des Einkaufs Qualitätslenkung als Aufgabe der Beschaffung Nachweisführung (Qualitätssicherung) als Aufgabe der Beschaffung Qualitätsverbesserung als Aufgabe der Beschaffung

Grundsätze und Entscheidungen der Lieferantenpolitik als Rahmenbedingung der Lieferantenauswahl Anforderungen an Lieferanten Beurteilung und Vergleich von Angeboten und Anbietern Zulassung neuer Stammlieferanten Laufende Lieferantenbewertung: Vorgehen und Nutzung Erhaltung und Steigerung der Leistungsbereitschaft des Lieferanten

112

5.6.1 Attraktivität als Abnehmer: Beurteilung und Bedeutung 5.6.2 Zusammenarbeit mit Lieferanten

112 118

85 88 94 103 108

Wareneingangsprüfung als Instrument des Qualitätsmanagements

125

6.1 6.2

125 126

Aufgaben der Wareneingangsprüfung Vorgehen der Wareneingangsprüfung

Inhaltsverzeichnis

6.2.1 6.2.2 6.3

7

Prüfverfahren Stichprobenprüfung nach DIN 40080

Leistungsfähigkeit der Wareneingangsprüfung als Instrument des Qualitätsmanagements

Qualitätsmanagementvereinbarungen als Instrument des Qualitätsmanagements 7.1

Ziele und Inhalte von Qualitätsmanagementvereinbarungen 7.2 Freistellung des Abnehmers von seiner Prüf- und Rügepflicht 7.3 Vereinbarungen über Qualitätsmanagementmaßnahmen beim Lieferanten 7.4 Zusicherung von Eigenschaften 7.5 Freistellungsklauseln hinsichtlich der Produkthaftung 7.6 Überwachung der Qualitätssicherung beim Lieferanten durch Audits 7.7 Dokumentation von Prüfungen und Prüfergebnissen 7.8 Qualitätsmanagementvereinbarungen als Ersatz für Wareneingangsprüfungen ? 7.9 Qualitätsmanagementvereinbarungen als Allgemeine Geschäftsbedingung 7.10 Faire und zulässige Qualitätsmanagementvereinbarungen

8

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der Qualitätsmanagement-Instrumente

Inhalt des Anhangs: I

IX

127 130 135

139 140 143 145 147 149 151 153 154 157 160

163

171

Beispiel einer technischen Lieferbedingung für eine Verpackung

173

1. Zweck und Geltungsbereich 2. Bemusterung 3. Stichprobenprüfung 4. Fehler 5. Fehlerliste (Fehlerkatalog) 6. Qualitätsprüfung 7. Prüfergebnisse 8. Allgemeiner Fehlerkatalog für Weißblechverpackungen

173 173 174 174 174 175 176 177

Inhaltsverzeichnis

X

II

III

IV

Beispiel eines Fragebogens zur Selbstauskunft des Lieferanten

178

Beispiel einer Lieferantenbewertung

179

1. Zweck 2. Geltungsbereich 3. Leistungsbewertung 4. Gesamtbewertung 5. Beispiel

179 179 179 181 182

Beispiel eines Qualitätshandbuchs für Lieferanten (Qualitätsmanagementempfehlungen und -vorgaben)

183

1

QUALITÄTSSICHERUNGSSYSTEM

183

1.1 1.2 1.3 1.4

183 183 183 184

2

3

4

5

Qualitätssicherung (QS) Interne Audits Einbeziehung aller Mitarbeiter Technische Unterstützung

DOKUMENTATION UND AUFBEWAHRUNG VON AUFZEICHNUNGEN

184

2.1 2.2 2.3

184 184 184

Verfahrensanweisungen Qualitätsplan Qualitätshandbuch

ENTWICKLUNG UND SPEZIFIKATION VON PRODUKTEN UND VERFAHREN

185

3.1 3.2 3.3

185 185 185

Entwicklung neuer Produkte und Verfahren Materialspezifikationen Materialänderungen

PRÜFUNGEN

186

4.1 4.2 4.3 4.4

186 186 187 187

Verfahren für die Eingangsprüfung Fertigungskontrolle und Zwischenprüfung Interne Korrekturmaßnahmen Endprüfung und Produkt-Audit

MESS- UND PRÜFMITTEL

187

Inhaltsverzeichnis

6

V

STATISTISCHE PROZESSREGELUNG

188

6.1 6.2 6.3

188 188

Allgemeine Anforderungen Überwachung von Fertigprodukten Fähigkeit, Produkt- und Prozeßspezifikationen zu erfüllen

Qualitätsmanagement am Beispiel des Zulieferprodukts Kartoffel 1 2

XI

189

190

Qualität und Einkauf von Speisekartoffeln für den privaten Verbrauch Qualität und Einkauf von Speisekartoffeln für die industrielle Verarbeitung

192

2.1 2.2 2.3

Anforderungen an die Kartoffel Anforderungen an den Lieferanten (Bauern) Qualitätsmanagement-Instrumente

192 197 198

2.3.1 2.3.2

198 200

Lieferantenpolitik Eingangsprüfungen

190

Literaturverzeichnis

201

Stichwortverzeichnis

208

Abbildungen

XII

Abbildung 1:

Kundenorientierter Qualitätsbegriff

2

Abbildung 2:

Qualitätskosten

5

Abbildung 3:

Haftung des Herstellers

8

Abbildung 4:

Mangelfolgeschaden: Anspruchsgrundlage und Voraussetzungen

12

Abbildung 5:

Qualitätskreis

16

Abbildung 6:

Teilaufgaben eines Qualitätsmanagementssystems

17

Abbildung 7:

Teilaufgaben der Qualitätsplanung

18

Abbildung 8:

Instrumente des Qualitätsmanagements

20

Abbildung 9:

Anforderungen an die Gestaltung und Dokumentation des Qualitätsmanagements

21

Abbildung 10:

Dokumentation eines Qualitätsmanagementsystems

24

Abbildung 11:

Elemente eines Qualitätsmanagementsystems nach ISO 9001

26

Abbildung 12:

Normenreihe DIN EN ISO 9001-9003

27

Abbildung 13:

Qualität als Anforderungserfüllung

39

Abbildung 14:

Beherrschte Prozesse

40

Abbildung 15:

Prozentsätze der Normalverteilung

41

Abbildung 16:

Vorgehen der statistischen Prozesssteuerung

44

Abbildung 17:

Schema zur Durchführung einer Konstruktions-FMEA

46

Abbildung 18:

DEMING-Zyklus

47

Abbildung 19:

Prozeß der ständigen Verbesserung

49

Schaubild 20:

Optimierung der Qualitätskosten

50

Schaubild 21:

Verteilung der Kosten für Qualität

51

Abbildung 22:

Die Folgen schlechter Materialqualität

55

Abbildungen

Abbildung 23:

XIII

Aufgabe des Qualitätsmanagements für zugekaufte Produkte

56

Abbildung 24:

Dienstleistungen des Einkaufs

58

Abbildung 25:

Ablaufschema konventioneller Entwicklung

60

Abbildung 26:

Ablaufschema eines simultaneous engineering

61

Abbildung 27:

Fehlerquellen in der Beschaffung

67

Abbildung 28:

Lückenmodell

70

Abbildung 29:

Funktionen einer Spezifikation

76

Abbildung 30:

Produktspezifikation

77

Abbildung 31:

Prüfzeugnis für Druckerzeugnisse

82

Abbildung 32:

Ergänzungen der Technischen Lieferbedingungen

83

Abbildung 33:

Verbale Lieferantenbeurteilung

99

Abbildung 34:

Ergebnis eines Punktbewertungsverfahrens (Praxisbeispiel)

101

Abbildung 35:

Anspruch und Wirklichkeit eines Zertifikates

105

Abbildung 36:

Zulassung neuer Stammlieferanten/Produkte

106

Abbildung 37:

Lieferantenbewertung als Instrument der Qualitätssicherung, -lenkung und - planung

109

Abbildung 38:

Attraktivität eines Abnehmers

113

Abbildung 39:

Lieferanten-Abnehmer-Attraktivitäts-Portfolio

114

Abbildung 40:

Beurteilung der eigenen Attraktivität als Abnehmer

116

Abbildung 41:

Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität als Abnehmer

119

Abbildung 42:

Prüfmethoden

127

Abbildung 43:

Einfachstichprobenplan, normale Prüfung

131

Abbildung 44:

Annahmekennlinie 50-1

134

Abbildungen

XIV

Abbildung 45:

Annahmekennlinien für verschiedene n-c-Kombinationen. 135

Abbildung 46:

Offizielle Ziele einer Qualitätsmanagementvereinbarung.... 140

Abbildung 47:

Gebräuchliche Klauseln in Qualitätsmanagementvereinbarungen

141

Abbildung 48:

Qualitätsportfolio

166

Abbildung 49:

Schema des Prüfvorganges

175

Abbildung 50:

Fehlerklassiiikation

177

Abbildung 51:

Anforderungen der verarbeitenden Industrie an die Kartoffel

193

Abbildung 52:

Auszug der Sortenliste für Veredelungskartoffeln 1993

195

Abbildung 53:

Mängeltabelle für Veredelungskartoffeln

197

Abbildung 54:

Kartoffel-Qualitätsnormen

199

Qualität und ihre Bedeutung

1

1

Qualität und ihre Bedeutung

9•

:: Abschnitt 1

O

Was ist Qualität ?

o

Welche Bedeutung hat Qualität ?

1.1 Produktqualität als strategischer Erfolgsfaktor Schon lange, bevor Qualitätssicherung und -management in der Theorie "entdeckt" wurde, wurde der Produktqualität in der Praxis große Bedeutung beigemessen. Von ca. 1890 bis 1980 galt Deutschland als technologischer Spitzenreiter. Deutsche Produkte zeichneten sich durch hohe technische Funktionalität und hohe Zuverlässigkeit aus. Die ursprünglich als protektionistische Diskriminierung gedachte Kennzeichnungspflicht deutscher Waren in England („Made in Germany") wurde zu einem Gütesiegel, das weltweiten Absatzerfolg hatte. Der Erfolg japanischer Anbieter in der Photo-, Unterhaltungs-Elektronik- und Fahrzeug-Industrie in den 80-er Jahren hat das Interesse am Qualitätsmanagement „wiederbelebt". Obwohl sehr viel über Qualität geschrieben und gesprochen wird, gibt es keine allgemeingültige Begriffsfassung. Insbesondere haben die betrieblichen Funktionen häufig konkurrierende Auffassungen über das, was unter Qualität zu verstehen ist. Der fertigungsbezogene Ansatz wird oft von Technikern vertreten. Er bezieht (nur) die technisch-funktionalen Eigenschaften in die Qualitätsbetrachtung ein, geht allein von der Funktionstüchtigkeit eines Produktes aus. Qualität nimmt hier die Bedeutung "Erfüllung von Anforderungen" an. Jede Abweichung von der Spezifikation bedeutet demnach "Nicht-Qualität". Diese fertigungsbezogene Definition setzt voraus, daß die Erfordernisse, die ein Produkt/eine Dienstleistung erfüllen soll, gegeben sind. Diese Objektivierung der Qualität betrachtet Qualität als unabhängige Eigenschaft des Objektes, nicht als Ergebnis der Bewertung des Produkts/der Dienstleistung durch den Kunden. Eine Definition, die den Anspruch erhebt, einen kundenorientierten Qualitätsbegriff zu bilden, muß Qualität als Ergebnis einer von subjektiven Nutzenerwartungen geprägten Bewertung betrachten.

2

Qualität und ihre Bedeutung

Für die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung folgt aus dieser Überlegung: O

ändern sich die Erwartungen der Kunden, verändert sich die Qualität des Produkts/der Dienstleistung auch dann, wenn dessen objektive Eigenschaften unverändert bleiben.

O

Gleiche objektive Eigenschaften eines Produktes/einer Dienstleistung werden vom Kunden mit unterschiedlichen Erwartungen auch unterschiedlich beurteilt.

O

der Anbieter kann die Qualität seiner Produkte und Dienstleistungen (die Qualitätswahrnehmung der Kunden) nicht nur durch objektive Eigenschaften beeinflussen, sondern auch durch werbliche Aussagen, die bestimmte Produkteigenschaften versprechen.

Qualität ist demnach nicht nur die Eignung für einen Verwendungszweck, sondern auch die Einhaltung von Versprechen.

/ / ( V

Objektive Eigenschaften eines Produktes/einer Dienstleistung

Abbildung 1: Kundenorientierter Qualitätsbegriff

Qualität und ihre Bedeutung

3

Verkauf und Marketing vertreten den kundenorientierten Qualitätsbegriff, der davon ausgeht, daß Qualität eine subjektive Einschätzung ist. Diejenigen Produkte sind Qualität, die die Bedürfnisse der Nutzer erfüllen (fitness for use). Wie später noch deutlicher herausgearbeitet wird, hat ein Produkt strenggenommen nicht eine Qualität. Jedes Produkt, jede Dienstleistung hat mehrere differenzierbare Merkmale. Alle diese Teileigenschaften „sind Qualität" - sind geeignet, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen - oder „sind keine Qualität".

Die Anforderungen der Kunden können sich auf die Funktion, den Preis, die Lieferzeit, Sicherheit, Kosten, Beratung und anderes beziehen. In jüngster Zeit wird die Forderung laut, eine Definition nicht nur an der Beziehung zwischen Lieferanten und Kunden festzumachen, sondern auch die Verantwortung des Lieferanten gegenüber der Allgemeinheit einzubeziehen. Ein Produkt selbst, der Produktionsprozeß, Nutzungsphasen und je nach Produktart auch Entsorgungsprozesse, betreffen nämlich nicht nur den direkten Kunden, sondern können auch eine Belastung für Nicht-Kunden und die Umwelt darstellen.

Die Bedeutung der Produktqualität ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Dafür verantwortlich waren die folgenden Aspekte: O

Steigende Kundenerwartungen: Der Verbraucher ist besser informiert, er ist anspruchsvoller, wählerischer und kritischer geworden. Er stellt heute besondere Anforderungen an Zuverlässigkeit, Haltbarkeit, leichte Handhabung, an die einfache Inbetriebnahme, die Wartung, die Verträglichkeit mit anderen Produkten aber auch an eine fehlerfreie und verständliche Gebrauchsanweisung und ausführliche Beschreibung.

O

Auch der industrielle Abnehmer hat immer höhere Erwartungen an die Erfüllung der von ihm vorgegebenen Spezifikationen: die abnehmende Fertigungstiefe macht den Abnehmer immer mehr von der Qualitätsfähigkeit und -Zuverlässigkeit seiner Lieferanten abhängig, da die Qualität der von ihm angebotenen Enderzeugnisse immer weniger in seiner eigenen Fertigung und immer stärker durch die Qualität der zugekauften Rohstoffe und Bauteile bestimmt wird. Das Bemühen des Abnehmers, seine Bestände zu reduzieren macht ihn anfälliger gegenüber Lieferungen, die wegen Qualitätsmängeln abgelehnt werden müssen. Qualitätszuverlässigkeit ist daher für den industriellen Abnehmer mindestens ebenso wichtig wie Terminund Mengenzuverlässigkeit.

O

Zunehmendes Umweltbewußtsein der Verbraucher: Für die Produzenten bedeutet dies, Produkte anzubieten, die erstens die Umwelt weniger belasten und zweitens die Ressourcen besser ausnutzen. Der Gesetzgeber schreibt mittlerweile Maßnahmen der Entsorgung nach Ablauf der Nutzung von Produkten vor. Dies führt zu verlängerten Produktlebenszyklen

Qualität und ihre Bedeutung

4

und einer Verstärkung des Recyclinggedankens, da sich die Produzenten Gedanken über die Wiederverwertung und Entsorgung machen müssen.

Kundenorientierter Quaiitätsbegriff

O

Qualität ist die Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse.

O

O

Qualität entsteht durch die subjektive Bewertung objektiver Merkmale.

Das Angebot einer hervorragenden Produktqualität ist zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr ausreichend. In Anbetracht des Qualitätsstandards der sogenannten "Billiglohnländer" ist es vielmehr erforderlich, eine hervorragende Qualität zu konkurrenzfähigen Kosten sicherzustellen. Die Notwendigkeit der Kostensenkung bei mindestens gleichbleibender Qualität lenkt das Interesse auch auf die Höhe und die Zusammensetzung der Qualitätskosten.

1.2 Qualitätskosten als strategischer Erfolgsfaktor Die Qualitätskosten werden in der Praxis in vier Gruppen aufgeteilt: O O O O

Fehlerverhütungskosten Prüfkosten Interne Fehlerkosten Externe Fehlerkosten

Fehlerverhtttungskosten kann man ganz allgemein als Kosten für fehlerverhütende und vorbeugende Maßnahmen und Tätigkeiten im Rahmen des Qualitätsmanagements kennzeichnen. Hierzu zählen die Kosten für die Qualitätsplanung, Lieferantenbeurteilung, Planung der Qualitätsprüfungen und Schulungen der Mitarbeiter. Sie fallen in der Regel an, bevor ein Produkt fertiggestellt ist, mindern aber die Kosten für spätere Prüfungen und Fehlerbeseitigung. Die Fehlerverhütungskosten stellen den wichtigsten Teil der Qualitätskosten dar. Fehler sollen von Anfang an vermieden werden, nicht erst später aus dem Produkt herausgeprüft werden.

Qualität und ihre Bedeutung

5

Die Prüfkosten fallen für planmäßige Prüfungen, Inspektionen und Auswertungen an. Die Prüfkosten beinhalten die Kosten für die Bereitstellung und Wartung von Prüfeinrichtungen und Räumlichkeiten sowie die Kosten des Prüfpersonals. Sie entstehen hauptsächlich bei Wareneingangsprüfungen, Abnahmeprüfungen bei Zulieferanten, Prüfungen während des Produktionsprozesses und Endprüfungen. Als Interne Felllerkosten werden die Kosten bezeichnet, die innerhalb der Unternehmung anfallen, um festgestellte Abweichungen von der Qualitätsanforderung zu beseitigen. Die wichtigsten Ursachen für interne Fehlerkosten sind Ausschuß, Verschrottung, Nacharbeit, Wertminderung und qualitätsbedingte Ausfallzeiten. Als externe Fehlerkosten bezeichnet man die Kosten, die entstehen, wenn beim Kunden Qualitätsmängel entdeckt werden oder fehlerhafte Produkte eingesetzt werden. Beispiele für die externen Fehlerkosten sind Kosten für die Bearbeitung, Reklamationen, für die Rücknahme von defekten Produkten, für Garantieleistungen, für Vertragsstrafen und Produkthaftungsansprüche. Auch Opportunitätskosten aufgrund verschlechterter Absatzerwartungen sind hierzu zu zählen (vgl. Abbildung 2: Qualitätskosten).

Abbildung 2: Qualitätskosten

Die Höhe und Zusammensetzung der Qualitätskosten wird in der Praxis noch selten systematisch erfaßt. Schätzungen machen jedoch deutlich, daß die gesamten Qualitätskosten in der deutschen Maschinenbauindustrie zwischen 2 und 10% vom Umsatz betragen. In der Bauindustrie werden die Fehlerkosten auf 3% der Gesamtleistung geschätzt. Bei solchen Dimensionen wird deutlich, daß ein systematisches Qualitätsmanagement eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist.

6

Qualität und ihre Bedeutung

1.3 Juristische Bedeutung der Produktqualität und des Qualitätsmanagements Die Notwendigkeit und Bedeutung eines leistungsfähigen Qualitätsmanagements ergibt sich nicht nur aufgrund wirtschaftlicher Notwendigkeit. Auch die rechtlichen Erfordernisse erlangen zunehmende Aufmerksamkeit in Forschung und Praxis. Im folgenden Abschnitt werden die Ansprüche betrachtet, die der Abnehmer geltend machen kann, wenn das gelieferte Produkt einen Fehler hat. Diese Ansprüche sind für den industriellen Abnehmer in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: O

Der industrielle Abnehmer ist zum einen Käufer von Rohstoffen und anderen Zulieferprodukten. In dieser Funktion stellt sich die Frage , welche Ansprüche er gegenüber seinen Lieferanten geltend machen kann, wenn gelieferte Produkte nicht die geforderten Eigenschaften aufweisen und unter welchen Bedingungen diese Ansprüche geltend gemacht werden können.

O

Der industrielle Abnehmer ist zum anderen Lieferant gegenüber anderen Industrieunternehmen, Händlern oder Endverbrauchern. Als Lieferant eines Erzeugnisses haftet er nicht nur für die bei ihm verursachten Abweichungen der Produkteigenschaften von den geforderten, sondern auch für die vom Vorlieferanten verursachten Fehler.

Für den Einkäufer sind vor allem die Bedingungen, unter denen die Ansprüche geltend gemacht werden können, von Interesse. Diese bestimmen die Priorität des Qualitätsziels bei der Auswahl von Lieferanten und müssen bei der Gestaltung von Verträgen mit Lieferanten berücksichtigt werden. Sie beschreiben auch die Pflichten des Abnehmers zur Sicherung seiner Ansprüche.

1.3.1 Haftung für Produktfehler und Mangelfolgeschäden Qualität wurde im Abschnitt 1.1 als Profil der Eigenschaften im Vergleich zum Profil der Anforderungen definiert. Die Unterscheidung zwischen Fehler und Mangel, die in der DIN ISO 8402 vorgenommen wird, ist unter juristischen Gesichtspunkten nicht relevant. Die Begriffe werden hier synonym verwendet. Von rechtlicher Bedeutung ist jedoch, ob Produkteigenschaften "zugesichert" wurden: Nach § 459 BGB ist ein Produkt fehlerhaft, hat einen Mangel, wenn es von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht und dadurch seine Tauglichkeit mehr als unerheblich gemindert wird. Von Bedeutung ist also, ob die Gebrauchsfähigkeit des Produkts eingeschränkt ist. Die Einschränkung muß erheblich sein. Hat der Lieferant des Produktes die Eigenschaften nicht nur als Beschaffenheitsangabe verstanden, sondern in einer Garantieerklärung zugesichert, gilt jede Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit als Fehler.

Qualität und ihre Bedeutung

Das Fehlen eines Produktmerkmals löst beim Abnehmer einen Mangelfolgeschaden aus: O

ein vom Abnehmer beabsichtigter Nutzen bleibt aus,

O

es wird ein materieller oder immaterieller Schaden angerichtet.

Für den industriellen Abnehmer ist häufig der Mangelfolgeschaden größer als der Wert des bezogenen Produkts. Wird der Fehler in der Wareneingangsprüfung bemerkt, wird die Lieferung zurückgewiesen oder aussortiert und eventuell nachbearbeitet. Dadurch entsteht erheblicher personeller Aufwand in den Abteilungen Wareneingang und Einkauf. Löst die mangelhafte Lieferung einen materialbedingten Stillstand in der Fertigung aus, entstehen dort Opportunitätskosten für kurzfristige Neuplanung der Produktion, unbeschäftigte Mitarbeiter und Anlagen, Engpasskosten und eventuell Schäden auf dem Absatzmarkt, wenn Liefertermine gegenüber dem Kunden nicht eingehalten werden können. Ein immaterieller Mangelfolgeschaden entsteht dann, wenn durch fehlerhaftes Material ein Sicherheitsrisiko für Mitarbeiter in der Fertigung oder für den Verwender des Enderzeugnisses entsteht.

Welche Ansprüche leiten sich aus der Lieferung eines fehlerhaften Produktes ab? Der Lieferant eines Produktes haftet grundsätzlich für Produktfehler und Mangelfolgeschäden. Anspruchsgrundlage können sein O

die vertragliche Haftung,

O

die deliktische Produkthaftung oder das

O

Produkthaftungsgesetz.

Welche der Anspruchsgrundlagen für den Geschädigten zur Verfügung stehen, ist zunächst davon anhängig, ob der Geschädigte einen Vertrag mit dem Hersteller des Produktes geschlossen hat: ein Endverbraucher, der ein Produkt bei einem Händler bezogen hat, kann keine Ansprüche aus Vertragsrecht gegen den Hersteller des Produktes geltend machen. Ein industrieller Abnehmer kann keine Ansprüche aus dem verschuldensunabhängigen Produkthaftungsgesetz geltend machen. Er muß sich auf das Vertragsrecht und die deliktische Produkthaftung berufen:

s

Qualität und ihre Bedeutung

Abbildung 3: Haftung des Herstellers

Die vertragliche Haftung bezieht sich auf Fehler und Ansprüche, die das Produkt selbst betreffen, d.h. auf die Gewährleistung. Das Produkt darf nach § 459 Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs nicht mit Fehlern behaftet sein, „die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern". Ist dies der Fall, so kommen die auf die Sache selbst gerichteten Rechtsbehelfe - Wandlung oder Minderung - zum Tragen (§ 462 BGB). Hat der Lieferant das Produkt für einen bestimmten Abnehmer hergestellt (Werklieferungsvertrag), besteht seine Gewährleistungspflicht zunächst in einer Nachbesserung. Die Gewährleistungspflicht besteht unabhängig von einem Verschulden des Lieferanten. Gewährleistungsansprüche bestehen nur dann, wenn der Abnehmer rechtzeitig rügt, d.h. unverzüglich nach Entdeckung beanstandet. Der Lieferant hat Anspruch darauf, daß sog. „offene" Mängel, die mit vertretbarem Aufwand in einer technischen Qualitätsprüfung entdeckt werden können, sofort nach Lieferung der Ware beanstandet werden. Die Rügepflicht des Abnehmers ist als sog. „dispositives" Recht nicht zwingend. Sie kann durch entsprechende Vereinbarungen abbedungen werden ( Vgl. die Ausführungen zu Qualitätsmanagementvereinbarungen in Abschnitt 7).

Qualität und ihre Bedeutung

9

Das Vertragsrecht bietet dem Abnehmer in der Regel keine Ansprachsgrundlage fiir Schadensersatzforderungen. Für entgangenen Nutzen und Mangelfolgeschäden haftet der Lieferant nur dann, O

wenn der Lieferant die Produkteigenschaften in einer Garantieerklärung ausdrücklich zugesichert hat oder wenn mit dem Abnehmer ein 'Kauf nach Muster' gemäß § 494 BGB vereinbart wurde,

O

wenn der Lieferant vertragliche Nebenpflichten - wie die Warenausgangsprüfung - verletzt hat.

Der Abnehmer kann beim Entstehen eines Mangelfolgeschadens prüfen, ob die deliktische Produkthaftung oder die verschuldensunabhängige Produkthaftung als Anspruchsgrundlage in Frage kommen. Die deliktische Haftung ist unabhängig vom Vorhandensein eines Vertrages, als Haftungsgrundlage gelten hier der § 823 BGB (unerlaubte Handlung). Gemäß § 249 BGB ist im Schadensfall der gesamte deliktisch verursachte Schaden zu ersetzen.

Produkthaftung bezeichnet die Haftung des Herstellers eines fehlerhaften Produktes für Folgeschäden, die ihre Ursache im Ge- oder Verbrauch dieses Produktes haben. Der Schutzbereich ist ausgerichtet auf den Sachschaden und den Vermögensschaden außerhalb des schadensverursachenden Produkts sowie auf den Personenschaden (Integritätsinteresse). Die verschuldensabhängige Produkthaftung auf der Grundlage des § 823 basiert auf der Verletzung der jedem Hersteller in der Produktionskette obliegenden Gefahrabwendungspflichten. Dabei liegt die Beweislast beim Hersteller. Für die Beschaffung sind dabei zwei Gefahrabwendungspflichten von Bedeutung: O

ein Hersteller hat die Pflicht, Lieferanten sorgfältig auszuwählen und ihre Qualitätsfähigkeit zu überwachen

O

bei sicherheitskritischen Teilen genügt der Hersteller seiner Gefahrabwendungspflicht nur, wenn er zusätzlich eine Wareneingangsprüfung durchführt

10

Qualität und ihre Bedeutung

Die Gefähidiingshaftung nach dem am 1.1.1990 in Kraft getretenen Produkthaftungsgesetz ist unabhängig vom Verschulden des Herstellers: Nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG haftet der Hersteller eines Produktes für Körper-, Gesundheits- und Sachschäden, die durch einen Fehler seines Produktes entstanden sind. Auf ein Verschulden des Herstellers kommt es nicht an. Somit ist dem Hersteller eines Produktes durch das neue Gesetz eine Entlastungsmöglichkeit genommen, auf die er sich früher berufen konnte. Er kann sich nun nicht mehr dadurch entlasten, daß er nachweist, seinen Betrieb so gut wie nur möglich organisiert zu haben und somit der Vorfall, der zu dem Fehler geführt hat, ein Ausreißervorfall war, den niemand vorhersehen und vermeiden konnte. Der Unternehmer muß somit das Risiko tragen, das auf dem Inverkehrbringen seines Produktes basiert, und wird daher so behandelt, als habe er das gesamte Produkt selbst hergestellt. Allerdings muß der Hersteller nicht für alle Schäden haften, die einem Anderen durch sein Produkt entstanden sind, sondern nur für Schäden, die auf einen Fehler des Produktes zurückzuführen sind. Somit ist der Fehler ein wichtiger Begriff des ProdHaftG. Ein Fehler liegt immer dann vor, wenn die Ist- von der Sollbeschaffenheit abweicht. Bei einem Fehler im Sinne des ProdHaftG kommt es aber nicht auf mangelnde Gebrauchsfähigkeit an, sondern laut § 3 ProdHaftG auf die Sicherheit des Produktes, die man unter Berücksichtigung aller Umstände erwarten darf. Der entscheidende Zeitpunkt für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit ist der Augenblick, in dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde. Besondere Beachtung soll bei der Feststellung eines Fehlers dem Gebrauch, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, geschenkt werden. Den Benutzer des Produkts trifft also eine Verantwortung für den Einsatz des Produkts. Verwendet er das Produkt in einer Art, die billigerweise nicht zu erwarten war, haftet der Produzent nicht, da kein Fehler vorlag. Somit scheidet der Mißbrauch und der absolut fernliegende Fehlgebrauch des Produkts durch den Benutzer als Haftungsgrund aus. Beurteilungsmaßstab sind somit nicht die Erwartungen des Benutzers, sondern die berechtigten Benutzererwartungen des Herstellers. Was allerdings in diesem Zusammenhang als berechtigte Benutzererwartungen anzusehen ist, hängt in starkem Maße von der Benutzergruppe des Produkts ab. Ist der Gebrauch des Produkts durch jedermann vorgesehen, kann sich der Hersteller an der Einhaltung der Sorgfaltspflichten des Benutzers orientieren. Besteht die Benutzergruppe aber ausschließlich aus Fachleuten, kann durchschnittliches Fachwissen zugrunde gelegt werden.

Nach dem Produkthaftungsgesetz kann sich der Hersteller nur in wenigen Fällen exkulpieren. Der Hersteller haftet nicht, wenn er einen der folgenden Tatbestände beweist: O

Das Produkt, das den Schaden verursacht hat, wies beim Inverkehrbringen den verursachenden Fehler noch nicht auf. Dies ist entweder durch die Vorlage von Prüfungsunterlagen, die diese Aussage unterstützen, oder durch den Beweis, daß der Fehler nach dem Inverkehrbringen etwa durch unsachgemäße Behandlung eines Dritten oder des Geschädigten verur-

Qualität und ihre Bedeutung

11

sacht wurde, darzulegen. Da dieser Beweis aber in den meisten Fällen schwer zu erbringen ist, genügt der Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, daß der Fehler beim Inverkehrbringen der Sache noch nicht vorlag. O

Der Hersteller hat eine zwingende Rechtsvorschrift oder die Anleitung des beziehenden Herstellers befolgt und infolgedessen fehlerhaft produziert.

O

Ein Anspruch aus dem ProdHaftG läßt sich auch nicht ableiten, wenn zu dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte. Dabei kommt es auf den allgemeinen Stand von Wissenschaft und Technik an, und nicht auf die wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnismöglichkeiten des einzelnen Herstellers. Als entscheidendes Kriterium ist somit nicht der Umstand anzusehen, daß der Fehler trotz Erkennbarkeit nicht erkannt wurde, sondern die mangelnde Erkennbarkeit des Fehlers. Zum Beispiel war das vor Jahren in den Verkehr gebrachte, serienmäßig nicht mit Sicherheitsgurten ausgestattete Auto fehlerfrei, da es den allgemeinen Sicherheitserwartungen seiner Zeit entsprach.

Das ProdHaftG unterscheidet bei der Frage des Ersatzanspruchs zwischen Tötung, Körperverletzung und Sachschäden. Im Bereich der Sachschäden ist keine Haftungshöchstsumme geregelt, wobei aber nur solche Sachschäden ersatzfähig sind, die nicht die fehlerhafte Sache selbst betreffen. Das ProdHaftG sieht in § 11 sogar eine Seltystbeteiligung des Geschädigten von 1125 DM vor, um die Hersteller vor einer Vielzahl von Bagatellschäden zu bewahren. Bei Körperverletzung sind laut § 8 ProdHaftG dem Geschädigten die Kosten für die Heilung sowie Vermögensnachteile, die aus dem Umstand der Verletzung entstehen, zu ersetzen. Bei der Tötung eines Menschen gehen die Ansprüche des Getöteten kraft Erbrecht auf die Erben über. § 5 ProdHaftG besagt, daß mehrere schadenersatzpflichtige Hersteller dem Geschädigten als Gesamtschuldner haften, d.h. daß der Gläubiger von jedem der Gesamtschuldner die Leistung nach Belieben ganz oder teilweise fordern kann. Bei den Ersatzpflichtigen hängen die Forderungen untereinander jedoch davon ab, inwieweit der Schaden von dem jeweiligen Ersatzpflichtigen verursacht wurde.

Qualität und ihre Bedeutung

12

Die Abbildung 4 zeigt die Ausführungen zu den Mangelfolgeschäden noch einmal im Oberblick:

eines fehlerhaften Produktes (Folgeschaden) Ursächlichkeit des Fehlers für den Schaden (Kausalität)

HfÉÉÉp ' Vertrag

Personen, Sachund Vermögensschäden

unerlílubte Handl Ling (§ 823 3GB)

Personen und Sach-(bedingt Vermögens-) Schäden

dem Vertragspartner

Fehlen von zugesicherten Eigenschaften

i,yers«iuldensunabhängig f(Kaufvertrag)

Produ kthaftungs gesetz (seit X. 1.1990)

Personenschäden

Sachschäden

jedermann

private Geoder Verbraucher

Verletzung von Vertragspflichten

Nichter üllung vo n Sorgfaltspflichten

eines fehlerhaften Produktes

' : bei Verschulden

bei Verschulden

verschuldensunabhängig

Abbildung 4: Mangelfolgeschaden: Anspruchsgrundlage und Voraussetzungen

Qualität und ihre Bedeutung

13

1.3.2 Anforderungen der Rechtsprechung an das Qualitätsmanagement In den letzten 25 Jahren hat die Rechtsprechung einen umfassenden Pflichtenkatalog entwickelt, bei dessen Verletzung den Unternehmen umfangreiche Regreßansprüche im Rahmen der Produkthaftung und der Haftung qua Vertrag ins Haus stehen. Ausgangspunkt umfangreicher Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme war ein BGH-Urteil im Jahre 1967, daß es zu den immanenten Unternehmer-/Unternehmenspflichten gehört, Qualitätsmanagementsysteme zum Schutze vor Produktfehlern und daraus resultierenden Schäden einzusetzen. Danach stand fest, daß jedes Unternehmen für das Erreichen der Fehlerfreiheit seiner Produkte verantwortlich ist. Gefordert werden von der Rechtsprechung, den Organisations- und Aufsichtspflichten nachzukommen: O

Eigene Arbeitnehmer sind ordnungsgemäß auszuwählen, anzuleiten und zu überwachen.

O

Durch sogenannte Audits ist auch die Verläßlichkeit von Zulieferbetrieben zu prüfen. (Das sogenannte Systemaudit untersucht die Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit eines Qualitätsmanagementsystems).

O

Durch geeignete Prüfungsverfahren ist sicherzustellen, daß Produktfehler rechtzeitig erkannt werden und die Ware aus der laufenden Produktion genommen wird.

O

Nach Ansicht des BGH reicht es nicht aus, wenn ein Hersteller seine Produkte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nach allen sicherheitsrelevanten Gesichtspunkten untersucht hat. Vielmehr ist der Hersteller verpflichtet, die Produkte auf ihre Bewährung im täglichen Gebrauch zu beobachten. Stellt sich dann eine bisher nicht bekannte Gefahrenquelle heraus, müssen entsprechende Warnhinweise gegeben werden. Die Pflicht zur Produktbeobachtung erstreckt sich auch auf Produkte anderer Hersteller, wenn die eigenen Produkte in Verbindung mit anderen Produkten fehlerhaft werden können.

O

Die Entwicklung von Wissenschaft und Technik muß während der Entwicklung, Konstruktion, Produktion und nach dem Inverkehrbringen beobachtet werden. Wie weit wissenschaftliche Erkenntnisse in qualitätssichernde Maßnahmen umzusetzen sind, ist von den Erwartungen der angesprochenen Nutzer, dem Preis der Produkte, der Erkennbarkeit und dem Ausmaß der Gefahr abhängig.

O

Der BGH geht von einem Beweis der schuldhaften Schadensverursachung aus, wenn das Unternehmen gegen einschlägige DIN- oder ähnliche Normen verstoßen hat. Jede Nichterfüllung der Reihe DIN ISO 9001-9003, die ein Qualitätsmanagementsystem normenhaft festlegt, ist eine solche schuldhafte Verletzung von Verkehrssicherungspflicht.

Qualität und ihre Bedeutung

14

O

Das Management ist strafrechtlich verantwortlich, bei einer konkreten Gefahrdung für Leib und Leben eine Rückrufaktion durchzuführen. Bei einer Verletzung der Rückrufpflicht macht sich die Geschäftsleitung der Körperverletzung im Sinne des Strafrechts schuldig.

I



Abschnitt 1

O

Kundenorientierter Qualitätsbegriff

O

Absatzpolitische Bedeutung der Produktqualität

O

Nicht-Erfüllung von Leistungsanforderungen als Kostentreiber

O

Ansprüche des Abnehmers bei Fehlern und Mangelfolgeschäden

O

Qualitätsmanagement als Verkehrssicherungspflicht

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

2

15

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003



O

Abschnitt 2

Welche Aufgaben sind zu erfüllen, welche Instrumente sind einzusetzen, damit Qualität kein Zufall ist ?

O

Qualitätsmanagementsysteme im Spannungsfeld zwischen Bürokratie und eigenverantwortlichem Handeln engagierter Mitarbeiter.

O

Welchen Anforderungen hat das Qualitätselement Beschaffung zu genügen, um zertifizierbar zu sein ?

2.1 Elemente und Instramente eines Qualitätsmanagementsystems Qualitätswirksame Tätigkeiten werden arbeitsteilig in allen betrieblichen Ebenen und Abteilungen und in allen Phasen des „Lebens" eines Produktes erbracht. Die verschiedenen Tätigkeiten in den Lebensphasen des Produkts werden in einem sogenannten Qualitätskreis dargestellt. Er verdeutlicht, daß die geforderten Eigenschaften eines Produkts nur dann zuverlässig produziert werden können, wenn alle Phasen des Qualitätserstellungsprozesses ihren Beitrag zur Erfüllung der Kundenanforderungen leisten:

16

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Produktd esignund Entwicklung Marketing und Mar ktfor schu ng

Prozeßplanung und -entwicklung

Beseitigung oder Recycling am Ende

Beschaffung

Produktion oder Dienstleistung

Produktnutzung

Technische Beratung, Wartung

Verifizierung

Montage und Inbetriebnahme

Verpackung und Lagerung Verkauf und Verteilung

Abbildung 5: Qualitätskreis

Qualitätsmanagement wird inhaltlich im Hinblick auf die Teilaufgaben, die erfüllt werden, unterteilt in

o

Qualitätspolitik

o

Qualitätsplanung

o

Qualitätslenkung

o

Qualitätssicherung

o

Qualitätsverbesserung.

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

17

Abbildung 6: Teilaufgaben eines Qualitätsmanagementssystems

Die Qualitätspolitik formuliert die Ziele des Qualitätsmanagements und ist ein wichtiger Bestandteil der obersten Unternehmensziele. In der Grundsatzerklärung zur Qualitätspolitik einer Unternehmung wird Qualitätsmanagement als Führungsaufgabe dargestellt und die Verantwortung jedes Mitarbeiters für Qualität betont. Die Qualitätspolitik legt fest, welche Qualitätsmerkmale priorisiert erfüllt werden sollen: sollen sich die erstellten Produkte durch Funktionstüchtigkeit, Zuverlässigkeit und Haltbarkeit auszeichnen, oder durch Design, Image und Ausstattung? Werden preiswerte oder umweltfreundliche Produkte angeboten, welche Beziehung soll zu Lieferanten und Kunden gepflegt werden? Die Qualitätspolitik legt auch die Zielgruppe fest, auf die das Qualitätsmanagement ausgerichtet werden soll. Die Festlegungen der Qualitätspolitik werden durch Qualitätsplanung, -lenkung und -Sicherung ausgeführt: Damit die Erfüllung von Kundenanforderungen kein glücklicher Zufall ist, sondern systematisch und zielorientiert erfolgen kann, ist zunächst die Qualitätsplanung zu durchlaufen.

Aufgabe der Qualitätsplanung ist es, die Bedürfnisse der Kunden in Anforderungen an das Produkt und seine Komponenten umzusetzen. Ergebnis der Qualitätsplanung ist ein Katalog von Merkmalen, die das Produkt aufweisen bzw. erfüllen soll. Die Merkmale werden entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet und eventuell mit Toleranzen versehen. Qualitätsplanung umfaßt über diese Produktplanung hinaus auch die Planung der Verfahren und Prozesse, die zu den gewünschten Produktmerkmalen führen sollen:

18

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Die Qualitätsplanung durchläuft vier aufeinander aufbauende Schritte: O

O

O

O

Zunächst müssen die Kundenwünsche, die oft vage und emotional geäußert werden, in meßbare Qualitätsmerkmale des Produktes umgesetzt werden (Qualitätsplan Produkt). Die Qualitätsmerkmale des Produktes werden entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet. Die kritischen Qualitätsmerkmale des Endproduktes beziehen die Entwicklung der Baugruppen und Einzelteile ein und beinhalten überdies Anforderungen für fremdbezogene Produkte, für die erneut kritische Qualitätsmerkmale festgelegt werden (Qualitätsplan Konstruktion/Teile). Auf der Basis der kritischen Qualitätsmerkmale der Teile werden die Prozeß- und Prüfablaufpläne vorgegeben; sie enthalten die Prozeßparameter und die Prüfmerkmale. Kritische Prozeßmerkmale werden herausgestellt (Qualitätsplan Prozeß). Detaillierte Arbeits- und Prüfanweisungen ergänzen die Ablaufpläne mit dem Ziel, die Qualitätsmerkmale auch auf Werkstattebene zu verdeutlichen und sicher zu erreichen.

Qualitätsplan 1 Produkt 1

Kundenanforderungen

Kritische Qualitätsmerkmale (DesignAnforderungen) für das Produkt

T

Qualitätsplan Teile

Kritische Qualitätsmerkmale (DesignAnforderungen) für die Teile

Qualitätsplan Prozeß

Kritische Prozeßmerkmale, Prozeß- und Prüfablaufpläne

Qualitätsplan Produktion

Arbeits- und Prüfanweisungen Abbildung 7: Teilaufgaben der Qualitätsplanung (aus: Kamiske, G.F./Brauer, J.P.: „Qualitätsmanagement von A-Z", München: Hanser, 1993, S. 110)

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

19

Unter Qualitätslenkung werden die Techniken und Tätigkeiten verstanden, die zur Erfüllung der Qualitätsforderung angewendet werden. Hierzu gehören die Maßnahmen zur Prozeßüberwachung und der Beseitigung von Fehlerursachen und Maßnahmen der Qualitätsprüfung. Unter Qualitätssicherung versteht man alle Tätigkeiten, die nötig sind, um angemessenes Vertrauen zu schaffen, daß vorgegebene Qualitätsanforderungen erfüllt werden: Hierzu zählen Aufzeichnungen, die den Ablauf der Prozesse und deren Ergebnisse belegen: Welches Produkt wurde in welcher Charge unter welchen Bedingungen mit welchen Merkmalen produziert, welches Produkt wurde von wem, wann und mit welchem Ergebnis geprüft, welches Produkt wurde mit welcher Spezifikation bestellt, wie wurde der Lieferant ausgewählt ? Die regelmäßige Durchführung interner System- und Verfahrens-Audits, in denen die Anwendung und Wirksamkeit von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen geprüft wird, ist ebenfalls ein Instrument der Qualitätssicherung. Die Aufgabe der Qualitätsverbesserung umfaßt zum einen die Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit qualitätssensibler Tätigkeiten; technische Maßnahmen zur Reduzierung der Streubreite der Produktmerkmale mit dem Ziel, die Zuverlässigkeit der Erfüllung von Kundenanforderungen zu erhöhen, zählen zu diesen Maßnahmen. Darüber hinaus hat die Qualitätsverbesserung die Aufgabe, die qualitätssensiblen Prozesse innerhalb des Unternehmens, sowie zwischen Lieferant und Hersteller und zwischen Hersteller und Kunde so zu gestalten, daß die insgesamt anfallenden Qualitätskosten reduziert werden. Zur Sicherung und Verbesserung der Qualität von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen stehen dem Qualitätsmanagement die folgenden Instrumente zur Verfügung: O

Wissen und Erfahrung der Mitarbeiter,

O

Engagement und Motivation der Mitarbeiter,

O

Verfahren zur Erkennung, Analyse und Lösung von Problemen (SPC, FMEA, Qualitätszirkel),

O

aufbauorganisatorische Regelungen über Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten,

O

ablauforganisatorische Regelungen über die Anwendung von Verfahren und Mitteln in den betrieblichen Bereichen und über die Koordination arbeitsteilig wahrgenommener Prozesse und

O

Rechnerunterstützung in der Fertigung und Prüfung (CAM, CAQ).

20

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Abbildung 8: Instrumente des Qualitätsmanagements

Die in der ISO 9000 ff niedergelegte Auffassung von Qualitätsmanagement zeichnet sich dadurch aus, daß sie sich sehr stark auf die „Technik" des Qualitätsmanagements konzentriert und den Erfolgsfaktor Mitarbeiter weitgehend ignoriert. Dies wird bereits deutlich bei der Definition des Begriffs Qualitätsmanagement-System:

"Die Organisationsstruktur, Verantwortlichkeiten, Verfahren, Prozesse und erforderlichen Mittel für die Verwirklichung des Qualitätsmanagements" (DIN ISO 8402, Entwurfsfassung März 1992).

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

21

Nach dieser Auffassung besteht ein Qualitätsmanagement-System aus: O

Regelungen über Zuständigkeiten und Verantwortung,

O

Strukturierung und Systematisierung von Abläufen,

O

Verfahrens- und Arbeitsanweisungen für Mitarbeiter und

O

Instrumenten wie Formblättern und Checklisten, um Abläufe zu vereinfachen und zu gewährleisten, daß alle Arbeitsschritte durchlaufen werden.

Im nächsten Abschnitt werden die Überlegungen und Anforderungen betrachtet, die bei der Gestaltung und Dokumentation der Aufbau- und Ablauforganisation eines Qualitätsmanagements-Systems zu beachten sind.

2.2 Gestaltung, Dokumentation und Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems Bei der Gestaltung und Dokumentation eines Qualitätsmanagement-Systems sollte beachtet werden, daß das dokumentierte Qualitätsmanagement-System nur wirksam wird, wenn es von Mitarbeitern angewendet wird. Erkennt der Mitarbeiter den Nutzen der Regelungen für sich nicht und akzeptiert er die Qualitätsziele und -Strategien nicht, wird er Wege finden, die Regelungen zu umgehen. Die Gestaltung des Qualitätsmanagement-Systems hat einen Zielkonflikt zwischen Standardisierung und Eigenverantwortlichkeit des Mitarbeiters zu lösen: Einerseits dienen kontrollierte Standardabläufe der Fehlervermeidung, andererseits beeinträchtigen diese das Gefühl von Beteiligung, Verantwortung und persönlicher Autonomie und gefährden damit das Mitarbeiterengagement.

Eigenverantwortlichkeit des Mitarbeiters Abbildung 9: Anforderungen an die Gestaltung und Dokumentation des Qualitätsmanagements

22

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Ein wichtiger Grund für Fehler sind unscharf oder unzureichend geregelte Arbeitsabläufe. Solange die Abläufe nicht vorstrukturiert und abgestimmt sind, müssen diese immer wieder fallweise geregelt, koordiniert und überwacht werden. Dadurch wird Unsicherheit und Zeitdruck ausgelöst und Fehleranfälligkeit verursacht. Dies führt zur Forderung nach Vereinfachung und Vereinheitlichung (Standardisierung) und Kontrollen. Ablauforganisatorische Regelungen sollen die Arbeitsabläufe unterstützen, verstetigen und beschleunigen. Sie bilden dabei jedoch gleichzeitig Restriktionen für die Mitarbeiter. Qualität kann nicht nur verordnet werden. Wenn sich die Mitarbeiter nicht mit der Qualitätsstrategie identifizieren, werden sie die Verfahrensanweisungen als bürokratische Pflichterfüllung betrachten, sie werden sich eingeengt und kontrolliert fühlen. Das Prinzip der Prävention ist nur mit engagierten und motivierten Mitarbeitern zu praktizieren.

Die Gestaltung des Qualitätsmanagementsystem muß von der Unternehmensleitung als Führungsaufgabe wahrgenommen werden, um zu verhindern, daß das offizielle Qualitätsmanagementsystem ein „Schattendasein im Archiv" führt, während inoffizielle Zuständigkeiten und Abläufe das tatsächliche Qualitätsmanagementsystem bilden. Damit offizielles und tatsächliches Qualitätsmanagementsystem übereinstimmen, müssen die Verantwortlichen mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet und die Stellenbeschreibungen ergänzt werden. Durch die Einführung eines qualitätsorientiertes Berichtwesens und einer prozessorientierten Qualitätskostenrechnung sowie durch die Unterstützung teamorientierter Qualitätsverbesserung, z.B. einem quality circle, kann die Unternehmensleitung deutlich machen, daß die in der Qualitätspolitik formulierten Qualitätsziele und -grundsätze nicht bloße Lippenbekenntnisse sind. Die Gestaltung und Dokumentation des Qualitätsmanagement-Systems sich an den folgenden Zielen zu orientieren:

hat

O

Die Regelungen sollten nur so umfassend sein, wie dies zur Erreichung der Qualitätsziele notwendig ist.

O

Die Regelungen sollten so festgelegt werden, daß sie von allen Mitarbeitern leicht verstanden und praktiziert werden können. Die Akzeptanz und Anwendung eines Qualitätsmanagement-Systems ist völlig von dem Nutzen abhängig, den der Mitarbeiter für sich darin erkennen kann.

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

23

Qualitätsmanagement-Systeme sollen die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit unterstützen, anstatt sie durch bürokratischen Aufwand zu belasten. Es besteht die Gefahr, daß die Beschreibung eines Qualitätsmanagement-Systems eine Flut von Verfahrensanweisungen und Arbeitsanweisungen hervorbringt, an deren Bürokratie die Organisation ersticken könnte. Andererseits müssen die Verfahren, Zuständigkeiten und Formulare so individuell gestaltet werden, daß Anforderungen durch verschiedene Bedarfssituationen und Produkte Berücksichtigung finden. Auf den Einkauf bezogen heißt diese Forderung, daß ablauforganisatorische Regelungen auch für Engpaß- und Monopolsituationen vorgesehen werden sollten, auch für die Auswahl von Lieferanten für innovative Produkte, für Investitionsgüter und Dienstleistungen.

Die Dokumentation und Weiterentwicklung des Qualitätsmanagement-Systems muß die folgenden Fragen beantworten: O

gibt es festgelegte Verfahren, die sicherstellen, daß die Forderungen des internen und externen Kunden regelmäßig erfaßt werden (prozeßorientierte Analyse) ?

O

werden die Kundenanforderungen systematisch mit den Ergebnissen der Leistungen und Prozesse verglichen (ergebnisorientierte Analyse) ?

O

wird die ergebnisorientierte Analyse genutzt, um eine ständige Verbesserung der Prozesse und Leistungen zu erreichen ?

O

wie werden diese Aufgaben erfüllt (Dokumentation der Abläufe) ?

O

Welche Aufzeichnungen über die Ergebnisse der Prozesse und den Verlauf der Prozesse werden geführt ?

Das Qualitätsmanagementsystem eines Unternehmens wird in 3 Ebenen dokumentiert: O

Im Qualitätsmanagement-Handbuch werden die Leitlinien und qualitätsbezogenen Oberziele erläutert. Sie gelten für das ganze Unternehmen/den ganzen Konzern und stellen die Verantwortung des Managements und des einzelnen Mitarbeiters dar und machen allgemeine Ausführungen zur Aufbau- und Ablauforganisation. Das Qualitätsmanagement-Handbuch wird häufig zum Zwecke der Vertrauensbildung an Kunden weitergegeben.

O

Auf der Ebene der Verfahrensanweisungen werden die ablauforganisatorischen Regelungen und die Zuständigkeit präzisiert. Sie beziehen sich auf die "Elemente" des Qualitätsmanagements, also auf die Beschaffung, Kundendienst, Fertigung, etc.

24

O

Qualitätamanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Auf der Ebene der arbeitsplatzbezogenen Arbeits- und Prüfanweisungen wird die konkrete Vorgehensweise bei der Lösung einer Aufgabe beschrieben und Formblätter erläutert.

QM-Dokumentenart:

Inhalt: Grundsätze, Aufbau- und Ablauforganisation, unternehmensumfassende Zusammenhänge, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.

Detaillierte Verfahrensabläufe. Organisatorisches und technisches Know how für interne Zwecke.

Detaillierte Regelungen und Abläufe für Arbeits- unf Prüfabläufe. Formulare zur Erfassung QM-relevanter Daten. Richtlinien und Gesetze, mit Forderungen an Produkte, Dienstleistungen und den organisatorischen Ablauf im Unternehmen.

Abbildung 10: Dokumentation eines Qualitätsmanagementsystems

Qualitätsmanagement-Systeme müssen den individuellen Merkmalen des Unternehmens angepaßt werden. Unterschiedliche Produkte, spezifische Abläufe und unterschiedliche Unternehmensgröße bestimmen die Schwerpunkte und den Umfang eines Qualitätsmanagement-Systems, sowie die organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung der Produktqualität.

Qualitätsmanagement u n d Zertifizierung n a c h ISO 9001-9003

25

Darüber hinaus wird das Qualitätsmanagementsystem durch externe und interne Richtlinien und Gesetze beeinflußt, die Forderungen an Produkte, Dienstleistungen und den organisatorischen Ablauf im Unternehmen stellen (z.B. good manufacturing practices - gmp - die in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie zu beachten sind). In der mindestens europaweit anerkannten Normenreihe ISO 9000-9004 wird die Auffassung vertreten, daß Qualitätsmanagement-Systeme so verschieden sind wie die Unternehmen selbst, daß daher Qualitätsmanagement-Systeme nicht normiert werden können. Die Normenreihe ISO 9000 ff. wurde in der Oberzeugung entwickelt, daß funktionierende Qualitätsmanagementsysteme aus ähnlichen Aufbau- und Ablaufelementen bestehen, die weitgehend produkt- und branchenunabhängig sind. Strebt ein Unternehmen ein Zertifikat nach ISO 9001-9003 an, muß es nachweisen, daß es - je nach der gewählten Norm - für alle oder einige der auf der Folgeseite genannten Elemente, den Anforderungen an die Aufbau- und Ablaufelemente gerecht wird:

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

26

Q

Führungsaufgaben

j Vertxagsprüfung

Q

Qualitätssicherung während der Entwicklung

1

1

Behandlung der technischen Unterlagen Q

Einkauf/Beschaffung Q

Q

1

Vom Auftraggeber beigestellte P r o d u k t e ^ ^ J

Kennzeichnung und RQckverfolgbarkeit Qualitätsprüfungen Prüf- und Meßmittel

1

Prüfzustand Behandlung fehlerhafter Produkte

3

J

(^Schutzmaßnahmen zur Behandlung von ProduktenJ Qualitätsaufzeichnungen Q

Interne Qualitätsaudits

J Schulungen

P

Wartung

^J

J

J

Statistische Methoden

Abbildung 11: Elemente eines Qualitätsmanagementsystems nach ISO 9001

1

Qualitätsmanagement u n d Zertifizierung n a c h ISO 9001-9003

27

Abbildung 12: Normenreihe DIN EN ISO 9001-9003

Die ISO 9001-9003-Normen beschreiben gleichermaßen den kleinsten gemeinsamen Nenner, den alle Qualitätsmanagementsysteme unterschiedlicher Unternehmen mindestens erfüllen müssen, um zertifiziert zu werden. Die Regelungen selbst sind naturgemäß allgemein und teilweise leerformalhaft gehalten und müssen durch die Unternehmen präzisiert werden.

28

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Der Nachweis über Existenz, Wirksamkeit und Anwendung eines Qualitätsmanagement-Systems entsprechend der ISO 9001-9003 hat in der Praxis eine große Bedeutung. Der Stellenwert eines Zertifikates ist auf drei Überlegungen zurückzuführen: O

zur Erlangung des Zertifikats muß das Qualitätsmanagementsystem dokumentiert werden. Dies geschieht zunächst durch ein Qualitätsmanagement-Handbuch, in dem Zuständigkeiten und Verantwortung sowie Qualitätssicherungsmaßnahmen für die einzelnen Elemente beschrieben werden. Die systematische "Bestandsaufnahme" der Zuständigkeiten und Abläufe zwingt zur Analyse von Schwachstellen.

O

die Dokumentation schafft intern auch eine Basis, die Wirksamkeit und Praxis des Qualitätsmanagement regelmäßig zu prüfen (Audit), um Abläufe zu vereinfachen und Fehlerursachen zu beseitigen.

O

das Qualitätsmanagementhandbuch wird häufig als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber Kunden eingesetzt. Der Hersteller wirbt hier nicht nur mit dem Ergebnis seiner Prozesse, dem Produkt, sondern mit der Qualität der Prozesse selbst.

O

Auf zahlreichen Märkten bzw. beim Absatz zahlreicher Produkte ist der Nachweis eines Zertifikats notwendige Voraussetzung , um in den Angebotsvergleich einbezogen zu werden. Diese fast explosionsartige Verbreitung der Forderung eines Zertifikats von Lieferanten ist darauf zurückzuführen, daß die ISO-Norm für das Qualitäts-Element Beschaffung vorsieht, daß die Qualitätsfähigkeit eines Lieferanten durch eigene Audits oder durch den Nachweis eines Zertifikats geprüft werden kann. Da die Durchführung eigener Audits bei allen Lieferanten sehr aufwendig ist, verlangen die Abnehmer das Zertifikat. Die Erlangung eines Zertifikats durch eine neutrale Institution wie dem TÜV oder der DGQ hat daher für Anbieter den Vorteil, daß die Anzahl bei ihm durchgeführter Audits, die den Betriebsablauf natürlich stören, stark zurückgehen wird, wenn der Abnehmer ein Zertifikat als Nachweis der Qualitätsfähigkeit anerkennt.

In Anbetracht der internationalen Bedeutung der DIN EN ISO Norm 9000 ff. soll im folgenden dargestellt werden, welche (Minimal-)Forderungen die Norm an das Qualitätselement Beschaffung stellt und welche Prüfungen zu durchlaufen sind, um zertifiziert werden zu können. Bei der Auditierung werden zwei Aspekte geprüft: O

Geprüft wird zunächst, ob Vorgehensweise und Zuständigkeiten geregelt sind (und diese Regelungen dokumentiert sind), die im Prozeß der Qualitätssicherung und -Verbesserung eingehalten werden müssen. Wer darf beispielsweise einen Lieferanten zulassen, welches Prozedere ist vor Zulassung zu durchlaufen?

Qualitätamanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

29

Zu diesem Zwecke werden das Qualitätsmanagement-Handbuch, die Verfahrens- und Arbeitsanweisungen analysiert. O

Im 2. Schritt wird geprüft, ob die im Qualitätsmanagement-Handbuch, in den Verfahrens- und Arbeitsanweisungen dokumentierte Vorgehensweise in der Praxis eingehalten wird. Hierzu kann es erforderlich sein, daß der Mitarbeiter Belege nachweist, die die Ergebnisse seiner Überlegungen, Analysen und Prüfungen belegen.

Der folgende Auszug aus der DIN EN ISO 9001, Stand August 1994, zeigt die wesentlichen Anforderungen der Norm an das Qualitätselement Beschaffung. Zitiert sind die Abschnitte, in denen abteilungsbezogene Ausführungen gemacht werden. Darüber hinaus sind auch abteilungsübergreifende Anforderungen zu beachten, wie die Lenkung fehlerhafter Produkte:

4.6

Beschaffung

4.6.1

Allgemeines

Der Lieferant muß Verfahrensanweisungen erstellen und aufrechterhalten, um sicherzustellen, daß beschaffte Produkte die festgelegten Qualitätsforderungen erfüllen.

4.6.2

Beurteilung von Unterauftragnehmern

Der Lieferant muß a) Unterauftragnehmer aufgrund ihrer Eignung zur Erfüllung der Forderungen des Untervertrags, eingeschlossen die Forderungen an die Qualitätssicherung/QMDarlegung auch spezifische, beurteilen und auswählen. b) die Art und den Umfang der Überwachung festlegen, die durch den Lieferanten über den Unterauftragnehmer ausgeübt wird. Diese soll abhängen vom Produkttyp, vom Einfluß des zugelieferten Produkts auf die Qualität des Endprodukts und - wo anwendbar - von Berichten über Qualitätsaudits und/oder von qualitätsbezogenen Aufzeichnungen über die früher dargelegte

30

Qualitätsmanagement u n d Zertifizierung n a c h ISO 9001-9003

Fähigkeit und Leistung des Unterauftragnehmers; c) qualitätsbezogene Aufzeichnungen über annehmbare Unterauftragnehmer erstellen und aufrechterhalten.

4.6.3

Beschaffungsarigaben

Beschaffungsdokumente müssen Angaben enthalten, die das bestellte Produkt klar beschreiben. Sie müssen, soweit anwendbar, enthalten a) den Typ, die Sorte, Anspruchsklasse oder eine andere genaue Identifizierung; b) den Titel oder eine andere eindeutige Kennzeichnung sowie die anzuwendenden Ausgaben von Spezifikationen, Zeichnungen, Forderungen an Prozesse, Prüfanweisungen und anderer sachdienlicher technischer Angaben, eingeschlossen die Forderungen bezüglich Genehmigung oder Qualifikation des Produkts, der Verfahren, der Fertigungseinrichtungen und des Personals; c) den Titel, die Nummer und die Ausgabe der anzuwendenden Norm zum QMSystem. Der Lieferant muß die Beschaffungsdokumente vor ihrer Freigabe bezüglich der Angemessenheit der festgelegten Forderungen prüfen und genehmigen.

4.6.4

Prüfung von beschafften Produkten

4.6.4.1 Prüfung durch den Lieferanten beim Unterauftragnehmer Wo der Lieferant vorschlägt, eingekaufte Produkte auf dem Gelände des Unterauftragnehmers zu prüfen, muß der Lieferant Prüfvereinbarungen und die Methode der Produktfreigabe in den Beschaffungsdokumenten festlegen.

Qualitätsmanagement u n d Zertifizierung n a c h ISO 9001-9003

4.6.4.2 Prüfung des Produkts des Unterauftragnehmers durch den Kunden Wo es im Vertrag festgelegt ist, muß dem Kunden des Lieferanten oder seinem Beauftragten das Recht eingeräumt werden, beim Unterauftragnehmer und beim Lieferanten zu prüfen, daß ein Unterauftrags-Produkt die festgelegte Qualitätsforderung erfüllt. Eine solche Prüfung darf durch den Lieferanten nicht als Beweis für eine wirksame Qualitätsüberwachung durch den Unterauftragnehmer ausgelegt werden. Prüfung durch den Kunden darf weder den Lieferanten von seiner Verantwortung zur Bereitstellung annehmbarer Produkte entbinden, noch darf dadurch eine nachfolgende Rückweisung durch den Kunden ausgeschlossen sein.

4.10

Prüfungen

4.10.1 Allgemeines Der Lieferant muß für Prüftätigkeiten Verfahrensanweisungen erstellen und aufrechterhalten, um zu verifizieren, daß die festgelegte Qualitätsforderung an das Produkt erfüllt wird. Die verlangten Prüfungen und die zu erstellenden Aufzeichnungen müssen im QM-Plan oder in Verfahrensanweisungen im einzelnen festgelegt sein.

4.10.2 Eingangsprüfung 4.10.2.1 Der Lieferant muß sicherstellen, daß ein zugeliefertes Produkt nicht verwendet oder verarbeitet wird (ausgenommen unter den in Abschnitt 4.10.2.3 beschriebenen Umständen), solange nicht geprüft oder in anderer Weise verifiziert wurde, daß es die festgelegte Qualitätsforderung erfüllt. Die Verifizierung bezüglich Erfüllung der festgelegten Qualitätsforderungen muß dem QM-Plan und/oder den Verfahrensanweisungen entsprechen.

31

32

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

4.10.2.2 Bei Festlegung von Umfang und Art der Eingangsprüfung muß das Ausmaß der beim Unterauftragnehmer durchgeführten Überwachung sowie der bereitgestellten aufgezeichneten Beweise der Konformität berücksichtigt werden. 4.10.2.3 Wo ein zugeliefertes Produkt für eine dringende Produktion vor seiner Verifizierung freigegeben wird, muß es eindeutig gekennzeichnet und dies aufgezeichnet werden, um im Fall der Nichterfüllung festgelegter Forderungen einen unverzüglichen Rückruf und Ersatz zu ermöglichen.

Aus dem Zitat der DIN EN ISO 9001 geht hervor, daß die Norm im Einkauf O

der Lieferantenbeurteilung vor der ersten Auftragserteilung

O

der laufenden Lieferantenbewertung

O

der Produktspezifikation und den technischen Lieferbedingungen

besondere Bedeutung beimißt.

Die ISO 9001 unterscheidet explizit den Einkauf von Produkten, den Einkauf von Produktionsleistungen (verlängerte Werkbank) und den Einkauf von Dienstleistungen. Um das begehrte Zertifikat zu erlangen, ist es von Bedeutung, ablauforganisatorische Regelungen und Zuständigkeiten für die Qualitätsplanung der fremdbezogenen Produkte, also die Festlegung der Anforderung und die Prüfung und Freigabe der Beschaffungsunterlagen nachweisen zu können.

Der folgende Ausschnitt aus einer Auditfrageliste zeigt die Anforderungen an die Lieferantenbeurteilung und die laufende Lieferantenbewertung:

Sind die Verfahren und Zuständigkeiten zur Auswahl von Unterlieferanten festgelegt für: a) Produkte, b) einbezogene Fertigungsstätten (verlängerte Werkbank) c) Dienstleistungen?

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 9001-9003

Erfolgt die Auswahl anhand festgelegter Kriterien z.B. • • • • •

Erstmusterprüfung Wareneingangsprüfung Systemaudits Referenzen früherer Lieferungen Zertifiziertes QM-System?

Gibt es eine produktbezogene Liste über qualifizierte Unterlieferanten?

Gibt es Regelungen (Verfahren, Zuständigkeiten) für die • •

Aufnahme von Unterlieferanten in die Liste Streichung aus der Liste z.B. aufgrund der Ergebnisse der Lieferantenbewertung?

Sind Regelungen und Zuständigkeiten für • •

die Festlegung der Anforderungen die Prüfung/Freigabe der Beschaffungsunterlagen

vorhanden für a) zu beschaffende Produkte b) einzubeziehende Betriebsstätten (verlängerte Werkbank) c) Dienstleistungen?

Enthalten die Beschaffungsunterlagen alle notwendigen Daten, wie z.B. • • • • •

Produktanforderungen Qualitätsmerkmale Qualitätsnachweise Identifikation/Kennzeichnung Verpackungshinweise?

Ist der Ablauf der Beschaffung geregelt? • • •

Bedarfsmeldung Bestellung Verfahren bei Änderungen.

33

34

Qualitätsmanagement und Zertifizierung nach ISO 90Q1-9003

Bei der Analyse der ISO 9001-Forderungen an die Beschaffung fällt auf, daß zwar recht detaillierte Vorstellungen über die Lieferantenbeurteilung und bewertung bestehen, jedoch keine Aussagen zur qualitätsorientierten Zusammenarbeit mit Lieferanten gemacht werden. Die Rolle der Beschaffung gegenüber den übrigen Abteilungen des Unternehmens wird nicht thematisiert. Die Beschaffung wird als passiver Erfüllungsgehilfe betrachtet. Ihre Möglichkeiten, eine selbstbewußte und verantwortungsbewußte Rolle gegenüber dem Beschaffungsmarkt, aber auch gegenüber den internen Verwendern zu spielen, werden nicht ausdrücklich angesprochen.

•1



O o o

Abschnitt 2

Teilaufgaben des Qualitätsmanagements Mitarbeiter, Techniken und Organisation als Instrumente eines systematischen Qualitätsmanagements Gestaltung des Qualitätsmanagementsystems im Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Eigenverantwortlichkeit des

o o

Mitarbeiters Dokumentation des Qualitätsmanagementsystems Anforderungen der DIN EN ISO 9001 an die Beschaffung

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

3

35

Von der passiven Qualitätssicherung zum total quality management in der Beschaffung

9 •

O

Abschnitt 3

Welche Überzeugungen und Grundsätze kennzeichnen das aktive, umfassende und systematische Qualitätsmanagement der Qualitätsphilosophen Deming, Juran und Ishikawa ?

O

Welche Aufgaben kann die Beschaffung im total quality management erfüllen ?

O

Welche Bedeutung hat ein Qualitätsmanagement der Beschaffung im total quality management ?

Total quality Management (tqm) ist die vorläufig letzte Stufe einer Entwicklung des Qualitätswesens: Anfänglich konzentrierte sich das Qualitätswesen ausschließlich auf das Ergebnis des Produktionsprozesses. Anhand der Vorgabe von Zielmerkmalen und Toleranzen wurden die Produkte kontrolliert und fehlerhafte aussortiert oder nachbearbeitet. In der 2. Phase des Qualitätswesens setzte sich der Gedanke der präventiven Fehlervermeidung durch. Die Kontrolle verlagerte sich daraufhin vom Ergebnis der Leistungserstellungsprozesse auf die Prozesse selbst. In dieser Phase der Prozeßkontrolle wurde das Instrument SPC (Statistical process control) entwikkelt. SPC basiert auf dem Gedanken, daß das Ergebnis eines Fertigungsprozesses die gewünschten Qualitätsmerkmale hervorbringt, solange die SchlüsselProzeßvariablen (z.B. die Temperatur des Backofens) innerhalb vorgegebener Toleranzen schwanken. Durch eine systematische Beobachtung der Prozeßvariablen können Unregelmäßigkeiten der Leistungserstellung frühzeitig erkannt, deren Ursachen ermittelt und vermieden werden. In einem weiteren Schritt wurden die der eigentlichen Produktion vor- und nachgelagerten Prozesse als qualitätsrelevant erkannt. Die bis dahin eher technische Qualitätsauffassung wurde abgelöst von einem kundenorientierten Qualitätsbegriff. Die der Produktion vorgelagerten Dienstleistungsprozesse haben die Aufgabe, die Erwartungen der Kunden zu erfassen und in interne An-

36

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschallung

forderungen an die Fertigung und die Beschaffung umzuwandeln. Fehler werden in dieser Phase des total quality control als Ausgangspunkt für Verbesserungen betrachtet. Die vorläufig letzte Stufe dieser Entwicklung wird als „Total quality Management" bezeichnet. Kennzeichnend für total quality management ist die Überzeugung, daß Qualität nicht verordnet werden kann, sondern nur ein Qualitätsbewußtsein, das bei allen Mitarbeitern in allen Abteilungen und Prozessen die Tätigkeiten und Entscheidungen lenkt, zu Qualität und zu ständiger Prozeß-verbesserung führt. Die charakteristischen Merkmale dieser Organisationskultur werden im nächsten Abschnitt erläutert.

3.1 Grundsätze und Überzeugungen des total quality management 3.1.1 Kundenorientierter Qualitätsbegriff Im Gegensatz zum transzendenten Qualitätsbegriff verbindet der kundenorientierte Qualitätsbegriff mit Qualität nicht „hochwertig" oder „luxuriös, teuer". Nach dem kundenorientierten Qualitätsbegriff ist allein die subjektive Beurteilung der Produkteigenschaften durch den Abnehmer entscheidend. Er vergleicht das Profil der Produkteigenschaften mit seinem Anforderungsprofil, das aus dem von ihm vorgesehenen Verwendungszweck des Produktes resultiert, und entscheidet, ob das Produkt „die Erfordernisse erfüllt", Qualität ist. Nicht alle Produkteigenschaften haben für den Abnehmer die gleiche Bedeutung, er beurteilt selektiv, auch werden seine Anforderungen durch Erfahrungen und Kenntnisse über das Angebot der Konkurrenz beeinflußt. Der kundenorientierte Qualitätsbegriff führt zu der Einschätzung, daß eine Luxuslimousine nicht bessere Qualität sein muß als ein einfacher Mittelklassewagen. Entscheidend sind die Bedürfnisse des Kunden. Nach kundenorientiertem Qualitätsverständnis beurteilt ein Abnehmer keineswegs nur die technisch-funktionalen Eigenschaften, sondern in Abhängigkeit von seinem Anforderungsprofil das gesamte Leistungsbündel aus Produkt, Lieferservice, technischer Beratung und Schulung, Finanzierung, Entsorgung, etc. Aus kundenorientierter Sicht kann die Qualität eines Produktes oder einer Teileigenschaft beschrieben werden mit einem oder mehreren der folgenden Merkmale: Anforderungserfiillung bezeichnet die Obereinstimmung des Produktes mit vorgegebenen Spezifikationen. Spezifikationen enthalten einen Zielwert und eine zulässige Toleranz nach oben und nach unten. Als einwandfreie Qualität wird ein Produkt betrachtet, das innerhalb der vorgegebenen Toleranzen liegt.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

37

Neben der Einhaltung von Toleranzen ist die Zentrierung der Merkmalsausprägungen um ihren Zielwert unter Umständen von großer Bedeutung. Dies ist dann der Fall, wenn mehrere Teile, für die jeweils Toleranzen gelten, zusammengefügt werden. Liegt ein Teil an der unteren Toleranzgrenze, das andere an der oberen, werden sie nicht sehr gut zusammen passen. In der Beschreibung der Anforderungen an das zu beziehende Produkt werden j e nach Art des Produktes auch Merkmale verwendet wie: Gebrauchstauglichkeit (fitness for use) bezeichnet die Eignung eines Gutes für seinen Verwendungszweck aus der Sicht des Anwenders (z.B. die Eignung eines Autoreifens für schnelles Fahren, auf regennasser oder glatter Fahrbahn). Funktionstüchtigkeit/Leistung macht Eigenschaften eines Produktes messbar und vergleichbar, z.B. Haftung des Reifens. Haltbarkeit bezeichnet die Lebensdauer des Produktes, z.B. Laufleistung eines Reifens. Zuverlässigkeit wird als Qualität unter bestimmten Bedingungen während oder nach einer vorgegebenen Zeit definiert. Masszahlen sind die durchschnittliche Zeit bis zum ersten Fehler und die durchschnittliche Zeit zwischen zwei Fehlern und die Fehlerrate pro Zeiteinheit. Das Merkmal Zuverlässigkeit bezieht sich auf Gebrauchsgüter.

3.1.2 Interne Kunden-Lieferanten-Beziehung In der klassischen Qualitätssicherung ist nur der Qualitätsbeauftragte für die Aufgabe der Sicherung der Qualität zuständig. In der Philosophie des Total Quality Management wird die Erzeugung von Qualität als Aufgabe aller Mitarbeiter und als Aufgabe der Führung angesehen. Jeder trägt nach diesem Grundsatz einen Teil Verantwortung für Qualität und muß den Mitarbeitern in den nachfolgenden Prozessschritten einwandfreie Leistungen abliefern, damit diese ihren Teil des Prozesses optimal erfüllen können. Der kundenorientierte Qualitätsbegriff wird also auf interne Kunden ausgedehnt. Jeder Mitarbeiter hat die Anforderungen seiner internen oder externen Kunden optimal zu befriedigen.

3.1.3 Präventive Qualitätspolitik und Prozefibeherrschung Bei konventioneller Auffassung von Qualitätssicherung und -management wird die Entstehung von Fehlern als natürlich und unvermeidbar angesehen. Untrennbar verbunden mit dieser Grundhaltung gegenüber Fehlern ist das Denken in Toleranzen und das Sichern der Qualität durch umfangreiche Ausgangsund Eingangskontrollen.

38

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Aus der Sicht des total qualitiy management spricht gegen eine Erzeugung von Qualität durch Kontrolle: O

ihr „Versagen", die Verarbeitung fehlerhafter Materialien zu verhindern

O

die Entstehung von Personal-, Material- und Anlagekosten für Wareneingangsprüfung

O

die anteilig benötigte Durchlaufzeit und daraus resultierende Bestandskosten, mangelnde Flexibilität auf dem Absatzmarkt und die Länge der Lieferzeit gegenüber Kunden

O

das Risiko, daß Liefertermine gegenüber der Fertigung wegen Kapazitätsengpässen in der Wareneingangsprüfung nicht eingehalten werden können (das Material ist angeliefert, aber nicht freigegeben).

Total quality management strebt an, die geforderten Merkmalsausprägungen durch präventive Qualitätspolitik zu sichern, d.h. Prozesse so weit zu beherrschen, daß fehlerfreie Produkte und Leistungen erzeugt werden, anstelle fehlerhafte Produkte und Leistungen auszusondern bzw. nachzubessern (vgl. NullFehler-Zielsetzung in Abschnitt 3.1.4).

Präventive Qualitätspolitik

Präventive Qualitätspolitik verfolgt das Ziel, Häufigkeit und Umfang von Qualitätsrisiken zu reduzieren. Für die Beschaffung bedeutet dies, daß die Anzahl fehlerhafter Lieferungen und/oder die Anzahl fehlerhafter Produkte je Lieferung reduziert werden sollen. Dieses Ziel kann erreicht werden, indem die Fehler -Ursachen beseitigt werden (z.B. Mißverständnisse zwischen Lieferant und Abnehmer) oder indem die Wirkungen vorhandener Qualitätsrisiken auf das abnehmende Unternehmen vermieden werden (z.B. Materialsubstitution, Beurteilung der Qualitätsfähigkeit von Lieferanten vor der ersten Auftragserteilung).

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaliimg

39

Abbildung 13 zeigt eine Möglichkeit, die Qualität von Fertigungsprozessen (die sog. Qualitätsfähigkeit von Lieferanten) zu beschreiben, wenn der Kunde - wie im Falle einer Abmessung für technische Bauteile - einen Zielwert und eine Toleranz vorgibt (obere und untere Spezifikationsgrenze). Die 4 Fertigungsprozesse sind nicht alle geeignet, die vorgegebene Spezifikation einzuhalten. Prozeß d weist Ergebnisse auf, die außerhalb der vorgegebenen Toleranz liegen; Prozeß c erreicht den vorgegebenen Zielwert nicht, jedoch liegen die Ergebnisse innerhalb der vorgegebenen Toleranz. Die Prozesse a und b führen zu Ergebnissen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der vorgegebenen Spezifikationsgrenzen liegen; die Verteilung bei Prozeß b weist eine geringe Streuung um den Zielwert auf und ist daher den Ergebnissen des Prozesses a überlegen.

Abbildung 13: Qualität als Anforderungserfüllung (aus: Oess, A. 1991, S.45) Zielwert: Untere Spezifikationsgrenze (USG): Obere Spezifikationsgrenze (OSG):

100 90 110

40

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Ein wichtiges Instrument zur Erreichung und Dokumentation der Prozessbeherrschung ist die "statistische Prozessführung" (SPC- Statistical process control) . SPC zeichnet sich zunächst dadurch aus, daß Prozeßergebnisse mit Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie analysiert, gesteuert und verbessert werden. Zunächst wurde SPC nur auf Produktionsprozesse angewendet. Der Grundgedanke der SPC kann jedoch auf jeden Prozeß, auch die Beschaffung, angewendet werden. Grundlage der statistischen Prozessführung ist die Erkenntnis, daß jeder Prozeß variiert und die Prozessergebnisse schwanken; die Brötchen einer Bäckerei haben unterschiedliches Gewicht, die Tablette hat unterschiedliche Wirkstoffkonzentrationen. SPC teilt die Variabilität in die Kategorien O natürliche, zufällige Variabilität und O unnatürliche, systematische Variabilität. Der natürliche Anteil der Variabilität ist immer vorhanden und kann nur mit höchstem Aufwand oder drastischen Änderungen des Prozesses beseitigt werden. Natürliche Variabilität gilt als unvermeidbar im Gegensatz zur unnatürlichen, die auf speziellen vermeidbaren Einflüssen beruht. Prozesse unterliegen dann nur der natürlichen Variabilität, wenn die wesentlichen Prozeßparameter, die einen wesentlichen Einfluß auf das Ergebnis des Prozesses haben, bekannt sind und beherrscht werden, d.h. wenn die Prozeßparameter keine oder nur geringe Schwankungen aufweisen. Diese Prozesse gelten als beherrscht. Ihr Ergebnis ist stabil und vorhersagbar. Viele Prozesse verfügen zusätzlich zur natürlichen Variabilität noch über Einflüsse, die nicht bekannt sind oder nicht beherrscht werden. Diese systematische Variabilität macht den Prozeß instabil, das Ergebnis kann nicht vorhergesagt werden.

Beherrschte, qualitätsfähige Prozesse zeichnen sich dadurch aus, daß die geforderten Merkmalsausprägungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit „erzeugt werden" und nicht nachträglich durch Prüfen und Aussondern sichergestellt werden müssen. Abbildung 14: Beherrschte Prozesse

Die Qualitätsfähigkeit eines Prozesses wird mit der Kennzahl Prozeßfähigkeitsindex gemessen. Die Prozessfähigkeit ist ein Maß für die langfristige Merkmalsstreuung, die von Mensch, Maschine, Material, Methode und Arbeitsumgebung beeinflußt wird. Ein Prozeß mit einem Prozeßfähigkeitsindex > 1,33 wird als qualitätsfähig bezeichnet, das Erreichen eines Prozeßfähigkeitsindex > 1,67 wird angestrebt, da Ausschuß und Nacharbeit nicht mehr auftreten.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Prozeßfähigkeitsindex:

41

OSG-USG

cp

6s

OSG = Obere Spezifikationsgrenze USG = Untere Spezifikationsgrenze s = Standardabweichung

Ein einfaches Beispiel soll die Errechnung und Interpretation der Kennzahl erläutern: Ein Bäcker will ein Brot, das ein Gewicht von 1 kg haben soll, produzieren. Seine Toleranz reicht dabei von 980 g (untere Spezifikationsgrenze) bis 1020 g (obere Spezifikationsgrenze). Das Gewicht der produzierten Brote läßt sich durch eine statistische Normalverteilung mit dem Erwartungswert 1000 g und der Standardabweichung 10 g beschreiben. Aus den Gesetzmäßigkeiten der Normalverteilung (vgl. Abbildung 15) lassen sich für die Fähigkeit des Bäckers, die vorgegebene Toleranz von 40 g einzuhalten, die folgenden Aussagen treffen:

99.994 %

0.003 %

0.003 %

99.730 % 95.440 % 66.260 %

Wendepunkt

-1s -2 s

+1 s +2 s

-3 S -4 s

Abbildung 15: Prozentsätze der Normalverteilung

+3 s +4 s

42

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschattung

O

die Brote wiegen in 68,26 % der Fälle zwischen 990 und (Erwartungswert ± 1 s)

O

die Brote wiegen in 95,44 % der Fälle zwischen 980 und 1020 g (Erwartungswert ± 2 s), d.h. 4,56 % der Brote liegen außerhalb der vorgegebenen Toleranz, sind fehlerhaft

O

die Brote wiegen in 99,73 % der Fälle zwischen 970 und (Erwartungswert ± 3 s)

1030 g

O

die Brote wiegen in 99,994% der Fälle zwischen 960 und (Erwartungswert ± 4 s)

1040 g

O

Um die vorgegebene Toleranz von 40 g einzuhalten, muß der Bäcker 4,56 % der „fehlerhaften" Brote aussondern.

1010 g

Bei einer Toleranz von 40 und einer Standardabweichung von 10 wird ein Prozeßfahigkeitsindex von 0,67 errechnet:

c

1020-980 p

60

cp = 0,67

Gelingt es dem Bäcker, die durchschnittliche Abweichung des Gewichts der Brote vom Zielwert (Standardabweichung) auf 5 g zu reduzieren, läge das Gewicht der Brote mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" innerhalb der vorgegebenen Toleranz: Bei einer Standardabweichung von 5 g liegen 99,994 % der Brote zwischen 980 und 1020 g (Erwartungswert ± 4 s), der Prozeß würde als prozessfähig bezeich-

c

p

1020-980 = 1,33 30

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

I I

O

Prozessfiähigkeitsindex

Formel: c,p

O

43

OSG-USG 6s

Interpretation: Der Prozessfahigkeitsindex mißt das Verhältnis von Toleranz und 6-facher Standardabweichung(s) der Prozessergebnisse. Unterliegt ein Prozeß den statistischen Gesetzmäßigkeiten der Normalverteilung, liegen nahezu 100% der Merkmalsausprägungen in den Grenzen: Erwartungswert +/- 6 s. Ist die 6-fache Standardabweichung größer als die vorgegebene Toleranz, ist der Prozessfahigkeitsindex größer als 1. In diesem Fall wird voraussichtlich ein Teil der erzeugten Produkte fehlerhaft sein und muß festgestellt und ausgesondert/nachgearbeitet werden. Dabei entsteht das Problem des Fehlerdurchschlupfs und Kosten für Prüfung, Aussondern und Nacharbeit. Ein Prozess mit einem Prozessfahigkeitsindex nahe 2 "garantiert" die Erzeugung der gewünschten Merkmalsausprägungen.

Ein Prozeßfähigkeitsindex kann nur für Produktionsprozesse, die unter stets gleichen Bedingungen ablaufen und unter statistischer Kontrolle sind, d.h. bei denen die Einflußfaktoren Mensch, Material, Methode und Maschine nur natürliche, gleichmäßige und normalverteilte Streuungen aufweisen, sinnvoll errechnet und interpretiert werden. Ein Prozeßfähigkeitsindex kann daher weder für einen Bauunternehmer, noch für ein Restaurant, noch für Dienstleister errechnet und interpretiert werden. Diese Einschränkung ist wichtig, da Abnehmer häufig auch dann einen Nachweis über einen qualitätsfähigen Prozeß verlangen, wenn diese Bedingungen nicht vorliegen und nicht hergestellt werden können. Ergibt die Analyse der Prozessergebnisse, daß der Prozeß in statistischer Kontrolle ist, also beherrscht wird, kann SPC zur Fehlervermeidung in der Fertigung -statistische Prozesssteuerung- eingesetzt werden: Im Gegensatz zur Abnahmeprüfung, bei der nach Fertigstellung eines Loses die produzierten Bauteile stichprobenartig geprüft werden, bei der also die erbrachte Leistung beurteilt wird, werden bei statistischer Prozesssteuerung während der Fertigung in regelmäßigen Abständen Stichproben gezogen, bei denen

44

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Qualitätsmerkmale geprüft werden, die Rückschlüsse auf die in der nächsten Zeit zu erwartende Qualität zulassen. SPC geht so vor, daß in regelmäßigen Abständen ein Qualitätsmerkmal gemessen wird und mit einem vorgegeben Sollwert verglichen wird. Entspricht der Istwert dem Sollwert oder liegt der Istwert innerhalb einer vorgegeben Toleranz, wird bis zur nächsten Prüfung ohne Veränderung der Prozeßparameter weiterproduziert. Im anderen Falle wird das Betriebsmittel neu justiert (kalibriert) oder die Fehlerursache gesucht und abgestellt.

Abbildung 16: Vorgehen der statistischen Prozesssteuerung (aus: Altenschmidt,W. in Masing, S. 564)

Die Ergebnisse der laufenden Prüfungen werden in sog. Regelkarten festgehalten, die einen schnellen Überblick über die Entwicklung des Qualitätsmerkmals erlauben und Warn- und Eingriffsgrenzen angeben, die ein bestimmtes Verhalten des Mitarbeiters erfordern.

Industrielle Einkäufer fordern häufig von ihren Lieferanten die Anwendung von SPC und Einsicht in Qualitätsregelkarten bei besonders wichtigen Qualitätsmerkmalen (vgl. Abschnitt 5).

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

45

Dabei sollte der Einkäufer beachten, daß die Anwendung von SPC zur Fehlervermeidung nur in beherrschten Prozessen möglich ist. Außerdem ist nicht jedes Qualitätsmerkmal zur Steuerung des Prozesses in der Lage. Die Prüfung einiger Qualitätsmerkmale ist mit zeitlichem Aufwand verbunden. Derartige Merkmale sind zur Steuerung der Fertigung ungeeignet. Sie können nur einer Abnahmeprüfung unterzogen werden. So kann die Wirkstoffkonzentration in einer Tablette nicht zur Steuerung der Abfüllanlage herangezogen werden, da die Wirkstoffkonzentration im Labor geprüft werden muß. Statt dessen wird das Gewicht der Tablette als steuerndes Merkmal gewählt und die Wirkstoffkonzentration bei der Abnahmeprüfung der Substanz festgestellt.

Ein weiteres wichtiges Instrument der präventiven Qualitätspolitik ist die FMEA (Failure Mode and Effect Analysis: Fehler-Möglichkeits- und Einfluß-Analyse). Sie dient zur Aufdeckung und Beseitigung von Schwachstellen primär in der Entwicklungsphase eines Produkts, eines neuen Herstellungsverfahrens oder beim Einsatz neuer Werkstoffe. Sie analysiert potentielle Fehler in Konzeptalternativen, ohne diese Alternativen realisieren zu müssen und hilft damit, Risiken zu vermeiden. Die FMEA analysiert die Fehler und ihre Folgen nach: O ihrer Bedeutung O der Wahrscheinlichkeit des Auftretens O der Wahrscheinlichkeit des Entdeckens.

Am Schema einer Konstruktions-FMEA, die systematisch überprüft, welche Komponenten aus welchen Ursachen einen Fehler auslösen können, wird die Vorgehensweise einer FMEA deutlich:

46

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Abbildung 17: Schema zur Durchführung einer Konstruktions-FMEA

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

47

3.1.4 Null-Fehler-Zielsetzung und ständige Prozeßverbesserang Eines der großen Ziele von total quality management (tqm) ist die Verringerung von Fehlern aller Art in allen Arbeitsbereichen des Unternehmens bis zum Niveau „Null-Fehler". Das Null-Fehler-Ziel erscheint utopisch, denn jeder weiß aus Erfahrung, daß Menschen Fehler machen und daß es für jede Art von Prozessen Einflußfaktoren gibt, die unbekannt sind oder deren Auswirkungen nicht vorausgesehen werden können. Diese richtigen Erkenntnisse sind jedoch kein Grund, die „Null-Fehler"Zielsetzung aufzugeben. Sie zwingt dazu, Fehlerraten ständig weiter zu reduzie-

Das Prinzip der ständigen Verbesserung fordert die ständige Suche nach den Ursachen von Problemen, um alle Produkte und Prozesse beständig und immer wieder zu verbessern. Ständige Verbesserung (continuous improvement process - „cip" bzw. „Kaizen") ist nicht nur eine Methode sondern bereits ein eigenständiger Teil der Unternehmensphilosophie, die auf Schaffung von Qualität ausgerichtet ist, eine Geisteshaltung, die gleichzeitig Ziel und grundlegende Verhaltensweise darstellt.

Der Prozeß der ständigen Verbesserung basiert auf dem DEMING-Zyklus (pdca: plan-do-control-act). Er durchläuft mehrere Einzelschritte :

Abbildung 18: DEMING-Zyklus

48

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

O

Durch Erfassung und Analyse der internen und externen Fehlerkosten, der Reklamationen interner und externer Kunden und durch die statistische Auswertung von Prozessergebnissen werden potentielle Verbesserungsprojekte identifiziert.

O

Mit der sog. Pareto-Analyse ( vergleichbar mit der ABC-Analyse) werden wenige wichtige Projekte identifiziert, die priorisiert bearbeitet werden sollen.

O

Zu Beginn des Verbesserungsprojektes steht das Symptom, der Fehler. Der schwierigste und wichtigste Schritt ist die Diagnose der Ursachen für den Fehler. Im Zuge dieser Diagnose müssen Theorien formuliert werden über mögliche Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Aus der Vielzahl der Theorien muß eine Reihenfolge aufgestellt werden, in der die Theorien getestet werden.

O

Ist die Ursache erkannt, kann eine Therapie entwickelt werden, den Mangel zu beseitigen.

Diese Schritte bilden im DEMING-Zyklus den Teilschritt "plan". O

Der entwickelte Plan wird zunächst im kleinen Mafistab ausgeführt ("do").

O

Anschließend sind die Auswirkungen der Änderungen zu beobachten und die Ergebnisse festzuhalten und zu überprüfen ("check").

O

Nachdem die Maßnahme zur Verbesserung geführt hat, durchläuft man den DEMING-Zyklus mit der Erfahrung und dem Wissen aus dem vorigen Zyklus nochmals. Hieraus ergibt sich der Begriff der ständigen Verbesserung, da der Zyklus immer wieder durchlaufen wird und bei jedem Durchlauf das Problem kontinuierlich eingegrenzt wird.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschattung

Handle: Bestätigen die Daten das Vorhaben ? Wirken andere Ursachen ? Sind die Ergebnisse für weitere Veränderungsschritte notwendig und nützlich ?

Prüfe: Messe und beobachte die Auswirkungen der durchgeführten Veränderungsmaßnahme.

49

Plane: Was könnte zukünftig sein ? Welche Veränderungen werden benötigt ? Welche Hindernisse müssen überwunden werden ? Welches sind die wichtigsten Ergebnisse, die benötigt werden ? Sind bereits Daten vorhanden ? Welche Informationen werden benötigt ?

Tue: Führe eine Veränderungsmaßnahme oder einen Test durch, um erste Informationen über die Auswirkungen zu erhalten.

Abbildung 19: Prozeß der ständigen Verbesserung (aus: Oess, A. 1991, S. 95)

In der Analyse- und Diagnosephase des DEMING-Zyklus werden Methoden eingesetzt, die eine große Bekanntheit erreicht haben. Sie sollen unter Verweis auf die umfangreiche Literatur nur aufgelistet werden: O

Brainstorming

O

Pareto-Prinzip

O

ISHIKA WA-Ursache-Wirkungs-Diagramm

O

Faktorenversuchsplanung (experimental design).

Ständige Verbesserung ist nur mit einer neuen Einstellung aller Mitarbeiter gegenüber Fehlern möglich: O

Fehler sind nicht normal, es gibt kein akzeptables Fehlerniveau.

O

Jeder Fehler ist ein schlechtes Ergebnis und muß beseitigt werden.

50

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

O

Fehler sind eine Chance zur Verbesserung. Bei der Diskussion sporadischer und chronischer (wiederkehrender) Ereignisse, die messbar sind und einen negativen Effekt haben, wird somit versucht, einen positiven Aspekt im Vordergrund zu halten, ohne bei der Lösung von Problemen einen "schwarzen Peter" zu suchen.

O

Es gibt nur sachbezogene Fehler. Das Hauptgewicht des Verbesserungsprozesses muß auf der Lösung von Problemen, nicht auf Schuldzuweisungen liegen.

3.1.5 Qualitätsverbesserung als Instrument zur Kostensenkung Die konventionelle Auffassung von Qualitätssicherung geht davon aus, daß die Erzeugung von Qualität "Geld kostet" und betrachtet Qualität daher als "notwendiges Übel". In dieser Einstellung gegenüber Qualität und Qualitätskosten ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, die Bedürfnisse des Kunden optimal zu erfüllen, weil die abnehmenden, internen und externen Fehlerkosten durch steigende Prüf- und Fehlerverhütungskosten überkompensiert werden.

Kosten je Einheit

0

Vollkommenheitsgrad (%)

100

sog. kostenoptimale Qualität

Schaubild 20: Optimierung der Qualitätskosten

51

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Das total quality management vertritt die Oberzeugung, daß durch präventive Qualitätspolitik mit dem Ziel der Fehlervorbeugung die Fehler- und Prüfkosten so stark sinken, daß trotz steigender Fehlerverhütungskosten die gesamten Qualitätskosten sinken:

Externe Fehler

Kosteneinsparungen

Externe Fehler Fehler

Interne Fehler Prüfung

Prüfung

Fehlervorbeugung

beugung N

IST

SOLL

Schaubild 21: Verteilung der Kosten für Qualität

Die unterschiedliche Auffassung über die Beziehung zwischen Qualität und Kosten ist auf verschiedene Dimensionen des Qualitätsbegriffs zurückzuführen, die in der Diskussion verwendet werden: O

die intensionale Dimension des Qualitätsbegriffs bezieht sich auf das Niveau der Eigenschaften und Merkmale eines Produktes/einer Dienstleistung (Kakao-Anteil in einer Schokolade, Gourmet-Essen im Vergleich zu fast food)

O

die extensionale Dimension von Qualität beschreibt die Breite der Leistungsmerkmale, wenn sich die Nutzenerwartung der Kunden an sehr vielen Kriterien orientiert

O

die statistische Dimension des Qualitätsbegriffs bezieht sich auf die Wahrscheinlichkeit, mit der die versprochenen Leistungsmerkmale eines Produktes/einer Dienstleistung erzeugt werden, also die Qualitätszuverlässigkeit.

Konzentriert man sich auf den extensionalen und intensionalen Aspekt des Qualitätsbegriffs, wird die Erzeugung einer besseren Qualität auch zu höheren Kosten führen. Diese Korrelation zwischen Qualität und Kosten gilt nicht, wenn man die statistische Dimension des Qualitätsbegriffs anwendet.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

52

Daß ein Qualitätssicherungsprogramm immer auch ein Rationalisierungsprogramm ist, ist darauf zurückzuführen, daß es grundsätzlich kostengünstiger ist, durch präventive Maßnahmen einen Fehler zu vermeiden, als ihn „herauszuprüfen" und nachträglich zu beseitigen.

I



Abschnitt 3.1

O

Total quality management arbeitet mit einem konsequent kundenorientierten Qualitätsbegriff: Die angebotenen Produktmerkmale werden vom Abnehmer entsprechend seinem subjektiven Anforderungsprofil beurteilt. Die Leistungsmerkmale werden subjektiv und selektiv bewertet.

O

Im total quality management ist jeder Mitarbeiter für die Erzeugung von Qualität verantwortlich. Die Arbeitsschritte werden als interne KundenLieferanten-Beziehungen aufgefasst.

O

Total quality management unterscheidet sich von der konventionellen Qualitätssicherung durch die Priorisierung präventiver Instrumente gegenüber der Qualitätsprüfung, die Einstellung gegenüber Fehlern und -> die Auffassung über das Verhältnis von Qualitätsverbesserung und Kostenwirkung.

O

Ständige Verbesserung ist eine Geisteshaltung, die gleichzeitig Ziel (NullFehler) und grundlegende Verhaltensweise (Deming-Zyklus) darstellt

O

Der Deming-Zyklus beschreibt ein systematisches Verfahren zur Analyse, Diagnose und Beseitigung von Fehlern.

O

Qualitätsfähige Prozesse zeichnen sich dadurch aus, daß die wesentlichen Prozeßparameter bekannt sind und beherrscht werden.

O

Ein Prozessfähigkeitsindex kann nur für Prozesse, die unter stets gleichen Bedingungen ablaufen und unter statistischer Kontrolle sind, sinvoll errechnet werden.

O

Die Beschaffung bei qualitätsfähigen Lieferanten ist ein Instrument präventiver Qualitätspolitik.

O

SPC ist ein Instrument zun Analyse der Qualitätsfähigkeit von Prozessen Fehlervermeidung in beherrschten Prozessen.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

53

3.2 Aufgaben eines Qualitätsmanagements in der Beschaffung 3.2.1 Der Einkauf als interner Lieferant Will man den kundenorientierten Qualitätsbegriff auf die Belange der Beschaffung übertragen, stellt sich zunächst die Frage, wer die "Kunden" der Beschaffung sind, um anschließend deren Anforderungen an die (Dienst-)Leistungen der Beschaffung zu erfassen. Kunden der Beschaffung sind alle internen und externen Verwender der zugekauften Komponenten, aber auch die Organisationseinheiten, deren Kosten oder Ergebnisse von den Leistungen und Aktivitäten der Beschaffung betroffen sind.

Ein Qualitätsmanagement in der Beschaffung läßt zwei Blickrichtungen zu: O

Management der Qualität der zugekauften Produkte (Sachleistung des Einkaufs)

O

Management der Qualität der Leistungen der Abteilung/des Mitarbeiters in der Beschaffung (Dienstleistungen des Einkaufs)

3.2.1.1 Qualitätsmanagement für zugekaufte Produkte Die Anforderungen der Verwender richten sich zunächst auf die Sachleistung der Beschaffung. Diese bezieht sich auf ein bestimmtes Beschaffungsobjekt und ist zu messen als Fähigkeit, O

die geforderten Leistungsmerkmale bereitzustellen,

O

die geforderten Lieferservice-Konditionen zu gewährleisten,

O

einen geringen Preis zu erzielen.

Um die Bedeutung der Materialqualität zu beschreiben, ist naheliegend, die (verheerenden) Folgen schlechter Qualität zu erfassen: O

Schlechte Materialqualität führt zu Produktfehlern, • die die Gebrauchstauglichkeit des produzierten Enderzeugnisses in Frage stellen,

54

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschattung

• Abweichungen von vorgegebenen Toleranzen des Abnehmers verursachen, oder die Zuverlässigkeit dieses Produktes bzw. eines Bauteiles beeinträchtigen.

O

Schlechte Materialqualität verursacht Ausschuß in der Fertigung; dieser • verursacht erhöhten Material- und Kapazitätsbedarf, • gefährdet die Termineinhaltung gegenüber dem Kunden, • verursacht materialbedingte Stillstandszeiten der Kapazitäten und damit eine schlechte Kapazitätsauslastung, wenn Termine gegenüber der nachfolgenden Fertigungsstufe nicht eingehalten werden können, • erzwingt ungünstige Maschinenbelegungspläne mit hohen Rüstkosten oder langen Rüstzeiten, wenn aufgrund von Qualitätsmängeln priorisiert nachproduziert werden muß.

O

Schlechte Materialqualität erzwingt • Lagerbestände an fremdbezogenen Komponenten und eigengefertigten Teilen und Baugruppen, um die Lieferfähigkeit der nachfolgenden Fertigungsstufe zu sichern, • umfangreiche Prüfvorgänge vor und während der Fertigung und verlängert dadurch die Durchlaufzeit.

O

Schlechte Materialqualität wirkt beim Abnehmer als Kostentreiber in: • • • • •

O

Einkauf, Wareneingangsprüfung, Fertigung, Verwaltung und Lager.

Schlechte Qualität der fremdbezogenen Komponenten wirkt auch beim Lieferanten als Kostentreiber: Beherrscht der Zulieferer seine Prozesse nicht, sind die Qualitätskosten beim Zulieferer hoch. Diese (zum Teil vermeidbaren) Kosten zahlt der Abnehmer mit.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

55

Abbildung 22: Die Folgen schlechter Materialqualität

Die Bedeutung eines Qualitätsmanagements in der Beschaffung ergibt sich aus folgenden Überlegungen: O

Bei abnehmender Fertigungstiefe werden die Qualität und die Qualitätskosten immer weniger vom eigenen Unternehmen und immer stärker durch die Qualität der Zulieferprodukte beeinflußt.

O

Ein Hersteller haftet nicht nur für die in seiner Fertigung verursachten Fehler sondern auch für Zulieferteile.

O

Da der Einkauf am Anfang der Wertschöpfungskette steht, kann er durch eine präventive Qualitätspolitik erheblich dazu beitragen, Fehlerkosten im engeren und weiteren Sinne zu vermeiden.

Aufgabe des Qualitätsmanagements für fremdbezogene Produkte ist es daher: O

die Sicherung vorgegebener Qualitätsanforderungen, um die Eigenfertigung vor Störungen durch fehlerhaftes Material zu schützen,

O

die Qualität mit kostensparenden Instrumenten zu sichern,

O

Die Beschaffung bei qualitätsfähigen Lieferanten vorzunehmen,

56

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

O

im Hinblick auf die Gefährdungshaftung des Produkthaftungsgesetzes die Qualität von Zulieferteilen so zu sichern, daß vom Endprodukt kein Sicherheitsrisiko ausgeht,

O

die Gewährleistungs- und Produkthaftungsansprüchen dem Lieferanten bei fehlerhaftem Material zu sichern.

gegenüber

Aufgabe des Qualitätsmanagements für zugekaufte Produkte ist: O

die Sicherung vorgegebener Qualitätsanforderungen,

O

die Qualität mit kostensparenden Instrumenten zu sichern,

O

die Sicherung der Gewährleistungs- und Produkthaftungsansprüche gegenüber dem Lieferanten.

Abbildung 23: Aufgabe des Qualitätsmanagements für zugekaufte Produkte

3.2.1.2 Qualitätsmanagement für Dienstleistungen des Einkaufs Die Anforderungen des internen Kunden richten sich nicht nur auf das Produkt, das die Beschaffung liefert. Quasi als Nebenleistung erstellt die Beschaffung Dienstleistungen, die zum einen direkt an das Produkt gekoppelt sind, aber auch übergeordnete Dienstleistungen, die auf das gesamte Beschaffungsprogramm und Unternehmen gerichtet sind: O

Die Verwender von zugekauften Komponenten und Produkten messen die Beschaffung an der Fähigkeit und Bereitschaft, kurzfristigen Bedarf zu befriedigen (Flexibilität).

O

Die internen Kunden erwarten von der Beschaffung, gemeinsam mit dem Zulieferer, ständig Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung (Prinzip der ständigen Verbesserung), zur Kostensenkung und zur Vereinfachung von Abwicklungen zu suchen und zu realisieren (Kooperation).

O

Die Verwender von zugekauften Komponenten und Produkten messen die Leistungsfähigkeit der Beschaffung auch an ihrer Fähigkeit, Vorschläge und Lösungen auch über vorgegebene Anforderungen hinaus zu entwickeln (Problemlösungspotential).

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

O

57

Eine weitere Leistung der Beschaffung besteht darin, durch Abstimmung der Fertigungs- und Prüfprozesse der Zulieferer und des Abnehmers sowie durch Vertrauensbildung den gesamten Aufwand zur Sicherung der Materialqualität- und der Liefertermine in der logistischen Kette zu reduzieren, d.h. die Puffer in Beständen, Kapazitäten und Durchlaufzeiten und die Anzahl der Prüfvorgänge zu reduzieren (Koordination und Vertrauensbildung).

Nicht immer sind die Dienstleistungen der Beschaffung auf bestimmte Bedarfsträger gerichtet. Eine wesentliche Leistung der Beschaffung besteht darüber hinaus darin, Bedarfsanforderungen nicht einfach auszuführen, sondern ganzheitliche und langfristige Überlegungen anzustellen. Die ganzheitliche Sicht des Einkaufs bezieht sich auf O die Bedürfnisse des gesamten Unternehmens (z.B. Bemühen um Reduzierung der Variantenvielfalt, Abwehr überzogener Qualitätsanforderungen) möglicherweise sogar auf die gesamte logistische Kette (z.B. Bemühungen um Verlagerung der Wareneingangsprüfung) und O auf das gesamte Beschaffungsprogramm anstelle auf einzelne Artikelnummern (z.B. Bemühen um Reduzierung der Lieferantenanzahl).

Die strategische Sicht des Einkaufs äußert sich in dem Bemühen, Chancen und Risiken auf den Beschaffungsmärkten frühzeitig zu erkennen, mit dem Ziel O

sich durch Maßnahmen mit langer Wirkungsdauer oder Maßnahmen mit stark zeitverzögerter Wirkung optimal an erwartete Beschaffungssituationen anzupassen oder

O das Eintreten ungünstiger Beschaffungssituationen zu verhindern oder wenigstens ihr Ausmaß zu reduzieren.

Sowohl die ganzheitliche wie die strategische Sichtweise des Einkaufs hat unter Umständen zur Folge, daß einzelne Bedarfsanforderungen nicht oder schlecht erfüllt werden. So wird etwa das Bemühen, die Monopolstellung von Hoflieferanten durch die Entwicklung von Lieferanten zu brechen, auf heftige Gegenwehr der Bedarfsträger stoßen, die eine Verschlechterung der Materialqualität und des Lieferservice fürchten. In der Verletzung kurzfristiger Ziele zugunsten langfristiger Erfolge liegt ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Einkauf und Bedarfsträger, dessen Bewältigung als wesentliche Aufgabe des Einkaufs anzusehen ist (Konfliktlösungskompetenz).

58

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Dienstleistungen des Einkaufs: O

Flexibilität

O

Kooperation

O

Problemlösungspotential

O

Koordination und Vertrauensbildung

O

Konfliktlösungskompetenz

Abbildung 24: Dienstleistungen des Einkaufs

3.2.2 Qualitätsplanung als Aufgabe des Einkaufs Bei konventioneller Auffassung von Qualitätsmanagement hat die Beschaffung bei der Teilaufgabe Qualitätsplanung keine nennenswerte Bedeutung. Das Stichwort Qualitätsplanung wird in der ISO 9000 ff bei den Teilaufgaben der Beschaffung nicht erwähnt. Von der Beschaffung wird nach dieser Auffassung erwartet, daß sie Produktspezifikationen, die im Qualitätswesen, in der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung entwickelt wurden, (passiv) entgegennimmt und an den Lieferanten weitergibt.

Die Verantwortung des Abnehmers für fehlerfreie Zulieferungen beginnt bereits bei der Festlegung der Anforderungen an das Produkt. Hier hat der Einkauf die Möglichkeit, seine Informationen über die Möglichkeiten des Beschaffungsmarktes in Pflichtenheften und Spezifikationen einzubringen. Wird der Einkauf bereits in der Phase der Qualitätsplanung einbezogen, hat er die Möglichkeit, die Festlegung von Qualitätsmerkmalen dahingehend zu beeinflussen, daß O

die Vielfalt ähnlicher Spezifikationen reduziert wird (Standardisierung)

O

Qualitätsmerkmale gefordert werden, deren zuverlässige Erfüllung am Beschaffungsmarkt möglich erscheint.

Die Beteiligung des Einkaufs an der Qualitätsplanung vermittelt ihm darüber hinaus Informationen über die relative Bedeutung der Qualitätsmerkmale und die Möglichkeiten, Toleranzen in Frage zu stellen.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

59

Bei konventioneller Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Abnehmer wird der Lieferant nicht in die Qualitätsplanung eingebunden. Er erhält eine fertige Produktspezifikation und häufig detaillierte Vorgaben über Fertigungsverfahren, Werkzeuge und Werkstoffe. In der Praxis werden nun erste Erfahrungen mit der frühzeitigen Einbindung von Lieferanten in den Qualitätsplanungs- und Entwicklungsprozess gemacht: O

Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist es, durch fertigungsgerechte Konstruktion von Zulieferteilen eine kostengünstige Produktion auf verbessertem Qualitätsniveau innerhalb des Fertigungsverbundes zu erreichen.

O

Durch die frühe Einbeziehung des Zulieferers in die Entwicklungsphase lassen sich Kosten- und Zeiteinsparungen erzielen. Diese Art der Zusammenarbeit wird als „simultaneous engineering" bezeichnet.

O

Anstelle kostspieliger Änderungen im Nachhinein wird die Entwicklung schrittweise mit Verformungsversuchen und Handmustern in mehreren Varianten und Entwicklungsphasen durch Fertigung von Vorserienteilen vorangetrieben.

Durch die Verbesserung der Produkte aufgrund von Einführungen neuer Werkzeuge oder Neukonstruktion, lassen sich Kosten und Qualitätsprobleme verringern. Aufgrund der engen Zusammenarbeit lassen sich Informationsverluste vermeiden, was zu besseren Planungsunterlagen, kürzerer Entwicklungsdauer, früherer Markteinführung, niedrigeren Werkzeug- und Werkstückkosten, geringerem Änderungsaufwand und vereinfachtem administrativem Verkehr führt. Für den Lieferanten reduziert sich das Entwicklungsrisiko, da der Abnehmer für die entwickelte Innovation bereits feststeht. Außerdem verbessert sich seine Wettbewerbssituation, da potentiellen Zulieferkonkurrenten der Marktzugang erschwert wird, da sich der Produktentwicklungsprozeß des Abnehmers an den spezifischen, fertigungstechnischen Gegebenheiten des Lieferanten orientiert. Ein weiterer Vorteil der Entwicklungszusammenarbeit ist, daß die Gemeinkosten auf beide Partner verteilt werden (Wertschöpfungspartnerschaft).

Die beiden folgenden Abbildungen stellen die konventionelle und die kooperative Qualitätsplanung und Entwicklung nochmals gegenüber:

60

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Finalproduzent

Lieferant

Abbildung 25: Ablaufschema konventioneller Entwicklung (aus: Seckinger, E. 1988 S.184)

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Finalproduzent

Lieferant

Abbildung 26: Ablaufschema eines simultaneous engineering (aus: Seckinger, E. 1988 S.184)

61

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

62

Ergebnis der Qualitätsplanung soll ein Profil der Bedarfsanforderungen sein, das eventuell k.o.-Kriterien enthält, die das Produkt erfüllen muß. Das Anforderungsprofil wird über die Beantwortung von zwei Fragen gewonnen: O

Welchen objektspezifischen Bedarf haben die Verwender des Produkts? die Anforderungen können gruppiert werden nach • Leistungsmerkmalen • Lieferservice-Anforderungen • Preis

O

Welche Bedeutung haben die verschiedenen geforderten Merkmale ?

Aus den Anforderungen an das Produkt werden im Rahmen der Lieferantenauswahl und -politik Anforderungen an den Lieferanten abgeleitet. Um die Lieferantenanforderungen für den Angebots- und Anbietervergleich gewichten zu können, sollen die Bedarfsanforderungen ebenfalls entsprechend ihrer Bedeutung differenziert werden nach • sehr wichtig • wichtig • wünschenswert.

Die Differenzierung der Bedarfsanforderungen dient auch dazu, eine Unterscheidung von Fehlerklassen und Fehlerarten für die Wareneingangsprüfung vorzunehmen. Dort wird unterschieden nach • überkritischen Fehlern, • Hauptfehlern und • Nebenfehlern. Die Anforderungen der Verwender an Leistungsmerkmale, Lieferservice und Preis und deren Bedeutung ergeben sich 1. aus den Merkmalen des Zulieferprodukts: • • • • • • •

Bedarfsmenge Bedarfsstetigkeit Bedarfsdringlichkeit Beschaffungsmenge Preisbedeutung Qualitätsbedeutung Empfindlichkeit.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschallung

63

2. aus der Verwendung des Zukaufproduktes in der Fertigung, den dort angewendeten Fertigungsverfahren, den Belastungen in der Fertigung und auf dem Transport, der Lagerdauer und den Lagerkonditionen. 3. aus der Verwendung des herzustellenden Enderzeugnisses und dessen Anforderungen. 4. aus der Höhe der Fehlerkosten, die beim Auftreten von Fehlern entstehen.

Die objektspezifischen Leistungsanforderungen werden in einer Sollspezifikation festgehalten, die die Leistungsanforderung an das Produkt beschreibt und soweit möglich quantifiziert. Die Qualität von Packmitteln ist beispielsweise zu beschreiben mit den Merkmalen: • • • • • • • •

Stapelbarkeit Gewicht Belastbarkeit Stoßfestigkeit Druckfestigkeit Wiederverwendbarkeit Recyclebarkeit. Handhabung kostengünstige Verarbeitbarkeit.

Die Service-Anforderungen beziehen sich auf Menge, Liefertermin, Lieferort und Verpackungsmodalitäten und werden in den technischen Lieferbedingungen vereinbart. Im Abschnitt 4 wird näher auf die Gestaltung und Funktion der Produktspezifikation und technischen Lieferbedingung eingegangen. Im Anhang ist ein ausführliches Beispiel zur Ableitung von Leistungsmerkmalen zu finden: Qualitätsplanung am Beispiel des Einkaufs von Speisekartoffeln.

Aus den objektspezifischen Leistungsmerkmalen können Anforderungen an den Prozeß und die Prozeßparameter abgeleitet werden. Diese bilden die Grundlage, um die objektspezifische Leistungsfähigkeit des Lieferanten zu prüfen.

64

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

3.2.3 Qualitätslenkung als Aufgabe der Beschaffung Qualitätslenkende Instrumente werden mit dem Ziel eingesetzt, die Anforderungen an das Produkt und die Dienstleistung zu erfüllen. In der Beschaffung werden sie vor, während und nach dem Kauf von Produkten eingesetzt.

Dem Einkauf stehen die folgenden qualitätslenkenden Instrumente zur Verfügung: O

Zunächst müssen die Leistungsanforderungen an das Produkt in einer Spezifikation, Zeichnung oder einem Pflichtenheft mit dem Lieferanten vereinbart werden.

O

Als präventives Instrument des Qualitätsmanagement werden vor dem Kauf technische Liefer-, Prüf- und Abnahmebedingungen abgeschlossen. Sie sind Voraussetzung dafür, daß die zu erbringende Leistung für den Lieferanten klar und unmißverständlich definiert ist.

O

Wird der Lieferant über die Verarbeitung und Verwendung des Zukaufteils, d.h. über Belastungen und Einflüsse, dem das Teil während der Fertigung und dem Gebrauch ausgesetzt ist, informiert, kann der Lieferant prüfen, ob das angebotene Produkt hierzu geeignet ist und eventuell alternative Vorschläge unterbreiten.

O

Noch unbekannte Lieferanten werden zunächst gebeten, ein Anschauungsmuster zur Verfügung zu stellen. Dieses wird einer ausführlichen technischen Qualitätsprüfung unterzogen, um die grundsätzliche Qualitätsfähigkeit eines noch unbekannten Lieferanten zu beurteilen.

O

Vor der Zulassung neuer Lieferanten werden diese einer ausführlichen Beurteilung unterzogen, um ihre Prozessbeherrschung und ihre Leistungsbereitschaft sicherzustellen. Ein Lieferant, der seinen Fertigungsprozeß so weit beherrscht, daß die Merkmalsausprägungen „sicher" produziert werden, ist für den Abnehmer aus zwei Gründen vorteilhaft: •

das Risiko, daß dem Abnehmer fehlerhafte Produkte geliefert werden ist geringer als bei einem Lieferanten, der die Spezifikation durch Prüfen und Aussondern sicherstellen muß. Beim Prüfen und Aussondern muß immer mit einem Fehlerdurchschlupf gerechnet werden.

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung



65

Der Lieferant hat geringere Prüf- und Fehlerkosten und damit geringere Qualitätskosten.

O Die eingehenden Lieferungen werden in der Regel einer Qualitätsprüfung unterzogen, die in der Wareneingangsprüfung stichprobenartig durchgeführt wird.

O

Die Lieferqualität der Stammlieferanten wird regelmäßig geprüft und analysiert durch sog. Lieferantenbewertungen, in denen die Quali täts-, Mengen- und Terminzuverlässigkeit von Zulieferern für jede Lieferung erfaßt und periodisch ausgewertet wird.

O Um die Anforderungen an das Qualitätsmanagement des Lieferanten zu verdeutlichen, können mit Stammlieferanten Qualitätsmanagementvereinbarungen abgeschlossen werden.

O Wenn keine leistungsfähigen/-willigen Lieferanten zur Verfügung stehen, kann der Einkauf versuchen, Lieferanten durch wirtschaftliche und technische Unterstützung zu entwickeln.

O Zur Verbesserung der Leistungsbereitschaft stehen dem Einkauf verschiedene Anreize zur Verfügung, die im Rahmen der laufenden Zusammenarbeit und bei der Vertragsgestaltung eingesetzt werden können.

Die genannten qualitätslenkenden Instrumente des Einkaufs werden in den Abschnitten 4-7 ausführlicher behandelt.

3.2.4 Nachweisfiihrung (Qualitätssicherung) als Aufgabe der Beschaffung Qualitätssichernde Maßnahmen in der Beschaffung haben die Aufgabe, O beim Kunden des betrachteten Unternehmens den Nachweis zu erbringen, daß qualitätslenkende Maßnahmen gegenüber dem Lieferanten wirksam durchgeführt werden, O den Nachweis ausreichender Sorgfalt bei der Sicherung der Qualität zu führen, um Ansprüche aus deliktischer Produkthaftung abzuwehren,

66

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

O Ansprüche aus Gewährleistung und verschuldensunabhängiger Produkthaftung seitens der Kunden des betrachteten Unternehmens auf den Lieferanten abzuwälzen, indem nachgewiesen wird, daß dieser den Fehler und den etwaigen Mangelfolgeschaden verursacht hat.

Um diese Nachweise zu erbringen, werden insbesondere die Abläufe und Ergebnisse der O O O O

Lieferantenauswahl (Lieferantenbeurteilung) Lieferantenbewertung Wareneingangsprüfung bzw. der Prüfungen beim Lieferanten Lieferantenauditberichte

dokumentiert und aufbewahrt.

3.2.5 Qualitätsverbesserung als Aufgabe der Beschaffung Die Bemühungen der Beschaffung um Qualitätsverbesserung können zielen

O

die Steigerung der Qualitätszuverlässigkeit d.h. auf eine verbesserte Erfüllung der Bedarfsanforderungen in bezug auf Leistungsmerkmale und Lieferkonditionen (Fehlervermeidung),

O

eine Reduzierung der Anfälligkeit für Fehler (Schadensbegrenzung),

O

eine Qualitätsverbesserung der Dienstleistungen, die der Einkauf gegenüber internen Kunden anbietet,

O

eine Senkung der betrieblichen Qualitätskosten und

O

eine Senkung der Qualitätskosten im logistischen Kanal.

Die im Abschnitt 3.1.4 dargestellten Überlegungen und Instrumente der ständigen Verbesserung können grundsätzlich auf den Einkauf übertragen werden.

67

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Grundlage der Bemühungen zur Verbesserung der produktbezogenen Qualitätszuverlässigkeit muß in jedem Fall eine Erfassung und Analyse der Fehlerarten sein. Als Fehlerarten sind zu unterscheiden: O Abweichungen zwischen Bedarfstermin und Bereitstellungstermin, O Abweichungen zwischen Bedarfsmengen und Bereitstellungsmengen, O Abweichungen merkmalen.

zwischen

Leistungsanforderungen

und

Leistungs-

Die Analyse der Fehlerarten hat produkt- und lieferantenspezifisch zu erfolgen und soll O Fehlerhäufigkeit und O Fehlerfolgen je Fehlerart aufzeigen.

Die Analyse der Fehler soll auf chronische und besonders kostenintensive Fehlerarten, Produkte und Lieferanten hinweisen. Zur Fehlererfassung wird es nicht ausreichen, die Daten der Bestellung und der Wareneingangsmeldungen zu vergleichen. Vielmehr müßten die Bedarfsanforderungen systematisch erfaßt werden, um deutlich zu machen, daß zwischen Bedarf und Bestellung bereits eine Diskrepanz bezüglich Leistungsmerkmalen, Mengen und Termin bestehen kann ( Artikel zu spät bestellt, falsche Übermittlung der Spezifikation, Berücksichtigung der Lieferzeit bei der Angabe des gewünschten Anlieferungstermins u.a.):

Bedarfs Lieferung

FEHLER

Abbildung 27: Fehlerquellen in der Beschaffung

68

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Abgesehen davon, daß eine systematische Erfassung der Bedarfsanforderungen einen erheblichen Aufwand verursacht, wird der Einkäufer mit Widerstand und Ablehnung auf die Forderung nach einer Fehlererfassung reagieren, wenn er befürchten muß, daß er für Fehler persönlich verantwortlich gemacht wird. Die Führung hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, ein Klima herzustellen, in dem Fehler sachbezogen erfaßt und analysiert werden können. Die Führung sollte nicht nur vermeiden, Bestrafungen für Fehler anzudrohen, sondern Anreize für Verbesserungen zu geben. Dies erfordert eine Abkehr von der traditionellen Erfolgsmessung im Einkauf, die sich auf die im Verantwortungsbereich des Einkäufers verursachten Kosten (Einstands- und Bestellkosten) konzentriert. Sollen Fehler vermieden werden, ist eine Ursachenanalvse erforderlich. TYpische Fehlerursachen in der Beschaffung sind: O terminliche Engpass-Aufträge (die zur Verfügung stehende Beschaffungszeit ist kürzer als die normale Wiederbeschaffungszeit), O fehlende oder unpräzise Kompetenzregelungen, O personelle Kapazitätsengpässe wegen Krankheit und Urlaub, O fehlende Vertretungs-Regelung, O inkorrekte, unpräzise Bedarfsanforderungen (ungenaue Spezifikationen), O Qualitätsprobleme des Lieferanten, O Kapazitätsengpässe des Lieferanten und O Versorgungsengpässe des Lieferanten.

Um ursachenorientierte Maßnahmen zur Fehlervermeidung entwickeln zu können, ist die Ursachen-Wirkungs-Hierarchie zu den Fehlerarten zu untersuchen. Bei Terminabweichungen könnte eine solche Hierarchie folgendermaßen aussehen: Produkt zu spät geliefert Bedarf zu spät angefordert 0 Produktionsprogramm kurzfristig umgestellt unerwartet hoher Abgang im Enderzeugnis-Lager 0 Absatzprognose falsch

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

69

Jede der analysierten Ursachen bietet einen potentiellen Ansatzpunkt zur Verbesserung.

Möglicherweise ergibt die Ursachenanalyse, daß eine Fehlervermeidung nur durch drastische Eingriffe in die Prozesse möglich ist, die erhebliche Einbußen bei der Erreichung der Fertigungs- und Vertriebsinteressen zur Folge hätten. Dies wäre eventuell bei einer ablauforganisatorischen Regelung der Fall, nach der kurzfristige Aufträge und kurzfristige Umstellungen des Produktionsprogramms nur nach Rücksprache mit dem Einkauf erlaubt sein sollen.

Ist eine Fehlervermeidung nicht möglich oder nicht vorteilhaft, kann die Beschaffung Maßnahmen entwickeln, die die negativen Folgen der Fehler reduzieren d.h. die Fehlerfolgekosten senken. Die möglichen Maßnahmen sind z.B.: O Sicherheitsbestände O verstärkte Wareneingangsprüfungen O Materialsubstitution O Flexibilitätspotentiale erschließen.

Das Verbesserungspotential für Dienstleistungen des Einkaufs ist schwerer zu beurteilen. Hier muß die Zufriedenheit der internen Kunden des Einkaufs gemessen werden. Instrumente einer systematischen Erfassung der Kundenzufriedenheit können Befragungen, Reklamationen und Vertriebserfahrungen sein. Abbildung 28 zeigt mögliche Ursachen, die zu Abweichungen zwischen den Kundenerwartungen und der tatsächlich wahrgenommenen Leistung durch den Kunden führen können. Nach diesem Modell besteht eine erste Lücke zwischen den Kundenerwartungen und der Wahrnehmung dieser Erwartungen durch den Dienstleister (z.B. falsche Vorstellungen über die Bedeutung einzelner Qualitätsmerkmale). Eine zweite Lücke kann entstehen, wenn die wahrgenommenen Kundenerwartungen in Dienstleistungsziele des Einkäufers umgesetzt werden. Eine vierte Lücke ist darauf zurückzuführen, daß beim Kunden durch Leistungsversprechen, die nicht dem tatsächlichen Leistungsangebot entsprechen, falsche Erwartungen geweckt werden. Die fünfte Lücke beschreibt die Differenz zwischen der erwarteten und der wahrgenommenen Leistung beim Kunden.

70

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Aufgabe einer ständigen Verbesserung der Einkaufs-Dienstleistungen ist es, diese Lücken zu schließen.

Kunde

Abbildung 28: Lückenmodell (aus: Pfohl, H.C., 1992, S. 27)

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschallung

71

Eine Senkung der Qualitätskosten wird zunächst unternehmensintern angestrebt. Grundlage eines Qualitätskostenmanagements ist der GesamtkostenAnsatz (total-cost-approach), gemäß dem eine Kostensteigerung bei einer Kostenart so lange vorteilhaft ist, solange andere Kostenarten stärker sinken. Ein Qualitätskostenmanagement benötigt eine Qualitätskostenrechnung, die die verursachten Fehlerverhütungs-, Prüf- und Fehlerkosten in allen Funktionsbereichen des Unternehmens erfaßt. Bei einer Abweichung der Leistungsmerkmale von den Bedarfsmerkmalen sind beispielsweise folgende Wirkungen zu quantifizieren: O wird die Abweichung in der Wareneingangsprüfung erkannt und beanstandet, entstehen Kosten der Reklamationsbearbeitung in der Wareneingangsprüfung, im Einkauf und in der Rechnungsprüfung. Eine eventuelle Ersatzlieferung muß nochmals geprüft werden. O Wird die Abweichung in der Wareneingangsprüfung nicht erkannt, sind die negativen Wirkungen in der Fertigung (Maschinendefekt, zusätzlicher Kapazitätsbedarf und Materialbedarf für Neuproduktion oder Nacharbeit u.ä.) und auf dem Absatzmarkt (Terminverzögerung, Fehler des Enderzeugnisses) zu quantifizieren. Die gängigen Kostenrechnungs-Systeme sind nicht in der Lage, diese Kosten zu erfassen, die Gemein- und Opportunitätskosten-Charakter haben. Mit der Verbreitung der Prozesskostenrechnung können hier jedoch Erkenntnisfortschritte erwartet werden.

72

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

I O

Abschnitt 3.2

Ein Qualitätsmanagement in der Beschaffung umfasst die Teilaufgaben Qualitätsmanagement für zugekaufte Produkte -> Qualitätsmanagament für Dienstleistungen des Einkaufs.

O

Die Bedeutung eines Qualitätsmanagments für zugekaufte Produkte ergibt sich aus den Folgen schlechter Qualität und aus den Maßnahmen, die wegen Qualitätsrisiken erforderlich sind.

O

Abweichungen der Leistungsmerkmale von den Bedarfsanforderungen wirken beim Abnehmer und beim Lieferanten als Kostentreiber.

O

Als Dienstleister darf der Einkauf Bedarfsanforderungen nicht nur passiv entgegennehmen und erfüllen, vielmehr sollte er die Bedarfsanforderungen mitgestalten und die Erfüllung gegebenenfalls verweigern.

O

Die Verantwortung des Einkaufs für fehlerfreie Zulieferungen beginnt bei der Festlegung der Bedarfsanforderungen. Durch eine Beteiligung des Einkaufs und des Lieferanten an der Qualitätsplanung können Zeit und Kosten gespart werden. Einkauf und Lieferant sollten die Möglichkeiten haben, die Bedarfsanforderungen mitzugestalten.

O

Der Qualitätsplanung kommt im Qualitätsmanagement besondere Bedeutung zu. Aus der Spezifikation der objektspezifischen Leistungsmerkmale werden Anforderungen an Lieferanten und Vorgaben über Prüfkriterien, -umfang, -risiko und -verfahren entwickelt. Die Leistungsmerkmale und deren Bedeutung sind systematisch abzuleiten aus den spezifischen Merkmalen des Zulieferproduktes und seiner Verwendung.

O

Qualitätslenkende Instrumente im Einkauf haben präventiven und reaktiven Charakter und werden vor, während und nach dem Kauf von Produkten eingesetzt.

O

Projekte zur Qualitätsverbesserung in der Beschaffung bemühen sich um eine Verbesserung der Qualitätszuverlässigkeit, um eine Reduzierung der Anfälligkeit für Fehler und/oder um eine Senkung der Qualitätskosten.

O

Eine Qualitätsverbesserung kann in der Beschaffung nur dann erreicht werden, wenn Fehlerarten und Fehlerursachen systematisch erfasst und analysiert werden. Eine solche Diagnose von Fehlern stellt nicht nur hohe sachliche Anforderungen an die Informationsverabeitung, sondern benötigt eine Führung, die Bestrafungen für Fehler vermeidet und Anreize für Verbesserungen verspricht

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

73

3.3 Qualitätsmanagement in der Beschaffung als Instrument zur Kostensenkung ?

Im Abschnitt 3.1.5 wurde erläutert, daß total quality management die Oberzeugung vertritt, daß Qualitätsmanagement ein Instrument zur Kostensenkung ist. Für die Zulieferprodukte bedeutet diese Argumentation des total quality management, daß der Lieferant, der bessere Qualität produziert, billiger anbieten kann. Diese Erfahrung wird der Einkäufer häufig jedoch nicht machen: Produkte, die die Spezifikationen der Beschaffung besser und zuverlässiger erfüllen, müssen häufig teurer bezogen werden. Höhere Einstandspreise für besseres Material wird damit begründet, daß O der Zulieferer höhere Kosten aufwendet für bessere Einsatzstoffe, präzisere Fertigungsverfahren, besser geschultes Personal, strengere und umfangreichere Prüfprozesse und daher höhere Preise verlangen muß O der Zulieferer für bessere Produkte höhere Preise durchsetzen kann. Ob qualitativ bessere/zuverlässigere Produkte teurer oder billiger eingekauft werden können, wird in der Praxis davon bestimmt, ob die Preisfindung kostenoder marktorientiert erfolgt. Aber selbst wenn im Einkauf höhere Einstandspreise gezahlt werden müssen, kann eine verbesserte Materialqualität zur Kostensenkung führen: die Verbesserung der Materialqualität reduziert den Material- und Kapazitätsverlust in der Fertigung, schafft die Möglichkeit, Sicherheitsbestände zu reduzieren, reduziert Produktfehler und Terminverzögerungen in der eigenen Fertigung und gegenüber den Kunden, kurz: reduziert die Bestandskosten und Fehlerkosten des Abnehmers. Im Vertrauen auf gute und zuverlässige Materialqualität kann das Prüfniveau in der Wareneingangsprüfung reduziert werden, damit können die Prüfkosten in der Wareneingangsprüfung des Abnehmers gesenkt werden. Die Kostenvorteile besserer Materialqualität werden jedoch nur nachweisbar sein, wenn eine prozeßorientierte Qualitätskostenkontrolle durchgeführt wird und eine „Kultur" im Sinne einer integrierten Materialwirtschaft besteht, die den Materialfluß und die verursachten Kosten vom fremdbezogenen Rohstoff bis zum Enderzeugnis verantwortet. Auch zeigen sich die Erfolge erst langfristig. Die Kostensenkung bei den Beständen und in der Wareneingangsprüfung stellt sich nur dann ein, wenn entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

74

Von der passiven Qualitätssicherung zum tqm in der Beschaffung

Bessere Materialqualität muß häufig zu höheren Einstandspreisen bezogen werden. Als Nutzen einer verbesserten Materialqualität sind demgegenüber reduzierte interne und externe Fehlerkosten sowie die Senkung von Sicherheitsbeständen und Prüfkosten in Rechnung zu stellen. Der Nutzen einer verbesserten Materialqualität wir nur in einer prozessorientierten Qualitätskostenrechnung nachzuweisen sein. Sicherheitsbestand und Prüfkosten werden erst nach entsprechenden Entscheidungen reduziert.

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

4

75

Produktspezifikation und technische Lieferbedingrungen als Instrument des Qualitätsmanagement

Nachdem die Qualitätsplanung einen Anforderungskatalog erstellt hat, kann eine Produktspezifikation formuliert werden. Diese soll zu jedem Qualitätsmerkmal die angestrebten Merkmalsausprägungen und eventuelle Toleranzen angeben. Der Katalog der Qualitätsmerkmale wird häufig durch eine Tabelle der Fehlerarten und deren Einstufung in Fehlerklassen ergänzt. Im Anhang ist ein derartiger Fehlerkatalog für eine Weißblechverpackung aufgeführt (vgl. Anhang, Abschnitte 4 und 8).



:

Abschnitt 4

O

Produktspezifikationen: Inhalt und Beispiele

O

Externe und interne Funktionen der Produktspezifikation

O

Anforderungen an Produktspezifikationen

O

Technische Lieferbedingungen: Inhalt und Beispiele

Die Produktspezifikation ist sowohl intern als auch gegenüber dem Lieferanten von großer Bedeutung. Extern gegenüber dem Lieferanten dient die Produktspezifikation als Instrument präventiver Qualitätspolitik. Um diese Funktion erfüllen zu können, sollte sie zwei Anforderungen genügen: O

die Spezifikation sollte klar und unmißverständlich sein, um Mißverständnisse zwischen Lieferant und Abnehmer auszuschließen und die geforderte Leistung eindeutig zu beschreiben. Nur wenn die Qualitätsmerkmale eindeutig und vollständig formuliert sind, kann der Lieferant ein Angebot machen und Stellung nehmen, ob er die gewünschten Merkmale (zuverlässig) erzeugen kann.

O

die Spezifikation sollte vollständig sein, d.h. alle geforderten Leistungen und Merkmale enthalten, sowie über die Verwendung und Belastungen

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

76

des Produkts informieren. Die Offenlegung aller vom Lieferanten geforderten Leistungen ist zunächst ein Gebot der Fairneß gegenüber dem Lieferanten. Darüber hinaus erspart eine vollständige Spezifikation mehrmaliges Verhandeln und vermeidet das Qualitätsrisiko durch verdeckte Leistungsminderung, die der Lieferant unter Umständen vornimmt, wenn er sich Leistungsforderungen gegenübersteht, die er nicht kalkuliert hatte. Intern bildet die Spezifikation die Grundlage für die Formulierung objektspezifischer Leistungsanforderangen an den Lieferanten und ist eine wichtige Grundlage für die Lieferantenauswahl und die laufende Bewertung der Lieferleistung (vgl. hierzu Abschnitt 5). In der Wareneingangsprüfung wird die Spezifikation verwendet, um Prüfkriterien zu definieren und Prüfvorschriften zu entwickeln (vgl. hierzu Abschnitt 6 ). Wenn die Spezifikationen artikelspezifisch und bezüglich aller Leistungsmerkmale schriftlich formuliert sind, können Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten der Spezifikation analysiert werden, die für verschiedene Artikel einer Produktgruppe bezogen werden (z.B. verschiedene Schrauben aus der Produktgruppe Verbindungselemente). Die vergleichende Analyse der Spezifikationen kann benutzt werden, um die Artikelvielfalt im Beschaffungsprogramm zu reduzieren, wenn eine Spezifikation gefunden wird, die die Bedarfsanforderungen mehrerer Artikel mindestens erfüllt (z.B. kann eine verzinkte Schraube die Bedarfsanforderung einer unverzinkten miterfüllen). Diese Maßnahme kann die Qualitätskosten erheblich reduzieren.

Funktionen einer Spezifikation O

extern gegenüber dem Lieferanten. Voraussetzung für: • •

O

intern im Einkauf: Grundlage für: • •

O

Angebot Selbstauskunft über Qualitätszuverlässigkeit (-fähigkeit)

Angebotsvergleich laufende Bewertung der Lieferleistung

intern in der Wareneingangsprüfung: Voraussetzung für Planung von: • •

Prüfkriterien Prüfverfahren

Abbildung 29: Funktionen einer Spezifikation

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

77

Soweit möglich, sollten die Produktmerkmale in Begriffen und Daten beschrieben werden, die objektiv gemessen werden können. Im anderen Falle können Sicht-, Grenz- und Vergleichsmuster benutzt werden, um ein Produktmerkmal zu beschreiben (z.B. anhand RAL-Farbmusternummer).

Neben der Vereinbarung von Produktmerkmalen und Leistungen kann die Kennzeichnung von Zulieferteilen ein weiterer Inhalt von Spezifikationen sein. Unter Umständen soll ein zugeliefertes Teil den Lieferanten und den Zeitpunkt und/oder das Fertigungslos/-Charge wiedergeben, um Bauteile jederzeit identifizieren zu können. Dies ist von Bedeutung für Abnehmer, die chargenorientiert fertigen sowie für funktionsbeeinflussende und sicherheitskritische Teile. Fehleranalysen und Rückrufaktionen sowie die Rückverfolgung von Schadensverursachern bei Produkthaftungsfällen werden durch eindeutige Kennzeichnung der Zulieferteile erleichtert bzw. erst ermöglicht.

Eine Spezifikation ist eine vollständige und eindeutige Produktbeschreibung mit O

allen einzuhaltenden Maßen

O

Eigenschaften

O

Toleranzen/Grenzwerten,

ergänzt um: O

eine Tabelle der Fehlerarten und -klassen.

Abbildung 30: Produktspezifikation

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

78

N a c h f o l g e n d e A b b i l d u n g zeigt a m B e i s p i e l v o n K a r t o f f e l n , wie eine Prod u k t s p e z i f i k a t i o n a u s s e h e n k a n n . Ein Hersteller v o n P o m m e s F r i t e s f o r m u l i e r t den folgenden Anforderungs- u n d Fehlerkatalog f ü r d a s Zulieferprodukt Kartoffel:

Pommes Frites

Merkmale Knollenmerkmale Größe Form Augenlage Schale Fleischfarbe

mm

Innere Eigenschaften Trockensubstanz Gew. % Stärke Gew. % Textur, Kochtyp Kochdunkelung Rohbreiverfärbung Reduzierende Zucker bei 8 °C Lagerung %

über 55 langoval flach glatt hellgelb

20-22 14-16 B gering mittel bis 0,5

Mängeltabelle f ü r Veredelungskartoffeln:

Art der Mängel 1.

Fremde Bestandteile (Erde, Mietenstroh, Fremdkörper, lose Keime u.a.) 2. Schwere Beschädigungen 3. Stark ergrünte und mißgestaltete Knollen 4. Eisenfleckigkeit, starke Stippigkeit, starke Pfropfenbildung 5. Starke Glasigkeit 6. Hohlherzigkeit, Schwarzherzigkeit, starke Schwarzfleckigkeit 7. Schorfbefall (Oberflächenschorf, Tiefenschorf) 8. Naßfäule, Trockenfäule, Braunfäule, FrostSchäden, Hitzeschäden, Schäden durch Salze oder Chemikalien 9. Anteil fremder Sorten 10. Größenabweichungen bis zu 5 mm a) Untermaß b) Übermaß

Toleranz bis Gew.-%

Weigerung über Gew.-%

2

4

9 6 6

15 9 9

6 5

9 8

6 2

9 4

2

2

3 5

3 10

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

79

Während Produktspezifikationen für jeden Artikel vereinbart werden müssen, gelten technische Lieferbedingungen i.d.R. für eine Produktgruppe (z.B. Verpackungen aus Karton). Technische Lieferbedingungen (bzw. Vereinbarungen) ergänzen die Produktspezifikation um produktspezifische Anforderungen an die Qualitätssicherung des Lieferanten. Von Bedeutung können die folgenden Vereinbarungen/Anweisungen sein: O

In technischen Lieferbedingungen werden vor allem Prüfanweisungen formuliert, die sicherstellen sollen, daß das Zulieferteil der Produktspezifikation entspricht. Eine Prüfanweisung beschreibt, • • • • •

welche Produktmerkmale mit welcher Prüffrequenz (jede Lieferung, periodisch, fakultativ), unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt, mit welchen Prüfverfahren/-mittein geprüft werden soll und mit welcher Prüfschärfe (z.B. DIN 40080).

Eine Abstimmung der Prüfvorschriften soll bewirken, daß ein Produkt von den beiden Partnern gleich beurteilt wird. Eine solche Vereinbarung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn das Prüfverfahren oder die Prüfmodalitäten das Ergebnis der Prüfung beeinflussen.

O

Technische Lieferbedingungen enthalten auch Vereinbarungen über Abnahmebedingungen. Festgelegt werden muß, mit welchem Sorgfaltsgrad der Abnehmer eine Wareneingangsprüfung durchführt. Soll eine Stichprobenprüfung vorgenommen werden, ist es sinnvoll den AQL-Wert zu vereinbaren, da die Vereinbarung einer Stichprobenanweisung (n-c) an wechselnden Lieferumfängen scheitert. Wird ein AQL-Wert vereinbart, bringt der Abnehmer zum Ausdruck, daß er mit einem Stichprobenverfahren prüfen wird, bei denen Anlieferungslose mit einem Fehleranteil i < AQL in rund 90% der Fälle nicht erkannt und beanstandet werden. Der Lieferant akzeptiert damit, daß nicht-beanstandete fehlerhafte Teile in einem angenommenen Los als verdeckte Mängel gelten und später beanstandet werden können.

Festzulegen ist auch, wie mit beanstandeten Lieferungen zu verfahren ist, insbesondere •

ob sie vom Abnehmer auf Kosten des Lieferanten sortiert werden oder ob sie komplett an den Lieferanten zurückgeschickt werden sollen.

80

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

O

Um die Gebrauchseignung eines Zulieferprodukts zu schreiben manche Abnehmer • • •

gewährleisten,

zu verwendende Materialien und/oder Fertigungsverfahren, unter Umständen sogar Vorlieferanten

vor. So macht die Kartoffel-Veredelungsindustrie dem Bauern umfangreiche Vorgaben über Pflanzgut, Düngung, Ernte etc. (vgl. Anhang).

O

Häufig verlangt der Abnehmer, daß der Lieferant der Lieferung Prüfbescheinigungen beilegt, in denen dieser eine ordnungsgemäße statistische Prüfung der Einhaltung vereinbarter Merkmale und ihrer Toleranzgrenzen bestätigt und die Prüfergebnisse mitteilt. Ein Protokoll der Endprüfung des Lieferanten kann dem Abnehmer als Entscheidungshilfe dienen für den Verzicht auf eine Wareneingangsprüfung oder für die Festlegung von Art und Umfang der Prüfung. Da eine Prüfbescheinigung nicht automatisch einer Zusicherung von Eigenschaften gleichzusetzen ist, können Prüfbescheinigungen nicht die Wareneingangsprüfung ersetzen I Erforderlich sind entsprechende Vereinbarungen in den Qualitätsmanagementvereinbarungen (vgl. hierzu Abschnitt 7).

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

81

Abbildung 31 zeigt ein Beispiel eines Prüfzeugnisses für Druckerzeugnisse:

Prüfzeuanis Nr.: Auftraas-Nr.

1 Geaenstand:

Die Auflaae von 10.368.000 wurde in Lose von N = 1.484.000 Aus jedem dieser Lose wurden Stichproben von ie n= 500

hat den Wert für Druckfehler AQLD = Weiterverarbeitungs-

2.5

AWLw =

2.5

Versandkartons

Stück Stück unterteilt.

Stück entnommen

Vereinbarung zur Prüfung der Tauglichkeit: Die annehmbare Qualitätsgrenzlage

fehler

546

Lieferschein Nr.:

Bestellen

Die zugelassene Anzahl fehlerhafter Stücke beträgt:

%

verschärft

Cn=

12

%

dto.

Cw =

18

Es wurden fehlerhafte Stücke gefunden: Nr. der Stichproben 1

aefundene Fehlerzahl

in

iw

10

9

2

7

7

3

7

8

4 5 6

8 10 12 5

6

7

Ermittelter Fehleranteil =

— AnzahlderStichproben

12 11 10

59

1,7

~ 3500 ~ 63

=

3500

P

%D

~~

= p = 1,8 %W ^

Mit 95 % Aussage-Wahrscheinlichkeit liegt der wahre Fehleranteil der Auflage zwischen p'u =

1,6% = D

und

p'o =

1,7% = W Datum:

Kopf

Seite 1

1,9% = W

10.09.1972

Qualitätssteuerung

Maver Technische Leitung

1,8% = D

Hansen Verkauf

82

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

Richtlinien für Stichprobenentname und -beurteilung Zwischen den Vertragspartnern ist folgende Prüfmethode vereinbart worden: 1. Die Gesamtheit aller Teile, die durch Stichprobenentnahme beurteilt wird, heißt Los (Bezeichnung : N) 2. Das Los wurde in mehrere gleiche Untergruppen (z.B. Pakete, Paletten) geteilt, jeder Untergruppe wurde eine bestimmte, gleiche Anzahl von Paketen entnommen. Jedes entnommene Paket bzw. Palette wurde wiederum in mehrere gleiche Untergruppen (z.B. Stapel, Bündel, Teilstapel) geteilt. Aus diesen Stapeln, Bündeln bzw. Teilstapeln wurde die gleiche Anzahl Einheiten (z.B. Nutzen) gezogen. 3. Die Einheiten wurden absolut zufällig und ohne Rücksicht auf die Güte der Einheiten aus der Auflage gezogen. 4. Der Stichprobenumfang (Bezeichnung: n) richtet sich nach dem vorgesehenen Stichprobenplan ASQ-System für den in den Lieferbedingungen vereinbarten niedrigeren AQL-Wert entsprechend der Losgröße N. 5.

6.

Die Anzahl der zugelassenen fehlerhaften Einheiten (Bezeichnung: c) richtet sich: a) für Druckfehler nach dem unter 4. gewählten Stichprobenumfang entsprechend dem in den Lieferbedingungen vereinbarten AQL D -Wert. b) für Weiterverarbeitungsfehler nach dem unter 4. gewählten Stichprobenumfang entsprechend dem in den Lieferbedingungen vereinbarten AQLw-Wert. Jede Einheit wurde wie folgt beurteilt: a) Prüfung auf diejenigen Fehlerarten nach Punkt 7., für die der niedrigere AQLWert vereinbart wurde. Wurde ein solcher Fehler gefunden, so wurde er entsprechend gezählt und nicht auf weitere Fehler der gleichen oder einen anderen geprüft und herausgelegt. b) Prüfung auf diejenige Fehlerart nach Punkt 7., für die der höhere AQL-Wert vereinbart wurde. Wurde ein solcher Fehler gefunden, so wurde er entsprechend gezählt und herausgelegt. c) Nach der Prüfung der gesamten Stichprobe wurde die gefundene Anzahl i D und iw in das Prüfungszeugnis eingetragen:

7.

Es wurden beurteilt: a) als Druckfehler 1. Farbdichte Blau 2. Passer Rot/Gold 3. b) als Weiterverarbeitungsfehler 1.

Stand Farbe zu Etikettenrand

> ± 0,12 Dichtewerte v. Soll > ± 0,4 mm v. Soll

> ± 0,7 mm v. Soll

2.

3. Seite 2

Abbildung 31: Prüfzeugnis für Druckerzeugnisse (aus: Müller-Rassow, K.: „Verpackung, Lagerung und Transport", in: Masing, W., S. 644)

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

Technische Lieferbedingungen ergänzen die Spezifikation um Vereinbarungen/Anweisungen über: O

Prüfanweisungen für den Lieferanten

O

Abnahmebedingungen: • AQL-Wert • Verfahren bei Beanstandungen

O

zu verwendendes Material, Fertigungsverfahren, Vorlieferanten

O

Prüfbescheinigungen.

Abbildung 32: Ergänzungen der Technischen Lieferbedingungen

83

Produktspezifikation und technische Lieferbedingungen

84



Abschnitt 4

O

Die Produktspezifikation soll die objektspezifischen Leistungsmerkmale klar, unmißverständlich und vollständig beschreiben.

O

Die Produktspezifikation dient extern dazu, Mißverständnisse zwischen Lieferant und Abnehmer zu vermeiden und dem Lieferanten einen vollständigen Leistungskatalog für seine Angebotskalkulation zur Verfügung zu stellen.

O

Die Produktspezifikation kann extern als Instrument präventiver Qualitätspolitik eingesetzt werden und spart Kosten und Zeit für mehrmaliges Verhandeln.

O

Die Produktspezifikation dient intern dazu, objektspezifische Leistungsanforderungen an den Lieferanten abzuleiten und unterstützt so die Lieferantenauswahl und die laufende Bewertung der Lieferleistung. Sie ist Ausgangspunkt der Prüfplanung. Eine vergleichende Analyse der Spezifikationen kann Möglichkeiten einer Reduzierung der Artikelvielfalt im Beschaffungsprogramm und damit zur Reduzierung der Qualitätskosten aufzeigen.

O

Technische Lieferbedingungen dienen dazu, juristische Auseinandersetzungen zwischen Lieferant und Abnehmer zu vermeiden, indem Vereinbarungen getroffen werden über • Prüfverfahren und -modalitäten, • Prüfsorgfalt (-risiko) und • Verfahren bei Beanstandungen.

O

Technische Lieferbedingungen enthalten etwaige Vorgaben oder Empfehlungen über qualitätslenkende Maßnahmen des Lieferanten.

Lieferantenpolitik

5

85

Lieferantenpolitik als Instrument des Qualitätsmanagements

7 •

O

Abschnitt 5.1

Teilaufgaben und Bedeutung der Lieferantenpolitik im Qualitätsmanagement der Beschaffung.

O

Entwicklung von Verhaltensgrundsätzen und Instrumenten für Lieferantenauswahl, -bewertung und -Zusammenarbeit als Aufgabe der Lieferantenpolitik.

5.1 Grundsätze und Entscheidungen der Lieferantenpolitik als Rahmenbedingungen für die Lieferantenauswahl An die Planung der Produktanforderung schließt sich systematisch die Lieferantenauswahl an. Dabei sind Rahmenbedingungen zu beachten, die durch die Grundsätze und Entscheidungen der Lieferantenpolitik gesetzt werden. Die Lieferantenpolitik formuliert Grundsätze darüber, O

welche Kriterien und Informationsquellen bei der Auswahl von Lieferanten heranzuziehen sind

O

wie die Auswahlentscheidung zu dokumentieren ist,

O

welche Intensität und Form der Zusammenarbeit mit Lieferanten angestrebt wird

O

mit welcher Häufigkeit und welchen Kriterien eine laufende Analyse und Beobachtung der Lieferleistung vorgenommen werden soll (laufende Lieferantenbewertung) .

Diese Grundsätze werden im Qualitätsmanagement-Handbuch und in den Qualitätsmanagementverfährensanweisungen formuliert und münden in Formblättern und Checklisten, die in den Qualitätsmanagement-Arbeitsanweisungen hinterlegt werden.

86

Lieferantenpolitik

Die Verhaltensgrundsätze der Lieferantenpolitik haben große Bedeutung für die Aufgaben Qualitätslenkung und -Sicherung: Eine umfassende und möglichst objektive Beurteilung der technischen und organisatorischen Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft des Lieferanten vor der Auftragserteilung ist ein präventives Instrument der Qualitätslenkung. Die Dokumentation der Auswahlentscheidung hat primär Bedeutung als Nachweis, daß der Abnehmer die Qualitätsfähigkeit des Lieferanten geprüft hat (Qualitätssicherung). Sie kann auch intern genutzt werden, um den Auswahlprozeß kontinuierlich zu verbessern und Daten über Lieferanten zwischen Einkäufern verschiedener Geschäftsbereiche auszutauschen. Die laufende Bewertung der Lieferleistung kann intern genutzt werden, um eine Auswahlentscheidung bei Wiederholungskäufen und Verhandlungen argumentativ zu unterstützen. Extern dient sie gegenüber dem Lieferanten als Anreiz, weitere Verbesserungen anzustreben und zur Lieferantenerziehung. Häufig dient die laufende Bewertung dem Verkäufer des Lieferanten als Argumentationshilfe gegenüber der eigenen Produktion oder Entwicklung. Ziel der Lieferantenpolitik ist es, eine ausreichende Anzahl geeigneter Lieferanten zu finden bzw. zu entwickeln und an das beschaffende Unternehmen zu binden, soweit dies gewünscht wird. Die Qualität eines Lieferanten ist grundsätzlich ebenso zu bestimmen wie die Qualität eines Produktes. Qualität ist die Gesamtheit der Leistungsmerkmale eines Lieferanten, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter oder beabsichtigter Erfordernisse beziehen. Im Rahmen der Lieferantenpolitik müssen daher zunächst die Anforderungen an Lieferanten festgelegt und gewichtet werden (Qualitätsplanung).

Sind die Anforderungen an den Lieferanten formuliert und entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet, werden Lieferanten gesucht, die in einem Angebotsvergleich berücksichtigt werden sollen. Handelt es sich bei dem zu beschaffenden Produkt um laufend benötigtes Material, durchläuft der Lieferant vor der ersten Auftragserteilung ein Zulassungsprozedere und wird später periodisch bezüglich seiner realen Leistungen überprüft. Bei einem aktuellen Bedarf dieser „Serienprodukte" werden die Angebote dieser zugelassenen Lieferanten verglichen. Die Bestellung bei einem zugelassenen Lieferanten hat den Charakter eines „Wiederholungskaufs" und kann sich auf einen begrenzten Angebotsvergleich beschränken, der nur die Leistungsanforderungen enthält, die Aufschluß geben über die produktbezogene Leistungsfähigkeit des Lieferanten.

Lieferantenpolitik

87

Vor einem Erstkauf und vor dem Abschluß längerfristiger Verträge mit verbindlichen Vereinbarungen werden die Lieferanten einem gründlichen Anbietervergleich unterzogen, bei dem Kriterien geprüft werden, die über ihre aktuelle produktbezogene Leistungsfähigkeit hinausgehen. Eine hohe Qualitätszuverlässigkeit und eine ständige Prozeßverbesserung wird in der Zusammenarbeit mit Lieferanten nur erreichbar sein, wenn der Lieferant nicht nur qualitätsfähig ist, sondern auch eine hohe Leistungsbereitschaft aufweist. Umgekehrt können Lieferanten mit noch geringer Prozeßbeherrschung entwickelt werden, wenn eine entsprechende Leistungsbereitschaft (Leistungswilligkeit) vorhanden ist. Diese Leistungsbereitschaft, also ein hohes Interesse des Lieferanten an einer Zusammenarbeit mit dem Abnehmer, kann nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Unter bestimmten Bedingungen, die durch den Bedarf des Abnehmers und durch die Angebots- und Nachfragesituation gekennzeichnet werden können, kann der Abnehmer sich der Situation ausgesetzt sehen, daß er als Kunde wenig attraktiv für den Lieferanten ist. Vor der ersten Auftragserteilung, aber auch bei laufenden Serienlieferungen, ist es daher sinnvoll, die eigene Attraktivität als Abnehmer aus der Sicht des Lieferanten zu beurteilen und gegebenenfalls Anreize zu entwickeln, die eigene Attraktivität zu steigern.

I



Abschnitt 5.1

O

Die Lieferantenpolitik formuliert Verhaltensgrundsätze und Richtlinien und entwickelt Instrumente, die im Tagesgeschäft des Einkäufers Rahmenbedingungen bilden, die er als Datum zu beachten hat

O

Die Lieferantenpolitik ist ein zentrales Instrument des Qualitätsmanagements in der Beschaffung, dem auch in der ISO 9001-9003 besondere Beachtung geschenkt wird. Die Lieferantenpolitik erfüllt Aufgaben der Qualitätsplanung, -lenkung und -Sicherung.

88

Lieferantenpolitik

Die Teilaufgaben der Lieferantenpolitik, O

Planung der Anforderungen an Lieferanten,

O

Entwicklung von Instrumenten zur Analyse und zum Vergleich von Angeboten und Anbietern,

O

Zulassung von Stammlieferanten und

O

Erhaltung und Steigerung der Leistungsbereitschaft der Lieferanten

werden in den nächsten Abschnitten ausführlicher betrachtet.

5.2 Anforderungen an Lieferanten

7 O



Abschnitt 5.2

Welche Anforderungen sind an Lieferanten zu stellen und was ist unter Qualität eines Lieferanten zu verstehen ?

O

Wodurch und warum unterscheiden sich die Anforderungen an Lieferanten von „commodities" und „specialities" und welche Bedeutung haben Bedarfsmerkmale und geplante Strategien des Abnehmers für die Anforderungen an Lieferanten ?

Grundlage eines Angebots- und Anbietervergleichs sind Leistungsmerkmale, die O O O

der Lieferant erfüllen muß (K.O.-Kriterien) der Lieferant erfüllen sollte, wünschenswert wären.

Lieferantenpolitik

89

Aus der Erkenntnis, O

daß fehlendes Material ähnliche Probleme auslöst wie fehlerhaftes Material,

O

daß ein Lieferant, der stets fehlerlos liefert, aber in nicht akzeptablen Lieferzeiten ebenso problematisch ist

O

wie ein Lieferant, der wachsenden oder schwankenden Bedarf nicht befriedigen kann,

ergibt sich, daß Anforderungen an Lieferanten über die leistungsbezogenen Bedarfsanforderungen (die Sachleistung des Lieferanten) hinausgehen können.

Die Anforderungen an den Lieferanten können differenziert werden nach Anforderungen O

an die Sachleistung des Lieferanten

O

an die Dienstleistung des Lieferanten

O

an qualitätslenkende Maßnahmen des Lieferanten.

Art und Umfang der Anforderungen an den Lieferanten ergeben sich O

aus den objektspezifischen Bedarfsmerkmalen,

O aus dem Produkttyp O der geplanten Beschaffungs- und Logistikstrategie des Abnehmers O

der geplanten Dauer der Zusammenarbeit

O

der geplanten Art und Intensität der Zusammenarbeit.

Objektspezifische Bedarfsmerkmale als Determinanten der Anforderungen an den Lieferanten: Die Sachleistung des Lieferanten umfaßt zunächst die grundsätzliche Fähigkeit, die in der Spezifikation formulierten Qualitätskriterien zu erzeugen. Handelt es sich um ein Serienprodukt, das periodisch oder laufend benötigt wird, tritt neben die Fähigkeit und Bereitschaft, die Spezifikation zu liefern, die Anforderung nach Qualitätszuverlässigkeit, deren Bedeutung von der Höhe der Prüf- und Fehlerkosten des betrachteten Produktes beim Abnehmer abhängig ist. Bei si-

90

Lieferantenpolitik

cherheitskritischen Teilen, schwer oder nur in zeitintensiven Prozessen zu prüfenden Teilen hat die Prozessfähigkeit des Lieferanten einen hohen Stellenwert als Anforderung. Kann das Beschaffungsobjekt problemlos beim Abnehmer geprüft werden, oder werden fehlerhafte Produkte im weiteren Verlauf der Fertigung bemerkt, ohne hohe Fehlerkosten auszulösen, kann die Qualitätszuverlässigkeit zugunsten anderer Leistungsmerkmale geringer gewichtet werden.

Die Eignung eines Lieferanten wird auch dadurch bestimmt, inwieweit seine technischen und organisatorischen Möglichkeiten sowie seine Absatzstrategie in Einklang zu bringen sind mit den Anforderungen, O

eine geringe/hohe Menge,

O

gleichmäßigen/sporadischen Bedarf,

O

planbaren nicht planbaren Bedarf,

O

wachsenden/sinkenden Bedarf zu bedienen.

Aus den genannten Bedarfsmerkmalen ergeben sich in Zusammenhang mit der Logistikstrategie (auftrags- oder lagerorientierte Bereitstellung, just-in-time Beschaffung) und in Zusammenhang mit aktuellen Bedarfssituationen (Terminengpaß, Versorgungsengpaß durch Lieferausfall) Anforderungen an die Lieferserviceleistung des Lieferanten: O

kurze Lieferzeit

O

zuverlässige Termineinhaltung

O

Flexibilität

O

Verzicht auf Mindestabnahmemengen.

Die zu fordernden Leistungsmerkmale werden wesentlich vom Produkttyp und Lieferantentyp bestimmt: Vorlieferanten versorgen den Abnehmer mit Fertigungs-Material, die in die Vorfertigung des Abnehmers eingehen und dort bearbeitet oder weiterverarbeitet werden. Vorlieferanten liefern Produkte, die in unterschiedlicher Weise verwendet werden können (commodities).

Lieferantenpolitik

91

Unterlieferanten produzieren die gleichen Erzeugnisse wie ihre Abnehmer. Der Unterlieferant arbeitet nach exakt einzuhaltenden Konstruktionen und fertigungstechnischen Vorgaben und erhält häufig das Material und eventuelle Werkzeuge "beigestellt". Der Unterlieferant hat die Funktion einer verlängerten Werkbank. Zulieferer versorgen den Abnehmer mit Teilen und Baugruppen, die im Gegensatz zu Fertigungsmaterial ohne oder mit geringer Weiterbearbeitung in das Enderzeugnis eingehen. Zulieferprodukte sind im Gegensatz zum Fertigungsmaterial noch als spezifische Komponente Identifizierbar. Zulieferprodukte sind in ihrer Gestaltung und Funktion eindeutig festgelegt und sind im Gegensatz zu den Produkten der Vorlieferanten auf den spezifischen Bedarf der Abnehmer ausgerichtet (specialities). Bei der Beschaffung von „commodities" steht die Erfüllung vorgegebener Anforderungen und die Qualitätszuverlässigkeit im Vordergrund; bei der Beschaffung von „specialities" sind hingegen die Stärken in den der Herstellung vorgelagerten Bereichen wie Marketing, Entwicklung und Konstruktion von Bedeutung.

Für Produkte, die häufig oder regelmäßig bezogen werden, ist die Qualitätszuverlässigkeit von besonderer Bedeutung. Eine dritte Gruppe von Anforderungen umfaßt deshalb Erwartungen des Abnehmers an das Qualitätsmanagementsystem des Lieferanten. Sie werden von großen Abnehmern in einem „Qualitätshandbuch für Lieferanten" oder einem „Leitfaden für Lieferanten" formuliert.

Nachfolgend ist ein solcher Leitfaden ausschnittweise wiedergegeben: Entwicklung Falls der Lieferant die an XY 2x1 liefernden Produkte selbst entwickelt und konstruiert, ist die Entwicklungsqualität nach den einzelnen Entwicklungsphasen systematisch zu beurteilen und mit einer Musterprüfung sowie einem Zuverlässigkeitsnachweis abzuschließen. Eine Konstruktions-FMEA ist zu erstellen und XY auf Verlangen vorzulegen.

Fertigungsvorbereitung Um qualitativ hochwertige Produkte herstellen zu können, ist es notwendig, daß der Lieferant O

die einzelnen Fertigungs- und Prüfarbeitsgänge einschließlich gungseinrichtungen und Prüfmittel plant und dies dokumentiert,

der Ferti-

Lieferantenpolitik

92

O

Maschinenfähigkeitsgen durchführt,

O

eine Prozeß-FMEA durchführt,

O

eine Beschaffungsplanung (Maschinen, Material, Lieferanten) durchfuhrt,

O

einen Projektablaufplan mit einer Terminüberwachung erstellt.

und

Kurzzeit-/Langzeitprozeßfähigkeitsuniersuchun-

Beschaffung bei Unterlieferanten Begeht der Lieferant Produkte bei Unterlieferanten, so ist er dafür verantwortlich, daß die Forderungen dieses Leitfadens und die mit XY vereinbarten Qualitätsanforderungen auch von seinen Unterlieferanten erfüllt werden. Dies setzt voraus, daß unter anderem die Qualitätssicherungsmaßnahmen, die Prüfmerkmale, der Ablauf der Eingangsprüfung sowie Bemusterungs- und Freigabeverfahren für die Lieferungen von Unterlieferanten schriftlich festgelegt sind.

Serienfertigung Zur Lenkung und Überwachung der Qualität während der Fertigung müssen geeignete Verfahren eingesetzt werden. Dazu gehören: O

Anlaufprüfung: Bei jedem Fertigungsarüauf (auch bei wiederholtem Fertigungsanlauf) ist eine Anlaufprüfung durchzuführen und zu dokumentieren.

O

Fertigungsbegleitende Prüfung: automatische oder statistische Prozeßregelung, Prozeßüberwachung, Zuverlässigkeitsprüfungen, Verfahrens- und Produktaudits sowie weitere statistische Methoden. Der Prüfumfang muß nach dem Grad der erreichten Prozeßfähigkeit, der Bedeutung des jeweiligen Merkmals und der möglichen Fehlerauswirkung festgelegt werden.

O

Endprüfung: Eine Endprüfung kann notwendig sein um die Produktqualität zu gewährleisten. Der Umfang einer solchen Prüfung ist abhängig von der Durchgängigkeit der vorgeschalteten Maßnahmen, der Fähigkeit des Prozesses und der Art des Produktes.

O

Requalifikationsprüfung: Um die Eigenschaften eines Produktes langfristig sicherzustellen, soll jährlich eine Vollprüfung des Produktes durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind XY auf Anforderung zur Verfügung zu stellen.

Lieferantenpolitik

93

Die Ausführungen machen deutlich, daß die Anforderungen ohne konkreten Bezug auf ein Produkt oder eine Produktgruppe und die strategische und aktuelle Beschaffungssituation nicht vollständig beschrieben werden können. Andererseits sind die Anforderungen an Lieferanten so standardisiert wie möglich zu formulieren, um die Lieferantenauswahlentscheidung und -bewertung edv-gestützt abwickeln zu können und zur Routinetätigkeit werden zu lassen.

Die Berücksichtigung dieser beiden Forderungen führt häufig dazu, daß sehr viele Qualitätskriterien ausnahmslos für alle Lieferanten angewendet werden, die in vielen Entscheidungssituationen nicht relevant oder sogar unsinnig sind. Die Dokumentation der Lieferantenauswahl und -bewertung wird dann von Mitarbeitern als bürokratische Pflichterfüllung angesehen und wirkt sich negativ auf die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter aus.

I



Abschnitt 5.2

O

Anforderungen an Lieferanten beziehen sich auf: -> Sachleistung, -> Lieferservice und Qualitätsmanagement.

O

Anforderungen an Lieferanten sollten systematisch abgeleitet werden aus: den Merkmalen des zu beziehenden Produkts, der geplanten BeschafTungs- und Logistikstrategie des Abnehmers und -> der geplanten Zusammenarbeit mit dem Lieferanten.

O

Ein allgemeingültiger, für jedes Produkt und jede Beschaffungssituation geeigneter Anforderungskatalog für Lieferanten kann nicht beschrieben werden. Dieses Problem erschwert die Entwikklung eines allgemeingültigen Formblatts für die Lieferantenauswahl und -bewertung.

94

Lieferantenpolitik

5 . 3 Beurteilung und Vergleich von Angeboten und Anbietern

7 O



Abschnitt 5.3

Welche Instrumente stehen zur Verfügung, die Eignung eines Lieferanten vor der ersten Auftragserteilung zu beurteilen ?

O

Welche Bedeutung hat ein Zertifikat nach ISO 9001-9003 für die Zulassung von Lieferanten ?

Angebots- und Anbieteranalysen haben zwei Aufgaben im Qualitätsmanagementsystem: O

Unterstützung einer qualitätsorientierten Lieferantenauswahl

O

Nachweis einer qualitätsorientierten Lieferantenauswahl.

Dem Instrument Lieferantenbeurteilung wird - wie in Abschnitt 2.2 bereits erläutert wurde - in der ISO 9001-9003 besondere Bedeutung beigemessen. Festzulegen ist O

bei welchen Gelegenheiten eine Lieferantenbeurteilung vorzunehmen ist,

O

welche Beurteilungskriterien heranzuziehen sind,

O

welche Gewichtung die Kriterien haben sollen,

O

welche Konsequenzen aus den Ergebnissen der Lieferantenbeurteilung zu ziehen sind.

Die Gestaltung der Verfahrens- und Arbeitsanweisungen über die Analyse und den Vergleich von Angeboten und Anbietern bestimmt ganz wesentlich, ob das Ausfüllen der Formblätter und Checklisten als bürokratische Pflichtübung betrachtet wird und nach der Entscheidung durchgeführt wird oder ob die Instrumente als Entscheidungshilfe betrachtet werden.

Lieferantenpolitik

95

Den Informationsbedürfnissen des Einkäufers ist dadurch Rechnung zu tragen, daß die Vorgaben über Art und Umfang der vor der Auftragserteilung durchzuführenden Analysen und Vergleiche möglichst die individuellen Merkmale der Entscheidungssituation berücksichtigen. Die Entscheidungssituation kann gekennzeichnet werden durch O

den Standardisierungsgrad des Produkts (commodity, speciality),

O

die strategische Bedeutung der Entscheidung ( Auftragssumme, Intensität der geplanten Zusammenarbeit, Abhängigkeit, vertragliche Verpflichtungen),

O

Höhe der Fehlerfolgekosten (Schönheitsfehler, Sicherheitsrisiko),

O

Wahrscheinlichkeit des Entdeckens von Fehlern in der Wareneingangsprüfung (Komplexität des Produkts, Prüfaufwand),

O

die zur Verfügung stehende Beschaffungszeit ( Verzugsauftrag, Standardbestellung),

O

Erfahrungen mit dem Produkt und dem Anbieter (Erst-, Wiederholungskauf).

Wenn die Entscheidungssituation gekennzeichnet wird durch hohen Standardisierungsgrad des Produkts, geringe strategische Bedeutung, Wiederholungskauf und geringe bis mittlere Fehlerfolgekosten, wird ein begrenzter Angebotsvergleich ausreichen, bei dem die Bedarfsanforderungen mit den entsprechenden Leistungsmerkmalen der Anbieter verglichen werden. In diesem Falle werden keine über die aktuellen Bedarfsanforderungen hinausgehenden Ansprüche an den Lieferanten formuliert und in die Lieferantenauswahl einbezogen. Vor der Zulassung eines neuen Lieferanten und vor dem Abschluß von Verträgen mit strategischer Bedeutung sollte der Lieferant einer umfassenden Anbieteranalyse unterzogen werden, die mindestens die technische und organisatorische Leistungsfähigkeit mißt, eventuell auch die Bereitschaft und Kompetenz zur Zusammenarbeit in Entwicklungs-, Rationalisierungs- und Qualitätsverbesserungsprojekten.

96

Lieferantenpolitik

Ein Instrument zur Beurteilung und zum Vergleich vom Lieferanten sollte den folgenden Anforderungen genügen: O

Die Anzahl der Merkmale zur Beurteilung der Lieferanten sollte relativ gering sein; je größer die Anzahl der Kriterien, um so höher sind die Kosten der Informationsbeschaffung und um so geringer ist die Akzeptanz des Instruments bei den Mitarbeitern. Die Merkmale sollten daher so gewählt werden, daß sie unabhängig voneinander sind und nicht in einem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang stehen.

O

Die gewählten Merkmale und die Rangordnung (z.B. eine Punktvergabe) müssen möglichst exakt beschrieben werden, um eine intersubjektiv nachprüfbare Beurteilung zu erreichen. Diese erleichtert den Austausch von Beurteilungen innerhalb der Abteilung, zwischen Geschäftsbereichen oder Betrieben.

O

Bei der Vorgabe von Beurteilungskriterien sollte jeweils geprüft werden, ob geeignete Informationsquellen zur Verfügung stehen.

O

Die Beurteilung sollte nicht nur „objektive" Kriterien der Leistungsfähigkeit umfassen, sondern auch die Leistungswilligkeit von Lieferanten einbeziehen und somit subjektive Erfahrungen des Einkäufers einbeziehen.

O

Die Anbieteranalyse sollte nicht nur objektive und quantitativ meßbare Kriterien in die Bewertung einbeziehen. Nicht immer sind „hard facts" geeignet, wesentliche Aspekte der Zusammenarbeit mit dem Lieferanten abzubilden. So wird z.B. die Verhandlungsposition des Abnehmers nur unzureichend gemessen durch die Merkmale: Anzahl der Anbieter und Anteile des Einkaufsvolumens am Umsatz. Von mindestens ebenso großer Bedeutung ist das beiderseitige Interesse an der Zusammenarbeit, das wiederum durch gemeinsame Erfolge, gegenseitiges Vertrauen, Erwartungen über die Geschäftsentwicklung der Partner, die Möglichkeit des Know-howAustausches und ähnliches aufgebaut wird.

Alternativ zur Gestaltung eines Formblatts zur Anbieteranalyse, das für die Beurteilung einer Reinigungsfirma, für den Lieferanten von Packmitteln, Rohstoffen und einer Produktionsanlage verwendet werden muß, sind 3 Vorgehensweisen denkbar: 1.

Typische Entscheidungssituationen werden klassifiziert und für jede dieser Situationen eine Verfahrensanweisung entwickelt.

Lieferantenpolitik

97

2.

Ein Softwareprogramm wird entwickelt, das alle denkbaren Entscheidungssituationen gespeichert hat, für jede Entscheidungssituation einen individuellen Kriterienkatalog vorschlägt und ein individuelles Formblatt ausgibt.

3.

Ein Softwareprogramm wird entwickelt, das einen umfassenden Kriterienkatalog bereithält, aus dem das Programm ein individuelles Formblatt entwickelt, nachdem der Einkäufer die für ihn relevanten Kriterien angegeben hat.

Ein solch umfassender Kriterienkatalog könnte wie folgt aussehen: O

Kosten: • Einstandspreis • • • •

O

Bereitschaft zur Übernahme von Kontrollfunktionen Bereitschaft zur logistischen Zusammenarbeit Kostensenkungspotential und Bereitschaft zur Überwälzung von Rationalisierungserfolgen

Beschaffungsrisiko: • Transportrisiko (Transportentfernung, -wege,-mittel) • Mengenrisiko (durch beschränkte Kapazitäten, durch Versorgungsprobleme auf den Vormärkten) • Terminrisiko ( Kapazitätsauslastung und Stellung des Abnehmers, Stellung des Produktes im Absatzprogramm)

O

Liefer service: • Lieferzeit ( bei geplantem Bedarf, bei Eilaufträgen) • Lieferflexibilität • Termin- und Mengenzuverlässigkeit

O

Produktqualität: • Fähigkeit und Bereitschaft, die Spezifikation zu erfüllen • Qualitätszuverlässigkeit (Prozeßfähigkeit)

O

Interesse an Kooperationen: • Qualitätskooperationen •• Entwicklungskooperationen Rationalisierungskooperationen

Lieferantenpolitik

98

O

Interesse an Kompensationsgeschäften

O

Absatzprogrammbreite - Möglichkeit von Verbundkäufen

O

Entwicklungskompetenz

O

Problemlösungskompetenz.

Die Auswahl der Merkmale zeigt, daß die Forderung nach Beschränkung der Kriterienzahl nur schwer zu erfüllen ist.

Sind die Kriterien festgelegt, können Bewertungsstufen entweder verbal oder als Punktwerte formuliert werden. Auch hier empfiehlt es sich, wenige Stufen vorzusehen. Die Bewertung des Lieferanten anhand von Punktwerten erleichtert die Auswertung, da die verschiedenen Kriterien auf diese Weise gleichnamig gemacht werden können und die verschiedenen Bewertungen zu einer Gesamtbeurteilung aufaddiert werden können. Für jedes Kriterium kann ein Mindesterfüllungsgrad vorgeschrieben werden, und in Abhängigkeit von der gesamten erreichten Punktzahl können Vorgaben entwickelt werden über Ablehnung, Priorisierung und vorübergehende Beschäftigung eines Lieferanten. Die Angabe von Punktwerten je Beurteilungskriterium und Lieferant erleichtert auch die Darstellung der Leistungsunterschiede zwischen Lieferanten und damit die Lieferantenauswahl. Bei einer Punktbewertung von Leistungsmerkmalen des Lieferanten darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Lieferantenbeurteilung weiterhin subjektiv erfolgt und die Beurteilung manipulierbar bleibt. Um der unterschiedlichen Bedeutung der Beurteilungskriterien Rechnung zu tragen, können die Punktwerte mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert werden, bevor sie zu einem Gesamturteil zusammengefaßt werden.

99

Lieferantenpolitik

Abbildung 33 zeigt eine ausschließlich verbale Lieferantenbeurteilung, Abbildung 3 4 das Ergebnis eines Punktbewertungsverfahrens.

Der Hersteller H. von Geldausgabeautomaten beurteilt einen Tresorlieferanten L. nach den folgenden Kriterien:

O

Räumliche Entfernung:

O

Status des Lieferanten in der Branche:

O

140km anerkannter Partner der Kreditinstitute für Tresore und Sicherheitseinrichtungen

Gegenstand der Zusammenarbeit:

Produkt

Abnehmerspezifizität der Zulieferprodukte:

Fertigung nach Plänen der H.-Konstruktion

O

Umsatz des Lieferanten mit H.:

Jahr

O

Anteil des Herstellers H. am Umsatz des Lieferanten L.:

O

gg|j

1 2 3 4

1:4,3 Mio. 2: 4,0 Mio. 3: 6,2 Mio. 4: 19 Mio.

Jahr 4: Produkt 3:

25% des Gesamtumsatzes 51% des Umsatzes bei Prod. 3

Auslastung der Produktionskapazität durch H.:

Jahr 4:

25%

O

Basis der Zusammenarbeit:

Rahmenvertrag, Quartalsbestellungen

O

Bedarfsvorausschau durch H.:

Quartalsvorausschau

O

Lieferzeit bei geplantem Bedarf:

12 Wochen

Lieferzeit bei ungeplantem Bedarf:

20-30 Wochen

O

Lieferzuverlässigkeit:

hoch für geplanten Bedarf

Q

Lieferqualität:

verbessert durch Einführung von Prüflehren

O

Aktivitäten:

• •

O

O

Wertanalyse Jahr 4 Rollierende Bedarfsplanung Jahr 5

Abbildung 33: Verbale Lieferantenbeurteilung

100

Lieferantenpolitik

Entscheidungskriterien für die Auswahl eines Lieferanten

Gewichtungs faktor GF (%)

1. Qualität - Technische Qualität - Ausschußquote - Normung - Qualitätsgarantien - Umweltbelastung

14 20

16 20 5 1 0 1 3 3

Summe aller PZ/ Gewichteter PW für 3.

Summe aller PZ/Gewichteter PW für 4.

1

1

Summe aller PZ/Gewichteter PW für 2.

4. Service - Erledigung der zwischenbetrieblichen Kommunikation (Schriftverkehr, Telefax, etc.) - Beratung - Kooperationsbereitschaft - Komunikationsfähigkeit - 24-Stunden-Service - Schulungsangebote - Erledigung von Reklamationen

3,5

5 5 4

Lieferausfall

3. Preis - End- bzw. Abnahmepreis (Einstandspreis) - Gewährung von Skonti und/ oder Rabatten - Einräumung von Lieferantenkrediten - Versicherungskosten - Fracht- und Transportkosten - Montagekosten

Gewichteter Punktwert

25

Summe aller PZ/ Gewichteter Punktwert für 1. 2. Zeit - Lieferfristen - Einhaltung der Liefertermine (Termintreue) - Liefersicherheit - Lieferbereitschaft - Verständigung des Abnehmers bei Lieferverzögerung oder

Lieferant Punktzahl PZ

13

2,6

15 4 2 4 3 4 2 5

24

3,6

101

Lieferantenpolitik

5. Ort - Standort des Lieferanten - Lieferantennationalität - Bezugsquellen des Lieferanten - Verkehrsanschlüsse bzw. -anschlüsse des Lieferanten - Service vor Ort

10

5 4

Summe aller PZ/Gewichteter PW für 5.

24

6. Allgemeine Kriterien 10 - F&E-Tätigkeit und/oder Potential - Image des Lieferanten - Kapazität des Lieferanten - Gegengeschäftsmöglichkeiten - Flexibilität (z.B. in der Lieferung kurzfristig angeforderter Abnahmevolumen - Teillieferung) - Übernahme der Lagerhaltung, der Qualitätskontrolle - Verkaufspolitik und -ethik Summe aller PZ/Gewichteter PW für 6. Resultat (Gewichteter Gesamtpunktwert) Rangfolge

6 6 3

2,4

2 1 5 0 5 1 3

17 (108)

1,7 17

im Verhältnis zu Vergleichswerten anderer Lieferanten

Abbildung 34: Ergebnis eines Punktbewertungsverfahrens (Praxisbeispiel) (aus: Hartmann, H., Pähl, H-J., Spohrer, H., 1992, S.85)

Lieferantenpolitik

102

I

Abschnitt 5.3

O

Die Eignung eines Lieferanten wird vor der ersten Auftragserteilung geprüft. Die zu Verfügung stehenden Instrumente wie Musterprüfung, Selbstauskunft und Audit schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich.

O

Die Lieferantenpolitik sollte ein Mindestanforderungsprofil festlegen, das der Lieferant in der Selbstauskunft und im Audit erfüllen muß, um zugelassen werden zu können.

O

Die Lieferantenpolitik sollte Richtlinien erlassen , in welchen Fällen mit welchen ergänzenden Prüfungen von (noch) nicht zugelassenen Lieferanten gekauft werden kann.

O

Der Nachweis eines Zertifikats sollte notwendige aber nicht hinreichende Bedingung für die Zulassung sein.

Lieferantenpolitik

103

5 . 4 Zulassung neuer Stammlieferanten

7 •

Abschnitt 5.4



O

Welche Vorgaben sind in einer Anweisung über die Beurteilung von Angeboten und Anbietern zu machen ?

O

Welchen Anforderungen muß eine Anweisung über die Angebotsund Anbieteranalyse gerecht werden, damit sie vom Einkäufer als Entscheidungshilfe und nicht als bürokratische Auflage empfunden wird?

Das Qualitätsmanagement-Handbuch legt im Element Beschaffung fest, daß Einsatzstoffe und regelmäßig benötigte Komponenten grundsätzlich nur von Lieferanten bezogen werden dürfen, die in der „Liste der zugelassenen Lieferanten" aufgenommen sind. Die Lieferantenauswahl erfolgt dann in zwei Stufen: O

Zunächst durchläuft der Lieferant ein Prozedere, um in die Liste zugelassener Lieferanten aufgenommen zu werden. Diese enthält die für ein Produkt „genehmigten Lieferanten".

O

Sofern keine festen Abnahmeverpflichtungen mit Stammlieferanten eingegangen wurden, werden in einer Bedarfssituation die Angebote der zugelassenen Lieferanten eingeholt und verglichen.

Die Zulassung eines Lieferanten wird immer dann erforderlich, wenn O

ein neues Material zu beschaffen ist (Erstbestellung)

O

die Anforderungen an ein bereits bezogenes Material sich geändert haben

O

ein neuer Lieferant für ein bereits bezogenes Material gesucht wird.

Kann ein Lieferant mehrere Produkte liefern, hat er das Zulassungsprozedere für jedes Material zu durchlaufen.

104

Lieferantenpolitik

Die Eignung des Lieferanten wird durch ein Prozedere geprüft, das die folgenden Stufen durchläuft: O O O O O

Erstmusterprüfung Selbstauskunft des Lieferanten Auswertungen eventuell vorhandener Erfahrungen mit dem Lieferanten Probelieferungen eventuell eigenes (Lieferanten-)Audit.

Sofern das zu beziehende Produkt nicht in Einzelfertigung nach Vorgaben des Kunden hergestellt wird, kann vor der ersten Auftragserteilung ein Muster angefordert werden, das einer ausführlichen technischen Prüfung unterzogen wird. Dabei werden von allen wesentlichen Qualitätsmerkmalen Soll- und IstWerte verglichen, um eine Prüfung der Funktionserfüllung vorzunehmen. Aussagekräftig sind die Ergebnisse der Musterprüfung jedoch nur, wenn das Muster beim Lieferanten mit serienmäßigen Betriebsmitteln und unter normalen Fertigungsbedingungen hergestellt wurde. Der Abnehmer sollte daher nicht darauf verzichten, vor der Zulassung neuer Lieferanten Informationen über die laufende Ausfiihrungsqualität einzuholen. Eine Möglichkeit besteht darin, eine oder mehrere Probelieferungen zu bestellen, deren Umfang so groß ist, daß „besondere" Anstrengungen zur Erfüllung der Spezifikation nicht möglich sind, so daß Serienbedingungen unterstellt werden können. Verbreitet ist mittlerweile die Forderung an den Lieferanten, einen Fragebogen zur Selbstauskunft über sein Qualitätsmanagement auszufüllen; dieser Fragebogen umfaßt alle oder einige Fragen, die bei einem System-Audit gestellt werden, um die Grundsätze, Abläufe und Systeme des Lieferanten zu überprüfen, die angewendet werden, um die Qualität seiner Produkte und Dienstleistungen sicherzustellen. Die Fragen konzentrieren sich auf die bereits erläuterten Elemente eines Qualitätsmanagementsystems, also auf Managementverantwortlichkeiten, Nachweis eines Zertifikats, Durchführung einer FMEA, die Durchführung fertigungsbegleitender Prüfungen und einer Endprüfung, sowie die Durchsetzung von qualitätslenkenden Maßnahmen beim Vorlieferanten. Dieser Fragebogen zur Selbstauskunft von Lieferanten kann dazu benutzt werden, um Lieferanten zu selektieren, die einer näheren Beurteilung unterzogen werden sollen. Eine Zulassung neuer Lieferanten sollte sich jedoch nicht auf eine Musterprüfung und eine Auswertung der Selbstauskunft beschränken. Außerordentlich schwierig und strittig ist die Frage, wieviele der gestellten Fragen der Lieferant „positiv" beantworten muß, um zugelassen werden zu dürfen. Der Fragebogen zur Selbstauskunft wird an jeden Lieferanten verschickt, unabhängig welches Produkt er liefern soll und welche Beschaffungs- und Logistikstrategie verfolgt werden soll. So wird es vorkommen, daß ein Lieferant, der als verlängerte Werkbank benutzt werden soll, nach seiner Entwicklungs- und

105

Lieferantenpolitik

Problemlösungsfähigkeit befragt wird, oder daß ein Einzelfertiger über den Einsatz statistischer Prozeßkontrolle Auskunft geben soll. Wenn kein Zertifikat nach ISO 9001-9003 nachgewiesen wird oder das Zertifikat als nicht ausreichend empfunden wird, wird ein eigenes Audit beim Lieferanten durchgeführt. Ein Zertifikat sollte in der Praxis deshalb nicht als ausreichend empfunden werden, O

weil die Erfüllung produktspezifischer Anforderungen bei der Zertifizierung nicht geprüft wird

O

weil die Leistungsbereitschaft und die Erfüllung abnehmerspezifischer Anforderungen durch den Nachweis eines Zertifikats nicht sichergestellt ist und

O

weil das Zertifikat nur auf externen Druck angestrebt wurde und gleichzeitig auf bürokratischen Weg erlangt wurde, besteht die Gefahr, daß das zugehörige Qualitätsmanagementsystem beim Lieferanten nicht wirklich gelebt wird und damit nicht Ausgangspunkt für ständige Verbesserungen ist. In diesem Falle besteht zwischen Anspruch und Wirklichkeit eines Zertifikates eine erhebliche Diskrepanz:

Zertifikat nach DIN EN ISO 9001-9003

Was beweist es ?

Was beweist es nicht ?

O

Daß die Darlegungsform des QM-Systems angemessen ist

ü

Ob die Mitarbeiter überzeugt von den Aktivitäten sind

O

Daß die Auseinandersetzung mit der Thematik auf allen Ebenen stattgefunden hat

ü

Ob das Dargelegte tatsächlich so gemacht wird

ü O

Daß die Mitarbeiter mit Audits vertraut sind

Ob die Abläufe auch optimal sind und ausgeführt werden

Abbildung 35: Anspruch und Wirklichkeit eines Zertifikates (aus: Möbus, M./Jütting, K., 1994, ZE 122)

Lieferantenpolitik

106

Die nachfolgende Abbildung zeigt das Zulassungsprozedere noch einmal im Oberblick. Die angegebenen Schritte werden nicht in jedem Falle durchlaufen.

Zulassung von Produkten / Lieferanten

[Festlegen der Anforderungen an dasl . Produkt

c

Musterprüfung

J

[Festlegen der Anforderungen an den Lieferanten

c

Selbstauskunft des Lieferanten

C

Auditierung des Lieferanten

Lieferantenbeurteilung

Spezifikationsvereinbarung

C

J J

^J

Vereinbarung technischer Lieferbedingungen

1 J

Qualitätsmanagera entVereinbarung

Zulassung

Abbildung 36: Zulassung neuer Stammlieferanten/Produkte

Häufig reicht der Nachweis eines Zertifikats nach ISO 9001-9003 aus, um in die Liste zugelassener Lieferanten aufgenommen zu werden. Ein Zertifikat garantiert jedoch nicht, daß der Lieferant die Anforderungen des Abnehmers erfüllt. Ein Vergleich der Anforderungen der ISO-Normen und der internationalen Qualitätspreise, die ein total quality management fordern, zeigt, daß ein Zertifikat vielleicht eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung sein sollte, einen Lieferanten zuzulassen.

Lieferantenpolitik

I



Abschnitt 5.4

O

Analyse- und Vergleichsinstrumente zur Unterstützung und Dokumentation der Lieferantenauswahl, sollten so gestaltet werden, daß sie den, je nach Entscheidungssituation unterschiedlichen Informationsbedarf des Einkäufers, decken.

O

Eine Checkliste bzw. ein Formblatt zur Unterstützung der Lieferantenwahl, sollte möglichst wenige Kriterien enthalten, für die Informationsquellen auch dann zur Verfügung stehen, wenn keine Erfahrungen mit dem Lieferanten vorliegen. Der Kriterienkatalog sollte nicht nur objektiv messbare Kennzahlen aufweisen, sondern auch subjektive Erfahrungen und Eindrücke des Einkäufers aufnehmen.

O

Dem Informationsbedürfnis und dem Bedürfnis nach Eigenverantwortlichkeit des Einkäufers, sollte dadurch Rechnung getragen werden, daß anstelle eines Formblatts, einige wenige, für typische Entscheidungssituationen geeignete Formblätter entwickelt werden oder eine Software zur Verfügung gestellt wird, die jeweils individuelle Formblätter nach Vorgaben des Einkäufers aufbaut

O

Die Beurteilung von Lieferanten ist verbal oder mit Punktwerten möglich. Sie zeigt Leistungsunterschiede zwischen Lieferanten auf und ist eine Maßzahl für die Attraktivität des Lieferanten.

O

Auch bei einer Punktbewertung der Leistungsmerkmale und der Gesamtleistung, bleibt die Lieferantenbeurteilung und -auswahl eine subjektive Entscheidung.

107

Lieferantenpolitik

108

5.5 Laufende Lieferantenbewertung: Vorgehen und Nutzung

? •

O

Abschnitt 5.5

Wer nutzt in welcher Weise die Ergebnisse der laufenden Lieferantenbewertung ?

O

Welche sachlichen und persönlichen Probleme treten bei der Einführung und Interpretation einer laufenden Lieferantenbewertung auf ?

Lieferanten sollten nicht nur vor der Auftragserteilung einer Beurteilung unterzogen werden. Insbesondere bei Stammlieferanten ist eine laufende Überprüfung ihrer Termin-, Mengen- und Qualitätszuverlässigkeit ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung, -lenkung und -planung: O

Der Abnehmer trägt seinen unternehmerischen Sorgfaltspflichten nicht dadurch ausreichend Rechnung, daß er Lieferanten sorgfältig auswählt. Vielmehr ist er aufgefordert, die Leistung des Lieferanten periodisch zu überprüfen. Die Lieferantenbeurteilung nach Auftragserteilung ist insofern ein Instrument der Qualitätssicherung.

O

Darüber hinaus ist die laufende Lieferantenbewertung für den Einkauf ein Instrument der Qualitätslenkung. Die Bewertungskennziffern werden verwendet, •

die Attraktivität von Lieferanten zu messen, d.h. das Interesse des Abnehmers an einer engen Zusammenarbeit,



um die Erfolge bei den Bemühungen um ständige Prozeßverbesserung bei den Lieferanten zu verfolgen und zu vergleichen und neue Ziele für Verbesserungen festzulegen, d.h. operationale Qualitätsziele für den Einkäufer vorzugeben (z.B. Steigerung des Anteils sog. A-Lieferanten),



Verhandlungen argumentativ zu unterstützen und



die Lieferantenauswahl zu unterstützen.

Lieferantenpolitik

O

109

Die Ergebnisse der Lieferantenbewertung gehen als sog. „Qualitätsgeschichte des Lieferanten" in die Prüfplanung ein: Die Qualitätszuverlässigkeit des Lieferanten bestimmt die Prüfstufe, d.h. den Stichprobenumfang, der in der Wareneingangsprüfung gezogen werden soll. Eine Lieferantenbewertung erlaubt also eine Optimierung des Prüfumfangs in der Wareneingangsprüfung (nähere Ausführungen zur Wareneingangsprüfung werden im Abschnitt 6.2 gemacht).

Lieferantenbewertung als Instrument der O

Qualitätssicherung: •

O

Qualitätslenkung: • • • •

O

Nachweis der Erfüllung unternehmerischer Sorgfaltspflichten

Klassifizierung von Lieferanten Zielvorgaben für Lieferanten Verhandlungen Lieferantenauswahl

Qualitätsplanung: •

Prüfumfang in der Wareneingangsprüfung

Abbildung 37: Lieferantenbewertung als Instrument der Qualitätssicherung, -lenkung und -planung

Nicht zuletzt haben die Ergebnisse der Lieferantenbewertung eine große Bedeutung für den Lieferanten. Er kann Stärken und Schwächen seines Leistungsangebots aus der Sicht des Abnehmers erkennen und gezielt Verbesserungen in den Prozessen und Abläufen seines Unternehmens einleiten. Die Beobachtung der laufenden Qualität von Serienlieferungen stützt sich auf die Kennzahl:

Zahl der einwandfreien Lieferungen x 100 Gesamtzahl der Lieferungen

110

Lieferantenpolitik

In den meisten Fällen wird es sinnvoll sein, die Bewertung zu differenzieren nach O

der Art der Beanstandung in Termin-, Mengen- und Qualitätszuverlässigkeit und

O

kritischen, Haupt- und Nebenfehlern.

Um eine Bewertungskennzahl für die Qualitätszuverlässigkeit zu erhalten, können die Kennziffern für die Fehlerarten zunächst getrennt erfaßt werden und anschließend - entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet - aufsummiert werden (vgl. auch das Beispiel im Anhang). Bei der Erfassung und Interpretation der Bewertungskennziffern sind einige Aspekte zu beachten: O

Die Beurteilung geht meist von den Ergebnissen der Wareneingangsprüfung aus. Mängel, die sich erst bei der Weiterverarbeitung oder beim Kunden zeigen, können häufig nicht einer Lieferung/einem Lieferanten zugeordnet werden oder nur unter Inkaufnahme eines sehr hohen Aufwands. Produkte, deren Qualität sich erst bei der Verwendung beim Kunden zeigt (z.B. Zuverlässigkeit und Lebensdauer), können mit diesem Verfahren ebensowenig beurteilt werden wie Produkte, deren Qualität durch Lagerung erheblich gemindert werden kann (pharmazeutische Rohstoffe, Lebensmittel).

O

Die Ergebnisse werden sehr stark durch die Lieferhäufigkeit beeinflußt. Beim Vergleich von Lieferanten ist hierauf Rücksicht zu nehmen.

O

Bei der Erfassung von Fehlern ist darauf zu achten, daß dem Lieferanten nur die Fehler angelastet werden, die in seinem Verantwortungsbereich verursacht wurden. Eine verspätete Lieferung wurde unter Umständen durch eine zu späte Bestellung verursacht oder durch eine Verzögerung auf dem Transportweg, die der Lieferant jedoch nur dann zu verantworten hat, wenn eine Lieferung frei Haus vereinbart wurde. Die Lieferung eines falschen Artikels oder der falschen Qualität kann durch Übermittlungsfehler verursacht worden sein und darf dem Lieferanten nicht ungeprüft angelastet werden. Nicht immer wird es möglich sein, die „wahren" Verursacher von Fehlern zu identifizieren.

Lieferantenpolitik

O

111

Die Lieferantenbewertung kann keine Aussage machen über die zukünftige Qualitätsfälligkeit eines Lieferanten. Vergangenheitsbezogene Qualitätsdaten sagen insbesondere dann wenig aus, wenn an den Lieferanten wie etwa in der Bauindustrie - immer wieder andere Anforderungen gestellt werden.

Der zuständige Einkäufer wird nur dann bereit sein, eine laufende Lieferantenbewertung konsequent und systematisch durchzuführen, wenn er nicht befürchten muß, daß ihm eine schlechte Lieferantenbewertung persönlich zur Last gelegt wird. In Schulungen und Informationsgesprächen muß die geplante Nutzung deutlich gemacht und etwaige Bedenken beseitigt werden. Im Anhang ist ein Beispiel für eine Lieferantenbewertung dargestellt.

1



Abschnitt 5.5

O

Für sicherheitskritische Produkte ist ein einmaliges Zulassungsprozedere nicht ausreichend, um die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu erfüllen - hier muß im Haftugsfalle eine Lieferantenbewertung nachgewiesen werden.

O

Für Lieferanten, die gleichbleibende Spezifikationen liefern sollen, kann die Lieferantenbewertung Ansatzpunkte für eine Verbesserung von Produkten und Prozessen Liefern.

O

Die Ergebnisse der Lieferantenbewertung können benutzt werden, um die Attraktivität eines Lieferanten zu messen.

O

Die Bewertungskennzifrer sollte nach der Bedeutung und der Art der Fehler unterscheiden.

O

Die Lieferantenbewertung kann keine Aussage machen über die zukünftige Qualitätsfähigkeit von Lieferanten, wenn sich die Anforderungen an das Produkt und damit an den Lieferanten häufig ändern.

O

Eine Lieferantenbewertung wird beim Einkäufer dann auf Widerstand stoßen, wenn er befürchten muß, persönlich für Fehler des Lieferanten zur Rechenschaft gezogen zu werden.

112

Lieferantenpolitik

5.6 Erhaltung und Stelgerung der Leistungsbereitschaft des Lieferanten

Abschnitt 5.6

O

Wie kann die Attraktivität als Abnehmer, aus der Sicht der Anreiz-Beitragstheorie interpretiert und beurteilt werden ?

O O

Welche Bedeutung hat die Attraktivität als Abnehmer ? Welche Faktoren bestimmen die Attraktivität als Abnehmer, welche stehen als Gestaltungsparameter zur Verfügung und welche sind unbeeinflußbar ?

O

Welche Instrumente des BeschafTungsmarketing stehen dem Einkäufer zur Verfügung, um Anreize für den Lieferanten anzubieten und seine Beiträge zu senken ? Welche Nachteile entstehen dem abnehmenden Unternehmen jeweils?

5.6.1 Attraktivität als Abnehmer: Beurteilung und Bedeutung Eine hohe Qualitätszuverlässigkeit und eine ständige Prozeßverbesserung wird in der Zusammenarbeit mit Lieferanten nur erreichbar sein, wenn der Lieferant nicht nur qualitätsfähig ist, sondern auch eine hohe Leistungsbereitschaft aufweist. Umgekehrt können Lieferanten mit noch geringer Prozeßbeherrschung entwickelt werden, wenn eine entsprechende Leistungsbereitschaft vorhanden ist. Diese Leistungsbereitschaft, also ein hohes Interesse des Lieferanten an einer Zusammenarbeit mit dem Abnehmer, kann nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Unter bestimmten Bedingungen, die durch den Bedarf und das Beschalfungsverhalten des Abnehmers und durch die Angebots- und Nachfragesituation gekennzeichnet werden können, kann der Abnehmer sich der Situation ausgesetzt sehen, daß er als Kunde wenig attraktiv für den Lieferanten ist.

Lieferantenpolitik

113

Die Attraktivität eines Abnehmers mißt das Interesse des Lieferanten an einer längerfristigen Geschäftsbeziehung mit dem Abnehmer. Sie ist in verschiedenen Situationen von Bedeutung: O

bei vorübergehenden Lieferengpässen des Lieferanten ist sie ein Kriterium, um die Liefermenge auf Kunden zuzuteilen.

O

bei Kostensteigerungen oder Preisen, die einen geringen Deckungsbeitrag versprechen, besteht grundsätzlich die Gefahr, einer (verdeckten) Leistungsminderung. Diese Gefahr ist jedoch dann als gering einzuschätzen, wenn der Lieferant Interesse an der Geschäftsbeziehung hat, das über die aktuelle Lieferung hinaus reicht.

O

die Bereitschaft des Lieferanten auf individuelle Qualitätsanforderungen einzugehen, ist von der Attraktivität des Kunden abhängig.

Die Attraktivität eines Abnehmers ist in verschiedenen Situationen von Bedeutung: O

bei vorübergehenden Lieferengpässen

O

bei der Gefahr verdeckter Leistungsminderung

O

bei schwierigen oder abweichenden Qualitätsanforderungen

Abbildung 38: Attraktivität eines Abnehmers

Ziel der Lieferantenpolitik ist es, wenn möglichst alle strategischen Lieferanten die Stellung eines A-Kunden einnehmen. Strategische Lieferanten sind diejenigen, bei denen der Abnehmer besonderes Interesse hat, langfristige Bindungen einzugehen, weil O

sie qualitätskritische Teile liefern,

O

besonders leistungsfähig sind,

O

einen besonders hohen Anteil am Einkaufsvolumen liefern,

O

eine monopolistische Stellung am Beschaffungsmarkt haben u.a.

Lteferantenpolitik

114

Aufgabe der Lieferantenpolitik ist es daher, bei strategisch wichtigen Lieferanten eine hohe Attraktivität als Abnehmer zu erreichen:

Attraktivität des Lieferanten

A X

hoch

gering

X gering

hoch Attraktivität als Abnehmer

Abbildung 39: Lieferanten-Abnehmer-Attraktivitäts-Portfolio

Die Entwicklung einer Lieferantenpolitik wird zunächst die strategischen Lieferanten bestimmen, indem die Ergebnisse der Lieferantenbeurteilung und -bewertung (vgl. 5.4 und 5.5) ausgewertet werden. Für jeden der strategischen Lieferanten muß dann die eigene Stellung als Abnehmer, die eigene Attraktivität als Kunde, aus der Sicht des Lieferanten bestimmt werden. Um die Attraktivität eines Abnehmers zu erklären und zu bestimmen, können die aus dem Personalmanagement bekannten Motivationstheorien auf den Einkauf übertragen werden. Das Arbeitgeber-Mitarbeiter-Verhältnis läßt sich in gewissem Umfange auf das Abnehmer-Lieferanten-Verhältnis übertragen: In Anlehnung an die Anreiz-Beitragstheorie kann man das LieferantenAbnehmer-Verhältnis als Koalition betrachten, in der jedes Mitglied Anreize erhält und Beiträge liefert. Zu einer erfolgreichen, langfristigen Geschäftsbeziehung wird es kommen, wenn der Lieferant vom Abnehmer Anreize erhält, die mindestens so groß sind wie seine geleisteten Beiträge. Die Beiträge werden vom Lieferanten subjektiv gewertet und an den ihm offenstehenden Alternativen gemessen. Bieten die Anreize, die der Abnehmer dem Lieferanten bietet, in den Augen des Lieferanten nicht den angemessenen Gegenwert für die Leistungen (Beiträge) des Lieferanten, wird der Lieferant das Interesse an der Geschäftsbeziehung verlieren und das Produkt aus dem Absatzprogramm eliminieren oder andere Koalitionen eingehen. Beispielsweise steht die Automobilindustrie vor dem Problem, daß Leiterplattenhersteller ihre Produkte lieber in der Spielwarenindustrie absetzen. Eine andere Reaktionsmöglichkeit ist die (verdeckte) Leistungsminderung, bei der der Lieferant versucht, durch Senkung

Lieferantenpolitik

115

der Beiträge das subjektive Gleichgewicht von Anreizen und Beiträgen (wiederherzustellen. Eine verdeckte Beitragssenkung wird sich äußern in einer, O

Reduzierung des Bemühens um Prozeßverbesserung und Innovationen,

O

Priorisierung anderer Kunden und Absatzmärkte bei Kapazitäts- und Materialengpässen und

O

Verwendung minderwertiger Einsatzstoffe u.a.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen muß die Beurteilung der eigenen Attraktivität als Abnehmer also die folgenden Fragen beantworten: O

Welche Anreize bietet der Abnehmer?

O

Wie werden diese Anreize vom Lieferanten wahrgenommen im Vergleich zu den Anreizen der übrigen Kunden.?

O

Welche Beiträge leistet der Lieferant aus der Sicht der ihm offenstehenden Alternativen, andere Kunden und/oder andere Absatzmärkte mit den gleichen oder anderen Produkten zu beliefern?

O

Welche Beiträge leistet der Lieferant aus der Sicht der eigenen Anforderungen als Abnehmer im Vergleich zu anderen Kunden des Lieferanten?

116

Lieferantenpolitik

Abbildung 40: Beurteilung der eigenen Attraktivität als Abnehmer

Die Situationsanalyse kann auch zu dem Ergebnis kommen, daß die Anreize registriert werden können, ohne eine Senkung der Beiträge befürchten zu müs-

Bei der Gestaltung der Anreize ist das Kostenziel zu beachten. Das Bemühen richtet sich daher darauf, solche Anreize einzusetzen O

die den Lieferanten zufriedenstellen und

O

die als Paket möglichst geringe Kosten verursachen.

Lieferantenpolitik

117

Die Attraktivität eines Abnehmers aus der Sicht des Lieferanten wird bestimmt durch: O

Merkmale des Bedarfs: Sporadizität, geringe Planbarkeit und abweichende oder hohe Qualitätsanforderungen können für den Lieferanten von Nachteil sein, wenn er Kapazitätspuffer, Lager, hohen ablauforganisatorischen Aufwand in Kauf nehmen muß, um den Bedarf zu befriedigen. Der Lieferant ist auch nicht immer an einem hohen oder wachsenden Bedarf des Abnehmers interessiert: haben einzelne Abnehmer einen sehr hohen Anteil am Gesamtumsatz, steigt die Abhängigkeit des Lieferanten von der Wettbewerbsfähigkeit und dem Absatzerfolg seiner Hauptabnehmer. Wachsender Bedarf seiner Hauptabnehmer kann, muß aber kein für den Lieferanten attraktives Bedarfsmerkmal sein. Seine Einschätzung wird davon abhängen, ob er Wachstumsziele verfolgt, welche Finanzkraft er hat, Investitionen zu tätigen und welche Rendite diese Investitionen erwarten lassen.

O

Merkmale der Angebots- und Nachfragesituation aus der Sicht des Lieferanten: Anreize und Beiträge werden vom Lieferanten subjektiv gewertet. Dabei spielen seine Alternativen, die betrachteten oder andere Produkte an andere Kunden oder auf anderen Absatzmärkten zu verkaufen, eine wesentliche Rolle. Sieht sich der Lieferant einer insgesamt wachsenden Nachfrage gegenüber und wächst das Angebot nicht im gleichen Tempo mit, hat der einzelne Kunde für den Lieferanten wenig Bedeutung und die angebotenen Anreize werden gering bewertet. Auf stagnierenden Märkten mit hoher Wettbewerbsintensität der Lieferanten untereinander kann der Lieferant nur zu Lasten von Konkurrenten Marktanteile gewinnen und Absatzzuwächse erreichen. Der gleiche Anreiz wird in dieser Marktsituation vom Lieferanten höher bewertet.

O

Verhalten des Abnehmers: Während die Merkmale des Bedarfs und die Angebots- und Nachfragekonkurrenz vom einzelnen Abnehmer kaum beeinflußbar ist, zählt das Verhalten vor Vertragsabschluß, bei der Vertragsgestaltung und in der Zusammenarbeit zu den Gestaltungsparametern der Lieferantenpolitik. Das Verhalten des Abnehmers zeichnet sich aus: •

durch seine Verhandlungsführung,



durch die Laufzeit von Verträgen und die Vertragsinhalte,

118

Lieferantenpolitik



durch seine Informationspolitik ,



durch seine Bereitschaft, die Interessen des Lieferanten bei der Produktentwicklung, bei Projekten zur Qualitätsverbesserung und Kostensenkung zu berücksichtigen sowie



durch die Einhaltung von Absprachen.

Die Attraktivität eines Abnehmers aus der Sicht des Lieferanten ergibt sich aus den Vor- und Nachteilen, die dem Lieferanten aus den Verhaltensweisen des Abnehmers entstehen. Vorteile können geringere Prozeßkosten der gesamten Auftragsabwicklung sein oder Vorteile auf den Absatzmärkten des Lieferanten, die ihm durch die Zusammenarbeit mit einem Abnehmer entstehen (z.B. Imagegewinn durch die Zusammenarbeit mit einem renommierten Abnehmer). Nachteile werden beim Lieferanten wahrgenommen, wenn das Verhalten des Abnehmers zu Kostenüberwälzungen und Risikoüberwälzungen führt, die bei der Zusammenarbeit mit alternativen Kunden nicht in Kauf genommen werden müssen. Die im nächsten Abschnitt betrachtete Zusammenarbeit muß daher versuchen, Anreize zu bieten, die im eigenen Unternehmen geringe Kosten verursachen und dem Lieferanten Vorteile verschaffen oder Nachteile des Lieferanten vermeiden.

5.6.2 Zusammenarbeit mit Lieferanten Eine Gestaltung der Zusammenarbeit mit Lieferanten hat zum Ziel, die Attraktivität als Abnehmer (und damit die Leistungsbereitschaft des Lieferanten) zu erhalten oder zu steigern, wenn diese wegen Bedarfsmerkmalen oder einer Situation auf dem Absatzmarkt des Lieferanten gering ist. Die Gestaltung der Zusammenarbeit kann entsprechend den Ergebnissen des letzten Abschnitts darauf gerichtet sein, die Beiträge des Lieferanten zu senken oder Anreize für den Lieferanten anzubieten. Der Katalog der Möglichkeiten ist außerordentlich vielfältig und soll hier nicht vollständig beschrieben werden. Entsprechende Ausführungen ergeben sich aus der Literatur zum Beschaffungsmarketing. Bei der folgenden beispielhaften Darstellung der Gestaltungsparameter der Lieferantenpolitik sollte jeweils der Anreizcharakter für den Lieferanten sowie die »Kosten" des Anreizes für den Abnehmer deutlich werden:

Lieferantenpolitik

119

Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität als Abnehmer: O

Vertragslaufzeiten für Rahmen- und Abrufaufträge

O

Preisvereinbarungen in langfristigen Verträgen

O

Produktgestaltungs- und Verwendungszusagen

O

Verbindliche Bedarfsvorausschau

O

package buying

O

Verzicht auf Ausübung von Marktmacht.

Abbildung 41: Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität als Abnehmer

O

Vertragslaufzeiten für Rahmen- und Abrufaufträge: Ob der Lieferant an mehrjährigen oder gar life-time-Verträgen interessiert ist, ergibt sich aus seinen Erwartungen über die Entwicklungen am Absatzmarkt und seine Risikofreudigkeit sowie aus den vertraglichen Bindungen, die die Vertragsparteien über Preise und Abnahme- bzw. Liefermengen eingehen. Aus der Sicht des Lieferanten ist eine einseitige Bindung des Abnehmers ohne Lieferverpflichtung des Lieferanten natürlich am vorteilhaftesten. Die Kosten des Anreizes bestehen für den Abnehmer in der mangelnden Flexibilität, alternative, günstigere oder bessere Versorgungsquellen zu nutzen.

O

Preisvereinbarungen in langfristigen Verträgen: Werden im Rahmen der Lieferantenpolitik Verträge für einen Zeitraum abgeschlossen, in dem sich Änderungen der Kosten und der Marktsituation ergeben können, stellt sich die Frage, ob ein Kontraktpreis festgelegt werden soll und wenn ja, wie dieser vereinbart werden soll.

O

Kontraktpreise können vereinbart werden als: • Festpreis • unbestimmte Preisvorbehalte • Preisgleitklauseln.

120

Lieferantenpolitik

Festpreisvereinbarungen zeichnen sich dadurch aus, daß weder Lieferant noch Abnehmer in der Vertragslaufzeit neu über den Preis verhandeln können. Da dem Lieferanten bewußt ist, daß er eine Vertragspreisänderung in der Vertragslaufzeit wahrscheinlich nicht erreicht, wird er einen Risikozuschlag in der Preiskalkulation vornehmen. Unterschätzt er die Kostensteigerung seiner Produktionsfaktoren, reduziert sich zunächst seine Gewinnspanne. Kann der Lieferant die gestiegenen Kosten durch den Festpreis nicht decken, besteht die Gefahr, daß der Lieferant freiwillig oder unfreiwillig aus dem Markt ausscheidet und sich so die Angebotssituation für den Abnehmer verschlechtert. Trägt der Abnehmer die gestiegenen Kosten nicht wenigstens teilweise mit, gefährdet der Abnehmer die Verbesserung der Qualität und die Produktentwicklung. Eine weitere Gefahr unterschätzter Kostensteigerung besteht darin, daß der Lieferant versuchen könnte, durch versteckte Leistungsminderung (z.B. Einsatz einer schlechteren Materialqualität) einen kalkulatorischen Ausgleich für nicht eingeplante Kostensteigerungen zu erreichen. Eine Festpreisvereinbarung ist daher nur dann für den Lieferanten ein Anreiz, wenn dieser sinkende Kosten erwartet oder einen überhöhten Risikozuschlag durchsetzen kann.

Für den Lieferanten ist eine unbestimmte Preisvorbehaltsklausel am vorteilhaftesten, die eine einseitige Preisfestsetzung zum Lieferzeitpunkt bzw. bei Rechnungsstellung durch den Lieferanten zuläßt. Der Abschluß einer Preisgleitklausel bietet die Möglichkeit, eine kostenorientierte Preisfindung vorzunehmen, die die Kostenänderungsgrößen in einem bestimmten Umfang auf den Abnehmer überwälzt: Preisgleitklauseln zeichnen sich dadurch aus, daß im vorhinein zwar nicht der Preis, aber eine Formel zur Errechnung des zukünftigen Preises vereinbart wird. Die beiden Vertragspartner vereinbaren bei Vertragsabschluß einen Basispreis und eine Formel, die die Veränderung des zukünftigen Preises in Abhängigkeit von der Veränderung der sogenannten "Gleitgrößen" bestimmt. In einer einfachen Version der Preisgleitklausel vereinbaren die Parteien einen Festpreisanteil (a), sie einigen sich auf eine Material- und Lohnart, die die Veränderung des Preises bestimmen sollen und vereinbaren einen Materialanteil (m) und einen Lohnanteil (1).

Lieferantenpolitik

121

Der jeweilige Preis ergibt sich dann nach der Formel:

pi=p0x(a

+

fflxtó,

M0

+

/X

:

L0

)

Dabei bezeichnen: a m M0 Mi LO Li

Nicht gleitender Preisanteil Anteil der Materialkosten am Preis Anteil der Lohnkosten am Preis Materialkosten am Basisstichtag Materialkosten am Abrechnungsstichtag Lohnkosten am Basisstichtag Lohnkosten am Abrechnungsstichtag

Der Preis wird also aufgespalten in einen prozentualen Material- und einen prozentualen Lohnkostenanteil sowie einen unveränderlichen Preisbestandteil. In welchem Umfang es dem Lieferanten gelingt, Kostensteigerungen auf den Abnehmer abzuwälzen, ist von den Gewichtungsanteilen und den Kostenelementen abhängig, die die Gleitung bestimmen sollen. Für den Lieferanten ist ein kleiner Festpreisanteil am günstigsten sowie Materialarten, die voraussichtlich einer Kostensteigerung unterworfen sein werden.

Produktgestaltungs- und Verwendungszusagen: O

Der Abnehmer verpflichtet sich zu einer bestimmten Weiterverarbeitung des Zulieferproduktes und legt fest, daß das Zulieferprodukt nur in bestimmte Enderzeugnisse mit hohem Qualitätsimage eingeht. Diese Zusagen sind für Zulieferer von Bedeutung, die Teile liefern, die im Enderzeugnis noch identifizierbar sind. Solche Zusagen sind die Voraussetzung, daß der Zulieferer ein mehrstufiges Marketing durchführen kann: als mehrstufiges Marketing werden absatzpolitische Maßnahmen verstanden, die darauf gerichtet sind, auf den Marktstufen, die dem unmittelbaren Abnehmer folgen, etwa dem Endverbraucher, einen Nachfragesog zu erzeugen, um so den Absatz des Produktes an den unmittelbaren Abnehmer zu fördern und - bei Produkten, die Verschleiß unterliegen - die Absatzmöglichkeiten im Ersatzteilgeschäft zu verbessern (diese Strategie wird z.B. bei Autoreifen angewendet).

122

O

Lieferantenpolitik

Verbindliche Bedarfsvorausschau: Bei konventioneller Vorausschau erfährt der Serienteile-Lieferant erst von dem Bedarf des Abnehmers, wenn dessen Auftrag eingeht. Lange Durchlaufzeiten zwingen den Lieferanten, den Bedarf an fremdbezogenem Material und eigengefertigten Teilen und Baugruppen prognoseorientiert zu disponieren. Der voraussichtliche Bedarf muß dabei aus Lagerabgangsstatistiken der Vergangenheit abgeleitet werden. Lange Durchlaufzeiten und die Forderung nach kurzen, zuverlässigen Lieferzeiten zwingen den Lieferanten, die benötigten Teile und Baugruppen, eventuell sogar das Enderzeugnis, lagerorientiert bereitzustellen, d.h. vor Auftragseingang „auf Verdacht" zu produzieren und einzulagern. Das Risiko des Lieferanten, trotz hoher Lagerbestände lieferunfähig zu sein, ist groß. Gleichzeitig ist es trotz hoher Lagerbestände nötig, Kapazitätspuffer zu halten und Engpaßmanagement zu betreiben, um unerwartet hohen Bedarf liefern zu können. Liefert der Abnehmer dem Lieferanten frühzeitig Bedarfsinformationen, kann dieser seine Materialbeschaffung und Produktionsplanung auf zukunftsorientierten Informationen aufbauen. In welchem Umfang das Lagerrisiko des Lieferanten durch eine Bedarfsvorausschau reduziert wird, ist davon abhängig, ob die gemeldeten Bedarfsmengen später auch tatsächlich abgenommen werden. Die Kosten eines solchen Anreizes „Bedarfsvorausschau" entstehen für den Abnehmer nicht nur für die Ermittlung und Übertragung der Bedarfsinformationen. Da eine Bedarfsvorausschau für den Lieferanten nur dann von Nutzen ist, wenn sie verbindlich ist, besteht für den Abnehmer die Gefahr, daß er sich zu Abnahmemengen verpflichtet, die er kurzfristig einlagern muß, oder daß er einen unerwartet hohen Bedarf nicht einfordern kann. Seine Möglichkeiten, die Schwankungen des AbsatzmarktBedarfs an den Lieferanten weiterzugeben, werden dadurch erheblich eingeschränkt. Um die Kosten des Anreizes Bedarfsvorausschau zu begrenzen, werden in der Praxis rollierende Bedarfsinformationssysteme entwickelt, die sich dadurch auszeichnen, daß •

eine Bedarfsmeldung bezogen auf denselben Zeitraum mehrfach geändert werden kann



langfristige Bedarfsvoraussagen mit großen zulässigen Bandbreiten nach oben und unten und noch nicht artikelspezifisch gemacht werden und nur die



kurzfristigen Bedarfsmeldungen verbindlich und artikelspezifisch sind.

Lieferantenpolitik

123

Diese Bedarfsinformationssysteme sind unter dem Begriff Lieferabrufsysteme aus just-in-time-Beziehungen bekannt.

O

„package buying": „package buying" sollte Einsatz finden für Produkte, die für den Lieferanten eher unattraktive Bedarfsmerkmale aufweisen. Der Abnehmer verhandelt hier nicht über einzelne Produkte, sondern faßt jeweils mehrere Produkte zu einem Verhandlungsgegenstand zusammen. Das „Paket" sollte aus Produkten bestehen, deren Lieferung für den Lieferanten sehr attraktiv ist und solchen, die unattraktiv sind. Der Nachteil des package buying gegenüber dem klassischen Angebotsvergleich, der „den" besten Lieferanten ermittelt, besteht für den Abnehmer darin, daß er „unproblematische" Produkte eventuell vergleichsweise ungünstig einkauft.

O

Verzicht auf Ausübung von Marktmacht: Befindet sich der Abnehmer in der (vermeintlich) stärkeren Position, hat er zahlreiche Möglichkeiten, seine Marktmacht zu demonstrieren und auszuüben: •

er besteht darauf, daß der Lieferant seine allgemeinen Einkaufsbedingungen akzeptiert,



er fordert Preissenkungen, ohne darüber zu verhandeln,

• •

er droht häufig mit Abbruch der Geschäftsbeziehungen, er beachtet Zahlungsbedingungen nicht, nimmt vereinbarte Bezugsmengen nicht ab,



er verlangt vom Lieferanten die Zusicherung von Produkteigenschaften, auch wenn diese keine kritischen Qualitätsmerkmale sind,



er läßt sich von der Prüf- und Rügepflicht befreien und anderes mehr.

Die aufgeführten Verhaltensweisen werden dazu führen, daß der Lieferant seine Beiträge sehr hoch bewertet. Er wird bei der nächsten Gelegenheit diese Geschäftsbeziehung verlassen. Im Sinne der Motivationstheorie von Herzberg ist der Verzicht auf Ausübung von Marktmacht ein „Hygienefaktor", der Unzufriedenheit beseitigt, aber keine Zufriedenheit auslöst, also keinen Anreiz darstellt.

124

Lieferantenpolitik

|



Abschnitt 5.6

O

Die Attraktivität eines Abnehmers mißt das Interesse des Lieferanten an einer längerfristigen Geschäftsbeziehung mit dem Abnehmer. Aus einer hohen Attraktivität ergeben sich Vorteile bei Lieferengpässen, Kostensteigerungen und hohen oder abweichenden Qualitätsforderungen. Aus einer geringen Attraktivität ergeben sich Qualitätsund Versorgungsrisiken.

O

Die Attraktivität kann durch Gegenüberstellung der vom Lieferanten wahrgenommenen Anreize und Beiträge beurteilt werden.

O

Anreize und Beiträge werden subjektiv vor dem Hintergrund der Ziele und Strategien des Lieferanten, seiner Alternativen auf dem Absatzmarkt sowie den Anforderungen und Leistungen alternativer Kunden des Lieferanten bewertet.

O

Die Attraktivität eines Abnehmers wird bestimmt durch Merkmale des Bedarfs, durch die Anzahl an Abnehmern, die Wettbewerbssituation auf den potentiellen Absatzmärkten des Lieferanten und durch das Verhalten des Abnehmers.

O

Zur Steigerung der Attraktivität als Abnehmer und damit der Leistungsbereitschaft des Lieferanten, stehen das Verhalten vor Vertragsabschluß, bei der Vertragsgestaltung und in der Zusammenarbeit, als Gestaltungsparameter zur Verfügung. Für den Lieferanten sind diejenigen Verhaltensweisen des Abnehmers relevant, die seine Prozesskosten der Auftragsabwicklung und Erfolge auf seinen Absatzmärkten beeinflussen und die zu Kosten- und Risikoüberwälzungen führen.

O

Die Gestaltung der Zusammenarbeit mit Lieferanten zielt darauf, die Attraktivität als Abnehmer zu erhalten oder zu verbessern, indem Anreize geboten und Beiträge gesenkt werden.

O

Als Instrumente zur Erhaltung und Steigerung der Attraktivität kommen in Betracht: -> Vertragslaufzeiten, -> Preisvereinbarungen, -> Produktgestaltungs- und Verwendungszusagen, -> verbindliche Bedarfsvorausschau, package buying und -> Verzicht auf Ausübung von Marktmacht.

Wareneingangsprüfung

6.

125

Wareneingangsprüfung als Instrument des Qualitätsmanagement

7 •

O

Abschnitt 6

Welche Leistungsfähigkeit hat die Wareneingangsprüfung als Instrument der Qualitätslenkung, -Sicherung und -Verbesserung ?

O

Welchen Inhalt hat eine Prüfanweisung und ein Stichprobenplan ?

O

Was versteht man unter dem Prüfrisiko ? Weshalb muß es zwischen Lieferant und Abnehmer vereinbart werden ?

6.1 Aufgaben der Wareneingangsprüfung Die Wareneingangsprüfung wird nach der Warenannahme durchgeführt. Alle eingehenden Güter werden nach einer Prüfanweisung, die das Prüfverfahren, den Prüfumfang, das Prüfrisiko, die Prüfmittel und das Prüfpersonal festlegt, auf die vom Einkauf mit dem Lieferanten im Liefervertrag festgelegten Merkmale hin überprüft. Aufgrund der Ergebnisse der Eingangsprüfung wird dann entschieden, ob die angelieferte Ware abgenommen wird, teilweise abgenommen wird oder ob es zu einer Ablehnung der ganzen Partie und damit zu einer Rücksendung an den Zulieferer kommt. Ziel der Wareneingangsprüfung ist es, diejenigen Güter jeder angelieferten Partie zu erkennen, die für die Weiterverarbeitung in der eigenen Fertigung nicht geeignet sind, da sie erhebliche Mängel in der zwischen Lieferant und Abnehmer vereinbarten Qualität aufweisen. Meist erfolgt die Wareneingangsprüfung im Wareneingang des eigenen Betriebes. Die Wareneingangsprüfung hat die Aufgabe, die Verarbeitung von minderqualitativer Ware im Fertigungsprozeß im Optimalfall zu verhindern, in der Realität allerdings vielmehr auf ein akzeptables Minimum zu beschränken. Aufgaben- und tätigkeitsgemäß ist der Charakter der Wareneingangsprüfung passiv, d.h. es findet keine Veränderung/Verbesserung der Qualität statt, sondern eine Überprüfung von Qualitätsstandards.

126

Wareneingangsprüfung

Neben der Oberprüfung der Qualität, hat die Wareneingangsprüfung auch die Aufgabe, festzustellen, ob der/die richtige(n) Artikel in der angeforderten Menge geliefert worden ist/sind oder nicht. Die Terminüberwachung unterliegt dem Einkauf. Die Ergebnisse der Wareneingangsprüfung werden als sog. Qualitätsgeschichte dokumentiert und dem Einkauf zur Lieferantenbewertung mitgeteilt.

6.2 Vorgehen der Wareneingangsprüfung Die Wareneingangsprüfung findet für alle Teile statt, die angeliefert werden. Ihre Durchführung läßt sich in die folgenden Schritte unterteilen: O

Verwaltung der Prüfpläne,

O

Durchführung der Prüfungen,

O

Erfassung der Prüfergebnisse,

O

Erstellung des Prüfberichts und

O

Auswertung der Qualitätsdaten.

In den Prüfplänen ist für jedes Produkt Prüfumfang und - häufigkeit, ebenso wie die angewandten Methoden und die zulässigen Grenzwerte genau dokumentiert. Anhand der Auswertung der Qualitätsdaten entscheidet die Eingangsprüfung, ob die Lieferung anzunehmen oder zurückzuweisen ist, oder ob eine Wiederholung der Prüfung erfolgt.

Wareneingangsprüfung

127

6.2.1 Prüfverfahren Unter dem Begriff Prüfverfahren wird die Art und Weise verstanden, nach der ein fremdbezogenes Los in der Wareneingangsprüfung des Abnehmers geprüft wird. Zu unterscheiden sind Voll- und Teilprüfungen, Variablen- und Attributprüfungen sowie zerstörende und zerstörungsfreie Prüfungen.

Abbildung 42: Prüfmethoden

128

Wareneingangsprüfiing

Nach der Art der geprüften Produktmerkxnale unterscheidet man zwischen Variablen- und Attributprüfungen. Eine Variablenpriifung findet dann statt, wenn die Merkmalsausprägungen des zu prüfenden Produktes frei skalierbar sind (z.B. KW-Leistung eines Motors). Kann nur geprüft werden, ob bestimmte Merkmalsausprägungen vorhanden sind oder nicht (z.B. Riemenschutz am Motor vorhanden: ja oder nein?), handelt es sich um eine Attributprüfung. Variablen- und Attributprüfungen können zerstörend oder zerstörungsfrei erfolgen. Im Laufe von zerstörenden Prüfungen wird das zu prüfende Objekt durch physikalische oder chemische Kräfte so stark angegriffen, daß es entweder vollkommen zerstört oder in seiner Funktionsfähigkeit so stark beeinträchtigt, daß es nach der Prüfung nicht mehr eingesetzt werden kann. Als Ergebnis von zerstörenden Prüfungen lassen sich Erkenntnisse darüber gewinnen, ob ein Objekt die von ihm geforderte Belastungsfähigkeit auch tatsächlich besitzt. Es versteht sich von selbst, daß als Vollpriifungen durchgeführte zerstörende Prüfungen in der Wareneingangsprüfung sinnlos sind. Die zerstörungsfreie Prüfung beschädigt das Objekt der Prüfung nicht. Geprüft wird hier durch Messen, Zählen, Wiegen und Sichtprüfung des zu prüfenden Objektes. Bei der zerstörungsfreien Prüfung können, wie auch bei der zerstörenden Prüfung, attributive und variable Merkmalsausprägungen geprüft werden. Prüfungen in der Wareneingangsprüfung finden heutzutage hauptsächlich als Teilprüfungen in Form von Stichprobenprüfungen statt. Im Gegensatz zur Hundertprozentprüfung wird hier nur ein Teil der gesamten Partie, die geliefert wurde, überprüft. Man spricht bei diesem Verfahren von statistischer Qualitätsprüfung, die das Bestreben hat, die eigentliche Qualitätsprüfung bei der Wareneingangsprüfung so durchzuführen, daß dabei ein möglichst geringer Zeitaufwand entsteht. Zielvorgabe ist, eine angelieferte Partie, sofern sie den geforderten Qualitätsansprüchen entspricht, möglichst ohne oder nur mit sehr geringem Zeitverlust an die Produktion weitergeben zu können. Die Überprüfung, ob die Ware abgenommen wird oder nicht, übernimmt dabei die Stichprobenprüfung. Die statistische Qualitätssicherung wird dort angewandt, wo die Vollprüfung zu aufwendig (teuer) ist oder, wo sie von vornherein ausgeschlossen ist, weil die Prüfung zerstörend oder verbrauchsmindernd wirkt. Wo der Einsatz der statistischen Qualitätssicherung möglich ist, ergeben sich folgende Vorteile: Es liegt auf der Hand, daß die Entnahme einiger Stichproben weit weniger Zeitaufwand verursacht, als die der Fall wäre bei einer Komplettprüfung der gesamten Partie. Außerdem sind die Prüfergebnisse schneller verfügbar, eine Teilprüfung ist billiger und die Prüfung kann mit größerer Sorgfalt durchgeführt werden. Kennzeichnend für die statistische Prüfung ist, daß grundsätzlich nicht Einzelexemplare beurteilt werden sollen, sondern vielmehr aus der Bewertung Rückschlüsse auf die Gesamtheit der Produkte gemacht werden.

Warenemgangsprüfung

129

Die Durchführung von Stichprobenprüfungen erfolgt auf der Grundlage der Gauß'schen Normalverteilung, einem Ergebnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte C.F. Gauß folgende Entdekkung: Untersucht man eine große Grundgesamtheit gleichartiger Objekte bezüglich der Ausprägungen eines beliebigen Merkmals, so stellt sich für alle Merkmale stets dieselbe Verteilung ein. Da diese Verteilung für alle denkbaren Fälle, in denen man gleichartige Objekte auf ihre Merkmalsausprägungen hin untersucht, Gültigkeit besitzt, wird sie als Normalverteilung bezeichnet. Bei graphischer Darstellung der Verteilung ergibt sich eine gleichmäßige Glockenform.

Für Prüfungen in der Wareneingangsprüfung ist die Normalverteilung von großer Bedeutung. Dies beruht darauf, daß nach den Gesetzmäßigkeiten der Normalverteilung erwartet werden kann, für eine repräsentative Stichprobe aus einer Grundgesamtheit gleichartiger Objekte dieselbe Verteilung zu erhalten, wie für die Grundgesamtheit. Anders formuliert bedeutet dies, daß es durch das Ziehen einer repräsentativen Stichprobe aus einem angelieferten Los möglich ist, einen zuverlässigen Rückschluß auf die Fehlerrate im Gesamtlos zu ziehen. Somit ist es möglich, zuverlässig über Abnahme oder Abweisung des Loses zu entscheiden, ohne das gesamte Los prüfen zu müssen. Wie bereits festgestellt wurde, muß eine Stichprobe repräsentativ sein, damit zuverlässige Schlußfolgerungen auf die Grundgesamtheit möglich sind. Als repräsentativ gilt eine Stichprobe dann, wenn: O

jedes einzelne Teil eines Loses die gleiche Chance besitzt, zur Prüfmenge zu gehören. Gewährleistet wird diese Chancengleichheit durch Entnahme der Stichprobe von verschiedenen Stellen des Loses oder durch Durchmischen des Loses vor Ziehung der Stichprobe.

O

alle Zukaufteile, die der zu prüfenden Lieferung angehören, von gleicher Beschaffenheit sind. Die Bedeutung dieser Forderung für die Praxis besteht darin, daß ihr zufolge jede Lieferung einzeln zu prüfen ist. Dies gilt auch dann, wenn sich mehrere Lieferungen gleichartiger Zukaufteile, die vom gleichen Lieferanten stammen, in der Wareneingangsprüfung befinden.

O

der mengenmäßige Anteil der Stichprobe am Gesamtlos ausreichend groß ist. Mit zunehmender Stichprobengröße steigt die Wahrscheinlichkeit, daß der Prozentsatz fehlerhafter Teile innerhalb der Stichprobe genauso groß ist, wie der Prozentsatz fehlerhafter Teile am Gesamtlos. Anders formuliert bedeutet dies, daß die Aussagekraft der Stichprobe mit zunehmender Stichprobengröße zunimmt. Weiterhin steigt mit der Stichprobengröße die Wahrscheinlichkeit, daß vorhandene Fehler auch tatsächlich gefunden werden. Somit nimmt die Trennschärfe der Prüfung zu.

130

Wareneingangsprüfung

6.2.2 Stichprobenprüfung nach DIN 40080 Das im folgenden dargestellte Verfahren ist ein Einfachstichprobenverfahren, bei dem nur eine Stichprobe gezogen wird, um die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Loses zu treffen. Das Stichprobensystem nach DIN 40080 besteht aus verschiedenen Stichprobenplänen, die den Umfang n der Stichprobe angeben und den Wert c der fehlerhaften Teile in der Stichprobe, bei dessen Oberschreiten das Los abgelehnt wird. Das Stichprobensystem nach DIN 40080 sieht vor, daß der Stichprobenplan (also die Kombination von n - c für ein Los N) danach ausgewählt wird

1.

welche Bedeutung ein Produktfehler hat,

2.

welche Qualitätsgeschichte die bisherigen Lieferungen des zu prüfenden Produktes haben,

3.

mit welcher Sorgfalt geprüft werden soll, d.h. wie groß das Risiko sein darf, daß Lose angenommen werden, deren tatsächlicher Fehleranteil höher ist als der in der Stichprobe.

Zu 1 Das Stichprobensystem nach DIN 40080 unterscheidet überkritische Fehler, Hauptfehler und Nebenfehler. Für überkritische Fehler sind vergleichsweise große Stichproben vorgesehen und kein fehlerhaftes Stück in der Stichprobe zugelassen (c = 0). Für Hauptfehler ist der zu wählende Stichprobenplan abhängig vom Prüfrisiko, das eingegangen werden soll (vgl. unten). Für Nebenfehler sind vergleichsweise geringe Stichproben vorgesehen und eine vergleichsweise hohe Zahl fehlerhafter Stücke in der Stichprobe zulässig, ohne daß das Los abgelehnt wird.

Zu 2 Fehlt eine Qualitätsgeschichte, ist zunächst nach Prüfstufe VI zu prüfen, die eine vergleichsweise große Stichprobe vorschreibt. Werden mehrere Lose hintereinander angenommen, kann jeweils um eine Prüfstufe zurückgegangen werden. Prüfschärfe II entspricht der normalen

Wareneingangsprfllung

131

Prüfung. Die Ablehnung eines Loses führt dazu, daß das nächste Los wieder verschärft geprüft wird. Zu 3 Für jeden Stichprobenplan mit n und c kann angegeben werden, mit welchem Risiko es arbeitet: Die sogenannte Annahmekennlinie gibt an, wie ein Stichprobenplan auf z.B. 100 Lose mit den Fehleranteilen 1, 2, 3 ...% reagiert, d.h. wieviel Lose im Mittel angenommen oder beanstandet werden. Dem Mitarbeiter in der Qualitätsprüfung steht ein Tabellenwerk zur Verfügung, das in Abhängigkeit von der Fehlerart, der Qualitätsgeschichte und dem gewählten Prüfrisiko, den Stichprobenumfang und den Anteil fehlerhafter Produkte zeigt, dessen Oberschreiten zur Ablehnung der Lieferung führt. Der im folgenden dargestellte Auszug aus dem Tabellenwerk der DIN 40080, zeigt einen Stichprobenplan für das Prüfniveau II bei normaler Prüfung:

Einfachstichprobenplan N

• isis

A G I 6,5

AQUO

AOL 15

AQl 2 5

N bzw. 2-0 2-0 8-1

N bzw. 5-1 51 5-1

N bzw. 3-1 3-1 5-2

N bzw 2-1 3-2 5-3

13-1 13-1 20-2

8-1 13-2 20-3

8-2 13-2 20-5

8-3 13-5 20-7

8-5 13-7 20-10

32-2 50-3 80-5

32-3 50-5 80-7

32-5 50-7 80-10

32-7 50-10 80-14

32-10 50-14 80-21

32-14 50-21 50-21

125-5 200-7 315-10

125-7 200-10 315-14

125-10 200-14 315-21

125-14 200-21 200-21

125-21 80-21 80-21

80-21 50-21 50-21

50-21

500-14 800-21 rn 800-21

500-21 500-21 500-21

315-21 315-21 315-21

200-21 200-21 125-21

80-21 125-21 80-21

50-21 80-21 50-21

AOL 1.5

AOL 2,5

8 14 25

N 8-0 8-0

50 2651_™„90 91150

8-0 8-0 32-1

5-0 20-1 20-1

151280 2 8 1 - . — 300 501-—1200

32-1 50-2 80-3

1201-—3200 3201- -10000 10001--35000 35001-150000 i50001-500000 > 500000

215-

AOL 4 , 0

N bzw. 5-0 N bzw. 3-0 3-0 5-5 5-0 3-0

50-21

II

Abbildung 43: Einfachstichprobenplan, normale Prüfung (aus: DGQ (Hrsg.): Stichprobenprüfung anhand qualitativer Merkmale. Verfahren und Tabellen nach DIN 40080, Frankfurt 1986)

132

Wareneingangsprüfung

Anwendung des Stichprobenplans

Bei einem Lieferlos von 1000 Stück und einem AQL von 4,0, wird bei Anwendung des Prüfniveaus II (normale Prüfung), ein Stichprobenplan 80-7 angewendet: Aus dem Los werden 80 Stück geprüft, überschreitet die Anzahl fehlerhafter Produkte den Grenzwert 7, wird die gesamte Lieferung abgelehnt

Zur Beschreibung des Sorgfaltsgrades oder Prüfrisikos wird der AQL verwendet: er kennzeichnet den Fehleranteil in den Losen, bei dem diese mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% angenommen werden. Ein AQL von 1 sagt also aus, daß Lose mit einem Fehleranteil von 1% mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% angenommen und einer Wahrscheinlichkeit von 10% abgelehnt werden. Ein Stichprobenplan, der ein solches Prüfrisiko eingeht nimmt also einen Fehlerdurchschlupf von 1% hin.

Wareneingangsprüfmig

Prüfrisiko und Vereinbarung eines AQL

Kein Prüfverfahren ist ohne Risiko, auch bei einer 100 %-Prüfung muß mit einem Fehlerdurchschlupf gerechnet werden. Eine Stichprobenprüfung verursacht beim Abnehmer das Risiko, daß eine Lieferung angenommen wird, obwohl der Anteil der fehlerhaften Stücke in der Lieferung größer ist, als der Ablehnungsgrenzwert vereinbarte. Der Lieferant muß die Rückweisung einer Lieferung trotz Erfüllung der Qualitätsanforderung hinnehmen. Die Vereinbarung einer Stichprobenprüfung verpflichtet den Abnehmer nicht, bei der Annahmeprüfung unbemerkt gebliebene fehlerhafte Produkte hinzunehmen. Die später festgestellten Mängel gelten als verdeckt, dem Abnehmer stehen die üblichen Ansprüche zu. Die Vereinbarung eines AQL dient allein der Festlegung eines Stichprobenplans, sie berechtigt den Lieferanten nicht, eine bestimmte Menge fehlerhafter Stücke zu liefern I

133

134

Wareneingangsprüfung

Abbildung 44 zeigt die Annahmekennlinie für den Stichprobenplan n=50, c = l (50-1). Sie zeigt, daß ein Los mit einem Fehleranteil von 1 % mit einer Wahrscheinlichkeit von 90,98 % angenommen wird. Ein Los mit einem Fehleranteil von 5 % wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 28,79 % angenommen bzw. mit einer Wahrscheinlichkeit von 71,21 % abgelehnt.

Abbildung 44: Annahmekennlinie 50-1 Wird der Stichprobenumfang vergrößert, verläuft die Annahmekennlinie steiler, d.h. daß Lose mit einem Fehleranteil, der größer ist als der mit dem AQL-Wert verbundene, mit größerer Wahrscheinlichkeit erkannt und abgelehnt werden.

Wareneingangsprüfung

135

Annahmewahrscheinlichkeit

Abbildung 45: Annahmekennlinien für verschiedene n-c-Kombinationen

6.3 Leistungsfähigkeit der Wareneingangsprüfung als Instrument des Qualitätsmanagements

O

Versagen der Wareneingangsprüfung In den letzten Jahren hat sich gezeigt, daß die Wareneingangsprüfung als einzige Qualitätssicherungsmaßnahme nicht mehr ausreichend ist. Eine konventionell durchgeführte Wareneingangsprüfung nach Stichprobenplänen kann niemals die Fehlerfreiheit der zugelieferten Ware gewährleisten. Dagegen sind Hundertprozentprüfungen nicht nur aus zeitlichen und wirtschaftlichen Gründen, sondern vor allem auch bei zerstörenden Prüfverfahren ungeeignet. Zudem haben Untersuchungen ergeben, daß auch Vollprüfungen kein absolut zutreffendes Bild von der Beschaffenheit einer Warenmenge geben. Bei einer Hundertprozentprüfung ist zu erwarten, daß 5 - 20 % der Fehler übersehen werden. Das Erkennen nahezu aller fehler-

136

Wareneingangsprüfung

haften Einheiten einer Warenmenge ist nur durch vollautomatische Sortiermaschinen möglich, deren Anschaffung jedoch mit entsprechend hohen Investitionen verbunden ist. Der Erfolg der Wareneingangsprüfung ist somit in erheblichem Maß abhängig von der Qualifikation und Motivation des Prüfpersonals. Mit einer Prüfung nach Stichproben ist bei einem großen Anteil mangelfreier Stücke kein zuverlässiges Ergebnis zu erreichen. Bei einer Fehlerrate unterhalb etwa 0,1 % (1000 ppm) müßte die erforderliche Stichprobe eine so große Anzahl von Prüflingen umfassen, daß man sich einer 100% Prüfung annähert.

O

Komplexität von Zulieferteilen Ein weiteres Problem stellt der Rückgang der Fertigungstiefe in fast allen Unternehmen dar. Dies hat eine wachsende Komplexität der Zulieferungen zur Folge, wodurch die Möglichkeiten zur qualitativen Beurteilung schwieriger und aufwendiger werden. Der einzelne Abnehmer ist vielfach nicht mehr in der Lage, die Ware entsprechend zu prüfen, da ihm entweder das erforderliche Wissen fehlt, oder die Aufwendungen für die Prüfungen zu hoch sind. Oft verfügt das beschaffende Unternehmen wegen der Fülle der zu prüfenden Materialien nicht über die notwendigen Prüfvorrichtungen. Vielfach ist daher nur der Hersteller in der Lage aufgrund seiner Spezialkenntnisse und seiner technischen Ausrüstung die Qualitätsprüfung in fachmännischer Art durchzuführen.

O

Fertigungssynchrone Beschaffung Auch im Hinblick auf moderne Logistiksysteme stößt die Wareneingangsprüfung an ihre Grenzen. Die termingerechte Lieferung beim Just-in-timeKonzept führt zu einer Verringerung der Lagerbestände von Zulieferungen. Dies macht eine konventionelle Wareneingangsprüfung undurchführbar, da die Anlieferfrequenzen kürzer als die Prüfzeit sind. Früher übliche Zeitreserven für Vorstellung, Stichprobenentnahme, Prüfung, Auswertung und Entscheidung entfallen dadurch. Außerdem ist die Wareneingangsprüfung bei fertigungssynchroner Anlieferung als Qualitätssicherungsmaßnahme schon deshalb nicht ausreichend, weil im Fehlerfall die gesamte Produktion des Abnehmers stillsteht. Werden Fehler erst in der Wareneingangsprüfung entdeckt, ist es oft bereits zu spät, da die Teile so knapp angeliefert werden, daß keine Zeit verbleibt, Ersatz zu beschaffen. Um dies ausgleichen zu können, wird der Abnehmer dazu gezwungen, höhere Lagerbestände zu halben. Außerdem entsteht durch die Rückweisung des Loses, die eine erneute Prüfung bei der Ersatzlieferung bedingt, oder durch eventuelles Nachsortieren erheblicher Zusatzaufwand in der Wareneingangsprüfung.

Wareneingangsprüfung

137

Die Wareneingangsprüfung wird als Kostentreiber erkannt. Auch bei lagerorientierter Bereitstellung des Materials wird die Zeit, die für Wareneingangsprüfung benötigt wird, als problematisch erachtet. Bei starken Schwankungen des Kapazitätsbedarfs in der Wareneingangsprüfung kommt es häufiger zu materialbedingten Produktionsstörungen, weil das Material zwar angeliefert, aber noch nicht freigegeben ist. Unter welchen Bedingungen ein Verzicht auf Wareneingangsprüfung möglich ist und welche Risiken einzukalkulieren sind, wird in Abschnitt 8.8 betrachtet.

Diese Argumente erwecken den Eindruck, als wäre die Wareneingangsprüfung ein veraltetes und unwirksames Instrument des Qualitätsmanagements. Die Wareneingangsprüfung hat jedoch nicht nur die Aufgabe, die Fertigung vor fehlerhaftem Material zu schützen:

O

Bei der Beurteilung der Qualität von Serienteilen, einem Verfahren zur Lieferantenbewertung, wird von den Ergebnissen der Wareneingangsprüfung ausgegangen. Durch dieses Verfahren werden dem Abnehmer wichtige Informationen geliefert, die es ihm ermöglichen, seine Lieferanten sicherer auszuwählen. Zusätzlich wird er darüber informiert, auf welche Schwerpunkte er die meist begrenzte Prüfkapazität konzentrieren kann.

O

Ein weiteres Ziel ist es, dem Lieferanten zu zeigen, inwieweit er den Qualitätsanforderungen des Abnehmers entspricht und welche Schwachstellen nach dessen Meinung zu verbessern sind ("Lieferantenerziehung"). Dies hat besonders durch den Trend zum Single-Sourcing Bedeutung erlangt, da hier eine enge Zusammenarbeit der Handelspartner bei der Qualitätssicherung erforderlich ist.

O

Im Produkthaftungsfalle spielen die Aufzeichnungen der Prüfergebnisse im Wareneingang eine wichtige Rolle für den internen Regreß: Wurde in einem Produkthaftungsfall der Schaden durch ein Zulieferteil verursacht, kann der Geschädigte entweder den Endhersteller oder den Zulieferer verklagen. Wird der Endhersteller verklagt, kann dieser die Haftungspflicht intern auf den Lieferanten abwälzen, wenn er nachweisen kann, daß er bei der Herstellung und bei der Beschaffung mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen ist. In diesem Zusammenhang stellen lückenlos geführte Aufzeichnungen über alle Qualitätsprüfungen des Endherstellers, einschließlich der Wareneingangsprüfung, wichtiges Entlastungsmaterial dar.

138

Wareneingangsprüfung

Voraussetzung dafür ist, daß die Rückverfolgbarkeit der Zulieferteile auf bestimmte Chargen und damit die Zuordnung zu den entsprechenden Prüfprotokollen möglich ist. Zu diesem Zweck muß, wenn nicht schon durch den Zulieferer eine entsprechende Kennzeichnung erfolgt ist, die Chargennummer die Artikelnummer und der Lieferant, die auch auf dem Prüfprotokoll vermerkt sind, auf den geprüften Teilen dauerhaft angebracht werden.

I



Abschnitt 6

O

Je größer die Komplexität der Zukaufprodukte, je geringer die Stichprobe und die Fehlerquote, um so geringer die Leistungsfähigkeit der Wareneingangsprüfung als Instrument der Qualitätslenkung.

O

Die Wareneingangsprüfung verursacht hohe Kosten: Sach- und Personalkosten der Prüfung, lange Durchlaufzeiten, Sach- und Personalkosten für Reklamationsbearbeitung

O

Die Wareneingangsprüfung dokumentiert die Qualitätsgeschichte und liefert damit eventuell Entlastungsmaterial in Produkthaftungsfällen (Qualitätssicherungsfunktion).

O

Die Warengangsprüfung liefert dem Einkauf Informationen über die laufende Qualität von Serienlieferungen und damit die Grundlage für die Verbesserung von Produkten und Prozessen.

O

Eine Prüfanweisung umfaßt Vorgaben über das Prüfverfahren, den Prüfumfang, das Prüfrisiko, die Prüfmittel und das Prüfpersonal.

O

Ein Stichprobenplan gibt den Stichprobenumfang und die Weigerungsgrenze für fehlerhafte Produkte in der Stichprobe an, bei deren Oberschreiten die Lieferung abzulehnen ist.

O

Ein Prüfrisiko besteht für Lieferant und Abnehmer. Die Vereinbarung eines Prüfrisikos sichert dem Abnehmer Gewährleistungsansprüche für Mängel, die aufgrund des Fehlerdurchschlupfs in der Stichprobenprüfung erst später in der Fertigung oder beim Kunden erkannt werden.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

7

Qualitätsmanagementvereinbaningen als Instrument des Qualitätsmanagements

9 •

O

Abschnitt 7

Was unterscheidet Qualitätsmanagementvereinbarungen von kaufmännischen und technischen Lieferbedingungen ?

O

Welche Ziele werden (offiziell und inoffiziell) mit dem Abschluß von Qualitätsmanagementvereinbarungen verfolgt ?

O

Welche Klauseln werden vereinbart, welcher Nutzen und Schaden kann den Vertragspartnern jeweils entstehen ?

O

Wie sind die Klauseln hinsichtlich Zumutbarkeit, Zulässigkeit und Wirksamkeit zu beurteilen ?

O

Ist eine Qualitätsmanagementvereinbarung eine Alternative zur Wareneingangsprüfung ?

O

Kann eine Qualitätsmanagementvereinbarung zugleich zulässig, fair und wirksam sein ?

139

Qualitätsmanagementvereinbarungen

14Q

7.1 Ziele und Inhalte von Qualitätsmanagementvereinbarungen Die Abgrenzung zwischen technischen Lieferbedingungen und Qualitätsmanagementvereinbarungen ist in der Praxis nicht eindeutig und wohl nicht immer gewollt. Technische Lieferbedingungen enthalten produktspezifische und technische Angaben über die Anforderungen an das Zulieferprodukt und legen produktspezifische Prüfverfahren fest. Darüber hinaus enthalten technische Lieferbedingungen häufig Regelungen zur Gewährleistung, zur Zusicherung von Eigenschaften u.a. vertragliche Nebenpflichten des Lieferanten, die eigentlich in die kaufmännischen Lieferbedingungen gehören. Technische Lieferbedingungen sind neben den kaufmännischen Lieferbedingungen unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Kaufvertrags. Qualitätsmanagementvereinbarungen sollen die produktspezifischen Lieferbedingungen ergänzen. Unabhängig vom Zulieferteil sollen hier Absprachen getroffen werden, O

die das Vertrauen in die Qualitätsfähigkeit und -Zuverlässigkeit des Lieferanten stärken

O

die die qualitätssichernden Maßnahmen so auf die Vertragspartner verteilen, daß sie am wirksamsten sind.

O

die eine partnerschaftliche Verteilung von Kosten und Risiken auf die Vertragspartner erreichen.

Qualitätsmanagementvereinbarungen ergänzen die technischen und kaufmännischen Lieferbedingungen. Mit Lieferanten, mit denen eine enge und kooperative Zusammenarbeit angestrebt wird, werden Absprachen getroffen mit dem Ziel: O

Stärkung des Vertrauens in die Qualitätszuverlässigkeit des Lieferanten,

O

wirksamste Verteilung der qualitätssichernden Maßnahmen auf die Vertragspartner und

O

partnerschaftliche Verteilung von Kosten und Risiken auf die Vertragspartner.

Abbildung 46: Offizielle Ziele einer Qualitätsmanagementvereinbarung

Qualitätsmanagementvereinbarungen

141

Wie die Ausführungen in den nächsten Abschnitten zeigen werden, versuchen Abnehmer jedoch häufig, ihre Marktmacht zu nutzen, um durch Verzicht auf Qualitätsprüfungen Kosten auf den Lieferanten abzuwälzen, ohne die Fehlerrisiken zu übernehmen. Qualitätsmanagementvereinbarungen zeichnen sich in der Praxis auch dadurch aus, daß sich der Abnehmer gegenüber seinem Lieferanten so verhält, als sei dieser ein untergeordneter, unwissender und unwilliger Mitarbeiter.

In den folgenden Abschnitten werden einige gebräuchliche Klauseln dargestellt und daraufhin untersucht, ob sie einer partnerschaftlichen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit „preferred suppliers" förderlich sind und ob sie juristisch zulässig sind.

o

Freistellung des Abnehmers von seiner Prüf- und Rügepflicht

o

Vereinbarungen über Qualitätsmanagementmaßnahmen beim Lieferanten

o

Zusicherung von Eigenschaften

o

Freistellungsklauseln hinsichtlich der Produkthaftung

o

Überwachung des Qualitätsmanagements beim Lieferanten durch Audits

o

Dokumentation von Prüfungen und Prüfergebnissen

Abbildung 47: Gebräuchliche Klauseln in Qualitätsmanagementvereinbarungen

142

I



Abschnitt 7.1

O

Qualitätsmanagementvereinbarungen sollen die produktspezifischen, kaufmännischen und technischen Lieferbedingungen ergänzen.

O

Qualitätsmanagementvereinbarungen werden mit Lieferanten getroffen, die als preferred supplier (A-Lieferanten) eingestuft werden.

O

Qualitätsmanagementvereinbarungen werden häufig auch als Qualitätsmanagementvorgaben oder -empfehlungen gegenüber Lieferanten mit relativ geringer Marktmacht eingesetzt.

O

Qualitätsmanagementvereinbarungen haben offizielle und inoffizielle Ziele. Offiziell dienen Qualitätsmanagementvereinbarungen einer Stärkung des Vertrauens in die Qualitätszuverlässigkeit des Lieferanten, der wirksamen Verteilung qualitätslenkender und -prüfender Maßnahmen und der partnerschaftlichen Verteilung von Kosten und Risiken auf die Vertragspartner. Inoffiziell dienen Qualitätsmanagementvereinbarungen auch dazu, Kostenüberwälzungen auf den Lieferanten zu erreichen, ohne Fehlerrisiken und -kosten zu übernehmen.

Qualitätsmanageraentvereinbarungen

143

7.2 Freistellung des Abnehmers von seiner Prüf- und Rügepflicht Die Abbedingung der §§ 377, 378 HGB ist ein zentraler Bestandteil von Qualitätsmanagementvereinbarungen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß neue Entwicklungen in der Logistik, verbunden mit dem Bestreben nach Senkung der Transaktionskosten und Vermeidung von Doppelaufwand, eine Wareneingangsprüfung in der klassischen Ausprägung nicht mehr zulassen und diese außerdem den Zielen der angestrebten Qualitätssicherung vor "Fehlerentstehungs"-Ort entgegensteht. Die Wareneingangsprüfungen stehen dem Bestreben nach Straffung des Materialflusses und Verringerung der Warenbestände durch z.B. Just-In-Time-Delivery entgegen, da die Anlieferfrequenzen kürzer als die Prüfzeiten sind und im Fehlerfall die gesamte Produktion des Abnehmers zum Erliegen kommt. Hinzu kommt, daß zunehmend Komponenten und komplette Systeme angeliefert werden, zu deren Prüfung der Besteller kapazitativ und technisch nicht in der Lage ist. Eine Klausel, die den Abnehmer von der technischen Wareneingangsprüfung befreit, lautet etwa so: „Die Durchführung der erforderlichen Prüfungen soll ausschließlich beim Lieferanten stattfinden. Der Abnehmer prüft die Zulieferprodukte bei Anlieferung nur hinsichtlich der Warengattung, der gelieferten Menge und deutlich erkennbarer Transportschäden. Von der Obliegenheit zur unverzüglichen Untersuchung und Rüge offensichtlicher Mängel (§ 377 Abs. 1 HGB) ist der Abnehmer befreit." Der Lieferant verpflichtet sich damit, dem Abnehmer seine Rechte aus Gewährleistung auch dann zuzugestehen, wenn offene Mängel nicht sofort gerügt werden. § 377 HGB, der die Untersuchungspflicht der eingegangenen Waren durch den Abnehmer regelt, ist dispositives Recht und kann somit in einem Individualvertrag abbedungen werden.

Mit dieser Klausel kommen sog. „ship-to-stock"-Vereinbarungen zustande, bei denen der Abnehmer die angelieferten Produkte erst während der Verarbeitung in einem frühen Stadium der Herstellung des Zwischenprodukts, in das die Ware eingeht, prüft. Die Freistellungsklausel ist auch in Just-In-TimeVerträgen üblich. Die Mängeluntersuchungs- und Rügepflicht des Abnehmers dient dem Schutz des Lieferanten: er soll durch unverzügliche Information in die Lage versetzt werden, weitere Schäden - zum Beispiel durch die Produktion weiterer fehlerhafter Stücke - zu vermeiden. Der Verzicht des Lieferanten auf die unverzügliche Untersuchung und Rüge führt, nach Ansicht des BGH zu einer „unangemessenen Benachteiligung" des Lieferanten. Der uneingeschränkte formularmäßige Ausschluß der §§ 377 und 378 HGB in den AGB ist daher unwirksam.

144

Qualitätsmanagementvereinbarungen

Mit der Verlagerung der Qualitätsprüfung auf den Lieferanten ist zwar eine längere Ungewißheit über den Umfang der Gewährleistungsansprüche verbunden, jedoch kein gestiegenes Produkthaftungs-Risiko für den Lieferant: der Lieferant haftet in jedem Fall für das Teil, das von ihm mit einem Mangel behaftet geliefert wurde. Im Gegensatz dazu steigt das Produkthaftungsrisiko des Abnehmers: ihm kann ein Mitverschulden zur Last gelegt werden, wenn er sicherheitskritische mangelhafte Zulieferteile verarbeitet, ohne sie einer technischen Qualitätsprüfung unterzogen zu haben, d.h. seine Gefahrabwendungspflicht nicht erfüllt zu haben.

I



Abschnitt 7.2

O

Mit der Befreiung des Abnehmers von seiner Prüf- und sofortigen Rügepflicht verzichtet der Lieferant auf den Einwand, daß der Abnehmer den Mangel sofort hätte rügen müssen: Der Abnehmer erweitert dadurch seine Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Lieferanten.

O

Die Freistellungsklausel setzt die Paragraphen 377, 378 HGB außer Kraft. Die Befreiung ist zulässig und sinnvoll, wenn eine Just-InTime-Beschaffung angestrebt wird und wenn eine Prüfung technisch, kapazitativ oder zeitlich nicht durchführbar ist Eine uneingeschränkte Befreiung des Abnehmers von seiner Prüfund Rügepflicht ist nur dann zulässig, wenn die Qualitätsmanagementvereinbarung nicht den Charakter einer allgemeinen Geschäftsbedingung h a t Für sicherheitskritische Produkte ist eine Freistellungsklausel nicht sinnvoll.

Qualitätsmanagementverembarungen

145

7.3 Vereinbarungen über Qualitätsmanagementmafinahmen beim Lieferanten Bei sicherheitskritischen Teilen sollte der Abnehmer, um seinen deliktsrechtlichen Kontroll- und Gefahrabwendungspflichten zu genügen, mit dem Lieferanten ein umfangreiches Qualitätsmanagementsystem vereinbaren und dieses regelmäßig durch Audits überprüfen. Der Verzicht auf die unverzügliche Untersuchungs- und Rügepflicht und stattdessen die Vereinbarungen und Prüfung der qualitätssichernden Maßnahmen beim Lieferanten, haben eine Verlagerung der deliktsrechtlichen Produkthaftung auf den Lieferanten zur Folge. Qualitätsmanagementvereinbarungen werden so formuliert, daß sie auf möglichst viele Produkte anwendbar sind. Qualitätssichernde Maßnahmen unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen und von Produkt zu Produkt. Der Abnehmer wird sich daher entweder darauf beschränken (müssen), eine sehr allgemeine Klausel zu formulieren oder die Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem und damit die einzelnen Sicherungsmaßnahmen festzulegen. Abnehmer, die ihren Lieferanten ein Qualitätsmanagementsystem vorschreiben, greifen auf die eigenen Erfahrungen ihres Qualitätsmanagements zurück. Dabei besteht die Gefahr, daß die Anwendung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, die beim Abnehmer erfolgreich eingesetzt werden, beim Lieferanten nicht sinnvoll möglich sind: die Forderung nach regelmäßigem Nachweis des Prozeßfähigkeitsindex ist beispielsweise nur sinnvoll, wenn an einem Fertigungsprozeß immer die gleichen Qualitätsanforderungen gestellt werden. In der Einzel- und Kleinserienfertigung ist demnach eine Prozeßfähigkeit nicht sinnvoll zu berechnen. Ausführliche Anweisungen, wie der Lieferant sein Qualitätsmanagement im einzelnen zu organisieren hat, greifen so sehr in den Zuständigkeitsbereich des Lieferanten ein, daß sie nicht zumutbar sind. So sollte dem Lieferanten beispielsweise nicht vorgeschrieben werden, daß „er alle Vormaterialien einer 100%igen Wareneingangsprüfung zu unterziehen hat". Grundsätzlich ist es Sache des Lieferanten, wie er sich gegen die Verarbeitung fehlerhaften Vormaterials schützt. Der Versuch, das Qualitätsmanagementsystem des Abnehmers dem Lieferanten „überzustülpen", ist weder sinnvoll noch möglich, wenn dies mehrere Abnehmer vom Lieferanten verlangen. In diesen Fällen muß eine Klausel ausreichen, in der der Lieferant verpflichtet wird, ein wirksames Qualitätsmanagementsystem einzuführen, anzuwenden und aufrechtzuerhalten:

„Zur Sicherstellung der Qualität seiner an xx zu liefernden Produkte verpflichtet sich der Lieferant, in eigener Verantwortung ein wirksames Qualitätsmanagementsystem gemäß einzuführen, anzuwenden und aufrecht zu erhalten."

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Qualitätsmanagementvereinbarungen

Diese Klausel macht es möglich, die Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem des Lieferanten zu präzisieren und danach zu differenzieren, ob der Lieferant als Vorlieferant, Unterlieferant oder Zulieferer tätig sein soll. Da von Zulieferern häufig Entwicklungsleistungen gefordert werden, ist hier ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001 oder einer strengeren Norm zu erwarten, während für Unterlieferanten, die für den Abnehmer als verlängerte Werkbank tätig sind, ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9002 oder ISO 9003 ausreichen wird.

1



Abschnitt 7.3

O

Mit der Vereinbarung und Prüfung eines Katalogs von Qualitätsmanagementmaßnahmen erfüllt der Abnehmer seine Kontroll- und Gefahrabwendungspflichten.

O

Detaillierte Anweisungen oder Empfehlungen über qualitätslenkende und prüfende Maßnahmen beim Lieferanten sind in einer Qualitätsmanagementvereinbarung nur dann sinnvoll, wenn sich diese auf ein bestimmtes Produkt bezieht und der Lieferant ausschließlich für einen bestimmten Abnehmer produziert In allen anderen Fällen müssen allgemein gehaltene Klauseln ausreichen, die den Lieferanten verpflichten, ein wirksames Qualitätsmanagementsystem gemäß einer anerkannten Norm einzuführen und aufrechtzuerhalten. Diese allgemeine Klausel wird jedoch vergleichsweise geringe Wirksamkeit haben.

O

Eine Zusicherung von wesenüichen Produkteigenschaften erweitert die Ansprüche des Abnehmers bei fehlerhaften Lieferungen: er kann Schadenersatz beanspruchen, unabhängig davon, ob der Fehler erheblich ist und ob ein Verschulden des Lieferanten vorliegt.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

147

7.4 Zusicherung von Eigenschaften Eine „Zusicherung von Eigenschaften" verschafft dem Abnehmer eine wesentlich günstigere Anspruchsgrundlage, wenn eine Lieferung fehlerhaft ist: O

O

O

der Lieferant wäre gemäß §§ 463, 635 BGB zum Schadenersatz verpflichtet, er müsse den Abnehmer so stellen, als sei der Schadensfall nicht eingetreten. Der Abnehmer ist demnach bei seinen Ansprüchen nicht auf Neulieferung, Wandlung oder Minderung beschränkt. In anbetracht der Tatsache, daß beim Abnehmer durch mangelhafte Materialqualität erhebliche (Opportunitäts-)Kosten entstehen können, durch Maschinen- und Personenschäden, Produktionsstillstand, erhöhten Aufwand in der Wareneingangsprüfung und im Einkauf, ist die erweiterte Haftung des Lieferanten im Vergleich zur Gewährleistung von großem Interesse für den Abnehmer. der Abnehmer muß bei zugesicherten Eigenschaften nicht darüber streiten, ob ein Mangel „erheblich" ist oder nicht: weist die Ware die „zugesicherten Eigenschaften" nicht auf, kommt es für die Gewährleistungsansprüche nicht darauf an, ob die Ware für den bestimmten Gebrauch noch geeignet ist oder nicht. Der Anspruch auf Schadensersatz besteht unabhängig von einem Verschulden des Lieferanten.

Eine Eigenschaftszusicherung ist nur dann wirksam vereinbart, wenn der Lieferant eine verpflichtende Erklärung abgibt, die seine Bereitschaft erkennen läßt, die erweiterte Haftung zu übernehmen. So werden Katalog- oder Werbeangaben normalerweise nicht als Eigenschaftszusicherung anerkannt.

Die folgende Klausel kann als Eigenschaftszusicherung angesehen werden: „Der Lieferant garantiert, daß die in den Materialspezifikationen geforderten Grenzwerte für jede einzelne Herstellungscharge eingehalten werden" (z.B. Reinheitsgrade, Abmessungen).

Eine gesetzliche Eigenschaftszusicherung liegt vor, wenn der Kunde „wie gehabt" oder „nach Muster" bestellt: § 494 BGB besagt, daß bei einem Kauf nach Probe oder Muster die Eigenschaften der Probe oder des Musters als zugesichert anzusehen sind. Abnehmer versuchen in Qualitätsmanagementvereinbarungen gelegentlich, eine Klausel zu vereinbaren, in der die Qualität, also die geforderten Eigenschaften der Zulieferprodukte - und zwar alle! - zugesichert werden. Eine solche pauschale Zusicherung von Qualität, also nicht nur ein besonderes, für den Abnehmer wesentliches Produktmerkmal, soll zugesichert werden, son-

Qualitätsmanagementvereinbarungen

148

d e m die Mangelfreiheit selbst soll zugesichert werden, verstößt gegen das AGBGesetz. Vereinbaren Lieferant und Abnehmer die Freistellung des Abnehmers von der Prüf- und Rügepflicht und eine EigenschaftszuSicherung, steigt das Haftungsrisiko des Lieferanten erheblich an: Die Eingangsprüfung beim Kunden könnte Fehler erkennbar machen, bevor das Produkt beim Kunden weiterverarbeitet wird und dadurch womöglich ein höherer Schaden entsteht; dem Abnehmer stehen mit dieser Freistellung für offene und verdeckte Mängel die üblichen Ansprüche auf Wandlung, Minderung und Ersatzlieferung zu, aber auch auf Schadenersatz, der aus der Verarbeitung fehlerhafter Komponenten entstanden ist. Der Zulieferer läuft damit Gefahr, mit Schadensersatzforderungen konfrontiert zu werden, obwohl es sich dabei um Schäden handeln kann, die bei einer ordnungsgemäßen Eingangsprüfung beim Abnehmer hätten verhindert werden können. Bei einem vertraglichen Ausschluß der §§ 377, 376 HGB verweigert die konventionelle Industriehaftpflicht den Versicherungsschutz. Aus diesem Grunde gelten derartige vorformulierte Klauseln nach § 9 AGB-Gesetz als rechtswidrig, weil sie eine „unangemessene Steigerung des Haftungsrisikos bei gleichzeitiger Entlastung des Abnehmers ohne ausreichenden Versicherungsschutz" zur Folge haben. Daher sind jeweils individuelle Vereinbarungen erforderlich.

I



Abschnitt 7.4

O

Eine Zusicherung von Eigenschaften erweitert die Ansprüche des Abnehmers bei fehlerhaften Lieferungen: unabhängig vom Ausmaß des Fehlers und vom Verschulden des Lieferanten steht dem Abnehmer Schadensersatz zu, wenn das gelieferte Produkt die zugesicherten Eigenschaften nicht aufweist.

O

Eine Eigenschaftszusicherung kommt durch eine ausdrückliche Garantieerklärung des Lieferanten zustande; durch einen „Kauf nach Muster" oder einen „Kauf wie gehabt".

O

Die Qualität eines Produkts kann nicht wirksam zugesichert werden, wenn die Vereinbarung unter das AGB-Gesetz fällt.

O

Eine Freistellung des Abnehmers von seiner Prüf- und Rügepflicht und eine Eigenschaftszusicherung steigert das Haftungsrisiko des Lieferanten erheblich

Qualitätsmanagementvereinbarungen

149

7.5 Freistellungskiauseln hinsichtlich der Produkthaftung Mit einer Freistellungsklausel soll der Lieferant erklären, daß er den Abnehmer gegenüber Dritten freistellt, wenn der Schaden durch eine von ihm gelieferte Komponente verursacht worden ist. Sind bestimmte materielle Voraussetzungen gegeben (z.B. ausreichende Qualifikation und Zuverlässigkeit des anderen Unternehmens, konkrete Bezeichnung der übertragenen Sicherungspflichten), so können deliktrechtliche Verkehrssicherungspflichten (z.B. Durchführung von Qualitätsprüfungen) durch Qualitätsmanagementvereinbarungen vom Hersteller auf den Lieferanten übertragen werden. Dies hat eine Haftungsbefreiung des Herstellers und eine Haftungskonzentration auf den Lieferanten und dadurch den Verlust eines potentiellen Anspruchsgegners für den geschädigten Dritten zur Folge. Diese Übertragung von Verkehrssicherungspflichten ist jedoch nur im Bereich des verschuldensabhängigen Produkthaftungsrechts von Bedeutung und relevant. Im Anwendungsbereich des neuen Produkthaftungsgesetzes ist eine Haftungsbefreiung von keinem der an der Fertigung eines Produktes beteiligten Unternehmen erreichbar: im § 14 ProdHaftG werden sämtliche Vereinbarungen für nichtig erklärt, die die Ersatzpflicht eines Herstellers im voraus ausschließen oder auch nur einschränken. Im neuen Produkthaftungsgesetz ist die Verantwortlichkeit von Zulieferer und Finalproduzenten (Endhersteller) klar abgegrenzt: Der Zulieferer haftet direkt und gesamtschuldnerisch, wenn das von ihm zugelieferte Teil fehlerhaft war. Es sei denn er kann beweisen, daß der Fehler durch die Konstruktion des Produkts vorliegt, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde oder durch die Anleitungen des Herstellers verursacht worden ist. Somit wirken Qualitätsmanagementvereinbarungen Dritten gegenüber für den Zulieferanten entlastend, da ihm Fehler, die auf Vorgaben des Finalproduzenten beruhen, nicht zugerechnet werden. Der Finalproduzent haftet unabweisbar für die Fehler des zuvor Tätigen, wie wenn er selbst geliefert hätte. Daher ist für den Hersteller der interne Regreß aufgrund der Qualitätsmanagementvereinbarungen von besonderer Bedeutung. Die vertraglichen Regelungen von Qualitätsmanagementvereinbarungen bleiben im Innenverhältnis wirksam, auch wenn sie im Außenverhältnis gemäß § 14 ProdHaftG nichtig wären. In der gesetzlichen Begründung zum Produkthaftungsgesetz wird hierzu klargestellt, daß weder § 14 noch § 5 Satz 2 ProdHaftG interne Vereinbarungen zwischen den einzelnen Herstellern ausschließen sollen. Somit haben produkthaftungsrechtliche Regelungen in Qualitätsmanagementvereinbarungen besondere Bedeutung für den internen Regreß im Haftungsfalle. Im Innenverhältnis kann eine Freistellungsklausel zu einer Haftungsverlagerung führen, wenn der Lieferant auch für Schäden haften soll, die eigentlich in den Verantwortungsbereich des Abnehmers fallen: z.B. hat der Abnehmer keine

Qualitätsmanagementvereinbarungen

150

Rückrufaktion durchgeführt, um den Schaden zu mindern und trägt damit eine Mitverantwortung für die Höhe der Fehlerfolgekosten. Die geforderte Dokumentation der Qualitätssicherungsmaßnahmen ermöglicht außerdem die Feststellung des Verschuldensgrades zur Regreßberechnung. Dies kann im Schadensfall aufgrund des Gesamtschuldnerprinzips von großer wirtschaftlicher Bedeutung sein.

I



Abschnitt 7.5

O

Klauseln zur Befreiung des Abnehmers von der Produkthaftung sind im Innenverhältnis wirksam und haben große Bedeutung für den internen Regreß im Haftungsfalle.

O

Der Abnehmer kann sich von der verschuldensunabhängigen Produkthaftung gegenüber dem Endverbraucher nicht wirksam befreien. Etwaige Klauseln in der Qualitätsrnanagementvereinbarung sind unwirksam.

O

Der Abnehmer kann sich von der deliktischen Produkthaftung befreien, wenn er nachweist, daß er Verkehrssicherungspflichten auf den Lieferanten übertragen hat und er die Qualitätsmanagementmaßnahmen des Lieferanten regelmäßig überprüft.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

151

7.6 Überwachung der Qualitätssicherung beim Lieferanten durch Audits Unter einem Audit versteht man eine Untersuchung, durch die Vorhandensein, sachgerechte Anwendung und Wirksamkeit von qualitätssichernden Vorschriften, Maßnahmen und Abläufen beurteilt werden soll. Interne Audits sind ein wichtiges Mittel, das dem Management bei der Wahrnehmung seiner Führungsaufgabe dazu dient, die Anwendung und die Wirksamkeit qualitätssichernder Maßnahmen zu überwachen. Abnehmer verlangen in Qualitätsmanagementvereinbarungen häufig, auch beim Lieferanten Audits durchzuführen. Eine typische Klausel ist die folgende: „Der Lieferant gestattet Beauftragten von xxx, nach rechtzeitiger Vorankündigung die Überprüfung seines Qualitätsmanagementsystems (Qualitätsaudit). Die Beauftragten von xxx erhalten zu diesem Zweck Zutritt zu allen Produktionsstätten des Lieferanten. Der Lieferant wird den Beauftragten von xxx bei diesen Audits alle erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen und die gewünschten Auskünfte erteilen."

Daß eine solche Klausel als qualitätslenkende Maßnahme sinnvoll und fair ist, darf bezweifelt werden: O

Bei Erfüllung der vom Abnehmer gestellten Anforderungen, kann durch ein Audit nur festgestellt werden, weshalb die Qualität gut ist.

O

Audits aus Anlaß schlechter oder nachlassender Qualität lasse sich auch ohne Qualitätsmanagementvereinbarungen durchführen, wenn der Lieferant an einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung interessiert ist und ein vertrauensvolles Verhältnis zum Lieferant besteht.

O

Bevor der Abnehmer ernsthaft erwägen wird, Rechte aus einer Auditklausel einzuklagen, wird er die Geschäftsbeziehung abbrechen.

O

Der Lieferant muß befürchten, daß ein Kunden-Audit auf Ausforschung angelegt ist.

O

Der Lieferant soll „irgendwelchen Beauftragten" Zutritt gestatten und Auskünfte erteilen. Diese völlig unbestimmte Formulierung läßt sogar zu, daß der Abnehmer Mitarbeiter eines Unternehmens beauftragt, das mit dem Lieferanten konkurriert.

O

Der Lieferant soll sich verpflichten, alle gewünschten Auskünfte zu erteilen und unbestimmte Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Lieferant muß

Qualitätsmanagementvereinbarungen

152

befürchten, daß er auch Know-how preisgeben und Informationen über Vorlieferanten und Preise von Materialien geben muß. Aus diesen Überlegungen ist zu folgern, daß bei fairer und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Lieferanten eine Audit-Klausel nicht erforderlich ist. Mit einem Lieferanten, mit dem eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht möglich oder erwünscht wird, werden keine Qualitätsmanagementvereinbarungen abgeschlossen. Die Durchführung eines Audits beim Lieferanten ist jedoch als Instrument der Qualitätssicherung (Nachweisfiihrung) bei solchen Zulieferprodukten notwendig, die Produkthaftungsrisiken aufweisen, um der Gefahrabwendungsund Kontrollpflicht des Abnehmers zu genügen.

1

• O

Abschnitt 7.6

Eine Audit-Klausel ist bei fairer und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Lieferanten nicht notwendig und nicht sinnvoll. Bei Interesse des Lieferanten an einer längerfristigen Zusammenarbeit wird er dem Abnehmer bei Qualitätsproblemen auch ohne Klausel das Recht gewähren, ein Audit durchzuführen. Die regelmäßige Durchführung von Audits ist bei sicherheitskritischen Produkten eine notwendige Maßnahme, um die Verkehrssicherungs- und Kontrollpflichten des Abnehmers zu erfüllen.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

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7.7 Dokumentation von Prüfungen und Prüfergebnissen Im Zusammenhang mit dem vereinbarten Qualitätsmanagementsystem wird oft die Forderung gestellt, daß der Lieferant die durchgeführten Prüfungen dokumentiert und diese Ergebnisse über einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt. Diese Verfahrensweise ist wichtig für die Entlastungsmöglichkeiten durch das ProdHaftG. Wie unter 1.3 angesprochen, trifft den Hersteller kein Ersatzanspruch, wenn er nachweisen kann, daß der schadensverursachende Fehler zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens noch nicht vorlag. Somit ist die Vorlage von Prüfberichten ein sehr gutes Mittel zur Entlastung von Hersteller und Lieferant. Daher ist die Anfertigung und Aufbewahrung solcher Prüfberichte als sehr sinnvoll für beide Partner zu erachten. Allerdings stellt sich in der Praxis jeweils die Frage, wie lange solche Dokumentationen aufzubewahren sind. Aus Sicht des ProdHaftG müßte man einen Zeitraum von 10 Jahren ab dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts ansetzen, da die Ansprüche aus dem ProdHaftG danach erloschen sind, wenn bis dahin über einen Anspruch noch kein Rechtsstreit oder Mahnverfahren eingeleitet wurde. Für Ansprüche aus der verschuldensabhängigen Produkthaftung kann eine Verjährung nach § 852 BGB allerdings bis zu 30 Jahren betragen. Somit ist in der Praxis eine Abwägung, zwischen dem Aufwand durch die Aufbewahrung der Dokumentationen und dem Risiko, bezüglich eines möglichen Anspruchs mangels Prüfbericht nicht beweisfahig zu sein, zu treffen.

s



O

Abschnitt 7.7

Die Dokumentation von Prüfungen und -ergebnissen und deren Aufbewahrung ist ein wichtiges Mittel zur Entlastung des Herstellers und des Lieferanten bei Produkthaftungsansprüchen. Sie ist deshalb für sicherheitskritische Produktmerkmale von großer Bedeutung.

154

Qualitätsmanagementvereinbarungen

7.8 Qualitätsmanagementvereinbarungen als Ersatz für Wareneingangsprüfungen ? Vor allem terminliche und wirtschaftliche Überlegungen spielen eine Rolle, wenn ein völliger Verzicht auf die Wareneingangsprüfung gefordert wird. Neben der Reduzierung der Lager- und Prüfkosten wird dabei auch eine Verkürzung der Durchlaufzeiten angestrebt. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen erscheint es nicht sinnvoll, im Wareneingang die gleiche Prüfung noch einmal zu wiederholen, die der Lieferant als Warenausgangsprüfung bereits durchgeführt hat. Bin Verzicht auf die handelsrechtlich bedingte Wareneingangsprüfung ist ohne weiteres möglich, da sie nur als Obliegenheit betrachtet wird und die Gewährleistungsansprüche durch entsprechende Regelungen im Liefervertrag ausreichend sichergestellt werden können. Bei sicherheitskritischen Zulieferprodukten, die einen Personen- oder Vermögensschaden auslösen können, kommt der Abnehmer seiner Gefahrabwendungspflicht nicht nach, wenn er sich auf die sorgfältige Auswahl seiner Lieferanten und eine periodische Auditierung des Qualitätsmanagementsystems seiner Lieferanten beschränkt und wird daher im Schadensfall mindestens ein Mitverschulden verantworten. Zwar bestehen die Maßnahmen des Abnehmers zur Sicherung der Zulieferqualität schon lange nicht mehr aus hundertprozentigen Wareneingangsprüfungen, jedoch ist es genauso unzureichend, das ganze Gewicht auf die Prüfung und Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen zu legen. Ein gewisses Mindestmaß an produktbezogener Prüfung ist nach wie vor notwendig, denn die Wirksamkeit der Verfahren, die der Lieferant zur Qualitätssicherung seiner Produkte anwendet, kann letztendlich nur am Produkt selbst gemessen werden. Oft wird nicht in die Betrachtung mit aufgenommen, daß zwischen der Qualitätsprüfung beim Lieferanten und der Anlieferung beim Abnehmer, eine Reihe weiterer Prozesse zu durchlaufen sind. In diesem Zeitraum können Fehler auftreten, die eine erneute Prüfung im Wareneingang des Abnehmers erforderlich machen.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

155

Zur Verdeutlichung sind hier einige potentielle Fehler genannt: O

Nach der Qualitätsprüfung werden aussortierte Produkte versehentlich mit den fehlerfreien Teilen vermischt und mitgeliefert.

O

Falsche Lagerbedingungen oder eine zu lange Lagerdauer können im Lager des Lieferanten oder des Spediteurs zum Verderb der Ware führen.

O

Beim Transport kann die Ware durch Temperatur- und Witterungseinflüsse, falsche Verpackung oder Beschädigung Qualitätseinbußen erleiden.

O

Der Lieferung sind ähnliche Teile beigemischt, die nur geringfügig abweichen und deshalb kaum zu erkennen sind.

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Durch Falschverpackung oder Falschetikettierung ist es möglich, daß der Abnehmer ein falsches Produkt geliefert bekommt, das nicht ohne nähere Prüfung vom richtigen zu unterscheiden ist.

Die Prozesse müssen daraufhin untersucht werden, welche potentiellen Fehler in jedem einzelnen Prozeßschritt auftreten können und welche Folgen sie haben. Zur wirkungsvollen Fehlerverhütung müssen entsprechende Maßnahmen festgelegt werden und durch eine Qualitätsmanagementvereinbarung deren Anwendung gesichert werden. Erst dann ist eine Reduzierung der Wareneingangsprüfung möglich. Je größer das verbleibende Risiko für das Auftreten von Fehlern ist, desto engmaschiger sind die Stichprobenprüfungen im Wareneingang anzulegen. Eine Beschränkung der Wareneingangsprüfung auf eine Identitätsprüfung ist vertretbar, wenn alle dazwischenliegenden Prozesse von den Beteiligten völlig beherrscht werden, so daß Fehlermöglichkeiten nahezu ausgeschlossen sind und nur ein geringes Restrisiko verbleibt. Diese Voraussetzungen müssen allerdings auf jeden Fall erfüllt sein, da andernfalls weder die Sorgfaltspflicht zur Überwachung des Zulieferers erfüllt wird, noch ein ausreichender Schutz der eigenen Fertigung gewährleistet ist. Ein völliger Prüfverzicht ist jedoch nicht möglich, da die Prüfungen auf Verpakkungs- und Transportschäden, Identität der Bestellung mit der Bestellung, angegebene Menge und Kennzeichnung auf Verpackung und Ware, unverzichtbare Elemente der Wareneingangsprüfung darstellen und unbedingt durchzuführen sind.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

156

O

Unmittelbar messbaren Nutzen hat eine Qualitätsmanagementvereinbarung, wenn sie die Wareneingangsprüfung überflüssig macht.

O

Die Wareneingangsprüfung hat die Funktion, Gewährleistungsansprüche bei fehlerhaften Lieferungen zu erhalten. Diese Funktion kann durch eine Qualitätsmanagementvereinbarung ersetzt werden (Freistellung von der Prüf- und Rügepflicht).

O

Die Wareneingangsprüfung hat die Funktion, die Fertigung vor fehlerhaften Zulieferteilen und deren Folgen zu schützen. Diese Funktion kann die Qualitätsmanagementvereinbarung teilweise erfüllen, indem mit dem Lieferanten Qualitätsmanagementmaßnahmen vereinbart werden und für wesentliche Produkteigenschaften eine Zusicherung vereinbart wird. Wenn zwischen Warenausgangs- und -eingangsprüfung noch fehleraniallige Prozesse zu durchlaufen sind, kann auf die Wareneingangsprüfung nicht völlig verzichtet werden.

O

Die Wareneingangsprüfung hat die Funktion, Gefahrabwendungsund Kontrollpflichten bei sicherheitskritischen Teilen zu erfüllen. Diese Funktion kann von einer Qualitätsmanagementvereinbarung nicht allein erfüllt werden.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

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7.9 Qualitätsmanagementvereinbarungen als allgemeine Geschäftsbedingung Ob es sich bei Qualitätsmanagementvereinbarungen um einen Individualvertrag handelt oder um Allgemeine Geschäftsbedingung, hat entscheidende Konsequenzen für den rechtlichen Rahmen und damit für die Wirksamkeit der Vereinbarungen: Als Individualvertrag käme eine Inhaltsprüfung der Klauseln nur ausnahmsweise gemäß den §§ 138, 242 BGB in Betracht, als Allgemeine Geschäftsbedingung müßte auf jeden Fall geprüft werden, ob sie mit § 9 AGBG vereinbar sind. Dabei ist es nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AGBG unerheblich, „ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfaßt und welche Form der Vertrag hat". Entscheidend ist allein, „ob es sich bei den Qualitätsmanagementvereinbarungen gemäß der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AGBG um Vertragsbedingungen handelt, die vorformuliert für eine Vielzahl von Verträgen die eine Vertragspartei der anderen stellt, ohne daß sie ausgehandelt worden sind". Nach diesen Kriterien soll im folgenden geprüft werden.

Vorformulierung Das Merkmal der Vorformulierung ist ein entscheidendes Kriterium bei der Abgrenzung des Individualvertrags von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen handelt es sich um Vertragsbedingungen, die nicht für ein konkretes Rechtsgeschäft, „sondern als Grundlage und Rahmen für gleichartige Rechtsgeschäfte mit verschiedenen Kunden aufgestellt" sind, so daß sie beim konkreten Vertragsabschluß fertig vorliegen. Für den Hersteller und Verwender von Qualitätsmanagementvereinbarungen bedeutet dies: Wird die Vereinbarung von Anfang an so formuliert, daß sie gegenüber allen oder zumindest mehreren nicht konkretisierten Zulieferern angewandt werden kann und soll, so ist sie vorformuliert. Wird sie jedoch nur mit einem Zulieferer vereinbart, dann gilt sie nicht als vorformuliert, auch wenn mit diesem eine Vielzahl von Geschäften getätigt werden sollen.

Da, wie oben beschrieben, Qualitätsmanagementvereinbarungen dazu dienen, die Qualität der zugelieferten Teile und damit der Endprodukte zu sichern, wird es nicht genügen, nur einen Lieferanten in das System einzugliedern, sondern alle müssen daran beteiligt werden, so daß im Interesse gleichbleibender gesicherter Qualität, Qualitätsmanagementvereinbarungen mit allen wesentlichen Lieferanten vereinbart werden müssen und somit zwangsläufig eine Vorformulierung entsteht.

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Qualitätsmanagementvereinbarungen

Für eine Vielzahl von Verträgen Der soeben erläuterte Sachverhalt läßt sich auch auf das Kriterium der „Vielzahl" übertragen. Herrschen Zweifel, weil die Vereinbarungen z.B. nur mit ganz speziellen Zulieferern getroffen werden sollen, so gilt nach dem Stand der Rechtsprechung die Regel, daß mit drei bis fünf Anwendungen die "Vielzahl" einsetzt.

Stellen der Vertragsbedingungen Da das AGB-Gesetz dem Schutz des Vertragspartners vor dem AGB-Anwender dient, soll mit diesem Kriterium festgestellt werden, wer als Verwender gilt. Dies ist im Regelfall die Partei, die die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag verlangt. Bei Qualitätsmanagementvereinbarungen ist folglich der Abnehmer als solcher anzusehen. Auch wenn er einwenden sollte, daß die Vereinbarungen zur Qualitätssicherung aufgrund beiderseitiger Einigung erfolgt sind, so ist damit lediglich der Vertragsabschlußfreiheit Rechnung getragen, nicht jedoch der Vertragsgestaltungsfreiheit und schon gar nicht der Frage, von wem die Initiative zum Abschluß ausgegangen ist. Ebenso ändert eine eventuelle Einflußnahme des Zulieferers auf den Inhalt nichts an der Tatsache, daß Verwender die Partei ist, die die Einbeziehung der Vereinbarungen gefordert hat. Es kann höchstens auf das nächste Kriterium, das „Aushandeln" Einfluß haben.

Aushandeln der Qualitätsmanagementvereinbarungen Gemäß § 1 Abs. 2 liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vor, „sofern die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im einzelnen ausgehandelt sind". Nach Rechtsprechung des BGH ist „Aushandeln" mehr als „Verhandeln". Dies bedeutet, der Verwender muß zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen „gesetzesfremden" Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelungen ändernden oder ergänzenden Bestimmungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen, mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbestimmungen zu beeinflussen. Dabei ist die „Abänderungsbereitschaft" nicht ausreichend, sie muß sich in aller Regel auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes niederschlagen. Zu beachten ist auch, daß sich das Kriterium des Aushandelns auf jede einzelne Geschäftsbedingung bezieht und nicht auf alle insgesamt, d.h. bei Aushandeln einzelner Regelungen bleiben die übrigen dennoch Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

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Aus den vorangegangenen Erläuterungen ist ersichtlich, daß Qualitätsmanagementvereinbarungen als vom Hersteller verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen einzuordnen sind und dies auch vor dem Hintergrund eines generellen und umfassenden Qualitätsmanagements als berechtigte Schlußfolgerung anzusehen ist.

s

• O

Abschnitt 7.9

Hat eine Qualitätsmanagementvereinbarung den Charakter einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, muß bei der Gestaltung der Klauseln jeweils deren Verträglichkeit mit den strengen Auflagen des AGB-Gesetzes sichergestellt werden: -> der uneingeschränkte formularmäßige Ausschluß der Prüfund Rügepflicht ist nicht zulässig, -> eine Eigenschaftszusicherung und ein Ausschluß der Prüfund Rügepflicht für das betreffende Produktmerkmal ist rechtswidrig.

O

Qualitätsmanagementvereinbarungen werden - wenn sie wirksam formuliert und angewendet werden sollen - den Charakter einer Allgemeinen Geschäftsbedingung erhalten: Qualitätsmanagementvereinbarungen werden mit allen wesentlichen Lieferanten abgeschlossen und angewendet. Dadurch entsteht das Merkmal Vorformulierung. -> Qualitätsmanagementvereinbarungen werden für eine Vielzahl von Verträgen angewendet. -> Qualitätsmanagementvereinbarungen werden vom Abnehmer als Vertragsbedingung gestellt, da dieser der Initiator und Nutznießer der Vereinbarungen ist. -> Qualitätsmanagementvereinbarungen werden zwar im beiderseitigen Interesse abgeschlossen, dennoch hat der Lieferant i.d.R. nicht die Möglichkeit, erkennbare Änderungen der Vertragsbedingungen durchzusetzen, die Bedingungen werden demnach nicht ausgehandelt.

Qualitätsmanagementvereinbarungen

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7.10 Faire und zulässige Qualitätsmanagementvereinbarungen Faire Qualitätsmanagementvereinbarungen zwischen Abnehmer und Zulieferer liegen vor, wenn sie O

zwischen Spezifikationen einer Zulieferleistung und Qualitätsmanagementmethoden zur Sicherung der spezifizierten Qualitätsmerkmale klar unterscheiden,

O

einvernehmlich und eindeutig definierte Spezifikationen enthalten, ohne diesen den Rang zugesicherter Eigenschaften oder Garantien beizulegen,

O

wegen Regelungen, wie beispielsweise über •

Prüfabläufe und Prüfinhalte



Dokumentation und Aufbewahrungsfristen



Einsichtnahme in Prüfaufzeichnungen



Gegenseitige Informationspflichten bei Änderungen von Produkt oder Prozeß



Vorgehen bei Qualitätsabweichungen und -prüfungen

keinem Beteiligten unangemessene Auflagen und Kosten auferlegen und O

sich jeder Regelung enthalten, die den Haftpflichtversicherungsschutz eines Beteiligten nachteilig beeinflussen.

Qualitätsmanagementverembarungen

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Die einzige Qualitätsmanagementvereinbarung, die von einer qualifizierten, unabhängigen, öffentlichen Institution rechtlich geprüft wurde, sind die vom Gesamtverband der kunststoffverarbeitenden Industrie (GKV) beim Bundeskartellamt angemeldeten Qualitätsmanagementbedingungen. Ihr wesentlicher Inhalt:

1.

"Der Lieferer ist durch vollständige, technische Unterlagen über das herzustellende Produkt rechtzeitig, spätestens bis zur Auftragsbestätigung, zu informieren ...

2.

Der Lieferer verantwortet die Qualität der von ihm gelieferten Muster und Serienerzeugnisse entsprechend der in den technischen Unterlagen angegebenen Qualitätsmerkmale. Er sorgt durch ein wirksames Qualitätsmanagementsystem oder durch geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen dafür, daß die vereinbarte Qualität erreicht wird. Diese Verpflichtung entbindet den Besteller nicht von seiner Pflicht zur Eingangs- bzw. Gegenprüfung. Der Lieferer gewährleistet nicht die Funktionsfähigkeit des gelieferten Erzeugnisses als Teil eines Gesamtproduktes ...

3.

Lieferer und Besteller werden Prüfmethoden und Prüfmittel miteinander abstimmen und diese Abstimmung schriftlich festlegen ...

4.

Vor der Lieferung muß der Lieferer die aus dem Fertigungsmittel stammende vereinbarte Mustermenge mit Prüfberichten unter Angabe der verwendeten Prüfmittel dem Besteller vorlegen. Der Besteller muß schriftlich zur Mustervorlage Stellung nehmen und gegebenenfalls Freigabe erteilen. Mit der Freigabe akzeptiert der Besteller den Qualitätszustand der ihm vorgelegten Teile als für ihn verbindlich ...

5.

Sollten die mit dem Auftrag und seinen Anlagen festgelegten Produkt- bzw. Qualitätsmerkmale oder Prüfmethoden geändert werden, so ist dies durch Vereinbarungen zwischen Besteller und Lieferer schriftlich festzulegen. Änderungsbedingte Qualitätsminderungen unterliegen der Verantwortung desjenigen, der die Änderung verlangt...

6.

Abweichungen und Ergänzungen der vorstehenden Bedingungen sind in schriftlichen Sondervereinbarungen zu regeln".

Qualitätsmanagementvereinbarungen

162

I

Abschnitt 7.10

Qualitätsmanagementvereinbarungen, die geeignet sind, eine partnerschaltliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit A-Lieferanten zu fördern, O

vermeiden eine Vermischung von technischen und kaufmännischen Lieferbedingungen mit Qualitätsmanagementvereinbarungen,

O

fordern keine Spezifikationen und Qualitätsmanagementinstrumente, sondern vereinbaren diese,

O

vermeiden ein heimliches Abwälzen von Kosten und Risiken auf den Lieferanten.

Eine in allen Punkten auf Zulässigkeit geprüfte Qualitätsmanagementvereinbarung beschränkt sich auf Klauseln üben O

Informationspflichten der Partner,

O

Verantwortungsbereiche des Lieferanten sowie des Abnehmers und

O

Abstimmungsbedarf.

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Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QM-Instrumente

8

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QuaJitätsmanagement-Instrumente

Bei der Darstellung der Wirkungsweise und der Gestaltungsmöglichkeiten der Qualitätsmanagement-Instrumente wurde immer wieder darauf verwiesen, daß die Instrumente nicht bei jedem Produkt und in jeder Beschaffungssituation die gleiche Wirksamkeit und Effizienz aufweisen. Die Auffassung des total quality management, daß präventives Qualitätsmanagement grundsätzlich wirksamer und kostengünstiger ist als reaktives Qualitätsmanagement, kann deshalb für die Beschaffung nicht ohne Einschränkungen übernommen werden.

9 •

Q

Abschnitt 8

Wie kann die Wirksamkeit und Effizienz der Qualitätsmanagementinstrumente optimiert werden ?

O

Wie und zu welchem Zweck führt man eine ABC- und eine PortfolioAnalyse durch ?

O

Wie können strategische Situationen im Qualitätsmanagement klassifiziert werden ?

O

Wodurch unterscheiden sich Qualitätsmanagementstrategien und in welchen Situationen sind sie angebracht ?

Um die Wirksamkeit und die Effizienz der Instrumente zu optimieren, sollte die Auswahl und die Gestaltung der Instrumente systematisch geplant und durchgeführt werden, mit dem Ziel, die Instrumente situationsgerecht und strategisch einzusetzen. Eine systematische Planung im Qualitätsmanagement müßte folgendermaßen vorgehen: O

Analyse der Beschaffungssituation und Zielplanung mit der ABC- und der Portfolio-Analyse.

O

Entwicklung einer Qualitätsmanagementstrategie.

O

Wahl und Gestaltung der Qualitätsmanagement-Instrumente chend der gewählten Qualitätsmanagementstrategie.

entspre-

164

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QM-Instrumente

Die systematische Planung im Qualitätsmanagement muß damit beginnen, die strategischen Erfolgsfaktoren des Qualitätsmanagements zu definieren und die Produkte des Beschaffungsprogramms entsprechend zu klassifizieren. Die Wirksamkeit und die Effizienz der zur Verfügung stehenden Instrumente wird von den folgenden Faktoren wesentlich beeinflußt: O

Qualitätsrisiko, also Häufigkeit, Umfang und Dauer von Mängeln in den Leistungsmerkmalen,

O

Höhe der Fehlerkosten,

O

Prüfbarkeit der Leistungsmerkmale in der Wareneingangsprüfung im Hinblick auf Zeit, Kosten, Prüftechnik und -verfahren,

O

systematische Variabilität des Prozesses,

O

Kenntnis der qualitätsrelevanten Prozeßparameter,

O

Möglichkeiten der Einflußnahme auf wichtige Prozeßparameter (Macht, Technik) und

O

Kosten des Instrumenteneinsatzes.

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QM-Instrumente

jjj|

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Erfolgsfaktoren des Qualitätsmanagements

Erfolgsfaktoren des Qualitätsmanagements sind die Einflüsse, die die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Instrumente bestimmen: O

Qualitätsrisiko,

O

Höhe der Fehlerkosten,

O

Prüfbarkeit der Leistungsmerkmale,

O

systematische Variabilität des Prozesses,

O

Kenntnis der qualitätsrelevanten Prozeßparameter,

O

Möglichkeiten der Einflußnahme auf wichtige Prozeßparameter und

O

Kosten des Instrumenteneinsatzes.

Der erste Planungsschritt begründet sich durch die Erfahrung, daß das Verhältnis von Nutzen und Kosten des Einsatzes beschaffungspolitischer Instrumente verbessert werden kann, wenn von einer Gleichbehandlung aller Beschaffungsobjekte auf eine differenzierte Behandlung übergegangen wird. Da eine individuelle auf die Merkmale des Beschaffungsobjektes und der Beschaffungssituation zugeschnittene Zielplanung und Strategieentwicklung zu einem übermäßigen Planungsaufwand führen würde, versucht man im ersten Schritt eine Klassifizierung der Beschaffungsobjekte und der Beschaffungssituationen vorzunehmen, mit dem Anspruch, daß die in einer Klasse zusammengefaßten Produkte weitgehend homogene Merkmale aufweisen und von den Produkten der übrigen Klassen unabhängig sind, so daß klassenspezifische Standardstrategien und Ziele entwickelt werden können. In Anlehnung an die klassische ABC-Analyse, die nach dem Kriterium Anteil am Einkaufsvolumen klassifiziert, kann zunächst eine Einteilung der Produkte nach den Kriterien Fehlerkosten und Qualitätsrisiko erfolgen.

166

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QM-lnstrumcnte

Je höher die Fehlerkosten und das Qualitätsrisiko, O

desto größer ist der Nutzen einer erzielten Qualitätsverbesserung,

O

um so eher lohnt sich der Einsatz kostenintensiver präventiver und prüfender Qualitätsmanagementinstrumente.

Je geringer dagegen die systematische Variabilität eines Prozesses ist, um so größer werden die Kosten sein, weitere Prozessverbesserungen zu erreichen. Entsprechend der Portfolio-Analyse, die eine Positionierung mittels zweier strategischer Erfolgsfaktoren vornimmt, kann ein Qualitätsportfolio erstellt werden:

Qualitätsrisiko

A

hoch

IV

I

genng

III

II

gering

hoch Fehlerkosten

Abbildung 48: Qualitätsportfolio

Aus dieser Positionierung können bereits strategische Stoßrichtungen und klassenspezifische Ziele abgeleitet werden. A-Produkte im Sinne der ABC-Analyse sind die Beschaffungsobjekte, die im 1. Quadranten positioniert sind, weil sie gleichzeitig ein hohes Qualitätsrisiko und hohe Fehlerkosten aufweisen. Ziel der zu entwickelnden Qualitätsstrategie kann eine Reduzierung der Anfälligkeit des abnehmenden Unternehmens gegenüber den Qualitätsrisiken sein, und/oder eine Reduzierung des Risikos. Eine Anpassungsstrategie verhält sich gegenüber den Ursachen des Risikos passiv und versucht, die negativen Wirkungen auf das abnehmende Unternehmen zu begrenzen, indem sie reaktiv arbeitet (Wareneingangsprüfung, vertragliche Regelungen zur Risikoüberwälzung, Versicherung) oder präventive Instrumente einsetzt, um die vorhandenen Risiken frühzeitig zu bemerken und deren Auswirkungen auf das Unternehmen zu vermeiden. Die Anpassungsstrategie verhält sich zwar (gegenüber den Ursachen der Risiken) passiv, könnte aber

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QM-Instrumente

167

betriebsgerichtet aktiv wirken, indem sie eine Änderung der Spezifikation oder eine Materialsubstitution vornimmt. Eine Beeinflussungsstrategie versucht im Gegensatz zur Anpassungsstrategie, die Ursachen der Qualitätsrisiken zu bekämpfen, sie wirkt in jedem Falle präventiv und verhält sich nicht passiv gegenüber der Situation auf dem Beschaffungsmarkt. Für Produkte, die im zweiten Quadranten positioniert werden, sollten Instrumente eingesetzt werden, die die Fehlerkosten senken. Da gleichzeitig das Risikopotential gering ist, sind hier reaktive Wareneingangsprüfungen weniger sinnvoll, da geringe Fehlerquoten wenig Chancen haben, in der Stichprobenprüfung erkannt zu werden. Liegt eine entsprechende Abnehmermacht vor, kann versucht werden, durch eine Zusicherung von Eigenschaften eine Risikoüberwälzung auf den Lieferanten zu erreichen. Da die Fehlerkosten in dieser Produktklasse hoch sind, lohnt sich der Einsatz präventiver Instrumente:

O

Lieferantenauswahl •

Anforderungen an das Qualitätsmanagement-System des Lieferanten



eigenes Audit



Erstmusterprüfung

O

Abschluß von Qualitätsmanagementvereinbarungen

O

qualitätsorientierte Zusammenarbeit •

quality circle



gemeinsame FMEA



simultaneous engineering

O

laufende Lieferantenbewertung und -erziehung

O

Steigerung der Leistungsbereitschaft.

168

Situationsgerechter und strategischer Einsatz der QM-Instramente

Sind die Einsatzbedingungen einer präventiven Lieferantenpolitik nicht gegeben, müssen betriebsgerichtete Maßnahmen gesucht werden, die Fehlerkosten zu senken, wie Änderung der Spezifikation, Materialsubstitution und verstärkte Prozesskontrollen.

Bei Produkten, die im dritten Quadranten positioniert werden, besteht nur ein geringes Qualitätsverbesserungspotential. Die Bemühungen der Beschaffung können sich bei diesen Produkten darauf konzentrieren, die terminliche und mengenmäßige Versorgung sicherzustellen und den Einstandspreis zu senken. In entwickelten Beziehungen können Maßnahmen ergriffen werden, mit dem Ziel, die gesamten Qualitätskosten des logistischen Kanals zu senken, etwa durch Verlagerung der Qualitätsprüfungen auf den Lieferanten und gemeinsame Entwicklung.

Es ist davon auszugehen, daß Beeinflussungsstrategien, die die Ursachen für Qualitätsrisiken bekämpfen, aufwendig sind und sich nur dann lohnen, wenn entsprechend hohe Fehlerkosten verursacht werden. Bei Produkten, die im vierten Quadranten positioniert sind, sollten daher eher Anpassungsstrategien verfolgt werden. Je nach Kosten des Instrumenteneinsatzes werden präventive und reaktive Instrumente zu bevorzugen sein.

iter und strategischer Einsatz der QM-Instrumente

I

Abschnitt 8

Anstelle einer Gleichbehandlung aller Zuliefeiprodukte sollte ein differenzierter Einsatz der Qualitätsmanagementinstrumente angestrebt werden. O

Systematische Planung im Qualitätsmanagement heißt auch, die Qualitätsmanagementinstrumente situationsgerecht auszuwählen und zu gestalten.

O

Erfolgsfaktoren des Qualitätsmanagements sind die Einflüsse, die die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis bestimmen.

o

Als Qualitätsmanagementstrategie kommen Anpassungs- und Beeinflussungsstrategien, aktive und passive, sowie betriebs- und marktgerichtete Strategien in Frage. Je nach Positionierung im Qualitätsportfolio sind Strategien zu entwickeln, die •

die Anfälligkeit gegenüber Qualitätsrisiken reduzieren,



das Qualitätsrisiko senken oder überwälzen,



die Fehlerkosten reduzieren und



die Qualitätskosten des logistischen Kanals reduzieren.

169

Anhang

171

Inhalt des Anhangs: I

II

III

IV

Beispiel einer technischen Lieferbedingung für eine Verpackung

173

1. Zweck und Geltungsbereich 2. Bemusterung 3. Stichprobenprüfung 4. Fehler 5. Fehlerliste (Fehlerkatalog) 6. Qualitätsprüfung 7. Prüfergebnisse 8. Allgemeiner Fehlerkatalog für Weißblechverpackungen

173 173 174 174 174 175 176 177

Beispiel eines Fragebogens zur Selbstauskunft des Lieferanten

178

Beispiel einer Lieferantenbewertung

179

1. Zweck 2. Geltungsbereich 3. Leistungsbewertung 4. Gesamtbewertung 5. Beispiel

179 179 179 181 181

Beispiel eines Qualitätshandbuchs für Lieferanten (Qualitätsmanagementempfehlungen und -vorgaben)

183

1

QUALITÄTSSICHERUNGSSYSTEM

183

1.1 1.2 1.3 1.4

183 183 183 184

2

Qualitätssicherung (QS) Interne Audits Einbeziehung aller Mitarbeiter Technische Unterstützung

DOKUMENTATION UND AUFBEWAHRUNG VON AUFZEICHNUNGEN

184

2.1 2.2 2.3

184 184 184

Verfahrensanweisungen Qualitätsplan Qualitätshandbuch

Anhang

172

3

4

V

ENTWICKLUNG UND SPEZIFIKATION VON PRODUKTEN UND VERFAHREN

185

3.1 3.2 3.3

185 185 185

Entwicklung neuer Produkte und Verfahren Materialspezifikationen Materialänderungen

PRÜFUNGEN

186

4.1 4.2 4.3 4.4

186 186 187 187

Verfahren für die Eingangsprüfung Fertigungskontrolle und Zwischenprüfung Interne Korrekturmaßnahmen Endprüfung und Produkt-Audit

5

MESS- UND PRÜFMITTEL

187

6

STATISTISCHE PROZESSREGELUNG

188

6.1

Allgemeine Anforderungen

188

6.2 6.3

Überwachung von Fertigprodukten Fähigkeit, Produkt- und Prozeßspezifikationen zu erfüllen

188

Qualitätsmanagement am Beispiel des Zulieferprodukts Kartoffel 1 2

Qualität und Einkauf von Speisekartoffeln für den privaten Verbrauch Qualität und Einkauf von Speisekartoffeln für die industrielle Verarbeitung 2.1 2.2 2.3

189

190

190 192

Anforderungen an die Kartoffel Anforderungen an den Lieferanten (Bauern) Qualitätsmanagement-Instrumente

192 197 198

2.3.1 2.3.2

198 200

Lieferantenpolitik Eingangsprüfungen

Anhang

I

173

Beispiel einer technischen Lieferbedingung für eine Verpackung

Auszug aus den allgemeinen technischen Liefer- und Bezugsbedingungen für Weißblechverpackungen:

1. Zweck und Geltungsbereich 2. Bemusterung 3. Stichprobenprüfung 4. Fehler 5. Fehlerliste (Fehlerkatalog) 6. Qualitätsprüfung 7. Prüfergebnisse 8. Allgemeiner Fehlerkatalog für Weißblechverpackungen

1.

Zweck und Geltungsbereich

Die Allgemeinen technischen Liefer- und Bezugsbedingungen (ATLB) schaffen die Basis für grundsätzlichen Parameter, bezogen auf die Qualität von Weißblechverpackungen der Firma „Lieferant" und deren Anwendung für Füllgüter der Firma „Abnehmer". Sie enthält allgemein gültige Angaben über die Auswahl von Weißblechverpackungen, bezogen auf zu verpackende Füllgüter und deren Eignung. Gleichzeitig werden die allgemeinen Grundsätze zur Beurteilung der Qualität durch eine Wareneingangsprüfung sowie Serienprüfung durch „Lieferant" definiert. Soweit die in der ATLB gefaßten Bedingungen für spezielle Anforderungen, die verpackungs- bzw. füllgutbezogen sind, nicht ausreichen, können „spezielle Technische Liefer- und Bezugsbedingungen" (STLB) zwischen dem „Abnehmer" und dem „Lieferant" vereinbart werden.

2.

Bemusterung

Muster sind Erzeugnisse, die der Abnehmer vor der Serienproduktion - soweit gefordert - zur Begutachtung vorgestellt werden. Die Begutachtung erstreckt sich auf die geometrische und technische Ausführung sowie auf die Füllguteignung. Fällt die Prüfung der Muster zufriedenstellend aus, wird die Fertigung durch den Abnehmer freigegeben bzw. mit der Auftragserteilung seitens des Abnehmers ist die entsprechende Ausführung zur Serienproduktion freigegeben.

174

Anhang

3.

Stichprobenprüfung

3.1

Der Stichprobenumfang "n" und die Annahmezahl "c" sind nach Wahl der annehmbaren Qualitätsgrenzlage (AQL) aus den Stichprobenplänen nach DIN 40 080 zu entnehmen.

3.2

Dem Lieferlos (z.B. eine LKW-Ladung) ist eine Stichprobe zufallsmäßig zu entnehmen, die für die Lieferung repräsentativ ist.

3.3

Bei der attributiven (gut/schlecht) Prüfung der Einheiten einer Stichprobe ist bei jeder Einheit festzustellen, ob sie den Qualitätsvereinbarungen entspricht, z.B. ob die Maße innerhalb oder außerhalb des Toleranzbereiches liegen.

3.4

Es sind "Einfachstichprobenpläne für normale Prüfung" nach DIN 40 080, Niveau I anzuwenden.

4. Fehler Als Fehler gilt jede Merkmalsausprägung, die die vereinbarte Qualität nicht erfüllt. An einer Einheit können mehrere Fehler unterschiedlicher Schwere auftreten. Zur Einstufung wird nur der Schwerwiegendste herangezogen. 4.1

Fehlerklassen Den Fehlerklassen wird eine annehmbare (AQL) zugeordnet.

Qualitätsgrenzlage

4.1.1

Fehlerklasse 1 Fehler, die die Brauchbarkeit des Erzeugnisses nicht beeinträchtigen, jedoch nicht auftreten sollen.

4.1.2

Fehlerklasse 2 Fehler, die die Brauchbarkeit des Erzeugnisses für den vorgesehenen Zweck nur geringfügig beeinträchtigen können.

4.1.3

Fehlerklasse 3 Fehler, die die Brauchbarkeit des Erzeugnisses für den vorgesehenen Zweck stark vermindern oder aufheben können.

5. Fehlerliste (Fehlerkatalog) In dem Fehlerkatalog sind Fehler aufgeführt, die für Weißblechverpakkungen allgemein Gültigkeit haben. Sie sind in die entsprechenden Fehlerklassen eingestuft.

Anhang

5.1

Treten Fehler während der Serienfertigung auf, die nicht in der Fehlerliste enthalten sind, so sind diese nach Absprache zwischen Abnehmer und Lieferant und nach Einstufung in eine Fehlerklasse in den Fehlerkatalog einzufügen.

5.2

Fehler, die verpackungsspezifisch sind, können in einer speziellen „Technischen Liefer- und Bezugsbedingung" vereinbart werden.

6. Qualitätsprüfung 6.1

Als Unterlagen für die Beurteilung der Qualität dienen der Fehlerkatalog, Bestell- und Dekorreinzeichnungsunterlagen, sonstige schriftliche Vereinbarung.

6.2

Auftretende Fehler werden entsprechend den Fehlerklassen protokolliert, wobei die Annahmezahl "c" sich auf fehlerhafte Einheiten bezieht.

6.3

Schema des Prüfvorganges

Abbildung 49: Schema des Prüfvorganges

175

Anhang

176

7. Prüfergebnisse 7.1

Annahme Werden die Forderungen der Stichprobenvorschrift erfüllt, wird das gelieferte Los angenommen.

7.2

Rückweisen Werden die Forderungen der Stichprobenvorschrift nicht erfüllt, wird das gelieferte Los zurückgewiesen.

7.2.1

Wird eine Lieferung aufgrund des Stichprobenergebnisses zurückgewiesen, erhält der Lieferant eine Benachrichtigung. Die Benachrichtigung soll mindestens folgende Angaben enthalten: • • • • • • • • •

Auftragsnummer Lieferdatum Lieferumfang Losumfang Stichprobenumfang (n) Anzahl der Versandeinheiten (z.B. Palette), aus denen die Stichprobeneinheiten (n) entnommen wurden. Zulässige Annahmezahl (c) in der Stichprobe It. Stichprobenplan je Fehlerklasse. Fehlerhafte Einheiten (i) in der Stichprobe einer Fehlerklasse. Muster für die betreffende Beanstandung. Verpackungskennzeichen (Etiketten, Stempelung usw.).

7.2.2

Im Falle der Rückweisung wird dem Lieferant die Möglichkeit gegeben, das betreffende Los durch einen Vertreter besichtigen zu lassen, um über die weitere Verwendung zu verhandeln.

7.2.3

Für aussortierte oder nachgearbeitete Lose, die erneut vorgestellt werden, erfolgt eine Stichprobenprüfung nach dem beschriebenen Schema.

177

Anhang

8. Fehlerklassifikation

Lfd. Prüfmerkmal Nr. 1 2 3

Prüfmethode 1

11 12

Eingebeulte Verpackung Starke Kratzer außen im Dekor Verschmutzung außen durch öl, Schmiere usw. Fehlstellen in der Innenlackierung Verschmutzung innen durch öl, Schmiere usw. Mangelhafte Schweißung der Ösen für Tragelemente Tragelemente entsprechen nicht der Bemusterung Fehlende Tragelemente Druckfarben außerhalb der Grenzmuster soweit vereinbart Fehlender Druck oder teilweise fehlender Druck mit Auswirkung auf den Inhalt des Textes Unleserlicher Doppeldruck Falsche Farbe

13

Fehlende Farbe

14 15

Fehlende Innenlackierung Undichte Verpackung bei einem Überdruck von 0.1 bar und 20 sec. Prüfzeit

4 5 6 7 8 9 10

visuell visuell

X

visuell

X

Fehlergruppe II III

X

visuell visuell

X

visuell visuell visuell/ Grenzmuster

X

visuell visuell visuell/ Druckfreigabe visuell/ Druckfreigabe visuellx Wasserbad/ visuell

Für die obengenannten Fehlergruppen gelten nachstehende AQL-Werte:

Abbildung 50: Fehlerklassifikation

X

visuell/manuell

Fehlerbewertung

Fehlergruppe I Fehlergruppe II Fehlergruppe III

X

AQL = 6.5 AQL = 4.0 AQL = 1.0

X X

X X X X

X

178

II

Anhang

Beispiel eines Fragebogens zur Selbstauskunft des Lieferanten

1.

Angaben beziehen sich auf (Produkte), Produktlinie, Einheit, Werk)

2.

Angaben zum Lieferanten: Adresse: Telefon:

Telex:

Telefax:

Ansprechpartner/Abteilung des Lieferanten zum Einkauf: Funktion QM-Beauftragter/Verantwortlicherf.d. QS des unter Punkt 1 genannten Bereichs: 3.

Ist das Qualitätsmanagementsystem (QM-System) des unter Punkt 1 genannten Bereiches von einer öffentlich akkreditierten Stelle zertifiziert?

3.1

Wenn ja, auf welcher Grundlage (Bitte Norm angeben und Kopie des Zertifikats beifügen)?

3.2

Wann?

Ja

Nein

Von wem?

Wenn Punkt 3 mit Nein beantwortet wurde, bitte Beantwortung folgender Fragen: 1.

Gibt es ein untemehmensweites Konzept zum Qualitätsmanagement

2. 3.

und zur Qualitätsförderung? Gibt es einen QM-Beauftragten der Leitung? Gibt es ein dokumentiertes QM-System (QM-Handbuch)?

Ja Ja Ja

Nein Nein Nein

Werden interne Audits durchgeführt? Sind die Qualitätsanforderungen für Ihre Einsatzstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Handelswaren und Verpackungen)

Ja

Nein

mit Ihren Lieferanten schriftlich vereinbart? Werden allen Lieferungen an den Kunden auf Anforderung Prüfbescheinigungen beigefügt?

Ja

Nein

Ja

Nein

7.

Werden erkennbar die Qualität beeinflussende Verfahrensänderungen rechtzeitig vor Lieferung dem Kunden mitgeteilt ?

Ja

Nein

8.

Ist durch ein festgelegtes Verfahren sichergestellt, daß bei berechtigten Beanstandungen und Abweichungen von der Spezifikation unverzüglich Maßnahmen zur Fehlervermeidung Ja

Nein

9.

Werden von den Lieferbedingungen abweichende Sendungen nur Ja

Nein

4. 5.

6.

eingeleitet wenden? nach Freigabe durch den Kunden ausgeliefert? Für Bemerkungen und Ergänzungen bitte Rückseite verwenden. Unterschrift Telefon

Funktion

Name in Druckschrift Datum

Anhang

III Beispiel einer Lieferantenbewertung

1. Zweck Mit einem einheitlichen System will XY die erbrachten Leistungen (Material und Dienstleistungen) seiner Lieferanten bewerten. 2. Geltungsbereich Diese Bewertung gilt für alle Lieferungen, unabhängig von der Art des Materials, dem Lieferort, dem Lieferanten usw. 3. Leistungsbewertung Jede Lieferung wird nach vier Kriterien bewertet: O Lieferzeit O Qualität der Dokumente O Verpackungsqualität O Produktqualität O Lieferzeit Wir erwarten, daß die Lieferanten das bestellte Material rechtzeitig an die Fertigungsstätten von XY liefern. Das vereinbarte Lieferdatum muß eingehalten werden. Für die Bewertung ist nicht das Versand-, sondern das Lieferdatum maßgebend. Zu früh eingetroffene Lieferungen werden wie verspätete Lieferungen bewertet. O Qualität der Dokumente Die Lieferanten müssen sicherstellen, daß alle Begleitpapiere vollständig und richtig ausgefüllt sind. Die folgenden Dokumente werden beim Wareneingang auf Vollständigkeit und Qualität der Angaben überprüft: Frachtpapiere • Produktbezeichnung • XY-Codenummer • Los- oder Chargennummer • Name des Herstellers • Menge • Bestellnummer Richtiges Material geliefert Richtiger Abladeort beliefert wenn vereinbart: Abnahmeprüfzeugnis nach DIN 50049-3. 1B Daten zur statistischen Prozeßregelung (SPC) Rechnungsangaben • Produktbezeichnung • XY Produkt-Codenummer • Bestellnummer • Menge

179

Anhang

180

• Preis/Einheit • Gesamtpreis • Datum O Verpackungsqualität Die Lieferanten sind für die ordnungsgemäße Verpackung und für den Transport verantwortlich. Dazu gehört auch, daß die Materialien, die auf Paletten angeliefert werden, gesichert sind. Für Produkte mit begrenzter Lagerdauer ist das 'Verfalldatum" auf der Verpackung anzugeben. Die an X Y gelieferten Waren sind vorschriftsmäßig und eindeutig zu kennzeichnen. Folgende Punkte werden überwacht und bewertet: • Erhaltene Menge im Vergleich zur bestellten Menge • Zustand der Verpackung • Kennzeichnung mit der Chargen- oder Losnummer des Lieferanten • Kennzeichnung mit dem tatsächlichen, Brutto-, Netto- und Taragewicht • Kennzeichnung mit Hinweis auf Sicherheit/Risiken • Eingang von zwei oder weniger Chargen • Vorgeschriebene Stichcodierung • Produktqualität Wir erwarten, daß jede Lieferung den zwischen den Lieferanten und uns vereinbarten Spezifikationen 100% entspricht. Gemessen werden zum Beispiel folgende typische Eigenschaften: • • • • • • • •

Viskosität Festkörper Säurenzahl Dichte % Wasser pH-Wert Korngröße Farbstärke

Bei diesem Kriterium werden auch die Füllgewichte der einzelnen Gebinde besonders geprüft. Innerhalb X Y wurde eine Toleranz von ± 2 % (pro Gebinde) vom angegebenen Nettogewicht als noch akzeptabel festgelegt. Die Einhaltung wird durch XY stichprobenartig überprüft und die Resultate statistisch ausgewertet. Wir erwarten, daß unsere Lieferanten an ihren Abfüllstraßen eine ähnliche statistische Analyse durchführen und die Ergebnisse bei Bedarf XY zur Verfügung stellen.

Anhang

Wenn die so ermittelte tatsächliche Menge um mehr als 1 % unter der berechneten Menge liegt, erfolgt eine Belastung über die ermittelte Mindermenge. Außerdem müssen sämtliche eingehenden Tankwagenlieferungen innerhalb einer Toleranz von ± 1 % des angegebenen Nettogewichts liegen. Dazu werden alle eingehenden Tankwagen vor und nach der Entleerung verwogen und die Nettogewichte verglichen. Wenn die tatsächlich eingegangene Menge um mehr als 1 % unter der in der Rechnung angegebenen Menge liegt, erfolgt ebenso eine Belastung über die ermittelte Mindermenge. Bei Anlieferungen an unser Werk Berlin im Tankwagen müssen diese grundsätzlich verplombt sein und eine Wiegekarte vorweisen. Wenn bei einer Lieferung bei diesem Kriterium mehrere Mängel auftreten, werden diese in der Bewertung als ein Mangel geführt. Die Lieferanten werden vorab auf jeden Fall über alle Beanstandungen informiert. 4. Gesamtbewertung Alle Lieferanten werden regelmäßig in Abständen von mindestens sechs (6) Monaten bewertet. Das System ermittelt pro Lieferant die Zahl der Gesamtlieferungen und die Anzahl der Lieferungen, bei denen Probleme aufgetreten sind. Die vier Bewertungs-Kriterien sind für XY von unterschiedlicher Bedeutung. Wir haben deshalb unterschiedliche Gewichtungen pro Kriterium vorgenommen. Bewertungskriterien

Faktor

Lieferzeit Qualität der Dokumente Verpackungsqual ität Produktqualität

0,20 0,10 0,15 0,55

Für die Ermittlung der Bewertungsziffer wird folgende Formel benutzt: Zahl der einwandfreien Lieferungen Gesamtzahl der eingegangenen Lieferungen

x Faktor x 100 = Bewertungsziffer

Diese Berechnung wird für jedes Kriterium durchgeführt. Die vier Bewertungsziffern werden addiert, um die endgültige Leistungsbewertung zu erhalten.

181

Anhang

182

Das folgende Beispiel soll das festgelegte System verdeutlichen. 5. Beispiel In einem Zeitraum von sechs (6) Monaten wurden von einem Lieferanten 100 Lieferungen durchgeführt. Folgende angenommene Anzahl der Abweichungen wurde bei den einzelnen Kriterien festgestellt: • Reklamationen Lieferzeit Qualität der Dokumente Verpackungsqualität Produktqualität

2 1 3 1

Das System ermittelt folgendes Ergebnis: • Bewertung Lieferzeit Dokumente Verpackung Produktqualität Gesamtbewertung:

98/100 99/100 97/100 99/100

x x x x

0,20 0,10 0,15 0,55

x x x x

100 100 100 100

= = = =

19,6% 9,9% 14.6% 54,5% 98,6%

Leistunaserqebnisse: Durch die permanente Bewertung kann X Y feststellen, welche Lieferanten sich ständig bemühen, die Qualität ihrer Produkte, Dienstleistungen und Serviceleistungen zu verbessern. Alle XY-Lieferanten können nach den festgelegten Kriterien verglichen werden. Wir erwarten, daß unsere Lieferanten bei ihrer Leistungsbewertung mindestens 92% erreichen.

Anhang

IV

183

Beispiel eines Qualitätshandbuchs für Lieferanten (Qualitätsmanagement-Empfehlungen und -vorgaben)

Auszug aus dem "Qualitätshandbuch für Lieferanten" eines Farben- und LackHerstellers XY

1

QUALITÄTSSICHERUNGSSYSTEM

1.1 Qualitätssicherung (QS) Die Qualitätssicherung sollte eine eigenständige Organisationseinheit mit genau festgelegten Funktionen sein, die unmittelbar der Geschäftsleitung des Lieferanten unterstellt ist. Die Qualitätssicherung sollte für die Erstellung und Durchführung des unternehmensweit geltenden Qualitätsplans mitverantwortlich sein. Sie sollte für das Qualitätshandbuch des Lieferanten zuständig sein. 1.2 Interne Audits Der Lieferant ist für die regelmäßige Durchführung interner Qualitätsaudits verantwortlich. Diese Audits schließen die Prüfung der Wirksamkeit des QS-Systems des Lieferanten ein. Schwerpunkte liegen dabei bei der Prozeßregelung und der Fehlervermeidung. Interne Audits dürfen nicht von Mitarbeitern durchgeführt werden, die den auditierten Bereichen unmittelbar unterstehen. Die Ergebnisse der Qualitätsaudits müssen der Geschäftsleitung vorgelegt werden. Festgestellte Abweichungen sind dauerhaft zu beheben. Die termingerechte Durchführung und Verfolgung der Korrekturmaßnahmen ist zu dokumentieren. 1.3 Einbeziehung aller Mitarbeiter Es wird erwartet, daß der Lieferant alle Mitarbeiter in das QS-System mit einbezieht. Sie sollten bei der Lösung auftretender Probleme mitarbeiten; die Ergebnisse sind zu dokumentieren. Um dies zu unterstützen, sollte für alle Mitarbeiter ein entsprechender Schulungsplan vorhanden sein. Durchgeführte Schulungen sind zu dokumentieren. Ausführliche Arbeitsanweisungen am Arbeitsplatz sind den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen, z.B.: Standardbetriebsabläufe Umgang mit Materialien Verhalten bei Abweichung Benutzung von Prüfeinrichtungen Sicherheitsvorschriften

184

Anhang

1.4 Technische Unterstützung XY ist auf innovative Technologien angewiesen. Wir erwarten deshalb, daß der Lieferant in der Lage ist, XY in angemessener Weise technisch zu unterstützen. Dies beinhaltet auch Informationen aus den Bereichen F & E und Fertigung. Außerdem sollte der Lieferant XY durch Weiterentwicklung seiner Produkttechnologien unterstützen.

2

DOKUMENTATION UND AUFBEWAHRUNG VON AUFZEICHNUNGEN

2.1 Verfahrensanweisungen Es wird erwartet, daß der Lieferant für alle Betriebsabläufe Verfahrensanweisungen erstellt. Für diese muß ein Änderungsdienst vorhanden sein. 2.2 Qualitätsplan Der Lieferant soll nach einem Qualitätsplan arbeiten, der eine Strategie für fortlaufende Verbesserungen innerhalb der Organisation enthält. Dieser Plan ist in die Gesamtplanung des Unternehmens zu integrieren. Bei der Erstellung sind alle Unternehmensbereiche zu beteiligen. Im Plan enthaltene Termine, Schlüsselfunktionen und Mittel für die beschriebenen Programme sind zu überwachen. Der Qualitätsplan sollte in regelmäßigen Abständen durch das Management überprüft werden. Bei Änderungen ist das Änderungsdatum im Plan zu vermerken. Zur Qualitätsplanung sollten auch moderne Planungsmethoden wie statistische Versuchsplanung (DoE), Taguchi-Methode und die Fehlermöglichkeits- und Einflußanalyse (FMEA) gehören. 2.3 Qualitätshandbuch Das Qualitätshandbuch des Lieferanten soll die Aktivitäten, Verfahren und die erforderliche Dokumentation des QS-Systems beschreiben und XY auf Anforderung zur Verfügung gestellt werden. Es ist wichtig, daß das Qualitätshandbuch regelmäßig aktualisiert wird sowie den Revisionsstand und den Verteiler enthält.

Anhang

3

185

ENTWICKLUNG UND SPEZIFIKATION VON PRODUKTEN UND VERFAHREN

3.1 Entwicklung neuer Produkte und Verfahren Lieferanten von XY sollten bereit sein, Produkte ausschließlich für XY zu entwickeln und herzustellen. Bei der Entwicklung neuer Produkte sollte der Lieferant Methoden der Qualitätssicherung wie statistische Versuchsplanung (DoE), Fehlermöglichkeits- und Einflußanalyse (FMEA) sowie Projektüberprüfungen benutzen, um optimale Produktund Verfahrensmerkmale zu erreichen. Werden neue Rohstoffe bei der Entwicklung neuer Produkte verwendet, sollten Spezifikationsänderungen und Materialschwankungen berücksichtigt werden. Um Fehler während der Entwicklung zu vermeiden, sollten Entwicklungsarbeiten nach Möglichkeit von Mitarbeitern geprüft werden, die diese nicht selbst ausgeführt haben. 3.2 Materialspezifikationen Die F & E-Abteilungen sind in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller für die Festlegung der Spezifikationen der an XY gelieferten Materialien verantwortlich. Die vereinbarten Spezifikationen gelten weltweit, sofern nichts anderes festgelegt wurde. Alle Korrespondenz wird über die Einkaufsabteilung geführt. 3.3 Materialänderungen Im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit wird XY seine Lieferanten befragen, ob einem geplanten Verwendungszweck, abweichend von einer Lieferantenempfehlung, etwas entgegensteht. Der Lieferant darf Materialspezifikationen nur nach schriftlicher Genehmigung der Einkaufsabteilung von XY ändern. Ohne solche schriftliche Genehmigung sind Änderungen an spezifizierten Materialien sowie Methoden zur Herstellung dieser Materialien nicht zulässig, da Änderungen der chemischen Zusammensetzung, der Funktion oder des Aussehens Einfluß auf die Produktanforderungen von XY haben können. Änderungen des Fertigungsverfahrens sollen XY mitgeteilt werden, soweit sich nach Einschätzung des Lieferanten daraus Auswirkungen auf die Produkteigenschaften ergeben können. Dies umfaßt insbesondere Änderungen von • Prozeßverfahren, • Prozeßmaterialien, • technischen Einrichtungen, • Materialherkunft und • Standort der Fertigungsanlage. Diese genehmigten Änderungen kennzeichnet der Lieferant in seinem Abnahmeprüfzeugnis und in den Lieferpapieren der ersten Lieferung nach der Änderung. Es wird erwartet, daß der Lieferant Unterlagen über Verfahrensänderungen (einschließlich Datum, Fertigungsnummern und Zustimmung von XY) führt.

Anhang

186

4

PRÜFUNGEN

Alle Lieferanten von XY sollen über ein Programm zur Bewertung und Kontrolle von Produkten ihrer Lieferanten verfügen. Dieses dokumentierte Unterlieferanten-Programm sollte die folgenden Mindestanforderungen enthalten: • Ein Verfahren, um sicherzustellen, daß Unterlieferanten aktuelle Spezifikationen besitzen. • Ein Verfahren zur Benachrichtigung von Unterlieferanten, wenn fehlerhafte Produkte eingehen. • Ein Verfahren zur Anforderung einer schriftlichen Stellungnahme über dauerhafte Korrekturmaßnahmen. • Ein Verfahren zur Zulassung neuer Unterlieferanten vor der Vergabe von Aufträgen. • Die Anwendung statistischer Methoden zur Überwachung von Lieferschwankungen. • Einstufung der Unterlieferanten in bezug auf Leistungen mindestens einmal jährlich und zusätzlich in geeigneten Abständen Auditierung deren QSSysteme. 4.1 Verfahren für die Eingangsprüfung Es wird erwartet, daß der Lieferant über ein verbindliches Verfahren verfügt, um die Materialqualität seiner Lieferanten zu sichern. Alle eingehenden Materialien sind einer Eingangsprüfung zu unterziehen. Ungeprüftes Material ist getrennt von freigegebenen Materialien zu lagern. Dieser Lagerbereich ist durch geeignete Abgrenzungen zu kennzeichnen. Für die Eingangsprüfung sollten Anweisungen vorliegen, die Probengrößen, Prüfmerkmale, Meßanforderungen, Kriterien für Annahme/Rückweisung, frühere Lieferungen, Korrekturmaßnahmen, Sperrvermerke und Zertifikate regeln. In Ausnahmefällen kann die vollständige Dokumentation von Qualitätsmerkmalen durch einen Unterlieferanten als Ersatz dienen, wenn dieser Unterlieferant sich durch ein verbindliches Verfahren qualifiziert hat. Erhält der Lieferant fehlerhaftes Material, leitet er zusammen mit seinen Unterlieferanten Korrekturmaßnahmen ein. Wenn fehlerhaftes Material in der Fertigung verwendet wird, muß der Lieferant die Verwendung begründen können. Dabei ist anzugeben, wer die Verwendung genehmigte, welches Material wie verwendet wurde und zu welchem Zeitpunkt es in den Fertigungsprozeß einging. 4.2 Fertigungskontrolle und Zwischenprüfung Der Lieferant soll ein Verfahren zur Prozeßregelung einrichten und dokumentieren. Dadurch soll sichergestellt werden, daß das Material stets den physikalischen, chemischen, optischen und sonstigen Spezifikationen entspricht, die durch die Bestellung von XY festgelegt sind. Dazu gehören Probengrößen, Meßanforderungen, Prüfintervalle, Kriterien für Annahme/Rückweisung und Kennzeichnung.

Anhang

187

Statistische Methoden der Prozeßregelung und -prüfung sind erforderlich. Das System des Lieferanten sollte Vorschriften zum Nachweis von Prozeßschwankungen, zur Ermittlung abweichender Trends und zur Sperrung von Material bei Verdacht auf Fehlerhaftigkeit enthalten. Nach Möglichkeit sollten variable anstatt attributive Merkmale in Regelkarten verwendet werden. Fällt fehlerhaftes Material an, so ist dieses in einem gesonderten Bereich zu lagern. Dieser soll abseits vom Fertigungsdurchlauf liegen und durch geeignete Markierungen gekennzeichnet sein. Es wird erwartet, daß der Lieferant Regelungen für die Verfügung und Entnahme des Materials aus diesem Bereich festlegt. Das System des Lieferanten soll die eindeutige Kennzeichnung von Materialien festlegen. Diese beginnt beim Wareneingang und setzt sich durch die gesamte Fertigung fort, u m d i e RückVerfolgbarkeit z u gewährleisten.

4.3 Interne Korrekturmaßnahmen Es wird erwartet, daß der Lieferant einen verbindlichen Ablauf zur Beseitigung von Abweichungen im Fertigungsverfahren, die zu einem fehlerhaften Produkt führen können, einrichtet. 4.4 Endprüfung und Produkt-Audit Der Lieferant führt eine Endprüfung des Materials durch, um sicherzustellen, daß Produkte für XY vor der Abfüllung/Verpackung allen geltenden Spezifikationen in physikalischer, chemischer, optischer, mengenmäßiger und funktionaler Hinsicht entsprechen. Der Lieferant hat ferner in bestimmten Abständen stichprobenartig Produkt-Audits durchzuführen, um die Leistungsfähigkeit seines QS-Systems zu messen. Dieses soll sicherstellen, daß das versandbereite Material sämtliche Anforderungen von XY erfüllt, einschließlich ordnungsgemäßer Kennzeichnung, Materialhandhabungs- und Lackageanweisungen, physikalischer Eigenschaften, Gewichtsangaben und Verpackungsvorschriften. Dieses Audit ist kein Ersatz für die Endprüfung, sondern es sollte zusätzlich durchgeführt werden. Für Endprüfung und Produkt-Audit ist das Prüfdatum und der Name des verantwortlichen Mitarbeiters anzugeben. Fertigprodukte sind zu kennzeichnen, um den Prüfstatus sicherzustellen. Sie sind getrennt zu lagern, um zu verhindern, daß fehlerhaftes Material mit freigegebenen Produkten vermischt wird. Fertigprodukte sind ordnungsgemäß zu verpacken und zu lagern, um Schäden am und durch das Produkt zu verhindern.

5

MESS- UND PRÜFMITTEL

Sämtliche Meß- und Prüfmittel sind vor der ersten Benutzung, sowie in festgelegten Abständen, entsprechend den nationalen Normen zu kalibrieren. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren. Werden dafür externe Stellen herangezogen, müssen Werksprüfzeugnisse für eine spätere Überprüfung zur Verfügung stehen. Unterlagen über die

188

Anhang

Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit sind aufzubewahren, um die Fähigkeit der Meß- und Prüfmittel zu dokumentieren. Prüfmittel müssen mindestens einmal jährlich kalibriert werden. Je nach Art der Prüfmittel und der Benutzung können jedoch kürzere Intervalle notwendig werden. Sämtliche Prüf- und Meßmittel müssen eindeutig identifiziert werden können. Auf Grund dieser Identifizierung müssen Zustand, Datum der letzten und nächsten Kalibrierung sowie der zuständige Mitarbeiter dokumentiert sein. Für unzureichende Meß- oder Prüfmittel muß ein Aktionsplan für die Reparatur oder den Austausch des Gerätes aufgestellt werden.

6

STATISTISCHE PROZESSREGELUNG

Die statistische Prozeßregelung (SPC) muß Bestandteil des Fertigungsverfahrens des Lieferanten sein. Sie ist Grundlage für die fortlaufende Verbesserung der Qualität und Produktivität bei XY und ihren Lieferanten. 6.1 Allgemeine Anforderungen Der Lieferant muß die statistische Kontrolle der Fertigungsverfahren nachweisen, die von XY und dem Lieferanten als kritisch bezeichnet wurden. Das SPC-Programm ist schriftlich festzulegen und vom Management des Lieferanten zu unterstützen. In den SPC-Prozeduren werden Zuständigkeiten, Schulung, Ausführung und notwendige Korrekturmaßnahmen festgelegt. Alle Führungskräfte des Lieferanten, die die Fertigungsabläufe beeinflussen können, sollen in der statistischen Prozeßregelung (SPC) geschult werden, so daß sie über praktische Kenntnisse dieser Methode verfügen. Außerdem wird erwartet, daß alle Arbeiter auch am Arbeitsplatz in der statistischen Prozeßregelung (SPC) geschult werden. Umsetzung, Schulung, Datenanalyse und sonstige Aufgaben im Rahmen des SPCProgramms sind von einer zentralen Stelle aus zu koordinieren. Für die Verbesserungen des Verfahrens sind Termine zu setzen, und die Fortschritte zur Erreichung dieser Ziele sind zu überwachen. Die Ergebnisse sind der Geschäftsleitung vorzulegen. Der Lieferant muß die Fähigkeit des Prozesses statistisch nachweisen, mit dem die vereinbarten oder angegebenen Eigenschaften zu erreichen sind. Der Lieferant führt den Nachweis über die statistische Kontrolle der von ihm als wichtig eingestuften Prozeßvariablen. 6.2 Überwachung von Fertigprodukten Der Lieferant muß eine statistisch einwandfreie Methode zur Prozeßregelung benutzen, um die Beherrschung der Eigenschaften seiner Fertigprodukte nachweisen zu können. Der Lieferant gibt auf Anforderung Einsicht in Regelkarten über kritische Eigenschaften von Fertigprodukten oder Prozeßparametern. Traten nicht beherrschte Bedingungen auf, ist aufzuzeigen, daß Ursachenanalyse und Korrekturmaßnahmen durchgeführt wurden. Produkte, die unter nicht beherrschten Bedingungen hergestellt wurden, müs-

Anhang

189

sen solange einer Vollprüfung unterzogen werden, bis der Prozeß wieder beherrscht wird. 6.3 Fähigkeit, Produkt- und Prozeßspezifikationen zu erfüllen Bei kontinuierlichen Verfahren, die statistisch in Kontrolle sind, ist die Prozeßfähigkeit sowohl ein Maß für die Leistungsfähigkeit als auch ein Indikator für erzielte Verbesserungen. Für die Bestimmung der Standardabweichung aus Regelkarten oder den vorliegenden Daten sollten mindestens 25 Meßpunkte vorhanden sein. Der kritische Prozeßfähigkeitsindex (Cpk) vergleicht die Lage und die Verteilung der angefallenen Produktbzw. Prozeßdaten mit dem Spezifikationsbereich.

Er ist als der kleinere der folgenden Werte definiert:

_ OSG -

Mittelwert

3j

_ Mittelwert

- USG

3j

OSG USG s Mittelwert

= Obere Spezifikationsgrenze = Untere Spezifikationsgrenze = Standardabweichung des Merkmales = arithmetischer Mittelwert aller Meßpunkte

Stellt sich heraus, daß ein Prozeß nicht beherrscht wird, muß nach einem vorher festgelegten Maßnahmeplan eingegriffen werden. Ziel dieses Planes muß die Verbesserung des Prozesses und eine Methode zur Überwachung von Verbesserungen sein. Bis die notwendige Prozeßfähigkeit erreicht ist, müssen alle nach diesem Verfahren hergestellten Produkte einer Vollprüfung unterzogen werden. XY behält sich vor, das in Abschnitt VI B Seite 24-25 abgebildete Ablaufdiagramm zu benutzen, um in Abstimmung mit den Lieferanten die erforderlichen Dokumentationen festzulegen. Für nicht beherrschte Verfahren muß außerdem ein Verbesserungsplan mit Endterminen vorgelegt werden. Für Kleinserien oder Chargenfertigungen ist anzustreben, die Anzahl der Korrekturen zu minimieren. Geeignete Kontrollen müssen in einer so frühen Phase des Verfahrens durchgeführt werden, daß die Prozeßfähigkeit bei der Endprüfung der Serie oder Charge nachgewiesen werden kann.

190

V

Anhang

Qualitätsmanagement am Beispiel des Zulieferproduktes Kartoffeln

I.Qualität und Einkauf von Speisekartoffeln für den privaten Verbrauch

Kartoffeln finden Verwendung als O O O O

Pflanzkartoffeln in der Pflanzgutvermehrung Speisekartoffeln für den direkten Verzehr Veredelungskartoffeln zur Herstellung von Trocken-, Tiefgefrier- oder Bratprodukten Futterkartoffeln u.a.m.

Die Anforderungen des Verbrauchers beziehen sich auf O O O O O

den Geschmack die Kocheigenschaften die Güteeigenschaften die Größensortierung die Lagerfähigkeit

Die Kocheigenschaften der Kartoffeln entscheiden ihre Eignung, den geplanten Verwendungszweck zu erfüllen: O

Festkochende Kartoffeln sind nach dem Kochen fest und feucht. Sie lassen sich gut schneiden und eignen sich besonders für Kartoffelsalat.

O

Vorwiegend festkochende Kartoffeln sind nach dem Kochen weniger fest und mäßig feucht. Sie eignen sich zur Herstellung von Salz- und Pellkartoffeln.

O

Mehligkochende Kartoffeln sind nach dem Kochen locker, trocken und grobkörnig. Sie eignen sich besonders zur Herstellung von Kartoffelpüree.

Güteeigenschaften für Kartoffeln sind: O O O O

gesund ganz sauber fest.

Anhang

Die Güteeigenschaften für Kartoffeln werden durch das Fehlen typischer Mängel präzisiert: O

fremder Geruch oder Geschmack (z.B. durch Lagerung mit geruchsbeeinflussenden Gegenständen wie Düngemitteln)

O

Keime (reduzieren die Festigkeit und wertvolle Inhaltsstoffe der Kartoffel)

O

Nässe (beeinträchtigt die Haltbarkeit)

O

durch Pilze oder Bakterien verursachte Fäule (macht die Kartoffel ungenießbar)

O

Beschädigungen (bei der Ernte oder durch Schädlinge)

O

Grünstellen (beeinträchtigen den Geschmack, sind gesundheitlich bedenklich)

O

losschalig (nicht schalenfeste Kartoffeln sind anfällig für Druckstellen und Krankheitsbefall, weniger lagerfähig).

Die Größensortierung einer Partie ist für den Verbraucher insoweit von Bedeutung, daß Kartoffeln unterschiedlicher Größe unterschiedlich lange Garzeiten aufweisen, Kartoffeln unter einer bestimmten Mindestgröße großen Abfall beim Schälen verursachen und Kartoffeln über einer maximalen Größe nicht als Pellkartoffeln geeignet sind. Der Einkäufer von Speisekartoffeln muß sich an den gesetzlichen Handelsklassen, der Sortenbezeichnung und Kochtypbezeichnung orientieren. Die "Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln" hat Mindesteigenschaften, Qualitätsmerkmale und Kennzeichnungsvorschriften festgelegt. Für Speisekartoffeln werden 2 Güteklassen unterschieden: Klasse Extra und Klasse I. Die beiden Klassen unterscheiden sich durch die zulässige Abweichung von den Qualitätsmerkmalen und Größensortierungen: Q

Die Gütetoleranzen betragen in der Klasse Extra in der Klasse I

O

5% 8%

der zulässige Anteil fremder Bestandteile darf in der Klasse Extra in der Klasse I

1% 2% betragen.

191

Anhang

192

Ein Einkauf von Speisekartoffeln anhand der Handelsklasse, zeichnung und Kochtyp ist insofern unbefriedigend, als

Sortenbe-

O

der Geschmack als wesentliches Qualitätsmerkmal der Kartoffel völlig vernachlässigt wird

O

die Kocheigenschaft der Kartoffel in der Regel als sortenabhängig vermarktet wird. Tatsächlich wird die Kocheigenschaft auch von der Bodenbeschaffenheit und der Witterung stark beeinflußt

O

die Lagerfähigkeit der Kartoffel nicht nur sortenabhängig und abhängig von den Güteeigenschaften bei der Ernte ist. Wurde die Kartoffel zu warm und bei falscher Luftfeuchtigkeit eingelagert, kann die weitere Lagerfähigkeit beim Verbraucher eingeschränkt sein.

2. Qualität und Einkauf von Speisekartoffeln für die industrielle Verarbeitung 2.1 Anforderungen an die Kartoffel Die Anforderungen an eine Kartoffel für die industrielle Verarbeitung zu höherwertigen Nahrungsmitteln wie Kartoffel-Chips ergeben sich aus den Anforderungen des Endverbrauchers an das Produkt: O O

gleichmäßige hell-gelbe Chipsfarbe niedriger ölgehalt.

Qualitätsmängel des fertigen Chip sind: O O O

Bruch Blaufleckigkeit Verfärbung.

Weitere Anforderungen ergeben sich aus der maschinellen Verarbeitung und der ganzjährigen Produktion: Knollen, die kleiner als 35 mm sind, können nicht verarbeitet werden, von Juli bis Oktober werden Kartoffeln verarbeitet, die direkt angeliefert werden. Von Oktober bis zur neuen Ernte im Juli müssen die Kartoffeln eingelagert werden. Die Qualitätsplanung erweitert den Katalog der Qualitätsmerkmale für Speisekartoffeln um Merkmale, die sich auf die Produktausbeute, den Ölgehalt des Fritierproduktes und die für den Trocknungsprozeß notwendige Energie auswirken, verschiedene Knollenmerkmale sind wichtig, um die maschinelle Verarbeitung der Kartoffel zu ermöglichen:

193

Anhang

Merkmale

Knollenmerkmale Größe Form Augenlage Schale Fleischfarbe

mm

Innere Eigenschaften Trockensubstanz Gew. % Stärke Gew. % Textur, Kochtyp Kochdunkelung Rohbreiverfärbung Reduzierende Zucker bei 8 °C Lagerung % (1)

Auch weiße Fleischfarbe möglich

Pommes Frites

Trockenprodukte

über 55 langoval flach glatt hellgelb

ab 30 beliebig flach glatt hellgelb/gelb

20-22 14-16 B gering mittel bis 0,5 121

(3)

21-25 15-19 B-C genng gering bis 2,5

|2)

Gehalt in der Trockenmasse

Chips

Tiefkühlfertiggerichte

40-65 rundoval flach glatt hellgelb/gelb

unter 35 rundoval flach glatt hellgelb/gelb

21-24 15-18 B-C

18-20 12-14 A keine-sehr gering gering

-

bis 0,5 (3) (3)

bis 1

|3)

Gehalt in der Frischmasse

Abbildung 51: Anforderungen der verarbeitenden Industrie an die Kartoffel

Die Qualitätsanforderungen an die Knollen entsprechen denen von Speisekartoffeln. Schwerwiegende Mängel wie Hohlherzigkeit, Schwarzfleckigkeit und Eisenfleckigkeit lassen eine Verarbeitung des Rohstoffes nicht mehr zu. Besonderes Augenmerk wird auch auf den Grad der Beschädigung gelegt, da leicht Nachputzverluste von 15 bis 40 % erreicht werden können. Die Qualitätsanforderung Verarbeitungseignung umfaßt für die Verarbeitung wichtige Inhaltsstoffe: Der für die Herstellung der meisten Veredelungsprodukte (Chips, Pommes frites, Trockenspeisekartoffeln) geforderte hohe Trockensubstanzgehalt, wirkt sich mehrfach positiv auf den Verarbeitungsprozeß aus: O

mit zunehmendem Trockensubstanzgehalt steigt die Produktausbeute

O

mit zunehmendem Trockensubstanzgehalt verringert sich der ölgehalt des Fritierproduktes

O

die für den Trocknungsprozeß notwendige Energie verringert sich bei Kartoffeln mit hohem Trockensubstanzgehalt, da weniger Wasser verdampft werden muß, um die angestrebte Restfeuchte zu erhalten.

Die Zucker in der Kartoffelknolle haben neben dem Trockensubstanzgehalt eine überragende Bedeutung für die Herstellung von Fritierprodukten. Es gilt heute allgemein als gesichert, daß die Qualität von Kartoffelerzeugnissen Einbußen erleiden, wenn bestimmte Grenzwerte an reduzierenden Zuckern in den Knollen überschritten werden. Dieser Grenzwert liegt bei

194

Anhang

Kartoffeln, die für die Chipsherstellung bestimmt sind, bei 0,25 % in der Frischsubstanz (1,25 % in der Trockensubstanz). Für die Herstellung von Pommes frites und Trockenprodukten kann der Grenzwert bei 0,50 % in der Frischsubstanz (2,50 % in der Trockensubstanz) angesetzt werden. Die Verarbeitungseignung einer Kartoffelsorte für Chips wird in mehreren Schritten geprüft: O

Rohstoffuntersuchung: Bestimmung einzelner für die Verarbeitung wichtiger Inhaltsstoffe (Stärkegehalt, Trockensubstanzgehalt, Anteil an reduzierten Zuckern)

O

Chips-Eignungstest: Zur Bestimmung der Eignung für die Chips-Herstellung wird das Produkt "im Labor" in einer Friteuse, die im Detail einer Chips-Fabrik entspricht, in einer Kleinprobe hergestellt und auf die Kriterien • • •

Chipsfarbe (dunkle Verfärbung der Chips) Bruch Ölgehalt

untersucht. O

Prüfung des Lagerverhaltens: Eine Probe wird bei 8 Grad Celsius und 95% relativer Luftfeuchtigkeit für eine bestimmte Zeit eingelagert und auf • • • •

Länge der Keimruhe Keimwachstum Schwarzfleckigkeit Rohbreiverfärbung

untersucht.

195

Anhang

Die Verarbeitungseignung von Veredelungskartoffeln kann der Einkäufer einer "Beschreibenden Sortenliste", herausgegeben vom Bundessortenamt, entnehmen. Nachfolgende Darstellung zeigt einen Auszug aus der Sortenliste 1993:

Sortenbe Zeichnung

Reife und Eigen schaftsgruppe

Stärke gehalt 1-9 nach nach Ernte Lager

Emtestolz

mfr.S

8

8

9

9

8

7

Juliver

mfr.S

7

6

7

7

7

6

Assia

mfr.W.

9

8

9

9

6

6

Forta *

mfr.W.

9

9

9

9

7

7

Pepo

mfr.W.

8

8

9

9

8

6

Satuma

msp.S.

8

8

9

9

7

7

Panda

msp.W.

9

8

9

9

8

7

Trockensubstanzgehalt 1 -9 nach nach Ernte Lager

Chipsfarbe 1 -9 nach nach Ernte Lager

* = vorläufige Einstufung S = Speisesorten

W = Wirtschaftssorten

s.fr. fr.

mfr. = msp. =

= =

sehr früh früh

mittelfrüh mittelspät bis sehr spät

Chipsfarbe 1 = sehr schlechte Eignung 5 = mittlere Eignung 9 = sehr gute Eignung

Abbildung 52: Auszug der Sortenliste für Veredelungskartoffeln 1993

Sind die Sorten, die zur Herstellung von Chips grundsätzlich geeignet sind, gefunden, wird eine Produktspezifikation formuliert, die die Qualitätsmerkmale und Toleranzen vorgibt, sowie Grenzwerte, bei deren Überschreiten die Lieferung abgelehnt wird. Der folgende Auszug aus den Deutschen Kartoffelgeschäftsbedingungen zeigt eine solche Produktspezifikation für Kartoffeln.

Anhang

196

I. Qualitätsmerkmale

(1)

Kartoffeln zum Herstellen von Veredelungsprodukten für die menschliche Ernährung müssen zum Zeitpunkt des Empfangs folgende Qualitätsmerkmale aufweisen: 1. sortenecht, sortenrein, gesund, ganz, sauber, fest 2. frei von a)

Kartoffelkrebs, Bakterienringfäule, Schleimkrankheit

b)

fremdem Geruch und Geschmack, Keimen über 2 mm Länge, abnormer äußerer Feuchtigkeit, Rückständen von Pflanzenschutzmitteln oder anderen Chemikalien, die gesetzlich nicht zugelassen sind

c)

fremden Bestandteilen, schweren Beschädigungen, stark ergrünten und mißgestalteten Knollen, Schorf, Eisenfleckigkeit, starker Stippigkeit und starker Propfenbildung, starker Glasigkeit, Hohlherzigkeit, Schwarzherzigkeit, Naßfäule, Trockenfäule, Braunfäule, Frostschäden, Hitzeschäden, Schäden durch Salze oder Chemikalien, fremde Sorten, Größenabweichungen

Kartoffeln, die ab 1. Oktober verladen werden, müssen außerdem schalenfest sein.

(2)

Kartoffeln zum Herstellen von Veredelungsprodukten für die menschliche Ernährung müssen nach Größe sortiert sein. Sie dürfen nicht durch ein Quadratmaß fallen, dessen innere Seitenlänge mindestens 30 mm beträgt; dies gilt nicht für Kartoffeln zum Herstellen von Naßkonserven. Größenabweichungen dürfen nicht über 5 mm hinausgehen. Eine obere Begrenzung der Knollengröße ist im Einzelfall gesondert festzulegen.

(3)

Bestimmungen über den Gehalt der Knollen an reduzierenden Zuckern, die Einhaltung bestimmter Temperaturen während der Lagerung und bis zur Lieferung und das Unterwassergewicht (Trockensubstanz bzw. Stärkegehalt) bleiben gesonderten vertraglichen Vereinbarungen vorbehalten.

Anhang

197

II. Toleranzen und Weigerung (1)

Mangels anderer Vereinbarungen werden im Zeitpunkt des Empfangs die folgenden Abweichungen (siehe Mängeltabelle für Veredelungskartoffeln) von den Qualitätsmerkmalen toleriert. Bei Überschreiten auch nur einer Weigerungsgrenze kann die Abnahme der Lieferung verweigert werden.

Mängeltabelle für Veredelungskartoffeln: Art der Mängel 1.

Fremde Bestandteile (Erde, Mietenstroh, Fremdkörper, lose Keime u.a.) 2. Schwere Beschädigungen 3. Stark ergrünte und mißgestaltete Knollen 4. Eisenfleckigkeit, starke Stippigkeit, starke Pfropfenbildung 5. Starke Glasigkeit 6. Hohlherzigkeit, Schwarzherzigkeit, starke Schwarzfleckigkeit 7. Schorfbefall (Oberflächenschorf, Tiefenschorf) 8. Naßfäule, Trockenfäule, Braunfäule, Frostschäden, Hitzeschäden, Schäden durch Salze oder Chemikalien 9. Anteil fremder Sorten 10. Größenabweichungen bis zu 5 mm a) Untermaß b) Übermaß

Toleranz bis Gew.-%

Weigerung über Gew.-%

2

4

9 6 6

15 9 9

6 5

9 8

6 2

9 4

2

2

3 5

3 10

Abbildung 53: Mängeltabelle für Veredelungskartoffeln

Die Toleranzen dürfen bei der Übernahmeprüfung vom Vom-Hundertsatz der festgestellen Mängel nicht abgezogen werden. (2)

Die Übernahme von unsortierter Ware durch den Verarbeitungsbetrieb kann abgelehnt werden, wenn eine Probesortierung und Begutachtung ergibt, daß die nicht aussortierbaren Mängel die Weigerungsgrenzen überschreiten.

(3)

Die Feststellung der Mängel erfolgt nach Gewichtsprozenten. Der Lieferant hat das Recht, bei der Feststellung zugegen zu sein.

2.2 Anforderungen an den Lieferanten (Bauern) Zur Sicherung der qualitativen und quantitativen Versorgung wird es sinnvoll sein, mindestens einen Teil des Bedarfs über Lieferverträge mit Bauern abzusichern. Welche Anforderungen sind an den Lieferanten zu stellen?

Anhang

198

Die Qualitätsmerkmale der Kartoffel werden beeinflußt durch:

o o o o o o o o o

Bodenqualität Fruchtfolge Düngung Bodenbearbeitung Beregnung Ernte Lagerung Pflanzgut Pflanzenschutz.

Die Eignung eines Bauern, Kartoffeln für die Verarbeitung zu Chips zu liefern, ist zunächst davon abhängig, ob seine Bodenqualität für die benötigten Kartoffelsorten geeignet ist und ob er über eine Beregnungsanlage verfügt, da der gewünschte Ertrag und die Kartoffelgröße nur mittels Beregnung zu erzielen ist. Die kartoffelverarbeitende Industrie gibt den Bauern umfangreiche Empfehlungen zur Bodenbearbeitung, Düngung, Pflanzenschutz und den übrigen qualitätssensiblen Gestaltungsparametern des Bauern. Eine dritte Anforderung an den Bauern ist daher die Bereitschaft, die Empfehlungen des Abnehmers zu realisieren, sowie die Bereitschaft, Investitionen in Beregnungsanlagen, Lager, Ernte- und Bodenbearbeitungsmaschinen vorzunehmen.

2.3 Qualitätsmanagement-Instrumente 2.3.1 Lieferantenpolitik Qualitätszuverlässige Lieferanten erhalten vor neuen Lieferanten Priorität. Lieferverträge werden jeweils vor der Pflanzung ausgehandelt. Die vereinbarte Liefermenge bezieht sich auf den Ertrag der vereinbarten Anbaufläche. Bauer und Abnehmer verpflichten sich, den Ertrag der vereinbarten Anbaufläche zu liefern bzw. abzunehmen. Die Vereinbarungen über Liefermengen haben eine Laufzeit von 1 bis 3 Jahren, die Preise werden vor der Pflanzung mit der Laufzeit von mindestens einem Jahr ausgehandelt. Der Preis ist nach dem Qualitätskriterium Stärkegehalt gestaffelt und sieht Abschläge vor, wenn die Qualitätsprüfung der Kartoffel in der Wareneingangsprüfung Mängel feststellt, die über der maximalen Toleranzgrenze liegen:

Anhang

199

Kartoffel-Qualitätsnormen zur Herstellung von Kartoffel-Chips u.- Sticks Toleranzwert in %

Abzugsbereich in %

Weigerungswert in %

a.)

Trockenfäule, Braunfaule

0

0-1,0

1

b.)

Beschädigungen jeder Art

6

6,0-10,0

10

c.)

ergrünte Knollen

3

3,0- 5,0

5

d.)

mißgestaltete Knollen (Zwiewuchs)

3

3,0- 5,0

5

e.)

Schwarz-blaufleckige Knollen incl. Knollen mit Druckstellen

6

6,0-10,0

10

Kartoffelschorf, der nicht in das Kartoffelfleisch eingedrungen ist u. nicht mehr als 25 % der Knollenoberfläche einnimmt.

6

0

6

g.)

Größenabweichungen

3

0

3

h.)

Gesamtmängel

7

7,0-11,0

11

i.)

Sonstiges: Schmutzregelung

1

1,0-5,0

5

f.)

Die Kartoffeln müssen sein: Sortenreln backfähig nach Farbkarte I B V L 7 - 9 Beschädigungen sind solche, die tiefer als 1 mm unterhalb der Schale liegen. Die Feststellung der vorstehenden Mängel erfolgt nach Gewichtsprozenten.

Abbildung 54: Kartoffel-Qualitätsnormen

200

Anhang

Zusammenarbeit mit dem Lieferanten: Für jeden Lieferanten wird eine Anbaukartei geführt, in der O O O O O •

Bodenuntersuchungs-Ergebnisse (alle 4 Jahre) Düngung Sorte Vorfrucht Krankheiten erzielte Qualität

festgehalten werden. Die Daten der Anbaukartei werden bei der jährlichen Neufestlegung der Verträge benutzt, um den Lieferanten zu beraten und qualitätsrelevante Vorgaben zu machen über

o o o o o o o o

Fruchtfolge Düngung Pflanzenschutz Pflanzgut Bodenbearbeitung Beregnung Ernte Einlagerung (Temperatur und Luftfeuchtigkeit).

2.3.2 Eingangsprüfungen Da die Umsetzung der Empfehlungen vom Abnehmer nicht geprüft werden kann und die gewünschte Qualität auch dann nicht garantiert ist, wenn die Empfehlungen alle befolgt werden, wird eine umfangreiche Qualitätsprüfung der angelieferten Kartoffeln vorgenommen.

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Total Quality Management: Bausteine einer umfassenden Qualitätsförderung Qualität und Zuverlässigkeit 37 (1992) H. 12, S. 720-724 Abgrenzung zwischen Spezifikation und Zusicherung. Beschaffung aktuell Heft 11, 1992, S. 20f

208

Stichwortverzeichnis

A A-Kunden ABC-Analyse Ablauforganisation Abnahmebedingung Abnahmeprüfung Abnehmerattraktivität Absatzstrategie AGBG§ 1 AGBG§ 9 Allgemeine Geschäftsbedingung Analyse, ergebnisorientiert Analyse, prozessorientiert Anbieteranalyse Anbietervergleich Anforderungen, produktspezifische Anforderungserfüllung Anforderungskatalog Angebotsanalyse Angebotsmerkmale Angebotsvergleich Angebotsvergleich, begrenzter Anlaufplanung Annahmekennlinie Annahmewahrscheinlichkeit Anpassungsstrategie Anreiz-Beitragstheorie AQL AQL-Wert Arbeitsanweisung Arbeitsanweisung, Gestaltung der Artikelvielfalt Attraktivitätssteigerung Attributprüfung Audit Audit, internes Audit-Klausel Aufbauorganisation Aufsichtspflicht Auftragserteilung Au sführungsqualität

113 48,165 23 79 5 87, 112 ff, 116 90 158 148, 157 157 ff 23 23 94 ff 88 f 79 36 75 94 117 88 f 86 92 134 f 134 f 166 f 114 132 f 79 18, 24 94 76 119 127 f 151 f 183 152 23 13 f 95,108 104

B Bagatellschaden Bedarfsinformationssystem, rollierendes Bedarfsmerkmale Bedarfssituation, aktuelle Bedarfsvorausschau Beeinflussungsstrategie Beitragssenkung, verdeckte Bemusterung Benachteiligung, unangemessene

11 122 117 90 122 167 115 173 143

Stichwortverzeichnis

209

Bereitstellung, lagerorientiert Beschaffung Beschaffung, fertigungssynchrone Beschaffungsdokumente Beschaffungsrisiko Beschaffungssituation Beschaffungszeit Bestandskosten Beurteilungskriterien Bewertungskennziffer Bewertungskriterien Bewertungsstufen B G B § 138 B G B § 242 B G B § 249 B G B § 459 B G B § 462 B G B § 463 B G B § 635 B G B § 823 B G B § 852 Bindung, langfristige Brainstorming

122 29 ff, 92 136 30 97 163 95 38 96 108 f 181 f 98 157 157 9 6, 8 8 147 147 9 153 113 49

CAM CAQ Checkliste cip (continuos improvement process) commodities

19 19 21 47 90 f, 95

D Deming-Zyklus Dimension, extensionale Dimension, intensionale Dimension, statistische DIN 40080 DIN 40080 Dokumentation

4 7 £f 51 51 51 130 ff 174 86, 184

E Eigenschaftszusicherung Eigenverantwortlichkeit Einfachstichprobenplan Eingangsprüfung Einkauf, ganzheitlich Einkauf, strategisch Endprüfung Engagement Engpassmanagement Engpasssituation

147 f 21 131 186,200 57 57 5, 92, 187 93 122 23

210

Stichwortverzeichnis

Entscheidungssituation, Merkmale der Entwicklung Entwicklungsdauer, kürzere Entwicklungsrisiko Erfolgsfaktor Erfolgsfaktor, strategischer Erfolgsmessung Ersatzanspruch Erstkauf

95 91 59 59 164 f 1 ff 68 11 87

F Faktorenversuchsplanung Falschetikettierung Falschverpackung Fehler Fehler i.S.d. ProdHaftG Fehler, potentieller Fehlerarten Fehlerbewertung Fehlerdurchschlupf Fehlererfassung Fehlerfolgekosten Fehlerkatalog Fehlerklassifikation Fehlerkosten Fehlerkosten, externe Fehlerkosten, interne Fehlerliste Fehlerniveau Fehlerquellen Fehlerursachen Fehlerverhütung Fehlerverhütungskosten Fertigungskontrolle Fertigungstiefe, abnehmende Fertigungsvorbereitung Festpreisvereinbarungen Finalproduzent fitness for use Flexibilität FMEA (failure mode and effect analysis) FMEA, KonstruktionsFormblätter Freistellungsklausel Funktionstüchtigkeit

49 155 155 37, 68, 174 10 ff 155 62,67 177 64 67 69, 95, 150 174 177 167 5, 50 5, 50 174 49 67 68 155 4,50 186 3 91 120 149 3, 37 56 19, 45 f 45 21 149 f 37

G Garantieleistung Gauß Gebrauchseignung Gebrauchsfähigkeit Gebrauchstauglichkeit

5 129 80 6 37,53

Stichwortverzeichnis

Gefahrabwendungspflicht Gefährdungshaftung Gemeinkosten Gesamtbewertung Gesamtkostenansatz Gesamtschuldnerprinzip Geschäftsbedingung, allgemeine Geschäftsbeziehung, langfristige Gestaltungsparameter Gewährleistungsanspruch gmp (good manufacturing practics) Grundsatzerklärung

211

9, 144, 152 56 71 181 f 71 150 157 ff 114 117 f 56, 144, 154 25 17

H Haftung, vertragliche Haftungsbefreiung Haftungskonzentration Haltbarkeit Herzberg HGB § 178 HGB § 377

7 ff 149 149 37 123 143 143

I Identitätsprüfung Imagegewinn Individualvertrag Informationsbedürfnis Integritätsinteresse Ishikawa-Ursache-Wirkungs-Diagramm ISO 8402 ISO 9000 ff ISO 9000-1 ISO 9001 ISO 9001, Elemente ISO 9002 ISO 9003 ISO 9004-1

155 118 157 95 9 49 6, 27 25 27 27, 29 ff 26 f 27 27 27

J just-in-time

123, 136, 143

K Kaizen Kapazitätsauslastung, schlechte Kapazitätsengpass Kennzeichnung Konfliktlösungskompetenz Kontraktpreise Kontrollpflicht Kooperation Kooperationsinteresse

47 54 38 77 57 119 152 56 97

212

Stichwortverzeichnis

Koordination Körperverletzung Korrekturmaßnahmen Kostensenkung Kostensteigerung Kostentreiber Kostenüberwälzung Kriterienkatalog Kundenerwartung, steigende Kundenwunsch Kundenzufriedenheit

57

11 187 50 ff, 73 113 54,137 118 97 f 3

18 69

L Lagerbestand Leistungsanforderung, objektspezifische Leistungsbereitschaft Leistungsfähigkeit Leistungsfähigkeit, produktbezogene Leistungsminderung Leistungsminderung Leistungsminderung, verdeckte Leistungswilligkeit Lieferant Lieferant, zugelassener Lieferanten-Abnehmer-Attraktivitäts-Portfolio Lieferantenanforderung Lieferantenauswahl, qualitätsorientierte Lieferantenbeurteilung Lieferantenbeurteilung, verbale Lieferantenbewertung Lieferantenbewertung, laufende Lieferantenerziehung Lieferantenleitfaden Lieferantenpolitik Lieferantenselektierung Lieferbedingung, technische Lieferservice Lieferserviceleistung Lieferzeit Logistikstrategie Lückenmodell

54,122 76 86 f, 112 86, 95 86 113 114,120 76 87, 96 29 86,103 114

86 85 ff, 94 4, 32 ff, 94, 96, 108 99 109,179 32 ff, 85 f, 108 ff 137 91 ff 88, 113 f, 198 104 79 f f , 8 3 , 140, 173 97 90

179 90 70

M Mangel, offener Mangelfolgefehler Mangelfreiheit Mängeltabelle Markteinführung, frühere Marktmacht, Verzicht auf Maschinenbelegungsplan Maßnahmen, vertrauensbildende Material, fehlerhaftes

8 6 ff 148 197 59 123

54 28 137

213

Stichwortverzeichnis

Materialänderung Materialbeschaffung Materialqualität, schlechte Materialspezifikation Merkmalsausprägung, angestrebte Messmittel Minderung Mitarbeiterengagement Mitarbeiterschulung Monopolsituation Motivation Motivationstheorie Muster Musterprüfung

185 122 53 ff 185 75 187 147 21 4 23 93 123 104 104

N Nachfragemerkmale Neulieferung Normalverteilung Null-Fehler-Ziel Nutzenerwartung

117 147 41 ff, 129 47 1

o Opportunitätskosten Organisationskultur Organisationspflicht

5,71,147 36 f 13 f

P package buying Pareto-Analyse Pflichtenheft Planung, systematische preferred suppliers Preisgleitklausel Preiskalkulation Preisvereinbarungen Preisvorbehaltsklausel, unbestimmte Probelieferungen Problemlösungspotential ProdHaftG § 1 Abs. 1 ProdHaftG § 5 ProdHaftG § 8 ProdHaftG § 1 1 ProdHaftG § 14 Produktaudit Produkte, zugekaufte Produktfehler Produktgestaltung Produkthaftung Produkthaftung, deliktische Produkthaftungsanspruch

123 48 f 58,64 163 141 120 f 120 119 120 104 56 10 11 11 11 149 187 53 6 ff, 130 121 149 f 7 ff, 65, 145 5,56

214

Stichwortverzeichnis

Produkthaftungsfall Produkthaftungsgesetz Produkthaftungsrisiko Produktionsplanung Produktlebensphasen Produktlebenszyklus, verlängerter Produktmerkmal, wesentliches Produktplanung Produktqualität Produktqualität, juristische Produktspezifikation Prozesse, beherrschte Prozessfähigkeitsindex Prozesskosten, geringere Prozesskostenrechnung Prozessverbesserung, ständige Prüfanweisung Prüfbescheinigung Prüfeinrichtung Prüfergebnis Prüfergebnis, Dokumentation des Prüfkosten Prüfmittel Prüfniveau Prüfpersonal Prüfpflicht, Freistellung von der Prüfrisiko Prüfschärfe Prüfumfang Prüfung, Dokumentation der Prüfung, fertigungsbegleitende Prüfungen Prüfverfahren Prüfverzicht Prüfvorgang Prüfvorrichtungen Prüfzeugnis Punktbewertungsverfahren Punktvergabe

Q

QM-Instrumente, Beeinflussung der QM-Instrumente, Gestaltung der QM-Instrumente, präventive QM-Instrumente, reaktive QM-Instrumente, Wirkungsweise der QM-Plan Qualität Qualitätsanforderung, individuelle Qualitätsbegriff, fertigungsbezogener Qualitätsbegriff, kundenorientierter Qualitätsbewußtsein

137 7 ff, 56 144 122 15 f 3 147 17 1 fr, 97, 180 6 ff 75 ff 38, 40 40 ff, 43, 145, 189 118 71 87, 112 18, 24, 79, 125 80 5 176 153 5, 50 125, 187 127 f 5, 125 143 125,131 130 125 153 92 30 ff, 186 125, 127 ff 155 175 136 81 100 f 96

164 163 163 ff 166 ff 163 31 1 ff, 36 f 113 1 1 ff, 4 36

215

Stichwortverzeichnis

Qualitätsfähigkeit Qualitätsgeschichte Qualitätshandbuch Qualitätskennzahl Qualitätskosten Qualitätskostenmanagement Qualitätskostenrechnung Qualitätskreis Qualitätskriterien Qualitätslenkung Qualitätslenkung, präventive Qualitätsmanagement Qualitätsmanagementhandbuch Qualitätsmanagementsystem Qualitätsmanagementvereinbarung Qualitätsmanagementvereinbarung, Aushandelung der Qualitätsmanagementvereinbarung, faire Qualitätsmanagementvereinbarung, zulässige Qualitätsmerkmal Qualitätsniveau Qualitätsplan Qualitätsplanung Qualitätspolitik Qualitätspolitik, präventive Qualitätsportfolio Qualitätsprüfung Qualitätsprüfungsplanung Qualitätssicherung Qualitätsverbesserung Qualitätsverbesserungspotential Qualitätsziele, operationale Qualitätszirkel Qualitätszuverlässigkeit

3, 28, 111 109, 126, 130 f 91 ff, 183 109 f 4 ff, 19, 50 f 71 22 15 f 93 19, 64 ff, 109, 151 f 86 1, 16 ff 23 f 21 ff 80, 140 ff, 154 158 160 160 75, 196 59 184 4, 17 f, 58 ff, 109 17 38, 75 166 154, 175 4 1, 19, 65 ff, 109 19, 66 ff 168 108 19 51, 87, 90, 109, 112

R Recht, dispositives Rechtsgeschäfte, gleichartige Reklamation Requalifikationsprüfung Risikoüberwälzung Risikozuschlag Rücknahme Rückrufaktion RückVerfolgbarkeit Rügepflicht, Freistellung von der

8 157 5 92 118 120 5 14,77 138 143

Schadensersatz Schadensersatzforderung Schwachstellenanalyse Selbstauskunft Serienfertigung

147 9 28 104 f, 178 92

216

Stichwortverzeichnis

ship-to-stock simultaneous engineering single-sourcing Sorgfaltspflicht SPC (statistical process control) specialties Spezifikation, Funktionen einer Spezifikationsgrenze Standardabweichung Standardisierung Standardisierungsgrad Statistische Prozessregelung Stellenbeschreibung Stichprobe Stichprobenprüfung Stichprobenumfang Stillstandszeiten Systemaudit

143 59 ff 137 108, 155 19, 35, 40, 44 f, 188 91, 95 76 39 ff 41 ff 21 f 95 188 22 129 130 ff, 155, 174 109 54 13, 19

T Teile, sicherheitskritische Teilprüfung Terminüberwachung Toleranz total quality management (tqm) total-cost-approach

89 f 127 f 126 75 35 ff 71

u

Umweltbewußtsein Unterauftragnehmer Unterlieferant Unternehmensziele Untersuchungspflicht Ursache-Wirkungs-Zusammenhang

3 29 91 17 143 96

V Variabilität, natürliche Variablenprüfung Verbesserung, ständige Verfahrensanweisung Verfahrensanweisung, Gestaltung der Verfahrensaudit Verkehrssicherungspflicht Verpackungsqualität Vertragsabschlußfreiheit Vertragslaufzeiten Vertragsstrafe Vertragsvielzahl Vertrauensbildung Verwendungszusage Vollprüfung

40 127 f 23 23 f 94 19 13, 149 180 158 119 5 158 57 121 127 f

217

Stichwortverzeichnis

Vorformulierung Vorlieferant

157 90

Wandlung Ware, minderqualitative Wareneingangsprüfung Wareneingangsprüfung, konventionelle Wareneingangsprüfung, Verzicht auf Warnhinweise Werklieferungsvertrag Werkstückkosten, niedrigere Wertschöpfungskette Wertschöpfungspartnerschaft Wettbewerbsfähigkeit Wettbewerbssituation Wiederholungskauf

147 125 5, 125 ff 135 154 f 13 8 59 55 59 4 59 86

Zertifikat Zertifikat, Stellenwert Zertifizierung Zulassungsprozedere Zulieferer Zulieferprodukt, Merkmale Zulieferprodukte Zuständigkeit, inoffiziell Zuverlässigkeit Zwischenprüfung

105 28 15 ff, 154 86, 103 f, 106 91 62 91 22 37 186