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German Pages [431] Year 2014
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525802113 — ISBN E-Book: 9783647802114
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LUSTRUM INTERNATIONALE FORSCHUNGSBERICHTE FORSCHUNGSBERICHTE INTERNATIONALE AUS DEM DEM BEREICH BEREICH DES DES KLASSISCHEN KLASSISCHEN ALTERTUMS ALTERTUMS AUS
herausgegeben von von herausgegeben von herausgegeben HANS GA GA RTNER und und MICHAEL WEISSENBERGER ¨¨ RTNER MARCUS DEUFERT und MICHAELWEISSENBERGER WEISSENBERGER HANS MICHAEL
Band 2013 Band 55 50 · 2008 Band 50 ·· 2008
VANDENHOECK & & RUPRECHT RUPRECHT VANDENHOECK
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ISBN 978-3-525-80211-3 ISSN 0024-7421 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de. © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Gesamtherstellung: e Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
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Inhalt
Juvenal (1962–2011) (Walter Kißel) ............................................................................................................ 7 Register ...................................................................................................................... 418
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Juvenal (1962–2011) von Walter Kißel / Erlangen Wie vielen anderen Autoren der Silbernen Latinität ist auch Juvenal erst in den letzten Jahrzehnten nennenswerte Aufmerksamkeit von seiten der Forschung zuteil geworden. Als Wegbereiter hat das Juvenalbuch von Gilbert H i g h e t zu gelten1, das – zur Ergänzung wie zum Widerspruch herausfordernd – nicht zuletzt auch zur Schärfung des methodischen Instrumentariums entscheidend beigetragen hat. Erst in der Auseinandersetzung mit H. gelang es etwa, die einseitig biographisch orientierte Interpretation der Juvenalsatiren zugunsten einer Würdigung ihrer literarischen Gestaltung zu überwinden; doch hat gerade diese neue Perspektive – ihrerseits verabsolutiert – die klare Sicht auf das Juvenalische Werk binnen kurzem neuerlich getrübt: Die Annahme, das sprechende Ich der Satiren verkörpere nicht nur kein Spiegelbild des Autors, sondern weise überhaupt keine Verbindung mehr mit diesem auf, sei vielmehr als autonomer, quasi-dramatischer Charakter voller Widersprüche und Ungereimtheiten konzipiert, hat über Jahrzehnte hinweg gerade die angloamerikanische Juvenalforschung gebunden und, da unzulänglich begründet und im Regelfall ungeprüft übernommen, entsprechend fragwürdige Ergebnisse gezeitigt. Der Tenor ganzer Gedichte verflüchtigte sich in die Unverbindlichkeit zweckfreien (auf Unterhaltung abzielenden?) Philistertums; unverstandene Einzelaussagen schienen nicht mehr der Mühe adäquater Sacherklärung zu bedürfen, sondern waren leicht als absichtlich ungereimtes Geschwafel der irrlichternden persona abzutun. Die trügerische Vertrautheit mit einer scheinbar in die Gegenwart fortbestehenden Gattung trug das Ihre dazu bei, die Juvenalforschung in Teilen zu einem Experimentierfeld nahezu grenzenloser Beliebigkeit werden zu lassen. Wirkliche Forschungsfortschritte wurden solcherart eher am Rande und gegen den allgemeinen Trend erzielt: Dies betrifft ein besseres Verständnis für die auf den ersten Blick völlig regellos anmutende Struktur der Satiren, den ideologischen Standort ihres Verfassers, die weltanschauliche wie künstlerische Entwicklung vom frühen zum späten Juvenal und die zur Erzeugung der Lesersolidarität eingesetzten rhetorischen Mittel. Wesentlichstes Desiderat bleibt immer noch das Großprojekt einer kontextbezogenen, Juvenals Umgang mit dem genus grande (neuer Gattungsstil? Mittel zum Stilbruch?) schlüssig erfassenden Stilanalyse; kaum weniger dringlich 1
G.H., Juvenal the satirist. A study, Oxford 1954.
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Walter Kißel
wären die Erforschung von Juvenals Metrik mit dem Ziel ihrer exakten Positionierung im Spannungsfeld zwischen Zeit-, Gattungs- und Individualgepräge, eine vorurteilsfrei und methodensicher gestaltete Untersuchung der allgegenwärtigen Textverderbnis durch Interpolationen und nicht zuletzt ein umfassender Überblick über die nachantike Juvenalrezeption, die bisher nur für den Bereich der englischen Satire hinlänglich aufgearbeitet scheint. Die vorliegende Dokumentation versteht sich als Fortsetzung und Ergänzung des einschlägigen Berichts von M. C o f f e y (Juvenal report for the years 1941–1961, Lustrum 8, 1964, 161–215 & 268–270). Bei der praktischen Umsetzung dieses Konzeptes war v.a. der Fülle des vorliegenden Materials Rechnung zu tragen: Auf der einen Seite war der zu behandelnde Gegenstand engstmöglich auf Literatur zum Autor selber einzugrenzen: Arbeiten, die Juvenal nur im weiteren Umfeld der Gattungstradition oder der antiken Rhetorik in den Blick nehmen, konnten ebensowenig Berücksichtigung finden wie übergreifende Untersuchungen zur Sozial- und Sittengeschichte, mag Juvenal dort auch regelmäßig als eine der Hauptquellen herangezogen sein; nicht anders verbot sich die Besprechung von Beiträgen, in denen Einzelfragen aus dem weiten Bereich der Juvenalrezeption (incl. Scholien) erörtert werden. Auf der anderen Seite waren die Referate selber, soweit irgend vertretbar, zu kondensieren, ohne dabei einen Verlust ihrer inhaltlichen Aussagekraft herbeizuführen; auch die kritische Auseinandersetzung mit Ergebnissen und Methoden einzelner Untersuchungen durfte nach Ansicht des Berichterstatters nicht einfach unterbleiben. Durch den partiellen Verzicht auf eine chronologische Organisation der Darstellung und durch eine überbordende Zahl von Fußnoten und Querverweisen sucht der vorliegende Forschungsüberblick zwischen Überfülle der zu berücksichtigenden Literatur und Knappheit des zur Verfügung stehenden Raumes einen Ausgleich zu schaffen; für diese – eher lustrumuntypische – Eigenwilligkeit sei an dieser Stelle die Nachsicht des Benutzers erbeten.
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Inhalt I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. XVII.
Forschungsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgaben, Übersetzungen, Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sammelbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autor und Werk im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Biographie und Werkdatierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... Intention und Weltbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Das Bild der zeitgenössischen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . Personen und Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Literarischer Standort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Künstlerische Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Struktur und Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . Sprache und Stil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die persona-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen und Vorbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . Die einzelnen Satiren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Einzelstellen aus mehreren Satiren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Satire 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Satire 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Satire 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Satire 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Satire 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Satire 6 (ohne das Oxford-Fragment) . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Das Oxford-Fragment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 9. Satire 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Satire 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Satire 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Satire 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Satire 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Satire 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Satire 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Satire 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Satire 15 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18. Satire 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII. Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .
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Juvenal (1962-2011)
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I. Forschungsberichte 1. R. C u c c i o l i M e l l o n i , Otto anni di studi giovenaliani (1969–1976), BStudLat 7, 1977, 61–87. 2. M.T. M a r t í n R o d r í g u e z , Juvenal (1979–1992), Tempus 5, 1993, 5–38. 3. B. S a n t o r e l l i , Trent' anni di studi giovenaliani (1977–2007), BStudLat 38, 2008, 119–194 & 637–720. Die im ganzen ebenso zuverlässigen wie zweckmäßigen Forschungsberichte von C u c c i o l i M e l l o n i (1; für die Jahre 1969–1976) und S a n t o r e l l i (3; 1977–2007) schließen an die Surveys von A n d e r s o n 2 an. Während C.M. die einzelnen Arbeiten eher summarisch referiert3, dafür mit kurzen, wenn auch apodiktischen Stellungnahmen zu deren Wert nicht spart, hält sich S. – von scharfer Ablehnung der persona-Theorie abgesehen – mit seinem Urteil eher zurück, um dabei der inhaltlichen Würdigung der vorgestellten Titel breiteren Raum zu geben. Um so mehr fühlt sich der Benutzer düpiert, wenn er im guten Glauben, der Bericht gründe auf Autopsie, das eine oder andere Mal mit Referaten konfrontiert wird, die gerade nur eine italienische Übersetzung des APh-Textes bieten (vgl. etwa 154 zu Nr. 140 Arnaud-Lindet oder 720 zu Nr. 510 Domínguez Domínguez).4 Dagegen ist die Literaturdokumentation von M a r t í n R o d r í g u e z (2) nur eingeschränkt als Arbeitsinstrument nutzbar: Soweit sie nicht überhaupt nur die bibliographischen Angaben erfaßt, bietet sie Kurzreferate, die mehrheitlich auf den Werktitel selbst oder auf das entsprechende APh-Resümee zurückgehen; wo bei einzelnen Arbeiten wirklich auf den Inhalt Bezug genommen wird, betrifft dies nur den Gegenstand, nicht aber die Ergebnisse. Eine kritische Bewertung unterbleibt völlig.
2 W.S. A., Recent work in Roman satire, CW 50, 1956-1957, 33-40 (für 1937-1955); 57, 1963-1964, 293-301; 343-348 (für 1955-1962); 63, 1969-1970, 181-194; 199; 217-222 (für 1962-1968); abermals 75, 1981-1982, 273-299 (für 1968-1978), anfangs unter Verzicht auf die Rubriken 'Übersetzungen', 'nachantike Rezeption' und 'Einzelstellen', partiell auf die Nennung der bibliographischen Angaben beschränkt. 3 Unbefriedigend die selektive, an Anderson ausgerichtete Titelauswahl (s. oben Anm.2), verstörend die Auflösung von 'HSPh' als 'Histor. Stud. in the Physic. Scien.' (87). 4 Im letzteren Fall ist die Übersetzung zudem fehlerhaft: APh 75, 2004, 328 ist von "un humanista del siglo 17o", bei S. von "letterati del secolo XVII" (720) die Rede; auch sonst weist der Bericht mitunter Flüchtigkeiten auf.
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Walter Kißel II. Ausgaben, Übersetzungen, Kommentare 1. Ausgaben
4. D. Iunii Iuvenalis saturae, editorum in usum edidit A.E. H o u s m a n , London 1905 (XXXVI & 146 S.), 2Cambridge 1931 (repr. with corr.) = New York 1969, LVII & 146 S. 5. A. Persi Flacci et D. Iuni Iuvenalis saturae, ed. brevique adnotatione critica instr. W.V. C l a u s e n , Oxford 1959 ('reprinted lithographically from corrected sheets of the first edition' 1966), 21992 ('revised edition'), XIV & 198 S. Rez.: R e e v e , CR 43, 1993, 173–174. 6. Roman satire. Horace, Juvenal, Persius, Petronius and Seneca. Selected with commentary by A.G. M c K a y and D.M. S h e p h e r d , New York 1976, 291 S. Rez.: R u d d , Phoenix 31, 1977, 92–93; K i l p a t r i c k , EMC 22, 1978, 77. 7. Giovenale, il poeta della contraddizione. Antologia dalle satire a cura di L. C a n a l i , con un saggio di E. F e r r e r o , Torino 1977, XX & 124 S. 8. Juvenal Satires I, III, X. Text, with introduction and notes by N. R u d d and E. C o u r t n e y , Bristol 1977 (86 S.), 21982, IV & 91 S. Rez.: B a r r , LCM 3, 1978, 181–182; M c A u s l a n , G&R 25, 1978, 192– 193. 9. E. C o u r t n e y , Juvenal the Satires. A text with brief critical notes, Roma 1984, 149 S. Rez.: C o f f e y , LCM 10, 1985, 144; B i l l e r b e c k , MH 44, 1987, 291; F o w l e r , G&R 34, 1987, 94; G é r a r d , REL 65, 1987, 320–321; A n d e r s o n , CW 81, 1987–1988, 413–414; B a r r , Latomus 48, 1989, 441–443; A d a m i e t z , AAHG 43, 1990, 18–19. 10. D. Iuni Iuvenalis Saturae, edidit J.R.C. M a r t y n , Amsterdam 1987, XXXII & 179 S. (mit einer ergänzenden Variantensynopse in: d e r s . , Juvenal: a farrago [113], 118–126). Rez.: N a s c i m e n t o , Euphrosyne 17, 1989, 406–407. 11. D. Iunii Iuvenalis saturae sedecim, edidit J. W i l l i s , Stuttgart 1997, LII & 282 S. Rez.: K i ß e l , AAHG 52, 1999, 185–191; A s t b u r y , Gnomon 72, 2000, 309–313; S c h m i t z (314), 281–285; D e s y , AC 72, 2003, 407–408. 2. Übersetzungen deutsch 12. Römisches Alltagsleben im 1. und 2. Jahrhundert n.Chr. nach Martial und Juvenal, zusammengestellt von R. H e l m , Zürich 1963, 39–54. [sat.3]
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Juvenal (1962-2011)
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13. Juvenal, Satiren. Übersetzung, Einführung und Anhang von H.C. S c h n u r , Stuttgart 1969, 253 S. 14. Römische Satiren. Ennius, Lucilius, Varro, Horaz, Persius, Seneca, Petron, Juvenal, Sulpicia, hg. von W. K r e n k e l , Berlin 1970 = Darmstadt 1976 (XXX & 609 S.), 21977, 31984 (XXVIII & 563 S.), 41990. 15. C. B r i n i t z e r , Immer Ärger mit den Frauen. Juvenals Schwarzbuch für Heiratslustige, Flitterwöchner und Scheidungskandidaten, mit Illustrationen von A. Beardsley, Hamburg 1973, 205 S. [sat.6] 16. Juvenal, Satiren. Lateinisch – deutsch. Herausgegeben, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von J. A d a m i e t z , München 1993, 523 S. 17. D. G r ü n b e i n , Bruder Juvenal. Satire als andauernde Gegenwart, in: C. S c h m i t z (Hg.), Mythos im Alltag – Alltag im Mythos. Die Banalität des Alltags in unterschiedlichen literarischen Verwendungskontexten, München 2010, 11–30; die Übersetzung selbst auch in: D.G., Aroma. Ein römisches Zeichenbuch, Berlin 2010, 69–82, die Einführung hierzu ('Bruder Juvenal') ebd. 83–100. [sat.3] englisch 18. Two approaches to Juvenal. Satire I translated by J.P. S u l l i v a n , Satire XII translated by J. M a z z a r o , Arion 1.4, 1962, 65–73. 19. The satires of Juvenal. A new translation with an introduction by H. C r e e k m o r e , New York 1963, XXIII & 288 S. Rez.: H i g h e t , CW 57, 1963–1964, 281; R a m a g e , CJ 60, 1964–1965, 184–185; C o l t o n , Satire Newsletter 3, 1965, 64–74; H e n r y & W a l k e r , CPh 60, 1965, 215–219. 20. J. H o l l o w a y , London, Greater London (after Juvenal, Satire III), Arion 4, 1965, 233–236. 21. Juvenal, Satires. Translated by J. M a z z a r o , with an introduction and notes by R.E. B r a u n , Ann Arbor 1965, 235 S. Rez.: A n d e r s o n , CW 58, 1964–1965, 290; C o l t o n , Satire Newsletter 3, 1965, 64–74; v a n O o t e g h e m , LEC 33, 1965, 449; K e n n e y , CR 16, 1966, 118; M a r a c h e , RBPh 44, 1966, 685; R o b e r t s , CJ 62, 1966–1967, 32–38 (=32, 34, 38); D u y s i n x , Latomus 26, 1967, 254–255. 22. Juvenal. The sixteen satires, translated with an introduction and notes by P. G r e e n , London 1967 (318 S.), 21974, 320 S. (die 'introduction' in leichter Überarbeitung auch in: d e r s ., The shadow of the Parthenon. Studies in ancient history and literature, London 1972, 216–267). Rez.: K n e c h t , AC 37, 1968, 310–311; S u l l i v a n , Arion 7, 1968, 477– 486; A n d e r s o n , CW 62, 1968–1969, 16; I j s e w i j n , RBPh 47, 1969, 1068; C l e a r y , CJ 65, 1969–1970, 231; W a l k e r , CPh 65, 1970, 61–62. – 3rd revised edition, London 1998, LXVII & 252 S. Rez.: C o f f e y , CR 49, 1999, 572–573.
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Walter Kißel
*23. The satires of Juvenal. Translated with an introduction and notes by C. P l u m b , London 1968, 288 S. Rez.: C l a r k e , CR 22, 1972, 414. 24. B. R e f o , Juvenal Satire I, CB 45, 1968–1969, 41–43. 25. L.W. C o u n t r y m a n , D. Iunius Iuvenalis: the first satire, translation and afterword, CW 71, 1977–1978, 373–379. 26. Society in imperial Rome. Selections from Juvenal, Petronius, Martial, Tacitus, Seneca and Pliny, translated and edited by M. M a s s e y , Cambridge 1982, 107 S. Rez.: T u c k e r , CO 61, 1983–1984, 71. 27. Juvenal. Sixteen satires upon the ancient harlot, translated by S. R o b i n s o n , Manchester 1983, 216 S. Rez.: R a s c h k e , CW 77, 1983–1984, 329–330. 28. Juvenal, The Satires, translated by N. R u d d , edited with an introduction and notes by W. B a r r , Oxford 1991, 21999, XXXVIII & 250 S. Rez.: A s t b u r y , Hermathena 152, 1992, 91–93; J o n e s , CR 42, 1992, 195; A n d e r s o n , Phoenix 47, 1993, 163–165; C u r r i e , Latomus 53, 1994, 206–207. 29. Big fish (Juvenal IV), translated by A. E l l i o t , Arion 3.ser. 3.2–3, 1995–1996, 185–190 = in: Juvenal in English (958), 457–464. 30. Roman verse satire, Lucilius to Juvenal. A selection with an introduction, text, translations, and notes by W.J. D o m i n i k and W.T. W e h r l e , Wauconda (Ill.) 1999, XVII & 221 S. Rez.: K e a n e , BMCR 2000.04.23; d i e s . , CO 78, 2000, 138. 31. Juvenal and Persius. Edited and translated by S.M. B r a u n d , London 2004, XI & 536 S. Rez.: H u n i n k , BMCR 2004.11.26; N a n i , CO 82, 2004–2005, 155–156; A d k i n , Latomus 65, 2006, 741–742; K e a n e , CR 56, 2006, 127–129; R o c h e t t e , AC 75, 2006, 359–360; N a s c i m e n t o , Euphrosyne 37, 2009, 441–442. 32. Juvenal Satire XI, translated by A. E l l i o t , Arion 3.ser. 18.3, 2010– 2011, 107–115. französisch 33. Juvénal, Satires. Texte établi et traduit par P. d e L a b r i o l l e et F. V i l l e n e u v e , Paris 1921 (XXXII S. & 200 Bl.), 71962, 81964 (XXXII S. & 203 Bl.), 91967 (XXXII S. & 207 Bl.), 101971, 111974, 121983 (revu, corrigé et augmenté par J. G é r a r d ; XXXII S. & 222 Bl.), 131994, 141996, XXXII S. & 223 Bl. 34. Juvénal, Extraits des satires. Texte, traduction et commentaire précedés d'une introduction par J. H e l l e g o u a r c ' h , Catania 1967, 178 S.
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Rez.: G é r a r d , REL 45, 1967, 527–529; J o l y , Latomus 27, 1968, 911– 913; W a n k e n n e , LEC 36, 1968, 286; A n d r é , RPh 44, 1970, 151–152; T a n d o i , A&R 15, 1970, 194–201; D u m o n t , BAGB 1971, 134–136. 35. Juvénal, La décadence. Satires: choix et version française d' A. G o l o m b , Paris 1990, 125 S. 36. Juvénal, Satires. Choix traduit du latin et présenté par P. F e u g a , Paris 1992, 189 S. *37. Juvénal, Satires. Texte intégral, tradition nouvelle et présentation de C.A. T a b a r t , Paris 1996, 294 S. *38. Juvénal, La fureur de voir: onze satires, présentées et traduites par O. S e r s , Paris 1999, 149 S. *39. Juvénal, Satires. Texte établi par P. d e L a b r i o l l e et F. V i l l e n e u v e , émendé, présenté et traduit par O. S e r s , Paris 2002, XXVII & 341 S. griechisch *40. N.A. G o u m a s (Γκούμας), Ιουβενάλης Σάτιρες, έμμετρη μετάφραση, εισαγωγή και σχόλια, Athen 1987, 476 S. Rez.: L o x a s , Platon 39, 1987, 214–215. italienisch *41. Decimus Iunius Iuvenalis, Satira quarta, Testo, tradizione e note a cura di E. Z o r z i , Milano 1965, 22 S. – Satira prima, Milano 1966, 24 S. – Satira prima e satira quarta, Milano 1969, 52 S. *42. S. C a l ì , Fimmina. La satira sesta di Giovenale tradotta in siciliano, Catania 1968, XXX & 92 S. *43. Decimo Giunio Giovenale. Le satire, introduzione e versione di G. C e r o n e t t i , Torino 1971, XLVII & 337 S. – 1a ed. riveduta, Torino 1983, VIII & 373 S. – Lavis (Trento) 2008, VIII & 376 S. *44. Aulo Persio Flacco e Decimo Giunio Giovenale, Satire, a cura di P. F r a s s i n e t t i e L. D i S a l v o , Torino 1979 u.ö., 488 S. Rez.: M a g g i u l l i , Maia 32, 1980, 99; S q u i l l a n t e S a c c o n e , BStudLat 10, 1980, 123–124. 45. Giovenale. Traduzione di S. M a r c h e s i n , due scritti di E. C a v a l l i n i e di F. L o p e r f i d o , tavole di T. Zancanaro, Ferrara 1985, 49 S. [sat.6] Rez.: S o v e r i n i , GFF 9, 1986, 18–19. *46. Le donne. Satira sesta. Giovenale, nella versione di G. C e r o n e t t i , riveduta rispetto alle edizioni precedenti, Alpignano 1987, 74 S.
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47. Decimo Giunio Giovenale, Satire, a cura di G. V i a n s i n o , Milano 1990, 575 S. Rez.: R a m i n i , Aufidus 4 (= Nr. 14), 1991, 178–180; G é r a r d , REL 70, 1992, 300–301; C a p p o n i , Latomus 52, 1993, 161–162. *48. Giovenale, satire. A cura di N. F l o c c h i n i e G. B o i r i v a n t , presentazione di F. M a s p e r o , Milano 1991, XLIV & 415 S. *49. Giovenale, Contro le donne, versione integrale e cura di C. V i v a l d i , Roma 1993, 95 S. *50. Persio – Giovenale. Le satire, a cura di L. P a o l i c c h i , introduzione di P. F e d e l i , Roma 1996, XXVII & 871 S. *51. Decimo Giunio Giovenale, Satire. Introduzione, traduzione e note di M. R a m o u s , Milano 1996, XXVI & 478 S. Vgl. auch R a m e l l i (178). japanisch *52. N. F u j i i , RKI 14, 1982, 1–19; 15, 1983, 1–38; 16, 1984, 21–45; 17, 1985, 21–49; 18, 1986, 57–81. [kommentierte Übersetzung] litauisch *53. Juvenalis Satyros. Vertė A. B e n d o r i ū t ė , Vilnius 1983, 166 S. niederländisch 54. M. d ' H a n e - S c h e l t e m a , Grieken zijn de pest van Rome, Hermeneus 46, 1974–1975, 153–159. [3,58–125] –, De vrouwen van Juvenalis, Hermeneus 50, 1978, 95–104. [6,1–136; 161– 241; 268–314; angekündigte Fortsetzung wohl nicht mehr erschienen] –, Ouderdom. Juvenalis Satire X 188–255, Hermeneus 53, 1981, 203–205. –, Weg met de stad! Weg met het huwelijk! Satiren III en VI van Juvenalis, s'Gravenhage 1981, 58 S. –, Topoverleg voor een tarbot. Juvenalis 4e satire 37–154, Hermeneus 54, 1982, 171–176. –, Kannibalisme in Egypte. Juvenalis, Satire XV 33–131, Hermeneus 56, 1984, 258–261. 55. Juvenalis, De Satiren, vertaald door M. d ' H a n e - S c h e l t e m a , Amsterdam 1984 (244 S.), 22003 (259 S.), 32006, 258 S. rumänisch *56. Iuvenal. Traducere, cuvînt introductiv şi note de L. S e b a s t i a n , Bucureşti 1966, 152 S.
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*57. Persius, Iuvenal, Marţial. Satire şi epigrame, în româneşte de T. M ă i n e s c u şi A. H o d o ş , prefaţă de I. F i s c h e r , Bucureşti 1967, XLVIII & 459 S. *58. Virgiliu, Horaţiu, Iuvenal: Pagini alese. Traducere, cuvînt introductiv şi note de L. S e b a s t i a n , Bucureşti 1969, 312 S. [Textauswahl] *59. Iuvenal. Prefaţă, traducere şi note de G. G u ţ u , Bucureşti 1986, 179 S. schwedisch 60. Decimus Junius Juvenalis, Satirer. Översättning från latinet, med inledning och kommentarer av B. E l l e n b e r g e r , Stockholm 2004, 221 S. spanisch *61. Juvenal, Sátiras. Traducción del latin, introducción y notas de M. B a l a s c h , Madrid 1965, 157 S. *62. Juvenal, Sátiras. Traducción de A. E s p i n a , Madrid 1966, 159 S. 63. D.I. Iuvenalis Saturarum libri V. Décimo Junio Juvenal, Sátiras. Introducción, traducción y notas de R. H e r e d i a C o r r e a , México 1974, CLXIV S. & 126 Bl. *64. Juvenal, Persio, Sátiras. Introducciones generales de M. B a l a s c h y M. D o l ç , introducciones particulares, traducción y notas de M. B a l a s c h , Madrid 1991, 576 S. *65. La sátira latina. Edición de J. G u i l l é n C a b a ñ e r o , Madrid 1991, 614 S. Rez.: S o c a s , Habis 22, 1991, 461–463; C a e r o l s , EClás 38, 1996, 177– 178. 66. Juvenal, Sátiras. Traducción, estudio introductorio y notas de B. S e g u r a R a m o s , Madrid 1996, LXXXIII & 213 S. (2–198 doppelt gezählt). *67. Juvenal, Sátiras. Introducción, traducción y notas de F. S o c a s , Madrid 1996, 376 S. Rez.: P a r r a G a r c í a , EClás 39, 1997, 171–172. 68. Decimo Junio Juvenal, Sátiras. Prólogo, traducción y notas de S. V i l l e g a s G u i l l é n , Madrid 2002, 393 S. Rez.: M o n t a l v o , EClás 44, 2002, 98–100. *69. Juvenal, Sátiras. Edición bilingüe y traducción de R. C o r t é s T o v a r , Madrid 2007, 580 S. tschechisch *70. Iuvenalis, Satiry, přeložil Z.K. V y s o k ý , Praha 1972, 315 S.
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ungarisch *71. Iuvenalis szatírái, latinul és magyarul. Fordította és a jegyzeteket írta M u r a k ö z y G., a bevezető tanulmányt írta H o r v á t h I.K., Budapest 1964, 388 S. 3. Kommentare a) Gesamttext 72. Thirteen satires of Juvenal. With a commentary by J.E.B. M a y o r , I [Text, comm. sat.1–7] London 21872, 31884, 41886 (11853), XXX, LVI & 526 S. II (comm. sat.8–16] London 21878, 31881 (11853), XX & 451 S. = Hildesheim 1966 (Ndr. der Ausgaben von 1886/81) = New York 1979 (Ndr. der Ausgaben von 1872/78) = with new introduction and bibliography by J. H e n d e r s o n , Bristol 2007 (Ndr. der Ausgaben von 1886/81) Rez.: L i t t l e w o o d , Mouseion 8, 2008, 486–488. = Cambridge 2010 (Paperback). 73. D. Junii Juvenalis saturae XIII, edited for the use of schools with notes, introduction and appendices by E.G. H a r d y , London 1883, 21891, Ndr. 1970, 317 S. 74. D. Junii Juvenalis saturarum libri V, mit erklärenden Anmerkungen von L. F r i e d l ä n d e r , 2 Bde., Leipzig 1895, Ndr. Amsterdam 1962 und Darmstadt 1967, 612 & 108* S. Rez. (zum Ndr. von 1967): A d a m i e t z , AAHG 23, 1970, 161–163. 75. Friedländer's Essays on Juvenal. Translated from the German with a preface by J.R.C. M a r t y n , Amsterdam 1969, VIII & 68 S. 76. D. Iunii Iuvenalis saturae XIV. Fourteen satires of Juvenal, edited by J.D. D u f f (Cambridge 1898), with a new introduction by M. C o f f e y , Cambridge 1970, LXXXIX & 473 S. Rez.: TLS 70, 1971, 513; B a l a s c h , Emerita 39, 1971, 467–470; S e w t e r , G&R 18, 1971, 225; A n d e r s o n , CW 65, 1971–1972, 28–29; A n d r é , RPh 46, 1972, 160; F r a s s i n e t t i , Athenaeum 50, 1972, 446–447; G é r a r d , REL 50, 1972, 312; K n e c h t , AC 41, 1972, 334; M a r a c h e , REA 74, 1972, 306–307; V y s o k ý , LF 95, 1972, 59–60; G r i f f i t h , CR 24, 1974, 140–141. 77. S. M o n t i , Commento a Giovenale, libro I: satire I e II, Napoli 1978, 249 S. [erster Teil eines unrealisiert gebliebenen Kommentarprojekts] Rez.: B e l l a n d i , Orpheus 1, 1980, 176–184; S c a r s i , Maia 32, 1980, 81– 82; V e n i n i , RFIC 108, 1980, 497. 78. Juvenal, The satires, edited with introduction and commentary by J. F e r g u s o n , London 1979, XXXIX & 326 S.
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Rez.: d u Q u e s n a y , G&R 28, 1981, 98; R e e v e , CR 33, 1983, 33–34; L a F l e u r , CJ 79, 1983–1984, 257–262. 79. A commentary on the satires of Juvenal by E. C o u r t n e y , London 1980, XI & 650 S. Rez.: B a r r , LCM 6, 1981, 83–86; B r a m b l e , TLS 80, 1981, 175; G é r a r d , REL 59, 1981, 393–394; d u Q u e s n a y , G&R 28, 1981, 218; P a l a i m a , CW 75, 1981–1982, 190–191; A d a m i e t z , Gnomon 54, 1982, 524– 528; d e l C a s t i l l o , AMal 5, 1982, 219–221; D i S a l v o , Athenaeum 60, 1982, 607–608; G o o d y e a r , PACA 16, 1982, 51–60 (= d e r s ., Papers on Latin literature, London 1992, 61–69); T o w n e n d , JRS 72, 1982, 218–219; R e e v e , CR 33, 1983, 27–33; L a F l e u r , CJ 79, 1983–1984, 257–262; S c h r i j v e r s , Mnemosyne 39, 1986, 521–525; V e r d i è r e , Latomus 46, 1987, 229–231. 80. Juvenal, Satires. Book I, edited by S.M. B r a u n d , Cambridge 1996, VIII & 323 S. Rez.: C o u r t n e y , CJ 92, 1996–1997, 422–424; P o w e l l , CR 47, 1997, 302–305; T o r d e u r , AC 66, 1997, 454; W i l l i a m s , BMCR 97.7.9 (1997); J o n e s , CO 75, 1997–1998, 80; B e l l a n d i , RFIC 126, 1998, 99–108; L a F l e u r , AJPh 119, 1998, 474–476; W i n k l e r , IJCT 6, 1999–2000, 624– 626; S c h m i t z , Gnomon 72, 2000, 21–28; K a j a v a , Arctos 35, 2001, 255– 256; H e l l e g o u a r c ' h , Latomus 61, 2002, 187–188. b) Einzelne Satiren und Satirenteile 81. Juvénal, Saturae III, IV, V. Édition, introduction et commentaire de R. M a r a c h e , Paris 1965, 140 S. Rez.: G é r a r d , REL 43, 1965, 554–555; M a r í n y P e ñ a , EClás 9, 1965, 452–453; d e S o u s a M e d e i r o s , Humanitas 17–18, 1965–1966, 283–284; G n i l k a , Gnomon 38, 1966, 696–699 (= Juvenal für den Unterricht, in: d e r s ., Philologische Streifzüge durch die römische Dichtung, Basel 2007, 125–130); J o l y , RBPh 44, 1966, 685–688; K e n n e y , CR 16, 1966, 412; v a n O o t e g h e m , LEC 34, 1966, 190; E r n o u t , RPh 41, 1967, 187–188; F i s c h e r , StudClas 9, 1967, 321–323. 82. N. E b e l , D. Iunii Iuvenalis Satura decima, ein inhaltlicher und sprachlicher Kommentar, Diss. Wien 1973 (masch.), XIX & 272 S. 83. D. Giunio Giovenale. Il frammento Winstedt, introduzione, testo, traduzione e commento a cura di G. L a u d i z i , Lecce 1982, 107 S. Rez.: F o g a z z a , Sileno 8, 1982, 120–122; M a r i n o n e , RFIC 110, 1982, 383–384; S a l e m m e , BStudLat 12, 1982, 267–268; M o r e t t i , Maia 35, 1983, 265–266; G a g l i a r d i , Orpheus 5, 1984, 216–217 (hierzu neuerlich L a u d i z i , Orpheus 6, 1985, 179); G é r a r d , REL 62, 1984, 463–464; H ü b n e r , Gnomon 57, 1985, 751–752; P a r k e r , CR 35, 1985, 391; B a r d o n , Latomus 45, 1986, 410–411. 84. A. R i c h l i n , Juvenal Satura VI, Bryn Mawr 1986, 80 S.
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85. Decimo Giunio Giovenale, Satira V. Traduzione e commento a cura di R. C u c c i o l i M e l l o n i , Bologna 1988, 199 S. (Teilpublikation: d i e s ., Saggio di commento alla satira V di Giovenale: prologo [vv.1–23], Bologna 1983, 43 S.). Rez.: 86. F. B e l l a n d i , Sulla satira quinta di Giovenale (in margine a un recente commento), BStudLat 20, 1990, 84–109. 87. Giovenale: Contro le donne (Satira VI), a cura di F. B e l l a n d i , con testo a fronte, Venezia 1995, 189 S. Rez.: T o u w a i d e , Scriptorium 49, 1995, 151*; R o s a , Orpheus 17, 1996, 230–231; B a l d i n i M o s c a d i , RFIC 126, 1998, 328–330. 88. A. L u i s i , Il rombo e la Vestale. Giovenale, Satira IV. Introduzione, traduzione e commento, Bari 1998, 173 S. Rez.: C a r r a t e l l o , GIF 51, 1999, 377–378; L a s s a n d r o , BStudLat 29, 1999, 671–672; S a n t e l i a , Aufidus 13 (= Nr. 37), 1999, 163–165; B o ë l s J a n s s e n , REL 78, 2000, 319–320; C o v a , Paideia 55, 2000, 314–315; M a r c o n i , RCCM 42, 2000, 308–309; D e s y , AC 70, 2001, 310–311; J a n o u š e k , LF 124, 2001, 176–177. 89. D. Iunii Iuvenalis satura X, a cura di P. C a m p a n a , Firenze 2004, 419 S. Rez.: K a j a v a , Gnomon 79, 2007, 468–469; H o o k , CR 58, 2008, 166– 167. 90. A. S t r a m a g l i a , Giovenale, Satire 1, 7, 12, 16. Storia di un poeta, Bologna 2008, 400 S. Rez.: B e l l a n d i , Eikasmos 20, 2009, 504–513; H o o k , CR 59, 2009, 476–478; C u c c h i a r e l l i , Gnomon 82, 2010, 231–233. 91. D. Giunio Giovenale, Satira XIII, a cura di F. F i c c a , Napoli 2009, 198 S. 92. Y. N a d e a u , A commentary on the sixth satire of Juvenal, Bruxelles 2011, 472 S. 1. Ausgaben Ohne eigene Besprechung bleibt hier neben dem Nachdruck von H o u s m a n s bahnbrechender Juvenalausgabe (4)5 auch die Neuauflage von C l a u s e n s Oxfordedition von 1959 (5): Da diese noch die alte Praefatio verwendet und auch in der Textgestalt kaum von der Erstpublikation abweicht (die Stellen bei R e e v e rec.), mag es genügen, an dieser Stelle nochmals auf die Besprechung von C o f f e y (Lustrum 8, 1964, 186) zu verweisen.
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Zu ihrer Bewertung vgl. C o u r t n e y (978), 843: zit. unten S. 417.
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Die wissenschaftlichen Ausgaben des Berichtszeitraums besitzen ein je eigenes Gepräge, das schwerpunktmäßig durch den Einsatz taxonomischer Verfahren (Martyn) oder aber das Ziel grundlegender Textreinigung (Willis) bzw. pragmatischer Hilfestellung (Courtney) bestimmt ist. M a r t y n (10) hat für die von ihm besorgte Textausgabe 26 – fast durchweg neukollationierte6 – Handschriften bzw. Handschriftenfragmente herangezogen und weitere 28 codices rarius adhibiti sowie 90 codices recentiores vel rarissime adhibiti nebst der Ausgabe von Giorgio Valla konsultiert. Das Ergebnis vermag jedoch trotz dieser breitangelegten Fundierung des Textes nicht recht zu überzeugen, da M.s extremer Konservatismus (zu einem halben Hundert Konjekturen gesellen sich Athetesen im Umfang von gerade 18 Versen) letztlich einem Rückschritt gleichkommt; und auch der Erkenntnisgewinn aus der von M. realisierten taxonomischen Auswertung der einzelnen Codices7 bleibt im Effekt gering: Bestimmt man deren Standort nach ihrer – im Verlauf des Textes variierenden – Nähe zu den "sinceriores" (S. XXIV) P, R und W, so erlaubt dies zwar zuverlässige Aussagen über Art und Grad ihrer Kontaminierung, nicht jedoch über den Wert einer bestimmten Lesart. Daß das Buch auch von redaktionellen Mißgriffen (Einbezug des Oxford-frg. in die laufende Verszählung von sat.6) und verlagstechnischen Versehen8 nicht frei ist, sei schließlich nur noch am Rande erwähnt. Die Ausgabe von W i l l i s (11) stützt sich dagegen umgekehrt gerade nicht auf eine Neukollation der Codices, sondern übernimmt Textbasis und Handschriften von Clausen sowie weitere Angaben zu den überlieferten Varianten von Friedländer, Housman, Knoche und Martyn und stellt stattdessen Konjektural- und Echtheitskritik in den Vordergrund: Der Apparat ist mit einschlägigen Notaten überschwemmt9; im Text selber hat W. deutlich mehr Konjekturen als seine Vorgänger aufgenommen (davon neu: 3,109 illi et; 10,271 illi und 6
Seine Mühe wird durch die Aufdeckung zahlloser Fehler im Apparat von Knoche mehr als gerechtfertigt. Zu Abweichungen vom Wortlaut der Ausgaben von Housman (1931), Knoche (1950) und Clausen (1966/1992) vgl. im übrigen die Variantensynopse bei M a r t y n (113), 118-126. 7 Zur Methode vgl. G r i f f i t h (94); die von M. am Fuße jeder Seite ausgewiesene "linea ... quae monstraret non tantum qui codices sinceriores hos versus continerent, sed etiam quomodo quantumque inter se congruerent" (S. XXVI) folgt jedoch einer anderen Textgliederung (S. XX): sat.1-2; 3; 45,96; 5,97-6,437 (470 nach Martynscher Zählung); 6,438 (=471)-694 (dagegen S. XXIII: 4; 56; 6); 7; 8-9; 10; 11-13; 14-16. 8 In dem verdienstlichen Repertorium der Konjekturen (147-167) sind - zumindest in dem vom Berichterstatter eingesehenen Exemplar der UB Bamberg - die Seiten 149 und 156 ausgefallen. 9 Durch Hinweise der Art "agit satis inepte Damsté" (zu 1,85) oder "stantum Ellis infelicissime" (zu 1,136) profitiert der Leser ebenso wenig wie durch die Dokumentation der eigenen - offenbar nicht als konkurrenzfähig erachteten - Konjekturen von W., der nahezu 420(!) Texteingriffe aus der Feder A. Scholtes, J. Marklands und R.G.M. Nisbets oder der als Appendix critica (281 f.) beigegebenen Mutmaßungen von W.S. Watt.
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13,164 Germanus) und insgesamt 313 Verse10 als Interpolationen getilgt (davon neu: 3,13–16; 249–253; 6,444–447; 10,250; 11,11; 13,150–153). Durch die solchermaßen erfolgte Ausscheidung generalisierender Glossen gewinnen die Juvenalsatiren überraschend an Frische, wenngleich W. den Bogen sicherlich in mehrfacher Hinsicht überspannt:11 1. Zum einen erscheinen die von ihm vertretenen Athetesen vielfach als sachlich unberechtigt: Ein eingrenzbares Verständnisproblem verlangt nach eingehender Interpretation, vielleicht auch nach Konjektur, keineswegs jedoch a priori nach Athetese des ganzen Verses oder gar Abschnitts; und wenn statt eines substantiellen Anstoßes – etwa durch eklatante Störung des Gedankengangs – ästhetisches Ungenügen oder inhaltliche Verzichtbarkeit zur Begründung ausreichen sollen (zu 3,298b–299a: "commode abesse posse sensit Nisbet"; 6,568 "versum sane superfluum damnavit Nisbet"; 10,250 "versus frigidissimus melius abesset"), läuft jede Textänderung Gefahr, statt der Überlieferung den Autor selbst zu korrigieren.12 2. Da W. zum anderen nicht nur in einzelnen Überlieferungszweigen, sondern bereits im Archetypus mit Interpolationen rechnet, die nicht als glossierende Zusätze, sondern als bewußte Fälschungen einzustufen wären (dies beträfe etwa 2,143–148; 4,1–36; 5,107–113; 6,209 ff.; 334–345; 13,150–153), stellt sich hier doch die Frage nach deren Entstehung: Welcher Autor hätte ein Interesse daran haben können, Juvenals Werk noch vor seiner Wiederentdeckung durch Zudichtungen zu bereichern? Könnte W.s Edition trotz dieser Kautelen auf jeden Fall noch als anregend eingestuft werden, so disqualifiziert sie sich andererseits von Grund auf durch die nachgerade aberwitzige Zahl von Druckfehlern, Widersprüchen und Layoutmängeln: Von der einleitenden Praefatio bis zur abschließenden Appendix critica hat keine Seite eine wirklich gründliche Korrektur erfahren13; die Angaben des Apparates sind mehrfach weder als solche nachzuvollziehen noch mit dem auf gleicher Seite abgedruckten Text in Einklang zu bringen. Ohne Konsultation ihrer Vorgänger ist die vorliegende Ausgabe (eine Teubneriana!) nicht zu benutzen. C o u r t n e y (9) ist als Referenztext zu dem vom gleichen Vf. herausgegebenen Kommentar (79) entstanden14; entsprechend wird der – im wesentlichen an Clausens Oxfordtext orientierte – Wortlaut nur spärlichst von 'brief 10
Die Zahl nach A s t b u r y rec., 311. Auch der Berichterstatter urteilt mittlerweile etwas vorsichtiger als in seiner Rezension von 1999. 12 Diese Aussage gilt entsprechend auch für das aus W. zu belegende, im angloamerikanischen Raum jedoch weit verbreitete Selbstverständnis der Konjekturalkritik als eines intellektuellen Sports. 13 Für eine selektive Auflistung der Fehler vgl. K i ß e l und A s t b u r y rec. 14 Zu den wenigen Divergenzen zwischen Text und Kommentar vgl. G é r a r d rec. 11
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critical notes' begleitet, die zudem nicht in Fußnotenform, sondern im Anschluß an den Text geboten werden. Für Unterrichtszwecke haben M c K a y und S h e p h e r d (6) Satirenbelege zu den Themenbereichen 'Rechtfertigung der eigenen Dichtung' (Iuv.sat.1), Literaturkritik (7), Morallehre (10), Großstadtleben (3), Sexualmoral (9), cena (5) und Parodie (4) zusammengestellt, R u d d und C o u r t n e y (8) eine Studienausgabe der drei meistgelesenen Juvenalsatiren 1, 3 und 10 gestaltet. Den lateinischen Lesetexten sind jeweils elementare Verständnishilfen sowie interpretationsleitende Fragen beigegeben. Für das gleiche Zielpublikum hat schließlich auch C a n a l i (7) eine Auswahl kürzerer Juvenalpassagen zusammengestellt und diesen jeweils eine einleitende Kurzcharakteristik sowie elementare Erklärungen in Fußnotenform beigegeben.15 2. Übersetzungen Unter den deutschsprachigen Übersetzungen aus dem Berichtszeitraum gebührt eindeutig der Prosawiedergabe von A d a m i e t z (16) die Palme: Das Ziel weitestgehender Erschließung des Originals durch eine möglichst exakte Erfassung des Wortlauts wird durchweg erreicht; die zeilengleiche Präsentation des lateinischen Referenztextes und eine ebenso großzügige wie kundige Annotierung (265 Nummern allein zu sat.6) eröffnen den Zugang auch zu solchen Passagen, die aus der Übersetzung allein nicht verständlich werden können.16 Dagegen fällt die Wiedergabe von S c h n u r (13) allein schon durch ihre eingeschränkte Benutzbarkeit deutlich ab: Ebenfalls in Prosa abgefaßt17, aber fortlaufend gedruckt und nur im Seitentitel mit Verszahlen versehen ('10,144– 171'), ist der Text als Begleitlektüre zum lateinischen Original denkbar ungeeignet. Die Übertragung ihrerseits schwankt zwischen Texttreue und paraphrasierender Modernität (6,511 "sein Unkostenkonto belastet"; 11,178 "flotte 15 Die Anthologie umfaßt 1,22-36; 69-76; 87-98; 103-116; 3,1-9; 21-68; 73-91; 98-108; 171-196; 232-248; 302-322; 4,37-77; 136-154; 5,1-25; 6,1-22; 45-59; 98-110; 114-132; 136141; 286-300; 398-412; 434-443; 457-466; 569-591; 651-661; 7,1-35; 53-73; 98-123; 150-164; 228-243; 8,1-38; 108-126; 163-182; 245-275; 10,1-27; 56-89; 346-366; 11,46-89; 120-135; 171181; 193-204; 13,53-74; 14,15-24; 59-74; 135-151; 161-178; 196-207; 303-314; 15,131-174; 16,1-60. 16 Bemerkenswert auch die Qualität der - als Anhang gebotenen - Einführung, die sich schwerpunktmäßig mit der literarischen Tradition, Gedankenwelt, Maßstäben und Zielen sowie der Entwicklung der Juvenalsatire auseinandersetzt. 17 Nur im Falle von "Stellen mit - echter oder parodierter - epischer Kadenz, von hohem Pathos oder epigrammatischer Pointe" (12) setzt S. unvermittelt Verse ein (dies betrifft 3,7478; 4,34 ff.; 5,22 f.; 6,19 f.; 92 f.; 172 f.; 223; 605-609; 657-661; 7,53-65; 145; 154; 207-210; 8,19 f.; 77 f.; 83 f.; 236; 9,147-150; 10,20 ff.; 122; 187; 354-366; 11,207 f.; 12,50 f.; 14,47 ff.; 207; 315).
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Lebemänner"; 12,96 "eine kranke Henne, ... die schon am Verrecken ist"); Erläuterungen sind häufig zu knapp oder fehlen völlig.18 Merkwürdig selbstherrlich nimmt sich überdies S.s Umgang mit dem Text aus: Das OxfordFragment bleibt unberücksichtigt ("die überlange und ungegliederte Satire ist ohnedies schon überladen und gewinnt nichts durch diese Verse": 67); dafür fühlt sich der Vf. berufen, "sich in die Gedankenwelt Juvenals einzufühlen und in Nachahmung der Sprache des römischen Dichters die Satire [16] abzurunden" (221; der Text dieser Zudichtung auch 933). Dem Berichterstatter will dies dann doch schon als Verletzung philologischer Seriosität erscheinen. K r e n k e l s (14) Hexameterübersetzung schließlich ist als Überarbeitung der Wiedergabe von E.C.J. von Siebold (Leipzig 1858) entstanden19 und weist entsprechend die zeit- und formtypischen Eigentümlichkeiten (Primat des Verszwangs, altertümliche, teilweise an die Grenzen der Verständlichkeit rührende Feierlichkeit) auf: "Also: Wer Aconit drei Onkeln gereicht hat, der soll nun / fahren auf schwellendem Flaum, und von oben soll der uns verachten?!" (1,158 f.) wird sich nicht mehr jedem Leser auf Anhieb erschließen. Für sat.3 bietet H e l m (12) eine deutsche Hexameterübersetzung des als "zusammenhängendes Bild des öffentlichen Lebens" (5) eingeordneten Textes, während die im sachlichen Vorverständnis wie in der sprachlichen Umsetzung recht eigenwillige Übertragung von G r ü n b e i n (17)20 der Bedeutung des Gedichts als "Gründungsdokument" moderner "Asphaltliteratur" (21) gerecht zu werden sucht: Entsprechend ist dort die genuin römische Szenerie mit Promotern, raffinierten Schleimern, Witzfiguren, einem Vier-Sterne-General, feinen Pinkeln und Freßkumpanen bevölkert. Die Motivik von Juvenals Weibersatire paraphrasiert B r i n i t z e r (15) mit dem Ziel eines witzigen Schwarzbuchs in Sachen Ehe. Produkte dieser Art sind natürlich Geschmackssache: Wird jedoch der Text durch Einspiegelung von Hintergrundinformationen (u.a. ganzer Mythen) in quälender Weise zerdehnt, Antike und Moderne darin zu einem unverdaulichen Brei verrührt und die Eigenleistung des Vf. vorzugsweise auf die Formulierung bemühtkalauernder Schlüpfrigkeiten verflacht ("Wie du wahrscheinlich auf der Uni(!) gehört hast, vorausgesetzt, daß du nicht gerade schwänztest, weil du ander-
18
Kryptisch etwa zu 10,222 f.: "Die sog. circumscriptio adulescentium" (202). Unnötigerweise ist auch hier die Verszählung nur im Seitentitel genannt; und das erst 1899 publizierte Oxford-Fragment ist weder dem Text zugefügt noch auch nur in den Anmerkungen erwähnt. 20 Unter anderem weiß G. von Juvenals Wirken als Garnisonskommandant im ägyptischen Syene, vom "den Sprechgesängen heutiger HipHop-Musiker" (19) gleichenden Vortragsstil der Satire und einer durch Nennung des Namens Ucalegon (3,198 f.) vollzogenen "Vergil-Verhöhnung" (30). Einfach nur irrig auch die Wiedergabe von v.126 f. quod porro officium, ne nobis blandiar, .../ pauperis durch "Und wie er sich anstrengt, der Arme, unhöflich zu sein ..." 19
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wärts zu schwänzen(!) hattest, ...": 166)21, dürften dem erhofften Lesevergnügen doch Grenzen gesetzt sein. Unter den englischsprachigen Übertragungen sticht die von C r e e k m o r e (19) durch ihre Eigenwilligkeit hervor: Auf dem – nicht abgedruckten – LoebText beruhend und in gereimten Sechshebern gehalten22, mischt sie in nachgerade befremdlicher Beliebigkeit antikes Rom und modernes Amerika (aus Gyara wird 1,73 Alcatraz, aus dem Viminal 3,71 Osier Heights23, aus Corbulo 3,251 der – mittlerweile längst vergessene – Film-Hercules Steve Reeves, aus dem Niphates 6,409 das Matterhorn, aus Fidenae und Gabii 10,100 Podunk)24, altertümliche Hochsprache und aktuellen Slang, ohne daß dies als bewußter Nachvollzug des Juvenalischen Stilpluralismus kenntlich würde; erklärende Anmerkungen sind auf einen Namensindex reduziert. Insgesamt bleibt der Eindruck eher zwiespältig: "The translation is ... energetic and anti-pedantic but rather careless and insensitive" (H i g h e t rec., 281). Auch die Wiedergabe von M a z z a r o (21) gibt sich bereits formal als Experiment zu erkennen: Fünfhebige, durch ein "rough rhyme scheme" (A n d e r s o n rec., 290) aufeinander bezogene Verse sind in Strophen abgesetzt, deren Umfang – zwischen 4 und 10 Zeilen – und Reimschema von Gedicht zu Gedicht einem Wechsel unterliegen.25 Mehr noch als diese gattungsfremde Formstrenge dürfte indes die inhaltliche Nonchalance der Übertragung befremden: Jenseits aller Gebote von Reimzwang und Leserfreundlichkeit26 sind hier in solchem Umfang gestalterische Freiheiten, Ungenauigkeiten und Verständnisfehler zu beobachten, daß der Juvenaltext darüber völlig aus dem Blick gerät. Im Klappentext als "poet in his own right" gewürdigt, liefert M. höchstens "mannered effusions loosely based on a number of ideas originally suggested by the Roman poet Juvenal" (R o b e r t s rec., 34); und da auch die Einleitung (wie die Anmerkungen aus der Feder von R.E. B r a u n ) eher ein verzerrtes Bild der Juvenalsatire liefert27, können gerade die als Zielpublikum anvisierten Leser ohne latinistische Vorkenntnisse dem Buch keinen rechten Nutzen abgewinnen.
21
Hervorhebungen W.K. Da im Druckbild jeweils recht eigenartig gebrochen, will dieser Vers vielleicht auch als eine Art Distichon gelesen werden: Der Vf. selbst gibt hierzu keinen Hinweis. 23 Dies in der Verbindung mit "Esquiline Hill"! 24 6,56 f. sind dagegen die lateinischen Ortsnamen beibehalten. 25 Eine Kostprobe dieses Verfahrens hatte M. bereits 18 mit seiner Übertragung von sat.12 geliefert. 26 Hierzu gehört das durchaus legitime Beginnen, durch erklärende Übersetzung den allfälligen Anmerkungsteil zu entlasten: vgl. etwa 1,44 Lugudunensem ... ad aram: "in a contest". 27 Wesentliche Teile stehen unter der – im angloamerikanischen Sprachraum verbreiteten – Generalthese "Juvenal intended his satires to replace epic" (12). 22
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Erst der Übersetzung von G r e e n (22) gelingt es gerade durch den Verzicht auf allzu strenge Texttreue, wesentliche Züge des lateinischen Originals zu bewahren. Stilistisch auf die Idiomatik der Gegenwartssprache ausgerichtet, fördert G. die Lesbarkeit seiner Wiedergabe zudem durch das – in englischer Übersetzertradition verbreitete – Moment der 'silent gloss' (zu 1,1 semper ego auditor tantum: "at these poetry readings", zu 4,46 pontifici summo: "His Imperial Majesty") und der 'functional substitution' (1,40 "each lover" statt Proculeius/Gillo; 2,32 "his niece" statt Iulia)28; metrisch vermeidet G. die Monotonie des Hexameters durch Einsatz einer dem Duktus des Alexandriners verpflichteten "variable six-stress line" (60). Besonderen Nutzen zieht der Leser schließlich aus der mehr als 50 Seiten umfassenden 'introduction', die zwar in ihrem biographischen Teil allzu treulich auf den Spuren von G. Highet wandelt, sonst jedoch zuverlässig über das Werk, Standort und Weltsicht, Stil, Komposition und Darstellungskunst sowie die Überlieferung informiert.29 Gerade auf Texttreue setzt dagegen R o b i n s o n (27): Nach einer mehr als 70seitigen 'introduction, concerning civilization', die sich nicht mit Juvenal, sondern der Rolle des Übersetzers und dem Wesen der antiken Rhetorik beschäftigt, bietet er eine sogar in Wortstellung und Lautwirkung weitestgehend am lateinischen Ausgangstext orientierte Übersetzung in sechshebigen Jamben. Der rigorose Verzicht auf eine inhaltliche Modernisierung hätte indes durch einen ausgiebigen, die Fremdheit des lateinischen Wortlauts mildernden Anmerkungsapparat ausgeglichen werden müssen; die spärlichen, mehrheitlich auf die Erklärung von Namen beschränkten 'notes'30 bieten hier keinen Ersatz. Im Ergebnis "clearly not a work for the Juvenal scholar and unlikely to become a standard for the specialist" (R a s c h k e rec., 330). Auch die Übertragung von R u d d (28) gibt sich wohltuend konservativ: Auf der Basis des Textes von Courtney (9) bietet sie eine absolut verstreue, am antiken Hexameter orientierte31 Version, die modernistische Kolloquialismen 28
Wo sich sachliche Erläuterungen trotz allem nicht vermeiden lassen, werden diese im Anschluß an die einzelnen Satiren nachgeliefert. 29 Besonders erhellend die resümierende Charakteristik des Satirikers, die es verdient, hier im Wortlaut wiedergegeben zu werden: "Juvenal was a bred-in-the-bone rentier, with all the characteristics of his class: contempt for trade, indifference to practical skills, intense political conservatism, with a corresponding fear of change and revolution; abysmal ignorance of, and indifference to, the economic realities governing his existence; a tendency to see all problems, therefore, in over-simplified moral terms, with the application of right conduct to existing authority as a kind of panacea for all ills" (26 bzw. 233). 30 Diese sind nicht zuletzt durch überschießende Erzählfreude (6,1 Kronos; 6,297 Tarent, Pyrrhus), durch sachliche Ungenauigkeiten resp. Fehler (5,45 Dido; 8,212 Persius) und durch Auslagerung mancher Erklärungen in die abschließende Appendix 'The Latin text' (203–212) in ihrem Nutzen weiter eingeschränkt; hilfreich hingegen das beigegebene Kartenmaterial ('Rome', 'The Roman empire c 110 AD', 'Italy'). 31 "The present translation ... is intended to recall, but not to reproduce, the rhythms of the Latin hexameter" (S. XXXI).
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meidet und sich auch von Greens Prinzipien der 'silent glosses' und 'functional substitutes' löst32, um stattdessen auf die reichliche Beigabe von 'explanatory notes' und eines kommentierenden Namensindex zu setzen.33 Entsprechend kann das Buch auch als Begleitlektüre zum lateinischen Text gewinnbringend herangezogen werden. Die neue Loeb-Übersetzung von B r a u n d (31), welche die überalterte Wiedergabe von G.G. Ramsay aus dem Jahre 1918 (rev.1940) ersetzt, bietet, den Grundsätzen der Reihe getreu, einen Juvenal (zusammen mit Persius) in englischer Prosa. B.s erklärte Absicht, "to produce a translation that is vivid and vigorous and accessible, without compromising accuracy to the Latin text" (S. VII), resultiert in einem angenehm lesbaren, "clumsiness" wie "trendiness"34 (ebd.) gleichermaßen vermeidenden Idiom; der lateinische Referenztext, im wesentlichen von Clausen übernommen, bietet hierfür eine solide Grundlage. Kritik fordert allein das Beiwerk heraus: In der Einleitung wird die Gattung Satire unter Vernachlässigung ihrer soziopolitischen Funktion ausschließlich als literarisches Phänomen wahrgenommen, wobei B.s Lieblingsvorstellung einer autorfernen Satiriker-persona wiederum einseitig in den Vordergrund tritt35; die erklärenden, zumindest partiell durch Verkürzung aus Rudd/Barr (28) gewonnenen Anmerkungen vermögen das Verständnis des Textes nicht durchweg zu gewährleisten, und der Horizont der 'select bibliography' (33–39) reicht nicht über englischsprachige (bzw. ins Englische übersetzte) Sekundärliteratur hinaus. Bei den von S u l l i v a n und M a z z a r o (18) gebotenen Übertragungen einzelner Gedichte handelt es sich um Versuche, den Juvenaltext ohne Rückgriff auf englische Hexameter wiederzugeben. S. (sat.1,1–76; 147–171) bedient sich hierbei freierer – partiell reimgestützter – Verse, die an Pound, Tennyson und Dryden erinnern, M. (sat.12) einer vierversigen Strophe mit dem Reimschema abba. Hierzu gesellen sich C o u n t r y m a n s (25) Version in fünfhebigen Jamben und E l l i o t s metrisch eher ungebundene, mehrheitlich jedoch in Reimen gehaltene Übersetzung von sat.436 (29) und sat.11 (32); dagegen ist R e f o s (24) Wiedergabe von sat.1 ebenso wie H o l l o w a y s (20) Bearbei-
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Übrig bleiben 'Adonis' (6,110 für Hyacinthus) und 'Timbuctoo' (15,112 für Thule). Beides stammt ebenso wie die – ohne die aktuellen Exaltationen der Juvenalphilologie auskommende – 'introduction' aus der Feder von W. B a r r . 34 Diese war das besondere Merkmal der Versionen von Creekmore (19), Mazzaro (21), Green (22) und – nicht zuletzt – P l u m b (23), dessen Übersetzung sich in einer bunten Mischung aus Prosa und diversen (z.T. nur versähnlichen) Metren sowie einem wenig treffsicheren " 'demotic' English" (C l a r k e rec.) gefällt. 35 Für die Persiussatiren postuliert B. entsprechend einen als "angry and alienated young man" (14), als "intolerant prig" (63), als "extremist" (72) und als "aloof, detached persona" (115) chargierenden 'speaker'. 36 Diese hat auch in die von W i n k l e r edierte Anthologie (958) Eingang gefunden. 33
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tung von sat.3 nicht als Übersetzung, sondern als freie Nachdichtung einzustufen. Die für Unterrichtszwecke zusammengestellte Satirenanthologie von D o m i n i k / W e h r l e (30) gibt dem Leser neben dem lateinischen Text (für Juvenal fast durchgehend nach Clausen) und einfachen Verständnishilfen noch eine englische Übersetzung an die Hand. Auch unter Berücksichtigung des anvisierten Benutzerkreises ist die Textauswahl (die frühen indignatio-Satiren 1, 3 und 6 nebst O-Fragment)37 jedoch eher einseitig, die Bibliographie (9 Titel 'Critical studies', darunter Anderson [110], Bramble [119], Ferguson [260] und Jenkyns [309]) schlechterdings unzureichend zu nennen. In seine ebenfalls auf den Schulgebrauch zugeschnittene Sammlung von – englisch präsentierten – Quellentexten zur römischen Sozialgeschichte hat M a s s e y (26) auch ausgewählte Juvenalsatiren aufgenommen: Über 'Life in the city' sollen 1,30–147 und sat.3, über 'Dining out' 5,12–17338 (neben Petron. 26–78) und über 'Roman women' (genauer: "the male-dominated view of women in Rome" [65]) sat.6 informieren. Von den übrigen während des Berichtszeitraums publizierten Juvenalübersetzungen konnte sich der Berichterstatter nur in wenigen Fällen einen eigenen Eindruck verschaffen. So haben ihm aus dem französischen Sprachraum nur drei Teilübersetzungen vorgelegen, von denen wiederum nur die erste den vernünftigerweise an diese Textsorte zu richtenden Erwartungen gerecht zu werden vermag. H e l l e g o u a r c ' h s (34) Juvenal bildet den Auftakt einer Textreihe, welche – sei es auch nur in Auswahl – die zentralen lateinischen Autoren für das 'public cultivé', Studenten und Lehrer bereitzustellen verspricht; als repräsentativer Querschnitt durch die verschiedenen Stadien und Schwerpunkte von Juvenals Werk sind dabei Ausschnitte aus sat.1 (v.1–80), 6 (v.1–132; 161–183; 206–300; 398–568; 610–661), 8 (v.1–70; 211–258) und 14 (v.1–106) herangezogen. Nach einer zielgruppenorientierten, aus heutiger Sicht jedoch allzu sehr auf die Rekonstruierbarkeit der Juvenalvita vertrauenden Einleitung zu Autor, Werk und Textgeschichte folgen jeweils lateinischer Text (mit einem als Appendix präsentierten Apparat), französische Prosaübersetzung und ein in Petitdruck beigegebener Kommentar, der neben der elementaren Sacherklärung Angaben zu Sprache, Stil und Metrik enthält, den Bereich der Intertextualität hingegen ausklammert. Dagegen kann G o l o m b s (35) Prosaversion von insgesamt 9 Satiren (1, 2, 3, 5, 6, 9, 11, 13, 14) allenfalls einen schemenhaften Eindruck von Juvenals Dichtung vermitteln, wartet sie doch, sachlich wie sprachlich kompromißlos
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Sein Entdecker figuriert im vorliegenden Buch konsequent als 'Windstedt'. Unzutreffend die Angabe "Juvenal is cast in the role of a dependant who has been invited to dinner by his patron" (59). 38
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auf Vereinfachung und Modernisierung ausgerichtet39, mit nachgerade paraphrastischen Elementen, interpretierenden Einschüben und umfänglichen, ihrerseits mehrfach durch überleitende Zusätze kompensierten Textauslassungen auf (so z.B. 3,203–222; 5,137–145; 6,2–20; 655–661; für 3,317–322 liest man "Passe me voir un de ces jours" [50], für 6,511–521 "Passons maintenant à toutes leurs superstitions, à tous leurs rites grotesques" [79]). Da diese mangels Zeilenzählung, Anmerkungen oder anderweitiger Kennzeichnung durchweg im Verborgenen bleiben, ist dem Leser jede substantielle Orientierung a priori verwehrt. Nach knapper und wenig substantieller Einleitung präsentiert schließlich der Romancier F e u g a (36) eine ebenso spärlich annotierte französische Prosaübersetzung der Satiren 1 (v.22–41; 45–79; 85– 171), 3, 4, 6 und 11 (v.56–76; 130–208); nicht einmal die Auswahlkriterien sind erläutert. Die auf dem Text von Knoche basierende italienische Prosaübersetzung von V i a n s i n o (47) darf – soweit für den Nicht-Muttersprachler erkennbar – als durchweg zuverlässig gelten; besonders verdienstvoll erscheinen jedoch die den einzelnen Satiren auf engstem Raum beigegebenen 'note', die nach Art und Umfang eher den Charakter eines Kommentars besitzen und die profunde Vertrautheit des Vf. mit der wissenschaftlichen Spezialliteratur zu Autor und Werk dokumentieren. Nur selten geht V. aktuellen Modeinterpretationen auf den Leim (vgl. etwa zu 1,80 Cluvienus)40; und auch wenn er dem Satiriker in der 'introduzione' ein ernstes Anliegen, scharfe Beobachtung und poetisches Können attestiert und ihn gegen die Fehlurteile seiner Leser in Schutz nimmt, wird man V. eher Glauben schenken als manch anderem der neueren Interpreten. M a r c h e s i n s (45) italienische Versübersetzung der Weibersatire rühmt sich, nicht von einem Latinisten, sondern einem Dichter abgefaßt zu sein; das reichlich mit Aktzeichnungen ausgestattete Büchlein ist entsprechend als Liebhaberausgabe einzustufen. D ' H a n e - S c h e l t e m a s (55) 1986 mit dem Martinus-Nijhoff-Preis bedachte Übersetzung ins Niederländische setzt den Juvenaltext in fünfhebige Jamben (sat.16 in Prosa) um. Die Verszahl nimmt dabei um etwa 30% zu; durch Beigabe einer am lateinischen Original ausgerichteten Zeilenzählung bleibt die Verbindung zur Vorlage jedoch ebenso gewahrt wie durch die 39 Historischer wie mythologischer Ballast sind mitleidlos abgestreift, das stilistische Profil radikal verflacht. 40 Gestört wird die Benutzung der Anmerkungen durch ihre unübersichtliche und zudem in minimaler Buchstabengröße erfolgende Präsentation; abstoßend im übrigen die nachgerade horrende Zahl haarsträubender Druckfehler, welche die ansonsten üppigen, tendenziell nach Vollständigkeit strebenden Literaturhinweise (25–38 'Bibliografia generale', außerdem entsprechende Angaben zu jeder Satire) durchziehen und etwa manch unschuldige(n) Forscher(in) als Mishet, McBrown, Hellegouar'c, Norford, Reckmans, Herte, Hebel, Tränkel, Rostotzeff, Orontzel, Chnur und Schacketon Baily wiederkehren lassen.
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textnahe Übertragung, die sich allein die Freiheit nimmt, an die Stelle nichtssagender Eigennamen erklärende Umschreibungen treten zu lassen. Spärliche Anmerkungen wie Index vermögen indes das Textverständnis kaum weiter zu fördern.41 E l l e n b e r g e r (60) überträgt den Juvenaltext in schwedische Hexameter, ohne dabei Versäquivalenz mit dem Original zu erstreben; Einleitung (8½ Seiten!), Bibliographie (10 Titel Sekundärliteratur!) und kommentierende Anmerkungen vermögen weder nach Umfang noch nach Inhalt für sich einzunehmen. Von den vorliegenden Übersetzungen spanischer Zunge überzeugt schließlich am ehesten S e g u r a R a m o s (66): Durch eine ausführliche Einleitung (zu Autor, Gattung, Datierung und Eigenart des Werkes, Rezeption und Überlieferung) incl. Bibliographie42 eröffnet und mit erklärenden Anmerkungen sowie einem Index nominum komplettiert, leistet sich seine Version zusätzlich den Luxus eines von zwei Apparaten (Textkritik und Testimonien)43 gestützten lateinischen Referenztextes. Dagegen bleibt die für den interessierten Laien gedachte (und entsprechend ohne lateinischen Wortlaut abgedruckte) Prosaübersetzung von V i l l e g a s G u i l l é n (68) in ihrem 'prólogo' zu Gattung, Autor, Werk, historischem Hintergrund, Themen und Weltsicht44 mehr als skizzenhaft; die erklärenden Anmerkungen vermitteln gerade nur elementarste Realienkenntnis. Auf schlechterdings überholten Voraussetzungen basiert schließlich die Prosaübersetzung von H e r e d i a C o r r e a (63): Die Einleitung zu Leben, Werk und literarischem Rang Juvenals kommt nicht über G. Highet hinaus, als Textgrundlage dient die Ausgabe von de LabriolleVilleneuve (81964); und die knappen Anmerkungen bleiben, soweit sie nicht sprachliche Minuzien betreffen, auf die Erklärung von Eigennamen fixiert.45
41 Die übrigen Juvenalübersetzungen von d'H.-S. (54) haben jeweils als partielle Vorabpublikationen ihrer Gesamtwiedergabe zu gelten. 42 Allerdings erschreckt auch hier der mehr als schludrige Umgang mit nichtspanischen Autoren und Publikationen, wenn etwa D. Fishelov als 'Fichelor, D.' oder B. Fruelund Jensen einmal als 'Fruelund, J.B.', ein andermal als 'Jensen, B. Fruelund' geführt wird. 43 Letzteren lassen die im Berichtszeitraum erschienenen wissenschaftlichen Texteditionen durchweg vermissen. 44 Der letztgenannte Aspekt wird überraschenderweise unter der Überschrift 'El estilo' (24) behandelt. 45 Überdies wird das Buch durch das Fehlen einer Lage (S. CXXXI–CXLVI; so zumindest im Exemplar der UB Eichstätt) nachgerade zur Makulatur gestempelt.
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3. Kommentare a) Gesamttext In Ermangelung einer modernen Kommentierung wurden noch in den ersten Jahren des Berichtszeitraums die alten Standardkommentare von M a y o r (72; zuletzt noch 2007 besorgt von J. H e n d e r s o n 46; primär sprachlich orientiert und unter Auslassung von sat.2, 6 und 9)47 und F r i e d l ä n d e r (74; mit Schwerpunkt auf der Sacherklärung)48 wiederaufgelegt; daß diese Werke ungeachtet ihrer großen Meriten um Jahrzehnte hinter den bis dato erreichten Stand der Forschung zurückfielen, ließ indes die Dringlichkeit grundlegender Abhilfe um so deutlicher hervortreten.49 Ausführlichere Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang allein die Tatsache, daß auch der 1898 erstmals publizierte und bis 1962 vielfach nachgedruckte Kommentar von D u f f 50, frisch gesetzt und durch M. C o f f e y um eine aktuelle Einleitung erweitert, ansonsten jedoch unverändert, 1970 neuerlich in den Handel kam (76). Auch dieses Buch vermag sein Alter nicht zu verleugnen: Den Moralbegriffen des viktorianischen Zeitalters folgend, ist der lateinische Text um die Satiren 2 und 9, mehr als 130 Verse von sat.6 sowie einige weitere Verse aus den übrigen Satiren gekürzt; als Grundlage dient noch Büchelers Juvenal von 1893.51 Nützlich jedoch der Wiederabdruck der alten 'introduction', der im Vergleich zu den weitgehend parallel gegliederten Ausführungen von Coffey (I: 'Life of Juvenal'; II: "The Satura before Juvenal'; III: 'Juvenal as a satirist'; IV: 'The manuscripts') den Nachvollzug eines rasanten Forschungsfortschritts erlaubt, aber auch der als "explanatory rather than illustrative" (S. III) angelegte Kommentar:52 Ebenso knapp wie instruktiv
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Henderson hatte J.E.B. Mayor schon eine "study of the life and times of a nineteenthcentury Methusaleh within the academic and socio-political environment of Cambridge, and the intellectual and cultural history of Classical Studies" gewidmet (J.H., Juvenal's Mayor. The professor who lived on 2d. a day, Cambridge 1998, VII & 144 S.; das Zitat S.V); die Juvenalphilologie ist von diesen Ausführungen nicht tangiert. 47 Zu seiner weiteren Charakterisierung vgl. B a l d w i n (455), 501 f.: "Mayor, who had a parallel for everything and an explanation for nothing." 48 Die Einleitung zu diesem Kommentar – soweit von F. selbst verfaßt – liegt aus der Feder von M a r t y n (75) mittlerweile auch in englischer Übersetzung vor. 49 Nur der Vollständigkeit halber sei hier auch H a r d y (73) erwähnt. 50 Korrekturen waren letztmalig in die Auflage von 1925 aufgenommen worden. 51 Dessen einseitige Fixierung auf P ist zwar gemieden; eine eigene Sigle neben P erhält indes nur Cantabrigiensis coll. Trinitatis O IV 10 (T; so auch bei Clausen), eine in ihrer Bedeutung wohl eher überschätzte Hs. des 10. Jh. 52 Diese Konzeption ist erkennbar als Alternative zu dem Mammutunternehmen von Mayor ins Werk gesetzt.
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formuliert und daher vorzüglich als Begleittext für die kontinuierliche Juvenallektüre geeignet, hatte er schon den Beifall von A.E. H o u s m a n gefunden53; Vertrautheit mit seinen auf gesundem Urteil basierenden Erklärungen hätte noch manch zeitgenössischen Juvenalphilologen vor unnötigen Verirrungen bewahren können. Erst mit M o n t i (77) setzt der Reigen aktueller Juvenalkommentierung ein. Seine Ausführungen zu den Satiren 1 und 2 verdanken ihre Entstehung dem Projekt eines auf mehrere Bände berechneten Gesamtkommentars, das jedoch ungeachtet einschlägiger Vorarbeiten (vgl. S. 5) – wegen des Erscheinens von Courtney (79)? – nicht mehr zur Ausführung gelangt ist. Diesen Umstand wird man bedauern; gibt das Buch doch zuverlässige und solide Auskunft über das sprachliche wie sachliche Verständnis jedes einzelnen Verses. Selten nur geht der Vf. fehl54, und auch seine Entscheidung, den – im wesentlichen auf der Ausgabe von Clausen basierenden – lateinischen Referenztext ohne Apparat zu drucken und stattdessen den Kommentar selbst mit dem Referat des textkritischen Befundes zu belasten, wird man nur als läßliches Ungeschick bewerten. Weit schwerer wiegt der völlige Verzicht auf Darstellung und Diskussion übergreifender Aspekte: Ausgeklammert bleiben die Gedichtstruktur55 und die literargeschichtliche Kontextualisierung (poetologische Programmatik der ersten Satire, Verhältnis zu den Vorgängern), aber auch die stilistische Formgebung: Da sich etwa Juvenals Sarkasmus nicht zuletzt aus dem jähen Wechsel zwischen verschiedenen Stilebenen speist, hätte die – durch Parallelstellen zu dokumentierende – Stilqualität des von ihm eingesetzten Sprachmaterials nicht außer acht bleiben dürfen. Als erster englischsprachiger Philologe nach mehr als 100 Jahren kommentiert F e r g u s o n (78) wieder den gesamten Juvenaltext.56 Neben der Realienerklärung bietet das Buch in erster Linie elementare Verständnis- und Übersetzungshilfen sowie feinsinnige Beobachtungen zu Struktur und formalen Ausdrucksmitteln (Wortstellung, Klangwirkung, Versbau, Ironie), die zu jeder Satire in abschließenden 'general comments' noch einmal eine essayartige Zusammenfassung erfahren; der Aufweis intertextueller Bezüge oder die Diskussion komplexerer Forschungsprobleme findet demgegenüber kaum
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Dieser lobt "candour and clear perception" (S. XXIX seiner Juvenalausgabe 21931). So soll 1,85 quidquid als Subjekt (=quaecumque), homines als Objekt von agunt verstanden werden, 2,23–33 noch der Rede des Varillus angehören, 2,100 Actor Auruncus mit Galba gleichzusetzen und dieser damit als Vorbesitzer von Othos Spiegel zu erkennen sein. 55 Die kurze 'presentazione' der beiden Satiren (31–34; 141 ff.) beschränkt sich auf eine Inhaltsübersicht sowie Überlegungen zur Datierung. 56 Der lateinische Wortlaut basiert dabei – von wenigen Ausnahmen abgesehen (zu diesen vgl. S. XXVI f.) – auf der editio Oxoniensis von Clausen. 54
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Beachtung: Sucht der Kommentar doch in erster Linie den Bedürfnissen angloamerikanischer 'undergraduates' Rechnung zu tragen.57 C o u r t n e y (79) liefert den ersten modernen Gesamtkommentar, der auch dem umfassenden Erkenntnisinteresse des Wissenschaftlers Beachtung schenkt. Die Rahmendaten seiner Interpretation präsentiert er dabei in einer höchst informativen 'introduction', in der man allenfalls explizite Überlegungen zur literarischen Inszenierung der Juvenalsatiren (persona-Konzeption!) vermißt.58 Behandlung finden im wesentlichen 1. Juvenals vita. Hier enthält sich der Vf. aller gewagten Rekonstruktionen; auch CIL X 5382 soll eher auf einen nachgeborenen Verwandten des Satirikers zu beziehen sein. 2. Juvenals Satire. Dieses Kapitel nimmt neben Gattung, Vorgängern und Stoffen v.a. die Entwicklung von der gesellschaftlich ausgerichteten indignatioSatire der frühen Bücher zur ironiegetränkten Moralsatire des Spätwerks in Augenschein.59 3. Juvenal als Moralist und Gesellschaftskritiker. Ungeachtet aller Übertreibungen und Inkonsistenzen wird dem Satiriker die ernsthafte Absicht zuerkannt, auf der Grundlage eines traditionellen, an gravitas und decorum orientierten Verhaltenskodex die umfassende Entartung der Gegenwart zu brandmarken. 4. Stil und Metrik. Nicht nur in der Formulierung, sondern auch in Themenwahl, Gliederung und Argumentation wird der Einfluß der Rhetorik dokumentiert; auch der metrische Befund ist als "declamatory" (49; im Gegensatz zum "conversational type of line" eines Horaz) eingestuft. Im Kommentarteil selbst ist jeder einzelnen Satire eine eigene Einleitung gewidmet, welche Datierung, Inhalt und Struktur, Gedankengang und Zielsetzung, Vorgänger bzw. Motivgeschichte und nicht zuletzt die übergreifenden Forschungskontroversen ausführlich und ohne modernistische Verzeichnungen zur Sprache bringt; die fortlaufende Kommentierung ist schwerpunktmäßig auf die Erklärung von Wörtern, Sachen und Gedanken ausgerichtet, während stilistische und intertextuelle Fragen eher in den Hintergrund treten.60
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Um der Vorstellungswelt dieses Benutzerkreises entgegenzukommnen, scheut sich F. auch nicht, Rolls-Royce (zu 1,33), Harpo Marx (3,103), die Ehe von Elizabeth Taylor (6,226), die Fans von Manchester United (7,114), die heutige Studentengeneration ('general comments' zu sat.14) oder die Nase von General de Gaulle (zu sat.1) in seine Überlegungen einzubeziehen. 58 Insgesamt tritt jedoch mit hinlänglicher Klarheit zutage, daß C. zu dieser Fragestellung einen wohltuend konservativen Standpunkt einnimmt. 59 Zu Recht will C. hier eher "gradual transitions towards and again away from a calmer approach" (16) erkennen. 60 Unverhältnismäßig breiten Raum nehmen dafür textkritische Erörterungen ein, die C. zwar ohne Rekurs auf die obsolete Annahme von Doppelfassungen gestaltet, jedoch durch
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Erklärtes Ziel ist die Darstellung des aktuellen Forschungsstandes; antike Parallelen wie moderne Sekundärliteratur werden nur dort angeführt, wo sie das Textverständnis entscheidend fördern. Kritisch zu konstatieren bleibt, in welchem Ausmaß die Benutzerfreundlichkeit des Werkes dem Streben nach ökonomischer Kürze untergeordnet wird:61 1. Dem Kommentar ist kein lateinischer Text beigegeben. Abweichungen gegenüber der – von C. als Bezugstext benannten – Oxoniensis von Clausen sind, zumal wenn sie sich auf Interpunktion und Textgliederung beschränken, durch die vorgetragenen Erläuterungen nur unzureichend erschlossen.62 2. Wo C. eine Erklärung akzeptiert, trägt er diese apodiktisch vor, ohne alternative Forscherstimmen zu referieren (vgl. etwa zu 1,33 magni delator amici; 79 Cluvienus) oder auch nur durch einschlägige Literaturhinweise zu belegen63 (anders im Falle eigener Aporie: vgl. zu 8,192 ff.). 3. Umgekehrt bietet C. in komplexeren Fällen gerade nur eine Auflistung antiker Belege resp. moderner Sekundärliteratur (vgl. zu 5,99; 6,135; 13,132); auch Angaben wie "the views of ... are improbable" (zu 6,638) lassen sich nur mit Hilfe einer Spezialbibliothek in Erkenntnisgewinn ummünzen. Abgeschlossen wird das Buch durch einen kurzen Anhang zur möglichen – von C. vorsichtig bejahten – Juvenalkenntnis Lukians (624–629; vgl. unten S. 395) sowie drei Indices, von denen sich der erste ('names') auf Addenda zum Namensindex von Clausen beschränkt, während die beiden anderen ('subjectmatter' bzw. 'style, grammar, Latinity, metre') durch konzeptionelle Unschärfen beeinträchtigt scheinen.64 Trotz der genannten Defizite beeindruckt der Kommentar durch die Breite der gebotenen Information und durch die Vernunft seines Urteils; für den Juvenalphilologen stellt er ein Arbeitsinstrument ersten Ranges dar. B r a u n d (80) sieht sich neuerlich im Dienste universitärer Ausbildung, verspricht sie doch im Vorwort ihres Kommentars, "new generations of undergraduates" (S. VII) mit "explication of Roman thought and culture and
einseitige Orientierung am überlieferten Wortlaut und an stringenter Textlogik nachhaltig belastet. 61 Zu sachlichen Korrekturen im Detail vgl. die Rezensionen von G o o d y e a r , R e e v e und S c h r i j v e r s . 62 Abhilfe gewährt hier erst Courtney (9) – eine Ausgabe, die eigens zur Behebung des vorgenannten Mankos geschaffen wurde. 63 Da auch die Bibliographie (S. 61–71) nur wiederholt zitierte Standardwerke, nicht jedoch einzelne Spezialliteratur verzeichnet, sieht sich der an weitergehender Information interessierte Leser auf eigene Recherche verwiesen. 64 Daß etwa cerdo unter 'Sachen', civis unter 'Sprache' und paupertas mit zwei Belegen (6,295; 9,147) in beiden Rubriken auftaucht, wird nicht jedermanns Zustimmung finden.
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of literary, linguistic and stylistic matters" (S. VIII) versehen und ihre Ausführungen durch "analogies ... from Juvenal's work, from other authors in the genre of Roman satire and from post-Augustan literature" (ebd.) untermauern zu wollen; doch zeigt schon die folgende Einleitung, daß die gegebene Information den Leser a priori auf die nicht durchweg mehrheitsfähigen Positionen festlegt, die B. in ihren bisherigen Publikationen zu Juvenal erarbeitet hat. Dies gilt in erster Linie für ein zugespitztes persona-Konzept, welches den Satirentext selbst als dramatischen Monolog und den Sprecher folgerichtig als Dramenfigur begreift, die – wie jede Bühnengestalt – auf "their strengths and weaknesses" (3) zu untersuchen und im Falle Juvenals als "spineless and petty bigot" (120) zu identifizieren sei65; weitere Vorfestlegungen betreffen die Einschätzung, Juvenal suche mit seiner besonderen Spielart der Gattung dem Epos den Rang abzulaufen, entwerfe das gesamte erste Satirenbuch als geschlossene, chronologisch strukturierte Einheit und entwickle im Verlauf des Buches zunehmende Aversionen gegen den ursprünglich mit Sympathie bedachten Personenkreis der Klienten. Vor diesem Hintergrund wartet das Buch häufiger mit Scheinlösungen auf, insbesondere dort, wo vermeintliche Inkonsistenzen und andere Interpretationsprobleme auf das Konto der beschränkten und damit unglaubwürdigen persona gebucht werden (vgl. etwa 1,170 f.; 2,51 f.; 3,92 f. sowie 3,4 f. zur "liminality" von Umbricius).66 Ansonsten ist der Kommentar im Positiven wie im Negativen auf die anvisierte Zielgruppe zugeschnitten; besonders der Vergleich mit dem Konkurrenzunternehmen von Courtney läßt die Unterschiede hinlänglich zutage treten. 1. Das Buch enthält auch Grundlageninformationen, wie sie in wissenschaftlichen Kommentaren üblicherweise vorausgesetzt sind: Zur Sache vgl. etwa 1,16 Rhetorenschule, Sulla; 19 f. Lucilius; 33 delatores; 34 Niedergang der Nobilität; 46 Klienten als comites; 102 liberti; 2,143–148 Gladiatur; im sprachlich-syntaktischen Bereich wird mehrfach die Grenze zur Trivialität überschritten. 2. Einzelne Sätze und Wendungen werden durch das abkürzende Verfahren interpretierender Übersetzung erläutert.67 3. Querverweise sind regelmäßig nicht nur als Stellenangaben geboten, son-
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Entsprechend ist der Punkt 'Biographie' auf etwas mehr als einer Seite (15 f.) mehr als lieblos abgehandelt. – Ansonsten wirkt es schon einigermaßen skurril, wenn dem Kommentar zufolge der Gesprächspartner des Umbricius in sat.3 zwar Satiren schreibt (v.321) und ein Haus in Aquinum besitzt (v.319), aber auf keinen Fall etwas mit Juvenal zu tun haben darf. 66 Hierhin gehört auch die merkwürdige Vorstellung, 1,21 sei placidi möglicherweise als Genitiv Singular aufzufassen und ratio in der Bedeutung 'reason' zu verstehen. 67 Dem fast durchgehend nach Clausen abgedruckten Text ist keine englische Fassung beigegeben.
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dern ausgeschrieben, was ohne weiteres Nachschlagen eine substantielle Kontextualisierung ermöglicht.68 4. Vor allem bietet B. nicht nur punktuelle, schwerpunktmäßig auf Realien bezogene Einzelerklärungen, sondern unternimmt es, auch größere syntaktische Einheiten, ja ganze Abschnitte gedanklich, strukturell, sprachlichstilistisch, metrisch und intentional zu deuten (vgl. etwa 1,22–30; 51–62; 87– 95; 3,58–125) und damit auch dem literarischen Aspekt im engeren Sinne Rechnung zu tragen. Zusammenfassende Essays am Ende jeder Satire fördern diese makroskopische Sichtweise zusätzlich. Als Mängel müssen dagegen ins Feld geführt werden: 1. der Hang zur Vereinfachung, der zur Formulierung apodiktischer Erklärungen und zur Ausblendung konkurrierender Forschungspositionen führt; 2. die fortwährende Jagd nach eher forcierten 'double meanings' und 'ironies' (vgl. etwa zu 1,59 praesepibus oder 3,294 vervecis).69 3. die fast durchgehende Beschränkung der Bibliographie auf Titel aus dem angelsächsischen Sprachraum. Auf der Suche nach schneller und – von vorgenannten Einwendungen abgesehen – zuverlässiger Information wird man B.s Kommentar jedoch zweifellos mit großem Gewinn heranziehen. b) Einzelne Satiren und Satirenteile Auch die im Berichtszeitraum publizierten Teilkommentare dienen primär zum Gebrauch in Lehre und Unterricht. So bietet das für die Bedürfnisse des 'enseignement supérieur' zusammengestellte Werk von M a r a c h e (81) solide, keineswegs nur auf die Erklärung von Namen und Sachen beschränkte Verständnishilfen im Elementarbereich. Kritisch anzumerken bleibt: 1. Der – auf den Kollationen von Housman und Knoche basierende – lateinische Wortlaut übertreibt es mit der einseitigen Verabsolutierung der Überlieferung: Versathetesen und bedenkenswerte Konjekturen werden bei der Textkonstitution durchgehend ignoriert und nicht einmal im Apparat aufgeführt, letzterer stattdessen durch eine exorbitante Zahl berücksichtigter Handschriften und durch die Aufnahme von Minuzien überladen (vgl. etwa zu 5,74 vis : "vix A c h G U l r Z k v z m y a b s K B g alii"). 2. Weniger im Kommentar selbst als in der vorausgehenden 'introduction' liegt das Schwergewicht recht einseitig auf den durch M.s frühere Publikationen (179 und 303) abgedeckten Interessengebieten 'le problème social' und
68 Aus Platzgründen wird dann allerdings meist nur noch eine einzige Parallele zitiert, was eine Aussage über die Verbreitung der jeweiligen Formulierung wieder verhindert; Hinweise auf ThLL oder OCD wären in solchen Fällen doch hilfreich gewesen. 69 Zu sachlichen Bedenken bis hin zur Aufdeckung von Fehlern vgl. die Rezensionen von C o u r t n e y , P o w e l l , B e l l a n d i und S c h m i t z ; abwegig auch 5,48 (Streichhölzer), nachgerade verstörend 5,1 (zum Metrum).
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'rhétorique et ironie': Anders, als es M.s Textauswahl nahelegt, ist Juvenals Satire keineswegs nur durch den Niedergang der eigenen Gesellschaftsschicht, der armen Klienten, geprägt; und auch sein Humor – wiewohl häufig unterschätzt – dürfte nicht gleich für jede Unter- oder Übertreibung verantwortlich sein (vgl. etwa zu 4,110 iugulos aperire: "atténuation d'expression à valeur humoristique"). Auf die Verwendung an Universitäten zielt auch der Kommentar von S t r a m a g l i a (90), der mit sat. 1, 7, 12 und 16 Beispiele aus allen Stadien von Juvenals poetischem Schaffen enthält. Zu den einzelnen Gedichten70 legt S. jeweils eine Einleitung mit einschlägigen Daten zu Inhalt, Aufbau und Aussage nebst lateinischem Text nach Clausen (21992)71 vor; die Kommentierung selbst, die weder zur Sach- und Spracherklärung noch zu Fragen der Intertextualität Antworten schuldig bleibt, erschließt sich dem anvisierten Benutzerkreis auch bei punktueller Konsultation aufs beste: Die Hauptteile der Satiren sind zusammenfassend paraphrasiert, die Einzelabschnitte sodann in italienischer Übersetzung vorgelegt, die Detailerklärungen neuerlich zum Kontext in Beziehung gesetzt; Stellen aus der Sekundärliteratur sind regelmäßig, lateinische Primärquellen zumindest bei größerem Umfang in italienischer Sprache wiedergegeben. Als Interpret schließt sich S. fast durchgehend richtigen oder zumindest überzeugenden Lösungen an: vgl. etwa zu 1,81–86 (ex quo ... quidquid agunt homines), 1,144 (intestata senectus) oder 7,127 (curvatum hastile minatur)72; von den Verirrungen des Zeitgeists (etwa der zum Passe-partout verkommenen persona-Theorie) weiß er sich durchweg freizuhalten. Beschlossen wird der Band von einer umfänglichen Bibliographie, die der internationalen Forschung wie auch der über Juvenal hinausweisenden Sekundärliteratur musterhaft Rechnung trägt73, zwei Indices ('luoghi antichi' sowie 'indice analitico') und nicht zuletzt einem nicht nur liebevoll zusammengestellten, sondern auch durch seine Qualität bestechenden Abbildungsteil, der bestens auf die optische Unterstützung der vorgetragenen Erklärungen ausgerichtet ist. Alles in allem kann S.s Werk nicht nur dem interessierten Juvenalleser nutzen, sondern auch künftigen Kommentatoren der Satiren zum Vorbild dienen. Zu einzelnen Satiren sind ferner die folgenden Kommentare erschienen:74 70
Die knappe 'premessa' äußert sich nur zu Konzeption und Anlage des Buches. Das Fehlen eines Apparates wie auch eines conspectus siglorum läßt begleitende Benutzung des Oxfordtextes angeraten erscheinen; eine Übersicht über die Textänderungen findet sich bei B e l l a n d i rec., 510 f. 72 Verfehlt allerdings die Annahme, Corvinus, der Adressat von sat.12, sei durch einen sprechenden Namen als Erbschleicher kenntlich gemacht. 73 Wenig hilfreich indes die Attitüde, im Kommentarteil selbst Forschungskontroversen ohne Nennung der beteiligten Akteure zu referieren; vgl. 115 f. (zu 1,170 f.): "Altri ... oppure ... o magari ... ovvero ... o ..." 74 Soweit ihre Einleitungen substantielle Erkenntnisse vermitteln, sind diese im Kapitel XVII. ('Die einzelnen Satiren') vorgestellt. 71
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L u i s i s Kommentar zu sat.4 (88) ist nur dort wirklich brauchbar, wo er ohne Rekurs auf seine Hauptthese (der Gedichtinhalt als Allegorie auf das Inzest-Verfahren gegen die Vestalin Cornelia) auskommt: Hierzu zählen das Kapitel 'struttura e composizione' (S. 25–42; = 584), wo die inhaltliche Affinität von Einleitungs- und Hauptteil der Satire (v.1–33 bzw. 37–154) herausgearbeitet und der scurra Crispinus damit als Präfiguration seines Herrschers erwiesen wird75, eine italienische Übersetzung sowie der höchst informative Kommentarteil selbst, der neben Sprache und Realien auch dem ästhetischen Anspruch des Gedichtes (Kolastruktur, Gedankenführung, Versbau und Rhythmus, Klangwirkung, Rhetorisierung) Aufmerksamkeit schenkt.76 Insgesamt eher geschwätzig, aber auch im Vergleich zu Courtney nicht ohne Informationswert, weist C u c c i o l i M e l l o n i s (85) Kommentar zu sat.5 letztlich doch grundlegende Mängel auf, die seine Benutzbarkeit nicht unwesentlich beeinträchtigen. Dies betrifft 1. die Gesamtorganisation. Von einigen vagen Worten zu Thema und Gliederung (S. 9–12) abgesehen, beschränkt sich die Autorin auf eine Kommentierung der Einzelstellen. Dies führt einerseits zu fortwährenden Wiederholungen, andererseits zur Subsumtion übergreifender Gedanken unter unscheinbare Lemmata, wo sie sich dem Zugriff eher entziehen (vgl. v.9 f. zur Verwendung epischer Sprache, v.12 f. sowie 14 & 18 zum Verhältnis Patron – Klient, v.21 sowie 49 f. & 146 ff. zur Abhängigkeit von Martial, v.52 f. sowie 56–59 zur Stellung der Sklaven). 2. die Unselbständigkeit der Ausführungen. Wo irgend möglich, zieht sich C.M. auf die – meist wörtliche – Wiedergabe von Zitaten aus der Sekundärliteratur zurück; auch unterschiedliche Interpretationsansätze werden zumeist nur referiert, nicht bewertet (vgl. etwa zu v.26 f. und – nachgerade konfus – v.104 ff.), komplexere Fragestellungen durch – teilweise recht exotische – Literaturhinweise abgetan. B e l l a n d i s (87) Kommentar zu sat.6, dem der lateinische Referenztext (nach Clausen) und eine italienische Übersetzung vorausgeschickt sind, bietet auf gerade einmal 80 Seiten solide Informationen zu Inhalt, Form, Sprache, Motivik, Gedankenentwicklung und Absicht des Gedichtes; der Verzicht auf umfängliche Einzelworterklärungen sowie den kommentarüblichen Belegstellenballast kommt der Lesbarkeit des Buches zugute.77 75 Mißlungen jedoch der Versuch, zwischen den beiden Partien auf Biegen und Brechen Korrelationen der Verszahl herzustellen (40): Daß dem 'racconto del pesce' von v.11–33 auch im Hauptteil 23 Verse entsprechen, wird erst durch dessen barbarische Zerstückelung (v.39–48; 50 ff.; 64; 68 f.; 72; 119 ff.; 127 ff.) erreicht. 76 Ärgerlich bleibt die große Zahl von Druckfehlern, die sich keineswegs nur auf Eigennamen beschränken: Die Tätigkeit des Philologen wird bei L. geradezu stereotyp 'interpetrare' genannt. 77 Es versteht sich, daß die 'introduzione' auch noch die üblichen Daten zu Autor und Werk bereitstellt. – R i c h l i n s (84) hektographierter Kommentar zur Weibersatire ist
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Juvenal (1962-2011)
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Wiewohl eher langatmig angelegt, erweist sich L a u d i z i s (83) Sachkommentar zum Winstedt-Fragment doch als zuverlässig: In den seltenen Fällen, in denen er über eine Synthese der bisherigen Forschung hinausgeht (die Stellen bei H ü b n e r rec., 751), beweist er zudem ein gesundes Urteil. Anders die dickleibige Untersuchung von N a d e a u (92), die sich zwar Kommentar nennt, jedoch allein darauf abzielt, die nach Mason (145) und Freudenburg (365) konstruierte Vorstellung der Juvenalsatire als eines – durch die Widrigkeiten der Zeitverhältnisse in seiner Eigenart erzwungenen – Stücks Unterhaltungsliteratur am konkreten Textbefund zu erhärten. Im Ergebnis präsentiert N. einen eher in Vorlesungsform gehaltenen78, durch ermüdende Kleinteiligkeit, Rückgriffe und Wiederholungen, ja Selbstzitate bestimmten Nachvollzug des Argumentationsverlaufs von sat.6, wobei Hinweise auf deren sprachliche Präsentation, geschickt formulierte Mehrdeutigkeit und – mehrheitlich doch eher forcierte – intertextuelle Bezüge fortwährend den unernsten Charakter des Textes dokumentieren sollen. Der durchgehend postulierte Witz wird dabei in nachgerade brutaler Weise herbeigezwungen:79 1. Nirgendwo vermag die Arbeit zwischen augenzwinkerndem Humor und kaustischem Sarkasmus, zwischen komischen Stilbrüchen und aus Erregung geborenem Pathos zu unterscheiden; allerorten sieht sie nur Witz und Klamauk am Werk.80 Vgl. apodiktische Aussagen wie zu v.634–637: "... uses the grand style of poetry, but the reader perceives this grand style as being really mock-grand" (320). 2. Die angebliche Komik basiert teils auf eher albernen Assoziationen, teils auf grotesken Mißverständnissen: Darunter fallen v.1–20 als positives Orientierungsmodell (dort ist von grauer Urzeit, nicht vom aureum saeculum die Rede), v.9 infantibus ... magnis "mentally babyish hundred-year old infants" (42; wegen Hes. Erga 130 f.); v. 14 f. Pudicitia: "a very old woman barely able to walk" (50); v.75 an exspectas ut Quintilianus ametur? – Quintilian "the husband-to-be's preferred lover for his wife(!), or ... himself the sudden husband-to-be(!)" (87; offenbar nur für den inneruniversitäten Unterricht und nicht für den Buchmarkt bestimmt: Dem unverändert aus Clausens Oxford-Ausgabe kopierten Text sind nur "the minimum grammatical and lexical information necessary for a first reading" (Schmutztitel) sowie spärlichste Sacherklärungen beigegeben. 78 Spuren unterrichtsbezogener Mündlichkeit scheinen aus Formulierungen wie "We shall see all this in a minute" (163) o.ä. hervorzugehen. 79 Der im Anschluß an den Kommentar abgedruckte Text basiert auf der vorausgehenden Interpretation; mißlungen schon das eigenwillige Arrangement der Verse 241; 268–285; 242– 267; 286 sowie – nach Braund (31) – 345; O1–34; [346–348]; 366–378; 349–365; 379. 80 Der gleiche Hang zu mechanischer Nivellierung bestimmt auch die sprachlichstilistischen Appendices (358–450), deren Befund en bloc auf das Vorhandensein von "mock-grand contexts" (440) zurückgeführt wird. Dies betrifft neben den Namensperiphrasen sämtliche mehr als dreisilbigen Versschlüsse ('grand verse-ending'; darunter auch 10,243 renovata; 13,7 mediocris; 14,17 elementis; 15,59 puerilis) sowie sämtliche Belege für das Adjektiv grandis (wie etwa 6,302 g. ostrea; 11,70 f. g. ova; 14,171 g. ollae).
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Hervorhebung W.K.); v.167 Venustina: "a pretty hoor" (124; vgl. dagegen Adamietz [16] z.St.: "eine Frau aus dem schlichten Volke"); v.288 ff. "We are encouraged to imagine that the Roman women made Rome great by their spinning" (165).81 Besonders verstörend wirken a) das Spiel mit Wortbedeutungen ohne jede Rücksicht auf Kontext und syntaktischen Befund: v.105 f. Sergiolus iam radere guttur / coeperat – radere von einer kratzigen Stimme (wegen Lucr.4,528 radit vox fauces); v.295 f. hinc fluxit ad istos / ... Sybaris colles – fluere "rolling their hips" (172); v.319 crura madentia – "wet/drunk on the inside" (188); v.356 vasa novissima "modern stuff" (202); v.378 tondendum eunucho Bromium committere noli – committere "to set together to fight as in a contest" (228). b) der nachgerade obsessive Rekurs auf vermutete Anspielungen sexueller Natur: v.15 f. Juppiter "is enjoying sexual adventures as paidika" (52); v.16 f. iurare .../ per caput alterius – caput "hints at sexual penetration of the mouth" (54); v.18 aperto viveret horto – "hortus refers to anal sex with Priapus" (56); v.102 duros gaudet tractare rudentes – die in einen Gladiator vernarrte Eppia befriedigt die ganze Schiffsmannschaft; v.112 ferrum est quod ament – "suggestion of a phallic theme" (99); v.382 f. crispo numerantur pectine chordae / quo tener Hedymeles operas dedit – operas dare "de quaestu meretricio" (238), pecten mit "sexual innuendo" (239); v.456 soloecismum liceat fecisse marito – "sexual solecisms" (264); v.473 facies dicetur an ulcus? "the wife indulges in oral sex" (272; wegen Mart.11,60); v.476 f. ponunt / cosmetae tunicas – zwecks Begutachtung "who was best equipped" (274); v.477 ff. Liburnus / ... poenas alieni pendere somni / cogitur – "by having intercourse with her" (273); v.516 vestitur bucca tiara – "bucca often refers to the mouth used in sexual acts" (282). 3. Vor den erschreckenden Aussagen der Satire verschließt der Interpret dagegen konsequent die Augen: v.309 ff. ekliges Treiben der Tribaden – "a comic scene of unusual sex" (184); v.480 der professionelle tortor – "a humorous hyperbole" (275); v.596 f. homines in ventre necandos / conducit "is a witticism" (304); v.632 f. Vergiftungsgefahr von seiten der eigenen Mutter – "nothing is serious and felt" (319); v.638 ff. das Geständnis der doppelten Kindsmörderin Pontia "is so emphatic as to be ultimately unconvincing" (325); v.641 f. der haarsträubende Dialog Juvenal – Pontia – geprägt von "witty wordconstructions" (326); v.654 morte viri cupiant animam servare catellae – "a notion which is more comic than likely to rouse moral indignation" (329); v.657 ff. "... will amuse us with his invocation of a modern murderess who employs the literary style of Horace and Catullus" (331; wegen t e n u i pulmone). 4. Besonders nervtötend wirkt die bemüht komische Inszenierung der – apriori vorausgesetzten – persona des "unreliable narrator (as he surely is)" (13) 81 Nicht minder abwegig zu 5,43 ff.: "Aeneas is mockingly compared to the lover in the adultery mime and Iarbas to the stupidus" (157).
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Juvenal (1962-2011)
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als "interplay between ... two voices" (15), einem sich selbst desavouierenden Moralisten (von N. Iunius genannt) und einem fortwährend die Oberhand gewinnenden Humoristen (Decimus geheißen), wonach sich sat.6 in ihrem ganzen Verlauf unter dem Vorzeichen einer schizoiden Persönlichkeitsdoppelung präsentiert: "Decimus, winking at us behind Junius' back" (33), "Decimus, speaking as an echo behind Junius' words" (90); "Juvenal uses Decimus to undercut Junius' indignation" (138); "Junius does not, of course, see what is being done to his sermon by Decimus' voice" (169), "Junius' attack on ... irreligion ... is being turned into an attack by Decimus upon Junius" (198); "While Junius is not looking, Decimus will amuse us" (331). Der Gesamteindruck des unausgegorenen Buches wird von seinem befremdlichen Mangel an wissenschaftlicher Seriosität bestimmt; man muß sich wünschen, daß diese Attitüde keine Nachahmer findet.82 C a m p a n a s (89) Kommentar zu sat.1083, der teilweise abundant, immer jedoch überzeugend und auf aktuellem Forschungsstand informiert, genügt sowohl nach seinem Interessenhorizont wie seinem Reflexionsniveau wieder höchsten Ansprüchen; daß die Erklärungen, soweit irgend möglich, durch ausführliche Zitate antiker Testimonien untermauert sind84, erleichtert ihre Beurteilung und bewahrt sie vor der Gefahr modernistischer Verzerrung. Insgesamt empfiehlt sich das Werk besonders für die gründliche Konsultation, weniger für den spontanen Zugriff; ärgerlich allein die nachgerade uferlose Zahl primitivster Druckfehler, die auch dem Nichtitaliener die Lektüre des Buches vergällen kann.85
82 Daß es in einem von den Éditions Latomus zu verantwortenden Werk nicht gelingt, auch nur ein einziges griechisches Zitat makellos zu drucken, stellt im übrigen auch für den Verlag kein Ruhmesblatt dar. 83 Diesem sind der lateinische Referenztext nach Clausen (21992) und eine zuverlässige italienische Prosaübersetzung vorangestellt. 84 Wo dies einen vertretbaren Umfang übersteigen würde, verfällt C. allerdings schnell ins andere Extrem und zieht sich auf knappe Querverweise zu weiterführender Literatur zurück. 85 Nur der Vollständigkeit halber erwähnt sei E b e l (82), dessen Ausführungen zu Iuv.X die üblicherweise in einen latinistischen Kommentar zu setzenden Erwartungen durchweg enttäuschen: Nach einer dürftigen Einleitung bietet der Kommentarteil schwerpunktmäßig aus ThLL bezogene Angaben zur Verbreitung von Einzelwörtern und Junkturen (vgl. 188 zu v.251 f. legibus ... fatorum: "Thes. s.v. fatum 366,46 ff.: die Junktur lex fati bzw. fatorum gebrauchen z.B. auch die Dichter Verg., Ciris(!), Sen.trag., Lucan., Val.Fl., Stat., Mart."; Hervorhebung W.K.); weitergehende Erklärungen, wofern nicht einfach nur aus der Sekundärliteratur referiert, sind durchweg hausbacken und durch schwammige Formulierungen, Widersprüche und Sachfehler zusätzlich entstellt, stilistische Besonderheiten durch stereotypen Verweis auf Juvenals 'Kontrast- und Steigerungstechnik' abgetan. Zu Recht ist die Arbeit nie im Druck erschienen.
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Wiewohl von keinen handwerklichen Fehlern belastet, läßt F i c c a s (91) Kommentar zu sat.1386 den Leser eher unbefriedigt zurück. Die Ursachen hierfür liegen – ähnlich wie bei Cuccioli Melloni (85) – 1. in der Weitschweifigkeit der Ausführungen: Wenn jeder Satz des Satirikers aufs neue in die gedankliche Abfolge des Textes eingeordnet und jede Erklärung der Interpretin durch ein wörtliches Zitat aus der Forschungsliteratur wiederholt wird87, mag dies punktuelles Nachschlagen erleichtern: Kontinuierliche Benutzung gerät so zur unerquicklichen Nervenprobe. 2. in der Unausgewogenheit der Kommentierung: So werden für die Junktur nomen ponere (v.30) vier antike Parallelen genannt, für die Wortbedeutung von ponere jedoch einfach auf die (kontroverse) Diskussion bei Gnilka (395) und Griffith (397) verwiesen. 3. die Scheu der Vf.in vor einem eigenen Standpunkt: Häufig werden – durchaus unterschiedliche – Erklärungen einfach nur referiert88; wo eine Festlegung getroffen wird, erfolgt diese übervorsichtig (zu v.150–153: "Si potrebbe forse obiettare...") oder aber begründungslos (zu v.234: "Aderiamo ... a questa seconda ipotesi"). Essentielle Voraussetzungen einer substantiellen Interpretation sind entsprechend gerade nur berührt (Andersons personaModell ist im Kommentar zu v.176 versteckt) oder einfach umgangen (kaum ergiebig auch die 'introduzione' 9–13); letztlich scheint F. an der Möglichkeit einer ergebnisorientierten Kommentierung überhaupt zu zweifeln: "La ricchezza del quadro esegetico, la pluralità dei punti di vista, spesso notevolmente divergenti gli uni dagli altri ... lasciano il sospetto che sia lo stesso materiale poetico giovenaliano ad offrirsi a molteplici interpretazioni" (165). Unter dem Strich hat F. zwar das Material für eine solide Erklärung zusammengetragen, dessen Auswertung jedoch weitestgehend dem Leser aufgeladen.89
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Den Erläuterungen ist der lateinische Text nach Clausen (21992), eine wortgetreue italienische Prosaübersetzung und eine ebenso reichhaltige wie aktuelle Bibliographie beigegeben. 87 Für die Alternative, in v.225 fortuĭtus zu lesen oder aber eine Synizese anzunehmen, werden insgesamt drei Kommentare in wörtlicher Wiedergabe aufgeboten. 88 Vgl. etwa zu v.244: "Lo scoliasta commenta ... Alcuni commentatori sottolineano ... Cfr. anche ...". 89 Diese Kritik erstreckt sich nicht auf F.s Einzelbeiträge zu sat.13: Hier weiß die Vf.in durchaus auch argumentativ zu überzeugen: vgl. 844, 845, 847, weniger 846.
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Juvenal (1962-2011)
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III. Überlieferung 1. Untersuchungen 93. E. C o u r t n e y , The transmission of Juvenal's text, BICS 14, 1967, 38– 50. 94. J.G. G r i f f i t h , A taxonomic study of the manuscript tradition of Juvenal, MH 25, 1968, 101–138 (für ein Abstract vgl. d e r s ., Numerical taxonomy and textual criticism of a classical Latin author, Nature 215, 1967, 326). 95. Y.-F. R i o u , Les titres des satires de Juvénal, in: La cultura antica nell' occidente latino dal VII all' XI secolo. 18–24 aprile 1974, Bd. 1, Spoleto 1975, 189–213. 96. R.J. T a r r a n t , Juvenal, in: L.D. R e y n o l d s (Hg.), Texts and transmission. A survey of the Latin classics, Oxford 1983, 200–203. 97. M.T. M a r t í n R o d r í g u e z , Los tituli de las Sátiras de Juvenal en los manuscritos españoles, CFC(L) 9, 1995, 9–32. 2. Einzelne Handschriften 98. S. M o n t i , Contenuto e struttura del fascicolo che comprese il foglio di Bobbio (Vat.5750) di Giovenale e Persio, AFLN 11, 1964–1968, 57–68. 99. C.E. F i n c h , Juvenal in Codex Vat. Lat. 5204, CPh 65, 1970, 47–48. 100. G.M. P a r á s s o g l o u , A Yale manuscript of Juvenal, RhM 117, 1974, 334–349. 101. J. G i j s e l , Un manuscrit inconnu des satires de Juvénal et de Perse et de l'art poétique d'Horace, Scriptorium 33, 1979, 266–270. 102. U. F i o r i n a , Frammenti di codici membranacei delle Saturae di Giovenale dei secoli XI e XII rinvenuti nell' Archivio di Stato di Pavia, Athenaeum 59, 1981, 459–465. 103. B. M u n k O l s e n , D. Iunius Iuvenalis, in: d e r s ., L'étude des auteurs classiques latins aux XIe et XIIe siècles, Bd. 1: Catalogue des manuscrits classiques latins copiés du IXe au XIIe siècle: Apicius – Juvénal, Paris 1982, 553–597 (für Nachträge vgl. Bd. 3.2: Addenda et corrigenda, tables, Paris 1989, 83–88). 104. O. Á l v a r e z H u e r t a , La diéresis en dos papiros latinos (P. Barc. inv. n.o 158–162 y P. Antínoe s.n.), in: L. F e r r e r e s (Hg.), Actes del IXè simposi de la secció catalana de la SEEC (Treballs en honor de V. Bejarano), Barcelona 1991, 37–43.
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Walter Kißel 3. Interpolationen
105. H. H ö g g , Interpolationen bei Juvenal? Diss. Freiburg/Br. 1971, 295 S. 106. E. C o u r t n e y , The interpolations in Juvenal, BICS 22, 1975, 147– 162. 107. G. L a u d i z i , Le interpolazioni in Giovenale, QILCL 2, 1983, 51–78. 108. J. W i l l i s , Interpolation in the text of Juvenal, in: G. C a v a l l o (Hg.), Le strade del testo, Bari 1987, 11–19. 109. J.R.C. M a r t y n , Problems in editing the satires of Juvenal, in: C. K l o d t (Hg.), Satura lanx. Festschrift für W.A. Krenkel, Hildesheim 1996, 75–79. 1. Untersuchungen In Fortführung und Klärung der Positionen im Standardwerk von K n o c h e 90 unterrichtet C o u r t n e y (93) über die einzelnen Stadien der Juvenalüberlieferung (für ein zusammenfassendes Stemma vgl. S. 39).91 Demnach stammen alle erhaltenen Handschriften von einem gemeinsamen Archetypus, der seinerseits wieder auf textlich verstümmelte Vorfahren zurückgeht: 1. Bei der Abschrift einer Papyrusrolle hatte das Überspringen einer Kolumne von 29 Zeilen zur Eliminierung des O-Fragments (v.1–29) geführt; 2. und im Codex-Stadium war es durch Blattausfall zum mechanischen Verlust des Werkschlusses (nach 16,60) gekommen. 3. Der Archetypus selber, gegen Ende des 4.Jh. im Umkreis des Servius entstanden92, nahm bereits ältere Alternativvarianten, Kopistenfehler und Plusverse93 auf, die ihrerseits in die beiden von ihm abgeleiteten Hauptüberlieferungsstränge Eingang fanden: 4. die durch eine Unzahl von Handschriften vertretene Vulgattradition (Φ), die durch weitere Korruptelen bzw. Interpolationen (teilweise schon aus den Zitaten Priscians zu belegen) entstellt und stark durch – im Gefolge der karolingischen Renaissance einsetzende – Kontamination betroffen wird; 90
U.K., Handschriftliche Grundlagen des Juvenaltextes, Leipzig 1940. Zu Recht wird die Arbeit in dem Überblickskapitel von T a r r a n t (96) als "an admirably lucid account of the entire tradition" (20111) eingeschätzt. 92 Vgl. die sog. Nicaeus-Subskription des Laurentianus 34.42 legi ego Niceus apud M. Serbium (sic!) Romae et emendavi. 93 Über die Umstände, unter denen sich ein Interpolator zur Supplierung eines völlig in Vergessenheit geratenen Textes hätte veranlaßt sehen können, gibt C. keine Auskunft ("it is surprising": 40; substantieller dagegen 106); hier dürfte die Datierung von G r i f f i t h (94; "around 400 A.D., when Juvenal was, we know, being widely read": 106) eher ins Schwarze treffen. 91
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Juvenal (1962-2011)
hierbei werden auch "external sources" (43; etwa Grammatikertradition und O-Text) in die Mainstream-Überlieferung repatriiert. 5. die Minderheit der codices optimi, die sich aus dem Vindobon.107 sowie – mit eigenem Hyparchetypus – PRArov.Aurel. (nur P mit vollständigem Text) rekrutieren94 und einen geschlossenen, erst in seinen einzelnen Vertretern mit Φ-Text versetzten Traditionsstrang bilden. 6. Auch die Scholien, ursprünglich im Zusammenhang eines Φ-Textes entstanden, sekundär jedoch in Überlieferungsgemeinschaft mit P tradiert, greifen nicht auf einen über den Archetypus hinaufreichenden Textbestand zurück, sind daher als Überlieferungszeugen nur von untergeordneter Bedeutung. Ohne Kenntnis von Courtney stellt auch G r i f f i t h (94) noch einmal die communis opinio über die Hauptstadien der Juvenalüberlieferung zusammen; neu sein Versuch, die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der stark kontaminierten Φ-Gruppe durch Anwendung taxonomischer Verfahren (zur Methode vgl. 120–127) zu entschlüsseln. Für die einzelnen Abschnitte des Juvenaltextes erhält er dabei nachstehende Werte95 (131; am Zeilenschluß ist jeweils P als Fixpunkt lokalisiert, die Position der übrigen Handschriften entspricht dem Grad ihrer Nähe zu P). 1,1–3,316 3,317–5,96 5,97–6,437 6,438–661 VII–IX X XI–XIII XIV–16,60
– O B B V L – –
B B V H B B H B
V V H V K V B H
H K T Z Z Z V V
G J Z T H F T K
Z Z L O T H L L
L L G K O O O Z
K H K L L K K G
T A F A F T Z F
A G N N A U N O
N T O J N A F T
J U J U J N A N
O N U F U J U A
U F A G G G G U
(WR) (WR) (R)
P P P P P P P P
Der hieraus resultierende Erkenntnisgewinn ermöglicht: 1. eine bessere Fundierung künftiger Textausgaben: Hier wären N und J regelmäßig heranzuziehen, BHV dagegen gänzlich aus dem Apparat zu verbannen. 2. die Neugruppierung von Codices: Einige der von Knoche konstituierten Handschriftenklassen scheinen nunmehr ihrer faktischen Grundlage verlustig zu gehen.
94
In dieselbe Familie gehören auch die Textvorlagen des Florilegium Sangallense 870 und des Exemplar diversorum auctorum des Mico von St. Riquier. 95 Die Segmentierung der Satiren folgt dem – durch die Zufälle der Überlieferung herbeigeführten – Textbestand der einzelnen Handschriften, die verwendeten Siglen der Editio Oxoniensis von Clausen; hinzukommen B = Leidensis Voss. F 64 (s.X), J = Vaticanus 3286 (sat.1,1–10,366; s.XI), N = Vaticanus Reginensis 2029 (s.XI in.) und V = Leidensis Voss. Q 18 (s.X).
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3. eine differenziertere Bewertung der einzelnen Überlieferungsträger: Wie gerade der Befund von G nahelegt, wechseln einzelne Handschriften (mehrfach?) ihre Vorlage. R i o u (95) benennt die Titel der einzelnen Gedichte als wichtige Zeugnisse für die ma. Wahrnehmung der Juvenalsatiren wie auch für die Filiation der hs. Überlieferung. Was die von ihm untersuchten Codices (fast durchweg Vaticani) angeht, sind diese Überschriften jedoch – aus Ps.Cornutus, den scholia vetustiora und dem Satirentext selbst herausgesponnen – ohne erkennbare Regelmäßigkeit über die einzelnen Hs.-Familien verteilt; eine rezeptionsbezogene Auswertung des Befundes bleibt R. durchweg schuldig.96 2. Einzelne Handschriften Zur überbordenden Fülle der bis dato dokumentierten Juvenalhandschriften gesellt sich der von F i n c h (99) beschriebene Vat. lat. 5204 (s.XII in. mit einer 7,100–184 umfassenden Lücke)97: Der reichlich mit Marginalscholien ausgestattete Codex ist durch signifikante Versauslassungen als Angehöriger der Vulgattradition ausgewiesen; zuweilen hat jedoch auch P im Text seine Spuren hinterlassen. M o n t i (98) nutzt die Textverteilung auf dem palimpsestierten Fragmentum Bobiense (s.IV; das Doppelblatt enthält zum einen Pers.1,53–104, zum anderen Iuv.14,324–331 und 15,1–43) zur Rekonstruktion des ursprünglichen Codex: Dieser bot offenbar die Textfolge Juvenal – Persius98, präsentierte die Choliamben des Persius an der richtigen Stelle (als Vorwort) und verfügte im Falle von sat.16 auch nur über eine unvollständige Fassung. Der reichlich mit Interlinearglossen und Marginalscholien durchsetzte Codex Yale 450 Marston (s.XI/XII)99 wird von P a r á s s o g l o u (100) als nicht weiter bemerkenswerter Vertreter der stark kontaminierten Ξ-Klasse erwiesen (vgl. die Vertauschung von 11,108 f.), sein Text nach der Ausgabe von Knoche durchkollationiert. G i j s e l (101) präsentiert den Codex UFSIA P 1/1 der Facultés Universitaires Saint-Ignace d'Anvers (vormals Besitz der Abtei Tronchiennes) mit dem von italienischer Humanistenhand (s.XV) niedergeschriebenen Text von Juvenal (nach Einschätzung des Vf. mediokre Version 96 Entsprechendes gilt für M a r t í n R o d r í g u e z (97), wo die in spanischen Bibliotheken aufbewahrten Juvenalhandschriften nach gleichem Muster untersucht sind. 97 Für die etwa 300 vor 1950 bekannt gewordenen Codices vgl. ansonsten Knoche (ed.), S. XII–XXXII, für Nachträge bis 1970 die bei Finch, 47 genannten Arbeiten, für eine Auflistung der Juvenalhandschriften des 9. bis 12. Jh. M u n k O l s e n (103; eine Bibliographie zur Juvenalüberlieferung ebd. 553 ff.). 98 Diese Erkenntnis war bereits aus F. N o u g a r e t , Vaticanus Ms 5750, Perse – Juvénal, in: Philologie et Linguistique. Mélanges à L. Havet, Paris 1909, 313–329 zu gewinnen. 99 Zu seiner Beschreibung und den in ihm enthaltenen Scholien vgl. schon W.S. A n d e r s o n , The Marston manuscript of Juvenal, Traditio 13, 1957, 407–414.
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der Vulgata), Persius und Horaz, Ars poetica. F i o r i n a (102) liefert die kodikologisch-paläographische Beschreibung der im Archivio notarile di Pavia (Pavia, Archivio di Stato) aufgefundenen Überbleibsel von vier makulierten Juvenalcodices (s.XI/XII). Die jeweils ein Doppelblatt umfassenden, durch Einbindung in Kartonagen des 16.Jh. jedoch nur noch einseitig lesbaren Fragmente sind mehrheitlich glossiert; ihre Bedeutung für die Juvenalüberlieferung bleibt einstweilen offen.100 Á l v a r e z H u e r t a (104) äußert Vermutungen über die rätselhafte, aber durch ihre Wiederkehr im P. Barc. 158–162 (s.IV, mit dem Text eines Alkestisgedichtes) als systematisch kenntliche Verwendung eines doppelt gepunkteten -i- im Juvenalfragment des P. Antinoe (s.VI in., enthält 7,149–198). 3. Interpolationen Die gerade im Falle Juvenals durch subjektive (Vor-)Urteile der Interpreten belastete Interpolationsforschung101 sucht H ö g g (105) in seiner Einleitung (1–12) methodisch auf eine sicherere Grundlage zu stellen: Entbehrlichkeit eines Verses, seine Unerklärlichkeit, seine verderbte Überlieferung oder sein sententiöser Charakter dürfen, wiewohl oft dazu mißbraucht, nicht ohne weiteres als ausreichende Indizien einer Interpolation angesehen werden. Weit aussagekräftiger sind vielmehr – die mangelhafte syntaktische Einbindung eines Verses; – seine gedankliche Unvereinbarkeit mit dem Kontext; – seine Wirkung als Doublette (wobei hier jedoch die Möglichkeit authentischer Doppelfassungen nicht auszuschließen ist)102; – seine schwache Bezeugung. Vor diesem Hintergrund hat jede Interpolationsdiskussion folgenden methodischen Grundanforderungen zu entsprechen: 1. "Das betreffende Textstück muß zusammen mit seinem Kontext genau untersucht und interpretiert ..., der Anstoß, der genommen wird, ... präzise formuliert und begründet werden" (10). 100 Die überlieferten Textteile umfassen 1) 1,146–171; 2,1–9; 155–170; 3,1–19; 2) 13,79– 150; 3) 12,75–105; 14,16–46; 4) 14,156–190; 15,158–174. 101 Zumindest R i b b e c k s These von der Interpolation ganzer Satiren (O.R., Der echte und der unechte Juvenal: eine kritische Untersuchung, Berlin 1865; hier sind sat.10 und 12– 16 einem talentlosen Epigonen zugewiesen) darf trotz U n g e r (304) mittlerweile als erledigt gelten. 102 Mit solchen Doppelfassungen aus Juvenals Nachlaß (vgl. schon den Vitentext in exilio ampliavit satiras et pleraque mutavit) rechnet auch im Berichtszeitraum die eine oder andere Untersuchung (vgl. neben Högg etwa noch M a n z e l l a [558]); die vor allem von L e o und J a c o b y bestimmte Grundsatzdebatte (F.L., Doppelfassungen bei Iuvenal, Hermes 44, 1909, 600–617; F.J., Zwei Doppelfassungen im Juvenaltext, Hermes 87, 1959, 449–462) wird indes nicht wieder aufgenommen.
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2. "Die Entfernung des für unecht gehaltenen Textstücks muß sich ... als evidente Verbesserung herausstellen" (ebd.). 3. "Die ausgehobene Interpolation ist daraufhin zu befragen, ob sie überhaupt von einem Interpolator verfaßt sein kann, und wenn ja, aus welchem Motiv" (ebd.).103 Unter Verwendung dieser Kriterien wendet sich H. gegen den verschiedentlich zu beobachtenden Trend, dubiose Verse vorschnell als unecht zu eliminieren. Dabei verteidigt er mit einem gelegentlich ins Extrem gesteigerten Konservatismus die Authentizität der von ihm als diskussionswürdig angesehenen Stellen104 1,24 f. (das Verspaar erweise sich als strukturell unverzichtbar, 10,225 f. dagegen als sekundäres Selbstzitat)105; 42 ff.; 75 f.; 144 f.*106; 2,60; 75 f.; 110; 3,66; 95b–96a; 104*; 242*; 4,8 (corruptor verhindere den "logischen Sprung" [55] von v.4 adulter zu v.9 incestus); 73 (die Nennung von consilium und proceres macht erst die Pointe des Gedankens aus); 98*; 5,51; 63; 66; 91; 104; 140; 148; 6,65b–66a*; 69; 133 ff.; 156b–157a; 195b–198a*; 273b–275a; 349 (nur durch eadem und pariter ist v.350 nec melior gerechtfertigt); 363 ff.; 396 f.; 589; 624 ff.; 632 f.; 7,51 f.*; 88 f. (als gedankliches Bindeglied zwischen v.87 und 90 unverzichtbar); 101; 135; 181107; 192; 8,6 ff.*; 111 f.*; 119 ff.; 124*; 140 f.; 194; 202 f. (nur v.202 b "sieht ganz danach aus, als sei er aus der ersten Hälfte des Verses zurechtgemacht, um einen Ausfall oder eine verdorbene Stelle zu überbrücken": 169); 223*; 9,48 f.; 79 f. (hier soll eine "Bezogenheit der beiden Verse auf Vers 81" [179] vorliegen); 118–123 (v.118 f. als Kurzversion, 120–123 als Autorenvariante); 10,54*; 239; 323*; 326*; 365 f.; 11,110108;
103 Verfehlt jedoch H.s Feststellung, die Unmöglichkeit, ein solches Motiv zu benennen, spreche ebenso gegen die Annahme einer Interpolation wie der uneinheitliche Charakter der als Interpolationen verdächtigten Verse selbst ("... neben einigen kommentierenden Versen solche von erklärender und zusammenfassender Art, Sentenzen, Ausrufe, Fragen, Antworten, einfache und komplizierte Ergänzungen und Erweiterungen, originelle Zudichtungen, Versübertragungen, Ersatzfassungen": 7): Die betreffenden Einfügungen brauchen ja nicht alle auf einen einzigen Urheber zurückzugehen. 104 Unberücksichtigt bleiben neben den Oxford-Versen auch alle Passagen, die dem Vf. a priori als Interpolationen gesichert scheinen (dies betrifft 3,113; 281; 6,188; 460; 8,134; 258; 9,5; 11,99; 161; 165 f.; 168b–169a; 12,50 f.; 13,90; 166; 183; 187b–189a; 14,208 f.; 229; 15,107b–108a; ein kurzer Anhang [272–284] nennt hier die entscheidenden Gründe) oder – umgekehrt – als unzweifelhaft echt gelten (so etwa auch 1,85 f.). 105 Weitere Unterstützung erfährt diese Argumentation bei B r a u n (321), 77312. 106 Die mit * markierten Passagen finden im vorliegenden Forschungsbericht unter Kapitel XVII. ('Die einzelnen Satiren') eine eigene Behandlung. 107 Daß der Vers nicht zu Juvenals sonstigem Sprachgebrauch im Widerspruch steht, genügt indes kaum als Argument: Er "ist offenbar als (einfältige) Antwort auf die rhetorische Frage 179 f. nachträglich hinzugefügt" (Adamietz [16] z.St.). 108 Hier gewinnt H. sein Argument aus einer nachgerade gewaltsamen Paraphrase des Verses: "Kurz, in allen Dingen herrschten damals beneidenswerte Zustände" (206).
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148*; 12,23; 29; 71; 102–110*; 13,34; 109; 153 (mit Mayor ist an dubitet? solitum est totum conflare Tonantem zu lesen); 236; 14,117; 150 f.; 241 ff.; 269; 15,71; 97 f. (mit der Lesart tibi; auch dann jedoch nur unter Bedenken); 134b–135a; 16,41. Als zweifelsfrei unecht will der Vf. letztlich nur 6,126; 7,15 (hier soll nur v.15 b zwecks Heilung eines vorausgehenden Textschadens interpoliert sein; der ursprüngliche Text könnte ‹quod vendidit ante catasta› o.ä. gelautet haben); 11,63 ("zur Funktionslosigkeit [sc. gesellt sich] ein ungeschickter syntaktischer Anschluß": 204); 14,119 und 15,86b–87a anerkennen. Die aus H.s Untersuchungen im Ergebnis abzuleitende These eines nahezu interpolationsfreien Juvenaltextes dürfte schwerlich mehrheitsfähig sein. Einen vergleichbar intransigenten Konservatismus vertritt in den letzten Jahrzehnten nur noch L a u d i z i (107), der sich auf der einen Seite unter Hinweis auf die Gefahren subjektiven Argumentierens jeder ästhetischstilistisch indizierten Diskussion verschließt, auf der anderen eben das von ihm selbst als entscheidend eingestufte Indiz mangelhafter Bezeugung regelmäßig beiseite schiebt109, um die in Rede stehenden Verspartien allen Anstößen zum Trotz als tadellosen Juvenaltext schönzufärben:110 6,126 – "di fattura chiaramente giovenaliana" (54); 6,558 f. – "Il concetto espresso dai vv.557–64, infatti, forma un tutt'uno" (57); 6,614A–C – Hier soll Juvenal auf die sexuelle Unersättlichkeit der Frauen abheben, die ihre Männer durch fortwährende Verabreichung von Liebestränken in den Wahnsinn treiben.111 6,632 f. – "i versi sono degni del miglior Giovenale" (64); 9,134A – unter Annahme einer Lücke nach v.134 zu halten; 11,165 f. – Der ganze Abschnitt von v.165–170, weiland von Ribbeck athetiert, wird kurzerhand zu einem juvenaltypischen Exkurs erklärt: "Col v.171 poi riprende il discorso, interrottosi al v.164, e così il filo logico della trattazione non subisce alcuna frattura" (76); 14,229 – soll unter Vernachlässigung des vorausgehenden Verses syntaktisch bruchlos an v.227 anschließen. Vertrauenerweckende Resultate sind auf diesem Wege natürlich nicht zu erzielen.
109 Vgl. 559 (zu dem nur von wenigen dett. bezeugten Vers 6,126): "Non mancano casi di versi autentici, scomparsi dalla tradizione, ma rivendicati ad essa attraverso i papiri" oder 6238 (die dem Probus Vallae verdankte Versfolge 6,614A–C betreffend): "Quanto alla loro scomparsa da tutta la tradizione, ..., ciò sarebbe dovuto al fatto che essi furono esclusi probabilmente dalla recensione niceana-serviana." 110 Eine Ausnahme bilden 9,119 (Clausen indes tilgt hier gerade v.120–123) und 14,1A, wo auch L. die Notwendigkeit einer Athetese nicht mehr in Abrede zu stellen vermag. 111 Verfehlt auch der Hinweis auf eine angebliche Juvenalparallele für Phalarim ... dedisti (v.614C): 14,51 f. lautet similem tibi s e .../ ... dederit.
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Weniger rigoristisch gibt sich C o u r t n e y (106), der den Juvenaltext in etwa 40 – jeweils im einzelnen begründeten – Fällen für interpoliert oder zumindest interpolationsverdächtig hält; hierzu zählen Verse 1. ohne (hinreichende) Verankerung in der handschriftlichen Tradition PΦ (6,126; 614A–C) bzw. "which are present in the text for a particular reason" (147: 6,346 ff.). 2. ohne Beleg in P: 6,558 f.; 14,1A; echt dagegen 6,632 f. 3. mit uneinheitlichem Handschriftenbefund (Auslassungen, Umstellungen): 7,192 (vielleicht auch 7,191 f. sapiens ... appositam); 8,6 ff. (als "alternative opening" [152] geschaffen); 9,119 (in P interpoliert und von dort sekundär nach Φ gewandert); 122 f.; 11,165–170; echt dagegen 5,63; 91. 4. mit logischen bzw. syntaktischen Defiziten, die auch schon Clausen und/oder Housman zu einer Athetese bewogen: 3,113; 281; 6,188; 7,15; 50 f. (laqueo ... mali); 8,134 (als Ersatz für v.131 ff. gedacht); 258; 11,161; 12,50 f.; 13,90; 166; 183; 187 ff. (plurima ... sapientia); 236 (im Widerspruch zu v.239 f. stehend); 14,208 f. (Fortsetzung des von Juvenal aus einem anderen Gedicht bezogenen Zitates von v.207); 15,97 f.; 107 f. (nec ... putant); echt dagegen 4,8; 5,66; 8,124; 13,153 (durch die Konjektur solitumst zu heilen). 5. mit entsprechenden Verdachtsmomenten nach Ansicht von C.: a) sicher zu athetieren: 4,116 (in der überlieferten Form unvereinbar mit v.117 f. und ruinös für die Pointe von v.119–122); 6,65112; 7,93; b) mindestens zu beargwöhnen: 2,81; 6,138 (v.139 inde braucht den unmittelbaren Rückbezug auf v.137)113; 7,181 (als Versuch einer Antwort auf die vorausgehende Frage formuliert); 8,202 f. (sed ... abscondit); 10,225 f. (wohl mit Griffith (94) als Dezenzinterpolation für v.220–224 zu identifizieren); 11,99 (konkurriert mit v.108 f.). Da der Löwenanteil der Interpolationen bereits in der kurzen Zeitspanne zwischen antiker Wiederentdeckung des Juvenaltextes und Aufspaltung der Manuskripttradition (P-Φ) entstanden sein muß114, führt sie C. im wesentlichen auf einen einzigen Verfasser zurück, der sich besonders an Versifikation und weiterer Ausgestaltung bereits vorhandener Glossen, aber auch an moralischen Reflexionen erfreute und dabei an seinem Tun, nach der Verteilung seiner Zudichtungen über das Satirencorpus zu urteilen, zunehmend Gefallen fand. Die Rolle des Bilderstürmers übernimmt zuletzt W i l l i s (108), wenn er die Juvenalphilologen zu einem kritischeren Umgang mit dem Text ihres Autors 112 Diese Athetese findet sich ebenso wie die von 8,202 f. und 11,99 auch schon bei Clausen. 113 Im Fortgang rechnet C. noch mit einer Lücke nach v.139. 114 Ein weiterer terminus ante ergibt sich, wenn 6,138 tatsächlich als Zudichtung anzusehen ist und seinerseits wieder auf Prud. psych. 57 vena animi sola fervet de lampade Christi (entstanden um 400) eingewirkt hat.
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zu bewegen sucht: Da 'external evidence' die Existenz spätantiker Interpolationen zur Genüge belege (W. argumentiert hier mit den im codex optimus P fehlenden Versen 5,91; 6,307; 558 f.; 632 f. und 14,1A, mit einschlägigen Notaten des Probus Vallae115 sowie dem ganz singulär tradierten OxfordFragment), gelte es, auch in Fällen einhelliger Überlieferung zu prüfen, ob nicht einzelne Passagen aufgrund der mit ihnen verbundenen Verständnisprobleme, ihrer inhaltlichen wie syntaktischen Verzichtbarkeit oder aber ihrer Einschätzung als "material unworthy of Juvenal" (18) zu athetieren seien; als signifikantes Beispiel benennt W. 13,150–153 (störendes Motiv des Kleinkriminellen, Durchbrechung der Anapher von confer v.144/147/154), sieht jedoch auch 2,143–148; 3,249–253; 5,40–45 und 6,444–447 als verdächtig an. Die Gefahr, daß einem derart weitgefaßten Kriterienkatalog auch authentischer Juvenaltext zum Opfer fallen könnte, sieht auch W., hält sie jedoch angesichts des zu erwartenden Gewinns für vernachlässigenswert.116 Unter dem Strich bleibt die saubere Differenzierung zwischen wirklichen Interpolationen und entstellten, durch Emendation oder Transposition zu heilenden Textpartien eine der zentralen Aufgaben des Juvenalherausgebers, wie sie M a r t y n (109) rekapituliert. Des weiteren zählen hierzu: 1. erneute, durch modernste Technik unterstützte recensio der maßgeblichen Handschriften; 2. Nachvollzug und adäquate Darstellung der durch Kontamination und Vorlagenwechsel verunklärten Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den einzelnen Codices; 3. exakte Dokumentation des Erstbelegs aller im Apparat aufgeführten Konjekturen; 4. eine fundierte Entscheidung über Authentizität und Plazierung des Oxfordfragments. IV. Sammelbände 110. W.S. A n d e r s o n , Essays on Roman satire, Princeton 1982. Darin: 103–114 Venusina lucerna: the Horatian model for Juvenal (=TAPhA 52, 1961, 1–12) 115–150 Imagery in the satires of Horace and Juvenal (=AJPh 81, 1960, 225–260) 197–254 Studies in book I of Juvenal (=YClS 15, 1957, 33–90) 255–276 Juvenal 6: a problem in structure (=CPh 51, 1956, 73–94) 115 Dieser kennt Codices mit Auslassung von 6,238; 365 und 632 f., aber auch mit Plusversen nach 6,614. 116 Speziell zu sat.13 vgl. auch W i l l i s (838), zur Umsetzung seiner Postulate die von ihm gestaltete Teubneriana (11).
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Walter Kißel 277–292 293–361 362–395 396–486
The programs of Juvenal's later books (=CPh 57, 1962, 145–160) Anger in Juvenal and Seneca (350) Lascivia vs. ira: Martial and Juvenal (351) Juvenal and Quintilian (=YClS 17, 1961, 1–91)
111. E. P a s o l i , Tre poeti latini espressionisti: Properzio, Persio, Giovenale, Roma 1982. Darin: 183–194 L'epigramma 12,18 di Marziale e la cronologia dell' attività poetica di Giovenale (141) 195–209 La chiusa della satira III di Giovenale (511) 211–224 Persio e il bagno durante il banchetto (Sat. 3,98–106): Tecnica imitativa ed espressionismo (445) 353–376 Linguaggio poetico e "poetica" di Giovenale: "storno", ricupero, enfatizzazione (328) 112. J.G. G r i f f i t h , Festinat senex or: An old man in a hurry, Oxford 1988. Darin: 75– 77 Juvenal's rhinocerus. Juvenal VII,129–130 (715) 78– 80 A matter of an adverb in Juvenal. Juvenal X.81–89 (787) 81– 97 The ending of Juvenal's first satire and Lucilius, book XXX (438) 98–110 The survival of the longer of the so-called 'Oxford fragments' of Juvenal's sixth satire (677) 113. J.R.C. M a r t y n , Juvenal: a farrago. A collection of articles on the satires of Juvenal and on Roman satire, Amsterdam 1996. Darin: 5– 16 Juvenal and Ne quid nimis (403) 17– 25 Some textual emendations in Juvenal (405) 27– 38 Juvenal's use of atque. Some textual problems (404) 39– 60 Juvenal's wit (307) 63– 76 A new approach to Juvenal's first satire (439) 77– 79 Juvenal 2.78–81 and Virgil's plague (477) 80 Juvenal 2.161 (480) 83– 87 Juvenal III.108 (526) 88– 90 Juvenal Satire 6,63–66 (623) 91– 92 Martial 1.19 and Juvenal 6.385 (630) 93– 95 Juvenal Satire 6,582–591 (624) 96–100 Juvenal on Latin oratory (688) 105–115 Further evidence on Juvenal's Oxford fragments (681) 118–126 Variants in the satires of Juvenal (10) 114. F. B e l l a n d i , Eros e matrimonio "romano". Studi sulla satira VI di Giovenale, Bologna 2003, VIII & 222 S. Darin: 1– 56 Eros e matrimonio "romano" nella sesta satira di Giovenale (661)
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Juvenal (1962-2011) 57– 93 95–123 125–156
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Mito e ideologia: età dell' oro e mos maiorum. Sul proemio e l'excursus centrale della satira sesta (642) Postumo e Ursidio. A proposito di destinatario e struttura (649) Paradigmi mitici (ed elegiaci) e degradazione satirica: Eppia fra Elena e Arianna (6,82–113) (659)
Appendici 157–158 Postumo e Properzio III.12 (661) 159–168 Lucilio, Giovenale e l'adulterio delle matrone (686) 169–177 Siccis ... mamillis (6,401) (665) Rez.: B o r g o , BStudLat 34, 2004, 228–229; A r r i b a s H e r n á e z , Emerita 73, 2005, 381–383; B o ë l s - J a n s s e n , REL 83, 2005, 350–352; P i s e l l i , Maia 57, 2005, 375–381; S t é n u i t , Latomus 65, 2006, 808–809. 115. M. P l a z a (Hg.), Persius and Juvenal, Oxford 2009. Darin: 257–277 U. Knoche, Juvenal's canons of social criticism (180) 305–326 A. Richlin, Juvenal and Priapus (175) 327–348 P.A. Miller, The bodily grotesque in Roman satire: images of sterility (357) 349–360 J. Walters, Making a spectacle: deviant men, invective, and pleasure (493) 361–449 W.S. Anderson, Anger in Juvenal and Seneca (350) 469–505 F. Bellandi, Naevolus cliens (752) 506–532 S.M. Braund – W. Raschke, Satiric grotesques in public and private: Juvenal, Dr Frankenstein, Raymond Chandler, and Absolutely Fabulous (368) A n d e r s o n (110), P a s o l i (111), G r i f f i t h (112) und M a r t y n (113) enthalten bis dato erschienene Juvenalaufsätze der betreffenden Philologen in unveränderter Form und nur in geringem Umfang durch neue Untersuchungen ergänzt (Griffith, 75–77: 'Juvenal's rhinocerus. Juvenal VII,129–130'; 78– 80: 'A matter of an adverb in Juvenal. Juvenal X.81–89'; Martyn, 118–126: 'Variants in the satires of Juvenal'); B e l l a n d i s (114) Arbeiten zur Weibersatire sind teilweise aktualisiert und um eine neue Miszelle (159–168: 'Lucilio, Giovenale e l'adulterio delle matrone') sowie 'Bibliografia' und Indices (nominum, locorum, rerum) bereichert. P l a z a (115) schließlich vereinigt Beiträge verschiedener Verfasser117 zu einem Mixtum compositum, in dem sich bleibende 'Klassiker' der Juvenalforschung in nachgerade befremdlicher Weise mit ephemeren Ergüssen unseriöser Zeitgeistphilologie vereint finden. Die Besprechung der einzelnen Arbeiten erfolgt jeweils am einschlägigen Ort.
117 Soweit ursprünglich in einer anderen Sprache abgefaßt, sind diese ins Englische übertragen.
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Walter Kißel V. Autor und Werk im Überblick 1. Einführungen
In dieser Rubrik sind jeweils nur abgeschlossene Darstellungen aufgenommen; Ausschnitte aus Handbüchern oder Literaturgeschichten haben dagegen keine Berücksichtigung gefunden. 116. S.C. F r e d e r i c k s , Juvenal: a return to invective, in: E.S. R a m a g e u.a. (Hgg.), Roman satirists and their satire. The fine art of criticism in ancient Rome, Park Ridge 1974, 136–169. 117. M. C o f f e y , Juvenal, in: d e r s ., Roman Satire, London 1976, 119– 146 & 242–254. 118. W.S. A n d e r s o n , Juvenal, in: T.J. L u c e (Hg.), Ancient writers. Greece and Rome, Bd. 2: Lucretius to Ammianus Marcellinus, New York 1982, 860–876. 119. J.C. B r a m b l e , Martial and Juvenal, in: The Cambridge History of Classical Literature, Bd. 2: Latin Literature (Hgg. E.J. K e n n e y – W.V. C l a u s e n ), Cambridge 1982, 597–623. 120. J. A d a m i e t z , Juvenal, in: d e r s . (Hg.), Die römische Satire, Darmstadt 1986, 231–307. 121. F. B e l l a n d i , Giovenale, in: F. D e l l a C o r t e (Hg.), Dizionario degli scrittori greci e latini, Bd. 2, Settimo Milanese 1988, 1035–1048. 122. V. P a p a ï o a n n o u , Ιουβενάλης. Εισαγωγή στην εποχή, στο βίο και στο έργο του μεγάλου σατιρικού, Thessaloniki 1991, VII & 327 S. Rez.: T r o m a r a s , Hellenika 42, 1991, 387–389 (gr.); Latomus 54, 1995, 187–188 (dt.); G é r a r d , REL 70, 1992, 314. 123. S. C e c c h i n , Giovenale, in: I. L a n a – E.V. M a l t e s e (Hgg.), Storia della civiltà letteraria greca e latina, Bd. 2: Dall' ellenismo all' età di Traiano, Torino 1998, 984–1003. 124. F.M.A. J o n e s , Juvenal, in: W.W. B r i g g s , Ancient Roman writers, Detroit 1999, 118–126. 125. V. R i m e l l , The poor man's feast: Juvenal, in: The Cambridge companion to Roman satire (Hg. K. F r e u d e n b u r g ), Cambridge 2005, 81–94 (ital.: Giovenale. La fine della forma satirica, in: K. F r e u d e n b u r g u.a. (Hgg.), Musa pedestre. Storia e interpretazione della satira in Roma antica, Roma 2007, 99–114 & 231 f.).
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2. Skizzen und Essays 126. F. A r n a l d i , Giovenale, StudRom 10, 1962, 121–135. 127. L. W i n n i c z u k , Osservazioni sui valori della satira di Giovenale, Eos 53, 1963, 191–203. 128. D. E b e n e r , Juvenal. Mensch, Dichter, Gesellschaftskritiker, Altertum 10, 1964, 55–60. *129. R. H e r e d i a , Juvenal: Realismo y violencia retórica. Conferencia, in: Aproximaciones al mundo clásico, México 1979, 82–90. 130. G. H u t c h i n s o n , Juvenal, satire, and the real world, Omnibus 15, 1988, 20–22. 131. B. S e g u r a R a m o s , Nueva semblanza de Juvenal, CFC(L) 11, 1996, 47–52. 132. –, Juvenal: alumbrando el futuro, SPhV 6, 2002–2003, 197–210. 133. R. K i m b a l l , Lessons from Juvenal, The New Criterion 21, 2003, 4– 8. 1. Einführungen Eine umfassende Synthese zu Juvenals Leben und Werk, wie sie zuletzt von G. H i g h e t vorgelegt wurde118, ist während des Berichtszeitraums nur in griechischer Sprache erschienen: Ein erstes Kapitel von P a p a ï o a n n o u (122) ist auf Hintergrundinformationen zu Juvenal und seiner Epoche ("Politik, soziale und wirtschaftliche Situation, Kultur, Philosophie und Religion"119 sowie die Vita des Satirikers) verwendet; der Hauptteil des Buches präsentiert nach der Gattungsgeschichte v.a. einen Überblick über die einzelnen Satiren, der zuverlässig über Inhalt, Struktur und Interpretationsprobleme informiert und in eine Würdigung des Gesellschaftskritikers Juvenal sowie ein kurzes Kapitel zum Nachwirken mündet. Alle anderen Notate dieses Kapitels betreffen ausschließlich aus Sammelwerken entnommene Einführungen, von denen manche, ungeachtet ihres meist eher bescheidenen Umfangs, dennoch eine beachtliche Qualität aufweisen.120
118
Zit. oben Anm. 1. T r o m a r a s rec. 1995, 187. 120 Nicht in diesen Bericht gehört das APh 38, 1967, 144 aufgeführte Buch von W. Neubert, Die Wandlung des Juvenal. Satire zwischen gestern und morgen, Berlin 1966, das den Namen Juvenal in seinem Titel ausschließlich metonym für die (moderne) Gattung insgesamt verwendet und eine linientreue DDR-Dissertation über die "in der sozialistischen Gesellschaft angesiedelte Satire" (251) zum Inhalt hat. 119
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In deutscher Sprache bietet A d a m i e t z (120) eine grundsolide Einführung, deren Löwenanteil aus einer gliedernden Inhaltsübersicht über die einzelnen Satiren besteht. Weitere – zum Teil recht kurze – Kapitel betreffen 'Vorbilder' (primär Anlehnung an den geistesverwandten Lucilius), 'Themenwahl' (vor allem moralische Anklage mit besonderer Fokussierung auf soziale Phänomene bzw. Institutionen), 'Ziele und Maßstäbe' ("Bloßstellung der Schlechtigkeit" [241], gemessen "am allgemeinen sittlichen Empfinden und an den Vorbildern der römischen Geschichte" [240] und darauf berechnet, die eigene Entrüstung auch auf den Leser zu übertragen), 'Entwicklung' (in den Büchern 4/5 Übergang von der gesellschaftlichen Perspektive zur Kritik einzelner vitia, indes ohne programmatischen Wechsel von indignatio zu demokriteischem Lachen), 'Form und Komposition' (fast durchweg Monolog als Medium der Anklage; inhaltsabhängige Struktur), 'Stil' (bestimmt durch die Faktoren indignatio und accusatio) sowie 'Wirkung und Überlieferung' (mit dem schwer einzuschätzenden Unsicherheitsfaktor des Oxford-Fragments). Die Tatsache, daß A. – mit Hinweis auf Courtney (79), 1–10 auf einen eigenen Abschnitt zur Juvenalvita verzichtet, wird schließlich leichter zu akzeptieren sein als der Umstand, daß er sich auch eine substantielle Auseinandersetzung mit Andersons persona-Modell versagt. Für den englischsprachigen Leser steht eine ganze Reihe von Einführungen zur Verfügung, die jedoch mehrheitlich die in sie gesetzten Erwartungen enttäuschen. Uneingeschränkt positive Erwähnung verdient hier allein C o f f e y (117): Sein Handbuchartikel liefert einen Abschnitt zu Vita und Werkchronologie, der alle einschlägigen Daten berücksichtigt, ohne je die Fragilität von deren Beweiskraft aus den Augen zu verlieren, einen Überblick über die zeitgenössische Ausprägung einer 'rhetorical poetry', eine thematische Durchsicht der einzelnen Satiren (schief allein das Bild von sat.12 mit der Annahme eines "fundamental lack of sympathy for Catullus": 133) und ein als Sammelrubrik gestaltetes Kapitel 'personal and social topics' mit Überlegungen zum Verzicht Juvenals auf autobiographische Aussagen, zur Gefährdung des Satirikers durch Angriffe auf Zeitgenossen, zur – teils aktuellen, teils topischen – Ausrichtung seiner Zeitkritik und zum – eher spärlichen – Interesse an einer philosophischen Unterfütterung seiner Satire. Nur noch kurz fällt abschließend der Blick auf Sprache und Stil (mit den beiden Schwerpunkten 'Exempla and imagery' und 'Rhetorical language and level of style') sowie Überlieferung und Rezeption (fast durchgehend beschränkt auf das Altertum); insgesamt wird dem Leser ein grundsolider, von den Auswüchsen der – auch hier nirgendwo erwähnten! – persona-Forschung wohltuend freigehaltener Überblick über den Stand der Juvenalphilologie geboten.121
121 Vergleichbar gut informiert sonst nur noch die Einleitung von G r e e n s (22) Juvenalübersetzung.
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Dagegen findet sich in der Einführung von F r e d e r i c k s (116) kaum mehr als eine – wenn auch zuverlässige – Werkübersicht:122 Zum Programmpunkt 'characteristics of the Satires' werden auf gerade einmal 3 Seiten123 isolierte Bemerkungen über die Entwicklung der Juvenalsatire, die dem Text innewohnenden Widersprüche124, den Einfluß von Rhetorik, Epos und Tragödie sowie die konventionelle Moral des Autors zusammengetragen, ohne daß daraus ein homogenes Bild entstünde. Ohne eine erkennbare Systematik zu verfolgen, vermittelt auch B r a m b l e s Juvenalartikel in der 'Cambridge History of Classical Literature' (119) eine Vielzahl von Impressionen, die durch selektiven oder gar fehlenden Textbezug an Geltung und den fortwährenden Rekurs auf Martial an Geschlossenheit einbüßen. Als wenig aufschlußreich erweist sich auch A n d e r s o n s (118) Juvenalbeitrag in dem Sammelwerk 'Ancient writers. Greece and Rome', der sich – den Forschungsschwerpunkten des Vf. verpflichtet – fast durchgehend auf die Fiktionalität der Juvenalsatire und die Entwicklung ihrer rhetorischen Strategien fixiert: Ungeachtet der erfreulichen Zustände unter der Regierung Trajans ("the era of Trajan was on the whole a good one": 864) schafft sich der Satiriker in selbstgewählter Luciliusnachfolge "a fictitious atmosphere, using a fictional satirist" (ebd.), um solcherart bei den Zeitgenossen Bewunderung, Beifall und Gelächter zu ernten; sein künstlerischer Werdegang führt ihn dabei vom "indignant satirist" als "dramatic character" (865; sat.1–6) über "various options" (875; sat.7–9) zum "sardonic satirist" (874; sat.10–14), der abschließend wieder "new poetic and satiric tasks" (875; sat.15/16) erprobt. Erstaunlicherweise wird diese Reduktion satirischer indignatio auf seiten der persona dann jedoch wieder auf die Lebensumstände des Dichters rückbezogen: "as he approached his sixties and enjoyed some success, his own subjective motivations altered" (870); solchermaßen seiner künstlerischen Autonomie beraubt, verliert das gesamte Modell einer dramatischen persona letztlich seine Existenzgrundlage.125 Die Einführung von J o n e s (124) liefert zuverlässige Basisinformationen über Leben und Werk Juvenals, Gattung, Stil (hierzu eher kursorisch) sowie 122
Gänzlich verzeichnet ist indes das Bild der 7.Satire, die F. durchgehend als Attacke gegen Domitian lesen möchte. 123 Dafür verwendet der Beitrag erstaunliche 6 Seiten auf den "satiric purpose" (137) der Martialepigramme. 124 Juvenals Konzept einer unglaubwürdigen persona, das Anderson (350) auf ebendiese 'tensions' gründen wollte, findet bei F. keine Erwähnung. 125 Vgl. dagegen A n d e r s o n (350): "Juvenal grew older; he achieved recognition and financial ease ... Such are the biographical inferences growing out of an assumption which I would maintain is quite erroneous" (192). – Ungewöhnlich kurz und – auch im Kontext eines Handbuchs – nachgerade erbärmlich ist schließlich die 'selected bibliography' mit gerade einmal 2(!) Monographien und 0 Aufsätzen zu nennen.
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Inhalt und Struktur der einzelnen Satiren; die wenigen Sätze zur Erklärung ("The interpretation of Juvenal's Satires is problematic": 125) verlieren sich indes – wie ähnlich auch bei J o n e s (302) zu beobachten – in eine nur unzulänglich als Multivalenz getarnte Beliebigkeit. Völlig aus dem Rahmen fällt das im 'Cambridge Companion to Roman Satire' erschienene Juvenalkapitel von R i m e l l (125), liefert es doch keine Einführung in Autor und Werk, sondern verstörend unseriöse Momentaufnahmen einer von subjektivem Empfinden irregeleiteten Juvenallektüre: Nirgendwo ergeben die abwegigen Assoziationen der Vf.in126 ein stimmiges Gesamtbild; nachgerade dümmlich ihre Deduktion poetologischer Aussagen: (zu sat.15) "cannibalism, already a perverse hunger (one analogous to the satirist's own parasitism), fails to satisfy" (85); (zu 3,193–196) "The edifices of gargantuan Rome itself, which stand as a constant allegory for this satire, are built on very shaky foundations and continually threaten to topple" (ebd.); (zu sat.4) "Like the courtiers coping with a gigantic fish, we learn that Juvenal's verse demands a deeper casserole than any predecessor" (88 f.); (zu 2,99–103) "When Juvenal goes on to explain that the man who dresses up like a woman ends up like emperor Otho, who uses his shield as a mirror(!) (Hervorhebung W.K.) to check his reflection before battle (...), this becomes the ultimate metaphor for the Juvenalian pose: the weapon which deflects criticism in satire's epic arena is also the tool for indulgent self-exposure" (92). Ein ernstlich an Juvenal interessierter Leser kann von diesem Beitrag keinerlei Nutzen erfahren. Unter den italienischsprachigen Einführungen ist besonders C e c c h i n (123) zu nennen, der nach kurzer, von Spekulationen freier Würdigung der biographischen Daten schwerpunktmäßig die Eigenart der Juvenalsatire beleuchtet und dabei sowohl den programmatischen Aussagen des Autors wie auch dem Erscheinungsbild der einzelnen Gedichte die gebührende Beachtung schenkt. Demzufolge sind die frühen Satiren 1–7 gänzlich von Juvenals indignatio bestimmt, die – als rhetorische Strategie kultiviert – den Kreis der Leser zu vergleichbaren Reaktionen und damit letztlich zur Identifikation mit dem Satiriker veranlassen soll127; inhaltlich im Zentrum stehen – primär aus materiellem Überfluß geborene – crimina und deren zerstörerische Auswirkungen auf das römische Gesellschaftsgefüge. Ab sat.8 wird diese polemischdenunziatorische Grundhaltung von Vorstellungen der älteren (v.a. Horazischen) Satire durchzogen (keineswegs abgelöst!), die sich, unter dem Einfluß
126 Diese setzen mit der Behauptung ein, 6,641 tune duos [sc. necavisti] una, saevissima vipera, cena? (Frage an die Kindsmörderin Pontia) impliziere "cannibalistic connotations" (848): "we are reminded of Procne's and Philomela's murder and barbecuing of Itys" (ebd.). 127 Beachtenswert die Überlegung, daß gerade auch die Unterdrückung autobiographischen Details darauf berechnet sein mag, diesem Ziel der Leseridentifikation näherzukommen.
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von Moralphilosophie und Diatribe stehend, den errores gemeinmenschlicher Dummheit und deren Auswirkungen auf den einzelnen widmete, sie mit überlegener Ironie kommentierte und auch mit positiven Ratschlägen versah.128 Indizien für eine Relativierung oder gar Zurücknahme von Juvenals allzeit pessimistischer Weltsicht sind hieraus gleichwohl nicht zu gewinnen.129 Nicht minder zuverlässig informiert B e l l a n d i (121), der sich jedoch allzu lange mit dem Individuum Juvenal auseinandersetzt. 2. Skizzen und Essays A r n a l d i s (126) Beitrag ist als Einführung zum Juvenalkapitel einer Gedichtanthologie130 entstanden; der Satiriker wird hier als aufmerksamer Beobachter und mutiger Kritiker seiner Zeit wie auch als meisterlicher Vertreter rhetorischer und poetischer Gestaltung gewürdigt. W i n n i c z u k (127) ist darum bemüht, Juvenal gegen seine Kritiker in Schutz zu nehmen: In eher apodiktischer Form werden den Satiren Aktualität, Relevanz, Wahrheitsliebe, Witz und didaktischer Impetus attestiert, ihren strukturellen Defiziten strategische Qualität zuerkannt ("evoca un' impressione più forte": 193) und der Satiriker selbst – allzu blauäugig – zum Vorkämpfer aller Armen und Unterdrückten (auch Sklaven) erhoben. E b e n e r s (128) Kurzfassung eines populärwissenschaftlichen Vortrags skizziert Leben und Werk Juvenals, um hieran einige Textproben zur Zeitkritik, aber auch zur epochenübergreifenden Lebensweisheit des Satirikers anzuschließen. In äußerster Kürze charakterisiert H u t c h i n s o n (130) Juvenals Werk mit Hinweis auf sat.1, 3 und 10 als "play between literature and reality, between high and low" (21). Das Juvenalporträt von S e g u r a R a m o s (131) sucht das Bild vom verbitterten Klienten und moralischen Eiferer zu korrigieren, indem es stattdessen geistige Freiheit, lyrische Empfindsamkeit und überragenden Witz des Satirikers in den Vordergrund stellt. Aufgrund seiner apologetischen Tendenz (die xenophoben Ausfälle in sat.3 hat nur die persona des Umbricius zu verantworten, seine eher sympathischen Äußerungen [vgl. v.41–48] sollen dagegen Juvenals Charakter widerspiegeln) wie seiner nachgerade hymnischen Züge (Juvenal als einziger römischer Humorist; sat.16 als Neuschöpfung von surrealistisch-kafkaeskem Format) ist die Aussagekraft des Beitrags eher gering anzusetzen. Das in einer weiteren Arbeit von S. R. (132) entworfene Panorama 128
Signifikant etwa die unterschiedliche Behandlung der cena-Thematik in sat.5 und 11. Man muß bedauern, daß C. im Rahmen des 'Storia della civiltà letteraria greca e latina' betitelten Handbuchprojektes kein abschließender Ausblick auf die Forschung möglich war: Daß er sich nicht zu der von Anderson ins Spiel gebrachten Vorstellung eines 'untrustworthy satirist' bekennt, geht indes aus der Darstellung mit genügender Deutlichkeit hervor. 130 F.A., Antologia della poesia latina, II,2, Napoli 1963. 129
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umfaßt – spanisch zitierte – Textproben für Juvenals Humor und die von ihm behandelten Themenschwerpunkte Macht/Adel, Sex und Habgier. Ferner werden die lockere Komposition ("puzzle de epigramas": 207), der Illustriertenstil(!), der rhetorische Charakter, der "humor total y absoluto" (208) und die auf das Spiel der persona beschränkte indignatio dafür in Anspruch genommen, Juvenals Selbstverständnis auf das des Unterhaltungskünstlers und hochmodernen Humanisten festlegen zu können. Auf denkbare Gegenpositionen und die Forschungsdiskussion verschwendet die in den Ansichten des Vf. gefangene Arbeit keine Gedanken. K i m b a l l (133) schließlich liefert wieder eine Kurzdarstellung von Leben, Werk und Nachwirken Juvenals; das Hauptaugenmerk gilt dabei seinem Vorgehen (bes. indignatio) und den damit verbundenen Absichten: "Juvenal aims primarily at the catharsis of exposure, only incidentally at justice and reform" (4). VI. Biographie und Werkdatierung 1. Biographie 134. E. F l o r e s , Origini e ceto di Giovenale e loro riflessi nella problematica sociale delle satire, AFLN 10, 1962–1963, 51–80 = d e r s ., Letteratura latina e società (quattro ricerche), Napoli 1973, 43–76. 135. G. B r u g n o l i , Vita Iuvenalis, StudUrb 37, 1963, 5–14. 136. S. M o n t i , I problemi dell' iscrizione "Giovenaliana" di Aquino (CIL X1 5382), RAAN 40, 1965, 79–110. 137. J. G é r a r d , Juvénal et les associations d'artistes grecs à Rome, REL 48, 1970, 309–331. 138. E. C i z e k , Juvénal et certains problèmes de son temps: les deux exils du poète et leurs conséquences, Hermes 105, 1977, 80–101. 139. R. S y m e , The patria of Juvenal, CPh 74, 1979, 1–15 = d e r s ., Roman papers, Bd. 3, Oxford 1984, 1120–1134. 2. Werkdatierung 140. A. M i c h e l , La date des Satires: Juvénal, Héliodore et le tribun d'Arménie, REL 41, 1963, 315–327. 141. E. P a s o l i , L'epigramma 12,18 di Marziale e la cronologia dell'attività poetica di Giovenale, in: L. B a r b e s i (Hg.), Scritti in onore di C. Vassalini, Verona 1974, 345–355 = d e r s ., Tre poeti latini (111), 183–194. 142. R. A s t b u r y , The date of Juvenal's thirteenth satire, AJPh 98, 1977, 392–395.
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143. R. S y m e , Juvenal, Pliny, Tacitus, AJPh 100, 1979, 250–278 = d e r s ., Roman papers, Bd. 3, Oxford 1984, 1135–1157. 144. F. B u b e l , Juvenal I 112–116: ein neuer Terminus post quem? RhM 136, 1993, 95. Vgl. auch G é r a r d (182). 1. Biographie Die Grunddaten zu Juvenals Biographie, wie sie C o f f e y , Lustrum 8, 1963, 165–170 durchmustert, behalten ihre Gültigkeit; auch am Umfang des hierfür heranzuziehenden Quellenmaterials hat sich trotz einschlägiger Versuche, 15,44 ff. eine diesbezügliche Aussagekraft abzusprechen oder 7,124 f. neu als autobiographisches Testimonium zu gewinnen (vgl. zu den genannten Stellen), nichts geändert. Daß Juvenal mit Selbstaussagen mehr als sparsam umgeht, wird man im übrigen auf die spezifischen Voraussetzungen der indignatio-Satire zurückführen dürfen: Während sich der Satiriker dort darauf beschränkt, als anonymes Sprachrohr dem Ingrimm aller Anständigen bzw. Benachteiligten eine Stimme zu geben, kann er in den eher argumentativ gestalteten und mit positiven Beispielen aufwartenden Gedichten seiner späteren Schaffensperiode auch dem eigenen Ich klarere Konturen verleihen. F l o r e s (134) setzt sich das Ziel, konstante Grundaussagen der Juvenalsatiren an die Vita ihres Verfassers rückzubinden und dabei doch – anders als die antiken Biographen oder noch G. Highet – dem Vorwurf spekulativer Überzeichnung zu entgehen. F. zufolge gehört Juvenal zur wirtschaftlich wie sozial zunehmend ins Hintertreffen geratenden Mittelschicht der zum Klientendasein verurteilten ingenui131; seine finanziellen Verhältnisse müssen als eng, ja drükkend angesehen werden.132 Aus diesen Voraussetzungen erklärt sich Juvenals persönliche Verbitterung über die Zustände (indignatio!), sein Mitleid mit den Verlierern, besonders mit den notleidenden Dichtern, sein durch materiellen Neid bedingter, vordergründig jedoch moralisch und rassisch begründeter Haß auf alle Orientalen und schließlich auch sein wertkonservatives, dem ebenso anspruchslosen wie sittenstrengen Dasein der Altvorderen verpflichtetes
131 Bittere Tiraden gegen liberti (etwa 1,102–109) und Ritter (3,153–159 gegen die Konsequenzen der lex Roscia) widerraten die Annahme, Juvenal habe einem dieser Stände angehört; anderslautende Nachrichten der antiken Viten (vgl. Vita Nr. IV Dürr = V.VI Jahn: cum ... ad dignitatem equestris ordinis pervenire sua virtute meruisset) könnten bestenfalls auf ein Mißverständnis (Juvenal als eques municipalis?) zurückgehen. 132 Aus 3,318–321 soll zwar Herkunft aus Aquinum, nicht aber notwendigerweise dort zu lokalisierender Landbesitz erschlossen werden, weitere Zeugnisse für Haus- oder Grundeigentum (11,171; 190; 12,87 f. in Rom, 11,65 f. in Tibur) bei näherem Zusehen in andere Richtung weisen, 3,232–238 eher für Logis in einer Mietskaserne sprechen.
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Denken, welches Gestalten von einfacher Herkunft wie Marius, die Decier oder Servius Tullius zu würdigen weiß (8,245–260), dabei aber gerade eine aristokratisch-senatorische Sicht auf die römische Geschichte verinnerlicht.133 In zwei Anhängen sucht sich F. von Zeugnissen zu befreien, die das von ihm entworfene Bild auf den ersten Blick zu falsifizieren scheinen: Die Aquinum-Inschrift (CIL X 5382) wird – ungeachtet fehlender Voraussetzungen – kurzerhand für C. Iulius Iuvenalis (cos.81) in Anspruch genommen134, 6,57 agello cedo paterno alternativ als sprichwörtliche Redensart (etwa: 'dann mache ich meinen Laden dicht!') oder als Äquivalent zu a. accedo p. ("accedo all'opinione comune, alla fama (...) che viva castamente nel campicello paterno": 8084) verstanden, auf jeden Fall aber einer biographischen Ausdeutung entzogen.135 Dem auf Juvenal gemünzten Martialepigramm 12,18 tut F. erstaunlicherweise nur beiläufig Erwähnung: Ohne Rückgriff auf dieses mündet der Gedanke jedoch in einen Zirkelschluß, wonach die Lebensumstände des Autors zuerst aus den Satiren erschlossen und dann ihrerseits zur Erklärung ebendieser Satiren herangezogen werden. S y m e (139) durchmustert die verschiedenen Indizien, welche auf Juvenals patria führen könnten. Aus 3,319 tuo ... Aquino und der Inschrift von Aquinum (die sich nicht unbedingt auf unseren Autor bezieht!) ist zwar ein Familiengut in Latium, nicht jedoch notwendigerweise Herkunft von dort zu belegen; auch die Bestandteile von Juvenals Namen, die Erwähnung weiterer Örtlichkeiten oder die Verwendung nichtlateinischer Wörter liefern hier keine sicheren Erkenntnisse: Wegen 7,148 f. und 10,193 ff. erwägt S. allerdings afrikanische Abstammung. Was die biographische Auswertung von 15,44 ff. angeht, braucht ein Ägyptenaufenthalt des Dichters nicht a priori ausgeschlossen zu werden; da Juvenal diesen zeitlich nicht mit dem kannibalistischen Geschehen von 127 in Verbindung bringt136, kann er das Land auch als junger Militärtribun kennengelernt haben. Sucht man sich der faktischen Grundlagen von Juvenals Biographie zu vergewissern, muß man mit B r u g n o l i (135) darauf verweisen, daß aus dem großen Kreis erhaltener Juvenalviten auch die einzige, der man "einen kleinen
133
Zur Begründung von Juvenals nostalgischem Weltbild mag man im übrigen mit F. auf seine ländlichen Wurzeln verweisen; für das mit E. L e p o r e postulierte "sentimento filoprovinciale, che è in sé nettamente filoccidentale" (67 f. zitiert nach E.L., Un sintomo di coscienza occidentale all' "apogeo dell' Impero", Riv. Stor. It. 60, 1948, 193–203, hier: 196) fehlen indes substantielle Indizien. 134 Nach Monti (136) scheint der – seit langem verlorene – Stein ...]nius Iuvenalis gelesen zu haben. 135 Erwägenswert hier vielleicht doch eher die von H. Heubner (613) vorgetragene Erklärung (vgl. z.St.). 136 Dies wird in den antiken Viten regelmäßig mißverstanden und mit der angeblichen Verbannung des Satirikers zu einem abenteuerlichen Konstrukt verwoben.
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Kern alter Überlieferung"137 zuzusprechen geneigt ist (Nr. Ia Dürr = I Jahn), fast durchgehend auf gewagte Ausdeutung des (kommentierten) Satirentextes selbst und/oder auf "elaborazione topica" (8) zurückgehen dürfte. Damit wird jedoch das letztlich aporetische Dilemma im Umgang mit antiken Dichterviten deutlich: Biographisches Detail kann aus dem literarischen Werk extrapoliert, aber natürlich auch in diesem gespiegelt sein; und das Abspulen des immer gleichen Fragenkatalogs bestimmt das Genre unabhängig von der Authentizität des zur Verwendung kommenden Materials. Gerade die Juvenalviten müssen indes auch als Ausgangspunkt eher luftiger Hypothesen herhalten: G é r a r d (137) sucht ihre Kernaussage über die der Sottise von 7,88–92 zu verdankende Verbannung des Satirikers aller – primär chronologischen – Schwachpunkte zu entkleiden: Demzufolge hätte die Verspartie, erst im Rahmen einer sekundären Aktualisierung in den Text gelangt, auf Hadrians Günstling und archiereus T. Aelius Alcibiades abgezielt und solchermaßen den Zorn des Kaisers auf sich gezogen. Dies bleibt jedoch reine Spekulation, zumal gerade Hadrian als fast einziger der zeitgenössischen Herrscher von keiner der Viten mit Juvenals Exilierung in Verbindung gebracht wird. Auch C i z e k (138) glaubt, durch Auswertung der verschiedenen Juvenalviten verläßliche Aussagen über Leben und Weltbild unseres Satirikers gewinnen zu können. 1. Aus ihren hoffnungslos widersprüchlichen Nachrichten über Juvenals Exil will er für den Viten-Archetypus gleich zwei – mehrere Jahrzehnte auseinanderliegende – Verbannungen erschließen: Das erstemal sei der nach CIL X 5382 dem Munizipaladel angehörende und zur Ritterkarriere berufene junge Mann durch eine von Domitian verfügte Exilierung um Vermögen und Zukunft gebracht worden138; und als sich der verbitterte Greis durch seine Ausfälle gegen die Privilegien des Militärs (sat.16) auch Hadrian zum Feind gemacht hatte, habe ihn dieser in einem Anflug schwarzen Humors sub specie honoris nach Ägypten verwiesen.139 137
566.
M. Schanz – C. Hosius, Geschichte der römischen Literatur, Bd. 24, München 1935,
138
Anlaß könnte – so C. – Juvenals Verbindung zu stoischen Kreisen (erschlossen aus McKays unseligen Spekulationen zu 1,80; vgl. dort mit Anm. 451) geboten haben. Ansonsten komme als Urheber dieser Verbannung auch Trajan in Frage, habe der sich doch von Juvenal als Päderast bloßgestellt sehen müssen (dies aufgrund der nicht minder abwegigen Mutmaßungen von Michel [140] zu 2,163 ff.); indes: "Trajan n'a eu ni le temps ni l'envie de relever le défi et de faire punir sévèrement l'insolent poète" (97). 139 Ersten Unmut auf seiten des noch 7,1–21 gepriesenen Kaisers soll Juvenal schon mit seiner Philhellenismuskritik (III) und seinen Sticheleien gegen Antinous (für dessen Gleichsetzung mit dem Paris von 6,85 ff. [ein Frauenschwarm!] und 7,87–90 C. ebenfalls auf eine – diesmal mißverstandene – Äußerung von Michel [140] verweist) geweckt haben, der fragmentarische Zustand von sat.16 im übrigen auf kaiserliche Vergeltungsmaßnahmen zurückzuführen sein.
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2. Die solcherart eher postulierten als erwiesenen Eckdaten Ritterbürtigkeit und Verbitterung werden nunmehr als prägende Voraussetzungen von Juvenals Weltsicht benannt und durch sie die durchgehend greifbare Aversion gegen Emporkömmlinge und Angehörige des Senatsadels erklärt. Wo sich der Text im einzelnen gegen eine Erkenntnis sperrt, hilft die Kombinationsfreude des Interpreten nach; vgl. etwa: "[sc. Juvenal] reprochait ... à Trajan – qui ne l'avait pas secouru – une politique trop indulgente vis-à-vis du sénat" (99) und "En outre, il n'est pas impossible que les attaques dirigées contre les femmes ... dans la Satire VI ... servent la misogynie d'Hadrien, si gêné à ce moment-là par ses mauvais rapports avec les impératrices" (ebd.). Wie es indes denkbar sein sollte, daß sämtliche Viten – unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Folgen – die Version der Urvita entstellen und Juvenal in der gleichen Satire (VII) Hadrian als Mäzen preist und das perverse Mäzenatentum an seinem Hofe geißelt, behält der Vf. für sich. Auch wer an die Rekonstruierbarkeit von Juvenals Leben glaubt, wird die Arbeit im Vergleich zu Highet als Rückschritt einstufen. Auch der Stein von Aquinum selbst hat während des Berichtszeitraums noch einmal forscherliche Aufmerksamkeit erfahren: Unter Heranziehung der auf Autopsie beruhenden Erstpublikationen (Cesare Orlandi 1772, Pasquale Cayro 1795 und 1808) trägt M o n t i (136) die als gesichert oder doch zumindest wahrscheinlich einzustufenden Erkenntnisse über die Juvenalinschrift CIL X 5382 zusammen. 1. Zweifelsfrei belegt ist ihre Existenz. 2. Wo der Wortlaut von den Augenzeugen unterschiedlich wiedergegeben wird, kommt den Beobachtungen von Cayro (insbesondere nach dem Stand von 1808) die größere Glaubwürdigkeit zu. 3. Was den Text selber betrifft, ist vom ersten Wort der Inschrift (Z.1) nur C...RI, vom Gentilnamen des Dedikanten (Z.2) nur ...NIUS erkennbar gewesen; in Z.3 ist Mommsens CIL-Text COH.‹i›. wohl durch CO.ii.140, in Z.4 II.VIR.QVINQ durch II.QVINQ zu ersetzen. 4. Als Datierungskriterium liefert flamen divi Vespasiani (Z. 4 f.) ausschließlich einen terminus post (79/80), kann die Institution doch noch Jahrzehnte später bestanden haben; ob die Inschrift auf den Satiriker gleichen Namens zu beziehen ist, muß daher offenbleiben. 2. Werkdatierung Auch die zeitliche Fixierung von Juvenals dichterischem Werk kann sich zumindest im Falle der Programmsatire auf hinreichend gesicherte Eckdaten 140 Wenn M. die der Sache nach unverzichtbare Ordinalzahl in dem – als verlesen betrachteten – Buchstaben H erkennen will, trägt er der Tatsache Rechnung, daß keiner der Augenzeugen das für Mommsens Deutung benötigte Spatium registriert.
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(v.49 f. den Prozeß des Marius Priscus; v.128 f. die noch nicht erfolgte Einweihung des Trajansforums)141 stützen. Noch näher läßt sich diese Zeitspanne eingrenzen, wenn man mit B u b e l (144) die 1,115 f. genannten Gottheiten auf die Trajanische Münzprägung bezieht: Concordia, Pax und Victoria sind dort seit 98/99, Fides und Virtus jedoch erst seit 103 belegt. Demgegenüber glaubt M i c h e l (140), Indizien vorlegen zu können, welche die abschließende Redaktion von Juvenals erstem Satirenbuch bald nach 117 (Thronbesteigung Hadrians) wahrscheinlich machen: 1. inhaltliche wie gedankliche Affinität zu den zeitnah erscheinenden Annalen des Tacitus. 2. Stoßrichtung einzelner Satiren. Mit der fremdenfeindlichen Suada von sat.3 werde Hadrians Philhellenismus gegeißelt, in der Adelskritik von sat.8 umgekehrt dessen ritterfreundliche Politik gutgeheißen. 3. Einzelstellen. Mit dem philosophierenden Denunzianten von 1,33 ziele Juvenal auf Hadrians Jugendfreund Heliodor, mit den philosophierenden Heuchlern von 2,1–21 auf die Philosophenfreunde des Kaisers und mit dem perversen Militärtribun von 2,163 ff. zumindest mittelbar auf Trajan und dessen Armenienzug. Schließlich soll noch die siebte Satire in die Zeit von etwa 130 führen: Unter Hadrians jungen Favoriten – so M. – müsse ein Schauspieler, durch 7,88 ff. (Ausfall gegen Domitians Lieblingsschauspieler Paris) empfindlich getroffen, die von den Viten bezeugte Verbannung des greisen Satirikers veranlaßt haben. Nichts davon hält kritischer Überprüfung stand. In die gleiche Richtung weist auch S y m e (143), der zwar zu Recht klarstellt, daß die bekannten termini post (100: Prozeß des Marius Priscus – vgl. 1,49 f.; 115: Erdbeben und Komet – vgl. 6,407–411) nicht notwendigerweise als termini paulo post verstanden werden dürfen142, dann aber auf eher spekulative Überlegungen zur Datierung verfällt: Da letztlich keines der Gedichte erweisbar vor 115/7 publiziert worden sei und der Satiriker Vertrautheit mit dem Text von Tac. hist. (wegen 2,102 f.)143 und ann. (diese eher vermutungsweise auf 114–120 datiert) verrate144, soll sich die Spanne von 117 bis etwa 132 als 141 An der genannten Stelle ist noch das Augustusforum als Zentrum der Juristenaktivität vorausgesetzt (M o n t i [77], 33). 142 Auf den Priscus-Prozeß kommt Juvenal Jahre später neuerlich zurück (8,120); und durch Plin. epist.2,11 und 12 hatte das Ereignis schon zuvor Eingang in die literarische Erinnerung der Epoche gefunden. 143 Vgl. jedoch das z.St. Gesagte. 144 Wenn S. sowohl für die Sejangeschichte (10,82 f.; 90 ff.) wie auch den Untergang Messallinas (10,331 f.; 334 f.), "the abundance of Neronian material in Satire 8" (269; u.a. 8,92 ff. die Verurteilung des Cossutianus Capito) und den Astrologenspott 6,562 ff. jeweils Rekurs auf die Annalen postuliert, unterschätzt er jedoch die Kraft kollektiver Erinnerung; fraglich im übrigen auch seine Behauptung, 10,228 f. (Fütterung eines senex von fremder Hand) müsse auf Plin. epist.8,18,9 beruhen.
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mutmaßliche Entstehungszeit anbieten, die kühne Kombination von 13,16 f.145 und 15,27 überdies den Spätherbst 67 als Geburtsdatum des Satirikers ergeben. Umgekehrt plädiert P a s o l i (141) gerade für eine Frühdatierung, soll sich doch aus kritischen Anspielungen in Martials 101 publiziertem Juvenalepigramm 12,18 ein terminus ante für sat.1–3 folgern lassen: Bezüge sieht P. zwischen 1,26 ff. (Crispinus als schwitzender Parvenu) und Mart.12,18,4 f. (Juvenal seinerseits als schwitzender Klient), sat.2 (Polemik gegen Homosexuelle) und Mart. 12,18,22 f. (Juvenal selbst als praktizierender Kinäde und damit als Heuchler par excellence) sowie 3,5 bzw. 320 f. und 12,18,1 ff. (Martials Selbsteinschätzung als Umbricius alter)146. Die Berührungen sind jedoch eher schwach und gerade dort, wo sie die relative Chronologie erweisen sollen147, nachgerade nichtssagend: Sind doch die Vorgänge 'schwitzen' (sudatrix – sudantibus) und 'Luft zufächeln' (ventilare) in der Lebensrealität verankert, keineswegs a priori durch literarische imitatio aufeinander bezogen. Gibt es nach dem Gesagten keinerlei Anlaß, die traditionelle Datierung der Satiren insgesamt aufzugeben, ist im Falle von sat.13 doch eher Vorsicht angezeigt: Die früher vertretene Ansicht, bei Jahresangaben des Typs Tullio consule finde immer der in den Fasten an erster Stelle verzeichnete Amtsträger Erwähnung, wird durch A s t b u r y s (142) Gegenbeispiele widerlegt. Damit kommen für das 13,16 f. erwähnte Konsulat des Fonteius neben dem Jahr 67 (Fonteius Capito, L. Iulius Rufus) auch 59 (C. Vipstanus Apronianus, C. Fonteius Capito) oder gar 58 (C. Fonteius Agrippa cos. suff.) in Betracht; auch deshalb bietet sich für eine Feindatierung des Gedichtes hier also kein weiterer Anhaltspunkt (vgl. auch oben Anm. 145). VII. Intention und Weltbild Die Frage, ob Juvenals Satire ein ernstes Anliegen verfolge, worin dies gegebenenfalls bestehe und aus welchen Erfahrungen es sich speise, wird von der Forschung in der Regel nur beiläufig in den Blick genommen. Im folgenden sind ausschließlich die Arbeiten aufgeführt, die sich schwerpunktmäßig einer solchen Standortbestimmung widmen und Juvenal in dem breiten Spektrum 145 Dem ohnedies nicht exakt zu datierenden Konsulat des Fonteius (vgl. die nachstehend besprochene Arbeit von Astbury [142]) wird bei näherem Zusehen ohnedies nicht die Geburt des Autors, sondern die des Adressaten Calvinus zugeordnet. 146 Um diese Interpretation im Text des Epigramms zu verankern, muß P. dessen Schlußvers recht gewaltsam als illusionslos-resignierten Blick auf Martials neue Lebensverhältnisse deuten. 147 Laut P. hätte Juvenal die Formulierung von Mart. 12,8,4 f., falls ursprünglich auf ihn selbst gemünzt, kaum für den verhaßten Crispinus wiederverwenden, Martial jedoch ohne weiteres die Crispinus-Charakteristik polemisch auf den Satiriker übertragen können.
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zwischen seriöser Kritik von Moral und Gesellschaft einerseits und Selbstbeschränkung auf die Position des Rhetors und Humoristen andererseits einzuordnen suchen. 1. Generell 145. H.A. M a s o n , Is Juvenal a classic? An introductory essay, Arion 1.1, 1962, 8–44 & 1.2, 1962, 39–79 = in: J.P. S u l l i v a n (Hg.), Critical essays on Roman literature: Satire, London 1963, 93–176. 146. E.J. K e n n e y , Juvenal: satirist or rhetorician? Latomus 22, 1963, 704–720. 147. D. W i e s e n , Juvenal's moral character, an introduction, Latomus 22, 1963, 440–471. 148. L. C a n a l i , Giovenale, Roma 1967, 49 S. Rez.: J o l y , Latomus 27, 1968, 678–680. 149. R. M a r a c h e , Crime et épouvante dans les Satires de Juvénal, in: J. B i b a u w (Hg.), Hommages à M. Renard, Bd. 1, Bruxelles 1969, 587–594. 150. J. H e l l e g o u a r c ' h , Les idées politiques et l'appartenance sociale de Juvénal, in: Studi in onore di E. Volterra, Bd. 2, Milano 1971, 233–245 = d e r s ., Liberalitas. Scripta varia, Bruxelles 1998, 43–53. 151. J.C. S u l l i v a n , Themes and techniques in the Satires of Juvenal, Diss. Univ. of Toronto, Canada 1973, II & 243 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 35, 1974–1975, 1074A. 152. B.G. P e r e g r i n a , Algunas consideraciones sobre Juvenal, in: Roma en el siglo II, Barcelona 1975, 149–153. 153. L. M i o r i , Interpretazione di Giovenale, AARov 23, 1983, 163–181. 154. J. G é r a r d , Des droits et des devoirs du poète satirique à l'âge d'argent de la latinité, ICS 14, 1989, 265–284. 155. D.H.J. L a r m o u r , Juvenal, ideology and the critics: a plan for resisting readers, Pacific Coast Philology 26, 1991, 41–50. 156. N. S h u m a t e , Nation, empire, decline. Studies in rhetorical continuity from the Romans to the modern era, London 2006, 19–54/160–165 & 129– 158/173–176. 157. R. B o n d , The Augustan utopia of Horace and Vergil and the imperial dystopia of Petronius and Juvenal, Scholia (Durban) 19, 2010, 31–52. 2. Der frühe und der späte Juvenal 158. G. D e V i c o , Pensiero morale e religioso di Giovenale, Napoli 1961, 26 S.
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159. L. V a r c l , Die soziale Grundlage der Literatur bei den Satirikern des 2. Jahrhunderts u. Zr., in: Acta antiqua Philippopolitana. Studia historica et philologica, Sofia 1963, 305–312. 160. –, Verfassersverantwortlichkeit bei Juvenal und Lukian, in: L. V a r c l – R.F. W i l l e t t s (Hgg.), Γέρας. Studies presented to G. Thomson, Praha 1963, 225–234. 161. F. B e l l a n d i , Etica diatribica e protesta sociale nelle satire di Giovenale, Bologna 1980, VI & 115 S. Rez.: D i M a t t i a , Orpheus 1, 1980, 555–557; S q u i l l a n t e S a c c o n e , BStudLat 10, 1980, 254–255; B r a u n , Gnomon 53, 1981, 486–488; G u i l l é n , Helmantica 32, 1981, 270–271; M a r a c h e , Latomus 40, 1981, 635–636; S p a r t i , Maia 33, 1981, 80–81; S t e n u i t , LEC 49, 1981, 175–176; B r a u n d , CR 32, 1982, 169–170; D i S a l v o , Athenaeum 66, 1982, 609– 610; F e l i c i , Salesianum 44, 1982, 545–546; M a r a s t o n i , Aevum 56, 1982, 123–124; R o m a n o , RFIC 110, 1982, 248; K n e c h t , AC 52, 1983, 380– 381; P i c ó n , Emerita 52, 1984, 376–377. 162. B. F r u e l u n d J e n s e n , Crime, vice and retribution in Juvenal's satires, C&M 33, 1981–1982, 155–168. 163. P. E l w i t s c h g e r , Das Spätwerk Juvenals, Diss. Wien 1992 (masch.), 222 S. 164. E. C a b a l l e r o d e d e l S a s t r e , Ferrea aetas et indignatio en Juvenal, AFC 13, 1995, 30–39. Vgl. auch B e a u j e u (168) und B e l l a n d i (706); zur künstlerischen Entwicklung des Satirikers vgl. auch die zu den Kapiteln X. ('Literarischer Standort') und XV. ('Die persona-Theorie') genannte Literatur. 3. Voraussetzungen 165. H. M u s u r i l l o , Juvenal: the critic with a smirk, in: d e r s ., Symbol and myth in ancient poetry, New York 1961, 165–178. 166. V. A l f a n o , Elementi storici nelle satire di Giovenale, Napoli 1963, 22 S. 167. J. G é r a r d , Présence de l'histoire dans les Satires de Juvénal, IL 16, 1964, 103–109 & 154–159. 168. J. B e a u j e u , La religion de Juvénal, in: Mélanges d'archéologie, d'épigraphie et d'histoire offerts à J. Carcopino, Paris 1966, 71–81. 169. H. W e i s s , The pagani among the contemporaries of the first christians, JBL 86, 1967, 42–52. 170. F. C o r s a r o , Giovenale e il cristianesimo, Orpheus 21, 1974, 3–23.
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171. S.C. F r e d e r i c k s , Irony of overstatement in the satires of Juvenal, ICS 4, 1979, 178–191. 172. V. P a s c u c c i , Juvenal's use of the past to satirize the present, Diss. Brown University, Providence (R.I.) 1979, IV & 315 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 40, 1979–1980, 5851A. *173. M.L. B r a c c i a l i M a g n i n i , Il "numen" di Fortuna. Osservazioni sulla presenza dell' imponderabile nelle Satire di Giovenale, Pistoia 1990, 53 S. *174. M. P a r z i a l e , Religiosidade e irreverência nas Sátiras de Juvenal, in: Z. d e A l m e i d a C a r d o s o (Hg.), Mito, religião e sociedade. Atas do II congresso nacional de estudos clássicos, São Paulo 1991, 270–281. 175. A. R i c h l i n , Juvenal and Priapus, in: The garden of Priapus. Sexuality and aggression in Roman humor, revised edition, Oxford 1992, 195–209 = ("revised, updated, and slightly augmented")148 in: Persius and Juvenal (115), 305–326. 176. J. H e l l e g o u a r c ' h , Juvénal et le stoïcisme, in: M. S o e t a r d (Hg.), Valeurs dans le stoïcisme. Du Portique à nos jours, Textes rassemblés en hommage à M. Spanneut, Lille 1993, 31–42 = d e r s ., Liberalitas. Scripta varia, Bruxelles 1998, 701–711. 177. E. R o d r í g u e z A l m e i d a , Martial – Juvénal: entre castigatio per risum et censura morum, in: M. T r é d é – P. H o f f m a n n (Hgg.), Le rire des anciens. Actes du colloque international, Paris 1998, 123–141. 178. Stoici romani minori. Testi greci e latini a fronte, introduzione di R. R a d i c e , saggi introduttivi, traduzione, note e apparati di I. R a m e l l i , Milano 2008, XLIX & 2632 S. Vgl. auch G é r a r d (182) und M i l l e r (552). 1. Generell In einem fortwährend mit dem Amateurstatus seines Vf. kokettierenden Essay formuliert M a s o n (145) die dem herkömmlichen Bild vom seriösen Moralisten Juvenal diametral zuwiderlaufende Ansicht, der Satiriker sei ausschließlich als Vertreter gehobener Unterhaltungsliteratur zu sehen: Mit einzelnen Stellen aus den Satiren 3, 6 und 9 will der Vf. belegen, daß unser Autor, geleitet von unbändiger Lust an seinen Gegenständen und ohne moralischen oder sozialen Standpunkt resp. Anliegen auf prickelnden Lektürestoff abzielt und sich dabei – zwecks Profilierung gegenüber Martial – des alternativen Mediums rhetorischer Deklamation bedient; unrealistische Übertreibungen und thematische 148 Das Zitat nach dem Vorwort der – auch zur Besprechung herangezogenen – Neufassung, 305*.
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Inkonsistenzen sind um ihrer witzigen Wirkung willen beabsichtigt bzw. in Kauf genommen, facit indignatio versum (1,79) mit Augenzwinkern als PseudoProgramm vorgeschoben.149 Im einzelnen muß sich M. vorhalten lassen, sein Juvenalbild auf selektiver Textauswahl aufzubauen150; auch daß thematische Übereinstimmungen mit anderen Autoren nicht unbedingt auf topische Versatzstücke, sondern auf die Konstanz der Lebensverhältnisse verweisen könnten, Witz und Hyperbole überdies gerade bei traditioneller Ausrichtung der Satire eine wesentliche Aufgabe wahrnehmen, ist ihm keine Überlegung wert gewesen. Entsprechend ist auch die inhaltlich letzter Homogenität entbehrende Dissertation von S u l l i v a n (151)151 um den Nachweis bemüht, daß Juvenal beim wiederholten Rückgriff auf allgemein poetische oder speziell satirische Standardthemen keinen festen Standpunkt einnimmt, sondern die momentane Wirkung im Auge hat, mithin nicht als Moralist, sondern als Künstler verstanden werden will: "As a result the expression is often more important than the message" (5). Im einzelnen behandelt sie: 1. Juvenals Aussagen zur mythologischen Dichtung der Zeit (1,1–18), welche Realitätsanspruch und Betroffenheitsgestus seiner Satire dokumentieren sollen. 2. seine Haltung zu den römischen Göttern. Um diese als "extremely fluid" (40) bezeichnen zu können, vermischt S. jedoch fortwährend religiös-sakrale und mythologisch-literarische Sphäre: 2,126–132 (verzweifelter Anruf des pater urbis) und 16,4 f. (Mars als Schwerenöter) hätten nicht im gleichen Atemzug genannt werden dürfen. 3. die Helden des Mythos. Die Behauptung, Juvenal habe die Person des Hercules konstant als Verkörperung des altrömischen Männlichkeitsideals inszeniert, das Bild des Ulysses jedoch systematisch eingetrübt, spiegelt die Voreingenommenheit der Interpretin, nicht jedoch den objektiven Befund (zu Hercules vgl. 5,125, zu Ulysses 9,64 f.; 10,257; 15,13–16). 4. die pueri delicati. Auch hier treibt S. die gleiche Schwarzweißmalerei: Hyacinth, als Beispiel knabenhafter Schönheit genannt (6,110), ist "whitewashed" (74); denn: "Juvenal appears to have overlooked the homosexual overtones" 149
Letzten Endes wird hier das seit dem 19. Jh. durch die Literatur geisternde Zerrbild vom phrasendreschenden Rhetor Juvenal (bes. scharf: D. N i s a r d , Études (de mœurs et de critique) sur les poètes latins de la décadence, Bruxelles 1834, Bd. 2, 99–174 passim) mit den Intentionen des Dichters ausgesöhnt und solchermaßen ins Positive gewendet. 150 So wird 14,47 f., paraphrasiert durch "The greatest reverence is owed to youth – if you are getting ready to do something foul" (106), als Beispiel eines "deflating context given to the moral statement" (ebd.) zitiert, der klärende Folgevers peccaturo obstet tibi filius infans jedoch kurzerhand übergangen. 151 Um der Vf.in kein Unrecht zu tun, sei angemerkt, daß weite Teile ihrer Dissertation, darunter gerade auch die 'conclusion', auf dem vom Berichterstatter eingesehenen Mikrofilm schlechterdings nicht zu entziffern waren.
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(74 f.); Ganymed hingegen sieht die Phantasie der Interpretin durch 5,56–62 (der Name dort als Appellativum!) heillos kompromittiert: "Virro's service does not end with the meal" (77). 5. das saeculum aureum. Auch dieses Motiv soll Juvenal in seiner Version (6,1–13; 13,38–59) entstellt und damit als Ideal unterlaufen haben. In Wirklichkeit ist es dem Satiriker zu Beginn der Weibersatire jedoch nicht um humorige Entzauberung eines Ideals, sondern um Benennung einer bitteren Wahrheit zu tun: Nur unter den erbärmlichen Bedingungen des Neandertalerdaseins konnte sich weibliche pudicitia am Leben halten! 6. die national-patriotische Tradition. Juvenals Vorstellung von Altrom – so S. – sei "either too laughable to be imitated or too good to be true" (150). Auch hier hätten der nähere Vergleich mit weiteren Texten zum Thema wie auch die Relativierung des eigenen hermeneutischen Horizontes leicht zu anderen Ergebnissen führen können. Weit interessanter lesen sich die beiden abschließenden Kapitel über die formale Seite von Juvenals Weltsicht: Seine Vorliebe für die Technik zynischer Depersonalisierung (vgl. 3,35 notaeque per oppida buccae; 5,158 plorante gula; 10,238 artificis ... oris), das Adjektiv dignus, vorzugsweise ironisch gebraucht, als Beleg für des Satirikers "obsession with the concept of 'fittingness'" (233) und schließlich assiduus, -e als Ausdrucksmittel hyperbolischer Verallgemeinerung verdienen größere Beachtung, als ihnen im Rahmen des vorliegenden Mixtum compositum zuteil wurden. Der Widerspruch gegen diese – letztlich doch – verflachende Deutung ist nicht ausgeblieben: Schon 1963 vertritt W i e s e n (147) wieder mit Nachdruck den Standpunkt, Juvenal habe nicht als Künstler/Rhetor/Humorist, sondern als Morallehrer wirken wollen; seine Verteidigung erfolgt dabei auf zwei Ebenen: 1. mit Blick auf die Juvenalrezeption. Bis zum Beginn des 19. Jh. wird der Satiriker nahezu ausschließlich als wertvoller scriptor ethicus wahrgenommen152, seine kynisch-stoisch ausgerichtete Moral auch unter christlichem Vorzeichen problemlos akzeptiert. Die Gegenbewegung, die Juvenal auf den heuchelnden Deklamator reduziert, kann sich erst mit Einsatz der Romantik und ihrer Ablehnung der Rhetorik als Kunst der Verstellung durchsetzen; als Auslöser haben letztlich die antiken Viten mit ihrer Feststellung ad mediam fere aetatem declamavit zu gelten. 2. durch Überprüfung aller Textstellen, die den Charakter des Menschen Juvenal beleuchten könnten. Die auf unseren Satiriker bezogenen Martialgedichte (7,24 & 91; 12,18) weisen zwar obszöne Züge auf, sind jedoch nicht geeignet, Juvenal selbst in dieser Hinsicht zu kompromittieren153; der Umgang 152
Eine bezeichnende Ausnahme bildet hier Martin Luther: vgl. WA.TR 4, 4012. Daß man Juvenal allein schon aus seinem (freundschaftlichen?) Umgang mit Martial einen Strick zu drehen versuchte, spricht letztlich für die Schwäche der 'Heuchler'-These. 153
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des Dichters mit seinen Freunden (sat.11: Persicus; 12: Catullus) zeugt von Wärme des Gefühls, und jede Unaufrichtigkeit ist ihm ein Greuel (vgl. Stellen wie 2,2 f.; 9 f.; 24–28; 3,41 f.; 100–106; zur eigenen Ehrlichkeit 11,56–59; mittelbar 4,106): "Juvenal wants us to believe that his purpose in writing satire is moral and that his conduct of his own life entitles him to assume the role of ethical teacher" (471).154 In gewisser Weise um Vermittlung bemüht, kritisiert K e n n e y (146) die Schablonenhaftigkeit moderner Juvenalkritik, die dem Autor entweder als Satiriker oder als Rhetor beizukommen sucht. Als Kind seiner Zeit wie auch als langjährig praktizierender Deklamator verfügt Juvenal selbstredend über die sprachlich-stilistischen Mittel, um seinen Ausführungen zu größtmöglicher Wirkung zu verhelfen; doch werden diese Mittel deshalb nicht selber zum Zweck, der die Aussage in den Hintergrund treten ließe. Bestimmt wird diese vielmehr vom Anliegen des Satirikers, der weder als hochherziger Reformer noch als objektiver Chronist auftreten, sondern seinen – beschränkter Weltsicht entspringenden – Unmut über die Verhältnisse herausschreien will: Unter seiner Feder wird Satire zum Medium einer "communication of emotion" (718). Die den Inhalt wie die Sprache der Juvenalsatiren prägenden Antinomien sucht C a n a l i (148) als Ausdruck existentieller Verzweiflung zu deuten:155 Von Herkunft, Bildung und Naturell ein Traditionalist, dessen Weltanschauung auf einer nationalrömisch-bürgerlich-munizipal ausgerichteten Werteordnung beruht, muß sich der Satiriker angesichts einer rasanten Umgestaltung der politischen, wirtschaftlichen wie sozialen Rahmenbedingungen in der eigenen Zeit als Fremdling fühlen. Wenn er sich zum Anwalt der Unterdrückten und Entrechteten erhebt, treibt ihn nicht die persönliche Verbitterung des zu kurz gekommenen Klienten, sondern die tiefe Verstörung des in seinem Weltbild verletzten Ehrenmannes; sein zur Exaltation neigender Stil läßt den Schmerz über die selbstempfundene Vergeblichkeit seines Dichtens verspüren.156 Der Tenor grenzenlosen Schreckens, welcher die Darstellung der von Juvenal berichteten Verbrechen durchzieht, läßt sich M a r a c h e (149) zufolge 154
Gegen den aufgrund von 6,33–37 erhobenen Vorwurf, Juvenal sei ungeachtet seiner Ausstellungen in sat.2 und 9 selber dem Laster der Homosexualität verfallen gewesen, hätte W.s ausführliche Verteidigung nicht not getan: Auch wenn die Passage nicht ironisch gemeint ist (vgl. die Nachbarschaft von v.30–33), gehört sie sachlich in einen völlig anderen Zusammenhang (vgl. auch S. 105 zum Thema Homosexualität und S. 288 zu 6,33–37). 155 Das Argumentationsprofil der Arbeit ist primär gegen Anderson (350) gerichtet, der diese Widersprüche auf das Konto literarischer Inszenierung bzw. der persona-Konzeption buchen möchte. 156 Zu den Rahmenbedingungen von Juvenals konservativer Weltsicht vgl. auch den instruktiven Überblick bei V i o n i (701), 259–267 ('La protesta di Giovenale: il moralismo come restaurazione').
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nicht aus dem routinierten Umgang der Rhetorenschule mit einschlägigen Motiven ableiten, sondern geht auf den nachhaltig traumatisierenden Einfluß persönlicher wie literarischer Erfahrungen zurück. Für H e l l e g o u a r c ' h (150) hat Juvenal weder politische noch soziale Reformen im Sinn: Sein Blickwinkel ist der des persönlich Betroffenen, und wie andere Angehörige munizipaler Familien (Cato Censorius, Cicero) steht er unter dem Einfluß einer durchweg konservativen Moral, der die Besinnung auf die gute alte Zeit als Lösung aller Probleme vorschwebt. Und auch für P e r e g r i n a (152) resultiert Juvenals indignatio – ungeachtet seiner von den antiken Viten berichteten Vergangenheit als Deklamator – aus der realen Verbitterung eines unverbesserlichen Nostalgikers. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern Horaz und Persius sieht sich Juvenal – so G é r a r d (154) – nicht in der Rolle des Moralerziehers; vielmehr will er seiner Pflicht als civis Romanus atque vir bonus nachkommen, der Wahrheit über individuelles Unrecht und gesellschaftlichen Verfall Gehör zu verschaffen: Entsprechend ist er fast durchgehend als scharfsichtiger Beobachter, kaum jedoch mit moralischer und psychologischer Ursachenforschung zu vernehmen; erst ab sat.8 bzw. 10 wechselt er zu einem Satirenkonzept, das Thema wie Durchführung von ethisch-philosophischen Reflexionen bestimmt sein läßt. Auch L a r m o u r (155) will den ideologischen Standort unseres Satirikers klarer kennzeichnen. Wenn er dabei einleitend gegen die Beanspruchung Juvenals als Künder überzeitlicher Wahrheiten polemisiert, rennt er allerdings offene Türen ein: "The Satires aim to communicate a message to an implied reader, who shares the ideological structures which govern the text" (41) dürfte kaum noch ernstlich in Frage gestellt werden. Zwar geriere sich Juvenal als Wortführer aller Opfer des gesellschaftlichen Wandels, die für den eigenen Abstieg eine Zersetzung der alten, römisch, aristokratisch und patriarchalisch geprägten Ordnung durch Ausländer, Emporkömmlinge und Abartige verantwortlich machten; sein reaktionäres Weltbild zeuge jedoch von nichts anderem als Intoleranz und "authoritarian desire to dictate human behaviour" (46). Um das Satirencorpus dennoch für den modernen Leser zu retten, hätte es indes keiner Gebrauchsanweisung für den "resisting reader" (47) – wie im übrigen auch keines persona-Modells – bedurft: Der Grundsatz "we must come to Juvenal on his own terms" (F e r g u s o n [78], 127) kommt ohne Abmilderung 'ad usum delphini' aus. S h u m a t e (156) widmet zwei Kapitel ihres Buches (19–54: 'Them and us: constructing Romanness in the Satires of Juvenal'; 129–158: ' 'Crazy Egypt' and colonial discourse in Juvenal's fifteenth satire')157 den im Juvenaltext zu belegenden Strategien bürgerlicher bzw. nationaler Selbstvergewisserung: Wenn der Satiriker in sat.1, 2, 3 und 6 als Sprachrohr der schweigenden Mehrheit 157
Die zugehörigen Anmerkungen finden sich 160–165 bzw. 173–176.
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gegen "woman/barbarian/slave/cinaedus" (20) polemisiert158 und damit nicht zuletzt seinen Anti-Urbanismus bekennt, legt er damit Denkmuster an den Tag, wie sie noch den dumpfen Nationalismus/Chauvinismus der Neuzeit bestimmen. Und wenn er den Ägyptern in sat.15 – ungeachtet des logischen Widerspruchs – die Zugehörigkeit zur griechisch-römischen Zivilisation ebenso abspricht wie die instinkthafte Natürlichkeit des unverdorbenen Wilden, so nimmt er damit in verblüffender Weise Argumentationsschemata des modernen Kolonialismus vorweg. Lassen die Juvenalsatiren jedoch solcherart "established strategies of enemy construction" (144) erkennen, entfällt der objektive Anlaß, ihre Weltsicht durch Annahme eines – dem Leser zu Spott und Amusement preisgegebenen – 'untrustworthy satirist' zu relativieren.159 Eine Reduktion von Juvenals Weltsicht, wie sie dagegen B o n d (157) ins Auge faßt ("The immorality of Roman society is put down to the perversion at all levels of society of that patria potestas which precisely should have underpinned received morality at all levels of society, and the betrayal of the obligations which were part and parcel of that patria potestas": 51), vermag wohl ebensowenig einen hermeneutischen Mehrwert zu generieren wie die holzschnittartige Gegenüberstellung von Horaz/Vergil ('Augustan utopia') und Petron/Juvenal ('imperial dystopia'). Als eher wunderlicher Beitrag zur Frage nach Juvenals Standort seien abschließend noch die Überlegungen von M i o r i (153) genannt:160 1. Worin sieht Juvenal die Ursache der von ihm beklagten Dekadenz? "Chi legga attentamente le Satire vede che per lui le cause fondamentali sono due: la potenza del destino e l'indifferenza degli dèi" (164). 2. Wo liegen die Wurzeln seines Pessimismus? "Nach Ansicht des Verfassers liegt der Hauptgrund ... in seinem äusserst trüben Charakter." 3. Sind seine Satiren von persönlicher Verbitterung oder doch von einem moralischen Impetus getragen? "Er hat ein hohes, wenn auch nicht originelles, moralisches Ideal." 4. Schreibt er als Deklamator oder als Poet von Rang? "Hauptsächlich ist er ein Rhetor, vermag sich aber nicht selten zur wahren Poesie emporzuheben." Eine italienische Übersetzung der Satiren 4 und 15 schließt die merkwürdige Arbeit ab. 158 Höchst bemerkenswert die Tatsache, daß sich diese angefeindeten und ausgegrenzten Zielgruppen in ihrem Erscheinungsbild unverkennbar einander annähern: "Thus, women are, in several senses, sex and gender deviants, as well as xenophiles and class traitors; male sex and gender deviants are 'female', as well as xenophiles and class traitors; and foreigners are also 'female', as well as sex and gender deviants and class transgressors" (27). 159 Die letztgenannte Konsequenz ist von S. selbst nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit gezogen worden. 160 Soweit nicht anderweitig angezeigt, sind die Antworten dem deutschen Schlußresümee des Beitrags (181) entnommen.
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2. Der frühe und der späte Juvenal D e V i c o (158) formuliert im ganzen eher essayistisch anmutende Impressionen zu den Grundlagen Juvenalischen Denkens: Während sich der Charakter der Satiren wandle und statt indignatio und Wiedergabe unmittelbarer Eindrücke allmählich – unter der Wirkung von Seneca philosophus? – Reflexion moralischer Themen und größere Abgeklärtheit Platz greife161, seien einzelne von Juvenals Aussagen – bedingt durch sein überschäumendes Temperament und seine Prägung durch eine Zeit des Umbruchs – weder im Sinne einer linearen Evolution noch eines widerspruchsfreien Systems zu fassen162; doch sollen immerhin das Streben nach einer besseren Gesellschaft, das Ideal des einfachen Lebens und die Verwurzelung in traditioneller römischer religio als Konstanten erkennbar sein. Am ausführlichsten widmet sich B e l l a n d i (161) den konzeptionellen Unterschieden zwischen frühen und späten Juvenalsatiren. Dabei sieht er einen tiefgreifenden Perspektivenwandel am Werk: Zu Beginn seines Schaffens habe sich der Satiriker von der anthropologisch ausgerichteten, aufklärerischidealisierenden Moraltheorie der römischen Diatribensatire gelöst, um sich stattdessen auf eine polemisch-emotionale Auseinandersetzung mit den realen gesellschaftlichen Mißständen Roms zu fixieren.163 Bezeichnend – so das von B. gewählte exemplum – Juvenals neuer Blick auf den Reichtum: Von der Ethik als ἀδιάφορον bewertet und eher noch mit Sorgen und Nöten in Verbindung gebracht, wird materieller Besitz dem wahren Glück der Selbstbescheidung traditionell nachgeordnet, avaritia entsprechend als unglückbringende Torheit eingestuft.164 Juvenal hingegen polemisiert gegen die obszöne Scham- und Ruchlosigkeit der Reichen, welche ihr verbrecherisch erworbenes Gut in aller Öffentlichkeit genießen (1,73–76), während der Arme, gedemütigt und ausgegrenzt, ein jämmerliches, durch keinerlei ethischen Trost gelindertes Dasein fristet; die Optik der Diatribe tritt daneben nur noch an ganz wenigen Stellen (4,5–10; 5,6–11; v.a. in der idealisierenden Sicht auf die römische Frühzeit) in Erscheinung. Erst die späteren Juvenalsatiren (ab sat.10) lassen eine Rückkehr des Dichters zur Diatribentradition erkennen: Gegen die indignatio (1,79 f.) der ersten drei Bücher wird nunmehr programmatisch auf das Lachen Demokrits (10,28 ff.) und die stoische ἀπάθεια abgehoben (10,357 ff.), Themenstellung
161 De V. sieht hier Analogien zu Horazens Entwicklung vom Satiriker zum Verfasser der epistulae. 162 Als Gegenbeispiel nennt De V. die aus 3,38 ff.; 6,605–609; 7,197 f. einerseits und 10,365 f. andererseits abgelesene Aufhellung von Juvenals Fortuna-Bild. 163 Horaz und Persius sind hier auf eine Stufe mit der Moralreflexion anderer literarischer Gattungen (z.B. Seneca) zu stellen; inwieweit Juvenals indignatio ihrerseits wieder durch Lucilius vorgeprägt ist, wird von B. nicht weiter untersucht. 164 Die entsprechende Geisteshaltung belegt B. mit zahlreichen Zitaten aus Seneca.
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und Perspektive dem neuen Rahmen angepaßt (vgl.etwa 10,1–5; 12 ff.; 11,21 ff.; 176 ff.).165 Auf der Suche nach Beweggründen für Juvenals Umorientierung rechnet B. weder mit einem Wandel der Lebensumstände auf seiten des Dichters166 noch mit Einwirkung des Publikumsgeschmacks167, sondern mit einer Art psychologisch motivierter Verdrängungshandlung: Juvenal sei die eigene Ohnmacht, mit Hilfe indignatio-gesteuerter Satire auf die Realität einzuwirken, ins Bewußtsein gelangt (warum eigentlich erst so spät?); entsprechend suche er sich nunmehr – eher resignativ als von neuem Optimismus beseelt – über die Unabänderlichkeit dieser Realität durch die Topoi populärer Ethik hinwegzutrösten. Daß es sich hierbei letztlich um eine innerer Überzeugung entbehrende Selbsttäuschung handele, sei durch gelegentliche 'Rückfälle' in das Gedankengut seiner indignatio-Phase zu belegen (v.a. 11,46–55; auf diese Weise sollen auch die sat.13 zu beobachtenden Brüche zu erklären sein: vgl. dort). Die Stärken des Buches liegen in der zutreffenden Charakteristik der beiden Spielarten Juvenalischer Satire; die darauf fußenden Erklärungen führen jedoch in die Irre: Weder erlaubt der Befund eine saubere Scheidung zwischen dem 'wahren' Satiriker der indignatio und dem eher vorgeschützten DemokritAdepten, noch lassen sich die späten Juvenalsatiren sinnvoll als Dokument einer psychologischen Selbsttherapierung des Autors lesen. Eben dieser Wechsel von polternder indignatio zu einer eher distanzierten Perspektive, wie sie spätestens zu Beginn des 4. Satirenbuches deutlich wird, resultiert nach F r u e l u n d J e n s e n (162) aus einer neuen Einsicht Juvenals in die Natur der vitia: In den ersten beiden Büchern168 richtet der Satiriker seinen Blick auf die kriminellen Handlungen von Verbrechern und die hierdurch angerichteten Schäden im sozialen Kontext (iniuria, iniquitas); daß die Übeltäter dabei regelmäßig triumphieren, muß die ohnmächtige Wut des Beobachters erregen. In den späteren Büchern nähert sich Juvenal dagegen der Horazischen Diatribensatire an: Der einzelne Mensch läßt sich von seiner 165
Um den radikalen Wandel von Juvenals gedanklichem Zugriff zu dokumentieren, genügt der Vergleich von 10,19–22 und 3,278–288 (Gefahr von Überfällen) resp. 14,305– 310 und 3,203–222 (Konsequenzen eines Feuers); auch der Rückgriff auf Horazische Thematik (11), eigene Lebensumstände als 'Aufhänger' (11, 12) und adressatenbezogene Darstellung (11, 12, 14, 15, 16) weisen in die gleiche Richtung. Eine rein typologische Differenzierung, wie sie A d a m i e t z (16), 457 f. vollzieht, greift dagegen zu kurz. 166 Hierfür plädiert B r a u n rec., 487 f. 167 Vgl. etwa E h l e r s (823), 7326: "Es ist denkbar, daß der Paradigmenwechsel Juvenals in seinen späteren Satiren, der Rekurs auf einen eher horazischen Ton, eine Reaktion auf fehlende Resonanz beim Publikum war." W i c k e (278), 86 rechnet mit "künstlerische(r) Notwendigkeit". 168 Buch 3 (sat.7–9) wird – wie auch bei Anderson (350) – als "transitional" (157) aus der Untersuchung ausgeklammert, sat.16 mit ihrer gesellschaftspolitischen Perspektive – ebenso wie sat.15 – völlig ignoriert.
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Torheit verleiten, leichtfertig sein seelisches Gleichgewicht aufs Spiel zu setzen, und erhält prompt – durch fortuna, durch Mechanismen sozialer Natur oder aber durch Gewissensqualen – die verdiente Quittung für sein Tun; die Wut hat damit ihren Nährboden verloren. Solcherart auf das Weltbild des Satirikers bezogen, läßt sich seine 'Altersweisheit' in der Tat weit überzeugender erklären als durch den Rückgriff auf biographische Faktoren oder rein künstlerische Überlegungen; gleichzeitig erübrigt sich auch die verstörende These der persona-Vertreter (s.unten Kap. XV.), wonach das Ziel der ersten sechs Satiren hauptsächlich darin bestünde, die geistige Enge ihres Sprechers in Szene zu setzen. Auch E l w i t s c h g e r (163) setzt sich das Ziel, die Eigenart von Juvenals 'Spätwerk' (=sat.10–15)169 im Unterschied zu den früheren Satiren zu bestimmen. Eine detaillierte Würdigung der einzelnen Gedichte mündet dabei in folgende Beobachtungen: 1. Die auf Dokumentation der indignatio berechneten Stilmittel treten zugunsten eines ruhigeren Tones zurück, wobei es jedoch zu beachten gilt, daß dieser Wandel ab sat. 13 partiell wieder aufgehoben scheint. 2. Neue Themen rücken in den Vordergrund: Statt politisch-sozialer Fehlentwicklungen in Rom nimmt der Satiriker jetzt einzelne vitia eher universellen Charakters ins Visier170; parallel dazu bezieht er motivische Entlehnungen nicht mehr aus Martial, sondern – mit zunehmender Häufigkeit – aus Horazens Epistelbuch; Angriffe unter Namensnennung werden weitestgehend gemieden. 3. Der Satiriker überwindet seine frühere Haltung, angesichts der Unerträglichkeit der Zustände mit zornigem Angriff oder aber Flucht zu reagieren171, und findet zu einem Habitus ironischer Distanz, die sich dem Ziel der Lebensbewältigung durch positive, partiell durch Gedanken der Popularphilosophie unterfütterte Belehrung verpflichtet weiß.
169 Sat. 16 wird wegen ihres fragmentarischen Charakters von der Untersuchung ausgeschlossen. 170 Im 4. Buch (=sat.10–12) sollen Selbsterkenntnis und Erkenntnis wahrer Werte, im 5. (=sat.13–15) – kaum wahrscheinlich – das Laster der avaritia im Mittelpunkt stehen, wonach in sat.15 "das Verlangen der Menschen, etwas vom Besitz des anderen zu bekommen, zum Aufessen des Mitmenschen pervertiert" (132). – Die ansonsten auf traditionellen Pfaden wandelnde Interpretation geht im einzelnen verschiedentlich in die Irre, etwa wenn sie den Satiriker gegenüber Persicus (XI) und Catullus (XII) gleichzeitig Zuneigung und – wegen der angeblichen 'Respektlosigkeit' in 11,183–189 und 12,34 ff. – kritische Distanz bekunden läßt (Persicus soll als lasterhafter Schlemmer, Catullus als avarus gebrandmarkt sein) oder wenn sie in sat. 15 die "grausigen Folgen hemmungslosen Zornes" (127) gegeißelt sieht und natura .../...lacrimas dedit (v.132 f.) nicht als Indiz zwischenmenschlicher Verbundenheit, sondern als Juvenals Reaktion auf den berichteten Vorfall versteht. 171 Der 1,1–18 augenzwinkernd vorgetragene Wunsch nach Vergeltung hätte jedoch nicht unter die einschlägigen Belege gerechnet werden dürfen.
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Dem 3. Satirenbuch (=sat.7–9) billigt E. gewissermaßen Brückenfunktion zwischen 'altem' und 'neuem' Juvenal zu: Thematisch bleibt es noch im Rahmen der früheren Bücher, mit Ansätzen zur positiven Belehrung und zur ironischen Distanzierung weist es jedoch schon auf das Spätwerk voraus. Insgesamt kongruiert die Arbeit mit dem von Anderson (350) vorgezeichneten Entwicklungsmodell; im Unterschied zu diesem sieht E. jedoch keine bedachte Änderung von Juvenals literarischer Technik, sondern einen mählichen Wandel seiner Lebenseinstellung am Werk – eine Perspektive, die dem Zwitterstatus von Buch 3 wohl in der Tat eher gerecht wird als die Annahme eines bewußten Konzeptionswandels. Von C a b a l l e r o d e d e l S a s t r e s (164) summarischen Bemerkungen über Juvenals Sicht der menschlichen Verkommenheit bleibt allein die von ihr konstatierte ideelle Kontinuität zwischen früher indignatio-Satire und den versöhnlicher formulierten späten Texten (ab sat.10) festzuhalten: Hier wie dort beruft sich der Satiriker auf die rusticitas der Altvorderen als positive Gegenwelt: vgl. 3,312 ff.; 6,1–20; 11,77–119; 13,38–59. Auch hinsichtlich des gesellschaftlichen Standorts der Juvenalsatiren soll nach V a r c l (159 und 160) ein Wandel in der Weltsicht ihres Verfassers wirksam werden: In den ersten drei Satirenbüchern geriere sich dieser noch als Anwalt der von allen Seiten (Aristokratie, Emporkömmlingen, Zuwanderern, Sklaven) bedrängten, auch durch ihr Bürgerrecht nicht mehr hinlänglich privilegierten plebs Romana172; doch werde er mit der Zeit an diesem seinem Engagement irre: In sat. 10 reite er eine brüske Attacke gegen den nach panem et circenses gierenden Mob (v.77–81), um sich anschließend ganz auf die Position des Skeptikers und Pessimisten zurückzuziehen und dem populus nicht mehr weiter Erwähnung zu tun. 3. Voraussetzungen a) Geschichte Der kurze Abriß von A l f a n o (166) will Juvenals Kritiker durch Skizzierung seines 'pensiero politico' entwaffnen: Von Herzen nicht etwa intransigenter Republikaner, sondern Traditionalist und Patriot im besten Sinne, richte er seine Dichtung an der Realität aus, ohne sich dieser jedoch sklavisch verpflichtet zu fühlen.
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"In den Satiren Juvenals macht sich eine Reaktion ... gegen den Nivellierungsprozeß bemerkbar, der zum Ersetzen des althergebrachten Gegensatzes von Bürger und Nichtbürger durch einen die alten Schranken wegschaffenden Gegensatz von Reich und Arm (politisch ausgedrückt: honestiores und humiliores) führte" (160, 231).
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Daß Juvenal in den ersten drei Satirenbüchern verschiedentlich Ereignisse der römischen Prinzipatsgeschichte zur Sprache bringt173, erklärt G é r a r d (167) zum einen durch ein Zugeständnis an den Zeitgeschmack, vor allem aber durch sachliche Berührungen zwischen Satire und Historiographie: Auch die Geschichtsschreibung verfolgt einen moralischen Impetus, auch Juvenal richtet sein Augenmerk auf politisch-gesellschaftliche Fragestellungen und sucht – ganz wie Tacitus – die Gegenwart durch Blick auf ihre Vorgeschichte zu ergründen; für die exempla von sat.8 soll Tacitus sogar unmittelbare Quelle darstellen. Am Beispiel der ersten acht Gedichte dokumentiert auch P a s c u c c i (172) den fortwährenden Vergangenheitsbezug von Juvenals Satiren: "Juvenal is not only directing us to the past at such times as he explicitly invokes or describes it, but also, with innumerable fine and variegated strands – time words, famous names, the old rites and offices, epic language and allusion, mythological metaphors, the sites of ancient history and legend – ... is weaving a single motif: Rome-past and Rome-present" (16).174 Dabei erscheint dieser Blick zurück keineswegs ironisch gebrochen; vielmehr verspricht sich der Satiriker von einer Idealisierung der Vergangenheit, die, wo nicht als deutlich besser, doch zumindest als weniger verderbt erscheint, "an ideal that would serve as a standard of comparison; the authority to reprimand even the aristocracy; the right to make moral judgments; a clear remedy to propose" (198). Ähnlich wie die Rhetorenschule, aber auch die Geschichtsschreibung, sucht so auch die Satire auf dem Wege verpflichtender exempla an den Nationalstolz und an die konservative Grundhaltung des Publikums zu appellieren; gleichzeitig bezieht ihre Aussage hieraus eine gesteigerte Autorität, die der Satiriker selber angesichts seiner sozial eher nachrangigen Stellung nicht mehr zu garantieren vermochte.175 F r e d e r i c k s (171) dagegen will einen eher ambivalenten Umgang Juvenals mit der Geschichte erkennen: Ihm zufolge richtet der Satiriker sat.1–6 seine Angriffe nicht nur gegen die aktuelle Dekadenz der Epoche, sondern auch gegen den "anachronistic moral code" (185; Stichwort: mos maiorum, laudator temporis acti), mit dem sich seine Mitbürger seit den Tagen des Augustus in Literatur, Philosophie, Mythologie und Rhetorik gegen den allgegenwärtigen
173 Genauer gesagt: historische Persönlichkeiten im Kontext ihres historischen Handelns beleuchtet, nicht etwa nur als "personnages de valeur pratique ou morale" (104) benennt. 174 Die 'mythologischen Metaphern' sollten hier vielleicht eher ferngehalten werden: Stellen wie 1,60 f. pervolat .../ Flaminiam puer Automedon; 4,65 itur ad Atriden; 5,59 f. Gaetulum Ganymedem / respice; 6,656 Clytemestram nullus non vicus habet fügen sich nicht ohne weiteres zu P.s Aussage, "that it is precisely the recollection of epic antecedents which makes the present so repugnant and which should recall Rome to its traditions" (21126). 175 Ebenfalls bedenkenswert P.s weitergehende Vermutung, Juvenal habe hier auch angesichts der gefährlichen Zeitläufte eher in den Hintergrund treten wollen.
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Niedergang zu immunisieren suchten176; ab sat. 7 rücke diese "failure of the human imagination" (ebd.) sogar ins Zentrum seiner aus der "irony of overstatement" (191) gespeisten Attacken: vgl. etwa sat. 10 gegen die Falschbewertung üblicher Lebensziele oder 12,83–130 gegen das in der captatio dokumentierte pathologische Verlangen nach materiellem Gewinn. Die Botschaft des Satirikers müßte entsprechend lauten: "By breaking through intellectual illusions, we may be led back to a disillusioned sense of reality" (191). b) Philosophie In seiner Synthese zum Thema 'Juvenal und der Stoizismus' verweist H e l l e g o u a r c ' h (176) auf die unentwirrbaren Einflüsse von populärstoischer Sozialisation und eingewurzeltem mos maiorum; die Einschätzung "Juvénal fut ... un stoïcien sans le savoir" (42) engt diesen Spielraum möglicherweise schon zu stark ein. Eher mit Verwunderung erfüllt daher die Tatsache, daß Juvenal in dem monströsen Buch von R a m e l l i (178) neben Manilius, Musonius Rufus, Cornutus, Chairemon von Alexandria, Persius und Thrasea Paetus, Lucan und Mara Bar Serapion als einer der 'Stoici romani minori' geführt wird. Dem an Juvenal interessierten italienischsprachigen Benutzer bietet die Autorin eine – dem lateinischen Referenztext gegenübergestellte – Prosaübersetzung des gesamten Satirencorpus (2249–2457) sowie einen soliden, allerdings fast durchweg auf die Paraphrasierung des Textes beschränkten Sachkommentar; als Stoiker gewinnt Juvenal jedoch keine klaren Konturen. Im 'saggio introduttivo' (2211–2244), im 'commentario' (2459–2526) wie in den abschließend zusammengestellten 'concetti chiave del pensiero di Giovenale' (2610–2621) wird der Satiriker zwar in ermüdender Wiederholung als Bewunderer stoischer Lehre bzw. "filosofo minore" (2215) in Szene gesetzt177, dieses Bild indes durch eine verwirrend einseitige Perspektive erkauft: Aussagen, die gewisse Berührungen mit stoischer Ethik aufweisen, dieser zumindest nicht diametral widersprechen oder gerade nur ein Thema anschneiden, zu dem auch von Stoikerseite eine Wortmeldung erfolgt, sind durchweg als Zeugnis stoischer Oboedienz gebucht (2220 und ähnlich immer wieder: "Giovenale conosce ed ammira gli Stoichi ..."), die vom Satiriker selbst artikulierte Distanz zu Philosophenschulen (vgl. v.a. 13,120–125) kurzerhand als Bescheidenheitsgestus abgetan ("non va sicuramente preso alla lettera": 2214). Entsprechend wird die Verletzung des mos maiorum (sat.2) als "transgressione dei costumi aviti, dei 176
Vgl. entsprechend zur Aussage von 1,170 f.: "The 'ghosts' which are assailed in his poems are more than the dead of history; the list must also include haunting nostalgic memories of virtues and ideals which had really not had authentic life for well over a century" (190). 177 Die Lesbarkeit des Buches leidet nicht zuletzt unter R.s unökonomischem Verzicht auf Querverweise aller Art. Wo diese – im zusammenfassenden 'chiave'-Teil – doch noch erfolgen, führen sie auf Stellen, die den vorgetragenen Sachverhalt neuerlich durchkäuen.
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quali lo Stoicismo romano si era fatto protettore" (2225) vereinnahmt, die Aversion gegen Juden (sat. 3) auf die stoische Ablehnung des Aberglaubens zurückgeführt, die Darstellung von Domitians Tyrannis (sat. 4) mit dem Postulat stoischer Bildung des Regenten verbunden, im Verhalten des Trebius (sat. 5) eine Sünde gegen die innere Freiheit des Stoikers erkannt, das Vorzeitpanorama von 6,1–20 mit der zyklischen Zeitvorstellung der Stoiker zusammengebracht und die Hoffart einer mit allen Vorzügen ausgestatteten Frau (6,162–183) der Selbstbescheidung des stoischen proficiens an die Seite gestellt. Auch bei kritischer Lektüre kann das Buch nur bedingt als Informationsquelle herangezogen werden. c) Religion Religion und Götterglauben – so B e a u j e u (168) – sind in den Juvenalsatiren nicht als Themen eigenen Rechtes angesprochen, verschiedentlich jedoch zur Spiegelung der sittlichen Verhältnisse eingesetzt: Ethnische Überfremdung dokumentiert sich im Auftreten exotischer Priesterschaften, moralische Verrohung in der Schändung althergebrachter Kulte; umgekehrt werden Freundesliebe und materielle Genügsamkeit mit Zügen einer verinnerlichten Frömmigkeit assoziiert (vgl. etwa 11,114 f.; 12,1–16; 83–92).178 Aussagen des Dichters über Götter, fatum und fortuna entsprechen gerade auch in ihrer Widersprüchlichkeit landläufigen Vorstellungen; daß die früheren Satiren eher auf Schicksalswillkür und Indifferenz der Götter abheben, ab sat. 10 jedoch der Glaube an eine wohlwollende Vorsehung in den Vordergrund rückt (vgl. bes. 10,346–364; zur Relativierung des Einflusses der Fortuna 14,315 f.)179, wird von B. durch eine biographische Entwicklung erklärt ("piété naïve" aus Kindertagen → "période de révolte" → "paix avec les dieux": 81), muß indes eher mit Juvenals gewandelter Weltsicht (vgl. oben Kap.VII.2) in Verbindung gebracht werden. W e i s s (169) wendet sich gegen das – wie er behauptet – verbreitete Vorurteil, "that Juvenal has rejected religion" (45). Zwar äußere sich der Satiriker abschätzig über den Götterapparat des Mythos und die aus Kleinasien importierten Kulte; für die spezifisch römische Götterverehrung hege er jedoch uneingeschränkten Respekt. Dies mag im wesentlichen zutreffen: Wenn der Vf. jedoch 1,113–116 oder 6,306–309 als Spott über die Vergöttlichung von Abstraktionen wertet180, 13,46–52 (mitzuberücksichtigen wären v.38–45) mit
178 Ob ein paar ehrende Erwähnungen der Ceres (vgl. etwa 6,50 und 15,140 f.) ausreichen, um den Vf. unseres Satirencorpus mit dem Dedikator von CIL X 5382 gleichzusetzen, wird auch von B. letztlich offengelassen. 179 Die letztgenannte Differenzierung scheint auch B r a c c i a l i M a g n i n i (173) als Ergebnis formuliert zu haben (vgl. das diesbezügliche Referat bei Santorelli [3], 139). 180 Die weiteren in diesem Kontext aufgeführten Belege (4952) sind in Wirklichkeit unter die Rubrik 'Vergottung des Reichtums' zu buchen.
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Sehnsucht nach der guten alten Zeit, "when the skies were not covered with divinities" (48) erklärt, schließlich Juvenals kritischen Impetus insgesamt auf eine tiefe Verwurzelung in altrömischer Religiosität zurückführt und den Dichter auf diese Weise als Zeugen für die am Ende des 1.Jh. n.Chr. immer noch ungebrochene Kraft römischer pietas vereinnahmt, hat er die Realität des Textbefundes endgültig hinter sich gelassen. Da sich manche Aussagen Juvenals mit christlichen Lehren vertragen und auch seine Polemik gegen das Judentum (3,10–20; 6,157–160; 542–547; 14,96– 106) ohne erkennbar antichristliche Sottisen auskommt, sieht sich C o r s a r o (170) ermutigt, 1,155 ff. (neronische Christenverfolgung), 4,94–97 (M. Acilius Glabrio, nach Dio Cass. 67,14,3 wohl Opfer seines christlichen Glaubens) und 10,346–353 (die göttliche Vorsehung; verglichen wird Matth. evang. 6,8) geradewegs als Ausdruck einer "adesione inconscia ... al nuovo verbo cristiano" (19 f.) zu lesen. Weder die Aussage selbst noch ihre Herleitung gehen über reine Spekulation hinaus. d) Psyche Im Juvenalkapitel seines Buches 'Symbol and myth in ancient poetry' bietet M u s u r i l l o (165) einen eher essayistisch getönten, auf ein Psychogramm des Satirikers abzielenden Überblick über einzelne Satiren: "Juvenal's anger is fierce because he can glimpse within himself impulses to the very vices whose indictment he so bitterly draws up" (169 zu sat.1); "The division of his life between Aquinum and Rome represents the partial solution to his conflict – the conflict between introvert and extrovert, between participating in life, with all its imperfections, and being merely a passive, contemplative spectator" (173 zu sat.3); Juvenal stehe im Spannungsfeld zwischen seinen weltlichen Begierden und stoischer sapientia (zu sat.10). Schon im methodischen Ansatz fragwürdig, versucht der auf einem Vortrag basierende Essay von R o d r í g u e z A l m e i d a (177), die divergierende Weltsicht von Juvenal und Martial als Ausfluß ihrer unterschiedlichen Charaktere zu erklären. Im Ergebnis erweist sich dabei Juvenal als "un mégalomane se targuant du titre de censor perpetuus, personnage pharisien et raffiné en cruauté, .... Son incapacité à sourire n'est, finalement, rien d'autre que son incapacité à aimer"; Martial hingegen erscheint als "une âme pure, capable de célébrer avec joie, de jouir sans remords et sans fausse culpabilité" (141). Folgt man schließlich R i c h l i n s (175) reduktionistischer Weltsicht, verbirgt sich hinter Juvenals Satiren nichts anderes als die "attitude of the Priapic male" (315): Der schwache, sich von allen Seiten bedroht wähnende Mann kompensiert seine Furcht durch aggressives Dominanzgebaren; "anger and indignation are misleading terms to use in connection with Juvenal; his attitude is actively hostile and threatening" (307).
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VIII. Das Bild der zeitgenössischen Gesellschaft 1. Generell 179. R. M a r a c h e , La revendication sociale chez Martial et Juvénal, RCCM 3, 1961, 30–67; Kurzfassung: La poésie romaine et le problème social à la fin du Ier siècle: Martial et Juvénal, IL 13, 1961, 12–19. 180. U. K n o c h e , Juvenals Maßstäbe der Gesellschaftskritik, Wiss. Zs. d. Univ. Rostock, Ges.- & sprachwiss. R. 15, 1966, 453–462 = d e r s ., Ausgewählte Kleine Schriften, Frankfurt/M. 1986, 452–476 = in: D. K o r z e n i e w s k i (Hg.), Die römische Satire, Darmstadt 1970, 496–520; ins Englische übertragen in: Persius and Juvenal (115), 257–277. 181. T. R e e k m a n s , Juvenal's views on social change, AncSoc 2, 1971, 117–161. 182. J. G é r a r d , Juvénal et la réalité contemporaine, Paris 1976, X & 536 S. Rez.: B e a u j e u , REL 54, 1976, 455–459; B a r d o n , Latomus 36, 1977, 1062; C o n d e G u e r r i , Emerita 45, 1977, 493–495; D ' A g o s t i n o , RSC 25, 1977, 138–140; P l u m a t , LEC 45, 1977, 183; B a r r , CR 28, 1978, 256– 257; G u a r i n o , Labeo 25, 1978, 110; J o l y , AC 47, 1978, 287–290; M o u c h o v á , Gymnasium 85, 1978, 283–284; P e r e l l i , BStudLat 8, 1978, 126– 129; F a c c h i n i T o s i , Paideia 34, 1979, 169–173; S m i t h , JRS 71, 1981, 225–226. 183. H. B a r d o n , Réflexions sur réalité et imaginaire chez Juvénal, Latomus 36, 1977, 997–1002. 184. J. G é r a r d , La richesse et le rang dans les "Satires" de Juvénal, Index 13, 1985, 273–288. 185. R. M a r a c h e , Juvénal – peintre de la société de son temps, in: ANRW II. 33.1, Berlin 1989, 592–639. 186. G. L a u d i z i , Aspetti sociali nelle satire di Giovenale, in: O. B i a n c o (Hg.), Studi di filologia e letteratura, Bd. 2, Galatina 1992, 63–91. 187. T. S a p o t a , Stemmata quid faciunt? The restraints of freedom in private lives of Romans, in: D. B r o d k a u.a. (Hgg.), Freedom and its limits in the ancient world. Proceedings of a colloquium held at the Jagiellonian University Kraków, September 2003, Kraków 2003, 155–162. 188. M. C o s t a V i t o r i n o , Giovenale e la società del suo tempo, Classica (São Paulo) 19.2, 2006, 265–272.
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Walter Kißel 2. Einzelne Schichten
a) Kaiser, Regime und Oberschicht 189. K.H. W a t e r s , Juvenal and the reign of Trajan, Antichthon 4, 1970, 62–77. 190. V.M. V o l o š č u k , Імператори в сатирах Децıма Юнıя Ювенала, InFil 45 = PKFil 14, 1977, 95–102. 191. E.S. R a m a g e , Juvenal and the establishment. Denigration of predecessor in the 'Satires', in: ANRW II. 33.1, Berlin 1989, 640–705. 192. R. S t e w a r t , Domitian and Roman religion: Juvenal, Satires two and four, TAPhA 124, 1994, 309–332. 193. I. R a m e l l i , L'opposizione all'impero in Giovenale, in: M. S o r d i (Hg.), L'opposizione nel mondo antico, Milano 2000, 195–214. 194. M. W i l s o n , After the silence: Tacitus, Suetonius, Juvenal, in: A.J. B o y l e – W.J. D o m i n i k (Hg.), Flavian Rome. Culture, image, text, Leiden 2003, 523–542. 195. B. D e l i g n o n , Pourquoi commencer et comment finir? Contraintes et libertés poétiques et politiques dans la satire de Juvénal et dans l'épigramme de Martial, in: B. B u r e a u – C. N i c o l a s (Hgg.), Commencer et finir. Débuts et fins dans les littératures grecque, latine et néolatine. Actes du colloque organisé les 29 et 30 septembre 2006, par l'Université Jean-Moulin Lyon 3 et l'ENS-LSH, Paris 2007, 445–464 (engl. Resümee 815). 196. M. C o s t a V i t o r i n o – J.C. V i t o r i n o , Gli imperatori nelle satire di Giovenale, Praesentia 9, 2008 (ohne Paginierung). b) 'Mittelschicht' 197. L. W i n n i c z u k , Nowe spojrzenie na satyrę Juwenalisa, Przegląd Hum. 9.2, 1965, 85–92. 198. J. L e G a l l , La "nouvelle plèbe" et la sportule quotidienne, in: R. C h e v a l l i e r (Hg.), Mélanges d'archéologie et d'histoire offerts à A.Piganiol, Bd. 3, Paris 1966, 1449–1453. 199. R. M a r a c h e , Juvénal et le client pauvre, REL 58, 1980, 363–369. 200. J.H. D ' A r m s , Upper-class attitudes towards viri municipales and their towns in the early Roman empire, Athenaeum 62, 1984, 440–467. 201. T.P. M a l n a t i , Juvenal and Martial on social mobility, CJ 83, 1987– 1988, 133–141. 202. C. D a m o n , Greek parasites and Roman patronage, HSPh 97, 1995, 181–195.
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203. M.A.E. C u b i l l o s P o b l e t e , Tipos humanos marginales del imperio romano: voz y visión de Juvenal (I y II d.C.), Revista de humanidades 7, 2000, 165–180. 204. E.E. C e c c o – A.M. M a n s i l l a , Vigencia de las críticas de Marcial y Juvenal a la consideración social del trabajo en su época, REC 30, 2001, 27–58. 205. M. C o s t a V i t o r i n o , La clientela nelle Satire di Giovenale, Classica (São Paulo) 15–16, 2002–2003, 131–142. 206. M.A.E. C u b i l l o s P o b l e t e , Cuando el cuerpo se construye a través del lenguaje satírico: el caso de Juvenal, Pectora mulcet 1, 2009, 435– 447. c) Sklaven 207. N.I. B a r b u , Les esclaves chez Martial et Juvénal, in: Acta antiqua Philippopolitana. Studia historica et philologica, Sofia 1963, 67–74. 208. M. G a r r i d o - H o r y , "Puer" et "minister" chez Martial et Juvénal, in: M. M o g g i – G. C o r d i a n o (Hgg.), Schiavi e dipendenti nell' ambito dell' "oikos" e della "familia". Atti del XXII Colloquio GIREA Pontignano (Siena), 19–20 novembre 1995, Pisa 1997, 307–327. 209. –, Les esclaves africains dans la poésie réaliste, in: M. K h a n o u s s i u.a. (Hgg.), L'Africa romana. Atti del XII convegno di studio Olbia, 12–15 dicembre 1996, Sassari 1998, 921–935. 210. –, Va nu-pieds et porteurs de litières chez Martial et Juvénal, DHA 24.2, 1998, 63–72. 211. –, Juvénal. Esclaves et affranchis à Rome, Paris 1998, 590 S. 212. –, Femmes, femmes-esclaves et processus de feminisation dans les oeuvres de Martial et de Juvénal, in: F. R e d u z z i M e r o l a – A. S t o r c h i M a r i n o (Hgg.), Femmes-esclaves. Modèles d'interprétation anthropologique, économique, juridique. Atti del XXI Colloquio Internazionale GIREA Lacco Ameno-Ischia, 27–29 ottobre 1994, Napoli 1999, 303–313. 213. –, Résistance et aliénation des esclaves dans les textes de Pétrone, Martial et Juvénal, SHHA 25, 2007, 315–324. d) Fremde 214. W.J. W a t t s , Race prejudice in the satires of Juvenal, AClass 19, 1976, 83–104. 215. D.S. W i e s e n , Juvenal and the blacks, C&M 31, 1970 [1976], 132– 150. 216. J.O. d e G r a f t - H a n s o n , Africans in the Rome of Juvenal's day, in: Afrique noire et monde méditerranéen dans l'antiquité. Colloque de Dakar: 19–24 janvier 1976, Dakar – Abidjan 1978, 171–181.
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217. J. W i e s e h ö f e r , Romanas autem soliti contemnere leges: Juvenal und die Juden der Stadt Rom, in: I. W e i l e r (Hg.), Soziale Randgruppen und Außenseiter im Altertum. Referate vom Symposion "Soziale Randgruppen und antike Sozialpolitik" in Graz (21. bis 23.September 1987), Graz 1988, 325–338. 218. L.A. S u s s m a n , Interpreting racism in Calpurnius Flaccus Declamatio 2: the evidence of Ovid Amores 2.7–8 and Juvenal Satires 6, in: W. S c h u b e r t (Hg.), Ovid. Werk und Wirkung. Festgabe für M. von Albrecht, Bd. 2, Frankfurt/M. 1999, 841–860. 219. S. L a i g n e a u , Un exemple d'antijudaïsme dans l'Antiquité: Juvénal, Satires, RBPh 84, 2006, 45–57. 220. S. D ö p p , "Credat Iudaeus Apella, non ego". Die Satiriker Horaz, Persius und Juvenal über eine Minderheit, in: T. H a y e – F. S c h n o o r (Hgg.), Epochen der Satire. Traditionslinien einer literarischen Gattung in Antike, Mittelalter und Renaissance, Hildesheim 2008, 15–33. 221. C. A c h i l l e , Aspetti sociali e religiosi nelle satire di Giovenale contro i Giudei, in: M.T. Z a m b i a n c h i (Hg.), Ricordo di Delfino Ambaglio, Como 2009, 95–107. 3. Personen- und Berufsgruppen 222. L. R i c h a r d , Juvénal et les galles de Cybèle, RHR 169, 1966, 51–67. 223. S.A. I v e r s o n , The military theme in Juvenal's satires, Diss. Vanderbilt University, Nashville (Tenn.) 1975, IV & 172 S. (Mikrofilm,); vgl. DAI 37, 1976–1977, 279A–280A. 224. A. M a r o n g i u , Giovenale e il diritto, SDHI 43, 1977, 167–187 = in: Letterature comparate: Problemi e metodo. Studi in onore di E. Paratore, Bd. 2: Letterature antiche, Bologna 1981, 681–698. 225. R.E. C o l t o n , Children in Juvenal and Martial, CB 56, 1979–1980, 1–3. *226. G.A. T o u r l i d i s (Tourlidès), Περὶ τοῦ δηλητηρίου rubeta εἰς τὸν Ἰουβενάλιον (Juv. I,70; VI,659), Athen 1990, 7 S. 227. –, Sur le poison rubeta chez Juvénal (Juv. I 70, VI 659), Platon 44, 1992, 97–99. 228. –, Ἑρμηνευτικαί παρατηρήσεις εἰς τόν Ἰουβενάλιον (Juv. I 70, VI 659), Platon 49, 1997, 236–240 = in: Ἡ πνευματική ζωή στο Ρωμαϊκό κόσμο ἀπό το 14 ὡς το 212 μ.Χ. στ' Πανελλήνιο συμπόσιο Λατινικών σπουδών, Ἰωάννινα 11–13 Ἀπριλίου 1997: πρακτικά, Ioannina 2001. 229. J.-F. B e r t h e t , Juvenal et l'Etrusca disciplina, in: Les écrivains et l'Etrusca disciplina de Claude à Trajan, Tours 1995, 134–146.
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230. B.K. G o l d , "The house I live in is not my own": Women's bodies in Juvenal's Satires, Arethusa 31, 1998, 369–386. 231. N.F. B e r r i n o , Donne avvelenatrici in Giovenale, InvLuc 23, 2001, 7–13. 232. M. B a l d i n , Valenze della terminologia medica in autori non medici: Plauto, Sallustio, Giovenale, in: D. L a n g s l o w – B. M a i r e (Hgg.), Body, disease and treatment in a changing world. Latin texts and contexts in ancient and medieval medicine. Proceedings of the ninth International Conference "Ancient Latin medical Texts", Hulme Hall, University of Manchester, 5th–8th September 2007, Lausanne 2010, 73–87. 233. J.L. P o s a d a s , Extranjeras en la Roma de Marcial y Juvenal (Female foreigners in Martial's and Juvenal's times), SHHA 28, 2010, 75–94. Für Literaten vgl. S f e t e ţ u (689), für Lehrer N o r c i o (700), für weibliche Gladiatoren M c C u l l o u g h (672). 4. Soziale Interaktion 234. R.E. C o l t o n , Juvenal on recitations, CB 42, 1965–1966, 81–85. 235. R.A. L a F l e u r , Amicus and amicitia in Juvenal, CB 51, 1974–1975, 54–58. 236. R. S e a g e r , Amicitia in Tacitus and Juvenal, AJAH 2, 1977, 40–50. 237. R.A. L a F l e u r , Amicitia and the unity of Juvenal's first book, ICS 4, 1979, 158–177. 238. T. R e e k m a n s , Juvenalis' beeld van de grote stad, Kleio 13, 1983, 77–105. 239. J.P. H a l l e t t , Female homoeroticism and the denial of Roman reality in Latin literature, YJC 3, 1989, 209–227. 240. D. K o n s t a n , Patrons and friends, CPh 90, 1995, 328–342. 241. B.K. G o l d , The perception of urban life in Juvenal's Satires, in: M.T. B o a t w r i g h t – H.B. E v a n s (Hgg.), The shapes of city life in Rome and Pompeii. Essays in honor of L. Richardson, jr on the occasion of his retirement, New York 1998, 53–69. 242. T. F ö g e n , Zwei Satiren Juvenals. Anmerkungen zur Homosexualität in der römischen Antike, Forum Homosexualität und Literatur 36, 2000, 63– 74. 243. R.P. B o n d , Urbs satirica: The City in Roman satire with special reference to Horace and Juvenal, Scholia (Durban) 10, 2001, 77–91. 244. E. S t e i n - H ö l k e s k a m p , Culinarische Codes: Das ideale Bankett bei Plinius d. Jüngeren und seinen Zeitgenossen, Klio 84, 2002, 465–490.
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245. S. V i l l e g a s G u i l l é n , Lecturas públicas en Persio y Juvenal, EClás 44, 2002, 183–191. 246. G. B o c c h i , An exspectas ut Quintilianus ametur? (Iuv. 6,75): antiesemplarità del teatro in ottica satirica, in: G. A r i c ò – M. R i v o l t e l l a (Hgg.), La riflessione sul teatro nella cultura romana (=Aevum(ant) 4, 2004), Milano 2008, 303–313. 247. R. M a u r i , Atellane e spettacoli paraletterari nelle Satire di Giovenale, in: G. A r i c ò – M. R i v o l t e l l a (Hgg.), La riflessione sul teatro nella cultura romana (= Aevum(ant) 4, 2004), Milano 2008, 279–285. 248. J.M. B l á z q u e z M a r t í n e z , Conductas sexuales y grupos sociales marginados en la poesía de Marcial y Juvenal, in: G. B r a v o – R. G o n z á l e z S a l i n e r o (Hgg.), Minorías y sectas en el mundo romano, Madrid 2006, 55–72. 249. C. S c h m i e d e r , Zur Konstanz erotischer Erfahrung: Martial, Juvenal, Pasolini, Berlin 2006, 234 S. 250. D.H.J. L a r m o u r , Holes in the body: sites of abjection in Juvenal's Rome, in: D.H.J. L a r m o u r – D. S p e n c e r , The sites of Rome. Time, space, memory, Oxford 2007, 168–210. Zum Thema 'Sexualität' vgl. auch W i n k l e r (361). 1. Generell Als grundlegend hat hier der Hinweis von K n o c h e (180) zu gelten, wonach Juvenals Kritik nicht die Prinzipien einer normativen Ethik vertritt, sondern die Beachtung des gesellschaftlichen Comments (= pudor), vor allem auf seiten der Oberschicht, einfordert: Das ständisch gegliederte Sozialgefüge der römischen Kaiserzeit wird vorbehaltlos akzeptiert, die gegeißelten Verstöße (vitia) am Maßstab einer "construierten, als normal vorgestellten Welt der römischen Vorfahren" (458) gemessen, dabei jedoch keineswegs das restaurative Ideal einer "Rückkehr zur ursprünglichen Schlichtheit" (461) als realistisches Ziel ins Auge gefaßt. Nach M a r a c h e (179) signalisieren die Juvenalsatiren Lebensumstände, wie sie letzten Endes auch für Martial angenommen werden müssen: Als unvermögender Klient (wie als Dichter) von den Zuwendungen begüterter Patrone abhängig, erfährt der Satiriker am eigenen Leibe, wie sich die reichen Geizhälse ihren einschlägigen Pflichten zunehmend entziehen und auch den gesellschaftlichen Umgang mit ihren Gefolgsleuten auf ein absolutes Minimum beschränken (salutatio, sportula), wohingegen sich die Klienten, ohne ausreichende Kompensation für die weiterhin von ihnen zu tragenden Lasten und gleichzeitig ohne die Vorstellung eines alternativen Broterwerbs, um ihre gerechten Ansprüche und ein Leben in Würde betrogen fühlen. Während Martial dieser Situation rein subjektiv mit – teils scherzhaft, teils eher dreist
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vorgetragenen – Forderungen zu begegnen sucht, macht sich Juvenal das Anliegen der Klienten generell zu eigen: Er brandmarkt den Niedergang der guten Tradition und benennt verkommene nobiles, geschäftstüchtige liberti und gewissenlose Graeculi als die Schuldigen.181 R e e k m a n s (181) sucht Juvenals Aussagen zum sozialen Wandel mit den Kategorien der modernen Soziologie zu erfassen: I 'Cultural changes'. A. 'Modification of opinions on social hierarchy'. Besitz und Einkommen dominieren über Herkunft und Verdienst. B. 'Non-conformity to rules imposed by social ranks'. Die römische 'upper class' verrät ihre Moral wie ihre dignitas; ihr Lebensstil wird – durch ihre Anmaßung gefördert oder durch die Verhältnisse erzwungen – von Angehörigen der unteren Ränge usurpiert. C. 'Non-conformity to rules imposed by social positions'. Ehemänner fungieren als lenones, Frauen verstoßen gegen die eheliche Treue und Patrone gegen ihre Fürsorgepflicht, Väter vernachlässigen die Erziehung ihrer Söhne, Statthalter schröpfen ihre Provinzen. II 'Structural changes'. A. 'Status-inconsistency'. Freigelassene und Nichtrömer machen Karriere, Adlige erniedrigen sich zu Schauspielern und Gladiatoren. B. 'Changes within the socio-structural dimensions'. Coniunx und uxor werden einander ebenso fremd wie patronus und cliens, nobiles verkehren dafür mit Schankwirten, Ehefrauen mit Fremden, die Kaiserin im Bordell; Klienten demütigen sich vor den Sklaven ihrer Patrone, Schüler schlagen ihre Lehrer. Als übergreifende Ursachen dieser Entwicklungen benennt Juvenal die Gier nach Geld und sinnlichen Vergnügungen bei gleichzeitiger Aufhebung traditioneller Wertmaßstäbe wie fides, pudor, pudicitia oder religio. Als Standardwerk zum Thema darf die aus einer Dissertation von 1972 hervorgegangene Untersuchung G é r a r d s (182) gelten, die sich die Grundsatzfrage nach dem Realitätsbezug der Juvenalsatiren bzw. der Glaubwürdigkeit des Dichters stellt. Ihr erster Hauptteil (1-115: 'Le satirique dans la société de son temps') schafft dafür gewissermaßen die Grundlagen, indem er die bekannten (und durchweg problematischen) Eckdaten von Juvenals Biographie (Alter, soziale Stellung, militärische Karriere) und Werkchronologie (incl. Fragen nach Doppelfassungen und Interpolationen) Revue passieren läßt, sein Programm rekapituliert (vitia der Zeit als Gegenstand, indignatio als Motor; Verweis auf die Toten – 1,170 f. – als Zeugen für die Fortdauer der von ihnen 181 Zur Rückbindung von Juvenals 'revendication sociale' an seine vita vgl. ebenso F l o r e s (134) und T e n n a n t (366 und 367).
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verkörperten Verworfenheit) und seine Nachrichten über den aktuellen Literaturbetrieb auswertet (Rahmenbedingungen: Schule, recitationes, materielle Not des Dichters; einzelne Gattungen: Elegie, Epos und das – wohl nicht zuletzt vom Fortbestehen des agon Capitolinus profitierende – Drama). Die Aktualität von Juvenals Darstellung wird dabei jeweils durch zeitgenössische – oder doch kaiserzeitliche – Parallelen (hauptsächlich Plinius, Martial, Seneca) nachgewiesen; und genauso verfährt G. auch im Zentralkapitel seines Buches (117–279: 'Juvénal et la société de son temps'), das die Gesellschaftskritik des Satirikers, nach sozialen Schichten differenziert, zusammenfaßt: 1. Sklaven finden Juvenals Interesse nur insoweit, als sich aus ihrer persönlichen Situation ein Spiegel für das Gebaren ihrer jeweiligen Herrschaft gewinnen läßt: Die Luxussklaven der Reichen werden von diesen zur Ostentation ihres Besitzes wie ihrer Macht mißbraucht, aber auch als heimliche Herren über Haus und Klienten (freie Römer!) geduldet; die bäuerlich-biederen Sklaven der einfachen Leute erfahren dagegen menschliche Behandlung. 2. Die Freigelassenen sind in erster Linie als unliebsame Konkurrenz der ingenui und damit als Hauptschuldige an deren sozialer Deklassierung wahrgenommen: Ex-Sklaven, womöglich noch aus Griechenland oder Kleinasien stammend, kommen auf Kosten römischer Bürger zu Reichtum und Macht182, schauen auf ihre Umgebung mit Verachtung herab und erreichen zuweilen gar Ritterstatus. 3. Leidtragende sind die Angehörigen der 'Mittelschicht', also die Klasse der Klienten incl. Juvenals (vgl. Mart.12,18), aber auch noch in anderer Hinsicht: Aufgrund traditioneller Vorstellungen von der dignitas des civis Romanus jeder Lohnarbeit eher abgeneigt, bleiben sie im wesentlichen auf die Unterstützung ihrer Patrone (durch Geschenke, Mahlzeiten, sportula) angewiesen183, während diese ihre zunehmende finanzielle Inanspruchnahme eher zurückzuschrauben suchen: Entsprechend wird die Beziehung Patron – Klient durch formale Reglementierung auf der einen, persönliche Verbitterung auf der anderen Seite zusehends ausgehöhlt.184 4. Im Zentrum von Juvenals Aufmerksamkeit stehen – wie nicht anders zu erwarten – namentlich genannte Vertreter der Oberschicht und die diesen zugeschriebenen Skandale. Durch das Mittel der Generalisierung und anderweitigen Überzeichnung läßt der Satiriker ein Bild entstehen, wonach Nobilität und Ritterschaft ihre ererbten Klassenideale (vgl. hierzu besonders sat.8) verraten, ihre soziale Verantwortung preisgegeben haben. 182 Letzteres gilt für die Gruppe kaiserlicher Freigelassener, wie sie durch Crispinus verkörpert wird. 183 Natürlich impliziert dies nicht – wie in der Forschung ebenso oft wie vorschnell vertreten – einen Zustand völliger Mittellosigkeit. 184 M a r a c h e (199) liest sich im wesentlichen als zustimmendes Resümee dieses Kapitels.
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Ähnlich stellen sich Juvenals Aussagen über die politischen und kultischreligiösen Verhältnisse seiner Zeit dar (281–447: 'Politique et religion dans les satires de Juvénal'): 5. Die Angehörigen des Adels sind in die Verbrechen des vormaligen Regimes verstrickt oder doch durch ihr Schweigen kompromittiert; ihre moralische Defizienz, wie sie sich v.a. in einer – kaum sanktionierten – räuberischen Provinzverwaltung zeigt, hält auch in trajanischer Zeit an. Nicht anders als die Kaiser selbst propagiert Juvenal eine Rückbesinnung auf virtus und politische Moral der Vorfahren. 6. In der Person Domitians skizziert Juvenal den Typ des pessimus princeps als genaues Gegenbild des stoischen Idealkaisers (vgl. ähnlich Plin. paneg. über Domitian, Tac. ann. über Tiberius); von den lebenden Herrschern tritt nur Hadrian – als Hoffnungsträger aller Kulturschaffenden (7,1–21) – beiläufig in Erscheinung.185 7. Die verschiedenen Praktiken von Kult und Aberglauben hat Juvenal zwar nicht als eigenes Thema behandelt, jedoch genauestens beobachtet und seinen moralischen oder satirischen Intentionen dienstbar gemacht. Dabei wird die römische Götterwelt auch einmal zur Gestaltung eines komischen Effektes herangezogen; hauptsächlich jedoch ist die traditionelle Religion als Spiegel elementarer Sittlichkeit, ihre Vernachlässigung als Indiz moralischen Niedergangs in Szene gesetzt. Exotisch-ekstatische Kulte (Isis, Kybele, Judentum, aber auch Bellona, Bona Dea) werden vor diesem Hintergrund als Bedrohung empfunden, ihre Ausübung in die Nähe schamlosen Orgientreibens gerückt.186 Soweit Juvenals eigener Glauben sichtbar wird, scheint dieser verbreiteten populärstoischen Vorstellungen zu folgen. Verstöße gegen die 'Chronistenpflicht' erlaubt sich Juvenal nur dort, wo ihn Vorsicht zu indirekten Anspielungen nötigt oder deklamatorischer Eifer zu Übertreibungen hinreißt; daß sein Interesse an politischen und sozialen Fragestellungen in den späteren Satirenbüchern zunehmend hinter moralischen und damit literarisch vorgezeichneten Themen zurücktritt, läßt zwar weniger Raum für Aussagen von unmittelbarer Aktualität, versperrt dem Dichter jedoch keineswegs den Blick für die Beobachtung der lebendigen Wirklichkeit. Die sachlich überzeugende, zudem vorbildlich recherchierte und durch Indices und Bibliographie mustergültig erschlossene Synthese fordert allenfalls im Detail wirklichen Widerspruch heraus187; ihre Gesamtaussage ist allerdings dahinge185
Seine eigenen Erwartungen hätte Juvenal dabei jedoch getrogen gesehen: Nach G. ist der bittere Kommentar von 7,88–92 als späterer Zusatz des desillusionierten Dichters zu erklären. 186 Dies heißt nicht, daß ein Bacchanal wie 2,82–116 selber kultischen Charakter besäße: Die beteiligten Wüstlinge werden vielmehr mit den als sittenlos verschrieenen Priestern orientalischer Kulte nur assoziiert, um dadurch besonders verachtenswert zu erscheinen. 187 Problematisch etwa zu 1,80 die Identifikation Cluvienus – Helvidius Priscus (nach MacKay bzw. Herrmann [433]), die neue Rekonstruktion von Juvenals Exil, das ihm sein
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hend zu modifizieren, daß auch photographische Realitätstreue – anders als G. anzunehmen scheint – nicht notwendigerweise auf Autopsie gründet, sondern durchaus literarisch gestützt sein kann.188 Spätere Arbeiten verfolgen im wesentlichen das Ziel, den erreichten Forschungsstand – wenn auch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – erneut zusammenzufassen. G é r a r d (184) verweist darauf, wie Juvenal das traditionelle Satiren- bzw. Diatriben-Thema avaritia neu mit der Frage sozialer Mobilität verbindet: Die ohnehin schon Reichen suchen durch weitere Vermögensgewinne ihren Einfluß zu mehren, die Freigelassenen bewerkstelligen durch ihr schamloses Gewinnstreben den gesellschaftlichen Aufstieg, und die mittellosen Klienten sehen sich, so sie ihre Stellung behaupten wollen, zu entehrendem Broterwerb genötigt. Neuerlich resümiert M a r a c h e (185) die communis opinio zum Themenkreis 'Juvenal und die zeitgenössische Gesellschaft'. Nachdem er alle grundsätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Satirikers189 ausgeräumt sieht, durchmustert er seine Äußerungen über den Kaiser, die Nobilität, Klienten, Sklaven und Freigelassene:190 Im Ergebnis erscheint Juvenal als reaktionärer Anhänger einer überholten, in Auflösung begriffenen Ordnung, der – selber ein Opfer des sozialen und wirtschaftlichen Wandels – seine Kritik als moralische Anklage formuliert, um solcherart die Position sittlicher Überlegenheit für sich zu reklamieren.191 Auch für L a u d i z i (186) verschließt sich der Satiriker den wirtschaftlichen Umbrüchen, die dem traditionellen Rentiersdasein des Klienten den Boden entziehen; auf den sozialen Aufstieg der wirtschaftlich erfolgreichen Freigelassenen vermag er nur mit nostalgischem Konservatismus zu reagieren. C o s t a V i t o r i n o (188) fragt erneut nach dem Wert der Juvenalsatiren als Zeugnis für die realen Verhältnisse ihrer Zeit und kommt zu dem – überSarkasmus in Gestalt von 7,88–92 noch in den letzten Jahren Hadrians eingetragen haben soll, der Bezug von 3,249–253 auf eine normale sportula oder die Verknüpfung von 8,85 f. (Schicksal des Rubellius Blandus) mit dem Untergang mehrerer Konsulare während der ersten Monate von Hadrians Regierung. 188 Bedenkenswert hier B a r d o n (183), der davor warnt, Juvenals unleugbaren Realismus a priori mit Realitätsbezug gleichzusetzen. 189 Einschlägige Bedenken gründen etwa auf Juvenals Beeinflussung durch die Rhetorik, seine Neigung zur Übertreibung, seine Predigerattitüde, seine – durch 1,170 f. nahegelegte – Flucht aus der Aktualität und sein – angebliches – Konzept des 'untrustworthy speaker'. 190 Das Herrscherlob am Anfang von sat.7 interpretiert M. dabei als reine Vorsichtsmaßregel, die den Adressaten daran hindern soll, sich durch den Tenor des Gedichtes gekränkt zu fühlen; richtig dagegen die Differenzierung zwischen "noblesse" und "classe riche" (609), gelungen die sentenziöse Zuspitzung, Juvenal praktiziere "sévérité envers les nobles fondée sur un respect intact pour la noblesse" (611). 191 Eine Appendix (631–639) zeichnet auf den Spuren von Colton (374) den Einfluß Martials in unserem Satirencorpus nach.
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zeugenden – Ergebnis, daß sich die Gedichte weder auf Versatzstücke rhetorischer Virtuosität noch auf Reflexe autobiographischer Erfahrungen reduzieren lassen: Als Vertreter der Gattung Satire ist Juvenal allzumal der Realität verpflichtet; wenn er diese aufgrund der von ihm eingenommenen Perspektive nur noch selektiv wahrnimmt und überspitzt darstellt, liefert er zumindest ein zuverlässiges Mentalitätsprofil des "cittadino medio" (271). S a p o t a (187) schließlich bietet nur eine kärgliche, durch Realienerklärung (zur lex Scantinia, zum pater familias) aufgefüllte Stellensammlung zu den von Juvenal kritisierten Grenzverletzungen bzgl. "gender roles" (156), "norms of family law" (156 f.; hier sind 14,54 f.; 246–251; 16,51–54 als Belege herangezogen) und "economic differences" (157); unter die als Gegenbild gestalteten "idyllic images of the simple Republican life" (155) wird erstaunlicherweise auch 6,1–20 subsumiert. 2. Einzelne Schichten a) Kaiser, Regime und Oberschicht Daß Trajans Herrschaft im Werk unseres Satirikers keine erkennbaren Spuren hinterlassen hat, will W a t e r s (189) auf ihren totalitären Charakter zurückführen192; recht besehen, entfällt jedoch durch die programmatische Ankündigung von 1,170 f. jeder weitere Erklärungsbedarf. Zutreffend verweist R a m a g e (191) auf die zentrale Funktion, welche die kaiserliche Propaganda der Diskreditierung früherer Herrscher zuweist; sein Versuch, auch die Juvenalische Satire in dieses – bei Plinius und Martial hinreichend zu belegende – dialektische Bezugssystem von 'denigration' und 'eulogy' einzuordnen und derart zum "part of official policy" (665) zu erheben, scheitert jedoch am objektiven Befund. Mehr als einmal muß R. Juvenals Aussagen seinem zweipoligen Modell mit Gewalt unterordnen (7,1–21 soll die Anerkennung Hadrians einer 'denigration' von dessen Vorgänger dienen, 6,615 ff. der Hinweis auf Caesonia das Gegensatzpaar Caligula – Trajan evozieren)193, eher unspezifischen Tadel zur Herrscherkritik ummünzen ("He denigrates Tiberius through his associates": 673) und – je nach zeitlicher Einordnung des einzelnen Gedichtes – mit einer plötzlichen Neujustierung der satirischen Stoßrichtung rechnen (6,115–132 hat Messalina als Negativfolie für Trajans Gattin Plotina, 10,329–345 für Hadrians Gemahlin Sabina herzuhalten). Würde Juvenals Kritik an Toten der Hautevolee solcherart zum "mild praise or at least acceptance of Trajan and Hadrian" (665) umfunktioniert, ließe sich seine Satire nur noch als gruslige Memorialliteratur ('damals, als alles 192 Versteckten Anspielungen, wie sie die Forschung in sat.4 und 7 hat erkennen wollen, erteilt W. zu Recht eine Absage. 193 "As opposed to the mad Gaius and his chaotic times, Trajan would stand for stability and progress resulting from a thoughtful, sane approach to his responsibilities" (675 f.).
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noch nicht so gut war, ...') begreifen. Daß R.s reduktionistische Sichtweise weder Juvenals Satire noch den Domitiandarstellungen eines Tacitus oder Sueton gerecht wird, sieht auch W i l s o n (194): Et quando uberior vitiorum copia? (1,87) kann nicht von einem Exponenten Trajanischer Propaganda formuliert sein, das von den Zeitgenossen beglaubigte Tyrannenimage des letzten Flaviers nicht zum Nebenprodukt einer prokaiserlichen Werbekampagne kleingeredet werden. Anders der Ansatz von S t e w a r t (192), wonach Juvenal den sittlichen Niedergang seiner Zeit gerade auch dadurch veranschaulicht, daß er den ideologischen Rekurs des Regimes auf traditionelle Institutionen und Riten als jämmerliche Profanierung entlarvt: In sat.2 werden das Amt wie der moralische Anspruch des Zensors durch den Inzesttäter Domitian ausgehöhlt und das altehrwürdige Bona Dea-Fest zur widernatürlichen Orgie pervertiert, in sat.4 Domitians unwürdige Rolle bei der Verurteilung der Vestalin Cornelia (Plin. epist. 4,11,6 f.) in Erinnerung gerufen, sein concilium als Parodie auf die Begehung der Feriae Latinae in Szene gesetzt. Die hierfür angeführten Belege sind von ganz unterschiedlicher Überzeugungskraft194; besonders irritiert jedoch die Behauptung, auch die zur Kontrastierung herangezogenen maiores blieben letztlich nicht ungeschoren, wenn etwa S. aus der willkürlichen Assoziation von 2,34 f. mit M. Aemilius Scaurus, dem selbstherrlichen Zensor von 109 v.Chr., schlußfolgert: "this time the appeal to them [sc. republican political standards] undermines the narrator's own moral posture, showing it to represent further hypocrisy" (313). Was hätte der Satiriker damit für ein Ziel verfolgen sollen? Als wenig hilfreich erweist sich auch die von R a m e l l i (193) vorgelegte Materialsammlung zum Thema 'opposizione all impero' bei Juvenal. Unter der Rubrik 'critica agli imperatori' figurieren hier neben der erkennbar gegen den letzten Flavier gerichteten vierten Satire Stellen wie 2,29–33 (Domitian als markantes Beipiel eines heuchelnden Sittenwächters), 2,99–109 (Otho als weibischer Homosexueller), 6,114–132 (Messalina als kaiserliche Hure), 6,615– 626 (Caligula und Claudius als Opfer ihrer Frauen), 8,211–230 (Nero als exemplum eines hochadligen Liederjans und Verbrechers), 10,329–345 (Fluch der Schönheit am Beispiel von Messalinas Liebhaber Silius), 14,328–331 (Narcissus, der allmächtige Freigelassene des Claudius, als Nabob), wo die Kaiser gerade nicht als Herrscher, sondern als – prominente – exempla individualmenschlichen Verhaltens oder gar als bloße Statisten genannt sind. Wenn die Vf.in weiterhin 8,91–94 als Attacke gegen Nero "per il ... pessimo comportamento nei confronti del senato" (206) und 8,80–86 als "riflessione sulla 194 Auf den Vestalinnenskandal sollen nach v.9 f. noch 35 f. puellae ('virgin' – 'girl friend'); 46 pontifex summus; 60 f. Alba, ignis Troianus, Vesta minor; 66 focus ("the hearth as a place of cult": 323); 69 capi ("the inauguration of a Vestal by the pontifex maximus": 324; vgl. Gell. 1,12,13–16); 147 f. Triumph und Kriegszüge (vor dem Hintergrund von Plin. a.a.O.) anspielen.
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tirannide come degenerazione del potere monarchico" (213) einstuft oder 8,231–244 auf die Aussage "Qui il poeta stima molto maggiore la gloria che fu tributata da una Roma ancora libera al pater patriae Cicerone, rispetto alla gloria che con le armi riuscì a strappare ... il futuro Augusto" (198) zuspitzt195, wird man die Tatsache, daß sie Domitian mit Caligula verwechselt (21147), nicht mehr weiter verwunderlich finden. D e l i g n o n (195) zufolge hätte Juvenal die genostypische Kompositionsform des scheinbar improvisierten, mehrheitlich nachgerade maskierten Eingangs in Verbindung mit einem motivgleichen, Unverfänglichkeit suggerierenden Schluß geschickt dazu genutzt, die Anreicherung seiner Satiren mit subversiven politischen Aussagen zu kaschieren.196 Indes äußern sich die in Rede stehenden Gedichte (1, 2, 3 und 5) gar nicht zu politischen, sondern zu sozialen Mißständen; und vermeintlich hochriskante Regimekritik (sat.5 als "critique de la tyrannie, autrement dit du mauvais empereur": 456) entpuppt sich als Fiktion der Interpretin.197 Nur der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch auf folgende Arbeiten verwiesen: V o l o š č u k (190) stellt Juvenals Aussagen über die römischen Kaiser zusammen; "in deren sittlicher Nichtigkeit erblickte der scharfsinnige Satiriker die krassen Symptome des nahenden Untergangs der römischen Gesellschaft" (Resümee 102). Und V i t o r i n o / C o s t a V i t o r i n o s (196) undifferenzierte Stellensammlung zu Juvenals Sicht auf die einzelnen Kaiser erstaunt nicht minder durch ihr triviales Resultat ("le informazioni fornite dall' autore devono essere utilizzate con la dovuta cautela, perché sono tramandate da un autore satirico") als durch die nachgerade dreiste Schludrigkeit ihrer Orthographie. b) Mittelschicht Nach D a m o n (202) wird die Vorstellung von der despektierlichen Existenz des Komödien–Parasiten in Rom regelmäßig dazu genutzt, spöttische Kritik am Verhalten eines cliens zu üben: Entsprechend charakterisiert Umbricius seine griechischen Konkurrenten (sat.3), der Satiriker den von seinem Patron mit sadistischem Vergnügen gedemütigten Trebius (sat.5). C e c c o / M a n s i l l a (204) liefern eine aus Martial und Juvenal gewonnene Stellenauswahl zur Armut des römischen Mittelstandes, zur Geringschätzung intellektueller, bes. literarischer Betätigung und zur Bereicherung durch 195
In Wirklichkeit sagt Juvenal ausdrücklich tantum ... contulit illi / nominis ac tituli quantum .../... Octavius abstulit (v.240 ff.). 196 Es bleibt allerdings festzuhalten, daß gerade bei Juvenal 6 von 16 Satiren (3, 6, 7, 10, 11, 16) schon unmittelbar zu Beginn auf das spätere Hauptthema verweisen; von den 24 Satiren eines Horaz und Persius kommen dagegen nur 4 ohne alle Umschweife aus. 197 Einen vergleichbar krypto-oppositionellen Standpunkt will D. auch in der angeblich mehrdeutigen Formulierung von Martialepigrammen erkennen: vgl. Mart. 8,55; 9,3; 10,72 und 101.
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unlautere bzw. unwürdige Mittel. Die Auswertung erschöpft sich in einer wohlfeilen Leerformel: "La situación no parece haber variado esencialmente" (55). Als eher oberflächliche Synthese einer unpublizierten Dissertation bietet auch C u b i l l o s P o b l e t e (203) ein aus Juvenalstellen gewonnenes Bild von den Lebensbedingungen des verbitterten Klienten, des notleidenden Intellektuellen und der "prostituta del lupanar" (178):198 Stellenangaben wie auch Inhaltsbeschreibung laufen verschiedentlich ins Leere; merkwürdige Aussagen zu sat.10 ("una narración fantástica": 169) oder 12 ("un tema de índole fantástico": 177) und zum Stil von Horaz ("un estilo ... cargado de pathos": 168) lassen den Leser einigermaßen ratlos zurück.199 Neuerlich durchmustert C o s t a V i t o r i n o (205) den Juvenaltext als Quelle für das – gestörte – Verhältnis Patron – Klient, insbesondere die Sitte morgendlicher salutatio und Sportel-Verteilung200; neue Erkenntnisse vermag auch sie nicht beizubringen. Daß Juvenal auch dem Personenkreis der viri municipales aufgeschlossen gegenübersteht (so D ' A r m s [200] mit Verweis auf 3,171–184; 190–231; 318– 322; 8,231–268)201, braucht nicht weiter zu verwundern; teilt unser Autor doch keineswegs die snobistische Weltsicht der – seit Ciceros Tagen ohnehin deutlich toleranter gewordenen – römischen Oberschicht.202 An der lex Roscia, welche die ersten 14 Theaterreihen für Angehörige des Ritterstandes reserviert, stört Juvenal bezeichnenderweise der Umstand, daß sie den Armen aus guter Familie gegenüber reichen Parvenus zurücksetzt (3,153–159), während Martials lex Roscia-Zyklus (5,8; 14; 23; 25; 27; 35; 38; 41) umgekehrt nicht das Aufsteigertum, sondern Heuchelei und Anmaßung aufs Korn nimmt (M a l n a t i [201]). Hinter Juvenals Denken steht offenbar "an aristocratic ethos, an ethos which emphasizes the innate superiority of those of high birth" (134); was wunder, wenn er auf die Verletzung dieses Ethos durch den Adel selber entsprechend empfindlich reagiert (vgl. sat.8).
198 Zu diesem Stichwort werden nicht nur ganz disparate Belege aufgeführt (3,62–66; 132–136; 6,120–132; 320 f.; O.14 ff.; 9,22 ff.; 10,236–239; 11,171–175), sondern auch eher zweifelhafte Behauptungen formuliert: Oder sollte Juvenal tatsächlich die Edelkurtisane verdammen, für die Gassenhure jedoch Verständnis äußern? 199 Der Abschnitt über Prostituierte ist bei C. P. (206) wiederholt. 200 Wenn L e G a l l (198) die von Martial und Juvenal so häufig beschriebene Geldsportula erst in flavischer Zeit aufkommen sieht, muß er sich lückenhafter Recherche zeihen lassen: Kann sich doch Sen. brev. vit. 14,3 meritoria salutatio kaum auf etwas anderes beziehen. 201 Auch 10,99–102 bildet keine wirkliche Ausnahme: Dort wird der armseligen Existenz des Landstädters vor einer Karriere in Rom der Vorzug gegeben. 202 Der Arpinate hatte sich noch in erheblichem Umfang einschlägigen Anwürfen ausgesetzt gesehen: vgl. Cic. Sull. 22 f.; Att. 1,16,10; Sall. Catil. 31,7; zu ergänzen Ps.Sall. in Tull. 4 homo novus Arpinas; 7 Romule Arpinas.
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Im übrigen scheint sich auch W i n n i c z u k (197) mit Juvenal als Anwalt der sozial wie wirtschaftlich ins Hintertreffen geratenen Schichten zu beschäftigen; auf Polnisch verfaßt, bleibt die Arbeit einer breiteren Leserschaft jedoch verschlossen. c) Sklaven Juvenals und Martials kritische Äußerungen über unverschämte, emporgekommene und in unmoralischen Verhältnissen lebende Sklaven spiegeln nach B a r b u (207) sowohl die soziale Realität wie auch die Sichtweise der Generation. Allein der humane Standpunkt, den beide Autoren gegenüber sadistischen Mißhandlungen einnehmen, soll als individuelles Plus über das zu Erwartende hinausgehen; doch mag ein Blick auf den jüngeren Plinius genügen, um auch hier ein eher zeittypisches Phänomen zu erkennen. G a r r i d o - H o r y liest die Gedichte von Juvenal (und Martial) als Testimonien zur römischen Sozialgeschichte; der spezifische Blickwinkel des Autors spielt dabei kaum eine Rolle. 208 betrachtet die durch Martial und Juvenal gut belegte Funktion der römischen Haus- bzw. Serviersklaven als Statussymbol; für den Satiriker spiegelt sich im Auftreten des Personals zudem das Wesen der Herrschaft (unerträgliche Arroganz der Protzen, sympathische Wohlanständigkeit des kleinen Mannes). 210 behandelt die Soziologie der Fortbewegung (mit besonderem Schwerpunkt auf Sklaven und Freigelassenen). 209 sammelt und bespricht alle Stellen, an denen Juvenal afrikanische Sklaven erwähnt; substantielle Unterschiede im Vergleich zur Bewertung anderer servi sind nicht zu erkennen. 212 beleuchtet Tätigkeit und Stellung weiblicher Sklaven: Juvenals Augenmerk gilt dabei weniger den eigentlichen, im Haus oder als Prostituierte tätigen ancillae als den freigeborenen Frauen, die sich wie Sklavinnen aufführen. 213 thematisiert die Möglichkeiten der Sklaven, durch offenen Widerstand (Mord bzw. Flucht) oder latenten Rückgriff auf Sabotage, Verrat, Intrigen und andere Schliche die eigenen Lebensumstände erträglicher zu gestalten. 211 schließlich versucht sich in einer übergreifenden Synthese zu Juvenals Aussagen über Sklaven und Freigelassene mit dem Anspruch, solcherart "l'état réel de la société du début du second siècle" (22) nachvollziehen zu können.203 Die themenrelevanten Aussagen werden dabei in einzelnen Sachkapiteln vorgetragen; mehr als die Hälfte des Buches ist jedoch der systematischen Aufbereitung des Materials gewidmet: Ausdruck und Übersetzung der einschlägigen Belege (257–534)204 und deren Erschließung durch 203
Erschienen ist das Werk im Rahmen der 'Série des index thématiques des références à l'esclavage et à la dépendance', in der verschiedene antike Autoren nach dem gleichen Muster ausgewertet sind. 204 Atemberaubend die in diesem Zusammenhang betriebene Platzverschwendung: Da G.-H. zu jeder einzelnen Stelle immer den gesamten Kontext mechanisch reproduziert, sind etwa 7,215–243 (29 Verse!) ganze 10 mal(!) unmittelbar hintereinander abgedruckt (416– 426).
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einen 'Index thématique' (535–583).205 Philologische Aussagen sind durch primitivste Sachfehler206 sowie die unkritische Wiederholung längst obsolet gewordener Sekundärliteratur entwertet207; die 221–254 gebotene Bibliographie ist von einer Schludrigkeit, wie man sie keinem Proseminarteilnehmer durchgehen ließe.208 d) Fremde Zutreffend unterscheidet W i e s e n (215) bei Juvenal zwischen einer durch physische Eigenheiten hervorgerufenen Reserviertheit gegenüber Schwarzen und einer auf moralische Defizite fixierten Xenophobie. Sein Versuch, den Satiriker als ausgewiesenen Rassisten zu entlarven209 ("Greeks and Orientals are, then, hated for what they do, Negroes for what they inevitably are": 149), kommt jedoch nicht ohne Verzerrungen aus: 2,23 ("it is blackness per se that Juvenal associates with sickness and crime": 139); 5,52–55; 59 f.210; 8,32 ff. ("Black skin must then ... be a sickness and hideous aberration": 144); 12,4; 13,162 f.; 15,49 dokumentieren letztlich nichts anderes als ästhetisches Befremden; und 6,597–601 geht es – wie S u s s m a n (218) unter Bezug auf Calp. decl.2 richtig ausführt – um "a vivid case where adultery could be proven in the color of the offspring" (859). Unter Verzicht auf Wiesens Differenzierung untersucht W a t t s (214)211 die Wurzeln von Juvenals Fremdenbild (Lesefrüchte [v.a. 'racial stereotyping' betreffend], eigene Beobachtung in den Straßen Roms [und Ägyptens?], Romanozentrik), um dieses sodann als eher indifferent zu charakterisieren: "... 205 Als Rubriken erscheinen hier etwa: Arbeitsbedingungen, Benennungen, Eigennamen, sozio-juridischer Status, Verwendung oder Lebensumstände. 206 Wenige Kostproben mögen genügen: "Son [= Juvenals] œuvre commence ... à la mort de Domitian, plus exactement à la fin (lies: au debut) du règne de Trajan" (12); "la deuxième satire (lies: le deuxième livre) est postérieure à 115" (14); "Crispinus que Juvénal et Martial(!) détestent" (92; Hervorhebung W.K.). 207 Hierzu gehört etwa der Wiederaufguß der von L. H e r r m a n n und R. V e r d i è r e formulierten 18 Vers-Regel (2849): vgl. R. V., Contribution à une pagination nouvelle des "Satires" de Juvénal, Latomus 11, 1952, 327–333; L. H., Sur la disposition de l'original de Juvénal, ebd. 334–336. 208 Exakt die gleichen Fehler sind in den bibliographischen Angaben der Fußnoten reproduziert. 209 Dies gegen den in der neueren Forschung vorherrschenden Trend, die Existenz eines auf Menschen schwarzer Hautfarbe bezogenen Rassismus für die Antike grundsätzlich in Frage zu stellen: vgl. F.M. S n o w d e n , Jr., Blacks in antiquity. Ethiopians in the GrecoRoman experience, Cambridge (Mass.) 1970. 210 Das hochnäsige Auftreten des schwarzen Sklaven (5,62–65) ist nicht mehr durch seine Hautfarbe, sondern – wie bei seinem schönen Gegenüber (v.60 ff.) – durch seine Position im Haushalt eines Reichen kondizioniert. 211 "I use 'race' to refer both to groups differing physically and to culturally or linguistically distinguishable populations" (83).
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the poet felt no special hostility to any one non-Italian group, except perhaps the Egyptians" (95). Eine Sonderstellung nehmen nur Griechen und Juden ein: Die einen werden als subversive Infiltranten und soziale Konkurrenten wahrgenommen und entsprechend mit haßtriefenden Vorurteilen betr. Sprache, Sitten, Aussehen überzogen, die anderen gerade wegen ihres fehlenden Integrationswillens angefeindet. D e G r a f t - H a n s o n (216) sucht aus Juvenal zu belegen, in welchem Umfang afrikanische Bevölkerungselemente im Rom seiner Zeit ihr Auskommen fanden (als Priester etwa, als Händler oder im Rahmen des Unterhaltungsbetriebs) und vereinzelt gar Karriere machten (Crispinus und der 1,130 genannte arabarches). Weil dabei jedoch Schwarzafrikaner und Ägypter über den gleichen Leisten geschlagen werden, ist auch der abschließende Hinweis, Juvenal habe die Afrikaner wegen ihres "social and material success" (180) beneidet, nur partiell schlüssig. Was schließlich Juvenals Verhältnis zu den Juden angeht, entspricht das von W i e s e h ö f e r (217) aus 3,12–16, 6,542–547 und 14,96–106 gewonnene Bild den Resultaten von Watts: Weder durch ihre Zahl noch durch ihre wirtschaftliche Lage als Bedrohung empfunden, geraten die Iudaei durch ihre selbstgewählte Randgruppenexistenz ins Visier des Satirikers; Triebfeder seines Spottes ist Xenophobie, nicht etwa Antisemitismus. Auch nach D ö p p (220) übersteigt Juvenals innere Distanz gegenüber den Juden die seiner Vorgänger Horaz und Persius nur deshalb, weil ihm neben der Skurrilität ihres Kultes auch ihr Nischendasein ins Auge sticht. Und nicht anders äußert sich noch A c h i l l e (221), wenn sie Juvenals Aussagen über die Juden zwei übergeordneten Bereichen zuweist: Als Sozialschmarotzer (3,10–16; 290–296) sind die Hebräer viel zu unbedeutend, um von Umbricius und seinesgleichen als Rivalen wahrgenommen zu werden; als eingeschworene Glaubensgemeinschaft jedoch (6,542–547; bes. aber 14,96–106) wirken sie bis in die römische Oberschicht hinein und ziehen so das Odium der Volksverführung auf sich. Nur L a i g n e a u (219) will dem Juvenaltext jenseits genereller Fremdenfeindlichkeit eine umfassende Abneigung speziell gegen Juden entnehmen; doch vermag sie die Nadelstiche gegen Bettler (3,13–16), inzestuös lebende Nabobs (6,155–160), traumdeutende Scharlatane (6,542–547) und Angehörige einer skurrilen Glaubensgemeinschaft (14,96–106) weder als einheitlich grundierten Antisemitismus wahrscheinlich zu machen noch glaubhaft auf eine übergreifende Absicht ("vaine tentative pour détourner ces concitoyens de la contagion tant redoutée par la religion hébraïque": 57) zurückzuführen. 3. Personen- und Berufsgruppen Aus feministischer Perspektive verfolgt G o l d (230) "the semiotics of gender" (380) in den Juvenalsatiren: Während sich beim idealen Mann Aussehen
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und Charakter zu einer harmonischen Einheit fügen212, werden Frauen entweder auf ihre – unvorteilhafte – Körperlichkeit reduziert oder für den Einsatz ihres Äußeren als Mittel der Verstellung angeprangert – Aspekte, die auch Juvenals Bild des Homosexuellen (mit der Gleichsetzung von "cross-dressing" und "deviant behavior": 380) bestimmen. Sicher wird dabei die Abneigung des Satirikers gegen jede Form von "disintegrating gender codes" (382) deutlich; mit der Behauptung, Juvenal habe den Frauen letztlich gar das Menschsein abgesprochen (38149 wegen 6,283 f.) und einen cinaedus als "only 'real man' " (381 zu 6.O.28 purum ... virum) präsentiert, schießt die Vf.in jedoch eindeutig über das Ziel hinaus.213 B e r r i n o (231) bietet einen im Elementaren verharrenden, dafür jedoch um Spekulationen214 bereicherten Kommentar zu den auf Giftmischerinnen bezogenen Juvenalstellen (1,69–72; 6,638–642; 655–661); das Verständnis des Textes wird dadurch ebenso wenig gefördert wie durch T o u r l i d è s (226, 227, 228), der zu den beiden von Krötengift handelnden Versen (1,70; 6,659) gerade nur Übersetzung, Paraphrase215 und trivialste Sacherklärung beizusteuern weiß. P o s a d a s (233) äußert sich zur Rolle nichtrömischer Frauen bei Juvenal; dabei gelangt er zu dem weder verwunderlichen noch besonders aussagekräftigen Schluß216, dieser Personengruppe komme im Wertesystem des Satirikers keine besondere Bedeutung zu. Daß C o l t o n (225) aus 3,175 f.; 5,141–145; 7,158–166; 213; 11,143–160 und dem Stoff von sat.14 Juvenals Kinderliebe erschließen und aus einer einzigen weiteren Stelle (5,138 f. an die Adresse des armen Klienten Trebius: nullus tibi parvulus aula / luserit Aeneas nec filia dulcior illo) sogar einschlägige Präferenzen belegen will ("is fonder of little girls than of little boys": 1), ist nicht anders als naiv zu nennen.
212 Zu beachten ist, daß G. hier von "Juvenal's implied ideal Roman man" (371) ausgeht: Außer 11,154 ingenui vultus puer ingenuique pudoris weiß sie jedoch keinen einschlägigen Beleg zu nennen. 213 Auch eine Lektüre von sat.6 "as focused on the construction of male gender" (382) dürfte den Intentionen des Autors nicht unmittelbar entsprechen. 214 So sollen 1,72 die propinquae wegen des angeblichen "senso primo di maritus come amator" (10) auf die Beseitigung ihrer Liebhaber aussein, die Gattenmörderin Clytemestra (6,656) auf Agrippina verweisen. 215 Zu deren Zuverlässigkeit vgl. 227, 97: "Plus précisément, il satirise la grande dame qui a mélangé le poison du crapaud avec le vin de Calène qu'elle a offert à son mari et qui, est mort empoisonné, ayant devenu noiratre et de cette façon, elle a évité les accusations de ses parents pour avoir tué son mari." 216 Beeinträchtigt wird die Untersuchung durch die kümmerlichen Fallzahlen (namentlich genannt sind gerade einmal 9 Frauen, genauer 3 Königinnen, 2 Prostituierte, 2 Freigelassene(?), 1 Mimin und 1 Sklavin), aber auch durch P.s willkürliche Bewertungen (die jüdische Wahrsagerin von 6,542–545 "provoca cierta simpatía en Juvenal": 93).
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Die im folgenden unter der Sparte 'Berufe' aufgeführten Arbeiten betreffen Berufsgruppen, die entweder selbst als Gegenstand der Juvenalsatire auftreten oder aber die Gedankenwelt, vielleicht auch nur das Vokabular des Dichters beeinflussen. Einer Anregung von W.S. A n d e r s o n folgend217, untersucht I v e r s o n (223) den Stellenwert des 'military theme' in Juvenals Werk. Sein Material, das er Satire für Satire ohne analytische Differenzierung zusammenträgt, umfaßt einzelne Vokabeln (petere u.ä.), Metaphern, Gestalten aus Mythos und Geschichte – teils als idealisierte Gegenbilder zur aktuellen Verkommenheit, teils auch nur als literarische Größen (etwa als typisches Personal des Epos) genannt218 –, das Militär als zentrales Thema (sat.16) oder als flüchtig angerissenes Motiv (Gladiatur)219, schließlich die Selbststilisierung des Satirikers als Kämpfer gegen das Laster (1,168–171). Die militärische Konnotation der einzelnen Aussagen wird dabei mehr als einmal regelrecht forciert220; entsprechend erscheint auch das in der 'conclusion' entworfene Panorama einer nachgerade militaristischen Weltsicht des Satirikers als Zerrbild: 1. "Juvenal considered the military of the Republican period as his ideal for the manhood of his own time" (145). 2. "In Juvenal's ethical standard manliness and readiness for war are inseparable qualities" (152).221 3. "For Juvenal life itself is a battle for survival" (161), was für alle Daseinsbereiche gelten soll; vgl. zu sat.5: "this cena is to be presented as a battle between host and guest" (47); zu sat.7: "the life of the intellectual ... is a battle" (63); zu sat.10: "life is a battle" (78); zu sat.6: "he describes the marriage as a battle" (106); und überhaupt: "satire is war" (162). M a r o n g i u (224) sammelt alle im weitesten Sinne auf Rechtsfragen bezogenen Juvenalstellen, bleibt deren substantielle Kommentierung jedoch weitestgehend schuldig (am instruktivsten noch die Ausführungen zu den Privile217
W.S. A., Studies in book I of Juvenal, YClS 15, 1957, 33–90, hier: 45–55 (= d e r s . , Essays on Roman satire (110), 197–254, hier: 209–219). 218 Die mechanistische Vorgehensweise von I. erhellt etwa daraus, daß er die Charakteristik des jugendlichen Raufboldes von 3,279 f. (noctem patitur lugentis amicum / Pelidae) als "Juvenal makes reference to the Trojan war and the grief it brought to Achilles" (31) verbucht. 219 Merkwürdigerweise wird das Oxford-Fragment von sat.6 in diesem Zusammenhang völlig ignoriert. 220 Über die Bauernstiefel des Umbricius weiß I.: "the theme of struggle is summed up in caligatus" (35); das concilium der Fischsatire "is similar to one called for military matters" (39); Tuccia vesicae non imperat (6,64) verwendet "a military metaphor" (104). Die Beispielreihe ließe sich nach Belieben fortsetzen. 221 Auch ein sozialpolitischer Impetus, wie er 147 für den Satiriker in Anspruch genommen wird ("In his conservatism Juvenal yet favors the growth in influence of the plebeians in military and civilian life"), läßt sich nicht wirklich im Text verankern.
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gien der Soldaten in sat.16): Daß hic est (1,161) die "dichiarazione del denunziante" (172 bzw. 685) betrifft und 4,1 f. est mihi ... vocandus / ad partes juristische Terminologie verwendet, war kein Geheimnis; und zu 1,22 cum tener uxorem ducat spado wäre man auch lieber über die juristische Beurteilung des Falles als über das übliche Eheziel liberorum procreandorum causa aufgeklärt worden.222 Die von B a l d i n (232) ohne System zusammengetragenen und zudem lieblos erläuterten Belege für Juvenals Umgang mit medizinischer Terminologie (2,78–81; 3,76; 6,28 f.; 45 f.; 419–423; 565; 620–626; 651 f.; 13,95 ff.; 14,57 f.) sollen belegen, "how not only medicine, but also paramedical activities and personnel had already reached Rome and spread across the city" (73 im englischen 'abstract'). R i c h a r d s (222) subtile Auswertung der Juvenalsatiren als historischer Quelle über die Eunuchenpriester der Magna Mater führt zu einem differenzierten Ergebnis: Sind doch die Andeutungen von 2,110–116, da nur beiläufig und in der Funktion eines Vergleichs geäußert, ohne eigenen Wert223, während 6,511–521 von eigener Anschauung Juvenals zeugen224 und in willkommener Weise die moderne Forschung bestätigen: Ungeachtet der Maßnahmen des Claudius sind in den Straßen Roms offenbar auch noch zu Beginn des 2.Jh. Bettelzüge der Gallen anzutreffen. Nach Ausweis der von B e r t h e t (229) gesammelten Stellen (3,42–45; massiert in sat.6: v.390–397; 548–552; 582–587) ist die etruskische Haruspizin in den Augen Juvenals zum gewerbsmäßig betriebenen Wahrsage-Hokuspokus verkommen, dessen Vertreter eher nicht mehr dem Kreis der offiziellen haruspices Augusti entstammen.225 Noch deutlicher hebt N i c e (548) hervor, daß Juvenal im superstitio-Kapitel seiner 6. Satire (v.508–626) fast durchweg Seher und Deuter exotischer Provenienz (Juden, Ägypter, Orientalen) karikiert, während die vetustissima Italiae disciplina der etruskischen Haruspizin von den Ausstellungen des Satirikers verschont bleibt.226 Verfehlt jedoch N.s Annahme, durch diesen Befund ließen sich seine eigenwilligen Spekulationen über Person und Rolle des Umbricius in sat.3 untermauern (vgl. dort).227 222
Einschlägig ist Ulp. dig. 23,3,39,1. – Erstaunlich im übrigen die Hilflosigkeit, die M. angesichts der 14,324 genannten lex ... Othonis (= lex Roscia theatralis) an den Tag legt: "un' altra [sc. lex] per quanto io sappia del tutto ignota" (169 bzw. 683). 223 Den Kontext vor Augen, wird man den crine senex fanaticus albo / sacrorum antistes von v.112 f. nicht notwendigerweise als Archigallus identifizieren dürfen. 224 Vgl. v.512 f. ingens / semivir: Beobachtung verstärkten Längenwachstums als Konsequenz iam pridem (in Phrygien?) erfolgter (v.514 f.) präpubertärer Kastration. 225 Nur 2,121 und 13,62 f. ist noch von seriösen Aktionen der Zunft (Entsühnungsmaßnahmen!) die Rede. 226 Die Formulierung nach Tac. ann.11,15; zur Differenzierung in der Sache vgl. auch Cic. div. 1,132. 227 Schon die Annahme, die Ähnlichkeit von 6,542–547 und 3,13–16 (Aussagen über die Juden) sei nicht beobachteter Wirklichkeit, sondern literarischer Selbstreferenzialität zuzu-
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4. Soziale Interaktion a) Lebensraum (vgl. auch A n d u e z a [522] und B r a u n d [530]). G o l d (241) zufolge soll Juvenal sowohl die düstere Darstellung der Stadt als Quelle mannigfaltigen Ungemachs wie auch das Gegenbild eines idealisierten Landlebens durch Ironie und 'ambiguities' relativiert haben: Daß sich in beiden Zusammenhängen topische Motive und Übertreibungen benennen lassen, rechtfertigt jedoch noch lange nicht ihre Schlußfolgerung: "The country is used as a negative, balancing, or counter-text to shore up the unspoken claim that the urbs is the most exciting and interesting place to be" (55).228 Vorsichtiger das Urteil von B o n d (243), der das nostalgische Bild des genügsamen, sorgenfreien Landlebens, wie es die Satire mehrfach gegen die offizielle Sicht der glanzvollen Metropole Rom in Stellung bringt, bei Horaz und Juvenal näher kontextualisiert: Empfindet der Augusteer von seiner Warte aus die Unbequemlichkeiten des städtischen Daseins noch als eher lästige Beeinträchtigung seiner inneren Freiheit, spitzt Juvenal den Gedanken zu, indem er in uneingeschränkter Solidarität mit den Außenseitern der Gesellschaft die Lebensumstände der iniqua urbs (1,30 f.) als unerträglich anprangert, ohne sich diesem Moloch jedoch letztlich selber entziehen zu können: "The countryside is still present as an idea, but provides no real alternative habitation for a man such as Juvenal" (91). L a r m o u r (250) kann zeigen, daß die Gestaltung des öffentlichen Raumes bei Juvenal einem einheitlichen Konzept unterliegt ("They [= the specific locations] are inherently repulsive": 207); seine weiteren Ausführungen erstikken unter der Last textferner, v.a. an J. Kristeva ausgerichteter Theoreme.229 In niederländischer Übersetzung präsentiert R e e k m a n s (238) Passagen, die Juvenals Sicht auf die Lebensverhältnisse der Großstadt unter materiellem, ökonomischem und sozialem Aspekt Gestalt gewinnen lassen. In ihrer Gesamtheit erscheinen ihm die Belege dafür zu sprechen, daß sich der Satiriker nicht von der indignatio des honorigen Zeitzeugen, sondern von der Verbitterung des persönlich Benachteiligten die Feder führen läßt. b) Einzelne Anlässe Mit zahlreichen Belegen aus dem Wortfeld amicus/amicitia dokumentiert S e a g e r (236) das bei Tacitus und Juvenal vorherrschende Gefühl, auch die ordnen ("It seems highly probable that Juvenal was inspired at this point [sc. 6,542–547] by his brief reference in Satire Three": 413), wird nur einem Teil der Formulierung, nicht jedoch dem berichteten Sachverhalt gerecht. 228 Die Abwertung des rus bewerkstelligt G. im wesentlichen durch seine Verbindung mit dem Motiv der "Good Old Days" (57), das sie seinerseits vorschnell als "tongue-in-cheekpaean to simpler times" (56) abtut. 229 L. orientiert sich über weite Strecken an J.K., Powers of horror. An essay on abjection (tr. L.S. Roudiez), New York 1982.
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Freundschaft als einer der Grundpfeiler gesellschaftlichen Lebens habe den allgemeinen Verfall der Moral nicht unbeschädigt überstanden: Die amicitia des Herrschers ist lebensbedrohlich; und auch andere 'Freunde' lassen sich in ihrem Tun von Treulosigkeit und Verrat, Heuchelei und Selbstsucht leiten. Einzig in der Ursachenforschung geht Tacitus einen Schritt weiter, sieht er doch auch hier letztlich den Prinzipat in der Verantwortung. Entsprechend hatte bereits L a F l e u r (235) die Behauptung aufgestellt, Juvenal versehe die Begriffe amicus und amicitia – mehrheitlich im technischen Sinne von patronus/cliens bzw. clientela benutzt – durchgängig mit einem abschätzigen Beiklang, war dabei jedoch schon dort verschiedentlich eher gewaltsam verfahren: vgl. zu 3,1 veteris ... amici ("Is he friend? Or something less?" 55) oder 3,279 f. lugentis amicum / Pelidae ("The implication is that the bully has no friend": ebd.). 237 will L. amicus gar als Leitbegriff und die Destruktion der amicitia bzw. der Beziehung Patron – Klient als Kernmotiv des ersten Satirenbuches erkennen: In sat.1 werde das Thema angeschlagen (1,33–36; 132–146), in sat.2 neuerlich berührt (2,134 f. "touches upon another perversion of amicitia": 176), in sat.3 fortgesetzt und mit den – L. zufolge strukturell wie thematisch eng verbundenen – Satiren 4 und 5230 zum Höhepunkt bzw. Abschluß geführt. Das raffinierte Beziehungsgeflecht, das L. allenthalben entdeckt haben will (bes. zum Stichwort magnus amicus: vgl. 1,33; 3,57; 4,20; 74 f.; 5,14), basiert jedoch letztlich auf der forcierten Verabsolutierung eines – zudem unscharf gefaßten – Einzelbegriffs. Letztlich sorgt erst K o n s t a n (240) für die nötige begriffliche Klärung: Seinen Ausführungen zufolge wird das Substantiv amicus grundsätzlich nicht im technischen Sinne synonym für cliens gebraucht, sondern setzt das Vorhandensein eines auf Freiwilligkeit, Aufrichtigkeit, Uneigennützigkeit beruhenden und nicht zuletzt durch Ausgewogenheit bestimmten Verhältnisses231 voraus. Wenn Juvenals 5. Satire diese begriffliche Trennung zu ignorieren scheint, so nur deshalb, weil sie sich voll sarkastischem Spott die realitätsferne Sichtweise des geschundenen Klienten zu eigen macht: "Trebius is the victim of his own illusion" (338).232
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Das Verhalten von Domitian/Crispinus soll in den zwei amicus-Passagen von sat.1 präfiguriert und in der Konstellation Virro/Trebius (sat.5) fortgeführt, das mullus-Thema von 4,15–21 in 5,80–106 wieder aufgegriffen, die Epiloge aufeinander bezogen ("in the concluding line of each poem there is a final thrust at the odious lord": 174) und sat.5 (wegen v.3 f.; 32–37; 56–59; 108–111; 146 ff.) mit einem "political undercurrent" (174) versehen sein ("linking the degeneracy of Rome's social institutions ... with the degeneracy of her emperors": ebd.). 231 Ausgewogenheit im genannten Sinne ist natürlich nicht a priori an die gesellschaftliche Gleichstellung der Beteiligten gebunden. 232 Wenn T e n n a n t (367), 16324 mit Hinweis auf 5,32 cardiaco numquam cyathum missurus amico neuerlich Zweifel an der Möglichkeit einer stringenten Differenzierung zwischen amicus
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Angesichts der thematischen Schwerpunktsetzung in sat.2, 6 und 9 nimmt es nicht wunder, daß Sexualität in den Juvenalsatiren primär als Homosexualität wahrgenommen wird. Was die weibliche Homosexualität anlangt, irrt indes H a l l e t t (239), wenn sie in ihrer einschlägigen Studie Juvenal eine Sonderstellung einräumt: Ihrer Behauptung, der Satiriker bezeuge in seiner Laroniarede (2,47– 53) nicht nur die aktuelle Verbreitung einschlägiger Praktiken, sondern "defends and displays witty tolerance toward all female sexual activity, tribadism included" (219), wird durch 6,306–313 der Boden entzogen. F ö g e n (242) zeichnet die negative Haltung nach, die Juvenal gegenüber dem Gesamtbereich männlicher Homosexualität einnimmt: In seiner zweiten Satire ereifert sich der Dichter in diesem Zusammenhang über die alles Herkommen verletzende Aushöhlung des männlichen Rollenverständnisses und über die forcierte Scheinheiligkeit derer, die ihr Laster zu verbergen trachten; in sat.9 nimmt er zusätzlich noch die Perversion des Klientelwesens und die "Preisgabe der persönlichen Würde aus blankem Materialismus" (71) in den Blick. Irrig jedoch F.s Ansicht, in diesen Ausführungen sei ein Gegenentwurf zur partiellen Akzeptanz von Homosexualität zu greifen, wie sie in der "homoerotische(n) Dichtung" (74) Roms sichtbar werde; handelt es sich dabei doch um ein völlig anderes Phänomen: Das Wohlwollen der Dichter bezieht sich eben nirgendwo auf homosexuelle, sondern allemal auf päderastische Verhältnisse, denen im übrigen auch Juvenal keineswegs a priori ablehnend gegenübersteht (vgl. 6,33–37).233 Die durch ihren modernistischen Wissenschaftsjargon wie durch die mangelnde deutsche Ausdrucksfähigkeit ihres Vf.s bis zur Unerträglichkeit belastete Dissertation von S c h m i e d e r (249) gefällt sich anscheinend darin, Juvenal (und Martial) als antiken Vorläufer von Pier Paolo Pasolini herauszustellen. Was auch immer der Satiriker, selbstredend "als Homosexueller innerhalb des Milieus" (143) – Naevolus entsprechend als "sein empirisches alter Ego" (154) – zu verorten, in den Satiren 2, 3, 4, 6 und 9 zum Thema Sexualität äußert, resultiert aus "Einblicken, wie nur das Milieu sie bietet" (134)234; und cliens äußert, ist ihm die besondere Tönung der Stelle entgangen (Adamietz [16] z.St.: "amico ironisch für den Klienten"). 233 Daß die altertumswissenschaftliche Sekundärliteratur in Nachfolge des irreführenden Buchtitels von K.J. D o v e r , Greek homosexuality, London 1978 diese Differenzierung bis in neueste Zeit mehrheitlich ignoriert, raubt einem Gutteil ihrer Forschungsergebnisse schlichtweg das Fundament; unzutreffend eben auch Courtney (79) zu 6,34 (ein Lustknabe als bessere Alternative zur Ehe): "The advice is of course ironical, coming from the writer of Two." 234 Vgl. etwa zur Aussage von 6,238: "Während dessen [=des Arztes] Herbeirufen und Reflexion über Tradierung der mores nimmt jener (sic!) autoerotische Handlung wie ein Erfahrungsimport eines anderen Bereichs sich aus, der leidlich dem Gegenstand angedient wurde. Juvenal allerdings mag jenes praeputia ducere (6,238) – wohl in anderem Zusammenhang – persönlich gut kennen, und nicht allein im Sinne hinsichtlich impatiensque morae (6,238)" (143 f.).
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motivische Übereinstimmungen mit Martial sind entsprechend nicht intertextuell, sondern durch "gemeinsame Erfahrung – sei sie eben durchs Milieu vermittelt" (124) zu erklären.235 Ob sich derlei obsessiv vorgetragene Fehleinschätzungen in irgendeinen Erkenntnisgewinn ummünzen lassen, mochte der Berichterstatter nicht mehr weiter verfolgen: Wie die altehrwürdige HumboldtUniversität zu Berlin das unausgegorene Produkt als Promotionsleistung anerkennen konnte, bleibt ein Mysterium.236 B l á z q u e z M a r t í n e z (248) schließlich präsentiert eine aus Juvenal und dem "escritor satírico hispano" (55) Martial bezogene Stellensammlung zu den Themen männliche und weibliche Homosexualität, Sexualpraktiken und Prostitution; weder zur Autorintention noch zum kulturgeschichtlichen Hintergrund erfährt der Leser irgendetwas Substantielles. B o c c h i (246) will die Rolle des Theaterwesens als wiederholtes Ziel Juvenalischer Polemik ausmachen, läßt dabei jedoch die nötige Feindiagnostik vermissen. 1. 6,63–75 spotten die Laszivität der Darbietungen wie auch die einschlägigen Reaktionen des (weiblichen) Publikums jeder Beschreibung; Schauspieler werden folgerichtig zum Objekt erotischer Begierde.237 2. Daß der tragische Dichter materielle Not leidet (7,72 f.: Rubrenus Lappa) und der Epiker seine Zuflucht zur Abfassung von Libretti nehmen muß (7,82– 87: Statius), sagt höchstens am Rande etwas über die Entartung des zeitgenössischen Theaters, weit mehr dagegen über das Versagen des Mäzenatentums. 3. Wenn der adlige Lentulus auf der Bühne seine Haut zu Markte trägt (8,187–199), erfährt er einen Verlust an dignitas, der als solcher gerade nicht aus der Amoral oder Niveaulosigkeit des Spektakels, sondern aus der sozialen infamia des Schauspielers erwächst. Juvenals kritischer (negativer?) Haltung gegenüber dem Theaterwesen soll – so M a u r i (247) – allein im Falle der Atellane wohlwollende, von der libertas 235
"Da Juvenal – wie Martial als auch durch ihn – ebenso dem Milieu sehr nahestehend bis zugehörig, lassen an seinem Werk – diesseits aller Stereotypen – einige Momente sich ausmachen, an denen, trotz höchster Vorsicht, jenes durchscheint, was als Erfahrung sich zu verbergen sucht" (124). 236 Sch.s potentielle Leser sollten sich für Mitteilungen nachstehender Art erwärmen können: "Daß diesem [R. Barthes?] Allmachtsphantasien bezüglich einer omnipotenten Semiologie zu Seite gingen, die ex tempore jeden Text qua "code herméneutique" universellem Verstehen unterwürfe, spiegelt lediglich die Strukturen einer Gesellschaft, die das Ende rekonstruierender Lektüren zeitigt wie vordergründig dem Medium das Wort reden wird. Auch wenn Foucault, fragend, was den (sic!) ein Autor sei, lediglich heutige Verwertungsmechanismen, denen der im Sachzusammenhang gefangene Schöpfer unterliegt, vorführt, ... beschreibt er ihn als de facto vom Werk, i.e. von dessen Verwertung negierten" (175 f.). 237 Erstaunlicherweise verliert B. diesen Kontext gleich wieder aus den Augen, wenn er aus v.71–75 (bes. 75 an exspectas ut Quintilianus ametur?) die Aussage ableitet, das Theater habe den allgemeinen Geschmack derart verdorben, daß seriöse Autoren wie Quintilian beim Publikum keine Beachtung mehr fänden ("vengono sistematicamente ignorati": 304).
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dieser Dramengattung wie auch ihrer altitalischen Herkunft getragene Aufgeschlossenheit gegenüberstehen. Indes vermag auch hier der Text eine solche Aussage nicht zu stützen: 3,172–179 handeln von der bescheidenen Kleidung der Landbewohner, die auch an einem Festtag (Aufführung einer Atellane!) keine Veränderung erfährt, 6,71 f. von der erotischen Attraktivität eines Atellanenschauspielers ("Dem geringeren Ansehen der Gattung entsprechend ist auch der Kurswert des Urbicus geringer [als z.B. der der Komödienschauspieler 73]": Adamietz [16] z.St.), und 7,115 ff. (Angst des plädierenden Anwalts) nimmt höchstens auf das armorum iudicium in Ov. met. XIII (vgl. dort v.1–4), nicht jedoch auf eine Atellane Bezug. C o l t o n (234) interpretiert die einschlägigen Passagen, in denen sich Juvenal zur Abhaltung von Dichterlesungen äußert: Daß sich der Satiriker 1,1–18 und – in pointierter Übersteigerung – 3,6–9 über die nervtötende Dauerbeschallung von seiten mediokrer Dichterlinge mokiert, während er sich 7,39–47 und 82–87 mit den armen Poeten, die auch durch Zuhilfenahme teurer recitationes auf keinen grünen Zweig zu kommen vermögen, solidarisiert, wäre jedoch nicht vermöge des von Anderson (350) postulierten globalen Perspektivenwechsels vom 'angry' zum 'compassionate satirist', sondern konkret durch die unterschiedliche Thematik der Gedichte zu erklären gewesen. In V i l l e g a s G u i l l é n s (245) Zusammenstellung der auf das Phänomen recitationes bezogenen Belege bei Persius und Juvenal238 befremdet bereits die Textauswahl (unter der Rubrik 'lectura pública del poeta pobre' sind sat.7,1–7; 20 f.; 36–47; 74–77; 94–97; 240–243 in spanischer Übersetzung aufgeführt); da die Arbeit überdies weder eigene Reflexionen des Vf. aufweist noch auch nur auf irgendwelche Sekundärliteratur Bezug nimmt, ist ihr der wissenschaftliche Charakter insgesamt abzusprechen. Juvenals Äußerungen über die Ausrichtung von Gastmählern spiegeln nach S t e i n - H ö l k e s k a m p (244) einen zeitgenössischen Diskurs, in dem sich auch Plinius und Martial zu Wort melden: Auf der einen Seite steht eine "ästhetisierende und moralisierende Idealvorstellung" (470) von traditionsorientierter frugalitas bzw. continentia (sat.11); auf der anderen wird an der prinzipiellen aequalitas aller Gäste als Dokument "der inneren Geschlossenheit der beim Mahl versammelten Gruppe" (486) festgehalten (sat.5).
238 Ein einleitender Abschnitt 'diferencias entre ambos auctores' bietet gerade nur ein paar Fragmente willkürlich nebeneinandergestellten Handbuchwissens.
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Walter Kißel IX. Personen und Sachen 1. Personen
251. B. B a l d w i n , Three characters in Juvenal, CW 66, 1972–1973, 101– 104. [Umbricius, Cordus/Codrus, Cluvienus] 252. R.A. L a F l e u r , A prosopographical commentary on Juvenal, book one, Diss. Duke University, Durham (N.C.) 1973, XII & 247 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 34, 1973–1974, 745A–746A. 253. –, Catullus and Catulla in Juvenal, RPh 48, 1974, 71–74. 254. P. W h i t e , Ecce iterum Crispinus, AJPh 95, 1974, 377–382. 255. W.C. M c D e r m o t t , Ecce iterum Crispinus, RSA 8, 1978, 117–122. 256. B. B a l d w i n , Juvenal's Crispinus, AClass 22, 1979, 109–114. 257. J.J. P y n e , A study of Juvenal's use of personal names, Diss. Tufts University, Medford (Mass.) 1979, 175 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 40, 1979–1980, 1449A. *258. E. T a n i , Exempla maiorum in Juvenal (in japan. Sprache mit englischem Resümee), ClassStud 1980, 67–76. 259. A. V a s s i l e i o u , Crispinus et les conseillers du prince (Juvénal, Satires, IV), Latomus 43, 1984, 27–68. 260. J. F e r g u s o n , A prosopography to the poems of Juvenal, Bruxelles 1987, 250 S. Rez.: H e l l e g o u a r c ' h , REL 66, 1988, 316–317; J o n e s , CR 38, 1988, 255–257; M o n t i , BStudLat 18, 1988, 74–83; E c k , Gnomon 63, 1991, 553– 554; R a e p s a e t - C h a r l i e r , AC 60, 1991, 407–409. 261. M.M. W i n k l e r , Juvenal's attitude toward Ciceronian poetry and rhetoric, RhM 131, 1988, 84–97. 262. F. B e l l a n d i , L'immagine di Mecenate protettore delle lettere nella poesia fra I e II sec. d.C., A&R 39, 1994, 78–101. 263. S.N. B y r n e , Maecenas in Seneca and other post-Augustan authors, in: S.N. B y r n e – E.P. C u e v a (Hgg.), Veritatis amicitiaeque causa. Essays in honor of A.L. Motto and J.R. Clark, Wauconda (Ill.) 1999, 21–40. 264. A. T r a i l l , Menander's Thais and the Roman poets, Phoenix 55, 2001, 284–303. 265. C. N o t t e r , La figure de Crispinus chez Martial et Juvénal, Resümee in REL 82, 2004, 10–11.
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2. Geographisches 266. S.H. B r a u n d , Juvenal and the east: satire as an historical source, in: D.H. F r e n c h – C.S. L i g h t f o o t (Hgg.), The eastern frontier of the Roman empire. Proceedings of a colloquium held at Ankara in September 1988, Oxford 1989, 45–52. 267. N. M é t h y , Juvenal et l'Afrique, REA 95, 1993, 473–486. 268. –, L'évolution du terme prouincia au second siècle de notre ère. Remarques à propos d'un vers de Juvénal, Latomus 55, 1996, 101–111. 269. A.I. S a k e l l a r i o u , Δ. Ἰούνιος Γιουβενάλης καὶ Αἰγαῖον πέλαγος, Platon 47–48, 1995–1996, 141–147. 270. D.Z. N i k i t a s , Η Μακεδονία στη ρωμαϊκή λογοτεχνία: ένα οδοιπορικό στις πηγές (mit deutschem Resümee), EEThess(philol) 7, 1998, 25–44. 3. Tiere, Pflanzen, Sachen 271. O.W. R e i n m u t h , The meaning of ceroma in Juvenal and Martial, Phoenix 21, 1967, 191–195. 272. R.D. B r o w n , The litter: a satirical symbol in Juvenal and others, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 3, Bruxelles 1983, 266–282. 273. A. G o s l i n g , Juvenal's African animals, Akroterion 35, 1990, 73–79. 274. G. G u i l l a u m e - C o i r i e r , Juvénal: la satire par les plantes, RBPh 68, 1990, 109–129. 275. M. D u b r o c a r d , Le lexique du vin dans les Satires de Juvénal, in: d e r s . (Hg.), Hommage au doyen Weiss, Sophia-Antipolis 1996, 281–288. 276. J.J. B o d o h , An analysis of the ideas of Juvenal, Diss. Univ. of Wisconsin 1966, 166 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 27, 1966–1967, 1042A. 277. –, Artistic control in the satires of Juvenal, Aevum 44, 1970, 475–482. 1. Personen a) Generell Der prosopographische Hintergrund der Juvenalsatiren – bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts nur unvollkommen durch die Vorstudien von F r i e d l ä n d e r und H i g h e t erschlossen239 – wird erstmals 239 L. F., Ueber die Personennamen bei Juvenal, in: 74, 99–106; G. H. (zit. oben Anm. 1), 289–294. Den Dissertationen von E. E p k e m a (Prosopographiae Juvenalis pars prior,
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von L a F l e u r (252) zum Gegenstand systematischer Forschungen erkoren. Im Rahmen eines einschlägigen Kommentars sucht er alle im ersten Satirenbuch (sat.1–5) mit Namen genannten bzw. durch greifbare Anspielungen bezeichneten Personen zu identifizieren oder – wo dies nicht gelingt – wenigstens den Kategorien 'historisch/real' resp. 'fiktiv' zuzuordnen und aus diesen Erkenntnissen Schlußfolgerungen für "the satirist's techniques in the selection and disposition of personal names" (S. III) zu ziehen. Durch Bündelung aller verwertbaren Aussagen vom spätantik-frühmittelalterlichen Scholiasten bis zu aktuellen Forschungen auf dem Gebiet von Prosopographie, Epigraphik und Papyrologie lassen sich die bekannten Zuschreibungen absichern; eigene Wege beschreitet L. im Falle von 1,33 magni delator amici (am ehesten mit dem mehrfach bei Plinius genannten M. Aquilius Regulus [Britannicus] gleichzusetzen), 2,49 Catulla, 2,50 Hispo (=Romanus Hispo: vgl. Tac. ann. 1,74), 2,68 Procula (hier wie 3,203 als ehebrecherische Gattin des Poeten Cordus identifiziert), 3,29 f. Artorius/Catulus und 4,53 Armillatus (vorzugsweise nicht als Eigenname, sondern als verächtliches Epitheton [zu Palfurius?] einzustufen).240 Über die Erklärung der Einzelstellen hinaus liefert die Arbeit auch begründete Stellungnahmen zu Positionen der älteren Forschung: 1. Friedländers Behauptung, Juvenal gebrauche gleiche Namen grundsätzlich nur für gleiche Personen, behält nur cum grano salis Gültigkeit: "In the case of recurring names ... usually the same person seems clearly meant, though occasionally not" (228). 2. Die von Highet aufgestellte These, in den Juvenalsatiren sei wiederholt Verwendung von Decknamen zu beobachten, kann in keinem einzigen Fall zur Evidenz erhoben werden, "though the possibility that Juvenal employed such a device must be admitted" (229). 3. Ebensowenig läßt sich bestätigen, daß der Satiriker mit Vorliebe auf fiktive Namen zurückgegriffen habe: In sat.1-5 will L. nur Sextus (2,21), Titius und Seius (4,13) sowie Ucalegon (3,199) als "casual fictions" (S. IV), Peribomius (2,16), Varillus (2,22), Armillatus (4,53; doch vgl. oben) und Cerdo (4,153) als "selected or created as etymological puns" (229) anerkennen; "the remaining 41 'unknowns' may with some probability be regarded as real" (ebd.). In gewissem Umfang wird die Aussagekraft der Studie allerdings durch Unschärfen relativiert: 1. Die Annahme, Juvenal lasse in seinen Satiren kaum je fiktive Personen auftreten, basiert im Grunde auf einem – wenn auch möglicherweise berechtig-
Diss. Leiden, Amsterdam 1864) und F. S t r a u c h (De personis Iuvenalianis, Diss. Göttingen 1869) kommt im Vergleich kein eigener Wert zu. 240 Die Ergebnisse zu 2,49 und 3,29 f. hat L. noch einmal ausführlich in Aufsatzform vorgelegt (253 und 510), die zu 1,80 Cluvienus eher vorsichtig geäußerte Ansicht "personally I incline to the traditional interpretation of this passage" (49) in einer späteren Untersuchung (444) aufgegeben.
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ten – Vorurteil des Vf.; vgl. etwa zum Personal von sat.5: "All these may be fictional, though I should suppose rather that they were real" (226). 2. Erkenntnisse über Einfluß und Lebenszeit der genannten Personen sind zu wiederholten Malen einer zirkulären Argumentation geschuldet: Wer dem Verdikt des Satirikers zum Opfer fällt, muß bereits tot oder doch zumindest machtlos sein; wer noch lebt und nicht machtlos ist, kann nicht als Ziel von Juvenals Kritik gedient haben. Die programmatische Aussage experiar quid concedatur in illos / quorum Flaminia tegitur cinis atque Latina (1,170 f.) wird so zwar bestätigt, letztlich jedoch auch schon vorausgesetzt. F e r g u s o n (260) präsentiert eine alphabetisch organisierte Prosopographie zum gesamten Corpus der Juvenalsatiren; doch lehrt schon ein Blick in die 'introduction', daß die legitimen Erwartungen des Benutzers hier nur mit Einschränkungen erfüllt werden: 1. F. bespricht nicht die Gesamtheit der bei Juvenal genannten Personennamen, sondern läßt den Bereich des "purely mythical or legendary" (5) beiseite. Damit handelt er sich nicht nur kaum befriedigend zu lösende Abgrenzungsprobleme ein (Egeria bleibt unerwähnt, nicht aber Quirinus "in so far as he is regarded as one with Romulus": 5), sondern stülpt dem antiken Text zudem ein unangemessen modernistisches Erkenntnisprinzip über: Bei Juvenal finden sich eben Numa und Egeria in einem Atemzug genannt. 2. Als Basis für die Mehrheit seiner Artikel benennt F. das Oxford Classical Dictionary. Damit gibt sich das Buch als eher mechanische Kompilation zu erkennen, die weder dem präzisen Bezug auf den Juvenaltext noch der eingehenden Diskussion der Forschung besonderes Augenmerk widmet. Und wirklich wird der Gesamteindruck des Repertoriums über weite Strekken durch konzeptionelle Schwächen bestimmt: 1. Bekannte, unschwer zu identifizierende Gestalten erhalten einen Lebenslauf, wie er "in jedem auch nur halbwegs anspruchsvollen Konversationslexikon zu finden" ist (E c k rec., 553 f.)241, ohne daß dabei ein wie immer gearteter Rekurs auf die betreffende Juvenalstelle deutlich würde: Der Artikel über Cleopatra (zu 2,109) umfaßt ganze 2 1/2 Seiten, in denen der Satiriker nicht einmal namentlich erwähnt wird. 2. Wo die Identifikation hingegen Schwierigkeiten bereitet, läßt F. seinen Leser regelmäßig mit einer ungeordneten Auflistung nachweisbarer Träger des betreffenden Namens allein, wobei seine Sammelwut bis ins 3. (s.v. Aemiliani, Varillus) oder gar ins 5. Jh. (Galla) ausgreift. Wiewohl 4,37 f. Flavius ... ultimus auf Domitian und 2,3 bzw. 8,4 Curios als genereller Plural auf M'. Curius Dentatus bezogen sind, ist s.v. jeweils noch eine ganze Schar weiterer Flavier und Curier aufgeboten; der Artikel über Crepereius Pollio (9,6 ff.; 11,43) wird
241 Daß auch dieses Faktengerüst sachliche Ungenauigkeiten aufweist, lehrt ein Blick in die Rezensionen von E c k und R a e p s a e t - C h a r l i e r zur Genüge.
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mangels benennbarer Fakten mit Erkenntnissen über "the Pollios" (71) im allgemeinen und Asinius Pollio im besonderen aufgefüllt. 3. Verschiedentlich stößt der Benutzer auf Einträge, die im Kontext einer Juvenalprosopographie letztlich gar nichts zu suchen haben. Dies betrifft a) Personen, die – F. zufolge – bei Juvenals inventio eine Rolle gespielt haben könnten oder sollten: Dio von Prusa, Favorinus, Polemo "lie in the background of the third and sixth satires" (95), Statilia Messalina (zu 6,434) "may have been Juvenal's model, but there were plenty of blue-stockings in his own day whom the cap will have fitted" (215), Septicius "would be in the minds of readers of satire 10" (208); und zu Dasumius bemerkt der Vf.: "Strange that Juvenal never attacks him as an upstart provincial millionaire" (79). b) Dichterpersönlichkeiten, die zwar das intertextuelle Beziehungsgeflecht der Juvenalsatiren mitbestimmen, selber im Text jedoch nicht figurieren (Calpurnius Siculus, Catullus (d), Martialis, Ovidius, Persius, Plinius, Suetonius, Tacitus). Auch für Juvenal seinerseits ist aus der antiken Vita, der Aquiner Inschrift (CIL X 5382), den Satiren, den Scholien und den antiken Testimonien eine 6 1/2 Seiten umfassende Biographie zusammengestellt. 4. Umgekehrt sind einzelne Namen aus dem Satirencorpus selbst gänzlich unberücksichtigt geblieben: vgl. Britannicus (6,124) oder Thales (13,184). 5. Auch in seiner praktischen Benutzbarkeit weist das Buch erhebliche Mängel auf: a) In den Fällen divergierender Überlieferung erfolgt kein Querverweis auf das Hauptlemma; vielmehr liefert F. zwei autonome Artikel, die häufig nicht aufeinander Bezug nehmen (vgl. Amillus/Ha-; Caesennia/Ce-; Codrus/ Cordus; Caetronius/Ceronius; Media/Tedia; Eppia/Hippia: letzteres eine Konjektur!). Ebenso verfährt F. mit angeblichen Decknamen: Zu Cluvienus (1,80) finden sich Einträge auch unter Decianus und Cerialis, zu Eppia (6,82 u.ö.) noch unter Attica242, zu Tutor (8,93) nicht nur unter Numitor, sondern auch – eine Vermutung von R. Syme aufgreifend – unter (Eprius) Marcellus. b) An den Stellen, an denen Juvenal einer Person nur periphrastisch Erwähnung tut, muß der Benutzer in Ermangelung eines Index erst einen Kommentar konsultieren, um das Stichwort von F.s Eintrag zu erfahren. Nur auf diesem Umweg findet er s.v. Glaucus den Artikel zu 13,199 Spartano243; auf der Suche nach dem magni delator amici (1,33) hätte er das Buch gar nach Heliodo-
242 Die aus CIL XIII 7253 abgeleitete Gleichung Eppia = Attica kann ohnedies nicht aufgehen, gleichgültig ob der bei Juvenal genannte Ehemann – Veiento – seinen Namen unchiffriert oder aber als Pseudonym trägt: Im ersteren Falle gibt es nichts mehr, was durch einen Decknamen zu bemänteln wäre; im letzteren ginge es gar um eine völlig andere Frau. 243 Zu weiteren Beispielen solcher versteckter Mitteilungen vgl. etwa 1,33 bzw. 80 (Helvidius Priscus); 1,130 (Tiberius Iulius Alexander); 5,46 (Vatinius); 6,7 (Lesbia); 7,1 (Hadrianus); 7,198 (Licinianus); 10,132 (Isaeus); 10,179 (Xerxes); 10,229 (Domitius Tullus); 11,201 (Varro) oder 12,47 (Philippus).
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rus, Publicius Certus und Regulus (nicht jedoch [Egnatius] Celer) zu durchforschen, ohne daß ihm irgendein Querverweis die Arbeit abnähme. 6. Auch F.s Umgang mit der Forschung ist mehr als leger zu nennen. So findet sich weder etwas zum Namens- und Identitätsproblem von Cordus/Codrus (1,2; 3,203; 208) noch zur Identifikation von Calvina (3,133).244 Daß sich auch die rudimentäre Zusammenfassung der Befunde in der 'introduction' nicht wirklich die Aufgabe stellt, aus Juvenals Umgang mit Namen etwas für das Verständnis seiner Satiren zu gewinnen, muß nach dem Gesagten nicht verwundern.245 Insgesamt dokumentiert das Buch in der Tat "Ziellosigkeit, Sorglosigkeit (und) Unkenntnis" (E c k rec., 554). Im Gegensatz zu den vorgenannten Arbeiten interessiert sich P y n e (257) in erster Linie für die "appropriateness of a name in its given context" (11; "The focus then should not be on who was represented by the name, but rather why the author used that particular name": 20) und erhebt entsprechend 'type names' und 'etymologically appropriate names' der Satiren zum Gegenstand seiner Untersuchung. Diese besteht im wesentlichen aus einer Klassifikation der einschlägigen Belege: Die als exempla fungierenden Namen werden in die sieben Kategorien 'Literatur' (z.B. 3,199 Ucalegon; 6,7 Cynthia), 'Ethnologie' (4,127 Arviragus; 5,90 Boccar), 'Geschichte' (4,103 Brutus; 14,160 Tatius), 'Sozialstruktur' (5,3 f. Sarmentus/Gabba), 'Sprichwort' (4,23 Apicius; 14,328 Croesus), 'Merkmale' (3,251 Corbulo; 8,106 Verres) und 'Berufe' (8,102 f. Myron/Phidias) unterteilt, die sprechenden Namen in 'directly etymologically appropriate' (6,494 Psecas), 'indirectly etymologically appropriate' (8,102 der Bildhauer Myron, denn der Name "relates to the Latin, mirus": 86) und 'etymologically appropriate by association' (8,96 Pansa: "looks and sounds like pansus the past participle of pando ... one of whose meanings is to plow up in the sense of to till": 90) geschieden, ohne daß hieraus jedoch ein wie immer gearteter Nutzen erwüchse: 1. Zum einen besitzt die Untersuchung als solche nachgerade selbstreferentiellen Charakter: Da sich die Verteilung der Namen auf die einzelnen Rubriken keineswegs von selbst versteht, ist P. fast durchweg damit beschäftigt, seine eigene Zuweisung aus dem jeweiligen Kontext zu begründen (Isaeus [3,74] ist nicht als Grieche, sondern als Redner, Pythagoras [3,229] weder als Grieche noch als Philosoph, sondern als Vertreter eines bescheidenen Lebensstils aufgeführt, Tullus und Ancus [5,57] nicht dem Bereich 'history', sondern 'class structure' zuzuordnen, usw.); das Ergebnis kann dann natürlich nicht 244
Im Vergleich hatte L a F l e u r (252) 3½ Seiten gehaltvoller Diskussion bzw. 1½ Seiten Erörterung mit dem Ergebnis einer vorsichtigen Präferenz geboten. 245 Zum Gebotenen vgl. die Zwischenüberschriften 'exempla', 'cover-names', 'names with meanings', 'generalized aristocratic names', 'Greek names', 'debt to Martial', 'other literary sources', 'living people', 'past and present'.
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mehr dazu herangezogen werden, die eigenen Voraussetzungen in Gestalt ebendieses Kontextes näher zu beleuchten. 2. Da die Rubrizierung der einzelnen Namen auch so eher nach Gutdünken erfolgt ("The assigning of a name to a particular category is essentially a subjective decision on my part, although the degree of subjectivity rarely approaches speculation": 42), läßt auch sie sich keiner seriösen Auswertung unterziehen; P.s Anspruch, mit konkreten Prozentzahlen aufzuwarten (Belege zum Stichwort 'Merkmale' sollen mit 26% die Spitzenposition einnehmen), kann nur grotesk genannt werden. 3. Ergänzende Ausführungen zur Verteilung der Namen über die Satiren ergehen sich in symbolistischen Phantastereien: So soll das Cognomen Pollio (11,43) überdurchschnittlich weit von den nächsten Namen entfernt stehen (v.34 bzw. 57), um die soziale Vereinsamung seines Trägers zu dokumentieren; eine ähnliche Pointe wird für Boccar (5,90) in Anspruch genommen. 4. P.s nächstes Kapitel zur 'etymological appropriateness' gründet nicht einmal auf antiker Volksetymologie, sondern auf dilettantischen Konstrukten des Vf.: Ucalegon (3,199) soll auf οὐ καλέω ("that Greek[!]246 whom I do not even wish to call by name": 46), Arviragus (4,127) auf vir + agere ('lead men'), Catulla (2,49) auf catuliatio ('a desire for the male dog'), Posides (14,91) auf possidere, Zalaces (2,164) auf zelare ('to love with zeal or ardently') verweisen.247 5. Daß nicht einmal die in den abschließenden Appendices präsentierten Schaubilder fehlerfrei gearbeitet sind und in der Bibliographie John J. Bodoh als 'Bodott' figuriert, während einem Aufsatz von D. Ebener 'J. Irmscher' als Vf. zugeordnet ist, wird nach dem Gesagten niemand mehr erstaunen. Die promovierende Universität hat sich mit der Annahme dieser Arbeit ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt. Nur beiläufige Erwähnung verdient schließlich B a l d w i n (251), der die altbekannten Diskussionen über die Historizität des Umbricius (vgl. zu sat.3), die Namensform Cordus/Codrus in sat.1 resp. 3 (vgl. zu 3,198–211) und die Identität des Cluvienus ('friend or foe'; vgl. zu 1,80) referiert, ohne jeweils selber Stellung zu beziehen. b) Crispinus M c D e r m o t t s (255) Versuch, Juvenals Bild des Crispinus von seinen satirischen Verzerrungen zu befreien, mündet letztlich in neue Spekulationen: Wohl mag der Lieblingsfeind des Satirikers einer begüterten (ritterlichen?
246
Hervorhebung W.K. Im übrigen erhellt die bestürzende Naivität des Vf. nicht zuletzt daraus, daß er sich über die Tendenz griechischer Eigennamen, ihren Trägern Ruhm und Erfolg in Aussicht zu stellen (Demosthenes, Polyclitus), allen Ernstes verwundert zeigt: "The curious feature about this phenomenon is that as far as I know(!) these names were given at birth and not adopted or assumed later in life" (82; Hervorhebung W.K.). 247
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durch Großhandelsgeschäfte reich gewordenen?) Familie aus Memphis entstammen, eine gute Erziehung genossen haben und keiner Unzucht mit einer Vestalin schuldig geworden sein248; wenn M. jedoch den princeps equitum (4,32) mit Hinblick auf Mart. 7,99 zum a bibliothecis oder a studiis befördert und seine Zugehörigkeit zum consilium principis trotz 4,108 f. in Abrede stellt249, wird er noch unglaubwürdiger als Juvenal selbst. Schon zuvor hatte W h i t e (254) daran erinnert, daß keine unserer Quellen (Iuv.I und IV; Mart.7,99; 8,48) für Crispinus ein laufbahnspezifisches Ritteramt (praefectus praetorio o.ä.) bezeugt; seine Charakteristik als Parvenu, Dandy, Possenreißer und Genußmensch läßt vielmehr an einen Höfling denken: Auch als solcher konnte er in das ausschließlich informell tätige consilium principis berufen (als Mitglieder einschlägiger Gremien nennt CIL IX 5420 utriusque ordinis splendidi viri) bzw. vom Satiriker in sein "imaginary council" (382) betr. Fischzubereitung einbezogen werden. In die gleiche Richtung weist auch B a l d w i n (256), der die üblicherweise in Betracht gezogene Gleichsetzung von princeps equitum und praefectus praetorio durch Hinweis auf Plin. epist. 1,14,5 equestris ordinis princeps, quia nihil altius voluit widerlegt und Crispinus, da 4,31 scurra Palati und 4,2 (wegen einer körperlichen Deformation?) monstrum genannt, die Position des Hofnarren zuschreibt (zu dieser Funktion vgl. Tac. ann. 12,49,1; 15,34,3). Unabhängig von B. nimmt dann auch V a s s i l e i o u (259) für Crispinus die Funktion eines scurra principis in Anspruch; das entscheidende Indiz soll seine Identifizierung mit dem Suet. Dom.4,2 als kaiserlicher Trabant genannten puerulus coccinatus abgeben. Hierfür scheinen zwar ein paar äußere Affinitäten zu sprechen (Iuv.4,4 und Mart.8,48,6 Crispinus als deliciae beschrieben; Iuv.1,26 f. und Mart.8,48,1 sein purpurner Mantel erwähnt); ansonsten ist V. jedoch zu einer nachgerade gewaltsamen Auslegung der Suetonstelle genötigt: Puerulus soll sich nun nicht mehr auf das Alter, sondern auf die zwergenhafte Größe und die unfreie Stellung des Betreffenden beziehen ("esclave de format réduit": 40 f.), der Hinweis auf seinen Sklavenstatus wiederum im übertragenen Sinne als polemische Abwertung des princeps equitum (4,32)250 Crispinus seine Erklärung finden. Die Teilnahme des Hofzwergs am consilium principis wird dann konsequenterweise als Marotte Domitians gedeutet, Juvenals Darstellung selbst mit einem historischen, von der 248 Zu verna Canopi (1,26) vgl. "Possibly in his bitter hatred of Egypt and Egyptians uerna could mean no more than his feeling that Aegyptius was by definition seruus" (119); zu scurra Palati (4,31) "What to Juvenal was scurrilitas may well have been urbanitas in the court circle" (120); und die Suet. Dom. 8,3 f. bezeugte Unerbittlichkeit des Kaisers in Inzestfällen nimmt 4,9 f. in der Tat die Glaubwürdigkeit. 249 Hier wandelt M. auf Friedländers Spuren: Demnach soll sich v.108 f. einer ad hocErfindung des Satirikers verdanken, um das Gedichtfragment v.1–33 nachträglich – mehr schlecht als recht – mit der Fischsatire zu verklammern. 250 Zur unspezifischen Deutung der Junktur als "un chevalier romain très en vue" (44) wird wieder Plin. epist.1,14,5 equestris ordinis princeps verglichen.
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römischen Oberschicht als besonders demütigend memorierten Ereignis in Verbindung gebracht, ihr parodischer Bezug auf Statius De bello Germanico entsprechend gänzlich geleugnet. Sieht man von all diesen Unwägbarkeiten ab, müßte jedoch allein schon der Umstand zu denken geben, daß sich Juvenal inmitten des Monstrositätenkabinetts der von ihm porträtierten Höflinge (vgl. etwa v.107 Montani quoque venter adest abdomine tardus) jeden noch so kleinen Hinweis auf den angeblichen Zwergenwuchs seines Lieblingsfeindes beharrlich versagt.251 Das Vortragsresümee von N o t t e r (265) beschränkt sich schließlich darauf, Crispinus wegen seiner Funktion bei Hofe (vgl.sat.4; Mart.7,99) als historische Persönlichkeit einzustufen und die Rolle Martials als Ideengeber für sein pejorativ verzerrtes Bild bei Juvenal herauszuarbeiten. c) Andere L a F l e u r (253) sucht die 2,49 und 10,322 als Beispiel einer Nymphomanin genannte Catulla mit Hilfe eines Martialgedichts zu identifizieren: Sei doch der Spott von Mart.8,54 gegen eine sittenlose Dame namens Catulla angesichts mehrerer Catullreminiszenzen eben auf des Lyrikers Freundin Lesbia (Clodia) zu beziehen und diese durch die Namensgleichheit auch als Gegenstand der Juvenalsatire ausgewiesen. Doch dürfte diese Annahme schon für Martial selber fehlgehen: Wo dieser erkennbar von Clodia Catulli spricht, nennt er sie durchweg Lesbia (6,34; 7,14; 8,73; 12,44; 59; 14,77); die unleugbaren Catullbezüge von 8,54 sind wohl eher darauf berechnet, dem Spott auf eine zeitgenössische Namensträgerin zusätzliche Würze zu verleihen.252 Cicero – so W i n k l e r (261) – wird von Juvenal zwar als Dichter verspottet (vgl. 8,240; 243 f.; 10,122 ff.), als Redner jedoch durchaus anerkannt; daß indes sat.14,179–188 als humorige Nachgestaltung der Appius-Prosopopoiie von Cic. Cael.33 f. und damit als "indirect tribute to Cicero" (97) zu gelten hätte, darf vielleicht doch bezweifelt werden. B e l l a n d i (262) kann zeigen, daß bei Martial (8,55) wie Juvenal (sat.7) der Rückgriff auf Maecenas als Prototyp des großherzigen Literaturförderers unter dem gleichen Vorzeichen steht: Beide Autoren bringen den Augusteer gegen die von schnödem Geiz diktierte Verweigerungshaltung der zeitgenössischen Aristokratie in Stellung, blenden dabei jedoch die Regimenähe des historischen Maecenas durchweg aus und reduzieren das von ihnen in Aussicht genommene Mäzenatentum auf den rein materiellen Aspekt: Offenbar ist ihnen daran
251 1,29 nec [sc. Crispinus] sufferre queat maioris pondera gemmae vermag – pace V. – diese Lücke nicht zu füllen. 252 Ähnlich verfährt Martial in den motivgleichen Gedichten 2,50 und 6,69, die auf einen lebenden Catullus und dessen 'Lesbia' zielen, aber auch Juvenal, wenn er 4,113–118 den Steckbrief von Domitians blindem Ratgeber Catullus mit spezifisch Catullischen Farbtupfern anreichert (vgl. zu 4,113 f.).
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gelegen, den regierenden Kaiser (Domitian bzw. Hadrian) von der Klage über fehlende Unterstützung auszunehmen und der Dichtung gleichzeitig ihre innere Autonomie zu erhalten. Wo Maecenas außerhalb des Themenkreises 'Dichterpatronage' genannt wird (1,63–68; 12,37 ff.), rekurriert Juvenal auf ein negatives Charakterbild, das seine Entstehung nach B y r n e (263) letztlich erst dem jüngeren Seneca (v.a. epist.101 und 114) verdankt. Mit T r a i l l (264) ist daran festzuhalten, daß Juvenal durch den Namen der Thais (3,93–96; 6.O.25 f.) κατ' ἀντονομασίαν "the standard role of the comic meretrix" (291) evoziert, nicht jedoch unmittelbar auf Menanders Bühnenstück gleichen Namens anspielt. Beiläufig erwähnt sei hier noch die Arbeit von T a n i (258) mit dem Inhalt: "Juvenal adapte ses exempla au propos de chaque satire. Ses jugements sur des philosophes célèbres" (APh 51, 1980, 162). 2. Geographisches Aussagen zum geographischen Horizont der Juvenalsatiren finden sich bei B r a u n d (266), die zeigen kann, wie gerade auch Juvenals Bild vom hellenistischen Osten chauvinistisch-selektive Züge besitzt: Das Land selbst erscheint ihm vornehmlich als Lieferant erlesener Luxusartikel, die Levantiner als Sklaven und Unterschichtler, dekadent und abergläubisch; nur im Rahmen eines Paradoxons ist eine positive Aussage möglich: Verglichen mit der Verkommenheit der Römer erweist sich der armenische Prinz Zalaces 2,163–170 als "essence of masculinity" (51). Ebenso läßt die Durchsicht aller auf die Ägäis und ihre Inselwelt bezogenen Juvenalstellen fast durchweg negative Konnotationen zutage treten (S a k e l l a r i o u [269]). Ist doch von Strafinseln (1,73 f.; 6,562 ff.; 10,168 ff.; 13,244– 247), griechischem Gesindel (3,69–72) und dekadentem Luxus die Rede (6,295 ff.; 8,101; 112–115). Wiewohl mehr als 30mal in den Satiren erwähnt, bedeutet Afrika mit seinen Bewohnern und seinen Erzeugnissen für Juvenal doch nirgendwo ein Thema eigenen Rechtes, sondern dient nach M é t h y (267) als "moyen pour une critique non plus seulement sociale et morale, mais aussi littéraire" (481).253 Die einzelnen Aussagen sind dabei jedoch gerade nicht von der Feindseligkeit durchtränkt, wie sie Juvenal gegenüber Griechen, Orientalen und Ägyptern an den Tag legt254; trotzdem verbietet sich M.s Fazit: "... l'Afrique est un élément d'un plus vaste ensemble perçu comme dépositaire de certaines qualités que 253 Diese Einschätzung trifft allerdings nur zu, wenn man bereit ist, die kurze Epenparodie von 13,167–173 mit der Vf.in unter 'critique littéraire' zu subsumieren. 254 Dies gegen W i e s e n s (215) Einschätzung, Juvenals Rassismus richte sich auch gegen die Bewohner Schwarzafrikas.
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Rome ne possède plus, qui ne sont pas non plus celles de l'Italie – ensemble qui ultérieurement sera défini comme le monde occidental" (486). Unter den auf Makedonien bezogenen Stellen der römischen Literatur nennt N i k i t a s (270) auch Iuv.10,168–173 und 14,311–314, wo der Satiriker am Beispiel Alexanders des Großen die vanitas menschlicher Verhältnisse dokumentiert, eine μακεδονολογική θεματική (34) im eigentlichen Sinn also gar nicht vorliegt. Daß schließlich Juvenal das Substantiv provincia als kollektiven Singular mit primär geographisch-ökonomischem Gehalt dem italischen Kernland gegenüberstellen kann (5,97 instruit ergo focum provincia; 4,26 f. provincia tanti / vendit agros, sed maiores Apulia vendit), dokumentiert nach M é t h y (268) den beginnenden Wirtschaftsaufschwung der Provinzen, welcher im Laufe des 2. Jhs. ihre rechtliche Gleichstellung mit Italien herbeiführen wird. 3. Tiere, Pflanzen, Sachen G o s l i n g s (273) Aufsatz über afrikanische Tiere bei Juvenal verstört durch seine irrationale Themenwahl255, die platte Mechanik seiner Materialbeschaffung256 und die völlige Belanglosigkeit der zu "African examples" (78) erhobenen Belege. G u i l l a u m e - C o i r i e r (274) zufolge sind hingegen auch die 33 Stellen, an denen Juvenal beiläufig den Bereich des Floralen tangiert und Kränze, Zweige, Blumen erwähnt, mehrheitlich in die kritische Aussage der jeweiligen Satire einbezogen. R e i n m u t h (271) erinnert daran, daß der griechische Terminus ceroma bei Juvenal (vgl. 3,68; 6,246) ebenso wie bei Martial nicht das Salböl der Ringer bezeichnet, sondern den "feine(n) Lehm oder Schlamm ..., der in entsprechender Höhe den Boden jenes Raumes bedeckte, in welchem das Wälzringen (...) vor sich ging" (J ü t h n e r , RE XII 1, 1921, 326 f.). Ziel des Satirenspottes sind die "would-be sophisticates among the Romans, who are in this, as in so much else, aping the effete Greeks" (195). Die etwa auch aus Seneca zu belegende Aversion des gestandenen Römers gegen Sänften als dekadentes, von Anmaßung zeugendes Fortbewegungsmittel macht sich Juvenal nach B r o w n (272) zunutze, um in einschlägigen Szenen Abscheu gegen moralischen Niedergang und soziales Unrecht zu evozieren (vgl. bes. 1,30–33; 63–68; 158 f.; 3,239–244; 4,20 f.; 6,349 ff.; 7,132 f.; 9,142 ff.). Daß das Bild in den späteren Satiren keine Rolle mehr spielt, resultiert aus deren inhaltlicher Neuorientierung: "because he [= Juvenal] drifted from the 255
Der einschlägige Vortrag war für einen Kongreß zum Thema Ex Africa semper aliquid novi abgefaßt worden. 256 Der Fisch von 4,32 f. taucht nur auf, weil er in Ägypten auf den Markt kommt, die Rinder von 5,119, weil sie in Libyen pflügen. "Satire 12 has other excellent animal images, omitted in this paper because the animals are not African" (7610).
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contemporary Roman scene ... and ... fixed his gaze upon a more universal and meditative plane" (282). D u b r o c a r d s (275) Durchmusterung von Juvenals Wortschatz betr. Wein und Weingenuß dokumentiert die große Spannbreite einschlägiger Konnotationen: Für die Annehmlichkeiten der Tafel steht Wein ebenso wie für sittlichen Niedergang und Ausschweifungen; im falschen Umgang mit ihm spiegelt sich die aktuelle Misere des Klientelwesens. Gewissermaßen als Appendix zu den Kapiteln VIII. und IX. dieses Forschungsberichts ist der Hinweis auf die nachstehend genannten Arbeiten von B o d o h zu lesen: Mit einer Arbeit zu Themenwahl und -ausführung (277) sucht dieser unseren Satiriker gegen den Vorwurf mangelnder Selbstdisziplin bei inventio und Kontextualisierung seiner Stoffe zu verteidigen, bedient sich dabei jedoch denkbar schwacher Argumente: Dagegen soll nämlich sprechen, daß Juvenal manches Objekt seiner indignatio erst nach Jahren in einem monothematisch ausgerichteten Gedicht behandelt (VIII: Adelsstolz; XIII: fides violata; XIV: avaritia; XV: Ägypter)257 und anderes, was ihn hätte interessieren müssen(!), wider Erwarten unberücksichtigt läßt (z.B. die Sexualmoral des Tiberius(!), Kinderlosigkeit und Trunksucht der Nobilität, Grausamkeit der Gladiatorenspiele). Dabei ist jedoch nicht einmal die Stoßrichtung der zu falsifizierenden Philologenschelte richtig wiedergegeben: Geht es dort doch gerade nicht um Juvenals globale Themensetzung, sondern um Details seiner Gedankenführung.258 Die im vorliegenden Aufsatz zusammengefaßte Dissertation von B. (276) hatte noch mit einer alphabetischen Auflistung von Juvenals 'ideas' als Beweisgrundlage arbeiten wollen, war jedoch letztlich schon an den methodischen Problemen einer schlüssigen Rubrizierung gescheitert: Messalina wird unter 'history' nur mit einem einzigen Beleg (6,117–132) genannt, Verres und Konsorten (8,100–107) nicht unter 'history', sondern unter 'past times, republic' aufgeführt, 15,1–13 unter 'Egyptians' (v.10 f.) und 'religion' (v.1–9; 12 f.), 6,294–297 unter 'Roman morals' (v.294 f.) und 'morality' (v.296 f.) aufgespalten, die Vorstellung von einem frugalen Mahl (11,64–72) nicht unter 'dinner', sondern unter 'poets: Juvenal' subsumiert, die Sterbeszene von 1,142–146 unter 'death and burial' gänzlich verschwiegen. Da das Material auch durch kein Stellenregister erschlossen wird, läßt sich die mehr als 120 Seiten umfassende Aufstellung nicht einmal als Motivrepertorium gebrauchen.
257
Der wiederholte Rekurs auf die vitia 'Erbschleicherei' oder "excesses in dining" (479) wird kurzerhand als zu vernachlässigende Ausnahme verbucht. 258 Vgl. F r i e d l ä n d e r (74), 49: "Juvenal glaubte ferner alles, was ihm gerade durch den Kopf ging, sofort sagen zu dürfen [bezeichnenderweise nur bis hier von B. paraphrasiert], mochte es auch den Gedankengang auf noch so störende Weise unterbrechen."
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Walter Kißel X. Literarischer Standort
278. W. W i c k e , Juvenal und die Satirendichtung des Horaz, Diss. Marburg 1967, IV & 129 S. 279. F. B e l l a n d i , Poetica dell' 'indignatio' e 'sublime' satirico in Giovenale, ASNP 3, 1973, 53–94. 280. R.J. I o r i l l o , Juvenal and declamation: three studies in rhetorical composition, Diss. Princeton Univ. Princeton (N.Y.) 1973, VII & 215 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 34, 1973–1974, 6611A–6612A. 281. L.I. L i n d o , The evolution of Juvenal's later satires, CPh 69, 1974, 17–27. 282. L. P e r e l l i , Considerazioni sulla poetica di Giovenale (In margine alla prima satira), BStudLat 4, 1974, 34–48. 283. M. L o w e r y , A study of mythology in the satires of Juvenal, Diss. Indiana Univ. Indianapolis 1979, VII & 212 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 40, 1979– 1980, 4014A–4015A. 284. V.M. V o l o š č u k , Творческое кредо Дещима Юния Ювенала, InFil 70 = PKFil 19, 1983, 108–114. 285. P. G r i m a l , Juvénal rhéteur, VL 101, 1986, 2–9. *286. F.M.A. J o n e s , The protagonists in the satires of Juvenal, Diss. Univ. of St. Andrews 1986, 436 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 49, 1988–1989, 248A. 287. M.M. W i n k l e r , The function of epic in Juvenal's satires, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 5, Bruxelles 1989, 414–443. *288. W.T. W e h r l e , The satiric voice: Program, form and meaning in Persius and Juvenal, Diss. Univ. of Southern California Los Angeles 1991 (Mikrofilm); vgl. DAI 52, 1991–1992, 3270A. 289. –, The satiric voice. Program, form and meaning in Persius and Juvenal, Hildesheim 1992, 155 S. Rez.: G é r a r d , REL 70, 1992, 312–313; F i l é e , LEC 61, 1993, 172; F o w l e r , G&R 40, 1993, 95–96; J o n e s , CR 43, 1993, 182–183; T o r d e u r , AC 62, 1993, 327–328; A n d e r s o n , CW 87, 1993–1994, 332; B r a u n d , JRS 84, 1994, 272–273 = Gnomon 67, 1995, 647–648; B o n d , Scholia (Durban) 4, 1995, 135–137. 290. J. H e l l e g o u a r c ' h , Juvénal, poète épique, in: Au miroir de la culture antique. Mélanges offerts au Président R. Marache, Rennes 1992, 269–285 = d e r s ., Liberalitas. Scripta varia, Bruxelles 1998, 685–700. 291. R. C o r t é s T o v a r , Ridiculum e inversión de valores en Juvenal, in: Actas del VIII Congreso Español de Estudios Clásicos, Bd. 2, Madrid 1994, 595–602.
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292. K. P o l l m a n n , Die Funktion des Mythos in den Satiren Juvenals, Hermes 124, 1996, 480–490. 293. R. C o r t é s T o v a r , Juvenal y las dificultades de la indignatio, Nova Tellus 16, 1998, 67–91. 294. A. L u i s i , Elementi retorici nelle satire di Giovenale, InvLuc 21, 1999, 199–213. 295. J. V i l l a l b a Á l v a r e z , Juvenal, crítico literario, in: A.M. A l d a m a R o y u.a. (Hgg.), La filología latina hoy. Actualización y perspectivas, Bd. 1, Madrid 1999, 255–262. 296. F. J o n e s , Performance in Juvenal, Latomus 60, 2001, 124–134 (überarbeitet auch in 302, 133–144). 297. T. S a p o t a , Mythological imagery in Juvenal's Satires, Classica Cracoviensia 7, 2002, 87–95. 298. C.C. K e a n e , Theatre, spectacle, and the satirist in Juvenal, Phoenix 57, 2003, 257–275. 299. M. C o s t a V i t o r i n o , Juvenal: o crime do mito e o crime contemporâneo, Scripta Classica on-line 1,2003. http://www.scriptaclassica. hpg.com.br. 300. R. C o r t é s T o v a r , Libertas en la sátira: de Horacio a Juvenal, in: Actas del XI Congreso Español de Estudios Clásicos, Bd. 2, Madrid 2005, 785–793. 301. –, Libertad de expresión en Juvenal: scribendi quodcumque ... liberet / simplicitas (I 152–153), in: G. H i n o j o A n d r é s – J.C. F e r n á n d e z C o r t e (Hgg.), Munus quaesitum meritis. Homenaje a C. Codoñer, Salamanca 2007, 183–191. 302. F. J o n e s , Juvenal and the satiric genre, London 2007, X & 214 S. Rez.: H e n d e r s o n , JRS 98, 2008, 249–250. Zum literarischen Standort der Juvenalsatire vgl. auch Kapitel XV. ('Die persona-Theorie') und die dort genannte Literatur; zur angeblichen Neuformulierung des Satirenprogramms in den späteren Büchern vgl. noch zu sat.6 (wegen v.1–13 und 634–644; ergänzend P a s o l i [328] und P o w e l l [332]), sat.10 (wegen v.28–53) und sat.13 (v.a. wegen v.11–18); zur Rolle des Mythos vgl. S u l l i v a n (151). 1. Poetik allgemein W i c k e (278) sucht den Standort der Juvenalischen Satire im Kontext der Gattungsentwicklung zu bestimmen, muß sich dabei jedoch mehrfach den
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Vorwurf perspektivischer Verzerrung gefallen lassen, da er im wesentlichen nur mit Horaz als Bezugspunkt rechnet:259 1. Was die kämpferische Ausrichtung der Satire angeht, bietet der Augusteer "Juvenal in seiner praktischen Tendenz kein Beispiel, wohl aber theoretisch einen Anknüpfungspunkt" (17), hat er sich doch für den Fall persönlicher Anfeindung Polemik zumindest als Option offengehalten (sat.2,1). 2. Der von P u e l m a P i w o n k a 260 konstruierte Gegensatz zwischen klassischem sermo (Lucilius, Horaz: Stil des kleinen Kreises, empirischkonziliante Ethik) und daraus abgeleiteter Diatribensatire (Juvenal: Stil der Masse, intransigenter Dogmatismus) wird hinfällig, da sich keine der aus Juvenal beigebrachten Stellen (1,63 f.; 149 f.; 165 ff.; 6,634–637) im Sinne einer vorsätzlichen Übertretung der lex priorum (6,635) und damit einer programmatischen Neuorientierung verstehen läßt (zu beachten sind in diesem Kontext besonders 4,34 f.; 6,638 ff.). 3. Die besondere Affinität zwischen Juvenal und Horaz will W. durch Aufweis "motivischer Berührungen" (35) belegen, macht die ohnedies eher schwachen Bezüge jedoch an insignifikanten Einzelformulierungen fest: Die zuversichtliche Aussage "Die meisten Gedichte des ersten Buches weisen ... Berührungen mit Horazens zweitem Satirenbuch auf" (54) gründet auf Scheinparallelen wie Hor. sat. 2,6,30 tu pulses omne quod obstat und Iuv. 3,243 f. nobis properantibus obstat / unda prior. 4. "Der frühe und der späte Juvenal" (56) unterscheiden sich letztlich nicht durch eine geänderte Grundhaltung, wie sie die Forschung durch zunehmende Senilität des Dichters, durch Wandel seiner Lebensverhältnisse oder durch innere Abkehr von der indignatio begründen wollte: Wo der Dichter selbst in seinem häuslichen Bereich hervortritt, hatte er schon in den frühen Büchern eine heiter-gelöste Stimmung zu erzeugen gewußt (zu sat.11/12 vgl. schon 3,318–322); wo es hingegen nottut, läßt er seiner Wut bis zuletzt freien Lauf (sat.15). Die zu beobachtenden Neuerungen, nämlich "eine Tendenz zur Paränese, popularphilosophische Fragen und Begebenheiten aus dem Leben des Dichters" (118) resultieren nach W. allein aus "künstlerische(r) Notwendigkeit, da der Motivkreis der indignatio, die Sitten Roms, in hohem Grade stofflich erschöpft war" (86). Für das abschließende Kapitel (87–116) zur Komposition der Juvenalsatiren vgl. unten S. 145. Demgegenüber beobachtet B e l l a n d i (279) bei Horaz und Juvenal eine im Grundsatz verschiedene Umsetzung der Gattungsvorgaben, die sich
259 Schon Juvenal selbst hatte sich eher von Lucilius beeinflußt gesehen: vgl. 1,19 f.; 154; 165 f. neben 1,51 mit einem gerade nur beiläufigen Verweis auf Horaz. 260 M.P.P., Lucilius und Kallimachos. Zur Geschichte einer Gattung der hellenistischrömischen Poesie, Frankfurt/M. 1949, hier: 96–114.
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entsprechend auch in einer unterschiedlichen Poetik niederschlägt: Der Augusteer ist kaum wirklich an der Rolle eines Volkserziehers interessiert, sondern findet Vergnügen daran, läßliche Fehler, die er an sich selbst oder an seinen Freunden beobachtet, mit verständnisvollem Lächeln zu korrigieren.261 Diese eher spielerische, von ihm selbst in der Nachbarschaft der Komödie angesiedelte Herangehensweise ermöglicht es ihm, den vom Inhalt seiner Satiren determinierten unprätentiösen sermo mit Elementen einer kallimacheischen Feinziselierung zu durchsetzen und solcherart der Gattung – allem Understatement zum Trotz – poetischen Rang zu verschaffen. Juvenal hingegen sieht sich – zumindest in den ersten beiden Satirenbüchern – durch die Wahrnehmung einer zur Monstrosität gesteigerten, sogar die Schrecken des Mythos hinter sich lassenden Wirklichkeit an einer artistisch-beschwingten Handhabung der Gattung gehindert: Für ihn erwächst die Nobilitierung der Satire aus ihrem moralischen bzw. erzieherischen Impetus und aus der Gewalt elementarer, vom Satiriker selbst gar nicht mehr zu steuernder indignatio262 (vgl. 1,79 f. die Absage an jeden Qualitätsanspruch sowie 1,165 ff. die einseitige Stilisierung von Lucilius zum ritterlichen Kämpfer wider das Böse); als kongeniale Ausdrucksform bleibt folgerichtig nur das genus grande, das – mit Blick auf das einschlägige Ausdruckspotential, nicht etwa den parodischen Effekt eines Stilbruchs – bedacht mit Vulgarismen durchsetzt wird. Und auch der immer wieder erhobene Wahrheitsanspruch (vgl. 4,34 ff.; 6,634–639; 8,125 f.; 15,26– 29) zielt nicht mehr auf die objektive Realität, sondern auf die subjektive, eben wutgefärbte Sicht der Wirklichkeit.263 Daß Juvenal diese Neuorientierung der Satire erst im Rückblick von 6,634– 639 thematisiert, während sat.1 noch auf die Berührungspunkte mit den Vorgängern abhebt, erklärt B. mit Rücksicht auf die Darstellungsökonomie (die programmatische Selbstpositionierung von sat.1 erfolgt eben primär in Abgrenzung zu den hohen Dichtungsgattungen) sowie die gesteigerte Wirkung des Unangekündigten. P e r e l l i (282) gibt einen ebenso ausgewogenen wie überzeugenden Überblick über Juvenals Aussagen zur zeitgenössischen Poesie im allgemeinen und zur eigenen Satirendichtung im besonderen. 1,1–18. Die einleitende Attacke richtet sich gegen die qualitativ defizitäre, quantitativ jedoch erdrückende Poesie à la mode mit ihren abgedroschenen
261 Es bleibt anzumerken, daß dieser Zug zur Verniedlichung nicht ohne weiteres mit der aus den Horazischen Programmsatiren abzulesenden Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit in Einklang zu bringen ist. 262 B. mißversteht diese jedoch keineswegs als Naturgewalt, sondern sieht in ihr ein bewußt eingesetztes Instrument der Rhetorik. 263 Entsprechend will B. in Juvenals Satire "germe di romanticismo" (92) erkennen.
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Mythenstoffen, wie sie jeder durchschnittliche Schulabgänger zu praktizieren vermag.264 Sie richtet sich nicht gegen die Gattung Epos als solche; denn: 7,52–73. Erlesene Dichtung (Horaz, Vergil) ist durchaus zu bewundern, wenn sie von wirklicher Inspiration getragen ist. Auch das herrlichste Talent versagt jedoch, wenn es von materiellen Sorgen beeinträchtigt wird. 1,79 f. Umgekehrt kann – wie der Satiriker für sich selbst in Anspruch nimmt – fehlendes Talent durch flammende Empörung kompensiert werden – eine Aussage, die nur dann einen Sinn enthält, wenn indignatio hier eine wirkliche Gefühlsregung und nicht auf deren Erzeugung abzielende Rhetorentricks bezeichnet.265 Ansonsten entwickelt Juvenal für die von ihm geschaffene Spielart der Gattung keine spezielle Programmatik: 6,634–637. Die Aussage, seine Satire dringe mittlerweile in die ureigenen Bereiche der Tragödie ein, bezieht sich nicht, wie oft behauptet, auf den Stil, sondern auf den aktuell behandelten Inhalt.266 1,63 f. Vom Realitäts- und Wahrheitsanspruch des Satirikers bewahrt Juvenal den objektiven Aspekt (vgl. Lucil. 1029 M. = 1106 Kr. quae speciem vitae esse putamus); die subjektiv-autobiographische Komponente (vgl. Lucil. 590 f. M. = 626 f. Kr. ex praecordiis /ecfero versum) reduziert er dagegen auf das Moment der indignatio als einer spezifischen Ausdrucksform. 1,22–80. Was seinen Gegenstand angeht, ist Juvenal – ganz der Gattungstradition verpflichtet – auf die vitia Romanorum fixiert; ein weiteres Ausgreifen auf die curae hominum insgesamt (v.81–86) bleibt Lippenbekenntnis und ist dem Erbe der kynisch-stoischen Diatribe geschuldet, wie auch der Glaube an die bessernde Wirkung der Satire (v.166 f.) eher Topos bleibt: Im Effekt läßt die Realität (vgl. schon v.71 f.) nur Raum für eine Ächtung des Übels. 1,147–171. Das abschließende, nach dem Vorbild von Hor. sat. 2,1,57–86 und Pers. 1,103–134 strukturierte Gespräch mit dem Interlokutor, die Gefahren des Satirikerdaseins betreffend, mündet v.170 f. gerade nicht in eine Aussage von eskapistischer Feigheit, sondern in einen flammenden Protest gegen den fortdauernden Verlust der libertas: "è già un atto di coraggio sotto un governo dispotico il denunciare l'assenza di libertà" (48).267 264
Juvenals höhnische Reaktion 'Das kann ich auch!' ist noch nicht Teil seiner – erst mit v.19 einsetzenden – Satirenprogrammatik; unzutreffend daher 36: "dichiarando che anche per scrivere satire è sufficiente aver frequentato la scuola egli riprende così in forma originale le dichiarazioni di modestia abituali nei poeti satirici." 265 Dies nicht zuletzt gegen Anderson (350). 266 Anders würde v.636 f. keinen vernünftigen Sinn ergeben. – Im übrigen sind auch 1,149 f. und 1,51 trotz Puelma-Piwonka (vgl. oben Anm. 260) und Anderson (429) nicht als Ankündigung einer stilistischen Neuorientierung zu lesen (vgl. auch unten S. 203 zu 1,51). 267 Wie das deutsche Resümee verrät, handelt auch V o l o š č u k (284) von Juvenals poetischem Credo, wie er es in seiner ersten Satire formuliert und in puncto Stoff und Stil von seinen Vorgängern absetzt.
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Der im Untertitel von W e h r l e s (289) Untersuchung268 erhobene Anspruch, eine umfassende Gesamtwürdigung der Werke von Persius und Juvenal vorzulegen, wird in der 'introduction' noch einmal ausdrücklich bekräftigt: "I have attempted, whenever contingent, to comment on any aspect of Juvenal and Persius' satires which has appeared interesting (to me) or in need of (further) explanation" (1). Herausgekommen ist gerade nur ein Konvolut eher unverbunden nebeneinanderstehender Einzelkapitel:269 1. 'Aspekte und Implikationen des literarischen Programms, zu dem der Satiriker sich selbst bekennt'. Der abschnittweise durchgeführte Vergleich zwischen Pers. chol./sat.1 und Iuv. sat.1 bleibt allein schon infolge der inhaltlichen Inkompatibilität der beiden Stücke zu hermeneutischer Unfruchtbarkeit verurteilt. 2. 'Einführung und Verwendung der persona (Rolle des satirischen Sprechers)'. Anhand von Pers.3–5 referiert W. die sattsam bekannten Probleme der Sprecherverteilung in den Persiussatiren; der Juvenalabschnitt behandelt nur sat.15 ("The persona is a philanthropic emissary": 62) und 3, worin Umbricius (unter Verwendung der Lesart adiutor in v.322) als – parodisch gebrochenes – alter ego des Satirikers auftreten soll, das zwar manche Wahrheit kundtut, gleichzeitig aber als "exempl(um) of urban malignancy" (66) satirisiert wird: "Umbricius is a character who represents that group of Romans of J.'s day which in itself was somewhat responsible for the maladies in Rome which are enumerated in the satire" (69). 3. 'Ausdrucksformen und Redeweise (stilistische Eigentümlichkeiten, Gebrauch von Vergleichen, Metaphern und Bildern)'. Aus dem Juvenaltext werden relativ beliebig einige Gräzismen, Diminutive und Archaismen aufgeführt, zudem die Bilderwelt von Persius und Juvenal auf – eher äußerliche – Gemeinsamkeiten abgeklopft: Erwähnung finden "images of swelling and excess" (92), "Lucilius as warrior" (94), "metaphors involving birds" (95; bei Juvenal 2,63; 3,90 f.; 10,232 ff.) sowie "images of the geriatric" (96). Ein roter Faden ist nicht erkennbar. 4. 'der Gegensatz von Ästhetik versus Ethik'. In diesem Kapitel vereint W. wenig signifikante Einzelaussagen der beiden Satiriker über Philosophie/Philosophen, Gesellschaft, Politik und Religion; ferner leitet er aus sat.10 unvermittelt die Erkenntnis ab, Juvenals satiretypischer Nonkonformismus sei als " 'postclassical' reaction to conventional techniques of poetic description" (139) einzuordnen.270 268 Es handelt sich dabei offenbar um die (revidierte?) Buchfassung einer 1991 an der University of Southern California angenommenen Dissertation (288). 269 Die im folgenden genannten Schlüsselbegriffe sind jeweils der deutschen Version des Klappentexts entnommen. 270 B r a u n d rec. spricht hier bezeichnenderweise von einem "rabbit out of the hat" (272 bzw. 647).
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Alles in allem bleiben die vorgetragenen Beobachtungen ebenso selektiv wie oberflächlich; weder zu den Einzelkapiteln noch am Buchschluß wird irgendein Ergebnis formuliert, das wenige Brauchbare nicht einmal durch einen Index erschlossen. Die auf unseren Satiriker bezogenen Abschnitte in dem ebenfalls recht heterogenen Buch von J o n e s (302) lassen sich hauptsächlich dem Fragenkreis um Juvenals literarischen Standort innerhalb der Gattung Satire und im Verhältnis zu anderen Genera (bes. dem Epos) zuordnen. 1. Juvenal selbst stellt sich ganz wie seine Vorgänger in die Tradition des – nach eigenem Gusto auf das Charakteristikum ethisch indizierter Aggression reduzierten – Gattungsstifters Lucilius271; seine Kritik an der Wirklichkeitsferne von Epos und Tragödie soll sich mit der Tendenz verbinden, die Satire ihrerseits auf ebendiese Gattungen hin zu öffnen: Als Belege hierfür werden 1,19 f.; 165 ff. (Lucilius als Kämpfer wider das Böse flugs zum "epic warrior" (17) erhoben)272 und 6,634–637 (nachgerade tragische Dimension der crimina als Ausweis einer programmatischen Gattungsüberschreitung gedeutet) für ausreichend erachtet. 2. Juvenals Eigennamengebrauch – wo nicht kontextabhängig273 – werden autorspezifische Merkmale zuerkannt: Erfährt doch das typische Satirenpersonal "of contemporary Roman society people with various individuals" (53)274 eine bunte Durchmischung mit Namen aus den verschiedensten Perioden der römischen Geschichte und des Mythos; hieraus sollen wiederum die 'literariness' der Juvenalsatiren im allgemeinen und ihre epische Ausrichtung im besonderen zu dokumentieren sein. 3. Das Kapitel über Juvenals 'major roles' (dies umfaßt "addressees, substitute speakers, interlocutors in dialogues, or characters in narrative": 76) gefällt sich in Spekulationen zu einer assoziationenfördernden Namengebung und anderen Gewaltakten, mit denen sich J. die jeweils genehme Interpretationsgrundlage schafft: Umbricius (sat.3) soll als Deklamator denunziert sein; entsprechend wird sein Name mit der "unreality of the rhetoric schools" (86) in Verbindung gebracht, seine Einführung als Freund des Satirikers (v.1 f.) in Frage gestellt (amicus – 'Klient'; laudo – ironisch; confusus – 'upset'), sein Reiseziel als fragwürdig (Cumae = griechisch, Baiae = liederlich!) belächelt. Daß derarti-
271
Vgl. J.C. B r a m b l e , Juvenal and the high style, in: d e r s ., Persius and the programmatic satire. A study in form and imagery, Cambridge 1974, 164–173. 272 Die genannten Stellen genügen J. für die Schlußfolgerung: "It is definitely implied that Lucilian satire is epical in manner" (ebd.). 273 In sat.3 etwa konstatiert J. – wie zu erwarten – gehäuft auftretende Namen von griechischen Personen und italischen Landstädten. 274 Da sich auch Epigramm, Iambik, Liebeselegie und Lyrik aus dem gleichen Fundus bedienen, kann in der Tat nur von einem gattungstypischen, nicht jedoch gattungsspezifischen "name-profile" (49) die Rede sein.
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ge Zirkelschlüsse ohne substantiellen Erkenntnisgewinn bleiben, kann dann nicht mehr weiter überraschen.275 4. Auch jenseits der programmatischen Aussage von sat.1 (vgl. oben Punkt 1) soll Juvenals Verhältnis zum Epos teils von Antagonismus, teils von Aneignung geprägt, sein episierender Stil auf 'mockery', aber auch auf Erzeugung von Pathos ausgerichtet sein: "The complex mixture of styles mirrors the complexity of the perspective we are invited to share" (115). 5. Was den Einbezug von Elementen anderer Gattungen betrifft, konstatiert J.: "Juvenal's web of allusion is broad. It includes epic, didactic, elegy, epigram, lyric, bucolic, declamation, moralising and philosophical literature, literary-critical discourse, and historiographical writing, and works them into complex amalgams" (122), wobei er die Bewußtheit des literarischen Schaffensprozesses dann doch wohl überschätzt: Der Gebrauch von Versatzstücken aus dem gemeinsamen Bildungshorizont von Autor wie Leser ist nicht a priori mit der raffinierten Konstruktion von "intergeneric relationships" (131) gleichzusetzen. Abschließende Überlegungen zum mündlichen Vortrag der Juvenalsatiren kommen nicht über den Rahmen von Spekulationen hinaus (Näheres zu 296). Im Ergebnis bietet sich das – in den Augen des Berichterstatters hinlänglich verzerrte – Bild einer Satire, die sich selbst primär literarisch begreift ("literariness is everywhere": 139) und als "supergenre" (154) bzw. als "anarchic patchwork of the literary heritage" (147) auftritt (vgl. auch 140 über den Beginn von sat.1: "programming Juvenal's satire itself as an arena in which the different genres contend with each other").276 In mehreren Untersuchungen beleuchtet C o r t é s T o v a r die poetologischen Schlüsselbegriffe unseres Satirencorpus. 291 verweist er auf die gattungsfremde Reduktion des Lachens bei Juvenal: Wiewohl die Rhetorik dem ridiculum durchaus auch in vituperatio und Invektive eine Rolle zuweist, bedient er sich dieses Mittels erst in den späteren Satiren, in denen er seinen Blick von den stadtrömischen Verhältnissen löst und dadurch zu größerer innerer Distanz findet (vgl. 10,28–53 über das Lachen Demokrits). Dagegen vermag er in den beiden ersten Büchern der nachgerade verbrecherischen Verkehrung aller moralischen wie sozialen Wertvorstellungen nur seine – programmatisch in den Vordergrund gerückte – indignatio entgegenzusetzen, zumal auch das Lachen selbst durch die allgemeine Entartung der Sitten seine Unschuld 275 Die beiden vorgenannten Punkte bilden offenbar auch den Schwerpunkt in J.s ungedruckter Dissertation (286). 276 Geschmälert wird der Nutzen des Buches überdies durch seine einseitige Fixierung auf die angloamerikanische Sekundärliteratur (233 von 246 zitierten Titeln!) wie auch durch zahlreiche Fehldeutungen im Detail: Besonders folgenreich die Annahme, Umbricius liebäugele 3,134 ff. mit einem "quasi-marital arrangement" (41), woraus dann fortgesetzt ein Beleg für seine "apparently inconsistent attitudes to prostitution" (152) und – mittelbar – für Juvenals Hang zur Gattungsmischung konstruiert wird.
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verloren hat (vgl. 3,147–153; 5,3 f.; 156 ff.; 6,343 ff.: Spott aus Bosheit, Sadismus und Überheblichkeit). Wenn er das Publikum zur Teilhabe an seiner Empörung aufruft, nötigt ihn indes – so C. T. (293) – das Bewußtsein von der moralischen Ambiguität dieser indignatio dazu, den eigenen, legitimen Zorn des Sittenrichters (vgl. u.a. 1,79 f.; 14,50) von unberechtigter und damit kritikwürdiger Entrüstung (1,85 f.; 165–168) abzugrenzen, wie sie in erster Linie selbsternannten, weil heuchelnden Zensoren zu eigen ist (1,74; 2,9 f.; 25–40277; 64– 68; 77 f.; 4,106)278; allein durch den Nachdruck dieser Differenzierung, die sich erst mit der Realisation eines konventionelleren Satiremodells ab sat.7 erübrigt, wird Andersons (350) Annahme, Juvenal habe sich selbst als 'untrustworthy satirist' inszenieren wollen, der Boden entzogen. Des weiteren bietet C. T. Erklärungen für den Umstand, daß Juvenal beim programmatischen Blick auf das eigene Schaffen den Terminus libertas umgeht279 und stattdessen auf seine simplicitas verweist (1,151 ff.). Auf der einen Seite vermied er es so, die politischen Verhältnisse unter (und nach?) Domitian schönzureden (300; zur fehlenden libertas vgl. 4,90 f.); auf der anderen waren so auch alle aus der begrifflichen Affinität libertas/licentia resultierenden Mißverständnisse auszuschließen (301; zur Gleichung libertas = licentia vgl. bes. 2,77 f.; 111 f.). Mit simplicitas dagegen waren positive Vorstellungen zu assoziieren ('offen und ehrlich', 'ohne Falsch', 'geradeheraus'), wie sie auch mit dem anderen Schlüsselbegriff der indignatio gut harmonierten. Die formale Andersartigkeit der späteren Juvenalsatiren begründet L i n d o (281) damit, daß sich der Dichter – wie andere über längere Jahre publizierende Zunftgenossen auch (Horaz, Vergil, Properz, Ovid, Martial) – im Laufe der Zeit gewandelt und zu einer neuen Einstellung gegenüber dem eigenen Schaffen gefunden habe; bei Juvenal mag dieser Prozeß nicht zuletzt unter dem Eindruck einer materiellen Absicherung (vgl. sat.11) erfolgt sein. Alle weiterreichenden Erklärungen sind jedoch mit Vorsicht aufzunehmen: 1. Die Feststellung, der Satiriker habe nach einem ersten Reflex in 6,634– 637 (fingimus haec altum satura sumente coturnum ...; angeblich "a clear reply to criticism": 23) mit 7,1–97 die Bedingungen des eigenen Dichtertums kritisch Revue passieren lassen (v.32–35; 48 f. sollen den Ichbezug erweisen), geht am Textbefund vorbei: Juvenals Rekurs auf das Ideal des genialischen vates (7,53– 71) kann nicht auf ihn selbst gemünzt sein.
277
Bezeichnenderweise läßt der Satiriker die Sprecherin Laronia, die – als verurteilte Ehebrecherin – gewissermaßen selber im Glashaus sitzt, nicht mit gerechter Empörung, sondern subridens (v.38) reagieren. 278 Ob Juvenal auch der Indolenz eines Trebius das Recht zur Empörung abspricht (5,1– 5; 130 f.; 158 ff.; 170 f.), bleibt dem Berichterstatter fraglich: Verfolgt er nicht doch eher das Ziel, sein Gegenüber erst richtig zur Wut und damit zum Widerstand zu reizen? 279 Schon Horaz hatte libertas zwar – indirekt – für Lucilius (sat. 1,4,5), nicht jedoch für die eigene Satire in Anspruch genommen.
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2. Das Spätwerk des Satirikers mag sich in Ton und Geist Horazens Epistelbuch verpflichtet fühlen; dies betrifft jedoch nicht notwendigerweise die Form: Die unverkennbare Adressatenorientierung genügt nicht, um von sat. 8–16 (ohne 10) als "epistolary Satires" (26) zu sprechen. 2. Einzelne Faktoren a) Mythos, Epos und Tragödie L o w e r y (283) untersucht, inwieweit das Gepräge der Juvenalischen Satire durch die insgesamt mehr als 200 Bezugnahmen auf Gestalten und Ereignisse des griechisch-römischen Mythos bestimmt wird. Nach einer umfangreichen Einleitung (1–31), welche die Bedeutung des Mythos in Gesellschaft und Literatur der Kaiserzeit dokumentieren soll, erfolgt die Präsentation des Materials in insgesamt vier Hauptkapiteln: 1. (32–61) 'Juvenal's poetics'. Neben den bekannten Stellen, welche die Distanzierung des Satirikers vom ewigen Einerlei der zeitgenössischen Mythendichtung (1,1–13) oder die – angebliche – Neusituierung der Gattung auf der Ebene der Tragödie (6,634–642) bezeugen, reiht L. hier auch die siebte Satire ein, wo neben der Verweigerungshaltung potentieller Mäzene auch die Mediokrität der aktuellen Dichter und ihrer Produkte zur Sprache kommen soll (vgl. v.6–14; 24–29; 32–35).280 2. (62–103) 'Mockery of gods and myths'. Am Beispiel einer größeren Auswahl einschlägiger Belege281 wird deutlich, wie Juvenal die epischen Gattungskonventionen als solche oder aber konkrete Einzelstellen (aus Verg. Aen. und Ov. met.) respektlos verulkt, wobei er diese Option regelmäßig durch auffällige Stilbrüche markiert. Gar zu häufig möchte L. jedoch auf seiten des Satirikers noch weiterreichende Intentionen282, insbesondere gezielte Polemik erkennen: Dabei spiegeln 3,118 Gorgoneus caballus (für Pegasus) oder 12,72 f. candida scrofa (für Verg. Aen. 8,82 f. candida sus) möglicherweise nur die Stilvorgaben der Gattung; und angesichts der Wertschätzung, die der Dichter Homer und Vergil entgegenbringt (vgl. 11,179–182), kann 1,162 ff. kaum einen Seitenhieb
280
Daß durch eine solche Thematik das zentrale Anliegen der Satire unterlaufen würde (immerhin erführen die Patrone so ja geradewegs eine Rechtfertigung ihres Verhaltens), ist L. nicht in den Sinn gekommen. 281 Behandelt sind hier 1,7–14; 51–57; 81–86; 162–167; 2,29–33; 126–132; 149–152; 3,12 ff.; 116 ff.; 137–141; 4,34 ff.; 96 ff.; 6,1–20; 149–155; 12,70–74; 13,29–37; 38–52; 60–70; 75– 85; 112–119; 143–153; 239–249; 14,235–243; 256–262; 265–271; 15,13–25. Ob die Abschnitte von sat.13, welche an der Macht der Götter und damit am naiven Volksglauben Zweifel anmelden, in den gleichen Zusammenhang gehören, darf füglich bezweifelt werden. 282 Nach L. ginge es dem Satiriker entweder darum, "to ridicule the misusers (of the myth) in contemporary epic" oder "to stress the validity of satire as a literary genre and to raise it to a position of competitive respectability with epic" (93).
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gegen "the inadequacy and silliness of the epic figures themselves" (64) bezwecken. 3. (104–149) 'Ancient myth and modern decadence'. Hier läßt sich beobachten, wie Juvenal durch Anspielung auf mythische Personen und Ereignisse zu einem für die Gegenwart schlechterdings entlarvenden Vergleich einlädt (als typologische Muster können 1,60 f.; 2,99 f.; 8,213–221 gelten). Neuerlich erliegt L. jedoch der Gefahr der Verzeichnung, wenn er die als Ideal auftretenden Gestalten des Mythos ihrerseits als Kunstfiguren abgewertet sieht (dies soll für 5,43 ff. Aeneas und 7,210 ff. Achilleus zutreffen)283 oder damit rechnet, Naevolus spreche sich in der 9. Satire durch "foolish references to mythological figures" (134) sein eigenes Urteil.284 4. (150–191) 'Juvenal's rhetoric use of myth'. Juvenal bedient sich eben auch mythischer exempla, um seine Argumentation zu stützen bzw. – häufig in Form eines kurzen Gleichnisses – zu illustrieren oder um Sympathie für eine seiner Figuren zu erzeugen285 (im letzteren Sinne soll 3,198 f. Ucalegon genannt sein). Insgesamt mag Juvenals auffällige Vorliebe für mythische Einsprengsel auf Überwindung der gattungstypischen Berührungsängste gegenüber dem sermo grandis zurückzuführen sein; es bleibt jedoch zu bedenken, ob er sich nicht öfter, als von L. konzediert, einfach nur das komische Potential einschlägiger Verweise zunutze machen möchte. Auch H e l l e g o u a r c ' h (290) dokumentiert, in welchem Umfang sich Juvenals Satire den Einflüssen des Epos öffnet: Übernahmen finden sich in Motiven des Mythos, Sprache und Stil (Vokabular, Wortstellung, Stilmittel) sowie Metrik (Enjambement, weibliche Zäsur und bukolische Diärese); zahlreiche Einzelstellen, aber auch längere Abschnitte sind zudem als Epenparodie (bes. mit Bezug auf Verg. Aen.) angelegt. Was die Erklärung dieses Befundes angeht, dürfte die Absicht des Dichters, "rendre mieux perceptible la marge qui sépare les Romains de l'Empire des hommes éminents, héros légendaires ou grands ancêtres dont la haute poésie perpétue la mémoire" (279)286, jedoch nur für einen Teil der vorgeführten Belege bestimmend sein.287 283 Zum letzteren Beispiel vgl. 108: "The mythical figure ... by a process of secondary irony, is shown – because he is debunked – to be himself inadequate as a moral standard." 284 Vgl. zu 9,63–67 und 135 f.: "his mention of Ulysses displays by contrast his own moral and intellectual poverty; the attribution of his personal feelings to the Fates gives indication of his foolish pride and sense of self-importance" (137). 285 Ihrer Funktion nach kommen diese Beispiele also solchen aus der Geschichte gleich. 286 Die Formulierung nach J.-P. C è b e , La caricature et la parodie dans le monde antique, des origines à Juvénal, Paris 1966, 320. 287 Ebenso simplifizierend S a p o t a (297), der auf den gerade einmal 3 Seiten, die er Juvenals 'mythological imagery' widmet, wegen 6,634–646 zu dem Ergebnis kommt: "The mythological frames are the only available, yet lacking in precision, instruments to depict the horrors conceived in the mind of a deranged observer" (95). Daß sich die Mehrheit der – von S. gezählten – 67 'mythological references' nicht unter dieses Vorzeichen fügt (vgl.etwa
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Zu Recht erinnert P o l l m a n n (292) daran, daß Juvenals Kritik an mythologischer Dichtung (Epos und Tragödie) nicht grundsätzlich erfolgt (vgl. die positiven Aussagen von sat. 7), sondern abgedroschene und realitätsferne Trivialprodukte zum Gegenstand hat (sat.1). Davon unberührt bleibt ohnedies die Möglichkeit, mythologische Elemente auch in der Gattung Satire funktional einzusetzen; bei Juvenal geschieht dies 1. akzidentiell zur "Hebung der Ausdrucksebene" (483), besonders deutlich im Kontrast zu kolloquialen bzw. vulgären Stilkomponenten in der Nachbarschaft; 2. durch Verwendung mythologischer Namen als Appellativa, um einzelne Personen oder Personengruppen schlagwortartig zu charakterisieren; 3. in struktureller Funktion als Abschluß oder Eröffnung einer gedanklichen Einheit; 4. als Kontrastfolie eingesetzt, im Dienst einer Überbietungs- und Steigerungstechnik.288 Eher beiläufig erwähnt seien noch zwei spanische Arbeiten. V i l l a l b a Á l v a r e z (295) rekapituliert die bekannten Forschungspositionen zum Thema 'Juvenal und das Epos': Anders als die Klassiker Homer und Vergil (vgl. 11,179–182) mißachtet der Satiriker die zeitgenössischen Vertreter der Gattung incl. Statius (vgl. den süffisanten Ton von 7,82–87) für ihre bombastische Inszenierung ebenso wirklichkeitsfremder wie abgedroschener Mythen289; er selbst bedient sich des einschlägigen Fundus nur in parodisch-satirischer Absicht. Und auch C o s t a V i t o r i n o (299) stellt klar, daß Juvenal keine Neuorientierung der Satire unter dem Vorzeichen von Epos und Tragödie (oder gar mit dem Ziel ihrer Ersetzung) verfolgt haben kann: Läßt sich eine solche Annahme doch weder durch 6,634–638 begründen290 noch angesichts des – gerade in der Programmsatire formulierten – Widerwillens gegen die Nichtigkeit hoher Dichtung überhaupt nur erwarten. Die dezidierte Gegenposition hatte zuletzt W i n k l e r (287) vertreten, der so weit geht, Juvenal als selbsternannten Erben der "epic-vatic tradition" (415) zu begreifen: Da das zeitgenössische Epos an seiner selbstverschuldeten Substanzlosigkeit zugrunde gehe und solcherart seiner "traditional moral-
12,70–74 mit Adamietz [16] z.St.: "eine Ortsangabe mit Hilfe von Aeneis-Reminiszenzen"), ist dem Vf. keine Erwähnung wert. 288 Weniger überzeugt P.s letzter Punkt einer Selbstentlarvung mythenunkundiger Sprecher: Oder warum sollte Naevolus 9,148 ff. durch Verweis auf den Sirenengesang der Odyssee seine "Halbbildung bloß(stellen)" (489)? 289 Steht doch das Selbstverständnis der Satire als Medium gesellschaftlicher Relevanz und nachgerade journalistischer Aktualität dazu natürlich in diametralem Widerspruch. 290 Exakte Kontextualisierung ergibt für diese Verspartie gerade nur die Aussage, die Realität des Verbrechens habe mittlerweile die kühnste Phantasie hinter sich gelassen (vgl. auch 15,30 ff.).
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didactic function" (441) nicht mehr gerecht werde291, sehe sich der Satiriker angesichts der moralischen Schlechtigkeit seiner Zeit in die Pflicht genommen, diese Lücke auszufüllen und "as divinely inspired prophet in the great epic tradition" (437 zu 4,34 ff.) aufzutreten. Daß Juvenal jedoch W. zufolge seine Vorgänger programmatisch als vates (Horaz wegen 1,51 Venusina ... lucerna)292 und als "epic hero" (418: Lucilius wegen der Bilder von 1,19 f. und 165 f.) in Szene setzt, Laronia qua Sprachrohr des Dichters wegen 2,64 vera ac manifesta canentem als "being divinely inspired" (431) zu gelten hat293, 4,34 f. non est / cantandum, res vera agitur ebenfalls problemlos mit der Annahme einer vatesSatire zu vereinbaren und Juvenals indignatio als Korrelat zum furor vatis aufzufassen ist, stellt der These kein besonders gutes Zeugnis aus. b) Rhetorik Nach I o r i l l o (280) soll die scheinbare Strukturlosigkeit der Juvenalsatiren auf dem bedachten Einsatz von Formelementen beruhen, welche die kaiserzeitliche Rhetorenschule entwickelt und ihren Deklamationen als eigene Redeteile implementiert hatte. Waren dort jedoch loci communes, ἔκφρασις, Digression und historische exempla vordringlich als schmückendes Beiwerk eingesetzt worden, hätte sie der Satiriker zu essentiellen Trägern von Inhalt und Aussage seiner Gedichte umfunktioniert: Aus der congeries exemplorum von 1,22–80 bezieht er nicht nur die Berechtigung zur indignatio, sondern auch den Stoff seiner Satire; die Auswahl historischer Standardbeispiele von 8,146–268 tritt, mit einem einschlägigen color versehen, in den Dienst einer umfänglichen laudatio temporis acti; und auch in der Sturmbeschreibung von 12,17–82 wird – wie in anderen Fällen einer "lengthy description" (210) – ein eigenes Thema angeschlagen:294 Im konkreten Fall ist es Juvenal um die Anklage der allesbeherrschenden luxuria zu tun.295 Indes wird man die von I. konstatierten Berüh291
Diese wird fortwährend für "epic – at least since Hesiod" (424; ähnlich etwa 427) postuliert, bezeichnenderweise jedoch nur aus Hesiod selber belegt; daß sie auf seiten der Satire zum Standardprogramm gehört, steht auf einem anderen Blatt. 292 Hier wirkt Andersons (429) irrige Ansicht nach, die Paraphrase ziele nicht auf Horaz den Satiriker, sondern auf den episch-tragischen(!) vates. 293 Durch 8,125 f. soll der Dichter allen Ernstes für sich selber Ähnliches vindiziert haben. 294 Entsprechend begründet I. auch die sportula-Szene von 1,95–134 ("provides a vivid representation of the depths to which the Roman nobility has fallen": 211) und die Überlegungen zur Provinzverwaltung in 8,87–124 ("a pathetic picture of the poverty which a corrupt nobility has inflicted upon the allies of Rome": ebd.). 295 Daß die Satire neben der Attacke gegen die captatores (v.93–130) solcherart einen zweiten thematischen Schwerpunkt aufweist, ist sicher richtig gesehen; die Details werden jedoch mehrfach verzeichnet: Der locus de luxuria richtet sich nicht gegen Catullus, mit dem Juvenal ja eng befreundet ist (vgl. v.1–16; 83–92; zur amicitia allgemein auch v.128 ff.); v.22 ff. ist nicht notwendigerweise auf Ironie, sondern eher auf darstellerische Kürze abgestellt ('ein Sturm so schlimm, wie man ihn sonst nur aus der – übertreibenden – Dichtung kennt');
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rungspunkte zwischen Juvenalsatire und declamatio eher durch gemeinsame, nicht zuletzt in Rede und Dichtung zu lokalisierende Wurzeln erklären, als Juvenal das Verfahren aufzubürden, er habe überkommene Argumentationsstrukturen erst in der durch die kaiserzeitliche declamatio zu verantwortenden Schwundform rezipiert, um sie dann selber neuerlich mit Sinn zu erfüllen.296 G r i m a l s (285) kurzer Essay liefert einige Proben für die Affinität zwischen Juvenalischer Satire und zeitgleicher Rhetorik (Periodenbau, Stilmittel, sententiae, Ekphraseis, colores, loci). Gemeinsam ist auch die Gratwanderung zwischen Fiktion und Realität: "Tout ce monde est fictif, et nous commençons à discerner que le monde de Juvénal est à la fois réaliste, dans les détails évoqués, et imaginaire, dans les thèses soutenues" (7). L u i s i (294) betrachtet Juvenal neuerlich als Adepten der Schulrhetorik, deren Einflüsse er inhaltlich (Themen, loci communes/philosophumeni, sententiae, exempla) und formal ('generic composition', dispositio), vor allem aber im Bereich des Stils erkennen will: An einzelnen Beispielen belegt L. die Verwendung von Hyperbel, Metapher, Metonymie, Antonomasie, Prosopopoiie, Anapher, Onomatopoiie und Alliteration, Antithese, sermo vulgaris, Oxymoron, abruptem Stilwechsel, Gräzismen und Archaismen; um eine Sonderstellung Juvenals zu erweisen, hätte das Material allerdings in weit größerem Umfang bereitgestellt werden müssen.297 c) Performanz J o n e s (296) sieht Juvenals Werk speziell für die mündliche Präsentation der recitatio und die hieraus resultierenden Möglichkeiten der "multiinterpretability" (125) angelegt. Hierfür genügt es indes nicht, auf die dramatischen Elemente (dialogische Inszenierung, Suasorien-Charakter, Einwürfe in direkter Rede) oder das dramatische Potential der Satiren (Denkmodell einer stimmlichen Differenzierung zwischen Crispinus- und Domitianteil in sat.4 u.ä.) zu verweisen; und auch auf einzelne Stellen bezogen, vermag die These keinen meßbaren Erkenntnisfortschritt zu generieren: vgl. zu 2,64 f.; 8,39 f.; 12,93 ff. ("all play upon audience reactions": 130) oder 7,36–39 ("in perfor-
v.70–74; 79–82 stellen keine Eposparodie dar (I. verweist auf Verg. Aen.8,81 ff.; 86–89); und auch bei Corvinus handelt es sich, ungeachtet seines Namens, keineswegs um einen – als Adressaten von Juvenals Ausführungen gänzlich ungeeigneten – Erbschleicher, sondern um einen argwöhnischen Beobachter (v.93). 296 Verwunderlich auch manches von I. vorgetragene Detail, so etwa, wenn er einem italienischen Aufsatz von 1943 zubilligt, dort werde erstmals die Bedeutung der indignatio für Juvenals Satiren erkannt (5328). Verfehlt überdies der Vorschlag, die gedankliche Integration von 1,127–131 in den Kontext durch Umsetzung der Versfolge nach v.116 zu fördern (72– 75): Kommt so doch zwischen v.126 und 132 ein besonders störender Bruch zustande. 297 So etwa bei W.S. A n d e r s o n , The rhetoric of Juvenal, Diss. Yale Univ. New Haven 1954 (Mikrofilm); vgl. DAI 37, 1966, 191A.
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mance the relationship between timing, pacing and sequence of information is paramount": ebd.).298 K e a n e (298) zufolge soll die von Juvenal formulierte Programmatik mehrfach darauf ausgerichtet sein, "deeper potential relations between satire and spectacles of all kinds" (258) auszuloten und solcherart – vor dem Hintergrund seiner abschätzigen Äußerungen über den zeitgenössischen Amüsierbetrieb – eine selbstkritische Sicht des Satirikers auf das eigene Schaffen zu indizieren ("The satirist figure that he constructs takes on the consequences of the trends that his satire itself criticizes, namely the popularity of spectacle and the personal degradation that it enables"). Bei näherem Zusehen ist diese Behauptung indes nicht einmal durch eine belastbare Textgrundlage zu stützen: 1,155 ff. (der Satiriker bietet das Schauspiel einer brennenden Fackel) ist nicht Juvenals Satirendichtung selbst, sondern die drohende Ahndung satirischen Freimuts in den Blick genommen, nach 6,634–638 stellt ein konkretes Ereignis die schrecklichste Tragödienhandlung in den Schatten, ohne daß dadurch eine "programmatic suggestion about genre-mixing" (263) oder gar eine kompromittierende Affinität Satire – Bühne impliziert würde ("Here, as in 1.155–157, the programmatic portrait ties satire's evolution into that of drama; once again the underlying moral theme of that combined history is perversion": 269); und 10,33–48 spricht nichts dafür, Demokrit, den passiven Beschauer der pompa circensis, als alter ego des unverdrossen das Wort ergreifenden Satirikers aufzufassen299 ("Democritus embodies the ambiguous position of the Juvenalian satirist who writes dramatic satire in an atmosphere of dramatic perversion": 273). Eine (ironische?) Selbstinszenierung Juvenals "as spectacle subject, generic transgressor, and manipulated viewer" (274) hätte sich ganz anderer Mittel bedienen müssen. XI. Künstlerische Gestaltung 303. R. M a r a c h e , Rhétorique et humour chez Juvénal, in: M. R e n a r d – R. S c h i l l i n g (Hgg.), Hommages à J. Bayet, Bruxelles 1964, 474–478 (Resümee REL 41, 1963, 34).
298 Einige der angeführten Beispiele ermangeln schlechterdings einer sachlichen Grundlage: 3,131–136 zeugen nicht vom Wunsch des Umbricius nach einem "quasi-marital arrangement" (128), 1,1 nicht notwendigerweise von der quasi-dramatischen Unterbrechung einer Dichterlesung. 299 Auch diese rein rezeptive Haltung des Philosophen soll sich nach K. allerdings wieder programmatisch deuten lassen, wenn sie im Vergleich zu Hor. epist. 2,1,194–207 konstatiert: "In Juvenal, Democritus passively participates in the dramatization of the political hierarchy, and therefore lacks the autonomy and the theatre-making ability possessed by Horace's Democritus" (273).
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304. D. U n g e r , Das Bild bei Juvenal, Diss. Kiel 1965 (masch.), III, 88 & 21 S. 305. G.R. R o c h e f o r t , Laughter as a satirical device in Juvenal, Diss. Tufts Univ. Medford (Mass.), 1972, V & 224 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 33, 1972–1973, 2913A. 306. W. R e i s s i n g e r , Formen der Polemik in der römischen Satire. Lucilius – Horaz – Persius – Juvenal, Diss. Erlangen-Nürnberg 1975, 233 S. 307. J. M a r t y n , Juvenal's wit, GB 8, 1979, 219–238 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 39–60. 308. A.C. R o m a n o , Irony in Juvenal, Hildesheim 1979, XII & 275 S. 309. R. J e n k y n s , Three classical poets. Sappho, Catullus and Juvenal, London 1982, darin S. 151–221: Juvenal the poet. Rez.: W e s t , TLS 81, 1982, 803; D u Q u e s n a y , G&R 30, 1983, 92; A n d e r s o n , CLS 21, 1984, 345–347; B r a u n d , JRS 74, 1984, 236–237; M a y e r , CR 34, 1984, 133. 310. A.T. B e n d o r i ū t ė , Humoras Juvenalio satyrose, Literatūra (Vilnius) 25.3, 1983, 39–47. 311. S. E d w a r d s , Parody and poetics in the Satires of Juvenal, Diss. Bryn Mawr College 1986, 342 S.; vgl. DAI 50, 1989–1990, 3939A. 312. J. B a u m e r t , Identifikation und Distanz: Eine Erprobung satirischer Kategorien bei Juvenal, in: ANRW II. 33.1, Berlin 1989, 734–769. 313. A. C i o c â r l i e , Satira i în contextul unei lecturi în cheie ironică a operei lui Iuvenal, StudClas 31–33, 1995–1997, 49–62. 314. C. S c h m i t z , Das Satirische in Juvenals Satiren, Berlin 2000, XII & 305 S. Rez.: B a i n e s , BMCR 2001.08.29; P i z z i m e n t i , Maia 54, 2002, 209– 211; S c h u b e r t , MH 59, 2002, 264; W i n k l e r , CW 96, 2002–2003, 221– 222; P a p a i o a n n o u , GB 24, 2005, 337–340. 315. H. V i n c e n t , Ieiunum odium: Theory of humor in Juvenal, Diss. Brown University, Providence (R.I.) 2004, 198 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 65, 2004–2005, 1756A. 316. W.J. R a s c h k e , Imperium sine fine – Boundaries in Juvenal, in: F. F e l g e n t r e u u.a. (Hgg.), Per attentam Caesaris aurem: Satire – die unpolitische Gattung? Eine internationale Tagung an der Freien Universität Berlin vom 7. bis 8. März 2008, Tübingen 2009, 131–147. *317. H. V i n c e n t , Roman satire and the general theory of verbal humor, in: C. V a l e r o - G a r c é s (Hg.), Dimensions of humor. Explorations in linguistics, literature, cultural studies and translation, Valencia 2010, 419–450.
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Vgl. auch S u l l i v a n (151) und W i e s e n (331), zu Juvenals Humor M a s o n (145) und A n d e r s o n (351), zu seiner Metaphorik B e r t m a n (435). 1. Gesamtdarstellungen Im einschlägigen Kapitel seines Buches ist J e n k y n s (309) aus subjektivästhetisierender Perspektive um den Nachweis von Juvenals schöpferischer Kraft bemüht: Als Indizien seiner "capacity for ... perception and penetration" (219) werden poetologisches Profil, Vergilnähe, Intensität der Gefühle (etwa gegenüber dem Landleben oder im Verhältnis zu Kindern), Sensibilität für die spirituelle Qualität einer Landschaft (3,12–20), Pathos, Eindringlichkeit der szenischen Visualisierung (Zoom-Effekt!), feine Beobachtungsgabe, Verlebendigung des Unbelebten sowie souveräner Umgang mit metrischen, klanglichen und stilistischen Mitteln exemplarisch dokumentiert, die Entscheidung des Satirikers, sich ungeachtet seines an Vergil gemahnenden Talentes300 einer eher unspektakulären Gattung zuzuwenden, entsprechend nicht nur sozial, sondern auch literarisch kontextualisiert: "The exhaustion of the genres called for a new kind of poetry; the vices of Rome called for satire; Juvenal found a voice that answered to both the literary and the social circumstances of his age" (187). B a u m e r t (312) erinnert an das ästhetische Grundproblem der Gattung Satire, ihrem Leser gleichzeitig emotionale Identifikation und kritische Distanz, innere Betroffenheit und klares Urteil signalisieren zu müssen, um dann am Beispiel Juvenals die aus dieser Spannung erwachsenden Formprobleme wie deren Lösung zu dokumentieren. Im einzelnen beobachtet er: 1. multiperspektivische Organisation durch den Wechsel zwischen abstrakter Argumentation und visualisierender Vergegenwärtigung, "olympischem Horizont" (741) und grotesker Ausschnittsvergrößerung (dies zu 1,81–92), rationaler Darlegung und emotionaler Identifikation, vertrautem Gespräch und öffentlichem Tribunal. 2. Verzerrung und damit Verfremdung der Fakten; "bewußte Variation der Distanz zu Objekt und Publikum" (750; vgl. etwa 3,243–267). 3. die "Selbstenthüllung des Widersprüchlichen" (753) durch seine unkommentierte Abbildung auf der Ebene von Stilmitteln (Antithesen, Paradoxa, Oxymora), Syntax und Struktur. 4. Brechung von Pathos durch abrupte Desillusionierung (z.B. 1,79 f.; 2,29 ff.; 6,33 f.), v.a. durch das Mittel der Ironie, welche regelmäßig die distanzierende Aufhebung aller im Vorfeld erregten Affekte herbeiführt. 5. die "Überraschung durch das Unerwartete" (760): "Gerade in der Verletzung der natürlichen Gedankenfolge liegt die satirische Wirkung" (763). 300 "We may well feel that he would have made a far finer epic poet than Statius, Silius or Valerius Flaccus" (158).
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Abschließend konstatiert B., "daß sich Juvenals Standpunkt an keiner Stelle innerhalb der Hierarchie der Gesellschaft festmachen läßt" (765): Sein Abscheu richtet sich gegen "jedes nicht rollen- und statuskonforme Verhalten" (ebd.) und damit gegen jegliche Störung der traditionellen Gesellschafts- wie Werteordnung. Erst S c h m i t z (314) stellt sich die Aufgabe, die Juvenalische Satire von ihrer Darstellungstechnik her systematisch zu erfassen. Entsprechend liegt der Schwerpunkt ihrer Untersuchung in der Erarbeitung einschlägiger Kategorien. Säuberlich unterscheidet die Vf.in 1. die satirische, d.h. durch perspektivische Brechung bzw. selektive Wahrnehmung bestimmte Inszenierung der Wirklichkeit. In seinen poetologischen Reflexionen konturiert der Satiriker diese vor allem durch die von ihm konstatierte Konvergenz von tragischem und satirischem Sujet; in der Praxis trägt er ihr durch verschiedene Formen perspektivischen Sprechens Rechnung ('charakterinkonsistentes' Sprechen, wonach "er Personen Worte in den Mund legt, welche diese in Wirklichkeit kaum äußern würden": 32; Sprecher in der Rolle eines 'repräsentativen' Ichs, das sich "geradezu gegen ein unpersönliches 'man' austauschen läßt": 59). 2. stilkonstituierende Mittel satirischer Sprach- und Darstellungskunst, die vom bedacht gesetzten Einzelwort (Paronomasie, Diminutive, Emphase, Ambivalenz) über Formen des kalkulierten Stilbruchs und des paradoxen Gedankenabschlusses bis hin zu komplexeren Techniken (virtuose Beiläufigkeit der Digressionen, Bildersprache als decouvrierendes Mittel) verfolgt werden. 3. Kategorien des Satirischen. Hier spielen nach S. die gesuchte Inkongruenz (das Auseinanderklaffen von Stilniveau und Gegenstand) sowie die Verzerrung in ihren komplementären Formen von Übertreibung und Reduktion die entscheidende Rolle. 4. die satirische Umformung vorgeprägter Modelle, die sich in der Imitation von Einzelstellen (Zitat, Anspielung, Parodie), aber auch in der Anverwandlung traditioneller Elemente anderer Gattungen und im spielerischen Umgang mit dem Motivkanon des Mythos dokumentieren läßt. Daß sich die vorgenannten Hauptkategorien der Sache nach überschneiden und auch die einzelnen Juvenalpassagen mehrheitlich keine eindimensionale Rubrizierung zulassen, muß die Untersuchung durch zahllose Wiederholungen kompensieren301; die daraus resultierende Segmentierung des Befundes ist 301 So wird etwa die Frisierszene von 6,490–493 sowohl unter 'Entfaltung satirischer Wirkung durch klangliche Äquivalenz' (68 ff.) wie auch unter 'satirischer Funktion des Deminutivs' (79 f.) und 'Juvenals Imitationstechnik: die satirische Funktion des Zitats und der Anspielung' (175) erörtert, die Vorstellung des Liebespfeils (vgl. 6,138 f.) nicht nur als 'Klischee der Liebeselegie im Widerstreit mit der Realität' (230–236), sondern auch als Beispiel für 'Inkongruenz zwischen erhabenem Mythos und trivialer Situation' (250) ins Auge gefaßt; eine zusammenhängende Behandlung längerer Textabschnitte erfolgt dagegen kaum
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nicht nur dem Verständnis der Einzelstellen hinderlich, sondern wirkt ihrerseits wieder auf den Gang der Untersuchung zurück: Weitgehend ausgeblendet bleibt nämlich die Differenzierung 1. zwischen den verschiedenen Intentionen, die der Satiriker durch Anwendung der untersuchten Prinzipien verfolgt: Wo und in welchem Umfang sind diese im engeren Sinne als Träger satirischer Kritik eingesetzt, wo nur den Gattungsgesetzen betr. Komik und niederem Stil geschuldet?302 2. zwischen Ausdrucksformen, die Juvenal selbst erkennbar kultiviert (oder gar kreiert?), und solchen, die zum beliebig verfügbaren Instrumentarium der Gattung, ja der Literatur überhaupt zu zählen sind: So stellt die 'satirische Reduktion eines Menschen auf das entscheidende Detail' auch ein Charakteristikum der Persiussatiren dar (Belege bei B a i n e s rec.), während die 'Vermenschlichung der Objektwelt' etwa zum Standardrepertoire der Lyrik gehört.303 Liest man das Buch jedoch als Repertorium der von Juvenal praktizierten Darstellungsformen, wird man es mit Gewinn konsultieren; das von S. gezogene Fazit "Die für Juvenal charakteristische Kategorie der Inkongruenz als die seiner satirischen Aussage besonders angemessene Form steht im Dienste des Sichtbarmachens von Mißverhältnissen" (279) kann allgemeiner Zustimmung sicher sein. 2. Humor M a r a c h e (303) unternimmt es, die von E. d e S a i n t - D e n i s formulierte304 These vom Humoristen Juvenal mit weiteren Argumenten zu untermauern: Schon sein programmatisches Bekenntnis zur indignatio als Triebfeder dichterischen Schaffens (1,79: si natura negat, facit indignatio versum) federt der Satiriker durch einen launigen Nachsatz ab (1,80: qualemcumque potest, quales ego vel Cluvienus); besonders der Umgang mit den Göttern, die Anreicherung der Sprache mit epischen Elementen und die zahllosen (karikierenden) Übertrei(Ausnahmen: 43–47 zu sat.6; 162–165 und 269–277 zu sat.5; 208–221 zu sat.3; 221–230 und 262–269 zu sat.9). 302 Zielen die despektierlichen Züge, welche die Schilderung des alten Rom (etwa 3,312 ff.) und der Urzeit (13,38–59) durchziehen, tatsächlich auf eine substantielle Abwertung der einschlägigen Ideale? 303 Daß auch die Deutung einzelner Stellen verschiedentlich zum Widerspruch herausfordert, stellt demgegenüber kein eigenes Manko dar: Sollen die – durch den jeweiligen Kontext evozierten – Aussagen von 6,634–637 und 15,29 ff. wirklich als grundsätzliches Bekenntnis zu einer satura cothurnata (38–50) verstanden werden? Darf man das Thema der 2. Satire auf Kontrastierung "der jetzigen Nobiles ... mit der kriegerischen Tüchtigkeit ihrer Ahnen" (136 f.) reduzieren, nur um an v.143–148 als integrativem Bestandteil dieses Gedichtes festhalten zu können (128–137)? 304 E. de S.D., L'humour de Juvénal, IL 4, 1952, 8–14 = d e r s ., Essais sur le rire et le sourire des Latins, Paris 1965, 224–236.
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bungen haben als Ausweis eines wenn auch bitteren, so doch unleugbaren Humors zu gelten. Kaum lösbar – um dies zu ergänzen – ist dann natürlich die Frage nach der Verwurzelung dieses Humors im persönlichen Naturell des Dichters: Ist er vielleicht nur dem Selbstverständnis der Gattung geschuldet? R o c h e f o r t s (305) "study of explicit laughter" (3) in Juvenals Satiren leidet a priori unter der Uneinheitlichkeit des zu untersuchenden Materials. Aus insgesamt vier Blickrichtungen werden die einzelnen Belege wieder und wieder beleuchtet: 1. 'vocabulary for laughter' (ridere und Komposita, derisor, risus, cachinnus, ridiculus, iocari, iocus, sal, facetus, mimus, comoedia, comoedus); 2. 'the characters who laugh' (Götter, Gestalten aus Mythos und Geschichte, reale oder fiktive Zeitgenossen, meist Typen oder aber Menschengruppen); 3. 'objects of laughter' (Einzelpersonen wegen ihrer physischen oder moralischen Defekte, die Menschheit wegen ihrer törichten Hoffnungen, Freuden und Sorgen); 4. 'laughter, its relation to theme' (Stellen geordnet nach Satiren): "In fact, most instances of laughter serve one of the following purposes: to establish the identity of the satirist; to specify a particular example of folly or vice; to broaden the scope of the satire from the individual to the general; to clarify the motivation of characters in the satires" (124, wörtlich wiederholt 162). Das nicht weiter erstaunliche Resultat reduziert sich dann auf die Aussage, dieses Lachen besitze vorzugsweise spöttischen Charakter und werde vom Satiriker als Instrument der Moralkritik eingesetzt; der Anspruch, zu einem "deeper understanding of both the satirist and his poetry" (159) beizutragen, wird nicht eingelöst.305 M a r t y n (307), der ganz wie schon Mason (145) in Juvenals Satire den Unterhaltungsfaktor und damit "poetic artistry, verbal brilliance, irony, startling hyperboles and sardonic wit" (219) dominieren sieht, sammelt vor diesem Hintergrund Beispiele für Juvenals Pointen durch "surprise endings" (223). Wenn auch die angeführten Stellen306 mehrheitlich geeignet sind, den beißenden Witz des Satirikers zu belegen, läßt sich die Prämisse selbst (primäre Ausrichtung der Juvenalischen Satire auf Humor) solcherart natürlich nicht erhärten. V i n c e n t (315) führt in Gestalt moderner wie antiker Humortheorie (Plat. Phileb. 48c,4–50a,9: 'superiority theory'; Arist. Nic. Eth. 1128a 12–25; 305 Zu einem guten Drittel besteht die Arbeit ohnedies aus einem mehr als seichten Forschungsbericht (ohne Bezug zum Gegenstand) sowie vier Appendices von ebenfalls eher zweifelhaftem Wert. 306 M. nennt 1,37–41; 81–86; 112–116; 2,9 f.; 159–170; 3,6–9; 109–112; 198 f.; 228–231; 4,28–36; 72–75; 5,56–60; 6,14–18; 78–81; 157–160; O.20 ff.; 651–654; 7,84–87; 115 ff.; 125– 128; 8,155 ff.; 167–172; 9,32–37; 77–80; 135 f.; 10,58–64; 158; 163–166; in den späteren Satiren mit ihrer feineren Ironie will er die genannte Technik nur noch spärlich beobachtet haben.
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Rhet. 1371b 35–1372a 2; Poet. 1449a 32–35: 'incongruity theory') schweres Geschütz auf, um damit die Erkenntnis zu erzwingen, bei Juvenals Humortechnik handele es sich um "a coherent, definable, and explicable system" (14). Ob sich sein "sick humor" (45), wie ihn V. nach den vier Hauptkomponenten "aggression, eroticism, grotesqueness, and voyeuristic displays" (14) aufschlüsselt, solcherart zuverlässig kenntlich machen läßt, steht indes auf einem anderen Blatt: Vermag doch ein solcher Unterbau zwar die Funktionsweise eines jeden Witzes zu erklären (z.B. durch Überraschung, Tabuverletzung, Mehrdeutigkeit, Erzeugen eines Überlegenheitsgefühls), kann aber umgekehrt nicht erweisen, ob eine nach entsprechendem Muster gestaltete Aussage vom Autor tatsächlich als Witz beabsichtigt bzw. auf Rezipientenseite als solcher verstanden wurde, konkret formuliert, ob dem Satiriker ein Hang zu anarchischer Komik oder aber nackte Wut die Feder führte. Auch das von V. in diesem Zusammenhang herangezogene Differenzierungskriterium der Hyperbole (rhetorisch adäquat = aufrichtig gemeint; zur Karikatur verzerrt = humoristisch relativiert) liefert hier mangels Objektivierbarkeit keine verwertbaren Ergebnisse; problematisch erscheint jedoch v.a. V.s konkreter Zugriff auf Juvenals Witz: 6,309 f. micturiunt hic / effigiemque deae longis siphonibus implent soll sexuelle Implikationen aufweisen, 2,100 Actoris Aurunci spolium den Nebensinn "the satirist's hide" (124) implizieren, 9,30 f. [sc. lacernas] male percussas textoris pectine Galli / accipimus, tenue argentum venaeque secundae als "(a cloak) struck badly by the groin of the eunuch weaver, and a thin piece of silver from an inferior cock" (133 f.) zu belachen sein. Haarsträubender Unsinn dieser Größenordnung hätte in einer wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit nicht hingenommen werden dürfen. Was B e n d o r i ū t ė (310) in ihrer auf Litauisch abgefaßten Arbeit über die Rolle des Humors bei Juvenal ermittelt hat, muß mangels einschlägiger Sprachkenntnisse des Berichterstatters offenbleiben. 3. Parodie Die Dissertation von E d w a r d s (311) untersucht Art, Umfang und Zielsetzung von Juvenals parodischer Imitation307 "as a satirical weapon or technique" (36). Während Parodie in den erhaltenen Luciliusfragmenten mehrheitlich und bei Persius nahezu ausschließlich im Dienste der (Literatur-)Kritik steht (Spott über den sprachlichen wie inhaltlichen Bombast von Epos und Tragödie), bei Horaz dagegen primär als Träger urbaner Komik fungiert, wird sie von Juvenal auch noch dazu herangezogen, seine indignatio mit beißendem 307
Ihrer einleitenden Begriffsklärung zufolge subsumiert E. unter Parodie nicht jede Art literarischer Reminiszenz, sondern allein die durch Verletzung des stilistischen decorum charakterisierten und üblicherweise auf Komik berechneten Formen von Parodie im engeren Sinne, Burleske (v.a. Epenparodie und Paratragodie), Travestie und Pastiche.
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Sarkasmus zu unterfüttern. Zudem erweist ein näherer Blick auf die einzelnen Satiren308, daß sich Juvenal nicht nur in größerem Umfang als seine Vorgänger die Vorzüge der Parodie zunutze macht309, sondern dabei auch eine überraschend große Zahl von Autoren und Genera berücksichtigt: E. nennt Homer, Lukrez, Cicero, Vergil, Horaz, Properz, Ovid, Lucan, Persius, Valerius Flaccus, Statius sowie zögernd Pacuvius und Calpurnius Siculus; als Gattungen treten Epos, Komödie, Bukolik, Elegie, Hofdichtung und declamatio in Erscheinung. An den parodischen Zitaten selbst erstaunt die Vielschichtigkeit ihrer Verwendung: "In particular, we have seen that Juvenal uses parody to enhance his satiric observations with wit and sophistication; to ridicule other types of poetry for their irrelevance, pretension, or indifference to the truth; to reiterate the thematic emphasis of the individual satires; and to represent with sarcasm and irony the frequent disparity between quid deceat and the various passions and ambitions of men" (259); überzeugend auch die hieraus abgeleitete Schlußfolgerung, Juvenals Ausgriff auf das genus grande sei nicht einfach nur als permanente Ausweitung der lex operis, sondern gerade auch als punktuell vollzogene Normverletzung (Stilbruch mit parodischer Wirkung) zu erklären und verdiene folglich nicht zuletzt auch unter dem Aspekt der Komik Beachtung. 4. Ironie R o m a n o (308) ist es um die quantitative Erfassung der Juvenalischen Ironie zu tun. Nach Erledigung der dissertationstypischen Präliminarien (Ausblick auf die aktuelle Satire- bzw. Ironietheorie, Übersicht über den Stand der Juvenalforschung: der Dichter als Moralist, Philosoph, Rhetor, Zeitzeuge, Imitator und Ironiker) entwirft R. eine Typologie der Ironie, wonach sie die folgenden Arten unterscheidet: 1. 'intentional' (='verbal') mit den Subspecies 'condescension to error', 'selfdeprecation', 'understatement', 'overstatement' und 'ingénu irony'; 2. 'parody' (als Übergangsform); 3. 'unintentional' mit den Untergliederungen 'situational' (='indecorous behaviour', 'absurdity/incongruity' und 'unexpected cause/result'), 'dramatic' (incl. 'self-betrayal') und 'romantic'. Im Hauptteil des Buches unternimmt es die Vf.in sodann, die ironieverdächtigen Passagen im Juvenaltext zu isolieren, zu erklären und nach vorge-
308 Hier wäre der zuweilen eher unkritische Umgang mit der aktuellen angloamerikanischen Forschungsliteratur zu kritisieren, wenn etwa sat.12 als Konsolationsparodie verstanden oder sat.15 als "false aretalogy" (197) eingeordnet wird. 309 Eine Ausnahme bildet sat.11, was E. einleuchtend auf deren "main theme of moderation, which for obvious reasons does not lend itself to the exploitation of stylistic extremes" (171) zurückführt.
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nanntem Raster zu klassifizieren310; die Ergebnisse sind für jede einzelne Satire (bzgl. der Untergruppen 'condescension to error' und 'situational irony' auch noch einmal für das Gesamtwerk) in Schaubildform festgehalten.311 Problematisch bleibt dabei nicht nur die Beurteilung des Einzelfalls312, sondern v.a. die statistische Auswertung: Da R. die von ihr konstatierten Ironiebelege nicht nach Versen, sondern nach Passagen zählt, muß man fragen, warum 7,147–151 als ein, 8,231–253 jedoch als zwei und 6,517–568 als sieben Fälle gerechnet werden und warum erkennbare Interpolationen Berücksichtigung finden (9,5), während echter Juvenaltext ("given the length of some passages and the similarities of techniques": 199) übergangen wird. Angesichts solcher Unschärfen und der von Satire zu Satire stark divergierenden Werte für die einzelnen Ironiearten und die in deren Zusammenhang eingesetzten Mittel ergibt sich ein einigermaßen diffuses Bild; kaum zu bezweifeln ist allein die Quintessenz, wie sie die Übersicht von S. 208 festhält:313 Demnach bleibt die Bedeutung ironischen Sprechens in Juvenals Satirendichtung relativ konstant; ab sat.10 erfährt es sogar eine leichte Abnahme. Die von Anderson ins Spiel gebrachte These von einer "new ironic personality" (201 nach Fredericks [833], 225) in den Schlußbüchern wird also durch den Textbefund gerade nicht gestützt. C i o c â r l i e (313) erinnert neuerlich an die Bedeutung der Ironie bei Juvenal. Diese sei nicht nur ad hoc in einzelnen Glanzlichtern zu suchen, sondern schon in sat.1 der indignatio programmatisch als relativierendes Moment beigesellt (v.79 f.) und durch Stellen wie 1,1–18; 85 f. und 170 f. zudem fortwährend präsent. Die zitierten Belege zeugen indes durchweg im engeren Sinne von Selbstironie; und diese dürfte im folgenden, wo der Satiriker gänzlich hinter sein Werk zurücktritt, kaum noch eine nennenswerte Rolle spielen. 5. Polemik R e i s s i n g e r (306) kommt in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, daß gerade Juvenal über vielfältige, in verschiedenen Kombinationen arrangierte
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Das Oxford-Fragment ist dabei wegen seiner "uncertainty and obscurity" (24429) unberücksichtigt geblieben. 311 Dort finden auch die ironieindizierenden Mittel lexikalischer, grammatischer und stilistischer Natur Berücksichtigung. 312 Ist die gesamte Eingangspartie von sat.7 a priori ironisch? Gilt dies auch für 1,170 f. ("an insincere compromise": 79), 3,2 f. (Ironie des Reiseziels Cumae?) oder 11,208 voluptates commendat rarior usus? Wo sollte überhaupt eher von Burleske oder aber von Sarkasmus gesprochen werden? Nachgerade als Rezension zu R. sind hier die Überlegungen von C l a s s e n (527) zu lesen. 313 Überraschenderweise zählt das dortige Schaubild dann doch nach Versen, kann also zu den übrigen Diagrammen des Buches nicht in Beziehung gesetzt werden.
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Mittel satirischer Polemik verfügt: Mehrheitlich bedient er sich dabei nicht der von Lucilius geprägten statischen Formen nominaler Charakterisierung durch Attribut oder Apposition, sondern greift zum dynamischen Mittel der Schilderung oder dem – durch seinen Hang zum Hyperbolismus bestimmten – Mittel des steigernden Vergleichs (zur einfachsten Form vgl. 9,25 [sc. Naevolus] notior Aufidio moechus), wobei sich auch der Ausbau zur komplexeren Vergleichsreihe oder zur längeren Episode findet. Zu Juvenals Instrumentarium gehören ferner Generalisierung und Spezifizierung314, Metapher und Antithese (regelmäßig zum Paradoxon zugespitzt oder zum Oxymoron verknappt), kaustischer, zur Groteske gesteigerter Witz und von tiefem Sarkasmus durchzogene Kommentare; eher spielerische Formen wie die Parodie oder urbane Ironie treten demgegenüber völlig in den Hintergrund. 6. Beschreibung Darstellungsspezifische Unterschiede zwischen sat.1–9 und den späteren Stücken arbeitet U n g e r (304) angesichts von Juvenals Bildern315 heraus: Finden doch diese, von U. nach 'gebundenen' und 'freien' Bildern differenziert (die einen sind von Absicht und Anlage der Satire getragen und besitzen primär die Funktion der Verdeutlichung, die anderen firmieren als unabhängiges Schmuckelement und scheinen im wesentlichen auf Erschütterung berechnet), ausschließlich in den auf Verbrechensdokumentation zugeschnittenen Büchern 1–3 Verwendung, während sie in den schwerpunktmäßig argumentierenden Texten des Spätwerks fehlen. Über diese Beobachtung hinaus hat die auffallend kurze Arbeit (88 S.!) jedoch nichts Brauchbares zu bieten: Über weite Strecken auf die subjektiv-ästhetisierende Fragestellung fixiert, wo denn nun von einem Bild oder doch nur "Ansätze(n) zum Bild" (44) oder einer "gewisse(n) Bildhaltigkeit" (54) zu sprechen sei, gefällt sie sich mit ihrem zweiten Teil darin, Ribbecks These vom unechten Juvenal wiederaufzuwärmen und sat.10–15 aufgrund ihrer "Bildlosigkeit" (54) als "fremde Arbeiten" (88) einzustufen.316
314 "Den Vergleichen nahe steht die Spezifizierung, die statt einer allgemeinen negativen Aussage einen Namen einführt, auf dessen Träger sich der aus dem Zusammenhang erschließbare Vorwurf konzentriert" (170). 315 Unter dem Begriff 'Bild' wird in der vorliegenden Dissertation allein das Phänomen der Beschreibung (im Gegensatz zu Bericht und Gespräch) verstanden; Elemente bildhafter Sprache (Metapher, Symbol, Synekdoche, Metonymie, etc.) gehören nicht zum Untersuchungsgegenstand. 316 Sat.16 wird dagegen wieder als "echt juvenalisch" (88) anerkannt, während R i b b e c k noch in XI die Hand des Meisters am Werk gesehen und Echtheit von XVI erst in seiner 'Geschichte der römischen Dichtung', Bd. 3, Stuttgart 1913, 313 f. erwogen hatte.
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Walter Kißel 7. Metaphorik
Nach R a s c h k e (316) kreist Juvenals gesamte Vorstellungswelt fortwährend um die Gedanken von Grenzerfahrung und -überschreitung. Im einzelnen erfährt der konsternierte Leser über 1,1–6 "The performers know no limits" (132), über 1,19 campus [sc. Martius] "an area ... which lies outside the pomerium or sacred boundary of the city" (133), über 1,65 nuda paene cathedra "Such flagrant violation of the boundary between public and private" (136), über 1,73 f. (die Strafinsel Gyaros) "The division between the lawful and the lawless ... is signalled by the confining limits of a narrow island" (ebd.), über 1,127 dies distinguitur "the verb also has connotations of separation, the creation of boundaries between areas" (138) oder 4,45 cumbae linique magister "reminds us of Charon ..., the liminal figure" (142). Ergebnis dieser ihrerseits nachgerade grenzenlosen Phantastereien: "In his first book Juvenals offers us a variety of images of the transgression of boundaries which convey the message of the loss of traditional Roman identity, organization and usage" (147). XII. Struktur und Komposition 318. J. A d a m i e t z , Untersuchungen zu Juvenal, Wiesbaden 1972, 171 S. Rez.: G é r a r d , REL 51, 1973, 423–424; K n e c h t , AC 43, 1974, 481– 482; L a s s e r r e , Erasmus 26, 1974, 119–121; N o r c i o , Maia 26, 1974, 250– 252; P a s o l i , BStudLat 4, 1974, 334–335; K i l p a t r i c k , CW 68, 1974– 1975, 204–205; B r a u n , Gnomon 47, 1975, 761–767; D e l a r u e , RPh 50, 1976, 325; N a d e a u , Latomus 35, 1976, 904–908; P e t e r s m a n n , Gymnasium 83, 1976, 159–162; V y s o k ý , LF 99, 1976, 56–57. 319. E. C o u r t n e y , Some thought-patterns in Juvenal, Hermathena 118, 1974, 15–21. 320. J.D. C l o u d – S.H. B r a u n d , Juvenal's libellus – a farrago? G&R 29, 1982, 77–85. 321. L. B r a u n , Juvenal und die Überredungskunst, in: ANRW II. 33.1, Berlin 1989, 770–810. 322. A. H a r d i e , Name-repetitions and the unity of Juvenal's first book, Scholia (Durban) 8, 1999, 62–70. 323. R. C o r t é s T o v a r , El libro I de las Sátiras de Juvenal: ¿unidad vs. farrago? in: J. B a r t o l o m é u.a. (Hgg.), La escritura y el libro en la Antigüedad, Madrid 2004, 393–417. Zur Gedichtstruktur vgl. auch L u i s i (88; sat.4), zur Buchorganisation L a F l e u r (237), H e i l m a n n (567), G r i f f i t h (568) und F l i n t o f f (577; Buch 1).
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1. Gedichtstruktur Ex negativo wird die Struktur von Juvenals Satiren nach W i c k e (278), 87– 116317 durch Verzicht auf Horazens dialogische Gestaltung bestimmt: Des Satirikers "Konzentration auf die Darstellung konkreter Fakten setzt eine Haltung voraus, der es auf Evidenz ankommt und die daher der Reflexion und dem Dialog widerstrebt" (93); der Primat scharfer Polemik aus der Warte des moralisch Überlegenen führt zum "Zurücktreten des Persönlichen – in den Formen der Selbstironie und der Lebensdarstellung – (, das) dem Dialog den Boden entzieht" (ebd.). Die scheinbar ungeregelte Gedankenfolge mancher Satiren (als Beispiele dienen II und IV) resultiert aus einer Kompositionsweise, welche die einzelnen Abschnitte keinem gemeinsamen Oberbegriff mehr unterordnet, sondern "jeweils von einem bestimmten Aspekt aus(geht) ... und ... dann durch eine planvolle, progressive Motiventwicklung schrittweise zu neuen Gesichtspunkten weiter(führt)" (121). A d a m i e t z (318) analysiert die Juvenalsatiren 3, 5 und 11 hinsichtlich ihres Verhältnisses zu den vom Satiriker benutzten Vorlagen (im wesentlichen Horaz und Martial) und ihrer gedanklich-strukturellen Organisation. Was die benannten Prätexte angeht, legt A. allerdings eher eine Sammlung motivischer Parallelen ohne notwendigerweise genetischen Bezug zum Juvenaltext vor, sind doch zu sat.3 etwa Hor. epod. 16 ("Motiv der freiwilligen Emigration": 13), Mart. 3,38; 4,5 (Warnung vor einer Übersiedlung nach Rom), Komödie (der schmeichlerische Parasit, Raufhändel), Hor. epod. 4 (Kritik des Emporkömmlings) und Mart. 1,49; Hor. sat. 2,6 (Antithese Stadt – Land) genannt: Und gerade in der Gattung Satire wird man doch auch in größerem Umfang mit direktem Einfluß der Lebensrealität zu rechnen haben. Die von der Forschung regelmäßig als abgehackt und verworren gebrandmarkte Gedankenführung der Juvenalsatiren vermag der Vf. indes überzeugend zu erklären, indem er jeweils das Zusammenwirken zweier konkurrierender Aufbauprinzipien nachweist: Auf der einen Seite steht eine sachbedingte lineare Gliederung, deren Kompositionsfugen jedoch auf der Ebene des Einzelmotivs immer wieder überspielt werden, auf der anderen eine dialektische Gegenüberstellung eingängiger Antithesen, welche einzeln oder in Kombination mit den sachlichen Punkten des Aufbaus zusammenwirken bzw. diese überlagern. Nicht zuletzt durch diese Beobachtung läßt sich auch den bisher als Abschweifung verkannten Passagen eine überzeugende Funktion im Gedichtganzen zuweisen. Für die von A. untersuchten Satiren ergibt dies im einzelnen: sat.3. Thema: nach Art einer Ethopoiie gestaltete "Darlegung der Umstände, die für einen armen Römer das Leben in der Vaterstadt unmöglich machen" (7). 317
Es handelt sich hier um das Schlußkapitel seiner S. 121f. besprochenen Dissertation.
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Gliederung: v.1–20 Einleitung (Anerkennung der Beweggründe des Umbricius); v.21–322 Umbriciusrede (v.21–189 "Unmöglichkeit einer ehrenhaften materiellen Existenz" (11); v.190–314 Gefahren; v.315–322 Schluß). Antithesen: Stadt – Land, erfolglos – erfolgreich, Ausländer – Römer. sat.5. Thema: "Kritik am Parasitenleben des armen Klienten Trebius", erweitert zu einem "Bild von der völligen Zerstörung der für Roms soziales Leben fundamentalen Beziehung zwischen Klient und Patron" (78). Gliederung: v.1–11 Einleitung (Paränese); v.12–23 "Wert einer Einladung beim Patron" (82); v.24–160 Beschreibung des Mahls nach seinen einzelnen Elementen (v.24–65 Trinken; v.67–155 Essen nach einzelnen Gängen [v.52b– 79 Motiv 'Diener' als Bindeglied]; v.156–160 Unterhaltung)318; v.161–173 Schluß (Paränese wird in den Wind geschlagen). Antithese: schäbige Bewirtung des Trebius – gute Selbstversorgung Virros. Scheinbar unmotivierte Exkurse (z.B. v.36 f.; 43 ff.; 92–102) verdeutlichen das Ausmaß des Luxus bzw. der Zurücksetzung. sat.11. Thema: Kritik des Tafelluxus.319 Gliederung: v.1–55 Kritik der Schlemmerei; v.56–208 Einladung und Schilderung von Juvenals einfachem Mahl in seinen materiellen Bestandteilen; hierin eingebettet: v.77–119 Darstellung altrömischer Schlichtheit. (doppelte) Antithese: Tafelluxus – Schlichtheit von Juvenals Lebensweise – Einfachheit Altroms.320 C o u r t n e y (319) verweist auf die mitunter eigenwillige, ja dunkle Gedankenführung der Juvenalsatiren: Präsentiert sich diese doch zuweilen zirkulär statt linear (1,87–149 soll als Ringkomposition zu lesen sein)321; oder aber sie bietet Parataxe, wo nach den Gesetzen der Logik Subordination zu erwarten wäre: 6,585 ff. (die abergläubische Reiche) und 13,199–210 (der Sünder im Geiste) fungieren nicht als Thema eigenen Rechtes, sondern als Kontrastfolie für das folgende. Nach B r a u n (321) hat Juvenal "die Mißstände, also das eigentliche Material des Satirikers, nicht einfach so ausgebreitet, sondern ... als Argumente für 318 Die ältere Forschung hatte sich einen Zugang zu dem Gedicht verstellt, indem sie die cena in ihrem zeitlichen Verlauf abgehandelt sehen wollte; allerdings ist ihr beizupflichten, daß v.156–160 doch schon zum Schlußteil zu rechnen sind. 319 Üblicherweise wird das Gedicht als briefliche Einladung zu einem vom Dichter ausgerichteten Mahl mißverstanden. 320 Zum Abwechslung wie gedankliche Tiefe garantierenden Perspektivenwechsel in sat.11: "Bei fortschreitender Erörterung der einzelnen sachlichen Elemente des Mahles wechselt in 64–182 mehrfach die Ebene, von der aus argumentiert wird. Bald geschieht dies von den Schlemmern aus, bald vom Mahl des Dichters, bald von der Einfachheit Altroms. Beim Essen (64–89) und bei den Tischen (117–129a) erfolgt der Wechsel von einer dieser drei Ebenen zur anderen sogar innerhalb der Behandlung desselben Punktes" (122 f.). 321 Das einschlägige Schaubild (21) hat C. auch in seinen Kommentar (79) aufgenommen (dort S. 80).
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eine praktische Forderung, für eine Tat, die sich daraus ergeben muß, eingesetzt" (807) und diesem Ziel durch bedachten Rückgriff auf das spezifische Arsenal der persuasiven Rede Rechnung getragen. Am Beispiel der Satiren 1, 13 und 14 wird der aus diesem interpretatorischen Ansatz resultierende Erkenntnisgewinn evident: 1. Vermeintlich funktionslose Gemeinplätze und Digressionen erweisen sich als sinntragende Elemente des Überredungsprozesses: 1,81–146 breiten das neue Motiv der Materialfülle aus, 13,28–119 forschen nach den Ursachen des in Rede stehenden Deliktes, und auch 13,174–249 erscheinen nicht mehr als "zusätzlicher Gedanke, der sich maßlos ausgebreitet hätte" (809111). 2. Vordergründige Widersprüche erledigen sich von selbst, wenn man eine Technik des argumentativen Rückzugsgefechts in Rechnung stellt: 13,174–249 oder 14,172–308 werden als Einheit sichtbar, wenn man an der Satzgrenze von 13,192 bzw. nach 14,255 und 302 einen Zwischensatz des Inhalts 'selbst wenn dies nicht eintrifft' o.ä. suppliert. 3. Die frühzeitige Benennung von erst später entfalteten Argumenten (vgl. etwa 14,256–308: vorbereitet in v.120 f. und 156 ff.), "vorausgeschickte Kurzfassungen" (798) und abschließende Resümees einzelner Gedanken fördern strukturelle Einheit und Überzeugungskraft, erklären aber auch, warum die Juvenalsatiren kaum je eine klare lineare Gliederung erlauben.322 Zur 15. Satire, die B. – anders als die vorgenannten Gedichte – nicht mit der Beratungsrede, sondern der Gerichtsrede zusammenstellt, vgl. dort. 2. Buchorganisation Daß in der Antike das Gedichtbuch als kompositionelle Grundlage poetischen Schaffens angesehen wurde, gilt laut Ausführungen von C l o u d / B r a u n d (320) auch für Juvenals erstes Satirenbuch:323 Was den Umfang der einzelnen Stücke angeht, ergibt sich dabei eine zentripetale Struktur (I: 171; II: 170; III: 322; IV: 154; V: 173 Verse); hinsichtlich der bestimmenden Themenkomplexe ist eine alternierende Sequenz zweier konkurrierender Zyklen zu beobachten (I–III–V: Verelendung der Klienten, II–IV: Perversion der Aristokratie)324. Der Aufweis weiterer einheitsstiftender Faktoren vermag indes kaum zu überzeugen:
322 Die von B. selbst vorgeschlagene Strukturierung von sat.13 und 14 ist S. 789 und 798 in Schaubildform dargestellt. 323 Vgl. die programmatische Bezugnahme des Satirikers auf nostri farrago libelli (1,86). Entsprechend hatte H e i l m a n n (567) die Lasterhaftigkeit Roms, L a F l e u r (237) den Niedergang der amicitia als buchumspannende Leitvorstellung benennen wollen. 324 Man sollte Domitian indes wegen 2,29–33 nicht gleich die Rolle eines "linking symbol" (81) zuerkennen.
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1. Die Annahme, das Programmgedicht verweise gezielt auf die im gesamten ersten Buch behandelten Inhalte, ist nur zu vertreten, wenn man etwa v.22 f. (ein Eunuch und eine Walküre "behave in a way alien to their normal sexual roles" [79]) als Vorgeschmack auf die Homosexuellensatire (II) gelten läßt. 2. Vermeintliche Motivverknüpfungen zwischen Nachbarsatiren basieren auf Aussagen von gänzlich inkommensurablem Gewicht: II–III Flucht (wegen 2,1–3); III–IV Verkommenheit von Immigranten (wegen 3,58–125 und der Person des Crispinus325); IV–V "food is used by a powerful man to exercise control over his victims" (82). 3. Das "chronological movement" (81) im Tagesablauf des Klienten (I: Morgen; V: Abend) wird durch sat.3 (24-Stunden-Tag in Rom) eher gestört als gestärkt, ein sukzessiver Wandel in Juvenals "attitude towards clients" (83) von Sympathie (I) zu Verurteilung (V) durch sat.3 (angeblich erste Distanzierung durch die Einführung des Spreches Umbricius) nicht nachvollziehbar indiziert.326 C o r t é s T o v a r (323) übernimmt dieses Strukturmodell für sat.1–5, weist jedoch zusätzlich auch dem variierenden Umgang mit der indignatioProgrammatik eine einheitsstiftende Rolle zu: Das Recht zur Empörung, wie es der Satiriker sat.1 für sich reklamiert, wird durch Heuchelei (II), materiellen Egoismus (III) oder knechtische Gesinnung (V) ganz oder teilweise verwirkt; partieller Einbezug von Parodie und Ironie (IV) soll beginnende Zweifel des Satirikers an der Wirksamkeit der selbstgewählten Strategie exaltierter Empörung verraten. H a r d i e (322) dagegen will die "intentional cross-reference" (53) von Personennamen als einheitsstiftenden Faktor für das erste Satirenbuch erkannt haben. Ein einziges Beispiel für das von H. praktizierte Verfahren mag genügen: Bei dem edlen Catulus (2,145 f.) könnte es sich um Q. Lutatius Catulus (cos. 78v.), den Wiederhersteller des Capitolinischen Juppitertempels handeln; tauchen doch in der Nachbarschaft [sc. Manlii] Capitolini(!) auf. Entsprechend dürfte es bei dem ansonsten unbekannten Unternehmer Catulus (3,30) um einen seiner heruntergekommenen Nachfahren gehen: Denn unter den nachstehend genannten öffentlichen Arbeiten erscheint auch der Tempelbau (3,31 aedem conducere); und das Prädikat maneant (solche Leute 'mögen in Rom bleiben') erinnert daran, daß der historische Lutatius Catulus als Unterredner von 325 Auch hier ist die vorbereitende Funktion der Einleitungssatire überschätzt, wenn man das Motiv 'escape' einfach durch Juvenals Grundhaltung der indignatio abgedeckt sehen will: "His ranting indignatio is his only way out" (83). 326 Ohnedies ist nicht zu begründen, warum der Autor – innerhalb eines als Einheit veröffentlichten Buches! – seine Haltung zu einer zentralen Frage mehrfach ändern und schließlich ins Gegenteil verkehren sollte: Oder will sich Juvenal auch hier als unzurechnungsfähiger Schwätzer zu erkennen geben? Anders liegen die Dinge natürlich, wenn man mit einer solchen Entfremdung nach Abschluß des ersten Satirenbuchs rechnet: vgl. B e l l a n d i 706 zu sat.7 und 752 zu sat.9.
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Ciceros Academica(!) am Ende des Dialogs mit den Worten sermone confecto Catulus remansit (Cic. ac. 2,148) verabschiedet wird. Die nähere Beziehung zu sat.3 ist dann dadurch gegeben, daß Ciceros Catulus in der Nähe von Cumae verbleibt – dem Ort also, zu dem Umbricius gerade aufbricht – und überdies zu einer Zeit Konsul war, als ein anderer Auswanderungsplan zur Debatte stand (Sertorius327, die Insel der Seligen).328 Wie H. abschließend aus den Namen Veiiento (3,185: unbekannt; 4,113: einer der amici principis) und Fabricius (4,129: dto.; 2,154 C. Fabricius Luscinus) ein besonderes Interesse Juvenals an Veii zusammenkocht und aus diesem Umstand dann auch noch Hadrianische Datierung ableitet ("Juvenal's allusions to Veii derive from symbolism associated with Hadrianic border policy": 68), muß man selber gelesen haben: Jedes Referat wäre dem Verdacht satirischer Verzerrung ausgesetzt. XIII. Sprache und Stil 1. Darstellungen 324. P. S c h m i d , Juvénal: essai d'une définition stylistique, Resümee in REL 42, 1964, 57–59. 325. M. B a l a s c h , Contribución al estudio de la lengua de Juvenal, Madrid 1966, XIV & 136 S. Rez.: C o d o ñ e r , Emerita 45, 1967, 384–385; J o l y , Latomus 28, 1969, 253–254. 326. R. M a r a c h e , Un usage particulier de ergo chez Juvénal? GIF 21, 1969, 241–243. *327. E. D i L o r e n z o , Il valore del diminutivo in Giovenale, Napoli 1972, 55 S. 328. E. P a s o l i , Linguaggio poetico e "poetica" di Giovenale: "storno", ricupero, enfatizzazione, in: Letterature comparate: Problemi e metodo. Studi in onore di E. Paratore, Bd. 2, Bologna 1981, 667–680 = d e r s ., Tre poeti latini (111), 353–376. 329. M.L. B r a c c i a l i M a g n i n i , Grecismi dotti nelle satire di Giovenale, A&R 27, 1982, 11–25. 327 "And might Artorius [3,29] be some kind of paradoxical cover-name allusion to Sertorius?" (5821). 328 Ähnlich verfährt H. mit Crispinus (1,26–29 – 4,1), Sulla (1,15–18 – 2,28), Otho (2,99 M. Salvius Otho – 3,159 L. Roscius Otho), Pegasus (4,75 ff. der praefectus urbi – 3,117 f. der mythische Pegasus in der Umschreibung einer Ortsangabe), zögernd auch mit Caesar (4,51; 135 Domitian – 5,3 f. Augustus).
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330. R.E. C o l t o n , Some lexical notes on Martial and Juvenal, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 3, Bruxelles 1983, 253–265. 331. D.S. W i e s e n , The verbal basis of Juvenal's satiric vision, in: ANRW II. 33.1, Berlin 1989, 708–733. 332. J.G.F. P o w e l l , Stylistic registers in Juvenal, in: J.N. A d a m s – R.G. M a y e r (Hgg.), Aspects of the language of Latin poetry, Oxford 1999, 311– 334. 333. H.J. U r e c h , Hoher und niederer Stil in den Satiren Juvenals. Untersuchung zur Stilhöhe von Wörtern und Wendungen und inhaltliche Interpretation von Passagen mit auffälligen Stilwechseln, Bern 1999, 322 S. Rez.: H e l l e g o u a r c ' h , REL 78, 2000, 318–319; P o w e l l , CR 51, 2001, 43–44. 334. N. A d k i n , Juvenalia stylistica, ACD 40–41, 2004–2005, 279–290. 335. C. F a c c h i n i T o s i , Strategie retoriche al servizio della satira nella prima età imperiale: la ripetizione lessicale in Giovenale, BStudLat 36, 2006, 142–204. Vgl. auch L u i s i (294). 2. Statistische Auswertung 336. M. D u b r o c a r d , Recherches par ordinateur sur la langue et le vocabulaire de Juvénal, Resümee in REL 45, 1967, 37–39. 337. –, Quelques remarques sur la distribution et la signification des hapax dans les satires de Juvénal, AFLNice 11, 1970, 131–140. 338. –, Quelques remarques sur l'utilisation de l'impératif dans les Satires de Juvénal, AFLNice 21, 1974 (Homm. à P. Fargues), 259–269. *339. P. S a l a t , Latin et statistique, ALMArv 1, 1974, 17–20. 340. M. D u b r o c a r d , Juvenal – Satires. Index verborum, Relevés statistiques, Hildesheim 1976, XXVIII, 248 & 27 S. Rez.: G é r a r d , REL 54, 1976, 373–374. 341. –, L'utilisation des catégories grammaticales dans les satires de Juvénal. Essai d'analyse factorielle, AFLNice 35, 1979, 259–273. 342. –, Quelques éléments pour une analyse comparée du vocabulaire caractéristique de Juvénal et de Catulle, AFLNice 50, 1985 (Homm. à J. Granarolo), 239–252. 343. –, Problèmes d'attribution: choix des éléments significatifs, AFLNice 52, 1985 (Homm. à P. Guiraud), Paris 1985, 185–191. 344. –, Problèmes d'attribution: le choix des critères, RIS 24, 1988, 163– 179.
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345. V. R o g g e n , The effects of genre on the value of words: didactic poetry versus satire, CQ 58, 2008, 547–564. 1. Darstellungen B a l a s c h (325) liefert eine Belegsammlung zu Eigenheiten von Juvenals Sprache, die unter dem Blickwinkel der Schulgrammatik bemerkenswert erscheinen; Vollständigkeit ist dabei nicht erstrebt: Die Besonderheiten im Kasusgebrauch sind mit Rücksicht auf eine schwer zugängliche Dissertation des 19. Jh.329 gänzlich aus der Dokumentation ausgeklammert. Gruppiert wird das Material nach folgenden Lemmata: 1. Substantiv (Singular statt Plural u.u.; Besonderheiten des Pluralgebrauchs; Abstrakta). 2. Adjektiv (Substantivierung des Adjektivs; Adjektivierung des Substantivs; attributive Adjektive anstelle von Substantiven und Adverbien). 3. adnominaler Gebrauch des Demonstrativpronomens. 4. Kongruenz (singularisches Prädikat, Attribut oder Prädikatsnomen neben mehreren Subjekten; Apposition; Attraktion des Relativpronomens; constructio ad sensum). 5. Verb (Aktiv: Wechsel von transitiver, intransitiver und absoluter Konstruktion; Präsens: historisches und futurisches Präsens; Consecutio temporum; Modi). Im letzten Drittel des Buches (85–120) sind Charakteristika Juvenalischen Stilwollens zusammengetragen und knapp in ihrer jeweiligen Wirkung (besondere Lebendigkeit, Verstärkung von indignatio bzw. Sarkasmus) beleuchtet. Beachtung verdienen nach B. der bedachte Rekurs auf chiastische Wortstellung, die Postposition der temporalen und kondizionalen Protasis, der (gehäufte) Einsatz von Negationen, Hendiadyoin, Wortwiederholungen, Pleonasmus auf Wort- und Gedankenebene, Satzbau nach dem Prinzip wachsender (oder auch abnehmender) Glieder sowie – unter Einbezug der Versstruktur – die Gestaltung des Versschlusses (syntaktische Pause oder Enjambement, Monosyllabon oder gerade vielsilbige Wörter) und die Verwendung von Hyperbata. Neben den zahllosen Gräzismen des sermo cottidianus, welche den kulturellzivilisatorischen Einfluß des Ostens oder aber die Xenophobie des Satirikers dokumentieren, bezieht Juvenal in seltenen Fällen auch erlesenes Vokabular aus dem Griechischen, um durch stilistische Nobilitierung eines Details ein Moment höhnischer Verfremdung in den Text hineinzutragen. B r a c c i a l i M a g n i n i (329) kann für diese Absicht auf 3,266 porthmeus [=Charon]; 4,123 oestrus; 8,128 acersecomes (Homerisches Epitheton Apollos, hier auf einen puer delicatus bezogen); 10,182 Ennosigaeus (Antonomasie für Poseidon) verweisen; nach Preisgabe der indignatio-Konzeption nutzt der Dichter Gräzismen sogar 329
G. M o s e n g e l , Vindiciae Iuvenalianae, Diss. Erlangen, Leipzig 1887.
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ganz ohne satirische Nebenabsicht zur Sublimierung der Sakralsphäre: vgl. 13,205 adytum; 11,27 e caelo descendit γνῶθι σεαυτόν (zur gleichen Vorstellung im Kontext des Alltags vgl. v.33 dic tibi qui sis). P a s o l i (328) will den praktischen Konsequenzen wie auch den literarhistorischen Voraussetzungen für Juvenals Konzeption eines erhabenen Satirenstils auf den Grund gehen. Besonders hebt er dabei auf die Technik des Satirikers ab, durch unerwartet feierliche oder aber drastisch-vulgärsprachliche Stilelemente den Inhalt der jeweiligen Passage schlechterdings zu desavouieren; als Beispiele nennt er 1,86 farrago ('Viehfutter'; im Kontext einer hochtönenden Programmaussage), 1,36 summissa (gleichzeitig diplomatisch kaschierend ['zugesandt'] und brutal entlarvend [wie 6,334 imposito clunem summittat asello]) und 1,42 accipiat ... mercedem sanguinis (einerseits euphemistisch für den tatsächlichen Vorgang, andererseits die heroische Vorstellung des Blutopfers evozierend).330 Die Wurzeln des 6,634–644 formulierten Programms eines "stile 'sublime satirico'" (667) sieht P. schließlich in dem rhetorisch-oratorischen Motiv, historische 'Sünderinnen' zu entsprechenden Gestalten des Mythos in Beziehung zu setzen (Quint. inst. 8,6,53).331 Gerade diese Beobachtung hätte allerdings davor warnen können, Juvenals Äußerung als poetologisches Manifest mißzuverstehen: Wenn sich der Dichter über eine neuzeitliche Medea oder Procne entsetzt, verfährt er nicht anders als weiland M. Caelius, der die berüchtigte Clodia in einer Prozeßrede als quadrantaria Clytemestra schalt (Quint. a.a.O.). Die durch den Tod ihres Vf. Torso gebliebene Arbeit von W i e s e n (331) dokumentiert anhand von Beispielen aus sat.2 und 6332 die sprachlichstilistische Seite von Juvenals Demaskierungsstrategie, darunter das mit Vorliebe eingesetzte Mittel, die Grenzen zwischen belebter und unbelebter Welt zu verwischen ("reducing persons to the status of things": 715; "monstrously horrible objects are given the lineaments of life": 717). Bei der Auswertung des Materials läßt sich W. indes von der weitgehend an Mason (145) ausgerichteten Prämisse irreleiten, Juvenals satirenspezifischer sermo pedester sei grundsätzlich als Medium ironischer Relativierung aufzufassen. So postuliert er 1. "wit as a central quality of the Satires" (710) auch dort, wo Juvenal sein Anliegen mit größtem Ernst vorzutragen scheint; besonders verstörend die Einschätzung von 2,33 [sc. cum] patruo similes effunderet offas (über die von Julia abgetriebenen Föten): "we can hardly suppress a laugh" (718).
330 Die von P. benannten Beispiele für sanguis in der Bedeutung semen sind indes eher fragwürdig; für die Assoziation kriegerischen Heldentums vgl. 14,164 merces haec sanguinis atque laboris (über die Landverteilung an Veteranen). 331 Ähnliche Vorstellungen finden sich noch Quint. inst. 2,10,5 oder Petron. 110,8. 332 Ursprünglich war eine Ausweitung des Untersuchungsgegenstandes auf sat.10 und 13 vorgesehen.
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2. eine nihilistische Weltsicht des Satirikers, derzufolge auch vordergründig idealistisch anmutende Verweise auf Mythos, Geschichte, Philosophie und Religion samt und sonders ironisch gemeint sind und auf die Demontage von "dead traditions, absurd legends, rhetorical exempla, topoi, and lies" (709) abzielen.333 3. eine bereits zu Beginn der Programmsatire (1,1–21) vorgeführte selbstironische Rhetorik, "which conveys the message that the denunciation of evil is also an elaborate form of literary wit and play calling into question that very denunciation" (713). 4. eine selbstreferentielle, primär an ihrer eigenen "literariness" (733) interessierte Spielart der Satire: "It is as if the satirist first described a world without hope or meaning or belief and then told us that not even that world was necessarily worthy of belief" (ebd.). Sollte sich Juvenals Botschaft wirklich in dieser Art Gaukelspiel erschöpft haben? F a c c h i n i T o s i (335) sammelt alle Juvenalischen exempla für die Figur der lexikalischen Wiederholung (Anapher, Epipher, Symploke, Epanalepse, Anadiplose, Polyptoton) und belegt ihre psychagogische Funktion:334 Als Medium von Spott und Sarkasmus, Pathos, Wut und Verbitterung haben sie regelmäßig die klimaktische Intensivierung der jeweiligen Aussage zum Ziel. Statistisch betrachtet, dominiert unter den einschlägigen Figuren die Anapher, unter den in Anwendung kommenden Wortarten Konjunktionen, Verben und Pronomina; da die Häufigkeit des Phänomens von Gedicht zu Gedicht stark schwankt, ist sein insignifikanter Rückgang in sat.8–16 jedoch nicht ohne weiteres auf eine "diminuzione di aggressività" (204) zurückzuführen. In einer schlüssigen Einzelwortuntersuchung weist M a r a c h e (326) nach, daß Juvenal die Konjunktion ergo keineswegs in der ThLL V 2,770,67–78 postulierten Sonderbedeutung scilicet verwendet: An den aufgeführten Stellen leitet das Wort, wie üblich, eine (resümierende) Schlußfolgerung ein (vgl. 3,104), mag auch der logische Konnex durch Vorschaltung einer Digression bzw. Parenthese mitunter verdunkelt erscheinen; 1,15 (= "j'écrirai donc": 243) weist auf v.1 f., 4,99 auf v.95 f., 11,21 auf v.1 ff. zurück.335 Hierzu gesellen sich noch einige Arbeiten von nachgeordneter Bedeutung: Das Kurzreferat eines Vortrags von S c h m i d (324) ist geeignet, Fehlurteile betr. Juvenals Stil auszuräumen: Letztlich führt dieser nirgends über den
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Vgl. etwa zu 6,342–345: "This passage, which uses a collection of kitchen utensils as a symbol of piety, is surely ... an expression of contempt for the archaic cults of yesteryear" (710). Ein Blick auf Pers. 2,59 f. und verwandte Stellen hätte genügt, die Seriosität der Aussage zu erweisen. 334 Am ausführlichsten geschieht dies anhand der ersten Satire; die späteren Belege werden deutlich kürzer behandelt, teilweise auch nur aufgelistet. 335 In den Fällen 3,281 und 11,99 wird man wohl ungeachtet der Einlassungen des Vf. weiterhin mit einer Interpolation zu rechnen haben.
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gängigen Sprachgebrauch des 2. Jh. hinaus; gerade auch im Vergleich zu Horaz und Persius "sa tendance générale est la réserve et la mesure" (58). C o l t o n s (330) "paper is a list of some unusual nouns and adjectives which the epigrammatist Martial and his friend the satirist Juvenal share with certain other authors" (253); ein imitatio-Verhältnis Juvenal – Martial wird aus diesem Befund nicht abgeleitet. A d k i n (334) zufolge wäre Juvenal verschiedentlich um besondere akustische Effekte bemüht gewesen: vgl. v.a. 3,59 ff. (p-f-Alliterationen drücken "scornful agitation" [281] aus); 233 (imperfectus überspielt die Hephthemimeres und signalisiert so "the notion of 'undigestedness' ": 282); 237; 246 (Elisionen malen Verkehrsgedränge und Kopfstoß); 12,70 f. (Iulo und Lavino – beides nach A. als Entlehnung aus Vergil zu erkennen – bilden eine "homoeoteleutic parody": 290).336 Nur wenig davon wird sich in künftigen Kommentaren wiederfinden. D i L o r e n z o (327) schließlich bietet nach Ausweis des Année Philologique-Referats ein "lexique des diminutifs" (APh 43, 1972, 180).337 Neue Impulse verdankt die Erforschung von Juvenals Sprache erst P o w e l l (332), der gegen die bis dato in der Sekundärliteratur vorherrschende Ansicht darauf insistiert, daß Juvenal die traditionellen Stilgesetze der Gattung weder programmatisch noch in praxi zugunsten hoher Dichtersprache transzendiert: 1. Die in diesem Zusammenhang gern zitierte Aussage von 6,634–637 ist mißverstanden: Dort steht nicht das stilistische Credo des Autors, sondern – ebenso wie 4,34 f. – die Glaubwürdigkeit des aktuell verhandelten Gegenstandes zur Debatte: Ironisch (v.635 scilicet) räumt der Satiriker ein, man könne die von ihm geschilderte Realität glatt für Tragödienerfindung halten. 2. Wo der Dichter auf die Ausdrucksmittel hoher Poesie zurückgreift, tut er dies – ganz wie schon Lucilius – in parodisch-ironischer Brechung, die er durch jähen Wechsel zwischen verschiedenen stilistischen Registern hinreichend deutlich markiert: Entsprechend ist sein Sprachduktus (Lexik, Syntax, Wortfolge) jeweils kontextbezogen auf Stildifferenzen zu prüfen und in diesem Rahmen interpretatorisch auszuwerten (ein Muster liefert P. selbst zu 3,257– 267).
336 Weitere Überlegungen betreffen 6,246 femineum (parodischer Rückgriff auf Verg. Aen. 4,667), 10,355 porci (stilistische vilitas) sowie 3,137 testem (witziges Spiel mit der Wortbedeutung 'Hoden'!). 337 Fernzuhalten ist aus unserem Zusammenhang C. Kircher-Durand, La dérivation adjectivale chez Juvénal: Approche syntaxique et pragmatique, in: M. Lavency – D. Longrée (Hgg.), Actes du Ve Colloque de linguistique latine, Louvain-la-Neuve/Borzée 31 mars – 4 avril 1989, Louvain-la-Neuve 1989, 207–218: Anders als nach dem Titel der Arbeit zu vermuten, nutzt sie unseren Satiriker nur als Materiallieferanten für eine Untersuchung zur Adjektivklassifikation im Lateinischen.
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Für den Bereich der Semantik verfolgt U r e c h (333) den nämlichen Ansatz: Ausgehend von der Beobachtung, daß unter allen Vertretern der Gattung gerade Juvenal durch vielfache Einsprengsel von Elementen hohen Stils sowie daraus resultierende abrupte Stilwechsel die Wirkung der satirischen Aussage zu erhöhen weiß, erarbeitet U. die materiellen Grundlagen dieser Wahrnehmung, indem er die Stilhöhe auffälliger Wörter und Wendungen bestimmt ('Stil der hohen Poesie', 'Vulgärsprache', 'prosaische Wörter und Wendungen', 'Fremdwörter') und die auf ihrer Verwendung beruhenden Stilbrüche an der betreffenden Juvenalstelle inhaltlich begründet. Das vorgelegte Material ist dabei eher unglücklich nach dem Zeitpunkt seiner jeweiligen Erstbezeugung angeordnet (seit dem Altlatein, seit Catull, Vergil, usw.)338 und auch innerhalb dieser Kategorien erst auf den zweiten Blick als wohlstrukturiert erkennbar (so besteht etwa der Abschnitt 'Seit dem Altlateinischen belegt' aus den Lemmata ceu, caelicola, decolor, umbrifer, coruscare, parumper, duellum, pelagus, Graius, Troiugena, saevus als Attribut von Waffen, Werkzeugen oder geographischen Bezeichnungen, aegrum cor, finem dare, -que ... -que [am Versende]); klar ersichtlich wird jedoch die Zielsetzung des Satirikers: "eher selten möchte er positive Charakterzüge oder gute Taten pathetisch hervorheben; häufiger sind in tragischem Stil geschilderte Perversionen oder groteske Steigerungen von Alltagssituationen zu epischen Horrorvisionen; oft geht es ihm um ironische Übertreibung; meistens aber beabsichtigt er die Demaskierung von Einbildung, Selbstüberschätzung und Meineid oder übt Kritik an Weltfremdheit und an unvernünftigen oder sogar schädlichen Hoffnungen, Wünschen und Ambitionen" (241). Bestätigung findet dies durch die abschließende Interpretation eines größeren Textzusammenhangs (10,133–288), aus dem die Korrelation von stilistischen und inhaltlichen Diskrepanzen (hier: Wunschvorstellung und grausame Realität) besonders deutlich hervorgeht. Beobachtungen der vorgenannten Art sollten – so steht zu hoffen – Anlaß sein, der überkommenen Vorstellung vom "satirico-tragico"339 Juvenal hinfort mit einer gewissen Skepsis gegenüberzutreten. 2. Statistische Auswertung D u b r o c a r d (336) informiert über die Vorteile, die dem Projekt einer Juvenalkonkordanz aus der lochkartengestützten Erfassung des sprachlichen Befundes erwachsen können. Der aus diesem Unternehmen hervorgegangene Index (340) basiert dann offenbar auf rein mechanischer Wiedergabe dieses 338
Dies ungeachtet U.s eigener Einschätzung: "Die (diachrone) Frage, welcher Dichter ein Wort in die Dichtersprache eingeführt habe, hatte für das Stilempfinden Juvenals und seiner Zeitgenossen sicher eine ähnlich untergeordnete Bedeutung wie für uns" (30). 339 So noch A. C u c c h i a r e l l i , La satira e il poeta. Orazio tra Epodi e Sermones, Pisa 2001, 212.
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Lochkartenmaterials; eine redaktionelle Überarbeitung mit dem Ziel größerer Leserfreundlichkeit ist nicht mehr erfolgt. Die Nachteile dieses Verfahrens werden gerade auch im Vergleich mit dem konventionell erstellten Index von L. K e l l i n g – A. S u s k i n 340 sichtbar. 1. Das Werk erlaubt keinen spontanen Zugriff mehr: Ohne gründliche Konsultation der 'introduction' dürfte sich eine Notiz wie eupholio +6,9,3(5) nicht erschließen. 2. Die Textgrundlage wird auf eine einzige Ausgabe (Clausen 1959) verengt; D.s Vorgänger hatten vier Juvenaltexte (N. Vianello 1935, S.G. Owen 21908, A.E. Housman 1938, O. Jahn[-Bücheler-Leo] 41910) systematisch und einige weitere akzidentiell herangezogen. 3. Treulich dem uneinheitlichen Befund bei Clausen folgend, sind s.v. Vulcanus, vulgus, vulnus, vultur, vultus, vulva einige Belege in u-, andere in o-Schreibung aufgeführt; die Orthographie der Lemmata ihrerseits richtet sich nach Forcellini, Lexicon totius Latinitatis, Padua 1864. 4. Gleichlautende Wortformen sind grundsätzlich nur durch ihre Anordnung innerhalb des Lemmas unterschieden; erläuternde Zusätze unterbleiben auch im Falle der Mehrdeutigkeit (aceto) oder der Unübersichtlichkeit (puer – puer – puerum – pueri – puero – puero – pueri – pueri – pueros – puerorum – pueris – pueris – puerum* – puerorum* – puer* – puero* ).341 5. Ähnlich verfährt D. bei der Abgrenzung der Lemmata selbst: Statt dreier Einträge ubi 1 – ubi 2 – ubi 3 hätte der Benutzer lieber die Differenzierung 'rel.', 'interr.', 'temp.' vorgefunden.342 Auch dem von D. gebotenen Informationsplus kommt nur mäßiger Wert zu: 6. Die Versposition der einzelnen Belege wird erstaunlicherweise nicht durch eine Morenziffer (bezeichnet die exakte Versstelle, an der die betreffende Wortform endet), sondern durch eine Ordinalzahl (betr. Wortfolge im Vers) angegeben. Dadurch bleibt verborgen, daß etwa nollet als zweites Wort im Vers einmal vor der Trithemimeres (6,254), einmal erst nach der Penthemimeres (13,187) positioniert ist. Nachgerade surreal mutet der Einfall an, Phalarim (6,614C, 4.Wort) als '6,614,25' zu zählen. 7. Die bei elektronischer Auswertung des Wortmaterials nebenbei anfallenden Statistiken (Häufigkeitslisten von Einzelwörtern, alphabetisch343 oder nach Wortarten, Deklinationen, Konjugationen, Tempora, Modi u.ä. sortiert) 340
Index verborum Iuvenalis by L.K. – A.S., Chapel Hill 1951 (= Hildesheim 1977). Die mit * markierten Angaben betreffen Fälle von uneinheitlicher Überlieferung. 342 Gleiches gilt etwa auch für et 1 (64 benannte Stellen) und et 2 (nackte Fallzahl 908): Dahinter verbergen sich die Belege der Bedeutungen 'auch' bzw. 'und'. 343 In der Appendix sind von abacus bis zona sämtliche 2 147 Juvenalvokabeln mit nur einem Beleg aufgeführt, et 1/2 und ubi 1/2/3 dafür als 2 bzw. 3 Einzelwörter (mit 64/908 resp. 13/3/2 Einträgen gezählt). 341
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antworten mehrheitlich auf nie gestellte Fragen: Daß die Präpositionen 3,31% (845) der bei Juvenal zu zählenden 25 516 Wörter, aber nur 0,56% (27) des lemmatisierten Vokabulars (4 797 Einträge) ausmachen, daß Substantive der 2. Deklination 10,83% der Gesamtwortzahl und 34,34% des Substantivanteils repräsentieren und daß der Satiriker in allen Tempora vorzugsweise Verben der 3. Konjugation verwendet, bleibt in seiner Bedeutsamkeit noch zu entdekken. Eine computergestützte Analyse zur Rolle der Hapax legomena im Juvenaltext kommt laut D. (337) zu folgenden Ergebnissen:344 1. Von 4790 bei Juvenal nachzuweisenden Lemmata gehören erstaunliche 2130 und damit fast die Hälfte (über 8% des Gesamttextes) zu dieser Kategorie. 2. Ab sat.9 nimmt die Verwendung von H. l. in statistisch signifikanter Weise ab345, sei dies nun als "retour au classicisme" oder "affaiblissement, dû à l'âge, des facultés d'invention verbale" (134 f.) zu begründen. 3. Mit 95% fällt der Löwenanteil der H. l. – wie im übrigen nicht anders zu erwarten – auf die semantisch dominanten Wortarten Substantiv, Eigenname, Adjektiv, Verb; ihr "sens plein et précis ... coïncidera avec l'inspiration particulière de la satire à laquelle ils appartiennent" (135). Eine lochkartengestützte Auswertung von Juvenals Imperativformen zeitigt laut D. (338) die folgenden Resultate:346 1. Der Juvenaltext enthält überdurchschnittlich viele Imperativformen.347 2. Mehr als die Hälfte dieser Formen gehört zu Verben der 3. Konjugation. 3. Am häufigsten finden sich Imperative in sat.7 (dissuasio!), 8 (adhortatio!) und 9 (Dialog!), am seltensten in sat.15 (Bericht!). 4. Von den Verbformen bei Juvenal sind 4,22% imperativischer Natur. 5. Die Rangliste der einschlägigen Verben wird von dicere, ponere, accipere, dare, aspicere und ire angeführt. 6. Der Löwenanteil der Imperative ist am Versbeginn oder im 5. Hexameterfuß situiert; als Grund ist am ehesten metrische Bequemlichkeit anzunehmen.348 344
Als H. l. bezeichnet D. im weiteren Sinne alle Lemmata, die im Juvenaltext selbst nur durch einen einzigen Beleg vertreten sind. 345 Eine Ausnahme bildet hier sat. 12. 346 Auf Wiedergabe des statistischen Fachjargons wird im folgenden bewußt verzichtet. 347 Den 'Durchschnittswert' ermittelt D. durch Vergleich der am Laboratoire d'Analyse statistique des Langues anciennes de l'Université de Liège (LASLA) bis dato durch mechanische Verfahren erstellten Indices von Iuv., Caes. Gall., Tib., Sen. brev. vit., cons. ad Helv., cons. ad Marc.: Daß eine derart kärgliche Textbasis keine seriösen Aussagen erlaubt, braucht nicht eigens betont zu werden. 348 D. hält auch "une explication plus favorable à l'auteur" (268) für denkbar, nämlich Positionierung des Imperativs an einer privilegierten Versstelle; dann müßte neben dem Versbeginn wohl aber eher der Versschluß die Imperativstatistik anführen.
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D. (341) demonstriert die Möglichkeiten einer Stilbeschreibung durch statistische Auswertung der Wortartenhäufigkeit: Ist der Gesamtbefund für das literarische Werk eines Autors (in unserem Fall Juvenal) erst einmal ausgezählt349, kann für kleinere Texteinheiten (eine Einzelsatire) die jeweilige Abweichung vom statistisch zu erwartenden Mittel registriert und analytisch genutzt werden. In sat.5 treten Verben und Pronomina (Ermahnungen an die 2. Person, regelmäßig ohne substantivisches Subjekt formuliert), in sat.12 Adjektive und Substantive (Dominanz des narrativ-deskriptiven Moments) in den Vordergrund; beiordnende Konjunktionen überwiegen in sat.2 (Darstellung!), unterordnende Wörter (Konjunktionen und Präpositionen) in sat.5 (Argumentation!). Durch Einbezug weiterer Textcorpora als Vergleichsmaterial versucht D. entsprechend auch, Juvenals Durchschnittsstil in einem Schaubild zu verorten; angesichts der Tatsache, daß schon eine Durchsicht der Einzelsatiren zu völlig diffusen Ergebnissen führte, wird man die Aussagekraft solcher Untersuchungen jedoch grundsätzlich eher gering ansetzen: Zuweisungsfragen etwa sind auf diesem Wege nicht zu lösen. Dies dokumentiert D. letztlich selbst (343 und 344), wenn er an einem hypothetischen Beispiel (wie ließen sich sat.1–3 im Falle ihrer anonymen Überlieferung zuverlässig für Juvenal in Anspruch nehmen?) die Bedeutung sprachstatistischer Verfahren für die Lösung von Zuweisungsproblemen erprobt. Auf Juvenalische Provenienz der in Frage stehenden Gedichte führt, wie sich 344 zeigt, weder ein Abgleich der durchschnittlichen Lemmalänge(!)350 noch eine – nach Wortanfang und Gesamtlemma differenzierte – Statistik der verwendeten Buchstaben(!), sondern allein die "distinction des catégories et sous-catégories grammaticales" ("on ne distinguera pas seulement les substantifs des adjectifs, mais on prendra encore en compte leur appartenance à tel ou tel type de déclinaison": 172) bzw. eine Kombination aller drei Verfahren.351 Fatalerweise wird bei dieser Gelegenheit jedoch gleich mitbewiesen, daß Georgika und Aeneis von Horaz bzw. Ovid, die Eklogen hingegen von Tibull resp. Properz verfaßt sein müssen, woraus D. die Schlußfolgerung zieht: "Si l'on souhaitait vérifier l'attribution à Virgile de textes douteux, le choix des éléments significatifs serait sans doute différent" (176). Mit anderen Worten: Zunächst ist das Resultat vorzugeben, dann die verschiedenen Kriterien durchzuspielen, bis schließlich eines zu dem gewünschten Ergebnis paßt. Die Seriositätsdefizite eines solchen Vorgehens sind mit Händen zu greifen. Am Beispiel von Catull und Juvenal erläutert D. (342) sodann die Vorzüge statistischer Verfahren bei der Bestimmung eines autorspezifischen 'vocabu349
D. unterscheidet hierbei die Kategorien Substantiv, Adjektiv, Numerale, Pronomen, Verb, Adverb, Präposition, bei- und unterordnende Konjunktion. 350 = Länge der verwendeten Wörter in ihrer jeweiligen Grundform. 351 Eine statistische Auswertung der Lexik, wie sie D. (343) vorexerziert, scheint noch eher Erfolg zu versprechen.
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laire caractéristique': Hiernach wird aus dem Wortmaterial eines größeren Corpus von Referenztexten die Durchschnittshäufigkeit eines beliebigen Einzelwortes ermittelt352 und vor diesem Hintergrund statistisch signifikanten Abweichungen beim einzelnen Autor nachgegangen. Den im konkreten Fall gewonnenen Teilstatistiken (Cat.+ Juv.+ / Cat.– Juv.+ / Cat.+ Juv.– / Cat.– Juv.–)353 ist beispielsweise zu entnehmen, daß sich beide untersuchten Dichter häufiger, als zu erwarten, der Wörter qui (Rel.pron.), nam, homo, sed, facio, quod (Konj.), puto, quam (Vergleichspartikel) und ut (Konj.) bedienen; eine Auswertung dieses Befundes bleibt indes vergleichsweise unbefriedigend: "... il apparaît que les vocables ... traduisent essentiellement d'une part le caractère rhétorique de ces deux œuvres, d'autre part un certain 'prosaïsme' " (244). Und ob aus der häufigen Verwendung von homo "une preuve statistique de l' 'humanisme' de nos deux poètes" (ebd.) abzulesen ist, mag auch dahinstehen. Zuletzt unternimmt auch R o g g e n (345) den reduktionistischen Versuch, die Eigenart des Juvenaltextes durch statistische Verfahren zu erfassen. Dabei trifft sie für 6,1–211 (vor dem Hintergrund von Lucr. 5,925–1135 als Referenztext gleichen Umfangs) nachstehende Feststellungen: 1. Die einer "Swedish method for readibility testing originally designed for teaching purposes" (547) verdankten Kriterien Durchschnittslänge des Satzes "measured by punctuation" (550; 14,5 Wörter bei J(uvenal), 23,7 bei L(ukrez)) und Zahl langer Wörter mit mehr als 6 Buchstaben (477 J : 486 L) soll die relativ leichtere Lesbarkeit des Juvenaltextes belegen.354 2. Eine Sortierung des Textes nach Wortarten und -formen ("I call it the Word Class method": 547) ergibt für Verbformen der 2. Ps. ein Verhältnis von 29 J : 2 L (Appell-Charakter der Satire), für die 3. Ps. Pl. Impf. 1 J : 35 L (Lukrez beschreibt das Leben der Urmenschen), für infinite Verbformen 81 J : 141 L (der Infinitiv bei Lukrez "emphasizing the general aspect": 563) und für den Einsatz von Eigennamen 96 J : 5 L (u.a. exempla-Orientierung der Satire). 3. Eine Art Blindversuch ("I call it the Alpha-Thematic method": 547; auf der Basis einer alphabetischen Auflistung wird das Vokabular nach Wortfeldern aufgeschlüsselt und erst nachträglich in seinen Kontext eingeordnet) soll das Textverständnis weiter fördern: Aus dem Bereich 'zoology' etwa verwendet Juvenal 17 verschiedene Wörter, meist im Zusammenhang von Vergleichen und Metaphern; Lukrez hingegen gebraucht 33 einschlägige Vokabeln, um die
352 D. legt hier die Gesamtheit der bisher am LASLA (s. oben Anm.347) analysierten Dichtertexte – Cat., Hor. carm., Juv., Ov. met. (partiell), Pers., Prop., Sen. trag., Tib., Verg. (ecl., georg., Aen.1–6) – zugrunde. 353 '+' steht für über-, '–' für unterdurchschnittliche Worthäufigkeit. 354 Die Aussagekraft dieses Tests wird von der Vf.in selbst abschließend in Frage gestellt: "The study confirms, whatever the results of the readibility testing, that Juvenal's Sixth Satire is complicated" (564).
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– durch Wildtiere bedrohten – Lebensbedingungen des Urmenschen und die sprachähnlichen Lautäußerungen von Tieren zu beschreiben. Wie leicht zu erkennen, sind die Ergebnisse der Untersuchung einerseits banal, weil bereits durch oberflächliche Textlektüre zu erzielen (Punkt 2), andererseits kontextabhängig (Punkt 3) oder gar gänzlich irrelevant (Punkt 1); die nachgerade verstörende Selbstreferenzialität des Beitrags und seiner "untraditional methods" (549) sucht ihresgleichen.355 XIV. Metrik 346. J. H e l l e g o u a r c ' h , La ponctuation bucolique dans les Satires de Juvénal. Étude métrique et stylistique, in: Mélanges de linguistique, de philologie et de méthodologie de l'enseignement des langues anciennes offerts à M. René Fohalle, Gembloux 1969, 173–189 = d e r s ., Liberalitas. Scripta varia, Bruxelles 1998, 517–531. 347. D. N a r d o , ΣΠΟΝΔΕΙΑΖΟΝΤΕΣ in Giovenale, L&S 10, 1975, 439– 468 = d e r s ., Modelli e messaggi. Studi sull' imitazione classica, Bologna 1984, 7–37. 348. R.M. M a r i n a S á e z , El hexámetro de la sátira de Persio y Juvenal: aspectos métricos y literarios, in: J. L u q u e M o r e n o – P.R. D í a z y D í a z (Hgg.), Estudios de métrica latina, Bd. 2, Granada 1999, 585–600. 349. F. J o n e s , Juvenal and the hexameter, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 14, Bruxelles 2008, 348–364. Vgl. auch Balasch (325). H e l l e g o u a r c ' h s (346) Forschungen zur bukolischen Diärese bei Juvenal zeitigen nachstehende Ergebnisse: 1. Das Wort vor der Diärese endet mehrheitlich konsonantisch und – wie auch bei Vergil, aber gerade nicht in den Horazsatiren zu beobachten – fast durchweg auf Doppelkürze. 2. Der Löwenanteil der Belege führt zu Klauseln der Struktur condere gentem, conde sepulcro und si bona norint. 3. Die Erscheinung soll nur partiell durch die ungezwungene Metrik des sermo, meist jedoch durch eine hochpoetische, auf Emphase und Pathos ausgerichtete 'expressivité' zu begründen sein. N a r d o (347) untersucht den hohen, weder gattungs- noch epochenkonformen Anteil der versus spondiaci am Juvenaltext. Eine typologische Zuordnung 355 Über S a l a t (339) liegt dem Berichterstatter nur das Referat aus APh 46,1975, 314 vor: "Comparaisons de fréquence d'emploi de certains mots chez Térence et Juvénal".
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der 34 Belege führt dabei – nach abnehmender Häufigkeit – zu nachstehenden Gruppen:356 1. griechische Namen und Sachen. Anders als bei den Neoterikern wird jedoch nicht auf ästhetische Überhöhung, sondern auf höhnische Relativierung abgezielt. 2. Betonung von (epischer) Würde und Größe357, durchweg im Rahmen eines Kontrastes zwischen volltönender Formulierung und bescheidener Person/Sache, die solchermaßen geadelt oder – gerade umgekehrt – dem Spott preisgegeben wird. 3. das Moment von Überraschung und Regelverstoß. 4. Mühe und Anstrengung. Die Vielfalt der Zielsetzung korrespondiert dabei mit der Mannigfaltigkeit des Ausdrucks: Nirgends hat Juvenal die gleiche Vokabel zweimal zur Klauselbildung verwandt, kaum je auf Anregungen von Vorgängern zurückgegriffen358; die Stereotypie des durchschnittlichen spondiacus (viersilbiges Wort, meist ein – griechischer – Eigenname) wird zu größerer Vielfalt (Reichtum der verwendeten Vokabeln, häufiger dreisilbiges Wort mit vorausgehendem Monosyllabon) aufgefächert. Insgesamt zeugt Juvenals Verwendung der spondiaci von seinem Wunsch nach Nobilitierung der Gattung359, aber auch von seinem Streben, Monotonie und Konformität zu vermeiden. M a r i n a S á e z (348) fokussiert ihre metrische Studie auf die aus zwei Substantiven, zwei Adjektiven und einem Verb zusammengesetzten Hexameter. Einschlägige Verse finden sich bei Juvenal in 5,68% aller Fälle (davon 13,18% versus aurei360; für Persius lauten die entsprechenden Zahlen 6,15% resp. 12,5%)361, was dem Satiriker einen statistischen Mittelplatz zwischen Lukrezischem Minimalismus (1,5%) und Catullischer Klangfülle (15,7%)362 sichert. Kärgliche Beispiele (genannt sind nur 2,109; 3,206 f.; 4,31; 68; 6,631) belegen, wie die ästhetische Qualität der 'Goldenen Hexameter' gezielt zur 356
Selbstredend bleibt hier genügend Raum für sachlichen Dissens. Unter diese Rubrik rechnet N. im weiteren Sinne auch Stellen, an denen Gewaltsamkeit, Schrecken und Verhängnis das Bild bestimmen. 358 Eine Ausnahme bilden nur 9,111 ulciscuntur (vgl. Ciris 158) und 10,151 Pyrenaeum (Lucan.1,689). 359 Auch sonst geht die Strenge von Juvenals Versbau deutlich über die des üblichen Satirenhexameters hinaus (vgl. die in den Fußnoten zu 464 ff. gesammelten Belege); genauere Untersuchungen bleiben indes ein Desiderat. 360 Hierzu rechnet sie nicht nur die parallel (abVAB), sondern auch die chiastisch strukturierten Verse (abVBA); der Berichterstatter bezieht sich mit nachstehenden Angaben ausdrücklich nur auf die erstere Gruppe. 361 Mangels Stellenangaben bleibt dem Leser die Möglichkeit einer eigenen Überprüfung dieser Zahlen verwehrt. 362 Zu Lukrez und Catull vgl. J.M. B a ñ o s B a ñ o s , El versus aureus de Ennio a Estacio, Latomus 51, 1992, 762–774. 357
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formalen Konturierung von Feierlichkeit, Polemik und Parodie herangezogen ist. J o n e s (349) stellt sich die Aufgabe, durch Vergleich mit den übrigen römischen Hexametrikern die stilistische Qualität von Juvenals Versen näher zu bestimmen: 1. Die in höherer Dichtung seit Ennius zu beobachtende stetige Zunahme von Hyperbata vollzieht sich – auf niedrigerem Niveau – auch in der Satire: Vor allem in der Verwendung doppelter Hyperbata ist Juvenal "the freest of the satirists with this figure, and matches some of the epic writers" (354). 2. Umgekehrt läßt sich auch monosyllabisches Versende – und damit gerade ein Kennzeichen des unprätentiösen Satirenhexameters – bei Juvenal in größerem Umfang belegen. 3. Die Auszählung von Versen ohne Penthemimeres oder mit Elision ergibt ein eher uneinheitliches Bild: Allein mit der Elision langer Silben und mit Elisionenhäufungen hält sich Juvenal erkennbar zurück. Als Ergebnis formuliert J. (364): "Although there is a progression towards a somewhat more pedestrian tone (peaking in the fourth), the verse technique of Juvenal's earlier books is closer to his grander contemporaries than earlier satirists were to theirs"; da er seiner Auswertung indes jeweils nur 100(!) Hexameter zugrunde legt und mit den Befunden zudem eher willkürlich jongliert363, wird man der Aussage nicht allzu viel Gewicht beimessen dürfen. XV. Die persona-Theorie Die erstmals von A n d e r s o n (350) formulierte These, wonach sich Juvenal mit Bedacht (und für den Leser erkennbar) als 'untrustworthy speaker' inszeniere (im folgenden, wie auch sonst üblich, in sachlich verkürzender Form persona-Theorie genannt)364, hat zumindest der angloamerikanischen Juvenalliteratur der letzten Jahrzehnte unverkennbar ihren Stempel aufgedrückt. Doch sind ihre Vertreter eine tiefergehende theoretische Fundierung dieses Ansatzes schuldig geblieben: Die unter seinem Vorzeichen stehenden Untersuchungen setzen seine Stichhaltigkeit stillschweigend oder aber apodiktisch voraus; 363
"Although it looks as though this feature becomes an element of satiric character, it must also be noticed that many cases of single monosyllables at line ends in Juvenal have special point, and may therefore be exceptional rather than part of a normal stylistic level as such" (355); Verse ohne Penthemimeres sollen bei Horaz auf ein "programmatic tightening up of Lucilian slackness" (356) zurückgehen, Juvenal hingegen "as conforming ... with the values of the less lowly hexameter genres" (ebd.) erweisen. 364 Anders als bei der – ebenfalls häufig unter Verwendung des Begriffs persona vollzogenen, unter Philologen mittlerweile selbstverständlichen – Unterscheidung zwischen lebendem Autor und literarischem Autor-Ich werden beide Größen hier in einen diametralen Gegensatz gebracht.
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schlagende Argumente, die zu seiner Widerlegung aufgeboten wurden, blieben regelmäßig ungehört. Entsprechend dominieren auch im einschlägigen Abschnitt dieses Berichts die kritischen Stimmen, während das persona-Konzept seinerseits vorzugsweise in seiner praktischen Anwendung zu Worte kommt. 1. Grundsatzdebatte 350. W.S. A n d e r s o n , Anger in Juvenal and Seneca, Univ. of California Publ. in Class. Phil. 19, 1964, 127–195 = d e r s ., Essays on Roman satire (110), 293–361 = in: Persius and Juvenal (115), 361–449. Rez.: K n e c h t , AC 33, 1964, 499–500; M a r a c h e , REA 66, 1964, 450– 451; D i c k , CW 58, 1964–1965, 91–92; A b e l , Gnomon 37, 1965, 519–521; B a r d o n , RBPh 43, 1965, 1469; C o f f e y , CR 15, 1965, 299–301; E r n o u t , RPh 39, 1965, 362; G r i m a l , REL 43, 1965, 615–616; J o l y , Latomus 24, 1965, 173–175; H e n r y & W a l k e r , CPh 61, 1966, 194–195; J a n s s e n , Mnemosyne 19, 1966, 437–438; T r i l l i t z s c h , AAHG 19, 1966, 201–203; W o r m e l l , Hermathena 102, 1966, 104–105. 351. –, Lascivia vs. ira: Martial and Juvenal, CSCA 3, 1970, 1–34 = d e r s ., Essays on Roman satire (110), 362–395. 352. G. H i g h e t , Masks and faces in satire, Hermes 102, 1974, 321–337 = The classical papers of G.H., New York 1983, 268–286. 353. J.W. I d d e n g , Juvenal, satire and the persona theory: some critical remarks, SO 75, 2000, 107–129. 354. R.G. M a y e r , Persona‹l› problems. The literary persona in antiquity revisited, MD 50, 2003, 55–80. 355. K. M c C a b e , 'Was Juvenal a structuralist?' A look at anachronisms in literary criticism, G&R 33, 1986, 78–84. 356. P. G r e e n , Juvenal revisited, in: d e r s ., Classical bearings. Interpreting ancient history and culture, New York 1989, 240–255 & 306–308. 357. P.A. M i l l e r , The bodily grotesque in Roman satire: Images of sterility, Arethusa 31, 1998, 257–283 = in: Persius and Juvenal (115), 327–348. 358. –, The otherness of history in Rabelais' carnival and Juvenal's satire, or why Bakhtin got it right the first time, in: P.I. B a r t a u.a. (Hgg.), Carnivalizing difference. Bakhtin and the other, London 2001, 141–163. 2. Praktische Anwendung 359. A.M. C o r n , The persona in the fifth book of Juvenal's satires, Diss. Ohio State University, Columbus 1975, V & 117 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 36, 1976, 5270A–5271A.
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*360. M.M. W i n k l e r , The liberal muse. Juvenal's sexual persona and the purpose of satire, Diss. Univ. of Southern California, Los Angeles 1982, unpaginiert (Mikrofilm); vgl. DAI 44, 1983–1984, 483A. 361. –, The persona in three satires of Juvenal, Hildesheim 1983, XII & 248 S. Rez.: G é r a r d , REL 61, 1983, 397–399; K i ß e l , Gnomon 56, 1984, 697– 700; J e n k y n s , CR 35, 1985, 34–36; M a r a c h e , Latomus 44, 1985, 887– 888; T o r d e u r , AC 54, 1985, 399–400; N a i a d a S i l v a , Euphrosyne 14, 1986, 280–281; A d a m i e t z , AAHG 40, 1987, 49–50. 362. S.H. B r a u n d , Beyond anger: A study of Juvenal's third Book of Satires, Cambridge 1988, VIII & 302 S. Rez.: F o w l e r , G&R 36, 1989, 239; G é r a r d , REL 67, 1989, 302–303; R u d d , CR 39, 1989, 218–219; A s c h e r , CW 83, 1989–1990, 245–246; A d a m i e t z , Gnomon 62, 1990, 521–524; K a j a n t o , Arctos 24, 1990, 188– 189; T o r d e u r , AC 59, 1990, 378; G i l u l a , Athenaeum 79, 1991, 679–680; A n d e r s o n , Phoenix 47, 1993, 163–165. 363. D. C l o u d , The client-patron relationship: emblem and reality in Juvenal's first book, in: A. W a l l a c e - H a d r i l l (Hg.), Patronage in ancient society, London 1989, 205–218. 364. H.C. F r e d r i c k s m e y e r , An observation on the programmatic satires of Juvenal, Horace and Persius, Latomus 49, 1990, 792–800. 365. K. F r e u d e n b u r g , Satires of Rome. Threatening poses from Lucilius to Juvenal, Cambridge 2001, XVIII & 289 S. Rez.: I t i c , REL 80, 2002, 334–336; K e a n e , Vergilius 48, 2002, 169–175; M a z u r e k , CML 22, 2002, 129–133; M o r g a n , BMCR 2002.08.02; S t e n u i t , LEC 70, 2002, 415; A s t b u r y , Classics Ireland 10, 2003, 74–77; L a r m o u r , CPh 98, 2003, 398–403; R o c h e t t e , AC 72, 2003, 404–405; S i m õ e s R o d r i g u e s , Euphrosyne 31, 2003, 604–605; W e l c h , CB 79, 2003, 334–338; G o l d , IJCT 10, 2003–2004, 139–141; N e w m a n , Latomus 63, 2004, 192–193; P a n a y o t a k i s , CR 54, 2004, 106–107; S c h m i t z , Gnomon 76, 2004, 597–603. 366. P. T e n n a n t , Beyond the rhetoric (part 1): Juvenal and the Roman élite in Satires 1–3, SyllClass 12, 2001, 169–207. 367. –, Beyond the rhetoric (part 2): Juvenal and the Roman élite in Satires 4–6, SyllClass 13, 2002, 154–179. 368. S.M. B r a u n d – W. R a s c h k e , Satiric grotesques in public and private: Juvenal, Dr Frankenstein, Raymond Chandler, and Absolutely Fabulous, G&R 49, 2002, 62–84 = in: Persius and Juvenal (115), 506–532. 369. J.H. C r o z i e r , Telling stories: Aristotelian dramatic character in Juvenal's satires, Diss. University of Missouri-Columbia, Columbia (Mo) 2002, VII & 265 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 63, 2002–2003, 4301A.
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370. –, Aelius Theon, Aristotle and the case for dramatic characters in Juvenal's Satires, Abstract of a paper read at the 2004 APA Annual Meeting. http://www.apaclassics.org/AnnualMeeting/04mtg/abstracts/crozier.html. 371. B.E. W a l k e r , Moralizing discourse in Juvenal's later books, Diss. University of Pennsylvania, Philadelphia (Pa.) 2006, VII & 188 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 67, 2006–2007, 925A. 372. C. Keane, Philosophy into satire: the program of Juvenal's fifth book, AJPh 128, 2007, 27–57. Für weitere persona-basierte Untersuchungen vgl. A n d e r s o n (861), B a t t i s t i (648 und 654), B r a u n d (31, 80, 490, 530 und 644), B r a u n d / C l o u d (407), C o r n (854), F r e d e r i c k s (171, 508, 509, 731, 732, 833 und 857), H a r d i e (541 und 718), J o n e s (811), M c K i m (860), N a d e a u (92), N a p p a (474), R o n n i c k (820), R o s e n (761), S i n g l e t o n (859), S u l l i v a n (151), S w e e t (572) und W i e s e n (331). 1. Grundsatzdebatte A n d e r s o n (350) benennt die Spannungen, die in der Persönlichkeit des als Sprecher seiner Satiren auftretenden Dichters zu beobachten sind: Naive Empörung wechselt mit kunstvoller Rhetorik, Wahrheitsanspruch mit maßloser Übertreibung, nachdrückliche Verurteilung der vitia mit deren sensationslüsterner Ausbreitung, objektives Urteil mit egoistisch motivierter Voreingenommenheit, rationale Argumentation mit irrationalen Ausbrüchen. Aus dieser – der Satire überhaupt als Gattung eigentümlichen – Verfügbarkeit einer breiten Palette verschiedener Sprechhaltungen zieht er speziell für Juvenal wesentliche Schlußfolgerungen: 1. Die indignatio der frühen Satiren (1–6) ist nicht als Charaktereigenschaft der Schreiberpersönlichkeit, sondern als rhetorisches Konzept zu begreifen: Der jeweilige Sprecher ('Juvenal'; in sat.3: Umbricius) übernimmt die Rolle des "indignant satirist" (129), da die einzelne Satire durch Einsatz dieser persona dramatisch interessanter zu werden versprach. In den späteren Gedichten – bes. ab sat.10 – ist dieses Modell wieder aufgegeben: Die neue persona des Satirikers orientiert sich enger an der Geisteshaltung Demokrits ("the laughing satirist": ebd.), der aus einer Position inneren Abstands über das von ihm betrachtete Geschehen urteilt.365
365
Die persona von Buch 3 (sat.7–9) wird hier kurzerhand als "transitional satirist" (129) abgetan. Noch in einer älteren Arbeit (The programs of Juvenal's later books, CPh 57, 1962, 145–160 = Essays on Roman satire (110), 277–292) hatte sich A. differenzierter zur Entwicklung des Satirikers geäußert ("The silent rejection of anger [= indignatio der Satiren 1–6] for spes et ratio in Satire 7 progresses to the open adoption of Democritean laughter in Satire 10, until finally in Satire 13 the satirist explicitly abjures indignation as both infantile and
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2. Da der Leser die vorgenannten Spannungen im allgemeinen als problematisch empfunden und besonders ungebremste Zornesregungen in Kenntnis von Sen. ira als moralisch ambivalent wahrgenommen habe, müsse Juvenal den dramatischen Charakter seines homo indignans als "morally suspect" (193) und damit angreifbar entworfen haben. Offenbar wolle er seinem Publikum Denkanstöße geben, in innerer Distanz zum Satiriker zu eigenen Wahrheiten vorzustoßen; erst in den späteren Gedichten übernehme er selbst die Aufgabe, glaubwürdige moralische praecepta vorzutragen.366 Von diesen beiden Überlegungen kann die erste mittlerweile wohl als communis opinio der Juvenalphilologie angesehen werden.367 Zwar leugnet der Ansatz, genau besehen, jegliche Möglichkeit, menschliche Emotionen literarisch darzustellen – deren künstlerische Sublimierung, v.a. in Versform, zieht ja die von A. konstatierte Spannung zwischen Unmittelbarkeit des Gefühls und Rationalität der artistischen Formgebung naturnotwendig nach sich368 –; umgekehrt schiebt er jedoch – zu Recht – naiver biographischer Ausdeutung einen Riegel vor: Da jedes literarische Werk einer wie immer gearteten Konzeption unterliegt, das literarische Ich somit mehr oder weniger auf Stilisierung beruht, wird gerade der Altphilologe, dem ja aussagekräftige Hintergrundinformationen zu den von ihm behandelten Autoren regelmäßig fehlen, wohl beraten sein, sich im Hinblick auf drohende Zirkelschlüsse biographistischer Spekulationen zu enthalten. Höchst bedenklich erscheint dem Berichterstatter jedoch der zweite Punkt: Von A. nach dem Vorgang A. K e r n a n s für die englische Renaissancesatire postuliert369, ist die Konzeption des unmoralischen Moralisten in der Antike selbst ohne Beleg und natürlich auch aus Senecas einschlägigen Traktaten nicht zu erhärten: Der idealistische, stoisch grundierte Diskurs kann nicht mit landläufigen Vorstellungen gesellschaftlich akzeptierten Verhaltens gleichgesetzt werden; Senecas Weltsicht "we must be humane and endure, accepting
suspiciously hypocritical": 158), dort jedoch noch nicht die – nachstehend dokumentierte – Konzeption des 'untrustworthy speaker' vertreten. 366 In seiner Rezension der Paperbackausgabe von G. H i g h e t (zit. oben Anm. 1), Oxford 1962, kommt A. noch zu anderen Schlüssen (PACA 6, 1963, 45–49, hier: 49): "For my part, I would urge critics to contemplate the possibility that Juvenal wrote primarily to give pleasure." 367 Den Wandel in Juvenals Satirenkonzeption wird man allerdings auch nicht überbewerten dürfen: Zu Recht weist G n i l k a (889), 176 f. darauf hin, daß der Satiriker – anders als Seneca – Demokrit nicht für ein nachsichtiges, sondern ein zensorisches Lachen stehen läßt; vgl.10,31 rigidi censura cachinni; 33 f. perpetuo risu pulmonem agitare volebat / Democritus im Unterschied zu Sen. ira 2,10,5–8; tranq. an. 15,1–5. 368 Kann Catulls Lesbiapoesie a priori nur als Rollendichtung wahrgenommen werden, weil sorgfältiger Gedichtaufbau und eleganter Elfsilbler jedes wirkliche Gefühl automatisch unglaubwürdig erscheinen lassen? 369 Vgl. jedoch unten S. 169.
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the inevitable truth that all men err" (163) ist mit dem Selbstverständnis der römischen Satire zeit ihres Bestehens unvereinbar. Bevor noch erste Gegenstimmen laut wurden, sucht A n d e r s o n (351) auf der Basis eines Vergleichs zwischen Iuv.3,212–222 und Mart.3,52 auch die spezifische Eigenart von Juvenals Witz für seine These zu nutzen: Anders als Mason (145) spricht er diesem nicht die lascivia-gesteuerte Unmittelbarkeit von Martials ioci zu, sondern verbindet ihn mit der Inszenierung des "indignant speaker" (29) der ersten Satirenbücher. Zur Wesensart des "moral extremist" (31) gehört eben auch sarkastischer Humor; was den Leser amüsiert, sind jedoch nicht Wortwitz und Pointe selbst, sondern der vom "angry wit" (28) mitbestimmte Gesamteindruck eines altfränkischen, grenzenlos verbohrten Sprechers. Schon H i g h e t (352) selbst, gegen dessen biographischen Ansatz Andersons persona-Modell zuvörderst gerichtet war, hat erste Überlegungen zu seiner Widerlegung beigetragen: 1. Autorbezogene Ichaussagen in der antiken Satire370 – ebenso wie in Selbstbetrachtungen, Memoiren, Briefen, Lyrik und Elegie – können zwar einer Stilisierung unterliegen, nicht jedoch gänzlich auf Fiktion beruhen: "a public many of whom knew their writers personally ... would have detected and derided gross misrepresentations" (326). 2. Spannungen, wie sie die Widersprüchlichkeit der persona signalisieren sollen, finden bereits in der Natur des Menschen ihre ausreichende Erklärung (vgl. etwa Hor. sat.2,7,28 f.; epist. 1,8,11 f.).371 3. Modernes Mißtrauen gegen die Ausführungen des Satirikers basiert regelmäßig nicht auf realen Textsignalen, sondern auf vorgefaßten Ansichten der Erklärer; vgl. A n d e r s o n (350), 148: "he [=the author] assigns to the satirist moral ideas that we could not possibly share, not so long as we have our wits about us."372 In Fortführung dieser Argumentation setzt sich auch I d d e n g (353) mit den Schwächen des persona-Konzeptes auseinander: 1. Anderson bleibt für entscheidende Behauptungen jeden Nachweis schuldig: Sollte Senecas De ira wirklich eine Art normativer Gültigkeit entfaltet haben, durch die indignatio als achtbare Gefühlsregung ein für allemal delegitimiert worden wäre? Stellte nicht der offen zur Schau gestellte Ingrimm des 370
Zum Glauben an deren biographische Zuverlässigkeit vgl. Hor. sat. 2,1,30–34. Andernfalls – so I d d e n g (353) – hätten auch Plinius und Tacitus als Kandidaten für eine persona-gestützte Interpretation zu gelten. 372 Entsprechend ist die aktuelle Forschung dazu übergegangen, Juvenals Misogynie (sat.6), seine Homosexuellenfeindlichkeit (sat.2 und 9), Ausländerhaß und Aversionen gegen die Großstadt (sat.3) a priori auf das Konto der unredlichen persona zu buchen (vgl. etwa W i n k l e r [361]) und so dem Zeitgeschmack – unter dem Aspekt der political correctness? – anzupassen. Solcherart dürfte es auch möglich sein, den angeblich lebensfremden Ernst des Persius via persona in ein Plädoyer für hemmungslosen Daseinsgenuß zu verwandeln. 371
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Lucilius (vgl. Hor. sat. 2,1,62–70; Pers. 1,114 f.; Iuv.1,165 f.) nach wie vor das gattungsgemäße Rollenmodell dar? Hätte Juvenals ira – selbst wenn als Medium rhetorischer Manipulation begriffen – den Hörer nicht eher zur Solidarisierung als zu innerer Reserviertheit bewegen müssen (vgl. Cic. inv. 1,100–105 zum Auftreten des orator iratus)?373 2. Wenn die Satire – auch im Falle Juvenals – ihr programmatisches Selbstverständnis nachgerade stereotyp aus Freimut und Gefährdung ableitet, läßt sie sich kaum auf scherzhafte Rollendichtung reduzieren; und in der Tat haben 2000 Jahre Juvenalrezeption nirgendwo diesen Weg beschritten. 3. Kann der Satiriker tatsächlich Hunderte von Versen darauf verwandt haben, seine eigenen Ansichten nur ex negativo vorzuführen? "Why did Juvenal introduce other similar characters [=Laronia sat.2 bzw. Umbricius sat.3] if his true aim was to make a parody of his speaker?" (122) 4. Offen bleibt auch die Deutung des nach Anderson mit Buch 4 vollzogenen Perspektivenwechsels: Nähern sich nunmehr 'speaker' und 'author' einander an, oder verzichtet Juvenal jetzt gänzlich auf ein autorunabhängiges personaKonzept? Welche Publikumsreaktion hätte der Satiriker durch die Zwitterstellung des 'transitional satirist' von Buch 3 evozieren wollen? Mit befreiender Klarkeit führt schließlich M a y e r (354) den Nachweis, daß sich Vertrautheit mit einem persona-Konzept (= substantielle Trennung von Autor und Autor-Ich) weder für die antiken Schriftsteller selbst noch für ihr Publikum (incl. der kundigen 'writers-as-readers') in irgendeiner Form belegen läßt:374 Vielmehr wird der Autor mit dem sprechenden Ich sogar dann noch in Verbindung gebracht, wenn er erkennbar nicht selber das Wort ergreift (vgl. Aug. civ. dei 18,18: Apuleius = vormaliger Esel Lucius; für die Satire: Cic. de orat. 3,171: Scaevola = Lucilius; Porph. Hor. sat. 2,2,1: Ofellus = Horaz; Probus Vallae zu Iuv.3,1: Umbricius = Juvenal). Wie also hätten gerade die Satiriker, die sich und ihre Vorgänger fortwährend als Vertreter einer prononcierten Persönlichkeitsdichtung in Szene setzen (vgl. Lucil. 590 f. M.= 626 f. Kr.; Hor. sat. 2,1,30–34 über Lucilius; Pers. 1,116 ff. über Horaz), ihre Leser für ein völlig konträres Gattungsmodell sensibilieren können oder wollen?375 373 In diesem Zusammenhang sei an den Leitsatz erinnert, mit dem die in Deutschland unvergessene Kabarettistin Lore Lorentz ihre Programme zu überschreiben pflegte: "Die Wut ist jung." In der Gegenwart sind wohl besonders Georg Schramm und Wilfried Schmickler dem Konzept des wutbasierten Kabaretts verpflichtet. 374 Autobiographische Interpretation macht nicht einmal vor Epikern und Dramatikern halt: vgl. etwa Hor. epist. 1,19,6 laudibus arguitur vini vinosus Homerus. – Daß die rhetorische Übung der Ethopoiie im übrigen nicht als Gegenargument herhalten kann, sollte pace C r o z i e r (369 und 370; vgl. unten S. 177) keiner weiteren Erklärung bedürfen. 375 Auch daß einzelne Literaten für ihre Person die Möglichkeit der Identifikation Leben – Werk leugnen (durchweg im Kontext der Selbstrechtfertigung: vgl. Catull. 16,5 f.; Ov. trist. 2,353–546; 3,2,5 f.; Mart. 1,4; 11,15; Apul. apol. 11), läßt gerade diese Gleichsetzung als Normalfall erkennen.
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Trotz dieser gewichtigen Stimmen scheinen mehrere zentrale Einwände in der einschlägigen Forschungsdiskussion noch gar nicht oder doch zumindest nicht mit dem gebotenen Nachdruck geäußert worden zu sein: 1. K e r n a n selbst, der von Anderson und seinen Adepten – ebenso regelmäßig wie ungeprüft – als Schwurzeuge für die Existenz eines 'untrustworthy satirist' benannt wird376, hatte sich letztlich gar nicht in diesem Sinne geäußert: Er hatte – offenbar zu Recht – darauf hingewiesen, daß das sprechende Ich der englischen Renaissancesatire nicht als alter ego des Autors auftritt, sondern eine Pose einnimmt, die einerseits von der vermeintlichen Etymologie des Gattungsbegriffs (Satyr!), zum anderen von der Aufgabenstellung der Satire geprägt ist: "an effective attack on vice inevitably creates a character who is unpleasant and inconsistent" (158); nirgends jedoch laufen "the imperfections of the satirist himself" (244) auf eine inhaltliche Entwertung oder gar Aufhebung seines Urteils hinaus.377 Dies ändert sich erst mit den Zensurmaßnahmen von 1599 (Druckverbot für Satiren), durch die sich der Satirendichter zum Ausweichen auf die Theaterbühne veranlaßt sah: Erst wo sich der 'satirist' – unter einem Rollennamen! – als eigener Charakter verselbständigt und mit dem Hanswurst der Komödie oder dem Intriganten/Rächer der Tragödie verschmilzt, wird er seiner Sonderstellung beraubt und damit – wie jede Dramenfigur – der Kritik des Betrachters ausgesetzt. 2. Nirgendwo wird auf die gebotene Differenzierung zwischen ira (Seneca) und indignatio (Juvenal) abgehoben: Wird letztere doch auch sonst durch Epitheta wie generosissima (Val. Max. 5,1,11), iusta (Ulp. dig. 2,2,1 pr.; Apul. met. 3,9,4; 8,9,8) oder rationabilis (Apul. met. 3,4,4) als ehrenwertes Verhalten gewürdigt ('gerechte Empörung', die zu wecken nicht zuletzt als achtbare Aufgabe des Redners gesehen wird). Daß sich Juvenal in späteren Satiren von maßloser ira distanziert (vgl. 10,357–360 fortem posce animum .../ qui .../ nesciat irasci), gehört sachlich in einen ganz anderen Zusammenhang und signalisiert gerade keine innere Abkehr von der frühen indignatio-Satire. 3. Substantielle Fundierung sowie innere Stimmigkeit des persona-Konzepts lassen auf mehreren Ebenen zu wünschen übrig. – Kann die bedachte Konzeption eines 'untrustworthy speaker' durch das Vorhandensein vorgeblicher Widersprüche hinlänglich indiziert sein, wenn diese auch eine gattungs- oder autorspezifische Erklärung finden können?378 376
261 S.
A.K., The cankered Muse. Satire of the English Renaissance, New Haven 1959, X &
377
Entsprechend wird das satirische Ich der Juvenalsatire von K. als "a plain, oldfashioned Roman of good family who has fallen on evil days, burning with indignation at the abominations he sees around him and not afraid to speak the truth" (68) charakterisiert und gerade nicht mit dem Streben nach vorsätzlicher Selbstentwertung in Verbindung gebracht. 378 Zur Gattung vgl. etwa B a u m e r t (312): Satire als "Kommunikation von emotionaler und intellektueller Parteilichkeit" (738); zum Autor – an versteckter Stelle – E l w i t s c h g e r (163): [sc. Die angloamerikanische Forschung zeichnet] "ein Bild von Juvenal
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– Bedürfte die in jedem Satirenbuch – bei Andersons Nachläufern z.T. in jeder Einzelsatire – neudefinierte persona nicht sehr viel schärferer Konturierung, um vom Leser in ihrer Besonderheit wahrgenommen zu werden? – Kann sich eine solche persona (nicht etwa der Autor!) sinnvoll entwickeln, mit dem Ergebnis, daß sie vorübergehend überhaupt kein spezifisches Profil mehr aufweist (Andersons 'transitional satirist')? Wird diese Entwicklung letztlich nicht bis zur Unkenntlichkeit verwischt, wenn sich in jedem Buch Satiren finden, denen als 'Rückfall' in frühere Bewußtseinsstufen der persona eine Sonderstellung eingeräumt werden muß? Die aufgeworfenen Fragen stehen auch noch ein Jahrzehnt später unbeantwortet im Raum: "A considerable number of scholars have embraced Anderson's view, but apart from quoting and referring to Anderson, few, if any, of them have made their own theoretical ground or argued their methodical approach to the persona" (I d d e n g [353], 108). Das Faszinierendste am ganzen persona-Modell bleibt letztlich seine durch nichts zu rechtfertigende Zählebigkeit. Abschließend seien hier noch Arbeiten aufgeführt, die Juvenal im weiteren Rahmen vor einer allzu unbedarften Vereinnahmung durch die moderne Literaturtheorie379 zu bewahren suchen. Befreiend etwa der Vorstoß von M c C a b e (355), der darauf abzielt, den Juvenalsatiren anachronistische Deutungen aus der Perspektive von E. Pound oder T.S. Eliot, der mittlerweile ubiquitär eingesetzten persona-Theorie oder aber strukturalistischen Ansätzen zu ersparen.380 Und auch G r e e n (356), ursprünglich als 'first Mario and Antoinette Romano Lecture at the State University of New York at Binghamton' konzipiert, verbindet subjektive Erinnerungen an frühe Juvenallektüre mit einer erfrischenden Absage an jede Art theorielastiger Modephilologie, die über dem Jonglieren mit persona-Modellen und rezipientengesteuerter Beliebigkeit den Autor und sein Anliegen aus den Augen verliert.
als intellektuellem Übermenschen, bei dem selbst seine scheinbaren Fehler poetischer Absicht entspringen und gezielt zur Charakterisierung einer bestimmten "persona" eingesetzt werden. ... Ein wesentlicher Teil des Juvenal, den wir kennen und schätzen, liegt auch in seinen Unzulänglichkeiten, und seine Identität und Wirkung liegt oft gerade im Fehlen der intellektuellen Größe und in der Einseitigkeit seines Denkens und seiner Darstellung" (174186). Anders gesagt: Juvenals unleugbare Befangenheit macht ihn zwar objektiv angreifbar, impliziert dadurch jedoch nicht automatisch Elemente einer subjektiv gewollten Selbstdemontage. 379 Hierzu sind auch die in neuester Zeit unternommenen Versuche zu rechnen, dem Juvenaltext mit Hilfe von Bahtin und dessen Sicht auf den 'grotesque realism' eines Rabelais neue Facetten abzugewinnen (vgl. M i l l e r [357] und [358]). 380 Namentlich wendet sich M. gegen Mason (145), Anderson (350 und: The programs [zit. oben Anm. 365]), Motto/Clark (500) und Sweet (572) sowie F.J. L e l i è v r e , Parody in Juvenal and T.S. Eliot, CPh 53, 1958, 22–26.
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2. Praktische Anwendung In Nachfolge Andersons betrachtet C o r n (359) Juvenals indignatio als "function of his artistic control" (2), zu deren Beschreibung sinnvollerweise auf das persona-Modell zurückzugreifen sei. Beim Nachvollzug dieses Modells im Verlauf des 5. Satirenbuches will C. zwei verschiedene personae erkennen: In sat.13/16 bediene sich der Autor überlegener Ironie, um den betrogenen Calvinus bzw. das römische Militär zu verspotten; in sat.14/15 trete er als maßlos polternder Kleingeist auf, um sich solcherart selber dem Gelächter preiszugeben. Gerade durch den – im Vergleich zu sat.1–6 ins Auge fallenden – Verzicht auf eine innere Konsistenz seiner aktuellen persona signalisiere der Dichter, daß er dem Leser nirgendwo unverstellt in eigenem Namen gegenübertrete. Bezeichnend ist hier die brutale Gewaltsamkeit, mit der C. vor allem sat.14 und 15 gegen die Intentionen des Autors liest, um sie ins Prokrustesbett des eigenen Denkmodells zu zwängen: In sat.14 wird dem Dichter aus der Nachdrücklichkeit seiner Argumentation ein Strick gedreht ("He has over-attacked, over-emphasized, and over-dramatized the situation. ... This is the persona's failing": 63), in sat.15 die kannibalischen Ägypter mit den Vasconen (die im Angesicht des Hungertodes zu Menschenfleisch als letzter Rettung Zuflucht nehmen), mit den Römern (wegen der angeblich vergleichbaren Rolle der tuba in v.52 und 157), ja mit Juvenal selbst über einen Kamm geschoren (seine Antipathie gegen die ägyptischen Götter soll unmittelbar der Haltung der Ombiten und Tentyriten entsprechen: vgl. v.1–11 und 35–38), wodurch sich der Sprecher in seiner gerechten Empörung als "example of human weakness, ignorance, and hypocrisy" (92) zu erkennen gebe. Angesichts solcher Ergebnisse muß eine auf innere Distanzierung des Lesers ausgerichtete personaKonzeption Juvenals jede Glaubwürdigkeit verlieren; doch bleibt C.s Einschätzung des Dichters und Menschen Juvenal als eines wahrhaften Humanisten von den vorgenannten Fehldeutungen grundsätzlich unberührt.381 Nicht anders möchte W i n k l e r (361)382 Andersons Denkansatz für die von der Forschung eher vernachlässigten Juvenalsatiren 2, 6 und 9 nutzbar machen. In ihnen will er eine "sexual persona" (80) erkennen, die sich, wie von Anderson für die persona von sat.1–6 postuliert, grundsätzlich vom Selbstverständnis eines Lucilius, Horaz, Persius unterscheidet und gerade nicht als glaubwürdiger Fürsprech einer common-sense-orientierten Sozialmoral auftritt, sondern als "untrustworthy satirist" (220) den Leser zur Distanz nötigt.383 Doch nicht nur die Gattungsgeschichte, sondern auch W.s paraphra381
Daß sat. 13 der Maxime "to turn the other cheek" (110) verpflichtet sei, darf dann allerdings wieder bezweifelt werden. 382 Das Buch scheint mit W.s ungedruckter Dissertation (360) identisch zu sein. 383 In einem eigenen, als Exkurs fungierenden Kapitel (23–58) sucht W. doch noch hinter die Maske des Autors zu schauen und seine persönlichen Ansichten aufzudecken: Ist die
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sierende Durchmusterung der einzelnen Satiren384 tragen letztlich nichts zur Erhärtung seiner These bei: Zwar werden dem satirischen Sprecher beiläufig Amoralität (IX) und Vorurteile (VI) sowie der Rückgriff auf Laronia als Sprachrohr (II) vorgehalten; letztlich verdankt er es indes nur W.s modernistischer Voreingenommenheit, daß er sich im Schlußkapitel plötzlich als befangener, kleingeistiger, zynischer, neurotischer, scheinheiliger ... Vertreter des "typical heterosexual prejudice toward effeminate gays and the eternal chauvinism of a 'straight' society's attitude toward women, coupled with a secret fear of the female sex" (209) sowie als Träger eines irrationalen Kastrationskomplexes (wegen 6,368–378) wiederfindet.385 Offenbar verwechselt W. die Darstellungsabsicht des Satirikers mit den eigenen, subjektiven Impressionen: Oder hätte Juvenal mit all den Hunderten von Versen über Frauen und Homosexuelle wirklich nichts anderes bezwecken wollen, als seinen Leser von Vorurteilen zu befreien und ihn "more generous and open-minded" (227) zu hinterlassen? Die aus einer Dissertation hervorgegangene Arbeit von B r a u n d (362) steckt sich das Ziel, durch Einzeluntersuchung der Satiren 7–9 die schon von Anderson postulierte Neuorientierung von Juvenals persona nach sat.6 mit schärferen Konturen zu versehen: Demzufolge weicht der 'angry satirist' mit sat.7 einer ironischen Grundhaltung, die aus den parodischen Elementen und der janusköpfigen persona der ersten beiden Satirenbücher entwickelt sein soll. Für den Neuanfang in sat.7 reklamiert B. dabei satirische persona von Ambivalenzen und Widersprüchen gekennzeichnet, so müßte – W.s Überlegung zufolge – gerade dort, wo sich der Satiriker über längere Strecken seines Werkes zu vergleichbaren Anschauungen bekennt, auf seine individuelle Sicht geschlossen werden können. Konkret will er ein solch uniformes Substrat im Motiv der 'good old days' ausfindig gemacht haben (Ausblicke auf Mythos und römische Frühzeit, die ihrerseits wieder ironisch gebrochen sein sollen: vgl. 24 zu 1,94 f. quis fercula septem / secreto cenavit avus? "The picture of a solitary ... 'grandpa' sitting in his vast, palace-like villa in front of a huge dinner-table laden with a seven-course meal is surely ludicrous enough"; 25 zu 2,130 ff.: Mars als "bumbling fool and cry-baby ... complain(ing) to his 'daddy,' Juppiter" und dergleichen Albernheiten mehr), ohne dabei der Frage nachzugehen, ob sich ein stereotyp wiederholtes ceterum censeo nicht auch im Munde einer persona als besonders markantes Rollenklischee verstehen ließe. 384 Störend fällt hier ins Gewicht, daß W. die für das Altertum konstitutive Unterscheidung zwischen Homosexualität und Päderastie nicht kennt; sonst hätte er weder von"male homosexuality, so acceptable in Roman culture" (91) noch per se von 6,33–37 als einem "advice (which) can hardly be meant seriously" (152) schreiben können. Abwegig auch die Ansicht, die simplicitas (2,18) mancher Homosexueller werde von der persona als Tugend gesehen ("honest gayness": 208) und nur reflexhaft in den Dreck gezogen: "The angry satirist ... simply cannot refrain from disparaging something with which even he finds himself basically in agreement" (ebd.). 385 Ähnlich lautet W.s Urteil über den Sprecher der 3. Satire ("a benighted fool": 223); denn – so die treuherzige Begründung – "True, big-city life is not without its shortcomings, but it surely is not the over-boiling hell which Umbricius describes in his biased account" (221).
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1. den programmatischen Charakter des Gedichtes; will sie doch wie in sat.1 die Elemente der recusatio und der apologia darin erkennen: Nach v.34 f. sehe sich der Sprecher aufgrund seines Alters nicht mehr zur Ependichtung imstande; nach v.59–62 bleibe ihm mangels Patronage nur die Satire als Betätigungsfeld! 2. den neuen Standpunkt der persona: Gebe doch der "new, non-indignant ironic speaker" (69) seine frühere Feindschaft gegen die Intellektuellen zugunsten einer neuen, aus 'hostility' und 'sympathy' gemischten Ambiguität auf. Indes vermögen weder die von B. herangezogenen Belege aus den ersten beiden Büchern (1,1–14 gegen die Dichter, 2,4–7 die Philosophen, 3,76 ff. die griechischen Intellektuellen, 6,434–456 die Blaustrümpfe) Juvenals einstige Absicht, "to denigrate intellectual activity" (29) zu belegen; noch genügt ihre selbstherrliche Einstufung aller möglichen Formulierungen als 'incongruous', 'inconsistent' oder 'inappropriate', um die neue Ambivalenz im Urteil des Satirikers zu dokumentieren. Hier ist nicht nur das anarchische Eigenleben des Satirenstils unterschätzt, sondern auch die Stoßrichtung von Juvenals Kritik verkannt: Wenn sich dieser über die unwürdigen Lebensbedingungen der Intellektuellen mokiert, impliziert dies noch lange keine substantielle Diskreditierung ebendieses Personenkreises. Ähnlich verfährt B. auch im Falle von sat.8: Hier soll der Nachweis zahlreicher Parallelen aus der literarischen Tradition die grundlegenden Gedanken als sinnentleerte Klischees (wieder eine Form von 'incongruity'!) und die einschlägige Sprecherhaltung als ironisch entlarven, den moralischen Anspruch des 'speaker' angesichts seiner "too many lapses into non-moralising/humorous/ salacious material" (118) und der parodistischen reductio ad absurdum des Schlußgedankens (v.269–275) als Heuchelei einer "parody of a moralist" (122) offenbaren. Richtiger bringt B. sat.9 die Mischung aus indignatio, Selbstmitleid und Resignation in den Worten des Naevolus mit früheren Auftritten des Satirikers bzw. seiner Stellvertreter (Umbricius) in Verbindung; seine ebenso takt- wie schamlos vorgetragenen Ansprüche lassen jedoch, von Juvenal mit überlegener Ironie kommentiert, nur das unsympathische Zerrbild des in Buch 1 vertretenen Klientenstandpunktes erkennen. Ob Naevolus dabei das Muster des rusticus bzw. ἀλαζών (Juvenal dagegen der urbanus bzw. εἴρων) abgeben oder gar als "archetypal satirist" (170) wahrgenommen werden soll, ist dann doch wieder füglich in Zweifel zu ziehen. Angesichts ihrer divergierenden Ergebnisse (sat.7 soll sich die Ironie gegen den abgehandelten Personenkreis, sat.8 gegen den Sprecher selbst, sat.9 gegen den Gesprächspartner richten), will es auch B. trotz zutreffender Beobachtungen in Sachen weitherzigerer Perspektive und – zumindest vordergründig – optimistischerer Weltsicht nicht gelingen, dem von Anderson unglücklich als 'transitional' charakterisierten 3. Satirenbuch einen festen Standort zwischen indignatio-Satire (Buch 1/2), einem eher an Demokrit und Horaz orientierten Buch 4 und einem von hellenistischer Diatribe und zynischer Überlegenheit
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geprägten Buch 5 zuzuweisen: "the persona was never given such a clear definition" (189).386 W a l k e r (371) komplettiert die von Braund für Buch 3 vollzogene Fortschreibung von Andersons persona-Modell und interpretiert auch das 4. und 5. Satirenbuch (ohne sat.16) unter Annahme eines unseriösen Sprechers, der sich durch Übertreibungen, Widersprüche sowie unvermittelten Rückfall in die alte indignatio als "caricatured portrayal of a satirist playing the part of a moralist" (S. V) zu erkennen gibt und seine Texte solcherart zur "investigation into the act of moralizing itself" (S. VI) erhebt. Wieder einmal werden dabei die interpretationsbestimmenden Verdachtsmomente mit Gewalt in den Text hineingelesen:387 In sat.10 soll Demokrit, zum "programmatic model" (51) erhoben, als "dangerous social outcast whose extreme attitudes undermine his moral imperative" (ebd.) in Erinnerung sein, sat.11 infolge allzu trivialer Ratschläge hohl klingen, sat.12 durch den Hispulla-Vergleich am Anfang (v.10 ff.) und den aufgesetzten "philosophical commonplace" (101) der Schlußsequenz (v.128 ff.) in seiner Ernsthaftigkeit beeinträchtigt sein, sat.13 in einen verräterischen "desire(!) for vengeance" (119) münden388, sat.14 sich durch Juvenals Schwelgen in vitia als Erziehungsinstrument ad absurdum führen, sat.15 durch widersprüchlichen Rekurs auf Pythagoras (v.171–174) alle philosophischen Prätentionen destruieren.389 Nach Lektüre dieser Arbeit sieht sich der Berichterstatter trotz W.s Verdikt ("the readers who align themselves with him [=Juvenal] to the exclusion of appreciating this ironic undercutting become implicit objects of our reading of the Satires": 159) mehr denn je in seiner vorsintflutlichen Auffassung vom ernstzunehmenden Moralisten Juvenal bestärkt.
386 Auch B.s Einzelbeobachtungen fordern mehrfach zum Widerspruch heraus: Nicht jede Parallelstelle kann unbesehen als 'precedent', nicht jede vage Affinität der Formulierung als bewußt eingesetzte "source of unity" (50) reklamiert werden (nachgerade skurril die Hor. epist. 2,1,194 ff. aufgebürdete Annahme, "Juvenal is apparently using the repeated elephant in Book IV to remind us of its Horatian context and thus of the Democritean character of his speaker": 189). Bedenkenswert immerhin die Beobachtung, 7,1–21 bzw. 35 sei nicht als 'introduction' zum Gesamtgedicht, sondern als integrativer Bestandteil des ersten Hauptpunktes (v.1–97 de poetis) zu betrachten, und im Buchganzen werde die Struktur – ähnlich wie in Buch 1 – vom Wechsel zwischen Klienten-Satire (I – III – V/ VII – IX) und Ausfällen gegen die Nobilität (II – IV/ VIII) bestimmt. 387 Im folgenden sind nur wenige Beispiele aus W.s Argumentationsflut herausgegriffen. 388 Hervorhebung W.K. Die Satiren 13–15 werden von W. unter der gemeinsamen Überschrift "Moral essays run amok" (103) abgehandelt. 389 Erstaunlich auch, wie W. auf der Suche nach Beweisgründen den Juvenaltext kreuz und quer durchpflügt: Der Nimbus der Selbsterkenntnis (11,27 e caelo descendit γνῶθι σεαυτόν) ist durch die Ähnlichkeit der Formulierung von 2,40 tertius e caelo cecidit Cato entwertet, Epikur und die Sokratiker (14,319 f.) mit Hinweis auf 13,122 f. und 2,9 f. (Socratici cinaedi) als Vorbilder kompromittiert.
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Unabhängig von Walker sucht auch K e a n e (372), dem 5., von ihr als "mock-philosophical" (51) eingestuften Satirenbuch das Konstrukt des unseriösen Satirikers aufzuzwingen: Soll sich Juvenal hier doch die persona eines discipulus in rebus philosophicis (vgl. 13,125) zulegen, dessen einschlägige Darlegungen jeweils als "distorted philosophical inquiry" (51) in die Irre führen. Folgt man ihren Ausführungen, so verunstaltet der sprechende "mockconsoler" (35) in XIII gängige Konsolations-Topoi so nachhaltig, daß er den Adressaten erst richtig in Rage bringt; in XIV verliert der "mock-teacher" (35) sein erzieherisches Ziel aus den Augen, um stattdessen in lustvollen Demonstrationen des Lasters zu schwelgen ("encouraging his reader's appetite for shocking subject matter much as fathers force avarice on their unwilling sons": 40); in XV desavouiert er seine Konfrontation von ägyptischer Ruchlosigkeit und römischer Überlegenheit, indem er die Wertungen von Cic. Tusc. 5,78 (möglichem Prätext von 15,1-12) ins Gegenteil verkehrt und zudem die Lehren der Philosophie als wirkungslos erweist390; in XVI setzt er zu einer Diatribe über das Thema μεμψιμοιρία an, um dann doch seinen Ressentiments gegen die Soldateska freien Lauf zu lassen. Zur Zielsetzung einer solchen PseudoSatire, deren Autor sich in fortwährender Selbststilisierung als Scheiternder gefällt, äußert sich K. bezeichnenderweise nur vage: "Juvenal's reader may interpret the speaker's unconventional techniques as reflections of inexperience, indifference, or both. Alternatively ... Juvenal appears to exploit inherent problems in the traditions on which he draws to create these Satires" (52). Mit Blick auf angebliche 'inconsistencies' sieht C l o u d (363) Juvenals Gesellschaftskritik im ersten Satirenbuch weitgehend ihrer faktischen Grundlage beraubt: "The speaker ... is an enraged declaimer prepared to invent institutions to give substance to his indignation" (216). Natürlich bleibt er dabei die Antwort schuldig, was ein derart albernes Procedere beim Lesepublikum hätte bewirken sollen391; darüber hinaus hat er jedoch nicht einmal seine Belege sorgfältig genug ausgewertet: 1. 5,107–113 besagt keineswegs "by implication" (210), ein Klient habe hier und heute von seinem Patron grundsätzlich keinerlei materielle Gaben mehr zu gewärtigen. 2. Die Ausführungen des Umbricius über die drückende Armut der Klienten beziehen sich auf das Los von seinesgleichen, nicht auf alle Vertreter seiner Klasse.
390
Dies will K. durch den Umstand belegen, daß Juvenal sogar den Philosophen Pythagoras auf die ägyptischen Greuel nicht mit der gebotenen tranquillitas(!), sondern mit kopfloser Flucht reagieren läßt (15,171–174). 391 "[sc. Juvenal] makes his point in a way which a boring adherence to the social facts would never have done and which an audience, trained on the mixture of fact and fantasy presented by the declamations, would have been the first to appreciate" (214) vermag diese Erklärung nicht zu ersetzen.
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3. Die angebliche Vermischung von morgendlicher salutatio und spätnachmittäglicher sportula-Verteilung (bei Juvenal des Morgens erfolgt)392 findet ihre einfache Erklärung darin, daß der Patron nicht die Gesamtheit seiner Klienten ganztägig mit sich führte und diese ihrerseits "täglich mehrere Besuche zu machen"393 hatten: In diesem Fall bleibt Auszahlung anläßlich der salutatio letztlich ohne Alternative.394 Glaubt man F r e u d e n b u r g (365), hätte Juvenal auch das Motiv 'bad emperor' einem ganz besonderen Ziel dienstbar gemacht. Hatte noch Lucilius mit seiner unter voller Namensnennung erfolgten Kritik an Zeitgenossen als Sprachrohr der "Republican identity" (3) gelebter libertas auftreten können, stehen seine Nachfolger – so die Generalthese des Buches – unter dem doppelten Zwang, als Untertanen eines totalitären Staates vergleichbarem Freimut entsagen und doch als Satiriker der einschlägigen Erwartungshaltung einer von Lucilius geprägten Leserschaft entsprechen zu müssen. Für die einzelnen Gattungsvertreter durchgespielt, führt dieser Grundgedanke zu überwiegend problematischen Ergebnissen; dem stiefmütterlich zusammengeschusterten Juvenalkapitel zufolge395 hätte unser Satiriker seine indignatio-Satiren396 in den Dienst posttraumatischer Vergangenheitsbewältigung gestellt, wie sie nach dem Tode Domitians nicht zuletzt von Tacitus und Plinius mit eigennützigem Eifer ("revenge-taking industry": 13) betrieben worden war397, dabei jedoch ganz andere Ziele verfolgt: Sollen doch Paradoxie 392
Die 3,249–253 genannte sportula centum convivarum wäre hier überhaupt fernzuhalten gewesen. 393 L. F r i e d l ä n d e r , Sittengeschichte Roms, 2Köln 1957, 201; vgl. auch 1,122 circumducitur uxor mit Adamietz (16) z.St.: "Bei der morgendlichen Aufwartung (salutatio) wurden zur Mehrung der Einkünfte auch mehrere Patrone besucht." Im übrigen wäre die Realität morgendlicher sportula-Zahlungen schon durch einen Blick auf Sen. brev. vit.14,3 cum per diversissimas domos (vgl. Iuv.5,20 f.) meritoriam salutationem circumtulerint oder Mart.6,88; 14,125 leicht zu verifizieren gewesen. 394 Beiläufig konstatiert, zeigt sich hier, wie der persona-Gedanke zum Passe-partout nachlässigen Interpretierens verkommt: Gedankliche Unebenheiten im antiken Text bedürfen nun nicht mehr sauberer philologischer Erklärung, sondern werden kurzerhand auf das Konto gewollter Absurdität gebucht. 395 Sieht man von einem umfänglichen Exkurs zu "martyr tales in Trajan's Rome" (215) ab, umfaßt der – sachlich zudem disparate – Juvenalteil des Buches gerade einmal 50 von knapp 290 Seiten. 396 Bezeichnenderweise nimmt F. überhaupt nur sat.1–6 in den Blick, obwohl doch gerade die politische Dimension von sat.7 nicht ohne Stellungnahme hätte bleiben dürfen. 397 Um Juvenals Einleitungssatire eine entsprechende Aussage abzutrotzen, muß F. zu recht gewaltsamen Umdeutungen greifen: So sollen v.1–18 auf politische Unterdrückung ("Juvenal ..., too, suffered under the tyrant and his lackeys": 238), v.30 auf erzwungenes Schweigen (difficile est saturam non scribere = 'es war schrecklich, sich nicht äußern zu können') bezogen sein. Daß der Dichter seine Beobachtungen hier und heute anstellt (v.63 f.), wird dabei füglich übersehen.
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der Inszenierung ("retroactive satire": 234)398 und Hyperbolik der Darstellung einen "parodic shakedown of the whole indignation industry" (239) ergeben, der das Lesepublikum für die Substanzlosigkeit einschlägiger Texte zu sensibilisieren sucht. Im Vergleich erscheinen F.s übrige Aussagen zu sat.1–6 als noch unglaubwürdiger: Sat.2 soll die "industry of contemporary moral criticism" (258) und damit auch die eigene Satire als heuchlerisch erweisen, sat.6 den "madman satirist" (254) entlarven, der am Ende nicht einmal mehr Mythos und Wirklichkeit auseinanderzuhalten vermag (dies will F. v.655 f. entnommen haben)399 und sat.4 eine poetologische Aussage enthalten400, die in sat.5 ihren Abschluß fände: Wäre doch dem Leser, der sich – Trebius vergleichbar – nach den Köstlichkeiten Lucilischer Satire sehnte, in Gestalt der Juvenalgedichte nur ein kümmerlicher Ersatz geboten worden. Einzelbeobachtungen von vergleichbarer Beliebigkeit komplettieren das Bild einer sich in vordergründigen Assoziationen verlierenden Zeitgeistphilologie.401 C r o z i e r (369) schließlich sucht den Nachweis zu erbringen, auch Juvenals "character based exempla" (252) zeugten von raffinierter Doppelbödigkeit: Vordergründig nutze sie der 'speaker'402 zwar, um seinen Standpunkt zu untermauern; eingebaute 'errors' und 'inconsistencies' seien jedoch darauf berechnet, seine Glaubwürdigkeit in den Augen des Lesers zu unterminieren. Zuerst wird dabei über drei Fünftel des Buches langatmig hergeleitet, daß Redekunst und Rhetorik der Antike (Lysias: Ethopoiie, Arist. rhet., Rhet. ad Her., Cicero, declamatio) über das Instrument manipulativer Charakterzeichnung verfügten und es Juvenal entsprechend auch zu Gebote stand; daß er es aber de facto genutzt und dabei einer ganz neuen, nachgerade destruktiven Zielset-
398 Angesichts des Aktualitätsanspruchs der Gattung habe 1,170 f. als gezielt geführter Schlag gegen die Publikumserwartung, das Juvenalische Œuvre entsprechend als "the most programmatically absurd in the corpus of Roman satire" (11) zu gelten. 399 Die Aussage ist genauso unwahr wie F.s Behauptung, Juvenal habe ebendiesen Realitätsverlust zuvor gerade den Frauen zum Vorwurf gemacht (v.60–66). 400 "Juvenal stretches his plate to fit the beast. His satire is more enraged and effusive than satire has ever been before": 263; das Ziel dieser "revenge performance" (264) läge darin, den Hunger (=die Rachsucht?) des Lesers zu stillen (=an seine Grenzen zu führen?). 401 Ein einziges Beispiel mag genügen: In der Fischsatire assoziiert F. mullus (für Crispinus) und rhombus (für Domitian) mit dem für Strafvergewaltigungen belegten mugil. Wie schon bei den angloamerikanischen Erklärungsversuchen für Senecas Werktitel Apocolocyntosis steht dahinter die Vorstellung, der Satiriker wolle seine Opfer verbrechensabhängig mit spezifischen Züchtigungsinstrumenten traktieren. 402 Ohne weitere Erklärung glaubt sich C. berechtigt, gleich mit 16 personae zu rechnen: "each of these speakers is a unique creation, endowed with his own temperament, morality and opinions" (1).
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zung unterworfen haben sollte403, wird – wie Andersons persona-Konzept insgesamt – als selbstverständlich vorausgesetzt404 bzw. aus naiven Spekulationen zum declamatio-Charakter der Juvenalsatiren abgeleitet: "The important observation to make here is that, while in absolute terms the typical Satire is clearly shorter than the typical [Ps. Quint.] Major Declamation, the longer ones, such as Satires 6, 3, 10 and 14, do indeed approach these exercises in their size, possible evidence that Juvenal had the plan of the declamation in mind when drafting his own works" (126). Die Handvoll Widersprüche, die C. dann doch noch zum Beleg seiner Generalthese heranziehen möchte, ergeben sich letztlich gar nicht aus dem Satirentext selbst, sondern aus dessen Unvereinbarkeit mit dem verzerrten Juvenalbild seines Erklärers: Soll sich doch der Sprecher von sat.6 – von C. ohne jeden Grund als "an upper class Roman" (197) identifiziert – in seinem Eppia-exemplum (v.82–113) durch "injections of unintentional humor" (210; zu v.87 und 97) bzw. seine Eifersucht auf den Liebhaber ("Perhaps Sergius has a great personality?" 198) und im MessalinaBeispiel (v.114–132) durch "hidden perversity and voyeurism" (206) selbst entlarven; in den späteren Büchern würde ihn der Rückfall in die überwunden geglaubte Weltsicht von indignatio (8,39–55 Rubellius Blandus; 146–176 Lateranus) und tragischem Pathos (X: Sejan) verraten. Im Effekt müßte diese gewollte Selbstdemontage der persona nach C.s Ansicht das Credo vermitteln, "that there is, quite simply, no escape from vice other than to accept it for what it is and move on" (253): Was hier als Bankrotterklärung der Gattung Satire erscheint, fällt indes uneingeschränkt auf den Interpreten zurück. Im weiteren Sinne hierhin gehört die Arbeit von B r a u n d / R a s c h k e (368): Ihr zufolge lebt Juvenal durch seinen fortwährenden Blick auf "essentially private and unverifiable scenes" (510) voyeuristische Obsessionen aus, die seine eigene Autorität als Sittenkritiker – doch wohl wieder absichtlich – untergraben und den bereitwilligen Leser in die Rolle eines Komplizen drängen. Der im Anschluß unternommene Versuch der beiden Autorinnen, Juvenals literarisches Schaffen durch ebenso schiefe wie substanzlose Vergleiche mit Mary Shelleys 'Dr. Frankenstein' noch schärfer zu konturieren405, mündet 403 Üblicherweise will sich der Redner durch das Medium des 'character portrayal' gerade das Ansehen eines sympathischen, glaubwürdigen Bürgers verschaffen; Juvenal hingegen soll es zur Demontage der eigenen Überzeugungskraft eingesetzt haben. Auch wo C. (370) die persona-Technik neuerlich in der rhetorischen Theorie der Antike (Arist. Rhet. 3,16 p.1417a 20–26) und in der Praxis der Deklamationsreden (Aelius Theon, Progymnasmata 70,24–30) verankert sehen will, ignoriert er in Gestalt des 'untrustworthy speaker' gerade die wichtigste Voraussetzung des von ihm vertretenen Modells. 404 Letzteres wird kurzerhand aus Winkler (361), 1–22 referiert, kritische Stimmen dazu gänzlich ausgeblendet. 405 Vgl. (zu 1,170 f. experiar quid concedatur in illos / quorum Flaminia tegitur cinis atque Latina): "Juvenal establishes his intent to employ the dead as his materials. He will re-create the life of Rome by having recourse to the dead. Similarly, Frankenstein ... The resulting monster
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nur in eine wohlfeile Leerformel: "The artists of both cultures, by putting their respective monsters in the public eye, censure the monstruous aspects of their societies" (529). Wodurch sich die durch und durch unseriöse Arbeit den Wiederabdruck in einem Sammelband verdient hat, bleibt dem Berichterstatter ein Rätsel. Und schließlich soll auch eine programmatische Selbstaussage des Dichters im Zwielicht des persona-Modells ihre Kraft verlieren. In der Praxis seiner Satiren verfährt Juvenal – so F r e d r i c k s m e y e r (364) – nicht anders als Horaz oder Persius, attackiert er doch Tote von Rang und Bedeutung nicht ad hominem, sondern bemüht sie höchstens als Beispiele irgendwelcher vitia. Wenn er 1,170 f. anderes vorgibt, gehöre auch dies in den Bereich der von Anderson konstatierten absichtlichen Widersprüche mit dem Ziel einer "subversion by the satirist of his own moral superiority" (800). Im Unterschied zu den vorgenannten Arbeiten scheint allein T e n n a n t (366 und 367) eine substantielle Überprüfung der persona-Theorie anhand des Juvenaltextes selber vorgenommen zu haben. Dabei geht der Vf. davon aus, daß die Spärlichkeit der in den Juvenalsatiren bereitgestellten biographischen Daten zwar die Zweckmäßigkeit einer persona-gestützten Interpretation suggeriert, keineswegs jedoch eine entsprechende Konzeption von seiten des Autors erweist. Folgerichtig vermag er – unter Vermeidung der spekulativen Elemente von Highets βίος-Rekonstruktion – die Aussagen der Satiren 1–6 (partiell fortgeführt in 7 und 8) konfliktfrei mit den erkennbaren Lebensumständen des Satirikers in Einklang zu bringen: Der Grundtenor von ira/indignatio406 verrät persönliche Betroffenheit, der Blickwinkel die Perspektive des verbitterten, zurückgesetzten Klienten (vgl. 1,24 f.; 100 f. nam vexant limen et ipsi / nobiscum; 5,19–23 mit Mart. 12,18,1–9)407; die Thematik kreist um die Zerstörung aller gesellschaftlichen und moralischen Normen, verursacht durch Gier und Dekadenz der Nobilität, die ihre dignitas verletzt, im besonderen aber zugunsten von Emporkömmlingen und Ausländern ihre Patronatspflichten vernach-
[sc. von Frankenstein] is a grotesque assembly of pieces cobbled together, even as the literary composition the lanx satura is, in the hands of Juvenal, a complex of traditions": 517. "Similarly, the graveyards of the deceased – poetic forerunners and historical personalities alike – provide the sinews and the substance from which a new corpus of satire is developed": 518. "The poet in private creates a prodigy of parts (monstrum); when it is released, it confronts a public which responds with astonishment (...), awe, and horror ... Like Frankenstein's monster, satire can be dangerous for its targets; the satirist is a creator of destruction": 520. "He [= Juvenal] is no better than the scientist who irresponsibly releases a monster into society, only later to discover its capacity for destruction": 532. 406 Dieser tritt nur dort in den Hintergrund, wo das Thema eine andere Ausarbeitung verlangt. 407 Für eigene Erfahrung spricht ferner gerade die breite Ausgestaltung der Klienten/sportula-Szene von 1,95–126 bzw. 134 sowie das Beispiel des armen Poeten in 3,203– 211.
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lässigt und solcherart die materielle Verelendung der Klienten herbeiführt.408 Mögliche Einwendungen gegen die Seriosität des Sprechers bleiben demgegenüber ohne Gewicht: Die massierte Häufung der Vorwürfe ist sicherlich satirischer Übertreibung geschuldet; die einzelnen Gravamina jedoch sind real und durch andere Quellen gut zu belegen, zudem entsprechen sie – auch wo sie dem modernen Betrachter unerheblich scheinen wollen – den römischen Wertekategorien von gravitas und dignitas.409 Des weiteren stellt Juvenals Ausweichen auf die exempla von Toten (1,170 f.) keine Flucht in die Unverbindlichkeit, sondern eine Ausweitung der historischen Perspektive dar; und auch die Ausführungen von Umbricius als geistesverwandtem Sprecher von sat.3 werden vom Satiriker nicht mit ironischer Distanzierung wiedergegeben, sondern mit Zustimmung quittiert (vgl. v.1–20).410 Im Ergebnis lassen die Konstanz im Wesen des Ich-Sprechers und die Kohärenz der vorgetragenen Überzeugungen keinen Raum mehr für die Annahme einer fluktuierenden persona zweifelhaften Charakters. XVI. Quellen und Vorbilder Die Mehrheit der zu diesem Themenkreis zu konsultierenden Arbeiten weist einen andersgelagerten Schwerpunkt auf und wird hier entsprechend nur durch Querverweise erschlossen. 1. Martial *373. R.E. C o l t o n , Juvenal and Martial, Diss. Columbia University 1959, 315 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 20,1959–1960, 664A–665A. 374. –, Juvenal and Martial on literary and professional men, CB 39, 1962– 1963, 49–52. [sat.7] –, Cabinet meeting: Juvenal's fourth satire, CB 40, 1963–1964, 1–4. –, Juvenal 14 and Martial 9.46 on the building craze, CB 41, 1964–1965, 26– 27. –, Dinner invitation: Juvenal 11.56–208, CB 41, 1964–1965, 39–45. 408 Dieser Themenkomplex bestimmt auch sat.4, wo Crispinus als Beispiel für quales ex humili magna ad fastigia rerum / extollit quotiens voluit Fortuna iocari (3,39 f.) inszeniert und die Verkommenheit der Oberschicht konkret anhand der Servilität des Hofstaats dokumentiert wird. 409 Die häufig gegen die Ernsthaftigkeit von Juvenals Darstellung ins Feld geführte Vermischung von schwersten Verbrechen und vergleichsweise läßlichen Verstößen gegen das decorum findet sich – wie C o u r t n e y (79), 30 erinnert – etwa auch Tac. ann.15,67,2. 410 Daß das Gegenüber des Umbricius mit dem Autor gleichzusetzen ist, ergibt sich zweifelsfrei aus v.318–322 (Beziehung zu Aquinum, Tätigkeit als Satiriker).
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–, Two passages on crime: Juvenal 1.74–76 and 6.638–642, CB 41, 1964– 1965, 94–95. –, Juvenal's second satire and Martial, CJ 61, 1965–1966, 68–71. –, Juvenal and Martial on the equestrian order, CJ 61, 1965–1966, 157–159. –, Echoes of Martial in Juvenal's third satire, Traditio 22, 1966, 403–419. –, Some rare words used by Martial and Juvenal, CJ 67, 1971–1972, 55–57. –, Echoes of Martial in Juvenal's twelfth satire, Latomus 31, 1972, 164–173. –, Cruelty and vanity: Juvenal 6.490–496, 6.502–506 and Martial, CB 50, 1973–1974, 5–6. –, Juvenal and Martial on women who ape Greek ways, CB 50, 1973–1974, 42–44. –, A note on Juvenal 16 and Martial, CB 51, 1974–1975, 78–79. –, Juvenal's thirteenth satire and Martial, CB 52, 1975–1976, 13–15. –, A client's day: Echoes of Martial in Juvenal's first satire, CB 52, 1975– 1976, 35–38. –, Juvenal 6.398–412, 6.419–433 and Martial, C&M 31, 1970 [1976], 151– 160. –, Echoes of Martial in Juvenal's fourteenth satire, Hermes 105, 1977, 234– 246. –, Martial in Juvenal's tenth satire, SPh 74, 1977, 341–353. –, Juvenal and the suffering poets: Some echoes of Martial in the seventh satire, CB 55, 1978–1979, 17–20. –, The lawyers' display of wealth: Some echoes of Martial in Juvenal 7.129 ff., CB 55, 1978–1979, 58–61. –, Martial in Juvenal's eighth satire, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 1, Bruxelles 1979, 448–461. 375. –, Juvenal's use of Martial's epigramms. A study of literary influence, Amsterdam 1991, XI & 775 S. Rez.: D e h o n , Latomus 52, 1993, 726–727. Vgl. auch A n d e r s o n (351), für sat.3, 5 und 11 A d a m i e t z (318), für 3,90 f. M a n z e l l a (557), für 3,212–222 E u s e r (524), für 4,69 C o r s a r o (570). 2. Weitere Autoren 376. E. B o l i s a n i , Persio imitato da Giovenale, AIV 121, 1963, 367–389. 377. N. S c i v o l e t t o , Presenza di Persio in Giovenale, GIF 16, 1963, 60– 72 = d e r s ., Studi di letteratura latina imperiale, Napoli 1963, 131–154. 378. D. J o l y , Juvénal et les "Géorgiques", in: M. R e n a r d – R. S c h i l l i n g (Hgg.), Hommages à J. Bayet, Bruxelles 1964, 290–308. 379. R.E. C o l t o n , Juvenal and Propertius, Traditio 23, 1967, 442–461.
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380. G.B. T o w n e n d , The literary substrata to Juvenal's satires, JRS 63, 1973, 148–160. 381. J. C l a c k , To those who fell on Agrippina's pen, CW 69, 1975–1976, 45–53. 382. W. C l a u s e n , Juvenal and Virgil, HSPh 80, 1976, 181–186. 383. G.B.A. F l e t c h e r , Juvenaliana, Latomus 35, 1976, 108–116. 384. R. R e g g i a n i , Varia Iuvenaliana, GIF 28, 1976, 92–111. 385. G. R o c h e f o r t , Sallustius et Livius: fontes sensus historiae in saturis Iuvenalis, in: E. C o l e i r o (Hg.), Acta omnium gentium ac nationum conventus Latinis litteris linguaeque fovendis, Valletta 1976, 130–134. 386. M. C o f f e y , Turnus and Juvenal, BICS 26, 1979, 88–94. 387. R.J. B e a t o n , The indebtedness of Juvenal to the satires of Lucilius, Diss. State Univ. of New York at Albany 1984, VI & 116 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 46, 1985–1986, 144A. 388. G.B.A. F l e t c h e r , Further Juvenaliana, Latomus 51, 1992, 395–396. 389. R. M a r t i n , Qui a (peut-être) écrit le Satyricon, REL 78, 2000, 139– 163. Vgl. auch E d w a r d s (311). 1. Martial C o l t o n (375), überarbeitete und erweiterte Fassung einer über 30 Jahre alten Dissertation (373), die ihrerseits schon in zahlreichen Zeitschriftenmiszellen (374) abschnittsweise Wiederverwendung gefunden hatte, liefert eine Zusammenstellung sämtlicher Themen, Bilder, Eigennamen, Wendungen und seltener Vokabeln, die sich sowohl bei Juvenal wie Martial belegen lassen, um in all diesen Fällen ebenso regelmäßig wie stereotyp411 literarische imitatio auf seiten des Satirikers am Werk zu sehen. In dieser Kernaussage jedoch schießt die als Materialsammlung höchst nützliche Arbeit weit übers Ziel hinaus: Soll Juvenal doch neben unbestreitbaren Entlehnungen auch für Allerweltsformulierungen wie stat contra (3,290), nil mihi respondes (3,295), media ... Subura (10,156) jeweils auf Martial als literarisches Vorbild zurückgegriffen (vgl. Mart.1,53,12; 5,61,7 und 6,5,3; 12,21,5), ihn für den 'Stinkefinger' (10,53), den Hahnenkamm (13,233) oder den Rohrstock des Schullehrers (1,15) als Stichwortgeber bemüht (vgl. Mart. 6,70,5; 9,68,3; 10,62,10) und eine eher unscheinbare Aussage des Umbricius (3,104–107) aus insgesamt drei völlig unspezifischen, über 411 Bezeichnend ist das Vokabular, mit dem über Hunderte von Seiten Juvenals Verhältnis zu seinem älteren Zeitgenossen charakterisiert wird: "He adds", "borrows", "alters", "changes", "replaces", "substitutes".
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Martials gesamtes Œuvre verteilten Stellen (Mart.2,18,2; 4; 6; 10,10,10; 3,82,8 f.; 15 ff.) zusammengeleimt haben. Reflexionen über Abgrenzung oder Zielsetzung einer wirklichen imitatio fehlen dagegen völlig: Daß etwa auch der gattungskonstitutive Zeitbezug von Satire und Epigramm zu Übereinstimmungen in Sprache (Modewörter!), Themen und angegriffenem Personenkreis zu führen vermag und thematische Konvergenzen auch ihrerseits wieder unbewußte sprachliche Affinitäten generieren, ist C. keine Überlegung wert. Und anders als in seiner halbseitigen 'conclusion' (489) vermutet, wird man das Nachlassen der Martialnachahmung in den späteren Satiren nicht durch Juvenals zunehmende Unabhängigkeit als Künstler und Denker, sondern durch den Wandel seiner Satirenkonzeption (Verzicht auf indignatiogestützte Momentaufnahmen eklatanten Fehlverhaltens) zu erklären haben. 2. Weitere Autoren a) Satiriker (für sat.1 vgl. K e n n e y [430] und G r i f f i t h [438]). – Lucilius (für 2,152 f. vgl. K a y a c h e v [496], für 6.O.5 f. B e l l a n d i [686]). B e a t o n (387) untersucht den Einfluß, den Lucilius bzw. – unmittelbar oder über diesen – die kynische Diatribe inhaltlich wie stilistisch auf Juvenal ausgeübt haben. Eine gemeinsame Wurzel von Satire, Socratici charti (Lucil. 709 M.=717 Kr.) und Bionei sermones (Hor. epist. 2,2,59 f.) wird dabei kurzerhand aus dem verbindenden Grundthema virtus erschlossen; die folgenden Belege "either from the affirmative or the negative point of view" (9) erschöpfen sich in einer Sammlung popularphilosophischer Topoi412, die gerade keine spezifische imitatio belegen, zuweilen sogar nicht einmal das ihnen beigelegte Motiv enthalten: Iuv.8,19–38 wird nach Ausweis von v.20 nobilitas sola est atque unica virtus nicht die virtus, sondern die nobilitas untersucht; Lucil. 258 f. M.= Kr. hat mit dem Aspekt persönlicher Integrität ebenso wenig zu schaffen wie 15 ff. M. = 16 ff. Kr. mit einem "spirit of anti-Hellenism" (53). Die stilistische Verwandtschaft zwischen den beiden Satirikern wird wieder apodiktisch postuliert ("That Juvenal like Lucilius greatly prefers the embellished Asiatic style is unquestionable": 4)413, das asianische Stilwollen für Lucilius sodann aus Horazens Kritik seiner verbositas (Hor. sat. 1,4,9–13), für Juvenal aus Zitaten der Sekundärliteratur abgeleitet und beide sodann an den Standards literarischer Größe nach Ps.-Longinus, De sublimo(sic!) 8,17–25414 gemessen: Auch die eher willkürlich zusammengetragene Belegsammlung betr. Sprach- und Ge412
Systematisch hierzu: A. O l t r a m a r e , Les origines de la diatribe romaine, Diss. Genève, Lausanne 1926. 413 M. P u e l m a P i w o n k a (zit. oben Anm. 260) ist dem Vf. leider unbekannt geblieben. 414 Das Zitat selbst führt ins Leere.
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dankenfiguren, Klangmittel, bedachter Wortwahl und -anordnung vermag keine spezifischen Übereinstimmungen zwischen Juvenal und Lucilius aufzudecken.415 Im Ergebnis können auch die bombastischen Formulierungen der 'conclusion' (109) nicht darüber hinwegtäuschen, daß B. Juvenals Luciliusnachfolge letztlich nur aus dessen eigenen Worten (1,19 ff.) zu belegen weiß. Den Abschluß der an Volumen, Methodenkompetenz und Ertrag gleichermaßen mehr als dürftigen Arbeit bildet eine gerade einmal 26(!) – fast durchweg englischsprachige – Titel umfassende Bibliographie, die annähernd zur Hälfte Wörterbücher, Grammatiken und (veraltete) Literaturgeschichten aufführt. – Horaz (mit seinem Gesamtwerk) (für Juvenals Satiren insgesamt vgl. W i c k e [278], für sat.1 F a c c h i n i T o s i [443], D u r e t [450] und W o o d m a n [452], für 1,1 L a u d i z i [461], für 1,51 A n d e r s o n [429], für 1,147–150 L a u d i z i [470], für sat.3, 5 und 11 A d a m i e t z [318], für 3,315–322 P a s o l i [511], für sat.4 F l i n t o f f [577], für sat.7 H a r d i e [718], für 7,53–71 F a b r i n i / L a m i [712] und P e r e l l i [721], für sat.10 W u l f r a m [803]). – Persius (für 1,142 ff. vgl. C o l t o n [437], P a s o l i [445] und M o r g a n [454], für 6,634–644 F a c c h i n i T o s i [625]). Mit zahlreichen Beispielen belegt S c i v o l e t t o (377) die breitgefächerte Persiusimitation unseres Satirikers, die er von der Wiederaufnahme zentraler Themen (sat.10 die Torheit menschlicher Wünsche nach Pers.2) über die Gestaltung einzelner Szenen (1,142–146 der Tod des Zechers nach Pers.3,98– 106; 7,119 ff. der materielle Reichtum des Advokaten nach Pers.3,73–76; 14,201–207 monita des Habsüchtigen nach Pers.5,134–139) und die Variation von Gleichnissen, Metaphern und Periphrasen (z.B. 7,237 f. Erziehung im Gleichnis vom Wachsbildner nach Pers.5,37–40) bis zur Wiederverwendung von Einzelformulierungen verfolgt. Demgegenüber bietet B o l i s a n i (376) eine eher selektive, nach Persiusstellen geordnete Liste einiger imitatio-Belege, die nicht durchweg Glauben verdienen: Warum Juvenal etwa für die Verwendung des Adjektivs petulans (12,5) auf Pers.1,12 hätte zurückgreifen müssen, ist nicht einzusehen. – Turnus Als möglicher Wegbereiter Juvenals hat nach C o f f e y (386) der von Domitian geförderte Satiriker Turnus zu gelten: Zeitgenössische Kritik verweist auf seinen pathetisch-rhetorisierenden Stil (Mart.7,97,8 nobilibus ... libellis; 11,10,1 ingentia pectora); und das erhaltene Verspaar (über Ermordung des Britannicus durch die Giftmischerin Locusta; zitiert schol. Iuv. zu 1,71) zeigt auch in der Stoffwahl verblüffende Berührungspunkte (Ausgriff auf schlimmste scelera, 415 Wieso die kommentarlos abgedruckte Textstelle 1,150–171 "Juvenal's masterful handling of the epic meter" (103) belegen und ein besonderes Beispiel seiner Fähigkeit, "to support and reinforce his theme" (ebd.) liefern soll, bleibt ebenfalls ohne Begründung.
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exempla aus julisch-claudischer Zeit). Der byzantinische Rhetor Johannes Lydus mag daher das Richtige treffen, wenn er mag. 1,41 Turnus in einem Atemzug mit Juvenal (und Petron) als Verletzer des σατυρικὸς νόμος aufführt. – Seneca, apocol. (für sat.4 vgl. C o r t é s T o v a r [588]). – Petron (für 1,1–21 vgl. N a p p a [474]). M a r t i n (389) unternimmt es, Petrons Satyrica durch intertextuelle Bezüge zu Silius Italicus, Martial, Tacitus und Plinius d.j. als Vorbildern sowie Juvenal als Nachahmer auf eine Entstehungszeit von etwa 118 einzugrenzen416, scheitert jedoch am Fehlen aussagekräftiger Belege: Was unseren Satiriker betrifft, gehen Petron. 37,8 und Iuv. 9,54 f. ebenso wie Petron. 94,1 und Iuv. 10,297 f. auf Sprichwörter (zum ersteren vgl. etwa Pers. 4,26, zum letzteren dt. 'Schönheit und Verstand sind selten verwandt'), Petron. 115,14 und Iuv. 12,57 f. auf eine umgangssprachliche Formulierung (so etwa auch Pers. 4,19 f.) zurück. Offenbar hat Juvenal den Roman überhaupt nicht gekannt. b) Andere Dichter – Ennius (für 5,166–173 vgl. C u c c i o l i M e l l o n i [609]). – Catull (für 4,113 f. vgl. U l l m a n [393], für 6,1–24 N a d e a u [638], für 6,82–113 B e l l a n d i [659]). – Vergil (für 1,147–150 und 10,103–107 vgl. K i d d [431], für 1,155 ff. R e g g i a n i [467], für 2,78–81 M a r t y n [477], für 2,159 N a d e a u [481], für sat.3 L e l i è v r e [507], E s t é v e z [539] und S t a l e y [543], für 3,315–322 E d g e w o r t h [425], M a r t y n [504] und P a s o l i [511], für sat.11 W i n k l e r [812], für 12,29 A d k i n [827], für 13,211–235 F i c c a [847]). J o l y s Versuch (378), Juvenal als eifrigen Leser von Vergils Georgica zu erweisen, bleibt ohne greifbares Ergebnis. Der Blick des Satirikers auf die römische Vergangenheit wie auf die eigene Lebensweise (11,56–59) mag den Geist des Lehrgedichts atmen; Juvenals direkter Rekurs auf Wörter, Namen, Versschlüsse, Bilder des Augusteers ist jedoch – von der möglichen Ausnahme Iuv. 2,153 f. – Verg. georg. 2,169 f. einmal abgesehen – nirgendwo zu belegen, der Rückschluß auf seine Arbeitsweise (raffinierte Umschmelzung, Kontamination) letztlich ohne Grundlage. C l a u s e n (382) sucht für insgesamt drei Juvenalstellen einen Vergilischen Prätext wahrscheinlich zu machen (1,107 f. – Aen.12,516–520; 1,155 ff. [vgl. dort] – Aen.2,697 f.; 3,315–322 – ecl. 1,79–83); substantielle Übereinstimmungen sind jedoch nirgends zu greifen.
416 Die relative Chronologie Petron – Juvenal leitet M. aus der Tatsache ab, daß die von ihm konstatierten loci similes zwischen Roman- und Satirentext erst mit Iuv. IX einsetzen.
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– Properz (für sat.6 vgl. N a r d o [621]). Auch C o l t o n s (379) Zusammenstellung Juvenalischer Properzimitationen (eine Übersicht 460 f.) bedarf kritischer Sichtung: Zwar hat der Satiriker die Elegien des Augusteers gekannt (vgl. 6,7 f., bes. neben Prop. 2,32,45); doch war er für unscheinbare Junkturen (zu 6,303 perfusa ... unguenta vgl. Prop. 2,4,5, zu 7,182 fulta columnis Prop. 3,2,11, zu 13,210 facti crimen habet Prop. 2,32,2), bekannte historische bzw. mythologische exempla (zur Kombination von Hannibal und Syphax vgl. 6,170 mit Prop. 3,11,59, zur Hinrichtung der Brutussöhne 8,268 mit Prop. 4,1,45, zu Nestors Trauer um Antilochos 10,250– 255 mit Prop. 2,13,46–50) oder rhetorische Gemeinplätze (zur Sittlichkeit unter der Herrschaft Saturns vgl. 6,1 f. mit Prop. 2,32,52, zum unheilvollen Einfluß eines Gestirns 6,569 f. mit Prop. 4,1,84) kaum auf diese besondere Inspirationsquelle angewiesen. Am ehesten kommen noch 2,149 esse aliquos manes (vgl. Prop. 4,7,1), 9,150 remige surdo (die Rudermannschaft des Odysseus: vgl. Prop. 3,12,34), 10,149 Nilo ... tepenti (vgl. Prop. 2,33,3) sowie 6,33–37 (Vorzüge eines puer delicatus vor der Ehefrau; vgl. Prop. 2,4,17–22) als wirkliche Reminiszenzen in Frage. – Ovid (für 1,81–86 vgl. L o r e n z [465], für 3,315–322 P a s o l i [511], für sat.6 N a r d o [621] und C a s a l i [666], für 8,58 f. B r a u n d [740], für 15,21 f. M o n t i [416]). – Statius (für 3,257–267 vgl. C i t r o n i M a r c h e t t i [415], für sat.4 C o r t é s T o v a r [588], für 6,502–507 G e l s o m i n o [629], für 10,148 ff. A s t b u r y [775]). – Seneca trag. (für 9,96 vgl. B i s h o p [753] und B o r g o [756]). c) Prosaautoren – Geschichtsschreibung und Autobiographie (für 1,18 vgl. P a r k e r [451], für 7,147 ff. B a l d w i n [716], für sat.8 G é r a r d [167]). R o c h e f o r t (385) sieht Juvenals Weltbild in entscheidenden Zügen durch die Geschichtsschreiber Sallust und Livius geprägt. Indes gehören Klagen über den moralischen Niedergang an sich wie auch dessen Herleitung aus divitiae und avaritia zum zeitlosen Standardrepertoire nicht nur von Historiographie und Satire (vgl. etwa auch Lucan. 1,158–182); für einen speziellen Rückbezug Juvenals auf die Liviuspraefatio ("Si prima satura est Iuvenalis Praefatio ..., poeta vitiis eisdem tractandis in prima satura Livium imitatur": 134) oder Sallusts metus Punicus als sittenstabilisierenden Faktor (wegen 6,286–295) fehlt ein schlüssiger Anhaltspunkt. Soweit Juvenals Berichte über das claudische Kaiserhaus in sat.6, 8 und 10 nicht von seiten der antiken Geschichtsschreibung gedeckt sind, rechnet C l a c k (381) mit Einsichtnahme des Satirikers in die Memoiren der jüngeren Agrippina: Könne doch nur in diesen gleichermaßen mit intimer Kenntnis wie breiter Ausgestaltung der jeweiligen Vorgänge gerechnet werden.
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– Philosophie (für 3,257–261 vgl. C i t r o n i M a r c h e t t i [415], für 8,211 f. L a n z a r o n e [747], für sat.10 D i c k [767], für 10,346–366 D u r o v [774], für sat.15 K e a n e (372) und T e n n a n t [862]). – Andere (für 7,1 vgl. R o n n i c k [720], für 14,179–188 W i n k l e r [261]). d) Griechische Vorlagen (für 6,82–113 vgl. E d w a r d s [643] und P e r e l l i [645], für 8,34 f. L i v r e a [745], für 8,220 C o w a n [746], für 10,173–187 F r a s s o n i [798]). e) Diverse (für 1,57 vgl. S a n t i n i [469], für 13,211–235 F i c c a [847]). T o w n e n d (380) versucht sich am Nachweis der genuinen Literarizität von Juvenals ersten drei Satirenbüchern, für die nicht nur ältere Dichter (Martial als Exponent der "world of Domitian": 149), sondern auch historische Quellen ausgiebig herangezogen worden sein sollen.417 Hierbei ist jedoch offensichtlich dem kollektiven Gedächtnis der römischen Leserschaft nicht genügend Rechnung getragen418; und daß gerade der angebliche Verweis von 2,102 f. (anläßlich eines Belegs für das weibische Auftreten des Kaisers Otho) auf Tac. hist. ins Leere führt, stellt der These auch kein gutes Zeugnis aus. Entsprechend sind T.s Einzelergebnisse mit Vorsicht zu betrachten: In sat.7 sollen vermeintliche Anspielungen auf die 4. Ekloge des Calpurnius Siculus (vgl. v.1 ff. mit Calp. ecl. 4,30 f. und 87 f.; v.27 mit Calp. ecl. 4,23; hierdurch evoziert: "the falsity of Nero's circle": 150) wie auf Tac. dial. von der ironischen Stoßrichtung ihres – auf Domitian gemünzten – Eingangsteils und "the general theme of the decline of literature as pictured in the context of the Flavian age" (151) zeugen, in sat.4 diverse Brüche und Unklarheiten durch die Vertrautheit von Autor und Publikum mit Statius, De bello Germanico419, Tac. hist. (Crispinus wie Domitian als Inzesttäter und gewaltsam zu Tode gekommen)420 und einer Vorlage von Tac. ann. (Nero als Bindeglied zwischen Domitian und seinem scurra) ihre Auflösung finden. Für zahlreiche Juvenalische Junkturen verzeichnet F l e t c h e r (383 und 388) bis dato unbeachtet gebliebene Parallelstellen aus Vergil, Horaz, Ovid, 417 In den späteren Gedichten würde sich der Satiriker dagegen auf die Ausgestaltung rhetorischer Allgemeinplätze verlegen. 418 Daß Nero in den Juvenalsatiren nirgendwo als Brandstifter denunziert wird, ist wohl kaum dadurch zu erklären, daß der Satiriker vor der Veröffentlichung von Tac. ann. nicht um die einschlägigen Vorwürfe hätte wissen können. 419 Für v.34 ff. ("They barely make sense; and in so far as they do, they appear extraordinarily silly": 154) soll vor dem Hintergrund von Statius, De bello Germanico "the fatuousness of parody" (ebd.) eine hinreichende Erklärung bieten. 420 T. rechnet damit, Crispinus sei für die v.9 f. berichtete Schändung einer Vestalin hingerichtet worden; doch darf mit Courtney (79) z.St. daran erinnert werden, daß gerade zur Zeit des einschlägigen Prozesses Martial sein schmeichlerisches Crispinus-Gedicht 8,48 verfaßt hat.
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Seneca, Statius, Martial u.a.; damit ergänzt er G. H i g h e t , Juvenal's bookcase, AJPh 72, 1951, 369–394 (= The classical papers of G.H., New York 1983, 244–267). Weiterhin benennt R e g g i a n i (384) als dichterische Vorlagen unseres Satirikers einige – parodisch genutzte – Stellen aus Vergils zweitem Aeneisbuch421; ferner soll für Einzelzüge von Juvenals Emporkömmlingen (besonders des Crispinus) Hor. epod. 4, für 6,10 et saepe horridior glandem ructante marito der Isid. orig.17,7,26 zitierte Vers mortales primi ructabant gutture glandem (das gleiche Motiv auch Ennod. Dict. 12) Pate gestanden haben. XVII. Die einzelnen Satiren 1. Einzelstellen aus mehreren Satiren 390. R.G.M. N i s b e t (Rez. zu W.V. Clausen, A. Persi Flacci et D. Iuni Iuvenalis Saturae, Oxford 1959), JRS 52, 1962, 233–238 = d e r s . , Collected papers on Latin literature, Oxford 1995, 17–28. [1,144; 2,105 f.; 6,63–66; 107; 159; 568; 8,170 f.; 9,126 f.; 10,148 ff.; 160; 11,48 f.; 112; 13,23; 108; 14,6 f.; 71 f.; 269; 15,143 ff.; 16,18] 391. G. G i a n g r a n d e , Juvenalian emendations and interpretations, Eranos 63, 1965, 26–41. [1,155 ff.; 6,50; 10,197; 11,147 f.; 12,14] 392. E. C o u r t n e y , Juvenaliana, BICS 13, 1966, 38–43. [1,42 ff.; 143; 6,116–120; 133 ff.; 8,111 f.; 10,312 f.; 11,147 f.; 12,29; 13,36; 249] 393. B.L. U l l m a n , Miscellaneous comments on Juvenal, in: L. W a l l a c h (Hg.), The classical tradition. Literary and historical studies in honor of H. Caplan, Ithaca (N.Y.) 1966, 274–284. [3,13–16; 186 ff.; 240; 4,56–59; 113 f.; 5,143; 6,306 ff.; 7,127 f.; 10,150; 11,106] 394. G. G i a n g r a n d e , Textkritische Beiträge zu lateinischen Dichtern, Hermes 95, 1967, 110–121. [3,218; 5,104; 6,455 f.] 395. C. G n i l k a , Eine typische Fehlerquelle der Juvenalinterpretation, SO 44, 1969, 90–108 = (um einen Nachtrag vermehrt) d e r s ., Philologische Streifzüge durch die römische Dichtung, Basel 2007, 109–123. [3,56 f.; 6,320; 7,149; 8,22; 14,99; vgl. 397 und 402]
421 Aufgrund von Einzelwortentsprechungen werden 13,126–134 (Jammer im Haus des um sein Geld Betrogenen) mit Aen. 2,486–493 (Wehklagen im erstürmten Palast des Priamus), 13,133 mit Aen. 2,196 (Krokodilstränen) und – weniger überzeugend – 10,103– 107 (Aufstieg und Fall Sejans) mit Aen.2,460–468 (aus einer Kampfszene) in Verbindung gebracht.
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Juvenal (1962-2011)
189
396. J.G. G r i f f i t h , Frustula Iuvenaliana, CQ 19, 1969, 379–387. [1,70; 85 ff.; 153 f.; 7,127 f.; 134; 177; 12,60 f.; 14,269; 15,84–87] 397. –, On synecdoche of the verb ponere in Juvenal, SO 46, 1971, 135– 141. [s. 395] 398. R.S. K i l p a t r i c k , Two notes on the text of Juvenal: Sat. 12.32 and 16.18, CPh 66, 1971, 114–115. 399. C.O. B r i n k , Limaturae, RhM 115, 1972, 28–42. [8,78; 10,356; 359; 365 f.; 14,315 f.] 400. R.S. K i l p a t r i c k , Juvenal's 'patchwork' satires: 4 and 7, YClS 23, 1973, 229–241. 401. E. P a r a t o r e , Note di critica testuale giovenaliana, ArchClass 25–26, 1973–1974, 491–501 = Noterelle al testo di Giovenale, in: d e r s ., Romanae Litterae, Roma 1976, 611–620. [6,125 f.; 585 f.; 614A–C; 7,50 ff.; 156; 10,54] 402. C. G n i l k a , Juvenalinterpretation, SO 49, 1973 (=1974!), 141–146. [s. 395] 403. J.R.C. M a r t y n , Juvenal and ne quid nimis, Hermes 102, 1974, 338– 345 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 5–16. [1,42 ff.; 2,161; 3,109; 6,133 ff.; 13,179] 404. –, Juvenal's use of atque. Some textual problems, Eranos 72, 1974, 131– 142 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 27–38. [1,115; 2,38; 6,442; 603; 8,105; 10,197; 295; 14,16 f.] 405. –, Some textual emendations in Juvenal, Hermes 106, 1978, 213–219 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 17–25. [6,415; 510 f.; 11,147 f.; 14,229] 406. M. M a y e r , Sobre Juvenal 10,171 y 4,135, AFFB 4, 1978, 121–134. 407. S.H. B r a u n d – J.D. C l o u d , Juvenal: a diptych, LCM 6, 1981, 195– 208. [1,81–146 (bes. 85 f.; 144); sat.2] 408. S. M o n t i , Iuvenaliana, I–III, Vichiana n.s. 11, 1982, 212–225. [1,116; 2,5 ff.; 102 f.] 409. Y. N a d e a u , Who traduced Juvenal? (3.109–113 & 6.185–191, 14.256–264, 8.121–124, 8.100–112, 4.150–154), LCM 8, 1983, 153–157. [3,113; 4,152 ff.; 6,188; 8,111 f.; 124; 14,264] 410. H.A. F r e e m a n , Critical notes on some passages in Juvenal, RhM 127, 1984, 344–350. [4,116; 6,335–345; 7,108 ff.; 8,6 ff.] 411. P.T. E d e n , Juvenalia, Mnemosyne 38, 1985, 334–352 (ergänzt durch: d e r s ., Comments on Juvenal from Seneca and others, Mnemosyne 40, 1987, 157–158). [1,144; 3,108; 162; 6.O.5 f.; O.9; O.11; O.18; 415; 449 f.; 511; 7,125– 128; 194; 241; 8,105; 159 f.; 241; 9,76; 10,354; 12,78; 116] 412. R.G.M. N i s b e t , Notes on the text and interpretation of Juvenal, in: N. H o r s f a l l (Hg.), Vir bonus discendi peritus. Studies in celebration of
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Otto Skutsch's eightieth birthday, London 1988, 86–110 = d e r s ., Collected papers on Latin literature, Oxford 1995, 227–260. [1,28 f.; 144; 160–166; 2,102 f.; 158; 167–170; 3,4; 10–20; 74 f.; 4,48 f.; 121; 6,84; 107; 170; 195; O.10; 437; 471; 588; 622; 7,51; 165–168; 214; 231; 8,105; 197; 251; 9,23; 105; 115; 10,15– 18; 41; 84; 192/195; 11,57; 101; 143 f.; 12,78; 91; 13,49; 216] 413. G. V i a n s i n o , Note a Giovenale, in: L. N i c a s t r i (Hg.), Contributi di filologia latina, Napoli 1990, 187–188. [5,141 f.; 6,135; 588; 8,73; 11,156] 414. E. R o d r í g u e z - A l m e i d a , Tra epigrafia, filologia, storia e topografia urbana: quattro ipotesi, MEFRA 103, 1991, 529–550. [2,133; 3,232–267; 5,98] 415. S. C i t r o n i M a r c h e t t i , Motivi moralistici e tecniche del discorso satirico: contributi all' interpretazione di Giovenale 1,143; 2,15 ss.; 3,21 ss.; 3,254–267; 1,81–90, MD 32, 1994, 113–144. [1, 85 f.; 143; sat.2; 3,21–29; 257– 261] 416. S. M o n t i , Tre noterelle giovenaliane, RAAN 65, 1995, 157–161. [5,125; 6,492; 495; 15, 21 f.] 417. M. H e n d r y , Iuvenalia, MCr 30–31, 1995–1996, 253–266. [1,161; 2,47; 3,225; 4,79; 6,311; 316; 350; O.22; 564; 8,241; 9,11; 45; 10,207; 224; 12,4; 13,36; 14,61; 78; 16,46] 418. W.S. W a t t , Notes on Juvenal, Eikasmos 7, 1996, 283–289. [1,144; 2,111; 3,74 f.; 6,84; 195; 415; 606; 7,61; 10,192/195; 12,13; 13,49; 179; 15,50; 133 ff.] 419. J. D e l z , Bemerkungen zu Juvenal, MH 55, 1998, 120–127. [1,40; 2,108 f.; 4,441; 6,92 f.; 134 f.; 195; 306 ff.; 415; 8,105; 107; 10,46; 312 f.; 11,57] 420. M. H e n d r y , Three cruces in Juvenal, CQ 48, 1998, 252–261. [5,141– 145; 8,124; 10,84 f.] 421. R.J. E d g e w o r t h , Passages in Juvenal four and ten, C&M 50, 1999, 179–187. [4,98; 113 f.; 10,55; 75; 116] 422. R.G.M. N i s b e t , Epilegomena on the text of Juvenal, AAntHung 39, 1999, 225–230. [3,274; 7,77; 8,154; 9,113; 10,109; 11,154; 187; 12,4; 14,287; 15,50] 423. R.J. E d g e w o r t h , Passages in Juvenal three and four, C&M 51, 2000, 209–221. [3,72; 282; 4,55 f.; 79 ff.] 424. J.M. T r a p p e s - L o m a x , Four suggestions in Juvenal, Mnemosyne 53, 2000, 725–729. [1,161; 2,22; 118; 11,149 ff.] 425. R.J. E d g e w o r t h , Further passages in Juvenal three and four, C&M 53, 2002, 301–328. [3,73 f.; 108; 186 ff.; 242; 316; 4,5 f.; 65] 426. R.G.M. N i s b e t , Sera vindemia: marginal notes on the text of Horace and Juvenal, in: J.F. M i l l e r u.a. (Hgg.), Vertis in usum. Studies in honor of
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Juvenal (1962-2011)
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E. Courtney, München 2002, 56–66. [2,109; 150; 6,296; O.11; 9,68; 10,284; 11,79; 15,90] 427. W.S. W a t t , Notes on Juvenal, Hermes 130, 2002, 299–305. [2,109; 168; 6,195; 238; 308; 330; O.18; 415; 471; 8,192; 9,74; 137; 10,41; 323; 351; 11,143; 147 f.; 12,116; 14,310] 428. S. M o n t i , Iuv. III 205, III 322, VIII 57–59: Due problemi criticotestuali ed uno esegetico, in: U. C r i s c u o l o (Hg.), Societas studiorum per Salvatore D'Elia, Napoli 2004, 281–291. Die Besprechung der vorstehenden Arbeiten erfolgt jeweils im Zusammenhang der zur Diskussion stehenden Einzelstellen. 2. Satire 1 429. W.S. A n d e r s o n , Venusina lucerna: The Horatian model for Juvenal, TAPhA 92, 1961, 1–12 = d e r s ., Essays on Roman satire (110), 103–114. [1,51] 430. E.J. K e n n e y , The first satire of Juvenal, PCPhS 8, 1962, 29–40 = (deutsch) Juvenals erste Satire, in: D. K o r z e n i e w s k i (Hg.), Die römische Satire, Darmstadt 1970, 473–495. [1,147–171, bes. 170 f.] 431. D.A. K i d d , Juvenal 1.149 and 10.106–7, CQ 14, 1964, 103–108. 432. C. G n i l k a , Der Ring des Crispinus. Zu Juvenal und Dracontius, JbAC 8–9, 1965–1966, 177–182 = d e r s . , Philologische Streifzüge durch die römische Dichtung, Basel 2007, 79–87. [1, 28 f.] 433. L. H e r r m a n n , Cluviaenus, Latomus 25, 1966, 258–264. [1,80] 434. B. B a l d w i n , Cover-names and dead victims in Juvenal, Athenaeum 45, 1967, 304–312. [1,79 f.; 155 ff.; 170 f.] 435. S.S. B e r t m a n , Fire symbolism in Juvenal's first satire, CJ 63, 1967– 1968, 265–266. 436. G.B. T o w n e n d , Juvenal's Automedon, in: J. B i b a u w (Hg.), Hommages à M. Renard, Bruxelles 1969, 725–727. [1,59–62] 437. R.E. C o l t o n , Death in the bath, CJ 65, 1969–1970, 317. [1,142 ff.] 438. J.G. G r i f f i t h , The ending of Juvenal's first satire and Lucilius, book XXX, Hermes 98, 1970, 56–72 = d e r s . , Festinat senex (112), 81–97. [1,147– 171] 439. J.R.C. M a r t y n , A new approach to Juvenal's first satire, Antichthon 4, 1970, 53–61 (eine Zusammenfassung auch AULLA 12, 1971, 54–55) = d e r s . , Juvenal: a farrago (113), 63–76.
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440. G. C o s o i , Interpretări, note, discuţii (D. Iunius Iuvenalis, I, 102– 109). Pe marginea versiunilor moderne, Anal. ştiinţif. Univ. Iaşi (Ling.) 17, 1971, 121–129. 441. J.G. G r i f f i t h , Caper exstat in ansa, G&R 20, 1973, 79–80. [1,76] 442. N. H o r s f a l l , Ad Iuv. I 40, Mnemosyne 28, 1975, 422. 443. C. F a c c h i n i T o s i , "Arte allusiva" e semiologia dell' "Imitationstechnik": la presenza di Orazio nella prima satira di Giovenale, BStudLat 6, 1976, 3–29. 444. R.A. L a F l e u r , Juvenal 1.80: Cluvianus? RPh 50, 1976, 79–84. 445. E. P a s o l i , Persio e il bagno durante il banchetto (Sat. 3,98–106): Tecnica imitativa ed espressionismo, in: Scritti in onore di A. Scolari, Verona 1976, 221–233 = d e r s . , Tre poeti latini (111), 211–224. [1,142 ff.] 446. A.A. B a r r e t t , Juvenal, Satire 1.155–7, CQ 27, 1977, 438–440. 447. B. B a l d w i n , Juvenal 1.155–7, CQ 29, 1979, 162–164. 448. J.G. G r i f f i t h , Juvenal, 1.155–7, CQ 29, 1979, 463–464. 449. S. C i t r o n i M a r c h e t t i , Nota a Giovenale 1,149, MD 9, 1982, 175–185. 450. L. D u r e t , Juvénal réplique à Trébatius, REL 61, 1983, 201–226. 451. R. P a r k e r , A note on Juvenal, Satire 1.17–18, LCM 8, 1983, 123. 452. A.J. W o o d m a n , Juvenal I and Horace, G&R 30, 1983, 81–84. 453. J. P o w e l l , The farrago of Juvenal 1.86 reconsidered, in: M. W h i t b y u.a. (Hgg.), Homo viator. Classical essays for John Bramble, Bristol 1987, 253– 258. [1,81–89] 454. J.D. M o r g a n , Juvenal 1.142–4, CQ 38, 1988, 264–265. 455. B. B a l d w i n , Some thoughts on Juvenal's first satire, in: d e r s . , Roman and Byzantine papers, Amsterdam 1989, 498–509. 456. A. L a P e n n a , Il programma poetico di Giovenale (con un riferimento a Properzio I, 9), Paideia 45, 1990, 239–275. 457. R. H e n k e , Juvenal, Sat. 1,42–44: eine Dezenz-Interpolation, WJA 17, 1991, 257–266. 458. R.G.M. N i s b e t , How textual conjectures are made, MD 26, 1991, 65–91, hier: 88 = d e r s ., Collected papers on Latin literature, Oxford 1995, 338–361, hier: 358 f. [1,135] 459. M. H e n d r y , Juvenal 1.163: an alternative solution, LCM 18, 1993, 152–153. 460. J. H e n d e r s o n , Pump up the volume: Juvenal, Satires 1.1–21, PCPhS 41, 1995, 101–137 = (überarbeitet) d e r s . , Writing down Rome.
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Juvenal (1962-2011)
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Satire, comedy, and other offences in Latin poetry, Oxford 1999, 249–273 & 327–332. 461. G. L a u d i z i , Giovenale (1,1) e Orazio (epist. 1,19,39), BStudLat 29, 1999, 497–503. 462. C. D e r o u x , Un mari plus que complaisant (Juvénal I, 55–57), Latomus 60, 2001, 1000–1003. 463. C. K e a n e , Satiric memories: Autobiography and the construction of genre, CJ 97, 2001–2002, 215–231. [1,15 ff.] 464. D.H.J. L a r m o u r , The incurable wound of Telephus: noise, speech and silence in Juvenal's Satire 1, Intertexts 8, 2003, 55–76. [1,1–21] 465. S. L o r e n z , Dignae Iove irae: Ovids Deucalion und Pyrrha in Juvenals erster Satire, Latomus 63, 2004, 892–904. [1,81–86] 466. R. R e g g i a n i , La prima satira di Giovenale: un mondo a rovescio con pitocchi-suppositi, in: d e r s ., Varia Latina (Satyrica – epica – tragica – historica) (dodici contributi), Amsterdam 2005, 53–65. [1,1–21] 467. –, Fumo dal petto o dalla gola? (nota a Iuv. 1.156), in: d e r s ., Varia Latina (Satyrica – epica – tragica – historica) (dodici contributi), Amsterdam 2005, 67–76. 468. S. I t i c , Les implications poétiques du terme farrago dans la première satire de Juvénal, REL 84, 2006, 223–238. [1,81–89] 469. P. S a n t i n i , Da Plauto a Giovenale (attraverso Lucrezio), BStudLat 36, 2006, 25–31. [1,57] 470. G. L a u d i z i , Orazio (carm. 3,45 ss. [sic!] e Giovenale (1,147 ss.), Rudiae 19, 2007, 57–67. 471. O. Z w i e r l e i n , Der Sommerring des Crispinus (Iuv. 1,26–29), RhM 151, 2008, 351–356. 472. T. G ä r t n e r , Ein konservativer Erklärungsversuch zum "Sommerring" des Crispinus (Iuv. 1,29), Eos 96, 2009, 141–144. [1,28 f.] 473. H. W h i t e , Observations on Latin poetry, C&C 5, 2010, 207–225. [1,108; 157] 474. C. N a p p a , Lucilius & declamation: A Petronian intertext in Juvenal's first satire, in: M.P. F u t r e P i n h e i r o – S.J. H a r r i s o n (Hgg.), Fictional traces: Receptions of the ancient novel, Bd. 1, Groningen 2011, 21–31. [1,1– 21] a) Gesamtsatire und Großabschnitte Wie nicht anders zu erwarten, betrifft ein nicht geringer Teil der auf sat.1 bezogenen Forschungsliteratur Juvenals Poetik insgesamt; da hier auch programmatische (oder zumindest als programmatisch verdächtigte) Passagen aus anderen Gedichten zur Sprache kommen, war in einer Reihe von Fällen der
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Einordnung unter die Rubrik 'Literarischer Standort' (Kap.X.) der Vorzug zu geben. L a P e n n a (456) nimmt Gestalt und Aussage der Programmsatire insgesamt unter die Lupe.422 1. Versuche einer Gliederung sollten ohne die Begriffe Pro- und Epilog auskommen: Das Gedicht besteht vielmehr aus zwei Großteilen, deren erster die Wahl der Gattung erklärt (v.1–21) und begründet (v.22–80), während der zweite die Stoffindung (v.81–146) und die Arbeitsgrundlagen ingenium und simplicitas (v.147–171) in den Blick nimmt. 2. Anders als noch bei Persius, verzichtet die gattungsspezifische Selbstpositionierung des Autors darauf, Lucilius und Horaz in einen gestalterischen Gegensatz zu bringen. 3. Die Kritik an konkurrierenden Gattungen richtet sich nicht wie bei Persius gegen den Bombast des genus sublime, sondern – unter Einschluß von fabula togata und Elegie – gegen deren Eskapismus, der sich jedoch seinerseits nicht nur durch fehlenden Lebensbezug (so die Klage Martials), sondern gerade durch seinen Verzicht auf jede "denuncia morale" (250) disqualifiziert. Umgekehrt bestimmt diese Entlarvung (nicht objektive Darstellung!) der Realität die Juvenalsatiren in solchem Umfang, daß Autor, Adressat und Publikum dahinter kaum noch sichtbar werden. 4. Der Kunstwille der indignatio (dieser v.79 f. nur aus Gründen topischer Bescheidenheit geleugnet) öffnet Juvenals Satire nicht in Richtung auf die hohen Genera Epos und Tragödie423, sondern bindet sie an die vituperatio bzw. deren poetische Form in Gestalt von Horazens Epoden. 5. Die Fokussierung der vorgeführten exempla auf den verfehlten Umgang mit Geld (v.22–80: avaritia/luxuria) und die hieraus erwachsenden gesellschaftlichen Verwerfungen (v.81–146) konstituieren die Einheit des Gedichtes, zeugen indes wohl auch von der persönlichen Perspektive eines Betroffenen, der Satirenschluß (v.170 f.) überdies von den auch unter Trajan fortdauernden Risiken freier Meinungsäußerung. 6. Eine gestalterische Würdigung der Satire hätte vor allem dem fortwährenden Wechsel von Zorn und Humor, Ernst und Parodie Rechnung zu tragen. B a l d w i n (455) liefert nur eine rudimentäre Bestandsaufnahme zu sat.1: Die Struktur des Gedichtes wird fünfgliedrig angesetzt (v.1–21; 22–80; 81–126; 127–146; 147–171), die Bedeutung von Lucilius als Motivlieferanten unterstrichen (exemplifiziert durch v.2 und 55 ff.) und die einleitende Schilderung des
422 Die folgende Numerierung weicht aus Gründen zusammenfassender Kürze von der im Aufsatz selbst verwendeten ab. 423 Zu Recht spricht L. dem Abschnitt 6,635–646 den Rang einer übergreifenden Programmatik ab.
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zeitgenössischen Literaturbetriebs als einseitig vermerkt; im einzelnen soll sich v.85 f. qua Gemeinplatz (vgl. etwa Verg. Aen. 6,733; Hor. epist. 1,6,12) als authentisch erweisen, v.108 nach H a r t m a n 424 die Konjektur conductus benötigen, v.144 intestata zwischen 'unattested' und 'castrated' schillern und v.170 f. – die Ritterbürtigkeit Juvenals vorausgesetzt – "what is allowed to those who like me have that rank" (503 f.)425 bedeuten. Als "a talk given to graduate students" (509) entstanden, hätte der Beitrag nicht notwendigerweise der Verschriftlichung bedurft. D u r e t (450) zufolge eröffnet Juvenal in seinem Programmgedicht einen Dialog mit Horaz (sat.2,1), in dessen Verlauf er den entscheidenden Neueinsatz seines eigenen Dichtens markiert: Hatte Horaz noch im Scherz Schlaflosigkeit als Triebfeder benannt (Hor. sat.2,1,6 f.), sieht sich Juvenal aus Wut über die allgemeine Verkommenheit um den Schlaf gebracht (v.77 f.) und zum Griff nach der Venusina ... lucerna (v.51) genötigt. Dabei führt er anstelle des sapiens Lucilius (Hor. sat.2,1,17) den Lucilius ardens426 (v.165 f.) im Munde; fehlendes Talent (natura) wird nicht mehr als Manko eingestuft (Hor. sat.1,10,56–59), sondern durch innere Beteiligung kompensiert (v.79 f.), ästhetische Reflexion (Hor. ars 128 difficile est proprie communia dicere) von essentiellem Drang abgelöst (v.30 difficile est satiram non scribere).427 Damit ersetzt Juvenal den auf Zustimmung des Lesers abzielenden Humor seines Vorgängers durch das neuentworfene Konzept aufrüttelnder indignatio428; unverändert bleibt hingegen das Selbstverständnis des Satirikers: Wie schon Horaz sieht sich auch Juvenal als konservativer Wächter über die Moral des populus Romanus; die Notwendigkeit, in dieser Rolle auch positive Orientierung zu vermitteln, veranlaßt ihn ab seinem 3. Satirenbuch sogar, das einseitige indignatio-Konzept zugunsten einer Wiederannäherung an den Augusteer zu lockern.429 Ein ähnliches Anliegen verfolgt W o o d m a n (452), wenn er – eher unspezifische – Formulierungen von sat.1 zu bewußten, vom Streben nach Unterscheidung getragenen Bezugnahmen auf Horaz erklärt:
424
J.J.H., De Iuvenalis satirae I vs. 108, Mnemosyne 44, 1916, 213–218. Dies modifiziert die 434 vorgetragene Erklärung. 426 Von dieser Art Wüten hatte sich Horaz gerade distanziert: vgl. sat. 2,1,39–42. 427 Weitere Bezüge sieht D. zwischen v.1 und Hor. epist. 1,19,39 f., v.3 ff. und Hor. epist. 2,2,104 f. sowie v.19 ff. und Hor. epist. 2,2,95 wirksam werden. 428 Entsprechend sind beide Konzeptionen als bedachte Strategie, nicht als Spiegel der Autorpersönlichkeit zu werten: "Juvénal a conçu le personnage du poète indigné comme l'antithèse du personnage ... du conseiller amical" (215). 429 Weniger einleuchtend D.s These, Juvenals programmatischer Rekurs auf die Toten (v.170 f.) erfolge in Ermangelung einschlägiger exempla in der – sich zum Besseren wandelnden – Gegenwart ausschließlich "dans le but de dramatiser sa critique, en réveillant les terreurs des dynasties précédentes" (214). 425
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1,1–14 – Hor. sat.1,10,40–45: konkurrierende Gattungen für Juvenal wegen ihrer Eintönigkeit ein Greuel, für Horaz durch die Leistungen seiner Freunde unerreichbar; 1,1–6 – Hor. epist. 2,2,90–105 (Wiederholung von impune, hic elegos sowie den Vokabeln vexare und consumere): Juvenal bisher als Opfer, Horaz früher als Teilnehmer literarischer recitationes; passim – Hor. epist.2,2,65–80: das Stadtleben hindert Horaz am Dichten, liefert Juvenal seinen Stoff; 1,165 f. – Hor. sat.1,4,48: Lucilius als Verfasser von Satire im "epic-like style" (83)430 bzw. als Vertreter einer niederen Gattung.431 Bei den von F a c c h i n i T o s i (443) namhaft gemachten Horazreminiszenzen in sat.1 handelt es sich mehrheitlich um unscheinbare Konvergenzen im Einzelwortbereich, welche die Vf.in mit spekulativen Gedankenverbindungen überzieht und solcherart mit der Aura der 'arte allusiva' umgibt: So soll Juvenal durch Rekurs von v.1 (auditor, reponam in der Bedeutung 'heimzahlen') auf Hor. epist. 1,19,39 (auditor, ultor gerade nicht 'Rächer', sondern 'Fürsprech') "la funzione continuatrice, ma nello stesso tempo innovatrice della sua opera rispetto a quella oraziana" (8) unterstrichen und durch Verweis von v.99 ff., bes. 100 (vexant limen [sc. Troiugenae = clientes]) auf Hor. sat. 1,8,17 f. (furesque feraeque suetae / hunc vexare locum [=Esquilias]) den Ansturm der Klienten mit dem von Räubern gleichgesetzt haben.432 Wirkliche Beachtung verdienen wohl nur der direkte Horazbezug von v.51 Venusina ... lucerna (zur Erklärung als lucubratio ist auf Varro ling. 5,9 und Cinna fr.11 Morel verwiesen) sowie die Motivkombinationen von 1,142–146 (Baden mit vollem Magen nach Hor. epist.1,6,61 f. und Pers. 3,94–106) und 1,165 ff. (das gezückte Schwert des Satirikers nach Hor.sat.2,1,39–42 und einer als gesichert anzunehmenden Luciliusstelle); allenfalls mag noch v.147 ff. (Zenit jeder Depravation erreicht) als korrigierende Reaktion auf Hor. carm.3,6,45–48 (Fortschreiten des Niedergangs prognostiziert) zu erklären sein. Alle übrigen im Berichtszeitraum erschienenen Arbeiten zu sat.1 sind einer engeren Fragestellung oder aber einem Teilabschnitt des Gedichtes gewidmet. 430
Durch v.19 f. und 149 f. soll Juvenal diesen Stil auch für sich selber reklamieren. Genaugenommen läßt die Horazstelle den typischen pater der Komödie zu Wort kommen (at pater ardens / saevit); erst im weiteren Zusammenhang ist von der Satire (keineswegs speziell der Lucilius-Satire!) als genus humile die Rede. 432 Ähnlich substanzlose Assoziationen, wie sie F.T. bei anderen Interpreten durchaus bemängelt, werden noch zwischen v.2 ff. (wegen vexatus, consumpserit, impune, hic elegos) und Hor. epist. 2,2,90–105, v.13 (columnae) und Hor. ars 372 f., v.19 (decurrere mit Bezug auf Lucilius) und Hor. sat. 2,1,30 ff., v.21 (si vacat) und Hor. epist. 2,2,95 (si forte vacas), v.35 f. (palpat) und Hor. sat. 2,1,20, v.37 ff. (in caelum ... evehit) und Hor. carm. 1,1,3–6, v.55 ff. (Motiv des maritus leno) und Hor. carm. 3,6,25–32, v.69–72 (matrona potens) und Hor. ars 114 ff., v.79 f. (natura, negat, facit, versum) und Hor. sat. 1,10,56–59, v.168 (inde ... lacrimae) und Hor. epist. 1,19,41 geknüpft. 431
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Um B e r t m a n s (435) Ansicht zu teilen, die Satire sei in auffälliger Weise von 'fire symbolism' geprägt, müßte man zuerst einmal bereit sein, ohne Aussicht auf einen interpretatorischen Zugewinn Stellen wie quid referam quanta siccum iecur ardeat ira (v.45), haec ego non credam Venusina digna lucerna? (v.51; "the light of the burning fuel": 265), paulatimque anima caluerunt mollia saxa (v.83; "warmth, an aspect of fire": ebd.), caulis miseris atque ignis emendus (v.134), rubet auditor (v.166; "an aspect of fire, its redness": 266) oder illos / quorum Flaminia tegitur cinis atque Latina (v.170 f.; "terms of fire": ebd.) über einen Kamm zu scheren. M a r t y n (439) will Juvenals Einleitungssatire auch thematisch als Schlüssel zu den ersten drei Satirenbüchern verstanden wissen: Behandle doch die erste Hälfte des Hauptteils (v.22–86) – wie später sat.2 und 6 – das Thema sexueller Perversion, die zweite (v.87–146) dagegen das "clientela paradox" (53)433, das auch sat.3 und 5 bestimme und in sat.9 mit dem sexuellen Themenkreis abschließend zusammengeführt werde. Gelingen kann dies allerdings nur dadurch, daß M. einigermaßen gewaltsam zusätzliche bzw. konkurrierende Themen ignoriert (1,22–86; III) und den zentralen Satireneinschnitt von v.80 nach v.86 verlegt: Als Abschluß des ersten Hauptteils sollen v.81–86 in eine Anti-Klimax von "vague and self-depreciatory phrases" (55) münden. Was den Anfangsteil der Satire (v.1–21) angeht, mag sich H e n d e r s o n s (460) Essay selbst als eine Art Sachkommentar zum literarhistorischen Hintergrund dieser Verse verstehen; angesichts der gewohnt narzißtischen Exaltationen des Vf.434 hat er jedoch objektiv als unlesbar zu gelten: Mit der Kapitelfolge 'In the first class', 'Examining our faeces', 'The DPhil in me', 'To the nth degree' und 'With a sickening PhD' konfrontiert, hat sich schon der Referent der Année Philologique in die Formulierung "Misc. comments" geflüchtet (APh 66, 1995, 199). Ganz ähnlich sucht auch L a r m o u r (464) mit Hilfe freier Assoziationen v.a. in der Eingangspartie Reflexe Juvenals auf den eigenen Standort und die Eigenart seiner Dichtung zu ergründen. Juvenal selbst ("the 'shouting subject'": 59) sieht sich demnach in der Rolle – des rezitierenden Cordus (v.2): Bringt er doch wie dieser seine Hörer zum Schweigen ("from the start, the satirist is marked by many of the features he imputes to those he is attacking": 57). – eines vates (v.18): "He too is going to perform the role of bard (...), perhaps with some hint of the word's original meaning of 'soothsayer' " (58).
433 Dies von M. allerdings ganz unzutreffend beschrieben: "the servitude of free-born Roman clients to ex-slave patrons and their lackeys" (ebd.). 434 Dieses Verdikt behält seine Gültigkeit über H.s Juvenalbeiträge (neben 460 noch 744) hinaus: vgl. etwa Lustrum 46, 2004, 73.
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– von Aeacus (v.10): "Like Aeacus, the satirist will judge the 'shades' (...) – in this case the ghosts of deceased Romans – and mete out appropriate punishment" (60). – von Monychus (v.11): "It is not much of a leap for the reader to imagine the satirist as a version of Monychus assailing contemporary incarnations of hybridity (...) and, when he finds that they cannot be 'speared', attempting to 'bury' or 'suffocate' them, to take away their breath, voice and life, under the barrage of his rhetorical missiles" (61; so unter Zuhilfenahme von Ov. met. 12,496–509). – von Heracles/Theseus (v.52 f.): "the labors and quests of Heracles or Theseus parallel the search by the satirist and the reader for meaning, for the anchors that offer security, after the destruction of monsters found along the way" (65). – des auf seine sportula wartenden Klienten, der primo limine verharrt (v.95 f.): "This locates the central scene of the satire in a quintessentially liminal space, which is where the speaker is in fact to be found on most occasions in Juvenal's Satires" (67). – des Telephus (v.5): "the wound that the satirist (and his readers) suffer from can only be cured by an application of what has caused it, i.e., an encounter – but on his terms – with all the elements of Roman life that he regards as corrupting" (70). Des weiteren: "According to Apollodorus and Euripides, Telephus appeared in rags, which might suggest here that the speaker of Juvenal's satires in some sense parallels him in his dispossessed poverty" (ebd.).435 Für das fertige Produkt schließlich ergibt der Hinweis auf Theseus, Telephus und Orestes: "Juvenalian satire constructs an ideological and literary labyrinth of radical indeterminacy and of certain failure in the effort to destroy the Minotaur and then follow the thread to the way out. Telephus has become the fatally wounded Roman subject to whom a cure will be denied. The unfinished tale of Orestes, even when it has filled the roll and its spine, suggests that there is no reaching the cure for madness or the imposition of justice" (71). Um von weiteren Kostproben abzusehen und mit L.s eigenen Worten ein Gesamturteil zu formulieren: "The speaker who is introduced to us as the 'shouting subject' of the programmatic satire is positioned on the limen, the threshold, from the moment he opens his mouth, and cannot occupy any other space" (74). R e g g i a n i (466) beobachtet, wie sat.1 programmatisch vom Gedanken der verkehrten Welt durchzogen wird: Normal ist allenthalben nur die Falsch435 Daß Juvenal die Beschäftigung mit diesen mythischen Figuren gerade als läppisch einstuft, wird dann kurzerhand zum Beleg für die durchgängige "ambiguity" (62) der Juvenalsatire erklärt.
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heit. Forciert jedoch seine Annahme, auch das mythologische Personal des Anfangsteils sei unter dem Blickwinkel der "personaggi falsi" (62) bzw. "falsatori di persona" (63) ausgewählt:436 Sollen sich doch Telephus (v.4 f.) wie Orest (v.5 f.) dem Mythos zufolge als Bettler verkleidet haben (vgl. u.a. Pacuvius, Dulorestes), und der Autorenname Codrus (v.2) wäre von Juvenal deshalb gewählt worden, weil die Sage für den gleichnamigen König von Athen Ähnliches berichtet.437 Eben die Eingangssequenz (v.1–21) soll N a p p a (474) zufolge durch unmittelbaren Rekurs auf Petron.1–5 geprägt sein. Der erstaunlichen Erkenntnis "in Petronius' Encolpius and Juvenal's persona we have two blustery, overconfident speakers who lay claim to be the new Lucilius in the face of declamatory madness" (30) fehlen jedoch bei näherem Zusehen alle Voraussetzungen: Für Petron muß N. ein – dem erhaltenen Text vorausgehendes – Preisgedicht Encolps auf "frankness and candor" (24) des Lucilius postulieren, für Juvenal den Hinweis auf die eigene Schulbildung als hinreichende Voraussetzung einer Dichterkarriere (v.15 ff.) zur Anklage gegen die declamatio umbiegen (die zuvor genannten Poetaster "become as bad and as unoriginal as they are because of their training in declamation": 25), den Satiriker selbst durch den Passe-partout des persona-Konzepts zum Windbeutel à la Encolp degradieren. Was von Juvenals Satire vor diesem Hintergrund bliebe, wäre die bewußte Selbstdemontage eines possenreißenden Narren. Anhand des Großabschnitts v.81–146 sind B r a u n d / C l o u d (407) darum bemüht, den Unterhaltungscharakter der Juvenalischen Satire offenzulegen. Der Dichter, der hier die verheerende Wirkung materieller Gier auf individuelles Verhalten (Stichwort: luxuriae sordes, v.140) und soziale Strukturen durchmustert438, habe im letzteren Fall morgendliche salutatio und die – durch Mart.3,7 und 10,70,13 f. als abendliche Einrichtung zu belegende – sportula zu einer phantasievollen Einheit verwoben, "because the paradox is both entertaining and illuminating" (198).439 Und ähnlich sucht B. auch zu erklären, warum Juvenal die v.85 f. postulierte thematische Universalität seiner Satire im folgenden uneingelöst läßt: "this is a clue that we are not to take this infuriated satirist too seriously" (200).440 Wie sich diese Mischung aus phantastischer 436 Konkret wird v.63 f. nonne libet medio ceras implere capaces / quadrivio? als Wiederaufnahme von v.4 f. ingens / Telephus und 5 f. summi plena iam margine libri / scriptus et in tergo necdum finitus Orestes in Anspruch genommen. 437 Die letztgenannte These hatte R e g g i a n i schon 514 vertreten (vgl. zu 3,198–211). 438 Zum Versuch einer axialsymmetrischen Gliederung der Passage vgl. 201. 439 Ausführlicher formuliert, lautet die Begründung: "It is illuminating because the conversion of the salutatio into a sportula symbolizes the impact of materialism on traditional Roman customs and values. At the same time we enter an engaging fantasy world which enables us to enjoy the frenzied rage of the satirist" (ebd.). 440 Alternativ hält es C. für möglich, die Stichwörter von v.85 f. auf die realen Inhalte der späten Juvenalsatiren (ab X) zu beziehen: "It ... seems possible ... that these two lines ... were
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Imagination und polternder Kopflosigkeit mit dem wiederholt formulierten Realitätsanspruch Juvenalischer Dichtung vertragen soll, erfährt der Leser des Aufsatzes nicht (zur Sache vgl. oben S. 176 sowie P o w e l l [453]). K e n n e y (430) äußert sich zur Struktur der Satire441 sowie zu ihrer Schlußpartie (v.147–171), die in die befremdliche Aussage mündet, bereits verstorbene Vertreter der Oberschicht ins Visier nehmen zu wollen (v.170 f.). Ein Vergleich des Schlußteils und der einschlägigen Abschnitte aus den Programmsatiren von Horaz (sat.2,1,57–86) und Persius (1,103–123) mit ihrem gleichgerichteten Ablauf (Bekenntnis zur Satirendichtung – Warnung – Lucilius als Präzedenzfall – neuerliche Warnung – Ausflucht) offenbart den übereinstimmenden Wunsch der Verfasser, die – letztlich unauflösbare – Diskrepanz zwischen theoretischem Selbstverständnis der Satire (Dichten nach dem Vorbild des Lucilius) und praktischer Realisierbarkeit (Daseinsbedingungen unter einer Despotie) durch eine witzige Scheinlösung zu überwinden: Horaz hatte sich auf seine bona carmina, Persius auf die Intimität seiner Satire berufen; Juvenal hingegen verfällt v.170 f. auf den Gedanken, das herkömmliche – und keineswegs als Eingeständnis fehlender Aktualität mißzuverstehende – Medium historischer exempla442 in die lucilische Kategorie persönlicher Attacke umzubuchen. Die von Kenney beobachteten Äquivalenzen in den Schlußpartien der Programmgedichte von Horaz, Persius und Juvenal führt G r i f f i t h (438) schon auf Lucilius Buch 30 zurück; als zugehörige Fragmente wären 1008–1038 M., als möglicher "surprise counterstroke" (69) 1037 f. M. (= 1093 f. Kr.) quin totum purges, devellas me atque deuras / exultesque zu identifizieren, Iuv.1,168 f. tecum prius ergo voluta / haec animo ante tubas entsprechend als bedachte Bezugnahme auf Lucil. 1017 M. (= 1101 Kr.) haec tu me insimulas? nonne ante in corde volutas? anzusehen. Ähnlich wie schon Horaz (sat.2,1,83–86) soll dabei auch Juvenal den Gedanken in ein Aperçu mit forensischem Hintergrund haben münden lassen (v.170 f.): "If pressed, I shall rely on the defence that I shall test by legal process how far liberties may be taken against the dead" (63). Hierin vermag der Berichterstatter allerdings weder eine besonders geistvolle Bemerkung noch eine faktisch erfolgversprechende Verteidigungsstrategie zu erkennen.
written by Juvenal for a later edition of Book I, in an attempt to provide a programme for Book IV and possibly Book V" (200 f.). 441 Demnach wäre zu gliedern: v.1–21 Prolog; v.22–80 Motivation der eigenen Satire (Sünderkatalog v.22–50 summarisch, v.55–72 in Großaufnahmen); v.81–146 avaritia als spezielles Übel (für die sportula-Digression von v.95–134 wird nach v.131 eine Lücke angenommen); v.147–171 Epilog. 442 Deren ubiquitäre Verwendbarkeit wird durch ein Werk wie die Facta et dicta memorabilia des Valerius Maximus zur Gewißheit erhoben.
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b) Einzelstellen 1,1 Zum Zwecke seiner Selbstpositionierung im zeitgenössischen Literaturbetrieb greift Juvenal mit semper ego auditor tantum? numquamne reponam? nach L a u d i z i (461) nicht von ungefähr auf die Formulierung von Hor. epist. 1,19,39 nobilium scriptorum auditor et ultor zurück; diese jedoch ist kaum auf den Umgang mit literarischen Erzeugnissen des Maecenaskreises gemünzt ("essere pronto a soccorrere e a difendere i suoi amici poeti": 501), sondern nimmt – unter Einbeziehung des vorausgehenden non ego – die perhorreszierten Niederungen branchenüblicher Öffentlichkeitsarbeit in den Blick (in der Übersetzung von Schöne: "Ich bin nicht zu haben als Hörer und Kämpe gefeierter Tagesschriftsteller"). 1,2 Zum Namen Cordus/Codrus vgl. unten zu 3,203. 1,15 ff. Das Streiflicht auf Juvenals "educational autobiography" (216) dient nach K e a n e (463) nicht einfach nur als einleitender Hinweis auf den rhetorischen Charakter seiner Satire, sondern – wie vergleichbare Stellen bei Horaz (sat. 1,4,105–139; 1,6,71–87; epist. 2,2,41–45) und Persius (5,30–44; vgl. auch 3,44– 47) – der programmatischen "construction of a figure who represents the satiric genre" (229); genauer gesagt: "The poets retroactively construct past selves whose experiences mirror those of the adult satirist figure" (217).443 Die Satiriker hätten dabei in erster Linie ihr Bewußtsein von der Verletzlichkeit der eigenen Position dokumentiert (daher v.15 et nos ergo manum ferulae subduximus!) – eine Diagnose, die die Vf.in mangels verwertbarer Ich-Aussagen Juvenals ersatzweise in der prekären Existenz von Umbricius und Naevolus ("stand-ins who pose as satirists": 227) widergespiegelt sehen will. Sucht man hier nach einem gemeinsamen Nenner, so wäre jedoch allenfalls mit dem Bestreben der Satiriker zu rechnen, durch Inszenierung menschlicher Authentizität ihre Glaubwürdigkeit als Volkserzieher zu stärken. 1,18 Nach P a r k e r (451) wäre Juvenals Wendung periturae parcere chartae nicht ohne Rückgriff auf Sall. Iug. 106,3 interiturae vitae parceret denkbar. 1,28 f. Anders als der Juvenalnachahmer Dracontius (laud. dei 3,56-59) und das schol.z.St., das per luxuriam enim anulos aestivos et hiemales invenerat (sc. Crispinus) kommentiert, versteht G n i l k a (432) das attributive Adjektiv aestivum im 443
Nichts läge K. dabei ferner als die Rückkehr zu biographistischen Deutungen: "The fabricated autobiographies of the satiric poet ... participate in the construction of the satirist figure, expanding it from a mere "mask" into a character with a history and experiences" (216).
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Sinne einer adverbiellen Bestimmung (zum Sprachgebrauch vgl. 14,131): Crispinus legt sogar im Sommer Ringe an, (v.29:) wie man sie schwerer nicht ertragen könnte.444 Da v.29 diese Aussage jedoch nicht ohne weiteres zu stützen vermag, greift N i s b e t (412) kurzerhand zur Athetese: Der verbleibende v.28 wäre dann auf den Ring des römischen Ritters zu beziehen; die Stelle verliert dabei jedoch ihre Pointe: "Es läßt sich kein Grund angeben, weshalb der Dichter durch den spezifizierenden Zusatz aestivum das Vorzeigen des Statussymbols auf den Sommer hätte einschränken sollen" (Z w i e r l e i n [471], 354). Auch Z.s Erklärung, die das logische Verhältnis von v.28 f. nicht adversativ, sondern explikativ zu fassen sucht, aber ebenfalls mit einem besonders massigen Ring rechnet ("Der Sommerring ... war nicht etwa besonders leicht, sondern wegen des größeren Ringumfanges, den die heißen Temperaturen erforderlich machten, besonders schwer": 356), kann indes nicht überzeugen: gemma (v.29) ist nicht mit 'Ringfassung' gleichzusetzen; und für deren Gewicht wäre ohnehin nicht der Durchmesser, sondern die Dicke des Ringes entscheidend gewesen. Dagegen kann G ä r t n e r (472) die traditionelle Deutung des aestivum aurum als kleiner, leichter Sommerring durch syntaktische Neupositionierung von v.29 sichern: Die Aussage gehört dann nicht mehr in die Reihe der mit v.22 einsetzenden cum-Sätze, sondern hat – als Parenthese gestaltet und in einem auf die Effeminiertheit des Sprechers verweisenden Tonfall formuliert – die eigene Erklärung des Ringträgers ('ich kann eben ... nicht ertragen') zum Inhalt. 1,40 Die Namenwahl soll hier nach H o r s f a l l (442) durch Anspielung auf das gillo benannte große Gefäß, nach D e l z (419) durch eine 'Bosheit' gegenüber dem Zeitgenossen Q. Fulvius Gillo Bittius Proculus (erwähnt Plin. epist. 9,13,13) motiviert sein.445 1,42 ff. Verschiedene Probleme beim Verständnis der Stelle (Subjekt von accipiat und palleat? Bedeutung von mercedem sanguinis und palleat?) scheinen hinfällig zu werden, wenn man diese mit C o u r t n e y (392) oder H e n k e (457) nach v.36 umsetzt und auf den v.33 genannten magni delator amici bezieht. Problematisch bleibt die jeweilige Erklärung der Versdislokation: C. rechnet mit einem Schreiberversehen, ohne dieses überzeugend begründen zu können, H. mit einer als Ersatzfassung für die obszönen v.37–41 geschaffenen Dezenzinterpolation446, wobei er allerdings die verblüffend juvenalisch anmutende Formulie444
So schon A. G e r c k e , GGA 158, 1896, 975. So schon G. H i g h e t (zit. oben Anm. 1), 293. 446 Erstmals hatte sich W.C. H e l m b o l d , The structure of Juvenal I, Univ. of California Publ. in Class. Phil. 14, 1950–1952, 47–59, hier: 51 ff. in diesem Sinne geäußert. 445
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rungskunst des Zudichters (bes. im überraschenden Abschluß des Gedankens in v.44) einräumen muß.447 Demgegenüber hält M a r t y n (403) wegen des Bezugs von mercedem (v.42) auf testamenta merentur / noctibus (v.37 f.) an der überlieferten Versfolge fest, beseitigt den zentralen Anstoß durch banalisierende Konjektur (v.42 mercedes inguinis) und bezieht die Prädikate von v.42 f. auf quisque ... heres (v.41) als Subjekt ("the captator-type": 3398). Für den merkwürdigen Perspektivenwechsel von v.43 f., wo die Blässe des erschöpften Liebhabers mit angstbedingtem Erbleichen glechgesetzt wird, bleibt dann allerdings nur die Erklärung "unexpected, ironical twist" (339).448 1,51 Nach A n d e r s o n (429) kann sich Juvenals programmatischer Rückverweis auf Horaz nicht auf den Dichter der Satiren und Episteln beziehen, da weder die denkbaren Konnotationen des Stichworts lucerna ("the scorching heat of satire"?449 lucubratio?) noch die allerorts zu beobachtende Horazferne der Juvenalischen Satire eine solche Assoziation zu tragen vermöchten. Vielmehr evoziere die Junktur Venusina lucerna "the persona of the epic and tragic poet, the vatis" (6), digna deute auf "two aspects of Juvenal's material: that it rises to the level of the more exalted works of Horace and that it merits the same tone of patriotic indignation" (7); und dies könne – zusammengenommen – nur auf die politisch-patriotischen Epoden und Oden des Augusteers gemünzt sein (epod.4; 7; 16; carm.3,1–6; 24). Daß jedoch gerade Satiriker die Kontinuität der Gattung ihrem individuellen Standpunkt überzuordnen pflegen, hätte ein Blick auf Hor. sat.2,1,28 f. me pedibus delectat claudere verba / Lucili ritu bzw. 34 sequor hunc [=Lucilium] lehren können; und zur Erklärung des Stichworts lucerna weiß schon der Scholiast z.St. quia satirici ad omnium vitia quasi lucernam admovent et ... ostendunt crimina, quae noverunt. 1,55 f. Um die Stelle von allzu komplexen juristischen Implikationen (Erbantritt auf dem Wege des Fideikommiß) freizuhalten, liest D e r o u x (462) sit (P) capiendi / ius nullum uxori! als parenthetischen Ausruf aus dem Munde des nach moechi bona gierenden leno/maritus: 'Alles für mich! Meine Frau soll nichts davon abbekommen!'
447 Die Assoziation des Judaslohns (Mt. 27,6 im Text der Vulgata: pretium sanguinis) könnte – so H. – auf einen christlichen Textbearbeiter hinweisen. 448 Zum weiteren Verständnis der Stelle können der Wortlaut von Cic. Sest. 16 omni inaudita libidine exsanguis und M o n t i s (77) Erklärung merces sanguinis = praemium finitae militiae möglicherweise einen Beitrag leisten. 449 Die Formulierung bei Mayor (72) z.St.
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1,57 Zur Formulierung des Oxymorons vigilanti stertere naso soll Juvenal S a n t i n i (469) zufolge durch Kontamination von Plaut. Mil. 820–823 und Lucr. 3,1048 gefunden haben. 1,59–62 T o w n e n d (436) dringt auf Beachtung der singulären Tempusmischung: "Who gave away his property to stables and lost all his ancestral estate by taking up driving while still a boy and driving at top speed along the Flaminian Way" (727). 1,70 G r i f f i t h s (396) Vorschlag, hier mit P rubeta zu lesen und diesen Ablativ mit sitiente zu verbinden (= sitim faciente), vermag nicht zu überzeugen: Auch die von ihm angeführten Belege sind nicht geeignet, sitire in der Bedeutung 'ausdörren' als "common idiom" (379) zu belegen. 1,76 Nach G r i f f i t h (441) bezieht sich stantem extra pocula caprum nicht auf einen "Pokal mit einem Bock in Hochrelief" (Friedländer [74] z.St.), sondern auf ein Gefäß mit theriomorphem Henkel; unter den von ihm aufgeführten archäologischen Belegen findet sich jedoch gerade kein poculum. 1,80 G. H i g h e t hatte zum erstenmal die Vermutung geäußert, Cluvienus sei – da sonst ohne Beleg – nicht als wirklicher Name eines zeitgenössischen Schunddichters, sondern als – vom Satiriker aus Gründen des Selbstschutzes gewähltes – Pseudonym für einen bekannten Poetaster mit metrisch äquivalentem Cognomen (Decianus nach Mart. 1,61,10 oder Iulius Cerialis nach Mart. 11,52,1) zu erklären.450 Spätere Forscher deuten das Nomen (Cluvienus M a c K a y 451, -aenus H e r r m a n n [433], -anus L a F l e u r [444]) als Herkunftsangabe ('aus Cluviae'), um diese sodann auf den von Juvenal wohl geschätzten, jedoch im Jahr 93 für seine Kunst mit dem Tode büßenden Dichter Helvidius Priscus iunior452 zu beziehen. Schwieriger gestaltet sich im einzelnen die Begründung des Decknamens, entfallen doch mit dem Untergang der Flavier alle einschlägigen Voraussetzungen.
450
G. H. (zit. oben Anm. 1), 290 f. Die epigraphischen Zeugnisse (CIL V 3600; 5136; VI 15863; 34972) sind hier ebenso wenig berücksichtigt wie die Tatsache, daß Martial gerade keine Bedenken trug, den Echtnamen des betreffenden Dichterlings zu verwenden. Auch für Juvenal läßt sich letztlich kein Grund benennen, warum er einen bedeutungslosen Schreiberling mit solcher Vorsicht hätte behandeln müssen (B a l d w i n [434]). 451 L.A.M., Notes on Juvenal, CPh 53, 1958, 236–240, hier: 236 ff. 452 Vgl. Suet. Dom.10,4: occidit [sc. Domitianus] et Helvidium filium, quasi scaenico exodio sub persona Paridis et Oenones divortium suum cum uxore taxasset.
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1. Nach MacKay wäre es Juvenal darum zu tun gewesen, in einem eher symbolischen Gestus die Gefährdung des Satirikers zu exemplifizieren. 2. Herrmann mutmaßt, Juvenal habe sich auch noch in trajanischer Zeit vor Publicius Certus, dem schon unter Nerva(!) von Plinius mundtot gemachten (vgl. epist. 9,13) delator des Helvidius in acht nehmen müssen.453 3. LaFleur sieht dagegen künstlerische Gründe am Werk: Juvenal habe – in gleichmäßigen Abständen über die Satire verteilt – durch herkunftsbezogene Paraphrasen (v.20 Auruncae; v.51 Venusina; v.80 Cluvianus) auf seine Vorbilder hinweisen wollen.454 Daß der Gedanke nunmehr jedoch, statt in einen bissigen Seitenhieb zu münden, nur noch der pietätvollen Erinnerung an einen verehrten Kollegen dienen soll, vermag die Interpretation nicht sonderlich zu empfehlen.455 1,81–89 Die syntaktische Analyse von H a r r i s o n 456, wonach v.85 f. (durch Umsetzung an eine andere Textstelle) auszuscheiden seien und der Temporalsatz von v.81–84 somit unmittelbar auf die Frage ecquando (Konjektur!) uberior vitiorum copia (v.87) zuführe457, vermeint G r i f f i t h (396) ohne Texteingriff beibehalten zu können: Anders als er glaubt, ist jedoch weder v.85 f. als parenthetischer Einschub sinnvoll noch auch nur et quando in unserem Zusammenhang als Einleitung einer unwilligen Frage denkbar: Gerade die von G. angeführten Belege – u.a. Iuv.6,342 – zeigen, daß in einem solchen Fall niemals ein vorbereitender Nebensatz vorausgeht.458 Versuche, die kontextfremde Ausweitung des von Juvenal ins Auge gefaßten Themenspektrums in v.85 f. ihrerseits zu erklären, bleiben ebenfalls erfolglos: C i t r o n i M a r c h e t t i (415) möchte sie mit Blick auf Dio Chr. 7,100 relativieren ("Il poeta parlerà dell' uomo e delle sue passioni: ma quelle passioni non possono avere come centro che il denaro": 143 f.), vermag dabei jedoch höchstens dem sachlichen, nicht aber dem zeitlichen Aspekt des Problems (vgl. v.81 ex quo Deucalion ...) gerecht zu werden; P a s o l i (328)
453 In seiner unbezähmbaren Entdeckerfreude will H. Publicius Certus noch mit dem 1,33–36 genannten magni delator amici ("le délateur de mon grand ami": 262) identifizieren. 454 In seiner Dissertation (252) hatte L a F l e u r noch der traditionellen Interpretation ("a petty scribbler" [68] namens Cluvienus) den Vorzug gegeben. 455 Für Cluvienus als gänzlich fiktiven Namen plädiert L o r e n z (465). 456 E.H., Juvenal i 81–89, CR 51, 1937, 55–56. 457 So schon A. S c h o l t e , Observationes criticae in saturas D. Iunii Iuvenalis, Utrecht 1873, 4 f.; im Text findet sich ecquando wohl erstmals bei J.F.H. W o l t e r s , Commentatio literaria in Juvenalis satiram primam, Silvae Ducis (= s'Hertogenbosch) 1853, 47 f. 458 Diese Aussage behält wohl auch für die Konjektur ecquando Gültigkeit (vgl. R. H e l m , Römische Satiriker. 1936–1940, JAW 282, 1943, 1–37, hier: 34); vgl. jedoch immerhin eine Formulierung wie quotiens hoc agitur, ecquandone nisi admirationibus maximis? (Cic. fin. 5,63).
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bedient sich zur logischen Verfugung der Verse eines textlich nicht gedeckten logischen Zwischenschritts: "il passaggio sottinteso è che la satira deve operare tale restrizione perché ora vita e vizio si sono identificati come mai prima era avvenuto: i vizi del presente saranno quindi l'unica materia dell' opera" (669). Erst P o w e l l (453) versteht es, durch Neuinterpretation einzelner Aussagen die gedankliche Kohärenz von v.81–89 offenzulegen: 1. ... nostri farrago libelli est (v.86) besagt nicht '...stellt den (bunten) Inhalt meines Buches dar', sondern '... bildet das Futter (=den Stoff), von dem sich mein Buch nährt' (der libellus witzigerweise als Tier gesehen). 2. Ex quo Deucalion, ... quidquid agunt homines, ... n.f.l.e. verheißt demzufolge keinen Durchgang durch die Menschheitsgeschichte459, sondern signalisiert die Geschehensfülle, aus der sich der Satiriker bedienen kann ("ever since the Flood, there has been material for satire in whatever men have done": 256).460 3. Das eigentliche Thema ist erst in der – nunmehr stimmig angeschlossenen – Frage von v.87 et quando uberior vitiorum copia angedeutet; für den gesamten Passus ergibt sich entsprechend die Mitteilung "There has been vice (material for satire) in all ages, and when more than today? Conclusion: I, Juvenal, will write about today" (257). I t i c (468) folgt diesem Erklärungsmodell, sucht die Metapher farrago jedoch auf die Vorstellung vom Satiriker als Wagenlenker (v.19 ff.) zu applizieren: Da auf der solcherart gewonnenen Bildebene das Wortfeld materia schon durch campus besetzt ist, soll das Substantiv ('Mischfutter') nunmehr mit dem labor poeticus zu identifizieren sein, welcher den libellus461 (=equus) nährt, ihn letztlich zu einem Produkt des genus grande bzw. einem maius opus werden läßt. Das hieraus resultierende Bild ist jedoch nicht nur sachlich schief (Mischfutter wäre durch bäuerlichen labor erzeugt, nicht jedoch mit diesem gleichzusetzen), sondern zudem durch gewaltsame Verdrehung des Zusammenhangs erkauft: v.81–84 sollen jetzt nicht mehr auf das menschliche Leben, sondern auf dessen literarische Formung bezogen sein ("l'ensemble de la tradition littéraire": 235).462 Nach L o r e n z (465) schließlich soll die Erwähnung von Deukalion und Pyrrha, üblicherweise als Umschreibung für den Beginn der Menschheitsge-
459 In diese Richtung weist Lucian. rhet. praec.20, wo empfohlen wird, um Eindruck zu machen, solle der gewiefte Redner immer mit Deukalion und Pyrrha (='Adam und Eva') einsetzen. 460 Vgl. schon R. H e l m (zit.oben Anm. 458), 34: "der Dichter sagt ..., daß er die sittlichen Mängel, die seit Menschengedenken vorhanden sind, geißeln will." B r a u n d s (407) eskapistischer Erklärung durch großspuriges Geschwafel des 'untrustworthy satirist' ist damit der Boden entzogen. 461 Der Vf. spricht durchgehend von "le libellum" (232 u.ö.). 462 Die als angebliche Parallele bemühte Formulierung von Plin. epist. 1,20,15 trägt ebenfalls nichts zum Verständnis unserer Stelle bei.
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schichte verstanden, auch auf die Vorgeschichte des einschlägigen Mythos verweisen. Ovids Metamorphosen als literarischen Prätext vor Augen (vgl. met. 1,125–150 die Beschreibung der ferrea aetas463, 1,163–252 die Darstellung des concilium deorum), evoziere der Satiriker den "implizite(n) Vergleich des Sprechers mit dem strafenden Jupiter und die Identifizierung der Satire mit dem diluvium" (902)464, um so scherzhaft die eigene Gattung in der Nähe des hohen Epos zu positionieren und gleichzeitig a priori das Scheitern der eigenen Bemühungen einzugestehen: Habe es doch auch die Strafaktion des Göttervaters nicht vermocht, die Menschheit auf Dauer von ihren vitia zu befreien. Für eine solche Deutung fehlen indes die spezifischen Voraussetzungen: Weder Rache noch Lustration kommen als realistische Zielsetzung Juvenalischer Satire in Frage.465 1,102–109 Durch seine Kommentierung dieser Verse sucht C o s o i (440) vermeintliche Defizite rumänischer Juvenalübersetzungen zu beheben. Dabei will er glauben machen, 1. v.104 molles ... in aure fenestras sei als Hypallage formuliert (= mollibus in auribus fenestrae; die Ohrlöcher entsprechend nicht zur Befestigung von weibischem Schmuck, sondern als Zeichen des Sklaven); 2. v.105 quinque tabernae [sc. argentariae] beziehe sich auf die Liv. 26,27,2 genannte 'Börse'466; 3. v.107 f. custodit .../ conductas Corvinus oves467 finde neuerlich das Stilmittel der Hypallage (= c. conductus468 C.o.) Verwendung. Nichts davon vermag zu überzeugen. 1,115 M a r t y n (404) verdächtigt atque, als Lückenfüller für zuvor ausgefallenes
463 Vgl. bes. v.144–148, deren "satirische Qualität" (895) durch Vergleich mit Iuv.1,69–72 deutlich wird. 464 Auf diesen Aspekt soll schon der sprechende, weil mit cluere ('reinigen') zu verbindende Name Cluvienus (v.80) verweisen: "Hier tritt ein offenbar fiktiver(!) Satiriker(!) auf, der das Ziel, die vitia der Menschen "wegzuspülen", gar im Namen trägt" (901; Hervorhebungen W.K.). 465 Den launigen Gedichtbeginn von v.1–18 (Juvenal schreibt zwecks 'Vergeltung' öder recitationes) und die sittlich motivierte Entrüstung des Satirikers hätte L. besser nicht in einen Topf werfen sollen. 466 Diese Deutung wird schon von Friedländer (74) z.St. als längst widerlegt abgetan. 467 Daß Corvinus nicht einmal eigene Tiere, sondern nur Pachtschafe zur Verfügung stehen, ist natürlich besonders beschämend; abwegig daher der Vorschlag von W h i t e (473), diesen Umstand durch banalisierende Wiedergabe (conductas = 'gathered together') aus der Welt zu schaffen. 468 Als Konjektur vorgeschlagen von J.J. H a r t m a n (zit. oben Anm. 424).
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Fama in den Text geraten zu sein;469 den entscheidenden Einwand nennt C o u r t n e y (79) z.St.: "Fama ... had no cult." 1,116 Durch Verweis auf das Storchennest will Juvenal nach M o n t i (408) aus der Mehrzahl stadtrömischer Concordiatempel ein bestimmtes Gebäude herausgreifen; den Angaben des Probus Vallae zufolge wäre es mit dem schon 367 v.Chr. geweihten templum Concordiae ... vetus (z.St.) zu identifizieren. 1,135 N i s b e t s (458) hyperkritischer Einwand gegen optima silvarum ("the patron is munching high-quality timber": 88) ist nicht geeignet, seine Konjektur praemia zu rechtfertigen. 1,142 ff. M o r g a n (454) schließt aus den berichteten Umständen (unter Hinzunahme von Pers. 3,98–106)470 auf eine Herzattacke als Todesursache. V.143 vermag die Lesart crudus (PR : crudum VΦ Phocas GLK V 426) trotz C o u r t n e y s (392) Verteidigung (unter Wiederaufnahme der Konjektur portans) nicht zu überzeugen; in crudum sieht C i t r o n i M a r c h e t t i (415) neben dem medizinischen Fachterminus ('unverdaut') den gleichen moralistischen Seitenhieb gegen griechische Ärzte und deren Ratschläge, wie er auch Plin. nat. 29,26 balineae ardentes quibus persuasere in corporibus cibos coqui ut nemo non minus validus exiret, oboedientissimi vero efferrentur vorliegt. V.144 wird angesichts seiner generalisierenden Aussage (subitae mortes) und der mit intestata verbundenen Verständnisschwierigkeiten verschiedentlich als Interpolation verdächtigt; als Konsequenz schlägt N i s b e t (390), 234 v.144, 412 in leichter Modifikation v.144 subitae – 145 it zur Streichung vor.471 H ö g g (105) dagegen folgert die Authentizität des Verses aus seiner Verankerung im Kontext (mortes sei als Zwischenglied zwischen poena und funus, intestata als Voraussetzung von v.146 iratis ... amicis unverzichtbar) und verweist zu seiner Erklärung auf Friedländers [74] Annahme eines Hendiadyoin (z.St.: subitae mortes senum intestatorum). Demgegenüber stellt W a t t s (418) Konjektur ‹h›inc est ‹r›ara ebenso wenig einen Fortschritt dar wie E d e n s (411) kontextferne Erklärung, Juvenal stehe hier eine sachliche Alternative vor Augen: Den Schlemmer erwarte entweder ein plötzlicher Tod in jungen Jahren oder (atque disjunktiv!) "survival to an old age which his gluttony has impoverished, making him unable to bequeath anything to anybody in a will" (335). Irrig auch B r a u n d / C l o u d (407), wonach v.144 seinen Sinn aus taktischen Erwä469
Damit tritt M. an die Seite von J.P. Postgate, der sich 1909 erstmals für diese Konjektur ausgesprochen hatte (J.P.P., On the text of Juvenal I.115, CQ 3, 1909, 66–68). 470 Der Hinweis auf Persius (in Verbindung mit Hor. epist. 1,6,61) als Ideenlieferant auch bei C o l t o n (437) und P a s o l i (445). 471 Knoche (ed.) hatte v.144 f. als unecht getilgt.
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gungen des Gourmands bezöge ("The patron has put off making his will in order to keep would-be legatees up to the mark": 203): Einer solchen Aussage fehlt der – durch hinc unabdingbar geforderte – Konnex zum Vorausgehenden. 1,147–150 L a u d i z i (470) zufolge soll Juvenals resignative Einsicht in diesen Versen unmittelbar auf Hor. carm. 3,6,45–48 Bezug nehmen (vgl. nil erit ulterius quod nostris moribus addat / posteritas mit aetas parentum peior avis tulit / nos nequiores, mox daturos / progeniem vitiosiorem), dabei aber nicht den Wortlaut der Horazstelle (unaufhaltsames Fortschreiten des Niedergangs), sondern deren implizite Funktion (Ermahnung und damit Möglichkeit zur Umkehr) im Auge haben. Da die übliche Erklärung von omne in praecipiti vitium stetit ('hat den Gipfel erreicht') nicht mit der Wortbedeutung von praeceps zu vereinbaren ist472, schlägt K i d d (431) eine alternative Deutung vor, die zwar der wortinhärenten Konnotation der Gefährdung Rechnung trägt ('every vice has taken up a position in danger'), dafür jedoch Juvenals Urteil über die Erfolgsaussichten des Satirikers unangemessen optimistisch erscheinen läßt ("society is now as vicious as it ever can be – but this means that vice is particularly vulnerable – therefore now is the time to attack it": 107).473 C i t r o n i M a r c h e t t i (449) wiederum lokalisiert die Ausdrucksweise in der Vorstellung der Moralisten vom Niedergang der virtus, wonach unsere Stelle davon handele, "che il vizio di Roma 'nel suo precipitare si è fermato' " (182), d.h. 'auf dem Tiefpunkt angelangt ist'. Doch beziehen sich die von ihr beigebrachten Belege in der Tat auf den 'freien Fall' der mores und gerade nicht der vitia; und Formulierungen wie se in praecipiti et lubrico stantem (Curt. Ruf. 6,4,10) o.ä. legen die – für unsere Stelle ebenfalls nicht recht befriedigende – Übersetzung durch 'am Abgrund stehen' nahe. 1,153 f. Mit seinem Vorschlag, die beiden Verse als oratione recta geäußerten Ausdruck gelebten Freimutes (v.153 simplicitas) aufzufassen, rennt G r i f f i t h (396) offene Türen ein: Entsprechend ist der Text etwa schon bei Clausen (ed. 1959) gedruckt. 1,155 ff. G i a n g r a n d e (391) übernimmt die von Friedländer (74) vorgetragene Interpretation, wonach der sulcus von v.157 durch den am Haken des carnifex weggeschleiften Leichnam entsteht, verteidigt aber die besser überlieferte
472
Auch Plin. epist. 9,26,2 accedere ad praeceps ist von Lewis-Short s.v. zu Unrecht als 'to verge on the sublime' wiedergegeben. 473 In diesem Sinne letztlich schon F.O. C o p l e y , Juvenal, Sat., I,1, 147–150, AJPh 62, 1941, 219–221. – Für den Wortlaut vergleicht K. Verg. Aen.2,460 – eine Stelle, deren Zusammenhang (Aen.2,460–467) auch für Iuv.10,103–107 Pate gestanden haben soll.
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Verbform deducit, indem er Tigellinus474 zum Subjekt des – kausativ zu verstehenden – Prädikates erklärt: "when(ever) you describe Tigillinus, you will be burnt, and he has a broad furrow traced through the middle of the harena" (35; deducit mithin als Fortsetzung des Hauptsatzes taeda lucebis). Indes ist die Formulierung von v.157 wohl kaum anders als auf das tote Opfer selbst zu beziehen; will man also nicht mit Housman (4) vor diesem Vers eine Lücke ansetzen475, muß das Kolon, eingeleitet durch et ‹quae› [sc. taeda] als Fortsetzung des voranstehenden Relativsatzes qua stantes ardent aufgefaßt werden. Vor diesem Hintergrund erinnert C l a u s e n (382) an eine alternative Erklärung, die in v.157 den Akt der Verbrennung selbst thematisiert sieht ("a number of victims, buried to their middle in the sand, are burnt in a long row": M a y o r [72] z.St.); wenn er diese jedoch durch Bezug der Stelle auf Verg. Aen. 2,697 f. tum longo limite sulcus / dat lucem et late circum loca sulphure fumant zu erhärten sucht, überdehnt er die zugrundeliegende Vorstellung: Bei Vergil wird der himmlische sulcus ja gerade durch die Bewegung des Kometen erzeugt; dagegen könnten die bis zur Hüfte eingegrabenen Opfer im Widerschein des Feuers höchstens an ein 'Lichtermeer', keineswegs jedoch an eine Furche im Arenasand gemahnen.476 Eine originelle und auf den ersten Blick verblüffend einfache Erklärung präsentiert schließlich B a r r e t t (446), der v.155 raeda konjiziert und mit Blick auf ein libysches Mosaik, welches im Zusammenhang der damnatio bestiarum den Einsatz von Karren belegt, ähnliche Transportmittel auch im Fall der Strafkremation für möglich hält: v.157 bezöge sich mithin auf Wagenspuren im Arenasand (mit hübschem Kontrast zum folgenden Verspaar 158 f.: den Aufrechten erwartet der Schinderkarren, den Verbrecher dagegen die Luxussänfte); doch ist auch hier der Widerspruch nicht ausgeblieben (B a l d w i n [447], G r i f f i t h [448]): Insbesondere ist der im Umgang mit Löwen und Bären sinnvolle Gebrauch von Wagen nicht ohne weiteres auf die an unserer Stelle vorausgesetzte Situation übertragbar ("the use of a cart with a long pole was surely to guarantee the arena attendants' own safety": B., 162). Da jedoch auch diese jüngsten Wortmeldungen nur bekannte Positionen
474 Erstaunlich der Einfall von B a l d w i n (434), Juvenal nehme hier nicht auf Neros praefectus praetorio, sondern – mit einem sprechenden Namen (wegen tigillum = 'kleiner Balken') – auf einen üblen Gesellen seiner Tage Bezug. 475 Dieser konjiziert – durchaus ansprechend – ‹quorum informe unco trahitur post fata cadaver› et latum media sulcum deducit harena; W i l l i s (11) übernimmt den Plusvers in seinen Text. 476 Ebenfalls mit Blick auf Vergil will R e g g i a n i (467) v.157 die Authentizität der Lesart pectore (P : gutture ΦΣ) erweisen: Doch sollte Juvenal wirklich wegen der schönen Formulierung von Aen. 1,44 f. illum exspirantem transfixo pectore flammas / turbine corripuit (Aiax wird vom Blitz getroffen!) die ganz anders geartete Realität der taedia/tunica molestaBestrafung (nach R.: Pfählung) aus den Augen verloren haben?
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(Giangrande, Clausen) wiederholen, steht eine allseits befriedigende Lösung weiterhin aus.477 1,160–166 Zu diesem Abschnitt liefert N i s b e t (412) ein bemerkenswertes Beispiel für die selbstreferentielle Emendationspraxis angloamerikanischen Zuschnitts: Zuerst ist verbum (v.161) in verbo zu ändern (Begründung: "the pedant in us cannot help noticing that hic est is two words": 88)478, sodann percussus (v.163) durch excussus zu ersetzen ("there is nothing humorous about p. Achilles": 89; der – in seiner Tarnung als Mädchen – 'aufgespürte' Achill479 soll diesem Manko abhelfen)480 und schließlich noch v.165 velut ("jars a little": ebd.) zugunsten von semel zu beseitigen: Erst dann kann Juvenal in den Augen seines Kritikers bestehen. Inhaltlich attraktiv, doch sprachlich holprig gibt sich schließlich die von T r a p p e s - L o m a x (424) zu v.161 vorgeschlagene Konjektur cui (accusator erit, cui verbum dixerit 'hic est'), die den Vers zur dezidierten Warnung vor dem reichen Verbrecher werden läßt: Ist dieser doch jederzeit imstande, den Unbesonnenen durch irgendeinen seiner Klienten vor Gericht ziehen zu lassen. 1,170 f. B a l d w i n (434) mutmaßt, Juvenal nehme hier gar nicht die Toten, sondern die Adligen (die nach ihrem Tod an der Via Flaminia bzw. Latina die letzte Ruhestätte finden werden) ins Visier, da ihm von diesen – anders als von mächtigen Emporkömmlingen (vgl. v.155 ff. Tigellinus) – keine Gefahr drohe (vgl. auch 455); dies geht jedoch am lateinischen Wortlaut (Präsens tegitur!) wie an der gesellschaftlichen Realität vorbei: vgl. K e n n e y (430) und G r i f f i t h (438). 3. Satire 2 475. L. L a b r u n a , Un editto per Carfania? in: Synteleia V. Arangio-Ruiz, Napoli 1964, 415–420. [2,69] 477
Auch der von M o n t i (77) wiederaufgegriffene, letztlich aus D. Iunii Iuvenalis Satirae cum commentariis C.F. H e i n r i c h i i , Bonn 1839, Bd. 2, 84 bezogene Vorschlag, v.157 aut ... deducis zu lesen und auf eine alternative, nicht näher spezifizierte Art der Hinrichtung im Amphitheater zu beziehen, bringt hier ebensowenig einen Fortschritt wie der abwegige Hinweis von W h i t e (473), der Vers sei – in Form eines Hysteron proteron – auf ein vor der Hinrichtung (v.155 f.) situiertes Geschehen bezogen: "you will wriggle like a snake on the sand of amphitheatre" (225). 478 Da das Wort so schon einmal zur Disposition gestellt ist, sieht sich H e n d r y (417) zu einem eigenen Versuch a-/ad-versus (nach qui!) ermutigt. 479 Zu dieser Episode vgl. Stat. Ach. 1,841–857. 480 Die gleiche Änderung im Ton will H e n d r y (459) durch pertusus erreichen.
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476. D. K u i j p e r , Tertius Cato – trabe prolapsus, Mnemosyne 18, 1965, 155–180. [2,40] 477. J.R.C. M a r t y n , Juvenal 2.78–81 and Virgil's plague, CPh 65, 1970, 49–50 = d e r s . , Juvenal: a farrago (113), 77–79. 478. A. d e l C a s t i l l o – C. A r i a s A b e l l á n , Notas sobre Juvenal II 36–63, Emerita 47, 1979, 161–170. 479. J.R.C. M a r t y n , Servius and Juvenal, Philologus 123, 1979, 325–326 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 81–82. [2,161] 480. –, Juvenal 2,161, Hermes 111, 1983, 501 = d e r s . , Juvenal: a farrago (113), 80. 481. Y. N a d e a u , Juvenal traduced (Juvenal 2.149–159), LCM 8, 1983, 14–16. [2,159] 482. N. R u d d , On being traduced (Juvenal 2.149–59), LCM 8, 1983, 30. [2,159] 483. S.H. B r a u n d – J.D. C l o u d , Juvenal's traducement again (2.153– 163), LCM 8, 1983, 50–51. [2,159] 484. B. B a l d w i n , Juvenal 2.161, AClass 28, 1985, 87 = d e r s . , Roman and Byzantine papers, Amsterdam 1989, 10. 485. Y. N a d e a u , Traduction and censors (Juvenal 2.159; 8.17; 7.16; 11.31 : Virgil, A. 6.697 ff.), LCM 10, 1985, 44–48. [2,159] 486. J. M a r t y n , De versibus quos Iuvenalis Audoenusque de Britannia scripserunt, in: O. D i l k e – G. T o w n e n d (Hgg.), Acta omnium gentium ac nationum conventus sexti Latinis litteris linguaeque fovendis, Kendal 1986, 135–136. [2,161] 487. J.A. W i l l i s , Ad Juvenalis saturam alteram, Mnemosyne 45, 1992, 376–380. [2,53; 57; 143–148] 488. D. K o n s t a n , Sexuality and power in Juvenal's second Satire, LCM 18, 1993, 12–14. [2,143–148] 489. P. F e r n á n d e z U r i e l , Tácito, Annales XV,37,8 y Suetonio, Nero XXVIII y XXIX. ¿Interpretación sexual o religiosa? in: J. A l v a r u.a. (Hgg.), Sexo, muerte y religión en el mundo clásico, Madrid 1994, 111–124. [2,117– 142] 490. S.H. B r a u n d , A woman's voice? – Laronia's role in Juvenal Satire 2, in: R. H a w l e y – B. L e v i c k (Hgg.), Women in antiquity. New assessments, London 1995, 207–219. [2,38–63] 491. P. C h i e s a , Congettura o tradizione? A proposito di Giovenale 2,150, MD 37, 1996, 271–279. 492. C. N a p p a , Praetextati mores: Juvenal's second satire, Hermes 126, 1998, 90–108.
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493. J. W a l t e r s , Making a spectacle: deviant men, invective, and pleasure, Arethusa 31, 1998, 355–367 = (leicht gekürzt) Juvenal, Satire 2: putting male sexual deviants on show, in: L. F o x h a l l – J. S a l m o n (Hgg.), Thinking men. Masculinity and its self-representation in the classical tradition, London 1998, 148–154 = Persius and Juvenal (115), 349–360. 494. S. G r a z z i n i , Iuvenalis 2,106, ACD 37, 2001, 73–78. 495. F. C a i r n s , An unnecessary emendation in Juvenal Satire 2.168, Hermes 135, 2007, 199–205. 496. B. K a y a c h e v , Juvenal 2,152–3 and Lucilius 15,486–8 Marx: an unnoticed reminiscence? RhM 152, 2009, 222–223. 497. J.G.F. P o w e l l , Juvenal and the Delatores, in: C.S. K r a u s u.a. (Hgg.), Ancient historiography and its contexts. Studies in honour of A.J. Woodman, Oxford 2010, 224–244. a) Gesamtsatire und Großabschnitte Das Verständnis für die Themenstellung, mittelbar aber auch den Aufbau unseres Gedichtes wird nicht zuletzt durch den als Fremdkörper wirkenden Einschub von v.143–148 in Mitleidenschaft gezogen. Indes besteht kein Anlaß, aus dem Abschnitt vorschnell auf eine thematische Aufweichung der Satire oder gar auf geistige Inkompetenz des Autors zu schließen, solange sich für das in ihm behandelte Motiv (Gracchus als Gladiator) Erklärungen finden lassen, die der inneren Einheit des Gedichtes nicht zuwiderlaufen (vgl. zu 6.O.9–13). B r a u n d / C l o u d (407), 203–208 können für die regelmäßig als unstrukturiert gescholtene Satire481 einen bedachten Aufbau nachweisen. Demnach sind um das Zentrum des Gedichtes (v.78–81: das Laster als ansteckende Krankheit) vier Großblöcke gruppiert, die, durch den zweimaligen Wechsel von 'secret' zu 'open' bzw. von 'private' zu 'public' paarweise aufeinander bezogen, das Thema Homosexualität482 in all seinen Facetten ausleuchten:483 A.
hypocritical homosexuality v. 1– 65 the secret hypocritical moralist v. 65– 78 the obviously hypocritical moralist Creticus484
481 Vgl. etwa Courtney (79): "the train of thought is not organised on a systematic and logical plan" (120). 482 Genauer etwa K o n s t a n (488): "Sat.2 is concerned not with relations between males as such, but specifically and exclusively with Roman aristocrats who assume the submissive or effeminate role in sexual relationships with other men" (12). 483 Das folgende Schema ist aus dem fortlaufenden Text des Aufsatzes herausdestilliert. 484 Daß auch Creticus unter die Heuchler einzureihen ist, geht aus v.67–70 klar hervor: Tritt er doch ungeachtet seiner eigenen Abartigkeit als Ankläger gegen Ehebrecherinnen auf.
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admitted homosexuality v. 82–116 the secret admitted homosexual (Bona Dea-Fest) v.117–148 the obviously admitted homosexual Gracchus (Hochzeit und Auftritt als Gladiator).
Ob man darüber hinaus auch dem 'military symbolism' in unserer Satire einheitsstiftende Kraft zubilligen muß485, mag dahingestellt bleiben. N a p p a (492) versucht sich in einer Neubestimmung der thematischen Stoßrichtung von Iuv.II. Im Ergebnis erscheinen ihm dabei passive Homosexualität und weibisches Verhalten auf seiten der römischen Elite nicht mehr als zentraler Gegenstand, sondern als – wenn auch dominierendes – Einzelmotiv, welches das im Gedichtverlauf kontinuierlich fortgesponnene Hauptthema, "that the shifting moral and social protocols of Rome present a danger to the fabric and vigor of that society" (108), dokumentieren bzw. illustrieren soll. Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß diese Akzentverschiebung auf einer forcierten Verselbständigung von Passagen beruht, die dem in Abrede gestellten Thema entweder unmittelbar oder zumindest als Hinführung oder Digression zugeordnet werden können: vgl. zu v.4–10 "poseurs playing at philosophy" (93; schon v.3 rücken jedoch qui Curios simulant et Bacchanalia vivunt in den Mittelpunkt); v.19–33 "hypocrisy among moralists" (95; indes spricht Juvenal v.19 ff. von denen, qui ... / ... de virtute locuti / clunem agitant); v.58–61 "The homosexual relationship, within the context of the family, inverts social norms" (100); v.65–78 "Creticus ... represents not only hypocrisy but a weakening of the system of justice" (101; dies aber doch wegen v.78 perluces); v.78–81 "a general statement on corruption (...) as an infectious disease" (101; in Wirklichkeit ist die Stelle durch v.78 h a n c labem unmittelbar auf den Fall des Creticus zurückbezogen); v.110–116 "the immorality is sexual, ... but also general" (103); v.143–148 "Juvenal is starting to show not only the moral debility of individuals, but the moral decay of a society" (105; vgl. jedoch das zu 6.O.9–13 Gesagte). Ähnlich forciert erscheint auch die Argumentation von P o w e l l (497), der durch die luftige Kombination einer petitio principii (genuines Betätigungsfeld der Oberschicht, das einen satirischen Angriff evozieren könnte: die [Gerichts-]Rede), einer falsch verstandenen Textstelle (v.21 ego te ceventem, Sexte, verebor? "there must [...] have been something to be afraid of": 227) und zweier einseitig zugespitzter Testimonien (Quint. inst. 12,3,12; Mart. 1,24; zur Zielscheibe des Martialgedichtes: "This too, then, may be an accuser" [230]) sowie forcierter Ausdeutung des ersten Satirenteils (vgl. etwa v.36 torvum: "a standard epithet of prosecutors" [230]; v.35 castigata: "prosecuted in court" [232]; v.50 Hispo: "an archetypal prosecutor" [233]) zu dem abwegigen Schluß kommt, die ganze Satire richte sich gegen professionelle Ankläger (bes. in
485
So schon W. A n d e r s o n (zit. oben Anm. 217), 45–55 bzw. 209–219.
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Sachen Ehebruch), "who were potentially, or had recently been, a real menace" (240).486 Unter dem Strich besteht keine Veranlassung, das traditionelle Verständnis der Satire in Zweifel zu ziehen. W a l t e r s (493) macht sich die soziale und kulturelle Verortung des Gedichtes zur Aufgabe. Durch die Bloßstellung gesellschaftlich geächteten Verhaltens organisiere Juvenal auf der einen Seite, den Mechanismen altrömischer flagitatio folgend, die Solidarität der schweigenden Mehrheit, um diese für die Affirmation der gemeinsam akzeptierten Normen zu gewinnen; andererseits liefere er seinem Leser auch eine Art Bühnenschauspiel, das dieser mit voyeuristischem Vergnügen quittiere. Befremdlicherweise soll dieses dann allerdings nicht nur in der pharisäerhaften Freude des Nichtbetroffenseins bestehen, sondern nicht zuletzt auch der Gier nach grobsinnlicher Lustbefriedigung entspringen: "The portrayal of these forbidden acts, while stigmatizing those who are alleged actually to have performed them, enables the readers of the satire to indulge themselves through their imagination in those forbidden pleasures (...) while simultaneously preserving their own status of respectability" (365).487 C i t r o n i M a r c h e t t i (415) schließlich belegt in sat.2 den moralischen Motivschatz der Rhetorenschule, wie er etwa auch – mit jeweils gegensätzlicher Bewertung – in der ersten Elegia in Maecenatem anzutreffen ist: vgl. v.15– 19; 72–76 mit eleg. in Maecen. 1,21 f. und 25–28; v.54 ff. mit eleg. in Maecen. 1,69–76; v.159–163 mit eleg. in Maecen. 1,50; 93–97. Die Laroniarede von v.38–63 soll nach d e l C a s t i l l o / A r i a s A b e l l á n (478) als beherzte Anklage gegen die Diskriminierung der römischen Frau formuliert sein; inwiefern diese Annahme – wie im Resümee behauptet – das Verständnis der 6.Satire befruchten könnte, wird aus dem Aufsatz selbst nicht weiter deutlich. B r a u n d (490) dagegen verweist darauf, daß Laronia in sat.2 nicht als autonome Frauenstimme, sondern als Geschöpf des Satirensprechers488 das Wort ergreift. Selber als Ehebrecherin aus der Oberschicht zu denken (vgl. hierfür v.37 und 65–70), kommt sie in ihrer Rede gegen die Heuchelei der als Moralapostel getarnten Homosexuellen auf einige stereotype Vorwürfe miso486
P.s abschließend geäußerte Ansicht, Juvenal meine mit delator durchweg den Ankläger, trifft für 1,33 und 10,69 f. zweifellos zu; in 3,116 könnte die historische Wahrheit, in 4,47 f. die konkrete Situation vielleicht doch eher für die Bedeutung 'Denunziant' sprechen. 487 Mehrfach versinken W.s Erkenntnisse in zeitgeistdiktierter Abenteuerlichkeit: "this gaze [sc. des Lesers] is in some sense correlate with sexual penetration" (358 zu v.13); "the social disgrace [sc. der flagitatio] is envisioned as entering his body as the penis of the man who penetrated him did" (361). 488 Dieser wird – B.s Auffassung des persona-Konzepts entsprechend – vom Autor geschieden und, ganz wie in sat.1, als "raging bigot" (207) charakterisiert. Zutreffend auf jeden Fall die Beobachtung, daß Laronias überlegene Ironie (vgl. v.38 subridens) von der polternden indignatio des Sprechers zu scheiden ist.
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gynistischer Invektivenliteratur zu sprechen, nicht jedoch, um diese als solche zu entkräften, sondern um – ganz im Sinne des 'satirist' – ein Gegenbild zu der Welt effeminierter Männer zu entwerfen: Wenn Römerinnen keinen Cunnilingus praktizieren (v.49), nicht als "female lawyers" (212) vor Gericht auftreten (v.51 f.) und nur selten das Ringen üben (v.53)489, bleiben sie füglich innerhalb der durch die Männerwelt vorgegebenen Grenzen geschlechtsspezifischen Rollenverhaltens. Zu v.117–142 referiert F e r n á n d e z U r i e l (489) die auf J. C o l i n zurückgehende These, wonach nicht nur die Nachrichten über Neros Verehelichung mit anderen Männern (Tac. ann.15,37; Suet. Nero 28 f.), sondern eben auch Juvenals ähnlich gelagerter Bericht über die angebliche Hochzeit Gracchus/cornicen als böswillige Verzerrung eines religiösen Initiationsritus zu deuten sei: "L'union sexuelle entre l'homme et la divinité ... est le symbole de l'initiation religieuse par excellence."490 F.s eigener Beitrag erschöpft sich in dem Satz "considero muy dudosa la interpretación" (121). b) Einzelstellen 2,5 ff. M o n t i (408) zufolge soll sich Juvenals Hohn gegen den perfectissimus horum erst dann erschließen, wenn man v.6 f. als Gegensatz begreift: Der Dummerjan kauft Büsten von Aristoteles und Pittakos, die er dann in seiner Ignoranz für Abbilder des Kleanthes hält. Im Zusammenhang überzeugt jedoch eher das traditionelle Verständnis der Passage; vgl. etwa Adamietz (16): "... denn der Vollkommenste ist unter ihnen, wer einen naturgetreuen Aristoteles oder Pittacus gekauft hat und sein Wandregal Originale von Cleanthes bewahren heißt." 2,22 T r a p p e s - L o m a x (424) kann seine Konjektur qui (st. quo) durch eine analoge Korruptel bei Horaz (epist.1,16,63)491 stützen.
489 Die oftmals beschworenen Widersprüche zu sat.6 fallen bei näherem Zusehen in sich zusammen: 6,311 nimmt lesbische Sexualität völlig andere Formen an, 6,242–245 beziehen sich auf eine Prozeßwütige, keine Anwältin, und die Existenz von Kraftsportlerinnen (6,246– 267) war auch von Laronia eingeräumt worden. Hier ist gerade kein Beleg dafür zu gewinnen, daß der Satiriker bzw. seine persona von Gedicht zu Gedicht ganz unterschiedliche Positionen einnimmt. Was bleibt, ist die Unvereinbarkeit von 6,301 und 2,49, die jedoch möglicherweise dahingehend aufzulösen ist, daß Laronia mit Tedia non lambit Cluviam nec Flora Catullam tatsächlich auf stadtbekannte Einzelfälle übelbeleumundeter Damen Bezug nimmt. 490 J.C., Juvénal et le mariage mystique de Gracchus (Juv., Sat., II,117–142), AAT 90, 1955–1956, 114–216, hier: 205. Colin selbst ordnet unseren Abschnitt dem Mâ Bellona-Kult zu; spätere Interpreten bringen stattdessen Kybele oder Mithras ins Spiel. 491 Bei T.-L. selbst ist die Stelle fälschlich als "Hor. Ep. I,16,2" (727) angegeben.
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2,38 Nach vorausgehendem non tulit ex illis torvum ... quendam / clamantem (v.36 f.) ist an unserer Stelle atque ita, nicht mit M a r t y n (404) und einer Minderheit der Handschriften ad quem fortzufahren. 2,40 Nach K u i j p e r (476) soll Laronia ihren höhnischen Ausruf tertius e caelo cecidit Cato! auf niemand anderen als Domitian gemünzt haben. Zur Bekräftigung dieser These bietet der Interpret sein ganzes Arsenal auf: 1. Der die Laroniarede einleitende Satz non tulit ex illis torvum Laronia quendam / clamantem (v.36 f.) wird syntaktisch neu zusammengesetzt, ex illis jetzt nicht mehr mit torvum quendam, sondern mit Laronia verbunden: 'una ex illis vitiis ultimis nomine Laronia' (159). 2. Der nähere wie fernere Kontext wird nach Anspielungen auf Domitian durchforstet: castigare (v.35) und censura (v.63) werden auf seine Zensur, pudor (v.39) auf seine Moralistenattitüde, Stoicidae (v.65) auf die 'Entourage des Stoikers' (=Domitian!), felicia tempora (v.38) auf die herrscherbezogenen Vorstellungen vom saeculum aureum bezogen. 3. Das Verbum cadere soll erst als ironischer Rekurs auf Motive der Kaiserpanegyrik voll verständlich werden. K. verweist auf Cic. Manil.41 omnes nunc in iis locis [=in Orientis urbibus] Cn. Pompeium sicut aliquem ... de caelo delapsum intuentur; Calp. ecl. 4,137 f. di, ... hunc iuvenem, quem vos (neque fallor) ab ipso / aethere misistis, vor allem aber auf den – von ihm entsprechend uminterpretierten492 – Vers Sulpicia sat.36 non trabe (wegen Plin. nat. 2,96 und Sen. nat. 7,5 als Synonym von cometes aufgefaßt), sed tergo prolapsus (demnach müsse Domitian einmal vom Rücken seines Reitpferdes [seiner Sänftensklaven?] herabgestürzt sein) et ingluvie altus (coni. Kuijper, albus codd.). All diesen Bemühungen zum Trotz ist K.s neue Erklärung abzulehnen: Nachdem der Satiriker v.29–33 schon gegen Domitian und dessen heuchlerische Sittengesetzgebung polemisiert hatte (v.30 qui tunc leges revocabat amaras), kann der Kaiser nicht neuerlich durch torvum quendam (v.36) eingeführt werden, zumal dieser die harte Hand des Gesetzgebers gerade vermißt (v.37 ubi nunc, lex Iulia, dormis?).493 2,47 H e n d r y s (417) Äußerung "Though pallet in 50 is perfectly appropriate, it is possible that Juvenal wrote callet" (255; mit angeblichem 'double-entendre') dokumentiert die unseriöse Beliebigkeit seiner Konjektur zur Genüge.
492 Vgl. hierzu bereits die ernüchternde Stellungnahme von S. R o s s i , Filologia e ingenuità, GIF 18, 1965, 333–334. 493 Erstaunlicherweise bewertet K. die motivische Affinität von v.30 und 37 gerade als Stütze der eigenen Position.
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2,53/57 W i l l i s (487) möchte beide Verse als kontextfremde Einsprengsel getilgt sehen; bei der horrida paelex von v.57 mag es sich jedoch, wie schon von Housman bemerkt (vgl. W. B a r r , LCM 6, 1981, 84), um eine Periphrase für Antiope handeln. 2,69 Mangels augenfälliger Gemeinsamkeiten zwischen Juvenals Carfinia und der bei Valerius Maximus als prompta ad lites contrahendas, bei Ulpian als inverecunde postulans et magistratum inquietans charakterisierten Dame (Val.Max.8,3,2: C. Afrania; cod.Paris. ebd.: C. Afrinia; Ulp.dig.3,1,1,5: Carfania) kann der Juvenalphilologe – so L a b r u n a (475) – aus einem Stellenvergleich weder für die Person selbst noch für ihren Namen neue Erkenntnisse gewinnen. 2,78–81 Für das die Gefährlichkeit des Lasters illustrierende Seuchengleichnis mag Juvenal durch Vergils Pestdarstellung (georg.3,440–566) angeregt worden sein (so M a r t y n [477] unter Hinweis auf die Stichwörter contagio, grex totus, scabie, cadit, porci); verfehlt jedoch die Annahme, auch noch das folgende Bild von der Traube (v.81) sei ungeachtet des Sprichworts uva uvam videndo varia fit (schol.z.St.) und unter Verwendung der schwach bezeugten Variante contacta (V) auf den gleichen Vorstellungsbereich zu beziehen. 2,102 f. Mit guten Gründen bestreitet M o n t i (408), daß res memoranda novis annalibus atque recenti / historia auf das Geschichtswerk des Tacitus anspielen und so ein Indiz für die Spätdatierung der Satire (nach 110 oder gar 115) liefern könne: Ist doch Othos Auftreten als Bürgerkriegsfeldherr in den Taciteischen Historien (Plural!) gerade nicht als weibisch charakterisiert (vgl. hist.2,11,3), und in den Annalen blieb es überhaupt unerwähnt. Anscheinend geht es dem Satiriker hier nur darum, einen ironischen Kontrast zum Inhalt der annales veteres bzw. historia antiqua herzustellen (zu einer ähnlichen Hervorhebung unerhörten Geschehens vgl. 6,230 titulo res digna sepulcri); allenfalls könnte ein Bezug auf die Historia a fine Aufidi Bassi des älteren Plinius gegeben sein. Auch N i s b e t (412) rechnet nicht mit Rekurs auf Tacitus: 'a thing that should be recorded while the annals are new and the record is fresh' (89). 2,105 f. N i s b e t s (390) Vorschlag einer Athetese (v.105 summi – 106 campis, alternativ v.105 ganz) bringt keinen Gewinn. 2,106 Unter Bezug auf Claud. 20,457 quis solio campum praeponere suasit avito? plädiert hier G r a z z i n i (494) statt überliefertem spolium (Φ) für Herwerdens Konjek-
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tur solium.494 Da der Claudianvers jedoch nicht zweifelsfrei als Juvenalimitation kenntlich wird (für solio ... avito vgl. auch Verg. Aen. 7,169; Ov. met. 6,650), verdient eher der Hinweis Beachtung, spolium sei wegen v.100 Actoris Aurunci spolium als Wiederholung zu verdächtigen. 2,108 f. Für Eingriffe in den überlieferten Text (v.108 Assyria ... urbe D e l z [419]; v.109 vecta ebenfalls Delz, nauta N i s b e t [426], saeva versuchsweise C o u r t n e y [79] für maesta; Martiave495 W a t t [427] für maesta nec) besteht kein Anlaß. 2,111 W a t t (418) liest hier ritus (turpis codd.), M o n t i (77) est (et codd.). 2,118 Nach T r a p p e s - L o m a x (424) soll der Vers als "deplorably pedestrian line" (727) zu athetieren sein; dabei ist ihm jedoch die besondere Pointe der Stelle entgangen: vgl. Probus Vallae z.St. ... eum quasi grande habere cornu und die treffende Übersetzung von Adamietz (16): "vielleicht hatte der auch mit der geraden Trompete geblasen." 2,133 Daß Juvenal gerade die vallis Quirini als Schauplatz dieser Zeremonie benennt (v.133), ist natürlich als bittere Ironie gedacht; doch läßt sich weder aus dieser Tatsache noch aus dem Fehlen sonstiger Zeugnisse mit R o d r í g u e z A l m e i d a (414) auf ad hoc-Erfindung des Namens schließen. 2,143–148 Daß Gracchus zuerst als weibischer Homosexueller denunziert wird (vgl. ab v.117 seine Heirat mit einem Mann), dann jedoch – Krönung allen Übels (v.143 vicit et hoc monstrum)! – als Gladiator in der Arena auftreten soll, hält W i l l i s (487) für so widersinnig, daß ihm die Passage als – in Anlehnung an 8,199–210 abgefaßte – Interpolation erwiesen scheint.496 Nach den Erklärungen von Colin bzw. Cerutti/Richardson (682) zu 6.O.9–13 (vgl. dort) dürfen diese Bedenken jedoch als erledigt gelten; auch K o n s t a n s (488) Suche nach einem gemeinsamen Nenner in Form von 'dominance' und 'submission' (als Hochzeiterin verletzt Gracchus seine Rolle als Mann, als Gladiator seinen Status als nobilis) läuft damit letztlich ins Leere.
494 Angesichts des im Montepessulanus zu beobachtenden Befundes (spolium P2 in ras.) kann die Lesart mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch für die Schreiberhand von P erschlossen werden. 495 Dies ergäbe v.108 f. die eigenwillige Kombination nec ... -ve! 496 Seinem ergänzenden Hinweis auf sprachliche Unebenheiten kommt demgegenüber keine eigene Bedeutung zu.
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2,150 Zu Recht verweist C h i e s a (491) darauf, daß die zur Heilung des korrupten Textes (et pontum/contum codd.) aus indirekter Überlieferung bezogene Wortform cocytum auch an ihrem ursprünglichen Ort (Liutprand. Antapod. 5,8) nur auf Konjektur beruhen kann; anders als porthmeaque (Heinsius, von N i s b e t [426] ungeachtet der Tatsache, daß Charon erst v.151 eine Rolle spielt, neuerlich ins Gespräch gebracht) paßt sie jedoch wenigstens in den Zusammenhang. 2,152 f. K a y a c h e v (496) will glauben machen, Juvenal habe für pueri credunt und tu vera puta das Vorbild von Lucil.486 ff. M. (= 492 ff. Kr.) ut pueri ... credunt ... / ..., sic ... / vera putant) gebraucht. 2,158 N i s b e t s (412) Konjektur afforet (nach si!) vermag nicht zu überzeugen. 2,159 N a d e a u (481) zufolge soll hier traducere unabhängig von seiner Hauptbedeutung 'vorführen'497 auch noch – vorbereitet durch das Motiv des Lustrationsritus von v.157 f. – eine Anspielung auf "the filing past the censor of the whole Roman people" enthalten498, v.153–159 entsprechend als Parodie der Heroenmusterung in Vergils Katabasis (Aen.VI) zu lesen sein. Letztlich dürfte sich der römische Leser jedoch weder dazu verstanden haben, traduci als unmittelbares Synonym von praeterire aufzufassen noch auch nur eine engere Beziehung zwischen dem Realis traducimur und dem Irrealis cuperent lustrari, si qua darentur / sulpura cum taedis von v.157 f. herzustellen. Weitergehende Versuche von N. (485), nunmehr in allen Zusammenhängen, in denen Juvenal das Verb verwendet, raffinierte Wortspiele am Werk zu sehen (7,16: 'traduces'/'sends across'; 8,17: 'expose to obloquy'/'parade ... in a funeral'; 11,31 'showed himself off'/'showed himself up'), vermögen die These nicht weiter zu erhärten. 2,161 Um der Aussage minima contentos nocte Britannos als ironischem Hinweis auf ein 'bogus contentment' Biß zu verleihen, stellt M a r t y n (403; neuerlich 479, 480 und 486) mittels Textänderung (nimia) einen Bezug auf unwirtliche Winternächte her; indes ist mit B a l d w i n (484) daran festzuhalten, daß der überlieferte Text sinnvoll und tadellos das altbekannte Phänomen der langen nordeu-
497 Diese wird üblicherweise mit der Vorstellung eines Triumphzugs in Verbindung gebracht; vgl. Courtney (79) z.St.: "the Romans are led like captives in a triumph, though seemingly victorious." 498 Das Zitat nach N a d e a u (485), 44, wo dieser das aus dem ursprünglichen Aufsatz resultierende Mißverständnis, er nehme allein auf die transvectio equitum Bezug, richtigstellt und auf die hierdurch teilweise gegenstandslos gewordene Kritik von B r a u n d / C l o u d (483) repliziert. Wie von R u d d (482) in Erinnerung gerufen, geht die Erklärung selbst letztlich schon auf Friedländer (74) z.St. zurück.
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ropäischen Sommertage (vgl. schon Hom. Od.10,82–86) beschreibt.499 Seine weitere Überlegung, contentus sei hier möglicherweise nicht von continere, sondern von contendere abzuleiten, braucht entsprechend nicht weiter verfolgt zu werden. 2,167–170 Die zu diesem Abschnitt vorgeschlagenen Textänderungen sind entweder sinnfrei (v.168 induerit N i s b e t [412], inculcat W a t t [427], indulsit codd.) oder unnötig (v.170 referent st. -unt Nisbet ebd. nach Markland); zur Rechtfertigung des Perfekts indulsit vgl. C a i r n s (495): "Juvenal is not making a prediction about the fate of boys who will in the future spend too much time in Rome. Rather his perceptum states that there is a fixed cause and effect link between boys spending too much time in Rome and lovers appearing for them" (202), zur Kombination von Ind. Perf. und Ind. Fut. in der Apodosis Kühner-Stegmann II 2,391. 4. Satire 3 498. E.C. W i t k e , Juvenal III: an eclogue for the urban poor, Hermes 90, 1962, 244–248 = (im Kern) d e r s . , Latin satire. The structure of persuasion, Leiden 1970, 128–134. 499. J.F. K i l l e e n , Juvenal III 203–205, Glotta 42, 1964, 213–214. 500. A.L. M o t t o – J.R. C l a r k , Per iter tenebricosum: The mythos of Juvenal 3, TAPhA 96, 1965, 267–276. 501. E.L. B u r g e , Juvenal 3. 90–91, CPh 61, 1966, 111. 502. W.O. M o e l l e r , Juvenal 3 and Martial De spectaculis 8, CJ 62, 1966– 1967, 369–370. [3,79 f.] 503. –, Juvenal III 29–40 and 152–9, Mnemosyne 22, 1969, 383–388. [3,33; 157 f.] 504. J.R.C. M a r t y n , False modesty in Vergil, Vergilius 15, 1969, 53–54. 505. J. V a l e r o G a r r i d o , El asalariado griego y el mecenas romano vistos por Luciano y Juvenal, in: Doroi syn oligoi. Homenatge a J. Alsina dels seus deixebles, en el desè aniversari de la seva càtedra a la Universitat de Barcelona, Esplugues de Llobregat 1969, 165–174.
499 Auch das von M a r t y n (479 und 486) ergänzend vorgetragene Argument, das Zitat unseres Verses bei Serv.Aen.6,265 sei nur unter Annahme der Lesart nimia sinnvoll, ändert nichts an diesem Befund. Im übrigen wird man auch das Adjektiv contentus – ob ernst oder ironisch gemeint – eher mit einer ganz unscheinbaren Sache verbinden; 'sich mit einem Übermaß begnügen' vermag schon als Vorstellung nicht zu überzeugen.
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506. K. G a n t a r , Ucalegonte in Virgilio, Omero e Giovenale, Atti e Mem. Accad. Virgiliana di Mantova 39, 1972, 1–6. [3,198 f.] 507. F.J. L e l i è v r e , Virgil and Juvenal's third satire, Euphrosyne 5, 1972, 457–462. 508. S.C. F r e d e r i c k s , Daedalus in Juvenal's third satire, CB 49, 1972– 1973, 11–13. 509. –, The function of the prologue (1–20) in the organization of Juvenal's third satire, Phoenix 27, 1973, 62–67. 510. R.A. L a F l e u r , Artorius and Catulus in Juvenal 3, RSC 22, 1974, 5–9. [3,29 f.] 511. E. P a s o l i , La chiusa della satira III di Giovenale, GB 3, 1975, 311– 321 = d e r s ., Tre poeti latini (111), 195–209. [3,318–322] 512. P. M o o r e , Juvenal and the Orontes, CW 69, 1975–1976, 376–377. [3,62] 513. R.A. L a F l e u r , Umbricius and Juvenal three, ZAnt 26, 1976, 383– 431. 514. R. R e g g i a n i , Varianti testuali e 'funzionalità' semiologica: Cordo e Codro in Giovenale, QUCC 21, 1976, 125–136. [3,203; 208] 515. A. H u d s o n - W i l l i a m s , A note on Juvenal 3.198–202, G&R 24, 1977, 29–30. 516. J.N. O ' S u l l i v a n , Parody and sense in Juvenal 3.198–202, AJPh 99, 1978, 456–458. 517. W. T a e g e r t , Der Schluß der dritten Satire Juvenals, Hermes 106, 1978, 573–592. [3,320 ff.] 518. H. T r ä n k l e , Zu zwei umstrittenen Stellen in der dritten Satire des Juvenal, ZPE 28, 1978, 167–172. [3,33; 249–253] 519. A. M a r t i n , Scepticisme et désinvolture à l'égard de Numa chez Juvénal, 3,12, Latomus 38, 1979, 670–674. 520. L. D e M a r i a , Umbricio, l'intellettuale cliens e il municipium, QILCL 1, 1980, 63–84. 521. J.F. K i l l e e n , Juvenal 3.188–90, LCM 5, 1980, 105. [3,187 f.(!)] 522. M. A n d u e z a , "Contra Roma": Tercera satira de Juvenal, in: d i e s ., Comentario de textos latinos, 1 (Catulo, Virgilio y Juvenal), México 1982, 99– 165. 523. A. G u a r i n o , Frustula iuris Romani, in: Studi in onore di C. Sanfilippo, Milano 1982, 195–216. [3,12] 524. A.J. E u s e r , Een brand met een luchtje, Hermeneus 55, 1983, 338– 340. [3,212–222]
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525. F. W i l l i a m s , Vox clamantis in theatro (Juvenal 3,153), Papers of the Liverpool Latin Seminar 4, 1983, 121–127. 526. J.R.C. M a r t y n , Juvenal III.108, Latomus 44, 1985, 394–397 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 83–87. 527. C.J. C l a s s e n , Überlegungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung des Begriffes Ironie (im Anschluß an die dritte Satire Juvenals), in: U.J. S t a c h e u.a. (Hgg.), Kontinuität und Wandel. Lateinische Poesie von Naevius bis Baudelaire, F. Munari zum 65. Geburtstag, Hildesheim 1986, 188– 216. 528. B. F r u e l u n d J e n s e n , Martyred and beleaguered virtue: Juvenal's portrait of Umbricius, C&M 37, 1986, 185–197. 529. J.H. P a r m e r , A new interpretation of Juvenal III, Diss. Ohio State Univ., Columbus 1988, VI & 356 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 49, 1988–1989, 2646A. 530. S.H. B r a u n d , City and country in Roman satire, in: d i e s . (Hg.), Satire and society in ancient Rome, Exeter 1989, 23–47 & 128–132. 531. –, Umbricius and the frogs (Juvenal, Sat. 3.44–5), CQ 40, 1990, 502– 506. 532. J.H. P a r m e r , Juvenal 3.41–48, Latomus 50, 1991, 395–399. 533. C. S c h ä u b l i n , Juvenal 3,101 f., Hermes 119, 1991, 491–494. 534. J. S a r k i s s i a n , Appreciating Umbricius: the prologue (1–20) of Juvenal's third satire, C&M 42, 1991, 247–258. 535. T.E.V. P e a r c e , Juvenal 3.10–20, Mnemosyne 45, 1992, 380–383. 536. A. L a P e n n a , Il Graeculus esuriens in Giovenale (e in Seneca?), in: C.M. T e r n e s u.a. (Hgg.), Mélanges offerts à R. Chevallier, Bd. 1: Présence des idées romaines dans le monde d'aujourd'hui, Luxembourg 1994, 239–248. [3,78] 537. S. G r a z z i n i , L'adulatore sfrontato di Iuv. 3,104–8, Maia 47, 1995, 407–414. [3,108] 538. –, Un poeta in soffitta: nota a Iuv. 3,200 e ss., Maia 47, 1995, 37–44. [3,203–209] 539. V. E s t é v e z , Umbricius and Aeneas: a reading of Juvenal III, Maia 48, 1996, 281–299. 540. W.S. S m i t h , Juvenal and the sophist Isaeus, CW 91, 1997–1998, 39– 45. [3,73–80] 541. A. H a r d i e , Juvenal, the Phaedrus, and the truth about Rome, CQ 48, 1998, 234–251.
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542. J. W i l l i s , In tertiam Juvenalis saturam, in: C.-F. C o l l a t z u.a. (Hgg.), Dissertatiunculae criticae. Festschrift für G.C. Hansen, Würzburg 1998, 245–253. [3,10–20; 114–118; 249–253] 543. G.A. S t a l e y , Juvenal's third satire: Umbricius' Rome, Vergil's Troy, MAAR 45, 2000, 85–98. 544. D. G r ü n b e i n , Schlaflos in Rom. Versuch über den Satirendichter Juvenal, in: Vorträge aus dem Warburg-Haus, Bd. 5, Berlin 2001, 3–37 = Akzente 48, 2001, 489–518 = (stilistisch minimal geglättet) d e r s ., Antike Dispositionen. Aufsätze, Frankfurt/M. 2005, 328–368. 545. G. v a n d e r K r a a n , Juvenal I,3,10–20: the location of Egeria's abode, Mnemosyne 54, 2001, 472–475. 546. J. T r a p p e s - L o m a x , Two notes on Horace and Juvenal, PCPhS 47, 2001, 188–195. [3,33] 547. V. B a i n e s , Umbricius' Bellum civile: Juvenal, satire 3, G&R 50, 2003, 220–237. 548. A. N i c e , The persona of Umbricius and divination in Juvenal, satires three and six, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 11, Bruxelles 2003, 401–418. 549. L. S t i c k n e y – R.J. E d g e w o r t h , Juvenal 3.146: a new interpretation, C&M 56, 2005, 207–210. 550. S.M. M a n z e l l a , Umbricio, il poeta e la maschera (Iuvenalis, Satura III), Paideia 61, 2006, 287–307. 551. G. M a d e r , This fake is real: script and performance at Juvenal 3.86– 108, NECJ 34, 2007, 36–41. 552. P.A. M i l l e r , 'I get around': sadism, desire, and metonymy on the streets of Rome with Horace, Ovid, and Juvenal, in: D.H.J. L a r m o u r – D. S p e n c e r (Hgg.), The sites of Rome. Time, space, memory, Oxford 2007, 138–167. 553. M. F o n t a i n e , Umbricius and Greek shell games (Juvenal, Sat. 3.74– 81), SCI 27, 2008, 55–58. 554. B.S. H o o k , Umbricius caligatus: Wordplay in Juvenal 3,322, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 14, Bruxelles 2008, 365–374. 555. P. M u d r y , L'énigme de la 3e satire de Juvénal, in: L. C r i s t a n t e – I. F i l i p (Hgg.), Atti della giornata di studio in onore di L. Casarsa (Incontri Triestini di Filologia Classica 6, 2006–2007), Trieste 2008, 165–174. 556. C. R a m b a u x , La portée de la Satire 3 de Juvénal, REL 86, 2008, 139–151.
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557. S.M. M a n z e l l a , Su un calembour Giovenaliano. Nota a Iuv. III,90– 91, Vichiana 4a ser. 10, 2008, 52–59. 558. –, A proposito dei versi 10–20 della terza satira di Giovenale, Vichiana 4a ser.11, 2009, 45–57. 559. C. D e r o u x , Le dressoir de Cordus et son Chiron (Juvénal, Sat. III,203–207), Latomus 68, 2009, 680–692. 560. K. G a l i n s k y , Aeneas at Cumae, Vergilius 55, 2009, 69–87. 561. B. H o g e n m ü l l e r , Epikureisches in Juvenals dritter Satire (sat. 3,226–231), Gymnasium 116, 2009, 459–467. 562. M. M ü l k e , Ein Satiriker und seine Stadt. Juvenals (politische?) Anspielungskunst in den Rahmenpartien der dritten Satire, in: F. F e l g e n t r e u u.a. (Hgg.), Per attentam Caesaris aurem: Satire – die unpolitische Gattung? Eine internationale Tagung an der Freien Universität Berlin vom 7. bis 8.März 2008, Tübingen 2009, 148–166. 563. S.M. M a n z e l l a , Per l'esegesi di Giovenale III,33, Vichiana 4a ser. 12, 2010, 46–55. 564. C. D e r o u x , La plus petite bibliothèque privée du monde romain: la cista de Cordus (Juvénal, Sat. III,206–207), in: Y. P e r r i n (Hg.), Neronia VIII. Bibliothèques, livres et culture écrite dans l'empire romain de César à Hadrien. Actes du VIIIe Colloque international de la SIEN (Paris, 2–4 octobre 2008), Bruxelles 2010, 315–331. 565. –, More on the subject of Cordus in Juvenal's third satire, in: d e r s . (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 15, Bruxelles 2010, 335–343. [3,203–207] Vgl. auch A d a m i e t z (318). a) Gesamtsatire und Großabschnitte Im Vordergrund der Untersuchungen zur dritten Satire steht die Frage nach der Historizität des Umbricius bzw. nach seiner Funktion als Sprecher der Satire: Äußert er sich – gewissermaßen als Vertreter Juvenals – im Namen des Dichters, oder muß er selbst als Gegenstand von Spott und satirischer Kritik herhalten? Noch S c h u s t e r 500 hatte Umbricius ganz selbstverständlich als "Freund des Dichters Iuvenalis" (594) betrachtet und den wenigen Angaben in sat.3 biographische Aussagekraft beigemessen. Mit einem Realitätsbezug rechnet in jüngerer Zeit sonst nur noch N i c e (548), allerdings unter Wiederaufnahme der seit fast 200 Jahren nicht mehr vertretenen Ansicht, bei Juvenals Freund handele es sich um den aus Tac. hist. 1,27,1 und Plut. Galba 24,4 f. bekannten 500
M. S., RE IX A 1 (1961), 594–595.
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Umbricius Melior (auf ihn bezieht sich auch Plin. nat. 10,19), der, wiewohl schon im Jahre 69 unter Galba als summus haruspex amtierend, nunmehr – 35 Jahre später(!)501 – sei es persönlich, sei es in der Phantasie des Dichters502 seinen Rückzug nach Cumae ins Werk setzt. Als Beweis dienen abenteuerliche Gedankengänge, mit denen Aussagen des Juvenalischen Umbricius fortwährend auf römische haruspices bzw. auf deren angebliche Verdrängung durch griechische astrologi bezogen werden; die seriöse Juvenalphilologie kann solcher Phantasmagorien getrost entraten. Schon M o t t o / C l a r k (500) gehen indes einen völlig entgegengesetzten Weg, wenn sie sat.3 nicht als Spiegel römischer Realität, sondern als in sich geschlossenes 'objet d'art' zu lesen trachten: Vor dem fiktiven Hintergrund einer universalen Herrschaft des Lasters inszeniere Juvenal den Mythos eines Rückzugs aus den Niederungen der Eisernen Zeit, wie er etwa Arat. 101–136 für die Jungfrau Astraea überliefert ist503, und setze ihn dabei in die Formensprache der Satire um. Entsprechend sei Umbricius als Kunstfigur zu fassen: Als Antipode des Zeitgeists vertrete er "the 'immaterial presence' itself – that shade or umbra representative of the deceased Eternal City" (275). F r e d e r i c k s (508) trotzt den beiden Erwähnungen des Daedalus (v.24 f. als Flüchtling und damit Leidensgenosse des Umbricius; dagegen v.79 f. als Musterbeispiel griechischer Durchtriebenheit) eine symbolische Aussage ab, die das Verständnis der Satire im ganzen wie auch der Umbriciusgestalt im besonderen bestimmen soll: "...the ambivalent uses of Daedalus are a signal that the contradiction lies within Umbricius himself. ... The two conflicting references to Daedalus suggest that Greeks and Romans are as much alike as different and at least they all share in common humanity" (13). Und so kann der arme Auswanderer dem Verdikt des Philanthropen natürlich nicht entgehen: "Like the disgruntled members of our own society who flee the Inner City for a more pleasant life in the suburban fringes, Umbricius has merely contributed to the problem, not to the solution. ... He possesses none of the self-transcending motives which are the hallmark of authentic morality, and by his own words and ambiguous references he is an unreliable moralizer" (ebd.).504 501
Daß Umbricius selbst v.26 sein Alter durch dum nova canities, dum prima et recta senectus umschreibt, wird dabei geflissentlich ignoriert. 502 "The literary evidence, in addition to the relative rarity of the name, suggests that Juvenal, even if he did not mean to suggest that Umbricius was the Umbricius Melior, may have intended to evoke his shade" (404). Sinn und Ziel dieser Aussage sind dem Berichterstatter verborgen geblieben. 503 Ein textimmanenter Hinweis auf dieses Motiv soll in der Nennung der Nymphe Egeria (v.12–20; zu deren Schicksal vgl. Ov. met. 15,479–496; 547–551) zu suchen sein; für Astraea vgl. 6,19 f. 504 Hier ist ein maßgebliches Grundprinzip jeder Juvenalinterpretation aus den Augen verloren: "Sofern Juvenal Kritik übt, wendet er sich nicht nach allgemein gültigen morali-
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L a F l e u r s (513) breitangelegte prosopographische Studie wagt letztlich keine klare Aussage darüber, ob der Name Umbricius seinen Träger als Angehörigen der betreffenden gens ausweist oder auf eine mit der Etymologie des Substantivs umbra ('Phantom'? pastorale Assoziationen [vgl. Hor. epist.2,2,77 f.]?) spielende Fiktion zurückgeht. Sicher ist sich der Vf. allerdings darin, daß Umbricius in unserer Satire nicht als Vertreter des Dichters auftritt, sondern – nicht anders als Damasipp, Davus oder Naevolus (Hor. sat. 2,3; 7; Iuv. sat.9)505 – als eher unsympathische, kritikwürdige Figur konzipiert ist. Die zur Stützung dieser These vorgetragenen Argumente zeugen jedoch durchweg von einer nachgerade erstaunlichen Voreingenommenheit: 1. Die Einführung des Umbricius als vetus amicus (v.1) soll unmittelbar als 'mockery' deutlich werden, weil Juvenal den Terminus auch sonst – nicht zuletzt im Fortgang unserer Satire: vgl. v.57; 87; 101; 107; 112; 116; 121; 279 – durchweg abschätzig gebrauche.506 Zu übersetzen sei nicht "though upset by the departure of my old friend", sondern "though puzzeled (sic!) by the departure of this aging client-friend" (399), was Juvenal als recitator des Gedichtes seinem zeitgenössischen Publikum durch Stimme und Gestik(!) sicher deutlich zu erkennen gegeben habe. Warum aber hätte der Satiriker einem nicht als wahrer amicus eingestuften Mitbürger überhaupt das Geleit geben sollen? 2. Torheit und Unglaubwürdigkeit des Sprechers träten besonders dadurch zutage, daß er, um Griechen und hauptstädtischem Trubel zu entgehen, gerade auf Cumae als Fluchtziel verfallen sei, ein Zentrum der Magna Graecia507 und – wie L. beweisen will – gerade in juvenalischer Zeit Schauplatz eines niegekannten Baubooms. Schon die Erwähnung des brodelnden Sündenbabels Baiae in v.4 lasse vacuis ... Cumis (v.2) als blanke Ironie erscheinen.508 schen Maßstäben gegen seine Mitmenschen, sondern nach den Maßstäben der römischen Tradition gegen die Römer" (C l a s s e n [527], 21572). 505 Daß die Satiriker in diesen Gedichten von spöttischer Distanz getragene Kommentare/Ratschläge an die Adresse ihres Gegenübers richten (für die Naevolussatire vgl. v.90 f.; 102–123; 130–134), während die Ausführungen des Umbricius eine solche Relativierung gerade nicht erfahren, wird hier kurzerhand ignoriert. 506 Im letzten Beispiel (v.279 f. noctem ... lugentis amicum / Pelidae) wird die ironische Nuancierung nachgerade mit der Brechstange erzwungen: "... the implication is that the bully has no friend" (39958). Was hätte dies für die Freundschaft Achill – Patroklos bzw. deren Beurteilung durch den Dichter zu besagen? 507 Nach F r e d e r i c k s (508) soll der Ort wegen des benachbarten Eingangs zur Unterwelt sogar eine Art Hölle darstellen: "Umbricius ... is leaving one underworld only to find another" (13). 508 Auch diese Deutung gelingt indes nur unter Ausblendung konkurrierender Erklärungen: Der Ort kann genauso gut als Keimzelle allen Römertums verstanden werden, hatte doch gerade dort Aeneas mit den Seinen zum erstenmal das italische Festland betreten (vgl. Verg. Aen. 6,1–6). So gesehen, erscheint Umbricius als neuer Aeneas auf dem Wege 'back to the roots', Cumae entsprechend als positiver Gegenentwurf zu Rom, bewahrt es doch "the
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3. Zudem handele es sich bei Umbricius aller Wahrscheinlichkeit nach um einen der von Juvenal so leidenschaftlich verabscheuten Modedichter (vgl. schon 1,1–14). Begründung unter anderem: Der als Opfer einer Feuersbrunst aufgeführte Cordus (v.203–211; ein Dichter?) sei dem Sprecher offenbar sympathisch, dem Satiriker indes, wie 1,1 f. lehre, gerade nicht; außerdem zeige Umbricius ein besonderes Interesse an Literatur (v.41 f.; 321 f. [Satire!] unter Verwendung der Lesart adiutor). 4. Insgesamt zeuge die Suada des Umbricius von schweren Vorurteilen und Neid auf die Erfolgreichen, die er für sein eigenes Scheitern verantwortlich mache. Doch auch wenn man L. an dieser Stelle zustimmen möchte, solch egoistische Motive seien "explicable, but hardly noble" (431) – was hindert daran, gerade hier die Weltsicht des verbitterten Satirikers am Werk zu sehen? Auch F r u e l u n d J e n s e n (528) sieht Umbricius nicht als Sprachrohr des Satirikers, sondern seinerseits als Gegenstand der Satire: In einer Zeit des sozialen Umbruchs, der das alte Klientelsystem zugunsten von Eigeninitiative und Wettbewerb der Tüchtigen hinwegfegt509, mache Juvenal ein larmoyantes Opfer dieser Entwicklung zum Thema einer humorvollen Charakterstudie über Versagen und Verdrängung. In wenig ansprechender Selbstgerechtigkeit suche Umbricius nach Schuldigen für die oftmals von ihm erfahrene persönliche Zurücksetzung (vgl. besonders v.122–125 im Verhältnis zu einem Patron, 126–130 bei der Einsetzung als Erbe, 239–267 beim Abholen der sportula), um dann Griechen, Aufsteiger und Reiche mit seiner Verbitterung zu verfolgen; die von ihm in Anspruch genommene virtus entpuppe sich dabei zusehends als Attitüde.510 Für die Satire – so B r a u n d (530) – ist die Großstadt als Schauplatz unverzichtbar, da sie zum einen Stoff in Fülle garantiert und zum anderen ideologisch so negativ besetzt ist, daß sie – gerade auch vor der Folie idealisierten Landlebens – als Inbegriff moralischer Verworfenheit inszeniert werden kann. Aufgrund der gattungstypischen Übertreibungen und der je eigenen Argumentationsziele vermögen einschlägige Texte natürlich kein naturgetreues Abbild der vita urbana zu liefern; alle weiteren Gründe, die B. gegen den Zeugniswert speziell von sat.3 und damit auch gegen die Glaubwürdigkeit des Umbricius ins Feld führt, spiegeln indes nichts anderes als die Voreingenomsacred landscape with a spiritual adviser (the Sibyl in one case, Egeria in the other [v.3 bzw. 12/17]) and the grottoes (speluncas; 17) that are fake at Rome [v.17–20] and implicitly contrast with the real thing at Cumae" (G a l i n s k y [560], 84). Im übrigen könnte hier sogar ein realer Kern der Auswanderungsgeschichte durchscheinen: Ist doch für Puteoli, das Nachbarstädtchen von Cumae, der Name Umbricius inschriftlich belegt (CIL X 3142). 509 Auf diesen Prozeß könnte Juvenal – so spekuliert F.J. 193 – durch den 'Verkehrsunfall' von v.257–267 bildlich Bezug genommen haben. 510 Die fehlende Berechtigung der v.190–314 vorgebrachten Klagen soll dabei schon in dem witzigen Aprosdoketon von v.9 (Augusto recitantes mense poetae als höchster Schrecken der saeva urbs) angedeutet sein. Zu einer ähnlichen Perspektive vgl. W e h r l e (289), 63–70.
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menheit der persona-Schule: Umbricius wandert aus, während Juvenal in Rom verbleibt – "Perhaps Rome is not so disgusting, after all ..." (29; die Aposiopese im Original), er steht – seinem Namen zufolge – für den "ghost of Romanness" (30)511, seine Darstellung ist von Neid und Wut verzerrt, er hat an dem von ihm beklagten 'rat-race' bis dato selber teilgenommen. Auch die unleugbaren Einsprengsel von Humor oder Analogien in der literarischen Tradition (Satire, Tacitus, Martial, Statius, Plinius) reichen nicht aus, das Gedicht auf "attitudes not facts" (39) zu reduzieren. Unter Wiederaufnahme der vorgenannten Argumente gelangt schließlich auch R a m b a u x (556) zu der Ansicht, Juvenal distanziere sich von den xenophobischen Ausbrüchen seines Gegenübers: Soll sich dieser doch, geistig nicht minder borniert als Naevolus (sat.9), durch seine Äußerungen als jämmerlicher, durch den Erfolg tüchtiger "self made men" (148) verbitterter Sozialschmarotzer demaskieren.512 Indem R. jede Übereinstimmung in den Standpunkten von Juvenal und Umbricius nonchalant beiseiteschiebt ("Mais bon nombre des déclarations d'Umbricius amènent à se demander, si, en ce qui le concerne, il faut prendre au pied de la lettre toutes ces belles affirmations, même si bon nombre d'entre elles correspondent à des idées qui sont effectivement celles de Juvénal": 147), sucht er den Satiriker allen Ernstes zum glühenden Befürworter der Ausländerintegration und zum stoischen Vorkämpfer für die Gleichheit aller Menschen zu stempeln; die Naivität, mit der hier der ideelle Horizont der Moderne absolutgesetzt wird, ist schlechterdings bestürzend zu nennen. F r e d e r i c k s (509) sucht das Verständnis unserer Satire mit Blick auf die Struktur zu fördern: Kann er doch zeigen, wie ihre oft bemerkte organisatorische Geschlossenheit nicht zuletzt durch den Prolog (v.1–20) herbeigeführt wird. Dort habe Juvenal mit Bedacht Schlüsselwörter und Wendungen plaziert, welche auch in den Ausführungen des Umbricius eine tragende Rolle spielten.513 Sicher gilt dies für v.6–9, die als unmittelbare Themenvorgabe für v.190–231 (Gefahren der Stadt) gelesen werden können; und auch die zweifa511
Inwieweit dies die Seriosität seiner Äußerungen relativieren soll, ist dem Berichterstatter nicht klar geworden. 512 Zur Untermauerung dieser These bemüht R. allerlei Widersprüche und Übertreibungen, die er in den Worten von Umbricius ausgemacht haben will; für sich selbst sprechen etwa 146: "Il reproche aux patrons leur pingrerie, mais n'admet pas d'avoir lui-même, lors de cérémonies, à grossir d'un pourboire le pécule d'esclaves qui lui paraissent trop bien mis (186–189)" oder 147: "Umbricius condamne en bloc tous les riches de son temps, comme s'il n'y avait pas parmi eux des hommes de la qualité de Pline le Jeune." 513 Wenn Eingangspartie und Umbriciusrede ideologisch solcherart zur Deckung kommen, muß Juvenal folgerichtig auch hinter den Worten seines vetus amicus stehen. Mit dem von F r e d e r i c k s (508) gezeichneten Umbriciusbild läßt sich dies natürlich nur unter der Annahme vereinbaren, Juvenal habe auch für sich selbst die Rolle des "unreliable moralizer" (ebd.13) vorgesehen.
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che Erwähnung Numas (v.12 und 138) mag die Diskrepanz zwischen hehrer Vergangenheit und verkommener Gegenwart unterstreichen, die Verdrängung des ingenuus tofus (v.20) auf die Verdrängung des Anstandes aus Rom (v.21–57) verweisen. Daß jedoch v.16 mendicat silva (durch Schuld der Juden) als symbolisches Äquivalent zur Armut des Umbricius (durch Schuld der Griechen) aufzufassen sei514, wird man F. genauso wenig abnehmen wie die wegen v.3 (unum civem), 10 (raeda una), 231 (unius lacertae), 314 (uno carcere) vertretene Ansicht, daß "solus and unus are words which become associated with Umbricius' desire for a romanticized view of Rome's past" (66). Gegen Fredericks sucht S a r k i s s i a n (534) gerade Divergenzen zwischen Prolog (v.1–20) und folgendem Hauptteil herauszuarbeiten, um solcherart die These von Umbricius als alter ego des Satirikers zu widerlegen. Anders als der Sprecher unseres Gedichtes empfindet Juvenal den Moloch Rom nicht als existentielle Bedrohung, sondern eher als lästige Unannehmlichkeit: Nur Umbricius ist eine primär ökonomische Sichtweise, ein naiv-humorloser Eifer und ein Gefühl der Unterlegenheit gegenüber Ausländern zu eigen; auf seiten Juvenals stehen dagegen v.4 die keineswegs kritische Erwähnung des sündhaft teuren Badeortes Baiae, v.9 das Augenzwinkern des Literaten, v.13–16 die herablassenden Bemerkungen über das jüdische Bettelvolk. Mit dieser feinen Differenzierung zwischen persönlich Betroffenem und anteilnehmendem Beobachter könnte der Satiriker in der Tat eine Begründung dafür bieten wollen, warum Umbricius die Stadt verläßt, er selbst jedoch ungeachtet anderer Möglichkeiten (vgl. v.318 f.) weiter ausharrt; S. jedoch will damit Juvenals innere Distanzierung von seinem Geschöpf belegen, das er trotz mancher sympathischer Züge als charakterlich defizient und zudem intellektuell unterlegen (dies soll aus v.21 ni pudet illas [sc. satiras] hervorgehen) denunziert und am Satirenende nicht einmal mit einem freundlichen Lebewohl bedenkt!515 Als Juvenals alter ego wird Umbricius dagegen nur noch von einer Minderheit der Interpreten wahrgenommen: Nach D e M a r i a (520) vertritt er als reaktionärer Exponent der traditionellen, durch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung obsolet gewordenen Klientel die Ansicht Juvenals, wonach gewissenlose Geschäftemacher und findige Griechen dem mittellosen Römer die Lebensgrundlage entziehen: Vermag dieser doch in der Hauptstadt weder seine Würde (v.21–189) noch auch nur seine physische Unversehrtheit (v.190– 314) ungeschmälert zu bewahren. Forciert jedoch das Bestreben, der Gleichsetzung Juvenal = Umbricius entsprechend, dem Emigranten die Existenz eines Intellektuellen bzw. "cliens letterato" (70) aufzubürden: Wenn die Vf.in darauf verweist, daß 514 Hier werden offenbar schon die Bezüge gewaltsam zurechtgebogen: Sind es doch die Juden selber, die in dem Wäldchen am Musenquell ein Bettlerdasein führen. 515 Seine Einführung als vetus amicus (v.1) wird in diesem Zusammenhang gänzlich außer acht gelassen.
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– v.9 Juvenal (eben nicht Umbricius!) unter den fortwährenden Dichterlesungen leidet; – v.26–29 Umbricius "un' anafora, una citazione mitologica e una chiara allusione ad Orazio" (67) verwendet; – ansonsten "anche se non può farlo esplicitamente" (71) das Fehlen von Mäzenen beklagt; – sich angeblich dem "disprezzo del ruolo dell' intellettuale" (84) ausgesetzt sieht, verfügt sie offenbar über keine plausiblen Argumente.516 Nach weitläufigem Referat der persona-Theorie im allgemeinen und ihrer Applikation auf die Umbricius-Gestalt im besonderen kommt auch M a n z e l l a (550) wieder auf die alte Einschätzung des vetus amicus als Sprachrohr Juvenals zurück. Erfunden, um das in sat.3 formulierte Manifest der Romflucht nicht durch die gegenteilige Lebensentscheidung des Satirikers in seiner Glaubwürdigkeit zu beschädigen, spricht Umbricius als Vertreter, nicht jedoch als geklonte Kopie des Autors: "è un semieteronimo, perché pur non essendo la sua personalità la mia, dalla mia non è diversa, ma ne è una semplice mutilazione: sono io, senza il raziocinio e l'affettività" (30778).517 Weitere Impulse hat die Interpretation unserer Satire durch den Einbezug ihres Vergilischen Prätextes empfangen. Neben den unstreitigen, auf komische Wirkung abzielenden Vergilbezügen (vgl. v.198 f. mit Aen. 2,311 f.; v.256 mit Aen. 2,628 f.) glaubt L e l i è v r e (507) in der dritten Satire auch noch des Mantuaners "moral and literary influence on Juvenal at the subconscious level" (462) dokumentieren zu können. Hierfür werden raffinierte Entsprechungen zur Nekyia von Aen.VI konstruiert: So sollen Umbricius – wegen seines Plin. nat.10,19 als haruspicum in nostro aevo peritissimus genannten Namensvetters – der Sibylle und Egerias speluncae (v.17) der Sibyllengrotte entsprechen und auch Stichwörter wie Cumae, Daedalus, Charon und Graeca urbs (vgl. v.60 f. mit Aen. 6,96 f.) jeweils auf Vergil verweisen; nichts davon kann als wirklich stichhaltig gelten. Auch nach E s t é v e z (539) weist unser Gedicht auf allen Ebenen substantielle Berührungspunkte mit Vergils zweitem Aeneisbuch auf. Dies betrifft parodischen Rekurs auf den Wortlaut (v.198 f. iam frivola transfert / Ucalegon neben Aen. 2,311 f. iam proximus ardet / Ucalegon), Umarbeitung einzelner Szenen und Bilder (Juvenals Szenario des mörderischen Straßenverkehrs 516 Auch im interpretatorischen Detail ist mehrfach überbordende Phantasie zu konstatieren: v.10 sed hat ebenso wenig mit der "attrazione profonda che la città esercita ancora su di lui [=Umbricius]" (65) zu tun wie v.18 f. mit der Sehnsucht nach dem Seelenfrieden in unberührter Natur, v.162 f. mit einer Einladung zum allgemeinen Verlassen der Stadt oder der angebliche Rückbezug auf Hor. epod. 16 mit der Aussage "anche se non c'è la guerra civile, per i poveri la situazione non è cambiata" (82). 517 Die erste Person Singular in diesem Satz erklärt sich durch Wiederverwendung einer – auf den eigenen Umgang mit Pseudonymen gemünzten – Aussage des portugiesischen Lyrikers Fernando Pessoa.
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3,254–267 läßt das Gleichnis vom Fall des trojaverkörpernden Baumes Aen.2,624–631, den Einsturz von Teilen des Priamuspalastes Aen.2,460– 467 sowie die Beschreibung des hölzernen Pferdes durchscheinen), nicht zuletzt aber auch die künstlerische wie ideologische Gesamtkonzeption der Satire: Die Zustände in Rom gleichen denen im eroberten Troja ("Umbricius images a populace as though in flight through the crowded streets of a burning city": 289)518; und in einem tieferen Sinne ist auch das Schicksal der beiden Städte analog ("What has happened to Rome ..., its collapse as a city and the collapse of the old Roman heroic ideal, is of the same mythic stature as the great destructive event in which lay its heroic beginnings": 299). Folgerichtig ist Umbricius – getragen von der Sympathie des Satirikers – als alter Aeneas dargestellt. Wie dieser ist er zu hilfloser Flucht vor den Griechen gezwungen; dem Prototyp wahren Römertums tritt er gewissermaßen als letzter seines Stammes gegenüber. Lassen sich solche Entsprechungen im großen durchaus nachvollziehen, verliert doch manches in der Nahsicht an Glaubwürdigkeit: Daß etwa v.250– 253 die Vorstellung von Plünderern, die ihre Beute wegschleppen, evozieren, Juvenal selbst die Rolle des Vergilischen Achates übernehmen, Roms "betrayal of ancient values" (297) im periurus Laomedon eine Analogie finden soll, lastet dem Interpretationsansatz eine allzu große Bürde auf. Auch S t a l e y (543) arbeitet noch einmal die besondere Nähe der dritten Satire zu Vergils zweitem Aeneisbuch heraus: Wie Troja in seiner letzten Nacht, ist Rom auf Dauer von Griechen erobert; wie dieses befindet es sich in einer Art schrecklichem Ausnahmezustand. Daß Umbricius so in gewissem Umfang die Rolle eines zweiten Aeneas zuwächst, wird nun jedoch in ganz merkwürdiger Weise gegen diesen gekehrt: Der Sprecher, der sich selber hochfahrend als epischen Helden in Szene setze, offenbare sich schließlich bei näherem Zusehen als mißgünstiger und energieloser Feigling – nicht anders als die nach ähnlichem Muster gestaltete persona des Satirikers, die sich in sat.1 als leidenschaftlicher Kämpfer gegen die vitia geriere, dann aber als 'mock hero' mit einem Feldzug gegen Verstorbene zufrieden sei (1,170 f.). In Fortführung dieser Beobachtungen will B a i n e s (547) zeigen, daß insbesondere auch der Bericht über die nächtliche Begegnung mit einem angetrunkenen Raufbold (v.278–301) von Einsprengseln epischer Sprache, Motivik und Gedankenwelt (aus Homer, Vergil, Statius) durchzogen ist. Auch hier sei nicht einfach ein parodischer Zug, sondern weltanschauliche Deutung intendiert: "The Rome of Juvenal's Satires consumes epic combat and transforms it into something which is commonplace and noticeably lacking in heroism, but still horrific, still powerful" (234). Eher unklar bleiben jedoch die aus diesem Befund abzuleitenden Schlußfolgerungen: Auf der einen Seite soll die epische 518 In der Tat scheinen v.243 ff. von epischen Kriegsszenarien bestimmt: vgl. Stat. Theb. 8,350 f.
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Einfärbung als Spezifikum der persona Umbricius zu gelten haben (die vom Satiriker selbst gesprochene Eingangsszene kommt ohne epische Perspektive aus), andererseits jedoch gerade die besondere, über Gattungskonventionen hinwegsehende Spielart von Juvenals Satire ausmachen. Unter dem Strich darf wohl festgehalten werden, daß sich bis dato keine schlüssigen Indizien für eine gewollte Satirisierung der Umbricius-Gestalt haben beibringen lassen. Und dies nimmt auch nicht weiter wunder, ist doch eine substantielle Distanzierung Juvenals von Umbricius letztlich gar nicht vorstellbar: Da sich der Satiriker in sat.1 nicht viel anders gebärdet, müßte der Auftritt des unglaubwürdigen Nörglers auf ihn selbst zurückfallen und sat.3 auf die Selbstironisierung der satirischen indignatio hinauslaufen. Wer aber möchte glauben, der Text verfolge gerade nur das Ziel, den polternden Kleingeist Juvenal in Gestalt des polternden Kleingeistes Umbricius als polternden Kleingeist zu demaskieren? Weiter hat auch eine symbolische Ausdeutung der in unserer Satire formulierten Ortsangaben ihre Vertreter gefunden. H a r d i e (541) belastet das Verständnis des Gedichtes durch die Vorstellung einer hochartifiziellen Inszenierung; will er doch ungeachtet der Tatsache, daß er ganz im Sinne von Anderson (350) sowohl die persona Iuvenalis wie auch Umbricius als unglaubwürdige Sprecher einstuft, aus dem 'dramatic setting' der Satire einen besonderen Wahrheitsanspruch des Textes ableiten: Der Ort des Abschieds von Umbricius sei nicht nur durch nüchternen Faktenrealismus bestimmt (die Porta Capena als Ausgangspunkt aller Reisen auf der Via Appia); vielmehr solle seine Lokalisierung in der vallis Egeriae – ganz in der Tradition des locus amoenus bei Plato, Phaidros und Cicero, De legibus – den folgenden Ausführungen ein "sacral setting" (241) und damit eine höhere, prophetische Wahrheit unterlegen, die ihrerseits jedoch nur indirekt, d.h. ohne Wissen und Willen des Sprechers(!), zum Tragen komme.519 In praxi zeige sich dies etwa darin, daß Umbricius ungeachtet seines Ausländerhasses um die historischen Einflüsse Kleinasiens auf die römische Staatsreligion wisse (v.137 ff.: das Kultbild der Magna Mater, das trojanische Palladium) und damit seine eigenen Tiraden gegen die aktuelle Überfremdung letztlich desavouiere: "Umbricius ... deploys apocalyptic tones to portray a barbarian invasion and the demise of old Rome; but at the same time he uses language that enables the reader to see through the distortions of laudatio and 519
Ähnlich überreizt M ü l k e (562) die Vorstellung von der auf "große Gelehrsamkeit" (149) ihrer Leser angelegten "hintergründige(n) Anspielungskunst" (148) der Juvenalsatire, wenn er postuliert, der Autor nehme v.10–20 ex negativo auf das idyllische Gesprächsszenario von Cic. leg. und Plat. Phaidr. Bezug, um solcherart auf die bedingungslose Verwurzelung seiner Person wie seiner Dichtung in der Großstadt Rom hinzuweisen. Wenn M. weiter darauf aufmerksam macht, auch Juvenals Publikum rekrutiere sich selbstverständlich aus der Stadt, zum anderen aber behauptet, die Schlußpointe der Satire rechne gerade nur mit einem Hörer vom Lande (v.318–322), wird einer gattungsspezifischen Grundsatzerklärung Juvenals ohnedies der Boden entzogen.
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vituperatio, and to formulate more mature conclusions about the historical processes which went into the making of modern Rome" (251). Die Interpretation muß sich indessen vorhalten lassen, fast durchgehend ohne oder gar gegen den Juvenaltext entwickelt worden zu sein520; wo sich Plato ausgiebig über die Wirkung des genius loci äußert, kann man auf seiten des Satirikers nicht einfach stillschweigende imitatio voraussetzen. Die Tatsache, daß Umbricius gerade in das griechisch geprägte Cumae umsiedelt (vgl. auch oben S. 227), ist nach M u d r y (555) nicht durch v.2–5 zu begründen (dort äußert letztlich nur ein Außenstehender – Juvenal – Verständnis für die Ortswahl des Freundes), braucht jedoch auch nicht wirklich zu befremden, da sich Umbricius ja nicht der griechischen Kultur als solcher, sondern allein der Überfremdung Roms durch ein gräzisiertes Aufsteiger-Pack zu entziehen sucht. Ob man jedoch aus der v.318–321 thematisierten Möglichkeit, von Cumae aus auch Aquinum zu erreichen, eine existentielle Selbstverortung herauslesen kann ("Le voyage ... est hautement symbolique: il incarne cette alliance de la culture grecque et de la tradition italique qui fonde l'histoire culturelle de Rome née de ce métissage": 170) und wirklich von einer "double résidence d'Umbricius à Cumes et à Aquinum" (172) sprechen darf, ist dann doch mehr als zweifelhaft. Jenseits der genannten Schwerpunktsetzungen sind noch die folgenden Arbeiten auf Juvenals dritte Satire bezogen: W i t k e (498) warnt davor, bei der Interpretation des Textes das gattungsspezifische Moment der Protreptik aus den Augen zu verlieren: Das Gedicht ist nicht auf eine plastische Präsentation aller möglichen Gefahren des Großstadtlebens zu reduzieren; vielmehr brandmarkt Juvenal/Umbricius die soziale Deklassierung und menschliche Erniedrigung des kleinen Mannes in Rom und propagiert die Flucht als einzigen Ausweg. Anders als im Titel seiner Arbeit verheißen, beschäftigt sich V a l e r o G a r r i d o (505) allein mit Lukians De mercede conductis: Die dort artikulierte Klage über das hochfahrende Auftreten römischer Mäzene und das jämmerliche Dasein ihrer aus dem Osten zugezogenen Hausliteraten kann gewissermaßen als Gegenstück zum dezidierten Griechenhaß von Iuv.III gelesen werden.
520
Daß Juvenal selbst der vallis Egeriae jede Inspirationskraft ausdrücklich abspricht (v.16 eiectis ... Camenis; v.18 ff. quanto praesentius esset / numen aquis, ...; v.13–20 zu ihrer architektonischen Verunstaltung und anderweitigen Profanierung), wird dabei systematisch kleingeredet und dafür versteckte 'Hinweise' in den Vordergrund gerückt wie v.2 Cumae (Sibylle!); v.13– 16 Juden ("Judaic divination": 243); v.17 descendimus sc. in speluncas ("an action conventionally associated with consultation of oracles": ebd.); v.21 der Name Umbricius ("divinatory associations" [243 f.] wegen des haruspex C. Umbricius Melior!); v.60 die Anrede Quirites ("some authoritative, vatic role": 244); v.249 nonne vides ("prophetic articulation of visions": 246).
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A n d u e z a s (522) 'comentario' zur 3.Satire sucht das Verhältnis von literarischem Text und außerliterarischem Kontext linguistisch zu ergründen; im wesentlichen erfolgt jedoch nur eine Auflistung der einzelnen Phänomene: Der 'contexto' wird durch Angaben zu Raum (Rom, urbs, porta Capena, Orontes, Aventin, Praeneste ...), Zeit (nunc, Ausblicke in Vergangenheit und Zukunft), sozialen Verhältnissen (Gegensatz Armut – Reichtum, Sittenverfall, 'clases sociales'521, mille pericula), Geschichte (Numa, L. Roscius Otho, Samothraces ...), Literatur (v.100 Drama; 321 f. Satire; 198 f. Vergils Aeneis), Philosophie (v.116 Stoicus ... delator(!); 228 f. Pythagoreer), Mythos (v.16 Camenae; 27 Lachesis; 266 f. Charon ...) und Religion (Götter) bestimmt, als Stilmittel Hyperbole, Aufzählung, Antithese, rhetorische Fragen, gnomische Verallgemeinerung, Periphrase, Komparation und Bildhaftigkeit belegt, sodann gerade noch Juvenals Spielart der Gattung knapp umrissen. Auch die abschließende Erkenntnis, daß Juvenal Rom auf die Subura reduziert und solcherart das traditionelle Rombild – mit antiurbanistischer Tendenz – demystifiziert, vermag mit diesem minimalistischen Verfahren nicht zu versöhnen.522 Mit Blick auf Iuv.III empfiehlt C l a s s e n (527), die ebenso unspezifische wie inflationäre Verwendung des Begriffs Ironie im Zusammenhang der Juvenalinterpretation einzudämmen523 und sich stattdessen am antiken Sprachgebrauch zu orientieren: Ironie ist dort zu konstatieren, wo eine Aussage – vom Autor gewollt und vom Leser erkennbar – von der tatsächlichen Meinung des Sprechers abweicht, nicht jedoch im Falle einer subjektiven Übertreibung, die beim Leser zwar Bedenken auslösen mag, jedoch nicht zwangsläufig den wahren Ansichten der jeweiligen persona zuwiderläuft.524 Aus Hor. sat.1,2 und Iuv.III (bes. v.232–314) will M i l l e r (552) eine Doppelstrategie der Satire belegen, beim Leser im gleichen Atemzug moralische Entrüstung und sadistisches Vergnügen zu evozieren; zur Begründung wird nicht auf die antiken Texte, sondern auf Jacques Lacan und Sigmund Freud verwiesen. 521
Hierzu werden in buntem Reigen Ritter, aediles, Klienten, lenones, Sklaven und Juden gezählt. 522 Den unerfreulichen Gesamteindruck unterstreichen etwa auch die klägliche Bibliographie (die Juvenalliteratur ist dort auf ganze zwei – in Mexiko erschienene – Titel kondensiert) und die barbarische Verstümmelung von griechischem Text (139). 523 Seine besondere Aktualität bezog dieser Rat durch die wenige Jahre zuvor erschienene Studie von R o m a n o (308). 524 Gerade diese terminologische Klärung hätte die neuere Juvenalforschung davor bewahren können, Übertreibung und Ironie nachgerade reflexhaft miteinander gleichzusetzen und unter dem Vorzeichen des persona-Gedankens als Indiz innerer Distanzierung des Satirikers zu bewerten. Ansonsten wird auch etwa im künstlerischen Nachvollzug der Satire durch H o l l o w a y (20) deutlich, daß sich die Weltsicht des Gedichtes trotz ihrer Borniertheit und Verbitterung nicht als so abwegig darstellt, daß eine innere Reserve des Verfassers (Juvenal) a priori mit Händen zu greifen wäre.
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Völlig aus dem Rahmen fällt schließlich P a r m e r (529), dessen weitschweifige 'Neuinterpretation' der dritten Satire im wesentlichen durch folgende Erkenntnisse bestimmt wird: 1. In seiner Gesamtheit ist der Text als mosaikartige Aneinanderreihung launiger Kurzgeschichten organisiert. Hatte schon Lucilius die Erzählform der fabula zur Illustration bzw. Exemplifikation einer vorformulierten Moral eingesetzt, wird die Anekdote dieser engen funktionalen Vorgabe nun entbunden und – mehrheitlich von dem unter mancherlei Masken auftretenden Umbricius vorgetragen – zum eigenständigen Medium überlegener, da pudor und Contenance des Sprechers wahrender, Satirenschelte aufgewertet.525 2. Zusätzliche Komik soll die Satire aus der spezifischen Fiktionalisierung der Gestalt ihres Sprechers beziehen: "Umbricius is a shade, recently dead but unaware of this, who acts as vates and proceeds to initiate the ego into the mysteries of poetry" (3) – ein Szenario, das P. aus dem abschließenden Bericht des Umbricius über den eigenen Tod (so die Deutung von v.302–314!), seinem Namen ('Schattenmann'), seinem Reiseziel (Cumae = die Unterwelt), der in seinen Ausführungen zu beobachtenden Präponderanz der Motive 'Dunkelheit' und 'Tod' sowie einer größeren Zahl weiterer Hinweise526 zweifelsfrei ableiten zu dürfen glaubt. Daß Ergebnisse dieser Art nur durch einen interpretatorischen Gewaltakt zu gewinnen sind, liegt auf der Hand527; eine detaillierte Diskussion verdienen sie ebenso wenig wie P.s eigenwillige Ansichten
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Über Umfang und Schlußpointe der einzelnen Erzählungen belehrt eine – im folgenden vereinfachend wiedergegebene – Übersicht auf S. 127 (I steht für 'ironical', N für 'narrative'): v.1–9 Wit based on discrepantia (I); 10–20 Wish for the impossible (I); 21–28 Humorous bodily representation (N); 29–40 The patient sense of humor (I); 41–48 Ironical sententiousness (I); 49–57 Reproof of one as if error (I); 58–61 Passion, with feigned depression (I); 62–66 Suspicion of concealed ridicule (I); 67–80 Repayment of sarcasm in kind (I); 81–91 Humorous bodily representation (N); 92–100a Ironical admiration (I); 100b– 108 Witty exposure of folly (I); 109–113 The note of absurdity (I); 114–125 Friendly but ironical advice (I); 126–136 Extended comparison (N); 137–146 Paraprosdokian joke ex rebus (I); 147–159 Conjecture in a sense not intended (I); 160–189 Pretense of not understanding (I); 190–211 Apologus of the opici mures (N); 212–222 Hints about family "skeleton" (N); 223– 231 Using another's irony to characterize him (I); 232–242 Comic narratio on the litter (N); 243–253 Exaggeration (N); 254–267 Allusion to historia (N); 268–277 Wit applicable to character (I); 278–301 Calm answer to teasing (I); 302–314 Ironical dissimulation (I); 315– 322 Taking another's words in a sense not meant (I). 526 Vgl. etwa schon v.1 digressu veteris confusus amici ('verstört über den Heimgang ...') oder v.316 eundum est; v.318 vale nostri memor ("If nostri memor is epitaphic, then why not the whole satire?" [90]). 527 Zum toten Umbricius vgl. etwa 75 ("The mordant tone in these lines 29b–40, comes almost from beyond the grave"), zur humorigen fabula 276–284 (v.190–211 als komisches Gegenstück zur Horazischen Fabel von Stadt- und Landmaus; die Mäuse(!) als Sprecher von v.208–211) oder 304–308 (Umbricius als captator, der zur Abfassung eines Testamentes bewegen will).
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zum Gedichtaufbau (77: strukturelle Parallelen zwischen v.21–57 und 58–125; 278: dto. zwischen Iuv.III und Hor. sat. 2,6).528 Mit dem Blick auf v.86–108 konstatiert M a d e r (551), der zum Speichellecker geborene Grieche verfüge nachgerade über "poetics of adulatio" (40), für die sich Juvenal an Motiven der Liebeselegie und der dichterischen fictus-dolorDiskussion hätte orientieren müssen. Dagegen ist festzuhalten, daß laudare, mirari, mentiri, adulari, fingere zum standardisierten Verhaltensrepertoire jedes κόλαξ gehören. Die in einen schrecklichen Verkehrsunfall mündende Straßenszene von v.232–267 hält R o d r í g u e z - A l m e i d a (414) auch heute noch für lokalisierbar: Da der Bericht von Autopsie zeuge, Juvenal aber nach Ausweis einschlägiger Testimonien in der Subura wohnhaft gewesen sei (R.-A. vergleicht 3,5; 5,106; 11,50 f. und Mart. 12,18,1 f.), müsse sich das Geschehen auf dem clivus Suburanus abgespielt haben. Daß ligurischer Marmor (v.257 saxa Ligustica) bei seinem Transport in die Stadt diesen Ort überhaupt nicht passiert, wird dabei mit fadenscheinigem Verweis auf metonymen Gebrauch des Adjektivs ("pietroni come quelli delle cave della Liguria": 544) vom Tisch gewischt. Wenn schließlich G r ü n b e i n (544) in einem Warburg-Vortrag den Moloch Rom, den Satiriker Juvenal und den Schrecken der Schlaflosigkeit vor dem Hintergrund von sat.3 in träumerischen Impressionen Gestalt annehmen läßt, ist latinistische Präzision weder intendiert noch zu erwarten. b) Einzelstellen 3,4 N i s b e t (412) scheint die Charakterisierung von Cumae als litus so befremdlich, daß er eine konjekturale Besserung durch limen für angezeigt hält. 3,10–20 Daß der Ort von Numas sagenhafter Begegnung mit der Nymphe Egeria (v.12 hic, ubi ...) im überlieferten Text mit der Porta Capena (v.11), nicht mit der – von der Forschung in einiger Entfernung vermuteten – vallis Egeriae (v.17) gleichgesetzt wird, hatte schon O. Jahn zur Umstellung von v.12–16 hinter v.20 veranlaßt. Dem hieraus resultierenden Asyndeton zwischen den erst jetzt unmittelbar aufeinander folgenden Versen 11 und 17 sucht nun N i s b e t (412) beizukommen, indem er v.11 aus dem Satzgefüge herauslöst und als Parenthese einstuft; entsprechend ist dann nicht mehr amicus, sondern – aus dem Ablativ von v.10 gewonnen – raeda als Subjekt zu substitit zu ziehen. Hiergegen wendet sich P e a r c e (535) mit der Begründung, die Wortbedeutung von subsistere ('to halt') sei mit dem neuen Zusammenhang nicht mehr in 528
Richtig allein die Beobachtung, daß zwischen den beiden Großabschnitten der Umbriciusrede (von P. 999 allerdings als 'argumentation' und nachfolgende 'narration' mißdeutet) ein Wechsel von Zorn (v.21–189) zu Furcht (v.190–314) als maßgeblichem Affekt zu konstatieren ist.
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Einklang zu bringen529; stattdessen schlägt er Vertauschung von v.10 und 11 vor. Die solcherart gewonnene Versfolge 9–11–10(–17) kann jedoch ihrerseits nur durch zusätzliche Eingriffe in den Text mit Sinn gefüllt werden: Vor v.11 muß P. eine Lücke annehmen und in v.10 sed durch hinc ersetzen; und auch dann bleibt unerfindlich, warum der kurzfristige Halt des Umbricius an der Porta Capena (v.11) jetzt überhaupt noch erwähnt sein sollte. Der gleiche Einwand gilt dann auch W i l l i s (542), der v.13–16 als Zusatz eines christlichen (weil judenfeindlichen) Interpolators ausscheidet530 und daraus die Versfolge 11–12 (eingeleitet durch konjektural erschlossenes hinc; ubi im Vorgriff auf in vallem Egeriae bezogen)–17 gewinnt. Erst v a n d e r K r a a n (545) kann überzeugend begründen, daß der tradierte Text überhaupt keinen Anstoß bietet: Da die Freunde v.317 f. zufolge während ihres ganzen Gesprächs in Sichtweite des vor der Porta Capena zu denkenden Lastenladeplatzes verbleiben, halten sie sich wahrscheinlich an dem zu Füßen des Mons Caelius ausgegrabenen fons Camenarum auf; der Bezug von hic (v.12) auf den Bereich des Stadttors ist mithin nicht zu beanstanden. Einen Rückschritt bedeutet demgegenüber M a n z e l l a (558), die den scheinbar unvereinbaren Wortlaut von v.12–16 und 17–20 versuchsweise ("il legittimo sospetto, ma null'altro che il sospetto": 51) mit einer "certa fluidità del testo" (50) während der Phase anfänglicher recitationes in Verbindung bringt, damit aber letztlich nur Leos bzw. Jacobys These von der Existenz konkurrierender Doppelfassungen im Juvenaltext531 modifiziert; überzeugend jedoch ihre Hypothese einer symbolischen Ausdeutung der Textpartie, wonach Entweihung und Verschandelung der vallis Egeriae auf das Schicksal Roms, die Vertreibung der Camenen auf den Auszug des Umbricius verweisen. Was sodann die Detailerklärung des Absatzes anlangt, so vermutet M a r t i n (519) hinter der scheinbar flapsigen Formulierung von v.12 eine seriöse Aussage ohne amourösen Beiklang532; entsprechend soll amica als weibliches Pendant zu den amici principis und damit im Sinne von 'Ratgeberin' zu verstehen sein: "...là où, de nuit, Numa fixait rendez-vous à sa conseillère" (674). Dagegen ist jedoch mit G u a r i n o (523) einzuwenden, daß sich amicus mangels personeller Identität von amici und consilium principis (dem Rat gehört nur ein kleiner Teil der kaiserlichen Freunde an) nirgendwo als Synonym für consiliarius principis hat etablieren können und die Seriosität von Juvenals Äußerung auch so gewahrt bleibt, da amica (wie im übrigen auch coniunx an der vergleichbaren 529 Dieser Anstoß besteht auch dann, wenn man mit H a r d i e (541), 237 nicht raeda, sondern domus als Subjekt einsetzt. 530 W. selbst nennt v.12–16; aus dem Kontext darf hier jedoch auf einen Druckfehler geschlossen werden. 531 Vgl. oben Anm. 102. 532 Zur Begründung wird im wesentlichen darauf verwiesen, daß Juvenal die römischen Könige auch sonst keineswegs abschätzig behandelt.
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Stelle Liv.1,21,3) per se gar keine körperlichen Konnotationen aufweist, sondern ganz allgemein 'Gefährtin' bedeutet. v.13–16 schließlich soll sich nach U l l m a n (393) auf Hausierhandel beziehen (v.16 mendicare pejorativ für vendere: vgl. 6,542–545), den die Juden an der Porta Capena (diese 8,160 als Idymaea [=Iudaea] porta bezeichnet) insbesondere mit Eiern (v.14) betrieben hätten. 3,21–29 Nach C i t r o n i M a r c h e t t i (415) soll der Anfang der Umbriciusrede "una certa eco polemica" (126) gegen verbreitete Motive der protreptischen Literatur aufweisen; die von ihr herangezogenen Stellen (v.a. Sen. brev. vit. 19,1 ff.; ot. 3,3 f.: Einladung zum secessus) legen jedoch keinen Bezug nahe. 3,29 f. L a F l e u r (510) sucht die von Umbricius genannten Taugenichtse mit zwei Persönlichkeiten tiberianischer Zeit zu identifizieren. Das Ergebnis ist jedoch eher ernüchternd: M. Artorius Primus (CIL X 807; 841: Freigelassener und Architekt in Pompeji) ist nicht als Einwohner Roms bezeugt, L. Volusenus Catulus (CIL VI 31543: einer der curatores riparum et alvei Tiberis) gehört nicht einmal der im Zusammenhang inkriminierten Schicht der Parvenus an. 3,33 Versuche, die bisher vorgetragenen und als problematisch empfundenen Deutungen des Verses ('sich als Sklavenhändler betätigen', 'mit seinem Besitz [evtl. im Rahmen eines betrügerischen Bankrotts] unter den Hammer kommen') durch bessere zu ersetzen, sind auch während der letzten 50 Jahre ohne Erfolg geblieben: Im Anschluß an K i l l e e n 533 erinnert M o e l l e r (503) an die Praxis von Nichtrömern, sich selbst in die Sklaverei zu verkaufen und damit auf eine eventuelle Zukunft als Freigelassene zu spekulieren, zeichnet so aber eher den Weg eines Desperados als eines erfolgreichen Geschäftsmanns.534 T r ä n k l e (518) dagegen sieht die Gefahren des Unternehmertums thematisiert ('bei der Vergabe öffentlicher Aufträge [sub hasta] seine bürgerliche Existenz [caput] aufs Spiel setzen')535, gibt damit jedoch einem kontextfremden Zukunftsmoment Raum ("der [sc. wirtschaftliche] Zusammenbruch nur als riskierte Möglichkeit": 169). M a n z e l l a (563) wiederum denkt unter Verweis auf Manil. 4,225 nunc caput in mortem vendunt an den Dienstvertrag, mit dem sich
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J.F.K., Juvenal III 33, Mnemosyne 12, 1959, 343. Mit der weitergehenden Vermutung, die Formulierung solle sekundär dann doch die Vorstellung eines praeco (d.h. Auktionators) evozieren und hierdurch Brücken zu v.34–37 (cornicen als praeco der Gladiatorenspiele und damit möglicherweise selber Gladiator[!]) und v.154–158 (Söhne von praecones und Gladiatoren) schlagen, gelingt es M., seine Deutung zusätzlich zu unterhöhlen. 535 In diesem Sinne bereits C. K e m p f , Observationes in Juvenalis aliquot locos interpretandos, Berlin 1843, 27–33. 534
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freigeborene Römer als Gladiatoren verpflichten konnten; dabei bleibt jedoch die Formulierung (domina ... sub hasta deutet auf eine Versteigerung) unerklärt. Völlig abwegig schließlich T r a p p e s - L o m a x (546), der dem Wortlaut sexuelle Bedeutung beimißt (praebere caput = fellare; "with the addition of venale it means doing so for money" [194]; sub hasta = sub pene). Wie die derart gewonnene Aussage zum vorgetragenen Argumentationspunkt 'hemmungslose Vermögensbildung' passen soll, bleibt Geheimnis des Vf. 3,44 f. Beizupflichten ist B r a u n d (531), wenn sie ranarum viscera nicht als Utensil des Giftmischers, sondern des Eingeweideschauers versteht (vgl. v.41 mentiri; 43 funus promittere patris; 45 inspexi): Kapitalverbrechen spielen im Kontext keine Rolle; ranarum viscera numquam / inspexi "delivers a savage jibe at diviners" (504). 3,48 P a r m e r (532) setzt den Vers in Anführungszeichen: Mit dieser Ausflucht nämlich ('untauglich wegen körperlichen Defekts') verweigere der künftige Provinzbeamte dem ehrlichen Umbricius die Aufnahme in seine Entourage. Da aber der gesamte Zusammenhang (v.41–47) von Aussagen der Form 'ich kann nicht und will nicht' geprägt ist, kann dem stolzen Ausspruch me nemo ministro / fur erit (v.46 f.) kaum das Eingeständnis folgen, der Sprecher sei letztlich nicht durch eigene Entscheidung, sondern nur durch Ablehnung von seiten des fur an einer Teilnahme gehindert worden. 3,56 f. In dem Satz ponenda ... praemia sumas / tristis erklärt G n i l k a (395) ponere überzeugend im Sinne von deponere ('hinterlegen'): "der Hehler ist griesgrämig, weil er den erlangten Wohlstand nicht inmitten seines Besitzes friedlich genießen kann, sondern bereits bei Erhalt des Schweigelohns auf dessen sichere Verwahrung bedacht sein muß" (98); kaum anders G r i f f i t h (397), der das Verb mit reponere ('vergraben') gleichsetzt und für die Sache auf Hor. sat. 1,1,42, für die Formulierung auf Cic. top. 16 verweist. 3,62 Hier sieht M o o r e (512) Einfluß geographischer Tradition, wonach mit der Möglichkeit "of rivers flowing through or over other bodies of water [hier also des Mittelmeers] without losing their identity" (376) zu rechnen sei. 3,72 E d g e w o r t h s (423) Vermutung, der Vers sei am ehesten durch "intent on becoming (futuri) [both] the ancestors of great houses (viscera magnarum domuum) and owners (domini) [of those houses]" (210) wiederzugeben, kann nicht überzeugen: Insgeheim – durch Ehebruch – das eigene Blut mit dem führen-
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der Familien zu mischen, bringt dem asiatischen Karrieristen weder einen materiellen Vorteil noch einen Aufstieg zum dominus futurus.536 3,73–80 Für S m i t h (540) nimmt die griechenfeindliche Suada des Umbricius erkennbar auf multiscientia und Versatilität der zeitgenössischen Sophisten, insbesondere des v.74 genannten Isaeus (zu diesem vgl. Plin. epist. 2,3, bes. 1 f.; Philostr. Vitae 20 [p.514]) Bezug.537 Um weiteren Spott über die Griechen auszugießen, soll der Sprecher das Objekt seiner Antipathie sogar stilistisch nachahmen (v.73–78 die "breathless asyndeta"538 des Syrers, v.79 f. seine Vorliebe für pointierte Zusammenfassungen: zu in summa vgl. Philostr. a.a.O. ἐς βραχύ). E d g e w o r t h s (425) gegenteilige Ansicht, die negative Charakteristik des Isaeus könne Umbricius eben nicht auf den aus Plin. a.a.O. bekannten, wegen seiner stilistischen Qualitäten eher geschätzten Zeitgenossen, sondern nur auf den attischen Redner gleichen Namens gemünzt haben, entbehrt letztlich einer hinreichenden Begründung: Ein von Fremdenhaß getragenes Diktum dürfte anderen Gesetzen gehorchen als ein objektives Werturteil. Um v.74 f. ede quid illum / esse putes als logische Protasis des folgenden kenntlich werden zu lassen, will N i s b e t (412) das Prädikat des indirekten Fragesatzes durch velis ("say what you want him to be, he is it already": 93) ersetzen; mit Blick auf die mögliche Entstehung einer diesbezüglichen Korruptel gibt W a t t (418) stattdessen optes den Vorzug. Daß sich im übrigen Federbesatz für Gladiatorenhelme literarisch wie archäologisch nachweisen läßt, berechtigt nicht, mit M o e l l e r (502) eine Wendung pinnas sumere in der Bedeutung "to become a gladiator" (370) zu erschließen und daraus für v.79 f. ein beabsichtigtes Wortspiel abzuleiten: nec Thraex [= gladiator; sc. erat], qui sumpsit pinnas. 3,81 F o n t a i n e s (553) Kritik an der überkommenen Wiedergabe von conchylia (v.81) durch 'purple clothes' wird man die Berechtigung nicht absprechen, zeichnen sich doch die von Umbricius perhorreszierten Griechen in der Tat nicht durch besondere Wohlhabenheit aus (vgl. v.78 esuriens!). Allzu preziös indes der als Alternative gebotene Lösungsansatz: Demzufolge hätten die conchylia aufgrund ihrer labyrinthartigen Gestalt und einer – ganz singulär – bei Apollod. libr. epit. 1,14f. überlieferten Anekdote (die Findigkeit des Daedalus 536 Daß mit dominus nur der 'Herr im Haus' und nicht dessen 'owner' gemeint sein kann, sollte eigentlich keiner Diskussion bedürfen. 537 Das sprichwörtliche Diktum von der Not, die erfinderisch macht, wäre nach L a P e n n a (536) nicht erst durch Juvenals Junktur Graeculus esuriens, sondern schon durch Sen. epist. 15,7 istos quos nova artificia docuit fames auf griechische Einwanderer (hier: Ärzte) bezogen worden. 538 Die Formulierung nach Courtney (79) zu 3,74.
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vermochte ein Stück Garn durch die Windungen eines Schneckenhauses zu fädeln) als – vom Leser verstandene? – Metapher für die πολυτροπία der Griechen herhalten sollen (v.81 entsprechend: "Should I not run away from these folks' shell games?" 58). 3,90 f. Hier will M a n z e l l a (557) einen Kalauer erkennen, wonach Juvenal, angeregt durch Mart.13,64539, in v.91 nicht nur die Kopulation von Hahn und Henne, sondern auch die Vereinigung einer römischen Matrone (gallina!) mit einem kastrierten Kybelepriester (maritus!) im Blick gehabt hätte. Da eine solche Assoziation weder von der Formulierung nahegelegt wird noch eine attraktive Pointe generiert, sollte man die These, wiewohl nicht zum erstenmal vorgetragen540, tunlichst ad acta legen. 3,101 f. S c h ä u b l i n (533) nimmt Anstoß an nec dolet, weil dieser Zusatz die Beschreibung liebedienerischer Schauspielerei auf seiten des Griechen transzendiere: dolere müsse im Sinne von 'Schmerz darstellen' verstanden, der Text entsprechend in et bzw. ac dolet geändert werden.541 In Wirklichkeit ist die überlieferte Formulierung jedoch unverzichtbar: Wären doch ohne sie die Tränen des Griechen (flet, si lacrimas conspexit amici) nicht als Zeichen von Heuchelei, sondern von mitmenschlicher Empathie zu deuten. 3,104 Nach H ö g g (105) wäre die Authentizität des Verses nicht zuletzt dadurch gesichert, daß sich für einen möglichen Einschub kein Motiv benennen läßt. Dieses könnte jedoch gerade in der daselbst vollzogenen Rückbindung der Aussage an die Perspektive des Sprechers (non sumus ergo pares) zu suchen sein. 3,108 Zur Klärung des rätselhaften Sachverhaltes an dieser Stelle sind in den letzten Jahren verschiedene Anläufe unternommen worden: Der geheimnisvolle crepitus entsteht nach E d e n (411) durch das Leeren einer Dekantierflasche, nach M a r t y n (526) durch Fürze ("if his golden potty lets out a fart under his bent-over bottom": 397), nach E d g e w o r t h (425) durch Exkremente in einem pot-de-chambre ("if the golden vessel gives forth a resounding noise when he aims his posterior at it": 311), nach G r a z z i n i (537) durch Wettpinkeln in einen Pokal ("se la coppa, una volta svuotata completamente, ha risuonato": 413). Keine dieser Deutungen erfüllt jedoch die Gesamtheit der durch Kontext und Formulierung vorgegebenen Bedingungen: Die geschilder-
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Von dort könnte die Junktur gallina marito bezogen sein. Vgl. schon B u r g e (501). 541 So schon A. S c h o l t e (zit. oben Anm. 457), 22 und jüngst wieder M a d e r (551), 39: "puts on a good show of grief." 540
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te Aktion muß nach ructavit und minxit (v.107) einen Höhepunkt darstellen, gleichzeitig jedoch substantiell von diesen beiden Handlungen geschieden (dreimaliges si), überdies durch den Wortlaut gedeckt (fundus = 'Hintern'?)542 und schließlich noch der Lebensrealität verbunden sein (bei Benutzung eines Nachttopfes beugt man sich gerade nicht vornüber). 3,109 Nach M a r t y n (403) ist hier die Korruptel durch Einfügung eines Prädikates zu beheben: praeterea sanctum nil ‹restat› ab inguine tutum ("nothing sacred [sc. in his 'friend's' house] can safely withstand his sexual assault": 344). 3,113 Der üblicherweise als Interpolation athetierte Vers soll N a d e a u (409) zufolge durch raffinierte Mehrdeutigkeit des Wortes secreta (= s. concubitus + animi s.) zwischen den Themen 'Verführungskunst' und 'Denunziantentum' vermitteln. Diese Annahme widerspricht jedoch Textlogik und Gedankenführung: Der Grieche ist selbst Verführer, braucht sich also nicht erst für die erotischen Geheimnisse des Hauses zu interessieren; und das Folgemotiv wird gerade nicht assoziativ angeschlossen, sondern durch einen neuen Anlauf gewonnen (v.114 f. quoniam coepit Graecorum mentio, transi / gymnasia atque audi facinus maioris abollae). 3,114–118 Da der hinter dem berichteten Skandal vermutete P. Egnatius Celer kein Grieche ist, nicht aus Tarsus (v.117 f.) stammt und neben seinem nahezu gleichaltrigen Schüler und Opfer kaum sinnvoll als senex bezeichnet werden kann, sieht sich W i l l i s (542) zur Athetese des ganzen Abschnitts berechtigt. 3,146 S t i c k n e y / E d g e w o r t h (549) irren, wenn sie ipsis dem Ablativus absolutus dis ignoscentibus nicht als Erweiterung des logischen Subjekts, sondern als Dativobjekt (ipsis = eis, qui a pauperibus deos contemni credunt) zuordnen: Die solcherart an den Pranger gestellte Personengruppe läßt sich nur willkürlich aus dem vorausgehenden Passiv creditur erschließen, ihr Verhalten sozialer Diskriminierung kaum sinnvoll als göttlicherseits zu ahndendes Sakrileg verstehen, ja schließlich nicht einmal die sprachliche Seite der Formulierung durch eine schlüssige Parallele aus Juvenal absichern: Anders als die Vff. meinen, steht 6,568 post ipsam gerade nicht für post eam, sondern für post se i. 3,153 W i l l i a m s (525) kann überzeugend begründen, daß inquit noch vom Subjekt des vorausgehenden Satzes – infelix paupertas – regiert wird: Vergleichbar ist 542
Gegen dieses Postulat verstößt auch die ansonsten verführerische Übersetzung von Adamietz (16): "wenn der goldene Nachttopf mit seinem gewölbten Boden einen Furz hören ließ"; man müßte denn N i s b e t s (412) beiläufig vorgeschlagene Konjektur adverso übernehmen.
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Calp. ecl. 4,156 f., wo invida Paupertas das Wort ergreift und den Armen an seinen Status erinnert. 3,157 f. Nach M o e l l e r (502) spricht Umbricius hier von der in den Ritterstand aufgestiegenen Söhnegeneration des v.33 ff. genannten Personenkreises. 3,162 Der Arme – so E d e n (411) – wird eben schon deshalb nicht in das gewinnverheißende543 consilium der Aedilen aufgenommen, weil er das hierfür erforderliche Bestechungsgeld nicht aufbringen kann. 3,186 ff. Die hinsichtlich Sprecher, Adressat und Inhalt vieldiskutierte Rede von v.187 f. fassen U l l m a n (393) und K i l l e e n (521) als bitteren Segenswunsch, mit dem der arme Klient sein Bakschisch für den kuchenverteilenden Sklaven begleitet ('nimm's und laß es sich mehren'; zur Bedeutung von fermentum vgl. Petron. 76,7).544 E d g e w o r t h (425) dagegen erstickt die ganze Szene unter nachgerade obsessiven Phantastereien: Demnach handele v.186 f. von Klienten (hic, ille), die sich Zugang zum Haus eines Reichen zu verschaffen suchen, indem sie ihre Lustknaben, hübsch zurechtgemacht, zur Bestechung des Türsklaven einsetzen: libis venalibus (v.187) soll sich auf diese 'süßen Jungs' beziehen, v.187 f. der Klient das einschlägige Angebot kommentieren: "Take [the boy] and have [the enjoyment of] his ardor for yourself" (315). Daß dabei neben der Logik des Geschehens auch noch der lateinische Wortlaut auf der Strecke bleibt (fermentum: 'Glut'; v.189 peculia: 'Gefälligkeiten'), fällt dann schon nicht mehr weiter ins Gewicht. 3,198–211 Nach O ' S u l l i v a n (516) wird der Nachbar im Katastrophenszenario des Hausbrandes nicht von ungefähr mit dem aus Verg. Aen. 2,312 bezogenen Namen Ucalegon bedacht (οὐκ ἀλέγων: 'der sich nicht kümmert'; zum pejorativen Beiklang des Namens vgl. auch G a n t a r [506]). Das Opfer selbst wohnt in dem Haus zuoberst (so nach O'S. die Bedeutung von ultimus), genauer gesagt: über dem dritten Stockwerk; ist doch aus Gründen der Geschehenslogik (vgl. v.200 ff., bes. 200 tu nescis) v.199 tabulata tibi iam tertia fumant nicht 'schon brennt der von dir bewohnte dritte Stock', sondern, wie H u d s o n W i l l i a m s (515) zu Recht in Erinnerung ruft, 'schon brennt in dem von dir bewohnten Haus der dritte Stock' wiederzugeben.
543 E. denkt hier nicht an ein reguläres Gehalt, sondern an 'Selbstbedienung' im Amt. Dürfte Umbricius dann allerdings beklagen, daß ihm dieser Weg versperrt sei? 544 Entsprechend interpungiert schon D u f f (76) seinen Text.
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Den Namen des Brandgeschädigten selbst liest G r a z z i n i (538) v.203 und 208 gegen die Tradition der Handschriften (P und Φ) als Cordus545, soll doch die Haltung mitmenschlicher Solidarität, wie sie Umbricius in unseren Versen an den Tag lege, gegenüber dem Träger eines griechischen Namens (Codrus) kaum vorstellbar sein; die geschilderten Lebensumstände, eine Art Bohème avant la lettre, ließen am ehesten an einen Dichter denken (vgl. auch 7,27 f.; 72 f.).546 Im Gegensatz hierzu hatte noch R e g g i a n i (514) die überlieferte Form Codrus mit dem – sachlich verfehlten – Hinweis verteidigt, der Besitz griechischer Bücher (v.206) weise den Namensträger gerade als Griechen aus; der Name selber solle dabei die Assoziationen 'Dichter' (vgl. Verg. ecl. 5,11; 7,22 & 26) und 'Besitzlosigkeit' (Aug. civ. 18,19 über den mythischen Athenerkönig gleichen Namens: fefellit ... eos [=Peloponnenses] habitu pauperis apparendo) vermitteln. Dagegen verberge sich hinter dem 1,2 genannten, von Juvenal nur mit Geringschätzung betrachteten Epiker eine ganz andere, möglicherweise jedoch mit gleichem Namen bedachte Person. Auch hier verirrt sich R. jedoch in Spekulationen, wenn er den Verfasser einer Theseis (ebd.) "in una situazione di evidente parodia" (134) nach Kodros als letztem Theseiden benannt sehen will.547 Cordus selbst wird nach D e r o u x (564) sowohl durch seinen Hausrat (Bücher, Chironstatuette) wie auch durch einen sprechenden Namen (Cordus = "homme de cœur"(!): 324)548 und ein trauriges Geschick549 als "un homme bon, sage, généreux, sympathique et digne de commisération" (325) charakterisiert; die affektische Anteilnahme des Satirikers am Los seines alter ego soll sich zudem im metrischen Befund von v.203–211 spiegeln: vgl.v.a. v.203, 208 und 209 die bukolische Diärese ("expressivité particulière": 328) mit vorausgehendem pyrrhichischem Wort ("prépare le pathétique": ebd.) und v.211 die Versstruktur dsdsds ("un effet de solennité": 329) bei gleichzeitigem Vorherrschen des Vokals o ("preuve ... de douceur et d'émotion": ebd.); auch wird gerade die Beschreibung der 'Bibliothek' (v.206 f.) durch enjambementfreie versus aurei ("caractère paisible" – "vers ... pleins d'émotion": 330) konturiert. Darüber hinaus trägt D. (565) keine Bedenken, Juvenals plastische Beschreibung der Bohème mit ebenso tiefgründiger wie abwegiger Symbolik aufzula-
545
In P ist v.203 der entsprechende Versteil ausgelassen. Bei den divina carmina von v.207 handelt es sich allerdings nicht, wie G. 42 anzunehmen scheint, um eigene Produkte des Cordus, sondern um Klassiker aus seiner Bücherkiste. 547 Ergänzend rechnet R e g g i a n i (466) doch noch mit Identität der beiden Codri; Juvenal hätte dem Opfer des Wohnungsbrandes dann eben keine wirkliche Zuneigung, sondern nur eine "simpatia di circostanza" (63) entgegengebracht. 548 Im übrigen will D. auch im Namen des raucus Cordus von 1,2 eine raffinierte Paronymie – cor-/roc- (rauc-)(!) – erkennen (32437). 549 Procula (v.203) identifiziert D. als frühere Freundin des Cordus, die wegen seiner Armut das Weite (procul !) gesucht haben soll. 546
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den: Demzufolge soll Cordus – wie schon durch die offenkundige Sympathie des Satirikers – durch den Besitz eines leierspielenden (s.u.) Chiron wie auch poetologisch bedeutungsvoller Gefäße (urceoli ≈ aqua/ars; cantharus ≈ vinum/ingenium) als Poet bzw. – genauer noch – als Vertreter des dichterischen Ideals einer μανίη σώφρων kenntlich werden. In v.205 schließlich bezieht K i l l e e n (499) sub eodem marmore nicht auf den Standort des Kentauren ('unter dem Regal', d.h. als Stütze), sondern auf das zu seiner Herstellung verwendete Material ('aus dem gleichen Marmor'). Belege für diesen Sprachgebrauch sind indes selten und auf spätantike Inschriften beschränkt; zudem scheint auch das vorausgehende Partizip recubans nach einer Ortsangabe zu verlangen. Irrig auch M o n t i (428), der die alte, dem Scholienlemma folgende Konjektur sub eo de marmore Chiron ('ein marmorner Chiron') wiederaufgreift, dadurch jedoch den Kentauren550 seines Aufstellungsortes beraubt: sub eo kann eben nicht mehr wie sub eodem marmore auf das anderthalb Verse früher genannte Substantiv abacus bezogen und in der Bedeutung "al di sotto dell' abacus" (284) verstanden werden. Konsequenterweise bezieht D e r o u x (559), der – ohne Kenntnis von Monti – die gleiche Erklärung vertritt, sub eo auf cantharus (v.205); die noch eine Etage tiefer situierte ChironStatuette551 soll durch recubans nicht als liegend ("couché [sur le flanc]": 688), sondern als resupinus ('auf seinem Hinterteil ruhend') charakterisiert, Chiron damit als Lyraspieler dargestellt sein: Vielleicht wird man sich den Kentauren doch eher in der Körperhaltung der Sphinx von Gizeh zu denken haben. 3,212–222 E u s e r (524) vergleicht die Passage mit dem motivgleichen Epigramm Mart. 3,52 und konstatiert den – ohnedies klar vor Augen liegenden – Unterschied in der Tonlage; weit ausführlicher (und besser) informiert etwa A n d e r s o n (351). In v.218 möchte G i a n g r a n d e (394) das überlieferte faecasianorum (phae-) im Text behalten: Analog zu Cic. fam. 9,16,8 miniani (Iovis) als Nebenform zu phaecasiatus gebildet, soll das Wort als Attribut von Götterstatuen launig darauf verweisen, daß athenische und alexandrinische Priester phaecasia (eine besondere Art weißer Schuhe) an den Füßen trugen; indes wird die den Gesamtduktus von v.216b–220a prägende stereotype Einleitung der einzelnen Kola durch hic ... hic ... ‹haec› ... hic ... hic dadurch in störender Weise durchbrochen. 3,225 Wenn H e n d r y (417) überliefertes tenebras in latebras ändert, korrigiert er nicht den Text, sondern den Autor.
550 Nach M. eine kleine Statuette, nicht – wie üblicherweise angenommen – der figürlich ausgearbeitete Sockel des v.204 genannten abacus. 551 Der Sache nach unwahrscheinlich und auch durch den Text nicht nahegelegt ist die Annahme, an die gleiche Stelle unter dem abacus gehöre auch die Bücherkiste von v.206 f.
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3,226–231 Ebenso unklar wie zweifelhaft das Beweisziel von H o g e n m ü l l e r (561): Daß Juvenal selbst das Gedankengut des Kepos kannte, steht – wie bei jedem anderen Römer von Bildung – außer Frage; daß aber gerade Umbricius, ein Großstadtmensch, der Rom nicht aus Idealismus, sondern unter peinigendem Zwang verläßt, durch unseren Abschnitt (unter willkürlicher Übernahme der Konjektur latebrae für v.231)552 als bekennender Vertreter epikureischer λάθε βιώσας-Vorstellungen kenntlich werden sollte, steht der Aussage des Gedichtes diametral entgegen. 3,240 Die singuläre Verwendung des Substantivs Liburna ('Schnellboot') für eine Sänfte ist – so zu Recht U l l m a n (393) – nicht durch deren Aussehen, sondern durch ihre Geschwindigkeit (curret) evoziert; zu einschlägigen Assoziationen des Völkernamens Liburnus vgl. noch 4,75 ff.; 6,477 ff. (Sklaven); zur witzigen Gegenüberstellung von Mensch und Leichtsegler Plaut. Mil. 986 f. celox. 3,242 E d g e w o r t h (425) sucht die schon früher zuweilen vertretene Unechtheit des Verses durch Hinweis auf andere, dem Satiriker allgemein abgesprochene Einzelverse mit aufdringlicher "explanatory or summarizing nature" (319) zu stützen; H ö g g (105) hingegen sieht gerade in seiner juvenalischen Formulierung (vgl. 1,124; 3,185; 282; 4,21) ein wesentliches Authentizitätskriterium. 3,249–253 W i l l i s (542) athetiert die ganze Versgruppe, da er das berichtete Geschehen weder mit dem Empfang der sportula noch mit besonderen Nachteilen für den Erzähler in Verbindung zu bringen vermag. Dabei hatte schon T r ä n k l e (518) an die zutreffende Erklärung W i s s o w a s erinnert, "dass hier von einer Festmahlzeit einer Priesterschaft oder eines profanen Collegiums die Rede ist, die piknikartig gefeiert wird"553, und den Terminus sportula (celebratur) in diesem Kontext durch Inschriften hinlänglich belegt. 3,257–261 Nach C i t r o n i M a r c h e t t i (415) soll die Schilderung neben realistischer Beobachtung auch noch literarischen Reminiszenzen zu verdanken sein: Dies mag für Stat. Theb. 6,878–885 (zum Schicksal des Minenarbeiters) zutreffen; Berührungen mit Sen. epist. 57,6 f. sind dagegen eher insignifikant.
552 Diese wird durch die Formulierung des Verses a priori als verfehlt erwiesen: Oder sollte sich Umbricius wirklich in der Rolle eines dominus(!) unius(!) latebrae gefallen? 553 So zitiert bei Friedländer (74) z.St.
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3,274 N i s b e t s (422) Konjektur alta ist weder sinnvoll (welcher römische 'Kleinbürger' geht schon alta nocte zum Abendessen?) noch auch nur begründet: Das überlieferte Demonstrativum illa – N. zufolge ohne "precise point of reference" (225) – rückt eben die Nacht, ad cenam si eas, in den Blickpunkt. 3,282 E d g e w o r t h (423) will in somnum rixa facit eine mehr als gekünstelte Pointe erkennen: Der tumbe Raufbold habe den Ausspruch, Sex mache müde (rixa: 'an act of sexual intercourse'), mißverstanden und entsprechend falsche Konsequenzen gezogen! 3,315–322 Für die letzten Verse der Satire benennt P a s o l i (511) einige literarische Vorbilder (Verg. ecl. 1,79/83 für v.315 f.; Hor. carm. 3,27,14; Ov. am. 2,11,37 und Hdt. 11,125 für v.318; eher Hor. epist. 1,18,104 als sat. 2,6,16 f. für v.318– 322); nach E d g e w o r t h (425) soll insbesondere durch die pastoralen Konnotationen von v.316 (vgl. Verg. ecl. 1,83; 6,85 f.; 10,75 ff.; Calp. ecl. 5,120 f.) das gegen die vorausgehende vituperatio urbis gesetzte Motiv der laudatio ruris anklingen, Umbricius solcherart als Gegenstück zu Vergils Tityrus (ecl.1) in Szene gesetzt sein. Dagegen wird man M a r t y n (504) nur schwerlich abnehmen, daß v.321 f. als Parodie von Verg. georg. 1,80 f. ne saturare fimo pingui pudeat sola neve / effetos cinerem immundum iactare per agros aufzufassen sei. In v.320 erklärt T a e g e r t (517) helvinus durch Ableitung von helvus ('honiggelb') und damit als Synonym des als Attribut der Ceres gut belegten Adjektivs flavus. Die gelidi agri (v.322) sodann sollen – im Widerspruch zur klimatischen Wirklichkeit Aquinums – "sinnbildlich für 'abgeschiedene Idylle', 'Rom-Ferne' und 'Ursprungsreinheit' " (580) stehen. Was die Textgestaltung in v.322 anlangt, entscheiden sich Pasoli wie Taegert für den Wortlaut der recensio emendata (adiutor Φ, auditor P): Umbricius biete sich dem Satiriker auch für die Zukunft als Mitstreiter im Feldzug gegen das Laster an.554 Die vorgetragenen Argumente erscheinen jedoch eher schwach: P. stützt sich auf die ohne nähere Begründung vorgetragene Behauptung, Umbricius vertrete zwar die Position des Satirikers, sei jedoch als Person mit individuellen Zügen ausgestattet, so daß sein Verhältnis zu Juvenal zwingend als das des Helfers angesprochen werden müsse; T. unterschiebt v.26 ff. die textfremde Aussage "Umbricius muß fliehen, solange er noch stark genug ist für den Gegenangriff" (590), während der Sprecher doch in Wirklichkeit gerade den Rückzug antritt. Im übrigen mutet den Berichterstatter die Vorstellung, der Satiriker lasse sich von einer ausschließlich für die Zwecke dieses Gedichts als
554 Entsprechend wird auch caligatus der militärischen Sphäre zugeordnet (T.) oder doch auf metaphorischer Ebene mit entsprechenden Konnotationen befrachtet (P.).
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Sprecher erkorenen Gestalt555 auch fürderhin bereitwillige Unterstützung zusichern, mehr als abenteuerlich an. Die im Zusammenhang entscheidende Beobachtung hat letztlich M o n t i (428) beigesteuert: Wenn sich Umbricius gemeinsam mit anderen (v.320 me quoque) in Juvenals Feriendomizil einzufinden und bei dieser Gelegenheit – mit paenula und caligae (v.322) anstelle von toga und calcei angetan – gegen die Kleiderordnung zu verstoßen gedenkt, kann er sich nur als auditor einer Satiren-recitatio ins Spiel bringen wollen. Zuguterletzt bleibt H o o k (554) als besonders abschreckendes Beispiel philologischer Beliebigkeit zu brandmarken: Außerstande, sich zwischen ländlichen und militärischen Implikationen des Partizips călĭgatus zu entscheiden, dekretiert er kurzerhand subtile Mehrdeutigkeit, die durch paronomastischen Bezug auf cālīgo, cālīgare, călĭdus sowie ferner callidus/Calliope, celare, calumnia und U c a l e g on(!) noch an Tiefe gewinnen und umfassend "the ambiguities of Umbricius" (374) dokumentieren soll: "that he is 'wrapped in darkness' or 'blind' or somehow dead, and at the same time ardent and alive (and perhaps fighting). These attributes become meaningful in relation to other well documented intertextual and interpretive aspects of this satire, namely, that Satire 3 alludes to epic, especially the Aeneid, that Umbricius parodies Aeneas, and that Umbricius evokes some kind of divination" (366). Damit kann dann letztlich alles auf alles hindeuten; solcherart betrieben, verkommt Textinterpretation zu einer Art literaturbezogenem Rorschach-Test. 5. Satire 4 566. R.J. R o w l a n d , Jr., Juvenal's Lamiae: Note on Sat. 4,154, CB 40, 1963–1964, 75. 567. W. H e i l m a n n , Zur Komposition der vierten Satire und des ersten Satirenbuches Juvenals, RhM 110, 1967, 358–370. 568. J.G. G r i f f i t h , Juvenal, Statius, and the Flavian establishment, G&R 16, 1969, 134–150 (ein Resümee PCA 65, 1968, 29–30). 569. J. C l a c k , The structure of Juvenal 4 – a reprise, CB 50, 1973–1974, 77–78. 570. F. C o r s a r o , Una risposta di Giovenale a Marziale? Acta Dacoromana 6, 1976, 157–162. [4,69] 571. P. G a l l i v a n , Who was Acilius? Historia 27, 1978, 621–625. [4,94 ff.] 572. D. S w e e t , Juvenal's Satire 4: Poetic uses of indirection, CSCA 12, 1979, 283–303. 555 Auch wenn hinter dem Namen Umbricius ein realer Freund des Dichters zu suchen sein sollte, ändert dies ja nichts an der Tatsache, daß die dritte Satire als Schöpfung Juvenals, nicht als Interview mit einem Co-Autor zustande gekommen ist.
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573. C. D e r o u x , Grammaire et commentaire: À propos du "turbot de Domitien", in: G. V i r é (Hg.), Grec et latin en 1981. Études et documents, Bruxelles 1981, 151–169. 574. –, Domitian, the kingfish and the prodigies: a reading of Juvenal's fourth satire, in: d e r s . (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 3, Bruxelles 1983, 283–298. 575. L. B a c c h i e l l i , Il tempio greco sull' acropoli di Ancona, Picus 3, 1983, 219–223. [4,40] 576. C. D e r o u x , De la calvitie de Domitien à la chevelure d'Alexandre: propositions sur Juvénal, Sat., IV,37–38, in: J.M. C r o i s i l l e (Hg.), Neronia IV: Alejandro Magno, modelo de los emperadores romanos. Actes du IVe Colloque international de la SIEN, Bruxelles 1990, 277–288. 577. T.E.S. F l i n t o f f , Juvenal's fourth satire, Papers of the Leeds International Latin Seminar 6, 1990, 121–137. 578. F.M.A. J o n e s , The persona and the dramatis personae in Juvenal satire four, Eranos 88, 1990, 47–59. 579. A. L u i s i , Licet et considere ... res vera agitur (Iuv.4,34–35), InvLuc 12, 1990, 181–189. 580. M.M. W i n k l e r , Satire and the grotesque in Juvenal, Arcimboldo, and Goya, A&A 37, 1991, 22–42. 581. E. M a s t e l l o n e , La crudeltà del tiranno e il suo primato. Tra Giovenale ed Ausonio, BStudLat 22, 1992, 22–31. [4,38] 582. J. A d a m i e t z , Zur Frage der Parodie in Juvenals 4. Satire, WJA 19, 1993, 185–200. 583. K.M. C o l e m a n , The Lucrine Lake at Juvenal 4.141, CQ 44, 1994, 554–557. 584. A. L u i s i , Struttura e composizione della quarta satira di Giovenale, InvLuc 17, 1995, 77–95 (wiederabgedruckt 88, 25–42). 585. M.M. W i n k l e r , Alogia and emphasis in Juvenal's fourth satire, Ramus 24, 1995, 59–81. 586. A. H a r d i e , Juvenal, Domitian, and the accession of Hadrian (Satire 4), BICS 42, 1997–1998, 117–144. 587. G. B r o c c i a , Per una rilettura di Giovenale IV, AFLM 32, 1999, 245–257. 588. R. C o r t é s T o v a r , Intertextualidad en Juvenal IV 34–154, in: V. B é c a r e s u.a. (Hgg.), Intertextualidad en las Literaturas Griega y Latina, Madrid 2000, 297–317.
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589. B. H e ß e n , Narrate, puellae Pierides! Zur Poetologie Juvenals, in: J. S t y k a (Hg.), Studies in ancient literary theory and criticism, Kraków 2000, 323–334. [4,17; 35 f.] 590. I. R a m e l l i , La satira IV di Giovenale ed il supplizio di san Giovanni a Roma sotto Domiziano, Gerión 18, 2000, 343–359. 591. T. A s l a n i d o u , Ἠθικολογεῖ ὁ Ἰουβενάλης στὴν τέταρτη σάτιρα τοῦ; Parnassos 47, 2005, 37–66. 592. L. B a r u f f a l d i , La IV Satira di Giovenale: il rombo di Domiziano e il silenzio del potere, in: F. G a s t i – G. M a z z o l i (Hgg.), Modelli letterari e ideologia nell' età flavia. Atti della III Giornata ghisleriana di Filologia classica (Pavia, 30–31 ottobre 2003), Pavia 2005, 185–203. 593. A. L u i s i , Il rombo e il processo alla Vestale (Giovenale, satira IV), Euphrosyne 35, 2007, 327–338. 594. T. F ö g e n , Flavius ultimus: Juvenals Auseinandersetzung mit der Zeit Juvenals, in: F. F e l g e n t r e u u.a. (Hgg.), Per attentam Caesaris aurem: Satire – die unpolitische Gattung? Eine internationale Tagung an der Freien Universität Berlin vom 7. bis 8.März 2008, Tübingen 2009, 167–191. 595. M.M. W i n k l e r , Juvenal: zealous vindicator of Roman liberty, in: W.J. D o m i n i k u.a. (Hgg.), Writing politics in imperial Rome, Leiden 2009, 463–482. 596. K. W i l l i a m s , Amicus Caesaris: Vibius Crispus in the works of Juvenal and Tacitus, in: J.F. M i l l e r – A.J. W o o d m a n (Hgg.), Latin historiography and poetry in the early empire. Generic interactions, Leiden 2010, 171– 187. [4,81–93] a) Gesamtsatire und Großabschnitte Im Mittelpunkt der Arbeiten zu sat.4 stehen Überlegungen zur inhaltlichen Einheit des Gedichtes, seiner Zielsetzung sowie seiner Einbindung in das erste Satirenbuch. Für H e i l m a n n (567) ist "hinter der betonten Herausstellung des Crispinus in Verbindung mit den folgenden Teilen des Gedichts der Wille zu einer umfassenden Charakteristik von Domitians Regime bzw. des Lebens am Hofe" (365) sichtbar, wobei die Eingangspassage (v.1–33) dieses Ziel auf indirektem Wege verfolgt. Diese Gesamtaussage trifft das Bild besser als die Einzelbeobachtungen, die H. seiner Sichtweise zugrunde legt: Monstrum überzeugt als Schlüsselwort des Textes (v.2; 45; 115; "Das monstrum von einem Butt entspricht somit ebenso dem schrecklichen Tyrannen, wie die monstra Crispinus und Catullus durch ihre Art mit ihrem Herrn verbunden sind": 361) ebenso wenig wie die Bewertung von v.15 f. und v.46 ff. als gesuchtem Kon-
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trast ("Crispinus kann wagen, was dem einfachen Untertanen unmöglich scheint"556: 362) oder die aus v.107 f. (Nebeneinanderstellung von Montanus und dem matutino sudans Crispinus amomo) gewonnene Erkenntnis, Schlemmerei erscheine "als besonderes Charakteristikum der Herrschaft Domitians" (363). Das erste Satirenbuch in seiner Gesamtheit will H. dabei als eine Art Großsatire verstanden wissen, die – wenn auch aus jeweils unterschiedlicher Perspektive – durchgehend die Verderbtheit Roms in den Blick nimmt; als Herzstück ist entsprechend sat.3 anzusehen. G r i f f i t h s (568) Beitrag zum Verständnis der Satire läßt sich wie folgt zusammenfassen: 1. Der mit dem Hauptthema des Gedichtes eher unzulänglich verbundene Crispinusteil (v.1–33) soll angesichts der gattungsspezifischen Technik des 'maskierten Eingangs' keiner weiteren Rechtfertigung bedürfen. 2. Kompositionell scheint das Gedicht schlüssig in das Konzept des ersten Satirenbuches eingebunden: Sat.3 bildet Zentrum und Höhepunkt, von den Rahmenstücken behandeln sat.1/5 den Niedergang des Klientelwesens, sat.2/4 private bzw. öffentliche Unmoral. 3. Das im Fisch-consilium parodisch verarbeitete Statiusgedicht De bello Germanico (vgl. Probus Vallae zu v.94) kann aufgrund der unepischen Metrik des Verses et Fabius Veiento potentem signat utrumque (bukolische Diärese als Haupteinschnitt!) höchstens einer "quickly tossed-off occasional composition" (138) entstammen, wie sie Statius ja erklärtermaßen beim Albanischen Agon zum Lobpreis des Kaisers vorgetragen hat (vgl. Stat. silv.4,2,66 f.). 4. Die in einer Klimax der Verworfenheit angeordneten Steckbriefe der Ratsmitglieder stehen in der Tradition der "Lucilian masquerade" (147)557, die auch Hor.sat.1,6,12–44 sowie Iuv.1,22–80 und 8,231–268 in Erscheinung tritt und letztlich wohl auf die "review masquerade" (148) der Alten Komödie zurückgeht. 5. Zu den Mitteln der Ironie, mit denen Juvenal die Szene einfärbt, gehören auch "some studied legal overtones" (149): vgl. v.52 elapsum / reverti und v.55, wo die Formulierung möglicherweise auf einen Rechtssatz betr. Schatzfunde (res fisci est, ubicumque latet) zurückgeht. Auch K i l p a t r i c k (400) sucht der üblichen Philologenkritik an sat.4 den Boden zu entziehen: 1. v.1 f. ecce iterum Crispinus, et est mihi saepe vocandus / ad partes zeugt nicht von uneingelösten Ankündigungen, sondern ist "I should really call him often" (230) wiederzugeben. 556
Die beiden Handlungen sind letztlich gar nicht vergleichbar: Der Fischer wagt es nicht, ein spatium admirabile rhombi (v.39) auf den Markt zu bringen, Crispinus dagegen hat ordnungsgemäß einen Sechs-Pfünder-mullus erworben. 557 Die Formulierung ist von E. F r a e n k e l zur Beschreibung des Hor.a.a.O. vorgestellten Personenkatalogs geprägt (E.F., Horace, Oxford 1957, 103).
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2. Das Gedicht fällt keineswegs in zwei disparate Teile (Bruchkante bei v.34 incipe, Calliope) auseinander: Läßt man den als Epenparodie kenntlichen Musenanruf bereits v.28 einsetzen (vgl. die Stilhöhe von v.29 induperator!), ist seine Gestaltung als – überzeugendes – Bindeglied nicht zu übersehen. 3. Zur Funktion des Cripinus-'Prologs' im Rahmen des Gedichtganzen: "His lesser vices lead naturally into the story of one of Domitian's lesser vices (...) but also to a clearer picture of the really monstrous nature of the men who came to the meeting, the emperor included" (234 f.). C l a c k s (569) Überlegungen zur Einheit von sat.4 scheinen dem Berichterstatter in sich nicht stimmig zu sein: Auf der einen Seite deutet er die unverkennbaren Parallelen zwischen Crispinus und Domitian im Sinne einer Präfiguration ("From a minor functionary, Crispinus, we move to a major functionary, Domitian": 77), auf der anderen soll das Gedicht gar nicht den eher beiläufig genannten Kaiser, sondern – wie auch die übrigen Satiren des ersten Buches – "the monstrosity of Rome" (ebd.) im Visier haben, verkörpere doch der Kronrat "the same motley and disorderly congregation found on the streets of Rome" (78). Von ganz unterschiedlichem Wert sind auch die Aussagen von S w e e t (572): 1. Im als Epenparodie gestalteten Hauptteil gruppiert sich die ganze Erzählung um zwei Stellen, an denen flüchtig die Zentralfigur Domitan in Erscheinung tritt (v.69 ff.; 130); ansonsten bleibt der Tyrann hinter den Palastmauern, seinen Titeln und den Schmeicheleien seiner Umgebung verborgen und erscheint so als noch abgründiger. 2. Die einschlägige Handlung ihrerseits besitzt symbolische Qualitäten: Der Fisch steht für die von Domitian geschundene Welt, gleichzeitig aber auch für das kaiserliche monstrum selber. 3. Der als direkte Kritik gestaltete Crispinusteil "establishes a logic of paradoxical perversion and a rhetoric of extreme contrasts" (290) und dient so der atmosphärischen Vorbereitung des Hauptgeschehens. 4. Gleichzeitig soll der Sprecher – wieder einmal a priori als dramatische persona gefaßt – in diesem Abschnitt auch seine zwischen Wut, Frustration und Zynismus schwankende und als "unusually chaotic state of mind" (284) zu charakterisierende Seelenlage angesichts des von ihm behandelten Gegenstandes zu erkennen geben: Als Indiz hierfür wird der mehrfache Perspektivenwechsel, "an inordinate number of contrasts, paradoxes and inversions" (292), schließlich aber auch die Häufung von Plosiven in v.24–32 ("sputtering indignation": 30337) bemüht. Erst mit dem Musenanruf von v.34 ff. suche sich der 'satirist' zur Ordnung zu rufen ("By invoking the Muses he conveys symbolically his wish to assert some kind of poetic control over the world that has so
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distracted him": 295)558, um dann doch auch im Hauptteil die Kontrolle über sich und seine epische Erzählung immer mehr zu verlieren. Die nachgerade richtungslose Beliebigkeit der angeblichen Symbolik (Punkt 2) und die Annahme eines mit der Formulierung seiner Gedanken überforderten Sprechers (Punkt 4) nehmen den vorgetragenen Überlegungen einiges von ihrer Glaubwürdigkeit. Neuerlich äußert sich F l i n t o f f (577) zu den zentralen Interpretationsproblemen von sat.4: 1. zur Integration des Gedichtes in das erste Satirenbuch (sat.1–5): Die Anordnung der fünf Texte soll auf Symmetrie ausgerichtet sein: Im Zentrum steht die – auch durch ihren Umfang herausgehobene – Umbricius-Satire (III); der doppelte Rahmen wird durch die beiden Themen 'Niedergang der Klientel' (I/V) bzw. luxuria (II/IV; "life-style of the Roman upper-classes": 122 f.) gebildet.559 2. zur strukturellen Einheit des Gedichtes. Mit der communis opinio orientiert sich F. an dem erstmals von W. S t e g e m a n n 560 konstatierten Chiasmus (v.1–33 Crispinus [v.1–10 scelera; v.11–33 leviora]; v.37–154 Domitian [v.37–149 leviora; v.150–154 scelera]), für dessen einzelne Glieder er nunmehr stetig zunehmenden Umfang mit abschließendem, als Unsagbarkeitssignal zu deutendem Verstummen postuliert. 3. zur Rolle des Crispinus: Als typischer Vertreter der "new Flavian meritocracy" (129) muß diese Kreatur wie von selbst den Blick auf Domitian als ihren Schöpfer und Förderer lenken. 4. zur Bedeutung des Fischthemas: "Fish-obsessed" (130) Gourmandise gehört von Anfang an zum Themenrepertoire der Gattung, der Fisch selbst zum Instrumentarium von Wundererzählungen (vgl. die Ähnlichkeiten zwischen Iuv.IV und Herodots Erzählung vom Ring des Polykrates [Hdt. 3,41 ff.]). 5. Zum "overall tone" (132) des Gedichts: Hier soll der Horazbezug ausschlaggebend sein: Anfang und Schluß nehmen auf Horazisches Personal Bezug (Crispinus: sat.1,4,13 f.; Lamiae: carm.1,26 u.ö.), das Mittelstück liefert ein Fallbeispiel zu Hor.sat.2,2 (vgl. dort v.33 f.; 42; 48 f.; 95 f.; "the Ofellus 558
Die Verse der invocatio selbst sollen auch von der seelischen Wirrsal der persona zeugen: "First he summons up Calliope (...), we assume to ask for her help. Then he insults her by suggesting that ordinarily she lies (...), then he bids all the Muses to assist in undertaking the task (...) and flatters them (...), then cynically he reveals that his motives for flattering them are self-serving (...) and implies that he has lied in calling them puellae, whereupon he uses the lying epic idiom to tell a tale that he has just claimed is strictly true (...)" (299). 559 Im einzelnen soll die Verbindung von sat.2 und 4 noch dadurch unterstrichen sein, daß beide als "jeux d'esprit with dark Vergilian endings" (123) erscheinen; Grund: die 4 Verse 2,149–152 bzw. die Junktur illustres animas 4,152). Sticht denn aber nicht gerade am Schluß von sat.3 der Vergilbezug ins Auge? 560 W.S., De Iuvenalis dispositione, Diss. Leipzig, Weyda 1913, 30–34.
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poem ... providing a sort of moral commentary on the events described in Juvenal Satire 4": 134). Für J o n e s (578) beruht die innere Verbindung zwischen der moralischsatirisch getönten Eingangspartie und dem episch bzw. (parodisch-)panegyrisch anmutenden Hauptteil der Satire nur sekundär auf dem seinerseits in beiden vorgenannten Traditionen zu belegenden Fischmotiv und der hauptsächlich auf den Bereich von v.37–150 beschränkten Verknüpfungstechnik der "verbal links" (50; vgl. das Schaubild ebd.).561 Maßgeblich ist vielmehr die perspektivische Ausrichtung der Crispinusgestalt auf den Tyrannen Domitian: Vom wütenden Satiriker in der Anfangspassage als Verbrecher und Liederjan ohnegleichen in Szene gesetzt, spielt Crispinus bei Hofe dann doch nur eine ganz unmaßgebliche Rolle562; wie schrecklich muß man sich also im Vergleich Bösartigkeit und Verkommenheit des Princeps selber vorstellen? In diesem Falle – so Juvenals Antwort – sind sogar die Möglichkeiten der indignatio überfordert; wenn er stattdessen hilfsweise zur Persiflage greift, wird man dies jedoch nicht mit J. auf Zweifel "about the efficacy and perspective of indignatio" (57) im allgemeinen zurückführen dürfen. B r o c c i a (587) sieht im Hauptteil der 4. Satire (v.34–149) den Tyrannen und seine saevitia, aber auch – komplementär hierzu – die durch hündische Schmeichelei und unziemliche Hast dokumentierte Servilität der Untertanen gebrandmarkt: Eine Art Engführung erfahren beide Aspekte v.76 f., wo der praefectus urbi Pegasus zum vilicus herabgewürdigt und im komödienspezifischen Gestus des servus currens vorgeführt wird (rapta properabat abolla). Neueste Untersuchungen zu sat.4 weisen eher referierenden Charakter auf: Zu A s l a n i d o u (591) vermerkt APh 76, 2005, 366: "La quatrième satire dresse un tableau critique de la société romaine, de ses valeurs morales et des institutions politiques. Elle traduit la position idéologique de Juvénal face à l'abandon du "mos maiorum" et aux mutations de l'époque impériale." Und F ö g e n (594) bietet eine ebenso solide wie überraschungsfreie Synthese der bisherigen Forschung; kaum glaublich jedoch das hieraus abgeleitete Ergebnis, das Gedicht lasse sich wohl – wie im übrigen auch Senecas Apocolocyntosis – "als ein Text lesen ..., der insbesondere dem späteren Regenten und anderen politisch Verantwortlichen (...) als Mahnung und Verpflichtung dienen mag" (191). Was vornehmlich die poetischen Qualitäten des Satirikers betrifft, untersucht A d a m i e t z (582) "Zielsetzung und ... Durchführung des ... parodischen Verfahrens" (186) in sat.4: Im einleitenden Crispinusporträt (v.1–33) dominiert satirische Darstellung, die durch wiederholten Einbezug epischer Sprachele561 Hier gilt es allerdings, Abstriche zu machen: Nicht jede Wortwiederholung weist gleich auf einen Schlüsselbegriff (vgl. etwa v.43 torrentis – v.90 torrentem). 562 Anders als Heilmann (567) oder Griffith (568) vermag J. in Juvenals Präsentation der Hofschranzen (v.75–118) keine "climax of evil" (55) zu erkennen.
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mente ironische Kontraste zu erzielen weiß; "dagegen weist der Hauptteil einen Wechsel zwischen abgrenzbaren episch berichtenden und satirisch kommentierenden Partien auf" (199; für die genauen Versangaben vgl. dort Anm.60), welch letztere im Dienste von Entlarvung und Desillusionierung stehen. Der parodische Impetus ist nicht literarisch (gegen Statius, gegen dessen Werk De bello Germanico oder gegen das Epos allgemein), sondern satirisch-moralisch (gegen den Kaiser und dessen Entourage) ausgerichtet; Anregungen für seine Stilwechseltechnik mag Juvenal von Sen. apocol., einem satirischen Werk mit vergleichbaren Intentionen, empfangen haben. Ohne Kenntnis von A. sucht C o r t é s T o v a r (588) die Eigenart des Hauptteils von sat.4 (v.34–149) aus einem intertextuellen Rekurs auf Statius, De bello Germanico und – weniger überzeugend – Senecas Apocolocyntosis abzuleiten. 1. Der epische Duktus der Erzählung nimmt parodisch auf Statius Bezug; der Verlauf des consilium principis ist als gastronomische Persiflage eines bei Statius berichteten Geschehens (adulatorische Deutung eines Riesenfisches als glückliches Omen für den Ausgang des Germanienfeldzugs) zu verstehen563, und der (parodische) Musenanruf von v.34 ff. rekurriert auf einen motivverwandten Gedichtteil, in dem sich Statius den Beistand der Göttinnen für den Albanischen Agon zu sichern trachtet.564 2. Der Verweis auf Sen. apocol. 1,1 (Pose des Historikers) untermauert Juvenals Anspruch, als Satiriker eine höhere, vom vordergründigen Geschehen losgelöste Wahrheit zu vertreten (v.34 ff.), die Anspielung (v.56–59) auf die augenzwinkernde Zeitangabe von apocol. 2,1 f.565 signalisiert das strukturell an
563 Denkt man diese attraktive Vorstellung zu Ende, läßt sich ein immenser Gewinn für das Verständnis des Gedichtes erzielen: Wenn im Kronrat des Statius tatsächlich ein Riesenbutt als Prodigium für einen fulminanten Germanientriumph angesprochen war (und v.124–128 unserer Satire scheinen diese Annahme zu rechtfertigen), müssen dort auch Überlegungen angestellt worden sein, wie weiter mit dem Fisch zu verfahren sei; mußte doch seine Zerteilung als Aufhebung des Omens und damit als elementare Gefährdung des von ihm verheißenen Sieges empfunden werden. Damit steht die Fischsatire nicht nur dem parodierten Statiustext näher als bisher vermutet, sondern sie weist auch einen weit höheren Realitätsgehalt auf. Wie in seinen übrigen Gedichten hat Juvenal zwar verzerrt und zugespitzt, aber nicht zur Fiktion gegriffen: Seine Aussage res vera agitur (v.35) wird man nicht mehr so einfach abtun dürfen. Auf der anderen Seite ist die para-epische Inszenierung von sat.4 durch ihren Statiusbezug hinlänglich erklärt, so daß sie auch nicht mehr als Beleg für das von Juvenal angeblich verfolgte Gattungskonzept einer eposorientierten Satire (vgl. B r a u n d [31], 195: "With this mock-epic narrative, Juvenal's satire fulfils the possibility voiced in Satire 1 of satire replacing epic") herangezogen werden kann. 564 Zu v.34 ff. als Statiusparodie vgl. schon T o w n e n d (380), der das Verständnis der 4.Satire auch sonst durch Rekurs auf die literarischen Erfahrungen von Juvenals Leserschaft zu fördern sucht (vgl. oben S. 187). 565 Entscheidend soll hier die Übereinstimmung der Junktur deformis hiems sein, die sich indes auch Sil. 3,489 findet.
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Seneca orientierte Verfahren, episch-parodische Erzählung immer wieder durch – in Juvenals Fall indignatio-bestimmte – Kommentare zu unterbrechen, und die Parallele von v.37 f. (vituperatio Domitians) und apocol. 4,1, v.28–32 (aus dem Neroelogium) soll letzten Endes über das Ziel der Satire belehren: wie Seneca an einem Herrscher der Vergangenheit Kritik zu üben, ohne dabei allzu naive Zukunftsgläubigkeit zur Schau zu stellen. Eine Sonderstellung nehmen schließlich Untersuchungen ein, die in dem Gedicht eine symbolische Tiefendimension mit politischem oder aber religiösem Aussagepotential zu entdecken glauben. D e r o u x (573)566 zufolge hätte Juvenal zwischen Domitians Willkürregime und dem Auftauchen des Riesenfisches einen inneren Zusammenhang konstruiert (v.37 cum m. Konj. in kausal/historischer Bedeutung) und das Tier – wiewohl von keinem der Beteiligten richtig verstanden – als gottgesandtes monstrum (v.45) auf den nahenden, von ihm selbst als "désir personnellement vécu" (156) herbeigesehnten Untergang des Tyrannen verweisen lassen.567 W i n k l e r (585) rechnet für den Hauptteil von sat.4 mit einer raffinierten, auf fortwährender Zurschaustellung subtilster Mehrdeutigkeiten basierenden Inszenierung.568 Hier können nur Beispiele angeführt werden: 1. Der Kahn (cumba) des Fischers (v.45) soll an die cumba Charonis erinnern: "this word choice continues the Leitmotiv of death as the chief mark of Domitian's rule which pervades the poem" (63).569 2. Einzelne Wörter aus des Fischers Rede vor Domitian werden – jeweils unter souveräner Mißachtung des Zusammenhangs – als listig gesetzte Stiche gedeutet. Im einzelnen hätten dabei folgende Gleichungen zu gelten: v.66 privatis (accipe ... p. maiora focis) = 'beraubt' ("By being compelled to deliver this fish, ... I've been robbed!": 68); v.67 sagina (propera stomachum laxare s.) = 'Köder' (auf die "manipulative strategy" [64] des schmeichelnden Fischers zu beziehen)570; laxare = 'entleeren' (hier soll der Wunsch artikuliert sein, dem Kaiser werde der Fisch schlecht bekommen); und schließlich soll v.68 saecula (tua servatum ... in s. rhombum) den Riesenfisch noch als "rather superannuated" (70) abqualifizieren.
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D e r o u x (574) kann in Teilen als englische Übersetzung der früheren Arbeit gelten. Juvenals sakral getönter Gebrauch des Substantivs wird durch 2,122 f.; 143 und 13,64 ff. belegt, seine innere Anteilnahme am Ende Domitians aus der Formulierung des Schlußräsonnements (v.150–154 mit pleonastischer Junktur impune et vindice nullo und elliptischem sed) erschlossen und – in der englischen Version des Aufsatzes – durch seine Exilierung unter diesem Herrscher begründet. 568 Die Hauptgedanken der Arbeit werden von W i n k l e r (595) neuerlich vorgetragen. 569 Daß der als cumbae linique magister (v.45) beschriebene Fischer im Kontext einer solchen Gedankenverknüpfung selbst als Charon figurieren müßte, ist W. entgangen. 570 Wegen saginari = 'sich mästen' werden dem Substantiv zusätzlich noch "moral overtones" (69) zugesprochen. 567
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3. Des weiteren stehe der Fisch selbst a) – genau wie in der für Juvenal als Vorlage namhaft gemachten Polykrates-Geschichte (Hdt. Buch 3) – für "an unusual gift which symbolically foreshadows their doom" (72)571; b) – wegen der Bedeutungsverschiebung von orbis (vgl. v.37/148 und 132) und des Anagramms rhombus/morbus – für den von Domitian geschundenen Erdkreis: "Domitian and his rule as well as the imperial power system are a disease which has overtaken the libera res publica" (72)572; c) für Domitian selbst: Sei er doch wie dieser ein monstrum (v.45)573, dumm574 und riesig (v.39; 132; Domitians "corporal rotundity" [77] soll aus v.28 f. abzuleiten sein) und erleide letztlich auch das gleiche Schicksal: vgl. zu v.130 conciditur? "Procopius reports that Domitian's body was cut to pieces ... Similarly the turbot, although cooked in one piece(!), will eventually have been carved for dinner(!)" (76; Hervorhebungen W.K.). Wieder einmal erweist sich die Berechtigung des Dichterworts difficile est saturam non scribere! Durch phantasievolle Jonglage mit allerlei literarischen Zeugnissen zum Thema 'Fisch' glaubt B a r u f f a l d i (592), dem Gedicht neuerlich eine allegorische Aussage abtrotzen zu können. Über die Assoziationskette 'großer Fisch' – 'Luxusgut' – 'Größe und Macht'575 kommt sie zu der Erkenntnis, der rhombus symbolisiere einzelne Facetten von Domitians Tyrannendasein: Wie der Fisch verharre auch der Herrscher in absolutem Schweigen576; wie dieser sei auch er dem Tod geweiht.
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In Wirklichkeit verweist bei Herodot nicht der Fang des Fisches, sondern die Wiederkehr des geopferten Ringes auf das Verhängnis voraus. 572 Besondere Bedeutung soll dabei dem Faktum zukommen, daß Juvenal den Kaiser nicht mit seinem – W. zufolge etymologisch von dominus/domare abgeleiteten – Cognomen nennt; in Wahrheit sind hier natürlich allein metrische Gründe bestimmend gewesen. 573 Zur Aufdeckung von "Domitian's animal nature" (75) soll auch die Gegenüberstellung von v.69 f. und 127 f. beitragen. 574 Als Beleg dient O. K e l l e r , Die antike Tierwelt, Bd. 2, Leipzig 1913, 367: "Die geistigen Fähigkeiten des Rhombus wurden nieder taxiert." 575 "... il potere entra nell' aula attraverso il pesce che si fa simbolo di un concetto non definibile verbalmente, ma attraverso una retorica dell' immagine, che è appunto quella 'della grande dimensione' " (193). Unter diesem Gesichtspunkt soll sich auch der Eingangsteil der Satire organisch zu ihrem Fortgang fügen: "Crispino, con il suo smodato gesto, segna ... l'ingresso in una logica di 'grande dimensione' " (192). 576 Um diese Entsprechung zu erzwingen, wird v.130 gegen jede Logik noch der vorausgehenden Veientorede (v.124–128) zugewiesen. Richtig (wenn auch nicht neu) ist allein die Beobachtung, daß Juvenal die körperliche Präsenz des Kaisers zugunsten indirekter Darstellung (Spiegelung in der verstörenden Existenz seiner Höflinge) weitestgehend reduziert.
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Der jeder wissenschaftlichen Seriosität spottende Aufsatz von H a r d i e (586) sucht – den Überlegungen von Ramage (191) verpflichtet – die 4. Satire als Negativfolie eines auf Hadrian gemünzten Herrscherpreises zu begreifen. 1. Die unabdingbare Voraussetzung, Datierung des Gedichtes in hadrianische Zeit, wird einfach nur postuliert: Es sei denn, man spreche der Behauptung, v.70 f. könne angesichts von Plin. paneg. 4,4 nicht unter Trajan verfaßt sein, irgendeine Beweiskraft zu. 2. Das dramatische Datum der Satire (v.145–149 zufolge vor dem Chattenkrieg im Herbst [v.56 f.!] 81 oder 82) führt ebenso wie der angebliche Rückbezug von v.37 f. bzw. 56 f. auf Sen. apocol.4, v.27 ff. resp. 2,4 in die ersten Monate eines neuen Herrschers – Bezug auf Hadrians Regierungsantritt. 3. Die Satirisierung des Kaisers als Schlemmer distanziert sich sowohl von der offiziellen Panegyrik zu seinen Lebzeiten (Statius, De bello Germanico) wie auch von seiner postmortalen Verunglimpfung durch die trajanische Propaganda (Plin. paneg. 49,5–8) – Bezug auf die neue Redefreiheit unter Hadrian. 4. Der junge Regent erscheint nicht, wie traditionell gedeutet, als Tyrann, sondern als schwache, von mächtigen Höflingen gegängelte Marionette577 – Bezug auf den kraftvollen Start von Hadrians Regierung. 5. Als prodigium verstanden, kann der Fisch im Jahr 81/2 noch nicht auf Domitians Untergang verweisen; vielmehr ist er von Venus gesandt578, um den kaiserlichen monstra ihre pervertierte Liebe anzulasten (v.114 f. Catullus, v.9 f. Crispinus) – Bezug auf "the ideological relevance of Venus in the reign of Hadrian" (130). 6. Des weiteren sollen noch tua ... in saecula (v.68) auf Hadrians Zeitenwende-Propaganda, der Venustempel von Ancona (v.40) auf seinen Plan eines templum Veneris et Romae und der Chattenfeldzug auf seine neue Defensivpolitik bezogen sein.579 Hier fehlt nur noch der Versuch, calvo ... Neroni (v.38) mit Hadrians Haar- und Barttracht in Verbindung zu bringen. L u i s i (584, wiederabgedruckt 88, 25–42) liest die Fischsatire nicht als Attacke gegen die Launen der Macht und die Servilität des Senats, sondern als allegorisch verschlüsselte Nachgestaltung des aus Plin. epist.4,11,4–10 bekannten Inzest-Verfahrens gegen die Vestalin Cornelia, das – 91 oder eher 93 – mit der Hinrichtung der Schuldiggesprochenen durch Einmauerung endete:580 Daß
577 578
auf!
Stellen wie v.37 f.; 74 f.; 84 ff. werden hier kurzerhand beiseite geschoben. Argument: Ein rhombus (='Zauberkreisel') tauche zuweilen auch in erotischem Kontext
579 Durch die Konnotationen von v.131 f. testa alta paretur / quae tenui muro spatiosum colligat orbem (orbis = Erdkreis, murus = Wall!) "the turbot would act not just as an omen of disaster for the expansionist Domitian, but, at longer range, as a positive portent of Hadrian's defensive strategy, walls and all" (137). 580 Eine erste Vorstellung dieses Interpretationsansatzes liefert L u i s i schon 579, eine weitere Fassung 593.
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Juvenal den Kaiser an auffälliger Stelle als pontifex summus (v.46) bezeichne581 und das Fisch-consilium ebenfalls in Alba stattfinden lasse, führe auf die Gleichungen rhombus maximus = Vestalis Maxima, Thronrat = Kollegium der pontifices, tönerne Pfanne, in welcher der Fisch zubereitet wird = subterraneum cubiculum, das der Vestalin zum Schicksal wird; durch wörtliche Anklänge an den Pliniusbericht582 werde dieser Bezug und damit die Zielsetzung des Satirikers, den Prozeß als Farce zu entlarven, weiter untermauert. Die von den Rezensenten erstaunlich positiv aufgenommene These scheitert jedoch am Mangel substantieller Berührungspunkte zwischen den beiden Ereignissen: Weder wird prozeßhaft über Bestrafung bzw. Tötung des – selbstverständlich längst schon dahingegangenen – Fisches debattiert, noch soll die Sonderanfertigung der Bratpfanne unheiliges Blutvergießen verhindern583; und daß die Situation der in Abwesenheit und unter Verweigerung des rechtlichen Gehörs verurteilten Vestalin (Plin. ebd. §6: absentem inauditamque damnavit incesti) im Verhalten des Fisches gespiegelt sein soll ("così ... il rombo non parla: è un pesce ..., né può difendersi": 68)584, ist schlechterdings grotesk zu nennen. Da sich zudem der überwiegende Teil der Fischsatire von vornherein gegen L.s Vereinnahmung als Allegorie sperrt (vgl. etwa v.45–56; 65–72; 119–129; 133– 143, vor allem aber die Charakteristiken der kaiserlichen Räte, die sich ja nun nicht mehr auf die wirklichen Namensträger, sondern auf einen Kreis nicht mehr näher faßbarer pontifices beziehen sollen), darf die Interpretation getrost ad acta gelegt werden. Nach R a m e l l i (590) hätte Juvenals Fischsatire mit rhombus und testa alta ein anderes Opfer von Domitians Religionspolitik in den Blick genommen, nämlich den Evangelisten Johannes und dessen Tert. praescr.36,2 f. berichtete Folterung in einem dolium ferventis olei (vgl.auch Hier.in Matth.3,20,23; adv. Iovin.1,26). Dabei soll der Satiriker über den ganzen Hauptteil des Gedichtes Anspielungen auf die Verfolgung der Christen verteilt haben: v.38 erscheine der Kaiser im Vergleich mit Nero, v.46 als oberster Wächter der heidnischen Religion; v.47 f. nehme auf die Denunziation der Christen, v.53 ff. auf den fiscus Iudaicus Bezug; v.94–102 komme auf das Todesurteil gegen den – möglicherweise christusgläubigen – Acilius Glabrio, v.153 (cerdones) auf die Rolle der Christen bei der Verschwörung von 96 zu sprechen (R. denkt hier an die 581 Diese Tatsache verliert sehr an Gewicht, wenn man zur Kenntnis nimmt, daß Domitian in unserer Satire auch als Flavius ultimus (v.37 f.), calvus Nero (v.38), Caesar (v.51; 135), Atrides (v.65), tyrannus (v.86), dominus (v.96) oder dux magnus (v.145) tituliert wird. 582 Bemerkenswert nach L., daß sich Juvenals Fisch im Netz verheddert (v.41 haeserat), während sich bei Plinius das Gewand der Priesterin beim Hinabsteigen in ihr Grab an einer Unebenheit der Wand verfängt (Plin. ebd. §9 cum ... haesisset ... descendenti stola)! 583 Die Stellungnahme des Montanus absit ab illo / dedecus hoc (nämlich zerteilt zu werden; v.130 f.) zielt ja doch nur darauf, die majestätische Größe des Fisches zu bewahren. 584 Erneut ist hier daran zu erinnern, daß der arme Fisch zum Zeitpunkt des Kronrats nicht mehr unter den Lebenden weilt.
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Beteiligung des Stephanus: vgl. Suet.Dom.17,1; Philostrat. Vita Apollonii 8,25,1); im übrigen sei der Fisch als christliches Symbol bekannt und komme wie Johannes aus der Ferne (v.127). Wie schon Luisi, jongliert auch R. recht phantasievoll mit frei assoziierten Einzelstellen, ohne dabei der Aussage des Gesamtgedichtes oder den Intentionen des Autors die geringste Aufmerksamkeit zu schenken: Bezeichnenderweise bleibt der Crispinusteil v.1–33 völlig unerwähnt; und Juvenal als kryptochristlicher Apologet dürfte auch nicht jedermanns Gefallen finden. Daß schließlich W i n k l e r (580) die schonungslos visualisierte Vorstellung einer bête humaine, wie sie auch aus der antiken Literatur hinreichend zu belegen ist, auf das Domitianporträt von sat.4 appliziert (wegen v.37 laceraret; 70 surgebant cristae; 154 caede madenti) und dieses entsprechend mit Goyas 'Contra el Bien General' auf eine Stufe stellt, wird dem Befund nicht wirklich gerecht. b) Einzelstellen 4,5 f. Warum Juvenal hier wie auch 7,179 f. iumenta nicht für Reit- oder Wagenpferde, sondern für Sänftenträger hätte verwenden sollen (E d g e w o r t h [425]), ist nicht erkennbar, die argumentative Begründung überdies hinfällig: Weder braucht sich das in Rom gültige Transportmittelverbot auch auf Privatgrundstücke zu beziehen, noch sind die porticus Crispini notwendigerweise im Stadtgebiet lokalisiert. 4,17 Vgl. zu 4,35 f. 4,28–33 Das Verbindungsstück zwischen den beiden Hauptteilen der Satire wird von K e n n e y (430) beiläufig als "a declaimer's transition of the most palpable kind" (30) denunziert.585 4,35 f. Auch H e ß e n (589) vertritt die Ansicht, Juvenal habe angesichts von Verhältnissen, bei deren Beschreibung die "herkömmlichen literarischen Ausdrucksmöglichkeiten" (327) der Satire versagten, eine neue – epische – Spielart der Gattung schaffen wollen. Belegen will er diese These durch v.17 ut perhibent qui de magnis maiora loquuntur586, vor allem aber durch den – wie H. glaubt – intertextuellen Verweis von v.35 f. auf Ov. met. 5,299, wonach Juvenal die von ihm vereinnahmten puellae Pierides von den als picae endenden falschen Musen abzusetzen trachtete: "Im Musenanruf der 4. Satire beansprucht Juvenal für 585
Anders K i l p a t r i c k (400): vgl. oben S. 252f. Der von H. mißdeutete Satz qualifiziert die Aussage des vorausgehenden Verses als übertreibendes Gerücht, nicht als "Parodie einer in der hohen Dichtungssprache gebräuchlichen Paraphrase für Zahlenangaben" (325). 586
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sich, daß er auf neue Weise "hohe" Dichtung produziert, die im Widerspruch steht zu dem, was seine Zeit für hohe Dichtung hält" (333). 4,38 D e r o u x (576) versteigt sich zu der abwegigen Erklärung, die Charakterisierung Domitians als calvus Nero sei nicht nur von den naheliegenden Assoziationen der Häßlichkeit, Lächerlichkeit und Zügellosigkeit getragen, sondern überdies durch die Lehren der Physiognomik beeinflußt: Würden seiner Grausamkeit so doch auch die edlen Züge des löwenhaften (weil löwenmähnigen) Menschentyps aberkannt und die Verschlagenheit des Tigers zugesprochen. Auch daß Ausonius Caes. monost.2,12 (p.184 P. = 162 G.) die Junktur wiederaufgreift und damit auch für Domitian die Vorstellung des tyrannus saevus evoziert, läßt sich trotz M a s t e l l o n e (581) nicht zur Untermauerung dieser Interpretation heranziehen. 4,40 Der Venustempel von Ancon ist durch Grabungen im Dom San Ciriaco archäologisch nachgewiesen; ein kurzer Bericht hierüber findet sich bei B a c c h i e l l i (575). 4,48 f. N i s b e t s (412) Versuch, die von ihm für bedenklich gehaltene Wortstellung durch die Konjektur dispersae (algae) zu bessern, kommt dem Inhalt nicht zugute. 4,55 f. Nach donabitur ergo [sc. piscis] will E d g e w o r t h (423) ne pereat mit unvermitteltem Subjektswechsel auf den Fischer selbst beziehen. Der Kontext verlangt jedoch eindeutig 'damit der Fisch nicht – durch Beschlagnahme – verlorengeht' (vgl. v.53 ff.).587 4,56–59 Hier entsteht der parodische Effekt durch die Stildifferenz zwischen den unmittelbar nebeneinandergestellten iam-Sätzen: "Stridebat ... hiems is epic; praedamque ... servabat is ordinary" (U l l m a n [393], 280). 4,65 Durch die Verwendung des Patronymikons Atrides wollte Juvenal nach E d g e w o r t h (425) den Kaiser nicht mit Agamemnon, sondern mit dessen jüngerem Bruder assoziieren: Hatten doch sowohl Domitian wie Menelaos ihre Frau an einen Nebenbuhler namens Paris verloren!588 587
In den Kommentaren wird auch die Klimabeschreibung von v.56–59 gern zur Begründung von ne pereat herangezogen; in Wirklichkeit wird diese jedoch erst als – ex negativo formulierte – Hintergrundfolie von v.59 tamen hic properat bedeutsam. 588 Zum Ehebruch des Pantomimen mit Domitia Longina vgl. Dio Cass. 67,3,1 f.; Suet.Dom.3,1; 10,1; schol.Iuv. zu 6,87.
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4,69 C o r s a r o (570) ist um Einblicke in die als "amicizia difficile" (162) gekennzeichnete Beziehung unseres Satirikers zu Martial bemüht. Jahrelang habe Juvenal zu den Anzüglichkeiten der auf ihn gemünzten Epigramme (Mart. 7,24; 91; 12,18) geschwiegen, dann aber doch einmal einen grundlegenden Dissens austragen wollen, indem er 4,69 ipse [=rhombus] capi voluit als mokante Antwort auf Mart. 4,30,3 ff. (Kaiserpreis durch das Motiv der handzahmen Fische) formuliert und solcherart seine tiefe Abneigung gegen die würdelose adulatio des Kollegen kundgetan habe. Nichts davon hält jedoch näherer Überprüfung stand: Die harmlosen Frotzeleien der Epigramme belegen keinen "dissenso ... totale e globale" (158); und als dezidierter Einspruch gegen Martial wäre der genannte Einzelvers weder markant noch zeitig genug vorgetragen worden: Gängiger Datierung zufolge fällt die Abfassung von Iuv.IV nach Martials Tod. 4,79 ff. H e n d r y (417) sucht den Satz durch die – unnötige – Änderung von quamquam in quamvis syntaktisch zu normalisieren, E d g e w o r t h (423) der Aussage einen Vorwurf gegen Pegasus abzupressen: Statt quamquam sei ein Wort der Bedeutung 'trotzdem' zu lesen und temporibus diris als Ablativus causae aufzufassen ("Pegasus was a fine jurist; however, he thought that, due to the terrible times, everything must be handled by a Justice rendered powerless": 220). 4,81–93 Bei Sueton, Quintilian und Statius als schlagfertig, beredt und klug in Erscheinung tretend, wird Vibius Crispus – so W i l l i a m s (596) – von Juvenal und Tacitus auf seine dunklen Seiten reduziert: Dabei rückt der Satiriker seine Servilität, der Historiker (dial. 8,3; 13,4; hist. 2,10; 4,41 ff.) seine Existenz als delator in den Mittelpunkt; im Hintergrund steht dabei jeweils der schmerzlich empfundene Verlust freier Rede. 4,94 ff. Folgt man mit G a l l i v a n (571) dem anscheinend gut unterrichteten Probus Vallae z.St. (Acilius Glabrionis filius consul sub Domitiano fuit), muß es sich bei dem an unserer Stelle genannten Vater des M'. Acilius Glabrio (cos.91; hinger.95) um einen nicht weiter bekannten Familienangehörigen gleichen Cognomens handeln, der noch unter Nero das Konsulat erreichte; der verschiedentlich als Kandidat genannte M'. Acilius Aviola (cos.54) kommt dagegen nicht mehr in Frage. 4,98 H ö g g (105) zufolge wäre der Ursprung des Verses als Interpolation nicht völlig von der Hand zu weisen. Seine landläufige Deutung, Juvenal ziehe es vor, ein terrae filius und damit ein Niemand zu sein, wird von E d g e w o r t h (421) durch die blumige Vorstellung ersetzt, der Dichter wolle lieber als
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Nachkömmling eines Giganten regelmäßig von seinem älteren Bruder vermöbelt werden. 4,113 f. Inmitten anzüglicher Bemerkungen über die Blindheit des Catullus soll Juvenal – wie E d g e w o r t h (421) allen Ernstes glaubt – dem monstrum unversehens mangelnde Liebesfähigkeit zum Vorwurf gemacht haben: Statt "he was carried away by passionate love for a girl – even though he could not see her" (numquam visae) sei "he was never carried away by passionate love for a girl – not even when he could see her" (numquam flagrabat; 183) zu verstehen.589 4,116 Erstaunlich die Vorgehensweise von F r e e m a n (410), der durch starke Interpunktion nach ponte einen gänzlich inakzeptablen Anachronismus herbeiführt (dirusque a ponte als "flatterer, who uses his talents to influence peoples' votes" [348]; pons mithin als die Brücke, über die vormals bei den comitia die Wähler zur Stimmabgabe geschritten waren), um diesen dann in einem weiteren Schritt als historische Reminiszenz "to create the desired picture of Catullus" (ebd.) zu adeln. 4,121 N i s b e t s (412) Konjektur punctus (st. pugnas) ist weder begründet noch von Nutzen. 4,135 M a y e r (406) will die aus spätantiken bzw. christlichen Texten zu belegenden Konnotationen des Substantivs figulus auch schon im Juvenaltext erkannt haben: Aus unserem Vers entnimmt er die windige Gleichung Prometheus = figulus = demiurgus, aus 10,171 figulus = Babylonius = magus; das Hier. chron. a.Abr. 1972 (=ol.184,1) entworfene Bild des Naturforschers P. Nigidius Figulus als eines Magiers und Okkultisten hätte also nur an traditionelle Vorstellungen vom Bedeutungsspektrum seines Cognomens anzuknüpfen brauchen. 4,141 Für C o l e m a n (583) läßt sich Juvenals Hinweis auf Lucrinum ad saxum gewonnene Austern in keiner Weise mit den konkreten topographischen Gegebenheiten in Einklang bringen. Die zur Heilung vorgeschlagene Konjektur Lucrinum ad(!) stagnum widerspricht dann dafür im Grundsatz jeder Art von Muschelzucht; und auch der Reparaturversuch von D e l z (419) Lucrino ab stagno sucht letztlich nur den Dichter zu korrigieren: Muß Juvenal tatsächlich
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Diese Interpretation von Catullus als 'Anti-Catull' gewinnt auch dann nicht an Glaubwürdigkeit, wenn man mit U l l m a n (393) in Wortwahl (flagrabat amore, basia) und Lautgebung der Passage (Wörter mit -ll- am Versende) gewollte Bezüge auf den Lyriker Catull erkennen will.
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damit vertraut gewesen sein, daß die Austern vom Lucrinersee nicht auf 'Muschelbänken', sondern auf künstlichen pali gezüchtet wurden? 4,152 ff. Was der Satirenschluß gewinnt, wenn man Lamiarum caede (v.154) mit R o w l a n d (566) nicht auf die Verfolgung der Aelii Lamiae und damit letztlich des Adels überhaupt, sondern auf die λαμίαι bezieht ("the most savage bogey of all, Domitian, dripping with the blood of the vampire Lamiae": 75), ist dem Berichterstatter verborgen geblieben; N a d e a u (409) zufolge wäre hier ein witziges Spiel mit Namen zu erkennen, welches den ganzen Schluß der Satire bestimmen soll (V-/vindex, C-/cerdo, L-/lamia). 6. Satire 5 597. A.T. von S. B r a d s h a w , Glacie aspersus maculis: Juvenal 5.104, CQ 15, 1965, 121–125. 598. R.A. L a F l e u r , Juvenal's "friendly fingernails", WS 88, 1975, 230– 235. [5,41] 599. J.L. S e b e s t a , Dine with us as an equal, CB 53, 1976–1977, 23–26. 600. M. M o r f o r d , Juvenal's fifth satire, AJPh 98, 1977, 219–245. 601. J. H a l l , A black note in Juvenal: Satire V 52–55, PACA 17, 1983, 108–113. [5,52–55] 602. M.A. G o s l i n g , By any other name ... Horace, Sermones 2.8 and Juvenal 5, LCM 11, 1986, 101–103. 603. F.M.A. J o n e s , Trebius and Virro in Juvenal 5, LCM 12, 1987, 148– 154. 604. R. C u c c i o l i , The 'banquet' in Juvenal Satire 5, Papers of the Leeds International Latin Seminar 6, 1990, 139–143. 605. E. R o d r í g u e z - A l m e i d a , Canna Micipsarum (IVVEN., V,89), in: A. M a s t i n o (Hg.), L'Africa Romana. Atti del VIII convegno di studio, Cagliari, 14–16 dicembre 1990, Sassari 1991, 571–577. [5,88 ff.] 606. P.M.W. T e n n a n t , "Uncle" Virro and Trebius' offspring: the relevance of Juvenal Satires 5, lines 141–5, AClass 36, 1993, 83–89. 607. M. C o c c i a , Per una rilettura della satira V di Giovenale, in: Storia, letteratura e arte a Roma nel secondo secolo dopo Cristo. Atti del Convegno Mantova 8–9–10 ottobre 1992, Firenze 1995, 3–25. 608. M. A g o s t i , Lo zolfo e il vetro, Aufidus 12 (= Nr. 34), 1998, 29–36. [5,48] 609. R. C u c c i o l i M e l l o n i , Una ripresa enniana in Giovenale? BStudLat 31, 2001, 68–72. [5,166–173]
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610. M. H o p m a n , Satire in green: marked clothing and the technique of indignatio at Juvenal 5.141–45, AJPh 124, 2003, 557–574. 611. J.F. D o m í n g u e z D o m í n g u e z , En torno a la tradición de Juvenal: una contribución crítica y exegética, in: d e r s . (Hg.), Humanae litterae. Estudios de humanismo y tradición clásica en homenaje al profesor G. Morocho Gayo, León 2004, 113–168. [5,153 ff.] Vgl. auch A d a m i e t z (318). a) Gesamtsatire und Großabschnitte Zu sat.5 sollte es eine Überlegung wert sein, ob Juvenal tatsächlich, wie regelmäßig behauptet, dem Patron (Virro) und dem Klienten (Trebius) eine qualitativ wie quantitativ vergleichbare Schuld an den demütigenden Umständen der zeitgenössischen Klientenspeisung zumißt. Bei genauerem Zusehen scheint wohl eher eine Differenzierung angebracht: Der Beschreibung des Gastmahls zufolge trägt allein der Gastgeber die aktive Schuld an dessen perverser Gestaltung; wenn auch der Klient harsche Worte zu hören bekommt, sind diese ausschließlich auf seine Duldsamkeit bezogen und überdies weniger auf eine Anklage als auf einen Appell an seine Ehre bzw. sein Unabhängigkeitsstreben gerichtet. M o r f o r d (600) nimmt Iuv. V von verschiedenen Seiten aus in den Blick: 1. Der Sache nach geht es Juvenal darum, am Beispiel einer cena die – von beiden Seiten zu verantwortende – innere Auflösung des Verhältnisses Patron – Klient ('amicitia') anzuprangern. Als literarische Motivgeber stehen satirische cenae (Lucilius, Hor. sat.2,8) ebenso wie Texte zur ungleichen Behandlung von Gästen (bes. Mart.3,60), zur Gestaltung von Freundschaftsbeziehungen (Hor. epist.1,17 & 18) und deren Entwertung (Sen. benef.6,33,4–34,1) sowie zum Tafelluxus (Ennius, Hedyphagetica; Varro, Peri edesmaton) im Hintergrund. 2. Innerhalb von Juvenals Œuvre selbst lassen sich zentrale Motive wie die Praxis der Klientel (vgl. auch sat.3) oder die Kritik von luxuria/gula schon in der Programmsatire belegen. 3. Die strukturelle Einheit des Textes590 stellt der Satiriker durch bedachte Motivwiederholungen (v.a. im Bereich mythologischer und historischer Anspielungen), durch den Ablauf des geschilderten Gastmahls und nicht zuletzt durch den Einschub reflektierender Passagen (v.76–79; 107–113; 127b–145 mit Bezug auf Prolog v.1–23 und Epilog v.156–173) sicher. 4. Abschließende Bemerkungen zur persona des Satirensprechers fallen nicht weiter ins Gewicht, da M. die prinzipielle Seriosität des 'Satirikers' nicht in Zweifel zieht. Unter dem Strich kommt M. solcherart zu einem sehr positiven Gesamturteil: Die Satire "is the appropriate climax and conclusion to the book, 590
Die Gliederung selbst übernimmt M. aus Adamietz (318).
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which is now seen to be coherent in theme, moral attitude, and social concerns" (244). Nach S e b e s t a (599) steht in sat.5 dagegen weder individual- noch sozialethisches Fehlverhalten (avaritia, Aushöhlung der Klientel) auf dem Prüfstand; vielmehr beklage Juvenal die Nichtachtung des heiligen Gastrechts, welches, den Vorstellungen der humanitas und des stoischen Weltbürgertums verpflichtet, auch im Falle gesellschaftlich benachteiligter Mitmenschen freundliche Aufnahme gebiete. Anders als die Vf.in meint, vermag der Satz solum / poscimus ut cenes civiliter (v.111 f.) solche romantischen Vorstellungen jedoch nicht zu stützen. G o s l i n g (602) beobachtet, wie Juvenal dem Gastgeber von sat.5 allein schon durch die für ihn verwendeten Bezeichnungen ein Flair von "tyranny and ... cruelty" (103) verleiht: Vgl. neben dem Eigennamen Virro noch rex, ipse, dominus, ille und die bittere Ironie des – an Trebius gerichteten – Schlußverses his epulis et tali dignus amico (v.174). Die erzählökonomische Konzentration des Themas pervertierter amicitia auf die Akteure Trebius/Virro und die Situation der cena wird, wie J o n e s (603) zutreffend beobachtet, auch durch zentrale Darstellungsmerkmale gestützt: 1. Sprachlosigkeit. Innerhalb der Satiren 1–6 weist V den niedrigsten Anteil direkter Rede auf; zwischen Patron und Klient findet keine Kommunikation mehr statt. 2. Himmelweite Unterschiede in den für Gast und Gastgeber bereitgestellten Speisen markieren gleichfalls einen unüberwindlichen sozialen Graben. 3. 'personal indicators'. Trebius wird höchst selten mit Namen genannt, auch vom Satiriker als eine Art namenloser Niemand gerade nur mit Personalpronomen der 2. Person bedacht. Dagegen fällt Virros Name so häufig, daß es auf Trebius nachgerade provokant wirken muß; mehrfach wird zudem seine Unnahbarkeit durch distanzsignalisierende Termini (ipse, ille, dominus, rex) in Szene gesetzt.591 C u c c i o l i (604) referiert wieder die übliche Deutung der Satire: Juvenals originelle Aufbereitung des cena-Motivs beklagt den Niedergang der traditionellen, als amicitia auftretenden clientela mit dem Ergebnis eines einseitigen, vom patronus schamlos ausgenutzten Abhängigkeitsverhältnisses. C o c c i a s (607) 'rilettura' der 5.Satire erschöpft sich in einer Kurzfassung der im Kommentar von Cuccioli Melloni (85) vorgetragenen Beobachtungen; auch der Vergleich mit Horazens cena Nasidieni und Petrons cena Trimalchionis zeitigt nur vage Übereinstimmungen hinsichtlich einzelner Speisen und typischer Situationen, jedoch keine Spuren interpretatorisch verwertbarer Intertextualität. 591 Ähnliches gilt in sat.4 für die Umschreibung des Namens Domitian durch Atrides, Caesar, dominus, dux magnus, induperator u.ä., wie auch andere Analogien für eine bedachte Annäherung der beiden Charaktere sprechen.
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Gewissermaßen als Appendix zum Kommentar von Cuccioli Melloni trägt B e l l a n d i (86) eigene Beobachtungen zur Struktur und zur Verteidigung bzw. Erklärung als unecht verdächtigter oder sonst umstrittener Verse (v.51; 66; 91; 104; 140 resp. 30 ff.; 46 ff.; 112 f.; 116) bei; Beachtung verdient dabei vor allem sein Hinweis auf den hypothetisch-exemplarischen Charakter von Juvenals Ausführungen: Der Text gibt nicht den realen Verlauf eines bestimmten Gastmahls wieder592, sondern unternimmt es, anhand eines imaginierten Szenarios die erniedrigenden Umstände im Dasein des Trebius herauszupräparieren; infolgedessen kann sich der Satiriker bei Bedarf erlauben, Chronologie und Realität der cena wie auch die Kohärenz der Personenzeichnung außer acht zu lassen (Beispiel: Übertreibungen, Virro als avarus, als Kinderfreund, als Sadist). b) Einzelstellen 5,41 Statt acutos will L a F l e u r (598) mit einigen Hss. der Vulgattradition (FUL bei Clausen) amicos lesen, die solchermaßen gewonnene Junktur ungues ... amicos jedoch nicht als zynischen Kommentar zum Verhalten des Gastgebers (der ja doch die Fingernägel von 'Freunden' bewachen läßt!) verstehen, sondern, elliptisch konstruiert, mit den realen Intentionen des inferioren Gastes (amicos sc. auro gemmisque) in Verbindung bringen.593 Letztlich vermögen aber weder der Überlieferungsbefund noch die von L. selbst als Parallelen bemühten Ovidstellen (met. 4,717; 6,530 avidos ... ungues) eine Abweichung vom textus receptus wirklich zu empfehlen. 5,48 Schlagend, weil einzig dem Kontext angemessen, A g o s t i s (608) Erklärung zur Rolle des Schwefels in unserem Vers: Mit seiner Hilfe werden nicht etwa Glasscherben gekittet (so das schol.z.St.), sondern Sprünge im Glas abgedichtet.594 5,52–55 Nach H a l l (601) speist sich der unsere Stelle bestimmende Abscheu der Römer vor Schwarzen nicht nur aus deren Häßlichkeit und präsumtiver Gefährlichkeit, sondern vor allem aus Vorstellungen des Aberglaubens: Zur Begegnung mit Schwarzen als üblem Omen vgl. Hist. Aug. Sev.22,4–7, zu Schwarz als Farbe der Geister Lucian. Philopseud.31; Dio Cass. 67,9,2.
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Andernfalls hätte ja gerade Trebius die Aufgabe des Erzählers zufallen müssen. Im Einspruch von C u c c i o l i (604) ist dies nicht genügend beachtet. 594 Zur Widerlegung der These, hier könne auf einen Tauschhandel Schwefel – Glas angespielt sein, vgl. schon G.W.M. H a r r i s o n , Martial 1.41: Sulphur and glass, CQ 37, 1987, 203–207. 593
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5,88–90 R o d r í g u e z - A l m e i d a (605) will v.88 alveolus nicht mit 'Napf', sondern mit 'Bauch' übersetzen und v.90 canna nicht als (aus Rohr gefertigtes) Boot, sondern als (röhrenförmige) Amphore (prorā acutā = 'mit zugespitztem Fuß') verstanden wissen. Beide Annahmen sind irrig: Nach v.86–88a kann illud e n i m [=oleum] vestris datur alveolis kaum anders als auf ein Eßgeschirr bezogen sein; metonymer Gebrauch von prora wäre höchstens für ein Vorder-, nicht ein Unterteil möglich, und als Subjekt neben dem Verb subvehere ('den Fluß hinaufbringen') ist letztlich auch nur das einschlägige Beförderungsmittel denkbar. 5,98 Mit der Annahme, Juvenal habe hier nicht der Empfängerin der durch den captator Laenas erworbenen Köstlichkeiten, sondern dessen Fischhändlerin (diese zu identifizieren mit der aus CIL VI 9801 bekannten piscatrix gleichen Namens) ein Denkmal gesetzt, zerstört R o d r í g u e z - A l m e i d a (414) die hübsche Pointe von Aurelia vendat (vgl. etwa Courtney [79] z.St.) zugunsten einer sinnleeren, formal durch ein hysteron proteron aufgeplusterten Platitüde. 5,104 Nach B r a d s h a w (597) weist der überlieferte Text trotz Housmans Bedenken (app.z.St.) und C l a u s e n s Konjektur glaucis sparsus maculis595 keinen wirklichen Anstoß auf: Die Verbindung von kausalem und instrumentalem Ablativ ist unschön, aber nicht singulär, Tiberinus durch Galen als Name eines Fisches (des lupus) bezeugt. Was die Sache angeht, könnten sich Juvenals Ausführungen entweder auf Merkmale eines Pilzbefalls oder auf eine besondere Färbung des Flußfisches beziehen, die antikem Kenntnisstand zufolge durch die Winterkälte verursacht wäre. Im letzteren Sinne konkretisiert G i a n g r a n d e (394): "Man muß also geglaubt haben, die Flecken an den lupi Tiberini seien irgendwie dem Effekt des Eises zuzuschreiben (das Meer, im Gegensatz zum Tiber, friert nicht)" (120). 5,116 R e g g i a n i (384) zufolge soll hier nicht vom Servieren (tradentur P), sondern vom Reiben der Trüffel (radentur Φ; zur Sache vgl. 14,7 oder auch Apic.7,319) die Rede sein. Doch neigt erst die moderne Haute cuisine dazu, solche Zeremonien bei Tisch zu vollziehen; für "una specie di sovrapposizione di immagini in cui la fase preparatoria e la fase di presentazione della vivanda già preparata vengono a confondersi" (111) besteht kein Anlaß. 5,125 Daß Juvenal hier für ein spezifisches Detail auf die Cacusgeschichte der Aeneis zurückgreift (duceris planta nach Verg. Aen.8,264 f. pedibusque informe cadaver / protrahitur), für das Ende des Ungeheuers jedoch gerade nicht Vergil (Er-
595
Vgl. W. C., Silva coniecturarum, AJPh 76, 1955, 47–62, hier: 58 ff.
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sticken!), sondern den älteren Versionen des Mythos folgt (velut ictus ab Hercule), soll nach M o n t i (416) als bedachte Anspielung auf das Schicksal des Trebius zu verstehen sein: Hat dieser doch als Hanswurst der Tischgesellschaft ebenfalls Prügel zu gewärtigen (v.171 ff.). 5,141–145 Die merkwürdige Freundlichkeit, die Virro gegenüber den Kindern des von ihm gedemütigten Klienten an den Tag legt, hat auch in den letzten Jahrzehnten zu neuen, mehrheitlich gewaltsamen Erklärungsversuchen Anlaß gegeben: 1. Man bemüht sich, die kleinen Geschenke des Patrons in ein schiefes Licht zu rücken (U l l m a n [393], H o p m a n [610]): Nuces werden nur minimae überreicht, das as nur rogatum gewährt; hinter dem viridis thorax596 verbirgt sich ein alter Brustharnisch, der schon Grünspan angesetzt hat (Ullman), oder ein Textil, das allein schon durch seinen griechischen Namen und seine weibischen Konnotationen (für thorax wegen Suet. Aug.82,1 th. laneus, für viridis wegen Iuv.9,50 v.umbella!) die auf Erniedrigung gerichteten Absichten des Spenders offenbart und dann auch noch vor dem Hintergrund der – möglicherweise ein halbes Menschenalter später publizierten! – neunten Satire mit ihrem erneuten Bezug auf Virro gesehen werden soll: "The gift ... announces the next step of degradation, the transformation of patronage into a perverted sexual relationship": H., 572 f.). 2. Man sieht statt Virro die Kinder (und damit Trebius) im Zentrum der Aussage: "like his imaginary parasitic children, Trebius is both grasping and easily seduced by inexpensive treats handed out by a calculating patron" (T e n n a n t [606], 87); das Verhalten des Patrons bleibt dabei jedoch weiterhin rätselhaft. 3. Man eliminiert Virro per coniecturam aus dem Geschehen: Nach H e n d r y (420) ist v.143 gaudebis/iubebis zu lesen und auf Trebius zu beziehen, der so für Virro die nächste Klientengeneration heranzieht – ein Gedanke, der dem Kontext der Satire kaum ohne Störung zuzumuten ist und letztlich sogar den Wortlaut ignoriert (ipse bezeichnet sonst durchgehend Virro). Angesichts solcher Lösungen wird man wohl einer eher konventionellen Deutung den Vorzug geben: Unter den obwaltenden Umständen (sed nunc; Trebius ist arm, hat nichts zu vererben) empfindet Virro für die Kinder seines Klienten keine Abneigung, sondern zieht sie – ganz nach Lust und Laune – zu seiner Unterhaltung heran und erweist ihnen solcherart weit höhere Aufmerksamkeit als ihrem unwillkommenen Vater (so auch B r a u n d [80] z.St.).597 596 Allem Anschein nach handelt es sich dabei um "a miniature green racing jacket" (T e n n a n t [606], 8916). 597 Die alte Erklärung, wonach v.141 f. auf eine (hebräische) Konkubine und damit auf nicht erbberechtigte Kinder zu beziehen sei (so wieder V i a n s i n o [413]), ist weder durch den Text selbst noch durch den Zusammenhang gedeckt: Da Trebius nunc bettelarm ist, hat ja Virro aus seinem Nachlaß ohnehin nichts zu erwarten.
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5,153 ff. Die übliche Interpretation des Abschnitts (vgl. Adamietz [16] z.St.: "Ein dressierter Affe auf dem als Promenade dienenden Wall des Servius Tullius, im Soldatenkostüm auf einer Ziege reitend") wird von D o m í n g u e z D o m í n g u e z (611) kurzerhand als Philologenerfindung abgetan: Soll doch die darin verarbeitete Scholiennotiz quale simia manducat nur die unzulängliche Qualität der scabies mali und nicht den weiteren Sachverhalt von v.153 ff. erklären.598 Stattdessen übernimmt D.D. in v.155 J.J. Scaligers Konjektur hirsuto ... Capella und bezieht die Passage auf die jämmerliche Verproviantierung eines von seinem Ausbilder (Capella als Cognomen) geschundenen Rekruten. Mit gewaltigem Aufwand wird nun die Überlieferung nach Spuren dieses Textverständnisses abgesucht: Zwei dett. der Vulgattradition lesen hirsuto, und Probus Vallae kommentiert (z.St.) an certe senem magistrum capellam dicit ut Probus, während die Interlinear-Glossen von P zu v.154 qui : tiro, zu v.155 capella : campidoctore bieten und das schol. des Leid.bibl.publ.82 (L) immerhin noch quidam volunt gladiatores intellegi qui contra castra praetoria manebant et eorum lanistam qui cum nimis horridus esset capella dicebatur zu wissen glaubt.599 Die entscheidende Beweisführung wäre jedoch auf der Basis des vorliegenden Wortlautes zu leisten gewesen: Solange sich die Gleichungen in aggere = in castris, flagellum = vitis und hirsutus = rudis/severus nicht durch überzeugende Parallelen absichern lassen, verdient die hergebrachte, durch Mart.14,202 hinlänglich gestützte Interpretation eindeutig den Vorzug. 5,166–173 C u c c i o l i M e l l o n i (609) sieht zwischen dem Schluß unserer Satire (Virro hat seine Klienten zum Narren, indem er sie von allen Tafelfreuden ausschließt) und Enn. sat.14–19 V. (ein Parasit spottet über den dominus, der ihm seine Leckereien finanziert) so enge Berührungen600, daß sie mit einer gewollten Kontrastimitation und damit einer Verbeugung Juvenals vor dem Archegeten der Gattung rechnet. 7. Satire 6 (ohne das Oxford-Fragment) 612. M. B a l a s c h , Sobre el pasaje de Juvenal VI 33–37, Helmantica 15, 1964, 351–353.
598 Nützlich, doch ohne Bezug zur Sache, der 127–140 gebotene Überblick über Entstehung, Überlieferung, Auffindung und Edition der verschiedenen Scholiencorpora. 599 Späteren Kommentatoren (nachmittelalterlich etwa noch Johannes Britannicus und Eilhard Lubin) hätte hier von vornherein kein eigener Zeugniswert zuerkannt werden dürfen. 600 Im formalen Bereich verweist sie auf die in beiden Passagen zu beobachtende Militärsprache (hier: parato ... et stricto pane tacetis, bei Ennius: expedire, alacer, impetus).
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a) Gesamtsatire und Großabschnitte Die Schwerpunkte der Forschungsdiskussion zu sat.6 gewinnen am leichtesten Konturen, wenn man die einzelnen Arbeiten von vornherein einer diesbezüglichen Gruppierung unterwirft. Das Anliegen der Satire wird durch die Analyse von C e c c h i n (640) wie folgt beschrieben: Analog zu seiner Klage über die Auflösung traditioneller Institutionen und Werte in sat.1–5 ereifert sich der Satiriker nunmehr über die Aushöhlung der Ehe bzw. des Rollenbildes der matrona familiae601; und um die Dimensionen dieses Verfallsprozesses entsprechend zu konturieren, reichert er die Gestalt der zeitgenössischen Römerin durch Rückgriff auf das Personal von Komödie (uxor morosa, u. dotata, meretrix), Elegie (puella, p. docta, domina) und Epigramm (Vielfalt weiblicher Typen) wie auch mit Bezug auf die Tragödie an. Unter Würdigung innerer wie äußerer Faktoren kommt auch B r a u n d (644) zu dem Schluß, sat.6 sei nicht als misogyner Rundumschlag, sondern als poetische Fassung eines λόγος ἀποτρεπτικὸς γάμου einzuordnen. Das Gedicht selbst bietet nur einen Ausschnitt aus dem überkommenen Themenkanon des ψόγος γυναικῶν, wobei die ehespezifischen Kriterien der Untreue und der (im)pudicitia im Vordergrund stehen; Paralleltexte aus der rhetorischen Tradition weisen in gleicher Richtung. Allerdings wird B.s Untersuchung wieder einmal durch die als "basic preliminary" (82) vorgestellte Annahme eines "unsympathetic speaker" (72) entwertet: Aus der Überlänge des Gedichtes, angeblicher struktureller Mängel, hyperbolischer Formulierung, inkonsistenter bzw. absurder Argumentation602 sowie scheinbar fehlender Wirkung auf den Adressaten603 wird eine obsessive Misogynie des Sprechers erschlossen, die den Leser unmittelbar zur Distanzierung nötigt. Eine wie immer geartete Botschaft darf man in solch standortloser Satire natürlich nicht mehr suchen: "It is characteristic of satire to explore an issue in apparently black-and-white terms through an extremist character and to undercut that character without taking sides" (86).604 601
C. gliedert die Hauptabschnitte des Textes in drei Teile, die er auf die Eheschließung (v.38–199), die Ehe (v.200–285) und die Frau als solche (v.286–661) fokussiert sieht; jedoch verweist Juvenal eben auch dort, wo er allgemeinere Aspekte weiblichen Fehlverhaltens brandmarkt, fortwährend auf die Perspektive des Ehemannes (vgl. etwa v.184; 255–258; 400; 432 f.). 602 In Wirklichkeit sind hier jeweils Verständnisdefizite auf seiten der Interpretin zu konstatieren: So sind v.162–183 nicht gegen die Frau cui constant omnia (v.166), sondern gegen deren superbia gerichtet. 603 Vorschnell macht sich B. die unglückliche Einschätzung von Smith (632; s. unten S. 279) zu eigen, Postumus habe sich – den Ausführungen des Satirikers zum Trotz – im Fortgang der Satire verehelicht. 604 Mit Blick auf die Theorie des satirischen Humors im allgemeinen und die Bona DeaPassage (v.314–341) im besonderen führt dagegen G o l d (650) den Nachweis, daß Humor und satirische Übertreibung in unserer Satire nicht dazu dienen, die Darlegungen eines
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Die einseitige Festschreibung der Gedichttendenz als misogyn oder misogam wird indes fraglich, wenn man mit der Einleitung von B e l l a n d i (87) die primäre Aussage des Textes als gegen die Ehe gerichtet erkennt (vgl. etwa die Rolle der Pudicitia, die dominierende Personenkonstellation uxor [v.5] – maritus [v.10] – moechi [v.24], die persuasio des Ehekandidaten Postumus), das entscheidende Ehehindernis jedoch gerade in der Natur der Frau ausmacht: Hält Juvenal der modernen matrona von Stand doch eben die Tatsache vor, daß sie – anders als ihre Geschlechtsgenossinnen aus Tagen der paupertas Romana (v.295) – ihr ureigenes Wesen als Frau nicht mehr bis zur Selbstverleugnung unterdrückt (v.287–291), sondern dieses unter Einfluß der allgegenwärtigen luxuria bis zum Exzeß auslebt und sich nur noch als femina simplex (v.327) gebärdet. Auch W a t s o n (674) nimmt im Streit um die frauen- oder aber ehefeindliche Gesamttendenz der Satire eine vermittelnde Position ein, erlauben doch letztlich weder die soziokulturellen Denkkategorien der Antike (mulier = 'woman' + 'wife') noch die literarischen Belege selbst eine strenge Trennung zwischen beiden Haltungen. Seine Gegenstände bezieht Juvenal allerdings fast durchgehend aus dem populärphilosophischen Diskurs pro/contra Ehe (zu belegen aus Xenophons Oeconomicus, Theophrasts De nuptiis, Senecas De matrimonio, Plutarchs Coniugalia praecepta, u.ä.)605, so daß sich zumindest jedes einseitig misogyne Textverständnis im Ansatz verbietet. Eine eher reduktionistisch anmutende Außenseiterposition vertritt schließlich V i d é n (647): Berechtigt zwar ihre Warnung, den Inhalt von sat.6 nicht als unmittelbare Abbildung von Realität mißzuverstehen ("satire does not tell us what women were really like in the period of composition, but rather what society wanted or did not want them to be like": 141); kaum attraktiv dagegen die These, das von Juvenal entworfene Zerrbild lasse sich auf das Überschreiten von Geschlechtergrenzen (mit v.97–102 als Beleg!) verkürzen und letztlich auf eine symbolische Aussage eingrenzen: "a general statement on the decay of society" (160).
"ridiculous and hyperbolic narrator" (107) zu unterlaufen, sondern als Teil einer umfassenden Kommunikationsstrategie darauf berechnet sind, das – männliche oder doch zumindest durch eine patriarchalische Sichtweise geprägte – Lesepublikum für Juvenals frauenfeindliche Position einzunehmen. Überraschend dann jedoch G.s Vorstellung einer gewollten Konturenlosigkeit der satirischen Botschaft: "Juvenal's pose is one of unbeliever; his technique is to undercut every statement of belief, to baffle us with ambiguities, to establish an authoritarian or no-nonsense ethos so that we can trust his positions but then to make us question even this" (106). 605 Dort ist sogar der rhetorisch hochwirksame Verweis auf Analogien aus der Tragödie zu belegen (zu v.634–638 vgl. Nikostratos bei Stob.4,23,65 und Sen. matr. fr. 66 f. H.). B r a u n d s (644) Behauptung, Juvenal wolle gerade hier durch das Moment maßloser Übertreibung die Glaubwürdigkeit des Satirensprechers untergraben, ist damit der Boden entzogen.
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Die nachgerade axiomatische Voraussetzung von Andersons persona-Modell liefert B a t t i s t i (648 bzw. – in Form einer 'revisione e rielaborazione' – 654) einen Ansatz, die Zielsetzung der 6. Satire ganz im Bereich literarischer Spielerei zu lokalisieren. Demzufolge präsentiert der aufgebrachte Sprecher des Textes kein Abbild der Lebensrealität, sondern eine satirisch verzerrte Überarbeitung des konventionellen, in beliebigen Literaturgattungen topisch wiedergekäuten 'misogynist code', um sich dadurch als Phrasendrescher bloßzustellen; Juvenals Absicht wäre darin zu suchen, den Einfluß der – von Männern geprägten – Literatur auf die Wahrnehmung der Frau (und dadurch letztlich auch auf die Realität) aufzudecken und gleichzeitig selbst mit einem "masterpiece within the misogynist literary tradition" (67) bei seinem Publikum zu reüssieren. Zur Untermauerung ihrer These von der 'literariness' des Juvenalischen Frauenbildes verweist die Vf.in auf literarische Parallelen zu zentralen Motiven des Gedichtes ('matrons are fond of low class men', 'women and astrology', 'abusive and domineering wives', 'women who usurp male prerogatives', 'women's power of destruction', 'the educated woman'), angebliche Stolpersteine im Text (v.1–10 als eher unattraktives 'Ideal'; v.30–34 als unrealistische Hyperbel; Widerspruch zwischen v.14–20 und 287–295: Flucht der Pudicitia bzw. Fortdauer der Sittsamkeit; polemische Distanzierung von der Vorstellungswelt des 'elegiac code')606 sowie eine Neuinterpretation von v.634– 637, die nun nicht mehr auf die nachgerade tragischen Dimensionen der aktuellen Lebensverhältnisse, sondern eben auf die Literarisierung der Juvenalischen Satire verweisen sollen: "The unrealistic conventions of tragedy replace the realistic conventions of satire" (118).607 Die reichlich krude These, die den Juvenaltext letztlich mit neosophistischen Konzertreden (vgl. Apul. flor.) auf eine Stufe stellt, ignoriert des Satirikers Selbstpositionierung mit Blick auf Lucilius und Horaz, verkennt Wirkung wie Intentionen seiner indignatio608 und bringt es schließlich fertig, die auf Frauen bezüglichen Aussagen der lateinischen Literatur in ihrer Gesamtheit als realitätsfremd zu denunzieren: "The evidence of historiography concerning women is another fragment of the 606
"It is as if the satirist had admitted that the women he condemns are themselves products of literature" (107). – Im übrigen übersieht B. geflissentlich, daß die pudicitia der Höhlenfrau gerade und nur durch ihre fehlende Attraktivität gesichert ist (v.1–10), während sich die Römerin aus Hannibals Tagen ihre Keuschheit aufgrund der allgemeinen humilis fortuna (nicht etwa einer Wiederkehr der Göttin Pudicitia) bewahrt (v.287–295). 607 Hier stützt sich B. v.a. auf Quint. inst. 2,10,5 (Kritik an den saeviores tragicis novercae der Deklamationsreden). 608 "Juvenal has replaced laughter with indignatio. It should then be assumed that in Juvenal's own intention, his satire should produce a new kind of response in the audience" (123). "He achieves a positive admiratio i.e. the wondrous, astounded appreciation of his artistic ability" (129). Solche 'Einsichten' in die Entwicklung der Gattung kann natürlich nur formulieren, wer – wie B. – außer Horaz und Juvenal keine Satiriker mehr kennt: Bezeichnenderweise sucht man den Namen Lucilius in ihrer ganzen Dissertation vergebens.
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literary construction of this fictional female world" (16). In ihrer Gleichsetzung von 'rhetorical' = 'literate' = 'artificial' ist die Arbeit schlechterdings naiv zu nennen. Beim Nachvollzug des Gedankengangs von sat.6 will B o n d (628) eine Grobgliederung nach folgenden Abschnitten erkennen:609 A. B. C. D. E. F. G.
1– 20 21–132 133–183 185–285 286–305 306–365(!)610 352–473
H. I. J.
474–591 592–633 634–661
Mythical Introduction The Adultery Theme The Themes of Avarice and Arrogance Quaedam parva quidem ... The Satirist as a Moralist The Perversion of Religious Enthusiasm The Follies of Rich and Emancipated Women The Lady's Day An Anti-Climax Peroration
Dabei bleibt die Gestaltung offenbar dem sermo-Charakter der Gattung verpflichtet: Die einzelnen Motive sind durch kurze Zwischenstücke assoziativ miteinander verklammert; im Vordergrund stehen die Hauptanklagepunkte "to be followed by afterthoughts of a less important and, quite possibly, more personal nature" (437). Einen eher ungewöhnlichen Weg beschreitet S m i t h (632), wenn er die strukturelle Einheit der 6. Satire nicht in der gedanklichen Organisation des großen vitia-Katalogs, sondern in der dramatischen Progression einer von ihm postulierten Rahmenhandlung sucht. In den ersten 200 Versen liebäugele der angeredete Postumus noch mit dem Gedanken einer Eheschließung; dann folge er jedoch Juvenals Aufforderung summitte caput cervice parata / ferre iugum (v.207 f.) und heirate tatsächlich: In der neuen Situation eines Ehemannes (ab v.209) "he discovers too late that women ... want total control" (323), um schließlich in Geistesschwäche zu versinken (v.610–626) und – von seiner dominanten Frau zur Gänze mundtot gemacht – als Adressat nicht mehr weiter in Erscheinung zu treten. Ein solches Szenario paßt jedoch weder zum Inhalt von Juvenals Suada (das angeredete Du läßt sich schwerlich über die ganze Satire hin mit Postumus gleichsetzen, die Gesamtheit des aufgelisteten 'Sündenregisters' keinesfalls auf eine einzige Frau und damit auf den Erlebnishorizont eines einzelnen Ehemannes – eben Postumus – projizieren), noch besitzt es auch nur innere Wahrscheinlichkeit: Wenn Juvenal seinem heiratswil-
609 Die Kapitelüberschriften sind aus S. 419–437 zusammengestellt; ob das O-Fragment zum authentischen Juvenaltext gehört, läßt der Vf. letztlich offen. 610 Der Abschnitt über die Verschwenderin (v.352–365) ist fälschlicherweise hier schon mitgezählt.
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ligen Gegenüber zwar die weibliche impudicitia drohend vor Augen stellte, die weiteren Details seines abschreckenden Tableaus jedoch bedacht bis nach Vollzug der Hochzeit zurückhielte, müßte sich sein Anliegen auf den Genuß billiger Schadenfreude reduzieren!611 B e l l a n d i (649) schließlich verweist auf die nachlässige Gesamtorganisation unserer Satire: Während sich zu Beginn der Eindruck aufdrängt, das Gespräch mit dem v.21 angeredeten Postumus bilde die strukturelle Basis des ganzen Gedichtes, wendet sich der Satiriker schon mit v.38 neuen Personen bzw. Interlocutoren zu (Ursidius, tu 'non determinato', Lentulus); Postumus hingegen verschwindet bis auf eine beiläufige Wiederanrede (v.377 f.) völlig aus dem Blickfeld.612 Der einschlägige Befund soll nun nach B. genetisch zu erklären sein: Ursprünglich als Monolog mit freien Apostrophen und Prosopopoiien konzipiert, sei die Satire erst sekundär – während einer längeren Rezitationsphase oder erst aus Anlaß der abschließenden Publikation – in ihrer Anfangspartie um einen "interlocutore personalizzato e privilegiato" (75) bereichert und solcherart strukturell optimiert worden. Rätselhaft bleibt dabei, warum Juvenal diese Nachbesserung derart stümperhaft betrieben und dabei ausgerechnet den Namen aus v.377 wiederverwendet haben sollte. Auf der Suche nach den literarischen Wurzeln der 'Weibersatire' mißt N a r d o (621) der Beobachtung, v.7 f. seien Cynthia und Lesbia als Prototypen für die Verdorbenheit der zeitgenössischen Frau genannt613, besondere Bedeutung bei: Lege dies doch die Vermutung nahe, Juvenal könne sich bei der Ausgestaltung seines misogynen Panoptikums neben anderen Traditionssträngen (Volksweisheit, Philosophie, Rhetorenschule) auch des Repertoires der Liebeselegie bedient haben, um das Zerrbild seiner matrona mit den habituellen Zügen einer meretrix zu versehen. Besonders aus Properz und Ovid614 will N.
611
Verfehlt auch S. s These, sat.6 nehme neben den Lastern der Frauen auch die Schwäche der Männer aufs Korn: Wo der Satiriker eine – wie immer geartete – Mitschuld der leidtragenden Partei ausmacht (so bei Trebius in sat.5), pflegt er diesbezügliche Kritik nicht zwischen den Zeilen zu verstecken. 612 Diese Tatsache läßt sich auch durch den – von B. zu Recht als ebenso undifferenziert wie gewaltsam abgelehnten, letztlich jedoch schon im titulus einiger Hss. vorgegebenen – Vorschlag einer Identifikation des Postumus mit dem v.38 neu ins Spiel kommenden Ursidius nicht aus der Welt schaffen. 613 Überzogen jedoch seine Aussage, die Stelle besitze nachgerade programmatischen und durch bedachten Bezug auf den – von N. als Gelenkstück eingestuften – Abschnitt v.286– 345 zudem strukturbildenden Charakter: Zwar können die castae Latinae von v.287–291 der Primitivität der Frühzeit wie der Dekadenz der Gegenwart (v.1–13) als historisches Ideal gegenübergestellt sein; Clodius jedoch wird im Zusammenhang des Bona Dea-Skandals (v.335–345) und nicht als Mitglied der "cerchia di Lesbia" (16) in Szene gesetzt. 614 Im Unterschied zu Catull und Tibull dürften sich diese durch ihren Hang zum Pathos (Properz; vgl. auch die "temi diatribici o quasi" [24] seines 3. Elegienbuches) oder ihre kaleidoskopartige Themenvielfalt (Ovid) als Materiallieferanten angeboten haben.
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in größerem Umfang Motive, Gedanken, Formulierungen wie auch Sprachgut des sermo amatorius belegen können: So sollen etwa der 'Blaustrumpf' (v.434– 456) der elegischen puella docta verpflichtet und sogar die Schilderung eines zeitgenössischen Skandals (v.82–113: Eppia-Geschichte) durch entsprechende Lesefrüchte (Prop.1,8a; 3,7; vgl.auch 2,32,21 f.) bereichert sein. Gerade im Falle insignifikanterer Berührungen wird man sich die These einer genetischen Abhängigkeit nicht ohne weiteres zu eigen machen; a priori ist die Möglichkeit einschlägiger Anregungen jedoch nicht von der Hand zu weisen.615 In Fortführung von Nardo dokumentiert C a s a l i (666) Stellen aus Iuv. VI, die auf Ovids ars amatoria verweisen und solcherart die auch noch nach 100 Jahren anhaltende Besorgnis über deren subversive Unsittlichkeit bezeugen: v.66 läßt sich die Thymele rustica wie einst Ovids beflissene Leserinnen im lasziven Tanz unterweisen (vgl. ars 4,299–306)616, während die intrigante Schwiegermutter (v.231–241) den Part der lena aus dem 3. Buch von Ovids Lehrgedicht übernimmt; zum Theater als Ort der Verführung vgl. ferner v.60 ff. mit ars 1,89–92, zur eifersüchtigen Ehebrecherin v.270–278 mit ars 3,673– 682. Was davon Glauben verdient, war freilich schon bei Nardo zu lesen; daß auch v.280 (Quintilian als eine Art 'Lehrmeister') und 286 (Frage nach den Wurzeln weiblicher Verkommenheit), wiewohl in andere Richtung weisend, für einen Augenblick ebenfalls an den Autor von ars III denken lassen, wird man dem Vf. keinesfalls abnehmen. Auf die 'folkloristischen' Ursprünge des negativen Frauenbildes verweist C a r r (634), wenn sie diesbezügliche Übereinstimmungen zwischen Iuv. VI und Apul. met. benennt: Beide Autoren berichten von Fällen weiblicher Tyrannei, Religionsfreveln, emotionaler wie sexueller Hemmungslosigkeit617; als literarische Mittel dienen "humor, shock, and righteous indignation" (64). Die wenig substantiellen Ausführungen von S m i t h (669) lassen immerhin erkennen, daß der 'marriage joke' von sat.6 sowohl in gängiger poetischer Topik (vgl. Hor. carm.3,6) wie auch in Juvenals übriger Nobilitätskritik (vgl. sat.8) verankert ist. Auch die objektiven wie subjektiven Voraussetzungen des Gedichtes erfahren eine kontroverse Diskussion. B o n d (628) zufolge beklagt das Gedicht in seiner Gesamtheit ein Szenario, wie es nach Liv.34,2 ff. bereits dem älteren Cato als Bedrohung vor Augen stand und von ihm und seinesgleichen sogar mitverschuldet wurde: Sei doch männlicher Chauvinismus, welcher den Frauen
615 Die Arbeit von W a t s o n (670) verfolgt den nämlichen Ansatz wie Nardo; im Vergleich vermag der Berichterstatter weder neue Akzente noch weiterreichende Schlußfolgerungen zu erkennen. 616 Die Analogie wird indes hinfällig, wenn es sich bei Thymele um die 1,36 und 8,197 genannte mima handelt. 617 Allerdings nimmt Apuleius nicht durchgehend die Frau als solche, sondern zuweilen auch speziell die Hexe ins Visier.
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jede Mitsprache im politischen Bereich versagte, ursächlich für "the oddities and excesses of behaviour in other, less closely guarded areas" (447). B e l l a n d i (661) ist der Fortentwicklung einiger bereits früher (vgl. 87 und 649) angerissener Gedanken gewidmet; im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach den Ursachen des von Juvenal beklagten und mit vorliegendem λόγος ἀποτρεπτικὸς γάμου618 beantworteten Niedergangs der Ehe: Durch das emanzipierte Frauenbild der Elegie ermutigt und durch das philosophische Ideal der Kameradschaftsehe (Zeugen sind Plutarch, Coniugalia praecepta und Musonius Rufus) weiter bestärkt, befreit sich die römische matrona aus ihrer traditionell untergeordneten Stellung, die sie auf das Hüten des Hauses und das Gebären legitimer Kinder reduziert, um sich neue, bisher dem Manne bzw. der elegischen puella/domina vorbehaltene Freiräume zu erschließen. Letzten Endes wird dieses Hervorbrechen weiblicher impotentia jedoch erst dadurch möglich, daß auch der Mann seine natürliche Dominanz nicht mehr wahrnimmt, die – ebenfalls durch die Elegie gesellschaftsfähig gewordene – patientia verinnerlicht und sich so – von seiten der Ehefrau! – eine Art servitium amoris aufzwingen läßt.619 Daß all diese Klagen ernstgemeint sind und nicht als neurotische Ergüsse einer lächerlichen und damit als unglaubwürdig inszenierten persona abgetan werden dürfen, erhellt schließlich daraus, daß Juvenal seine reservierte Haltung gegenüber Frauen auch in den späteren Satiren unverändert beibehält (vgl. etwa 10,321 f.; 328 f.; 350–353; 11,186–189; 13,189–192; 14,25–30); das Dasein des römischen Mannes wird unserem Satiriker zufolge wirklich durch eine Art Zweifrontenkrieg vergällt: Im öffentlichen Leben drangsaliert ihn der ebenso rücksichts– wie gewissenlose Patron (sat.5), im häuslichen Bereich die 'entfesselte' Ehefrau (sat.6); als cliens wie als maritus kommt ihm aufgrund seiner Duldsamkeit eine gewisse Mitschuld zu (vgl. Trebius in sat.5!).620 J o h n s o n (655) leugnet a priori jede Möglichkeit, aus einem literarischen Text auf die Intentionen des Autors rückzuschließen, und verlagert sein Interesse entsprechend auf die Analyse der tiefenpsychologischen Voraussetzungen von Juvenals Weibersatire: Wie viele seiner Zeitgenossen, messe sich auch der Satiriker noch an einem längst obsolet gewordenen "old Roman signsystem" (180) wahrer Männlichkeit (zu dessen Vergegenwärtigung wird auf 618 Ob der Rat, sich statt einer Ehefrau lieber einen pusio ins Haus zu holen, im Kontext von v.29–37 a priori nur als reductio ad absurdum verstanden werden kann, mag dahinstehen. 619 Deutlich wird diese Umkehr der Verhältnisse nicht zuletzt dadurch, daß Begriffe wie insania und furor, die vormals die elegische Hörigkeit gegenüber der puella/meretrix charakterisierten, jetzt auf den Wunsch nach Verehelichung gemünzt werden. 620 In einem Anhang (in der ursprünglichen Publikation 165 ff., im Sammelband 157 f.) vertritt B. die These, bei dem Adressaten Postumus handele es sich um keinen der aus Martial bekannten Vertreter dieses Namens, sondern um eine fiktive Gestalt, die κατ' ἀντίφρασιν nach dem glücklichen Ehemann aus Prop.3,12 benannt sei (so zuerst, wenn auch nur beiläufig, R.G.M. N i s b e t – M. H u b b a r d (Hgg.), A commentary on Horace: Odes, Book II, Oxford 1978, 234 f. zu Hor. carm.2,14).
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v.290 f. ac proximus urbi / Hannibal et stantes Collina turre mariti verwiesen); und um die daraus resultierenden Versagensängste zu kompensieren, reagiere er wie der sprichwörtliche homosexuelle Schwulenhasser: "... that identification, that misrecognition frightens him, it causes him, to an unusual degree, to fear and to hate what he has repressed in himself (his shadow, the man that is not a man, the man that is maybe closer to being a woman or a slave or a child or a barbarian), it causes him to transfer that hated thing outside himself to, on to, women whom he perceives to be what he fears to become, who he must become if he cannot find out how to become fortissimus" (178). Durch die historische Analyse von v.287–300 gelinge es ihm sogar, die eigene Generation von jeder Mitverantwortung für die vorgebliche Zügellosigkeit der Frauen zu salvieren: Die aus Juvenals Leidensgefährten bestehende Leser-/Hörerschaft müßte das Gedicht somit als Trost und willkommene Ablenkung empfunden haben. Eine trivialisierende Verengung des psychologischen Ansatzes findet sich bei W i l s o n (653), demzufolge der Vergleich von sat.6 mit einem Songtext von Bob Dylan zu dem Schluß führt, "that Juvenal's universal and relentless harangue stems from the same source as that of Dylan's narrator, a failed relationship or marriage, perhaps with a rich woman" (8). An einem solchen Versuch, per analogiam Erkenntnisse über den lebensweltlichen Hintergrund eines Textes zu gewinnen, vermag der Berichterstatter nur den nachgerade alchimistischen Impetus zu bestaunen. Z u s i (639) verfolgt die fürwahr fixe Idee, Juvenals 6.Satire weise als durchgehenden Subtext scharfzüngige Ausfälle gegen die Kaiserin Plotina (und damit indirekt gegen Trajan) auf. Dies beträfe unter anderem: 1. v.308 ff. (vgl. v.1–20) Schändung der Pudicitiae ara; denn: In der kaiserlichen Münzpropaganda erscheint Plotina als Verkörperung der Pudicitia. 2. v.45 Klage über das Verschwinden der antiquis uxor de moribus; denn Plin. paneg. 83,5 findet sich Plotina als quid enim illa sanctius, quid antiquius? charakterisiert. 3. v.53 Unus Hiberinae vir sufficit? Denn: Hiberina = 'Frau des Spaniers' [sc. Trajan] = Plotina. 4. v.64 die hemmungslose Tuccia; denn: Für Trajans Heimatprovinz Baetica ist der Ortsname Tucci belegt. 5. Messalina (v.115–132), Caesonia (v.614–617), Agrippina (v.620–623) als Vertreterinnen des 'Typs' Kaiserin, für den auch Plotina steht; denn: Plotina wird eine erotische Beziehung zu Hadrian nachgesagt; auch sie könnte ihren Mann vergiftet haben. 6. Beronice (v.156), die incesta ... soror (v.158) von Herodes Agrippa II.; denn: Es lassen sich Zeugnisse für die Judenfreundlichkeit der Kaiserin beibringen. 7. Tanaquil (v.566); denn: Das Beziehungsgeflecht Tarquinius Priscus – Servius Tullius – Tanaquil ist bis ins Detail mit der aktuellen Personenkonstellation Trajan – Hadrian – Plotina identisch.
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8. v.216–218; denn: Die Aussage dieser Verse spiegelt die Situation bei der Thronbesteigung Hadrians wider. 9. Weitere Äußerungen über die Griechenfreundin, die Rechtskundige, die Intellektuelle, usf. beziehen ihre Aktualität aus der "critica alla personalità di Plotina, ai suoi interessi intellettuali, culturali, letterari e filosofici, al ruolo che esercitò, in piú occasioni, accanto a Traiano" (1111 f.). Entsprechend soll hier dann auch die Ursache für Juvenals spätes Exil zu vermuten sein (1116144), usw. Was Logikmängel und brutale Vergewaltigung des Textes angeht, sucht die Arbeit ihresgleichen. Nur beiläufige Erwähnung verdienen der eher belanglose Essay von A l f a r o B e c h (651), der Juvenal als Zeugen für feministische Tendenzen der Kaiserzeit in Anspruch nimmt, sowie B e l t r á n N o g u e r / S á n c h e z L a f u e n t e A n d r é s (675), die eine ebenso oberflächliche wie selektive Inhaltsübersicht über die als "autoparodia" (239) aufgefaßte 6.Satire bieten621 und diese mit etwas Handbuchwissen und ein paar Textproben zur antiken Misogynie (Semonides, Aristophanes, Theophrast, Lucilius) bzw. zur einschlägigen Juvenalrezeption (Quevedo) unterfüttern; Erkenntnisgewinn wird in beiden Arbeiten nicht generiert. B e l l a n d i (642) kann zeigen, daß die unverkennbare Ironie in Juvenals Bild vom aureum saeculum (v.1–24) nicht als Zeichen ideologischer Relativierung gedeutet werden darf:622 Der Vergleich mit v.286–300, wo sich der Autor – diesmal ohne Augenzwinkern – ebenfalls zur Vorstellung einer nur durch den Zwang der Verhältnisse (Armut, labor, pericula) gewährleisteten pudicitia bekennt, macht deutlich, daß sich der Spott des Satirikers ausschließlich gegen die mythologische Verpackung der Aussage ('significante')623, nicht jedoch gegen deren Inhalt ('significato') richtet. Der unterschiedliche Zugriff, wie er für den Themenkomplex des mos maiorum etwa auch 13,38–59 (launigmythologisch) und 11,77–119 bzw. 14,161–171 (seriös-historisch) zu belegen ist, steht jeweils mit dem situativen Zusammenhang in Verbindung: Im einen Falle wendet sich Juvenal mit dem Anspruch des wissenden vates an den verständigen Leser, im anderen gilt es, einen Adressaten von eher simplen Geisteskräften (sat.6: Postumus, sat.13: Crispinus) von seinen Irrtümern zu befreien. Daß sich Juvenals These eines ungebremsten moralischen Nieder621 Auch hier bleibt indes noch für sachliche Fehler Raum: v.2–7 ist nicht von "las primeras mujeres romanas" (239) die Rede; und v.246–251 genießt die Athletin keineswegs ein solches Wohlwollen, daß man sie mit der bienengleichen Frau bei Semonides in einem Atemzug nennen dürfte. 622 So erstmals wohl W.S. A n d e r s o n , Juvenal 6: a problem in structure, CPh 51, 1956, 73–94, hier: 75 f. (= d e r s ., Essays on Roman satire (110), 255–276, hier: 257 f.); Mason (145) sieht im Zusammenhang nur den Spaßfaktor, Singleton (620) immerhin noch philosophisch konnotierte saeculum-aureum-Kritik am Werk. 623 Doch geht Juvenal – pace B. – in seiner Hyperbolik trotz v.11 ff. nicht so weit, pudicitia nur der allerersten Generation baum- bzw. lehmentsprossener Frauen zuzubilligen.
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gangs (13,28 ff.) dabei nicht mit den Aussagen zeitgenössischer Staatsideologie (Rückkehr des saeculum aureum, Preis der Pudicitia Augusta: vgl. CIL VIII 993) verträgt, liegt auf der Hand; ob man seine Satiren dann allerdings gleich mit B. als herrscher- bzw. regimekritisch einordnen sollte, sei dahingestellt. Konkreter noch als Bellandi sieht C o r t é s T o v a r (663) die Ironie der Eingangspassage durch ihren Adressatenbezug motiviert. Während der naive Postumus noch daran glaubt, eine hübsche und gleichzeitig treue Frau finden zu können, macht ihm der Satiriker schonungslos klar, daß mit der Existenz eines solchen Wunderwesens nicht einmal im Kontext frühzeitlicher Idealvorstellungen zu rechnen war: Wenn die mythische Urgesellschaft noch keine Verletzung der pudicitia kannte, rührt dies ausschließlich von der mangelnden Attraktivität der montana uxor! Auch S i n g l e t o n (620) hatte die weniger attraktiven Züge in Juvenals Vorzeitszenario konstatiert, diese aber – ebenso kühn wie kontextfern – mit einer platonisch gefärbten Weltsicht erklärt; könne sich doch der Satiriker qua Moralist nicht mit den von "innocent animality" (153) geprägten Höhlenmenschen anfreunden: "Lacking the vices of civilized man, they also lack his mature moral sense, for innocence, which is based on simple inexperience of evil, cannot be called morality" (156). B r i s e u l / P r a t (660) vergleichen einzelne Züge von Juvenals saeculum aureum (Natur, Körperbau des Menschen, Nahrung) mit entsprechenden Vorstellungen bei Hesiod, Lukrez, Horaz, Vergil und Ovid; hier bleibt die Ironie-Frage gänzlich unberührt. Poetologische Implikationen von v.1–13 vermutet K e a n e (664): Nachdem Anderson (u.a. 350) und Braund (362) über die unbestrittene Programmatik von sat. 1 hinaus auch im jeweils ersten Gedicht der Folgebücher 3, 4 und 5 versteckte programmatische Aussagen aufdecken zu können glaubten, schlägt sie vor, entsprechend auch den Beginn von sat. 6 als "generic commentary" (6) zu lesen. Demnach stehen Höhlenfrau und Cynthia/Lesbia nicht mehr für die hehre Sittlichkeit der Vorzeit ("which perhaps is merely a consequence of her looks": 7) resp. die moralische Verworfenheit der Gegenwart, sondern repräsentieren die Gattungen Satire und Elegie. Und wie letztere (v.7 f.) von Catull, Properz, Tibull gern mit ähnlichen Epitheta wie die puellae selbst bedacht wird, so stattet Juvenal sein Ebenbild der Satire mit riesigen ubera (v.9) aus; denn 1. "food and eating are typical elements of satire" (16) und bestimmen zudem den Gattungsnamen (K. erinnert hier auch an 1,86 farrago!). 2. Wo sich Juvenal über die für seine Satire in Aussicht genommenen Themen äußert (1,81–87)624, formuliert er den Satz et quando u b e r i o r vitiorum copia
624 Daß Juvenal auch dort von der Urwelt spricht (Deukalion und Pyrrha!), verbucht K. als Bestätigung ihrer These: "the thematic link between the passages recalls the poetic
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(v.87): "The image of her ubera evokes the rich crop of material that Juvenal claims to convert into satura" (17). Angeblicher Zweck: "Here Juvenal creates a thematic echo with an earlier programmatic passage that declared satire's proper subject matter; he reiterates his satire's opposition to other poetic genres as well as its parasitic borrowing from them; and he innovately creates an emblematic device for his own genre that reinforces just these oppositions and borrowings" (18). Wenngleich durch modisches Beiwerk wie gender studies und Bahtin gehörig in Szene gesetzt, kann die Arbeit nicht über die Dürftigkeit der dargebotenen Spekulationen hinwegtäuschen; zu weiteren Charakteristika der Höhlenfrau (bes. v.10 saepe horridior625 glandem ructante marito) bleibt sie sogar diese schuldig. Unter dem Strich sind die im Berichtszeitraum entstandenen Arbeiten zu sat.6 mehrheitlich durch die Fehldeutung der Eingangspassage belastet: Deren Gegenstand bildet eben nicht das aureum saeculum als Illustration eines paradiesischen Ideals, sondern die primitive Urzeit (vgl. Lucr. 5,925–1010) in ihrer abstoßenden Realität. Weibliche pudicitia – so die Aussage des Satirikers – war von allem Anfang an nie durch die Moral der Frau, sondern höchstens durch widerwärtige Züge ihrer Physis gewährleistet. Wie häufig behauptet und immer wieder unkritisch wiederholt, sollen auch v.634–644 auf das poetische Programm des Satirikers verweisen: Nicht nur M o r f o r d (618) mißversteht Juvenals kontextbezogene Klage, die Realität werde nunmehr vom Mythos, die Satire von der Tragödie eingeholt (v.634– 637), als "conscious revision of the declarations made in Satire 1" (198) und damit als poetologische Grundsatzerklärung.626 Erst S m i t h (641) wendet sich mit der nötigen Deutlichkeit gegen die Ansicht, Juvenal kündige in v.634– 637 eine von früheren Bekenntnissen (vgl. 1,52–61; 4,34 f.) abweichende Neuausrichtung seiner Satire im Sinne episch-tragischer Überhöhung an: Der Satz fungiert vielmehr als gedachter Einwand eines Interlocutors (vgl. v.635 das sarkastische scilicet), der Zweifel am Wahrheitsgehalt des Vorgetragenen äußert, vom Satiriker jedoch alsbald unter Hinweis auf die Realität widerlegt wird (v.638–642): Sind doch die heutigen Verbrechen nicht nur schlimmer, sondern zudem noch armseliger als die des Mythos, da sie nicht einmal die Größe zerstörerischer Leidenschaften für sich reklamieren können (v.644– 661). Auch F a c c h i n i T o s i s (625) Beobachtung, wonach Juvenal seine Klage über realitätgewordene Tragödiengreuel durch das Mittel bedachter 'arte allusiva' auf die lex operis-Reflexion des Persius (5,1–20) bezieht (vgl. die
program that Juvenal laid out in Sat. 1, and lends programmatic force to the Prologue of 6" (8). 625 Anders als K. annimmt, bedeutet das Adjektiv hier im übrigen nicht 'hairy', sondern 'struppig'. 626 Entsprechend unbegründet sein Gedanke, den Schlußabschnitt der Satire, anders als üblich, nicht mit v.627, sondern erst mit v.634 einsetzen zu lassen.
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Einzelwortentsprechungen hiatu, Progne, cena, carmen, grande), ist demzufolge nicht geeignet, die Aussage des Satirikers in den Rang eines werkumspannenden Gattungsprogramms zu erheben. Das Bild der Juvenalischen Eppia (v.82–113) ist P e r e l l i (645) zufolge nicht durch einen zeitgenössischen Skandal, sondern durch Aufarbeitung des literarischen Helena-Mythos geprägt: Auch die Spartanerin verlasse Heimat und Familie, reise mit ihrem Geliebten übers Meer und halte sich in Ägypten auf627; Eppia übertreffe sie letztlich nur darin, daß sie sich – utque magis stupeas (v.87) – auch noch von Paris trenne.628 Mögliche Berührungen sind indes allein der Tatsache geschuldet, daß Juvenal und Helenadichtung partiell auf die gleichen Klischees zurückgreifen; die fadenscheinigen Hinweise, mit denen Juvenal selbst auf sein Konstrukt aufmerksam gemacht haben soll (v.85 immemor als Reminiszenz von Sapphos Helenagedicht fr.16,10 f. LP κὠυδὲ .../... ἐμνάσθη629; v.88 plumaque paterna als Anspielung auf die von Zeus in Schwanengestalt vollzogene Zeugung Helenas(!); v.110 Hyacinthos als Echo literarischer Zeugnisse, die Hyacinthus mit dem Helena-Mythos in Verbindung bringen), verdienen keine eigene Widerlegung: Hat sich doch die Vf.in nicht einmal mit der Frage auseinandergesetzt, wodurch der Satiriker zu dem befremdlichen Einfall gebracht worden sein sollte, erst einmal aus einer Vielzahl teils entlegener Quellen (u.a. Stesichoros, Sappho, Euripides) einzelne Facetten des Helenabildes zusammenzusuchen, um sie dann wieder ebenso bunt wie unauffällig über seinen gesamten Text zu verstreuen.630 In seiner detaillierten Analyse des Passus versteht B e l l a n d i (659) Juvenals Version der Eppiageschichte zwar als Reflex eines wenige Jahrzehnte zurückliegenden Gesellschaftsskandals631, primär jedoch ebenfalls als dessen literarische Überformung; sollen doch einzelne Züge auf das elegische Konzept des servitium amoris, andere auf Catulls Epyllion c.64 zurückgehen: Wie Ariadne verlasse auch Eppia durch ihre Flucht u.a. die Schwester (vgl. v.85 ff. mit Catull.64,116–120), wie diese habe sie vormals im Elternhaus auf weichem Pfühl geruht (vgl. v.88 f. mit Catull.64,87 f.). Der Berichterstatter vermag in diesen Quisquilien keine spezifische Catullnähe zu erkennen.
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Hier wird die Helenageschichte in der Version des Stesichoros vorausgesetzt. In Wirklichkeit schreibt Juvenal a.a.O. ludos Paridemque reliquit; hinter dem Eigennamen verbirgt sich der bekannte Pantomime und Domitianfavorit (vgl. 7,87). 629 Schon E d w a r d s (643) sah Eppias amour fou als parodische Umkehr des Verhältnisses Paris – Helena und rechnete – kaum wahrscheinlich – mit direkter Benutzung des einschlägigen Sapphogedichts. 630 Auch im weiteren Verlauf des Gedichtes sieht P. die mythische Helenafigur immer wieder durchblitzen. 631 In seinen Ausführungen zum Spannungsaufbau (das Motiv von Eppias Ägyptenreise wird erst v.100, der Name ihres Liebhabers gar erst v.105 ausdrücklich genannt) scheint B. mit der Bekanntheit des vorgetragenen Sachverhalts allerdings nicht mehr zu rechnen. 628
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Mit Blick auf v.246–267 verweist die Einzeluntersuchung von M c C u l l o u g h (672) darauf, daß – römischem Verständnis gemäß – eine Frau aus guter Familie mit öffentlichen Auftritten als Gladiator gegen die Verhaltensmuster ihres Geschlechtes wie ihres Standes verstößt; die a.a.O. kritisierte Ehefrau dürfte indes trotz v.250 f. nur am einschlägigen Training Gefallen gefunden haben. Überzeugend schließlich die durch Parallelen untermauerte Beobachtung von W a t s o n (671), Juvenal habe die Morgentoilette der reichen matrona (v.457–507 mit den einzelnen Facetten 'Schmuck', 'Kosmetik', 'Frisur', bereichert um das Motiv 'Züchtigung von Sklaven') insgesamt zwar nach der Realität gestaltet, im einzelnen jedoch durch perspektivische Verzerrung und weitere parodische Elemente so weit verfremdet, daß sie den Anschein hetärenhafter Unmoral erweckt. b) Einzelstellen 6,7 f. Als Vertreter einer allegorischen Interpretation von Catulls Passer-Gedichten (passer = penis) sucht N a d e a u (638) seine Auffassung mit Blick auf die antike Catull-Rezeption (v.a. Mart.1,7; 109; 4,14; 7,14; 11,6) zu untermauern: Auch unsere Stelle vermag den Erklärer erst dann wirklich zu befriedigen ("periphrases of the type found in ll.7–8 usually contain a humorous point": 867), wenn sie von Juvenal auf einen koitalen Akt Catull – Lesbia gemünzt sein sollte. 6,33–37 B a l a s c h (612) sieht sich durch diese Verse veranlaßt, den Moralisten Juvenal gegen den Verdacht der Päderastie in Schutz zu nehmen. Anders als von ihm behauptet, wird hier die Absurdität der vorausgehenden Vorschläge von v.30 ff. jedoch nicht abschließend gesteigert, sondern korrigierend widerrufen (vgl. v.33 aut si de multis nullus placet exitus). 6,50 G i a n g r a n d e s (391) Konjektur (Cereris) victus (vittas codd.) trägt dem vom Motiv der puritas oris bestimmten Kontext Rechnung. 6,57 H e u b n e r (613) verteidigt den Wortlaut der Hss. (agello cedo paterno) mit der Erklärung "Der agellus selbst ist Zeuge für den Lebenswandel der Frau, doch eben kein vollgültiger: nur wenn das Zeugnis der Kleinstadt bestätigend hinzuträte, würde Juvenal mit seinem Zweifel dem Zeugen agellus weichen."632 6,63–66 M a r t y n (623) ist hier um die Behebung zweier Schwierigkeiten bemüht:
632 Das Zitat nach A. T h i e r f e l d e r , Juvenal. 6,57, Hermes 76, 1941, 317–318 (hier: 318), der jedoch zum Mittel der Textänderung (credo) gegriffen hatte.
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1. "the awkward string of adverbs in 65" (252) soll durch die Konjektur languet (statt longum) beseitigt werden. Doch spricht Juvenal an unserer Stelle von der nachgerade orgiastischen Verzückung, die das weibliche Publikum während einer Pantomimenaufführung befällt; Hinweise auf die Erschöpfung 'danach' sind im Zusammenhang kaum zu erwarten. 2. "the absurd description of Thymele as rustica" (ebd.). M. will Abhilfe schaffen, indem er rustica als Akkusativobjekt zu discit ('country-style behaviour') zieht: Vom beschriebenen Verhalten einfacher Landfrauen633 kann selbst die Schauspielerin Thymele, die "durch ihre Tätigkeit im Mimus Expertin in obszönen Darstellungen" (Adamietz [16] z.St.) ist, noch dazulernen. In Wirklichkeit ist die Aussage jedoch ganz ohne Anstoß: Im Vergleich zu den beobachteten Frauen nimmt sich selbst Thymele noch als rustica aus! Noch kritischer ist N a d e a u s (635) Änderung von Wortlaut (subitum als adverbialer Akkusativ) und Kolagrenzen (longum attendit Thymele: "is looking ... with deep attention") zu beurteilen, läßt sie doch jedes Gespür für lateinische Sprache vermissen. Insgesamt zeugen die in diesem Satz zu beobachtenden Merkwürdigkeiten (unerträgliche Schwerfälligkeit der Formulierung gegen Ende von v.65, unmotivierte Wiederholung des Eigennamens Thymele in v.66) eher von einer lauen Zudichtung, die – mit Knoche (ed.) – durch Athetese von v.65b subito – 66a attendit Thymele rückgängig zu machen wäre.634 H ö g g s (105) Versuch eines Gegenbeweises ("...entscheidend für die Beurteilung der Stelle ist, daß man ohne Vers 66A nicht auskommen kann") verkennt die v.66b thematisierte Sonderstellung Thymeles im Kreis der beobachteten Frauen. 6,84 N i s b e t (412) verdächtigt das Hendiadyoin prodigia et mores (v.84) als Korruptel. Zur Heilung wird prodigium vorgeschlagen (als Charakteristik von Eppias Verhalten sachlich von mores urbis abzugrenzen); gänzlich unsinnig dagegen die auf diese Konjektur bezogenen Spekulationen von W a t t (418), wonach (prodigium!) [et] mores urbis damnante Canopo zu lesen sein soll. 6,92 f. Die von D e l z (419) zur Diskussion gestellte Textänderung sonantes ... Ionios ist nach Tyrrhenos ... fluctus mehr als schwerfällig. 6,104 Nach P i e r n a v i e j a (619) erfordert es der Satzzusammenhang von v.104 f. wie auch Mart.5,24,10, das Substantiv ludia an beiden Stellen – und damit wohl auch Iuv.6,266 f. – nicht, wie in den Lexika verzeichnet, als 'femme/maîtresse 633 Neben Apula möchte M. in v.64 Tuscia lesen und beide Namen auf die Herkunft der betreffenden Damen beziehen. 634 N i s b e t (390) plädiert demgegenüber für die schon von Guyet vertretene Athetese von v.65.
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de gladiateur', sondern als "la femme qui aime le ludus et les gladiateurs" (1040) aufzufassen. 6,107 N i s b e t (390 und 412) hält dafür, in v.107 sicut, da "otiose" (95), durch sulcus zu ersetzen und so neben gibbus und acre malum semper stillantis ocelli (v.109) eine weitere Gesichtsdeformation im Text unterzubringen. 6,116–120 Um hier den gestörten Gedankengang wiederherzustellen und gleichzeitig der Konjunktion sed (v.120) eine sinntragende Funktion zuzuweisen, ordnet C o u r t n e y (392) 116–117–119–118–‹...›–120, wobei die Lücke einen Vers mit negierter Aussage enthalten haben müßte. H o l l e m a n s (622) Vermutung, Messalina = Lycisca ('wolf-girl') habe mit ihrem flavus galerus (v.120) bewußt an die lupa aus Roms Gründungslegende anknüpfen wollen, basiert auf der unbewiesenen Voraussetzung, der Kopfschmuck sei für die nächtlichen Eskapaden der Kaiserin historisch verbürgt. Eher wird man jedoch mit literarischer Erfindung zu rechnen haben (Courtney [79] z.St.: "She put on a blonde wig partly for disguise ... and partly because the demi-monde favoured this colour"). 6,125 f. P a r a t o r e (401) plädiert wie auch H ö g g (105) für die Athetese des nur in den dett. bezeugten v.126; zu seiner Interpolation mag das Mißverständnis beigetragen haben, v.125 aera poposcit sei auf jeden Fall noch den Vorverhandlungen zwischen Dirne und Freier zuzurechnen. 6,133 ff. C o u r t n e y (392) glaubt, die im Zusammenhang eher störende Versgruppe halten zu können, indem er v.135 minimum durch summum ersetzt635; D e l z (419) dagegen sucht mit Hinweis auf 6,644–649 die Überlieferung zu verteidigen, V i a n s i n o (413) die Logik der Aussage durch schwächere Ponderierung von libido ('soddisfare il proprio capriccio') zu sichern. Nach H ö g g (105) wären weder Zweifel an der Echtheit noch am überlieferten Wortlaut berechtigt. 6,159 Die fehlende syntaktische Einbindung von ubi signalisiert nach W i l l i a m s (667) den Ausfall eines Verses 158A mit etwa dem Inhalt "despite this noble name, he was no real Roman, but a native of that perverse land" (202). N i s b e t s (390) Konjektur udo (st. mero; sc. pede) wird vom Vf. selbst – zu Recht – "with very little confidence" (235) vorgetragen.
635 In seinem Kommentar (79) erwägt er stattdessen die Konjektur peius; zwischenzeitlich hatte M a r t y n (403) nimia vorgeschlagen.
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6,165 L a P e n n a (657) sammelt die vorjuvenalischen Belege der von ihm zum Formelkanon der lateinischen Dichtersprache gerechneten Verbindung Attribut + simillimus + Substantiv: Die frühesten Belege entstammen Vergils Aeneis (2,794 = 6,702; 6,522); Juvenals Rückgriff auf das 'stilema' (neben unserer Stelle noch 8,53) könnte also eine parodische Funktion erfüllen. 6,167 Der Eigenname der als Gegenbild zu Cornelia, Mutter der Gracchen, aufgeführten femina impudica soll – so G r i f f i t h (636) – nach Mart.2,28,4 in Vetustina zu ändern sein. 6,170 Um die Wortwiederholung von precor (v.170/172) zu beseitigen, konjiziert N i s b e t (412) in unserem Vers stattdessen tecum; der Ertrag ist jedoch eher zweifelhaft (tolle tuum tecum ...). 6,188 Den interpolierten Vers vermag auch N a d e a u s (409) Annahme einer witzigen Zweitbedeutung ("it is turpe (...) that Roman women cannot make love Latin-style, i.e. with due decorum, but must do it Greek-style, i.e. like whores": 154) nicht zu retten: Wird diese doch letztlich durch Zerstörung der Pointe von v.190 f. erkauft. 6,195 Zu Housmans Konjektur ferendis (relictis codd.) gesellen sich nunmehr loquendis (N i s b e t [412]), pudendis (W a t t [418]), peractis (D e l z [419]) und receptis (W a t t [427]).636 Warum aber sollte die Alte nicht doch in der Öffentlichkeit an eine Redeweise anknüpfen, die sie noch eben sub lodice zurückgelassen hatte? 6,195–198 Die von Knoche (ed.) als unecht verdächtigte Passage 195b–198a wird nach H ö g g (105) durch den unbewußten Rückgriff des Wortlauts auf 4,69 f. als authentisch erwiesen. In v.197 soll dabei mit Hadrianus Valesius et (ut codd.) zu lesen und die so gewonnene Aussage nicht mehr auf das Verhalten der Vettel ("so that you don't become over-excited": Courtney [79] z.St.), sondern auf die Reaktion ihrer Zielgruppe, der "eventuell angereizten Männer" (94), zu beziehen sein. 6,235 f. G n i l k a (616) gibt dem schol.z.St. recht, welches die Handlung dieses Satzes immer noch auf die Schwiegermutter bezieht (simulat aegritudinem socrus, ut habeat facultatem ad se filia veniendi causa adulterii) und dadurch einen mehr als befremdlichen Subjektswechsel inmitten von v.235 vermeidet. 636 Mit welcher Berechtigung W. diese Konjektur J. Delz zuschreibt (300), vermochte der Berichterstatter nicht zu ergründen.
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6,238 Statt überliefertem silet (P) bzw. pavet (Φ) empfiehlt W a t t (427) parat; der folgende Satz et praeputia ducit soll dann epexegetischen Charakter haben. 6,249 f. G n i l k a (616) verweist richtig darauf, daß die Erwähnung der Floralia hier nur mit konkretem Bezug auf das Kampftraining der Walküre erfolgt sein kann: Demnach müssen im Kontext dieser ludi neben parodischen Tierkämpfen (vgl. Ov. fast.5,371–374; Mart.8,67,4) auch unblutige Scheingefechte stattgefunden haben: Das schol.z.St. (meretrices nam Floralibus ludis armis certabant gladiatoriis atque pugnabant) trifft den zugrunde liegenden Sachverhalt also zumindest partiell. 6,276 Die einhellige Entscheidung der neueren Herausgeber und Erklärer, das von Juvenal an dieser Stelle verwendete Schimpfwort mit PRArov.Σ als uruca zu lesen, ist nach O ' M a r a (631) zugunsten des – in den Lateinlexika noch nicht präsenten – Substantivs curuca (Φ) zu revidieren. Wäre doch die Benennung des Hahnreis als 'Wurm' ganz unspezifisch, während curuca ma. Zeugnissen zufolge einen Vogel bezeichnet, dem der Kuckuck mit Vorliebe die eigenen Eier ins Nest legt. In der Folge sucht G r a z z i n i (646) diese Überlegungen durch Einbeziehung der Juvenalscholien zu präzisieren. Dabei erweisen sich die scholia vetustiora (ed. Wessner) als wenig aufschlußreich (uruca mimologi stupidi nomen finxit; wie aber wäre dieser Name zu deuten?) bzw. irreführend (uruca: ... gurgulio; bildlich könnte dieses Wort [=penis: vgl. Pers.4,38] nur für sexuelle Hemmungslosigkeit stehen); und die erst jüngst von G. selbst edierten scholia recentiora637, aus denen sich die ma. curuca-Erklärung allem Anschein nach speist, dürften ihrerseits als hübsches Phantasieprodukt aus dem Text herausgesponnen sein. Nach aktuellem Kenntnisstand kann die Frage also keiner definitiven Lösung zugeführt werden. 6,295 ff. Die sprachlichen wie sachlichen Merkwürdigkeiten dieses Satzes, insbesondere die seltsame Anapher hinc ... et ... hinc et und die fehlende Erwähnung des Isthmos, sucht H e n d r y (656) durch fünffache(!) Textänderung auszuräumen (h u c fluxit e t I s t h m o s / et Sybaris f e l i x [das Adjektiv exempli gratia], h u c et Rhodos et Miletos); N i s b e t s (426) historisch begründete Konjektur Sagaris (für Sybaris) bleibt willkürlich. 6,298 S c h m i e d e r s (673) Behauptung, Juvenals obscena pecunia (nach Sch.: 'Beutegeld') könne etwas zur Erklärung von Mart.8,78,9 lasciva nomismata beitragen, entbehrt jeder Grundlage.
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Das Zitat unten Anm. 883.
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6,306–313 L e n t a n o s (652) ausführlicher Sachkommentar z.St. macht deutlich, wie Juvenal die durch trunkene Tribaden vollzogene Schändung des PudicitiaAltars in jedem Augenblick des Geschehens als systematische Inversion aller sakralen wie kulturellen Normen gestaltet. Die Schwierigkeiten um den in PRArov. fehlenden, in der Vulgatrezension teils nach 306, teils nach 308 überlieferten v.307 sucht G n i l k a (615) zu beseitigen, indem er Maura nur in diesem Vers als Eigennamen, v.308 hingegen als Appellativum (=mulier impudica) für Tullia (diese als altera Maura) versteht.638 Eher wird man jedoch geneigt sein, die störende Komplexität dieser Vorstellung mit D e l z (419) konjektural aufzulösen (v.308 illa st. Maura); kaum ansprechend dagegen W a t t s (427) Vorschlag, an gleicher Stelle nota zu lesen. In v.311 schafft sich H e n d r y (417) mit der Konjektur nullo teste wieder einmal seine eigene Pointe (vgl. auch zu 2,47). 6,316 Anstelle von Priapi (P) liest H e n d r y (417) hier Priapum: "they howl for Priapus, that is, they howl 'Priape!' " ( 257). 6,320 G n i l k a (395) versteht das Verb ponere hier im Sinne von proponere ('als Preis aussetzen'); ähnlich G r i f f i t h (397), der an opponere ('verwetten') denkt. 6,330 Wenn W a t t (427) der mannstollen Dame ein inzestuöses Verhältnis mit dem eigenen Sohn (iuvenis) andichtet, ignoriert er die Klimax von v.331–334. 6,335–345 Da die Verse nach den vorausgehenden Ausführungen zum Bona Dea-Ritus (v.314–334) eine Antiklimax darstellen und dabei nicht einmal zum Rahmenthema der Satire (die 'Sünden' der Frauen) passen, hält F r e e m a n (410) Athetese des Abschnitts für angezeigt. 6,350 H e n d r y s (417) atris (zu pedibus) verdient keinen Kommentar. 6,379–384 Körperhaltung und Spieltechnik der citharoeda verleiht M o n t i (658) mit Hilfe von Apul. flor.15 (Beschreibung der Statue eines Zitherspielers) klarere Konturen; das Attribut densi (v.381, sc. sardonyches) ist nicht auf die Zahl der Fingerringe, sondern auf das flinke Spiel der beringten Hand zu beziehen. 6,385 M a r t y n (630) plädiert hier für Heinsius' Konjektur aeli (st. appi).
638 U l l m a n (393) faßt Maura an beiden Stellen als Völkernamen ('Mohrin' aus niederster sozialer Schicht), ohne damit das Verständnis des Satzes grundlegend zu fördern.
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6,401 N a r d o (626) zufolge soll siccisque mamillis der 'Klatschtante' nicht nur ihre Weiblichkeit absprechen, sondern dieses Manko auch noch physiologisch begründen: "mamillis adhuc extantibus, non ancora cadenti per effetto della maternità" (536); überzeugend dagegen B e l l a n d i (665), der hier neben recta facie ein weiteres sichtbares Indiz für Unverfrorenheit postuliert, entsprechend auf die – letztlich schon in ma. Juvenalkommentaren zu belegende – Deutung Friedländers (74) z.St. verweist ("ohne dass durch die Erregung ... ihre Haut feucht wird") und die Formulierung auf Pers.2,53 f. sudes et pectore laevo / excutiat guttas laetari praetrepidum cor zurückführt. 6,407–412 Im sensationslüsternen Tratsch der Frau will J o n e s (662) nicht nur für Kometen und Erdbeben (Ereignisse des Jahres 115: vgl. Courtney [79] zu v.407 bzw. 411; ein Bericht über das letztere bei Dio Cass. 68,24 f.), sondern auch für die Überschwemmung des Niphates (v.409 ff.) einen zeithistorischen Realitätsbezug erkennen: Sei hier doch ein Detail aus dem Dakerfeldzug (ein Relief der Trajanssäule zeigt die Römer bei einer offensichtlich problematischen Flußüberquerung) mit dem in Literatur wie bildender Kunst mehrfach zu belegenden Glauben an ein römerfreundliches Wirken fremdländischer Naturgewalten kombiniert. Eine solche Annahme wird jedoch weder durch substantielle Berührungen in der Sache noch durch Juvenals vorausgehenden Hinweis quosdam [sc. rumores] facit (v.409) wirklich nahegelegt. 6,415 M a r t y n s (405) Konjektur exsecrata soll sich durch ihre bedachte Ambiguität empfehlen ('cursing them' and/or 'accursed'), vermag jedoch ebenso wenig zu überzeugen wie E d e n s (411) ‹mane› exorta[ta], W a t t s (418) orto sole bzw. (427) ‹cum/si› est irata oder D e l z ' (419) exagitata. 6,422 f. Zu Recht erkennt M a r z u l l o (637) hier zwei Schritte der gleichen – euphemistisch umschriebenen – Handlung: Für crista vgl. schon Georges s.v.: 'der Kitzler in der weibl. Scham', zu femur Isid. orig.11,2,24 femina vero a partibus femorum dicta, ubi sexus species a viro distinguitur. Verfehlt jedoch sein Vorschlag, v.423 konjektural zu ändern: Das überlieferte exclamare ('aufstöhnen') bietet keinen wirklichen Anstoß, und M.s Alternative expatrare (entsprechend dem Hapax Catull. 29,16 parum expatravit? – 'hat er noch zu wenig [sc. Besitz] verhurt?') paßt weder semantisch noch syntaktisch. 6,437 Die von N i s b e t (412) vorgeschlagene Textänderung (alia parte in trutinae mit nachgestellter Präposition!) kann nur befremden. 6,442 Mit seinem Plädoyer, hier nemo aera (so der Text von P) zu lesen, rennt M a r t y n (404) bei den neueren Herausgebern außer Knoche offene Türen ein.
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6,449 f. Zutreffend bringt E d e n (411) die bildliche Vorstellung dieser Verse mit der durch Schwungriemen optimierten Wurfbahn einer Lanze in Verbindung. 6,455 f. Die Aussage nec curanda viris opicae castigat amicae / verba hatte schon Housman als unsinnig gebrandmarkt (app.z.St.: "opicae alicuius amicae verba viris curanda esse cui in mentem venire potuit?") und konjektural zu bessern gesucht (starke Interpunktion nach viris; castiget [Konj.!] asyndetisch mit v.456 liceat verbunden); auch so bleibt der Text indes problematisch, werden doch lex et ratio loquendi nunmehr zu "res virorum cura indignas" deklassiert. G i a n g r a n d e (394) sieht die Lösung darin, curanda im Sinne eines Partizips Futur zu fassen (nec curanda: "welche bestimmt sind, nicht berücksichtigt zu werden": 1173): "... der Dichter meint, daß all die castigationes der gelehrten Frau umsonst seien, weil sich die Männer für den korrigierten Sprachgebrauch der amica nicht interessieren werden" (117). Letztlich scheinen aber schon Housmans Bedenken auf einem Mißverständnis zu beruhen: Besagt der Satz doch wohl einfach: 'Sie verbessert ihre altfränkische Freundin in Ausdrücken, an denen selbst ein Mann keinen Anstoß nehmen würde.' 6,460 N a r d o (626) zufolge ist der Satz nicht nur aus sprachlichen Gründen, sondern auch durch seine strukturelle Funktion als Höhepunkt einer von v.379 über 398, 413 ff. und 434 f. fortschreitenden gradatio als authentisch erwiesen. Einzuwenden bleibt, daß sich Juvenal an keiner der genannten Stellen einer derart sentenzenhaft-banalen Ausdrucksweise bedient, ohne dabei auch nur die Sache zu treffen: Im Kontext ist nicht von der Reichen, sondern der Putzwütigen die Rede. 6,468/471 Um die unmotivierte Wiederholung von fovetur zu beseitigen, will N i s b e t (412) an der zweiten Stelle in novatur, W i l l i a m s (667) an der ersten in lavatur ändern; W a t t s (427) mulcatis (st. mutatis) vermag im Ergebnis, W i l l i a m s ' (667) mutandis in der Begründung nicht zu überzeugen. 6,477 Das Hapax legomenon cosmetae steht nach D u r r y (617) für männliches Personal, dem die Verschönerung seiner Herrschaft – u.a. durch Kosmetik – oblag (schol.z.St.: eos dicit qui ornamentis praesunt, non tamen ornatrices); der Terminus selbst wird nicht zuletzt als Spott über die zeitgenössische Gräkomanie verstanden werden dürfen. 6,492/495 M o n t i (416) erklärt, was Juvenal stillschweigend voraussetzt: Mißratene Locke (v.492) und unvorteilhafte Nase (v.495) werden der domina selbstredend durch Verwendung eines Spiegels kenntlich.
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6,502–507 Glaubt man G e l s o m i n o (629), hätte Juvenal die Verse bereits 89/90 als parodische Antwort auf den entsprechenden Abschnitt des StatiusEpithalamiums silv.1,2 (v.113–118) verfaßt639 und sie dann sekundär – mehrere Jahre (Jahrzehnte?) später – zu einer Szene ausgeweitet (v.474–507), deren Hauptakteurin (" la 'Signora dalla coiffure flaviana' ": 841) ihrerseits als boshaftes Gegenbild zur Violentilla der Silve erscheinen sollte; dabei wäre er jedoch wieder darauf bedacht gewesen, diesen lebensweltlichen Hintergrund tunlichst zu verschleiern "per impedire una immediata indiscutibile identificazione della ben viva signora Violentilla ed evitare conseguenze penali" (865). Da jedoch eine ganze Generation hochgestellter Römerinnen der gleichen Frisurenmode huldigte und die vorgetragene Hypothese nicht einmal innere Stimmigkeit aufweist (soll der Leser die angebliche Statius-Parodie nun erkennen bzw. goutieren oder gerade nicht?), bleibt die ganze Untersuchung in höchstem Grade fragwürdig. 6,510 f. Da der überlieferte Text die am Ende von v.510 erreichte Pointe durch deplazierte Erwähnung der Sklaven verwässert und den neuen Abschnitt über die superstitiosa merkwürdig unscheinbar einsetzen läßt, bringt M a r t y n (405) eine Neugestaltung von v.511a in Vorschlag: ‹at gravior servit quae ritibus›. E d e n (411) dagegen zieht das Kolon gravis est rationibus in seiner überlieferten Form zum folgenden Satz: Auch der weibliche Aberglaube ist mit Ausgaben verbunden. 6,544 f. Die rätselhafte, von den Interpreten eher aus Verlegenheit üblicherweise mit 3,13–16 (Grotte und Hain der Egeria) in Verbindung gebrachte Vorstellung der magna sacerdos / arboris muß in der – wenn auch fehlgedeuteten bzw. satirisch verzerrten – Beobachtung jüdischer Sakralsymbolik ihren Ausgangspunkt haben. Nach W i e s e n (633) kommt hierfür die Palme (Sinnbild des Judentums, möglicherweise als Kultobjekt mißverstanden), vor allem aber der siebenarmige Leuchter in Betracht: Ihn konnte Juvenal sowohl vom Relief des Titusbogens wie auch von eher dendromorph anmutenden Abbildungen (zu deren ikonographischen Wurzeln vgl. schon Exod. 25, 31–36) kennen. 6,564 H e n d r y s (417) emeruisse (st. caruisse) ist ebenso spekulativ wie überflüssig. 6,568 Daß die in dem Substantiv adulter (v.567) gipfelnde Klimax des vorausgehenden Satzes eine Athetese unseres Verses erforderlich machte, wird man N i s b e t (390) nicht ohne weiteres abnehmen. 639 Als Indiz für die Bezugnahme wird die übereinstimmende Verwendung der Wörter premere, frons, virgo und consurgere gewertet.
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6,582–591 In dieser Szene beobachtet Juvenal Frauen aus drei verschiedenen Gesellschaftsschichten (v.582 mediocris; v.585 divitibus; v.589 quae nudis ...) bei der Konsultation von Wahrsagern; nichts spricht jedoch dafür, daß er die Zuweisung der einzelnen Abschnitte in so pedantischer Weise vollzogen haben könnte, wie sie M a r t y n s (624) Textänderung eisdem (v.585 statt et inde) impliziert. G r i l l o (627) dagegen hält am nahezu einhellig überlieferten Text fest640 und bezieht inde conductus auf v.586 peritus ("alle ricche i responsi li darà un àugure originario della Frigia e [li darà] un astrologo [anch' egli] da lí 'noleggiato' ": 192), muß dafür jedoch eine ganze Reihe von Merkwürdigkeiten in Kauf nehmen: unemphatische Anapher des Prädikats dabit, ein substantiviertes Adjektiv mit partizipialem Attribut (conductus peritus) sowie den logisch unsauberen Bezug von inde auf Phryx augur (nicht etwa Phrygia). Und warum sollte sich hinter inde conductus überhaupt ein 'angeblicher' Phryger verbergen müssen? Das longum ... aurum (v.589) am Hals der letztgenannten Kundin ist natürlich als protzig zur Schau gestellte Halskette zu identifizieren (M a r t y n [624]); absurd dagegen K i l l e e n (614), der atrum konjiziert und die Formulierung auf eine von mangelnder Körperpflege zeugende Pigmentanomalie bezieht. Da v.588 weder inhaltlich noch syntaktisch überzeugend in den Kontext eingebunden scheint, plädiert N i s b e t (412) für seine Tilgung641; zu erwägen wäre indes, ob 8,43 quae ventoso conducta sub aggere texit (von V i a n s i n o [413] als Parallele benannt) ein Echtheitsindiz zu liefern vermag. 6,603 M a r t y n s (404) Hinweis zufolge scheint die richtige Lesart saepe nicht nur von GU, sondern auch von P1 (atque P2 in ras.) überliefert zu sein. 6,606 W a t t (418) bezieht die von ihm geschaffene Wendung fovet ore (omni codd.) auf die Küsse Fortunas. 6,614A–C Schlagend die Deutung von L u c k (678), bei den Versen handele es sich um die Verfluchung einer durch Verabreichung von Zaubertränken an ihrem Gatten schuldig gewordenen Kaiserin; kaum überzeugend jedoch die Annahme, das Textstück könne, nach v.617 umgesetzt, als authentischer Juvenaltext Anerkennung finden. P a r a t o r e (401) führt den Nachweis, daß die Versgruppe – ihrer Syntax zufolge – für diese Stelle gedichtet sein muß642, inhaltlich aber die Hand des Interpolators verrät: Läßt sie doch gerade die Einzigartigkeit von Caesonias Tat (v.618–621) in den Hintergrund treten. 640 Nur wenige dett. bieten Indus – eine Lesart, die P a r a t o r e (401) erstaunlicherweise zur lectio difficilior erklärt. 641 v.589 dagegen ist mit H ö g g (105) als zweifelsfrei echt anzusehen. 642 Im cod. Laurentianus 3442 ist sie schon nach v.601 überliefert.
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6,622 Bringt man die Stelle mit dem Gedankengut von Sen. apocol. in Verbindung, stellt sich N i s b e t s (412) Konjektur decedere (st. descendere) als Banalisierung dar. 6,629–633 B e l l a n d i (668) bringt die Stelle mit dem unter Hadrian ergangenen senatus consultum Tertullianum (Inst. Iust. 3,3) in Verbindung, welches im Sonderfall einer mater ingenua trium liberorum erstmals die Möglichkeit vorsah, daß diese bei Heimgang sämtlicher Kinder trotz Vorhandenseins eines agnatischen Vormundes (vgl. v.629 pupilli) das Erbe antreten könne. Hierbei ist jedoch nicht genügend berücksichtigt, daß das in abschließender Klimax aufgeführte Pontia-exemplum (v.638–642) finanziell motivierte Kindstötung (v.646 propter nummos) einerseits schon für neronische Zeit, andererseits aber doch nur in der vergleichsweise milderen Form eines Doppelmords belegt. Um B.s Darlegungen gänzlich den Boden zu entziehen, braucht man nur mit einem außerfamiliären, vom verstorbenen Kindsvater testamentarisch eingesetzten tutor zu rechnen: Bei Fortfall agnatischer Konkurrenz war die Erbfolge Kind – Mutter auch in Rom schon immer selbstverständlich. 8. Das Oxford-Fragment 676. E. C o u r t n e y , Vivat ludatque cinaedus, Mnemosyne 15, 1962, 262– 266. 677. J.G. G r i f f i t h , The survival of the longer of the so-called 'Oxford' fragments of Juvenal's sixth satire, Hermes 91, 1963, 104–114 = d e r s ., Festinat senex (112), 98–110. 678. G. L u c k , The textual history of Juvenal and the Oxford lines, HSPh 76, 1972, 217–231. 679. M.D. R e e v e , Gladiators in Juvenal's sixth satire, CR 23, 1973, 124– 125. [6.O.9–13] 680. H.A. F r e e m a n , On the Bodleian fragments of Juvenal, Latomus 34, 1975, 425–429. 681. J.R.C. M a r t y n , Further evidence on Juvenal's Oxford fragments, Scriptorium 34, 1980, 247–253 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 105–115. 682. S.M. C e r u t t i – L. R i c h a r d s o n , Jr., The retiarius tunicatus of Suetonius, Juvenal, and Petronius, AJPh 110, 1989, 589–594. [6.O.9–13] 683. J.A. W i l l i s , Juvenalis male auctus, Mnemosyne 42, 1989, 441–468. 684. G. M o h i l l a , Juvenals Oxford-Verse 6, O 1–34. Neu-Interpretation im Rahmen von Studien zur Kompositionstechnik seiner Satiren, Diss. Wien 1990, V & 277 S. (masch.); vgl. Sprachkunst 22, 1991, 133–134.
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685. S.J. B a s t o m s k y , A short but frank explanation of Juvenal sat.6.O.5 f., Scholia (Durban) 2, 1993, 86–89. 686. F. B e l l a n d i , Lucilio, Giovenale e l'adulterio delle matrone, in: d e r s ., Eros e matrimonio (114), 159–168. [6.O.5 f.] Während des Berichtszeitraumes hat sich die Forschung mehrheitlich für die Authentizität des O-frg. ausgesprochen.643 So vertritt C o u r t n e y (676) in Anlehnung an eine ältere Untersuchung von R. C l a u s s 644 die Echtheit wie folgt: 1. v.346 ff. scheinen erst sekundär in den Kontext eingedrungen zu sein, behandeln sie doch das Motiv 'adultery', während die weitere Umgebung der Verspartie vom Thema 'degeneracy' bestimmt wird. 2. Erst das gedankliche Zwischenglied der O-Passage (Cinaeden als Accessoires weiblichen Luxuslebens, dann aber auch als Objekt sexueller Begierde) liefert die kontextuelle Einbettung für die – auf v.365 völlig unvermittelt folgenden – Vulgatverse 366–378 (geschlechtliche Befriedigung mit Eunuchen). 3. v.373A–B stellen sich als derart gelungener Kontrast zu v.374 ff. dar, daß sie nicht auf einen Interpolator zurückgeführt werden können. 4. Der Verlust des O-Textes selbst dürfte in zwei Stadien erfolgt sein: a) mechanischer Ausfall einer Seite645 mit O.1–29; b) redaktioneller Heilungsversuch: Die nunmehr beziehungslos übrigbleibenden Verse O.30–34 werden hilfsweise an eine geeigneter anmutende Stelle versetzt (v.346 ff.) und diesem neuen Zusammenhang durch Beseitigung des störenden Gedankens von O.32 f. angeglichen. Nach G r i f f i t h (677) kann die Authentizität des größeren OxfordFragments letztlich schon deswegen als gesichert gelten, weil sich keine Motive benennen lassen, die einen Fälscher noch vor Einsetzen der spätantiken Juvenalrenaissance zu einer Zudichtung hätten bewegen können:646 "Interpolation on this scale only makes sense if the work which received it was in current circulation, as Juvenal's during this period was not" (105).
643 Bis etwa zur Jahrhundertmitte war das Pendel noch in umgekehrter Richtung ausgeschlagen: vgl. v.a. U. K n o c h e , Ein Wort zur Echtheitskritik. [Juvenal] 6,365,1–34, Philologus 93, 1938, 196–217 und B. A x e l s o n , A problem of genuineness in Juvenal, in: ΔΡΑΓΜΑ M.P. Nilsson dedicatum, Lund 1939, 41–55; für einen bibliographischen Überblick zur Echtheitsfrage vgl. S o s i n (897), 1992. 644 R.C., Quaestiones criticae Iuvenalianae, Diss. Leipzig 1912, hier: 10–33. 645 Vgl. unten Anm. 662. 646 Unabhängig von der Verfasserdiskussion steht fest, daß der Oxford-Text vor 399 entstanden sein muß: Die durch kaiserliches Dekret verfügte Abschaffung der Gladiatorenspiele stellt für O.7–13 einen zwingenden terminus ante dar.
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Der merkwürdige Überlieferungsbefund seinerseits wird – Echtheit vorausgesetzt – als unproblematisch eingestuft: 1. Der in beneventanischer Schrift abgefaßte cod. Bodleianus MS Canonici 41 (s.XI/XII) stammt offenbar aus Monte Cassino und damit einem Ort, der auch sonst als singuläre Quelle antiker Texte (Tac. ann.XI–XVI, hist. I–V; Varro ling. V–X) oder Textteile (Cypr. epist.ad Silvanum) in Erscheinung tritt. 2. Der O-Text selbst hat erst sekundär – durch Querkollation – in die Vulgattradition Eingang gefunden. Indiz hierfür ist nicht zuletzt seine falsche Einordnung im Bodleianus (nach v.365): Wird er doch durch seinen Inhalt und weitere verräterische Spuren (O.30–34 treten in modifizierter Form v.346 ff. neuerlich auf, O.32 f. werden im schol. zu v.348 zitiert) als Fortsetzung von v.345 erwiesen (ursprüngliche Versfolge mithin 345 – O.1–34 – 349). 3. Der Textausfall selbst wird nicht erklärt ("whether for reasons of prudery or other cause cannot now be known": 109), und auch die Bezugsquelle für den O-Text ("an anthology or other indirect source": 113) bleibt eher konturenlos. L u c k (678) sieht die rätselhafte Überlieferung des Oxford-Fragments durch den Befund des engen O-Verwandten R (Parisinus 8072; s.X) geklärt: Textfolge und Lücken dieses mit 1,1–2,66; 5,98–6,437; 3,32–5,97 beschriebenen Codex führen auf einen Hyparchetypus O* mit 17 Zeilen pro Seite, der – blattverlustbedingten Ausfall einer einleitenden vita sowie der Titel zu Buch 1 und sat.1 vorausgesetzt – nach 6,365 Seitenende aufgewiesen haben müßte. Der wohl aus alter Kommentartradition übertragene O-Text wäre dort teils in margine notiert (v.373A–B), teils jedoch – wegen seines Umfangs – auf einem eigenen Blatt eben nach v.365 eingelegt worden (O.1–34); unter Vernachlässigung eines textkritischen Zeichens, das die korrekte Lokalisierung der Einfügung (nach v.345) markierte, hätte sodann der nächste Kopist die in O vorliegende Fehlpositionierung des Fragments (nach v.365) festgeschrieben.647 Die bestechende, weil ohne Voraussetzung eines komplexeren Entstehungsprozesses auskommende These macht sich jedoch selbst angreifbar, indem sie die OPassage zu einer von Juvenal getilgten und durch v.346 ff. ersetzten Erstfassung erklärt: Oder welcher Zufall hätte es fügen sollen, daß der Umfang des antiken Texteingriffs exakt mit dem Zeilenprofil des ma. Überlieferungsträgers zur Deckung kommt (O.1–34 = 2x17 Verse)?648 Durch die von M a r t y n (681) geleistete Neukollationierung von O werden Ungenauigkeiten in der Erstpublikation von Winstedt649 sowie in den 647 Erst später könnte dann O* eine Gestalt angenommen haben, wie sie dem merkwürdigen Aussehen seines Abkömmlings R entspricht: "In the course of time, O* disintegrated. The quires became detached, and some of them got lost; others were arranged in a wrong order; the inserted leaf ... had fallen out" (225). 648 Zwiespältig auch der Eindruck von L.s Ausführungen zu v.614A–C: vgl.dort. 649 E.O.W., A Bodleian ms. of Juv., CR 13, 1899, 201–205.
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Apparaten von Housman, Knoche und Clausen berichtigt.650 Daß die Hs., durch eine analog zu Griffith (94) durchgeführte taxonomische Untersuchung neuerlich als Abkömmling verschiedener Textzeugen bestätigt, nicht nur in dem Plustext selbst, sondern auch in dessen weiterem Umfeld besonders viele Merkwürdigkeiten aufweist651, führt auf ein "highly corrupt and individualistic manuscript" (250) als Vorlage und legt zudem die Annahme nahe, "that the fragment was an integral part of Satire 6 in the manuscript used by some Beneventan scribe in copying that section of O" (252): Keinesfalls kann der Grad seiner Textverderbnis nun noch als Argument gegen die Authentizität des O-Fragments ins Feld geführt werden.652 In seinem als solide Zusammenfassung der bisherigen Forschung angelegten Überblick bejaht auch L a u d i z i (83) Juvenalischen Ursprung der Passage. Im einzelnen kommt er zu folgenden Ergebnissen: 1. Authentizität. Die in Kommentarform vorgelegte Detailerklärung der OVerse belegt ihre sachliche Stimmigkeit wie ihre sachlich-stilistische Übereinstimmung mit genuinem Juvenaltext. Zweifel an ihrer Echtheit sind somit nicht mehr substantiell zu begründen, zumal auch die Prioritätsfrage zwischen O.30–34 und 6,346 ff. durch die treffliche kontextuelle Einbindung der ersteren Passage zuungunsten der gedanklich isolierten Vulgatversion entschieden werden muß. 2. Überlieferungsschicksal. Die im Archetypus der erhaltenen Juvenalcodices bereits vorauszusetzende Einbuße des O-Textes ist weder durch absichtliche Tilgung aus moralischen Erwägungen noch durch nachträgliche Textrevision von seiten des Autors überzeugend zu begründen: Denkbar ist allein mechanischer Verlust, "anche se ci sfugge il meccanismo preciso" (94). Auf der anderen Seite belegt die Koexistenz der realiter unvereinbaren Textfassungen O.30–34 und v.346 ff. im Codex Bodleianus, daß dessen Vorlage die OxfordPartie einer sekundären Einkorrektur aus anderer Quelle verdankt. 3. Lokalisierung des Fragmentes. Auch wenn sich v.346 ff. als Residuum von O.30–34 zu erkennen geben, kann der O-Text im Ursprung nicht an dieser Stelle (nach v.345) angesiedelt gewesen sein: Am überlieferten Ort (nach v.365) paßt er erkennbar besser in den Zusammenhang; und dort muß ihn auch die – ohne v.346 ff. zu denkende – Korrekturvorlage des BodleianusAhnen aufgewiesen haben, hätte doch auch ein unaufmerksamer Kompilator nicht ohne weiteres die doublettengleiche Versfolge O.30–34/v.346 ff. zusammengestellt. Es sind also umgekehrt v.346 ff. (genauer: der durch Umgestaltung aus O.30–34 gewonnene Abschnitt v.346 ff.), die nachträglich (nach 650
Im Text des O-Fragments selbst betrifft dies O.30 veteres und v. 373B follesque. Vgl. etwa v.213 hac hortante nihil haec si non nolit emetur O : hac obstante nihil, nihil haec si nolet emetur rell. 652 Der Textausfall selbst wird von M. durch bedachte Auslassung erklärt: "its deviants might will (sic!) have offended later scribes and scholars" (252). 651
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Ausfall von O.1–29) an ihren heutigen Platz im Vulgattext versetzt wurden, "forse perché quello sembrò il posto più adatto" (95); die authentische Versfolge muß 345–349–365–O.1–34–366 gelautet haben. 4. v.373A–B schließlich schaffen in Gestalt der unglücklichen mangonum pueri einen wirksamen Kontrast zum Stolz des a domina factus spado (v.376) und sind so ebenfalls als Juvenalisch erwiesen.653 M o h i l l a (684) schließlich sucht die Echtheitsdiskussion durch einen Stilvergleich zu fördern. Zu diesem Zweck macht sie eingangs (1–96) am Beispiel der Satiren 2, 9, 3, 5, 6 drei "wesentliche Kompositionselemente" (S. V) fest, deren Prävalenz dann auch in den Oxford-Versen zu erkennen sein soll. Eine begriffliche Klärung dieser Elemente unterbleibt indes: Bei zweien von ihnen ('Steigerung'654, 'Vergleich') handelt es sich um völlig unspezifische Merkmale, die in dieser oder jener Form allen literarischen Texten zu eigen sind; und unter das dritte ('Umkehrung') subsumiert die Vf.in gänzlich disparate Phänomene (Paradoxon, Oxymoron, Ironie, Stilgefälle, Heuchelei und pervertiertes Verhalten, sachliche Gegensätze, gedankliche Gegenpositionen, Rollentausch, Karnevalisierung, Aushöhlung traditioneller Wert- und Ehrbegriffe, kontrastive Bezüge intertextueller Natur und dergleichen mehr)655, so daß auch hier jeder hermeneutische Nutzen schlechterdings zuschanden wird.656 Im Hauptteil (103–194) bietet die Dissertation eine "Neu-Interpretation" (S. V) der Oxford-Verse, die ihrerseits von Verständnisfehlern und abstrusen Deutungen wimmelt: So soll O.5 vasa (iubent frangenda lavari) "nicht nur Gefäße und testiculi, sondern auch das weibliche Prinzip" (111) bezeichnen ("Man sollte also nicht nur die Gefäße und die testiculi, sondern auch die Geschlechtsteile der Frau zerschmettern": ebd.), O.6 "der Kinäde als cunnilingus ... die domina zur fellatrix" (148) machen, der Gladiatorenvergleich (O.9–12) jedoch gerade unter völliger Aussparung der sexuellen Komponente auf den "Trennungsrigoris653
Dabei bleiben indes – trotz der an 10,205 gemahnenden Periphrase – Bedenken: Weder steht der Doppelvers unmittelbar im Dienste des kontextbestimmenden Motivs 'weibliche Vorliebe für Eunuchen', noch läßt sich seine Existenz mit dem von L. beschriebenen Überlieferungsgeschehen in Einklang bringen. Vielleicht ist an dieser Stelle doch mit einer – von der O-Problematik fernzuhaltenden – Kurzinterpolation zu rechnen, wie sie ja auch im Vulgattext der Juvenalsatiren immer wieder auftritt. 654 Hier konstatiert M. in nachgerade inflationärer Häufigkeit 'Steigerung bis ins Groteske'. 655 Auch der Terminus 'Vergleich' wird bis ins Extrem strapaziert: Soll er doch auch Fälle wie ego vel Prochytam praepono Suburae (3,5) mit einschließen. 656 Auch sonst weist die Arbeit tiefgreifende Mängel auf, unter denen die ebenso unkritische wie oberflächliche Benutzung der Sekundärliteratur (vgl. etwa 281, wo Zitate zum attischen Redner Isaeus und seinem zeitgenössischen Namensvetter bunt durcheinandergewürfelt sind) und die argumentative Beliebigkeit (die einschichtige Aufbauanalyse von 6,379– 473 kommt nur durch Außerachtlassung störender Zwischenglieder zustande: vgl. v.413–423 Sadismus der domina gegenüber Nachbarn, Besuch der Bäder) besonders unangenehm ins Auge fallen.
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mus, welcher in der Gladiatorenkaserne herrscht" (144) zu reduzieren sein657, O.14 communem calicem dann aber wieder "neben dem Becher auch die Hausfrau" (230) meinen, ab O.20 die Verführung des Hausherrn(!) durch den Kinaeden im Vordergrund stehen658 und O.29 an vocat ancillas tortoris pergula? die Aussage "mußt du vielleicht zurück ins Bordell?" (186) zum Inhalt haben. Entsprechend ungereimt sind auch die Ergebnisse, das Referat zur Textgeschichte zudem unselbständig und ohne eigenen Wert:659 In der vorliegenden Form hätte die Arbeit nicht als promotionswürdige Leistung anerkannt werden dürfen. Die Position der Zweifler wird in der Berichtszeit nur von zwei Untersuchungen vertreten. Für F r e e m a n (680) wird das größere Oxford-Fragment durch seine sprachliche Inferiorität660 und seine inhaltliche Unverständlichkeit als Fälschung erwiesen. Des weiteren sollen v.346 ff. (eher nach v.356 gehörig?) als Marginalglosse eines aus einer späteren (17.?, 18.?, ...) Satire zitierenden Lesers zu erklären661, O.32 ff. seinerseits aus dem einschlägigen schol. (zu v.348) herausgesponnen sein. W i l l i s (683) bietet eine Gesamtschau der Argumente, welche die Unechtheit des O-Fragments zur Gewißheit erheben sollen: Auf der einen Seite bemängelt er die Unzulänglichkeit aller Versuche, den merkwürdigen Überlieferungsbefund des Bodleianus (34 Plusverse nach v.365, 2 nach v.373, Teilkongruenz von O.29–34 und v.346 ff.) überzeugend zu erklären662, auf der anderen sprenge der O-Passus (vitia der Kinäden, nicht der Frauen) in seiner Gesamtheit den Kontext der Weibersatire663; im einzelnen gebe er ein durch unverständliche Formulierungen, metrische Verstöße, unlogische Aussagen und schwere Textkorruptelen verunstaltetes Zerrbild ab. Daß sich eine Koryphäe wie Housman den Echtheitsvertretern zugesellte, kann sich W. unter 657 Juvenal hätte also genauso gut darauf verweisen können, daß Äpfel und Birnen vom Obsthändler in verschiedenen Körben feilgeboten werden. 658 Das Richtige liest man etwa bei Adamietz (16) z.St.: "Unter der Maske des passiven Homosexuellen verbirgt sich jedoch oft ein aktiver Ehebrecher." 659 Ein letztes Kapitel (234–264) reproduziert einen bereits erschienenen Aufsatz über Juvenal und Thomas Bernhard (952) und hat mit dem Thema der Dissertation nichts zu schaffen. 660 Gerade ein Stilvergleich offenbart jedoch "recognizable characteristics of authentic Juvenal" (C o f f e y , Lustrum 8, 1964, 182; Belege ebd. 182 f.). 661 In gleicher Weise wird 10,226 aus 1,25 und 10,365 f. aus 14,315 f. abgeleitet. 662 W.s Einwand gegen die – in der Tat abwegige – Annahme, das für den Ausfall von O verantwortliche ursprüngliche Schreiberversehen habe in der Auslassung einer Manuskriptseite bestanden, läuft dagegen letztlich ins Leere: Man braucht das Malheur nur auf das Stadium rollengestützter Texttradition vorzuverlegen und mit dem Überspringen einer Kolumne zu rechnen. 663 Ebenso wird v.373A–B durch seinen Inhalt wie seine syntaktische Autonomie als Fremdkörper kenntlich.
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diesen Umständen nur durch Züge einer irrationalen Profilierungssucht erklären. Zum Versuch, Spuren des O-Textes bereits in der spätantiken Juvenalrezeption nachzuweisen, vgl. S o s i n (897). 6.O.5 f. Augenscheinlich ist die Aussage dieser Verse dem auch aus Martial bekannten Motiv des os (im)purum zuzuordnen; E d e n s (411) Erklärung von chelidon (=pathicus) kann also nicht das Richtige treffen. Wenn jedoch B a s t o m s k y (685) den Satz überhaupt auf "mutual fellatio" (88) bezieht, legt er seinerseits der Unterscheidung zwischen colocyntha und barbata chelidon zu wenig Gewicht bei: Am ehesten wird man hier doch mit H o u s m a n an fellator und cunnilingus als Akteure zu denken haben.664 Neben anderen auf Lucilius zurückgehenden Misogamie-Motiven verweist B e l l a n d i (686) vor allem auf Lucil. 1058 M. = 994 Kr. imberbi androgyni, barbati moechocinaedi, einen Vers, den der kaiserzeitliche Autor (in Verbindung mit Seneca, matr. fr. 51 H.?) für sein Kinäden- bzw. Eunuchenkapitel herangezogen zu haben scheint. Sollte barbata chelidon tatsächlich von der Luciliusstelle angeregt sein, wäre damit natürlich ein schlagendes Argument für die Authentizität des Oxford-Fragments gewonnen. 6.O.9–13 In unserem Zusammenhang ist der Wortlaut viel zu schlecht überliefert, als daß man O.10 iunguntur, weil auf nudus (O.12) zu beziehen, zuversichtlich mit N i s b e t (412) in coniungit ändern könnte; der Sache nach geht es wohl aber wirklich darum, "that a retiarius who fights naked does not store his equipment in the same place as a retiarius who wears a tunic" (R e e v e [679], 125). Eine Erklärung hierfür liefern C e r u t t i / R i c h a r d s o n (682), die aus 2,143– 148 und 8,199–210 (der Homosexuelle Gracchus gibt sich als retiarius tunicatus her) und den merkwürdigen Umständen des Suet. Cal.30 berichteten Geschehens schlußfolgern, der retiarius tunicatus sei nicht als regulärer Kämpfer, sondern als "mock gladiatorial figure" (593) im Rahmen eines Scheingefechts (in weibischer Kleidung?) aufgetreten; im Unterschied zu den seriösen Gladiatoren wäre ihm die pars ultima ludi (O.12) bzw. obscena ludi pars (Sen. nat.7,31,3) als Logis zugeteilt gewesen.665
664 A.E.H., The new fragment of Juvenal, CR 13, 1899, 266–267, hier: 266 = The classical papers of A.E.H., Bd. 2, Cambridge 1972, 481–483, hier: 482. 665 Richtiger wird man mit J. C o l i n , Juvénal, les baladins et les rétiaires d'après le manuscrit d'Oxford (Juv., Sat., VI,365,1–26), AAT 87, 1952–1953, 315–386 von zwei verschiedenen Erzählzusammenhängen auszugehen haben: Während an unserer Stelle – wie bei Suet. a.a.O. – zum Kampf verurteilte Verbrecher (in der turpis tunica) auftreten, dürfte Gracchus, mit der tunica picta der Salier angetan, als dilettierender (und angesichts seines femininen Habitus um so peinlicher wirkender) Gladiator ein Gelübde pro salute principis (vgl. Suet. Cal. 27,2) eingelöst haben.
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Bei der vorausgehenden Differenzierung zwischen psillus und eupholius (so die überlieferte Buchstabenfolge in v.9) hätte Juvenal nach E d e n (411) durch gewollte Mehrdeutigkeit zur besonderen Pointierung der Aussage beigetragen: ψīλός ('light-armed'666, aber auch 'depilated') und εὔοπλος ('well-armed' und übertragen 'bene mutuniatus') sollen eben nicht nur waffentechnisch, sondern auch aufgrund ihrer sexuellen Vorlieben tunlichst voneinander zu trennen sein.667 In O.11 zögert N i s b e t (426) selbst bei der von ihm vorgeschlagenen Textänderung piscatoremque668; E d e n (411) hatte stattdessen munimenta umeri pu‹gionem› hastamque tridentem ins Gespräch gebracht. Unter den bisher vorgeschlagenen Konjekturen überzeugt noch am ehesten P o s t g a t e s 669 pulsantemque (arma tridentem) mit der Erklärung von L a u d i z i (83): "il tridente con cui colpisce lo 'scudo' " (59). 6.O.18 Auch die jüngsten Versuche, das korrupt überlieferte †servant† konjektural zu bessern670 (M o h i l l a [684], 161–164: resecant; W a t t [427]: sociant), können kaum als endgültig angesehen werden; irrig auch E d e n s (411) Vorschlag, his languentem animum v e r s a n t a d seria vitae zu lesen und so dem ganzen Vers eine merkwürdig positive Aussage über die inkriminierten cinaedi abzugewinnen ("Through them ... they [these women] turn their listless (sic!) attention to the serious business of life": 340). 6.O.22 H e n d r y (417) 'liebäugelt' hier nach eigenen Angaben (258) mit der Konjektur discinctus. 9. Satire 7 687. L. A l f o n s i , Ancora sulla "militia" dei poeti, Aevum 37, 1963, 527. [7,88 f.] 688. J.R.C. M a r t y n , Juvenal on Latin oratory, Hermes 92, 1964, 121–123 = d e r s ., Juvenal: a farrago (113), 96–100. [7,147 ff.] 666 667
Gemeint ist offenbar der retiarius. Die Erklärung – unter Verwendung von Leos Konjektur euhoplio – schon bei Colin
a.a.O.
668 Zu deren Begründung: "It is well known that the retiarius, who wielded a trident, was associated with fishermen, while the opposing murmillo wore a helmet representing the fish of that name" (63). 669 J.P.P., On the new fragments of Juvenal, CR 13, 1899, 206–208, hier: 207; erwägenswert auch Leos pulsatoremque (tridentem). 670 Anders nur L a u d i z i (83), 63 f., der servare in der Bedeutung 'riservare' im Text halten will.
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689. P. S f e t e ţ u , Condiţia poetului în societatea sclavagistă după Marţial şi Iuvenal, Studii de literatură universală 8, 1966, 71–95. 690. G. P u c c i o n i , Recupero semantico di un vocabulo latino, scalae, RFIC 95, 1967, 180–185. [7,118] 691. G. B r u g n o l i , Il Dialogus e Giovenale, RCCM 10, 1968, 252–259. [7,58] 692. M.L. C l a r k e , Three notes on Roman education, CPh 63, 1968, 42– 44. [7,150–153] 693. –, Juvenal 7.150–53, CPh 63, 1968, 295–296. 694. V. T a n d o i , Giovenale e il mecenatismo a Roma fra I e II secolo, A&R 13, 1968, 125–145 = d e r s ., Scritti di filologia e di storia della cultura classica, Bd. 2, Pisa 1992, 784–801. 695. –, Il ricordo di Stazio "dolce poeta" nella sat. VII di Giovenale, Maia 21, 1969, 103–122 = d e r s ., Scritti di filologia e di storia della cultura classica, Bd. 2, Pisa 1992, 802–817. [7,82–87] 696. J.F. K i l l e e n , Juvenal vii 126 ff., Glotta 47, 1970671, 265–266. 697. F. D a v e y , Juvenal 7.242 f., CR 21, 1971, 11. 698. M.D. R e e v e , Eleven notes, CR 21, 1971, 324–329. [7,191 f.] 699. D.S. W i e s e n , Classis numerosa: Juvenal, Satire 7.151, CQ 21, 1971, 506–508. 700. G. N o r c i o , La professione dell' insegnante nel giudizio di Giovenale, Annali della Pubblica Istruzione 18.5, 1972, 478–482. [7,150–243] 701. G. V i o n i , Considerazioni sulla settima satira di Giovenale, RAIB 61, 1972–1973, 240–271. 702. M.L. C l a r k e , Juvenal 7.242–3, CR 23, 1973, 12. 703. L. P e r e l l i , Per una nuova interpretazione di Giovenale 7,228–243, Maia 25, 1973, 107–112. 704. D.S. W i e s e n , Juvenal and the intellectuals, Hermes 101, 1973, 464– 483. 705. E. F l i n t o f f , New light on the early life of Juvenal, WS 87, 1974, 156–159. [7,124 f.] 706. F. B e l l a n d i , Giovenale e la degradazione della clientela (interpretazione della sat.VII), DArch 8, 1974–1975, 384–437.
671 Im Fortgang der regulären Bandzählung würde Bd. 47 allerdings dem Jahrgang 1969 entsprechen.
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707. R.A. L a F l e u r , A footnote to "New light on the early life of Juvenal", WS 88, 1975, 236. [7,124 f.] 708. A.E. O r e n t z e l , Juvenal and Statius, CB 52, 1975–1976, 61–62. [7,82–87] 709. N. R u d d , Poets and patrons in Juvenal's seventh satire, in: d e r s ., Lines of enquiry. Studies in Latin poetry, Cambridge 1976, 84–118. 710. V.M. V o l o š č u k , Децим Юний Ювенал о положении интеллигенции в Риме, InFil 60 = PKFil 17, 1980, 117–125. 711. M.L. B r a c c i a l i M a g n i n i , Giovenale 7,50–52, Prometheus 7, 1981, 63–68. 712. P. F a b r i n i – A. L a m i , La paupertas di Orazio e l'indignatio di Giovenale, SCO 31, 1981, 163–176. [7,59–62] 713. S.H. B r a u n d , Juvenal 7.50–52, Phoenix 36, 1982, 162–166. 714. F. J o n e s , A note on Juvenal sat. 7.86, CQ 32, 1982, 478–479. 715. J.G. G r i f f i t h , Juvenal's rhinocerus. Juvenal VII,129–130, in: d e r s ., Festinat senex (112), 75–77. 716. B. B a l d w i n , African and British lawyers in Juvenal, Hermes 117, 1989, 378–380. [7,147 ff.] 717. F. J o n e s , Juvenal, Satire VII, in: C. D e r o u x (Hg.), Studies in Latin literature and Roman history, Bd. 5, Bruxelles 1989, 444–464. 718. A. H a r d i e , Juvenal and the condition of letters: the seventh satire, Papers of the Leeds International Latin Seminar 6, 1990, 145–209. 719. E. C o u r t n e y , Two satirical emendations, RFIC 122, 1994, 139. [7,231] 720. M.V. R o n n i c k , Ratio studiorum in Juvenal's Satire 7.1 and Cicero's Pro Archia 1.1, Scholia (Durban) 3, 1994, 91–93. 721. A. P e r e l l i , Satur est cum dicit Horatius 'Euhoe': nota a Giovenale, Euphrosyne 24, 1996, 257–269. [7,53–71] 722. M.V. R o n n i c k , Lucan's marble gardens: Juvenal, Satire 7.79 f., Scholia (Durban) 5, 1996, 89–90. 723. P. T e n n a n t , Tongue in cheek for 243 lines? The question of Juvenal's sincerity in his seventh satire, Scholia (Durban) 5, 1996, 72–88. 724. T. F e a r , The poet as pimp: elegiac seduction in the time of Augustus, Arethusa 33, 2000, 217–240. [7,82–87] 725. N. A d k i n , A door like a pig? (Juvenal 7,42), Eos 92, 2005, 137–141. 726. F. B e l l a n d i , Intellettuali e insegnanti in Giovenale. La satira 7, in: F. B e l l a n d i – R. F e r r i (Hgg.), Aspetti della scuola nel mondo romano. Atti del Convegno (Pisa, 5–6 dicembre 2006), Amsterdam 2008, 49–79.
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727. R. C o r t é s T o v a r , Los profesores de retórica en Juvenal 7.150– 214, in: F. C o r t é s G a b a u d á n – J.V. M é n d e z D o s u n a (Hgg.), Dic mihi, Musa, virum. Homenaje al profesor A. López Eire, Salamanca 2010, 131–138. 728. A. S t r a m a g l i a , Come si insegnava a declamare? Riflessioni sulle 'routines' scolastiche nell' insegnamento retorico antico, in: L. D e l C o r s o – O. P e c e r e (Hgg.), Libri di scuola e pratiche didattiche dall' antichità al rinascimento. Atti del Convegno Internazionale di Studi Cassino, 7–10 maggio 2008, Bd. 1, Cassino 2010, 111–151. Vgl. auch B r a u n d (362). a) Gesamtsatire und Großabschnitte Als zentrales Problem bei der Gesamtwürdigung der 7. Satire erweist sich die scheinbare Unvereinbarkeit der vom Dichter bezogenen Positionen: Auf der einen Seite malt die Eingangspartie ein optimistisches Bild von den Zukunftsaussichten einer durch kaiserliche Gunst belebten Literatenszene, während sich der Fortgang der Satire in einer düsteren, von aufkeimenden Hoffnungen gänzlich unberührten Bestandsaufnahme gefällt; zum anderen wird zwar die Schuld an den desaströsen Lebensbedingungen der Intelligenz eindeutig den nobiles aufgebürdet, doch läßt Juvenals spitze Feder auch die notleidenden Geistesarbeiter ihrerseits nicht völlig ungeschoren. Der Gefahr, daß sich das eigentliche Anliegen des Satirikers vor diesem Hintergrund zu einem Rundumschlag ohne erkennbare Zielsetzung verflüchtigt, sind die Interpreten nicht immer mit der nötigen Sorgfalt begegnet; wo doch, ist die notwendige Harmonisierung zuweilen eher gewaltsam und ohne hinlängliche Rücksicht auf den Text erfolgt. T a n d o i (694) liest die auf Dichtung bezüglichen Aussagen von sat. 7 als scharfen Angriff gegen die kaiserliche Kulturpolitik:672 Hinter der jämmerlichen Existenz des großen Statius (v.82–87), der Machtstellung eines Paris (v.88–92), dem Niedergang der Literatur (Pantomimus, Epos, Beredsamkeit) und den mediokren Figuren der einschlägigen Szene wird jeweils die Verantwortung des Herrschers – Domitian(!)673 – erkennbar, der sein Mäzenatentum ganz in den Dienst der Selbstbeweihräucherung stellt.674 Entsprechend ist die 672 Die Interpretation ist nachhaltig beeinflußt von W.C. H e l m b o l d – E.N. O ' N e i l , The form and purpose of Juvenal's seventh Satire, CPh 54, 1959, 100–108. 673 In Caesare (v.1) will T. Domitian, indirekt dann aber auch wieder Hadrian erkennen, "non pertanto la satira vuol colpire e smuovere lui, ma definisce in prosieguo il vero bersaglio" (142). 674 v.21 materiamque sibi ducis indulgentia quaerit soll sich – sprachlich kaum nachvollziehbar – auf den Wunsch Domitians beziehen, durch die Teilnehmer der von ihm begründeten Agone in Preisgedichten besungen zu werden; dagegen hatte schon der Scholiast zutreffend occasionem, qua prosit poetis [sc. quaerit] erklärt.
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Eingangspassage (v.1–21) von bitterer Ironie geprägt:675 Rettung ist gerade nicht vom Kaiser zu erwarten; vielmehr müssen sich die nobiles wieder auf ihre alte Aufgabe uneigennütziger Literaturförderung besinnen. Dabei hat T. jedoch völlig übersehen, daß die Kritik von v.22–97 nicht ideologisch, sondern ökonomisch ausgerichtet ist und auch das von ihm als Gegenbild bemühte Mäzenatentum augusteischer Zeit kaiserliches Engagement keineswegs ausschloß. Anders setzt V i o n i (701) mit ein paar einfachen Überlegungen die Grundpfeiler einer Interpretation von sat.7: 1. Die Eingangspartie (v.1–21) bildet weder eine konventionelle Höflichkeitsadresse, welche den Herrscher von den folgenden Anklagen salviert676 (hierdurch ginge die innere Einheit des Gedichtes verloren) noch – wegen v.1 und 20 f. – eine sarkastische Abrechnung mit dem kaiserlichen Literaturdirigismus (ein Affront gegen den regierenden Princeps Hadrian ist weder zu erwarten noch bei Juvenal sonst belegt)677; vielmehr artikuliert hier der Satiriker in zeitlicher Nähe zu Hadrians Regierungsantritt sein aufrechtes Vertrauen in die Wiederbelebung kaiserlicher Kulturförderung. 2. Die allseitige Misere der zeitgenössischen Poesie (v.22–97) ist von der materiellen Not ihrer Adepten bestimmt. Wenn der Kaiser zum Mäzenatentum eines Augustus zurückkehrt, werden jedoch auch Vergil und Horaz wieder Nachfolger finden (vgl. v.53–68 das ernst gemeinte Ideal des vates egregius)678 – eine Vorstellung, die sich nahtlos in die auch sonst durchgehend zu beobachtende konservativ-restaurative Weltsicht Juvenalischer Satire einfügt. W i e s e n (704) hinwiederum will in sat.7 die raffinierte Kontamination zweier verschiedener, ja gegensätzlicher Themen erkennen: Auf der einen Seite trete Juvenal als freundlicher Fürsprech der notleidenden Intelligenz in die Schranken, auf der anderen spare er – seiner sonstigen Haltung entsprechend (vgl. 1,1–18; 3,6–9; 10, 166 f.) – nicht mit "mocking comments on the intellectual scene" (468), was gerade von tiefer Antipathie zeuge: Weder die Dichterschaft, ihre Produkte und ihre einzelnen Vertreter (v.79 f. Lucan; 82–87 Statius) noch Historiker, Anwälte, Rhetoren oder Grammatiker blieben vom
675
Ironisches Verständnis der – auf Domitian bezogenen – Eingangspartie bestimmt auch die Interpretation von T o w n e n d (380): vgl. oben S. 187. 676 So etwa M a r a c h e (179), 36 oder K i l p a t r i c k (400), der die Anfangspartie dann aber doch in eine Suasorie an Telesinus (v.22–35), "to forget his cheapskate patron and rely on Caesar" (241), münden sieht. 677 Juvenals Anwürfe gegen Nero und Domitian stehen selbstverständlich auf einem anderen Blatt: "coprire d'infamia e di ridicolo Nerone e Domiziano significava salvare la legittimità del sistema attribuendone la degenerazione alle colpe dei singoli" (249 f.). 678 Den nobiles fällt in diesem Denkmodell keine eigene Rolle zu.
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Spott des Satirikers verschont679; im Ergebnis soll ein Text von schillernder Doppelbödigkeit intendiert sein.680 Dem Motiv der Intellektuellenschelte wird auch in den folgenden Arbeiten besondere Aufmerksamkeit zuteil:681 R u d d (709) zufolge soll die positive Zeichnung des Princeps (Hadrian; v.1–21) nach Ausweis des Zusammenhangs682 sowie fehlender Ironiesignale683 ernstgemeint sein, dafür jedoch die – im Kern zutreffenden – Klagen mit kaustischem Witz und treffenden Bildern nicht nur die Patrone, sondern auch die Kulturschaffenden selbst eher abschätzig beurteilen. Und auch J o n e s (717) sieht die Literaten in unserer Satire durchgängig ironisiert und damit abgewertet: In der Eingangspassage (v.1–35) werde mit Blick auf die mindere Qualität der Dichtung684 das kulturelle Engagement des – höhnisch gepriesenen – Princeps685 als geschmacklich verfehlt, wenn nicht als verhängnisvoll erwiesen und damit der scheinbar positive Gedichtbeginn ad absurdum geführt, im weiteren Verlauf des Textes (v.36–243) hinter der einseitigen Klage über fehlende materielle Unterstützung die wahre Ursache des literarischen Niedergangs – Politik, Erziehung, Eltern, Talentmangel – aufgedeckt. Bei der architektonischen Gestaltung des Hauptteiles (ab v.36) sieht J. ein chiastisches Prinzip am Werk. Seine Grobgliederung (A. v.36–104 Dichter/Historiker; B. v.105–149 Anwälte; B'. v.150–214 Rhetoren; A'. v.215–243 Grammatiker) beruht jedoch auf einem gewagten Kunstgriff686, detaillierte 679 Vor diesem Hintergrund muß auch eine Förderung durch den – von W. nicht identifizierten – Kaiser als fruchtlos erscheinen: "if he did read the poem with care, he received fair warning that his patronage would be wasted on the talent available in his day" (473). 680 B r a u n d (362) kommt zu einer ähnlichen Einschätzung wie W. und bereitet ihrerseits den Boden für die persona-orientierte Interpretation von H a r d i e (718); zu ihren Ergebnissen vgl. oben S. 172. 681 Eine Ausnahme bildet die Arbeit von V o l o š č u k (710), die jedoch ihrerseits eher historische Interessen zu verfolgen scheint; vgl. das deutsche Resümee (125): "In der siebenten Satire von Iuvenalis wird das Alltagsleben und allgemeines Elend der Intelligenz (Dichter, Historiker, Rhetoren, Grammatiker und Iuristen) dargestellt. Die vergleichende Untersuchung von Iuvenalis Vorgängern und Zeitgenossen (Horatius, Martialis, Plinius Secundus, Tacitus u.a.) läßt mit vollem Recht behaupten, daß das erwähnte Werk das ganze Elend der Intelligenz an der Wende des I.–II. Jahrhunderts wahrheitsgetreu schildert." 682 Die kontrastive Gegenüberstellung Kaiser – Patrone erscheint ja nur dann sinnvoll, wenn dem Versagen der Letzteren auf seiten des Herrschers ein wirkliches Verdienst entspricht. 683 Dies gegen Helmbold/O'Neil: vgl. oben Anm. 672. 684 Auf diese soll Juvenal unter anderem dadurch hingewiesen haben, daß er den auf Patrone hoffenden Epiker zur Verbrennung seines Werkes aufrufe: "in most instances of the motif [sc. casting one's verses to the flames] the destruction is a penalty for badness" (446). 685 Der Kaiser von v.1 ff. und 20 f. wird im übrigen kurzerhand mit 'any Caesar' gleichgesetzt. 686 "The historians may be considered as an appendage to the poets" (454).
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Entsprechungen zwischen den Großabschnitten (vgl. das Schaubild 455) im wesentlichen auf Minutien. B e l l a n d i (706) sucht die Mehrbödigkeit der Aussage aus den persönlichen Erfahrungen des Satirikers zu erklären, indem er – wie 752 bereits für sat.9 durchgespielt – sat.7 vor den Hintergrund einer zunehmenden Desillusionierung auf seiten des Satirikers rückt: Eingehendere Reflexion über die Bedingungen des Klientendaseins hat Juvenals kompromißloses Eintreten für die Verlierer der sozialen Entwicklung (sat.3!) unterhöhlt und damit letztlich auch seiner indignatio den Boden entzogen; ernüchtert über die eigenen Möglichkeiten, wird er sich in den späteren Büchern dem Streben nach innerer Autarkie und damit einer eher Horazischen, von spöttischer Ironie getragenen Sichtweise verschreiben.687 Für sat.7 ergibt dies: 1. Wie schon durch sein unangepaßtes Wesen und nicht zuletzt auch durch den Fortgang des Gedichtes selbst nahegelegt, kann Juvenal den Kaiser der Eingangspassage (Hadrian) nicht ernstlich als Retter des Kulturbetriebs würdigen: Im Gegensatz zum Idealbild augusteischen Mäzenatentums (v.94–97), das die Freiheit des Dichters achtete und so den vates egregius (v.53–59) hervorzubringen vermochte, wird die aktuelle Kulturförderung als einengend, ja oppressiv empfunden (v.17–21), gleichzeitig jedoch als alternativlos wahrgenommen; Juvenals Aufforderung hoc agite, o iuvenes (v.20) zeugt von der Bitterkeit dieser Erkenntnis. 2. Die Hauptschuld an den inkriminierten Zuständen tragen Juvenals Anklage zufolge eindeutig die divites avari; doch ist der Satiriker mittlerweile hellsichtig genug, um nicht mehr uneingeschränkt für die an ihrer eigenen Unterdrückung mitschuldigen Intellektuellen Partei zu ergreifen: "Resta ... un fondo di ambiguità che snerva la forza della protesta senza annullarla (42459).688 In Fortführung dieser Ansicht charakterisiert B e l l a n d i (726) die 7.Satire als bitteren ἀποτρεπτικὸς λόγος, wonach jeder Intellektuelle angesichts der Knickerigkeit der proceres gut beraten sei, alle Hoffnungen auf eine eloquentiagestützte Daseinssicherung fahrenzulassen. Dieser Gesamtaussage sollen auch scheinbar widersprechende Einzelzüge problemlos zuzuordnen sein:689
687 Juvenals Anteilnahme am Los der Klienten sieht B. durch Stellen wie 1,99 ff.; 117– 120; 132 ff.; 3,188 f.; 5,26–29; 39 ff.; 60–65; 72–75, seine sarkastische Distanz – kaum schlüssig – durch 7,43 f.; 10,43–46; 13,31 ff. belegt. 688 Da die These von Juvenals angeblichem Dichterspott nicht zu v.48–52 (Solidarisierung des Sprechers mit den Lumpenpoeten; vgl. bes. v.48 nos tamen hoc agimus) paßt, will B. die Aussage behelfsmäßig einem Poetaster in den Mund legen (43067). 689 Zwischenzeitlich hatte sich B e l l a n d i (262) noch zu der von Juvenal (sat.7) und Martial (8,55) geteilten Vorstellung von Maecenas als idealtypischem Literatenpatron geäußert: Vgl. oben S. 116.
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1. Das Proöm (v.1–21) mit seinem – von Ironie durchzogenen – Elogium auf den regierenden Kaiser (Hadrian) weist keinen Ausweg, sondern macht neben der avaritia divitum die indulgentia ducis als weiteres Hindernis namhaft. 2. Die einseitige Fokussierung auf den materiellen Aspekt der (Dichter-) Existenz setzt ein polemisches Gegengewicht gegen deren snobistische Idealisierung, wie sie bei Horaz, dem Anonymus de sublimitate, im Prolog des Persius oder in den – die eigene Lebensrealität leugnenden – Phrasen von Petrons Poetaster Eumolp sichtbar wird.690 3. Daß Juvenal das Literatendasein gegen Ende der Satire zunehmend abschätzig beurteilt, erklärt sich nicht durch Wechsel der Stoßrichtung (nunmehr gegen Grammatiker, etc.) oder durch kontextwidrigen Humor, sondern durch seine Teilnahme an der zeitgenössischen Niedergangsdiskussion (vgl. Tac. dial.): Anders als durch die themenbeherrschende Oberschichtperspektive vorgegeben, will er aus der sozialen Verelendung der Kulturschaffenden auch den objektiven Niedergang dieser Kultur ableiten; wie schon in den vorausgehenden Satiren kommt jedoch auch hier dem Versagen der gesellschaftlichen Elite die Hauptverantwortung zu. Auf gleicher Linie will auch C o r t é s T o v a r (727) sat.7 als Juvenals Stellungnahme zur zeitgenössischen Diskussion de causis corruptae eloquentiae verstanden wissen: Im Abschnitt über die Rhetoren (v.150–214) richte sich die indignatio des Satirikers gegen die Reichen, die durch ihren Geiz die jämmerliche Lage der Redelehrer verschulden, durch ihr Desinteresse jedoch letztlich für den Niedergang des Bildungswesens insgesamt verantwortlich zeichnen; die Lehrer selbst sind demgegenüber nur mit milder Ironie bedacht, da sie nicht als Verursacher, sondern als Opfer der einschlägigen Fehlentwicklungen angesehen werden. Dem wird man entgegenhalten müssen, daß Juvenal in unserer Passage kein wirklich analytisches Interesse erkennen läßt: Ihm ist es nicht darum zu tun, die Zumutungen des Redelehrerberufs ursächlich zu ergründen, vielmehr plädiert er für deren materielle Kompensation. Eine Durchsicht der auf Dichter und Grammatiker bezogenen Partien unserer Satire (v.1–97; 207–243) bringt dagegen T e n n a n t (723) zu dem Ergebnis, die Vorstellung von Juvenals spöttischer Reserviertheit gegenüber den Intellektuellen entbehre jeder Grundlage: Der Zynismus des Satirikers richtet sich nicht gegen die Dichter selbst, sondern gegen die Unwürdigkeit ihrer – wahres Dichtertum unterbindenden – Lebensumstände. Den Leidtragenden gilt Sympathie und Mitgefühl; scharfe Anklagen richten sich allein gegen die knausrigen Reichen, welche die Verantwortung für das unverdiente Elend der Literaten tragen.691 Damit bleibt auch dieses Gedicht dem Zuschnitt 690 Zur Zielrichtung der Provokation kann man Brechts berühmtes Diktum "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" (aus 'Die Dreigroschenoper') vergleichen. 691 Eine wohltuende Ausnahme bildet allein der Kaiser, auf dessen Identität T. indes weiter keinen Wert legt.
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von Juvenals früherer indignatio-Satire verpflichtet; und auch die Haltung des Satirikers gegenüber der zeitgenössischen Literatur erfährt keine grundsätzliche Neuausrichtung: Sind doch die eher abschätzigen Äußerungen der Eingangssatire (1,1–21) durch die der Gattungskonvention geschuldete Thematik 'Rechtfertigung satirischer Dichtung' bestimmt. S t r a m a g l i a (728) entnimmt Juvenals Beschreibung des Rhetorikunterrichts (v.150–214) wertvolle Aussagen über dessen reale Gestaltung: v.150–154 belegen für die Vorträge der Schüler stehende, für die vorbereitende Lektüre sitzende Position, v.157–166 periodische Auftritte der künftigen Redner vor der Klasse oder – wie auch durch Pers. 3,44–47 bezeugt – vor größerem Publikum. H a r d i e (718) schließlich bewegt sich mit seiner Interpretation der Satire abseits der üblicherweise beschrittenen Pfade. In seiner Analyse, die sich im wesentlichen auf das für die Gesamtaussage des Gedichtes konstitutive Proöm (v.1–35) konzentriert, untersucht er im einzelnen: 1. Aufbau und Gegenstand. Die Gliederung des Gedankengangs erfolgt offenbar in Form einer dreiteiligen Ringstruktur (147):692 A1 B1 C B2 A2
Present situation; the patronage of 'Caesar'; poets changing occupations (1–7); Negative advice: if poets earn nothing, they should give up poetry and change trades (8–16); Positive advice: young men should take advantage of imperial patronage (17–21); Negative advice: if you seek non-imperial patronage, destroy your poetry (22–9); Present situation: non-patronage by the dives avarus; old poets cannot change occupation (30–5).
Im Zentrum (v.17–21) steht dabei die von der Hoffnung auf eine neue Blüte der Poesie getragene Aufforderung an die Jugend Roms, sich einschlägig zu betätigen693; apotreptische Aussagen werden dagegen nur zurückhaltend in siSätzen formuliert (vgl. v.8; 22), bestimmen indes – eher überraschend – den argumentativen Fortgang des Gedichtes. Zur Begründung dieses Sachverhaltes
692 Eine entsprechende Rahmung sieht H. wegen der Wiederholung des Imperativs accipe (v.36; 243) auch im Hauptteil gegeben. 693 Juvenals aufrichtig geäußerte Zuversicht (v.1) gründet sich (v.2 erklärendes enim) den Andeutungen des Textes zufolge auf einen konkreten Akt kaiserlicher Huld (v.3 Perfekt respexit; v.18 Neubeginn posthac), der zwar im Augenblick nur den Dichtern zugute kam (vgl. die thematische Einengung des Proömiums, die erst im weiteren Verlauf der Satire überwunden wird), hier jedoch nicht auf selektive Protektion von Individuen abzielte, sondern als "act of imperial policy which will transform poetry as a career" (181) die Erwartung einer generell literaturfreundlichen Haltung des Herrschers zu nähren vermochte.
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verweist H. nicht – wie naheliegend – auf das grundsätzliche Selbstverständnis der Gattung als Medium der Kritik, sondern auf 2. Juvenals Selbstinszenierung als persona. Aus der Kombination von v.20 mit 48 f. und 32–35 folgert H., Juvenal gebärde sich gezielt und satireuntypisch als "disillusioned older poet" (152), der im Bewußtsein dessen, daß die Hilfe des Herrschers für ihn zu spät kommt, seine innere tranquillitas eingebüßt hat.694 3. die Passage als literarisches Programm. Die v.28 f. formulierte Antinomie (sublimia carmina vs. parva cella/imago macra) wertet H. als weiteres Zeugnis einer tiefgreifenden Antipathie gegen Epos und Drama; und was Juvenal selbst angeht, soll sich aus einigen mehr als zweifelhaften KallimachosReminiszenzen eine Selbstpositionierung des Satirikers im Koordinatensystem alexandrinischer Dichtung ablesen lassen: "he rejects the country-Callimachus of the Aetia, and adopts the city-Callimachus of the Iambi" (167). 4. als soziales Programm. Hier hätte es Juvenal, als Satiriker selber unabhängig geblieben, nicht zuletzt als seine Aufgabe angesehen, der Selbstüberschätzung seiner Kollegen von der hohen Zunft mit einem Verweis auf die traditionell wenig erhebenden Bedingungen ihres Schaffens zu begegnen: "the poet may have to earn money in a socially despised fashion, but then, drama always was an artisan trade, so why worry about comparison to the nice living of the praeco, which is neither corrupt nor servile?" (173) H.s weitere Ausführungen gleiten vollends ins Spekulative ab: 5. Der Hauptteil des Gedichtes soll seine Großstruktur, seine Zusammensetzung aus "biographical sketches" (175) und auch seine Inhalte von Suetons De viris illustribus beziehen; für v.215–236 etwa hätte das Remmius-PalaemonKapitel von Suet. gramm. 23 Pate gestanden. Überdies könnte Sueton noch unter Hadrian Sekretär a studiis gewesen und in dieser Funktion für die bürokratische Umsetzung von Hadrians Mäzenatentum zuständig gewesen sein; dieses wiederum könnte Juvenal zu witzigen Andeutungen veranlaßt haben (vgl. v.1 ratio studiorum; v.17 studiis).695
694
Zunehmend forciert die weiteren Indizien, die H. für seine These bemüht: v.56 ff. sollen Juvenal als mitbetroffenen Dichter erweisen ("Juvenal's personal statement ... stresses that he speaks as a poet, and implies that he shares the characteristics he describes. He too lacks tranquillitas": 155), Hor. sat. 2,1,30–34 und 57–60 tranquillitas als traditionelle Geisteshaltung des Satirikers belegen und die gleichermaßen von Sympathie wie Distanz zeugende Formulierung von v.18 f. ("deliberate ambiguity": 159) die innere Zerrissenheit des nontranquillus augenfällig machen. 695 Schlimmer noch: In v.25 (dem maritus Veneris [= Feuer] zugedachte Gaben) will H. eine Anspielung auf die von R. S y m e postulierte Funktion Suetons als pontifex Vulcani erkennen (vgl. R.S., Biographers of the Caesars, MH 37, 1980, 104–128; hier: 126 = Roman papers, Bd. 3, Oxford 1984, 1251–1275, hier: 1273) und aus dieser Frotzelei ein Freundschaftsverhältnis Juvenal – Sueton erschließen.
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6. Den der Satire zugrunde liegenden kaiserlichen Gunsterweis (vgl. oben Punkt 1 mit Anm. 693) identifiziert H. nicht mit Hadrians Gründung des Athenaeums (Aur. Vict. Caes. 14,3; ausführlich in diesem Sinne G é r a r d [182], 343–346); vielmehr ertüftelt er aus dem "sacral focus" (184) von v.36– 40, dem wiederholten Hinweis auf Rezitationen (v.18 f.; 41–47; 82–87), der Erwähnung von et Musarum et Apollinis aede relicta (v.37) wie der Aussage solus ... Camenas / respexit (v.2 f.) eine besondere Förderung der Aedes Herculis Musarum durch den Kaiser: "An attractive possibility is that he did something to restore the temple as a centre for the performance of poetry" (189); und nicht nur dies: auch Juvenal selbst soll unsere Satire in diesem Umfeld vorgetragen haben; "and the evidence for circumspicit et stimulat [v.20] might rest in Hadrian's presence at the performance" (189). In der Zusammenschau all dieser Punkte, von denen der Berichterstatter nur den ersten als Ergebnis seriöser philologischer Forschung einzustufen bereit ist, begreift H. die Satire als lustigen Schabernack, mit dem sich die raunzige persona des Satirikers darin gefällt, längst überwundene Zustände zu beklagen.696 Alles in allem scheint die Gesamtheit der in unserem Gedicht festgestellten Widersprüche jedoch interpretationsbedingt und nicht in den Aussagen des Textes selber angelegt zu sein: 1. Differenziert man in der bitteren Bestandsaufnahme des Hauptteils mit der nötigen Sorgfalt zwischen satirischer Schilderung und satirischer Anklage, so zeigt sich, daß Juvenal die unwürdigen Arbeitsbedingungen, v.a. aber die wirtschaftliche Notlage der zeitgenössischen Intelligenz mit deutlichen Worten anprangert, als deren Verursacher jedoch allein die divites avari und deren Rückzug aus dem Koordinatensystem traditionellen Mäzenatentums brandmarkt; Verachtung für die geistige Erbärmlichkeit des intellektuellen Prekariats ist dagegen nirgends zum Ausdruck gebracht. 2. Die Einleitungspartie mit ihrer von Hoffnung getragenen – und offenbar schon durch konkrete Erfahrungen ermutigten – Adresse an den Kaiser sollte mangels belastbarer Ironiesignale ernstgenommen werden; daß der Fortgang der Satire diesen Zukunftsoptimismus wieder ausblendet und stattdessen das düster-zynische Bild des Ist-Zustandes in den Mittelpunkt rückt, resultiert zum einen aus der satirenspezifischen Perspektive unnachsichtiger Kritik, zum anderen wohl aber auch aus einer Instrumentalisierung des Gedichtes als indirektem Appell: Da eine Verhaltensänderung der Oberschicht nicht zu erwarten steht und dem geistig Tätigen so nur noch Wechsel des Berufes (v.171 ff.) oder Auswanderung (v.147 ff.) bleibt, ist die Rettung tatsächlich nur
696 Auch eine Appendix, in der H. die angebliche Wiederverwendung von Hor. epist. 2,1,175–181 in v.27–31; 79–82; 84 f.; 115–119 dokumentieren will, kommt über die Aufreihung insignifikanter Berührungen auf Wortebene nicht hinaus.
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von einer Verstärkung bzw. Ausweitung des kaiserlichen Engagements zu erhoffen.697 Auch die Aussage der Schlußsequenz (v.228–243) ist in jüngerer Zeit verkannt worden: Ausgangspunkt dieses Textteils bildet die Vorstellung, der arme grammaticus müsse sein spärliches Salär in der Regel auch noch einklagen (v.228 f.). Nach traditioneller Interpretation erfährt dieser Gedanke im folgenden eine steigernde Ausmalung: 1. (v.229–241) Die elterlichen Anforderungen an den Lehrer werden immer höher (ironische Imperative an die Adresse der Väter); 2. (v.242 f.) so lautet das Elternwort (haec ... cura); der dafür in Aussicht gestellte Lohn bleibt indes auf jeden Fall karg bemessen und ungern entrichtet. Nach P e r e l l i (703) käme in unserem Abschnitt jedoch ein anderer, im bisherigen Verlauf der Satire gänzlich ignorierter Gesichtspunkt zur Sprache: 1. (v.229–241) Um die Fachkenntnisse des Lehrers zu fördern und dem ganzen Stand sowohl höheres Ansehen wie auch gute Bezahlung zu sichern, sind strenge Qualitätskontrollen angezeigt (ernstgemeinte Aufforderung an die Eltern); 2. (v.242 f.) doch vergeblich: Der Vater akzeptiert zwar das Postulat des Dichters (haec ... cura), bleibt aber – so das bitter-resignative Fazit – ebenso knauserig wie zuvor. Hieraus resultieren jedoch unübersehbare Schwierigkeiten, welche P.s Interpretation letztlich den Boden entziehen: 1. Die neuakzentuierten Passagen lassen sich nur unter Zuhilfenahme komplexerer gedanklicher Zwischenschritte mit ihrer Umgebung verknüpfen (vgl. die vorstehende Paraphrase). 2. Der Aspekt komischer Übertreibung im Anforderungsprofil des Pädagogen wird entweder bagatellisiert (zu v.237–241: "la protesta di Giovenale non è rivolta contro i programmi e contro la natura degli accertamenti culturali, bensí contro la modestia della retribuzione, inadeguata ad un mestiere cosí faticoso e che esige tanta preparazione": 110) oder ganz übersehen (der Lehrer v.237 f. als Modelleur, 239 als Vater der Klasse, 239 ff. als Wächter über die Hände der Knaben). 3. Der Grund, warum sich gerade die Väter für ein durch "mentalità sindacale" und "tendenza conservatrice e corporativa" (109) charakterisiertes Programm gewinnen lassen sollten, ist ebensowenig nachzuvollziehen wie Juvenals Motiv, dergleichen von ihm selbst für unnütz erachtete (v.242 f.) Vorstellungen überhaupt noch aufs Tapet zu bringen.
697
Vgl. P a s c u c c i (172), 169 f.: "If the emperor was contemplating assistance to poets, then it was timely and judicious to point out to him the full extent of that problem, in the hope that he might expand his vision, and perhaps his program, to the plight of all the literary men in Rome."
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Beiläufig sei schließlich noch auf sozialhistorische Untersuchungen verwiesen, die aus sat.7 ihr Material beziehen: Neben Martials Epigrammen wertet S f e t e ţ u (689) auch den Juvenaltext als Quelle für das Literatendasein unter den Bedingungen der Sklavenhaltergesellschaft aus; in erster Linie stützt sie sich dabei auf v.5 ff.; 27 f.; 30 f.; 36–40; 48 f.; 51 f. (mit 1,17 f.); 69 ff.; 74–78; 81; 86 f.; 93. Und N o r c i o (700) dokumentiert anhand von v.150–243 und – hilfsweise – Mart.3,38 das harte Los des antiken Lehrers. b) Einzelstellen 7,1 Nach R o n n i c k (720) hätte Juvenal durch die Junktur ratio studiorum auf Cic. Arch.1 hunc video mihi principem et ad suspiciendam et ad ingrediendam rationem horum studiorum exstitisse Bezug nehmen und so das Prekäre im Verhältnis Literat – Patron herausstellen wollen: Habe es Archias doch letztlich an der erwarteten Dankbarkeit für seinen Anwalt (vgl. Arch.28) fehlen lassen. Viel zu blaß, um vom zeitgenössischen Leser überhaupt wahrgenommen zu werden, vermöchte eine solche Andeutung jedoch nicht einmal die von R. postulierte Botschaft zu tragen: "Therein lies the final irony: in this uneasy and uncertain symbiosis between patron and client, the only guarantee is that neither one can do without the other" (93): Würde doch der Hinweis auf drohende ingratia den von Juvenal beklagten Rückzug der nobiles aus der Literaturförderung nachgerade rechtfertigen. 7,42 Mit guten Gründen wendet sich A d k i n (725) gegen die in neueren Juvenalausgaben (Willis [11]; Braund [31]) zu beobachtende Tendenz, das ebenso klare wie aussagekräftige Bild dieses Verses (sollicitas ... portas nach Adamietz [16]: "gleicht die Tür einem ängstlich wachenden Stadttor") durch die Übernahme der albernen Konjektur porcas (mit Bezug auf das Quieken[!] der Tür)698 in einen schiefen Gag umzumünzen. 7,50 ff. Die in dem Abschnitt störend zutage tretende Motivdopplung wird im Berichtszeitraum weiterhin kontrovers diskutiert: 1. Ebenso wie etwa schon F. J a c o b y 699 rechnet auch H ö g g (105) damit, "daß hier zwei Autorenvarianten in nicht mehr zu klärender Weise kontaminiert worden sind" (127). 2. Um dem überlieferten Text innere Schlüssigkeit zu verleihen, will P a r a t o r e (401) – nach einer Vermutung Leos – multos durch cultro ersetzen, B r a c c i a l i M a g n i n i (711) consuetudo mali als "abitudine ad un male" (65; 698 So J. J e s s e n , Witz und Humor im Juvenal, Philologus 47, 1889, 320–327, hier: 322 f.; d e r s ., Zu Juvenal, Philologus 59, 1900, 505–520, hier: 505 f. 699 F.J. (zit. oben Anm. 102), 455 ff.
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='malattia') verstehen und der Versgruppe solcherart eine Klimax (chronisches Leiden → maligne Krankheit) abtrotzen.700 3. Wieder andere Heilungsversuche rechnen mit v.51 als Interpolation. B r a u n d (713) schlägt vor, nach Eliminierung des Verses das überlieferte ambitiosi (v.50) in ambitioso (zu laqueo) zu ändern und dem Adjektiv neben seiner üblichen Bedeutung ('ambitious') so auch noch den eigentlichen Wortsinn 'encircling' zuzuschreiben; N i s b e t (412) hingegen geht davon aus, die Interpolation von v.51 habe genuinen Juvenaltext verdrängt, und füllt die Lücke versuchsweise durch ambitiosum / ‹scribendi studium, gliscitque atque usque gravescit›/scribendo. Aus dem einen Eingriff resultiert jedoch eine heikle Überlagerung zweier grundverschiedener Metaphern, aus dem anderen eine matte Wortwiederholung (scribendi – scribendo), wie sie ihr Schöpfer dem Satiriker selber nicht durchgehen ließe (vgl. zu 6,170; 8,251; 9,115; 10,192; 12,91). Diesen Stand der Dinge vor Augen, wird man wohl nach wie vor der Textgestaltung von O. Jahn (Athetese von v.51; Konjektur ambitiosum) den Vorzug geben. 7,53–71 In Überlegungen zur Krise des Mäzenatentums wird gern auf Vergil und Horaz als historische Nutznießer einer funktionierenden Dichterförderung verwiesen (vgl. Laus Pis. 230–243; Mart. 1,107,3 f.; 8,55,5 f. und 19 f.); Juvenal jedoch – so P e r e l l i (721) – hätte überdies den ganzen Abschnitt schwerpunktmäßig mit Gedanken und Formulierungen aus Horazgedichten angereichert: Neben dem unbestreitbaren Bezug von v.59–62 auf Hor. carm. 2,19 (mit direktem Zitat von v. 5) und 3,4,40 Pierio ... antro soll auch noch v.53 auf Hor. carm. 2,18,10 benigna vena, v.57 f. auf Hor. carm.1,22,1; sat. 1,6,63 f.; 1,9,49 f. und v.58 f. auf Hor. carm. 1,1,29–32; 3,4,6 f.; epist. 2,2,77 f. (zum Wortlaut vgl. auch sat.1,4,40) zurückgehen701, v.62 satur est cum dicit Horatius 'euhoe' schließlich den Selbstaussagen des Augusteers (Hor. epist. 1,7,32–35), seinem tatsächlichen Aussehen (Suet. vita Hor., p.47 habitu corporis fuit brevis atque obesus; vgl. Hor. epist. 1,4,15 f.) und – unter Einbezug von Ov. ars 3,157 Satyris clamantibus 'euhoe' – der Etymologie des Gattungsnamens 'Satire' verpflichtet sein. Genauerer Prüfung wird wohl kaum etwas von diesen Erkenntnissen standhalten; doch bleibt Horaz in dem Abschnitt auch sonst präsent: Für das Bild vom dichterischen animus cupidus silvarum (v.58), das etwa nach N. S c i v o l e t t o 702 auf den Tac. dial. 9,6 formulierten Gedanken poetis ... in nemora et lucos ... secedendum est und nach B r u g n o l i (691) auf spielerische Adaptionen dieses Motivs bei den Zeitgenossen rekurriert, ist letztlich schon 700
Für ihre Einwendungen gegen Paratore vgl. 636. P.s Entdeckerfreude macht auch vor der Fortsetzung des Textes nicht halt: Unter anderem bringt sie v.80 tenui ... Saleio "per via parafonetica" (265) mit Hor. carm. 2,16,14 splendet in mensa tenui salinum(!) in Verbindung. 702 N.S., Plinio il Giovane e Giovenale, GIF 10, 1957, 133–146, hier: 144 f. 701
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Hor. epist. 2,2,77 scriptorum chorus omnis amat nemus als Inspirationsquelle zu benennen. Des weiteren verweisen F a b r i n i / L a m i (712) darauf, daß Juvenal den gewandelten kulturellen wie politisch-sozialen Verhältnissen des 2. Jh. speziell im Bereich des Dichterdaseins durch Umwandlung eines Horazischen Aperçus Konturen verleiht (v.59–62): War materielle Bedürftigkeit von dem Augusteer noch voll Selbstironie als entscheidende Triebfeder des eigenen Dichtertums anerkannt (Hor. epist. 2,2,51 f. paupertas impulit audax,/ ut versus facerem) und in der Folge von Persius als jämmerlicher Antrieb zeitgenössischer Poetaster aufgedeckt worden (chol. 10 f. magister artis ingenique largitor / venter, negatas artifex sequi voces), schreibt Juvenal finanzieller Not gerade talentlähmende Wirkung zu und bezieht den entscheidenden Impuls für sein Dichten aus einem inneren Impetus (1,79 si natura negat, facit indignatio versum).703 In v.61 schließlich kommt W a t t s (418) Konjektur cui (Dativus sympatheticus) für überliefertes quo dem Verständnis der Stelle zugute. 7,77 N i s b e t s (422) indomitum (st. iam domitum) gründet auf einem Mißverständnis: Juvenal spricht nicht nur von den Folgekosten des Löwenkaufs (v.76 multa pascendum carne), sondern eben auch von den finanziellen Aufwendungen für die Anschaffung selbst (v.75 f. nec defuit illi / unde emeret ... leonem): Der Patron leistet sich ein bereits gezähmtes und damit noch teurer zu bezahlendes Exemplar (vgl. Courtney [79] z.St.). 7,79 f. Wenn Juvenal sich ausmalt, der Epiker Lucan liege contentus fama in seinen marmorstrotzenden Gärten, könnte die Formulierung, wie von R o n n i c k (722) vermutet, außer auf das lustvolle Nichtstun des Reichen auch auf die ewige Ruhe des in cepotaphio bestatteten Leichnams zu beziehen sein. Allerdings ist nicht ohne weiteres zu erkennen, wie solch sarkastisches double entendre den übergeordneten Gedanken (Nutzlosigkeit literarischen Ruhms ohne Geld) illustrieren könnte: Dem Tod hat ja doch auch der Reichtum nichts entgegenzusetzen. 7,82–87 Ausgehend von der bereits für das 17. Jh. bezeugten Beobachtung, in v.87 intactam ... nisi vendat Agaven werde Statius launig als Kuppler in Szene gesetzt704, sieht T a n d o i (695) gleich den ganzen Abschnitt vom sermo amatorius durchdrungen (amica, promittere diem [nach Analogie von p. noctem], dulcedo, libido); als Ziel Juvenals macht er die höhnische Herabsetzung des Epikers aus. Wenn 703 Auch diese Aussage geht partiell auf eine Horazische Formulierung zurück: vgl. sat. 1,10,56–61. 704 Als frühester Beleg hat anscheinend eine Kommentarnotiz von Nicolas Rigault aus dem Jahr 1613 zu gelten.
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T. jedoch v.82 vocem iucundam als "troppo dolce, atta comunque a sollecitare bassi istinti" (108) erklärt und den Terminus dulcedo trotz Stellen wie Hor. ars 99 f. und Plin. epist. 1,16,5; 3,1,7; 5,8,10 als abwertend einstuft, setzt er die eigene These über den objektiven Textbefund: Mag auch der Mythendichter Statius – insbesondere nach dem 1,1–18 Gesagten – Juvenals Idealvorstellung eines Poeten (vgl. 7,53–56) nicht entsprechen, so duldet es der an unserer Stelle verfolgte Gedanke 'Auch ein populärer Dichter wie Statius muß heutzutage Not leiden' kaum, durch ein mitzudenkendes 'Und recht geschieht ihm!' relativiert zu werden. Neuerlich bekennt sich F e a r (724) zu der Ansicht, Juvenal habe seinen Ausführungen über Statius eine sexuelle Konnotation unterlegt und den Epiker als Kuppler, die Thebais als Dirne und die recitatio als Akt der Prostitution skizziert. Auch sein Hinweis auf das gelegentlich aufscheinende Bewußtsein der Elegiker, durch die eigene Dichtung zur Auslieferung der Geliebten an das Publikum beizutragen, vermag die These jedoch nicht substantiell zu erhärten.705 J o n e s (714) schließlich führt die Vorstellung vom sexuellen double entendre nachgerade ad absurdum, wenn er sie auch noch in v.86 fregit subsellia verwirklicht sieht: "the topos of the bed damaged by love-making, suggesting that at the climax of the recitation the benches give way under the strain of the audience's involvement with the girl-poem" (479). Daß sich im übrigen Juvenals Bild vom Hungerleider Statius nicht der Realität, sondern allein der Mißgunst des Satirikers verdanke, wird man O r e n t z e l (708) nicht ohne weiteres abnehmen: Müßte doch eine vom Lesepublikum leicht als Lüge zu entlarvende Fiktion dieser Art das übergreifende Anliegen von sat. 7 jeder Glaubwürdigkeit berauben. 7,88 f. Als weitere Belege für eine als Ehrenstellung verliehene militia nennt A l f o n s i (687) Prud. praef. 19 ff. und Claud. carm. min. 22,51 f. 7,108 ff. Nach F r e e m a n (410) soll es sich bei den Akteuren dieser Szene nicht um Gläubiger, sondern um Klienten des Advokaten handeln. Indes geht es im Kontext nicht um berufsbedingte Großsprecherei der Anwaltschaft, sondern um die Vorspiegelung großer Einnahmen (vgl. v.111 immensa mendacia gegenüber v.112 veram ... messem); und warum hätte Juvenal sonst zweimal gerade auf Schuldeneinzug versessene Mandanten auftreten lassen sollen? Die Athetese von v.109 (Jahn, Knoche; von F. abgelehnt) hatte schon H ö g g (105) als 705 Im weiteren Verlauf des Aufsatzes versteigt sich der Vf. noch zu der Auffassung, das elegische servitium amoris sei als Allegorie auf politische Unterdrückung zu lesen: "The control that elegy's domina exercises through amor over the iuvenes of elegy is thus analogous to the emergent control of an imperial dominus over Rome's elite through the medium of otium" (237 f.).
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verfehlt erwiesen: "Erst durch das Adverb 'praecipue' wird die Aussage in sich stimmig" (134). 7,118 Die von P u c c i o n i (690) gebilligte Erklärung der Scholien z.St. scalae dicuntur foruli vel armaria advocatorum, velut quaedam casae et stationes, quae palmarum foliis exornant, cum illi causam vicerunt bleibt trotz vorgeblicher Ciceroparallelen eher fraglich: Da gerade ein durch treppenartig anmutende Schrankfächer ausgezeichnetes Möbelstück nur schwerlich als Versteck dienen könnte, ist doch auch das Cic. or. frg. VII 14 Schoell (aus Pro Cornelio) berichtete Geschehen latet in scalis tenebrosis Cominius augenscheinlich 'im Treppenhaus' anzusiedeln. 7,124 f. Die von F l i n t o f f (705) vertretene und letztlich schon Anfang des vorigen Jahrhunderts vorgetragene Ansicht706, wonach et melius nos / egimus (ein Plädoyer vor Gericht betreffend) als autobiographisches Zeugnis für die frühe Karriere des Satirikers herangezogen werden dürfte, ist irrig: Der Kontext weist die Äußerung einem gedachten Interlocutor zu707; die als angebliche Parallele bemühte Nachricht der Vita ad mediam fere aetatem declamavit spricht vom Rhetor, nicht vom Prozeßredner Juvenal. 7,127 f. In Juvenals Darstellung des Reiterstandbildes verweist U l l m a n (393) auf spöttische Züge, wie sie sich in den Stilbrüchen zwischen feroci bellatore und ipse sedens sowie meditatur proelia und statua lusca, aber auch dem ruinösen Zustand der Statue selber zeigen: Ist dieser doch schon ein Auge ausgefallen (lusca; zu ähnlichen Befunden bei Ahnenbildern vgl. 8,3 ff.). G r i f f i t h (396) dagegen sieht hier eine seriöse Ekphrasis, in der sich neben dem Partizip curvatus auch das Adverb eminus und das Adjektiv luscus gut zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen: Hastile soll demnach keine Lanze, sondern einen Pfeil bezeichnen, der berittene Bogenschütze zum Zwecke exakten Zielens ein Auge geschlossen haben. Da sich jedoch für luscus in der Bedeutung 'with one eye closed' keine Parallelen beibringen lassen, rechnet auch E d e n (411) wieder mit einer sarkastischen Tönung des Abschnitts, um diese dann – da durch die objektiv erfreulichen Lebensumstände des Aemilius nicht gerechtfertigt – durch Zuweisung von v.124–128 an einen mißgünstigen Konkurrenten des Anwalts zu begründen. Dabei ist jedoch übersehen, daß eine solche Personenrede, wie sie v.124 in der Tat einsetzt, durch das erklärende enim von v.125b auf v.124–125a eingegrenzt wird, der Sarkasmus von v.127 f. also doch auf das Konto des Satirikers gehen muß. 706 L a F l e u r (707) verweist auf F.I. M e r c h a n t , The parentage of Juvenal, AJPh 22, 1901, 51–62, hier: 54 f. 707 Anders die Versgruppe 1,15 ff., die gerade durch den Zusammenhang als Wiedergabe von Juvenals subjektiver Erfahrung kenntlich wird.
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Sprachlich wie auch sachlich verfehlt schließlich der Hinweis von K i l l e e n (696), curvatum gehöre als adverbiale Ergänzung zu sedere (zum Kampf 'niedergebeugt sitzen'): Welcher Auftraggeber einer Reiterstatue hätte sich in derart unvorteilhafter Haltung verewigen lassen? 7,130 In Wiederaufnahme einer von T. B i r t geäußerten Vermutung708 hält G r i f f i t h (715) das rhinoceros unseres Verses für ein lebendiges Nashornkalb, in dessen Begleitung (cum r.) sich der exzentrische Tongilius in die Thermen begeben habe; wenn G. das Tier dann jedoch auch noch mit der lutulenta turba von v.131 identifizieren will (lutulenta = lutum faciente "by the shower of mud thrown up by his unconventional escort" [76]), scheint er den Schauplatz endgültig ans matschige Ufer eines Baggersees verlegt zu haben. 7,134 Wenn G r i f f i t h (396) stlattaria durch den Quint. inst. 12,7,11 beschriebenen piraticus mos der Advokaten erklärt, hat er den Kontext unserer Stelle aus den Augen verloren. 7,147 ff. Von der – unrichtigen – Prämisse ausgehend, Juvenals sat.7 äußere über die zeitgenössische Beredsamkeit und ihre Vertreter nichts anderes als Verachtung, will M a r t y n (688) auch in diesen Versen Züge der Geringschätzung entdecken: Das Diminutivum nutricula, das Reizwort causidicus, die an den Lebensmittelmarkt gemahnende Wendung mercedem ponere linguae sollen ebenso Spott verraten wie die Aussagen des Satirikers zur afrikanischen und gallischen Latinität (auf erstere sei die bombastische Junktur nutricula causidicorum gemünzt709, letztere durch Stellen wie 1,44; 7,213 f.; 15,111 f. hinlänglich abgewertet).710 Dagegen trägt G n i l k a (395) entscheidend zum Verständnis von v.149 bei, wenn er dort den impliziten Gegensatz linguae ↔ non impensae erkennt, während G r i f f i t h s (397) Vorschlag, hier mit dem AntinoeFragment und der Vulgata imponere zu lesen und so die Aussage si placuit (onus) mercedis (quaerendae) linguae (tuae) imponere zu gewinnen, ein wahrhaft "monströse(s) Gebilde" (G n i l k a [402], 144) generiert.
708
104.
T.B., Kritik und Hermeneutik nebst Abriss des antiken Buchwesens, München 1913,
709
Zur Vorliebe der Afrikaner für vielsilbige Wörter ist auf F.T. C o o p e r , Word formation in the Roman sermo plebeius, New York 1895 (= Hildesheim 1975), Introduction, S. XXI–XLVII verwiesen. 710 Was die pejorative Konnotation von nutricula und causidicus sowie die Bewertung von 15,111 f. angeht, kommt B a l d w i n (716) zum nämlichen Ergebnis; zusätzlich äußert er Vermutungen über Vitr. 8,3,24 [sc. Africa] nutrix ferarum bestiarum und Tacitus als Juvenals Quellen.
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7,150–153 C l a r k e (692) sieht im doppelten Vortrag der Schüler – erst im Sitzen, dann im Stehen – keinen Sinn und schlägt daher vor, als Subjekt von legerat bzw. perferet/cantabit den Lehrer (Vettius) selber zu verstehen, welcher sitzend zuerst eine praelocutio ("an outline of the points at issue": 43), sodann im Stehen die eigentliche declamatio zum besten gebe. Dies läßt die Formulierung der Passage jedoch nicht zu: Die eigene Darbietung würde der Rhetor kaum als leidvoll empfinden (ferrea pectora), seine Einführung zudem weder nach Notizen ablesen (legerat) noch in der eigentlichen Rede Wort für Wort wiederholen (haec eadem ... atque eadem ... versibus isdem); und v.151 cum perimit saevos classis numerosa tyrannos ist nicht durch "when he(!) expounds a theme on tyrannicide before a large class" (ebd.; Hervorhebung W.K.) wiederzugeben. Nach Kenntnisnahme eines einschlägigen Belegs aus den Hermeneumata pseudodositheana (CGL III 381.20– 57) rückt C. selbst 693 von seiner Interpretation wieder ab.711 Nicht minder irrig die Annahme von W i e s e n (699), das Attribut (classis) numerosa sei nicht auf die Klassenstärke, sondern auf die fehlerhafte, weil affektierte pronuntiatio der Schüler zu beziehen ('sing-song'; zur Kritik einer asianisch getönten Redeweise, die sich infracta et in morem cantici ducta gibt, vgl. etwa Sen. epist. 114,1). Hiergegen spricht jedoch 1. die Junktur selbst: Die Bedeutung, die dem Adjektiv neben sprach- bzw. redebezogenen Begriffen wie oratio o.ä. ganz natürlich zukommt, ist auf unseren Fall nicht übertragbar. 2. die Gedankenfolge: Das 'Absingen' des auswendig gelernten Textes spielt erst v.152 eine Rolle; auch dort dürfte die Vorstellung im übrigen – trotz des Zusatzes von versibus – weniger von quasimusikalischer Artikulation als von monotonem Herunterleiern bestimmt werden (vgl. Courtney [79] z.St.). 7,156 Mit Leo u.a. hält P a r a t o r e (401) den PArov. überlieferten Text diversae forte sagittae für authentisch; doch ist allein schon die Verbindung von veniant (die Pfeile 'kommen') und diversae ('nach verschiedenen Seiten') so nicht vorstellbar. 7,165–168 Für N i s b e t s (412) Textänderungen in v.165 (quiddam712: quid do codd.) und 166 (hic : haec codd.) läßt sich kein wirklicher Anlaß ausmachen. 7,177 Um das besser überlieferte Partizip scindens halten zu können, greift G r i f f i t h (396) zu einer inhaltlich abwegigen und schon aus Gründen der Kongruenz zu verschmähenden Erklärung: "the musicians Chrysogonus and Pollio 711 Das von C. beargwöhnte Procedere läßt sich im übrigen ohne weiteres rechtfertigen: Werden doch beim Lesen und beim auswendigen Vortrag der declamatio ganz unterschiedliche Fähigkeiten erworben und eingeübt. 712 So schon W.W. M e r r y , Juvenal, sat. VII.165, CR 9, 1895, 29–30.
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... 'subdivide' what in Theodorus' day was the unified 'art of rhetoric' ... by exploiting the current emphasis on the musical side of oratorical delivery." 7,191 f. R e e v e (698) überzeugt mit seiner Vermutung, zur Lösung der sprachlichen Probleme an dieser Stelle sei nicht v.192 (so Jahn; abgelehnt von H ö g g [105]), sondern v.191 sapiens – 192 appositam als Interpolation zu athetieren: "nobilis and generosus are meant to elucidate nigrae lunam subtexit alutae, sapiens and adpositam to fill out the metre" (328). 7,194 E d e n (411) sucht der Satzlogik aufzuhelfen, indem er etsi (statt üblichem et, si) perfrixit liest. 7,214 N i s b e t s (412) Konjektur Tities ... dicunt (st. totiens dixit) ist auf keine Weise zu rechtfertigen. 7,231 Da der Zusammenhang größere Anforderungen als einfache Lektüre (ut legat) zu implizieren scheint, will N i s b e t (412) ut sciat resp. colligat, C o u r t n e y (719) calleat lesen. 7,241 Zutreffend der Hinweis von E d e n (411), oculosque in fine trementes beziehe sich nicht auf "sexual exhaustion" (Courtney [79] z.St.), sondern bedeute "eyes dancing with the excitement of achieving an orgasm" (346). 7,242 f. Die Schlußsentenz soll nach D a v e y (697) neuerlich darüber informieren, daß der Lehrer um sein ärmliches Gehalt in jedem Fall erst prozessieren müsse: (" 'Attend to all this,' says the parent, 'and when the legal term comes round, take the payment in gold which the people requests for you when you have won your case' ": 11); doch kommt den Zuschauern bei Gericht eine solche Rolle gar nicht zu. Mit Recht verteidigt daher C l a r k e (702) den traditionellen Bezug von victori auf den siegreichen Gladiator, dem sein Preis durchaus unter Anteilnahme des Publikums ausgezahlt werden mochte (vgl. Suet. Claud. 21,5). 10. Satire 8 729. A. G r a u r , Multa contingere virga (Iuvenal, VIII,7), StudClas 4, 1962, 241–243. 730. J.G. G r i f f i t h , Juvenal and stage-struck patricians, Mnemosyne 15, 1962, 256–261. [8,192] 731. S.C. F r e d e r i c k s , Mos maiorum in Juvenal and Tacitus, Diss. Univ. of Pennsylvania, Philadelphia 1969, XIX & 188 S. (Mikrofilm); vgl. DAI 30, 1969–1970, 2505A–2506A.
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732. –, Rhetoric and morality in Juvenal's 8th satire, TAPhA 102, 1971, 111–132. 733. H. C a s t r i t i u s , Ein bisher unbekannter Statthalter Kilikiens? Historia 20, 1971, 80–83. [8,92 ff.] 734. P.G.McC. B r o w n , Two passages in Juvenal's eighth satire, CQ 22, 1972, 374–375. [8,48 f.; 85 f.] 735. C.P. J o n e s , Juvenal 8.220, CR 22, 1972, 313. 736. R.J. I o r i l l o , A Juvenalian twit? CW 67, 1973–1974, 177. [8,243 f.] 737. J. D i g g l e , Juvenal 8.220, CR 24, 1974, 183–184. 738. G. B i a n c o , Un antico cavallo di razza nella storia delle gare circensi, RIL 111, 1977, 313–333. [8,62 f.] 739. M.C. G a r c í a F u e n t e s , Estudio semiológico de la sátira octava de Juvenal, CFC 13, 1977, 121–133. 740. S.H. B r a u n d , Juvenal 8.58–59, CQ 31, 1981, 221–223. 741. R. S y m e , The marriage of Rubellius Blandus, AJPh 103, 1982, 62–85 = d e r s ., Roman papers, Bd. 4, Oxford 1988, 177–198. [8,39 f.] 742. L. V i d m a n , Zu dem rätselhaften Numitor bei Juvenal, in: E. W e b e r – G. D o b e s c h (Hgg.), Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik. Festschrift für A. Betz, Wien 1985, 623–630. [8,92 ff.] 743. P.G.McC. B r o w n , Juvenal VIII.241, Hermes 114, 1986, 498–500. 744. J. H e n d e r s o n , Figuring out Roman nobility. Juvenal's eighth Satire, Exeter 1997, VIII & 168 S. Rez.: N a d e a u , BMCR 97.6.16 (1997); W a l t e r s , Scholia (Durban) 6, 1997, 147–148; H o o l e y , CR 49, 1999, 95–97; M a l e u v r e , LEC 67, 1999, 290; B r a u n , Gnomon 72, 2000, 265–266. 745. E. L i v r e a , Un' eco callimachea in Giovenale, ZPE 156, 2006, 58–59. [8,34 f.] 746. R. C o w a n , Starring Nero as Nero: Poetry, role-playing and identity in Juvenal 8.215–21, Mnemosyne 62, 2009, 76–89. 747. N. L a n z a r o n e , Nota a Giovenale, 8, 211 s., MD 64, 2010, 217– 220. 748. G. D i m a t t e o , Onomastica, mito, satira: Iuv.8,30–38, in: A. B o n a d e o u.a. (Hgg.), Filellenismo e identità romana in età flavia. Atti della VIII Giornata ghisleriana di Filologia classica (Pavia, 10–11 novembre 2009), Como 2011, 135–154. Vgl. auch B r a u n d (362).
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a) Gesamtsatire und Großabschnitte Zum besseren Verständnis der 8. Satire hat die Forschung während des Berichtszeitraums wenig Erhellendes beigetragen. Nicht zuletzt rührt dies daher, daß der aktuelle Diskurs von waghalsigen Spekulationen über die Stoßrichtung des Gedichtes bestimmt wird: Die vom Text selbst evozierte und durch zahlreiche Belegstellen aus dem restlichen Satirencorpus gedeckte Auffassung, wonach Juvenal nicht als eine Art Klassenkämpfer gegen die Bastionen der nobiles anrennt, sondern als wahrer Wertkonservativer die Führungsschicht dazu aufruft, ihrer ererbten Rolle in Würde und Anstand gerecht zu werden, ist darüber völlig in den Hintergrund geraten. F r e d e r i c k s ' Dissertation (731) über die Bedeutung des mos maiorum im literarischen Werk von Tacitus und Juvenal wird ihrer Themenstellung in keiner Weise gerecht. Im wesentlichen beschränkt sich die Arbeit auf selektive Inhaltsskizzen, die zum einen durch merkwürdige typologische Vorentscheidungen überlagert713, zum anderen durch begriffliche Unschärfen in ihrer Aussage entwertet sind: Gleichgesetzt mit "the past of Rome" (183), wird der mos maiorum als Angelpunkt der Geschichtsschreibung (die Ereignisse der Jahre 69/70 als "overthrow of mos maiorum": 107)714 wie der Weltanschauung des Tacitus (dessen konservative Senatsideologie gefangen im "mos maiorum of the Republic": 102) in Anspruch genommen, Juvenals Kritik am Ahnenstolz der Nobilität (sat. 8) unter der Hand zur "attack on mos maiorum" (133; vgl. 156: "he argues for the villainy of the nobles throughout the whole course of Roman history") verkehrt715 und sein Preis der Vergangenheit in sat.3, 6 und 13716 als 'archetypal myth' von gewollt naivem Zuschnitt abgetan ("we cannot accept 713 Vgl. etwa 74 über ann. 11–16: "we might consider the Tacitean theme an inversion of comedy because it traces the disintegration of Roman society in terms of (1) sexual perversion and (2) social perversion including false triumphs." Jeder Funktion entbehrend auch die nach K. B u r k e , The philosophy of literary form, 2Baton Rouge 1967, 5 f. resümierte Kategorisierung von Dichtung nach den Elementen 'dream', 'prayer' und 'chart' (6–10) oder die moderner Satiretheorie verdankte Ableitung der Gattung aus ihren anthropologischen Wurzeln (114; Stichwörter: "ritual abuse", "apotropaic obscenity", "magical ritual which was to coerce the positive influences", "killing of a symbolic death"). 714 Vor dem Hintergrund des Untergangs der Republik versteigt sich F. sogar zu der Aussage: "Even in the mos maiorum of civil war, the Principate appears as a more corrupt and degraded age" (182). 715 Zusätzlich entstellt wird F.s Deutung des Gedichtes dadurch, daß er – dem mainstream der amerikanischen Juvenalforschung verpflichtet – auch noch mit dem 'satiristsatirized' rechnet: "The ethos of the satirist pretends to common sense and simplicity in its approach to virtue but appears again and again to have fundamental prejudices which make us suspicious of the ethos" (154; dies soll v.a. aus v.19–30, 80–86 und 245–253 hervorgehen). 716 Der Großteil der diesem Motiv zuzuweisenden Stellen (J. D e D e c k e r , Juvenalis Declamans. Étude sur la rhétorique declamatoire dans les satires de Juvénal, Gand 1913, 34 f. nennt 2,72–75; 3,312 ff.; 5,44 f.; 6,287–291; 8,98–105; 11,77–120; 13,38–60; 14,160–172; 179–190; 15,166 ff.) findet bei F. überhaupt keine Beachtung.
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the praise at its face value as a desire to return to mos maiorum": 174). Spätestens, wenn in einem abschließenden Ausblick die archaistischen Tendenzen des 2.Jh. als "return to and recovery of mos maiorum" (178) erscheinen, verliert der Leser seine letzten Illusionen über die – durch das DAI-Resümee durchaus in Aussicht gestellte – Seriosität der Untersuchung. In der revidierten Fassung von S. 112–159 der Dissertation (732) sind der sinnentleerte mos maiorum-Begriff wie auch die Vorstellung vom sich selbst desavouierenden Satiriker ad acta gelegt, die unpräzisen Aussagen zur Thematik von sat. 8 jedoch aufrechterhalten: Juvenal entlarvt den Familienstolz der nobiles "both past and present" (115) als unberechtigt; und auch seine scheinbar konstruktiven Ratschläge zielen nur darauf ab, die faktische Unbelehrbarkeit der Adelskaste offenzulegen: "If Juvenal does provide a positive moral statement, it is his assertion that the inclusive ideal of common humanity is superior to the exclusive, family loyalties of the nobiles: mos comes before maiores and uirtus is not inherited but due to individual effort" (132). In seiner bekannt eigenwilligen und – wie zu erwarten steht – primär auf das Zielpublikum britischer undergraduates zugeschnittenen Schreibe717 präsentiert H e n d e r s o n (744) eine Interpretation von 8,1–38718, die den Nachweis zu erbringen sucht, Juvenal wolle das römische Wertesystem hier a priori vom Korsett gentilizischer Deutungshoheit befreien. Sein Zugriff auf die Tradition wird entsprechend als "jeeringly destructive questioning" (9) eingestuft, die Auswahl seiner exempla ("monster(s) from ancient history": 45), deren Namen und Präsentation als demaskierend verstanden (vgl. etwa 72 zu v.3 Aemilianos: "the adoptive lie to fix up sterility, then shout it to eternity"), wobei es H. offenbar nicht in den Sinn kommt, daß er Juvenals Gedanken durch seine Auslegung überhaupt den Boden entzieht: "Wenn die Vorfahren mit den berühmten Namen selber schon zwielichtige Gestalten von zweifelhaften Verdiensten waren, und wenn im Anblick der Bilder solcher Vorfahren die Nachkommen ein liederliches Leben führen: worin liegt dann eigentlich noch der empörende Kontrast, von dem Juvenal immer wieder spricht? Es wäre dann ja alles in bester Ordnung, si coram Lepidis male vivitur (9)" (B r a u n rec., 265). Bezeichnenderweise hatte H. schon eingangs mit dem Hinweis, die Satire sei als "a pure performance text" ohne "expressive declaration from the author" zu lesen ("I shall hold out for a succession of partly-open rhetorical positions of utterance which oblige performers of the text to invest and so commit (betray, image, figure) themselves in their readings": S. VII), interpretatorische Narrenfreiheit für sich reklamiert: Mit solipsistischen Ergüssen dieser Art ist weder dem undergraduate noch der Forschung gedient.719 717
In der Rezension von N a d e a u wird dieser Tonfall verblüffend treffsicher imitiert. Der Fortgang der Satire (v.39–275) wird 84–93 mit kursorischer Beiläufigkeit abgetan. 719 Befreiend B r a u n rec., 266: "Es ist das ärgerlichste Buch, das ich je besprochen habe." 718
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Schließlich glaubt G a r c í a F u e n t e s (739), ihr blasses Einführungsreferat über die methodischen Grundlagen der Semiotik könne die Begriffe 'signos', 'símbolos', 'síntomas', 'emisor', 'receptor' durch den eher beiläufigen Blick auf Iuv. VIII illustrieren; von einem philologisch relevanten 'estudio semiológico' des Gedichtes kann indes keine Rede sein. b) Einzelstellen 8,6 ff. Von der oftmals athetierten Versgruppe720 sucht F r e e m a n (410) wenigstens v.6 durch Konjektur (tabulam ... capacem) zu halten; doch bleibt der Vers auch so eine mehr als matte Zusammenfassung des v.2–5 durchgespielten Motivs. G r a u r (729) wiederholt die früher bereits ohne nennenswerte Resonanz vorgetragene Erklärung, der stolze nobilis nehme bei der Vorführung seines Stammbaums v.7 f. einen Zeigestock zu Hilfe; multa soll sich dabei nicht auf die Beschaffenheit dieser virga (de Labriolle/Villeneuve [33]: "une baguette rallongée plusieurs fois"), sondern – als Hypallage für adverbiales multum (vergleichbar Ov. met. 11,562 f. plurima nantis in ore est / Alcyone coniunx) – auf die oftmalige Wiederholung der Präsentation beziehen. 8,22 Soll der Satz nicht die Aussage von v.23 ungeschickt vorwegnehmen, ist ante ... pone nicht als Tmesis zu fassen ('vorziehen'), sondern mit G n i l k a (395) auf seine wörtliche Bedeutung zu reduzieren ('davor aufstellen'). 8,30–38 D i m a t t e o (748) sammelt zu unserer Stelle weitere Belege für die spottendantiphrastische Verwendung von Eigennamen721 (Plin. nat.7,74 f. Pusio, Andromeda; Prop.4,8,41 f. Magnus; Mart.3,34 Chione; Iuv.3,203 Procula; AP 11,95 Μάκρων; ebenso auf einem Mosaik von Puente Genil [Córdoba]: Geryon): Soziokulturell ist einschlägiger Sprachgebrauch mit der Namengebung für die beliebten "dinner entertainers"722 der Oberschicht (monstra wie Zwerge u..ä.) zu verbinden; Juvenal ist er sicherlich durch die Praxis des Rhetorikunterrichts vertraut gewesen (vgl. v.32 nanum cuiusdam Atlanta vocamus mit der Exemplifizierung ironischer permutatio Rhet. Her.4,46 si quem impium, qui patrem verberarit, Aenean vocamus). L i v r e a (745) zufolge soll Juvenal für v.34 f. canibus .../... siccae lambentibus ora lucernae von den naschenden Mäusen der Kallimacheischen Aitia angeregt
720 Nach H ö g g (105) würde es genügen, den Eigennamen Corvinum (v.7) in pontifices (Housman) o.ä. zu ändern. 721 Diese darf nicht mit dem Usus liebevoll-euphemistischer Benennungen vermischt werden. 722 Der Terminus 143 nach M. G a r m a i s e , The morio in Martial's epigrams, with emphasis on 12,93, Scholia (Durban) 11, 2002, 55–64, hier: 55.
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worden sein (fr.177, 21–24 Pf.); weder der sprachliche Ausdruck noch der beschriebene Vorgang weisen indes substantielle Ähnlichkeiten auf. 8,39 f. Bei der prosopographischen Identifikation des 8,39–70 als Musterbeispiel eitlen Ahnenstolzes angesprochenen Rubellius Blandus zieht S y m e (741) neben der traditionellen Deutung (Bruder des als Opfer Neros im Jahre 62 hingerichteten Rubellius Plautus, eines nobilis par excellence) erstaunlicherweise auch literarische Fiktion in Betracht ("Yet he might be only a plausible and malignant invention": 81): Nach den Angaben in v.40 ff. und 71 f. kann an der Historizität der Gestalt jedoch kein Zweifel bestehen. 8,48 f. Einsichtig der Hinweis von B r o w n (734), die Parenthese solet hic defendere causas nobilis indocti zerstöre ein 'tricolon crescendo' (ima plebe ... de plebe ... hinc) und sei entsprechend als Interpolation zu verdächtigen. 8,58 f. B r a u n d (740) zufolge steht der Satz nicht nur in seiner Wortwahl, sondern auch bezüglich seiner Bilderwelt unter dem Einfluß von Ov. met. 7,262 f. interea validum posito medicamen aeno / fervet et exsultat spumisque tumentibus albet: Der Sieg brodelt im Zirkus wie der Zaubertrank im Kochtopf; palma ist als Ablativ zu identifizieren und mit facili zu verbinden (zur Junktur vgl. Catull. 62,11).723 8,62 f. B i a n c o (738) sammelt die Daten zur – offenbar schon auf 85/90 zu datierenden – Karriere des Rennpferdes Hirpinus (zu diesem vgl. auch Mart. 3,63,11 f.; CIL VI 10053 [=33937], 6. Reihe, 5. Spalte; 10069) sowie zur kostenintensiven Professionalisierung der ludi circenses unter Domitian. 8,73 Für sensus communis ist mit V i a n s i n o (413) weniger auf Hor. sat. 1,3,66 als auf Sen. epist. 5,4 als Parallele zu verweisen. 8,78 B r i n k (399) plädiert dafür, mit den Hss. FGHU und B e e r 724 desideret zu lesen und den Vers als Weiterführung des vorausgehenden ne-Satzes zu fassen. 8,85 f. Der generalisierende Kommentar des Verspaars befremdet durch seine kontextferne Aussage: B r o w n (734) vermutet spätere Zudichtung oder aber Ausfall eines Relativsatzes vor v.85.
723 M o n t i (428) legt Wert darauf, diese Interpretation schon 1977 vertreten, seinerzeit aber nicht veröffentlicht zu haben. 724 R.B., Spicilegium Iuvenalianum, Diss. Leipzig 1885; hier: 73.
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8,92 ff. Der neben (Cossutianus) Capito aufgeführte, sonst jedoch unbekannte Tutor (ΦΣ : Numitor PS) mag durch den Zusammenhang als Angehöriger des Senatorenstandes und kaiserlicher Amtsträger (Statthalter?) in Kilikien ausgewiesen sein; die Vermutung von C a s t r i t i u s (733), Juvenal habe hier mittels Decknamen auf den für 77n. als legatus pro praetore bezeugten L. Octavius Memor anspielen wollen, entbehrt jedoch einer nachvollziehbaren Grundlage. Bedenkenswert dagegen die Annahme von V i d m a n (742), bei dem geheimnisvollen Namensträger handele es sich um einen zusammen mit Capito de repetundis angeklagten ritterlichen Prokurator (als mögliches Zeugnis für dieses Geschehen vgl. Dio Chr. 34,42 δυοῖν ἡγεμόνων κατηγορήσας ἐφεξῆς); weniger überzeugend das Argument, der – textkritisch unsichere! – 'Legendarname' Numitor weise a priori auf die Ritterschicht. 8,105 In seiner überlieferten Form ist der Vers metrisch anstößig, sprachlich verquer (hinc in Kombination mit inde ... inde) und auch sachlich nicht befriedigend (Antonius wird keine angemessene Charakteristik zuteil). Die einschlägigen Heilungsversuche sind indes eher schwach (hinc wird von D e l z [419] durch illinc725, von N i s b e t [412] durch rapax ersetzt) oder unnötig radikal ausgefallen: E d e n (411) liest die erste Vershälfte als inde dolo bellans astuque und bezieht sie auf den Sullaner C. Antonius Hybrida. Dabei hatte schon M a r t y n (404) angesichts der auf Verres ausgerichteten gradatio Juvenals einschlägige Stellen in Erinnerung gebracht ("a line containing two or more unqualified proper names, followed by a line describing just one person" [138]; an Belegen sind 1,35 f.; 115 f.; 2,154 f.; 6,83; 96 f.; 7,90 f.; 129 f.; 8,264 f. aufgeführt) und daraus die Unverzichtbarkeit eines zweiten Eigennamens abgeleitet; sein eigener Vorschlag, Weidners (ed. 1889) inde Dolabella hinc atque hinc Antonius, inde zu folgen, dürfte indes ebenfalls kaum konsensfähig sein. 8,111 f. C o u r t n e y (392) versucht, die "wortreiche spätere Ergänzung" (Adamietz [16] z.St.) durch eine eher schwache Konjektur für Juvenal zu retten: deus unicus. haec retinentes / pro summis (nam sunt haec maxima) despicias tu / ..., während N a d e a u (409) die Authentizität des überlieferten Textes durch ein angebliches Wortspiel ("summis looks back in the sense of 'sums of money'; it looks forward in the sense of 'the greatest', synonym of maxima": 156) gewährleistet sieht und H ö g g (105) immerhin Teile des Verspaars für Juvenal in Anspruch nimmt: v.111a "hat ... Sinn und Funktion" (151), und v.112b dürfe nicht fehlen, will man nicht Sachverhalt (despicias forsitan) und Urteil (despicias merito) unzulässig miteinander vermischen; nur das Zwischenstück haec etenim sunt / pro 725 Des weiteren dringt D. auf Beseitigung der metrischen Anomalie von occulta (v.107) durch occulte.
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summis, nam sunt haec maxima soll noch als Glosse bzw. mißlungener Textheilungsversuch gelten. 8,124 H e n d r y (420) sucht den oftmals als Interpolation verdächtigten Vers zu verteidigen, indem er seiner zweiten Hälfte durch Konjektur (aera statt arma) ihren tautologischen Charakter nimmt: In gewollter Mehrdeutigkeit soll der Terminus einerseits auf das Kriegsgerät der Ausgeplünderten, andererseits auf das nach Raub allen Edelmetalls in ihrem Besitz verbliebene Billiggeschirr bezogen sein. Die eine Erklärung verbietet sich indes durch ihre sachliche Unrichtigkeit (die Vorstellung von Bronzewaffen ist schlechterdings anachronistisch), die andere durch ihre Kontextferne. Um die Authentizität des überlieferten Wortlauts zu begründen, hatte dagegen N a d e a u (409) auf die paradoxe Pointe von spoliatis ('plundered'; dabei erwarte der Leser nach dem Vorausgehenden 'stripped of arms') hingewiesen; H ö g g (105) rechnet nur mit v.124b als "einer authentischen Doppelfassung" (160) zu v.123b und v.124a als sekundärem Zusatz eines Interpolators. 8,154 Warum N i s b e t (422) infundere als Synonym für ἐμβάλλειν (vgl. Theophr. char. 4,11 τοῖς ὑποζυγίοις ἐμβαλεῖν) ausschließen und im Prädikat unseres Verses entsprechend in- durch effundet ersetzen will, bleibt letztlich ungeklärt. 8,159 f. Die Epanalepse von Syrophoenix wird nach E d e n (411) erträglicher, wenn man v.160 nach currit mit Komma, nach portae mit Semikolon interpungiert; die glatteste Lösung bleibt indes nach wie vor die Athetese von v.160 (Jahn). 8,170 f. Um der Tatsache gerecht zu werden, daß der inkriminierte Lateranus wegen v.148 mulio consul; 150; 155 nicht mit dem in neronischer Zeit belegten, schon als consul designatus ums Leben gekommenen Plautius Lateranus zu identifizieren ist, tilgt N i s b e t (390) die hinderliche Aussage praestare Neronem / securum valet haec aetas. Da der Satz im Zusammenhang ohnedies eher zu stören scheint, wird man den Gedanken nicht vorschnell von der Hand weisen dürfen. 8,192 Der berechtigte Hinweis von Q u i n c e y , quanti sua funera vendant sei noch auf Bühnenspiele zu beziehen726, wird von G r i f f i t h (730) übernommen, jedoch mit einer abweichenden Erklärung bedacht: Nach Q. würden die schauspielernden nobiles ihre Vorfahren und damit letztlich ihren Adel zu Markte tragen ('their [sc. distinguished] dead'; zu funera ist auf v.65 umbrae – von Karrenpferden – verwiesen); G. dagegen will die Formulierung mit einem 726 J.H.Q., Juvenal Satire VIII 192–6, Mnemosyne 12, 1959, 139–140; das Thema 'Gladiatorenspiele' setzt erst mit v.199 ein.
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möglichen Bühnentod – etwa im Verlauf des berüchtigten 'Laureolus', auf den schon v.187 f. anspielt – in Verbindung bringen. Hier sollte man jedoch auch die früher schon entwickelte allegorische Deutung (funera als 'moral selfannihilation') nicht vergessen, die durchaus ohne konjekturale Unterstützung (st. funera erwägt C o u r t n e y [79] verbera, W a t t [427] vulnera) auskommen kann. 8,194 Vgl. zu 10,41. 8,197 Da nicht dem Liebhaber, sondern dem Ehemann die Rolle des Toren zukommt, ändert N i s b e t (412) den Genitiv stupidi in stupidus. 8,199–210 Vgl. zu 6.O.9–13. 8,211 f. Aus der Tatsache, daß das an dieser Stelle vorliegende Argumentationsschema eng mit der Gestaltung von Sen. prov. 3,11 korrespondiert, schließt L a n z a r o n e (747) auf eine bedachte, Senecas ehrende Erwähnung in v.212 zusätzlich konturierende Entlehnung. Doch ist allein schon die Vorstellung, ein derart kryptischer "atto di omaggio" (218) habe den zeitgenössischen Leser erreichen können, letztlich als realitätsfremd einzustufen. 8,220 J o n e s ' (735) scharfsinnige Konjektur Oresten727 verdient es nicht, von D i g g l e (737) als unbegründet oder gar minderwertig eingestuft zu werden ("an alteration which some readers may feel ruins the rhetoric": 183). Wenn jedoch C o w a n (746) dem Satz unter Bezugnahme auf die genannte Textänderung ein kontextfernes Innuendo ("the implied antithesis, that Nero did play Nero": 76)728 aufzwingt, um diesem dann – unter abschließender Zuhilfenahme von v.221 Troica non scripsit und Kallim. epigr. 59 Pf. – Reflexionen Juvenals betr. "ambiguity about the identity of the princeps" (80) wie auch der eigenen persona-Inszenierung ("theatrical world of his satire": 87) abzupressen, kann von seriöser Texterklärung tatsächlich keine Rede mehr sein.729
727 In Wirklichkeit geht dieser Vorschlag schon auf A. W e i d n e r (ed.1889) zurück (vgl. Willis [11] z.St.) 728 Der unterschwellige Verweis auf den Kaiser ('Nero playing Orestes') wird etwa durch Suet. Nero 21,3 gestützt. 729 Bezeichnend etwa 87: "Nero's confusion of the categories of actor and role is reflected in Orestes' own confusion of the same categories, while his conflation of author and character in the Troica, though avoided by the Callimachean Orestes, foregrounds his identification with Paris, his other mythological avatar, who failed to keep them separate. Such confusion of identity has much to say about Neronian society."
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8,223 Nach H ö g g (105) wären die mit dem Verständnis des Verses verbundenen Probleme weder durch Konjektur (quod edd. : quid codd.) noch gar durch Athetese, sondern durch Annahme eines Versausfalls (v.223A: ‹foedius hoc? poenam sceleri vix invenis aptam› oder ähnlich) zu lösen. 8,241 Von den Heilungsversuchen für verderbt überliefertes in/non kann sich B r o w n s (743) sub730 neben Jahns sibi behaupten; die übrigen Vorschläge (E d e n [411]: ima; H e n d r y [417]: wahlweise infra oder extra) kommen nicht weiter in Betracht. 8,243 f. Nach I o r i l l o (736) sind nicht nur 10,122 ff., sondern auch 8,243 f. Roma parentem,/ Roma patrem patriae Ciceronem libera dixit darauf angelegt, die pompösen Klangfiguren in Ciceros Stil zu verspotten. 8,251 Um die Wiederholung des Völkernamens Cimbros (v.249/251) zu eliminieren, empfiehlt N i s b e t nachgerade beliebige Textänderungen: Für ad Cimbros stragemque soll entweder ad cumulos stragemque (referiert bei Courtney [79] z.St.) oder auch ad stragem tabemque (412) zu lesen sein. 11. Satire 9 749. A.D. P r y o r , Experiment and sympathy in Juvenal 9, Proceedings and Papers of the ninth Congress of the AULLA, 1964, 33–34. 750. S. S e t t i s , Qui multas facies pingit cito (Iuven. IX,146), A&R 15, 1970, 117–121. 751. W.J. W a t t s , A literary reminiscence in Juvenal (IX,96), Latomus 31, 1972, 519–520. 752. F. B e l l a n d i , Naevolus cliens, Maia 26, 1974, 279–299; ins Englische übertragen in: Persius and Juvenal (115), 469–505. 753. J.D. B i s h o p , Juvenal 9.96: A parody? Latomus 35, 1976, 597. 754. S.A. C e c c h i n , Mollis avarus: personaggi e temi nella IX satira di Giovenale, AAT 116, 1982, 123–137. 755. R. S a l l e r , The meaning of faenus in Juvenal's ninth satire, PCPhS 29, 1983, 72–76. [9,140 f.] 756. A. B o r g o , Iter di una clausola poetica, BStudLat 25, 1995, 482–488. [9,96] 730 Vgl. auch das schol. z.St.: propter Antonium et Cleopatram, quia bello navali s u b Leucade promunturio Epiri devicti sunt ab Augusto.
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757. S. G r a z z i n i , Ravola: un moralista impudico nella nona satira di Giovenale (Sat. IX 1–5), SIFC 3a ser. 15, 1997, 99–115. 758. M. H e n d r y , Excluded husband and two-legged ass: two problems in Juvenal 9, EMC n.s. 19, 2000, 85–90. [9,70–78; 92] 759. S. I h m , Quantum milvi volant – Der Milan als Landvermesser, GFA 3, 2000, 47–53. [9,54 f.] 760. P. T e n n a n t , Queering the patron's pitch: the real satirical target of Juvenal's ninth satire, in: A.F. B a s s o n – W.J. D o m i n i k (Hgg.), Literature, art, history: Studies on classical antiquity and tradition. In honour of W.J. Henderson, Frankfurt/M. 2003, 123–132. 761. R.M. R o s e n , Mockery, self-mockery, and the didactic ruse. Juvenal, Satires 9 and 5, in: d e r s ., Making mockery. The poetics of ancient satire, Oxford 2007, 207–242. 762. F. B e l l a n d i , Buffoni e cavalieri (A proposito di Iuv. 9,9 ss.: agebas vernam equitem), MD 60, 2008, 205–217. [9,10] 763. M. G i o s e f f i , Virgilio e i suoi lettori: notizie di una fortuna, Acme 61, 2008, 333–346. [9,102] Vgl. auch B r a u n d (362). a) Gesamtsatire und Großabschnitte Ähnlich wie schon im Falle von sat.2 stellt sich die Forschung auch bei diesem Gedicht die Frage nach seinem eigentlichen Gegenstand, um dann verstärkt mit einer allgemeineren, durch die vordergründige Thematik eher exemplarisch erschlossenen Aussage zu rechnen. Gerade Juvenal mit seinem bekannten Hang zu erschöpfender Materialhäufung dürfte diese Technik exemplarischer Ausschnittsvergrößerung jedoch eher ferngelegen haben. Noch P r y o r (749) benennt – hierin ganz konventionell – in Naevolus bzw. dessen "sexual" bzw. "intellectual vanity" (34) den Hauptangriffspunkt der Satire, betont jedoch den experimentellen Charakter ihrer literarischen Form: Der Gigolo wird hier zum Opfer einer an Horazens sokratischer Ironie geschulten Gesprächsführung, während sich seine eigenen Zornestiraden wie eine Parodie auf Juvenals frühe indignatio-Satiren lesen. B e l l a n d i (752) dagegen sieht Anlaß, dieses hergebrachte Verständnis von IX in Frage zu stellen: Seinen Überlegungen zufolge präsentiert sich das Gedicht nicht als Neuaufguß der schon sat.2 und 6 erschöpfend durchgespielten Thematik abnormer Sexualität, sondern hat ebenso wie sat.3 und 5 die von schäbigem Materialismus geprägte Aushöhlung der traditionellen Klientel zum Inhalt; klage doch Naevolus – unter Ausblendung jeder moralischen Perspektive – über sein vom Undank des Patrons bestimmtes Klientendasein (v.59 f.;
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70 ff.) und nehme damit den gleichen Standpunkt ein, wie ihn sonst Juvenal selbst (v.a. sat.5: vgl. etwa 9,38–42 neben 5,12–15) oder – in seinem Sinne – der verbitterte Umbricius (sat.3) formuliert.731 Daß der Satiriker eines seiner zentralen Anliegen solcherart auto-ironisch verfremdet, begründet B. mit Juvenals zunehmenden Zweifeln über die Möglichkeiten seiner indignatio-Satire (vgl. schon 5,170–173) wie auch über die innere Verfassung des von ihm vertretenen 'Mittelstandes'; statt expliziter Kritik setzt er entsprechend nur noch die Selbstdemontage des Naevolus in Szene. Den Übergang vom ernstzunehmenden sermo aus dem Munde des alter ego Umbricius zur "autoparodia" (291)732 dieses Standpunktes soll der Satiriker dabei letztlich bereits vermittels der Trebiusgestalt von sat.5 in die Wege geleitet haben: Anders als der emigrationswillige vetus amicus ist auch Trebius schon bereit, über seine Ausbeutung durch den Patron großzügig hinwegzusehen733; bei ihm hat dieser Mißbrauch jedoch noch nicht die perversen Formen angenommen, wie sie für Naevolus Alltag geworden sind. Dieser Reduktion des Gedichtes auf den Generalnenner 'Niedergang des Klientelwesens' widersprechend, verfolgt C e c c h i n (754) die komplexe Vernetzung der Themen 'sexuelle Abnormität' und 'materielle Gier' in sat.9 und schlußfolgert daraus, Juvenals Aufmerksamkeit gelte tatsächlich der potenzierten Perversion einer ökonomisch organisierten Homosexualität: Auf der einen Seite steht der mollis avarus (v.38) Virro, der sich durch seine widernatürliche Veranlagung von der Gesellschaft, durch seine jämmerliche Knausrigkeit jedoch auch von seinesgleichen isoliert, auf der anderen Naevolus, der zwar selbst unbeirrt als landläufiger Klient/Dienstleister (wenn auch ohne Fortune) auftritt, vom Satiriker indes – soweit sich dieser nicht als Interlocutor auf die absurde Sichtweise seines Gegenübers einläßt – klar und unmißverständlich als moechus eingeführt (v.22–26) und als Anbieter seiner Manneskraft verabschiedet wird (v.130–134).734 In seiner Pose einer "indimenticabile figura di onesto professionista del vizio" (137) spricht sich Naevolus selbst das Urteil; die raffinierte dialogische Inszenierung enthebt Juvenal der Notwendigkeit, eine eigene Bewertung abzugeben. Dagegen schwenkt T e n n a n t (760) eher wieder auf die Linie von Bellandi ein, wonach hinter dem vordergründigen Thema der neunten Satire
731
Zur besonderen Komik trägt nicht zuletzt der Umstand bei, daß sich der lamentierende Naevolus ohne Zögern die Perspektive der verlassenen Dido (Aen.IV) zu eigen macht. 732 Erhellend im übrigen die von B. getroffene, in der übrigen Forschung jedoch fast regelmäßig ignorierte funktionale Differenzierung zwischen den Hauptfiguren der dritten und neunten Satire: "Nevolo ... è oggetto della rappresentazione satirica mentre Umbricio è, in certo senso, proiezione del soggetto di essa" (295). 733 B. hebt die Namensgleichheit der Peiniger von sat.5 und 9 (Virro) hervor. 734 Auch durch v.118 vivendum recte wird die scheinbare Konnivenz des Satirikers erkennbar durchbrochen.
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"Juvenal's bitter criticism of the decadence of the upper classes and the degradation of the system of patronage" (124) sichtbar wird, Juvenal hier also wesentliche Züge der vorausgehenden Satiren des dritten Buches (VII: dives avarus; VIII: sittliche Dekadenz) weiterführt. Ziel des Angriffes ist dabei weniger Naevolus, der, selber ein Opfer der Verhältnisse, wiewohl ein cinaedus, doch als ehrliche Haut und zudem als deditus .../ devotusque cliens (v.71 f.) auftritt, sondern sein als mollis avarus gebrandmarkter Patron735, mißbraucht dieser doch seinen Klienten nicht nur durch die geforderten Dienste, sondern zudem durch seinen schnöden Undank aufs schamloseste. Juvenals teilnahmsvoller Kommentar iusta doloris,/ Naevole, causa tui (v.90 f.) dürfte mithin nicht von vornherein als blanke Ironie abgetan werden. Schließlich wird die von Pryor entworfene Vorstellung einer parodischen Spiegelung Juvenal – Naevolus in R o s e n s (761) 'Poetics of ancient satire'736 als weiterer Beleg für die gattungsspezifische Spannung zwischen elementarer Komik und didaktischem Anliegen vereinnahmt. Demnach soll sat.9737 nur vordergründig als klassische Moralsatire gegen das Laster der Homosexualität gerichtet sein, hauptsächlich jedoch diesen moralischen Anspruch durch eine metasatirische Botschaft spielerisch unterlaufen; sei doch in der Person des Naevolus gerade auch die indignatio-geprägte Attitüde Juvenals komisch gespiegelt:738 Wie auch sein geistiger Vater konfrontiere der cinaedus seinen Hörer (in diesem Falle den Satiriker selbst) mit vollmundiger Entrüstung, entlarve sich dabei aber als "disreputable character" (237; vgl. auch v.63 improbus) und als "abject, disempowered underdog" (225); einschlägige Verweise sollen besonders in v.1 f. (Marsyasvergleich: der Satyr als "a ruined artist": 227), v.10 f. (seine frühere Existenz unter dem Vorzeichen von iocus mordens und sales) und v.147–150 vorliegen ("Naevolus, now cast as a dangerous Siren-like singer, plays the role of a similarly subversive, dangerous satirist, continually frustrated by a public that shuts out his poetry as something harmful, just as Odysseus shuts out the Sirens": 228).739 Mag sein, daß die postmoderne Latinistik 735 Auch nach T. wäre dieser wegen charakterlicher Übereinstimmungen mit Virro, dem – nicht minder verworfenen wie undankbaren – Patron von sat.5, gleichzusetzen. 736 'Ancient satire' umfaßt aus R.s Sicht "Greek and Roman poets [sc. who] attack individuals through mockery, invective or other modes of abuse" (S. XI), schließt also Autoren wie Archilochos und Kallimachos ein, während z.B. Persius weiter keine Beachtung findet. 737 Anders als im Titel des Aufsatzes angekündigt, wird Iuv. V von der Arbeit nur am Rande tangiert. 738 Auch B r a u n d (362) hatte – wenn auch noch ohne konkreten Bezug auf die persona Juvenals – in eine ähnliche Richtung gewiesen: "Naevolus's position is very similar to that of the archetypal satirist" (170); zu B.s weiteren Aussagen über sat.9 vgl. oben S. 172. 739 Weitere Assoziationen knüpft R. an v.33–37 (warum?), 43 f. an facile et pronum est agere intra viscera penem / legitimum atque illic hesternae occurrere cenae? ("comically pathetic and almost programmatic": 23029), 137–147 (Armut: vgl. sat.7!) und 5,153 ff. (die Existenz des Affen gleicht der des Satirikers); entsprechend soll das Verhältnis Naevolus – Virro (bzw. Trebius –
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tatsächlich ohne seriöse Methodik auszukommen glaubt; so bleibt doch immer noch die Frage nach dem Gewinn, wenn antike Satire solcherart zur albernen Hanswurstiade degradiert wird. b) Einzelstellen 9,4 G r a z z i n i (757) untersucht alle Möglichkeiten, der nebulösen Scholiennotiz zum Spottnamen Ravola (z.St.: a facto etymologiam nominis sumpsit poeta) einen Sinn abzugewinnen; doch läßt sich von den denkbaren, sprachlich wie sachlich kaum sauber voneinander zu scheidenden Ableitungen des Wortes (rabula [Cic. orat. 47] zu rabies: 'Schreihals'; ravula/ravilla [Lucil. 1289 M. = 1306 Kr. mit Paul.Fest. 354,17 L.] zu ravus/ravis/ravire740: 'heiser') kein direkter Bezug zu dem berichteten Geschehen herstellen.741 Entsprechend rechnet G. mit einem Namenswitz eher subtiler Art: Der scheinheilige cunnilingus pflege die von ihm auch habituell (Bart!) propagierten Ideale altrömischer Sittlichkeit mit solcher Verve zu verkünden (zur Attitüde vgl. 2,37), daß er sich heiser gebrüllt hat! 9,10 B e l l a n d i (762) begründet und erläutert seine Ansicht, verna eques sei in der Bedeutung scurra honestus zu fassen; das Befremden über Juvenals Formulierung bleibt gleichwohl bestehen. 9,11 Durch Änderung von natis in nati ("the witty remarks of one born within the pomerium": 260) glaubt H e n d r y (417) eine Textbesserung zu erzielen. 9,23 Ohne rechten Grund will N i s b e t (412) hier matris in matri ändern und secreta als Partizip verstehen. 9,45 H e n d r y s (417) Konjektur niger (st. miser) sollte man einfach ignorieren. 9,54 Das von Juvenal, Petron (37,8) und Persius (4,26) in Variationen gebrauchte Sprichwort vom 'Milan als Landvermesser' gründet nach I h m (759) auf der Beobachtung, daß gerade diese Vögel ein ausnehmend großes Revier bejagen.
Virro in sat.5) für die komplexe Symbiose zwischen Satiriker und Sündenbock stehen und auch 4,106 improbior saturam scribente cinaedo eine humorige "authorial self-flagellation" (231) darstellen. 740 Belegt sind Formen mit langem und kurzem Stammvokal. 741 Irrig auch der von W e s s n e r (zit. unten Anm. 873), 273 nach älterer Literatur referierte Verweis auf das schol. zu 6,379 fibulam dicit circellos, quos tragoedi sive comoedi in penem habent, ut coitum non faciant, ne vocem perdant: Koitale Unersättlichkeit liegt Ravolas Vergnügungen ja gerade nicht zugrunde.
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9,68 N i s b e t s (426) Besserungsvorschläge algente/horrente (Decembri) sind ebenso willkürlich wie überflüssig. 9,70–78 H e n d r y s (758) Behauptung, der Versabschnitt sei als Parodie eines Paraklausithyrons (der Ehemann als exclusus ἐρώμενος[!]) konzipiert742, geht an der Sache vorbei: Der foris wartende dominus ist gerade nicht ausgesperrt, sondern selbst Initiator des drinnen vollzogenen Beischlafs (vgl. v.73 f.). Um die Wiederholung von saepe (v.73/74) zu vermeiden, konjiziert W a t t (427) an der zweiten Stelle paene. Da ein Ehevertrag nicht von der Frau selbst, sondern von Zeugen gesiegelt wurde, setzt E d e n (411) das überlieferte Prädikat – kaum überzeugend – in den Plural: signabant (mit neuem Subjekt: 'the appropriate parties'); H i g h e t s Konjektur migrabat743 bleibt demgegenüber vorzuziehen. 9,92 Nach H e n d r y (758) hätte Naevolus bei dem Stichwort asellus nicht nur die sprichwörtliche Geilheit bzw. mensura incognita nervi (v.34; vgl. Hist. Aug. Comm. 10,9), sondern auch die übergroße Duldsamkeit des Tiers vor Augen. 9,96 Ardet et odit wird von W a t t s (751) weder richtig verstanden ("loves and hates": 520; zutreffend dagegen Adamietz (16): "lodert vor Haß") noch überzeugend aus Formulierungen älterer Dichtung (Catull.85,1 odi et amo; Hor. carm. 3,1,1 odi ... et arceo; Lucr. 3,1069 haeret et odit) abgeleitet: Als literarischer Prätext kommt hier allenfalls Sen. Med. 582 ardet et odit (vom Haß Medeas) in Frage (so B i s h o p [753] sowie – mit neuerlichem Hinweis auf sprachlich verwandte Vorstellungen – B o r g o [756]). 9,102 Die aus ma. Gedichten zur Genüge belegte, auf Verg. georg. 2,56 rusticus es, Corydon bzw. 2,69 a Corydon, Corydon, quae te dementia cepit zurückgehende Gleichsetzung Corydon = stupidus744 sieht G i o s e f f i (763) schon an unserer Stelle vollzogen; nimmt doch der Zusammenhang (v.102–110) in der Tat auf die Naivität des Naevolus, nicht jedoch auf seine homosexuellen Aktivitäten
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Die einschlägige Situation hatte schon Courtney (79; zu v.77) an unserer Stelle wiedererkennen wollen. 743 G.H., Notes on Juvenal, CR 2, 1952, 70–71. 744 Vgl. Alcuin v. York, carm. 32 Dümmler (Versus ad discipulum); Egbert v. Lüttich, Fecunda ratis; Anon. De clericis et rustico und Metellus v. Tegernsee, ecl.2 sowie G. B r u g n o l i , Rusticus es Corydon, Classiconorroena 5, 1995, 1–2. Nach J. B e n e d i k t s s o n , Lingua Islandica – Islenzk tunga 6, Reykjavík 1965, 103–108, bes. 104 würde sogar noch isl. dóni ('Flegel') – vermittelt durch das ma. Scholarenlatein – der gleichen Wurzel entspringen.
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Bezug (vgl. schon Friedländer [74] z.St.: "Das Citat ... deutet an, dass Naevolus nicht bei Sinnen sei"). 9,105 Um den störenden Plural tollite zu eliminieren, denkt N i s b e t (412) an tollito lumen oder – bei Nichtgefallen – tolle lucernam. 9,113 N i s b e t s (422) nolenti (zu inebriet aurem) ist denkbar, jedoch nicht erforderlich. 9,115 N i s b e t (412) hält es für angezeigt, nach taceant zu interpungieren und illi bereits zum folgenden (illi sed prodere malunt) zu ziehen. 9,126 f. N i s b e t s (390) Athetese von v.126 velox – 127 brevissima (so schon von Ruperti erwogen) läßt portio vitae ohne nähere Bestimmung zurück. 9,137 W a t t (427) betrachtet überliefertes parvi nostrique als lateinisches Äquivalent von Homerischem ὀλίγος τε φίλος τε (vgl. Od. 6,208; 14,58). 9,140 f. Nach S a l l e r (755) stehen Naevolus viginti milia faenus nicht als Zinsertrag, sondern als zinsbringend anzulegendes Kapital vor Augen: Im anderen Falle hätte er seinen Gesprächspartner aufklären müssen, in welchem Zeitraum er die genannte Summe einzustreichen hofft; ist doch der Antike der selbstverständliche Bezug aller Zinsangaben auf den Jahreszins noch nicht geläufig. Damit sind die Wünsche des Sprechers jedoch mehr als bescheiden745; ohne den Einsatz seiner Lohnsklaven (v.145 f.) hätte er ein nachgerade kärgliches Dasein zu fristen. 9,146 Zu qui multas facies pingit cito vergleicht S e t t i s (750) impressionistische Tendenzen der zeitgenössischen Kunst, wie sie Petron. 2,9 und Plin. nat. 35,110 ihren Ausdruck finden; doch dürfte Naevolus seinen Sklaven nicht als seriösen Porträtmaler, sondern als im Akkord eingesetzten Kunsthandwerker vorgesehen haben. 12. Satire 10 764. B.H.P. F a r r e r , Two interpretations of Juvenal, AClass 5, 1962, 71– 72. [10,261; 295]
745 Dies wirft ein neues Licht auf den gerade wegen unserer Stelle regelmäßig als maßlos gegeißelten Sprecher.
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765. C. G n i l k a , Das Einwachsen der Götterbilder. Ein Mißverständnis heidnischer Kultübung bei Prudentius, JbAC 7, 1964, 52–57. [10,55] 766. F. K ü h n e r t , 'Ambitio' in der römischen Satire, Wiss. Zs. d. Univ. Rostock, Ges.- & sprachwiss. R. 15, 1966, 485–488. 767. B.F. D i c k , Seneca and Juvenal 10, HSPh 73, 1969, 237–246. 768. D.A. K i d d , Juvenal 10.175–6, CQ 19, 1969, 196–197. 769. D. W i e s e n , Juvenal 10.358, CPh 64, 1969, 73–80. 770. J.Y. N a d e a u , Ethiopians, CQ 20, 1970, 339–349. [10,148 ff.] 771. M.D. R e e v e , Seven notes, CR 20, 1970, 134–136. [10,356] 772. R.A. L a F l e u r , A note on Juvenal, 10,201 f., AJPh 93, 1972, 598– 600. 773. W. B a r r , Juvenal's other elephants, Latomus 32, 1973, 856–858. [10,148 ff.] 774. V.S. D u r o v , Следы влияния "De Vita Beata" Сенеки на заключительные стихи десятой сатиры Ювенала, VLU 1974.8, 101–106. [10,346–366] 775. R. A s t b u r y , Juvenal 10,148–50, Mnemosyne 28, 1975, 40–46. 776. V.S. D u r o v , Лукреция и Виргиния в римской литературе и десятая сатира Ювенала, VLU 1976.8, 98–103. [10,293 ff.] 777. –, Ювенал, X,54–55, PhilClas 1, 1977, 83–89. 778. J.Y. N a d e a u , Ethiopians again, and again, Mnemosyne 30, 1977, 75–78. [10,148 ff.] *779. F.W. C l a y t o n , Juvenal X,324–9, Pegasus 21, 1978, 31–33. [10,326] *780. –, Juvenal 10.326–8, Pegasus 22, 1979, 7. [10,326] 781. E. F i n k e l p e a r l , Juvenal 10.150, HSPh 84, 1980, 97–98. 782. E. T e n g s t r ö m , A study of Juvenal's tenth satire. Some structural and interpretative problems, Göteborg 1980, 59 S. Rez.: G é r a r d , REL 58, 1980, 545–546; D u r e t , BSL 76.2, 1981, 139– 140; R i i k o n e n , Arctos 15, 1981, 140–141; S q u i l l a n t e S a c c o n e , BStudLat 11, 1981, 82–83; B o r l e , MH 39, 1982, 331; D i S a l v o , Athenaeum 60, 1982, 608–609; H e l l e g o u a r c ' h , RPh 56, 1982, 352–353; L i é n a r d , AC 51, 1982, 460–461; C i z e k , StudClas 21, 1983, 162; A d a m i e t z , AAHG 37, 1984, 244–245; R a m í r e z d e V e r g e r , Emerita 52, 1984, 377–378; L i t t l e , Gymnasium 92, 1985, 231–232. 783. D.S. W i e s e n , A "decency corruption" in Juvenal, Eranos 79, 1981, 99–103. [10,326] 784. B. M a i e r , Juvenal – Dramatiker und Regisseur. Am Beispiel der zehnten Satire, AU 26.4, 1983, 49–53.
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785. R.G.M. N i s b e t , iam mater simia (Juvenal 10.195), LCM 8, 1983, 80. 786. V.S. D u r o v , К вопросу о "praedives" в 10–й сатуре Ювенала, PhilClas 3, 1987, 55–59. [10,16] 787. J.G. G r i f f i t h , A matter of an adverb in Juvenal: Juvenal X.81–89, in: d e r s ., Festinat senex (112), 78–80. [10,84 f.] 788. J. B o d e l , Missing links: thymatulum or tomaculum? HSPh 92, 1989, 349–366. [10,355] 789. D. F i s h e l o v , The vanity of the reader's wishes: rereading Juvenal's Satire 10, AJPh 111, 1990, 370–382. 790. M.V. R o n n i c k , Juvenal, Sat. 10.150: atrosque non aliosque. Rursus ad Aethiopum populos aliosque elephantos, Mnemosyne 45, 1992, 383–386. [10,148 ff.] 791. A. K e r s h a w , Juvenal 10.150 and Ennius, Mnemosyne 46, 1993, 532–533. 792. D. R o m a n o , La svalutazione del potere da Lucrezio a Giovenale, in: B. A m a t a (Hg.), Cultura e lingue classiche, Bd. 3, 3o Convegno di aggiornamento e di didattica Palermo, 29 ottobre – 1 novembre 1989, Roma 1993, 359–371. 793. J. M o r w o o d , A note on Juvenal, Satires 10.147, CQ 47, 1997, 613. 794. D. G r a n a d o s d e A r e n a – L. L ó p e z d e V e g a , La vejez, a veces un mal peor que la muerte. Juvenal, Sátira X.188–191 y 240–286, REC 31, 2003, 83–95. 795. J.M. T r a p p e s - L o m a x , Juvenal 10.84: a brief note, Mnemosyne 57, 2004, 87–88. 796. C. F a c c h i n i T o s i , Note sull' arte figurativa di Giovenale (10,55– 107), BStudLat 36, 2006, 438–449. [10,56(!)–107] 797. –, Annibale visto da un satirico, GIF 58, 2006, 103–115. [10,147–167] 798. M. F r a s s o n i , Serse e l'Ellesponto: da Eschilo (Pers. 745–50) ed Erodoto (VII 35) a Giovenale (X 173–187), in: O. V o x (Hg.), Memoria di testi teatrali antichi, Lecce 2006, 105–152. 799. C. M u e l l e r - G o l d i n g e n , Satire und Philosophie: Beobachtungen zu Juvenals 10. Satire, in: d e r s ., Dichter und Gesellschaft. Vier Studien zur römischen Literatur, Berlin 2006, 6–18. 800. F.P. M o o g – D. S c h ä f e r , Aspekte der Altersdemenz im antiken Rom: Literarische Fiktion und faktische Lebenswirklichkeit, Sudhoffs Archiv 91, 2007, 73–81. [10,232–239] 801. P. M u r g a t r o y d , Consul at Juvenal 10,41, Latomus 69, 2010, 1066– 1069.
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802. C. N a p p a , The unfortunate marriage of Gaius Silius: Tacitus and Juvenal on the fall of Messalina, in: J.F. M i l l e r – A.J. W o o d m a n (Hgg.), Latin historiography and poetry in the early empire. Generic interactions, Leiden 2010, 189–204. [10,329–345] 803. H. W u l f r a m , Sehen und gesehen werden. Der lachende Demokrit bei Horaz und Juvenal, WS 124, 2011, 143–164. a) Gesamtsatire und Großabschnitte Ebenso kurz wie klar hat während des Berichtszeitraums allein M u e l l e r G o l d i n g e n (799) Argumentation und Zielsetzung der Satire auf den Punkt gebracht:746 Was menschliche Kurzsichtigkeit ersehnt, kann – so die traditionsorientierte Aussage des Dichters – durch die Ungunst des Schicksals unversehens in die Katastrophe münden; Juvenals eigene Problemlösung besteht in dem abschließenden Postulat, das Glück konsequenterweise dort zu suchen, wo ausschließlich der Kompetenzbereich des einzelnen berührt ist.747 Eher enttäuschend dagegen die durch fortwährende Wiederholungen und aussagearme Forschungszitate ungebührlich aufgeblähte Untersuchung von T e n g s t r ö m (782), die in insgesamt drei disparate Einzelteile zerfällt: 1. Ausgehend von der Prämisse, der rhetorische Charakter von Juvenals Satiren müsse sich auch im Aufbau niederschlagen, sucht T. dem Gedicht die Struktur einer oratio deliberativa aufzuzwingen: v.1–14 identifiziert er als exordium (das den Leser v.4–7 attentus, v.8–14 docilis mache), v.15–27 und 56–345 als narratio (v.15–27 über Reichtum, 56–113 politische Ambitionen, 114–132 Redegewalt, 133–187 militärische Karriere, 188–288 Langlebigkeit, 289–345 Schönheit), v.28–53 als Digression mit Ausführungen zur eigenen, philosophiegestützten Sicht der Dinge748 und v.346–366 als die übrigen Teile einer schulmäßig geliederten Rede (v.346 ff. propositio, 349–353 argumentatio, 354–362 zweite propositio749, 363–366 peroratio). Das allein schon durch die Disproportion der einzelnen Abschnitte befremdende "Schema ist von außen an den Text
746 Genau genommen müßte man von 'der Satire im überlieferten Umfang' sprechen: v.365 f. stellen eine Doublette zu 14,315 f. dar; und was v.363 f. angeht, bekennt sich der Berichterstatter zu dem von A d a m i e t z (16) z.St. ausgesprochenen Zweifel: "Auch die beiden vorausgehenden Verse sind nicht frei von Verdacht." 747 Von M.-G. vermutete Unstimmigkeiten in Juvenals Position verlieren sich bei näherem Zusehen: v.129 dis ille [=Demosthenes] adversis genitus fatoque sinistro bietet eine Allerweltsformel ('unter einem Unstern geboren sein'; vgl. etwa Pers. 4,27 dis iratis genioque sinistro), keinen Beleg für die Annahme, Juvenal sehe den wehrlosen Redner tatsächlich als "Spielball der Götter" (12); Xerxes wird v.179–186 von seinem Kriegsglück verlassen, nicht etwa von den Göttern für seine Hybris gestraft; und v.365 f. polemisieren – soweit überhaupt in unsere Satire gehörig – allein gegen Fortuna, nicht gegen "göttliche Mächte" (16). 748 v.54 f. sind, weil auch strukturell ohne Funktion, als Interpolation ausgeschieden. 749 Sie soll die eigentlich an dieser Stelle zu erwartende refutatio ersetzen.
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herangetragen, in sich fragwürdig und trägt nichts zu einer vertieften Einsicht in die Anlage der Satire bei" (A d a m i e t z rec., 245). 2. Zur Erklärung einzelner Abschnitte wird im wesentlichen auf bekannte Positionen verwiesen (vgl. zu v.150; 189; 295). 3. Abschließend finden sich wenig hilfreiche Aussagen über den Zeitbezug von sat.10: Daß Juvenal auch in diesem Gedicht als Morallehrer auftritt (v.363) und nicht ohne "historical and social perspective" (43) auskommt (T. nennt u.a. v.34–37; 44 ff.; 78–81; 108 f.; 142 f.), hätte keiner weiteren Belege bedurft; daß er sein Weltbild gegen Hadrians aurea aetas-Propaganda positioniert, dürfte wohl gerade aus sat.10 am wenigsten zu belegen sein. In C a m p a n a s (89) Kommentar zu sat.10 bietet die 'introduzione' anregende, weil über die vertrauten Erkenntnisse der Juvenalphilologie hinausweisende Lektüre: 1. "Il cosiddetto Giovenale democriteo" (13). Die programmatische Neuausrichtung der Satire am Lachen Demokrits (v.28–53) bedeutet keine Abkehr von Juvenals vormaliger Grundhaltung der indignatio, sondern deren Anpassung an die Lebensrealität: Grundlage bildet nicht etwa verständnisvolle Nachsicht, sondern die resignative Erkenntnis, daß angesichts weltweiter Verbreitung der vitia auch die Manifestation fortdauernder Empörung keine Änderung der Verhältnisse herbeizuführen vermag, die Rettung somit allein noch im realitätsunabhängigen Streben nach individuellem Gleichmut gesucht werden kann.750 2. Themen und Quellen. Für die Aussage des Gedichtes hat Juvenal das durch Stoa, Diatribe und Rhetorenschule stereotypisierte Motiv des rechten Gebets mit dem Gedankenkomplex der stoischen ἀδιάφορα verwoben; einzelne exempla sind nicht mechanisch aus dem gängigen Beispielkanon übernommen, sondern für den konkreten Zweck umgegossen, die Messalinapassage (v.329–345) wohl unter dem Eindruck von Tac. ann. ganz neu gestaltet. 3. Struktur. Der exempla-orientierte Hauptteil der Satire fungiert als priamelartiger Vorbau für die Schlußsequenz (v.346–366). Der im Zusammenhang der Eingangspartie eher als Fremdkörper wirkende Textabschnitt v.15–27 (Gefahren des Reichtums) paßt motivisch so gut zu der ebenfalls kontextfremd erscheinenden Passage 14,256–331 ("che nella decima satira sembra "mancare" ciò che nella quattrodicesima dà l'impressione di essere "in eccesso" ": 58), daß sich hier die Annahme einer sekundären Textverlagerung von sat.10 nach 14 aufdrängt. Das Satirenkonvolut wäre demnach als eine Art "testo 'aperto' "
750 Trotz der Zielvorstellung von v.357–364 und Senecas Diktum quid tollit iram sapientis? turba peccantium (ira 2,10,4) wird man Juvenal allerdings kaum unter die Vorkämpfer des stoischen Weisheitsideals einreihen dürfen.
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(55) anzusehen, der bis zum Tod des Autors noch nicht die endgültige Form gewonnen hätte.751 Weitere Arbeiten setzen sich mit einzelnen Aspekten oder aber Teilabschnitten der Satire auseinander: D i c k (767) durchmustert die stoischen Elemente, die sat.10 in ihren gedanklichen Grundlagen (v.2 f. pauci dinoscere possunt / vera bona atque illis multum diversa), ihrer thematischen Gestaltung (Beispiele verhängnisvoller Wünsche sind Reichtum, Karriere, Redegewalt, Kriegsruhm, Langlebigkeit und Schönheit) und ihren ideellen Konsequenzen prägen ("an enlightened attitude toward prayer": 246); den vom Vf. konstatierten motivischen Übereinstimmungen zufolge sollen sie aus unmittelbarer Senecalektüre gewonnen sein. Insofern sich dieser Senecabezug auch in den Schlußversen 365 f. niederschlage (dort wird prudentia gegen Fortuna in Stellung gebracht), werden diese vom Interpolationsverdacht freigesprochen und zudem noch als Rekurs auf den Gedichtanfang strukturell legitimiert; dem Phänomen ihrer nahezu wörtlichen Wiederholung in 14,315 f. geht D. nicht weiter nach. M a i e r (784) benennt v.36–46; 56–89; 147–166; 173–187; 329– 345 als "Glanzstücke, die wir Juvenals cholerischem Temperament und dramatischer Gestaltungskraft verdanken" (53). R o m a n o (792) enthält, unseren Autor betreffend, eine inhaltliche Rekapitulation der auf potentia (v.56–132) und 'gloria militare' (v.133–187) bezüglichen Gedichtabschnitte, U r e c h (333) eine stilzentrierte Untersuchung von v.133–288. F a c c h i n i T o s i s (796) Interpretation des Sejan-Tableaus (v.56–107) dokumentiert "la drammaticità e la vivezza platica" (439; lies: plastica) von Juvenals Darstellung; besondere Beachtung erfährt dabei deren klangliche Ausgestaltung. Und die Aussagen über das Alter werden von G r a n a d o s d e A r e n a / L ó p e z d e V e g a (794) ebenso selektiv wie oberflächlich paraphrasiert und mit ein paar Motivparallelen bedacht; Sekundärliteratur wird nicht herangezogen, neue Erkenntnisse weder gesucht noch geboten. Die Vorstellung eines über die närrischen Akteure des theatrum mundi lachenden Demokrit wird neben v.33–46 nur noch Hor. epist.2,1,194–201 nach Rom verpflanzt und auf die Teilhabe an einem wirklichen Schauspiel rückübertragen (Horaz: eine Theateraufführung; Juvenal: die pompa circensis). Vor dem Hintergrund weiterer Horazmotive in sat.10 wird man entsprechend mit W u l f r a m (803) auf ein imitatio-Verhältnis schließen dürfen; daß der Demokritpassus den Argumentationszusammenhang transzendiert, soll zudem sein "programmatisches Aussagepotential" (161) belegen, das jedoch seinerseits nicht für eine Neuausrichtung der Juvenalsatire (so bei Anderson, The programs [zit. oben Anm. 365] und 350), sondern für das globale Selbstverständnis der Gattung in Anspruch genommen wird. 751
Daß die Juvenalvita von einer nachträglichen Einarbeitung dreier Verse (7,90 ff.) wissen will (vgl. Vita Nr. Ia Dürr = I Jahn: mox magna frequentia tantoque successu bis aut ter auditus est, ut ea quoque, quae prima fecerat, inferciret novis scriptis), kann allerdings nicht ohne weiteres zur Stützung dieser These herangezogen werden.
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Als Beitrag zur Motivgeschichte von sat.10 läßt sich K ü h n e r t (766) lesen, der den zeitspezifisch aktualisierenden Umgang der Satiriker mit dem Thema ambitio beleuchtet: Schon Horaz und Persius sehen in der ambitio "nicht mehr einen Grund für den Niedergang des Staates, sondern eine Gefahr für die innere Freiheit und Unabhängigkeit der Einzelpersönlichkeit" (488); Juvenal geht einen Schritt weiter und ersetzt sie 10,56–113 durch "das Streben nach potentia, nach absoluter Machtfülle, welche eine Gefährdung der äußeren Sicherheit von Leib und Leben mit sich bringt" (ebd.). In ihrer Einzelinterpretation der Hannibalpassage von v.147–167 hebt F a c c h i n i T o s i (797) die Originalität von Juvenals Perspektive hervor. Sonst wegen seiner Erfolge bewundert oder wegen seiner Grausamkeit und seiner perfidia plus quam Punica (Liv.21,4,9) dämonisiert, wird der Karthager hier als tragisches Opfer eines jähen Schicksalsumschwungs vorgeführt: Sein Leben endet in Flucht, Demütigung und Selbstmord; sein Ruhm ist darauf reduziert, ut pueris placeas et declamatio fias (v.167). Und zum Schlußabschnitt (v.346–366) liest man bei D u r o v (774): "The general likeness of ethical views and similarity in the form of their expression in Seneca's "De Vita Beata" and the concluding verses (...) of Juvenal's satire X are shown as a proof of Seneca's influence on Juvenal" (Resümee, 106). Auch zur 10. Satire hat sich schließlich eine Stimme gefunden, die ihr den Rang als ernstzunehmender Erörterung mit seriösem Ergebnis abspricht: F i s h e l o v (789) zufolge verwendet Juvenal das Thema der 'vanity of human wishes' nur als Aufhänger, um sein rhetorisches Talent an der ebenso breiten wie drastischen Schilderung grotesker Katastrophenszenarien zu erproben und dadurch dem Unterhaltungsbedürfnis seines Publikums Rechnung zu tragen. Entsprechend präsentiere auch der Schluß, wie durch die ironisch getönten Diminutive von v.354 f. signalisiert, ein verfehltes Gebet konventioneller Machart, dessen unerfreuliche Konsequenzen – ganz im Sinne der zuvor durchgespielten Katastrophen – nunmehr vom Leser selber auszumalen wären. Daß F. dabei das Gebet(!) um mens sana in corpore sano als "Epicurean(!) cliches" (Hervorhebung W.K.) identifiziert (381) und auch, was die von ihm selbst als unattraktiv, weil "quite boring" und "autistic-like" (382) abqualifizierte Leidenschaftslosigkeit des Weisen von v.357–362 angeht, vom "Epicurean sage" (ebd.) schwadroniert, stellt dem Vf., seinen eingangs des Aufsatzes dankend genannten Mentoren und den Herausgebern des AJPh ein Armutszeugnis aus. b) Einzelstellen 10,15–18 N i s b e t (412) hält v.15 als "clumsy explanation of a vivid exemplum" (103) für tilgenswert; in v.17 soll wegen der benachbarten Prädikate obsidet bzw. venit auch clausit in eine Präsensform umzuändern sein. 10,41 Da hier immer noch über den Prätor von v.36 gehandelt wird, erwägt N i s b e t (427) statt consul den Eigennamen Celsus, den er auch 8,194 nec dubitant
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celsi praetoris vendere ludis vermutet; W a t t (427) versucht es stattdessen mit Cossus. Denkbar wäre indes auch, daß sibi consul / ne placeat (v.41 f.) unmittelbar die Selbstüberhebung des Prätors karikiert (so M u r g a t r o y d [801], 1068: "he seemed like a consul to himself"). 10,46 Der Vorschlag von D e l z (419), defossa in demissa zu ändern, bewirkt eine spürbare Verflachung der Aussage. 10,54 f. Genua incerare deorum ist nach G n i l k a (765) auf den Brauch zu beziehen, "die Vota entsprechend ihrem Charakter als Verträge mit der Gottheit auf den Statuen zu versiegeln" (57; vgl. Philostr. heroic.9,6; Apul. apol.54) bzw. silberne Votivblättchen mit Wachs an den Schenkeln der Götterstatuen zu befestigen (Lucian. philops.20). Die hyperbolische Formulierung (incerare als mokantes Pendant zu inaurare) hat offenbar schon im ausgehenden Altertum Verständnisschwierigkeiten bereitet: Prudentius hält das Einwachsen für eine reale heidnische Kultübung (apoth. 457; ham. 404; vgl. c.Symm. 1,203). Gewohnt abwegig dagegen E d g e w o r t h (421), der hier die Hände der Gläubigen am Werk sieht und incerare metaphorisch als 'to give a smooth, waxy appearance by repeatedly clasping' versteht. Indes bleibt festzuhalten: Trotz der vorgetragenen Erklärungen und trotz der kongenialen Formulierung von v.55 sind die berechtigten Zweifel an der Echtheit der Verse nicht ausgeräumt.752 P a r a t o r e (401) diskutiert die bisherigen Vorschläge zur Beseitigung des Hiats in v.54, gibt aber letztlich der Crux den Vorzug; H ö g g (105) will keine Indizien für Interpolation erkennen: Syntaktisch sei der Vers wegen v.55, inhaltlich wegen v.56 unverzichtbar. 10,75 E d g e w o r t h (421) sieht das Epitheton secura [sc. senectus] durch einen paronomastischen Anklang an securis ('Beil') motiviert. 10,84 f. Wegen victus (v.84) bezieht N i s b e t (412) den Vergleich mit dem rasenden Ajax auf den bereits exekutierten Prätorianerpräfekten Sejan, muß dann aber, da von diesem vernünftigerweise keine Gefahr mehr ausgehen kann753, v.84 quam timeo durch non timeo ersetzen754; H e n d r y (420) und T r a p p e s -
752
Vgl. auch oben Anm. 748. Auch G r i f f i t h s (787) Wiedergabe "the loser [=Sejan], whose cause they have so ill-advisedly espoused [male also nicht 'schlecht', sondern 'unüberlegt'], will indirectly(!) bring doom upon their innocent heads much as Ajax" (80; Hervorhebungen W.K.) wird der Aussage ne poenas e x i g a t Aiax nicht wirklich gerecht. 754 Im Ergebnis führt dies zu einer unerträglich forcierten Aussage: "I'm not afraid that as in the myth defeated "Ajax" [=Sejan] will run amok and attempt revenge on those who have 753
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L o m a x (795) plädieren stattdessen für eine Gleichsetzung mit dem rachedurstigen Kaiser, halten jedoch auch ihrerseits einen Eingriff in den Wortlaut für unumgänglich: H. ändert v.85 ut male defensus in a male defensis, T.-L. v.84 victus in vivus. In Wirklichkeit ist der Text jedoch ganz ohne Anstoß: Ajax ist mit Tiberius gleichzusetzen; victus hält die Verbindung zum mythischen, ut male defensus zum historischen Geschehen. Im Gefühl, von seiner Umgebung alleingelassen worden zu sein, könnte sich der Princeps aufführen wie weiland Ajax nach seiner Niederlage! 10,109 Daß N i s b e t (422) hier flagra durch saepta ersetzen und die neugewonnene Aussage auf die 26v.Chr.(!) fertiggestellten saepta Iulia und damit auf "Caesar's control of elections" (227) beziehen will, ist als haltlose Spekulation zurückzuweisen. 10,116 Die rührende Vorstellung vom Schulbuben, der Minerva sein 'Taschengeld' opfert, um einmal ein großer Redner zu werden, wird von E d g e w o r t h (421) in ein merkwürdiges double entendre zergliedert, welches gänzlich kontextfremden Erwägungen über die Talentlosigkeit des Kindes und die Hartherzigkeit der Göttin Raum gibt: Sei doch zum einen "the boy cultivates (colit) his rather paltry (parcam) talent (Minervam) by offering a single as", andererseits aber auch "by his offering the boy worships (colit) the goddess (Minervam), who nevertheless remains stingy (parcam)" (187) zu verstehen. 10,147 M o r w o o d (793) stellt müßige Spekulationen über die inventio des Satirikers an: "The words expande Hannibalem ['wäge Hannibals Asche!'] were inspired by the ornamental counterweights such as busts of warriors and princes used in the Roman balance called the statera" (APh 68, 1997, 241). 10,148 ff. Juvenals rätselhafter Hinweis auf aliosque (Φ, Prisc. GLK II 217 : altosque P) elephantos hat auch in den letzten Jahrzehnten zahlreiche, der Sache nach ganz verschiedene Erklärungsversuche erfahren.755 Im einzelnen gründen diese 1. auf Änderungen im Text a) durch Athetese: N i s b e t (390) greift angesichts der in v.150 obwaltenden Verständnisprobleme zum radikalsten Mittel der Verstilgung. b) durch Konjektur: Anstelle von aliosque schlägt R o n n i c k (790) atrosque,
failed him (but rather that victorious "Ulysses" [=Tiberius] will, and for the same reason)" (105). 755 Vor dem durch diesen Forschungsbericht abgedeckten Zeitraum sind noch erschienen: E. L a u g h t o n , Juvenal's other elephants, CR 6, 1956, 201; J. T r i a n t a p h y l l o p o u l o s , Juvenal's other elephants once again, Mnemosyne 11, 1958, 159.
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K e r s h a w (791) – wegen Enn. ann. 607 V. taetros elephantos – taetrosque vor756; ein Epitheton ornans hätte jedoch auch die Überlieferung (altosque P; vgl. Rabir. carm. fr. 3 elephans ... altus) zu bieten gehabt.757 2. auf Sondierung der Semantik. B a r r (773) verweist für alius auf gr. ἄλλος "with reference to an additional, but related, factor" (857) und übersetzt das Wort entsprechend durch 'as well, also'.758 3. auf Rekonstruktion des geographischen Horizontes der Antike. Ausgehend von der Beobachtung, daß bereits Homer zwei Äthiopiervölker unterscheidet (Od. 1,23 f.), von denen das westliche dann mit den Mauren (diese Stat. Theb.10,85 als Aethiopasque alios), das östliche bzw. südliche verschiedentlich mit den Indern gleichgesetzt wird (zum letzteren vgl. Verg. georg. 4,287–293), kann N a d e a u (770, bekräftigt 778) Juvenals Ausführungen als sachlich unspektakulär erweisen: Der Blick des Satirikers wandert vom westlichen Mauretanien (mit seinen afrikanischen Elefanten) zum eigentlichen Äthiopien, wo die anderen (indischen) Elefanten zu Hause sind.759 Die Formulierung selbst gibt sich dabei als parodistische Verzerrung wissenschaftlicher Gelehrsamkeit, wie sie etwa Stat. a.a.O. zu beobachten ist; A s t b u r y (775) erklärt sie sogar zur unmittelbaren Statiusreminiszenz.760 10,160 Nach N i s b e t (390) ist der Vers wegen erklärendem nempe, sachlich falschem exilium praeceps und kontextfremdem magnus als Interpolation zu verdächtigen; tilgt man den Vers, soll sich auch das Gerundiv mirandus (v.161) besser in den Zusammenhang fügen: Wäre nun doch nicht mehr von einem 'object of admiration', sondern einem 'object of astonishment' die Rede. 10,171 Vgl. zu 4,135.
756 Die Entstehung der Korruptel hätte sich demzufolge in zwei Stufen vollzogen: Aus taetrosque verschriebenes ceterosque wäre von einem späteren Kopisten als unmetrisch erkannt und unter Wahrung des Sinns in aliosque umkorrigiert worden. 757 Es läge dann die gleiche Verschreibung vor wie in 8,27 alto (Richards : alio codd.). 758 Die Erklärung schon bei J.C. R o l f e , On the use of alius in Jul. Capit. Vit. Ant. Pii V.4, CPh 23, 1928, 60–62, neuerlich – ohne Kenntnis der einschlägigen Forschungsliteratur – vorgetragen von F i n k e l p e a r l (781). 759 Gegen diese schon seit Friedländer (74) – wenn auch ohne speziellen Rekurs auf die genannten geographischen Vorstellungen – mehrfach vorgetragene Erklärung (vgl. T e n g s t r ö m (782); unter Hinweis auf die Statiusstelle etwa auch U l l m a n [393]) kann nicht ins Feld geführt werden, daß die mauretanischen Elefanten v.148 f. nicht eigens genannt sind; zur Gegenüberstellung von Mauri und Indi bei Juvenal vgl. noch 6,336 f. und – unter Erwähnung von Elefanten – 11,123–127. 760 Allerdings läßt sich A. durch die Thebaisstelle dazu verleiten, die Aethiopum populi von v.150 gerade auf die westlichen Äthiopier zu beziehen; unnötig auch sein Versuch, die Syntax des Satzes durch rursum et (rursus codd.) konjektural zu bessern.
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10,173–187 F r a s s o n i (798) verfolgt die Spuren des Xerxeszugs in der griechischen und römischen Literatur; in Juvenals Version sollen einzelne Motive (die leergetrunkenen Flüsse resp. Poseidon in Ketten) unmittelbar aus den "fonti greche originarie" (147) Herodot bzw. Aischylos bezogen sein. In v.175 ändert K i d d (768) isdem in aequor und gewinnt so eine hyperbolische Aussage über die Größe der persischen Flotte (zum Sachverhalt vgl. Hdt. 7,45, zur Formulierung Liv. 35,49,5). Doch fehlt ein wirklicher Anstoß: Der vorausgehende Hinweis auf die Durchstechung des Athos (v.173 f.) rechtfertigt das Demonstrativpronomen, der Folgevers den sachlichen Bezug des Satzes auf die Schiffsbrücke über den Hellespont. 10,189 In der Formulierung recto vultu ... pallidus erkennt auch T e n g s t r ö m (782) die von F o x formulierte Alternative "untroubled ... pale with anxious thought".761 10,192 Statt des aus dem Vordervers wiederholten Akkusativs deformem wird – relativ beliebig – follentem (N i s b e t [412]: 'baggy') oder laxatam (W a t t [418]) ins Spiel gebracht. 10,195 Um dem überschüssig anmutenden iam einen Sinn zuzuweisen, konjiziert N i s b e t (412 sowie 785) marcens (st. mater); vgl. jedoch W a t t (418): "iam mater merely implies that Juvenal believed the female ape to be uglier after parturition than before" (286). 10,197 G i a n g r a n d e s (391) Änderung von überliefertem ille alio in ardalio ist verfehlt: Die innere Ausgewogenheit der Aussage pulchrior ille hoc – hic robustior illo ist nach wie vor gestört, die pejorative Nuance des Substantivs (Georges s.v.: 'geschäftig tuender Müßiggänger, Schlemmer') im Zusammenhang fehl am Platze. Auch M a r t y n s (404) eloquio kann trotz des schol. z.St. quidam pulcher est, alter eloquens nicht überzeugen; spricht Juvenal hier doch ausschließlich über Unterschiede der äußeren Erscheinung. Im Ergebnis bleibt H o u s m a n s ore alio762 bis dato ohne ernstzunehmende Konkurrenz. 10,201 f. Der körperliche Verfall eines senex – so der Dichter – nimmt mit den Jahren solche Ausmaße an, daß sogar ein notorischer Erbschleicher wie Cossus seinen 761
W.S.F., Note on Juvenal x.188–89, CPh 9, 1914, 193–196, hier: 195 f.; klarer formuliert durch A d a m i e t z rec., 245: "magst du zuversichtlich sein oder voll banger Erwartung der Zukunft, so bittest du doch in jedem Fall um viele Jahre." 762 A.E.H., Ciceroniana, JPh 32, 1913, 261–269, hier: 268 f. = The classical papers of A.E.H., Bd. 2, Cambridge 1972, 873–879, hier: 878 f.
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Abscheu nicht mehr zu verbergen weiß. Da dieser Aussage eine überzeugende satirische Pointe fehle(!) und überdies mit dem cognomen Cossus in früheren Satiren (3,184; 8,21) keine negative Wertung verbunden sei763, will L a F l e u r (772) v.202 statt des Dativs Cosso den Nominativ Cossus lesen: "... so loathsome to his wife, his children, and himself, that he would turn away even a fortunehunter in disgust, though he be a Cossus" (600). Inmitten der – auch im folgenden fortgesetzten – Aufzählung aller möglichen Altersgebrechen muß jedoch gerade dieser Gedanke, weder Adel noch Reichtum böten dem Greis einen Ausweg aus seiner Misere, als störender Fremdkörper wirken. 10,207 Da überliefertes aliquid besten Sinn ergibt, besteht für H e n d r y s (417) Konjektur aliud kein Bedarf. 10,224 H e n d r y (417) ändert longa [sc. Maura] unnötigerweise in larga. 10,232–239 M o o g /S c h ä f e r (800) leuchten die Faktengrundlage der Passage aus: Demnach scheint das römische Recht die Anverwandten eines altersdementen Erblassers gegen dessen willkürliche Verfügungen tatsächlich kaum in Schutz genommen zu haben. 10,261 F a r r e r (764) ist beizupflichten, daß die Ersetzung von (konsekutivem? temporalem?) ut durch et die syntaktische Ausgewogenheit des Satzes fördert. 10,284 Für N i s b e t s (426) mutae (urbes) gibt es keinen wirklichen Anlaß. 10,293 ff. Für diese Verse reklamiert D u r o v (776), "that ... Juvenal is original in his approach to these motives accentuating the destructive power of the beauty of Lucretia and Virginia rather than their virtues" (Resümee, 103). Atque suum (P: suam Φ) grammatisch auf gibbum und sachlich auf die andersgearteten Rundungen Verginias zu beziehen (F a r r e r [764], 72: 'lower dorsal curve'; analog schon B ü c h e l e r s Assoziation gibbus pectoralis764), mündet in eine kontextfremde Anzüglichkeit, die mit Weidners Konjektur osque suum schwerlich konkurrieren kann. Attraktiv dagegen M a r t y n s (404) Textänderung et speciem, da sie nicht zuletzt auch die Entstehung der Korruptel atque suam zu erklären vermag: "An early gloss, suam, could have replaced speciem, leading to et suam and atque suam (metri causa)" (142). Dagegen bedeutet es 763 Für 3,184 läßt sich dies wohl nicht so eindeutig behaupten: Immerhin liefern dort die Zustände im Hauswesen des Cossus einen der Gründe, Rom den Rücken zu kehren. 764 F.B., Coniectanea, RhM 42, 1887, 472–473 = Kleine Schriften, Bd. 3, Leipzig 1930, 133–134.
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einen Rückschritt, wenn T e n g s t r ö m (782) – wie schon Friedländer – suam liest und mit faciem verbindet. Die Härte eines solchen Ausdrucks verliert sich auch dann nicht, wenn man gibbum mit T. nicht auf einen Buckel, sondern auf einen Nasenhöcker bezieht; im übrigen hätte ein genauerer Blick auf die als Parallele bemühte Formulierung von 6,108 f. (in naribus ingens / gibbus) gerade lehren können, daß solcherart verstandenes gibbus allzumal eines Zusatzes bedarf. 10,312 f. Die Heilung der vieldiskutierten Crux will C o u r t n e y (392) durch mariti / irae debebit, D e l z (419) durch marito / irato debet erreichen. 10,323 Der Rückgriff auf Mayors Enjambement Catullā (Abl. comp.) deterior (H ö g g [105]) kuriert ebenso wie W a t t s (427) Konjektur illinc (st. -ic) an Symptomen, wo eher der ganze Vers als Interpolation zu verdächtigen ist. 10,326 Die jämmerliche Mittelmäßigkeit des überlieferten Wortlauts ist W i e s e n (783) zufolge nicht auf nachjuvenalische Zudichtung des ganzen Verses765, sondern auf einen dezenzorientierten Texteingriff zurückzuführen. Auch in W.s rekonstruierter Fassung (erubuit cunno ceu fastidita repulso) befremden indes die unmotivierte Aufsparung des Subjektes für den Folgevers wie auch die nachgerade katachretische Gegenüberstellung der Prädikate erubuit und excanduit (v.327). Wenn H ö g g (105) statt der Athetese Versausfall nach v.325 in Erwägung zieht, wird das Problem letztlich nur verlagert, nicht behoben; die Miszellen von C l a y t o n (779, 780) waren dem Berichterstatter nicht zugänglich.766 10,329–345 N a p p a (802) vergleicht die Versionen des Silius-Messalina-Skandals bei Tacitus und Juvenal: Während das Geschehen ann.11,26–38 erkennbar als weiterer Beleg für die Unfähigkeit des Herrschers inszeniert ist, soll Juvenal den vordergründigen Argumentationshorizont des Gedichtes (Gefährdung durch Schönheit) zugunsten einer politisch-sozialen Analyse transzendieren, gelte sein Augenmerk doch "the danger for elite men created by the power of the emperor and the problem of powerful women" (191). 10,351 W a t t (427) sucht der Aussage durch magna caecaque eine Klimax abzutrotzen.
765
Sein Argument, v.326 sei neben folgendem nec (v.327) unverzichtbar, verfängt allerdings nicht: Ist die Konjunktion doch als Bestandteil der satzverklammernden Korresponsion nec ... minus quam legitimiert. 766 Nach dem Referat von S a n t o r e l l i (3), 666 verfolgt C. die merkwürdige Vorstellung, die Lesart nempe sei über mehrere Zwischenstufen aus creta entstanden.
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10,354 Der auch von Courtney (79) z.St. als "not quite perfect" charakterisierten Satzlogik will E d e n (411) durch Änderung von et poscas in exposcas aufhelfen. 10,355 B o d e l (788) kann zeigen, daß v.355, aber auch Petron. 31,11; 49,10 und Mart. 1,41,9 die bessere Überlieferung nicht auf die regelmäßig in den Ausgaben gedruckte Form tomac(u)la, sondern auf thumat(u)la/thymat(u)la führt. Etymologisch geht das auch in einem Herculanenser Graffito bezeugte Substantiv (CIL IV 10674, aus der Rechnung eines popinarius: thymatla) am ehesten auf θύμον (thymum) zurück und bezeichnet entsprechend ein 'thymiangewürztes Würstchen'. 10,356 R e e v e (771) registriert die syntaktische Sonderstellung des Verses inmitten der auf die 2.Ps. bezogenen Verbformen von v.354/357 sowie die sachliche Unvereinbarkeit seiner Aussage mit dem Satirenschluß767 und plädiert entsprechend für Athetese. Durch Hinweis auf Juvenals bewegten Satzbau und die inhaltliche Geschlossenheit von v.354–362 kann B r i n k (399) diese Einwendungen jedoch entkräften; C a m p a n a (89) hätte sie nicht mehr ohne weiteres übernehmen dürfen. 10,358 f. In einem kurzen Aufsatz hatte bereits O ' N e i l 768 von den denkbaren Übersetzungen dieses Satzes – a) 'that reckons death among the blessings of nature', b) 'that reckons length of life least among the blessings of nature', c) 'that reckons the last lap of life (i.e., old age) among the blessings of nature' – die letzte als mit den Darlegungen von v.188–288 unvereinbar ausgeschieden und von den verbleibenden der zweiten den Vorzug gegeben. Dagegen vertritt W i e s e n (769) die Ansicht, Juvenal stufe hier – in Fortführung von v.357 – gerade die mors (=spatium vitae extremum) als Wohltat ein, wobei er in erster Linie auf die ma. Rezeption unserer Stelle (schon das schol.z.St. kommentiert pro donis mortem habeat), aber auch auf Schwächen in O'Neils Argumentation verweist: Hatte dieser doch behauptet, das 'Mustergebet' von v.356–364 biete zu allen im Verlauf der Satire als töricht entlarvten Wünschen jeweils eine positive Entsprechung, und die Absicherung dieser These durch einigermaßen forcierte Bezüge zu erreichen gesucht. Trotzdem hat W. die Mehrheit der Argumente gegen sich: 1. Das an unserer Stelle vorausgesetzte Bild vom Leben als Wagenrennen vermag den Tod nur als 'Ziel' (vgl. Verg. Aen. 10,472 metasque dati pervenit ad aevi), nicht jedoch als spatium ... extremum ('die letzte Runde') zu begreifen; die 767 Möglicherweise ist jedoch gerade hier kein sicherer Referenzpunkt zu gewinnen: vgl. oben Anm. 746. 768 E.N.O'N., Juvenal 10.358, CPh 47, 1952, 233–234.
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zeitliche Ausdehnung des Ausdrucks ist auch durch Hinweis auf in extremo libro tertio (Cic. off. 3,9) u.ä. nicht aus der Welt zu schaffen. 2. Auch die Aussage des semantisch verwandten Verses 275 longae ... spatia ultima vitae läßt sich trotz W.s einseitiger Paraphrase ("the events leading up to death": 78) nicht auf den Aspekt des Todes einengen. 3. Der logische Bezug zum Vorausgehenden, wie ihn W. postuliert ("a brave mind that is not only(!) free from the fear of death, but even(!) welcomes life's end as natural and hence good": 74; Hervorhebungen W.K.), findet im lateinischen Text keine Entsprechung. 4. Der überwältigende Pessimismus, der – W. zufolge – die ganze Satire durchziehen und den Tod als unmittelbar erstrebenswert erscheinen lassen soll ("life has absolutely nothing to offer us": 80), läuft ihrer wirklichen Intention gerade zuwider: Nicht das Leben an sich ist schrecklich, sondern die landläufigen Vorstellungen von einem glücklichen Dasein! 10,359 Zu Recht insistiert B r i n k (399), daß hier am Versende mit GU und Bücheler dolores zu lesen sei: Ließe sich doch innerhalb weniger Verse eine mehr als matte Wiederholung von labores (vgl. v.361) durch nichts rechtfertigen. 10,365 f. Vgl. zu 14,315 f. 13. Satire 11 804. A.S. M c D e v i t t , The structure of Juvenal's eleventh satire, G&R 15, 1968, 173–179. 805. K. F e l t o n – H.H. L e e , The theme of Juvenal's eleventh satire, Latomus 31, 1972, 1041–1046. 806. K. W e i s i n g e r , Irony and moderation in Juvenal XI, CSCA 5, 1972, 227–240. 807. C. F a c c h i n i T o s i , Struttura e motivi della satira XI di Giovenale, SIFC n.s. 51, 1979, 180–199. 808. –, Nota a Giovenale 11,144, in: A. T r a i n a (Hg.), Satura. Studi in memoria di E. Pasoli, Bologna 1981, 73–85. [11,142] 809. F. J o n e s , Towards an interpretation of Juvenal Satire 11, AClass 26, 1983, 104–107. 810. F. D u p o n t , Peut-on utiliser les textes satiriques comme documents sur la civilisation romaine? Un exemple: la nourriture (Horace, Satires, II,2 – Juvénal, Satires, XI), in: LALIES (Actes des sessions de linguistique et de littérature) 9 (Aussois, 31 août – 5 septembre 1987), Paris 1990, 163–171. 811. F.M.A. J o n e s , The persona and the addressee in Juvenal Satire 11, Ramus 19, 1990, 160–168.
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812. M.M. W i n k l e r , A Virgilian echo in Juvenal's eleventh satire, RhM 133, 1990, 375–378. [11,70 f.] 813. R. G u t i é r r e z G o n z á l e z , A note on Juvenal 11,156: pupillares testiculi, Arctos 42, 2008, 65–68. 814. E. M e r l i , Cenabis belle. Rappresentazione e struttura negli epigrammi di invito a cena di Marziale, in: A.M. M o r e l l i (Hg.), Epigramma longum. Da Marziale alla tarda antichità. From Martial to Late Antiquity. Atti del Convegno internazionale Cassino, 29–31 maggio 2006, Bd. 1, Cassino 2008, 299–326. Vgl. auch A d a m i e t z (318). a) Gesamtsatire und Großabschnitte Die von der Forschung üblicherweise vorgenommene Einstufung von Iuv.XI als – um einen "introductory chat" und einige "casual asides" (173) bereichertes – Einladungsgedicht769 wird von M c D e v i t t (804) überzeugend korrigiert: Demzufolge kommt der Einladung nur die Rolle eines Aufhängers zu; im Zentrum des Gedichtes steht eine Invektive gegen den Tafelluxus und damit ein genoskonformes Thema, das zudem noch durch seine klar strukturierte Präsentation zu überzeugen vermag: v. 1– 43 v. 77–182
1. Thema: Postulat einer vernünftigen Relation zwischen Dinerkosten und Vermögen; 2. Thema: Kritik an der Abkehr von der Einfachheit der Altvorderen.770
Trotzdem fehlt es auch in den Folgejahren nicht an Versuchen, das Gedicht mit einem gattungsfremden Gehalt zu belasten. F e l t o n / L e e (805) wollen die zentrale Aussage der Satire eher unspezifisch fassen: Sowohl die Luxuskritik wie auch die Beschreibung des frugalen Mahles "make a subordinate contribution to the chief aim of the satirist: to urge us to come face to face with the true nature of persons, things and behaviour and to distinguish between what is essential and what is not" (1045).771 Wieder ein anderes Bild zeichnet W e i s i n g e r (806): Hiernach konstatiert der Dichter v.1–23 gerade die Unmöglichkeit, allgemeinverbindliche Moralgesetze zu formulieren, und ruft die Leser entsprechend zur Bilanzierung der eigenen Lebensumstände auf (v.35 f.), um schließlich im weiteren Verlauf der 769
So etwa G. H i g h e t (zit. oben Anm. 1); zur Detailgliederung vgl. ebd. 2793. Ein umfassendes Aufbauschema findet sich bei M. 177 f.; den im engeren Sinne satirischen Charakter des Gedichtes vertritt – mit anderer Gliederung – auch A d a m i e t z (318): vgl. oben S. 145f. 771 Durch diese nivellierende Aussage wird auch die Neubewertung mancher Einzelstelle erforderlich: So muß die v.21 ff. getroffene Feststellung jetzt als ironisch und die v.1 f. formulierte Differenzierung als insgesamt verfehlt eingestuft werden. 770
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Satire den gelungenen Vollzug dieses Postulats am eigenen Beispiel zu demonstrieren: Hat er es doch verstanden, zwischen einstiger Frugalität und moderner Verschwendungssucht eine vernünftige, seinen Verhältnissen angemessene Position zu beziehen, die durchaus auch die Freuden des Lebens zu ihrem Recht kommen läßt (v.208).772 Zum gleichen Ergebnis kommt – unabhängig von W. – auch F a c c h i n i T o s i (807), die im einzelnen den Nachweis führt, wie Juvenal das traditionelle Motivrepertoire der vocatio ad cenam773 zur Demonstration ethisch richtigen Verhaltens umfunktioniert (vgl. bes. v.56 f.). Zwischen den beiden Hauptteilen der Satire beobachtet sie dabei eine leichte Themenverschiebung: Die Forderung, sich über die (v.a. materiellen) Bedingungen der eigenen Existenz bewußt zu werden, verwirklicht Juvenal in Form ideeller Äquidistanz von allen Extremen und kann so das Recht für sich ableiten, der im eigenen Namen formulierten Luxuskritik eher grundsätzlichen Charakter zuzuweisen. Für J o n e s (809) hinwiederum reduziert sich das Gedicht ab v.56 auf eine Satire ad personam: Persicus, allein schon durch seinen Namen, aber etwa auch durch die Aussage von v.204–208 als verwöhnter Genußmensch kenntlich, bekommt von seinem 'Gastgeber' "a day off decadence as if to allow him to return to it all the fresher (hence the rehabilitating menu)"774 (106) offeriert. Für die Gesamtkonzeption des Gedichtes wäre demnach zu folgern: "Food is a perennial topos of ancient moralising and in this satire Juvenal has parodied its simplistic forms" (ebd.). In einer späteren Arbeit (811) ist J. vor allem bemüht, der Anfangspartie des Gedichtes eine klarere Funktion innerhalb seines Gedankengebäudes zuzuweisen. Demnach gestalte der Satiriker v.1–55 in der persona des moralischen Instruktors "a burlesque of a moralising commonplace" (162), welche die "inadequacy of the dual value-system described" (166) hervortreten läßt und die Leser atmosphärisch auf den folgenden vocatio-Teil einstimmt. Dort schlüpfe Juvenal in eine neue Rolle, um nunmehr als 'Freund' des Persicus den Angeredeten im augenzwinkernden Einverständnis mit dem Publikum als typischen Vertreter der zeitgenössischen Dekadenz zu denunzieren. Allein schon durch das – solcherart eher unzulänglich kaschierte – Fehlen einer substantiellen logischen Verknüpfung zwischen den beiden Hauptteilen wird dieser Interpretation letztlich der Boden entzogen.
772 Als Grundtenor des Gedichtes konstatiert W. abgeklärte Selbstironie, die sowohl dem theoretisierenden Moralisten wie auch dem kompromißbereiten Lebenspraktiker den Adel besonderer Autorität versagt. 773 Hier ist die Untersuchung den Vorgaben von F. C a i r n s , Generic composition in Greek and Roman poetry, Edinburgh 1972, verpflichtet. 774 Diese Einschätzung bezieht J. aus Menübestandteilen wie pinguissimus haedulus (v.65 f.) und montani asparagi (v.68 f.).
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M e r l i (814) blickt weniger auf die Zielsetzung als auf die Genese von sat.11, indem sie das Gedicht als Dokument eines lebendigen Gattungsdialogs zu fassen sucht: Wie Martial seine längeren Einladungsgedichte (5,78; 10,48; 11,52) um eine der Satire entlehnte Menü-Übersicht erweitert, habe Juvenal umgekehrt die satiretypische Polemik gegen den Tafelluxus durch Einbezug der – vorzugsweise im Epigramm beheimateten – Einladungsthematik bereichert. D u p o n t (810) schließlich erinnert am Beispiel von v.64–85 daran, daß sich die römische Satire keineswegs die Abbildung der Realität, sondern die Sicherung ethisch-kultureller Normen zur Aufgabe gesetzt hat. Entsprechend erlauben es die in unserer Passage genannten Speisefolgen nicht, "de reconstituer un repas romain paradigmatique, mais de restituer la grammaire alimentaire des Romains, autrement dit de retrouver le statut symbolique de chacune de leurs nourritures" (163). b) Einzelstellen 11,48 f. Die Athetese von v.48b–49a (N i s b e t [390]) ist weder von Nutzen noch auch nur geboten. 11,57 Zwecks Hiatvermeidung schlägt N i s b e t (412) ‹tibi› vita, D e l z (419) vita‹que› (Polysyndese -que ... et ... et) vor. 11,70 f. W i n k l e r (812) hält es für ausgemacht, daß der Wortlaut von v.70 f. grandia .../ ova adsunt ipsis cum matribus auf Verg. Aen. 1,635 pinguis centum cum matribus agnos (ebenfalls im Kontext eines Gastmahls) zurückgeht; doch auch wenn man diese Beobachtung mit den unleugbaren Aeneisbezügen von v.60–63 und 180 f. kombiniert, rechtfertigt dies keineswegs die Aussage "To Juvenal's eleventh poem, the Aeneid represents nothing less than a substratum underlying the whole satire" (378). 11,79 N i s b e t s (426) Einfall, die – im übrigen ganz unverdächtige – Verbform ponebat wahlweise durch torrebat (vgl. Willis [11]) oder properabat zu ersetzen, bringt keinerlei Gewinn. 11,101 N i s b e t s (412) Konjektur recepta wäre im Zusammenhang eher zu erwarten als das überlieferte reperta. 11,106 U l l m a n s (393) Textänderung (clipeo) vementis (zur Konstruktion vgl. auch 9,11 salibus vehemens) läßt außer acht, daß das überlieferte Partizip venientis in v.107 pendentis seine Fortsetzung erfährt.
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Juvenal (1962-2011)
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11,112 N i s b e t (390) hält die Doppelung media mediamque für "inept" (237) und konjiziert an der zweiten Stelle entsprechend tacitamque (o.ä.). 11,142 ff. F a c c h i n i T o s i (808) will dem Motiv 'Mundraub' in diesem Abschnitt keinen Platz einräumen; vielmehr liefere Juvenal in der Charakteristik seines Sklaven ein Gegenbild zum wohlausgebildeten structor (v.136–141) an der Tafel des Reichen: Er versteht sich nicht darauf, erlesene Braten zu zerlegen (v.142 subducere: 'beim Tranchieren herausschneiden'), sondern ist nur an exiguae frustis (dies bei P2 und in einigen dett. als Variante für furtis belegt) ... ofellae (v.144) gewöhnt, wie sie offenbar auch Mart.10,48,15 anfallen. Sieht man von sprachlichen Problemen ab (frustis imbutus soll 'vertraut mit dem Zerteilen' heißen), vermag auch die solcherart herbeigeführte Wortwiederholung frustum/frustis v.142/144) nicht für sich einzunehmen: Eher hat v.142 dazu beigetragen, daß v.144 frustis in den Text eindringen konnte. Auch die Änderung von tempore (v.144) in crimine (N i s b e t [412]) bzw. nomine (W a t t [427]: 'on every count') dürfte kaum Zustimmung finden. 11,147–151 T r a p p e s - L o m a x (424) zufolge sind in der Beschreibung des Mundschenken (v.145–161) neben den längst als Interpolation entlarvten Versen 147b–148a775 und 161 auch v.149 ff. (wegen des unvermittelten Bezugs auf mehrere Sklaven und des Hiats in v.151) zu tilgen. 11,154 Daß N i s b e t (422) ingenuique pudoris neben ingenui vultus für "conventional and tautological" (228) erachtet, genügt nicht als Begründung für seine Konjektur ingenitique p. 11,156 V i a n s i n o (413) rechnet für raucus mit der Bedeutung 'im Falsett'; doch kann der von ihm als Parallele herangezogene v.6,515 dies nicht zwingend stützen (rauca cohors dort möglicherweise nur 'heiser gebrüllt'). Dagegen beseitigt G u t i é r r e z G o n z á l e z (813) die Verständnisprobleme von v.156 ff. überzeugend, indem er für pupillares (testiculos) die Bedeutung 'auf jung gemacht' (=depiliert) ansetzt.
775 Neuere Versuche, den beiden Halbversen durch Änderung der Satzgrenzen oder durch Ersetzung des überlieferten et bzw. in magno einen überzeugenden Sinn zu verleihen, sind zu Recht ohne Echo geblieben: C o u r t n e y (392) interpungiert non a mangone petitus / quisquam erit. in magno cum posces, posces Latine, was sich auf die Sitte beziehen soll, im Laufe eines Mahls à la grecque größere Becher zu verlangen; G i a n g r a n d e (391) konjiziert Inachio (auch H ö g g [105] vermutet hier eine Nationalitätsbezeichnung im Ablativ), M a r t y n (405) in medio ("will be in attendance": 218), W a t t (427) hic Macedo (in Verbindung hiermit soll auch v.147 petitus durch paratus zu ersetzen sein).
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11,187 N i s b e t (422) sucht die Ausgewogenheit der Formulierung konjektural zu fördern: Nach prima ... luce sei nocte ... tacita zu erwarten, die Kolongrenze ohnedies eher vor bilem (Penthemimeres!) zu vermuten. 14. Satire 12 815. A.D. P r y o r , Juvenal's ridiculum acri fortius: problems of Satire 12, Resümee in BICS 16, 1969, 170. 816. E.S. R a m a g e , Juvenal, Satire 12: On friendship true and false, ICS 3, 1978, 221–237. 817. F. J o n e s , A visual pun at Juvenal 12.81, LCM 7, 1982, 140. 818. J. A d a m i e t z , Juvenals 12. Satire, in: M. W o r o n o f f (Hg.), Hommages à J. Cousin. Rencontres avec l'antiquité classique, Paris 1983, 237– 248. 819. W.S. S m i t h , Greed and sacrifice in Juvenal's twelfth satire, TAPhA 119, 1989, 287–298. 820. M.V. R o n n i c k , Form and meaning of Juvenal's twelfth satire, Maia 45, 1993, 7–10. 821. –, Juvenal, Sat. 12,32: Catullus' shipwreck, MH 50, 1993, 223–224. 822. –, Juvenal, Satire 12.81: ubi est 'ibi'? Scholia (Durban) 4, 1995, 105–107. 823. W.-W. E h l e r s , Von Bibern und Menschen. Anmerkungen zur 12. Satire Juvenals, in: C. K l o d t (Hg.), Satura lanx. Festschrift für W.A. Krenkel, Hildesheim 1996, 57–73. 824. R. H e n k e , Elefanten, Tochtermörder und Erbschleicher: Juvenal, Sat. 12,93–130, Hermes 128, 2000, 202–217. 825. D.H.J. L a r m o u r , Lightening the load: castration, money, and masculinity in Juvenal's Satire 12, SyllClass 16, 2005, 139–172. 826. C. L i t t l e w o o d , Poetry and friendship in Juvenal's twelfth satire, AJPh 128, 2007, 389–418. 827. N. A d k i n , Three notes on Juvenal's twelfth satire, Philologus 152, 2008, 128–137. [12,18 f.; 29; 35 f.; 54 f.] Vgl. auch I o r i l l o (280). a) Gesamtsatire und Großabschnitte Erst im Berichtszeitraum unternimmt es die Forschung, sich mit Gehalt und Gestalt der eher ungewöhnlichen 12. Satire näher auseinanderzusetzen.
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Den Anfang macht die Analyse von R a m a g e (816).776 Hiernach schildert der in lockerer Briefform gestaltete Rahmenteil des Gedichtes die von Juvenal ausgerichteten Feierlichkeiten angesichts der glücklichen Heimkehr eines Freundes (v.1–16 öffentliches Opfer; v.83–92 Fortsetzung und Verweis auf ein weiteres privates Fest).777 Zwei umfangreiche Einlagen begründen dieses Handeln (v.17–82: hochdramatische Erzählung des von Catullus erlittenen Beinahe-Schiffbruchs mit ironischem Seitenhieb auf den Luxushandel zur See)778 bzw. nehmen es gegen Mißverständnisse in Schutz (v.93–130: als Satire en miniature inszenierter Angriff gegen die geheuchelte Freundesliebe der Erbschleicher). In seiner Gesamtheit ist das Stück als eine Art philosophischer Essay über das wahre Wesen der Freundschaft konzipiert (vgl. bes. den Schlußsatz v.128 ff.). Andere Schwerpunkte setzt die Interpretation von A d a m i e t z (818), derzufolge das eigentliche Thema der Satire – Polemik gegen die Erbschleicher – bis zum Schlußabschnitt (v.93–130) aufgespart ist und die ersten beiden Werkdrittel allein durch dessen Vorbereitung legitimiert sind: Die Uneigennützigkeit von Juvenals amicitia wird als Folie für das berechnende Wesen der captatores779, die innere Freiheit des Catullus gegenüber materiellen Gütern (vgl. v.37–49 sein erstaunliches Verhalten während des Seesturms im Kontrast zur Reaktion eines 'normalen' Händlers, wie sie 14,265–302 beschrieben ist) als Gegenstück zu deren grenzenloser Gier herangezogen.780 Durch exakte, unvoreingenommene Würdigung des Textes vermag E h l e r s (823) das sympathische Bild, das Adamietz vom Sprecher der Satire wie von Catullus gezeichnet hatte, schlagend zu bestätigen: Nirgendwo wird Juvenals Opfer als ungerechtfertigt denunziert, nirgendwo das Verhalten des Großkaufmanns direkt oder indirekt in Frage gestellt.781 Weniger überzeugt 776 Die ältere Arbeit von P r y o r (815) nimmt nicht das Gesamtgedicht in Augenschein: vgl. unten S. 360. 777 Dieser Teil des Gedichtes wird mit F. C a i r n s (zit. oben Anm. 773), 16–31 der Gattung Prosphonetikon zugerechnet; berechtigte Einwände bei E h l e r s (823), 583. 778 Vgl. v.57–61, deren implizites Urteil im Falle des Catullus durch das – zweifelhafte? – Kompliment von v.48 f. (die Fortführung des Gedankens in v.50 f. ist als Glosse zu athetieren) gemildert scheint. 779 Eine ähnliche Aufgabe hatte der Satiriker schon sat.11 (eigene Frugalität vs. Tafelluxus der Zeitgenossen) wahrgenommen. Im übrigen ist A.s Einschätzung zuzustimmen, wonach der Überschwang in Juvenals Gebaren und Zurüstungen (v.1; 3–6; 87–92) darauf abzielt, den Verdacht der Erbschleicherei bewußt zu evozieren und so die folgenden Ausführungen nicht nur vorzubereiten, sondern nachgerade zu erzwingen. 780 Unter dieser Annahme erfährt die Erzählung von v.17–82 eine weit bessere Begründung als durch R a m a g e s (816) Vermutung, sie sei den formalen Vorgaben eines "poem celebrating the safe return of a ... loved one" (237) geschuldet. 781 Bezeichnenderweise ist auch die von Catullus nachvollzogene Selbstrettung des Bibers (v.34 ff.) in der gesamten antiken Literatur durchweg positiv beurteilt: Auch hier wird der
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allerdings E.s Neubestimmung des Satirenthemas, das – in Analogie zu früheren Juvenalsatiren – in der Kritik des entarteten Klientelwesens zu suchen sein soll: Während der Klient Juvenal sein officium gegenüber dem Patron Catullus selbstlos und vorbildlich versieht, sind die Erbschleicher unter den Klienten umgekehrt auf Eigennutz und Ausbeutung ihrer Patrone (=Erblasser) erpicht; "das durchgehende Thema dieser Satire ist demnach also das angemessene und das unangemessene, das selbstlose und das eigennützige officium eines Klienten" (68). Vor diesem Hintergrund will der abschließende Fluch nec amet quemquam nec ametur ab ullo (v.130; "der Erbschleicher soll keinen Klienten haben, der ihn mag, keinen Klienten, den er mag, ... er soll zeitlebens auf das Verhältnis verzichten, das für die römische Gesellschaft ... konstitutiv ist": 69) doch einigermaßen kraftlos erscheinen. Demgegenüber sind Untersuchungen aus dem angloamerikanischen Sprachraum durchweg darauf fixiert, den Sprecher der Satire (Juvenal?), seinen amicus Catullus und/oder den Adressaten Corvinus als moralisch defizitär zu erweisen und vor diesem Hintergrund eine gegenläufige Gedichtaussage zu evozieren: P r y o r (815) glaubt, das zentrale Problem von sat.12 gelöst zu haben: Die Pointe des Gedichtes soll nämlich im Namen des Adressaten liegen, werde dieser doch – wegen der sprichwörtlichen Gier des corvus – offenbar als captator gekennzeichnet: "Thus a satire on captatio is ironically addressed to a captator and the change of direction at l.92 would surprise Corvinus who would have assumed Juvenal's motive for celebrating Catullus' escape was not disinterested" (170).782 Auch für S m i t h (819) besteht kein Zweifel an der satirischen Ausrichtung des Gesamttextes; formuliere doch Juvenal in Gestalt eines Willkommensgrußes, der Liebe und Freundschaft als wohlfeile Chiffre im Munde führt, einen breitangelegten Angriff gegen zwei verschiedene Erscheinungsformen der avaritia, nämlich den raffgierigen Seehandelskaufmann in Gestalt des Catullus wie auch – in einem "unexpected turn" (295) – das abscheuliche Gesindel der captatores.783 Mit horrender Gewaltsamkeit wird dem Sprecher dabei eine innere Aversion gegen Catullus abgerungen: Nirgendwo trage er sich mit dem Gedanken, den 'Freund' wiederzusehen, geschweige denn, ihm eine cena auszurichten, habe er doch letztlich gar kein Interesse an einer Freundschaft mit dem Gescholtenen (dies wegen v.93 ff.!). Catullus selbst disqualifiziere sich allein schon durch seinen Beruf als Seekaufmann (v.33 f. zufolge handelt er Seereisende also gerade nicht als irrational handelnder Gierschlund, sondern als vernünftig abwägender Kaufmann sichtbar. 782 Dagegen spricht nicht zuletzt, daß Juvenal den Namen auch andernorts (1,108; 8,5 & 7) ohne abwertenden Beiklang verwendet. – Über P.s Rechtfertigung des Elefantenexkurses vgl. unten zu v.102–110. 783 Erst nachträglich sollen die beiden Themen durch das Moment der Profitgier (v.126 f.) zu einer Einheit verschmolzen sein.
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sogar noch mit den Stürmen), aber etwa auch durch seine Ängstlichkeit (v.15 f.)784, seine Hysterie (v.22 ff.) und seine Besitzgier(!)785; seiner ganzen Erscheinung soll sich der Sprecher nur in einem "subtly sardonic, mocking tone" (290) nähern können. Insgesamt spiegelt die Untersuchung weniger den realen Textbefund als die immense Voreingenommenheit des Interpreten.786 Für R o n n i c k (820) wiederum handelt die ganze Satire von religio im weitesten Sinne, nämlich den Opfern, mit denen Menschen dem Ziel ihrer Wünsche näherzukommen suchen: Catullus trennt sich von allem Handelsgut, um von den Göttern seine Rettung zu erreichen, die Erbschleicher schlachten nötigenfalls Elefanten und mehr, um ihren Besitz zu vervielfachen; der Sprecher schließlich – nicht Juvenal, sondern die persona eines "egomaniacal, unrequited lover" (9) – setzt alles daran, durch den Anschein einer "noble devotion to an unresponsive love object" (ebd.)787 seinen Ruf zu fördern. Welche Nutzanwendung das Lesepublikum aus derlei Erkenntnissen für sich selbst hätte beziehen sollen, läßt die Vf.in bezeichnenderweise unbeantwortet.788 Ein besonders abschreckendes Beispiel verquaster Zeitgeistphilologie liefert L a r m o u r (825), der das Bibergleichnis von v.34 ff. zum "ideological 'ground zero' " (139) des gesamten Gedichtes erheben will. Durch dieses Bild werde der seesturmgebeutelte Catullus als "eunuch beaver" (142) verspottet, da er sich durch Opferung seiner Handelsgüter gewissermaßen selbst entmanne und demzufolge – analog zur unstillbaren Sexgier von Eunuchen – zeitlebens unersättliche Besitzgier zu erleiden habe.789 Letztlich soll das Kastrationsmotiv jedoch bis zum Ende des Gedichtes fortwirken: Vgl. v.53–56 Kappen des Mastes (Penisverlust!), v.72 sublimis apex (ebenso wie v.76 Tyrrhenamque Pharon 784 Daß amicus an dieser Stelle ironisch getönt und v.29 nostro ... Catullo wertneutral als "Catullus who is the subject of our poem" (290) gemeint sein soll, liegt dann natürlich auf der Hand. 785 Ohne seine Luxuswaren soll von ihm, v.34 ff. zufolge, nur noch "a sort of eunuch beaver" (29315) übrigbleiben. 786 Kaum neue Akzente setzt H e n k e (824), wenn er – auf Smiths Spuren – Catullus neuerlich als "Typus des habgierigen Kaufmanns ... (und) Opportunisten" (204) karikiert sieht und sat.12 folgerichtig als Kritik an der Habsucht unter zweierlei Gestalt versteht. Die Einheit des Gedichtes soll dabei weniger durch den Inhalt als durch strukturelle Bezüge (Juvenals aufrechtes Opfer ↔ surrealer Opferwettstreit der Erbschleicher, wahrer Freund ↔ falsche 'Freunde') gewährleistet sein. 787 Auch R. sieht Juvenals Haltung gegenüber Catullus mithin von Aversion geprägt; anders als bei Smith (819) fällt die Verantwortung hierfür jedoch nicht auf den unsympathischen Handelsherrn, sondern auf den ichbezogenen Sprecher zurück. 788 Daß R. auch ein paar nichtssagende Wortwiederholungen (v.7 arae – v.112 aras; v.14 grandi – v.127 grande) zu tragenden Elementen der künstlerischen Gesamtkonzeption erklärt, wird wohl ebenfalls nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. 789 Daß das Verhalten des Seekaufmanns von seiten des Satirikers v.48 f. ausdrückliche Anerkennung findet, wird hier natürlich souverän übergangen.
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Phallussymbol!), v.73 sumen (Gleichklang mit semen!), v.79 trunca puppe ("richly allusive": 162) bis hin zum Kinderopfer des Erbschleichers (v.118 ff.; "in a sense, Pacuvius castrates himself as Catullus did, by sacrificing his daughter": 167); und der Name Catullus will natürlich a priori das Attisgedicht des gleichnamigen Neoterikers (Hauptthema: Kastration!) evozieren.790 Haltlose Spekulationen dieser Art haben mit wissenschaftlich betriebener Latinistik natürlich nichts mehr gemein. L i t t l e w o o d (826) schließlich sucht die Satire im wesentlichen auf einen Gegensatz zwischen der idyllischen Welt des Dichters und dem materialistischen Kosmos seiner Freunde, des "luxury-loving" (391)791 Großkaufmanns Catullus und des Erbschleichers(!) Corvinus, zu reduzieren und diese Antinomie zudem an "generic oppositions" (389; Bukolik, Elegie, Lyrik ↔ Epos, Tragödie) festzumachen.792 Indes ist Juvenals Gestus der Bescheidenheit nicht ohne Gewalt poetologisch auszuwerten793; und im weiteren Verlauf rechtfertigen es weder der von Catullus erlebte Seesturm ("the mock-heroic pretension of the narration can be read rather as a reflection of the life style of Catullus": 397; "literary convention dictates Catullus' experience"794: 405) noch das von dem heredipeta Pacuvius795 ins Auge gefaßte Elefantenopfer ("the elephants are exotic monsters reserved for the high and mighty, whether for the person of Caesar, the pursuit of war, or the genre of epic": 408), den Freunden "debased epic environments" (414) zuzuschreiben oder dem Satiriker widerstrebende Zugeständnisse an die Lebensrealität zu unterstellen: "His Horatian idyll is compromised by the proximity of the city, by his own lack of moral rigour, or, more kindly, by his willingness to accomodate the shortcomings of his friends" (415).
790
Weitere Erträge dieser Art, 'untermauert' durch willkürliche Verknüpfung inkommensurabler Belege zu den Motiven 'Biber', 'Kastration und Impotenz', 'Seehandel und Schiffbruch', 'Materialismus' wären noch zahlreich zu nennen; allein die Physiognomie der Elefanten (v.102–110) ist L. keine eigene Erwähnung wert. 791 Über die Unrichtigkeit dieser Einschätzung vgl. E h l e r s (823), 63; hierzu L.s weltfremde Entgegnung (40449): "his further argument (...), that Catullus is not personally luxurious because he merely traffics in luxuries, I find enormously perverse." 792 "The poem as a whole depends on an opposition between the bucolic/elegiac idyll of the poet and the bigger genres of epic and tragedy, genres that, at least in degraded form, characterize the life of both merchant and legacy hunter" (410). 793 Vgl. etwa zu v.3–9 (mit unzutreffendem Verweis auf Gérard (182), 359 f.): "this is a public sacrifice transposed to a private setting and, in poetic terms, to the genus tenue" (393). 794 Im übrigen wird die Beinahe-Katastrophe durch den Bezug auf (u.a.) epische Erzählmuster (v.22–29) nicht ins Lächerliche gezogen, sondern auf einen erzählökonomisch vertretbaren Umfang gekürzt. 795 Auch seine Namensgleichheit mit dem altrömischen Tragiker weiß L. für die von ihm vertretene Interpretation zu buchen (410): "Pacuvius [sc. suggests] what is poetically undesirable (tragic bombast)."
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b) Einzelstellen 12,4 Zur Erklärung der Junktur Gorgone Maura vermutet H e n d r y (417): "...the Gorgons are ugly because they are African" (263); N i s b e t (422) versteigt sich gar zu der Annahme, Juvenal könne Maurae geschrieben und damit "a satiric description of Minerva herself" (229) beabsichtigt haben. 12,13 Bemerkenswert W a t t s (418) Vorschlag, das unverständliche Substantiv sanguis durch saltus (Genitiv zu Clitumni) zu ersetzen. 12,14 G i a n g r a n d e (391) sieht die in P wie auch im cod. Floriacensis des Servius (zu Aen.8,106) unmetrisch überlieferte Textvariante iret et grandi bzw. magno als Anspielung auf das alte Epos (mit der Messung irēt) legitimiert: Doch sind einschlägige Stellen auch bei den Früheren nahezu ausschließlich vor der Zäsurpause belegt. 12,18 f. Nach A d k i n (827) hätte Juvenal den Inhalt dieser Verse durch das Mittel der Elision symbolisch spiegeln wollen: Für caelum abscondere bedeutet dies: "The deliberate ecthlipsis of caelum would ... appear to be intended as an acoustic counterpart to the sky's matching eclipse by darkness" (135); für nube una: "just as the sky is covered by a single cloud, so the words denoting this 'single cloud' calesce metrically to form a correspondingly single unit" (136).796 12,29 C o u r t n e y s (392) Befremden über die Verwendung von similis in unserem Zusammenhang ist nicht ohne weiteres nachzuvollziehen (warum nicht: 'ähnlich, wie es die vorgenannten Votivbilder [v.27 f.] darstellen?'); doch auch wenn das Adjektiv einer aus dem Kontext von v.78 verdrängten Marginalvariante entstammen sollte (dort hatte Housman statt überliefertem igitur gerade similis konjiziert), dürfte es wohl nicht durch qualis zu ersetzen sein ('take for example the fate which befell C.': 42). A d k i n (827) hingegen weist dem Vers gerade in seinem überlieferten Wortlaut eine besondere Qualität zu: Soll er doch durch parodistische Übereinanderblendung von Verg. Aen. 12,593 accidit haec fessis etiam fortuna Latinis und 1,628 f. me quoque per multos similis fortuna labores / iactatam haec demum voluit consistere terra geschaffen worden sein.
796 Analog begründet A. v.35 f. die Elision eunuchum ipse ("The loss of a part of eunuchum by ecthlipsis would seem to mirror the eunuch's similar loss of a 'part' ": 136) sowie umgekehrt den Hiat testiculi adeo ("testiculi's detachment from the exigencies of versification would seem to be a metrical reflection of its similar detachment from the body to which it belongs": ebd.).
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12,32 K i l p a t r i c k (398) will in diesem Vers arbore ‹et› incerta (Ablativ parallel zu undis), R o n n i c k (821) roboris incerti (Apposition zu puppis) herstellen. 12,35 f. Vgl. oben zu v.18 f. 12,54 f. Nach A d k i n (827) erfordert es die Erläuterung von v.55b–56, se / explicat angustum als "he gets out poor" (129) zu fassen und angustum entsprechend als proleptisches Prädikativum zu se zu ziehen. 12,60 f. G r i f f i t h (396) plädiert, die nahezu einheitlich überlieferte Verbform aspice gegen Housmans Konjektur accipe zu halten: Juvenal spreche hier vom 'Durchchecken' der Notfallausrüstung. 12,78 Wer sich hier weder mit überliefertem igitur noch mit Housmans Konjektur similis anfreunden kann, bekommt von E d e n (411) cinctos, von N i s b e t (412) veteres vorgeschlagen. 12,81 R o n n i c k (822) liest hier mit P ibi (ubi Φ) und glaubt sich berechtigt, diese verirrte Ortsangabe auf einen Isistempel im Hafen von Ostia zu beziehen. J o n e s ' (817) Vorschlag, vertice raso nicht nur auf die Erfüllung eines Gelübdes (Adamietz [16] z.St.: "Aus Dankbarkeit für die Rettung aus Seenot schor man sich den Kopf"), sondern auch noch auf den stupidus des Mimus zu beziehen (vgl. 5,171 ff.), zeugt von dem bemühten Versuch, die Gefahren des zuvor berichteten Seesturms ins Lächerliche zu ziehen: "the sailors are playing the clown with Catullus' epic storm" (140). 12,91 N i s b e t s (412) Empfehlung, cuncta nitent wegen seines scheinbar repetitiven Charakters (nach v.88 simulacra nitentia) durch certatim zu ersetzen, führt nicht zu der von ihm gewünschten Aussage "the front door vies with the decorations inside" (108). 12,102–110 Der befremdliche Elefantenexkurs erklärt sich nach P r y o r (815) dadurch, daß Juvenal das Rüsseltier in allen Satiren des 4. Buches als Symbol für seine zentralen Themen ("the gross, the extravagant, the foreign and the hunger of power": 170) verwende.797 A d a m i e t z (818) dagegen äußert sich dahingehend, daß innerhalb der Klimax singulärer Opfer, zu welchen sich die Erbschleicher bereitfinden (Elefanten, Sklaven, eigene Töchter) das erste – und 797
Für einen ähnlich abwegigen Erklärungsversuch von B r a u n d (362) vgl. oben Anm.
386.
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nur dieses – nähere Erläuterung durch die außergewöhnlichen Eigenschaften dieser Tiere verlangt; und auch H e n k e (824) führt der Elefanten "erhabene ... Sondererscheinung in der Tierwelt" (210) zur Begründung an. Eher gequält dagegen H ö g g (105), der den Elefantenexkurs gegen sprachlich-stilistische Bedenken verteidigt, seine inhaltliche Kontextferne jedoch eher verdrängt: "Nach der genauen Funktion des Exkurses sollte man nicht fragen" (222).798 12,115–119 Nach H e n k e (824) sollen v.115 alter und v.118 illi nicht die gleiche Person zum Gegenstand haben, sondern auf eine groteske Konkurrenz der Erbschleicher Novius (a.) und Pacuvius (i.) verweisen. – In v.116 sucht E d e n (411) durch (grege) taurorum magno [et] eine Klimax Vieh – Sklaven – Tochter herbeizukonjizieren; W a t t (427) schlägt alternativ Ersetzung von magna durch multa vor. 15. Satire 13 828. A.D. P r y o r , Juvenal's false consolation, AUMLA 18, 1962, 167–180. 829. S.(=I.) B o r z s á k , Nona aetas? Zur juvenalischen Textüberlieferung, ACD 2, 1966, 63–72 = Meander 22, 1967, 305–317. [13,28 ff.] 830. I.K. H o r v á t h , Egy szó két betűje a Iuvenalis-filológiában, Antik tanulmányok 13, 1966, 127–141; deutsches Resümee BCO 14, 1969, 221. [13,28 ff.] 831. –, L'attitude littéraire de Juvénal et l'ère neuvième, in: Античное Общество. Труды Конференции По Изучению Проблем Античности, Moskau 1967, 378–383 (mit russ. Resümee). [13,28 ff.] 832. M.J. M c G a n n , Juvenal's ninth age (13,28 ff.), Hermes 96, 1968, 509–514. 833. S.C. F r e d e r i c k s , Calvinus in Juvenal's thirteenth satire, Arethusa 4, 1971, 219–231. 834. L. E d m u n d s , Juvenal's thirteenth satire, RhM 115, 1972, 59–73. 835. M. M o r f o r d , Juvenal's thirteenth satire, AJPh 94, 1973, 26–36. 836. B. K u p i s c h , Juvenal, sat.13,1–4 – ein korrupter Prätor? Eine Überprüfung mit Ausblicken auf die römische Gerichtsverfassung, in: D. M e d i c u s – H.H. S e i l e r (Hgg.), Festschrift für Max Kaser zum 70. Geburtstag, München 1976, 465–498. [13,3 f.]
798 Auch wenn sich der Abschnitt bis dato nicht schlüssig begründen läßt, sollte man nicht mit W.C. H e l m b o l d , Juvenal's twelfth satire, CPh 51, 1956, 14–23 kurzerhand zur Athetese greifen.
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837. J. A d a m i e t z , Juvenals 13. Gedicht als Satire, Hermes 112, 1984, 469–483. 838. J.A. W i l l i s , Ad Juvenalis saturam XIII, Mnemosyne 39, 1986, 412– 416. 839. P. F r a s s i n e t t i , Giovenale 13,49–50: un emendamento "paleografico", CCC 14, 1993, 121–127. 840. F. J o n e s , Juvenal, Satire 13, Eranos 91, 1993, 81–92. 841. S.M. B r a u n d , A passion unconsoled? Grief and anger in Juvenal 'Satire' 13, in: S.M. B r a u n d – C. G i l l (Hgg.), The passions in Roman thought and literature, Cambridge 1997, 68–88. 842. A. R o m a n o , Metaficción y sátira, CFC(L) 15, 1998, 89–96. 843. A. T c h e r n i a , Acre Falernum: Juvénal, XIII,213–216, RPh 75, 2001, 125–130. 844. F. F i c c a , Una consolazione tutta romana: a proposito di Iuv.XIII 120–142, in: V. V i p a r e l l i (Hg.), Tra strategie retoriche e generi letterari. Dieci studi di letteratura latina, Napoli 2003, 103–114. 845. –, Recenti de scelere et fidei violatae crimine: il 'proemio' alla XIII satira di Giovenale, in: U. C r i s c u o l o (Hg.), Societas studiorum per S. D'Elia, Napoli 2004, 293–302. 846. –, Totum conflare tonantem: sacrileghi e sacrilegi nella sat. XIII di Giovenale, Vichiana 4a ser. 9, 2007, 241–246. [13,153] 847. –, 'Delitto e castigo' tra epos, ratio e satura: Iuv. XIII 211–235, BStudLat 39, 2009, 155–162. a) Gesamtsatire und Großabschnitte Das Gesamtverständnis der 13. Satire wird entscheidend davon bestimmt, ob man sie als seriösen Zuspruch (so die ältere Forschung), als ironisch gebrochenen Trost (die englischsprachige Sekundärliteratur der letzten 50 Jahre) oder als genoskonforme Satire einzuordnen bereit ist. P r y o r (828) sucht dem Problem der singulären Inszenierung (Trostgedicht im Kontext eines Satirencorpus) beizukommen, indem er den Text – angesichts des zu beklagenden Verlustes von gerade einmal 10 000 Sesterzen durchaus nicht unplausibel – als satirische Brechung einer normgerechten consolatio einordnet: Durchgängiges Ziel der Satire sei es demnach, einerseits die Kleingeistigkeit und die Naivität des betrogenen Calvinus zu verhöhnen799, 799
Wie schon von A n d e r s o n (erstmals in: The programs [zit. oben Anm. 365], hier: 149 ff. bzw. 281 ff.) postuliert und in der Folge von Fredericks (833), Morford (835) und Braund (841) übernommen, soll diese Stoßrichtung dann auch noch eine poetologische Komponente aufweisen: Da die emotionale Maßlosigkeit des Calvinus an die poltrige
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andererseits die consolatio als literarische Gattung zu parodieren. Indes will der Detailnachweis einer solcherart geplanten Satirisierung nicht recht gelingen: Reicht es doch nicht, mit P. alle Gemeinplätze der Konsolationsliteratur ebenso wie ihr Fehlen gleichermaßen auf das Konto 'Karikatur' zu buchen ("The lack of historical or legendary precedents gives an affect of ironia ex silentio": 170) und nichtssagende Scheinparallelen zu komikindizierenden Selbstzitaten aufzuwerten (v.75 soll auf 9,43, v.217 f. auf 3,278 ff. Bezug nehmen). Und auch F r e d e r i c k s (833), dem das Gedicht ebenso als "false consolation" (219) erscheinen will, muß sich vorhalten lassen, deren Ironie nicht hinreichend auf ihre Funktion überprüft zu haben; brauchen sich doch die von ihm konstatierten Ausfälle gegen simplicitas und Vätermoral des Calvinus800 nicht notwendigerweise gegen diesen selbst zu richten: Wenn Wohlanständigkeit als Weltfremdheit, Meineid und Betrug als Petitesse, gerechte Strafe als Illusion einzustufen sind, gilt die eigentliche Anklage der Verworfenheit des Zeitalters, die einen anderen Trost als den von Juvenal gebotenen gar nicht mehr zuläßt.801 M o r f o r d (835) geht schwerpunktmäßig der Frage nach, auf welchem Wege der dem Trost des Adressaten gewidmete Hauptteil der Satire (v.71– 249)802 seine ironisch-parodische Tönung erhält, und verweist in diesem Zusammenhang auf die von Juvenal praktizierte Umkehr der üblichen Konsolationstopik: Wo sonst der Glaube an die göttliche Weltordnung Trost spendet, kann Juvenal nur mit der Alltäglichkeit solcher und weit schlimmerer Verbrechen aufwarten (v.71–173), und wo die Emotionen des Trauernden traditionell zu dämpfen waren, setzt der Satiriker letztlich auf eine Befriedigung der Rachsucht, indem er ein schauriges Bild von der Zukunft des Übeltäters entwirft (v.174–249). Auch E d m u n d s (834) erklärt die parodische Ausrichtung der vorgetragenen consolatio durch den Umstand, daß der zugrunde liegende Sachverhalt keinen substantiellen Trost mehr erlaubt: Gerechtigkeit wird dem Opfer weder
indignatio der früheren Bücher gemahne, sei das Gedicht als programmatische Abkehr Juvenals von seiner einstigen Satirenkonzeption zu lesen (so neuerlich R o m a n o [842], die ihrerseits nur noch den Terminus 'Metasatire' beisteuert). 800 Rachsucht darf hier nicht genannt werden: v.180 at vindicta bonum vita iucundius ipsa wird als Ansicht der indocti, nicht als Einwurf des Calvinus zitiert. 801 Die Ausmalung künftiger Gewissensqualen auf seiten des Verbrechers (ab v.192) wird von F. – anders als von Pryor – als seriöser Trostversuch wahrgenommen: "He [= Juvenal] can only tell him [= Calvinus] to be above it all, to be philosophical and not emotional" (223). 802 Die Anfangspartie untergliedert M. in eine auf v.71–249 zuführende Einleitung (v.1– 22) und einen weiteren Abschnitt, welcher die faktische und historische Kontextualisierung des zu beklagenden Sachverhalts leistet und die aktuelle Verkommenheit der nona aetas (v.28) wie auch die goldene Zeit der Saturnia regna als Parameter bemüht (v.23–70).
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durch die Gerichte noch durch die Götter803 zuteil; alle konventionellen Trosttopoi (Hinweise auf Normalität und vergleichsweise bescheidene Dimensionen des Geschehens)804 erzeugen nur noch ein Gefühl der Ohnmacht, das seinerseits nach Rache verlangt. Dafür jedoch bietet der Dichter nur eine Scheinlösung: Der Verweis auf die Macht der conscientia (v.192–239) soll durch den offenkundigen Widerspruch zu v.28–119 hohl klingen805; die göttliche Weltordnung wäre letztlich verloren, käme ihr nicht die natura .../... mutari nescia (v.239 f.) des Verbrechers zu Hilfe (v.239–249). Demgegenüber bekennt sich J o n e s (840) wieder zu der Ansicht, Juvenals ironischer Trost nehme primär die Person des Calvinus ins Visier: Einschlägige Vorhaltungen, die als solche durchaus zum Instrumentarium der Konsolationsliteratur gehören, richten sich v.23–70 gegen dessen im Vergleich zum erlittenen Schaden als maßlos zu brandmarkende Überreaktionen806, v.71–119 ('attitude to gods') gegen sein Gottesverständnis, das von dem abgefeimter Verbrecher nur unwesentlich divergiert, v.120–173 gegen seine am Geldbesitz ausgerichtete Weltsicht und v.174–192 gegen sein unverhältnismäßiges Rachebedürfnis. All dies stößt jedoch bei Calvinus auf taube Ohren; und so sieht sich der Satiriker am Ende zu einem Strategiewechsel genötigt: v.192–247 redet er seinem Gegenüber gewissermaßen nach dem Munde, indem er ihm – in Überlegungen, die er selbst nicht teilt – die Erfüllung seiner Rachegelüste in Aussicht stellt.807 B r a u n d (841) ist zuvörderst daran interessiert, die genosspezifische Einordnung des Gedichtes als – parodischer – consolatio zu untermauern. Für die Gattung selbst verweist sie auf seine strukturellen Grundlagen (v.1–173 sollen sich, den Regeln einer Trostschrift entsprechend, in lamentatio808 und – ab v.120 – eigentliche consolatio gliedern), v.a. jedoch auf den einschlägigen, von Philosophie und Rhetorik festgelegten Motivkanon (vgl. den Themenkatalog Cic. Tusc. 3,76 f. oder die Parallelen bei Seneca); für das parodische Moment stehen sodann die textbestimmende Diskrepanz zwischen trivialem Anlaß und 803 Die Unterfütterung dieser Behauptung sieht E. in der von ihm – zu eng – als "long digression on religion" (602) eingestuften Passage v.28–119 geleistet. 804 Unzutreffend E.s Erklärung von v.162–173: "criminality is the way of the human race as a whole, just as certain physical characteristics are natural to certain groups within the race as a whole" (70). 805 Hier rächt sich der allzu oberflächliche Umgang mit diesem Abschnitt (vgl. oben Anm. 803; zur Richtigstellung A d a m i e t z [837] unten S. 369). 806 Angesichts seiner "grossly disproportionate reaction to crime" (85) soll sich das Saturnische Zeitalter, wie v.38–59 geschildert, als unrealistische Projektion des kleingeistigen Calvinus zu erkennen geben; und für v.60–70 wird 87 auf Courtney (79), 537 ("Juvenal is caricaturing the exaggeration which he implicitly criticises in Calvinus") verwiesen. 807 Für ein detailliertes Aufbauschema vgl. 84. 808 Hier ist allerdings einzuwenden, daß die Beobachtung "the initial focus is upon the money" (70) kaum hinreicht, um das Vorliegen einer lamentatio dekretieren zu können.
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überzogener, auf essentielle Tröstung angewiesener Reaktion des Opfers sowie die wiederholte Desavouierung der gattungsgeprägten Lesererwartung: Juvenals consolatio ist nicht auf Linderung von luctus, sondern von ira angelegt, übernimmt v.86–105 die Täter- anstelle der Opferperspektive und provoziert den Adressaten durch ihre Unzeitigkeit (v.5 recenti /... scelere) wie durch boshafte Sticheleien (v.167–173)809, um schließlich vor dessen unstillbarem Zorn scheinheilig zu kapitulieren und seinen als verächtlich klassifizierten Standpunkt einfach zu übernehmen (v.239–249).810 Die das letzte Satirendrittel bestimmende Fokussierung auf die Aspekte Strafe und Rache soll den Leser dazu einladen, sich von der affektfixierten Grundhaltung des Calvinus zu distanzieren. Auch in seiner Erörterung von sat.13 geht A d a m i e t z (837) eigene Wege, wenn er das Gedicht – doch wohl zu Recht – nicht als (parodische) consolatio, sondern als genuine, dem Bereich der Trostliteratur nur in einzelnen Motiven verpflichtete Satire gegen das vitium der perfidia angelegt sieht.811 Im einzelnen folgen Juvenals Betrachtungen demnach einer klaren Disposition: 1. v.5–173 über die Tat. a) v.5–70 aus der Perspektive des Opfers. Da sein Verlust eher bescheiden, schlimmste Kriminalität indes weit verbreitet ist, muß das Geschehene – will man sich nicht eines ebenso naiven wie antiquierten Standpunktes zeihen lassen – nolens volens hingenommen werden. "Dies ist zu verstehen als die besondere Darstellungsform, in die der Protest des Dichters gegen die herrschende Sittenlosigkeit gekleidet ist" (473). b) v.71–119 aus der Perspektive des Täters. Dieser wird durch seine Gier getrieben und durch Selbsttäuschung über die Macht der Götter ermutigt. c) v.120–173 intensivierende Variation von v.5–70 (die einzelnen Bezüge bei A. 47720). 2. v.174–249 über die Strafe. Das Bedürfnis nach Ahndung des an ihm begangenen Betrugs kann Calvinus a) aus pragmatischen oder aber ethischen Gründen überwinden (v.174– 192);
809 Die merkwürdige Ansicht, dieser Abschnitt enthalte eine unmittelbare Spitze gegen das bekümmerte Opfer ("Calvinus' loss is 'a pygmy loss' and must 'be reduced to its truly laughable size' ": 76) geht auf Pryor (828) zurück, findet jedoch auch sonst durchaus Zuspruch: vgl. etwa Lowery (283), 177. 810 Im Gegensatz zu Jones (840), der diese Volte ja schon v.192 erkennen will, scheint B. das Motiv 'Gewissenswurm' (v.192–239) mit Fredericks (833) noch den Anschauungen des Sprechers zuzuordnen. 811 Damit ähnelt das Gedicht den vorausgehenden Satiren 11 und 12, die ebenfalls Anregungen aus satirefernen Genera erfahren (sat.11 Einladungs-, sat.12 Dankgedicht), ohne dabei die Grenzen der eigenen Gattung zu verletzen.
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b) durch Vertrauen auf die Seelenqualen des Schuldigen stillen (v.192– 239)812; c) (als Konzession an den uneinsichtigen Adressaten formuliert) angesichts der weiteren Verbrecherkarriere des sacrilegus in naher Zukunft auch de facto befriedigt sehen (v.239–249). Konzeptionell nimmt die solcherart zu beschreibende Satire keine Sonderstellung ein: Mit sat.5 und 9 verbindet sie der kritische Blick sowohl auf den Täter wie das – eher engstirnige – Opfer, mit sat.10 und 14 der antiklimaktische Gedichtschluß mit der Propagierung "einer zweitbesten Lösung" (480); und auch eine Überwindung des vom Satiriker schon 1,79 f. eingenommenen indignatio-Standpunktes wird nirgendwo erkennbar. Daß gerade auch die Intention wirklicher Tröstung in sat.13 nicht übersehen werden darf, erschließt sich aus zwei Arbeiten von F i c c a : Wenn man mit ihr (844) in Rechnung stellt, daß sat.13 nicht von den Maximen griechischer Philosophie, sondern von der Alltagsmoral eines "romano medio" (10) getragen sein will (vgl. v.120–125), erledigen sich innere Widersprüche wie auch die angeblich ironische Grundhaltung des Autors von selbst: Juvenal leugnet nicht, daß Calvinus berechtigten Anlaß zur Klage hat, sondern sucht diese durch Hinweis auf die Verbreitung des Übels zu relativieren (v.126–142; zur Gedankenentwicklung vgl. Sen. cons. Marc. 6,2; cons. Pol. 9,2 f.); der Appell zur Mäßigung und die Vorstellung eines von Gewissensqualen gepeinigten Täters setzen nicht den Glauben an die Möglichkeit einer – wenn auch vielleicht erst mit Verzögerung eintretenden – Götterstrafe außer Kraft (v.247 ff.). 845 kann sie überdies zeigen, daß Juvenal bedachtermaßen von allem Anfang zu Termini greift, welche das Calvinus angetane Unrecht eher zu verharmlosen suchen (v.9 f. casus multis hic cognitus ac iam / tritus; 13 f. levium minimamque exiguamque malorum / particulam; 177 iactura). Die Begriffe scelus und crimen fallen dagegen nur in generellem Zusammenhang oder dort, wo die unverhältnismäßige Empörung des Geschädigten selbst zu Worte kommt (v.5 f.; ähnlich 71 f. fraude / sacrilega; 174 f. peiuri capitis fraudisque nefandae / poena). Juvenals Ausführungen über den 'Gewissenswurm' (v.211–235) sind nach F. (847) aus verschiedenen poetischen Quellen gespeist: Der Abschnitt über Beeinträchtigungen beim Essen, Trinken und Schlafen (v.211–222) soll an Verg. Aen. 2,268–273 und 771 ff. (Traumerscheinungen Hectors und Creusas) sowie 4,522–531 (Schlaflosigkeit Didos) erinnern, der über Angstpsychosen 812 Dieser Gedanke steht, wie von A. richtig bemerkt, nicht im Widerspruch zu den ab v.75 geäußerten Vorstellungen: Dort geht es um eine Unterdrückung moralischer Skrupel vor der Tat, jetzt um das schlechte Gewissen nach deren Vollzug. Die lustvolle Übertreibung der Schreckensbilder geschundener conscientia soll im übrigen ebenso wie die Ironisierung der Goldenen Zeit (v.38–59; ähnlich 6,1–20; 11,77–119; 14,159–171) "offenbar den Eindruck einer bitterernsten Sittenpredigt vermeiden und den satirischen Charakter der Darstellung wahren. Keineswegs ist damit beabsichtigt, die Kraft des Argumentes selbst in Frage zu stellen" (474).
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(v.223–235) von Lucr.5,1151–1160 (Furcht vor Strafe) bzw. 1169–1193; 1218– 1230 (Götterfurcht infolge fehlender Einsicht in die Entstehung natürlicher Phänomene) beeinflußt sein. Ferner sei noch auf zwei Untersuchungen hingewiesen, die in eher unspezifischem Kontext vermeintliche Widersprüche innerhalb der Satire aufzulösen suchen. Daß Juvenal am Ende des Gedichtes unversehens mit der zuvor gerade in Abrede gestellten Rache der Götter rechnet, erklärt G é r a r d (182) mit einem Perspektivenwechsel des Autors: Zuvor habe dieser die Meinung des schuldig gewordenen Verbrechers bzw. des betrogenen Calvinus wiedergegeben; abschließend offenbare er hingegen seine eigene Ansicht. Und daß der Dichter v.192–239 Calvinus seine Rachepläne zugunsten einer höheren Moral (des schlechten Gewissens als strafender Instanz) ausreden möchte, v.239–249 jedoch zu einer gänzlich pessimistischen Sicht incl. der Vorstellung harter materieller Bestrafung zurückkehrt, wird von B e l l a n d i (161) als Rückfall in die nur halbherzig aufgegebene Haltung der indignatio erklärt, ferner auch die gegen Calvinus gerichteten Sarkasmen von v.18; 33–37; 140 ff. psychoanalytisch begründet: "È come se l'antica rabbia ... si rivolgesse verso un obiettivo inadeguato, come se lo sforzo di indifferenza verso una realtà che continua traumatizzare dovesse poi cercare uno sfogo altrove" (94138). In Sachen Textkonstitution schließlich hält es W i l l i s (838) für geboten, mehrere Sätze von sat.13 als kontextstörende Interpolationen auszuscheiden. Dies betrifft v.90, 150–153 (andernfalls ergebe sich die Aussage 'Rem pateris modicam, si cum parvis et paene futilibus malefactis compares': 413), 183 und 187a–189b; zumindest angezweifelt werden v.236 sowie 162–173 (diese allerdings unter ganz falschen Prämissen).813 b) Einzelstellen 13,3 f. K u p i s c h (836) moniert, daß sich die übliche Erklärung des Halbsatzes improba quamvis / gratia fallaci praetoris vicerit urna durch die Vorstellung eines korrupten Prätors, der entweder "die Auslosung der Richter (Fälschung der Urne) oder ... die Abstimmung (Einflußnahme auf die Richter) oder ... beides" (482) betrügerisch manipuliere, weder mit dem Fortgang des Textes noch mit der Gesamtaussage der Satire schlüssig vereinbaren läßt: Calvinus fällt dem Betrug eines Freundes zum Opfer, den auch der rechtschaffenste Prätor nicht hätte verhindern können. Entsprechend schlägt er vor, gratia auf die sachlichen Voraussetzungen des Tatgeschehens, fallaci praetoris urna auf den objektiven Ausgang des Gerichtsverfahrens zu beziehen: Die ursprüngliche 'Gefälligkeit' (= Verwahrung des depositum) wird durch meineidige Leugnung des Delinquenten 'unaufrichtig'; die Urne, mit deren Hilfe der Prätor den Richter für den 813 "Debes enim concludere: 'Nemo igitur Romanorum scelera et flagitia miratur.' ... Hoc vero sententiae non congruit, nam Calvinus ille ... inducitur quasi vehementer miratus" (416).
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einschlägigen Zivilprozeß (die actio depositi) ausloste, erweist sich im Ergebnis als 'trügerisch', da sie die Hoffnung des Calvinus auf eine gerechte Sachentscheidung letztlich unerfüllt läßt. Durch diese Interpretation werden indes neue Probleme geschaffen: Formuliert doch die Eingangspassage v.1–4 eine verallgemeinernde Sentenz (v.1 quodcumque ... committitur), die gerade nicht auf den vorliegenden Fall eingeengt werden darf; und die metaphorische Verknüpfung von Prozeßausgang und vorprozessualer(!) sortitio iudicis hätte sich auch dem antiken Leser nicht ohne weiteres erschlossen.814 13,23 Daß der 'criminal' von v.23 an die 'crimes' von v.24 angepaßt werden müßte, wird man N i s b e t (390 mit der Konjektur furtum st. furem) nicht abnehmen wollen. 13,28 ff. Ernüchtert durch die große Zahl eher zweifelhafter Versuche, die Vorstellung einer nona aetas (Φ) zu erklären, plädiert B o r z s á k (829) dafür, mit P nunc zu lesen und den so entstehenden Pleonasmus (aetas ... peioraque saecula) in den für die Anfangspartie der 13. Satire konstitutiven Gegensatz von verkommener Gegenwart und idealer Vergangenheit einzubeziehen.815 Noch eigenwilliger die Erklärung von H o r v á t h (830)816: "Danach bedeutet die dritte Wiederkehr der mit den vier Metallen bezeichneten Epochen-Reihe (...) kein neues goldenes Zeitalter [wie noch die zweite unter Augustus], sondern eine solche(sic!) elende Zeit, daß man für sie keinen Namen mehr hat, weil es in der Natur kein so minderwertiges Metall gibt."817 Weitere Belege für eine solche Vorstellung (ein 'Kreislauf der Zeitalter'?) bleibt der Vf. schuldig. Dagegen vermag M c G a n n (832) nach erneuter Sichtung der bisher vorgetragenen Interpretationen eine überzeugende Erklärung anzubieten: Demnach ist unsere Stelle dem Zeitaltermodell der jüdisch-christlichen oracula Sibyllina verpflichtet, welches die Geschichte der Menschheit in insgesamt zehn
814 Diesen Befund vor Augen, kann der Berichterstatter nicht verhehlen, daß er – trotz des Zitats von v.4 bei Serv. Aen. 6,431 – mit der von R e e v e (CR 1983, 30) vertretenen Athetese der Eingangsverse (1–4) sympathisiert: In keiner anderen Juvenalsatire geht der Nennung des Adressaten ein vergleichbarer (zudem inhaltlich störender) Vorspruch voraus. 815 Über das Zustandekommen der von ihm als Textkorruptel eingestuften Form nona vertritt B. allerdings recht merkwürdige Ansichten: "Durch die Ähnlichkeit der Abkürzungen von nunc und nona bewogen, dürfte der Schreiber – vielleicht noch in den dunkelsten 250 Jahren der Textüberlieferung von Juvenal, d.h. vor Servius – die Lesung und Erklärung der "schweren" Stelle "erleichtert", den zweifellos erst durch einige(n) Kraftaufwand zu deutenden Text "glätter" gehobelt, von seiner bezeichnenden juvenalischen Inkonzinnität befreit haben" (70 f.). Sollte denn nicht gerade die Ordinalzahl als lectio difficilior zu gelten haben? 816 In Kurzform sind H.s Überlegungen auch 831 nachzulesen. 817 So BCO 14, 1969, 221 das Referat des in ungarischer Sprache verfaßten Aufsatzes.
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saecula einteilt (vgl.auch Serv. ecl. 4,4); Juvenal sähe sich und seine Zeit somit unmittelbar vor der Apokalypse. 13,36 Das einheitlich überlieferte ullis durch altis (C o u r t n e y [392]) oder imis (H e n d r y [417]: 'in their innermost sanctuaries') zu ersetzen, besteht kein Anlaß. 13,49 Statt verderbtem †aliquis† haben die Herausgeber hier mehrheitlich Housmans Konjektur imi übernommen; demgegenüber bringen N i s b e t s (412) Erebi und W a t t s (418) mundi (mit dem unerträglichen Reim mundi ... profundi im Gefolge!) keine weitere Besserung; und F r a s s i n e t t i s (839) aquili ignoriert die Genese der vorliegenden Korruptel (aliquis Φ : om. P): Geht aliquis doch nicht auf mechanische Verlesung eines ähnlichen Wortes, sondern auf dilettantische Komplettierung einer Textlücke zurück. 13,108 N i s b e t s (390) Konjektur vectare (st. vexare) stellt eine unerträgliche Verflachung dar. 13,153 F i c c a (846) sucht den üblicherweise als Interpolation athetierten Vers an dubitet solitus totum conflare Tonantem? zu retten, indem sie v.150 ff. als rhetorische Frage faßt und dieser den seinerseits in Frageform gekleideten v.153 als Antwort zuordnet: Soll ein Räuber, dem mangels anderer lohnender Objekte (haec ibi si non sunt v.150) nur ein wenig abgekratztes Gold als Beute bleibt, deswegen als minor sacrilegus gelten, wo er doch keine Sekunde zögern würde, eine komplette Juppiterstatue einzuschmelzen? Indes ist die Interpretation weder sprachlich noch inhaltlich plausibel: Seines nunmehr von dubitet abhängig gemachten Infinitivs conflare beraubt, muß sich das Partizip solitus eine forcierte Umnuancierung gefallen lassen ("abituato com' è (a piccoli furti)"[246]); und im ganzen Kontext geht es um real verübte crimina (v.144), nicht um die innere Geisteshaltung der Täter. 13,179 Anstelle des schon von Weidner (ed.1889) z.St. gut erklärten minimus ("im Verhältnis zur Größe des Verlustes") schlägt M a r t y n (403) nimius, W a t t (418) manans vor.818 13,215 f. Da im überlieferten Zusammenhang von einem eher minderwertigen Wein die Rede sein muß, ersetzt N i s b e t (412) Falerno (v.216) kurzerhand durch die entsprechende Form des – für Wein sonst nicht belegten – Adjektivs Faliscus. 818 Letztere Konjektur schon bei W. C h r i s t , Beiträge zur Erklärung und Kritik Juvenals, SBAW 27.1, 1897, 119–164, hier: 161 f.
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Umgekehrt will T c h e r n i a (843) den Falerner, der mit Albaner (v.214) und Setiner (v.213 coni. Herel/Withof; sed vina codd.: vgl. 5,33 f.) das Dreigestirn der großen italischen Weine bildet, mit dem befremdlicherweise namenlos bleibenden melius [sc. vinum] von v.215 identifizieren, das Adjektiv acer mithin gerade auf die besondere Qualität alten Weines (gr. δριμύς; "un goût ... de madérisé": 128) beziehen. Doch bleibt er die Antwort schuldig, wie sich der Wortlaut von v.215 f. im allgemeinen und das vergleichende velut im besonderen mit dieser Deutung vertragen sollten. 13,249 Die Kombination von surdum und Tiresian mag kühn sein, rechtfertigt jedoch nicht, das Adjektiv mit C o u r t n e y (392) durch Drusum [=der taube Claudius] zu ersetzen. 16. Satire 14 848. J.P. S t e i n , The unity and scope of Juvenal's fourteenth satire, CPh 65, 1970, 34–36. 849. F. S c h r e i b e r , Juvenal 14,265–9, Hermes 99, 1971, 383–384. 850. S. P i t t a l u g a , Nota a Iuv. 14,139, Maia 29–30, 1977–1978, 123–126. 851. A.J. K l e y w e g t , Nooit genoeg; drie satiren over avaritia, Lampas 12, 1979, 282–297. [Hor. sat. 1,1; Pers. VI; Iuv. XIV]. 852. F. B e l l a n d i , Sulla struttura della satira 14 di Giovenale, Prometheus 10, 1984, 154–160. 853. P. C i p r o t t i , Spigolando tra bibbia e mondo classico, SDHI 56, 1990, 296–308. [14,96–106] 854. A.M. C o r n , "Thus nature ordains": Juvenal's fourteenth Satire, ICS 17, 1992, 309–322. a) Gesamtsatire und Großabschnitte Im Berichtszeitraum sind Arbeiten zu sat.14 primär von Überlegungen zur Struktur bestimmt. S t e i n s (848) Ankündigung, bei seiner Interpretation der 14. Satire strukturelle und inhaltliche Würdigung miteinander verbinden zu wollen, folgt jedoch nur eine gliedernde Textparaphrase mit eher spärlichem Ertrag: "The commonplace topics of satire are unified and vitalized under the headings of parental indulgence and auaritia and in this array afford a broad target for attack and reason for Juvenal's despondency" (36). Dem Juvenalteil von K l e y w e g t (851) zufolge setzt nach einem ersten Abschnitt über das schlechte Vorbild der Eltern (v.1–106) der zweite Hauptteil (Geiz/Habsucht sogar als Ergebnis bewußter Erziehung) anders, als es v.107 f.
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sponte tamen iuvenes imitantur cetera, solam / inviti quoque avaritiam exercere iubentur suggerieren, nicht schon mit v.109, sondern erst mit v.179/189819 ein; die Scharnierfunktion des Zwischenstücks (v.109–178: schlechtes Vorbild der Eltern besonders im Falle von Geiz/Habsucht) wird dadurch verunklärt, daß es sich unter der Hand des formulierungsfreudigen Dichters zu einer weitläufigen Charakteristik der avaritia verselbständigt. Und B e l l a n d i (852) erklärt die eigenwillige Struktur der Satire wie folgt: Wenn sich mit v.107 der Blick vom schlechten Einfluß der Eltern im allgemeinen auf den Aspekt der avaritia verengt, so deshalb, weil dieses vitium in seiner Gefahr am leichtesten verkannt wird (v.107 f. setzen seine Verwechslung mit der Tugend der frugalitas voraus) und zudem – direkt oder indirekt – als Ursprung aller anderen scelera einzustufen ist (vgl. v.173–176 und 185–188). Daß der Gesichtspunkt der Kindererziehung ab v.256 völlig aus dem Blick gerät, hat dann allerdings immer noch als Manko zu gelten. C o r n s (854) thesenlastige Interpretation macht sich schließlich anheischig, "the ironic undertones and structural unities" (309) des Gedichtes aufzuspüren. Sein Highet und O ' N e i l folgendes Gliederungsmodell820 umfaßt die vier Punkte 'Naturordnung als Grundlage jeder Vater-SohnBeziehung' (v.1–106), 'Aushöhlung dieser Beziehung durch avaritia' (v.107– 255), "a short digression on his satiric philosophy" (310; v.256–316) und 'Epilog' (v.316–331), welch letzterer auf Basis der erzwungenen Gleichung "Narcissus symbolically takes on the role of the evil son by willingly carrying out the orders of his emperor, the symbolic father of the entire Roman world" (310) eine Zusammenführung der drei Themenkreise 'Vater-Sohn', 'avaritia' und 'Naturgebot' bewerkstelligen soll. Die von C. unterstellte Intention des Satirikers, die Leser nicht nur schockieren, sondern v.a. unterhalten zu wollen, wird sodann mit nachgerade brutaler Gewaltsamkeit in den Text hineingelesen. So erfährt man zu – v.1–37: "All of this [= epic parody, learned philosophical allusions, mythological asides, and rampant promiscuity] indicates that Juvenal does not want us to accept the literal complaints of his persona" (312). – v.70 ff.: "The overwhelming use of sibilants makes these lines both sinister and comic" (313). "The placement of such supposedly important thoughts next to vultures eating carrion [v.77 f.] is laughable" (314).
819 v.179–189 dokumentieren das positive Gegenbild früherer Erziehung, die noch zur Selbstbescheidung anhielt. 820 G. H. (zit. oben Anm. 1), 283 f.; E.N.O'N., The structure of Juvenal's fourteenth satire, CPh 55, 1960, 251–253.
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– v.96–106: "Is it all right for a bird to do what a bird does, but not a Jew? This is ludicrous and absurd" (315).821 – v.185–188: "This is completely ludicrous, since this purpura is unknown to the senex" (317).822 Und schließlich verstört auch noch C.s individuelle Vorstellung eines nur für Teile der Satire verantwortlichen 'speaker': Mit v.256 "he lays down the mask of his persona and speaks directly to his audience" (321). b) Einzelstellen 14,6 f. N i s b e t (390) möchte den Satz nec melius ... iuvenis noch dem vorausgehenden Beispiel der damnosa alea zuweisen, muß dann jedoch ein mehr als abruptes Einsetzen des Motivs gula (v.7 qui ...) in Kauf nehmen. 14,16 f. Büchelers Konjektur utque ... putet geht mit einem eher holprigen Wechsel von Subjekt (puer!) und Konstruktion einher; auch mit M a r t y n (404) als Sekundanten vermag sie daher kaum zu überzeugen. 14,61 Nach H e n d r y (417) sollen Spinnen eher horrida als arida (codd.) genannt werden können. 14,71 f. N i s b e t s (390) massiver Eingriff in den Text (v.71 patriae → paci; agris → armis; v.72 del.) ist von – berechtigten – Bedenken des Vf. begleitet: "One cannot propose changes of this scale with much confidence" (237). 14,78 "A (dead) pack-animal and (corpses on) crosses abandoned even by the dogs" (265) – H e n d r y (417) bekundet, an seine Erklärung selbst nicht recht zu glauben. 14,96–106 Juvenals abschätzige Bemerkungen über die Religion der Juden zeugen nach C i p r o t t i (853) weder in der Sache noch in der Terminologie von spezifischen Kenntnissen (v.96/101 besitzt das Verb metuere die Bedeutung 'beachten', 'einhalten'; v.97 geht die Bezeichnung des hebräischen Gottes als caeli numen wohl auf volkstümlichen Sprachgebrauch zurück); die verflachende Wiedergabe der praescripta Mosis (v.103: der Weg zur Wahrheit; v.104: Taufe? ewiges Leben?) mag in ihrer zweiten Hälfte sogar mit christlichen Elementen 821
Hier hat C. den ganzen Abschnitt mißverstanden: Juvenal spricht selbstverständlich nicht von einem jungen Juden, sondern vom Sohn eines nach jüdischem Ritus lebenden Römers. 822 Für diese abwegige Vorstellung zeichnet ursprünglich Winkler (361), 46 verantwortlich.
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kontaminiert sein. – Treffend charakterisiert G n i l k a (395) "die Junktur praeputia ponere als satirisches Pendant zu crinem, barbam ponere" (107); G r i f f i t h s (397) Kritik an diesem "over–refinement" (140) bleibt unbegründet. 14,139 Nach P i t t a l u g a (850) ist hier auch am Versschluß mit der Vulgata crescit zu lesen: In diese Richtung weisen sowohl der Inhalt ("azione in evoluzione, continuativa nel presente": 125) wie auch das Stilmittel der Epanalepse und die spätantike Bezeugung durch Columban. ad Sethum 37 f. und Isid. orig. 1,36,11; dagegen ist die von den Herausgebern bevorzugte Variante crevit nicht einmal für den Pithoeanus hinlänglich gesichert (vgl. App. Clausen z.St.: "ut uid. P"). 14,229 M a r t y n (405) sucht den Schwierigkeiten des Verses nicht durch Tilgung, sondern durch Konjektur (quisquis per fraudes patrimonia conduplicare; v.230 wird et athetiert) zu begegnen; die solcherart gewonnene Aussage ignoriert jedoch die realen Möglichkeiten eines unter väterlicher Aufsicht stehenden puer. B r a u n (321), 79575 rechnet stattdessen mit dem Ausfall eines Hexameters nach v.229. 14,264 N a d e a u (409) sieht in dieser Sentenz drei verschiedene Aussagen übereinandergeblendet: humana negotia ludibria sunt [sc. Fortunae]; humana negotia, pecuniae adipiscendae dedita, meliora spectacula praebent quam ludi scaenici; quod magno negotio fit, ludus et facile est. 14,269 Die für verderbt überliefertes ac uilis vorgeschlagenen Konjekturen vermögen allesamt nicht zu überzeugen: Ac fatuus (G r i f f i t h [396]) findet im Kontext keinen Rückhalt (der mercator mag ein befremdliches Schauspiel abgeben, ist deswegen aber noch lange nicht 'blöde' bzw. 'geistesschwach'); adquirens (S c h r e i b e r [849]) verbietet sich durch seine syntaktischen Implikationen (das Verb müßte absolut, perditus dafür adverbial gebraucht sein), articulis (N i s b e t [390]: "crippled by arthritis, as might well happen in damp ancient ships": 237) zumindest durch seine sachlichen Voraussetzungen (vgl. v.267 f. semper qui p u p p e moraris / atque habitas). Zu Recht verweist jedoch H ö g g (105) darauf, daß sich durch dieses Textproblem keinesfalls die Athetese des ganzen Verses rechtfertigen läßt. 14,287 Nach N i s b e t (422) gälte das Rasen des Irren neben tunicis nicht noch anderen Kleidungsstücken (lacernis: dicken, kaum ohne weiteres zu zerfetzenden Mänteln), sondern dem eigenen Körper: "lacertis makes a new and vivid point after tunicis" (230). 14,310 Neben domus erscheint W a t t s (427) Änderung von manebit in valebit ebenso unpassend wie überflüssig.
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14,315 f. Obgleich Wiederholung von 10,365–366a, läßt sich 14,315–316a – anders als 10,226 (=1,25) und 16,41 (≈13,137) – nach B r i n k (399) nicht ohne weiteres als nachjuvenalische Interpolation abtun. Es bleibt jedoch zu überlegen, ob mit dem Kriterium adäquaten Kontextbezugs nicht gerade umgekehrt 10,365 f. als Zufügung zu verdächtigen ist.823 17. Satire 15 855. A.D. P r y o r , The best satirists either for satirical, tragical, satiricaltragical, satirical-tragical-comical, together with some observations on Juvenal's anthropophagous comedy, AULLA 14, 1972, 44–55. 856. A. S c o b i e , Juvenal XV and Apuleius' Metamorphoses, in: d e r s . , More essays on the ancient romance and its heritage, Meisenheim 1973, 53–63. 857. S.C. F r e d e r i c k s , Juvenal's fifteenth satire, ICS 1, 1976, 174–189. 858. B.B. P o w e l l , What Juvenal saw: Egyptian religion and anthropophagy in Satire 15, RhM 122, 1979, 185–189. 859. D. S i n g l e t o n , Juvenal's fifteenth satire: a reading, G&R 30, 1983, 198–207. 860. R. M c K i m , Philosophers and cannibals: Juvenal's fifteenth satire, Phoenix 40, 1986, 58–71. 861. W.S. A n d e r s o n , Juvenal Satire 15: cannibals and culture, Ramus 16, 1987, 203–214. 862. P.M.W. T e n n a n t , Biting off more than one can chew: a recent trend in the interpretation of Juvenal's 15th satire, Akroterion 40, 1995, 120– 134. 863. R. A l s t o n , Conquest by text: Juvenal and Plutarch on Egypt, in: J. W e b s t e r – N.J. C o o p e r (Hgg.), Roman imperialism: post–colonial perspectives. Proceedings of a Symposium held at Leicester University in November 1994, Leicester 1996, 99–109. 864. C. M a r c a c c i n i , Giovenale, Tacito e gli studi di retorica a Tule, Maia 51, 1999, 247–257. [15,111 f.] 865. B. S a n t o r e l l i , Antropofagia e religione nella satira 15 di Giovenale, tra fraintendimento e deformazione satirica, in: P. A r d u i n i u.a. (Hgg.), Studi offerti ad A. Perutelli, Roma 2008, 473–482.
823 Dies nicht zuletzt gegen H ö g g (105), der unsere Stelle als spielerischen Rückgriff auf den – damit gerade als authentisch gesicherten – Schluß von sat.10 verstanden wissen will.
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866. F. T u t r o n e , Confini in discesa. Rappresentazioni della violenza e della bestialità nella cultura romana, in: V. A n d ò – N. C u s u m a n o (Hgg.), Come bestie? Forme e paradossi della violenza tra mondo antico e disagio contemporaneo, Caltanissetta 2010, 209–233. a) Gesamtsatire und Großabschnitte Schwierigkeiten beim Verständnis von sat.15 ergeben sich nicht zuletzt aus deren thematischer Sonderstellung innerhalb des 5. Satirenbuches. Dabei gilt die Diskussion mittlerweile kaum mehr der – im Kern berechtigten – Frage, ob das Kannibalismus-Geschehen des Hauptteils selbst im Mittelpunkt steht oder nur den argumentativen Vorbau für die humanistischen Gedanken des Satirenschlusses liefert, sondern eher der Vorstellung, die Seriosität der Gedichtaussage insgesamt sei in Zweifel zu ziehen. Nach P r y o r (855) sieht sich Juvenal durch die eher reservierte Aufnahme seines Frühwerks ("when he failed to find, or create, a consensus as a basis for his satires": 48) veranlaßt, in den späteren Satiren auf die Behandlung ethischer Gemeinplätze und einen von Ironie, Humor, Komik geprägten Grundtenor zu setzen. Einen Beleg hierfür soll dann gerade auch die Kannibalensatire bieten: Sei diese doch als Parodie einer aretalogischen Erzählung konzipiert (zur Evozierung der Gattung vgl. v.16, zur genostypischen Autopsiefiktion v.45)824 und durch irrelevante Themenstellung825 (Ägypter fressen Ägypter in Ägypten) sowie Einsatz episch-mythischer Clichés hinreichend als komische Schnurre gekennzeichnet. Da die abschließenden Reflexionen über menschliche inhumanitas (v.131–174) dieser Interpretation erkennbar zuwiderlaufen, werden sie von P. kurzerhand zur quantité négligeable herabgestuft ("the final passage does have the air of a stock rhetorical topos": 54). Letztlich kommt so jedoch die gesamte These zu Fall. Auch für S c o b i e (856) stellt sich Iuv. XV als Parodie einer hellenistischen Wundergeschichte dar; entsprechende Reflexe findet er in dem Terminus fabula (v.72), dem Hinweis auf Thule (v.112 als Fingerzeig auf Antonius Diogenes, Τὰ ὑπὲρ Θούλην ἄπιστα) sowie den Struktur- und Darstellungselementen Autopsiefiktion (v.45), exakte Situierung in Zeit und Raum (v.27 f.), Enargeia (v.90 ff.), Auseinandersetzung mit Skeptikern (v.13–18; 23–26), plötzlicher Übergang delectare/docere (mit v.131). Gerade der Vergleich mit dem 'Goldenen Esel' des Apuleius zeigt jedoch, daß die Satire weder der Unterhaltung noch der Erbauung in gleicher Weise Rechnung trägt wie die Aretalogie. Für F r e d e r i c k s (857) erweist sich die Struktur von sat.15 als symmetrisch angelegtes Diptychon: 824 So nach R. R e i t z e n s t e i n , Hellenistische Wundererzählungen, Leipzig 1906, 27 ff. (von P. nicht genannt). 825 Besonders erstaunlich mutet diese Erklärung angesichts von v.140 ff. an: quis enim bonus .../ .../ ulla aliena sibi credit mala?
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I (v.1–92) das vitium der ira A (v.1–32) Eingrenzung des Themas: Als Anhänger von Theriolatrie und Anthropophagie erweisen die Ägypter ihre "preternatural monstrousness" (18524). B (v.33–92) konkrete Dokumentation eines Extremfalls von praktiziertem Kannibalismus. II (v.93–174) die virtus der humanitas B' (v.93–131) Andersartigkeit scheinbar analoger Beispiele aus der Geschichte. A' (v.131–174) Plädoyer für Mitleid, humanitas und concordia.826 Inhaltlich soll das Gedicht der Klage gewidmet sein, daß sich die Menschheit ("mankind – not just the Egyptians": 189) aller Werte wahrer Menschlichkeit so völlig entschlagen habe, wobei sich der Satiriker selbst jedoch einer klaren Stellungnahme entzieht: "With self-contained ambivalence, Juvenal's poem does seem to modulate between two possible reactions to evil in the world, outrage and astonishment on the one hand and cynical worldly wisdom on the other" (ebd.). Diese Interpretation, die F. durch Untersuchung der in den einzelnen Abschnitten verwendeten Schlüsselbegriffe zu unterfüttern sucht, wird der gedanklichen Schwerpunktsetzung des Gedichtes jedoch nicht wirklich gerecht: Wie könnte der Satiriker das Thema eines allumfassenden Humanitätsverlustes, welches sich in ganz besonderer Weise für eine Behandlung mittels vitia-Katalog (nach Art von I oder VI) empfahl, auf den – nur aus exotischen Landen zu belegenden – Teilbereich Kannibalismus verkürzt und diesen seinerseits auf ein einziges, am Satirenschluß v.169 ff. neuerlich evoziertes Beispiel kondensiert haben? S i n g l e t o n (859) legt Wert auf die Feststellung, daß sat.15 nicht als temporärer Rückfall in Juvenals früheres indignatio-Konzept zu werten ist, sondern nahtlos mit seinen anderen Diatribensatiren (ab XI) zusammengeht; inhaltlich richte sich das Gedicht gegen das vitium heuchlerischer Inhumanität, die zwar Kannibalismus verurteilt, die Tötung eines Menschen jedoch achselzuckend hinnimmt (v.116–119 als "kernel of the satire ..., introduced obliquely and in passing": 206). Dieser an "over-sophistication" (ebd.) grenzenden Themenführung entsprechend, soll dann die ganze Satire von einer Haltung lächelnder Distanz bestimmt sein: Die Einleitung von v.1–26 – so S. – ist vom Ton her "rather urbane" (202), v.26 selbst von Ironie getragen ("that ... is an invitation to scepticism": ebd.), die Autopsiebehauptung von v.45 "may be more rhetorically essential than true" (ebd.), die Kampfszene von v.62–71 erweist sich als 826
Weitere Bezüge zwischen Anfangs- und Schlußteil sollen in v.1–13 – 159–164 (Verhältnis Mensch – Tier; an der zweiten Stelle zum Paradoxon verdichtet), v.1–13 – 171–174 (substantielle Gegensätzlichkeit Ägypter – Pythagoras im Zusammenhang scheinbar analogen Verhaltens) und v.1 f. – 171–174 (rhetorische Frage) vorliegen.
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"some epic parody" (203), das Stichwort fabula von v.72 signalisiert Unwahrheit ("the effect of all this is ... to amuse": 203), das Kannibalismusgeschehen von v.77–92 wirkt "in general comic" (204; bes. v.78–83 "comes close to reducing the description to a complaint about the Ombites' table manners": ebd.), die historische Parallele von v.93–109 resultiert in einem "effect ... of wit" (205), und Juvenals Glaube an das humanum (v.131 ff.) verrät "a certain irony" (206). Durchgängig triumphiert hier die These über den Befund. Auch andere Untersuchungen gefallen sich darin, sat.15 ins Prokrustesbett des persona-Modells zu pferchen. So versteht M c K i m (860) das Gedicht als dramatischen Monolog eines bigotten Schwätzers, der durch die von ihm gebotene Mischung von "hysterical racism, stupid morbidity, and smug selfcongratulation" (58) die eigene Ansicht von der Überlegenheit gräkorömischer Kultur über die Barbarei ad absurdum führt: Die Menschheit – so die misanthropische Botschaft Juvenals – ist eben durch die Bank ihrer humanitas verlustig gegangen. Als Basis seiner Interpretation bemüht M. ein paar – seiner rigiden Logik zuwiderlaufende – Ungereimtheiten: So soll der Sprecher gegenüber den Ägyptern die gleiche religiöse Intoleranz an den Tag legen (v.1–13), wie er sie in den innerägyptischen Verhältnissen gerade brandmarkt, Prometheus bzw. das Feuer erst als Symbol der Zivilisation (v.84 ff.), dann wieder als Wurzel der Unmenschlichkeit (v.165–168) begreifen, härteste Strafen für die Ägypter fordern (v.129 ff.), gleichzeitig aber Mitleid predigen (v.133–140) oder ein Kannibalismusverbot der Stoa postulieren (v.106–109), das sich einschlägigen Quellen zufolge (vgl. etwa Diog. Laert. 6,73; 7,188) nicht aufrecht erhalten läßt. Vor diesem Hintergrund wird dann jede weitere Äußerung des Sprechers als ungewollt komisch oder einfach nur unglaubwürdig deklassiert: v.26–29 fehlt eine zuverlässige Quellenangabe für den Kannibalismusvorwurf; v.45 quantum ipse notavi signalisiert schlichte Unkenntnis827; v.63–68 erweist der Kampf mythischer Helden mit Steinen "the heroes as barbarians themselves, and rather clownish ones" (64)828; v.72 dokumentiert a deverticulo repetatur fabula "the speaker's characteristic garrulity" (6421)829; v.135 ff. resultiert das Mitleid mit dem armen Mündel letztlich nur aus libidinöser Lust; v.171–174 ist der selektive Vegetarismus des Pythagoras "equally idiotic" (70) wie die vergleichbare Haltung der Ägypter (v.9 ff.), so daß auch die Philosophie ihr Recht verwirkt, sich über die Barbarei zu erheben. – Überblickt man die vorgetragenen Argumente in ihrer Gesamtheit, bleibt nichts anderes, als die objektive Unhaltbarkeit der These festzustellen. 827
"Juvenal's dramatic point is thus not merely that the speaker has never been to Egypt, but that he has not much experience with Egyptians elsewhere either" (63). 828 Dies ungeachtet von Stellen wie Hom. Il. 5,302–310; 7,268–272; 12,378–386 oder Verg. Aen. 12,896–902. 829 M. hat offenbar keine Kenntnis von der analogen Formulierung Hor. sat. 1,1,108.
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Auch nach A n d e r s o n (861) verspielt der 'untrustworthy speaker' seine Glaubwürdigkeit von Anfang an durch signifikante Sach- und Argumentationsfehler: Der v.13 vollzogene Themenwechsel vom skurrilen Speisetabu zum mörderischen Kannibalismus rufe "incredulous amusement at the irrationality of his conclusion" (205) hervor; die Behauptung, der Hang der Kyklopen zur Menschenfresserei sei den Phäaken unbekannt gewesen (v.13–26) und die Tragödie behandle nur die Greuel von Einzelpersonen (v.27–31), sei durch Hom. Od. 6,4 ff. und Eur. Tro. zu widerlegen.830 Solcherart vorbereitet, vermöge der Leser hinter Bericht und Auswertung des ägyptischen Mordgeschehens die häßliche Fratze des römischen Imperialismus zu erkennen (v.59– 71 vermissen einen wirklichen Krieg; v.93–103 ist der VerzweiflungsKannibalismus der Einwohner von Calagurris gerade durch die römische Belagerung verschuldet; und noch die v.147–158 gepriesene humanitas setzt Mord und Totschlag als Normalfall voraus), die Perspektive der als "bigoted and irrational racist Roman" (204) auftretenden persona entsprechend als "Roman snobbery" (209) und das Anliegen der Satire als Angriff auf Roms "militaristic culture" (211) zu identifizieren. Dieser Versuch, Juvenal kurzerhand für Positionen des modernen Pazifismus zu vereinnahmen, diskreditiert sich sowohl durch seine Gewaltsamkeit wie durch seine anachronistische Weltsicht. Gegen diese Verzeichnungen der 15. Satire als Trägerin einer übergreifenden humanistischen Idee (Fredericks) bzw. als Persiflage auf einen dümmlichen Chauvinisten (McKim, Anderson) verhilft T e n n a n t (862) der traditionellen Deutung des Gedichtes wieder zu ihrem Recht: Der xenophobe, insbesondere antiägyptische Impetus der Satire entspricht der von Juvenal seit jeher vertretenen Haltung (vgl. etwa 3,61–65 oder 15,44 ff. mit 1,26 ff.); jeder einzelne Punkt der Darstellung831 ist darauf berechnet, die Vorurteile des Publikums zu bedienen bzw. zu schüren, Übertreibungen und Entstellungen leisten – völlig gattungskonform – eine Potenzierung des satirischen Angriffs.832 Letztlich hat Juvenal den Anlaß eines aktuellen Kriminalfalls genutzt, um seine antiägyptischen Ressentiments zu einem umfassenden Manifest zu bündeln; das Ergebnis ist ein "masterpiece of persuasive and manipulative 830
Entsprechend will A. auch den Hinweis auf Not-Kannibalismus während der Belagerung von Sagunt (v.113 ff.) trotz Petron. 141,9 als Entstellung der historischen Wahrheit verstanden wissen. 831 Als da wären: Spott über die ägyptische Götterwelt (vgl. Cic. Tusc. 5,78; nach T. stünde zu erwägen, ob der einleitende Abschnitt nicht überhaupt als Reminiszenz dieser Cicerostelle einzustufen wäre), Wahrheitsbekundung (mit v.27 f. als Resultat), Geschehensablauf, nachdrückliche Akzentuierung der Singularität ägyptischer Verworfenheit (v.29–32) durch Hinweis auf das Gebot gemeinmenschlicher Solidarität (v.131–158) wie auf die – im Vergleich eher läßliche – sittliche Verrohung der Zeit (v.159–171). 832 Dabei läßt T. die abschließende (in)humanitas-Partie zu Recht nur als Vergleichsparameter, nicht als thematische Kernaussage des Gedichtes gelten.
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propaganda" (123), das bei der aufgebrachten Leserschaft nur auf Zustimmung stoßen kann: Probleme ergeben sich erst unter dem abgeklärten Blick des modernen Textanalytikers. Analog erschließt sich auch B r a u n (321) zufolge "der Sinn des Gedichts ... erst einer Betrachtungsweise, die die Analogie zur Anklagerede verfolgt" (807). Als Kläger hat Juvenal dabei durchgehend die Ägypter und den von diesen praktizierten Kannibalismus im Auge: Um die zentrale narratio (v.33–92) gruppieren sich ein exordium (v.1–32), das der Einleitung und Vorbereitung der Erzählung dient, sowie eine probatio (v.93–174), die auch mit ihren eher grundsätzlichen Betrachtungen ab v.129 (inhumanitas des Menschen) das Ungeheuerliche der in Rede stehenden Tat schärfer profiliert, nicht jedoch auf eine Generalisierung der Thematik abzielt. Andere Forscher richten ihr Interesse auf den sachlichen Kern von Juvenals Bericht. Nach P o w e l l (858) soll die Darstellung des KannibalismusGeschehens nicht der rhetorischen Übertreibung oder gar Erfindung, sondern nur der Fehlinterpretation zu zeihen sein: Da Ombi (Kom Ombo) als Zentrum des Seth-Kultes zu gelten hat, in Tentura (Dendera) jedoch die verschiedentlich mit Isis gleichgesetzte Göttin Hathor verehrt wurde833, wäre der Satiriker nämlich als Zeuge einer Kultzeremonie denkbar, welche die rituelle Tötung bzw. Zerstückelung des Osiris durch Seth nachstellen sollte.834 Allein: Aus Tentura kommen gerade die Angreifer; und auch für den Fall einer Kulthandlung läßt sich nur schwer nachvollziehen, was Juvenal in diesem Zusammenhang als Akt der Anthropophagie hätte mißverstehen können.835 T u t r o n e (866) sodann reiht sat.15 (bes. v.159–171) unter die römischen Belege des Topos 'meno che bestia' ein. Wie schließlich A l s t o n (863) aus dem Juvenaltext eine Bestätigung seiner Hypothese, "that an examination of Roman interpretations of native cultures suggests that the Roman elite may have been far more willing to integrate aspects of the culture of their subject peoples" (107) herauslesen kann, ist dem Berichterstatter unverständlich geblieben.
833 In jüngerer Zeit neigt man allerdings eher dazu, das Juvenalische Ombi mit dem näher bei Dendera gelegenen Kom-Belal zu identifizieren: vgl. Courtney (79) zu v.28, aber auch schon J. M o r e a u , Une scène d'anthropophagie en Égypte en l'an 127 de notre ère (Juvénal, Satire XV), Chronique d'Égypte 15, 1940, 279–285, hier: 281. 834 Für einen kultischen Hintergrund könnten in der Tat v.35–38 und 59 f. sprechen; über Mord und Totschlag als Bestandteil des ägyptischen Ritus berichtet schon Herodot (2,63). 835 Wie P. rechnet auch S a n t o r e l l i (865) nicht mehr mit unmittelbarem, durch Vorurteile evoziertem Realitätsbezug, sondern einem Mißverständnis oder – eher noch – absichtlicher Verfälschung.
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b) Einzelstellen 15,21 f. Daß Juvenal unter den in Schweine verwandelten Gefährten des Odysseus gerade Elpenor hervorhebt, beweist nach M o n t i (416), daß dem Satiriker hier nicht Homer, sondern Ovid vor Augen steht (vgl. met. 14,251 ff.; 286 ff.). 15,44 ff. Die Tatsache, daß die von den Viten gebotene Nachricht über Juvenals Ägyptenexil aller Wahrscheinlichkeit nach auf spekulative Ausdeutung dieser Versgruppe zurückgeht, berechtigt keineswegs zu der Annahme, der Satz quantum ipse notavi dürfe a priori nicht von spezieller Landeskenntnis ('as I myself have noticed'), sondern höchstens von allgemeinen Erfahrungen mit den Ägyptern Roms zeugen ('to the best of my knowledge'; so etwa F r e d e r i c k s [857])836 oder gar nur ein Selbstzitat indizieren (R e g g i a n i [384], 98 mit Bezug auf 6,82 ff.: "come ho scritto"): Warum hätte der Satiriker seine aus den vorausgehenden Gedichten bekannte Aversion gegen Ägypten und seine Bewohner an dieser eher unauffälligen Stelle plötzlich mit Hinweis auf eigene Erkenntnisse (ipse!) absichern bzw. rechtfertigen sollen? 15,50 W a t t s (418) Konjektur (flores) simulatae (in fronte coronae) ('indifferent flowers in what purported to be a garland') rechnet ebenso wie N i s b e t s (422) mutilaeque i.f.c. ('hacked about') mit einem reichlich derangierten Zustand der feiernden Ägypter. 15,84–87 Durch ihre nachgerade aufdringliche Inhaltslosigkeit geben sich v.86b–87a als Interpolation zu erkennen; es ist daher unangemessen, mit G r i f f i t h (396) den unanstößigen Nachbartext gewaltsam zurechtzustutzen (v.85 Prometheu; 86a donasti), nur um der Pronominalform te aus v.86b einen sinnvollen Bezugsrahmen zu verschaffen. 15,90 Von seiner Konjektur antis/antae (autem codd.; ante Housman) ist N i s b e t (426) offenbar selbst nicht überzeugt. 15,111 f. Der spöttische Ton dieser Äußerung richtet sich nach B a l d w i n (716) gegen die causidici, nach M a r c a c c i n i (864) gegen die offizielle flavische Propaganda; den sachlichen Hintergrund liefert die Romanisierung Britanniens, wie sie etwa auch Tac. Agr. 21,2 kenntlich wird.
836
Ähnlich etwa auch C o u r t n e y (79) z.St.: "to judge from the Egyptians I have met."
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15,133 ff. Die in diesem Abschnitt von W a t t (418) vorgeschlagenen Textänderungen (v.133 est st. haec, sensus Nom. Sgl.; v.135 squalorem atque rudem st. squaloremque rei) sind eher willkürlich zu nennen; dem überlieferten Wortlaut von v.134b–135a ist jedoch trotz H ö g g (105) ebenfalls nicht zu trauen: Beachtung verdient daher C o u r t n e y s (79) Konjektur amictum (amici codd.). 15,143 ff. Satzlogik und Gedankenführung verlangen N i s b e t (390) zufolge nach Glättung: v.143 soll adeo (ideo codd.) zu konjizieren, v.145 möglicherweise ganz zu streichen sein. 18. Satire 16 867. J.P. S u l l i v a n , A note on Juvenal 16.18, CPh 79, 1984, 229. 868. D.R. S h a c k l e t o n B a i l e y , Juvenal 16.18, CPh 81, 1986, 60–61. 869. M.E. C l a r k , Juvenal, Satire 16: fragmentary justice, ICS 13, 1988, 113–125. 870. B. S e g u r a R a m o s , Un Juvenal kafkiano, in: L.M. M a c í a A p a r i c i o u.a. (Hgg.), Quid ultra faciam? Trabajos de griego, latín e indoeuropeo en conmemoración de los 25 años de la Universidad Autónoma de Madrid, Madrid 1994, 297–300. 871. G. K l i n g e n b e r g , Die dissimulatio der iniuria, in: M.J. S c h e r m a i e r u.a. (Hgg.), Iurisprudentia universalis. Festschrift für T. Mayer-Maly zum 70. Geburtstag, Köln 2002, 317–336. [16,9] 872. G.N. G i a n n a k i s , Κριτικοερμηνευτικά II, Dodone (philol) 33, 2004, 7–26, hier: 24 ff. [16,18]. Das für Juvenals Verhältnisse ungewöhnlich klar strukturierte Fragment837 nimmt nach C l a r k (869) die Privilegien des Militärs als Folie in den Blick, um vor diesem Hintergrund die fehlende iustitia bzw. aequitas in der römischen Gesellschaft anzuprangern, und fügt sich solcherart nahtlos in die ethisch orientierte Thematik der späteren Satirenbücher. Indes scheint zumindest die letzte Schlußfolgerung, nach dem erhaltenen Text zu urteilen, übereilt: Wird dort doch gerade nicht Gerechtigkeit als ethischer Grundwert, sondern ihr Fehlen als gesellschaftsschädigender Faktor wahrgenommen; C. selbst hatte auf die Vergleichbarkeit einzelner Aussagen mit sat.3 hingewiesen. S e g u r a R a m o s (870) will in Juvenals Freude am Absurden Parallelen zu Kafka erkennen, scheitert jedoch mit seinem Versuch, diese Ansicht am 837 Die Disposition geht aus v.7 commoda tractemus primum communia, v.35 praemia nunc alia ... notemus und v.51 praeterea ... hervor.
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Beispiel der 16. Satire (v.1–34 wird mit 'In der Strafkolonie', v.35–50 mit 'Der Prozeß' zusammengestellt) praktisch zu belegen. 16,9 Dissimulet bezieht sich nach K l i n g e n b e r g (871) auf den juristisch erheblichen Akt der dissimulatio, wonach das Opfer eines iniuria-Deliktes – hier aus realistischer Einsicht in die Risiken, ja Aussichtslosigkeit des Verfahrens vor einem Militärgericht (v.7–34) – bewußt über die Straftat hinwegsieht und so auf ihre Verfolgung verzichtet. 16,18 K i l p a t r i c k (398) und S u l l i v a n (867) wollen den unbefriedigend scheinenden Mittelteil des Verses durch agitur de milite ("a soldier is on charge": K., 115) bzw. etsi agitur de milite ("even though the matter concerns a soldier: S., 229) heilen, S h a c k l e t o n B a i l e y (868) den überlieferten Wortlaut (igitur) in Cruces beibehalten, N i s b e t (390) den gesamten Vers athetieren. Indes ist mit G i a n n a k i s (872) daran festzuhalten, daß der tradierte Text weder grammatisch noch inhaltlich einen wirklichen Anstoß bietet: Freiere Stellung von igitur ist – gerade bei Dichtern – auch sonst zu belegen (vgl. etwa Plaut. Epid. 499 quid tibi negotist meae domi igitur?), die Aussage selbst vor dem Hintergrund von Tac. Agr. 9,2 als "illusionäre Selbsttröstung des geschädigten Klägers" (Adamietz [16] z.St.) durchaus angemessen.838 16,42 Wenn K u p i s c h (836) behauptet, daß annus "hier nicht das Gerichtsjahr als Ganzes meint, sondern die wiederkehrenden Perioden des Gerichtsjahres" (498) und entsprechend zu Serv. Aen. 2,102 annus litium (dort auch das Zitat unserer Stelle) bemerkt, "daß annus litium hier metonymisch für Gerichtsperiode steht, die zusammen mit (einer) anderen den annus litium bildet" (497), tut er dem lateinischen Text Gewalt an; für die richtige Erklärung vgl. etwa Courtney (79) z.St. 16,46 Fusco iam micturiente parati codd. : F. clepsydra m. H e n d r y (417): "when ... Fuscus' water-clock is full-to-overflowing" (266). Wer sich wie H. selber zum Dichter berufen fühlt, sollte nicht als Textkritiker tätig sein.
838 Erst in v.20 (tamen!) wird der naive civis grausam mit der Realität des militärischen Korpsgeistes konfrontiert.
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XVIII. Rezeption 1. (Spät-)Antike 873. Sister S t e l l a M a r i e , Prudentius and Juvenal, Phoenix 16, 1962, 41–52. 874. A.D.E. C a m e r o n , Literary allusions in the Historia Augusta, Hermes 92, 1964, 363–377. 875. R. G o d e l , Réminiscences de poètes profanes dans les Lettres de St-Jérôme, MH 21, 1964, 65–70. 876. J. S c h w a r t z , L'Histoire Auguste et la fable de l'usurpateur Celsus, AC 33, 1964, 419–430. 877. –, Arguments philologiques pour dater l'Histoire Auguste, Historia 15, 1966, 454–465. 878. P. C o u r c e l l e , Grégoire le Grand à l'école de Juvénal, SMSR 38, 1967, 170–174. 879. R.E. C o l t o n , Ausonius and Juvenal, CJ 69, 1973–1974, 41–51. 880. L. B r a c c i a l i M a g n i n i , Nota ad Ausonio (epigr. 45), Anazetesis 7, 1982, 100–104. 881. R.E. C o l t o n , Echoes of Juvenal in Sidonius Apollinaris, RPL 5.2, 1982, 59–74. 882. E. C o u r t n e y , A miscellany on Latin poetry, BICS 29, 1982, 49–54, hier: 52 f. 883. J. S c h w a r t z , L'Histoire Auguste, Suétone et Juvénal, in: G. W i r t h (Hg.), Romanitas – Christianitas. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit J. Straub gewidmet, Berlin 1982, 634–644. 884. M. C i t r o n i , Giovenale e Virgilio in Claudiano, Eutr. I 66–77, in: Filologia e forme letterarie. Studi offerti a F. Della Corte, Bd. 4, Urbino 1987, 253–259. 885. J.A. W i l l i s , Venantius Fortunatus Iuvenalis lector, Mnemosyne 41, 1988, 122–123. 886. F. P a s c h o u d , Quelques mots rares comme éventuels témoins du niveau de style de l'Histoire Auguste et des lectures de son auteur, in: M. P i é r a r t – O. C u r t y (Hgg.), Historia testis. Mélanges d'épigraphie, d'histoire ancienne et de philologie offerts à T. Zawadzki, Fribourg 1989, 217–228. 887. B. B a l d w i n , Juvenal and the Historia Augusta: two possible concordances, AClass 33, 1990, 108–111. 888. M. D e w a r , The fall of Eutropius, CQ 40, 1990, 582–584.
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Walter Kißel
889. C. G n i l k a , Satura tragica. Zu Juvenal und Prudentius, WS 103, 1990, 145–177. 890. J. M a g e e , What's in a pedigree? Alcimus Avitus, De spir. hist. gest. 2.50–52, and Juvenal, sat. 8.140–41, MS 54, 1992, 317–326. 891. J. S c h w a r t z , La lettre de l'empereur Hadrien à son beau-frère selon L'Histoire Auguste, in: M. C h r i s t o l u.a. (Hgg.), Institutions, société et vie politique dans l'empire romain au IVe siècle ap. J.-C. Actes de la table ronde autour de l'œuvre d'André Chastagnol (Paris, 20–21 janvier 1989), Roma 1992, 29–36. 892. N. A d k i n , Juvenal and Jerome, CPh 89, 1994, 69–72. 893. P.J. S m i t h , A note on Ammianus Marcellinus and Juvenal, LCM 19, 1994, 23–24. 894. J. L o n g , Juvenal renewed in Claudian's In Eutropium, IJCT 2, 1995– 1996, 321–335. 895. T. M a r t í n R o d r í g u e z , Posibles adaptaciones de las sátiras de Juvenal en autores cristianos tardoantiguos, A&Cr 14, 1997, 189–198. 896. J.D. S o s i n , Ausonian allusions to Juvenal's satires, WS 112, 1999, 91–112. 897. –, Ausonius' Juvenal and the Winstedt fragment, CPh 95, 2000, 199– 206. 898. N. A d k i n , Jerome, Seneca, Juvenal, RBPh 78, 2000, 119–128. 899. A. P e r e l l i , Ad quendam senatorem ex Christiana religione ad idolorum religionem conversum, Scholia (Roma) 2.2, 2000, 97–105 & 2.3, 2000, 103–114. 900. P.L. S c h m i d t , Juvenal, RAC 19, Stuttgart 2001, 874–881. 901. R. U g l i o n e , Poeti latini in Tertulliano: Intertestualità e riscrittura, A&R 46, 2001, 9–34. 902. F. G a r a m b o i s , Claudien, In Eutropium, II, 325–405: L'invective renouvelée, in: M. P i o t (Hg.), Regards sur le monde antique. Hommages à G. Sabbah, Lyon 2002, 71–83. 903. M.J. H e r r á i z P a r e j a , Amiano y Juvenal, ciertas semejanzas de contenido y de stilo, in: I.J. G a r c í a P i n i l l a – S. T a l a v e r a C u e s t a (Hgg.), Charisterion F. Martín García oblatum, Cuenca 2004, 175–196. 904. D. B u r g e r s d i j k , Zenobia's biography in the Historia Augusta, Talanta 36–37, 2004–2005, 139–151. 905. P. S a r r , Saint Augustin, lecteur de Perse et de Juvénal, Gerión 24, 2006, 305–324. 906. M. Z u l i a n i , Un' eco di Giovenale in Venanzio Fortunato (Carm. VII,1), in: L. C a s t a g n a (Hg.), Quesiti, temi, testi di poesia tardolatina.
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995. O. M o n n o , Iuvenalis docet. Le citazioni di Giovenale nel commento di Servio, Bari 2009, 209 S. 996. V. v o n B ü r e n , Le Juvénal des Carolingiens à la lumière du ms Cambridge King's College 52, AntTard 18, 2010, 115–137. 1. (Spät-)Antike a) Diverse S c h m i d t (900) gibt einen konzisen Überblick über die spätantike Juvenalrezeption und deren Spielarten: Nach der Wiederentdeckung des Satirikers im Serviuskreis liefert er Stoff für die Schule, Anregung für literarische Nachgestaltung (stilistische Glanzlichter, Sentenzen mit "Generalisierungspotential" [878], produktive Rezeption) und nicht zuletzt Material für die moralischtheologische Selbstpositionierung der christlichen Apologetik. In einer primär durch sinnentstellende Verschreibung aller lateinischen Zitate ins Auge fallenden Arbeit hatte schon M a r t í n R o d r í g u e z (895) für die christliche Spätantike einen vergleichbaren Versuch unternommen: Demzufolge wird der Satiriker mehrfach in wörtlichen Zitaten als moralische Autorität vereinnahmt (Lact. inst. 3,29,17: Iuv. 10,365 f.; Aug. epist. 138,3,16: Iuv.6,287–295; Drac. laud. dei 3,83: Iuv.8,83839; hinzu kommt Auson. cent. nupt. 8 Ende [p.218 P. = 139 G.]: Iuv.2,3), während Prudentius nicht nur Juvenalische Motive wiederaufgreift (perist. 2,514: Iuv.6,343; perist. 10,143: Iuv. 10,35; perist. 10,675: Iuv.2,152; perist. 10,700: Iuv. 11,68; c.Symm. 2,865– 868: Iuv. 15,9 ff.), sondern – durch die misogynen Aussagen der Weibersatire – auch Anregungen für freiere Nachgestaltung empfängt (psych. 183 ff. über pompöse Frisuren; ham. über Schönheitspflege; c.Symm. II über Vestalinnen). Einige Zeugnisse spätantiker Juvenalrezeption (darunter Belege aus Claudian und Eugenius von Toledo) finden sich auch in den similia-Listen von F l e t c h e r (383 bzw. 388); und C o u r t n e y (882) macht bei Ps. Quint. decl., Salv. gub., Apul. met., Lyd. mag., Ps. Aur. Vict. epit., Lux. (AL) und Hist. Aug. entsprechende Belege namhaft, ohne daß dabei alle der genannten Stellen die ihnen auferlegte Beweislast zu tragen vermöchten. b) Einzelne Autoren/Werke Die Zahl der Berührungen zwischen sat.3 bzw. 5 und Lukians Dialogen De mercede conductis, Nigrinus und Saturnalia (vgl. auch sat.2 mit Lucian. Adversus indoctum, 5,52 mit Lucian. conv. 15 und 10,32 mit Lucian. peregr. 45) erlaubt nach C o u r t n e y (79), 624–629 die Annahme, der Grieche habe den Juvenaltext gekannt. 839 Die Angabe sententia prisca est läßt allerdings vermuten, daß Dracontius sein Zitat nicht einer Juvenalausgabe, sondern einem Florilegium verdankt.
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Wie nicht anders zu erwarten, entpuppen sich die Klassikerreminiszenzen (Lukrez, Horaz, Ovid, Juvenal, Martial, Plautus), die U g l i o n e (901) bei Tertullian entdeckt haben will, bei näherem Zusehen fast durchweg als sprachbzw. sachbedingte Konvergenzen. Juvenal hat weder mit seinen Ausführungen zum irdischen Wandel der Pudicitia (6,1 f.; vgl. Tert. pudic. 1) noch mit dem Berufekatalog von 3,76 f. (vgl. Tert. pall. 6,2)840 oder dem Motiv der knabbernden Maus (3,206 f.; vgl. Tert. adv. Marc. 1,1,5) dem intransigenten Christen Modell gestanden. Das dem ausgehenden 4. Jh. zuzuweisende Carmen ad quendam senatorem ex Christiana religione ad idolorum religionem conversum (AL Riese I 2,689b) weist weder in seinem Tonfall als Invektive noch in seiner Behandlung des Themas superstitio so deutliche Berührungen zu sat.6 auf (vgl. dort v.511–516; 526–547), daß man daraus mit P e r e l l i (899) auf Juvenalkenntnis des christlichen Anonymus zu schließen bräuchte. Da sich Ammians Verdikt gegen Juvenal als wertlosen Trivialschriftsteller (Amm. 28,4,14) allem Anschein nach nicht gegen den Satiriker als solchen richtet841, vermutet S m i t h (893) biographische Motive: Hätte sich doch der aus Antiochia am Orontes gebürtige Grieche (vgl. Amm. 31,16,9 miles quondam et Graecus) durch Juvenals Gräkophobie (vgl. 3,58–125, bes. v.62 mit polemischer Nennung des Orontes) mehr als brüskiert fühlen müssen. Nichtsdestoweniger bleibt die Möglichkeit bestehen, daß sich Ammian in seinen zeitkritischen Exkursen (14,6; 28,4) gerade an Juvenal orientierte, um so dessen Satiren gegen ihre zeitgenössischen Bewunderer zu kehren. Die von H e r r á i z P a r e j a (903) dafür ins Feld geführten thematischen Berührungen (Ausfälle gegen den Luxus: Amm. 14,6,9 – Iuv. 1,26–33; 10,36–42; erniedrigende Umstände der salutatio: Amm. 14,6,13 – Iuv. 1,97–101; Xenophobie; modische Verirrungen in Musik und Schauspiel: Amm. 14,6,18 & 20; 28,4,32 – Iuv. 3,172–179; 6,63–66; 7,82–87; 8,224 ff.) belegen jedoch letztlich nur die Fortdauer der von Juvenal kritisierten Zustände sowie eine – biographisch zu begründende – Konvergenz im Blickwinkel beider Autoren (Ammian wie Juvenal gehören nicht zur Gesellschaft, ringen um Anerkennung); auch dem subjektiven Blickwinkel, der lebendigen Beschreibung, der kraftvollen Sprache des Historikers läßt sich kein spezifischer Juvenalbezug abgewinnen.842
840 Vergleichbare Aufzählungen werden auch sonst gern – zu Unrecht – als Indiz für Juvenal-imitatio in Anspruch genommen: vgl. unten zur Historia Augusta. 841 E.A. T h o m p s o n , The historical work of Ammianus Marcellinus, Cambridge 1947, 14 f. sucht sogar Juvenalreminiszenzen festzumachen: vgl. 27,3,5 mit Iuv.3,107; 28,4,24 mit Iuv. 6,581; 29,2,18 mit Iuv. 6,221. 842 Im übrigen lassen Stellenangaben wie "IVV. 172–79" (188; für 3, 172–179) oder "el capítulo 14,6–26" (176; für Amm. 14,6,1–26?) und andere Fehler (195 erscheint W.J. Watts in der Bibliographie als "W.J. Chapter") die Arbeit auch unter formalem Aspekt als Makulatur erscheinen.
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Besonders was die negative Charakteristik der nobiles angeht, konstatiert auch d e n H e n g s t (908) thematische Berührungen zwischen Ammians zweitem Romexkurs (28,4) und den Juvenalsatiren, sieht den Historiker jedoch eher unter dem Einfluß von griechischer Menippea (Lukian, Nigrinus und De mercede conductis) und zeitgenössischem "satirical writing" (176; Hieronymus) als in direkter Juvenalnachfolge; auf lexikalischer Ebene soll Ammian überhaupt nur 28,4,24 nec in publicum prodeunt nec prandent ... antequam ephemeride scrupulose sciscitata didicerint ...843 auf Formulierungen des Satirikers (6,573–581) zurückgreifen.844 Da die Juvenalsatiren laut Amm. 28,4,14 erst gegen Ende des 4. Jh. von einer breiten literarischen Öffentlichkeit wahrgenommen wurden845, könnte der Nachweis einschlägiger Reminiszenzen in der Historia Augusta (seien diese aus dem Satirentext selbst oder seiner antiken Kommentierung bezogen) einen wertvollen terminus post für dieses immer noch einigermaßen rätselhafte Werk erbringen. Unter den von C a m e r o n (874) genannten sieben Zeugnissen wird man Hist. Aug. Aurel. 5,6 solusque omnium privatus Aurelianus elephanti dominus fuit (neben Iuv. 12,106 f. Caesaris armentum [=elephantus] nulli servire paratum / privato) und vor allem Claud. 6,6 (im Kontext des Xerxeszugs) epotata flumina (neben Iuv.10,177 defecisse amnes epotaque flumina Medo) nicht a priori von der Hand weisen wollen; den von S c h w a r t z (877) zusammengestellten Belegen846 fehlt dagegen jede Beweiskraft: Der Rekurs auf gemeinsame sprachliche Grundlagen (manducare, orexis, quemadmodumcumque, festivitas), historische Gegebenheiten (Einmauern von Straftätern) oder vergleichbare Vorstellungen (vgl. Hist. Aug. quadr. tyr. 8,6 unus illis deus nummus est neben Iuv. 1,114 nullas nummorum ereximus aras; quadr. tyr. 10,2 ipsi custodes timentur neben Iuv. 6,347 f. quis custodiet ipsos / custodes?) vermag kein Rezeptionsverhältnis zu belegen geschweige denn ein komplexeres Beziehungsgeflecht aufzudecken, wie es S c h w a r t z (883) für Juvenal bzw. Sueton und die verschiedenen Historia Augusta-Viten postuliert. Die Überprüfung zweier Belege durch B a l d w i n (887) kommt zu einem differenzierten Ergebnis: Gegen Cameron (874) betrachtet er die Übereinstimmungen zwischen Hist. Aug. Hadrian. 16,10; quadr. tyr. 8,3 und Iuv. 3,76 ff. angesichts der literarischen Verbreitung ähnlicher Aufzählungen als nicht aussagekräftig; dagegen hält er mit Schwartz (877)
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Bei H. fälschlich als "28.2.4" (172) zitiert. Dies gegen R. R e e s , Ammianus satiricus, in: J.W. D r i j v e r s – D. H u n t (Hgg.), The late Roman world and its historian. Interpreting Ammianus Marcellinus, London 1999, 141–155, der unter den Kategorien "rhetorical trope, subject matter, victim of satire, and lexical echoes" (H. 172) neuerlich diverse Entlehnungen festgestellt haben will. 845 Vgl. jedoch – ganz singulär – schon Lact. inst. 3,29,17 mit dem Zitat von Iuv. 10,365 f. 846 Eine vergleichbare Materialsichtung unternimmt S c h w a r t z (876 und 891) jeweils für einen kleineren Textausschnitt der Historia Augusta. 844
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am Juvenalischen Ursprung von Hist. Aug. Elag. 29,8 f. (vgl. Iuv. 11,120–129, ebenfalls mit "gastronomic-cum-moralising motif": 110) fest. Auch wo sich für Vokabular der Historia Augusta aus älteren Autoren nur spärliche Zeugnisse beibringen lassen, vermag die Zusammenstellung einschlägiger Belege bei P a s c h o u d (886) – wie vom Vf. selbst konzediert – nur vage Anhaltspunkte für die Literaturkenntnis des Anonymus zu liefern. Aus der auf Iuv. 11,108 und Hist. Aug. Geta 5,8 beschränkten Verwendung von farrata, -orum lassen sich jedenfalls keine Rückschlüsse ziehen. B u r g e r s d i j k (904) schließlich vertritt die These, der Autor der Historia Augusta habe sein Bild der Zenobia nach Motiven aus Juvenals 6. Satire gestaltet und dabei die satirische Kritik der Vorlage zu einem von Anerkennung getragenen Porträt umgewidmet. Zur Begründung verweist er allen Ernstes auf 'Motiventsprechungen' wie Keuschheit, Schönheit, Vorfahren, Tischsitten, Sprache und Kultur sowie vor allem auf Übereinstimmungen im Bereich von Einzelwörtern(!): vgl. Hist. Aug. trig. tyr. 30,1 pudor und 30,14 galeatus mit Iuv. 6,252; Aurel. 27,6 dictare (in anderer Bedeutung auch Iuv. 6,245) und trig. tyr. 30,26 aureus (von Fesseln; Iuv. 6,589 aurum von Schmuck): Eine sachkundige Zeitschriftenredaktion hätte den Aufsatz nicht zum Druck angenommen. Da Ausonius unseren Satiriker unter Namensnennung zitiert (cent. nupt. 8 Ende [p.218 P. = 139 G.] = Iuv. 2,3), steht der spätantike Literat als frühester Vertreter poetischer Juvenalrezeption fest. C o l t o n (879) führt gut zwei Dutzend weitere, mehrheitlich schon aus dem Index von Schenkls Ausoniusausgabe (1883, 267) bekannte Belege wiederverwendeter Juvenaljunkturen an; zumindest exspectata diu (Pyth. 16 [p.88 P. = 104 G.]; Iuv. 8,87) wäre aus diesem Zusammenhang fernzuhalten gewesen.847 S o s i n (896) will in den Ausoniusgedichten eine komplexer strukturierte Imitationstechnik ausmachen, die jeweils auf einen inneren Dialog mit dem Juvenalischen Prätext abzielt: "The program of allusion is driven by a verbal echo – almost word for word – that is embedded in a matrix of less direct, thematic echoes" (98). Dies mag für Auson. epist. 28,1 (p.254 f. P. = 193 G.) gelten (vgl. v.7 f. ipsos / capi volentes nach Iuv. 4,69 ipse capi voluit) und äußerstenfalls noch für Auson. hered. (p. 16 f. P. = 19 f. G.) zu akzeptieren sein (vgl. v.25 puteusque brevis nach Iuv. 3,226)848; spätestens im Rekurs auf Auson. epitaph. 15,1 (p. 77 P. = 63 G.) flos Asiae (von Astyanax, entsprechend Iuv. 5,56 von einem Tischsklaven) sind jedoch die dem Systemzwang geschuldeten "deep structural, thematic and generic lines of connection" (92) erst vom
847 Hinzuweisen wäre allerdings noch auf Auson. epigr. 45 (p.329 P. = 73 G.), dessen Motivrepertoire sich nach B r a c c i a l i M a g n i n i (880) an Iuv.VIII orientiert. 848 Im einen Fall hätte Ausonius aufdringliche Schmeichelei durch urbanen Scherz bzw. ein erzwungenes Opfer durch eine warmherzige Gabe substituiert, im anderen Juvenals Antagonismus Stadt/Land bzw. Armut/Reichtum unter Einbezug der delphischen Maxime γνῶθι σεαυτόν (vgl. hered. v.19 und Iuv. 11,27) in eine harmonische Synthese übergeführt.
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Interpreten in den Text hineingelesen. Auch die Behauptung (897), Ausonius habe parent. 12 (p. 37 P. = 33 G.; ein Preisgedicht auf seine verstorbene Schwester Dryadia) durch ein raffiniertes "program of thematic allusion" (203) gerade auf Juvenals Weibersatire bezogen, basiert bei näherem Zusehen auf der spärlichen Übereinstimmung verbreiteter Allgemeinplätze. Daß Ausonius den Winstedt-Text gekannt (und als Juvenalisch angesehen?) hätte, mutet dem Vergleich von parent. 12,9 (p.37 P. = 33 G.) seria vitam (vitans Peiper) und Iuv. 6.O.18 seria vitae849 allzu große Beweislast zu. Ungeachtet seines satirischen Naturells läßt Hieronymus in den Briefen nach G o d e l (875) keine tiefere Vertrautheit mit dem Juvenaltext erkennen: Und in der Tat ist epist. 66,13 quibus serica vestis oneri erat et solis calor incendium nicht schlüssig als Reminiszenz von Iuv. 6,259 f. zu identifizieren; vielleicht sollte hier aber epist. 50,5 et nos saepe manum ferulae subtraximus (vgl. 57,12; adv. Rufin. 1,17) nicht von vornherein ("... n'est peut-être qu'un cliché": 69) jeder Zeugniswert abgesprochen werden (vgl. Iuv. 1,15). Auch A d k i n (892) läßt aus der bisherigen Forschungsliteratur nur zwei Belege als gesicherte imitatio gelten (Hier. epist. 27,3 nach Iuv. 9,92 bipedem ... asellum; epist. 52,12 nach Iuv. 6,304 bibitur concha und schol.z.St.)850, die er noch um Hier. epist. 22,29 (nach Iuv. 13,241 f. quando recepit / eiectum semel attrita de fronte ruborem) vermehrt. Übereinstimmungen zwischen Juvenalsatiren, zugehörigem Scholion und Hieronymustext, wie sie A. (898) neben Iuv. 6,304 auch noch für 6,431 f. (vgl. Hier. in Tit. 1,7 p.567A) konstatiert, legen zudem nahe, daß Hieronymus eine kommentierte Juvenalausgabe zur Verfügung stand, die er jedoch – der Chronologie seiner einschlägigen Imitationen zufolge – erst in mittleren Jahren (ca. 382/5) benutzen konnte. Auch die von S a r r (905) angeführten Augustinstellen De civitate dei und epistulae vermögen seine These umfänglicher Persius- bzw. Juvenal-Rezeption auf seiten des Kirchenvaters nicht durchgehend zu tragen; allein den Versuch der Heiden, das Christentum für Roms politischen Niedergang verantwortlich zu machen, weist dieser unter Verweis auf suum satyricum erkennbar mit Bezug auf Juvenal zurück (epist.138,3,16 mit Zitat von Iuv. 6,287–295). Prudentius erweist sich nach S. S t e l l a M a r i e (873) als Bruder Juvenals im Geiste: Wie dieser eifert er unnachsichtig gegen alle Sorten menschlicher vitia (schwerpunktmäßig natürlich gegen Häresie und Heidentum); wie dieser kann er sich zu Kommentaren von beißender Schärfe aufschwingen. Zudem lassen sich – dem vorgelegten Material zufolge primär aus Contra Symmachum – unschwer direkte Entlehnungen nachweisen: vgl. c.Symm. 1,526–532 mit Iuv. 849
Die Ausoniusstelle wird erstmals von R.P.H. G r e e n , Ausonius' use of the classical Latin poets: some new examples and observations, CQ 27, 1977, 441–452, hier: 445 als Juvenalreminiszenz namhaft gemacht. 850 Ihre Entdeckung ist D.S. W i e s e n , St. Jerome as a satirist. A study in Christian Latin thought and letters, Ithaca (N.Y.) 1964, 1044 bzw. C o u r t n e y (106), 1624 zu verdanken.
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8,231–235; 2,174 f. mit Iuv.13,60; 2,288 f. mit Iuv.6,2 f.; 2,556 ff. mit Iuv.8,4 f.; 2,865–868 mit Iuv.15,9 ff.; apoth. 457 mit Iuv.10,55. Auch für G n i l k a (889) steht Prudentius mit seinem Gedicht Contra Symmachum ganz in der Tradition Juvenals, mache er sich doch genau die von diesem entwickelte Perspektive der 'satura tragica' (Schauder, Jammer, Empörung, sarkastisches Lachen)851 zu eigen, um sie nunmehr als Waffe gegen die Unmoral des Heidentums zu kehren; als Musterbeispiel wird die als "Stück ... Weibersatire" (174) charakterisierte Polemik gegen Livia (c.Symm. 1,251–270) angeführt. L o n g (894) und G a r a m b o i s ( - V a s q u e z ) (902 und 907) ist zu entnehmen, in welchem Umfang Claudian für seine In Eutropium libri auf den Motivschatz der Juvenalsatiren zurückgreift: Ausfälle gegen die sexuelle Disposition des Eunuchen bedienen sich vor allem bei Iuv. II und VI; die Claud. 20,325–405 gestaltete Parodie eines aus ebenso verkommenen wie verantwortungslosen Subjekten zusammengesetzten Thronrates ist offenbar dem Szenario der Fischsatire nachempfunden.852 Juvenalisch ist dabei letztlich auch der Standort des spätantiken Dichters: "Claudian focuses on Juvenal's images of a Roman world twisted away from the control of traditionallyminded Romans. He renews, for his audience that was steeped in Juvenalian tradition, the same sense of Roman outrage" (L., 335). Ohne Echo bleibt in den genannten Arbeiten C i t r o n i (884), der bereits zuvor Eutrops Klagerede an die Adresse seines dominus Ptolemaeus (18,66–77) auf die spielerische Verknüpfung von Iuv.IX (Lamento des Naevolus) bzw. 2,137 f. (Kinderlosigkeit als Schicksal der Homosexuellen) mit deren gemeinsamem Prätext (Verg. Aen. IV: Klage der verlassenen Dido; vgl. zu sat.9) zurückführen konnte. Eine nur partiell überzeugende Liste von Motiven, Junkturen und Einzelwörtern, die Claudians In Eutropium mit Juvenals Satiren gemeinsam haben soll, liefert noch C o l t o n (909). S á n c h e z - O s t i z (910) sucht dagegen die Eigenart des von Claudian benutzten Juvenaltextes näher zu ergründen: Mag sich für das "intensive reading" (117) einzelner Formulierungen auch am ehesten ein Buch in Codex-Form angeboten haben, setzt die Rezeption längerer Texteinheiten doch nicht notwendigerweise einen Quellenwechsel voraus ("scroll-based extensive readings": 130)853; und ob die wechselseitige 851 Ein von Verständnis getragener Humor würde der indignatio Juvenals bzw. dem spezifisch christlichen Ernst des Prudentius a priori zuwiderlaufen. 852 Nach D e w a r (888) bezieht schließlich auch der Hinweis auf die Absetzung des Eutropius durch eine exigua charta des Kaisers Arcadius (19,19 f.) seine Pointe aus einer Juvenalstelle: Zum Sturz Sejans hatte es Iuv. 10,71 zufolge noch einer verbosa et grandis epistula des Tiberius bedurft! 853 Die gleiche Unterscheidung der Vorlagen wird beiläufig auch für das Carmen ad quendam senatorem bzw. das Carmen contra paganos (Papyrusrolle) und Cyprianus Gallus (PergamentCodex) getroffen.
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Affinität zwischen den Formulierungen Claudians und P- bzw. Φ-Text auf eine Vorlage "prior to the ... archetype which included variants that where not accepted in the latter edition" (126), auf Kontamination der Vulgata mit Claudiantext oder aber zufälliger Konvergenz beruht, muß letztlich auch unentschieden bleiben. C o l t o n (881) weist auf lexikalische wie motivische Berührungen zwischen Juvenals Satiren und den carmina des Sidonius Apollinaris hin, ohne daß in der Mehrheit der Fälle zweifelsfrei auf imitatio geschlossen werden könnte. Eindeutiger sind die Verhältnisse im Falle der epistulae: Sidon. epist. 2,10,1 disciplinam ... propter quam nos quoque subduximus ferulae manum geht erkennbar auf Iuv. 1,15 zurück; und Juvenals Tanaquil tua (6,566) hat Sidon. epist. 5,7,7 wie auch schon Auson. epist. 28,31 (p.284 P. = 225 G.) ihre Spuren hinterlassen.854 Daß Alcimus Avitus carm. 2,50 ff. nam crimen acerbat / auctor, in ignoto minor est peccante reatus / durius atque malum, quod maior fecit, habetur (über Luzifers Fall) das Diktum von Iuv. 8,140 f. omne animi vitium tanto conspectius in se / crimen habet, quanto maior qui peccat habetur nahezu wortgetreu wiederaufgreift, ist nach M a g e e s (890) Erklärung (Luzifers Selbstüberhebung als Präfiguration des originale peccatum) im Sinne einer bedachten Kontrastimitation zu deuten: "Juvenal argues for individual, as against ancestral, merit; Avitus, on the other hand, argues for ancestral, as against individual, demerit" (322).855 Daß Venantius Fortunatus die Juvenalsatiren gekannt haben könnte856, ist auch durch die ganz insignifikanten loci similes, wie sie W i l l i s (885) zusammenträgt, nicht wahrscheinlicher geworden. Z u l i a n i s (906) Ansicht, Ven. Fort. carm. 7,1 (an Gogo) spiele v.11 f. auf Iuv. 7,82–86 an, gründet schließlich auf der zweifelhaften Vorstellung, die Formulierung tua captus dulcedine (carm. 7,1,11) könne weder spontan noch durch Rückgriff auf eine nicht-juvenalische Vorlage857 zustande gekommen sein; um den Adressaten als würdigen Erben römischer Dichtkunst zu preisen oder als potentiellen Mäzen zu umwerben, dürfte sich der implizite Hinweis auf Juvenals Zerrbild des Hungerleiders Statius jedenfalls kaum empfohlen haben.
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Vgl. des weiteren noch epist. 1,2,2 mit Iuv. 9,15; 8,16,1 mit Iuv. 1,6; 9,9,16 mit Iuv. 10, 248 f.; carm. 9,271 ff. zufolge ist Sidonius auch mit dem Kern der antiken Juvenalbiographie vertraut. 855 Ähnlich wäre dann auch der Rückgriff von Alc. Avit. carm. 1,1 quidquid agit varios humana in gente labores,/... und 2,31 cessabit gemitus, luxus, metus, ira, voluptas auf Iuv.1,85 motiviert: Dem christlichen Dichter zufolge ist die Geschichte von allem Anfang bis zur Wiedererlangung des Paradieses durch Sünde bestimmt; der Satiriker dagegen hatte menschliche Verkommenheit hier und heute auf ihrem Höhepunkt gesehen. 856 Kategorisch abgelehnt von U. K n o c h e (zit. oben Anm. 90), 44. 857 Neben Iuv. 7,84 tanta dulcedine captos ist die Junktur vor Venantius noch weitere 14 mal belegt.
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Offenbar schließt auch die literarische Bildung Gregors des Großen Vertrautheit mit den Juvenalsatiren ein: C o u r c e l l e (878) führt epist. 1,6 (Ad Narsem) scabiosos saepe catulos, pardos vel tigres vocamus überzeugend auf Iuv. 8,34 ff. canibus pigris scabieque vetusta / levibus ... / nomen erit pardus, tigris, leo zurück. 2. Mittelalter a) Diverse Die ma. Rezeption der Juvenalsatiren steht primär unter dem Einfluß ihrer Gedankenwelt: P e p i n (915) verweist auf den nicht zu vernachlässigenden Einfluß von Iuv. X auf die contemptus-mundi-Literatur, dokumentiert am gleichnamigen Gedicht des Bernardus Morlanensis (12. Jh.) und dem anonymen De vita monachorum (Quid deceat monachum ...; 11./12. Jh.). Der breitangelegten Stellensammlung von C o n t a m i n e (918) zufolge hat Juvenals Diktum nobilitas sola est atque unica virtus (8,20) während des ganzen Mittelalters (12.–15. Jh.) nicht nur isoliert als Spruchweisheit weitergelebt, sondern auch – zuweilen zur Aussage nobilitas animi sola est ac unica virtus vergeistigt – die zeitgenössische Reflexion de vera nobilitate in erheblichem Umfang mitbestimmt. P o s t (913) kann schließlich zeigen, wie Juvenals selbstherrliches Frauenwort sit pro ratione voluntas (6,223) von den Staats- und Kirchenrechtlern des Mittelalters seit Vincentius Hispanus (†1249) zur Definition herrscherlicher Macht herangezogen wird: Während die Formulierung vordergründig absolute Willkür zu sanktionieren scheint, impliziert sie letztlich doch die Rückbindung monarchischer voluntas an die utilitas publica bzw. die ratio. Im griechischsprachigen Osten dagegen wird der Satiriker laut I r m s c h e r (911) überhaupt nur rezeptiv wahrgenommen. In frühbyzantinischer Zeit wird er noch gelesen (Lyd. mag. 1,20 bezieht sich auf Iuv. 5,110 f., mag. 3,62858 auf 2,50), ja sogar, wie die Existenz doppelsprachiger Glossen beweist, zum Erlernen der lateinischen Sprache benutzt; doch reißt dieser Faden infolge des nachjustinianischen Gräzisierungsprozesses ab: Die Suda kennt – hierbei auf Malalas fußend – nur noch den Namen des Satirikers sowie spärliches Anekdotenmaterial zu seiner Biographie. Erst für Maximos Planudes (2.H. 13.Jh.) läßt sich noch einmal Juvenallektüre dokumentieren: Seine Übertragung des Boethiustextes weist cons. 2,5 eine Randglosse mit griechisch wiedergegebenen Versen aus Iuv. X auf, die eine ansonsten unbekannte Gesamtübersetzung des Satirencorpus aus der Feder des Planudes zu belegen scheinen. Weitere Zeugnisse literarischer Juvenalrezeption fehlen; insbesondere hat die byzantinische Ausformung der Gattung Satire keine Anregungen auf diesem Wege erfahren.
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Bei I. fälschlich als "3,36" (443) zitiert.
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b) Einzelne Autoren/Werke Juvenals Reflexionen über den göttlichen Ursprung des sensus als Quelle mitmenschlicher Solidarität (Iuv. 15,146–150) finden ihre nahezu wörtliche Wiederholung in den 915/924 entstandenen Gesta Berengarii (3,216–220; G i o v i n i [916]). Wo das Humanitätsideal des Satirikers jedoch an der Realität zuschanden wird (vgl. v.159 ff.; 169 ff.), insistiert der Epiker gerade auf seinem durch das Wirken des christologisch überhöhten rex Italiae garantierten Vollzug. Auch die aus dem 11. Jh. stammenden Versus Eporedienses weisen im Hauptteil, den ihr Verfasser (Vuido/Guido?) darauf verwendet, mit einem Katalog von tausenderlei Verlockungen seine Geliebte zu umgarnen, eine unverkennbare Juvenalreminiszenz auf (G i o v i n i [917]): Was bei dem Aquinaten jedoch der Frugalität eines ländlichen Mahles geschuldet war (Iuv. 11,71 ova adsunt ipsis cum matribus), dient jetzt der Selbstinszenierung des Verführers als eines Bonvivant, dessen materiellen Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt sind (Epored. 79 f.: Si vis, lege nova cum centum matribus ova;/accipe plura quidem re faciente fidem). In der Vita Sancti Alexii des Walter von Châtillon findet A d k i n (920) Spuren der 'Hausputzszene' aus Iuv. XIV; vgl. bes. 14,64 f. mit VSA 97,1–4. Dagegen sind die Parallelen, die A. (921) zwischen Walters Alexandreis und Iuv. XIV erkannt haben will (besonders betrifft dies Alex. 10,448–454 über das Grabmal des Helden und Iuv. 14,298–302 über den Schiffbruch eines Kaufmanns), für den objektiven Betrachter nicht nachzuvollziehen. In einer eher feuilletonistisch angelegten Studie vergleicht L a s s a l l e (914) Lebens- und Schaffensumstände Juvenals mit denen des okzitanischen Dichters Peire Cardenal (†1278). Über allem steht die Leitfrage, ob man letzteren 'Juvénal du Puy' nennen könne; Juvenalkenntnis läßt sich auf seiner Seite höchstens vermuten. Juvenallektüre Dantes ist nach P a r a t o r e (912) zumindest aus Cv 4,29,4 f. (ausgiebiger Rekurs auf den Gedankengang von sat.8) und Pg 21,88 (Selbstcharakteristik des Statius vor dem Hintergrund des vox iucunda- bzw. dulcedoMotivs von Iuv. 7,82–86) zweifelsfrei nachzuweisen. A b b r u z z e t t i (919) belegt anhand weniger, nur in französischer Übersetzung vorgelegter Beispiele, wie Petrarca in seiner Briefsammlung De rebus familiaribus neben anderen Klassikern auch Juvenal als Zeugen seiner Ausführungen bemüht.859 Bald zu spielerischer Auflockerung oder scharfer Polemik, meist jedoch zu politisch-moralischer Belehrung herangezogen, "c'est Juvénal qui lui permet de dire, d'écrire la monstruosité des temps" (481).
859
Insgesamt ist Juvenal in 36 der 350 Briefe mit dem Zitat eines Einzelverses präsent.
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Walter Kißel 3. Renaissance und Neuzeit
a) England und Amerika – Diverse In Gestalt einer Anthologie läßt W i n k l e r (958) 90 englischsprachige Poeten vom Beginn des 16. Jh. (John Skelton, †1529) bis zur Gegenwart (Peter Green) mit Kostproben aus ihren Übersetzungen bzw. Nachgestaltungen des Juvenaltextes zu Wort kommen; neben – zumindest außerhalb des UK – eher unbekannten Namen firmieren darunter auch Größen wie George Chapman (†1634), Ben Jonson (†1637), John Dryden (†1700), Alexander Pope (†1744), Henry Fielding (†1754), Samuel Johnson (†1784) und William Wordsworth (†1850). Da die ausgewählten Stellen jeweils nur Ausschnitte aus dem Juvenaltext umfassen860, so daß manche Passagen mehrfach, andere überhaupt nicht wiedergegeben sind, kommt der an Juvenal selbst interessierte Leser kaum auf seine Kosten; als Einblick in die englischsprachige Juvenalrezeption und die Sprachgewalt bzw. die "amusing or curious nature" (S. XXX) ihrer Produkte leistet das Buch jedoch wertvolle Dienste.861 Nach einer Übersicht über die englischsprachigen Juvenaladaptionen des 17. Jh. gibt P a r á s s o g l o u (939) einige unkommentierte Leseproben aus einer nur in Manuskriptform (ms. 74 Beinecke Library, Yale University) vorliegenden Version von Iuv.I–IV durch Thomas Hewitt (†1662) und Jo. Billinge (nicht weiter bekannt). Der nicht zuletzt durch Interpretamente stark zerdehnte Text weist keine Berührungen mit dem Beziehungsgeflecht der gedruckten Juvenalübersetzungen auf. S e l d e n (934) kann zeigen, wie Iuv. X unter den Händen der englischsprachigen Übersetzer des 17./18. Jh. je eigene Gestalt annimmt: Bestimmend sind hier nicht biographische Faktoren, sondern die schöpferische Auseinandersetzung mit den unmittelbaren Vorgängern wie auch eine neue Sicht auf den Gegenstand selbst: Juvenals ironisch abgemilderter Stoizismus weicht jetzt dem Ernst einer spezifisch christlichen Perspektive. Ebenfalls mit Übersetzungsbeispielen aus Iuv. X illustriert sodann S. (942) die in der Restaurationszeit diskutierten Vorstellungen von der Beschaffenheit einer gelungenen Textübertragung. Die Extrempositionen werden dabei von Thomas Shadwell und John Dryden vertreten (dort texttreue, dafür einheitlich im genus tenue gehaltene Wiedergabe; hier assimilierende, jedoch auf Verstärkung der Juvenalischen Stilsprünge bedachte Nachdichtung); unter den Bewahrern findet etwa noch J(ohn) H(arvey), unter den Modernisten Henry Higden Erwähnung. 860
Nur in der Version von Samuel Johnson (III und X), Alistair Elliot (IV), Rolfe Humphries (XII) und William Gifford (XVI) wird ausnahmsweise der ganze (verfügbare) Text einer Satire dargeboten. 861 S. XXIX–LV der 'introduction' beleuchten 'Juvenal's influence' über die in der Anthologie vertretenen Autoren hinaus.
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W e b e r (948) schließlich dokumentiert, in welchem Umfang die Reflexion über Unterschiede und Berechtigung von Horazischer und Juvenalischer Spielart der Satire zur Selbstpositionierung der Gattung im England des 18. Jh. beitrug. – Einzelne Autoren/Werke George Chapmans (†1634) Übersetzung der 5. Satire (entstanden 1629) ist nun durch die Neuedition von C o r b a l l i s (950) leichter zugänglich geworden; ansprechend die S. VIII f. geäußerte Vermutung, der Elisabethaner könne angesichts der eigenen Lebensumstände durch ein Gefühl persönlicher Betroffenheit zu seiner Übertragung angeregt worden sein. Die von M a c L u r e (924) präsentierten Übersetzungsproben vermitteln "the general impression ... of a strong, roughly textured version, often inaccurate, oftener awkward, but occasionally firm and eloquent" (181). C l e a r m a n (928) beleuchtet die Juvenalrezeption in Ben Jonsons (†1637) frühen satirischen Komödien: In 'Every Man Out of His Humour' dominiert noch die lockere Satirenstruktur mit einem weitläufigen Defilee lasterhafter Charaktere und einem an Juvenal orientierten Sprecherpaar (Asper – Macilente); 'Cynthia's Revels' weist schon eine geschlossene Dramenhandlung auf, dokumentiert jedoch nicht zuletzt durch direkte Übernahmen und die vom Sprecher (Crites) monologisch formulierten Miniatursatiren den Einfluß Juvenals; der 'Poetaster' schließlich verarbeitet noch ein Juvenalisches Thema (sat.7), setzt dabei jedoch eher auf Komik und einen weniger durch Bitterkeit auffallenden Sprecher (Horace!). Offenbar gelingt es Jonson zunehmend besser, den moralischen Anspruch der Satire mit den gestalterischen Erfordernissen der Bühne in Einklang zu bringen.862 R u s s e l l (926) belegt anhand signifikanter Textbeispiele, wie John Dryden (†1700) seine im Umgang mit den Juvenalsatiren gewonnene und im 'Discourse concerning the Original and Progress of Satire' abschließend formulierte Idealvorstellung 'tragischer' Satire schon in seinen eigenen Juvenalübersetzungen (sat.1, 3, 6, 10, 16) Gestalt gewinnen läßt; dem Persiustext vermochte er mit diesen Maximen nicht in gleicher Weise gerecht zu werden.863 Was die Übersetzung selber angeht, liegen ihre Vorzüge – so W i l d i n g (941) – neben Eleganz und Geschmeidigkeit des Stils vor allem in ihrer inhaltlichen Zeitlosigkeit: Dryden meidet Eigennamen und Realien, die dem englischen Leser erst 862 Wenn C. – ganz im Trend der angloamerikanischen Forschung – Juvenal eine "dramatic persona" (29) zubilligt, welche die Bühnenpräsenz einschlägiger Charaktere der englischen Renaissancesatire vorwegnimmt, hätte sie sich indes nicht auf antike Zeugnisse berufen dürfen: Aussagen wie "satire as written by Lucilius was believed to have stemmed from the drama" (23 wegen Hor. sat. 1,4,1–8) oder "satire was generally linked by the Romans with their own native drama" (ebd. wegen Liv. 7,2) gehen an der Sache vorbei. 863 R u d d (922) hatte indes zeigen können, daß der in Drydens 'Discourse ...' gezogene und zugunsten des Aquiners entschiedene Vergleich zwischen Horaz und Juvenal auf einem einseitig verzeichneten Bild der beiden Autoren beruht.
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durch Fußnoten nähergebracht werden müßten, ersetzt sie aber – anders als Samuel Johnson – auch nicht durch aktuelle Entsprechungen, sondern formuliert so universell, daß das Ergebnis die Welt Juvenals widerzuspiegeln und gleichzeitig an die Erfahrungen des modernen Publikums zu appellieren vermag; Streiflichter auf andere Juvenalübertragungen des ausgehenden 17. Jh. lassen die Unterschiede deutlich hervortreten. Eher ins Detail geht O ' S u l l i v a n (929): Am Beispiel der Satiren 10 und 3 dokumentiert er Drydens Übersetzungspraxis hinsichtlich der von diesem selbst genannten Kriterien 'proportions', 'out-lines', 'posture', 'features', 'colouring' und 'shadowings' und kann dabei den Nachweis führen, daß der Verfasser zwischen den beiden Übersetzungen einen merklichen Prozeß der Annäherung an Juvenals Sprache vollzieht. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt B u r r o w s (937), wenn er anhand einer kursorischen Durchsicht von Drydens Version der Juvenalverse 3,190–211 das übersetzerische Credo des 'poet laureate' exemplifiziert: "paraphrase, or translation with latitude – the author is kept in view, so as never to be lost, but his words are not so strictly followed as his sense" (195); "[sc. We] have endeavoured to make him speak that kind of English which he would have spoken had he lived in England and had written to this age" (ebd.). E l k i n (938) sieht die Übertragung von Iuv. VI durch epenparodische Tönung, Reduktion der ursprünglichen Bitterkeit sowie Dramatisierung einzelner Szenen geprägt. Indes scheint Dryden mit seinen Übersetzungen nicht nur künstlerischästhetische Interessen verfolgt zu haben: Nach C o m b e s (953) überzeugenden Ausführungen setzt der Autor, durch die 'Glorious Revolution' von 1688 um Amt und Stellung gebracht, anstatt politischer Satire gezielt das Mittel der "subversive translation" (38) ein, um sich ungeachtet der Zensur doch noch als Gegner des aktuellen Regimes äußern zu können. Dies gilt nicht nur für seine Version von Vergils Aeneis (1697), sondern letztlich schon für die Bearbeitung der Persius- und Juvenalsatiren (1693; mit eigener Übersetzung von Iuv. sat. 1, 3, 6, 10 und 16) und hier besonders für Iuv. III, wo er – gewissermaßen aus dem Munde eines Umbricius-Dryden864 – nicht nur die Großstadt und den Niedergang des Mittelstandes, sondern auch die Regierung und die erbärmliche Situation der Poeten an den Pranger stellt; die beiden Schlußverse "Then, to assist your Satyrs, I will come:/ And add new Venom, when you write of Rome" dürfen als programmatischer Hinweis auf diese Aktualisierungsabsicht verstanden werden. H o p k i n s (955) dagegen wehrt sich gegen die Reduktion von Drydens Juvenalübersetzungen auf "an anti-Williamite tract or personal cri de coeur" (40): Am Beispiel der 10. Satire versucht er zu zeigen, daß sich in der kongenialen Durchmischung von Juvenals 'wit' mit der Eindringlichkeit seines moralischen Anspruchs Drydens Überzeugung Bahn bricht, bezüglich
864
Bezeichnenderweise wird Umbricius im 'argument' zur 3. Satire als Dichter eingeführt.
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der "delusions and disasters of life" (56) gelte es, to "acknowledge them for what they are in a spirit of scornful delight, and carry on" (ebd.). Mit der 1693 erschienenen Juvenalübersetzung 'by Mr. Dryden and Several Other Eminent Hands' steht das von B r o o k s (927) in Erinnerung gerufene Geschehen nur noch beiläufig in Zusammenhang: Der Junker John Harvey (of Thurleigh Hall, Bedfordshire) hatte sich schon 1687 eine Beteiligung an dem in Aussicht genommenen Projekt versprochen und – durch Vermittlung eines Freundes – Drydens Verleger eine Übersetzung von Iuv. X zukommen lassen. Da sich diese Erwartungen jedoch nicht erfüllten und nur sein Vetter Stephen Harvey mit einer Wiedergabe von Iuv. IX in dem Sammelband Berücksichtigung fand, ließ er sein Werkchen alsbald separat erscheinen ("The Tenth Satyr of Juvenal Done into English Verse. By J.H.Esq.").865 G i l l e s p i e (961) liefert die Erstpublikation zweier von William Popple (†1764; 1745–64 Gouverneur der Bermudas) ins Englische übertragener Juvenalsatiren (6 und 10). Seine "'expansionist' versions" (48) sollen zu ihrer Zeit nur von Samuel Johnson übertroffen worden sein. E.A. und L.D. B l o o m (935/936) gelingt es, aus der Druckversion von Samuel Johnsons (†1784) Gedicht 'London' (1738) und dem als Vergleichstext beigegebenen Wortlaut von Iuv. III866 die Textgrundlage des englischen Autors zu rekonstruieren: Die lateinische Fassung entspricht – von wenigen lapsus memoriae abgesehen – dem 'Delphine Juvenal ' (10) von Prateus (1684); die Wiedergabe berücksichtigt auch die um 'Variorum Commentarii' bereicherte Ausgabe von Schrevelius (in der Auflage von 1684) sowie ältere Übersetzungen. K u p e r s m i t h (932) beleuchtet die in Samuel Johnsons Überarbeitung von Iuv. III und X zu beobachtende Übersetzungstechnik: Stilistisch sucht dieser seinem Verständnis von Juvenals 'declamatory grandeur' durch getragene Feierlichkeit Rechnung zu tragen, während er die Gedanken des lateinischen Textes an die Vorstellungswelt seiner Leser heranführt. Im Ergebnis lassen sich in 'London' Züge der politischen Satire, in 'The Vanity of Human Wishes' Elemente einer – in der Forschung eher überbewerteten – Christianisierung aufzeigen. K a i s e r (931) dokumentiert die Genese der englischen Übertragung zweier Juvenalsatiren, die der spätere amerikanische Präsident John Quincy Adams (†1848) während seiner Zeit als Gesandter am preußischen Hof anfertigte. Satire 13 ist nach ihrem Erstabdruck in der Literaturzeitschrift Port Folio (3.1.1801), die bisher unveröffentlichte Satire 14 sodann 930 nach dem letzten
865 Schwerpunktmäßig setzt sich B. in seiner Arbeit mit den verwickelten Verwandtschaftsverhältnissen der Familie Harvey auseinander. 866 Beides bequem zugänglich in der – auch 'The Vanity of Human Wishes' enthaltenden – kommentierten Ausgabe von R u d d (949).
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Autograph des Vf. wiedergegeben; frühere Fassungen der ebenso klaren wie gefälligen Reimübersetzung sind jeweils in Form eines Apparates beigefügt. Zur Wirkung von Iuv. 10,19 ff. auf Alfred Lord Tennyson (†1892) vgl. H u x t e r (923). b) Italien und Frankreich (vgl. auch La Penna [954]). – Diverse Die Absage des in seiner dignitas verletzten Klienten Umbricius an Rom (Iuv. III) findet unter den Satirikern des 16./17. Jh. zahlreiche Nachahmer (C i t r o n i M a r c h e t t i [946]): Dichter wie Ludovico Ariosto (1474–1533; sat.1), Luigi Alamanni (1495–1556; sat.10), Joachim Du Bellay (c.1522–1560; 'Regrets'), Pierre de Ronsard (1524/5–1585; 'Estreines'), Jean Vauquelin de La Fresnaye (1535/6–1606) und Mathurin Régnier (1573–1613) artikulieren unter dem Vorzeichen des nec volo nec possum (Iuv. 3,44) ihre aus persönlicher Enttäuschung resultierende Distanz zum Leben am Hof867; und unter den geänderten Bedingungen des 17. Jh. tritt die Motivik der Satire unter der Feder eines Salvator Rosa (1615–1673; sat.6: 'La Babilonia') oder Nicolas Boileau (1636– 1711; sat.1) auch wieder in den Dienst sozialer Anklage. – Einzelne Autoren/Werke In Mathurin Régniers (†1613) vierter Satire über das jämmerliche Los der Dichter will C o l t o n (959) etliche Rückgriffe auf den einschlägigen Passus von Iuv. VII (v.1–97) erkennen; mehrheitlich scheinen hier jedoch eher unspezifische Motiventsprechungen vorzuliegen. Nachdem C o l t o n (940) Motive aus Nicolas Boileaus (†1711) 8. Satire auf Iuv. X (v.1 f.; 168–173) und XV (v.1–4; 159–164; 165 f.; 169 ff.) zurückgeführt hatte, dehnt er in einer späteren Arbeit (951) seinen Motivvergleich auf Boileaus gesamtes Satirencorpus sowie die Prosatraktate 'Discours sur la Satire' und 'L'Art Poétique' aus: Besonders sat.1 ('Le Départ du Poète') und 6 ('Les Embarras de Paris') sind erkennbar an Iuv. III, sat.5 ('Sur la Noblesse') an Iuv. VIII und sat.10 ('Contre les Femmes') an Iuv. VI orientiert; dabei "bedient sich [sc. Boileau] einer weniger scharfen und schockierenden, maßvolleren und zurückhaltenderen Sprache als sein Vorbild" (Klappentext). A n t o n i a c o m i / C o r n i e r (956) vergleichen neuerlich die Darstellung der 'coquette' und der 'savante' in den Satiren von Juvenal (VI) und Boileau (X). Durch die Dokumentation motivischer wie struktureller Entsprechungen zwischen der antisemitischen Polemik in Ludovico Sergardis (†1726) 14. Satire und Juvenals Attacke gegen die Kinäden gelingt C i t r o n i M a r c h e t t i (944) der Nachweis, daß der von seinen Zeitgenossen als 'Iuvenalis redivivus' betrachtete Prälat Zugriff auf den Text des Oxford-Fragments (6.O.1–34)
867 Ähnliches findet sich auch mit antikurialer Stoßrichtung: vgl. schon John von Salisbury (Polycraticus sive De nugis curialium) oder Enea Silvio Piccolomini ('De miseriis curialium').
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gehabt haben muß:868 Der cod. Bodl. Canon. class. lat. 41 selbst oder aber eine von ihm genommene Abschrift dürfte sich also gegen Ende des 17. Jh. in Rom (in der Bibliotheca Ottoboniana?)869 befunden haben. Ungeachtet seiner insgesamt eher reservierten Haltung gegenüber der kaiserzeitlichen römischen Literatur scheint Giuseppe Parini (†1799) in seinem dichterischen Werk doch auch mit Juvenalreminiszenzen gearbeitet zu haben. Die von C.M. (943) gesammelten Belege dokumentieren eine ähnliche Sicht auf die Dinge (Kritik zeitgenössischer Dekadenz; vgl. etwa Mattino 516–536 mit Iuv. 6,487–504 [Toilette des 'giovin signore' bzw. der vornehmen Römerin], bes. 530 "l'edificio del capo" mit Iuv. 6,503 aedificat caput); formal jedoch dominiert ein "stile classicamente misurato" (32). C.M. (945) kann zeigen, daß sich der begeisterte Juvenalleser Vittorio Alfieri (†1803) die 'indegnazione' und den Sarkasmus des antiken Dichters nicht nur in seinen Satiren zu eigen macht; konkrete Motivübernahmen treten dagegen – Alfieris eigenem Originalitätsanspruch gemäß – eher in den Hintergrund. Nach V i g n e s t - A m a r (957) schlägt sich die Juvenalnähe Victor Hugos (†1885) nicht zuletzt im Bereich seiner Weltsicht nieder: Insbesondere die schonungslosen Anklagen, die er in seiner Exildichtung ('Les Châtiments') gegen die von Grund auf liederliche Gesellschaft des Zweiten Kaiserreichs richtet, sind erkennbar im Geiste der Juvenalischen indignatio-Satire formuliert. c) Deutschland L e h m a n n s (960) Untersuchung von Jacob Baldes 'Medicinae gloria per Satyras XXII asserta' dokumentiert eine enge Vertrautheit des Dichters – wie wohl auch des intendierten Lesers – mit dem Juvenaltext. Der ausschließlich phänomenologische Vergleich zwischen Juvenal und Thomas Bernhard, wie ihn M o h i l l a (952) durchführt, offenbart tiefgreifende Gemeinsamkeiten: Jeweils aus quälendem "Weltunbehagen" (47) geboren, soll das "Stilprinzip der hyperbolischen Kritik" (48) nicht nur aufrütteln, sondern zudem alle auch nur ansatzweisen Versuche, die Verkommenheit der Zeitläufte in irgendeiner Form schönzureden, im Keim ersticken. In einem launigen Festschriftbeitrag präsentiert S c h n u r (933) den angeblich in zwei Handschriften aus Bebenhausen und Stanford wiederentdeckten Text der zweiten Hälfte von Iuv. XVI. Die größere Pointe liegt jedoch darin, daß sich die Redaktion der Année Philologique von diesem Scherz hat narren lassen: vgl. APh 41, 1970, 165 und den späten Widerruf ebd. 73, 2002, 360.
868 Vgl. besonders 14,162 f. tactaque perjuro non horret pocula labro / sumere, communique solet coenare catino mit Iuv. 6.O.4 f. und 14 sowie 14,159 croceos ... galeros mit 6.O.22. Der jeweilige Folgeabschnitt ist bei Juvenal gegen die Eunuchen (6,366–378), bei Sergardi gegen die Kastratensänger gerichtet. 869 Mit deren Bibliothekar Francesco Bianchini stand Sergardi in freundschaftlichen Beziehungen.
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L a P e n n a (954) schließlich sammelt Zeugnisse, die das Juvenalbild in der deutschen wie italienischen Wissenschafts- und Bildungstradition der letzten beiden Jahrhunderte belegen: Während in Deutschland das negative Urteil über den bramabarsierenden Deklamator vorherrscht (M. Schanz, F. Leo, E. Norden; ausgewogener, doch ohne Nachwirkung, die Äußerungen von G. Bernhardy und v.a. C.F. Heinrich)870, überwiegen in Italien die positiven Stimmen, die Juvenals moralischen Anspruch und poetische Qualitäten würdigen, dabei aber auch den gegen die Obrigkeit agitierenden Protestdichter nicht aus den Augen verlieren (der Althistoriker Atto Vannucci, der Dichter Giosuè Carducci, der Juvenalübersetzer Raffaello Vescovi, der Literaturhistoriker Concetto Marchesi)871; bei dem Poeten G. Pascoli, dem Dramatiker P. Cossa und dem Romancier R. Giovagnoli liegt sogar schöpferische Juvenalrezeption vor.872 d) Rußland D u r o v (947) verfolgt die Spuren von Juvenals eher spärlicher Rezeption in Rußland: Unter den Literaten haben sich der Satiriker A. Kantemir (†1744), die Dekabristen K. Ryljejev (†1826) und V. Kjuchelbeker (†1846), aber auch A. Puškin (†1837) mit seinen Texten auseinandergesetzt; philologisches Interesse ist erst seit Mitte des 19. Jh. nachweisbar. 4. Kommentierung a) Scholien T o w n e n d s (970) Untersuchung gilt dem Nachweis, daß die armselige, doch wohl erst im Zuge der Wiederentdeckung Juvenals (um 380) zusammengestellte Scholienmasse873 einen Kern aus gutem, zur Zeit der Kompilation nicht mehr verfügbarem Material enthält: Dies betrifft einzelne Dichterzitate (Statius bell. Germ., Turnus), v.a. aber Faktenkenntnisse über die neronische und frühflavische Zeit, die – da nicht aus Tacituslektüre zu gewinnen – auf
870
Einen Sonderfall stellt bekanntlich O. Ribbeck dar, der sich seine Bewunderung für den 'echten' Juvenal dadurch zu erhalten vermochte, daß er die von ihm konstatierten Schwachpunkte in einzelnen – späteren – Gedichten lokalisierte (X sowie XII–XV) und diese einem nachjuvenalischen mediokren Deklamator zuwies. Ansonsten scheint Juvenal erst wieder in Ulrich Knoche einen leidenschaftlichen Fürsprech gefunden zu haben. 871 Die Gegenseite vertritt hier Enzo Vittorio Marmorale, der Juvenal unter dem Einfluß der Ästhetik Benedetto Croces als visions- und talentlosen 'letterato' geringschätzte. 872 Ob diese auch für den deutschen Sprachraum zu konstatieren ist, "è questione da affidare ai colleghi tedeschi" (274). 873 Zu deren Text vgl. die einschlägige Edition von W e s s n e r : Scholia in Iuvenalem vetustiora collegit recensuit illustravit P.W., Leipzig 1931, repr. Stuttgart 1967, XLV & 338 S.
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einen verlorenen Historiker (Cluvius Rufus?) zurückgehen müssen.874 Da diese Informationsquelle am Ende von sat. 6 versiegt, ist mit der Existenz eines älteren, schon vor der Publikation von Juvenals drittem Satirenbuch entstandenen Scholiencorpus zu rechnen; daß sein Verfasser auf die Auswertung der Taciteischen Historien als Quelle verzichtet, wäre dann auf deren allgemeine Bekanntheit bei den Zeitgenossen zurückzuführen.875 Auch B a r t a l u c c i (971) will einen älteren, schon längere Zeit vor der Nicaeus-Edition entstandenen Scholiennucleus identifizieren876; sollen sich doch in der vollständigsten Scholienversion, dem – gewöhnlich als Überarbeitung aus Humanistenhand verdächtigten877, von B. jedoch als durchgehend authentischer Textzeuge eingestuften – Probus Vallae Hinweise auf eine im Archetypus unserer Handschriften bereits überwundene Textgestalt finden: vgl. zu 6,238 hic versiculus in quibusdam codicibus non est; ähnlich zu 6,365 (entstellter Hinweis auf das OFragment?); 614A–C; 632 f.878 Glaubwürdigkeit des Namens Probus vorausgesetzt, wäre der Vf. am ehesten mit dem Anfang des 4. Jh. wirkenden Autor des De ultimis syllabis liber und der Catholica zu identifizieren879, mit dem ihn Herkunft aus Afrika (für den Grammatiker durch GLK IV 155, 16 f., für den Scholiasten durch die bei B. 250 f. genannten Stellen wahrscheinlich gemacht) und Zugehörigkeit zum kulturellen Umfeld des Laktanz verbinden (dieser ist durch Lact. inst. 3,29,17 als Juvenalkenner, durch Hier. vir. ill. 80 als Autor von epistulae ad Probum erwiesen). Damit kommt B. für die von ihm postulierten Kernscholien zu einem ganz anderen Zeitansatz als Townend; deren Eigenart (s. oben) wird von beiden Forschern indes nahezu deckungsgleich beschrieben. Die bei Giorgio Valla (ed. Venedig 1486) unter der Herkunftsangabe 'Probus' abgedruckten Juvenalscholien zu 4,81 (Vibius Crispus) und 5,109 (Calpurnius Piso) sind durch ihre Klauselpraxis als antik erwiesen (R e e v e 874
Substantiell hiervon zu trennen sind Reste antiker Gelehrsamkeit, die erst durch spätere Bearbeiter (Valla für den Probus Vallae, der schol. 9,37 bezeugte karolingische Redaktor für die φχ-Scholien; vgl. W e s s n e r [zit. oben Anm. 873], S. XXVIII) in den Text hineingetragen wurden. 875 Die Publikation der Annalen schließlich scheint für den Scholiasten wie auch den Satiriker selbst zu spät gekommen zu sein: T. zufolge hätte Juvenal bestenfalls mit 10,58–107 (Fall Sejans) auf die frühen Annalenbücher zurückgreifen können. 876 Die Notate zu 7,174 (gradilis panis) und 10,24 (Hinweis auf Naeratius Cerealis, praefectus urbis der Jahre 252/3) stünden entsprechend nicht mit der Genese, sondern mit einer retractatio dieses Primärkommentars in Verbindung. 877 Grundlegend hierzu C. S t e p h a n , De Pithoeanis in Iuvenalem scholiis, Diss. Bonn 1882, 26–73. 878 Hier stellt sich allerdings die Frage, ob man wirklich bereits vor Nicaeus mit einer Mehrzahl textlich divergierender und partiell sogar interpolierter (614A–C!) Codices rechnen darf. 879 So schon V o l l m e r RE X 1 (1917), 1049 s.v. Iunius 87.
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[976])880; weitere Indizien vorwiegend sprachlich-stilistischer Natur führen nach J o n e s (977) letztlich sogar auf Sueton (De viris illustribus?) zurück. P a n i a g u a (994) kann zeigen, daß die in servianische Zeit zu setzende Scholienkompilation sekundär um mehrere, zuvörderst durch geographische Interessen motivierte Erklärungen aus Solinus, Collectanea rerum memorabilium erweitert worden ist: Dies betrifft die Aussagen zu 1,53 (Gefährten des Diomedes), 10,1 (Meerenge von Gades), 10,150 (Scheidung der Aethiopes in Garamantici und Macrobioe) und – besonders deutlich – 10,171 (die Mauern von Babylon: vgl. Sol. 56,2). Blickt man mit G ö b e l (988) auf die Zielsetzung des/der Scholiasten, schwindet auch das Befremden über den scheinbar eher willkürlichen Rekurs der scholia vetustiora auf Zitate aus Vergil: Anders als ein moderner Kommentator ist der spätantike Vf. nicht auf Dokumentation von Juvenals literarischer Technik in Gestalt seiner Vergilrezeption, sondern auf Bereitstellung elementarer Verständnishilfen für das zeitgenössische Zielpublikum bedacht: Die von ihm zitierten Verse erklären die Verwendung Vergilischer Eigennamen, paraphrasieren allzu voraussetzungsreichen Juvenaltext, stützen seine Interpretation oder suchen auf seiten des Schülers ein bereits früher durch kommentierte Vergillektüre erworbenes Hintergrundwissen abzurufen; seine Notate könnte der Scholiast, da selbst teils mit Servius, teils mit Servius Danielis übereinstimmend, am ehesten aus dem Vergilkommentar des Donat bezogen haben. b) Servius M o n n o (987) widmet ihr Augenmerk der Rolle, die Servius bei der 'Wiederentdeckung' unseres Satirikers zufällt: Indem ihn der Grammatiker als Referenzautor in seine Vergilkommentare einbezieht (eine Auflistung der Zitate bei M. 19035; schon in der Praefatio des Eklogenkommentars ist Juvenal mit sat. 2,99 ff. als didaktische Autorität bemüht), aber wohl auch in seinem Unterricht für emendatio-Übungen benützt (vgl. die Subskription des cod. Leid. bibl. publ. 82 legi ego Niceus Rome apud Servium magistrum et emendavi; ähnlich im Laur. plut. 34,42: vgl. oben Anm. 92), "ha contributo all'innovazione di una consolidata tradizione scolastica" (190). Dabei scheint Servius auch mit den antiken Juvenalscholien in Berührung gekommen zu sein: Iuv.2,99 ff. hat er wohl mit dem schol.z.St. gelesen881, seine Erklärung zu Aen. 1,654 (monile = segmentum) aus dem schol. zu 2,124 entwickelt. Durch eine Untersuchung der Juvenalzitate im Vergilkommentar des Servius dokumentiert M. (995) auch im Detail das weitgespannte Erkenntnisinter-
880 Der Philologe Valerius Probus aus Berytos (2.H. 1.Jh.) kommt aus chronologischen Gründen natürlich nicht als Urheber in Betracht. 881 M. 193 zieht es vor, umgekehrt mit Serviuskenntnis des Scholiasten zu rechnen.
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esse des Philologen, das den Satiriker jenseits des Einzelbelegs882 auch als Vergilbenutzer und als Lieferanten ethischer Sentenzen in den Blick nimmt und letztlich auf die Etablierung Juvenals im "canone degli scrittori di 'prima classe' " (181) abzielt. Dagegen hatte sich F e n d r i c k (969) darauf beschränkt, die Juvenalzitate bei Servius nach erfolgter Typisierung (bestimmend sind 1. antiquarische, 2. sprachlich-metrische, 3. literarische Interessen) in jedem einzelnen Fall auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen: Sachadäquater Rückgriff auf den Satirenwortlaut wird als Beleg für fundierte Textkenntnis auf seiten des Grammatikers, weniger einleuchtende Verwendung – relativ willkürlich – mit Gedächtniszitaten, Verständnisfehlern, Handbuchbenutzung oder sich verselbständigender Juvenalbegeisterung erklärt. c) Mittelalter S a n f o r d (963) sammelt die bis dato bekannten Zeugen der nur mittelbar auf die scholia vetustiora und den karolingischen Heiric-Remigius-Kommentar zurückgehenden Vulgatscholien ('Cornutus') und der mittelalterlichen resp. frühneuzeitlichen Juvenalkommentierung. Während die scholia vetustiora das ganze Mittelalter hindurch weitgehend unbeachtet blieben, erfuhr die aus der philologischen Arbeit von Heiric und Remigius von Auxerre (9.Jh.) hervorgegangene Kommentartradition (scholia recentiora in Form der Redaktionen φ und χ883 bzw. ihrer späteren Fassung als scholia Cornuti) ungeachtet ihrer partiellen Banalität allgemeine Verbreitung: G r a z z i n i (992) zeigt anhand dreier Beispiele (zu 3,108 trulla; 4,98 fraterculus gigantis; 6,276 curuca), wie nachgerade abwegige Interpretamente von hier in die ma. Lexikographie eindringen und erst durch die substantielle Kritik der Renaissancephilologen überwunden werden. Von den mehr als 30 Juvenalkommentaren, die Sanford für die Zeitspanne zwischen 9. und 15. Jh. aufführt, sind im Berichtszeitraum vier Texte aus dem 12./13. Jh. – teilweise doppelt – ediert worden. Es handelt sich dabei um 1. die in den Berner Codices 666 (R; s.XII/XIII; erst mit 10,99 einsetzend) und A 61 (N; s.XIII) erhaltenen Fassungen eines anonymen Kommentars (Sanford Nr. 4), dessen Publikation durch B a r n e t t (965) angesichts der 882
S. 21–25 bucht sie 18 Stellen als 'linguistico-grammaticale', 11 als 'stilistico-expressivo', 2 als 'etimologico', 2 als 'metrico-prosodico', 17 als 'semantico' und 44 als 'antiquario'. 883 Die längst überfällige Edition des einschlägigen Textbestandes ist erst in jüngster Zeit angelaufen (Scholia in Iuvenalem recentiora secundum recensiones φ et χ, Tomus I (satt.1– 6), Edizione critica a cura di S. G r a z z i n i , Pisa 2011, LXXXIII & 454 S.); im Vorfeld bereits erschienen: Scholia in Iuvenalem recentiora – Recensio Autissiodorensis, editio minor a cura di S. G r a z z i n i , 2 Bde., Firenze 2008, XVII, 419 & 246 S. – Einen Einblick in die karolingische Kommentatorentätigkeit erlaubt ms. Cambridge King's College 52 (Ch), das v o n B ü r e n (996) zufolge Heirics Glossen teils als Erbe der Vorlage, teils als eigenhändige Nachträge verzeichnet.
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kärglichen, auf die Beschreibung der Hss. beschränkten Einleitung wie auch aufgrund der fahrigen, durch zahlreiche falsche Lesungen beeinträchtigten Textwiedergabe884 als mißlungen eingestuft werden muß. 2. zwei Versionen eines auf Wilhelm von Conches zurückgehenden Kommentars (Sanford Nr. 3), die der Herausgeber W i l s o n (975) als verkürzte Wiedergabe einer studentischen Vorlesungsmitschrift (Baltimore, Walters Art Gallery 20: W; nur bis zum Ende von sat.2 geführt) bzw. – kaum überzeugend – als überarbeitete Neufassung aus der Feder des Autors (Paris, B.N. lat. 2904: P; mit 6,75 abbrechend)885 identifiziert.886 Einführende Essays informieren hinlänglich über die Quellen des Kommentars (u.a. die scholia vetustiora) und seine Eigenart bzw. Zielsetzung (bestimmend bleibt die Absicht, die "moral art" [52] des Satirikers nachzeichnend zu verdeutlichen); Textgestalt und Quellenapparat sind jedoch auch bei dieser Ausgabe als bestürzend inkompetent zu tadeln (vgl. D r o n k e , M a r t i und L ö f s t e d t rec.). 3. den Oxford Bodl. Auct. F 6,9 (B; Sanford Nr. 7) überlieferten Kommentar, den L ö f s t e d t (982) zusammen mit einer Neukollationierung der vorgenannten Texte in einer mustergültigen, um einen reichen Quellen- und Parallelenapparat bereicherten Edition vorlegt.887 Bedauerlicherweise verzichtet nun L. wieder auf eine inhaltsorientierte Würdigung der vorgestellten Texte, so daß für drei der fünf Kommentare eine Standortbestimmung im Rahmen des hochmittelalterlichen Bildungsbetriebs bis dato dem interessierten Benutzer aufgegeben bleibt.888 Anhand der von Löfstedt edierten sowie der bis dato unpublizierten Juvenalkommentare Köln, Dombibl. ms.199 (C) und München, Staatsbibl. Clm. 22 309 (M)889 verfolgt P é r e z R o d r í g u e z (990) – jeweils auf der Basis von sat.1 und 2 – Textverständnis und Interessenlage der hochmittelalterlichen Juvenalerklärer: Verzeichnungen resultieren aus einer Mißdeutung der Satiren als eines repräsentativen Sittenspiegels, fehlender Kenntnis der Zeitumstände 884 Vgl. L ö f s t e d t (982) S. VI; gerechterweise ist jedoch anzumerken, daß sich gerade N fortwährend einer sicheren Lesung entzieht, so daß auch L.s eigene Textrevision nicht unwidersprochen geblieben ist (vgl. W i e n e r rec.). 885 W. 24 läßt den erhaltenen Text irrigerweise bis 6,90 reichen. 886 Da der dem P-Kommentar vorausgeschickte accessus 'magister Wilelmus de Conchis' in der 3. Person zitiert, ist zumindest noch mit der Einflußnahme eines Redaktors zu rechnen. 887 B bildet auch der Sache nach das Bindeglied zwischen P/W und N/R: Auf der einen Seite greift der Verfasser des B-Textes erkennbar auf P (oder einen engen P-Verwandten?) als Vorlage zurück; auf der anderen sind die Berner Kommentare für sat.1–6 ihrerseits wieder B als Quelle verpflichtet. 888 Die S. IX–XVI vorausgeschickten Bemerkungen zu Orthographie, Formenlehre und Wortschatz der Kommentare sind mit den Ausführungen von L. (983) identisch. 889 Die accessus der betr. Kommentare (im Falle von C und M auch die Erklärungen zu sat.1–6) hatte P é r e z R o d r í g u e z (989 und 991) schon auf ihre poetologischen Aussagen untersucht; Juvenal und sein Fortwirken kommen dabei nicht zur Sprache.
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sowie unzutreffender Identifikation des Satirenpersonals ohne Rücksicht auf den – suo loco durchaus richtig eingeordneten – Fingerzeig des Satirikers von 1,170 f.; indes: "Generally speaking, their reading ... is correct" (241; die Formulierung ist dort speziell auf sat.1 gemünzt). Im Rahmen seines Katalogs der Codices Barberiniani Latini legt D i e t z (967), 113–285 auch eine Untersuchung der Barb. Lat. 105 figurierenden Juvenalscholien incl. kritischer Ausgabe des Textes vor: Von einer Hand des 12. Jh. niedergeschrieben, verrät das mit 14,265 endende Corpus Kenntnis der scholia vetustiora wie auch der φχ-Scholien bzw. des 'Cornutus', nimmt jedoch aufgrund seiner individuellen Zusätze im Kontext der ma. JuvenalKommentierung eine Sonderstellung ein; der Verfasser selber ist Italiener und angesichts seiner Interessen am ehesten als Lehrer zu identifizieren. J e u d y (984) gibt einen Überblick über die sechs bis dato bekannten ma. Juvenalglossare, darunter auch das neu von ihr entdeckte Glossar von Wolfenbüttel (Cod. 64 Gud. lat. 2o, s.IX ex., ff. 87r – 88r)890, welches, am Rande eines Textes von Priscians Praeexercitamina überliefert, trotz seines fragmentarischen Zustandes (die Niederschrift ist am Anfang verstümmelt und zudem unvollendet geblieben) noch mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den verlorenen Juvenalkommentar des Remigius von Auxerre zurückgeführt werden kann (die Publikation des Textes S. 277–282). Über das bis auf Auszüge ebenfalls noch unedierte Glossar des Cod. Harleianus 3826 (s.X/XI, ff. 161r–164v mit Erklärungen zu Iuv. V–VIII) berichtet außerdem L e n d i n a r a (985; der Text S. 642–648)891; auch hier soll Remigius im Hintergrund stehen. G r a z z i n i s (980) einleuchtendem Vorschlag zufolge ist im Glossar des Aynard von St. Èvre, app.149 nach Iuv. 9,4 Ravola est insidiator herzustellen. d) Renaissancephilologie und Moderne V i g n u o l o (973) ediert einen bis Iuv. 4,48 reichenden Kurzkommentar des Humanisten Francesco Filelfo (†1481), der sich – wohl in Form einer Schülermitschrift – im Cod. Vat. Barb. Lat.134, ff. 69r–72r erhalten hat. Die am ehesten für Unterrichtszwecke zusammengestellten Anmerkungen gehen nur selten über die Benennung von Synonymen hinaus. Unter den wenigen Ausschnitten antiker Dichtung, die Filelfo für seinen um 1445 entstandenen Kommentar zu Petrarcas Canzoniere ins Italienische übersetzt (ihre Auflistung bei W i l k i n s [964]), befindet sich auch eine Juvenalstelle (sat. 1,49 f. zu canz. 7 La gola e 'l sonno e l'oziose piume). Die bald nach 1470 erschienene Juvenalausgabe des Iacopo da Fivizzano geht nach M a n f r e d i n i s (974) Kollation auf einen einzigen, als recentior und deterior einzustufenden Vertreter der Vulgattradition zurück; Iacopo selbst erweist sich – hier wie auch sonst – als "onesto ma modesto stampatore" (90). 890 891
Zu diesem auch – inhaltsgleich – J e u d y (986). L., 633 läßt das Material fälschlich schon mit Iuv. IV einsetzen.
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S t o k (981) dokumentiert anhand verschiedener Beispiele, darunter Iuv. 11,175 qui Lacedaemonium pytismate lubricat orbem, die – im vorliegenden Fall in einen Irrtum mündende – kritisch-exegetische Tätigkeit des Humanisten Niccolò Perotti (†1480). A n d e r s o n (966) mahnt einen differenzierteren Umgang der Philologie mit Giorgio Vallas (†1499) kommentierter Juvenalausgabe von 1486 an. Demnach sind von Editoren und Textkritikern zunächst sorgfältig auseinanderzuhalten: 1. die Handschrift, nach der Valla – augenscheinlich unbesehen und unkorrigiert – den Satirentext drucken läßt: ein später Vertreter der mit P-Text kontaminierten Vulgata ohne eigenen Wert; 2. die Handschrift, die Valla der Arbeit an seinem Kommentar zugrundelegt: ebenfalls zu den recentiores gehörig, jedoch mit vielfach anderem Wortlaut als der Satirentext und daher keinesfalls unter dem Rubrum 'Valla' mit diesem zusammenzuwerfen; 3. die in Vallas Kommentar als 'antiquissimus', 'emendatissimi', 'alii', 'quidam' u.ä. zitierten 'Codices Vallae', etwa zehn an der Zahl, angesichts der vagen Angaben jedoch keinen bestimmten Familien mehr zuzuordnen; 4. die Handschrift des 'Probus Vallae', die möglicherweise nur einen Kommentar und keinen eigenen Text enthielt.892 Des weiteren greift Valla in seinem Kommentar wohl weit häufiger, als es die Namensnennung vermuten läßt, auf den von ihm entdeckten – und, wie anzunehmen, nach Benutzung 'entsorgten' – Probus-Codex zurück; doch ist mit A. vor dem Irrglauben zu warnen, aus jeder Übereinstimmung von Valla mit den – ihm noch nicht zugänglichen – P-Scholien sei zuversichtlich auf Probus als Quelle zu schließen: Da diese Entsprechungen über den von Valla bezeugten Abbruch des Probus-Textes (mit 8,198) hinaus fortdauern, muß ihm mindestens noch ein weiterer adnotierter Juvenaltext zur Verfügung gestanden haben, dessen er sich, wo ihn die "cariosa ... vetustas" (Wessner [zit. oben Anm. 873], S. XX) seiner Probushandschrift im Stich ließ, natürlich auch für sat.1–8 schon bedient haben konnte; "so his commentary should be studied in all the Satires for traces of the scholia vetustiora" (423). H a y e (962) stellt den 'Satyrus' des Francesco Rococciolo (†1528) vor, einen poetischen Juvenalkommentar, durch dessen Vortrag sich der junge Literat – mit alsbaldigem Erfolg – "in seiner Heimatstadt Modena als Lehrer zu empfehlen suchte" (281). Andere Untersuchungen bleiben für den Juvenalphilologen ohne Bedeutung: Die von M i š i a n i k (972) edierte Poetik des Christoph Petschmessingsloer von 1461 bildet zwar die Einleitung zu einer marginal kommentierten Abschrift des Juvenaltextes, weist jedoch – von einer nicht weiter bemerkenswer892 In Angaben wie itaque legit Probus ac interpretatur ... (zu 6,401) kann legere auf das einschlägige Kommentarlemma bezogen sein.
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ten Version der einschlägigen Vita abgesehen – keine Berührungen mit unserem Autor auf. Und der von dem Humanisten Domizio Calderini (†1478) in den Jahren 1474/5 publizierte und in Form eines Prunkcodex (Laur. 53.2) Giuliano de' Medici zugeeignete Juvenalkommentar erfährt bei D u n s t o n (968) gerade einmal beiläufige Erwähnung. Den Bogen zur Neuzeit spannt C o u r t n e y s (978) epocheübergreifender Ausblick auf die – gelungenen oder zumindest diskutablen – Versuche einer konjekturalen Besserung der Juvenalsatiren, welcher die Zeitspanne von der editio Veneta des D. Calderini (1474) bis zu A.E. Housman (1905; "an edition which in quality leaves all others far behind": 843) umfaßt893; soweit sich eine Sachdiskussion anschließt, basiert diese auf C.s Kommentar (79). Und N i s b e t (979) würdigt speziell die Verdienste A.E. Housmans um Konstitution und Erklärung der Juvenalsatiren: Die Skala seiner Texteingriffe reicht von brillanten Konjekturen bis zu eher fragwürdigen Versuchen, fade Interpolationen in akzeptablen Juvenaltext umzuschreiben.
893
U. Knoche, G. Highet und W.V. Clausen werden abschließend gerade nur gestreift.
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Register Aufgenommen sind alle im Forschungsbericht genannten modernen Autoren und Herausgeber wie auch die im Text beiläufig erwähnten Verfasser von außerhalb des Berichtszeitraums erschienenen oder über den Themenkreis 'Juvenal' hinausgreifenden Arbeiten; Rezensenten sind nur dann berücksichtigt, wenn auf sie im Bericht besonders hingewiesen wird. Abbruzzetti, V. 919: 390, 403 Achille, C. 221: 86, 99 Adamietz, J. 343, 349 Anm.; 16: 13, 23, 342 Anm.; 120: 54, 56; 318: 144, 145; 582: 250, 255; 818: 358, 359, 364; 837: 366, 369 Adams, J.N. 332: 150 Adkin, N. 334: 150, 154; 725: 307, 317; 827: 358, 363, 364; 892: 388, 399; 898: 388, 399; 920: 390, 403; 921: 390, 403 Agosti, M. 608: 265, 268 Aldama Roy, A.M. 295: 121 Alfano, V. 166: 68, 78 Alfaro Bech, V. 651: 274, 284 Alfonsi, L. 687: 305, 320 Alston, R. 863: 378, 383 Alvar, J. 489: 212 Alvar Ezquerra, A. 663: 275 Álvarez Huerta, O. 104: 43, 47 Amata, B. 792: 341 Anderson, W.S. 11, 46 Anm., 101, 133 Anm., 165 Anm., 166 Anm., 214 Anm., 284 Anm., 366 Anm.; 110: 51, 53; 118: 54, 57; 350: 57 Anm., 162, 163, 165, 167; 351: 163, 167, 246; 429: 191, 203; 861: 378, 382; 966: 393, 416 Andò, V. 866: 379 Andueza, M. 522: 222, 235 Antoniacomi, A. 956: 392, 408 Arduini, P. 865: 378 Arias Abellán, C. 478: 212, 215
Aricò, G. 246: 88; 247: 88 Arnaldi, F. 126: 55, 59 Aslanidou, T. 591: 251, 255 Astbury, R. 22 Anm.; 142: 60, 66; 775: 340, 348 Axelson, B. 299 Anm. Bacchielli, L. 575: 250, 262 Baines, V. 138; 547: 224, 232 Balasch, M. 61: 17; 64: 17; 325: 149, 151; 612: 271, 288 Baldin, M. 232: 87, 102 Baldwin, B. 251: 108, 114; 256: 108, 115; 434: 191, 204 Anm., 210 Anm., 211; 447: 192, 210; 455: 31 Anm., 192, 194; 484: 212, 220; 716: 307, 322 Anm., 384; 887: 387, 397 Baños Baños, J.M. 161 Anm. Barbesi, L. 141: 60 Barbu, N.I. 207: 85, 97 Bardon, H. 183: 83, 92 Anm. Barnett, R.J., Jr. 965: 393, 413 Barr, W. 218; 28: 14, 27 Anm.; 773: 340, 348 Barrett, A.A. 446: 192, 210 Barta, P.I. 358: 163 Bartalucci, A. 971: 393, 411 Bartolomé, J. 323: 144 Baruffaldi, L. 592: 251, 258 Basson, A.F. 760: 334 Bastomsky, S.J. 685: 299, 304 Battisti, D.G. 648: 274, 278; 654: 274, 278
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Juvenal (1962-2011) Baumert, J. 312: 135, 136, 169 Anm. Beaton, R.J. 387: 182, 183 Beaujeu, J. 168: 68, 81 Bécares, V. 588: 250 Beer, R. 329 Bellandi, F. 36 Anm., 37 Anm.; 86: 20, 268; 87: 20, 38, 277; 114: 52, 53; 121: 54, 59; 161: 68, 75, 371; 262: 108, 116, 311 Anm.; 279: 120, 122; 642: 273, 284; 649: 274, 280; 659: 274, 287; 661: 274, 282; 665: 275, 294; 668: 275, 298; 686: 299, 304; 706: 306, 311; 726: 307, 311; 752: 333, 334; 762: 334, 337; 852: 374, 375 Beltrán Noguer, M.T. 675: 275, 284 Bendoriūtė, A. 53: 16; 310: 135, 140 Benediktsson, J. 338 Anm. Berrino, N.F. 231: 87, 100 Berthet, J.F. 229: 86, 102 Bertman, S.S. 435: 191, 197 Bianco, G. 738: 325, 329 Bianco, O. 186: 83 Bibauw, J. 149: 67; 436: 191; 617: 272 Birt, T. 322 Bishop, J.D. 753: 333, 338 Blázquez Martínez, J.M. 248: 88, 106 Bloom, E.A. & L.D. 935: 391, 407; 936: 391, 407 Boatwright, M.T. 241: 87 Bocchi, G. 246: 88, 106 Bodel, J. 788: 341, 352 Bodoh, J.J. 276: 109, 119; 277: 109, 119 den Boeft, J. 908: 389 Boirivant, G. 48: 16 Bolisani, E. 376: 181, 184 Bonadeo, A. 748: 325 Bond, R.P. 157: 67, 74; 243: 87, 103; 628: 272, 279, 281 Borgo, A. 756: 333, 338 Borzsák, I. 829: 365, 372
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Boyle, A.J. 194: 84 Bracciali Magnini, M.L. 173: 69, 81 Anm.; 329: 149, 151; 711: 307, 317; 880: 387, 398 Anm. Bradshaw, A.T. von S. 597: 265, 269 Bramble, J.C. 126 Anm.; 119: 54, 57 Braun, L. 76 Anm., 327; 321: 48 Anm., 144, 146, 383 Braun, R.E. 21: 13, 25 Braund, S.M. (=S.H.) 125 Anm.; 31: 14, 27, 256 Anm.; 80: 19, 34, 270; 266: 109, 117; 320: 144, 147; 362: 164, 172, 336 Anm.; 368: 164, 178; 407: 189, 199, 208, 213; 483: 212, 220 Anm.; 490: 212, 215; 530: 223, 228; 531: 223, 240; 644: 273, 276, 277 Anm.; 713: 307, 318; 740: 325, 329; 841: 366, 368 Bravo, G. 248: 88 Briggs, W.W. 124: 54 Brinitzer, C. 15: 13, 24 Brink, C.O. 399: 189, 329, 352, 353, 378 Briseul, S. 660: 274, 285 Broccia, G. 587: 250, 255 Brodka, D. 187: 83 Brooks, H.F. 927: 390, 407 Brown, P.G.McC. 734: 325, 329; 743: 325, 333 Brown, R.D. 272: 109, 118 Brugnoli, G. 338 Anm.; 135: 60, 62; 691: 306, 318 Bubel, F. 144: 61, 65 Bücheler, F. 350 Bureau, B. 195: 84 von Büren, V. 996: 395, 413 Anm. Burge, E.L. 501: 221, 242 Anm. Burgersdijk, D. 904: 388, 398 Burrows, L.R. 937: 391, 406 Butterfield, D.J. 979: 393 Byrne, S.N. 263: 108, 117 Caballero de del Sastre, E. 164: 68, 78
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Walter Kißel
Cairns, F. 355 Anm., 359 Anm.; 495: 213, 221 Calì, S. 42: 15 Callebat, L. 983: 394 Cameron, A.D.E. 874: 387, 397 Campana, P. 89: 20, 41, 343, 352 Canali, L. 7: 12, 23; 148: 67, 72 de Almeida Cardoso, Z. 174: 69 Carr, J.E. 634: 273, 281 Casali, S. 666: 275, 281 Castagna, L. 906: 388 del Castillo, A. 478: 212, 215 Castritius, H. 733: 325, 330 Cavallini, E. 45: 15 Cavallo, G. 108: 44 Cèbe, J.-P. 130 Anm. Cecchin, S.A. 123: 54, 58; 640: 273, 276; 754: 333, 335 Cecco, E.E. 204: 85, 95 Ceronetti, G. 43: 15; 46: 15 Cerutti, S.M. 682: 298, 304 Chevallier, R. 198: 84 Chiesa, P. 491: 212, 220 Christ, K. 954: 392 Christ, W. 373 Anm. Christol, M. 891: 388 Ciocârlie, A. 313: 135, 142 Ciprotti, P. 853: 374, 376 Citroni, M. 884: 387, 400 Citroni Marchetti, S. 415: 190, 205, 208, 215, 239, 247; 449: 192, 209; 943: 391, 409; 944: 391, 408; 945: 391, 409; 946: 391, 408 Cizek, E. 138: 60, 63 Clack, J. 381: 182, 186; 569: 249, 253 Clark, J.R. 500: 221, 226 Clark, M.E. 869: 385 Clarke, M.L. 27 Anm.; 692: 306, 323; 693: 306, 323; 702: 306, 324 Classen, C.J. 527: 142 Anm., 223, 226 Anm., 235 Clausen, W.V. 269; 5: 12, 20; 119: 54; 382: 182, 185, 210 Clauss, R. 299
Clayton, F.W. 779: 340, 351; 780: 340, 351 Clearman, M.R.H. 928: 390, 405 Cloud, J.D. 320: 144, 147; 363: 164, 175; 407: 189, 199, 208, 213; 483: 212, 220 Anm. Coccia, M. 607: 265, 267 Coffey, M. 8, 20, 61, 303 Anm.; 76: 18, 31; 117: 54, 56; 386: 182, 184 Coleiro, E. 385: 182 Coleman, K.M. 583: 250, 264 Colin, J. 216, 304 Anm. Collatz, C.-F. 542: 224 Colton, R.E. 225: 86, 100; 234: 87, 107; 330: 150; 154; 373: 180, 182; 374: 180, 182; 375: 181, 182; 379: 181, 186; 437: 191, 208 Anm.; 879: 387, 398; 881: 387, 401; 909: 389, 400; 940: 391, 408; 951: 391, 408; 959: 392, 408 Combe, K. 953: 392, 406 Contamine, G. & P. 918: 389, 402 Cooper, F.T. 322 Anm. Cooper, N.J. 863: 378 Copley, F.O. 209 Anm. Corballis, R. 950: 391, 405 Cordiano, G. 208: 85 Corn, A.M. 359: 163, 171; 854: 374, 375 Cornier, A. 956: 392, 408 Corsaro, F. 170: 68, 82; 570: 249, 263 Cortés Gabaudán, F. 727: 308 Cortés Tovar, R. 69: 17; 291: 120, 127; 293: 121, 128; 300: 121, 128; 301: 121, 128; 323: 144, 148; 588: 250, 256; 663: 275, 285; 727: 308, 312 Cosoi, G. 440: 192, 207 Countryman, L.W. 25: 14, 27 Courcelle, P. 878: 387, 402 Courtney, E. 36 Anm.; 8: 12, 23; 9: 12, 22; 79: 19, 33, 180 Anm., 208, 219, 290 Anm., 332, 384 Anm., 385, 395; 93: 43, 44; 106: 44, 50; 319:
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Juvenal (1962-2011) 144, 146; 392: 188, 202, 208, 290, 330, 351, 357 Anm., 363, 373, 374; 676: 298, 299; 719: 307, 324; 882: 387, 395; 978: 393, 417 Cowan, R. 746: 325, 332 Cranz, F.E. 963: 392 Creekmore, H. 19: 13, 25 Crimi, C. 649: 274 Criscuolo, U. 428: 191; 845: 366 Cristante, L. 555: 224 Croisille, J.M. 576: 250 Crozier, J.H. 369: 164, 177; 370: 165, 178 Anm. Cubillos Poblete, M.A.E. 203: 85, 96; 206: 85, 96 Anm. Cucchiarelli, A. 155 Anm. Cuccioli (Melloni), R. 1: 11; 85: 20, 38; 604: 265, 267, 268 Anm.; 609: 265, 271 Cueva, E.P. 263: 108 Curti, C. 649: 274 Curty, O. 886: 387 Cusumano, N. 866: 379 Damon, C. 202: 84, 95 D'Arms, J.H. 200: 84, 96 Davey, F. 697: 306, 324 De Decker, J. 326 Anm. Del Corso, L. 728: 308 Delignon, B. 195: 84, 95 Della Corte, F. 121: 54 Delz, J. 419: 190, 202, 219, 289291, 293, 294, 330, 346, 351, 356 De Maria, L. 520: 222, 230 Deroux, C. 272: 109; 287: 120; 330: 150; 349: 160; 462: 193, 203; 548: 224; 554: 224; 559: 225, 246; 564: 225, 245; 565: 225, 245; 573: 250, 257; 574: 250, 257 Anm.; 576: 250, 262; 628: 272; 717: 307; 909: 389 De Vico, G. 158: 67, 75 Dewar, M. 888: 387, 400 Anm. Díaz y Díaz, P.R. 348: 160 Dick, B.F. 767: 340, 344 Dietz, D.B. 967: 393, 415
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Diggle, J. 737: 325, 332 Dilke, O. 486: 212 Di Lorenzo, E. 327: 149, 154 Dimatteo, G. 748: 325, 328 Di Salvo, L. 44: 15 Dobesch, G. 742: 325 Dolç, M. 64: 17 Domínguez Domínguez, J.F. 611: 266, 271 Dominik, W.J. 30: 14, 28; 194: 84; 595: 251; 760: 334 Döpp, S. 220: 86, 99 Dover, K.J. 105 Anm. Drijvers, J.W. 397 Anm. Dubrocard, M. 275: 109, 119; 336: 150, 155; 337: 150, 157; 338: 150, 157; 340: 150, 155; 341: 150, 158; 342: 150, 158; 343: 150, 158; 344: 150, 158 Duff, J.D. 76: 18, 31, 244 Anm. Dunston, J. 968: 393, 417 Dupont, F. 810: 353, 356 Duret, L. 450: 192, 195 Durov, V.S. 774: 340, 345; 776: 340, 350; 777: 340; 786: 341; 947: 391, 410 Durry, M. 617: 272, 295 Ebel, N. 82: 19, 41 Anm. Ebener, D. 128: 55, 59 Eck, W. 111 Eden, P.T. 411: 189, 208, 242, 244, 294-296, 304, 305, 321, 324, 330, 331, 333, 338, 352, 364 Edgeworth, R.J. 421: 190, 263, 264, 346, 347; 423: 190, 240, 248, 262, 263; 425: 190, 241, 242, 244, 247, 248, 261, 262; 549: 224, 243 Edmunds, L. 834: 365, 367 Edwards, M.J. 643: 273, 287 Anm. Edwards, S. 311: 135, 140 Ehlers, W.-W. 823: 76 Anm., 358, 359, 362 Anm. Elkin, P.K. 938: 391, 406 Ellenberger, B. 60: 17, 30
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Walter Kißel
Elliot, A. 29: 14, 27; 32: 14, 27 Elwitschger, P. 163: 68, 77, 169 Anm. Epkema, E. 109 Anm. Espina, A. 62: 17 Esposito, P. 993: 394 Estévez, V. 539: 223, 231 Euser, A.J. 524: 222, 246 Evans, H.B. 241: 87 Fabrini, P. 712: 307, 319 Facchini Tosi, C. 335: 150, 153; 443: 192, 196; 625: 272, 286; 796: 341, 344; 797: 341, 345; 807: 353, 355; 808: 353, 357 Farrer, B.H.P. 764: 339, 350 Fear, T. 724: 307, 320 Fedeli, P. 50: 16 Felgentreu, F. 316: 135; 562: 225; 594: 251 Felton, K. 805: 353, 354 Fendrick, J.W. 969: 393, 413 Ferguson, J. 78: 18, 32, 73; 260: 108, 111 Fernández Corte, J.C. 301: 121 Fernández Uriel, P. 489: 212, 216 Ferreres, L. 104: 43 Ferrero, E. 7: 12 Ferri, R. 726: 307 Feuga, P. 36: 15, 29 Ficca, F. 91: 20, 42; 844: 366, 370; 845: 366, 370; 846: 366, 373; 847: 366, 370 Filip, I. 555: 224 Finch, C.E. 99: 43, 46 Finkelpearl, E. 781: 340, 348 Anm. Fiorina, U. 102: 43, 47 Fischer, I. 57: 17 Fishelov, D. 789: 341, 345 Fletcher, G.B.A. 383: 182, 187, 395; 388: 182, 187, 395 Flintoff, T.E.S. 577: 250, 254; 705: 306, 321 Flocchini, N. 48: 16 Flores, E. 134: 60, 61
Fögen, T. 242: 87, 105; 594: 251, 255 Fontaine, M. 553: 224, 241 Fox, W.S. 349 Foxhall, L. 493: 213 Fraenkel, E. 252 Anm. Frassinetti, P. 44: 15; 839: 366, 373 Frassoni, M. 798: 341, 349 Fredericks, S.C. 116: 54, 57; 171: 69, 79; 508: 222, 226, 227 Anm., 229 Anm.; 509: 222, 229; 731: 324, 326; 732: 325, 327; 833: 365, 367; 857: 378, 379, 384 Fredricksmeyer, H.C. 364: 164, 179 Freeman, H.A. 410: 189, 264, 293, 320, 328; 680: 298, 303 French, D.H. 266: 109 Freudenburg, K. 125: 54; 365: 164, 176 Freyburger, G. 960: 392 Friedländer, L. 176 Anm.; 74: 18, 31, 119 Anm. Fruelund Jensen, B. 162: 68, 76; 528: 223, 228 Fujii, N. 52: 16 Gabba, E. 954: 392 Galinsky, K. 560: 225, 227 Anm. Gallivan, P. 571: 249, 263 Gantar, K. 506: 222, 244 Garambois(-Vasquez), F. 902: 388, 400; 907: 389, 400 García Fuentes, M.C. 739: 325, 328 García Jurado, F. 663: 275 García Pinilla, I.J. 903: 388 Garmaise, M. 328 Anm. Garrido-Hory, M. 208: 85, 97; 209: 85, 97; 210: 85, 97; 211: 85, 97; 212: 85, 97; 213: 85, 97 Gärtner, T. 472: 193, 202 Gasti, F. 592: 251 Gavoille, É. 919: 390 Gelsomino, R. 629: 273, 296
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Juvenal (1962-2011) Gérard, J. 22 Anm.; 33: 14; 137: 60, 63; 154: 67, 73; 167: 68, 79; 182: 83, 89, 315, 371; 184: 83, 92 Gercke, A. 202 Anm. Giangrande, G. 391: 188, 209, 288, 349, 357 Anm., 363; 394: 188, 246, 269, 295 Giannakis, G.N. 872: 385, 386 Gijsel, J. 101: 43, 46 Gill, C. 841: 366 Gillespie, S. 961: 392, 407 Gioseffi, M. 763: 334, 338 Giovini, M. 916: 389, 403; 917: 389, 403 Gnilka, C. 395: 188, 240, 293, 322, 328, 377; 402: 189, 322; 432: 191, 201; 615: 272, 293; 616: 272, 291, 292; 765: 340, 346; 889: 166 Anm., 388, 400 Göbel, J. 988: 394, 412 Godel, R. 875: 387, 399 Gold, B.K. 230: 87, 99; 241: 87, 103; 650: 274, 276 Anm. Golomb, A. 35: 15, 28 González Salinero, R. 248: 88 Goodyear, F.R.D. 34 Anm. Gosling, M.A. 273: 109, 118; 602: 265, 267 Goumas, N.A. 40: 15 de Graft-Hanson, J.O. 216: 85, 99 Granados de Arena, D. 794: 341, 344 Graur, A. 729: 324, 328 Grazzini, S. 413 Anm.; 494: 213, 218; 537: 223, 242; 538: 223, 245; 646: 273, 292; 757: 334, 337; 980: 394, 415; 992: 394, 413; 993: 394 Green, P. 22: 13, 26, 56 Anm.; 356: 163, 170 Green, R.P.H. 399 Anm. Griffith, J.G. 94: 21 Anm., 43, 44 Anm., 45; 112: 52, 53; 396: 189, 204, 205, 209, 321-323, 364, 377, 384; 397: 189, 240, 293, 322, 377; 438: 191, 200; 441: 192, 204; 448: 192,
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210; 568: 249, 252; 636: 273, 291; 677: 298, 299; 715: 307, 322; 730: 324, 331; 787: 341, 346 Anm. Grillo, A. 627: 272, 297 Grimal, P. 285: 120, 133 Grünbein, D. 17: 13, 24; 544: 224, 237 Guarino, A. 523: 222, 238 Guillaume-Coirier, G. 274: 109, 118 Guillén Cabañero, J. 65: 17 Gutiérrez González, R. 813: 354, 357 Guţu, G. 59: 17 Hall, J. 601: 265, 268 Hallett, J.P. 239: 87, 105 Hamesse, J. 984: 394; 985: 394 d'Hane-Scheltema 54: 16, 30 Anm.; 55: 16, 29 Hardie, A. 322: 144, 148; 541: 223, 233, 238 Anm.; 586: 250, 259; 718: 307, 313 Hardy, E.G. 73: 18, 31 Anm. Harrison, E. 205 Harrison, G.W.M. 268 Anm. Harrison, S.J. 474: 193 Hartman, J.J. 195, 207 Anm. Hawley, R. 490: 212 Haye, T. 220: 86; 962: 392, 416 Heilmann, W. 567: 147 Anm., 249, 251 Heinrich, C.F. 211 Anm. Hellegouarc'h, J. 34: 14, 28; 150: 67, 73; 176: 69, 80; 290: 120, 130; 346: 160 Helm, R. 205 Anm., 206 Anm.; 12: 12, 24 Helmbold, W.C. 202 Anm., 308 Anm., 365 Anm. Henderson, J. 72: 18, 31; 460: 192, 197; 744: 325, 327 Hendry, M. 417: 190, 211 Anm., 217, 246, 263, 293, 296, 305, 333, 337, 350, 363, 373, 376, 386; 420:
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Walter Kißel
190, 270, 331, 346; 459: 192, 211 Anm.; 656: 274, 292; 758: 334, 338 den Hengst, D. 908: 389, 397 Henke, R. 457: 192, 202; 824: 358, 361 Anm., 365 Heredia (Correa), R. 63: 17, 30 129: 55 Herráiz Pareja, M.J. 903: 388, 396 Herrmann, L. 98 Anm.; 433: 191, 204 Heßen, B. 589: 251, 261 Heubner, H. 613: 272, 288 Highet, G. 7, 25, 55, 109, 188, 202 Anm., 204, 338, 354 Anm., 375 Anm.; 352: 163, 167 Hinojo Andrés, G. 301: 121 Hodoş, A. 57: 17 Hoffmann, P. 177: 69 Hogenmüller, B. 561: 225, 247 Högg, H. 105: 44, 47, 208, 242, 247, 263, 289-291, 297 Anm., 317, 320, 324, 328 Anm., 330, 331, 333, 346, 351, 357 Anm., 365, 377, 378 Anm., 385 Holleman, A.W.J. 622: 272, 290 Holloway, J. 20: 13, 27, 235 Anm. Hook, B.S. 554: 224, 249 Hopkins, D. 955: 392, 406 Hopman, M. 610: 266, 270 Horsfall, N. 412: 189; 442: 192, 202 Horváth, I.K. 71: 18; 830: 365, 372; 831: 365, 372 Anm. Housman, A.E. 32, 304, 349; 4: 12, 20 Hubbard, M. 282 Anm. Hübner, W. 39 Hudson-Williams, A. 515: 222, 244 Hunt, D. 397 Anm. Hutchinson, G. 130: 55, 59 Huxter, N.E.W. 923: 390, 408 Iddeng, J.W. 353: 163, 167, 170 Ihm, S. 759: 334, 337 Iorillo, R.J. 280: 120, 132; 736: 325, 333
Irmscher, J. 911: 389, 402 Itic, S. 468: 193, 206 Iverson, S.A. 223: 86, 101 Jacoby, F. 47 Anm., 317 Jäkel, S. 650: 274 Jenkyns, R. 309: 135, 136 Jessen, J. 317 Anm. Jeudy, C. 984: 394, 415; 986: 394, 415 Anm. Johnson, W.R. 655: 274, 282 Joly, D. 378: 181, 185 Jones, C.P. 735: 325, 332; 977: 393, 412 Jones, F.M.A. 124: 54, 57; 286: 120, 127 Anm.; 296: 121, 133; 302: 58, 121, 126; 349: 160, 162; 578: 250, 255; 603: 265, 267; 714: 307, 320; 717: 307, 310; 809: 353, 355; 811: 353, 355; 817: 358, 364; 840: 366, 368 Jones, P. 662: 275, 294 Jüthner, J. 118 Kaiser, L.M. 930: 390, 407; 931: 390, 407 Kayachev, B. 496: 213, 220 Keane, C.C. 298: 121, 134; 372: 165, 175; 463: 193, 201; 664: 275, 285 Keller, O. 258 Anm. Kelling, L. 156 Kempf, C. 239 Anm. Kenney, E.J. 119: 54; 146: 67, 72; 430: 191, 200, 261 Kernan, A. 166, 169 Kershaw, A. 791: 341, 348 Khanoussi, M. 209: 85 Kidd, D.A. 431: 191, 209; 768: 340, 349 Killeen, J.F. 239; 499: 221, 246; 521: 222, 244; 614: 272, 297; 696: 306, 322 Kilpatrick, R.S. 398: 189, 364, 386; 400: 189, 252, 309 Anm.
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Juvenal (1962-2011) Kimball, R. 133: 55, 60 Kißel, W. 22 Anm. Kleywegt, A.J. 851: 374 Klingenberg, G. 871: 385, 386 Klodt, C. 109: 44; 823: 358 Knoche, U. 44, 299 Anm., 401 Anm.; 180: 83, 88 Konstan, D. 240: 87, 104; 488: 212, 213 Anm., 219 Korzeniewski, D. 180: 83; 430: 191 van der Kraan, G. 545: 224, 238 Kraus, C.S. 497: 213 Krenkel, W. 14: 13, 24 Kristeller, P.O. 963: 392 Kühnert, F. 766: 340, 345 Kuijper, D. 476: 212, 217 Kupersmith, W. 932: 390, 407 Kupisch, B. 836: 365, 371, 386 de Labriolle, P. 33: 14; 39: 15 Labruna, L. 475: 211, 218 LaFleur, R.A. 235: 87, 104; 237: 87, 104, 147 Anm.; 252: 108, 110, 113 Anm., 205 Anm.; 253: 108, 116; 444: 192, 204; 510: 222, 239; 513: 222, 227; 598: 265, 268; 707: 307, 321 Anm.; 772: 340, 350 Laigneau, S. 219: 86, 99 Lami, A. 712: 307, 319 Lana, I. 123: 54 Landolfi, L. 666: 275 Langslow, D. 232: 87 Lanzarone, N. 747: 325, 332 La Penna, A. 456: 192, 194; 536: 223, 241 Anm.; 657: 274, 291; 954: 392, 410 Lardet, P. 918: 389 Larmour, D.H.J. 155: 67, 73; 250: 88, 103; 464: 193, 197; 552: 224; 825: 358, 361 Lassalle, R. 914: 389, 403 Laudizi, G. 83: 19, 39, 301, 305; 107: 44, 49; 186: 83, 92; 461: 193, 201; 470: 193, 209 Laughton, E. 347 Anm.
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Lee, H.H. 805: 353, 354 Lefèvre, E. 960: 392 Le Gall, J. 198: 84, 96 Anm. Lehmann, A. 960: 392, 409 Lelièvre, F.J. 170 Anm.; 507: 222, 231 Lendinara, P. 985: 394, 415 Lentano, M. 652: 274, 293 Leo, F. 47 Anm. Leonardi, C. 986: 394 Lepore, E. 62 Anm. Levick, B. 490: 212 Lightfoot, C.S. 266: 109 Lindo, L.I. 281: 120, 128 Littlewood, C. 826: 358, 362 Livrea, E. 745: 325, 328 Löfstedt, B. 982: 394, 414; 983: 394, 414 Anm. Long, J. 894: 388, 400 Loperfido, F. 45: 15 López de Vega, L. 794: 341, 344 Lorenz, S. 465: 193, 205 Anm., 206 Lowery, M. 283: 120, 129 Luce, T.J. 118: 54 Luck, G. 678: 297, 298, 300 Luisi, A. 88: 20, 38, 259; 294: 121, 133; 579: 250, 259 Anm.; 584: 38, 250, 259, 593: 251, 259 Anm. Luque Moreno, J. 348: 160 McCabe, K. 355: 163, 170 McCullough, A. 672: 275, 288 McDermott, W.C. 255: 108, 114 McDevitt, A.S. 804: 353, 354 McGann, M.J. 832: 365, 372 Macía Aparicio, L.M. 870: 385 McKay, A.G. 6: 12, 23 MacKay, L.A. 204 McKim, R. 860: 378, 381 MacLure, M. 924: 390, 405 Mader, G. 551: 224, 237, 242 Anm. Magee, J. 890: 388, 401 Maier, B. 784: 340, 344 Măinescu, T. 57: 17 Maire, B. 232: 87
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Walter Kißel
Malnati, T.P. 201: 84, 96 Maltese, E.V. 123: 54 Manfredini, M. 974: 393, 415 Mansilla, A.M. 204: 85, 95 Manzella, S.M. 550: 224, 231; 557: 225, 242; 558: 225, 238; 563: 225, 239 Marache, R. 81: 19, 36; 149: 67, 72; 179: 83, 88, 309 Anm.; 185: 83, 92; 199: 84, 90 Anm.; 303: 134, 138; 326: 149, 153 Marcaccini, C. 864: 378, 384 Marchesin, S. 45: 15, 29 Marina Sáez, R.M. 348: 160, 161 Marongiu, A. 224: 86, 101 Martin, A. 519: 222, 238 Martin, R. 389: 182, 185 Martín Rodríguez, T. 2: 11; 97: 43, 46 Anm.; 895: 388, 395 Martyn, J.R.C. 10: 12, 21; 75: 18, 31 Anm.; 109: 44, 51; 113: 52, 53; 307: 135, 139; 403: 189, 203, 220, 243, 290 Anm., 373; 404: 189, 207, 217, 294, 297, 330, 349, 350, 376; 405: 189, 294, 296, 357 Anm., 377; 439: 191, 197; 477: 212, 218; 479: 212, 220, 221 Anm.; 480: 212, 220; 486: 212, 220, 221 Anm.; 504: 221, 248; 526: 223, 242; 623: 272, 288; 624: 272, 297; 630: 273, 293; 681: 298, 300; 688: 305, 322 Marzullo, B. 637: 273, 294 Mason, H.A. 145: 67, 69 Maspero, F. 48: 16 Massey, M. 26: 14, 28 Mastellone, E. 581: 250, 262 Mastino, A. 605: 265 Mauri, R. 247: 88, 106 Mayer, M. 406: 189, 264 Mayer, R.G. 332: 150; 354: 163, 168 Mayor, J.E.B. 72: 18, 31, 210 Mazzaro, J. 18: 13, 27; 21: 13, 25 Mazzoli, G. 592: 251 Medicus, D. 836: 365
Méndez Dosuna, J.V. 727: 308 Merchant, F.I. 321 Anm. Merli, E. 814: 354, 356 Merry, W.W. 323 Anm. Méthy, N. 267: 109, 117; 268: 109, 118 Michel, A. 140: 60, 65 Miller, J.F. 426: 190; 596: 251; 802: 342 Miller, P.A. 357: 163, 170 Anm.; 358: 163, 170 Anm.; 552: 224, 235 Miner, E. 941: 391 Miori, L. 153: 67, 74 Mišianik, J. 972: 393, 416 Moeller, W.O. 502: 221, 241, 244; 503: 221, 239 Moggi, M. 208: 85 Mohilla, G. 684: 298, 302, 305; 952: 391, 409 Monella, P. 666: 275 Monno, O. 987: 394, 412; 995: 395, 412 Monti, S. 77: 18, 32, 65 Anm., 203 Anm., 211 Anm., 219; 98: 43, 46; 136: 60, 64; 408: 189, 208, 216, 218; 416: 190, 270, 295, 384; 428: 191, 246, 249, 329 Anm.; 658: 274, 293 Moog, F.P. 800: 341, 350 Moore, P. 512: 222, 240 Moreau, J. 383 Anm. Morelli, A.M. 814: 354 Morford, M. 600: 265, 266; 618: 272, 286; 835: 365, 367 Morgan, J.D. 454: 192, 208 Morwood, J. 793: 341, 347 Mosengel, G. 151 Anm. Motto, A.L. 500: 221, 226 Mudry, P. 555: 224, 234 Mueller-Goldingen, C. 799: 341, 342 Mülke, M. 562: 225, 233 Anm. Munk Olsen, B. 103: 43, 46 Anm. Muraközy, G. 71: 18 Murgatroyd, P. 801: 341, 346 Musurillo, H. 165: 68, 82
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525802113 — ISBN E-Book: 9783647802114
Juvenal (1962-2011) Nadeau, J.Y. 327 Anm.; 92: 20, 39; 409: 189, 243, 265, 291, 330, 331, 377; 481: 212, 220; 485: 212, 220; 635: 273, 289; 638: 273, 288; 770: 340, 348; 778: 340, 348 Nadjo, L. 919: 390 Nappa, C. 474: 193, 199; 492: 212, 214; 802: 342, 351 Nardo, D. 347: 160; 621: 272, 280; 626: 272, 294, 295 Nicastri, L. 413: 190 Nice, A. 548: 102, 224, 225 Nicolas, C. 195: 84 Nikitas, D.Z. 270: 109, 118 Nisard, D. 70 Anm. Nisbet, R.G.M. 282 Anm.; 390: 188, 208, 218, 289 Anm., 290, 296, 331, 339, 347, 348, 356, 357, 372, 373, 376, 377, 385, 386; 412: 189, 202, 208, 211, 218, 220, 221, 237, 241, 243 Anm., 262, 264, 289-291, 294, 295, 297, 298, 304, 318, 323, 324, 330, 332, 333, 337, 339, 345, 346, 349, 356, 357, 363, 364, 373; 422: 190, 248, 319, 331, 339, 347, 357, 358, 377, 384; 426: 190, 219, 220, 292, 305, 338, 350, 356, 384; 458: 192, 208; 785: 341, 349; 979: 393, 417 Norcio, G. 700: 306, 317 Notter, C. 265: 108, 116 Nougaret, F. 46 Anm. Oltramare, A. 183 Anm. O'Mara, M. 631: 273, 292 O'Neil, E.N. 308 Anm., 352 Anm., 375 Anm. Orentzel, A.E. 708: 307, 320 O'Sullivan, J.N. 516: 222, 244 O'Sullivan, M., Jr. 929: 390, 406 Paniagua, D. 994: 394, 412 Paolicchi, L. 50: 16 Papaïoannou, V. 122: 54, 55
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Parássoglou, G.M. 100: 43, 46; 939: 391, 404 Paratore, E. 401: 189, 290, 297, 317, 323, 346; 912: 389, 403 Parker, R. 451: 192, 201 Parmer, J.H. 529: 223, 236; 532: 223, 240 Parziale, M. 174: 69 Paschoud, F. 886: 387, 398 Pascucci, V. 172: 69, 79, 316 Anm. Pasoli, E. 111: 52, 53; 141: 60, 66; 328: 149, 152, 205; 445: 192, 208 Anm.; 511: 222, 248 Pearce, T.E.V. 535: 223, 237 Pecere, O. 728: 308 Pepin, R.E. 915: 389, 402 Peregrina, B.G. 152: 67, 73 Perelli, A. 645: 273, 287; 721: 307, 318; 899: 388, 396 Perelli, L. 282: 120, 123; 703: 306, 316 Pérez Rodríguez, E. 989: 394, 414 Anm.; 990: 394, 414; 991: 394, 414 Anm. Perrin, Y. 564: 225 Piérart, M. 886: 387 Piernavieja, P. 619: 272, 289 Futre Pinheiro, M.P. 474: 193 Piot, M. 902: 388 Pittaluga, S. 850: 374, 377 Plaza, M. 115: 53 Plumb, C. 23: 14, 27 Anm. Pollmann, K. 292: 121, 131 Posadas, J.L. 233: 87, 100 Post, G. 913: 389, 402 Postgate, J.P. 208 Anm., 305 Anm. Powell, B.B. 858: 378, 383 Powell, J.G.F. 36 Anm.; 332: 150, 154; 453: 192, 206; 497: 213, 214 Prat, M. 660: 274, 285 Pryor, A.D. 749: 333, 334; 815: 358, 360, 364; 828: 365, 366; 855: 378, 379 Puccioni, G. 690: 306, 321 Puelma Piwonka, M. 122
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Walter Kißel
Pyne, J.J. 257: 108, 113 Quincey, J.H. 331 Anm. Radice, R. 178: 69 Raepsaet-Charlier, M.-T. 111 Anm. Ramage, E.S. 116: 54; 191: 84, 93; 816: 358, 359 Rambaux, C. 556: 224, 229 Ramelli, I. 178: 69, 80; 193: 84, 94; 590: 251, 260 Ramous, M. 51: 16 Raschke, W.J. 26; 316: 135, 144; 368: 164, 178 Reduzzi Merola, F. 212: 85 Reekmans, T. 181: 83, 89; 238: 87, 103 Rees, R. 397 Anm. Reeve, M.D. 20, 34 Anm., 372 Anm.; 679: 298, 304; 698: 306, 324; 771: 340, 352; 976: 393, 411 Refo, B. 24: 14, 27 Reggiani, R. 384: 182, 188, 269, 384; 466: 193, 198, 245 Anm.; 467: 193, 210 Anm.; 514: 199 Anm., 222, 245 Reinmuth, O.W. 271: 109, 118 Reissinger, W. 306: 135, 142 Reitzenstein, R. 379 Anm. Renard, M. 303: 134; 378: 181 Reynolds, L.D. 96: 43 Ribbeck, O. 47 Anm., 143 Anm. Richard, L. 222: 86, 102 Richardson, L., Jr. 682: 298, 304 Richlin, A. 84: 19, 38 Anm.; 175: 69, 82 Rimell, V. 125: 54, 58 Riou, Y.-F. 95: 43, 46 Rivoltella, M. 246: 88; 247: 88 Roberts, G. 25 Robinson, S. 27: 14, 26 Rochefort, G.R. 305: 135, 139; 385: 182, 186
Rodríguez Almeida, E. 177: 69, 82; 414: 190, 219, 237, 269; 605: 265, 269 Roggen, V. 345: 151, 159 Rolfe, J.C. 348 Anm. Romano, A.C. 308: 135, 141, 235 Anm.; 842: 366, 367 Anm. Romano, D. 792: 341, 344 Ronnick, M.V. 720: 307, 317; 722: 307, 319; 790: 341, 347; 820: 358, 361; 821: 358, 364; 822: 358, 364 Rosen, R.M. 761: 334, 336 Rossi, S. 217 Anm. Rowland, R.J. 566: 249, 265 Rudd, N. 8: 12, 23; 28: 14, 26; 482: 212, 220 Anm.; 709: 307, 310; 922: 390, 405 Anm.; 949: 391, 407 Anm. Russell, R.E. 926: 390, 405 de Saint-Denis, E. 138 Sakellariou, A.I. 269: 109, 117 Salat, P. 339: 150, 160 Anm. Saller, R. 755: 333, 339 Salmon, J. 493: 213 Sánchez-Lafuente Andrés, Á. 675: 275, 284 Sánchez-Ostiz, A. 910: 389, 400 Sanford, E.M. 963: 392, 413 Santini, P. 469: 193, 204 Santorelli, B. 3: 11; 865: 378, 383 Anm. Sapota, P. 187: 83, 93; 297: 121, 130 Anm. Sarkissian, J. 534: 223, 230 Sarr, P. 905: 388, 399 Schäfer, D. 800: 341, 350 Schäublin, C. 533: 223, 242 Schermaier, M.J. 871: 385 Schilling, R. 303: 134; 378: 181 Schmid, P. 324: 149, 153 Schmidt, P.L. 900: 388, 395 Schmieder, C. 249: 88, 105; 673: 275, 292 Schmitz, C. 36 Anm.; 17: 13; 314: 135, 137
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Juvenal (1962-2011) Schnoor, F. 220: 86; 962: 392 Schnur, H.C. 13: 13, 23; 933: 390, 409 Scholte, A. 205 Anm., 242 Anm. Schreiber, F. 849: 374, 377 Schrijvers, P.H. 34 Anm. Schubert, W. 218: 86 Schuster, M. 225 Schwartz, J. 876: 387, 397 Anm.; 877: 387, 397; 883: 387, 397; 891: 388, 397 Anm. Scivoletto, N. 318; 377: 181, 184 Scobie, A. 856: 378, 379 Seager, R. 236: 87, 103 Sebastian, L. 56: 16; 58: 17 Sebesta, J.L. 599: 265, 267 Segura Ramos, B. 66: 17, 30; 131: 55, 59; 132: 55, 59; 870: 385 Seiler, H.H. 836: 365 Selden, R. 934: 390, 404; 942: 391, 404 Sers, O. 38: 15; 39: 15 Settis, S. 750: 333, 339 Sfeteţu, P. 689: 306, 317 Shackleton Bailey, D.R. 868: 385, 386 Shepherd, D.M. 6: 12, 23 Shumate, N. 156: 67, 73 Singleton, D. 620: 272, 285; 859: 378, 380 Smith, P.J. 893: 388, 396 Smith, W.S. ( Jr.) 540: 223, 241; 632: 273, 279; 641: 273, 286; 669: 275, 281; 819: 358, 360 Snowden, F.M., Jr. 98 Anm. Socas, F. 67: 17 Soetard, M. 176: 69 Sordi, M. 193: 84 Sosin, J.D. 896: 388, 398; 897: 388, 399 Spencer, D. 250: 88; 552: 224 Stache, U.J. 527: 223 Staley, G.A. 543: 224, 232 Stegemann, W. 254 Stein, J.P. 848: 374
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Stein-Hölkeskamp, E. 244: 87, 107 Stella Marie, Sister 873: 387, 399 Stephan, C. 411 Anm. Stewart, R. 192: 84, 94 Stickney, L. 549: 224, 243 Stok, F. 981: 394, 416 Storchi Marino, A. 212: 85 Stramaglia, A. 90: 20, 37; 728: 308, 313 Strauch, F. 109 Anm. Stray, C.A. 979: 393 Styka, J. 589: 251 Suárez de la Torre, E. 991: 394 Sullivan, J.C. 151: 67, 70 Sullivan, J.P. 18: 13, 27; 145: 67; 867: 385, 386 Suskin, A. 156 Sussman, L.A. 218: 86, 98 Sweet, D. 572: 249, 253 Syme, R. 314 Anm.; 139: 60, 62; 143: 61, 65; 741: 325, 329 Tabart, C.-A. 37: 15 Taegert, W. 517: 222, 248 Talavera Cuesta, S. 903: 388 Tandoi, V. 694: 306, 308; 695: 306, 319 Tani, E. 258: 108, 117 Tarrant, R.J. 96: 43, 44 Anm. Tchernia, A. 843: 366, 374 Tengström, E. 782: 340, 342, 348 Anm., 349, 351 Tennant, P.M.W. 366: 164, 179; 367: 104 Anm., 164, 179; 606: 265, 270; 723: 307, 312; 760: 334, 335; 862: 378, 382 Ternes, C.M. 536: 223 Thierfelder, A. 288 Anm. Thompson, E.A. 396 Anm. Timonen, A. 650: 274 Torres-Guerra, J.B. 910: 389 Tourlidis (Tourlidès), G.A. 226: 86, 100; 227: 86, 100; 228: 86, 100
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Walter Kißel
Townend, G.B. 380: 182, 187; 436: 191, 204; 486: 212; 970: 393, 410 Traill, A. 264: 108, 117 Traina, A. 808: 353 Tränkle, H. 518: 222, 239, 247 Trappes-Lomax, J.M. 424: 190, 211, 216, 219, 357; 546: 224, 240; 795: 341, 347 Trédé, M. 177: 69 Triantaphyllopoulos, J. 347 Anm. Tromaras, L.M. 55 Anm. Tutrone, F. 866: 379, 383 Uglione, R. 640: 273; 901: 388, 396 Ullman, B.L. 393: 188, 239, 244, 247, 262, 264 Anm., 270, 293, 321, 348 Anm., 356 Unger, D. 304: 135, 143 Urech, H.J. 333: 150, 155, 344 Valero-Garcés, C. 317: 135 Valero Garrido, J. 505: 221, 234 Varcl, L. 159: 68, 78; 160: 68, 78 Vassileiou, A. 259: 108, 115 Verdejo Sánchez, M.D. 651: 274 Verdière, R. 98 Anm. Viansino, G. 47: 16, 29; 413: 190, 270 Anm., 290, 297, 329, 357 Vidén, G. 647: 274, 277 Vidman, L. 742: 325, 330 Vignest-Amar, R. 957: 392, 409 Vignuolo, G. 973: 393, 415 Villalba Álvarez, J. 295: 121, 131 Villegas Guillén, S. 68: 17, 30; 245: 88, 107 Villeneuve, F. 33: 14; 39: 15 Vincent, H. 315: 135, 139; 317: 135 Vioni, G. 701: 72 Anm., 306, 309 Viparelli, V. 844: 366 Viré, G. 573: 250 Vitorino, J.C. 196: 84, 95 Costa Vitorino, M. 188: 83, 92; 196: 84, 95; 205: 85, 96; 299: 121, 131 Vivaldi, C. 49: 16 Vollmer, F. 411 Anm.
Vološčuk, V.M. 190: 84, 95; 284: 120, 124 Anm.; 710: 307, 310 Anm. Volpe Cacciatore, P. 993: 394 Vox, O. 798: 341 Vysoký, Z.K. 70: 17 Walker, B.E. 371: 165, 174 Wallace-Hadrill, A. 363: 164 Wallach, L. 393: 188 Walters, J. 493: 213, 215 Waters, K.H. 189: 84, 93 Watson, L. 674: 275, 277 Watson, P. 670: 275, 281 Anm., 671: 275, 288 Watt, W.S. 418: 190, 208, 219, 241, 289, 291, 294, 297, 319, 349, 363, 373, 384, 385; 427: 191, 219, 221, 291-295, 305, 332, 338, 339, 346, 351, 357, 365, 377 Watts, W.J. 214: 85, 98; 751: 333, 338 Weber, E. 742: 325 Weber, H. 948: 391, 405 Webster, J. 863: 378 Wehrle, W.T. 30: 14, 28; 288: 120, 125 Anm.; 289: 120, 125, 228 Anm. Weidner, A. 332 Anm. Weiler, I. 217: 86 Weisinger, K. 806: 353, 354 Weiss, H. 169: 68, 81 Wessner, P. 337 Anm., 410 Anm. Whitby, M. 453: 192 White, H. 473: 193, 207 Anm., 211 Anm. White, P. 254: 108, 115 Wicke, W. 278: 76 Anm., 120, 121, 145 Wiesehöfer, J. 217: 86, 99 Wiesen, D.S. 399 Anm.; 147: 67, 71; 215: 85, 98, 117 Anm.; 331: 150, 152; 633: 273, 296; 699: 306, 323; 704: 306, 309; 769: 340, 352; 783: 340, 351 Wilding, M. 941: 391, 405 Wilkins, E.H. 964: 392, 415
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525802113 — ISBN E-Book: 9783647802114
Juvenal (1962-2011) Willetts, R.F. 160: 68 Williams, F. 525: 223, 243; 667: 275, 290, 295 Williams, K. 596: 251, 263 Willis, J.A. 11: 12, 21, 210 Anm.; 108: 44, 50; 487: 212, 218, 219; 542: 224, 238, 243, 247; 683: 298, 303; 838: 366, 371; 885: 387, 401 Wilson, B. 975: 393, 414 Wilson, M. 194: 84, 94 Wilson, P.F. 653: 274, 283 Winkler, M.M. 261: 108, 116; 287: 120, 131; 360: 164, 171 Anm.; 361: 164, 167 Anm., 171; 580: 250, 261; 585: 250, 257; 595: 251, 257 Anm.; 812: 354, 356; 958: 27 Anm., 392, 404
431
Winniczuk, L. 127: 55, 59; 197: 84, 97 Winstedt, E.O. 300 Wirth, G. 883: 387 Wissowa, G. 547 Witke, E.C. 498: 221, 234 Wolters, J.F.H. 205 Anm. Woodman, A.J. 452: 192, 195; 596: 251; 802: 342 Woronoff, M. 818: 358 Wulfram, H. 803: 342, 344 Zambianchi, M.T. 221: 86 Zorzi, E. 41: 15 Zuliani, M. 906: 388, 401 Zusi, L. 639: 273, 283 Zwierlein, O. 471: 193, 202
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