Linguistik in Deutschland: Akten des 21. Linguistischen Kolloquiums, Groningen 1986 3484301821, 9783484301825

Die Buchreihe Linguistische Arbeiten hat mit über 500 Bänden zur linguistischen Theoriebildung der letzten Jahrzehnte in

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German Pages 440 Year 1987

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Table of contents :
VORWORT
I. SYNTAX
Zur Typologie des Mediums in der Westgermania
Linear relations in a Government and Binding Grammar
Subjekt, direktes Objekt und die Klasse der U-Satzglieder
Asymmetries in the grammar of Hungarian
II. SEMANTIK
Zur Bedeutungsbeschreibung ambivalenter (de)nominaler Adjektive im heutigen Englisch
Einige Typen eingeschränkt prädikativ verwendbarer Adjektive im Englischen
Semantische Ebenen des Kontrasts
Wann bedeuten zwei Wörter dasselbe? über Tiefenkasus als Tertium comparationis
A close look at AT. Darstellung des Bedeutungsfeldes
III. MORPHOLOGIE
Zum Status des s-Plurals im gegenwärtigen Deutsch
Syntaktische Und lexikalische Derivation beim türkischen Verb. Ein Beitrag zur Diskussion um den Unterschied zwischen Wortbildung und Flexion
Morphophoneme im Französischen
IV. PHONOLOGIE
Wie konkret ist abstrakt? Zur Rechtfertigung und Begrenzung von Abstraktheit in der Phonologie
V. ZWEITSPRACHENERWERB UND ZWEITSPRACHENDIDAKTIK
Sprachliches Handeln lehren. Sprechaktsequenzen als Gegenstand im Fremdsprachenunterricht
Neuere theoretische Ansätze in der Zweitspracherwerbsforschung
Fremdsprachenunterricht für Erwachsene: Lernziel und Lehrwerk am Beispiel von "A bientot"
Zum Einfluß der Muttersprache auf das passive Erlernen von fremdsprachlichen Wörtern bei 8-10-jährigen Kindern
Bilingualismus und Diglossie in Bruxelles und Biel/Bienne. Bemerkungen zu den Fachsprachen in Biel
VI. TEXTLINGUISTIK UND KONVERSATIONSANALYSE
Evaluations in texts of Greek biculturals: contrastive relations
Fernsehnachrichten - Aspekte des Wirklichkeitsangebots: Exemplarische Analyse anhand des "Volkszählungsgesetzes"
Imagearbeit bei der Behandlung von Verständigungsproblemen in Gesprächen
VII. SPRACHTHEORIE
Quel est l'objet a la fois integral et concret de la linguistique? - Zur Gegenstandsbestimmung der Sprachwissenschaft im "Cours de linguistique generale"
Die Funktionen der Sprache im Gebrauch - zu Konsistenz und Funktionalismus von Karl Bühlers Sprachtheorie
VIII. GRAMMATIKÜBERSETZUNG
'Übersetzen' im Altfranzösischen
Probleme beim übersetzen von antiken Grammatiken
Laut und Name mittelalterlicher Buchstaben
ÜBER DIE AUTOREN
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Linguistik in Deutschland: Akten des 21. Linguistischen Kolloquiums, Groningen 1986
 3484301821, 9783484301825

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Linguistische Arbeiten

182

Herausgegeben von Hans Altmann, Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Linguistik in Deutschland Akten des 21. Linguistischen Kolloquiums, Groningen 1986

Herausgegeben von Werner Abraham und Ritva Ärhammar

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1987

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Linguistik in Deutschland : Groningen, 1986 / hrsg. von Werner Abraham u. Ritva Ärhammar. - Tübingen : Niemeyer, 1987. (Akten des . . . Linguistischen Kolloquiums ; 21) (Linguistische Arbeiten ; 182) NE: Abraham, Werner [Hrsg.]; Linguistisches Kolloquium : Akten des ...; 2. GT ISBN 3-484-30182-1 ISSN 0344-6727 Max Niemeyer Verlag Tübingen 1987 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt.

INHALTSVERZEI CRNIS

VORWORT I.

SYNTAX

Werner Abraham: Zur Typologie des Mediums in der Westgermania Eric Hoekstra: Linear relations in a Government and Binding Grammar Michel Kef er: Subjekt, direktes Objekt und die Klasse der U-Satzglieder Laszlo Maracz: Asymmetries in the grammar of Hungarian I1.

VII

3 25 33 53

SEMANTIK

Eva Leitzke: Zur Bedeutungsbeschreibung ambivalenter

(de)nominaler Adjektive im heutigen Englisch Günter Rohdenburg: E i n i g e Typen eingeschränkt prädik a t i v verwendbarer Adjektive im Englischen Elisabeth Rudolph: Semantische Ebenen des Kontraste Klaus Schubert: Wann bedeuten zwei Wörter dasselbe? über Tiefenkasus als Tertium comparationis B i r g i t Wesche: A close look at AT. Darstellung des Bedeutungsfeldes III.

81 97 109 119

MORPHOLOGIE

Matthias Bornschein/Matthias Butt: Zum Status des s-Plurals im gegenwärtigen Deutsch Clemens Knobloch: Syntaktische und l e x i k a l i s c h e Derivation beim türkischen Verb. Ein Beitrag zur Diskussion um den Unterschied zwischen Wortbildung und Flexion Francoise Pouradier D u t e i l : Morphophoneme im Französischen IV.

67

135

155 169

PHONOLOGIE

Rüdiger Harnisch: Wie konkret ist abstrakt? Zur Rechtfertigung und Begrenzung von Abstraktheit in der Phono logie

185

VI

V.

ZWEITSPRACHENERWERB UND ZWEITSPRACHENDIDAKTIK

Jürgen G r a f f e : Sprachliches Handeln lehren. Sprechaktsequenzen als Gegenstand im Fremdsprachenunterricht Peter Jordens (Plenarvortrag): Neuere theoretische Ansätze in der Zweitspracherwerbsforschung Margret Körner: Fremdsprachenunterricht für Erwachsene: Lernziel und Lehrwerk am B e i s p i e l von "A bientöt" Günter Lobin: Zum E i n f l u ß der Muttersprache auf das passive Erlernen von fremdsprachlichen Wörtern bei -10-jährigen Kindern Lucian Okon: B i l i n g u a l i s m u s und Dig lossie in Bruxelles und B i e l / B i e n n e . Bemerkungen zu. den Fachsprachen in B i e l

199 211

257

267

279

V I . TEXTLINGUISTIK UND KONVERSATIONSANALYSE Käthi D o r f m ü l l e r - K a r p u s a : Evaluations in texts of Greek b i c u l t u r a l s : contrastive r e l a t i o n s Adi Grewenig: Fernsehnachrichten - Aspekte des Wirklichkeitsangebots: Exemplarische Analyse anhand des "Volkszählungsgesetzes" Margret S e l t i n g : Imagearbeit bei der Behandlung von Verständigungsproblemen in Gesprächen VII.

307 325

SPRACHTHEORIE

Elisabeth Feldbusch: "Quel est l ' o b j e t ä la f o i s integral et concret de la l i n g u i s t i q u e ? " - Zur Gegenstandsbestimmung der Sprachwissenschaft im "Cours de l i n g u i s t i q u e generale" Stefan Henzler: Die Funktionen der Sprache im Gebrauch - zu Konsistenz und Funktionalismus von Karl Bühlers Sprachtheorie VIII.

295

341

353

GRAMMATIKÜBERSETZUNG

Wolf-Dieter Heim: 'übersetzen' im A l t f r a n z ö s i s c h e n W i l f r i e d Kürschner: Probleme beim Übersetzen von antiken Grammatiken Horst Weinstock: Laut und Name m i t t e l a l t e r l i c h e r Buchstaben ÜBER DIE AUTOREN

369 387 405 423

VII

VORWORT

So wie ein Vortrag mehr sein sollte als das Vorlesen eines vorgefertigten Texts, so s o l l t e ein Kolloquium mehr sein als eine Kette solcher Vorträge. Den einzelnen Vortrag g i l t es einzubetten in ein Raster der Stellenwertbestimmung zum Forschungsstand, zur Originalität und zur Akzentsetzung. Dabei f a l l e n neben den Sprechern den Zuhörern und Disputanten wichtige R o l l e n zu, wobei die Spezialisten und erfahrenen Zuhörer mit dem größeren überblick die Aufgabe haben, die Jüngeren, Unerfahrenen didaktisch-konstruktiv nachzulenken, zurechtzurücken und auf Argumentationslücken hinzuweisen. Die Sorge um den überblick, die Durchsicht zum Schritt vorwärts und die Zurückweisung des f a l s c h e n Anspruchs oder mediokrer Unerheblichkeiten g i l t erst recht dem Gesamtereignis eines Kolloquiums. In den themenverschmälerten Vortragssektionen lassen sich Fortschritte, Gesamtergebnisse, Wagnisse in der Summe der Referate abschätzen. Es wäre kein läßliches Versäumnis, würde man solche Erkenntnisgewinne nicht anstreben und als Organisator die Voraussetzungen d a f ü r nicht s c h a f f e n . Das "Linguistische Kolloquium" hatte von Anfang an solche Z i e l e - Idee und P r o f i l des Kolloquiums sind 1965 und 1966 in K i e l und Hamburg bestimmt worden - und hat sie bis heute nicht aufgegeben. Es ist zum erklärten Übungsfeld junger Promovenden geworden. Und es ist vor a l l e m ein Spiegel der linguistischen Interessenklitterung in der BRD. Wenn auch über die Brücke der internationalen Germanistik· andere europäische Länder unter die Organisatoren dieses Kolloquiums gegangen sind, so tragen nach Teilnehmern und Veranstaltern d i e Universitäten Deutschlands das Hauptgewicht. Was mit diesem Band v o r l i e g t , ist in diesem mehrfachen Sinne "Linguistik in Deutschland". Ihre P f l e g e war in dem sammelnden Heim in Oosterhesselen/Drenthe in nahezu idealer Weise m ö g l i c h . Rein m a t e r i e l l gelang das K o l l o q u i u m durch die Unterstützung der F a c u l t e i t der Letteren der Reichsuniversität Groningen sowie des Goetheinstituts in Amsterdam. Möge dem Veranstalter des 22. Kolloquiums in Paris ein ä h n l i c h harmonischer Verlauf beschieden sein. die Veranstalter und Herausgeber

I. SYNTAX

ZUR TYPOLOGIE DES MEDIUMS IN DER WESTGERMANIA Werner Abraham

l . D i e Faktenlage Die

folgenden

struktionstypus

Beispiele im

sind

stellvertretend für den Kon-

Englischen,

Deutschen, Niederländischen

und Friesischen. ENGLISCH: (la) Bureaucrates bribe e a s i l y ( b) * I t runs s o f t l y on this ground ( c) *This ground runs s o f t l y DEUTSCH: (2a)

Beamte bestechen sich leicht

( b) Es l ä u f t sich sehr weich auf diesem Boden ( c) *Dieser Boden l ä u f t sich sehr weich NIEDERLÄNDISCH: (3a)

*?Ambtenaren kopen makkelijk om

( b) Het loopt zacht op deze grond ( c) Deze grond loopt erg zacht Die

Fakten

zum W e s t f r i e s i s c h e n

sind p a r a l l e l zu denen des

Niederländischen. Registrieren wir zu zuerst das d e u t l i c h vor uns liegende:

den B e i s p i e l e n oben im Englischen lassen

sich intransitive Verben im Unterschied zum Deutschen und zum Niederländischen nicht m e d i a l i s i e r e n . Das Englische kennt nur Mittelkonstruktionen

zu

transitiven

Konstruktionen

zudem, wie Keyser/Roeper (1984) und Zubizarreta ken, nur bei einem

direkten

Objekt

des

— und

(19 6) bemer-

affizierten

(AFF)-

Typs. Somit erlaubt memorize "auswendig lernen" keine M i t t e l biIdung. ( I d ) *This poem memorizes easily Im

Niederländischen

dagegen

sind

Medialkonstruktionen

zu

Transitiven oft schwer zu verstehen und deshalb kaum akzeptab e l . Der entsprechende Satz oben, ( 3 a ) , wird eher als E l l i p s e

4

des aktiven transitiven Satzes verstanden. Dagegen sind überraschenderweise die Medialisierungen von Intransitiva v o l l verständlich — stärker noch: das Präpositionalobjekt kann zum Subjekt aufrücken, wie (3c) zeigt. Das Niederländische und das Englische sind also nahezu komplementär v e r t e i l t , was die Medialisierbarkeit mit Blick auf die syntaktische Grundcharakterisierung "transitiv/intransitiv" b e t r i f f t . Das Deutsche zeigt nur die Beschränkung zum dritten Typ: also zur Subjektvorstufung des Präpositionalobjekts. Es zeigt zudem nicht die Einschränkung bei Transitiven wie das Englische in (Id) . (2d) Solche Balladen lernen sich sehr leicht Es ist an dieser Stelle angebracht sofort auf eine Einschränkung im Datenüberbiick oben hinzuweisen. Die Vorstuf ung des n d l . Präpositionalobjekts zum Subjekt wie in (3c) bezieht sich nur auf einen nicht deutlich begrenzbaren Ausschnitt aus dem gesamten Erscheinungsbereich von Intransitiven mit Präpositionalobjekt. Die folgenden Beispiele verm i t t e l n einen Eindruck davon. (4a) Dit paadje loopt lekker zacht "Dieser Weg läuft sich schön weich" ( s o l l : "Auf diesem W e g . . . . " ) ( b) Z o ' n bed slaapt h e e r l i j k zacht "So ein Bett schläft sich herrlich weich" ( s o l l : "In so einem Bett . . . " ) ( c) *Die Steiger Staat absoluut veil ig "Dieser Steg steht sich v ö l l i g sicher" ( s o l l : "Auf diesem Steg . . . " ) ( d) * Z i j n grote garage stalt gemakkelijk al die f i e t s e n "Seine große Garage s t e l l t sich leicht all die Räder ab" ( s o l l : I n seiner Garage . . . " ) (c) und (d) haben auch im N d l . natürlich akzeptable Äquivalente mit Präpositionalobjekt (siehe die Klammerentsprechungen nach "soll" oben). ( e) Het Staat absoluut v e i l i g op die Steiger ( f) Het stalt z i j n f i e t s e n gemakkelijk in z i j n grote garage

5

Ich möchte diesen Aspekt h i n f o r t ausklammern, da sich hier offenbar semantische Ausgrenzungen ergeben haben, die Rückschlüsse auf die Kerngrammatik nicht zulassen. Das Deutsche allerdings l i e f e r t im Unterschied zu den anderen Sprachen noch einen weiteren Typus. Siehe ( 5 a , b ) . (5a) Es besticht sich solche Beamte ganz leicht ( b) Es bestechen sich solche Beamte ganz leicht In (5a) ist der Akkusativ stehengeblieben, was die fehlende Kongruenz zwischen Prädikat und dem einzigen r e f e r e n t i e l l e n NP im Satz beweist. In (5b) bleibt wohl der Nominativ im Mitt e l f e l d stehen; die Vorfeldposition muß aber durch es gef ü l l t werden. Dieses expletive es definiert jedoch nicht die Kongruenzbedingungen für das Prädikat. Dieser kurze Faktenüberblick s t e l l t uns also vor folgende Aufgaben: 1. Jeder der einzelsprachlichen Faktenbereiche muß einer systematischen Einordnung in die einzelsprachliche Grammatik zugeführt werden. 2. Die genetische Verwandtschaft der vier westgermanischen Sprachen suggeriert eine universalgrammatische Typologie: d . h . einen grammatischen Rahmen, in dem die einzelsprachlichen Phänomene verdiskontierbar sind und g l e i c h z e i t i g die Unterschiede über einsichtige und systematische Parameter sich wie von selbst ergeben. Ich werde im folgenden eine Antwort auf diese beiden zentralen Fragen versuchen; ich werde aber zu dem Schluß kommen, daß wir wohl im Stande sind Einordnungsversuche und parameterisierte Ausgliederungen herzustellen , daß darüber hinaus aber eine Reihe von Fragen nicht geklärt werden können. Ich werde in einem weiteren K a p i t e l solche Antworten versuchen.

2. Die universalgrammatische Einordnung tion.

der Medialkonstruk-

Der Einordnungsversuch des sich der Mittelkonstruktionen als Anapher schlägt deswegen f e h l , weil bei der M e d i a l i s i e r u n g

6

Von Intransitiven k e i n r e f e r e n t i e l l e s Subjekt v e r b l e i b t , daß sich bindet. Gleichwohl liegen Bindungsverhältnisse vor, wie die folgenden B e i s p i e l e zeigen. (6a) Ich unterhalte mich doch so e i n f a c h (6a) hat zwei Lesarten: eine anaphorische zurückgehend auf das Reflexivverb sich unterhalten mit der -Struktur AGt [PATi ] ; und eine mediale Lesart zurückgehend auf das transitive Verb unterhalten, mit der -Struktur PATi Isichi ] . Die beiden s i ch-Ers ehe i nungen sind also nicht identisch. Nur die Mittelkonstruktion hat folgende syntaktische Alternative zu ( 6 a ) . (6b) Es unterhält sich mich doch so einfach In dieser "intransitiven" Medialkonstruktion ist das direkte Objekt der aktiven Verwendung in seiner Objektposition und im Akkusativ verblieben. Wir w o l l e n sagen, daß es sich hier um Verbinkorporation handelt (Abraham 1986a). Die wesentliche Schlußfolgerung. die wir aus diesen B e i s p i e l e n ableiten w o l l e n , ist die f o l g e n d e : Es besteht ein Bindungsverhältnis zwischen dem medialen sich und dem syntaktischen Subjekt, g l e i c h g ü l t i g ob dieses r e f e r e n t i e l l s p e z i f i s c h oder referent i e l l unspezifisch bzw. n i c h t r e f e r e n t i e l l ist wie in ( 6 b ) . Es ist leicht zu überprüfen, daß die Alternation zwischen ( 6 a ) und (6b) voll produktiv ist, d . h . k e i n e r l e i außersyntaktischen Beschränkungen u n t e r l i e g t . Eine weitere besondere Distributionseigenschaft von sich der Medialkonstruktion ist für die theoretischen Schlußfolgerungen nötig: nämlich daß sich äußerst stellungseingeschränkt vorkommt: es kann z . B . seinen Platz nicht mit einem Personalpronomen im M i t t e l f e l d tauschen. (7a) *Es belehrt ihn sich nicht so leicht (7b) Es belehrt sich ihn nicht so leicht Weist diese Distributionseigenschaft schon einen gewissen kritischen Status

von sich

aus, so

zeigt das folgende Bei-

s p i e l , daß sich in bestimmten Konstruktionen sogar v o l l entbehrlich ist, ohne daß die Konstruktion ihre mediale Lesbarkeit v e r l i e r t . Es handelt sich dabei um l e x i k a l i s c h reflexive Verben im Deutschen wie sich schämen, sich irren, sich erholen. Im Einklang mit der Medialisierung von Intran-

7

sitiven übernimmt auch ein lexikalisch reflexives Verb diesen Konstruktionsstatus. Wir erwarten nun aber ein doppeltes Auftreten von sich: einmal als lexikalische Anapher und das zweite Mal als mediales sich. Das Deutsche schließt aber ein derartiges doppeltes Auftauchen aus. (8 ) *Es schämt sich sich unter Puritanern nicht so schnei l . Ich möchte unter Verweis auf das Niederländische, das das mediale zieh nicht kennt, den Schluß ziehen, daß im Deutschen das mediale sich verschwindet. (9 ) Het schaamt zieh wat gemakkelijker in het geheim "Es schämt sich etwas leichter im Verborgenen" Es wäre auch unplausibel, daß das lexikalische sich beim lexikalisch reflexiven Verb zugunsten des medialen sich verschwinden müßte. Aus beiden Beobachtungen f o l g e r n w i r , daß das mediale sich k l i t i s c h e n Charakter hat. Daraus ist wiederum abzuleiten, daß es in keiner Argumentposition zum Verb steht; d.h. es bezieht in der zugrundeliegenden Argumententopologie, die etwa für das Subjekt und die verschiedenen Objekte vorbehalten sind, eine Zwischenposition, also eine an eine V-Projektion adjungierte Position. Insgesamt ist also theoretisch der Status des medialen sich der eines Nichtarguments; gleichzeitig zeigt das Element Bindung zum Subjekt, g l e i c h g ü l t i g ob dies r e f e r e n t i e l l oder n i c h t r e f e r e n t i e l l besetzt ist. Mit diesen Beobachtungen kann die t r a d i t i o n e l l e Grammatik nichts anfangen. In der modernen Syntaxforschung (der Rektions- und Bindungsversion) jedoch ist aus solchen Eigenschaften (kein Rektionsstatus, jedoch Bindungsbeziehung) auf den Operatorstatus des medialen Elements zu schließen. Operatoren sind uns vor a l l e m aus der Semantikforschung bekannt und zwar unter Bezug auf Quantoren wie a l l e , die meisten, mindest einer. In der Syntax bezieht man sie neben Satz- und Konstituentenadverbien auch auf die Fragewörter, soweit diese direkte Fragesätze e i n l e i t e n . Ich möchte mich dabei gar nicht darauf f e s t l e g e n , daß es im Deutschen tatsächlich NP-Verschiebung gibt, sodaß die Spitzenstellung des Fragewortes so zu verstehen ist, daß eine Spur des verschöbe-

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nen Objekts im M i t t e l f e l d zurückbleibt. Eine solche Annahme g i l t für das Englische als unbezweifelt. Es kommt mir an dieser Stelle nur darauf an, wie so ein Operator in der Syntax funktioniert: Es muß K o r e f e r e n t i a l i t ä t bestehen angedeutet durch das Subskript i, und — was aus der ersten Beobachtung zu folgern ist — es muß der Operator jeweils eine V a r i a b l e binden. Die Assoziation zwischen Operatoren der herkömmlichen Art und dem medialen sich ist nun leicht zu ziehen: letzteres hat wie die ersten keinen Argumentstatus ( d . h . es wird von keinem ändern Element regiert); und es bindet im Deutschen jeweils eine Variable, nämlich die Subjektposition; wo möglich steht es mit dem Subjekt in einer Koreferenzrelation. Wie syntaktische Operatoren im Deutschen in eine Syntax eingeordnet werden können, hat unter Bezug auf das Element es bei den unpersönlichen Passiven im Deutschen Scherpenisse (1986) gezeigt. Wir könnten also auch bei der Einordnung des medialen sich eine Lösung auf der syntaktischen S-Ebene, also der oberflächennächsten syntaktischen Struktur suchen, wie dies von Scherpenisse unternommen wurde. Zwei Überlegungen stehen einer solchen Ebeneneinordnung jedoch im Wege: einmal die Tatsache, daß wir mit einer solchen Lösung u . U . wohl den Beispielen im Deutschen gerecht werden könnten, nicht jedoch denen im Niederländischen, Friesischen und Englischen, wo ja kein sichtbares Operatorelement vorhanden ist. Wir w o l l e n daraus den Schluß ziehen, daß der Operator gleichwohl vorhanden ist,aber in einer tieferen Struktur, also einer lexikalisch-semantischen Struktur existiert und nicht in die SStruktur übernommen wird. Die zweite Beobachtung g i l t einem linguistischen Datum, nämlich dem Umstand, daß sich in a l l e n vier westgermanischen Sprachen, die hier zur Diskussion stehen. Mittelkonstruktionen ohne jeden Unterschied und ohne jede Ausnahme generische Lesarten f i n d e n , also Eigenschaftsaussagen über das Subjekt bzw., wenn dieses nicht vorhanden ist, über die Referenz eines NPs in einer anderen syntaktischen Verwendung g e t r o f f e n werden. In (lOa) unten etwa ist dieses generisch prädizierte Element hier. in (lOb) das r e f e r e n t i e l l e Subjekts-NP.

9

(lOa) Hier tanzt es sich gut (lOb) Balladen lernen sich sowieso leichter als Manifeste Ich bin in Abraham (1986a) auf die verschiedenen Distributionserscheinungen eingegangen, die zeigen, dap es sich bei der Mittelkonstruktion eindeutig um Eigenschaftsaussagen (generische Verbverwendungen) und nicht Einzelereignisse (Prädikationen über individuierte Zeitpunkte oder z e i t l i c h begrenzte Zustände) handelt. Beschränkungen dieser Art, also Einschränkungen auf generische Aussagen, liegen z . B . nicht bei der MedialVerwendung im Französischen, also Konstruktionen mit dem sogenannten "sjg.-moyen" vor. Auch diese Erscheinungen sind in einem größeren Umkreis auf der Basis einer universalgrammatischen Syntaxtheorie neben dem westgermanischen Erscheinungen einzuordnen. Diesen Versuch unternimmt Zubizarreta (1986) . Der Vorschlag, die syntaktischen Verbverwendungen in ihrer lexiko-semantischen und ihrer syntaktischen Struktur gleichzeitig darzustellen, geht auf Chomsky (1981) zurück (siehe zu einer weiterführenden Diskussion auch Mohanan 1983). Dies würde in der valenzorientierten Repräsentation etwa dem Versuch entsprechen, syntaktische Valenz und semantische Valenz in einem Simultanmodel darzustellen. Dies ist f r e i l i c h nur eine sehr ungenaue Annäherung des Vorschlags Chomskys, der in Wirklichkeit dem Wesen und den weittragenden Schlußfolgerungen des universalgrammatischen Ansatzes nicht wirklich gerecht wird, über diesen groben Vergleich hinaus ist allerdings wichtig, daß Zubizarreta (1986) (zurückgreifend auf Jaeggli 1986 und andere) die Lexikonstruktur in mehrere Repräsentationsebenen aufgliedert und zwar eine lexiko-semantische und eine lexiko-syntaktische. Die Gründe dafür tun hier nichts zur Sache. Nur so viel ist der Illustration einiger Beispiele und deren Ableitung vorauszuschicken, daß die Prädikationstheorie von W i l l i a m s (1980) zugrundegelegt ist. Nun wie angekündigt zur I l l u s t r a t i o n einiger Ableitungen. Beginnen wir mit dem Englischen. Wie oben argumentiert wollen wir auch schon für das Englische einen "unsichtbaren" verbalen Medialoperator annehmen. Dieser muß semantisch begründet

10

sein, da er semantischen Gehalts ist, genauer: für die generische Prädikatsbeschränkung verantwortlich ist. Semantische Operatoren werden (mit Zubizarreta 19 6 u . a . ) auf der lexiko-semantischen Repräsentationsebene e i n g e f ü h r t . Auf dieser Strukturebene (LEX-SEM) werden lexiko-semantische Prädikate gebildet, die Prädikation in der NP-Struktur auslösen. Die LEX-SEM-Repräsentation wird dann auf die lexikosyntaktische Struktur abgebildet (LEX-SYN), die ihrerseits lexikosyntaktische Prädikate bildet und Prädikation auf der S-Struktur auslöst. Man vergleiche das Beispiel (11) als Struktur für die mediale Verwendung von bribe "bestechen" (Zubizarreta 1986) . (11)

bribe (Medium) LEX-SYN:

....

LEX-SEM:

....

P v

P ist das komplexe Prädikat "bribe" mit dem internen a f f i zierten Objektsargument,y. Wie erinnerlich beschränken sich die englischen Medialkonstruktionen auf a f f i z i e r t e Objekte (nach Anderson 1979). Dieser Umstand spiegelt sich in der Notation "p·»"'. y igt der Index der Prädikation, mit dem auf der S-syntaktischen Strukturebene das Subjekt (das alte a f f i z i e r t e Objekt) assoziiert wird. Dadurch entsteht letztlich die oberflächennahe Struktur Vy der Medialkonstruktion im Englischen. G ist der .generische Verboperator, der das Subjektargument des Mediums, y, bindet. Es ist noch einmal hervorzuheben, daß in dieser Darstellung sowohl die generische Eigeschaft des Subjekts zur Beschreibung gelangt wie auch die Tatsache, daß die englischen Medialkonstruktionen auf Verben mit ä f f i z i e r t e m internen Argument beschränkt sind. Kommen wir nun zum Deutschen als Gegenpol zur englischen Medialstruktur insofern, als die Beschränkungen im Deutschen weitaus geringer sind: Zum ersten lassen sich auch intransitive Verben m e d i a l i s i e r e n , woraus f o l g t , daß wir für den

11

Verboperator G eine gebundene V a r i a b l e in der lexiko-semantischen Struktur f i n d e n müssen — Operatoren ohne Variablenbindung w o l l e n wir nach einer bisher unwiderlegten Einsicht in die Struktur a l l e r Weltsprachen ausschließen, und das y aus (11)

ist

ja

bei

Intransitiva nicht vorhanden. Zum zweiten

haben wir dem Umstand Rechnung zu tragen, daß es sich auch bei den deutschen Medialkonstruktionen um generische Lesarten handelt. Dies zwingt uns nach den Annahmen oben dazu, den Operator in der lexiko-semantischen Repräsentationsstruktur einzusetzen. Im Gegensatz dazu wird das französische "semoyen" auf

der lexiko-syntaktischen

Struktur eingeführt, da

es keine derartige generische Beschränkung aufweist (ZribiHertz 1982, Zubizarreta 1986). In (12) unten wird demnach der generische Verbaloperator G in der semantischen Struktur, in LEX-SEM angesetzt. Er bindet in der ersten lexiko-syntaktischen Struktur (LEX-SYN-1) im transitiven wie im intransitiven F a l l e auf jeden F a l l ein N, nämlich NV (entweder als r e f e r e n t i e l l e s Nomen oder als n i c h t r e f e r e n t i e l l e s e s ) ; und s c h l i e ß l i c h hat dieser verbale semantische Generikoperator eine LEX-SYN-2-Vertretung in SICH*', die auf die Oberflächenstruktur abgebildet wird. Satzbeispiel sei ( 2 a ) . (12) LEX-SEM:

bestechen'y,x

LEX-SYN-1:

LEX-SYN-2: . . . . Bei

der

Abbildung

SICH"

auf die S-Struktur (syntaktische Tiefen-

struktur) ergibt sich die Zwischenstruktur in ( 1 3 ) . (13)

U Beamte [vypy Nv leicht [ r + ,+ ] v

Nach den Prädikationsregeln ergibt sich s c h l i e ß l i c h ( 1 4 ) :

und

SICH*1 [„„ b e s t e c h e n ] ] ] ] v

einer Kongruenzbindungregel

12

(14)

[a Beamte

l i y leicht

[„v sich bestechen] ] ]

SICH" realisiert sich je nach der Personskategorie im Subjekt als erste, zweite oder dritte Person Singular bzw. Plural des Ref lexivpronomens . So weit die strukturelle Einordnung der Erscheinungen im Deutschen. Auch im Niederländischen und Friesischen, wo j a nur im Umfang, aber nicht q u a l i t a t i v eingeschränkter dieselben Medialisierungserscheinungen vorkommen wie im Deutschen, muß wegen der generischen Eigenschaft die Erzeugung eines Verboperators auf der lexikalisch-semantischen Ebene angesetzt werden. Dieser Operator hat allerdings keine Abbildung in der lexiko-syntaktischen Struktur und wird deshalb auch nicht in die strukturelle S-Struktur abgebildet. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, daß der im N d l . und Fries. unsichtbare Verboperator die Variable het bzw. yt bindet, wo — wie bei Intransitiven — kein referentielles Medialsubjekt existiert. Dies ist an sich der überzeugendste Nachweis eines kryptischen Operatorelements mit Bindungspotenz. 3. Paradigmendruck als typologischer Parameter. .Damit ist im. Prinzip, soweit die Rektions- und Bindungstheorie und die Trennung von Beschreibungsebenen in der lexikalischen Struktur Einordnungsansätze vorsieht, den Erscheinungen im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Friesischen Rechnung getragen. Nun ist aber zu beachten, daß wir dabei zum einen einem empirischen Faktum keine Rechnung getragen haben: nämlich dem Umstand, daß trotz der vollen Produktivität bei der Medial isierung intransitiver Verben im Niederländischen und Friesischen die Media l isierung von Transitiven starken Akzeptabi l itätsbeschränkungen ausgesetzt ist. Man vergleiche dazu noch einmal stellvertretend (3a) oben. Der zweite Punkt, der Beachtung verdient, hängt mit der Tatsache zusammen, daß die Mittelkonstruktion nur im Deutschen den sich-Indikator benötigt. Nun sind sehr oft Fragen nach dem "warum" einer Erscheinung nicht nur einer synchronstrukturellen Einordnung nicht zugänglich, sondern durchaus nicht zielführend — sehr oft sind solche Fragen nur mit

13

Blick in die Geschichte einer Sprache und auf heute nicht mehr nachvollziehbare systeminterne Gründe erklärbar bzw. sie sind überhaupt systemextern und damit bloß arbiträr zu rechtfertigen. Ich möchte für den vorliegenden Erscheinungsbereich jedoch in Anspruch nehmen, daß zum einen die Frage nach dem Warum sehr wohl in einen Systembereich einzubringen ist, der synchron eine Antwort l i e f e r t . Und zum zweiten gewinnen wir damit nicht nur eine strukturelle Einordnung, sondern eine intuitiv plausible Erklärung der Erscheinungen, so wie sie vor uns liegen — mit allen Unterschieden in den vier Westgermanischen Sprachen. Wir wollen die Antwort wieder schrittweise versuchen. Der erste Schritt bedeutet eine Antwort auf die Frage, wieso das Deutsche überhaupt ein Element zur Anzeige des Unterschieds zwischen Transitivität bzw. Intransitivität und Medialität benötigt. Damit zusammen hängt die Frage, was geschehen würde,wenn das Deutsche ein solches Medialitätssignal nicht zur Verfügung s t e l l e n würde. Mit der Antwort auf diese zweite Frage, die noch zum ersten Schritt gehört, gewinnen wir eine Antwort auf die Frage nach den typologischen Unterschieden zwischen den vier westgermanischen Sprachen. Der dritte Erklärschritt b e t r i f f t die Frage, warum gerade das reflexive sich Medialitätssignal im Deutschen ist und warum die anderen Sprachen ein ähnliches nicht auch gebrauchen. Wir werden sehen, daß es gerade dieser dritte Schritt ist, der uns in die für die heutige Systematik nicht mehr zugängliche Diachronie zurückführt. Zuerst also zur Frage, in welchem weiteren typologischen Rahmen das Oberflächensignal zur Argumentreduktion einer konstruktiven oder lexikalischen Erscheinung im Deutschen steht. Das folgende Diagramm zeigt, daß dabei im Unterschied vor a l l e m zum Englischen, das in jedem der skizzierten typischen F ä l l e paradigmatische Homonymie vorzieht, das Deutsche entweder flektiv-morphologische bzw. lexikalische oder lexikalisch-konstruktive Desambiguierungen einer solchen paradigmatischen Homonymie vorzieht. Man vergleiche (13) auf der folgenden Seite (nach Dirven/Radden 1977: 151). Das N d l . schließt sich in der überwiegenden Mehrzahl dieser Lexembei-

14

spiele dem Deutschen an. Ich möchte hierzu behaupten, daß dies eine typische Unterscheidung für das Deutsche ist. In einer geringen Zahl von F ä l l e n werden derartige Homonymien gestattet; zum Teil handelt es sich dabei um Lehnwörter. Siehe (16) auf der übernächsten Seite.

(15) ENGLISH intransitiv + transitiv ( ), a.

DEUTSCH intransitiv

transitiv

t l

break

Izer)brechen

cook dry fly (a plane) roll spoil

kochen trocknen fliegen rollen verderben

a. PARADI6HAT. HOHDNYHIE

ENTHONONYNISIERUNG DURCH: crack lelt Make up drown

zerspringen achiilzt (3.Pers.) aufwachen ertrinken

zersprengen schielzt (3.Pers. aufwecken ertränken

b. STAHBUI1LAUT

tear burn freeze stop

reißen brennen frieren halten

zerreißen verbrennen einfrier en anhalten

c. PRÄFIXVERBEN

cease

aufhören wachsen laufen

einstellen anbauen bedienen

d. LEU. SUPPLETIVE

grow (corn) run (a lachine) bend change open shut split turn

sich sich sich sich sich sich

biegen

e. HEDIALES SICH

bounce

aufschlagen

aufschlagen lassen

drop fail (an examination! fly (a kite) grow (a beard) run (the water) shrink

fallen durchfallen fliegen wachsen laufen einlaufen

fallen lassen durchfallen lassen fliegen lassen Dachsen lassen laufen 1 assen einlaufen lassen

heat (up)

heii werden sich erhitzen war· werden sich ernänen flüssig werden sich verflüssigen hart werden sich erhärten

heiß lachen erhitzen war· lachen erwarten flüssig lachen verflüssigen hart lachen härten

Hari (up) liquefy solidify

biegen ändern öffnen schließen spalten drehen

ändern offnen schließen spalten drehen f . KAUSATIVES lassen

. ER6ATIVES werden bzw. KAUSATIVES jachen neben (1EDIALEH sich

16

(lil

ENGLISCH break cook

dry f l y (plane) roll spoil

Zu (16) ist

DEUTSCH (zer l brechen kochen trocknen fliegen rollen verderben

NDL.

(verlbreken koken drogen vliegen rollen bederven

allerdings zu bemerken

,

daß

es

sich

bei dem

sich-Medialsignal um ein Merkmal handelt, das im Deutschen einem starken Nord-Süd-Gefälle unterliegt: Im Oberdt. sind nicht

angezeigte Transitiv-Intransitiv-Homonymien unakzepta-

b e l , im Norden eher die Norm. So unterscheidet man im Unterschied zum nördlichen Hochdeutschen im südlichen sehr deutlich zwischen: auf lockern — sich auflockern: erhellen— sich erhellen; bewölken — sich bewölken. Es verbietet sich im südlichen Teil dieses G e f a l l e s ein Satz wie "die Bewölkung lockerte langsam a u f " , was im nördlichen Teil akzeptabel ist. Daß es diese Unterschiede gibt, zeigt jedoch nur, daß es auch im Hochdeutschen höhere und geringere Systemanteiligkeiten gibt, daß aber

sicherlich im südlichen Teil

dieses Ge-

f a l l e s dieser Systemanteil höher ist als im nördlichen. Warum das genau so ist, darauf kann hier nicht eingegangen werden (es soll hier die Andeutung genügen, daß dies m . E . mit dem oberdeutschen Präteritumschwund bzw. der haben/sein—Unterscheidung bei den Transitiven und Intransitiven im Präteritalbereich zu tun h a t ) . Nun zur zweiten Frage, nämlich: Was für Lesarten würden entstehen, wenn das Deutsche die Argumentreduktion bei den Medialkonstruktionen o b e r f l ä c h l i c h nicht durch sich s i g n a l i sieren wurde. Der Blick auf ein paar Beispiele zeigt, daß wir im Deutschen dann jeweils in E l l i p s e n von transitiven Konstruktionen geraten. D . h . die Nichtsignalisierung der Medialität durch ein

sich

würde

Lesarten

transitiven Verb erzwingen. Die sich ja nicht zwischen der aktiven

von

DO-Ellipsen beim

Diathese beim Verb ändert Transitivkonstruktion und

der deagentivierten Medialkonstruktion! Zur, Strategie des Deutschen stehen das Niederländische und das Friesische. Dies ist der Grund dafür, warum trotz der vollproduktiven Medialisierung von intransitiven agentiven Konstruktionen die Akzep-

17

t a b i l i t ä t von Medialkonstruktionen gerade transitiver Verben so stark eingeschränkt ist. Wir legen also genau in diesem Erscheinungsbereich im Niederlandischen und Friesischen den Finger auf eine Nahtstelle zwischen Grammatik bzw. Kerngrammatik und Faktoren außerhalb der Grammatikdomäne, nämlich dem lexikalisch-paradigmatischen Bereich und seinem Druck auf grammische Erscheinungen. Damit ist v ö l l i g in Einklang zu bringen, daß kontextuelle H i l f e vorausgesetzt Medialkonstruktionen auch neben Transitiwerben im Niederländischen und Friesischen verstehbar werden. Zu (13) wurde gesagt, daß das Niederländische dieselbe Desambiguierungsstrategie lexikalischer bzw. f lektiv-morphologischer Natur wie das Deutsche zeigt. Das Fehlen des Medial indikators sich jedoch führt im Niederländischen zu Homonymien, die jeweils zugunsten von E l l i p s e n l e s a r t e n der agentisch-transitiven Diathese entschieden wird. Um es noch einmal ganz konkret zu sagen: Aus diesem Grunde genau heißt Ambtenaren kopen aemakkeliik om eben nicht "Beamte bestechen sich leicht", sondern eben "Beamte bestechen t e J n o l e i c n t" mit E l l i p s e des direkten Objekts. Dasselbe g i l t fürs Friesische. Ich fasse die Paradigmensystematik und ihren E i n f l u ß auf die Ellipsenlesarten in (15) zusammen. (17) ENGLISCH

DEUTSCH

Argumentreduktionstyp ik - typologisch lexikalisch

tv

IV

syntaktisch

tv

passiv. iK iV/iK

lexikalisch

tv

syntaktisch

i/tV

itV (63 -Ell.) e, e,_j iV e,te 2 _j passiv. iK e,t(e a )_J •K e,ne a )_j

o, - a j iL

v2 J

e,[_ea] c

« a l_J 2 [_ 2 ]

M: bithematische Verben ohne Vokalveränderung, wie z . B . : finir: /finis/ vs /fini/ (finissent, finit) coudre: /kuz/ vs /ku/ (cousent, coud) battre: /bat/ vs /ba/ (battent, bat) croitre: /krwas/ vs /krwa/ (croissent, c r o i t ) . In dieser Klasse trägt das lange Thema folgende Konsonanten: /s/ : sämtliche Verben der 2. sowie 19 der 3· Konjugationsgruppe /z/ : 54 Verben /d/ : 50 Verben /t/ : 39 Verben /v/ : 20 Verben sowie /m/, / j / und /k/ (mit 4, 3 und 2 Verben). Klasse 4; bithematische Verben mit Vokalveränderung. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden: a) die Vokalveränderung bewirkt eine Opposition 4, 5, 6 vs , 2, Z.B. : peindre : / r/ vs /pe/ (peignent, peint) resoudre : /rezolv/ vs /rezu/ (resolvent, resout) b) die Vokalveränderung bewirkt eine Opposition 4, 5 vs 6 und 1, 2, 3» wobei 6 das lange Thema aber den Vokal des Singulars hat. Z . B . : boire: /byv-s/ vs /bwav/ und /bwa/ (buvons, boivent, boit) c) der Vokal verändert sich zweimal und bewirkt die Opposition 4, 5 vs 6 vs 1, 2, 3- Z.B. : prendre: /pran-5/ vs /pren/ vs /prä/ (prenons, prennent, prend) Klasse *?: bithematische Verben mit morphologischer Unregelmäßigkeit in der Bildung der Tempora der Präsensgruppe und/oder ver-

175

schiedenen Stämmen. Außer etre und aller, die schon im Präsens zwei verschiedene Stämme aufweisen, bilden alle Verben dieser nur neun Elemente enthaltenden Klasse das Präsens wie bithematische Verben mit VokalVeränderung: valoir (und prevaloir): /vaL/ vs /vo/ (valent, vaut) savoir: /sav/ vs /st/ (savent, sait) vouloir: /vul-ö/ vs /v-oe l/ vs /vjo/ (voulons, veulent, veut) pouvoir: /puv-ö/ vs /p-oe v/ vs /pjei/ (pouvons, peuvent, peut) faire: /fsz-ö/ vs /fo/ vs / f t / ( f a i s o n s , f o n t , fa:ii:', avoir: /av-5/ vs /o/ vs / / bzw. /a/ (avons, o n t , ai, a). In den Klassen 4 und 5 trägt das lange Thema folgende Konsonant er. /n/ : 39 Verben /. / : JO Verben /v/ : 18 Verben /z/ : 11 Verben sowie /!/ und /j/ (5 bzw. 2 Verben). Werfen wir jetzt einen Blick auf die Tabelle 1, so können w i r feststellen, daß dieselben Konsonanten das lange Thema der Adjektive wie der Verben kennzeichen, nämlich /t/, / z / , /s/, /d/ für die Thema-Alternanz ohne Vokalveränderung und /n/, /.n/, / r / ' , / t / , /v/, /z/ für die Thema-Alternanz mit Vokalveränderung. 2.3. Zum Abschluß dieses Punktes halten wir f e s t , daß das mor.cthematische System die meisten A d j e k t i v e sowie die meisten Verben enthält und auch für beide Wortklassen am produktivsten ist. Dfis bithematische System ist nur schwach produktiv. Die Adjektive und Verben, die ihm folgen, bilden eine eher kleine Gruppe, unter ihnen aber befinden sich einige der gebräuchlichsten Wörter der Sprache. Prospektiv könnte man also sagen, daß die französische Sprache zu einem einzigen monothematischen System neigt, das dar Genus im Nominalbereich und der. Numerus im Verbalbereich (Präser.: nicht markiert. In einer mehr oder weniger nahen Zukunft könnte das bithematische System seine schon bescheidene Produktivität zumindest beim Verb ganz verlieren. Unter den bithematischen Verben werden die meisten zugunsten von monothematischen ver-

176

schwinden. Die übrigen werden, ihrer hohen Frequenz wegen, als Restgruppe unregelmäßiger Formen fortbestehen. 3- Weitere morphologische Konsonanten beim Verb. Ich will hier nur kurz auf zwei weitere Fälle von Morphophonemen in der Verbmorphologie eingehen. Es handelt sich um den Futurstamm einerseits und um die deverbale Nominalisierung andererseits. 3. . Futur und Infinitiv: einige bithematische Verben bilden den Infinitiv und/oder das Futur nach einem Stamm, der einen anderen Konsonanten aufweist als das lange Thema des Präsens. Dieser Konsonant ist wiederum /t/ oder /d/: /t/ charakterisiert den Futurstamm einiger Verben, deren langes Thema im Präsens auf /s/ endet, wie z.B. naitre und croitre: naitra vs naissent und nait /net-ra/ vs /nes/, / / croitra vs croissent und croit /krwat-ra/vs /krwas/, /krwa/ /d/ charakterisiert den Futurstamm der Verben mit Infinitiv auf -dre, wie z.B. coudre und peindre: coudra vs cousent und coud /kud-ra/ vs /kuz/, /ku/ peindra ys peignent und peint /ped-ra/ vs / /, / / /d/ findet sich auch im Futur, aber nicht im Infinitiv von Verben auf -oir (Verbmuster vouloir und valoir) und auf -ir (Verbmuster tenir): voudra vs veulent und veut /vud-ra/ vs /voel/, /vrf/ tiendra vs tiennent und tient / t j e d - r a / vs / t j e n / , / t j e / Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, daß manche monothematische Verben mit konsonantischem Thema sowie bithematische Verben Infinitiv oder Infinitiv und Futur mit H i l f e eines überlangen Themas bilden. Dem konsonantischen Thema wird dann der Vokal /i/ oder die Vokalgruppe /wa/ angefügt. 3.2. Deverbale Nominalisierung: bei der Bildung deverbaler, meist konkreter Substantive aus einigen bithematischen Verben ist manchmal ein Konsonant zu beobachten, der in keiner Stammform zu finden ist, weder im Präsens noch im Futur. Dieser Konsonant ist meistens / t / , in einigen Fällen /s/: /t/: pendre - pente, suivre - suite, clore - cloture, apprendre - apprentissage wie auch apprenti, usw. /s/: defendre - defense, joindre - jonction, boire - boisson, cuire - cuisson, usw.

177

4. Die phonetisch bedingten Morphophoneme in der Verbmorphologie. Fs handelt sich um die Vokale /g/ und /i/ sowie um den sog. Semikonsonant / j / , die an der Grenze zwischen zwei Morphemen eingeschoben werden, mit der Virkung eine bestimmte Konsonanten- bzw. Vokalkette zu unterbrechen. 4.1. Der Einschubvokal /P/ tritt im Präsens Konditional (4. und 5. Person) zwischen das Thema und die Tempusmarke /r/: ecouter: /ekut^rje/ (aber /tyrje/ und nicht*/ty?>r je/). Betroffen sind die monothematischen Verben mit konsonantischem Stamm (Verbklasse 2 ) , deren Infinitiv auf -er und einige, deren Infinitiv auf -ir endet (Verbmuster ecouter, appeler, ceder, rester, rentrer, sowie cueillir und saillir). Bei rester und rentrer wird das /?/ sogar bei allen Personen des Konditionals und des Futurs eingeschoben, und zwar f a k u l t a t i v bei rester und obligatorisch bei rentrer, das außerdem noch ein eingeschobenes /i/ bekommt, wie im folgenden § 4.2. beschrieben. 4.2. Der Einschubvokal /i/ spielt bei den bithematischen Verben (Klassen 3 "bis 5) eine ähnliche Rolle wie /P/ bei den monothematischen. Im Unterschied zu diesem wird er nach der Tempusmarke /r/ eingeschoben. B e t r o f f e n sind die Verben, deren Stamm im Futur mit einem Konsonanten endet. D-^s sind die Verbmuster: coudre, connaitre, m e t t r e , peindre, resoudre, devoir, prendre, t e n i r , mouvoir, valoir und vouloir. Bei diesen Verben nämlich bildet der Stemmkonsonant mit der Markenfolge / r j / der Konditionalendungen / r j ö / und /r je/ eine unbequeme Konsonantenkette, die durch Einschub des Vokals unterbrochen wird. V g l . : / l u r j e / vs /parierte/ vs /vudrije/ ( l o u e r i e z , parleriez, voudriez) Dss /i/ wird außerdem bei den zwei monothematischen Verbmustern rentrer und ouvrir einges'chober., um eine ähnliche Konsonantenkette zu unterbrechen. In diesem Fall aber geschieht das im Imperfekt Indikativ, (4. und 5· P e r s o n ) , nach einem /r/, das keine Marke ist, sondern einem anderen Konsonanten folgt und mit diesem den Stammauslaut bildet. Z . B . : vous rentriez: / r a t r i j e / vs vous ecoutiez: /ekutje/ Zusammenfassend kann man also sagen, daß /p/ und /i/ eine komplementäre Distribution haben und bei Verben mit konsonanti-

178 schem Stamm - außer /r/ - eingeschoben werden, wenn diesem Stamm die Harkenfolge /rj5/ oder /r je/ folgt. In solchen Fällen ändert sich die Folge in / a r j ö / , /STje/ bei monothematischen Verben bzw. / r i j o / , /rije/ bei bithematischen Verben. Anwendung finden die Endungen / i j o / , /ije/ außerdem im Imperfekt der Verben, deren Stamm auf Konsonant + /r/ endet, obwohl diese monothematisch sind.

4.3. Der sog. "Semikonsonant" / j / schließlich findet Anwendung da, wo eine Vokalkette unterbrochen werden muß. Er wird zwischen vokalischem Stamm und vokalischer Endung der monothematischen Verben eingeschoben, wenn ihr Stamm auf / / , /qi/ oder / w a / , unter bestimmten Bedingungen auch /i/ endet: distraire: /distre/ vs /distrejö/ fuir : /f«i/ vs croire : /krwa/ vs plier : /pli/ vs /plijS/ Bei diesen Verben wird / j / immer nur vor einer vokelischen Endung (also nicht in der 6. Person) eingeschoben, weshalb sie nicht als bithematische Verben zu betrachten sind. Im linguistischen Bewußtsein der Französisch-Sprechenden werden sie jedoch manchmal als bithematisch empfunden, was sich durch die Beibehaltung des Einschub-/j/ in der 6. Person ausdrückt: ils croient :*/krwaj/ Die phonetisch bedingten Norphophoneme habe ich hier am Beispiel des Verbs erklärt. DPS Phänomen b e t r i f f t jedoch alle Bereiche der Morphologie. Das Problem des /?/ instable ist wohl allgemein bekannt. Dasjenige von /i/ und /j/ ist gleichfalls allgegenwärtig, obwohl weniger a u f f a l l e n d , da die Bechtschreibung oft der Aussprache Rechnung trägt. V g l . : für / j / : craie - crayeux : /kre/ - /kre j/rf/ soie - soyeux : /swa/ ennui - ennuyeuy : /anui/ aber: vertu - vertueux : / v c r t y / und für /i/: c a l e n d r i e r , triade : / k a l a d r i j e / , /trijsd/ aber: colorier, tiede : / k o l o r j e / , / t j e d / .

179

5. Morphophoneme "bei Sandhi-Erscheinungen. Im phonischen Kanal erscheint manchmal an der Grenze zwischen zwei Lexemen ein Zusatzkonsonant, der in isolierter Lage des Lexems und sogar manchmal in seiner Schreibung nicht festzustellen ist. Gemeint sind die Konsonanten der Bindung und des Wohlklangs. y , . /vudit/ vs /vuzale/ (vous dites, vous a l l e z ) /ildi/ vs /ditil/ (il d i t , dit-il) /ildira/ vs /diratil/ (il dira, dira-t-il) /vaapari/ vs /vazi/ (va a Paris, vas-y) M. CSECSY (1968), die sich mit dem Wert dieser Konsonanten als morphologische Marke eingehend "befaßt h a t , nennt sie dieser Rolle wegen "morphemes latente". Ich verweise auf ihre hervorragende Arbeit und beschränke mich auf einige Bemerkungen. 5.1- Die sog. "liaison" gibt es nur zwischen Lexemen, die semantisch eng zusammengehören, also u . a . : Artikel + Substantiv bzw. A d j . + Substantiv, Pronomen + Verb bzw. Verb + Pronomen, Copula + Prädikativ, H.Ufsverb (insb. 3. und 6. Person) + Partizip, Adverb + Folgewort, einige häufig gebrauchte Präpositionen + regierte Folge. Am häufigsten erscheinen der Reihe nach: /z/, /t/ und /n/. Diese drei Konsonanten zusammen liefern mehr als drei Viertel aller Liaison-Fälle (WIOLAND 1985:66): /z/: ils_oublient leurs_affaires nous_irons dans_un bois /t/: un grand_interet le petit_homme vient^il ? /n/: mon ami a un e n f a n t

Da ich die Sprache ausschließlich vom Standpunkt des phonischen K a n a l s beschreibe, sehe ich hier keinen Grund, die Finschubkonsonanten des Vohlklangs anders zu betrachten als die der Liaison, da dieser Unterschied nur im graphischen Kanal besteht.

180

5.2. Die Bolle von /t/ und /z/ als Bindung zwischen zwei Wörtern ist so prägnant, daß diese Konsonanten manchmal auch eingefügt werden, wenn sie morphologisch nicht gerechtfertigt sind. Die traditionelle Grammatik nennt sie dann "euphonische" Konsonanten, ohne wirklich eine Erklärung anzubieten. Das euphonische /t/ findet sich hauptsächlich "bei der Verb-Inversion (3· Person) in Analogie zu den Fällen, in denen die Morphologie des graphischen Kanals eine Liaison mit /t/ ermöglichen würde. V g l . : veut-il vs va-t-il irait-il vs irs-t-il Ähnlicherweise findet sich /z/ in Analogie zu den Fällen, in denen die Morphologie des graphischen Kanals eine Liaison mit /z/ ermöglichen würde, d.h. in der 2. Person Imperativ. In solchen Fällen richtet sich die Rechtschreibung nach der Aussprache. Vgl.: tu donnes vs donne-le vs donnes-en tu vas ä Paris vs va a Paris vs vas-y. Weiter in dieser Mchtung sei noch die sog. "falsche Liaison" erwähnt: Malbrough s ' e n va-t-en guerre les chemins de fer-z-anglais. 6. In diesem Überblick habe ich verschiedene Erscheinungen nebeneinandergestellt, die alle durch die Hinzufügung eines Phonems bzw. einer Phonemgruppe zwischen zwei Morphemen oder Lexemen gekennzeichnet sind und somit einen Einfluß auf die Morphologie des phonischen Kanals ausüben. Die Tabelle 2, in der die häufigsten konsonantischen Morphophoneme zusammengefaßt sind, läßt erkennen, daß nicht jeder Konsonant als Morphophonem fungieren kann. Am häufigsten treten ,/t/, /d/, /s/, / z / , /n/ a u f , die alle Dental- b z w . Alveolarlaute sind. Man soll jedoch nicht annehmen, daß alle übrigen Konsonanten, die selten oder niemals in der Funktion eines Morphophonems auftreten, eine geringe Häufigkeit in Französisch hätten. Eine Stichprobe im Wörterbuch "Petit Robert" (1973) ergibt 215 Seiten von Wörtern mit dem Anfangsbuchstaben "p" gegenüber nur 120 Sei-

181

ten für "t". Als Morphophonem jedoch spielt "p" keine nennenswerte Bolle. Eine weitere Stichprobe am Stamm von über 3000 Verben der 1. Konjugationsgruppe (Verben auf -er) ergibt 14,8% Verben mit einem Stamm auf -t gegenüber nur 2,J4% Verben mit einem Stamm auf -p. Es scheint mir a l s o , daß die Fähigkeit eines Konsonanten als Morphophonem zu fungieren von seiner Distribution und nicht von seiner Frequenz in der Sprache abhängig ist. Es wäre natürlich interessant, die Morphophoneme in anderen Sprachen zu untersuchen, um herauszufinden, ob bestimmte Phoneme wie z.B. / t / , die in beinahe jeder Sprache zu finden sind, auch als Morphophoneme weit verbreitet sind und ob in diesen Sprachen die Morphophoneme gleichfalls Dentallaute sind. Literatur BESCHERELLE, 1980: Nouveau Bescherelle, l ' a r t de conjuguer. Dictionnaire de douze mille verbes, Paris: Hatier BRUNS, Brigitte, 1981: Aspekte der Femininbildung des französischen Adjektiyes. Schriftliche Hausarbeit für die 1. Staatsprüfung für das Lehramt an öffentlichen Schulen. Ms. Bremen. CSECSY, Madeleine, 1968: De la linguistique a la pedagogie: le verbe francais. Coll. "Le francais dans le monde", Paris: Hachette / Larousse POURADIER DUTEIL, Francoise, in Vorbereitung: Le verbe fran?ais en conjugaison orale. ROBERT, Paul: Dictionnaire alphabetique et analogique de la langue franQaise, Paris: Societe du Nouveau Littre. SEGUIN, Hubert, 1973= Le genre des a d j e c t i f s en franQais, analyse quantitative et correspondance phonographique des regies. in: Langue francaise 20. WIOLAND, Francois, 1985: Les structures syllabiques du fran9ais, Geneve, Paris: Slatkine-Champion.

182

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*[la:bm] —> [la:m] taxonomisch /la:m/ Für SCHANE (1971) ist denn auch im Generativismus das Phonem des Taxonomen "revisited": "the output of a generative phonology is so often almost amazingly identical to a classical phonemic representation" ( 5 2 0 ) .

Über die durch Seitenblicke auf Alternationen möglich werdenden Abstraktionen an morphologischen Nähten hinaus versucht die GP gegenüber der SP die Abstrahierungsmöglichkeiten auch im Morphinnern auszubauen. War für die SP erst bei komplementärer Distribution die Möglichkeit zur Abstrahierung gegeben, liegt für die GP die Schwelle viel tiefer. Es genügen auffällige distributionelle Lücken zur Rechtfertigung abstrakter Lösungen. Die Minimalpaargruppe 1st.

[hene] - [heme] - [hene]

'Henne - Hemd - hängen1

hätte der SP als Indiz dafür genügt, daß komplementäre Distribution nicht vorliegen kann und [Q] deshalb phonemischen Status hat, also /n/ ist. Für die GP dagegen wären die distributionellen Lücken des [n], das z.B. nicht im Anlaut oder im Auslaut nach /V:/ stehen kann, Grund genug, dessen phonemischen Charakter zu bezweifeln und, da das mit einer phonologisch plausiblen Regel in Verbindung gebracht werden kann, innermorphisch stets aus tiefem /ng/ herzuleiten: (1)

Regeln Nasalassimilation [g]-Schwund

ng qg 0

Repräsentationen zugrundeliegende Form

Realisationsform

Solange die Möglichkeit eines solchen angenommenen Prozesses nicht widerlegt werden kann, ist in der GP prinzipiell jeder Ausgangspunkt eines solchen Pro-

188 zesses (also jede zugrundeliegende Form) erlaubt und braucht nicht als in irgendeiner Alternation realisiert nachgewiesen zu werden. Die natürliche Generative Phänologie (NGP) setzt mit ihrer Kritik bei diesem Verfahren der GP an, da ihr diese Abstraktionen zu weit gehen und sie dieselben strengeren Bedingungen unterwerfen will. Die NGP setzt der GP deshalb nacheinander die "Naturalness Condition" (POSTAL 1968), die "Alternation Condition" (KIPARSKY 1968) und die "Strong Naturalness Condition" (VENNEMANN 1974 a & b) entgegen. Die darin enthaltene Forderung, daß als zugrundeliegend nur veranschlagt werden darf, was in einer der morphologischen Alternationsformen des im Paradigma stehenden Wortes vorkommt, soll zugrundeliegende Formen wie 1st. */heng/ 'hänge!1 verhindern, da sie nie als *[heng], sondern immer nur als [heq] realisiert werden. Auch wenn [q] noch so große distributioneile Lücken aufweist und obige Regeln, die aus /ng/ ein [q] herstellen, noch so plausibel sind "lexical representations of non-alternating parts of morphemes are identical to their phonetic representations" (VENNEMANN 1974 b: 347)1 Diese an sich sinnvolle Beschränkung von Abstraktheit wird in ihrer Rigorosität aber selbst zweifelhaft, wenn man sie nicht wiederum beschränkt: Lst. [di:c] 'dich1 oder [jre:c] 'schräg1 sind in Vennemanns Sinn durchaus "non-alternating", was den Auslaut-KONS betrifft. Folglich müßte [9] als Phonem / / ins Inventar der zugrundeliegenden Segmente aufgenommen werden, während die Stammauslaute in alternierenden Fällen wie [du:x] [gri:c]

- [di:c+er] 'Tuch - Tücher' - [ge+grux+ ] 'kriech! - gekrochen"

aus einem zugrundeliegenden Segment (etwa /x/) mit Regeln herleitbar wären. Die NGP mißachtet also in ihrem Kampf gegen die Abstraktionsneigung der GP eine schon von der SP vorgeschlagene sinnvolle Beschränkung von Konkretheit: das Konzept der komplementären Distribution als Rechtfertigung für Abstraktionen. Die hier nun vorgeschlagene Synthese ist folgende: Der phonologische Autonomismus der SP wird im Sinne der GP überwunden, indem aus innerparadigmatischen Alternationen zugrundeliegende Stamm- und Affixformen gewonnen werden. Die von der GP überstrapazierte Abstraktion, gerechtfertigt schon, wenn ein Segment eine auffällige distributioneile Lücke aufweist und solange der Ableitungsprozeß von der abstrakten zur konkreten Repräsentation phonologisch nur einigermaßen plausibel ist, wird im Sinne der NGP dadurch gemieden, daß an der Oberflache nicht Alternierendes auch als zugrundeliegend veranschlagt wird. Steht ein solches Segment jedoch in komplementärer Distribution mit ändern, wird im Sinne der SP nur ein Phonem angesetzt und damit die Gefahr, die die NGP notgedrungen immer läuft, gemieden: daß die Grenze zwischen Phonologie und Phonetik verwischt wird (vgl.

189

die "Phonetology" BAILEYS 1976: 11 oder MAYERTHALERS 1982

: 233).

Es sind mithin bestinrtte Prinzipien der Alternation und Distribution, die für eine sinnvolle Ausbalancierung von Abstraktheit und Konkretheit zugrundeliegender Einheiten sorgen. Die distributionelle Grundkonstellation von Alternationen, die sich (durch Regeln) phonologisch sinnvoll aufeinander beziehen lassen, ist komplementär. Komplementäre Distribution läßt sich jedoch auch unabhängig von paradigmatischen Alternationen einzelner Wörter als distributionelles Grundgesetz am gesamten Material feststellen, etwa auf folgende Art: immer [flcx] immer [j'dic]

-

nie nie

*[jdix] usw. *[floc] usw.

'flach - Stich'

Auch hier wird (in /x/ etwa) abstrahiert. Man könnte nach dem bisher Gesagten die Alternationsbedingung für überflüssig und vom Prinzip der komplementären Distribution mitvertreten halten. Doch behält das Alternationskriterium in Fällen wie [la:m] durchaus seinen Sinn, da ja aus dem Paradigmenausschnitt [la:b] - [la:b+e] - [la:m] mit Hilfe des Distributionskriteriums keineswegs ein einheitlicher Stamm /la:b/ gewonnen und somit eine autonome Phonologie nicht überwunden werden kann.

Liegen nun weder Alternationen noch komplementäre Distribution vor, hat die phonetische Form als phonemische zu gelten. Damit werden aber die Distributionsverhältnisse nicht uninteressant. Wohl aber haben sie einen ändern Status. Handelte es sich bei komplementär verteilten Segmenten um Distribution von Allophonen eines Phonems/zugrundeliegenden Segments, geht es bei nicht komplementär verteilten Segmenten um die Distribution von Phonemen. Der Phonologieteil einer Grammatik ist aus diesen Überlegungen heraus stets in zwei Abschnitte zu teilen: (1) Phonemische Distribution (Kap. 10. bei HARNISCH 1985) (2) Allophonische Distribution (Kap. 11. ebd.) In beiden Abschnitten geht es um "holes in a pattern". Nur bleibt es in (1) bei der Angabe dieser distributionellen Defekte (von Phonemen), da nach VENNEMANN (1970: 70) '"hole in a pattern1-arguments"., wie sie etwa ISACENKO (1963) gegen den Phonemstatus des deutschen Velarnasals vorgebracht hatte, nicht hinreichend dafür seien, ein Segment nicht als Phonem zuzulassen. Dagegen sind die typischen Fälle von (2) die, bei denen sich Defekt und Nichtdefekt des einen Segments (Alloptons) komplementär zu Nichtdefekt und Defekt eines ändern Segments (Allophons) verhalten. Regeln zu (1) sind, als Angaben der Verteilung, im wesentlichen statischer Natur Der Status der von ihnen beschriebenen Einheiten bleibt konstant, nämlich phone-

190

misch. Dagegen sind Regeln zu (2) ihrem Wesen nach dynamisch: Sie überführen phonemische Einheiten in allophonische. Doch sind auch Regeln zu (1) latente Prozeßregeln. Sie können dann eine dynamische Funktionserweiterung erfahren, wenn außerphonologische Evidenzen (v.a. morphologische) die Annahme eines (re-) konstruierten 'tiefen' Elements nahelegen, das in seine Oberflächenform überführt (also einer Transformation unterzogen) werden muß. Solche außerphonologischen Evidenzen v.a. aus der Morphologie sind gleichzeitig die einzigen Verletzungen der Alternationsbedingung, die ich (mit VENNEMANN 1970: 76 f f . ) als legitim ansehe, obwohl Segmente zugrundegelegt werden, die in keiner der Realisationen vorkommen. Ein Beispiel aus dem Lst.: Realisationsform des P . P . von /wa:rfe/ 'werfen' ist [gewo:rfm]. Legte man diese Form zugrunde, stünde dieses Verb isoliert neben der großen Klasse von Verben, die bei den Stammformen INF und P . P . einen Wechsel / a ( : ) - u ( : ) / aufwaisen. Es liegt also nahe, an ein zugrundeliegendes */gewu:rfn/ zu denken, das ins Wechselparadigma der ändern Fälle genau passen würde. Diese Annahme läßt sich nun von einer statischen Regel zur phonemischen Distribution her stützen: (R)

Vor Clustern aus VIER und nicht-koronalem KONS darf kein hoher /V:/ stehen

Werden nun aus einem morphologischen Grund wie dem des klassentreuen Verhaltens trotzdem zugrundeliegende Formen angenommen, die einen hohen /V:/ in der von (R) beschriebenen Umgebung haben, läßt sich dieser statischen Regel (R) ein Prozeßteil gleichsam vorspannen: ( R 1 ) Vor Clustern aus VIBR und nicht-koronalem KONS wird ein hoher /V:/ gesenkt

2. Die Prinzipien der Alternation und der Regelordnung

Drei weitere Prinzipien, die für die Frage der Rechtfertigung und Begrenzung von Abstraktheit von Bedeutung sind, hängen mit der Alternationsbedingung zusammen: - das sog. "no ordering-principle" der NGP, ein Regelordnungsverbot - das Prinzip, eine der Alternationsformen zugrundezulegen

- das sog. "base-category-principle" (Basisformprinzip) der NGP Von vornherein steht ja nicht fest, in welchem Ableitungsverhältnis alternierende Formen zueinander stehen. Damit stellen sich die Fragen, (1) durch welche Regeln die Alternationen aufeinander bezogen werden sollen und (2) in welcher Reihenfolge diese Regeln anzuwenden sind. Die erste Frage ist nochmals danach zu unterteilen, (a) ob eine der Altemationen zugrundegelegt und alle ändern von ihr abgeleitet werden sollen und, wenn ja, (b) welche der Alternationen das dann sein soll. Der erste Teil der Frage stellt sich überhaupt nur dadurch, daß die Alternationsbedingung eigentlich nur eine Aussage über Nicht-Alternation war, d.h., daß bei

191

nicht-altemierenden Fällen die phonetische Repräsentation auch gleichzeitig phonemische ist. men,

Der eigentliche Problemfall, die Existenz alternierender For-

blieb außerhalb. Die Ansichten darüber, wie eine Antwort auf die gestellte

Frage aussehen sollte, gehen auseinander. HOOPER (1976: 126) z.B. würde die Frage verneinen und sagen, daß zugrundeliegende Formen ("lexical forms") "should not be pronounceable in themselves". Vielmehr schlägt sie vor, daß "lexical representations should be archisegmental". Danach handelt z.B. VENNEMANN (1970: 72), wenn er für NAS-PLOS-Cluster ein 'Archi-/N/ 1 annimmt, das mit dem PLOS homorgan gemacht wird. Eine konkretere Lösung, der sie sich aber, wie gesehen, nicht anschließt, formuliert HOOPER (1976: 117) in Anschluß an Vennemann: "For alternating forms (a morpheme with one or more allomorphs), one of the allomorphs is listed in the lexicon in its phonetic representation, and the others are derived from it".

Diese Lösung ist zu bevorzugen, weil sie einerseits die in archisegmentalen Lösungen immer als Gefahr vorhandene Willkürlichkeit vermeidet und andrerseits die unsägliche Überlastung des Lexikons verhindert, die etwa VENNEMANN (1974 b) dadurch schafft, daß phonologische Regeln nur noch als Wohlgeformtheitsbedingungen über die samt und sonders ins Lexikon eingeschriebenen "Allomorphe" (richtig wohl eher: Allophonien von Morphen) aufgefaßt werden. An obiger Regel Hoopers lasse ich nur die Formulierung "allomorphs" nicht gelten, da es sich, solange man eben Alternationen als phonologisch bedinct erklären will, nicht um Allomorphien, sondern um Allophonien von Morphen handelt. Diese Unterscheidung wird freilich in einer Sprachtheorie wie der von BARTSCH/VENNEMANN (1982: 93) h i n f ä l l i g , wo es nur noch "voll spezifizier te", flektierte und phonetisch repräsentierte Wörter gibt. Es existieren also im Grunde nur noch 'Allo-Wörter in einem Paradigma 1 , wo weder morphologisch noch phonologisch etwas von etwas abgeleitet wird, sondern wo nur noch Beziehungen von etwas zu etwas beschrieben werden. Vgl. die Ausführungen dazu in HARNISCH (1985: Kap. 4 . 4 . 2 . ) .

Die hier abgelehnte archiphonemische Lösung würde z.B. aus einem segmentalphonetisch unspezifischen "postkoronalen" FRIK-Phonem die Allophone [9] und [x] in den entsprechenden Umgebungen ableiten, die hier vorgezogene Lösung würde dagegen eines der alternierenden Segmente, z.B. [x], zugrunde legen und das andere, hier [c], in einer bestimmten Umgebung davon ableiten. Doch warum wurde [x] als Basis angenommen und nicht [c]? - Damit ist Frage (1b) angeschnitten. Auf den ersten Blick hilft bei ihr das Basisformprinzip weiter, nach dem als zugrundeliegende Formen, also "als Lexikoneinträge nur solche Formen gewählt werden,

die in der semantisch-syntaktisch-morphologisch primitiven oder unmarkier-

ten Grundform auftreten" (

1978: 8 ) . Wie wäre nun danach die angespro-

chene [x]-[c]-Altemation zu lösen? Nach diesem Prinzip müßte in einer Alterna-

192

tion "SG-Basis [du:x] - PL-Ableitung [di:£er] 'Tuch-Tücher'" ein /x/-Phonem angesetzt werden, in einer Alternation "IMF-Basis [fli:9e] - P.P.-Ableitung [gefluxn] 'fliegen-geflogen1" jedoch ein /g/. Eine solche Lösung widerspricht jedoch dem als notwendig erachteten Prinzip, daß bei komplementärer Distribution Allophone zu einem Phonem zusammengefaßt werden müssen. Eine solche liegt hier aber vor. Das Basisformprinzip versagt also hier und taugt offensichtlich nur dazu, morphologisch bedingte Alternationen in ein Ableitungsverhältnis zueinander zu bringen, etwa PL vom SG her zu erzeugen und nicht umgekehrt. Auf der Suche jedoch nach der zugrundeliegenden Repräsentation bei einer phonologisch bedingten Alternation kann nicht ein morphologisches Kriterium wie 'Basisform1 helfen, sondern nur ein phonologisches, mit dem gefragt wird: "Welches der alternierenden Segmente ist

(phonologisch!) 'normaler'?" o.a. - Eine Antwort hierauf

kann nur aufgrund von Markiertheitsbewertungen gegeben werden. Zur Lösung des hier dargestellten Beispielfalles möge es genügen, mit KLOEKE (1982: 95, 109) darauf zu verweisen, daß [c] und [x] in einer Markiertheitsrelation von 3:2 zueinander stehen und somit das weniger markierte [ ] zugrundegelegt wird. In Frage ( 2 ) , der nach der Anordnung von Regeln, ist das Problem angesprochen, daß man Alternationen zwar mit phonologisch ganz plausiblen Regeln aufeinander beziehen kann, der Transformationserfolg aber ganz entscheidend davon abhängt, in welcher Reihenfolge diese Regeln angewandt werden. Oft wird nämlich das 'richtige1 Ergebnis nur dadurch erzielt, daß der Linguist die Regelfolge ordnet, was nichts anderes bedeutet, als die Eingabe sprachlicher Formen in Regeln, die diese Formen eigentlich erfassen müßten, zu verhindern. Oben wurden die (phonologisch durchaus plausiblen) Regeln (1) "Nasalassimilation" und (2) "[g]-Schwund" genannt, die aus /ng/ über [ng] die Realisationsform [ ] herstellen könnten. Nun kann aber Regel (2) fürs Lst. nicht als synchron wirksame Regel bestätigt werden. Wie nun die GP in einem solchen Fall vorgehen würde, möchte ich nachfolgend exemplarisch vorführen: Der "klassische" Generativist hat in dem gewählten Beispielfall mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß es [gg]-Formen gibt, die nicht zu [ ] weitertransformiert werden. Er wird deshalb nach einer Erklärung für das erhaltene [qg] suchen und sie, da er die Alternationsbedingung nicht stellt, etwa in einem 'tiefen 1 /nk/ finden, das fern jeglicher Realisationsform liegt. Der 'Taschenspielertrick' hinsichtlich der Regelordnung wäre dann der, die Regel zum [g]-Schwund vor dem Moment wirken zu lassen, in dem /k/ zu [g] wird: (2) Basisformen Nasalassimilation r t „ , -, Igj-Schwund F, i , . [kJ-Lenisierung Realisationen

'senge!' seng seng seq set]

'senke!' senk senk seqg segg

Regelwerk in stren„ , _ · , . ger Chronologie

193

Solchen Verfahrensweisen schiebt das Regelordnungsverbot einen Riegel vor, nach dem "eine Regel intner dann und nur dann applizierbar (ist), wenn ihre Strukturbeschreibung erfüllt ist" "g ->· 0/q

(

1978: 5). Wenn es also eine Regel wie

" und einen Fall wie /seqg/ 'senke!' gibt, auf den die Strukturbe-

schreibung der Regel genau zutrifft, muß sie ihn auch erfassen. Nach diesem zyklischen Prinzip dürfte die Anwendung der in einer festen Reihenfolge angelegten Regeln nicht einfach abgebrochen werden. Vielmehr müßte die Abarbeitung der Regeln so vor sich gehen: (3) Eingabe (a) Nasalassimilation (b) [g] -Schwund (c) [k]-Lenisierung (a) (b) (c) Ausgabe richtig?

seng seqg seq

senk senk 1 . Durchlauf seng

-

seq

seq ja

sei] nein

2 . Durchlauf

Nach dem Regelordnungsverbot kann, wenn es diese drei Regeln gibt, nie andere als obige Ausgabeformen, von denen eine evident falsch ist, geben, ganz gleich, welche Regelreihenfolge gewählt wird, denn alle Regeln laufen so lange, wie es noch Fälle gibt, die von der Strukturbeschreibung der Regel erfaßt werden. Hieran sieht man, daß der Sinn des Regelordnungsverbots nicht darin besteht, Regelreihenfolgen an sich zu verbieten. Vielmehr soll die nur einmalige Anwendung einer festgelegten Folge von Regeln verhindert werden. Wenn Regelfolgen jedoch zyklisch immer so lange angewandt werden, bis auch der letzte Fall von einer dieser Regeln erfaßt ist,

erweist sich die Reihenfolge dieser Regeln als belie-

big. Auch zwei andre Regelordnungen , die ganz verschiedene Auswirkungen auf den weitern Regelzyklus, nicht aber auf die Ausgabeformen haben, seien zur Demonstration noch angeführt. Einmal genügt ein einziger Durchlauf, das andere Mal muß dem ersten noch ein weiterer folgen: (4) (a) (c) (b)

seng seng seq seq

senk senk seqg seq sen*

*Falsche Ausgabe

(5) (c) (b) (a) (c) (b) (a)

seng -

senk seng

seng

seng

seq

seq

seq

seq*

Wohlgemerkt: Hier soll nicht die Gültigkeit des Oberflächenunterschieds zwischen den richtigen Ausgabeformen [seq] 'senge!1 und [seqg] 'senke!', zu dem das Regelwerk (2) führt, bestritten werden, denn dieser Unterschied ist ja der Beob-

194

achtung zugänglich. Es sollte nur demonstriert werden, daß die angenommenen Regeln, wenn sie nach dem Regelordnungsverbot angewandt würden, niemals zum richtigen Oberflächenunterschied führten. Genau nach diesem Verbot ist aber zu verfahren, wenn man mit der NGP davon ausgeht, daß solche festen Regelreihenfolgen und deren nur einmalige Anwendung sprecherpsychologisch unwahrscheinlich und kein synchronisch wirksames Organisationsprinzip in einzelsprachlichen phonologischen Regelsystemen sind. Vielmehr sollte gelten: Stellt man phonologische Regeln auf, kann man nicht gleichzeitig durch Eingriffe in die Regelordnung verhindern, daß bestimmte, davon betroffene Fälle von ihnen erfaßt werden. Man kann natürlich die Fälle, die nicht erfaßt werden sollen, eigens markieren, aber damit schließt man sie vom phonologischen Regelwerk aus. Exkurs: Dieses strenge Regelordnungsverbot gilt nur für rein synchrone Grammatiken, die Regeln formulieren müssen, zu denen der kompetente Sprecher aktuellen und psychisch realen Zugang haben muß.. Es gilt nicht für diachrone Grammatiken, denn in der Sprachgeschichte sind Regeln meist auch nacheinander wirksam, nicht gleichzeitig. Dieses Prinzip gilt auch nicht für zwar synchrone, aber kontrastive Grammatiken über Systeme, die zwar verwandt und koexistent sind, aber nicht der Kompetenz eines Sprechers angehören. Dieser (also nicht der von RENNISON 1981 behandelte) Typ wird v.a. auch von der Sprachgeographie untersucht, die selbst um ihren engen Zusammenhang mit Sprachwandel und Diachronie weiß (HAAS 1978): Sie stößt auf diatopisch alternierende Formen, von denen sich eine als taugliche Basisform für die Ableitung der ändern Alternationen erweisen wird. Das Herstellen sinnvoller Bezüge zwischen diesen Alternationen durch Transformationen ist nur durch strenge Regelfolge möglich. So werden durch die Suche nach simultanen Beziehungen zwischen koexistenten Alternationen Ableitungsverhältnisse mit fester Chronologie der Transformationsprozesse gefunden, erhält scheinbar synchrone Variation eine diachrone Dimension hinzu. In solchen Prozeßregeln einer äußerlich rein synchronen Sprachgeographie können somit Jahrhundertschritte sprachlicher Entwicklung enthalten sein - allerdings unausgesprochen und, statt in absoluter, nur in relativer Chronologie. Als rein synchrone Alternation schließlich hat der von Rennison ( s . o . ) beschriebene Typ zu gelten, bei dem es um die bidialektale Kompetenz einzelner Sprecher geht, die zwischen zwei verwandten Systemen weniger Ableitungs- als Beziehungsregeln herstellen, wie dies SCHEUTZ (1984 ) in seiner Kritik an FELIX/KÜHL (1982) dargelegt hat. Hier geht es gerade darum, daß im System X ausnahmslos geltende Regeln im System unterdrückt werden, daß aber, worauf Felix & Kühl beharrten (vgl. HARNISCH 1984 : 168), die in der Beziehung zwischen X und bestehenden Übergänge hierarchisch geordnet sind und diese Ordnung in einer Regelhierarchie widergespiegelt sein müßte. Entscheidend für die Forderung nach einem Regelordnungsverbot ist also nicht der Unterschied, ob es sich um die Erfassung einer1 (mono- bzw. diasystemaren) Kompetenz (in einem bzw. mehreren Dia-Lekten i . w . S . ) oder um die Beschreibung von solchen Diasystemen handelt, die nicht zu einer Kompetenz gehören ("Dialekte" diatopisch; "Sprachgeschichte" diachronisch). Entscheidend ist vielmehr, ob es um die Beschreibung eines Morccsystems oder um die irgendeines Diasystems (in stratischer oder chronischer oder top.ischer Perspektive) geht:

195 (6) Beschreibung einer . ..

Regelanordnung erlaubt?

eines . . . ... Monosystems

nein

... Monokompetenz , , Polykompetenz

... Diasystems

stratisch chronisch : topisch

ja ja ja

3. Zusantnenfassung Der hier unterbreitete Vorschlag zu der Frage, wie das Wissens(teil)system Phonologie beim Sprecher-Hörer mental organisiert sein könnte, ist also eine natürliche generative Phonologie (mit ihrer Alternationsbedingung und ihrem Regelordnungsverbot als den Hauptprinzipien), deren Hang zur Uberkonkretisierung jedoch von Prinzip der komplementären Distribution gebremst werden muß. Letzteres Prinzip sollte, vielleicht in einer Formulierung wie "potential opposition-condition" o.a. vom Ruch des Taxonomismus befreit, Teil einer "natürlichen" phonologischen Theorie werden und in ihr verhindern, daß Segmente, die keine Oppositionen bilden können, ein Phonem für sich darstellen. Die im Titel gestellte Frage ist vor diesem Hintergrund so zu beantworten: Wenn ein Segment eines Wortes bei einer ändern Form desselben in einem Paradigma stehenden Wortes nicht mit einem phonetisch eng verwandten ändern Segment alterniert und dieses nicht alternierende Segment auch nicht mit einem phonetisch eng verwandten ändern Segment in komplementärer Distribution steht, ist die abstrakte Repräsentation dieses Segments identisch mit seiner konkreten. In den umgekehrten, zu Abstraktionen Anlaß gebenden Fällen, wo entweder in den Paradigmenformen Segmente alternieren oder nicht alternierende Segmente komplementär distribuiert sind, ist abstrakt immerhin noch so konkret, daß eine der Realisationsformen zugrundegelegt wird, die ändern von ihr abgeleitet werden.

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V. ZWEITSPRACHENERWERB UND -DIDAKTIK

SPRACHLICHES HANDELN LEHREN

Sprechaktsequenzen als Gegenstand im Fremdsprachenunterricht Jürgen Graffe

1. Vorbemerkungen In den folgenden Überlegungen möchte ich aufzeigen, wie man einen Ansatz zur Beschreibung authentischer Gespräche, und zwar eine Dialog- oder Sprechaktsequenzgrammatik, im Fremdsprachenunterricht zur Entwicklung und Verwendung kommunikativer Übungsformen verschiedenster Art anwenden kann. Dabei sollen die Konzeption einer Dialoggraimiatik und die auf dem Hintergrund einer solchen Grammatik des sprachlichen Handelns noch immer bestehenden, deskriptiven Probleme in der Literatur zum Fremdsprachenunterricht skizziert werden. Ferner soll gezeigt werden, welche Übungs- und Vermittlungsformen, die in Ansätzen in der Literatur zur Praxis des Fremdsprachenunterrichts vereinzelt angeführt werden, im Rahmen einer Dialog- bzw. Sprechaktseguenzgraimatik denkbar wären. 2. Konzept einer Dialog- bzw. Sprechaktsequenzgrammatik Eine Dialoggrammatik geht bei der Analyse von Sprechakten vom orthodoxen Sprechaktkonzept Searles (1969) aus und unterscheidet beim sprachlichen Handlungsmuster drei Aspekte: (i) die Bedingungen, unter denen ein Sprechakt vollzogen wird, (ii) den Zweck, zu dem er vollzogen wird und (iii) die Mittel bzw. die Äußerungsformen, mit denen das jeweilige sprachliche Handlungsmuster konventionell realisiert werden kann. Das von Hindelang (1978) als "symmetrische BITTE' charakterisierte Untermuster des AUFFORDERNs (Hindelang 1978: 497) kann im Englischen unter den entsprechenden Bedingungen u. a. mit den folgenden Äußerungsformen realisiert werden, die, das sei angemerkt, unterschiedlicher struktureller Komplexität sind: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)

Can you help me? Help me, please! Can I have that for a moment, please? Could you do me a favour? I would like you to help me with my car. Would you mind giving me one of your cigarettes? I wonder if you could possibly let me have one of your cigarettes.

200

BITTEN als Untennuster von AUFFORDERN stellt einen Sprechakttyp dar, der, wie BEHAUPTEN und ANBIETEN, in initialer Position einer Sprechaktsequenz realisiert werden kann. Mit der Beschränkung der Analyse auf InitialSprechakte wären die Grenzen der Sprechakttheorie Searles erreicht, die sich in der Konzentration auf das, was der Sprecher (Spl) tut, zu wenig um das Jammert, was der Hörer (Sp2) daraufhin tun kann. In einer erweiterten Sprechakttheorie müßten neben der Analyse der initiativen Sprechakte die systematischen Möglichkeiten des reagierenden sprachlichen Handelns auf bestimmte Initialsprechhandlungen explizit gemacht werden. Auf abstrakter Ebene ist ein Zugmusterschema der einzelnen Züge einer Sprechaktsequenz etwa so zu beschreiben, wie es Hundsnurscher (1980) vorgeschlagen hat. Sp2 stehen nach der Realisierung bestimmter Initialsprechhandlungen durch Spl systematisch, von sogenannten 'nichtspezifischen Sprechakten1

abge-

sehen, eine Reihe von Reaktionsalternativen zur Verfügung, die generell im Sinne eines positiven oder negativen Bescheides auf das in der Initialsprechhandlung angestrebte Ziel aufgefaßt werden können (vgl. Hundsnurscher 1980: 93) und auf die ihrerseits Spl mit dem Vollzug regelhaft beschreibbarer Sprechhandlungen erneut reagieren kann. Einen Überblick über diese Zusammenhänge gibt das folgende Schema. Schema 1:

positiver Bescheid dialogeröffnender« Sprechakt

:esignieren

legativer, Bescheid

'Nachgeben-

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