Lexikalische Untersuchungen zur Interferenz: Die franko-italienische Entrée d'Espagne 9783111328942, 3484520760, 9783484520769


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German Pages 586 [588] Year 1979

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Table of contents :
VORWORT
0. ZUTHEMATIK UND METHODIK DER ARBEIT
1. EINLEITENDE BEMERKUNGEN ZUR ENTREE UND ZUM KOMPLEX DES FRANKO-ITALIENISCHEN
1.1 Einführung in die Problematik des Begriffs ‹Franko-Italienisch›
1.2 Expansion und Datierung des Franko-Italienischen
1.3 Allgemeine Bewertungen des Franko-Italienischen
1.4 Systematische Beschreibungen franko-italienischer Sprachformen
1.5 Die Versuche einer Klassifizierung der franko-italienischen Texte
1.6 Die typologische Sonderstellung der franko-italienischen Sprache und Literatur
1.7 Das spezifische Verhältnis von französischer und italienischer Sprache im Franko-Italienischen
1.8 Das Problem der Lokalisierung franko-italienischer Texte
1.9 Selbstdarstellungen franko-italienischer Autoren und Schreiber
1.10 Die Eigenart der Beziehung zwischen Autor und Sprache im Franko-Italienischen
1.11 Die Rezeption der franko-italienischen Literatur im oberitalienischen Publikum
1.12 Zusammenfassung
2. VERZEICHNIS UND BESCHREIBUNG DER DIESER ARBEIT ZUGRUNDE GELEGTEN MANUSKRIPTE
2.1 La Chanson d’Aspremont
2.2 La Chanson de Roland (V4)
2.3 Nicola da Verona: La Prise de Pampelune
2.4 La Passion du Christ
2.5 La Chanson de Roland (V7)
2.6 La Bataille d’Aliscans
2.7 Gui de Nanteuil
2.8 Bovo d’Antone
2.9 Berta da Ii pè grandi
2.10 Karleto
2.11 Berta eMilon
2.12 Rolandin
2.13 Enfances Oger
2.14 Chevalerie Oger
2.15 Macaire
2.16 Beuve de Hanstone
2.17 Renaut de Montauban / Bués d’Aigremont
2.18 Le roman d’Hector et Hercule
2.19 Foulque de Candie / Guillem de Orange
2.20 L’Entrée d’Espagne
2.21 Florimont
2.22 Meliadus
2.23 Les Assises de Jérusalem et de Chypre / Lettres du Saint-Sépulcre
2.24 La Canzone deiDesideri(Pistoleta): Cinque aguraçes
2.25 Daniele Deloc di Cremona: Moamin et Ghatrif
2.26 Nicola da Verona: La Passion du Christ
2.27 Aye d’Avignon
2.28 Le Roman de Belris
2.29 Huon d’Auvergne
2.30 La Chanson de Roland (C)
2.31 Jugement d’Amour
2.32 Santa Maria Egiziana
2.33 Martin da Canal: Les estoires de Venise
2.34 Nicola da Verona: La Pharsale
2.35 Le Roman de Troie en prose
2.36 Le Jeu d’Amour
2.37 Ms. 770 de la Bibliothèque Municipale de Lyon
2.38 Garin le Loherain
2.39 Canzone veneta provenzaleggiante del Duecento
2.40 Raccolta di favole
2.41 Niccolò da Casola: La Guerrad’Attila
2.42 Faramon e Meliadus
2.43 Ms. f.fr.116 della Biblioteca Estense, Modena
2.44 Canzoniere provenzale della Biblioteca Estense, Modena
2.45 Tournament of Sorelois
2.46 Prophécies de Merlin
2.47 Rainaldo e Lesengrino
2.48 Mort Charlemagne
2.49 La Passion du Christ
2.50 Brunetto Latini: Li livres dou tresor
2.51 Marco Polo: Il Milione (Le divisament dou monde)
2.52 Anseis von Carthago
2.53 Aldobrandino da Siena: LeRégime du Corps
2.54 Philippe de Novare: Les quatre âges de l’homme
2.55 La Folie Lancelot
2.56 Glossarietto francese-veneto
2.57 La légende de l’Antéchrist
2.58 La Vie de Sainte Catherine d’Alexandrie
2.59 Raffaele Marmora: Aquilon de Bavière
2.60 La Canzone di Auliver
2.61 Documents Chypriotes des Archives du Vatican
2.62 Galloitalische Predigten
2.63 Ms. 1008 de la Bibliothèque de Tours
2.64 Philippe de Novare: Mémoires 1218–1243
2.65 Livre d’Enanchet
3. SYSTEMATISCHE UNTERSUCHUNG DER FÜR DAS LEXIKON VON ENTREE CHARAKTERISTISCHEN WORTFORMEN (Auswertung des Glossars)
3.1 Sonderbildungen in Entree (hapax legomena)
3.2 Mehrfach belegte Sonderbildungen in Entree
3.3 Franko-italienische Sonderbildungen
3.4 Zusammenstellung der im Galloromanischen und/oder Italienischen belegten Wortformen, die im Franko-Italienischen nur einmal aus Entree bekannt sind
3.5 Die für Datierungsprobleme der galloromanischen Lexik relevanten Wortformen aus Entree
3.6 Auswahl lexikalisch wichtiger Korrekturen, die die Lesart der Handschrift in der Edition von Thomas verändern
3.7 Wörter unbekannter Herkunft
3.8 Etymologische Vermischungen
3.9 Die Verteilung der untersuchten Wortformen aus Entree nach ihrer etymologischen Herkunft
3.10 Übersicht über die untersuchten Wortformen in Hinblick auf das Kriterium ihrer Besonderheit
3.11 Das Verhältnis der aus Entree ausgewählten Wortformen zum galloromanischen und italienischen Lexikon
3.12 Franko-italienische Wortformen aus Entree, die aus dem Italienischen entlehnt sind oder italienischen Einfluß aufweisen
4. ANALYSE DES LEXIKONS VON ENTREE (Glossar)
BIBLIOGRAPHIE
INDICES
Index nominum
Index rerum
Index verborum
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Lexikalische Untersuchungen zur Interferenz: Die franko-italienische Entrée d'Espagne
 9783111328942, 3484520760, 9783484520769

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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE B E G R Ü N D E T VON G U S T A V G R Ö B E R F O R T G E F Ü H R T VON W A L T H E R VON W A R T B U R G H E R A U S G E G E B E N VON K U R T B A L D I N G E R

Band 170

GÜNTER HOLTUS

Lexikalische Untersuchungen zur Interferenz: die franko-italienische Entree d'Espagne

MAX NIEMEYER V E R L A G T Ü B I N G E N 1979

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Für Μα, Pa und Eli.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Holtns, Günter: Lexikalische Untersuchungen zur Interferenz, die franko-italienische Entr6e d'Espagne / Günter Holtus. - Tübingen : Niemeyer, 1979. (Zeitschrift für romanische Philologie : Beih. ; Bd. 170) ISBN 3-484-52076-0

ISSN 0084-53961

ISBN 3-484-52076-0

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1979 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz und Druck: Sulzberg-Druck GmbH, 8961 Sulzberg im Allgäu

Vorwort

Zur Auflösung der in Kap. 1 (sowie im übrigen Teil der Arbeit) benutzten Abkürzungen sei auf das Verzeichnis der bearbeiteten Mss. in Kap. 2 verwiesen. Die im fortlaufenden Text stehenden verkürzten bibliographischen Angaben werden in der Bibliographie aufgeschlüsselt. Die durchgehende Numerierung einzelner Kapitel wird auch bei relativ kurz gefaßten Unterkapiteln (etc.) beibehalten, so daß im Verlaufe von Kap. 4 (Glossar) eine exakte Verweismöglichkeit auf einzelne Teilbereiche der systematischen Übersicht in Kap. 3 besteht. Eine Numerierung des Glossars erübrigt sich, da hier die Belege alphabetisch geordnet sind und bei aus mehreren Wortformen bestehenden Artikeln Verweise innerhalb des Glossars die Benutzung erleichtern (cf. die Bemerkungen zu Beginn von Kap. 4). Infolge der neuesten Publikationen fr.-it. Texte (cf. Holtus 1975 [Forschungsbericht] Nachtrag) sowie der Bereitstellung neuer grundlegender lexikalischer Arbeitsmittel der romanischen Philologie (weitere Publikation von TL und Battaglia; Neubeginn des DEAF und des Lessico Etimologico Italiano [M. Pfister, Saarbrücken; LEI]; auch DAO und DAG) haben sich im Laufe der Arbeit neben einzelnen Verschiebungen diverse Ergänzungen ergeben, die nach Möglichkeit noch mit berücksichtigt oder aber an den betreffenden Stellen gekennzeichnet worden sind (cf. insbesondere die einleitenden Bemerkungen zu Kap. 3). Die nach Abschluß der Arbeit veröffentlichten Untersuchungen zum Fr.-It. insbesondere von C. Cremonesi, H. Krauss, A. Limentani, A. Lomazzi, L. Renzi und A. Rosellini konnten nur noch z.T. mit herangezogen werden (cf. dazu die in der Bibliographie genannten Rezensionen sowie den Beitrag «Approches methodiques d'une description linguistique du franco-italien»). Die Anfänge dieser Arbeit gehen zurück ins Jahr 1971, als mir vom «Deutschen Studienzentrum in Venedig e.V.» ein zweijähriger Italienaufenthalt angeboten wurde; mein aufrichtiger Dank dafür gebührt Herrn Prof. Dr. HansGeorg Beck (München) und Herrn Prof. Dr. August Buck (Marburg). Herrn Prof. Dr. Hans-Jörg Neuschäfer und Herrn Prof. Dr. Hans Ludwig Scheel (Saarbrücken) danke ich für ihre wertvollen Anregungen und Ergänzungsvorschläge. Zu Dank bin ich ferner verpflichtet der Deutschen Forschungsgemeinschaft und ihren Gutachtern, dem Herausgeber der Reihe der Beihefte zur ZrP und dem Max Niemeyer Verlag für die Publikation des Buches. V

Meine beiden akademischen Lehrer, Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Kurt Baldinger (Heidelberg) und Herr Prof. Dr. Max Pfister (Saarbrücken), haben diese Arbeit betreut und in der vorliegenden Form erst möglich gemacht. Für ihren Rat, ihr Verständnis und ihre Ermutigungen möchte ich ihnen herzlich danken.

VI

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

0.

1.

VII

Z u THEMATIK UND METHODIK DER A R B E I T

1

EINLEITENDE BEMERKUNGEN ZUR ENTREE UND ZUM KOMPLEX DES F R A N K O ITALIENISCHEN

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12 2.

4

Einführung in die Problematik des Begriffs Expansion und Datierung des Franko-Italienischen Allgemeine Bewertungen des Franko-Italienischen Systematische Beschreibungen franko-italienischer Sprachformen . . . Die Versuche einer Klassifizierung der franko-italienischen Texte Die typologische Sonderstellung der franko-italienischen Sprache und Literatur Das spezifische Verhältnis von französischer und italienischer Sprache im Franko-Italienischen Das Problem der Lokalisierung franko-italienischer Texte Selbstdarstellungen franko-italienischer Autoren und Schreiber Die Eigenart der Beziehung zwischen Autor und Sprache im FrankoItalienischen Die Rezeption der franko-italienischen Literatur im oberitalienischen Publikum Zusammenfassung

5 10 15 18 22 26 31 36 40 44 49 54

VERZEICHNIS UND BESCHREIBUNG DER DIESER A R B E I T ZUGRUNDE GELEGTEN MANUSKRIPTE

58

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16

62 63 64 65 65 66 66 66 67 67 68 68 68 69 69 69

La Chanson d'Aspremont La Chanson de Roland (V 4 ) Nicola da Verona: La Prise de Pampelune La Passion du Christ La Chanson de Roland (V 7 ) LaBatailled'Aliscans Gui de Nanteuil Bovo d'Antone Berta da Ii ρέ grandi Karleto Berta eMilon Rolandin EnfancesOger Chevalerie Oger Macaire Beuve de Hanstone

VII

2.17 2.18 2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24 2.25 2.26 2.27 2.28 2.29 2.30 2.31 2.32 2.33 2.34 2.35 2.36 2.37 2.38 2.39 2.40 2.41 2.42 2.43 2.44 2.45 2.46 2.47 2.48 2.49 2.50 2.51 2.52 2.53 2.54 2.55 2.56 2.57 2.58 2.59 2.60 2.61 2.62 2.63 2.64 2.65 3.

Renaut de Montauban / Bues d'Aigremont Leromand'HectoretHercule Foulque de Candie / Guillem de Orange L'Entröe d'Espagne Florimont Meliadus Les Assises de Jerusalem et de Chypre / Lettres du Saint-Sepulcre . . . . La Canzone deiDesideri(Pistoleta): Cinque agura^es Daniele Deloc di Cremona: Moamin et Ghatrif Nicola da Verona: La Passion du Christ Ayed'Avignon Le Roman de Belris Huon d'Auvergne La Chanson de Roland (C) Jugement d'Amour Santa Maria Egiziana Martin da Canal: Les estoires de Venise Nicola da Verona: La Pharsale Le Roman de Troie en prose LeJeu d'Amour Ms. 770delaBiblioth£queMunicipaledeLyon Garin le Loherain Canzone venetaprovenzaleggiante del Duecento Raccolta di favole Niccolö da Casola: La Guerra d'Attila Faramon e Meliadus Ms. f.fr. 116 della Biblioteca Estense, Modena Canzoniere provenzale della Biblioteca Estense, Modena Tournament of Sorelois Prophecies de Merlin Rainaldo e Lesengrino Mort Charlemagne La Passion du Christ Brunetto Latini: Li livres dou tresor Marco Polo: II Milione (Le divisament dou monde) Anseis von Carthago Aldobrandino da Siena: Le Rdgime du Corps Philippe de Novare: Les quatre äges de l'homme La Folie Lancelot Glossariettofrancese-veneto La legende de l'Antechrist La Vie de Sainte Catherine d'Alexandrie Raffaele Marmora: Aquilon de Bavifere La Canzone di Auliver Documents Chypriotes des Archives du Vatican Galloitalische Predigten Ms. 1008 de la Biblioth^que de Tours Philippe de Novare: Memoires 1218-1243 Livred'Enanchet

70 70 71 71 73 73 74 74 74 75 75 75 76 77 78 78 79 79 80 80 80 80 81 81 81 81 82 82 82 82 82 83 83 84 84 85 85 85 86 86 86 86 87 87 87 88 88 88 89

SYSTEMATISCHE UNTERSUCHUNG DER FÜR DAS LEXIKON VON ENTREE CHARAK-

(Auswertung des Glossars)

90

Sonderbildungen in Entree (hapax legomena)

93

TERISTISCHEN WORTFORMEN

3.1 VIII

3.1.1 3.1.1.1

Morphologische Sonderbildungen Präfixale Neubildungen (α-, de-, e-/es-, en-, es-, re-, Ausfall des Präfixes/ Reduktion des Anlauts, Komposita) 3.1.1.2 Suffixale Neubildungen (-age, -aille, -aire, -ange, -aus, -cel/-ciaus, -ee, -eis, -eor, -er, -ere, -erin, -erixe, -estre, -ie, -in, -ine, -iner/-ine, -is, -ise, -mant/-ment, -ois, -ue, Konjugationswechsel) 3.1.2 Phonetisch-phonologischeSonderformen 3.1.3 Semantische Sonderentwicklungen 3.1.4 Genusabweichungen 3.1.5 Änderung der Wortart 3.1.6 Sonderformen 3.1.7 Etymologisch nicht geklärte Wortformen 3.1.8 Ungeklärte Wortformen 3.2 Mehrfach belegte Sonderbildungen in Entree 3.2.1 Morphologische Sonderbildungen 3.2.1.1 Präfixale Veränderungen 3.2.1.2 Suffixale Neubildungen (-ance, -er, -ir, -ue) 3.2.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen 3.2.3 Semantische Sonderentwicklungen 3.2.4 Abweichungen von der syntaktischen Konstruktion 3.2.5 Ungeklärte Wortformen 3.3 Franko-italienische Sonderbildungen 3.3.1 Morphologische Sonderbildungen 3.3.1.1 Präfixale Neubildungen (α-, es-, re-, Ausfall des Präfixes/Abbau des Anlautes) 3.3.1.2 Suffixale Neubildungen (-age, -agne, -aille, -aire, -ee, -elin, -erl-eorl -ior, -erie (/-ie), -este, -ian, -ie, -ier, -in, -ine, -ise, -ist, -mant, -ois, -oh, -ons, -ous, -ure, Suffixreduktion / Abbau des Auslauts) 3.3.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen 3.3.3 Semantische Sonderentwicklungen 3.3.4 Sonderformen 3.4 Zusammenstellung der im Galloromanischen und/oder Italienischen belegten Wortformen, die im Franko-Italienischen nur einmal aus Entree bekannt sind 3.4.1 Morphologische Sonderbildungen 3.4.1.1 Präfixale Wortbildungen (a-, des-, en-, es-, outre-, ra-, re-, s-, sor-, Ausfall des Präfixes /Reduktion des Anlauts 3.4.1.2 Suffixale Wortbildungen (-age, -aille, -al, -ance, -aris, -ason, -cel, -ee, -eir, -eis, -el, -eor, -er, -ere, -eure, -ie, -ine, -mant, -oier, -ois, -te, -ue) .. 3.4.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen 3.4.3 Semantische Sonderentwicklungen 3.4.4 Syntaktische Sonderbildungen 3.4.5 Verschiedene Sonderformen 3.5 Die für Datierungsprobleme der galloromanischen Lexik relevanten Wortformen aus Entree 3.5.1 Wortformen, die im Nordfranzösischen erst nach Entree belegt sind .. 3.5.2 Franko-italienische Wortformen aus Entree, die im Altfranzösischen nur bis 1300 belegt sind 3.6 Auswahl lexikalisch wichtiger Korrekturen, die die Lesart der Handschrift in der Edition von Thomas verändern 3.7 Wörter unbekannter Herkunft 3.8 Etymologische Vermischungen IX

94 94

96 101 104 106 107 107 108 109 109 110 110 111 111 112 112 112 113 113 113

114 117 120 121 121 122 122 124 128 129 130 131 134 135 139 139 141 144

3.9 3.9.1 3.9.2 3.9.3 3.9.4 3.9.5 3.9.6 3.9.7 3.9.8 3.9.9 3.9.10 3.9.11 3.9.12 3.9.13 3.9.14 3.9.15 3.9.16 3.10

Die Verteilung der untersuchten Wortformen aus Entree nach ihrer etymologischen Herkunft Lateinische Stämme Vorromanische Stämme Gallische Stämme Griechische Stämme Germanische Stämme (allgemein) Altniederfränkische Stämme Fränkische Stämme Althochdeutsche Stämme Gotische Stämme Westgermanische Stämme Altnordische Stämme Mittelniederländische Stämme Arabische Stämme Persische Stämme Urslavische Stämme Französische Stämme

147 148 149 149 149 149 150 152 152 152 152 153 153 153 153 153 154

Übersicht über die untersuchten Wortformen in Hinblick auf das Kriterium ihrer Besonderheit

154

3.10.1 Morphologisch bemerkenswerte Wortformen aus Entree 3.10.1.1 Präfixe (β-, Präfixwechsel α-, de-, des-, em-len-lin-, es-/s-, ra-, re-, se-, Ausfall oder Reduktion des präfixalen Anlauts) 3.10.1.2 Suffixe {-able, age/-aige/-ajeZ-age, -agne, -aille, -aine, -aire, -al/-aus, -ames, -ance/-ange/-anze, -ant/-ans, -aris, -as, -cel/-ciaus, -ee, -eis, -eh, -el, -eile, -er, -eson/-aison/-ason/-oison/-isun, -este, -et, -ian, -ie (/-erie), *-if/-is, *-il/-i, -in (/-erin), -ine, -ir/-ire, -isel-ixe (/-erixe), -ist, -ment/-mant, -oi, -oie, -oier, -ois, -oh, -on, -one, -or/-eor!-aort-eir/ -ere, -ous/-os, -re, -te, -udne, -ue, -ure (/-eüre/-aüre), -use, Ausfall oder Fehlen des suffixalen Auslautes) 3.10.1.3 Formen mit Erweiterung zwischen Wortstamm und Suffix 3.10.1.4 Komposita (entre-,non-,outre-,pii-,sor-,stra-) 3.10.2 Phonetisch-phonologisch bemerkenswerte Wortformen aus Entree .. 3.10.3 Semantisch bemerkenswerte Formen aus Entree 3.10.4 Morpho-syntaktische Sonderbildungen aus Entree 3.10.4.1 Verbalformen mit bemerkenswerter Konstruktionsweise 3.10.4.2 Nominalformen mit auffälligem Genus 3.10.4.3 Nominalformen mit Besonderheiten im Numerusgebrauch 3.10.4.4 Wechsel der Wortart 3.10.4.5 Einzelfälle 3.11 Das Verhältnis der aus Entree ausgewählten Wortformen zum galloromanischen und italienischen Lexikon 3.11.1 Franko-italienische Wortformen, die bisher nur im Galloromanischen Entsprechungen aufweisen 3.11.2 Franko-italienische Wortformen, die vorwiegend aus dem Nordfranzösischen bekannt sind 3.11.3 Franko-italienische Wortformen, die für das Altokzitanische charakteristischsind 3.11.4 Franko-italienische Wortformen, die bisher nur im Italienischen und Altokzitanischen bekannt sind 3.11.5 Franko-italienische Wortformen, die bisher nur im Italienischen belegt sind

X

155 155

157 161 162 162 164 166 166 166 167 167 167 167 168 169 170 171 172

3.11.6 3.12

4.

Latinismen Franko-italienische Wortformen aus Entree, die aus dem Italienischen entlehnt sind oder italienischen Einfluß aufweisen

ANALYSE DES LEXIKONS VON ENTREE

(Glossar)

172 173 176

BIBLIOGRAPHIE

500

INDICES

545

Index nominum Index rerum Index verborum

545 549 557

XI

0. Zu Thematik und Methodik der Arbeit

«Franko-Italienisch» dient als Bezeichnung für ein nur bedingt abgrenzbares Korpus von Handschriften, die von Italienern in französischer Sprache teils in bewußter Nachahmung französischer Vorbilder, teils unter Hervorhebung einer mehr oder weniger intendierten Eigenständigkeit überwiegend im norditalienischen Raum und schwerpunktmäßig in der zweiten Hälfte des 13. sowie im 14. Jahrhundert verfaßt worden sind. Die sog. fr.-it. Texte haben — sieht man einmal von Zanetti (1741) ab — von den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. bis auf den heutigen Tag einen ständig bearbeiteten Gegenstand der romanischen Philologie gebildet. Wenn auch das Interesse seit den grundlegenden Arbeiten von Gaston Paris, Adolf Mussafia, Pio Rajna, Antoine Thomas und Giulio Bertoni- um nur einige Namen zu nennen gegenüber anderen, methodologisch bemerkenswerteren Ansätzen im frühen 20. Jh. vorübergehend etwas abgeklungen ist, so ergibt sich aus einer chronologisch aufgebauten bibliographischen Übersicht zum Fr.-It. dennoch eine relativ kontinuierliche Abfolge von Publikationen, die durch einzelne Zusammenfassungen, wie sie z.B. der Überblick von Viscardi (1941) darstellt, in ihren wesentlichen Zügen noch bekräftigt wird. Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Entstehung der romanischen Epik und ihrer Verbreitung in den einzelnen nationalen Literaturen hat sich dieses Interesse in den letzten Jahrzehnten verstärkt. Der zweite Kongreß der Societe Rencesvals hat sich speziell der Thematik des Fr.-It. gewidmet und die 1961 in Venedig gehaltenen Vorträge unter das Motto «Epopea francese, con particolare riguardo all'epopea franco-italiana» gestellt. Ein Forschungsbericht über die 1959 bis 1974 erschienenen Arbeiten, die sich ausschließlich oder teilweise mit der Thematik des Fr.-It. befassen, weist mehr als 130 Titel auf (Holtus 1975),wobei insbesondere auf dem Gebiet der Edition fr.-it. Texte die Aktualität des Themas deutlich wird: Beinahe jede vierte der angeführten Publikationen macht einen Text aus dem Bereich des Fr.-It. oder eine italianisierte Handschrift entweder zum ersten Mal oder aber in verbesserter Form neu zugänglich (cf. jetzt auch Renzi 1976 zum Fr.-It. allgemein). Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, die in einem weiteren Rahmen als ein Beitrag zur Erforschung der nordfr.-obit. Kulturbeziehungen im Due- und Trecento gesehen werden kann, steht das wohl repräsentativste Werk der fr.-it. Ependichtung, die von einem anonymen Paduaner verfaßte und von Nicola da Verona fortgeführte, 15805 Verse und einen Anhang umfassende Entree 1

d'Espagne. Ziel der Arbeit ist eine detaillierte Analyse des Lexikons von Entree, die Aufschluß erteilt über die Frage, in welchem Maße die Sprache dieses fr.-it. Werkes abweicht von der als vorbildlich deklarierten nordfr. Sprache und inwieweit sie Anleihen aus dem It. macht. Dabei ist generell die Frage zu berücksichtigen, ob und inwiefern die fr.-it. Ependichter bewußt die Sprache der nordfr. chansons de geste nachahmen wollten - aber nicht konnten - oder ob sie wissentlich, etwa aus rezeptionstechnischen Gründen, zum Zwecke der besseren Kommunikation mit ihrem it. Publikum und Leserkreis die fr. Ausgangssprache den ihnen nahestehenden heimischen Sprachformen anglichen. Zu diesem Zwecke wird versucht, in einem einleitenden ersten Teil die Problematik des Fr.-It. vom heutigen Forschungsstand aus gesehen zu diskutieren. Es geht dabei weniger um eine endgültige Klärung der zahlreichen mit dem Fr.-It. verbundenen Einzelfragen; vielmehr soll der Rahmen abgesteckt werden, innerhalb dessen die lexikalische Analyse der wohl bekanntesten fr.-it. Ependichtung ihren Stellenwert erhält. Aufgabe weiterer Studien wäre es dann, die Frage zu klären, inwieweit der Gesamtkomplex des Fr.-It. vom Lexikon her typologisiert werden könnte (indem etwa die für die fr.-it. Ependichtung repräsentativen Texte — neben Entree z.B. PrisePamp, HuonAuv, Attila - in ihrem Gesamtwortschatz — exhaustiv - erfaßt werden). Bei der Erstellung des lexikalischen Materials, das in dieser Untersuchung als Basis für eine Charakterisierung des in Entree vorliegenden Sprachtyps gewählt wurde, haben sich bestimmte Arbeitsschritte herausgebildet, die einleitend kurz skizziert seien. Zunächst wurden alle Wortformen aus Entree, die in Graphie, Morphologie, in semantischer und in lexikalischer Hinsicht von den üblichen afr. (dialektalen) Entsprechungen abweichen, fichiert. Anschließend wurden diese Wörter mit den Angaben der afr. Wörterbücher von Tobler-Lommatzsch, Godefroy und Greimas (sowie des DEAF für den Buchstaben G) verglichen und die interessanten Belege von ca. 30.000 auf etwa ein Drittel reduziert. Mit Hilfe des FEW, des Bloch-Wartburg, des EWFS und des REW wurden diese Wörter etymologisiert, und es wurde eine weitere Auswahl von insgesamt 1185 Wortbildungen getroffen, die sich als selten auftretende, nur in einzelnen nordfr. Dialekten sich findende oder dem Aokz. (Levy, Pfister 1970) zugehörige Belege erwiesen oder überhaupt als hapax legomena, als Neuschöpfungen des Fr.-It. gelten können. Danach wurden sämtliche den Bereich des Fr.-It. betreffenden Texte (cf. das Verzeichnis der herangezogenen Manuskripte) auf das weitere Vorkommen dieser ausgewählten Wörter durchgesehen. Es folgte eine Berücksichtigung des avenez. Glossars in der Fondazione Giorgio Cini (Venezia), das zu der Zeit auf sechs Texten des 13. bis 15. Jh. basierte. Alle ausgewählten Belege aus Entree wurden in der Originalhandschrift in der Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia überprüft, da die Textausgabe von A. Thomas (1913) zwar generell, wie sich herausgestellt hat, als für die damalige Zeit vorbildlich bezeichnet werden kann, in Detailfragen jedoch nicht immer zuverlässig die exakte Lesart des Manuskripts wiedergibt. Schließlich wurden die Belege mit den Angaben des it. 2

Wörterbuchs von Battaglia und des DEI verglichen. Eine große Hilfe für die Bewertung des it. Einflusses stellte die Einsicht in den Fichier des bisher unveröffentlichten Materials zum Lessico Etimologico Italiano (LEI) von M. Pfister (Saarbrücken) dar. Die ausgewählten Belege wurden dann nach graphischen, morphologischen, syntaktischen, semantischen und allgemein lexikalischen Kriterien differenziert analysiert und in besonderen Fällen detailliert mit dem aus dem LEI übernommenen lexikalischen Material verglichen, das sich jedoch noch im Aufbau befindet und laufend neue Erkenntnisse zu vermitteln vermag, so daß eine abschließende Interpretation der Wortformen in Hinblick auf ihre Stellung zu den obit. Dialekten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur bedingt möglich ist und sich eine allgemeingültige Beurteilung erst später, auch im Zusammenhang mit einem noch zu erstellenden fr.-it. Thesaurus, empfiehlt. Aus den hier skizzierten Arbeitsschritten ergibt sich — abgesehen von der philologischen Aufarbeitung der Gesamtthematik und der zugrunde gelegten Texte (Handschriftenverzeichnis (Kap. 2) und Bibliographie zum Fr.-It.) - eine schwerpunktmäßige Konzentrierung der Untersuchung auf drei Teile: In einem ersten, theoretisch-linguistischen Teil wird die Bedeutung des Begriffs «Franko-Italienisch» zu diskutieren sein (Kapitel 1); in einem zweiten, sprachlich-analytischen Teil werden die Möglichkeiten der Wortbildung, der Wortneuschöpfung, die semantischen Nuancierungen bei der Überlagerung des Fr. mit dem It. und der jeweilige Anteil der beiden Komponenten systematisch untersucht (Kapitel 3); in einem dritten, lexikographisch-dokumentarischen Teil werden schließlich die aus Entree ausgewählten Wortformen einzeln analysiert und interpretiert (Kapitel 4 ) \

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Die eigentliche (systematische) Auswertung der Ergebnisse aus der Analyse des Lexikons von Entree wird somit dem (umfangreichen) Gesamtglossar vorangestellt.

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1. Einleitende Bemerkungen zur Entree und zum Komplex des Franko-Italienischen

Das von einem Paduaner verfaßte und von Nicola da Verona fortgesetzte Epos Entrie d'Espagne zählt zu den wichtigsten Repräsentanten des Fr.-It. und kann als eines der bedeutendsten Werke eines Italieners in französischer Sprache eingestuft werden. Während im vorliegenden Fall die Zuordnung zum sog. fr.-it. Textkorpus als eindeutig gegeben anerkannt wird, bereitet die generelle Typologisierung und Charakterisierung der insgesamt in Italien von Italienern verfaßten, redigierten oder nur kopierten Texte erhebliche Schwierigkeiten. Aufgabe dieses Kapitels ist es, den Bereich des Fr.-It. in seiner vielfältigen Problematik darzulegen und dabei die wichtigsten Probleme, die in der Forschung Gegenstand zahlreicher Untersuchungen waren und noch sind, sowohl aus der Perspektive der in dieser Arbeit gewonnenen lexikalischen, semantischen und morphologischen Ergebnisse zu diskutieren als auch in einer Gesamtschau kritisch zu würdigen. Im Anschluß an einige einleitende Bemerkungen zum Komplex des Fr.-It. sind zunächst die Expansion und die zeitliche Datierung des fr. Einflusses in Obit, in bezug auf das Fr.-It. zu erörtern. Es folgen eine Auswahl allgemeiner Bewertungen zum Fr.-It. sowie die Darstellung einiger weniger Ansätze, linguistische Kriterien für eine nähere Bestimmung des Begriffs «Franko-Italienisch» und des vorliegenden Sprachtyps zu finden; an diese Versuche schließen die Klassifizierungen fr.-it. Texte an. Im Kapitel über die typologische Sonderstellung der fr.-it. Sprache und Literatur wird dann versucht, die Eigenart des Gesamtkomplexes Fr.-It. näher zu bestimmen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Spezifizierung des Verhältnisses, der Verbindung, die die fr. und die it. Sprache im Fr.-It. eingehen. Im Zusammenhang mit der Bestimmung der sich im Fr.-It. vereinigenden sprachlichen Komponenten ist das Problem der Lokalisierung fr.-it. Texte zu sehen. Der Analyse der Beziehungen zwischen Autor und Werk in Hinblick auf die Intention, die der Redaktor mit der Wahl der vorliegenden Sprachform verfolgt, geht eine Zusammenstellung von Selbstdarstellungen und Aussagen fr.-it. Autoren und Schreiber in ihren Werken voraus. Den Abschluß dieses Kapitels über den Komplex des Fr.-It. bildet die Untersuchung der Rezeption der fr.-it. Literatur im obit. Publikum.

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1.1 E i n f ü h r u n g in die Problematik des Begriffs Die Mehrzahl der überlieferten fr.-it. Texte stammt aus der Zeit kurz vor Mitte des 13. Jh. (Moamin et Ghatrif von Daniele Deloc di Cremona dürfte zwischen 1238 und 1249 entstanden sein) und Anfang 15. Jh. (der Aquilon de Baviere von Raffaele Marmora wurde zwischen 1379 und 1407 verfaßt). Diese Daten werden nur von späteren Versionen einzelner Texte früheren Ursprungs überschritten (etwa die Turiner Fassung des Huoti d'Auvergne, 1441). Meyer (1904) grenzt den Zeitraum der eigentlichen Ausbreitung des Fr. als langue litteraire in Obit, auf die Jahre 1230-1350 ein (p. 92; cf. jetzt auch Limentani 1976 (Atti), p. 512). Die Klassifizierung der Zeit vom 12. bis 15. Jh. als ipoque classique der fr.-it. Literatur (Palermo 1966, p. 1286) überrascht insofern, als Literaturdenkmäler für die Frühzeit (12. Jh.) nicht überliefert sind und nur indirekt erschlossen werden kann, daß die Materie der fr. Epik sich in Obit, großer Beliebtheit auch schon zu dieser Zeit erfreute (zeitgenössische Aussagen, Onomastik) - abgesehen von der inhaltlosen Spezifizierung dieser Zeit als classique. Die von Palermo selbst nicht weiter begründete Datierung läßt sich jedoch in anderer Hinsicht rechtfertigen, wenn man berücksichtigt, daß das Fr. sich zuerst in gesprochener und in geschriebener Form in Obit, festgesetzt hat und die eigentlichen fr.-it. Denkmäler, die heute vorliegen, erst aus einem späteren Stadium der Entwicklung stammen und in der Regel nicht mehr den Zustand des zeitgenössischen Fr. wiedergeben, sondern an eine ältere sprachliche Epoche anzuknüpfen versuchen (cf. Renzi 1970, p. 86). Mit dieser Frage berühren sich die von W. Meyer-Lübke (1885-6) angeführten Gründe, die dem Studium des Fr.-It. ein besonderes Interesse zukommen lassen (p. 364); es sind dies für Meyer-Lübke die zu untersuchenden Bereiche, wie groß die Kenntnisse der fr. Sprache bei einzelnen obit. Redaktoren und Autoren anzusetzen sind — abgesehen von der Frage, inwieweit das Fr. im Publikum selbst in pratica war (cf. Bartoli 1879, p. 34) - , wie ihre Fähigkeit einzuschätzen ist, zwei nahe verwandte Sprachen auseinanderzuhalten (ein Prozeß, der heute selbstverständlich erscheint, in der damaligen Zeit jedoch erst erlernt werden mußte), sowie schließlich die Frage, bis zu welchem Grade schon eine normierte fr. Schriftsprache existierte. Mit der Titulierung der vorliegenden Sprachform als «Franko-Italienisch» verbindet sich in vielen Fällen bereits eine bestimmte Interpretation des Sprachtyps. Abgesehen von der bewußt abweichenden Nomenklatur/rancese di Lombardia (Renzi 1970) und von der Bezeichnung italo-frangais, die Palermo (1965, p. 687) für das «frangais bourre d'italianismes» (id. 1972, p. 31) neu einführen möchte und die dem in der it. Literatur geläufigen italo-francese entspricht, sind die Formulierungen franco-veneto und franco-italiano als Angabe der beiden miteinander vermischten Komponenten üblich. Schon Bertoni (1921, p. 227) unterstreicht, daß die Bezeichnung Fr.-It. eher dem Tatbestand gerecht wird als Fr.-Ven., ebenso Tagliavini (1959, p. 422) und Devoto (1953), der den Komplex 5

aus der Perspektive des «modello straniero [...] adattato al nuovo ambiente» (p. 46) untersucht. Contini (1964) führt die Wahl des Ausdrucks Fr.-Ven. auf eine «troppo diffusa equazione mentale dovuta alla presenza in Marciana della massa dei codici gonzagheschi» (p. 112) zurück. Angesichts des über das Veneto hinausreichenden Korpus von Texten, die von It. auf Fr. verfaßt wurden, wird in dieser Arbeit grundsätzlich die Bezeichnung Fr.-It. bevorzugt. Dabei bleibt zu berücksichtigen, daß neben Elementen der beiden genannten Bereiche zum einen auch Merkmale der südfr., okz. Sprache in fr.-it. Texten zu belegen sind und zum anderen neben der cultura der fr. Sprache und der cultura der lingue volgari italiane auch der Einfluß der cultura latina hinzukommt (cf. Limentani 1974), dessen Beachtung in stärkerem Maße schon Ruggieri (1966, p. 154) forderte. Die grundsätzliche Frage, die sich mit dem Komplex der fr.-it. Texte verbindet, lautet, inwieweit in diesem Zusammenhang von einer eigenständigen Sprache (lingua) gesprochen werden kann. Schon Gautier ( 1 8 7 8 - 9 4 ) betont, daß man das Fr.-It. weder als langue noch als Dialekt bezeichnen könne, da es nicht wirklich existiert habe (vol. I, p. 270). In neuerer Zeit hat Catel ( 1 9 3 8 - 4 0 ) die Ansicht vertreten, daß dem Fr.-It. kein Systemcharakter zukomme, da sich infolge der «oscillazione di forme» kein «sistema morfologicamente organico» (p. 41) habe entwickeln können. Diese Auffassung läßt sich in Hinblick auf das Fehlen einer allgemeingültigen fr.-it. Normierung oder einer in Richtung auf eine N o r m verlaufenden Entwicklung vertreten; sie darf allerdings nicht zu dem Schluß verleiten, daß der einzelne fr.-it. Text und das ihm zugrunde liegende sprachliche System nicht funktionsfähig seien; Stendardo (1941) vertritt in bezug auf die termini italiani infrancesati und die termini francesi italianizzati (p. XL) der Guerra d'Attila von Niccolö da Casola die Meinung, daß auch dieser Text seine eigene, spezifische Grammatik aufweise. Die Eigenart des Fr.-It. ist von Bertoni (1907) so formuliert worden, daß es keine einheitliche fr.-it. Sprache (lingua) gibt, sondern nur Texte mit unterschiedlichen K o m p o n e n t e n (p. XLIX): «nous n'avons pas eu u n e dangue franco-italienne>, mais seulement des poemes ecrits ou en italien melange d'elements franfais, ou en mauvais fran9ais» (id. 1908, p. 569). Die fr.-it. Sprache ist eine Abstraktion, die in Wirklichkeit nicht existiert, «ma esistono opere di fondo linguistico francese con elementi italiani e di fondo italiano con elementi francesi» (id. 1921, p. 227). Für Palermo (1966) stellt das Fr.-It. keine «langue particuliere avec des caracteristiques fixes», keinen «dialecte regional avec une structure analysable» dar, sondern lediglich das literarische Fr. des 12., 13., 14. Jh., «donc plusieurs franfais litteraires, retouchefs] ä l'italienne par les auteurs Italiens qui s'en servaient pour des fins litteraires» (p. 1287). E s ist von Gedicht zu Gedicht verschieden, mit «gradazioni infinite» zwischen einem quasi-Fr. und einem quasi-It. (quasi-Ven.), und beruht nicht auf einer Konvention, sondern einem bilancio zwischen der Intention des Autors, fr. zu schreiben, und seiner mehr oder weniger großen Kenntnis des Fr. (Monteverdi 1955, p. 27). Die Stellungnahmen der beiden zuletzt zitierten neueren Autoren entsprechen den Untersuchungen von Bertoni, für den der Grad der Hybridität in den

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einzelnen Texten unterschiedlich anzusetzen ist; es fehlt die uniformitä einer systemartig aufgebauten Sprache (lingua), die «Qualität» der Texte variiert gemäß den Faktoren cultura, studi, gusti der it. rimaneggiatori oder Autoren (1930, p. 72). Den unterschiedlichen Bildungsgraden einzelner Autoren steht nach Viscardi (1941) auf der Seite des Publikums eine Differenzierung insofern gegenüber, als Fr. und Fr.-It. in einem «ambiente meno colto» (p. 48) besonders geschätzt wurden, während andere Schichten die in okz. Sprache verfaßte Lyrik bevorzugten. Generell läßt sich sagen, daß unter der Bezeichnung Fr.-It. «various types of language» (Hall 1974, p. 137) zusammengefaßt werden, die keinen einheitlichen Standard aufweisen und von Text zu Text, von Autor zu Autor, von Schreiber zu Schreiber unterschiedlich sein können. Die Varietät fr.-it. Texte (cf. Foulet 1964-5), die sich insbesondere auf dem Gebiet der Morphologie zeigt, betont auch Catel (1938—40, p. 311) im Zusammenhang mit der venezianischen Chronik Martin da Canals, die zwar die «caratteri inconfondibili» einer «personalitä spiccata» aufweise, aber dennoch zur Tradition der fr.-it. Sprache gerechnet werden könne. Thomas (1913) erkennt in der Einleitung seiner Edition von Entree jedem fr.-it. Text seine eigenephysionomie mit jeweils spezifischen linguistischen Merkmalen zu (p. LXXXIV). Neben den lexikalischen Besonderheiten und den morphologischen Schwankungen, die einem regelmäßigen Metrum fr.-it. Texte entgegenstehen (Hills 1925) und vielfach auf eine mehr oder weniger konstante Reimverlegenheit zurückzuführen sind (so Mainone 1936, p. 41), erweisen sich die «caprices de scribe» als die für das Fr.-It. charakteristischen Inkonsequenzen graphischer Natur (Gossen 1975, p. 142, zu MPolo). Man sollte nicht prinzipiell die Graphie fr.-it. Texte mit einer fr.-it. Lautung gleichsetzen, wie es ansatzweise etwa Boucherie (1870, p. 30) tut. In diesem Zusammenhang sei auch einmal auf die Notwendigkeit verwiesen, in fr.-it. Texten grundsätzlich alle aufgelösten Abkürzungen z.B. durch Kursivdruck zu kennzeichnen, wie es Frati (1911, pp. 228s.) und Mellor (1966, p. 402) empfehlen, da im Fr.-It. auch innerhalb eines Textes erhebliche Schwankungen auftreten können und die Mss. vielfach von Kopisten verschiedener Herkunft geschrieben worden sind. - Mc Cormack (1970) führt drei mögliche Gründe für die besonderen Graphien des it. Kopisten (von GuiNantV) an: Entweder er schrieb unter Diktat und erfand bestimmte Graphien, oder er kopierte die Hs. und ersetzte dabei in Hinblick auf eine bessere Entsprechung in der Aussprache bestimmte Graphien, oder aber er beabsichtigte «[de] faire part de la prononciation franfaise ä des lecteurs habitues ä la valeur phonetique italienne des graphies» (p. 36). Diese Klassifizierung, die auch von Di Ninni (1973, pp. 80s.) kritisch besprochen wird, stellt das Verhältnis von Skripta und Dialekt allerdings vereinfachend dar und berücksichtigt z.B. nicht den Tatbestand, daß eine landschaftliche Schreibtradition zwar die betreffende Mundart widerspiegeln kann, daß es aber auch denkbar ist, daß sie von außen kommende Verschriftungsgewohnheiten einschließt (cf. Wunderli 1969, p. 169, Rez. zu Gossen 1967). Auch die Möglichkeit verschiedener überlagerter Skriptaschichten, wie 7

Gossen (1975) sie anhand von Marco Polo darstellt (p. 136), muß in Betracht gezogen werden. Hinzu kommt, daß in Fällen der Bearbeitung fr. Texte geklärt sein müßte, welches fr. Ms. dem fr.-it. Autor oder Schreiber als Vorlage diente (cf. De Cesare 1959, p. 286). - M o n f r i n (1958) unterscheidet zwei Gruppen von it. Einfluß auf die fr.-it. Form: Entweder es liegen ähnliche Formen vor, die modifizierbar oder z.T. substituierbar erscheinen, oder das fr. Wort erfährt eine eigenartige Modifikation dadurch, daß der it. Kopist sich bemüht, den fr. Laut in it. Graphie (p. 388) zu notieren. Es erhebt sich hier die Frage, ob und inwieweit die Schreiber versuchten, «de creer un syst&ne graphique qui aidait leurs compatriotes ä dire moins incorrectement les textes, quitte ä leur donner une forme etrange pour des yeux franfais» (ib.). In Hinblick auf fr.-it. Autoren wäre ferner zu berücksichtigen, in welcher Form sie das Fr. kennengelernt haben, ob sie z.B. direkten Kontakt zum gesprochenen Fr. hatten oder überwiegend livreske Kenntnisse aufweisen konnten, die ihnen - dialektal verschiedene — fr. Graphien vermittelten (cf. Wahle 1888, p. XXII, zu w . 1946s. von Pharsale). Das Gebiet des Verhältnisses von Graphie und Lautung im Fr.-It. ist bisher wenig erforscht und bietet vielfach Gelegenheit für detailliertere Skriptastudien. Letzten Endes geht die im vorigen mehrfach zitierte, insbesondere von Bertoni spezifizierte Auffassung, daß jeder Text individuelle Züge graphischer, morphologischer, semantischer und lexikalischer Natur trägt (cf. Cremonesi 1966, pp. 40s.) und Fall für Fall, Text für Text zu untersuchen ist (cf. Giacon 1960-1, p. 10), auf die von Pio Rajna 1870 vertretene Meinung zurück, daß es ebensoviele Lösungen des Problems «Franko-Italienisch» wie fr.-it. Texte gibt: II problema a me sembra assai complesso, e capace di tante soluzioni diverse, quanti sono i casi particolari, ossia quanti sono i documenti di questa rozza letteratura. Ciö che έ vero per uno di essi, puö essere falsissimo per gli altri; poiche se in questo la scorrezione έ dovuta semplicemente agli amanuensi, in quello invece fu il rimatore, che volle, ma non seppe comporre in lingua d'ofl, oppure attese di proposito a innalzare il suo dialetto a dignitä di lingua letteraria; in un terzo poi egli έ alia trasmissione orale, che si deve la trasformazione del testo originario. Se a ciö si aggiunga che ognuno di questi casi puö combinarsi e complicarsi cogli altri, si vedrä quante siano le soluzioni possibili, e come perö sarebbe vano e pericoloso il voler stabilire un principio generale ed assoluto. (vol. III, parte 2a, pp. 396s., cf. Bertoni 1907, p. IX, Roncaglia 1965, p. 735).

Diese von Rajna dezidiert vorgetragene These ist in der Folgezeit Gegenstand kontrovers geführter Diskussionen gewesen, wie die zusammenfassenden Überblicke bei Viscardi (1941, pp. 44s.), der auch die Mißverständnisse zwischen Gautier und Mussafia (pp. 38s.) und die Stellungnahmen von Ascoli (pp. 41s.) und Bartoli (pp. 46s.) referiert, bei Massart (1964, pp. 422—7) und bei Holtus (1975) zeigen. In neuerer Zeit hat Lomazzi (1972) die von Bertoni und insbesondere von Ruggieri in die Diskussion eingeführte «intenzionalitä dell'ibridismo» (p. 86) wieder hervorgehoben und darin eine Möglichkeit gesehen, die These von Rajna abzuschwächen und den gesamten Bereich in einer «visione piu complessa e vitale del panorama linguistico-letterario dell'Italia Settentrionale nel Trecento» (p. 88) zu interpretieren (cf. Grimm 1974, p. 473). 8

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und wie das Fr.-It. bzw. die fr.-it. Texte überhaupt noch klassifizierbar sind angesichts eines «arbitrio senza freno» (Zingarelli 1935, p. 458), einer Italianisierung «a capriccio» (Monteverdi 1964, p. 535), die keine konstanten Kriterien aufweist, von Text zu Text verschieden ist je nach den Fr.-Kenntnissen des Autoren oder Kopisten und nach dem Grad der Angleichung an das Publikum (ib., p. 539). Nachdem Zingarelli (1935) grundsätzlich erklärt, daß eine Untergliederung des Fr.-It., der fr.-it. Texte nicht nötig sei - «volevano parer francesi tutti, e non erano» (p. 468) - , erkennt Massart (1964) der gesamten fr.-it. Literatur kaum mehr als ein «niveau de l'exercice» zu: «Les pontes y restent engonces comme un enfant dans l'habit des dimanches» (p. 427); die fr.-it. Texte seien redigiert von Leuten, «qui restent prisonniers de la structure de leur langue maternelle» (ib.); insgesamt bezeichnet Massart das Fr.-It. als «langue fuyante, rebelle ä toute classification rigide» (p. 429). Es wäre jedoch verfehlt, wollte man - wie noch genauer zu behandeln sein wird - die relativa bontä der Sprache fr.-it. Texte abhängig machen vom Prozentsatz des fr.-sprachigen Anteils (cf. Ruggieri 1971, p. 95). Jeder Autor löst individuell nach seinen Konditionen das Problem, fr. zu schreiben (Terracini 1956, p. 29), und die Sprache eines fr.-it. Textes (Terracini bezieht sich im vorliegenden Fall auf EstVen) hat guten Grund, so zu sein, wie sie ist (p. 30); trotz seines artifiziellen und aus einer hybriden literarischen Form entstandenen Charakters kann das Fr.-It. klassifiziert werden als «l'embrione di una lingua dotata di un suo ambiente e di una sua autonoma capacitä di sviluppi» (ib.). Vielleicht wäre es beim gegenwärtigen Forschungsstand angebrachter, zunächst nur von der Integration fr.-it. Elemente in die Struktur eines Textes zu sprechen und die Katalogisierungsversuche des fr.-it. Literaturkorpus noch zurückzustellen (Holtus 1975, Rez. zu Lomazzi 1972). Es hat den Anschein, daß es vorerst eher darum geht, die Grundlagen für eine Gesamtschau des Fr.-It. bereitzustellen, als Synthesen über den Komplex des Fr.-It. in endgültiger Form liefern zu wollen. Mehrere fr.-it. Texte sind bisher gar nicht oder aber in einer Form, die heutigen (sprach-) wissenschaftlichen Ansprüchen nicht mehr genügt, ediert worden. Insbesondere auf dem Gebiet der lexikalischen Erfassung des Fr.-It. bestehen große Lücken. Wenn auch Stengel (1908 [Gr.]) noch behauptet, daß der Wortschatz von HuonAuvB nicht ohne weiteres zur Bereicherung des afr. Wörterbuches wird dienen können (p. 4; cf. jetzt Möhren 1977), so besteht heute grundsätzlich Einigkeit darüber, daß besonders bei Texten mit einer «coloritura dialettale italiana» die «mancanza di un esame piü approfondito del lessico» zu bedauern ist (Pellegrini 1956, p. 123). Hier gilt es, die von Rajna und Bertoni vertretene These zu verifizieren oder zu falsifizieren und den verschiedenen Grad der Italianisierung fr.-it. Texte im Lexikon auch in Hinblick auf Formen, die z.T. noch in heutigen it. bzw. venet. Dialekten belegt sind, festzustellen, d.h. die fr.-it. Texte sind zunächst einzeln durchzugehen und zu analysieren (ib., p. 125). Auch Ineichen (1964) unterstreicht, daß es von besonderer Wichtigkeit ist, etwas über Umfang und Gliederung eines fr.-it. Ge9

dichts zu erfahren (p. 142), wie es von Peisker (1973) dann für die Guerra d'Attila versucht wurde. Ruggieri (1961 [θ]) weist auf das Fehlen eines fr.-it. Thesaurus wie auch exhaustiver Glossare zu den einzelnen Texten hin (p. 26); erst mit der Erstellung ausführlicher Glossare (id. 1966, p. 145) wie z.B. des leider nicht gedruckt vorliegenden von Kaiser (1967) zu Marco Polo werden Untersuchungen wie die von Gossen (1975) ermöglicht, der einen Überblick über den Anteil an allgemeinen Italianismen, an it., aber nicht venez. Wörtern, an Venezianismen und an Toskanismen gibt. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob und inwieweit anhand des bisher vorliegenden lexikographischen Materials (Gossen wählt Boerio als Grundlage für das Venez.) Aussagen über das venez. Lexikon des 13. und 14. Jh. ohne weiteres zutreffen. Monfrin (1958) betont, daß allein die Resultate einer linguistischen Analyse aller in Italien kopierten fr. Texte unter Berücksichtigung ihrer textgeschichtlichen Entwicklung Auskunft darüber erteilen können, was genau unter dem Begriff «Franko-Italienisch» zu verstehen ist (p. 242). Dazu gehört auch eine Gesamtschau der linguistisch-literarischen Szene im Oberitalien des 14. Jh., die etwaige künstliche Schranken zwischen dem Fr.-It. und dem gesprochenen und geschriebenen volgare in einer gemeinsamen Analyse abzubauen vermag (cf. Grimm 1974, p. 473). Letzten Endes bieten sich aus der Perspektive des Fr.-It. auch interessante Vergleichsmöglichkeiten zu anderen (romanischen) Formen der Interferenz, wie sie von Ruggieri (1961 [θ]) in Hinblick auf das Fr.-Pr., auf den Dialekt von Nizza oder das Verhältnis von Okz. und Kat. angedeutet werden (p. 28) und wie sie etwa von Pfister (1970) für die Sprache des Girart de Roussillon bereits dargelegt worden sind (pp. 198-202). Dabei zeichnet sich die Situation des Fr.-It. durch eine besondere sprachliche Affinität zwischen dem Afr. und dem Aobit. aus, die sich erschwerend auswirkt auf eine allgemeingültige Beantwortung z.B. der Fragen, in welchem spezifischen Verhältnis beide Elemente sich miteinander verbinden können, inwieweit Wörter der einen Sprachform sich in das System der anderen einzufügen vermögen oder bis zu welchem Grade Wörter des einen Systems von Mitgliedern der anderen Sprachgemeinschaft noch verstanden werden können (cf. Yocca 1895, p. 8). Hier eröffnet sich ein weites Feld grundsätzlicher linguistischer Probleme, das auch das Interesse kommunikations- und informationstheoretisch orientierter Studien in stärkerem Maße in Anspruch zu nehmen hätte.

1.2 Expansion und Datierung des Franko-Italienischen Uber die Expansion und die zeitliche Datierung des fr. Einflusses im mittelalterlichen Italien sowie die Verbreitung der in fr. Sprache geschriebenen chansons de geste, die außer in Italien die literarische Entwicklung in England, Deutschland, in den Niederlanden, in Flandern, Schweden, Island, Dänemark, Spanien, bei den Slawen und in Ungarn (Bartoli 1879, p. 30) beeinflußt haben, gibt Meyer 10

(1904) die grundlegenden Informationen. Meyer räumt wie Bedier der Mittlerrolle der Pilger eine große Bedeutung ein und sieht erst ab dem 13. Jh. in Obit, eine allgemeinere Verbreitung der fr. Sprachkenntnisse insbesondere an den Höfen (p. 65). Bemerkenswert erscheint der Umstand, daß im Zusammenhang mit dem Eindringen der chansons de geste über die routes d'Italie (cf. Bedier 1907-8, id. 1907 [RF], p. 815) als die wichtigsten Häfen für die Pilger auf der Fahrt ins Heilige Land die Städte Genua, Pisa, Venedig und Brindisi genannt werden müssen, daß jedoch mit Venedig selbst keine karolingische Legende verbunden ist (id. 1907-8, p. 60). Zwar zeigt sich die literarische Bedeutung Venedigs (cf. Elwert 1958) auch im Bereich des Fr.-It. in der Prosa der Geschichtsschreibung (EstVen) und der Reiseberichte (MPolo), doch kann Rajna (1875, p. 179) insgesamt feststellen, daß Venedig wenig Teilnahme am Fr.-It. hatte und die Bezeichnung Fr.-Venezianisch nicht angebracht erscheint. Als eigentliche Zentren der fr.-it. Literatur gelten die Städte Verona, Treviso, Padova, Ferrara (Roncaglia 1965, p. 731) oder allgemeiner das Städtedreieck Padova-TrevisoVerona (Peisker 1973, p. 8), mit den Schwerpunkten Verona, Mantova, Bologna, Ferrara. Bei der Übersicht von Meyer (1904) über die zahlreichen fr. Mss., die in Italien geschrieben wurden und von denen allein das Inventar von Francesco Gonzaga (1407) noch 67 fr. Hss. nennt (cf. Mandach 1961 [CN], p. 119), werden drei Bereiche angeführt, die über die Expansion der fr. Sprache in Italien Auskunft erteilen können: die zeitgenössischen Aussagen, die in Italien transkribierten fr. Werke und die von Italienern verfaßten fr. Werke. Dabei hebt Zingarelli (1935) von der allgemeinen Ausbreitung des Fr. die «espansione della lingua letteraria francese in Italia» (p. 462) ab, die er jedoch als «dotta leggenda» bezeichnet; für Zingarelli besteht auf der einen Seite der «culto della poesia trobadorica», auf der anderen der «romanzo in versi di argomento carolingio innanzi tutto franco-italiano» — eine Abgrenzung, die sich bei der Varietät der fr.-it. Texte in ihrer Abhängigkeit vom Fr. in dieser Form nicht aufrecht erhalten läßt. Auch das Postulat einer Reihenfolge okz. — fr.-it. stellt die sprachliche und literarische Situation Italiens nur pauschaliert dar und wird der Variationsbreite der literarischen Entwicklung in Lyrik, Epik und Prosa nicht gerecht (cf. Kap. 1.11). Ein weiterer wichtiger Punkt für die Bewertung der Expansion des Fr. in Obit., auf den hier kurz eingegangen werden soll, wird durch den Bereich der Onomastik und des Einflusses der Thematik der karolingischen Epik auf die bildenden Künste, über den R. Lejeune grundlegende Untersuchungen publiziert hat, gebildet. Die Statuen von Roland und Olivier am Portal der Kathedrale von Verona stammen bereits aus dem 12. Jh., lange vor der Verbreitung des Fr. als Literatursprache in Obit, (nach Walberg 1928, p. XXXV, ca. 1230 bis 1350), während die Inschrift «Durindarda» erst im 15. Jh. hinzugefügt wurde (Bedier 1907-8, p. 78); weitere Informationen mit Fotos liefern Suttina (1930) sowie Magagnato (1966) allgemein über «La cittä e le arti a Verona al tempo di Dante», Olschki (1935) über die Kathedrale von Modena und das mit dem arthuri11

sehen Sagenkreis verbundene Relief sowie Stiennon-Lejeune (1963) über die «Legende arthurienne dans la sculpture». In der Onomastik sind für den Nachweis des Weiterlebens epischer Figuren in Italien, insbesondere in Obit, seit der 1. Hälfte des 12. Jh. (Roncaglia 1965, p. 225) detaillierte Ergebnisse gewonnen worden (cf. Rajna 1885—1897). Die Namen Roland und Olivier (cf. Lejeune 1950) sind in zahlreichen Dokumenten und an verschiedenen Orten Italiens bezeugt, von denen Aebischer (1952 [RB]) die drei frühesten Erwähnungen anführt (zu Rolandus et Uliverius cf. id. 1952 [SM] und id. 1958, p. 59, für einen zweiten Fall von Rollandus et Oliverius 1150 in Genua). Die verschiedenen Möglichkeiten der «Onomastica epica francese in Italia nel medioevo» erläutert anhand von Tabellen und ausführlichen Listen Rosellini (1958 [R]), der auch einen neuen Beleg für Roland und Olivier am 17.4.1176 in Ferrara bringt (1958 [CN]), neben den schon bekannten von Napoli/Scafati (1131), Pavia (1145, unsicher), Emilia/Mulazzano (1174). Roncaglia (1965, p. 225) zitiert den Gebrauch der epischen Namen bei Goffredo da Viterbo aus den Jahren 1185—1187: «Möns ibi stat magnus, qui dicitur esse Rolandus, / alter Oliverius, simili ratione vocatus». Die bedeutende Rolle der karolingischen Epen für die it. Onomastik wird auch in der Untersuchung von Rajna (1875) über «Le origini delle famiglie padovane e gli eroi dei romanzi cavallereschi» hervorgehoben; Wathelet-Willem (1961) zeigt, daß der Wilhelmszyklus weitere Spuren in der it. Namenkunde hinterlassen hat. Die einzelnen Nachweise vermögen ein anschauliches Bild zu vermitteln über die Verbreitung der aus Frankreich nach Italien gelangten Thematik; sie können auch als Beleg für die große Resonanz angesehen werden, die insbesondere die epische Materie in den verschiedenen sozialen Schichten der damaligen Bevölkerung Italiens gefunden hat. Exemplarisch seien hier noch zwei Belege erwähnt, zum einen der 1288 in Bologna herausgegebene Erlaß, der sich gegen den Aufenthalt der cantatores francigenarum, die die Taten der fr. Protagonisten schildern, auf den Plätzen der Stadt ausspricht (cf. Β edier 1908, Zingarelli 1935, p. 462); allerdings handelt es sich nach den Untersuchungen von Krauss (1971), der auf Muratori verweist, weniger um eine Entscheidung gegen die Sänger und ihre Thematik als solche, sondern um ein aus verkehrstechnischen Gründen erlassenes Verbot. Zum anderen sei auf die Epistel des Humanisten Lovato Lovati (1241-1309) an den Mailänder Bellino Bissolo hingewiesen, der sich jedoch nicht gegen die materia carolingia schlechthin wendet, sondern sein «disdegno verso l'imbarrimento della lingua» (Folena 1963, p. 142) artikuliert: Fontibus irriguam spatiabar forte per urbem que Tribus a Vicis nomen tenet, ocia passu castigans modico, cum celsa in sede theatri Karoleas acies et gallica gesta boantem cantorem aspitio; pendet plebecula circum, auribus arrectis; illam suus allicit Orpheus. Ausculto tacitus: Francorum dedita lingue carmina barbarico passim deformat hiatu, tramite nulla suo, nulli innitentia penso

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ad libitum volvens; vulgo tarnen illa placebant; non Linus hie illum, non hic equaret Apollo, (zit. nach Folena, ib.; cf. Foligno 1906-7, Weiss 1951).

Ein weiteres Indiz für die Beliebtheit der fr. Literatur in Obit, stellen die zeitgenössischen Bibliotheksverzeichnisse dar, von denen das bekannteste, das allein 67 Mss. in lingua francigena umfassende Inventar des Mantuaners Francesco Gonzaga I aus dem Jahre 1407 (cf. Braghirolli-Meyer-Paris 1880, Novati 1890, Giroila 1921—3, p. 33), neuerdings wieder in den Mittelpunkt der Forschung gerückt ist, nachdem Mandach (1961 [CN]) die von Braghirolli-Meyer-Paris aufgestellte Numerierung in Zweifel gezogen hat und eine Neuedition von angeblich zwei, unabhängig voneinander existierenden Inventaren fordert. Im Rahmen der fr.-it. Literatur kann bei einigen Mss. davon ausgegangen werden, daß sie als Bibliotheksexemplare konzipiert worden sind und vorwiegend zur Lektüre, nicht zur Rezitation dienten (etwa RolV4, cf. Rosellini 1962, p. 324, Riquer 1957). Pio Rajna (1873) hat die im 15. Jh. in der Biblioteca Estense vorhandenen fr. Codices im einzelnen vorgestellt; Erwähnung bedürfen ferner die Bibliotheken zweier Paduaner ebenfalls aus dem 15. Jh., Benvenuto de' Lanzarotti (1402) und Piero da Lion (1445), die den Übergang von der Beliebtheit der fr.-it. Werke zur Bevorzugung der tosk. Literatur andeuten (cf. Folena 1963, p. 153). Über die weitere Entwicklung der fr.-it. Mss. und über die sie betreffende Literatur seit dem 16. Jh., insbesondere im 18. Jh. (fr. Codices zweier venezianischer Bibliotheken, cf. Rossi 1927), informieren die Untersuchungen von Ciämpoli (1897), Rajna (1925), Cavaliere-Ferrari (1961) und Holtus (1975). Nachdem am 12.11.1734 Giambatista Recanati 200 gr., lt., it. und fr. Mss. an die Biblioteca Marciana vermachte (Ioanne Baptista Recanato, 1736, Catalogus Codicum Mss. quorum amplius CC a I.B.R. Patricio Veneto Publicae Venetiarum Bibliothecae testamento relicti sunt, cf. Ciämpoli 1897, p. XII), verfaßte Antonio Maria Zanetti für die unter der Leitung von Lorenzo Tiepolo stehende Bibliothek 1740 den Katalog Graeca D. Marci Bibliotheca Codicum manu scriptorum, 1741 Latina et Italica D. Marci Bibliotheca Codicum manu scriptorum per titulos digesta mit einem Appendice in lingua francese antica (pp. 256—261). Weitere grundlegende Daten in der Geschichte der Codices stellen die Untersuchungen von La Curne de Sainte Palaye (1739-1749), Giacomo Morelli (1817-8) und Joseph Valentinelli (1868, Bibliotheca Manuscripta ad S. Marci Venetiarum) dar. Für die Entstehung eines fr.-it. Werkes oder einer vom It. beeinflußten fr. Hs. lassen sich nur in Ausnahmefällen präzise Datierungen angeben. Die Verse 1933-7 der Pharsale nennen als Entstehungszeit des Werkes das Jahr 1343: Ε ce qe f e vous cont dou feit des Romanois Nicholais le rima dou pais veronois Por amor son seignor, de Ferare marchois; Ε eil fu Nicholais, la flor des Estenois, Corant mil e troi cent ans e qarante trois. (cf. Crescini 1895-6, Cremonesi 1973, p. 33).

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Der erste Teil vom Epos Attila dürfte 1358 von Niccolö da Casola dem Vertreter der Corte d'Este, Ferrara, Aldobrandino III (oder seinem Onkel, Bonifacio Ariosti), gewidmet sein (cf. Crescini 1895-6, p. 4, Bertoni 1903, p. 5, Bertoni-Foligno 1906, Cremonesi 1973, pp. 33s.). Der Hof der Familie Este hatte allgemein eine Mittlerfunktion für die fr. Legenden und ihre Verbreitung im Veneto und später (1. H. 15. Jh.) auch in der Toscana inne; Bertoni (1903, p. 78) betont, daß in Bibliothekskatalogen der Este fast mehr fr. als it. Mss. angegeben werden (Rajna); in einem Katalog von 1474 finden sich allein 65 volkssprachliche Hss. nicht-it. Provenienz (fr. und okz., p. 81). Weitere exakte Daten verbinden sich mit HuonAuvB (April 1341 beendet), AspremV6 (1371), SMarEgiz (22.12.1384, vom venez. Notar Arpino Broda geschrieben) und Huon AuvT (am 6.2.1441 beendet, cf. Crescini 1896-7, p. 21, Graf 1878, Tobler 1884, Stengel 1927). Während als eines der vermutlich (Tjerneld 1945) frühesten fr. Werke, die von Italienern verfaßt wurden, Moamin et Ghatrif gilt (ca. 1238—1249 entstanden), wird der Aquilon de Baviere, der 1379 von Raffaele Marmora begonnen und 1407 abgeschlossen wurde, als der letzte eigentliche Vertreter der fr.-it. Literatur klassifiziert (cf. Levi 1908, pp. 286s., Meyer 1904, p. 93). Darüber hinaus ist es möglich, bei einigen Texten aufgrund von mehr oder weniger direkten Verweisen auf andere fr.-it. oder it. Werke Rückschlüsse auf eine relative Chronologie einer wenn auch nur beschränkten Anzahl von Mss. zu ziehen. So wird in den Versen 13860-7 der Entree d'Espagne auf ein Buch verwiesen, mit dem nach der überwiegenden Meinung der sich mit Entree befassenden Philologen der um 1298 entstandene Bericht des Marco Polo gemeint ist; 1298 wäre somit ein, wenn auch noch relativ weit von der eigentlichen Entstehungszeit entfernter terminus post quem (cf. Torraca 1923, p. 170, Catalano 1939-40, p. 5). Die Verse lauten: Lez la mer de Latan atroverent Sidoigne Ο une gent abite que ja n'ont autre soigne Que de mangier et boir de ce que Des lor doigne, Et funt si grant honor, s'il avint q'il i joigne Uns estrange a moison, cun le livre tesmogne, Sa feme Ii otroie, non le tint a vergoigne; Et se il le refuse, sue teste Ii rehoigne, Disent qu'il est cruaus ni a d'amiste soigne.

Als noch schwieriger erweist sich der Versuch, anhand einer Progression eines bestimmten Autors in bezug auf seine Kenntnisse der fr. Sprache Aussagen zu machen über die Reihenfolge der Entstehung einzelner Werke; Crescini (1896-7, p. 10) nimmt z.B. an, daß die Prise de Pampelune nach 1343, dem Entstehungsdatum der Pharsale, von Nicola da Verona geschrieben wurde, da sie ein «besseres» Fr. erkennen lasse. Das Verhältnis von PrisePamp zu einer lt. Chronik von Giovanni de Nono (1320[-1325]-1328) untersucht Catalano (1939-40, p. 5); er räumt allerdings ein, daß die Chronik für eine genauere Datierung von PrisePamp nicht in Frage komme, da sie wesentlich früher entstanden sei. 14

Ein weiterer Versuch einer relativen Chronologie fr.-it. Werke wird von Bender (1961, p. 174) angeregt; er deutet die Möglichkeit an, «ä l'aide des differentes images de la royaute de Charlemagne» eine Progression vom Mythischen zum Romanesken nachweisen zu können. Levi (1908, pp. 290s.) zeigt, daß sich bestimmte Tendenzen in den Gedichten des Paduaners Francesco di Vannozzo auf eine Kenntnis fr.-it. Werke zurückführen lassen. Allgemeine Anhaltspunkte für die Zeit der Verbreitung der fr.-it. Literatur in Obit, geben die Verordnungen, die die um 1200 in der Lombardei umherziehenden giullari betreffen. Bartoli (1879, p. 49) führt die 1. H. des 13. Jh. als die Zeit an, in der die von jenseits der Alpen kommende Materie den höchsten Grad an Beliebtheit in Obit, hatte, d.h. lange vor der Entstehungszeit derjenigen Werke, die häufig als die Höhepunkte der fr.-it. Literatur angesehen werden (etwa Entree und PrisePamp bei Crescini 1896—7, p. 11). Im wesentlichen liegen den Datierungen fr.-it. Mss., wie sie in der zusammenfassenden Übersicht aller hier bearbeiteten Hss. angeführt werden, neben Hinweisen, die sich aus der Art der Ornamente und Verzierungen, der teilweise den Text begleitenden Miniaturen ergeben, in erster Linie graphische Kriterien zugrunde, die anhand von Vergleichen mit schon datierten Minuskelschriften bekannter Schreiberwerkstätten gewonnen werden können. Insgesamt kann das Fr.-It. als eine der Folgeerscheinungen angesehen werden, die sich aus dem vielfältigen Austausch von Personen zwischen Frankreich und Italien entwickelt haben und die von Bezzola (1925) in einem allgemeineren Rahmen im Zusammenhang mit unterschiedlichen Faktoren wie «dominio francese, interventi guerreschi, crociate, pellegrinaggi, papi francesi, ecclesiastici, studenti, artisti, artigiani, commercianti, banchieri, legati, ambasciatori» (p. 59) gesehen werden. Das sprachliche Eindringen des Fr. (und die daraus resultierenden Interferenzerscheinungen) können sich dabei generell auf zwei Arten vollziehen, entweder direkt vom Fr. ins It. oder über ein «intermedio di un ambiente speciale», über eine «lingua tecnica» (ib.).

1.3 Allgemeine Bewertungen des Franko-Italienischen In der Literatur über das Fr.-It. mangelt es nicht an Stellungnahmen, die eine allgemeine Beurteilung, eine Wertaussage über das Fr.-It. generell oder über einzelne fr.-it. Texte enthalten, ohne dabei zu einer tatsächlichen Charakterisierung dessen, was man unter dem Terminus «Franko-Italienisch» verstehen kann oder was die «fr.-it.» Züge eines Textes ausmacht, zu gelangen. In einigen Fällen wird sogar die Berechtigung, derartige Literatur- und Sprachdenkmäler überhaupt einer eingehenden Analyse zu unterziehen, angezweifelt; so bezeichnet Millardet (1912) fr.-it. Werke als «productions eminemment artificielles», die zu untersuchen linguistisch nicht interessant sei, da sie nur Randgebiete der Sprachwissenschaft betreffen (p. 127). In die gleiche Richtung, wenn auch auf der Basis 15

eines wissenschaftsgeschichtlich anders gelagerten Hintergrundes, geht die Stellungnahme von Teza (1869) zu der Oxforder Version von RainLes, die er als «piena di errori« bezeichnet:«non puö allertarci certo ad uno studio linguistico che darebbe pochi risultati. Non vi si troverebbe ne lo stile di un uomo, ne la lingua di un popolo» (p. 24). Von derartigen Feststellungen abzusetzen sind diejenigen Bewertungen, die zwar eine subjektive Aussage über die Eigenart des Fr.-It. oder einzelner fr.-it. Texte machen, im Prinzip jedoch die Berechtigung und auch die Bedeutung einer linguistischen Analyse dieser Texte unterstreichen. Als Beispiel sei auf Boucherie (1870) verwiesen, der PassChrist Apres zwar als «veritable monstre philologique» charakterisiert, die Nützlichkeit eines eingehenden Studiums des Textes z.B. für die Verbreitung und Kenntnis des Fr. in Italien jedoch ausdrücklich hervorhebt (p. 30). Guessard (1866, p. XCIX), dessen Editionsprinzipien bei Macaire schon zu seiner Zeit mit Recht kritisiert wurden, spricht von der Existenz einer eigenständigen Grammatik auch dieses Textes, den er kurz zuvor als «chef-d'oeuvre de barbarie» tituliert hat. In vielen Fällen beschränkt sich die allgemeine Charakterisierung der Sprache eines fr.-it. Textes bzw. des Fr.-It. jedoch auf eine von Werturteilen geprägte Stellungnahme, die als Maßstab das Fr. nimmt und von dieser Norm her das Fr.-It. nach dem Grade seiner Abweichung als mehr oder weniger korrupt, als deformiert, als Entartung versteht. Der fr.-it. Text wird hier nicht mehr für sich allein beurteilt z.B. nach den Funktionen, die er ausüben soll und kann bei einem Publikum, für das er speziell geschaffen wurde, oder in bezug auf die gattungsspezifische Situation, an deren Tradition eine bestimmte Sprachform geknüpft erscheint, vielmehr wird der artifizielle Charakter des im Prinzip nur in geschriebener Form existierenden Sprachtyps von der Eigenart einer sowohl im Geschriebenen als auch im Gesprochenen sich entwickelnden natürlichen Sprache abgehoben. Als Ausgangspunkt für die allgemeinen Bewertungen des Fr.-It. lassen sich die bekannten Stellungnahmen von Mussafia in den Vorbemerkungen zu den Editionen von PrisePamp und Macaire anführen; während Mussafia im ersten Falle von sprachlichen Besonderheiten — speziell im Reim - spricht, «wobei überall der Grammatik und dem Lexicon Gewalt angethan» wird (p. VIII), sind die Ausführungen zu Macaire, das als sprachliche Verderbnis, als pathologisches Gebilde bewertet wird, in der Folgezeit bisweilen mißverstanden oder entstellt wiedergegeben worden (cf. Viscardi 1941). Das Prinzip derformazione patologica, die sich nicht eigenständig entwickelt hat und demnach nicht den Charakter eines lebendigen Organismus aufweist, wird auch von Bartoli (1880, p. 97) hervorgehoben. Catel (1938—40) sieht die Sprache von EstVen nicht als systemhaft aufgebaut an, die Formen variieren («oscillazione di forme», p. 41) und bilden zusammen kein «sistema morfologicamente organico» (ib.). Weniger detailliert als die hier nur kurz skizzierten Charakterisierungen erscheinen die folgenden Stellungnahmen. Mainone (1936, p. 41) spricht, ausgehend von HuonAuvB, von einer «nicht gerade sehr erfreuliche[n] Literaturspe16

zies». Für Monteverdi (1964) zeigt sich die mehr oder weniger entartete Sprache der fr.-it. Texte (p. 539) insbesondere in der Metrik und im Reim, der die regelmäßigen Versenden des Fr. korrumpiert. Bertoni (1908) bezeichnet die Sprache von Nicola da Verona als «etrangement corrompue» (p. 569), charakterisiert die Wortformen als bisweilen monstruös (1921, p. 227), und Stengel (1908 [Fs.]), der die verschiedenen Versionen von HuonAuv miteinander vergleicht, kommt zu dem Ergebnis, daß die Turiner Fassung eine «oft gänzlich verunglückte halbe Italianisierung der Vorlage von B», der Berliner Fassung, darstelle; dennoch sei der vorliegende galimatias von Τ (p. 36) sprachlich interessant, da er im Anschluß an Β entstanden sei und somit zu einer genaueren Beurteilung analoger Elaborate dann beitrage, wenn die gemeinsame Vorlage verloren gegangen ist. Weniger adäquat erscheint die Charakterisierung von Gautier (1878—94), nach dem fr. Jongleure sich in der Sprache dem nordit. Publikum anpaßten: «ils traduisörent grossiörement leurs vers fran9ais en une espfcce de charabia epouvantable» (vol. I, p. 268); die linguistische Bewertung des vorliegenden Anpassungsprozesses als «Übersetzung» entspricht nicht dem vielschichtigen, in sich differenzierten Charakter des Fr.-It. bzw. der als fr.-it. bezeichneten Texte. In bezug auf den Cod.Marc.fr. XIII versucht Lacroix (1839), den Sprachmischungsprozeß im Fr.-It. näher zu bestimmen, indem er die Sprache dieser Hs. bezeichnet als «melange presque barbare des deux dialectes du nord et du midi» (p. 165); während hier der «barbarische» Wesenszug noch abgeschwächt erscheint, kommt er an anderer Stelle, als Charakterisierung von FoulCand, voll zur Geltung als «melange singulier et barbare des idiomes du nord et du midi» (p. 174). Auch für Crescini (1896-7), dem wesentliche Erkenntnisse über das Fr.-It. und Nicola da Verona zu verdanken sind, bleibt das Fr.-It. — «quel benedetto francese bastardo» (p. 8) — eine «povera poesia pur sempre, qualunque ne fosse il soggetto» (p. 7); die sprachliche Mischung wird in ihrer Wesensart nicht weiter analysiert, sie gilt als «orribile mistura« (p. 23). Daß die allgemeinen Bewertungen auch beim heutigen Stand der linguistischen Forschung nicht gänzlich des subjektiven Charakters entbehren und die Tradition der abwertenden Qualifikation des Fr.-It. — schon Thomas (1913, p. LXXXIV) wies im Vorwort seiner Edition von Entree auf die häufig als «Barbarismen» beurteilten Formen hin — sich fortsetzen kann, zeigen die Stellungnahmen etwa von Rosellini (1962), der von einem «stato miserando» von RolV4 spricht (p. 43), oder auch von Lecoy (1961 [R], p. 408), der zurecht auf die im Detail bisweilen sehr schwierig zu interpretierenden fr.-it. Formen von GuiNantVprol hinweist und vielleicht aus diesem Grunde zu der Bezeichnung der Sprache als «effroyable jargon» gelangt. Zum Abschluß dieses Kapitels seien einige Bewertungen des Fr.-It. zitiert, die an die von Mussafia ausgehende Diskussion anschließen und im Fr.-It. eine nicht organisch gewachsene Sprachform sehen, deren Wesenszug am häufigsten mit dem Attribut «hybrid» qualifiziert wird (zum Problem der hybriden Sprachen allgemein cf. Roberts 1939). Schon Ascoli (1873) geht in seinen Saggi ladini in einem Exkurs auf «quell'ibrida letteratura franco-italica» (p. 450) ein. 17

Bedier (1908-13) verwendet die Ausdrücke «langage hybride» (p. 116) und «jargon hybride», «idiome bizarre» (1907—8, p. 58). Aus den detaillierteren Untersuchungen zum Fr.-It. von Bertoni seien an dieser Stelle nur zwei Passagen angeführt, die eine Differenzierung innerhalb des hybriden Charakters einzelner fr.-it. Werke andeuten: MPolo gilt für Bertoni als «un testo franco-italiano dei piü ibridi» (1928, p. 285); allgemein kann die fr.-it. Literatur charakterisiert werden als «un complesso di opere scritte in un linguaggio ibrido, tra francese e italiano, dal sec. XIII al principio del sec. XV» (1930, p. 72). Die Bewertungen des Fr.-It. als hybrid finden sich auch in neuester Zeit bei Palermo (1966) «cette espece de langue hybride italo-franfaise» (p. 1286) - und bei Hall (1974), der das «schlechte» Fr. fr.-it. Texte hervorhebt und die Sprachform mit dem Beiwort «truly hybrid» kennzeichnet (p. 137). Für Lomazzi (1972), die der Edition von RainLes eine ausführliche sprachliche Analyse voranstellt, gelten die fr.-it. Texte als hybride sprachliche Produkte (p. 79) mit einer «veste linguistica deformata» (p. 50). Insbesondere in bezug auf die zuletzt zitierte Arbeit und auf das Problem der hybriden Sprachform bleibt zu erwähnen, daß die Auswahl der hier zitierten allgemeinen Bewertungen des Fr.-It. nicht den Eindruck erwecken soll, als beschränkte sich die Mehrzahl der Untersuchungen generell auf eine mehr oder weniger pauschale Typologisierung des Fr.-It.; in nicht wenigen Fällen nähern sich die Beschreibungen der tatsächlichen Eigenart des jeweils untersuchten Textes, der z.B. als sprachliche Mischform, als nicht organisch gewachsenes, artifizielles Literaturprodukt herausgestellt wird. Dabei bleibt zu berücksichtigen, daß bei den epischen Werken des Fr.-It. der pathologische Charakter des francese di Lombardia oft nur scheinbar vorhanden und nicht das Ergebnis eines artifiziellen Literaturprodukts allein ist, sondern durch die nicht organisch verlaufende Entwicklung der Sprachmischung bedingt erscheint: Renzi (1970) weist auf die «non-contemporaneitä delle lingue in contatto» (p. 87) hin. Entscheidend ist die Tatsache, daß die Qualifizierung der verschiedenartigen Typen fr.-it. Texte sich nicht mit einer oft auch noch subjektiv oder emotional begründeten Etikettisierung abtun läßt, die in Einzelfällen so weit gehen kann, daß eine detaillierte Beschäftigung mit dem fr.-it. Sprachtyp überhaupt abgelehnt wird. Ein fr.-it. Text darf nicht allein aus der Perspektive einer anders gearteten Norm von außen her nach dem Grade seiner Abweichung von dieser Norm als mehr oder weniger korrupt oder schlecht beurteilt werden, er bedarf einer eigenständigen Analyse des Funktionierens seines sprachlichen Systemcharakters.

1.4 Systematische Beschreibungen franko-italienischer Sprachformen Im Vergleich mit den zahlreichen Versuchen, das Fr.-It. in seiner Eigenart zu charakterisieren, fallen die eigentlich linguistischen Beschreibungen des Fr.-It. relativ bescheiden aus. Zwar fehlt es nicht an detaillierten Einzelanalysen fr.-it. Mss., doch beziehen sich diese bis auf wenige Ausnahmen — meistens im Zu18

sammenhang mit neueren Texteditionen (Limentani, Lomazzi) — allein auf die jeweils vorliegende Hs. ohne eingehende Berücksichtigung des Gesamtkomplexes des fr.-it. Textkorpus. Zu den wichtigsten der in neuerer Zeit erschienenen linguistischen Analysen fr.-it. Texte zählen neben den genannten Editionen von EstVen und RainLes die phonematisch und morphosyntaktisch orientierte Arbeit von Renzi (1970) zu Entree, die den traditionellen Kanon der Grammatik (Vokalismus, Konsonantismus, Morphologie) und das Lexikon von Attila behandelnde Untersuchung von Peisker (1973) und die - leider unveröffentlichte — lexikologische Dissertation von Kaiser (1967), deren Ergebnisse zum Teil in dem Aufsatz von Gossen (1975) berücksichtigt sind. Daneben findet sich eine Fülle von beachtlichen Einzelbemerkungen zu linguistisch relevanten Problemen des Fr.-It. in verschiedenartigen Arbeiten, die das Fr.-It. in einem größeren Rahmen mit berühren, jedoch nicht als sprachliche Monographien zu der hier angeschnittenen Thematik angesehen werden können. Aufgabe dieses Kapitels ist es, einige der hauptsächlichen linguistischen Beschreibungsversuche des Fr.-It. in ihren Grundzügen zu charakterisieren und sie im Vergleich mit der hier behandelten Gesamtproblematik nach ihrem Stellenwert zu beurteilen. Als einer der umfassendsten Versuche, Kriterien für fr.-it. Texte zu erarbeiten, die jedoch teilweise auch für das Afr. und/oder das Aobit. gültig sind, sei zunächst die in der Einleitung zur Edition von Enanchet von Fiebig (1938, pp. XXXVIss.) aufgestellte Merkmalreihe angeführt; Fiebig zählt, unter Heranziehung auch weiterer fr.-it. Texte, folgende 33 Punkte zu den Kriterien für das Fr.-It.: Schwanken zwischen ie und e aus betontem a, nicht nur nach Palatal kein prosthetisches e- vor s-impurum besondere Verbalformen Häufigkeit von da und con adv. onde(s), anpois, Ii, no en chies de despecoier, especoier, espochoier aobit. c, ζ für afr. g vor e, i Abstrakte auf -or als m. bestimmte nicht diphthongierte Formen Endungsbetonung der 3.P.Pl.Pr. Perf. pleirent (pleisir) Perf. remist < lt. REMANSIT p.pf. conceu < it. conceduto imperf. -event lt. Αύ > ou Konjunktiv sis-tu, sint aobit. Wörter, die im Afr. nicht oder in anderer Bedeutung belegt sind afr. 3.Sg.Pr. auf -aindre, -eindre, -oindre Graphie mit -ng < it. -inge, unge z.T. Ausbleiben des -e bei Infinitiven auf -re vien, son (afr. vient, sont) Perfekta auf -uit Ersetzung 2.P.P1. durch 2.P.Sg.

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24) Schwanken 3.P.Sg. vs. 3.P.P1. 25) venir «devenir» 26) unpersönliche mediale Form si viaut, it. si vuole 2 7 ) Passiv-Umschreibung mit VENIRE

28) Futur-Umschreibung mit HABERE und Infinitiv 29) Anwendung des umschriebenen Perfekts von ESSE in der Form des Typs SUM HABUTUS

30) 31) 32) 33)

häufige Verwendung bet. Poss.Pron. nach best. Artikel Ersatz von fr. devoir vor passiv. Infinitiv durch essere de/da Futur als Potentialis in verallgem. Relativsätzen Häufigkeit von en ce que + Konjunktiv in finaler Bedeutung.

Die Problematik der hier angeführten Kriterien für die Typologisiemng eines Textes als fr.-it. liegt weniger darin, daß die genannten Züge sich nicht häufig genug in fr.-it. Texten nachweisen ließen - allein für Entree sind die Punkte 1-5, 7 - 1 3 , 1 5 , 1 8 , 2 0 - 7 und 30 voll gültig und lassen sich bei einer detaillierten Analyse mit phonologischer und morphosyntaktischer Ausrichtung belegen - , sie liegt vielmehr darin, daß einige der hier zitierten Kriterien eben im Aobit. allgemein nicht unbekannt sind und sich auch in afr. Texten finden lassen. Es wäre also bestenfalls möglich, in quantitativer Hinsicht bei einer Kumulierung von bestimmten Kriterien eine Aussage darüber zu machen, daß der jeweilige Text dem Fr.-It. zugeordnet werden kann — sofern zusätzliche Kriterien auftreten, die ausschließlich aus dem fr.-it. Textkorpus bekannt sind. In erster Linie ist dabei an lexikalische Mischformen, weniger an den Typus der Entlehnungen — man vergleiche die vorsichtig abwägenden Bemerkungen von Colon (1974) zum Gebrauch des Begriffs «Entlehnung» - zu denken, auf die schon Mussafia (1864) aufmerksam gemacht hat (fr. Wortstamm mit it. Endung, p. VI); während das lexikalische Morphem fr. ist, wird das grammatische Morphem, die Endung den Lautverhältnissen und dem Formensystem des It. angepaßt. Lomazzi (1972, p. 86) bringt Beispiele für Erscheinungen, bei denen ein fr. Lexem mit einem Suffix «parzialmente inquadrato nel sistema morfofonologico veneto» verbunden wird. Limentani (1972-3, p. CCXXIX) führt für den Bereich der Lexik Belege aus EstVen für den umgekehrten Vorgang an, bei dem im Fr. nicht belegte Lexeme des Obit, an das fr. Laut- und Formensystem angeglichen werden in Form eines «travestimento del termine veneziano, un adattamento fonomorfologico su basi di empirica analogia». Peisker (1973, p. 9) spricht von zwischen dem Afr. und Obit, austauschbaren Morphemen, die zusätzlich zu den von Renzi (1970) untersuchten phonematischen und syntaktischen auch morphematische Interferenzen zwischen beiden Sprachsystemen ermöglichen: Eine eingehende Untersuchung des Fr.-It. an einem entsprechenden Beispiel stehe noch aus, das Problem stelle sich so dar, daß der Autor eines fr.-it. Werkes mehr oder weniger ausdrücklich die Absicht habe, auf Fr. zu schreiben, und die Norm eine Variante des Afr. sei, die jedoch bis heute noch nicht näher bestimmt ist (n 28). Für Renzi (1970, p. 60) dagegen erscheint als Ausgangspunkt für die Interferenz eine Differenzierung in Afr. einerseits und Aobit. andererseits ausreichend; 20

bei den arbiträren Reimbildungen, wie sie z.B. von Mussafia (1864, p. VIII) oder von Mainone (1911, p. 43) angeführt werden, genügt zur Erklärung der Interferenz die angegebene Dichotomie Aobit. vs. Afr., ohne Berücksichtigung einer genaueren Markierung der Formen etwa als friaulisch oder pikardisch. Nach Renzi resultiert - im Anschluß an seine zeitliche Bestimmung des afr. Anteils von Entree (1. Η. 13. bis Mitte 13. Jh., p. 82) — dieser Typus des Fr.-It. weniger aus einer allgemeinen obit, literarischen koine als aus der Minimalisierung zweier in phonematischem und grammatischem Kontakt stehender Sprachen (p. 84). Damit wird für ihn die von Rajna vorgeschlagene Charakterisierung, daß es für das Fr.-It. ebensoviele Lösungsmöglichkeiten wie Texte und Autoren gibt, hinfällig; vielmehr existiere eine objektive Sprachform von einzelnen Texten, die er als francese di Lombardia bezeichnet im Unterschied zu fr.-lombardo, fr.-it. oder fr.-ven., wie es z.B. für die Bezeichnung des Sprachtyps von RolV4 oder des Cod.Marc.fr. XIII zutreffen könne (p. 85). Dieses francese di Lombardia habe sich im 13. und 14. Jh. in derpadana orientate mit den Zentren Padova, Verona, Veneto, Mantova, Bologna und Ferrara ausgebreitet - weniger in Venedig selbst, das trotz der Bedeutung des 4. Kreuzzugs von 1202—4 mehr durch den literarischen (livresken) Kontakt mit der fr. Sprache bekannt geworden sein soll. Dagegen spricht jedoch die von Folena (1973, p. 329) vorgetragene Meinung, daß das Fr.-It. (-Ven.) weniger als «fenomeno culturale e convenzione di genere letterario» denn als «esperienza comunicativa» im Zusammenhang mit den Beziehungen mit Byzanz, dem Archipelago, Zypern und dem Hl. Land gesehen werden müsse; die Sprache der DocChypr z.B. könne nicht als «lingua franca di Levante», als «sabir», «petit nfegre» oder «pidgin» charakterisiert werden, vielmehr sei sie «una lingua mista nata nel contatto e nella compenetrazione di due comunitä linguistiche» (p. 334); in dieser Hinsicht bilde gerade das «veneziano coloniale« noch ein weites Studienfeld. Eine weitere Schwierigkeit bei der linguistischen Bestimmung des Fr.-It. oder der fr.-it. Eigenheiten eines Textes liegt in dem Umstand, daß vielfach nicht mehr zu ersehen ist, welche - sofern überhaupt - afr. Vorlage dem it. Bearbeiter, Nachahmer oder Kopisten vorgelegen hat (cf. Bogdanow 1972, p. 35). Als ein charakteristisches Merkmal der koine fr.-lombarda interpretiert Contini (1964, p. 112) die Bildung von «falschen», d.h. ursprünglich nicht fr. Diphthongen in Typen wie myer(e) (afr. mer),parlier (und andere Infinitive),partye (Partizipien), volentii (s.f.); das Beispiel chagyi (p.pf ) paßt weniger in die vorliegende Serie der allgemeinen Diphthongierung ohne Vorausgehen eines palatalen Elements. Neben falschen Analogien (p. CVIII) wird von Limentani (1972-3, p. CXVII) das Schwanken zwischen -er und -ier im Fr. von Martin da Canal in Est Ven als eine vom Venez. beeinflußte Interferenzerscheinung interpretiert. Callu-Turiaf (1964—5, p. 234) nennt als sprachliches Charakteristikum des von ihr behandelten fr.-it. Textes (RenMont) die Entwicklung von - ÄRIUM zu -er. Abschließend sei verwiesen auf den bisher nur in Ansätzen publizierten Versuch von Di Ninni (1973), einen Katalog von Kriterien für eine linguistische Be-

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Stimmung des Fr.-It. anhand eines von ihr untersuchten Textes (GuiNantV) zu erarbeiten. Di Ninni kritisiert (p. 80) die in der Einleitung zur Edition von GuiNant von Mc Cormack (1970) vorgenommene Einteilung der sprachlichen Abweichungen in die vier Kategorien «Flüchtigkeitsfehler des Kopisten», «Fehler des Kopisten durch Einfluß einer lt. oder it. Graphie», «dialektale graphische Varianten», «regelmäßige graphische Abweichungen {ζ, ς u.a.)» und schlägt in Anlehnung an die Bemerkungen von Renzi (1970) zu Entree zunächst folgende (provisorische) Gliederung der fr.-it. Eigenheiten von GuiNant vor (p. 92): andere Reime als die in der fr. Tradition bekannten (überhaupt werden Metrum und Silbenzahl im Fr.-It. nicht in dem Maße respektiert wie im Afr., cf. p. 82 sowie Monteverdi 1964), hohe Anzahl von «parole misto-italiane ο dialettali», viele Allographen, teilweises Ausbleiben der syntaktischen Konkordanz von Subjekt und Prädikat, hyperkorrekte Formen. In diesem Zusammenhang dürfte auch der von Rosellini anhand von RolV4 mehrfach analysierte Typus des Ersatzes von fr. durch it., fr.-it. oder auch okz. Wörter für die Bestimmung der fr.-it. Eigenheiten eines Textes zu weiteren Ergebnissen führen.

1.5 Die Versuche einer Klassifizierung der franko-italienischen Texte Es fehlt nicht an Versuchen, die unter der Bezeichnung «fr.-it.» bekannten Mss. des 13. bis 15. Jh. voneinander abzugrenzen und sie bestimmten Gruppierungen oder Kategorien zuzuordnen. In der Regel verfahren diese Versuche nach dem Prinzip, die mehr oder weniger guten Fr.-Kenntnisse des Kopisten, Redaktors oder Autoren als Maßstab zu nehmen und die Klassifizierung an dem Anteil des It. bzw. des Fr., der sich in den jeweiligen Texten nachweisen läßt, zu orientieren. Auf diese Weise gelangt man im allgemeinen zu einer zeitlichen Progression, die mit einer Zunahme des it. Anteils und einer Reduktion des fr. Bestandteils vorwiegend auf die Reimstellung verbunden ist, wie sie sich z.B. auch bei den fr.-it. Versionen eines einzigen Werkes, bei den zeitlich voneinander abweichenden Fassungen von HuonAuv (B: 1341, Ρ: 2.H. 14./1.H. 15. Jh., T: 1441), sehr schön beobachten läßt (cf. Crescini 1896-7, p. 23, jetzt auch Möhren 1977). Im einzelnen ergibt sich in bezug auf die fr.-it. Texte, die zu einem Großteil zum Bestand der Bibliothek von Francesco Gonzaga gehörten und in der Ed. des Inventars von Braghirolli-Meyer-Paris (1880) in drei Kategorien (in Frankreich verfaßte und geschriebene Werke, in Italien hergestellte Kopien fr. Werke, auf Fr. von Italienern verfaßte und geschriebene Werke, cf. p. 501) eingeteilt wurden, eine Gliederung in zwei, drei oder vier Gruppen, denen die Mss. zugeordnet werden; sie orientiert sich im wesentlichen an dem genannten Prinzip des Anteils der jeweiligen Sprache, It. bzw. Fr. Daneben sind einige wenige Versuche bekannt, weitere, nicht nur linguistische Kriterien für eine Klassifizierung der fr.-it. Mss. heranzuziehen. Die Einteilung der fr.-it. Texte in zwei Gruppen basiert auf dem Prinzip der Herkunft der behandelten Materie und ihrer entscheidenden redaktionellen 22

Fassung; zur einen Gruppe zählen demnach die aus Frankreich nach Italien gebrachten Texte, die dort mehr oder weniger italianisiert wurden, zur anderen die in Italien selbst entstandenen Texte. In diesem Sinne spricht sich Stengel (1909, p. 593) ausdrücklich zugunsten des binären Systems anstelle einer Drei- oder Vierteilung des Textkorpus aus. Die Problematik dieser Einteilung liegt in der Abgrenzung des Bereichs von Texten, die zwar stark italianisiert sind, aber eine fr. Entsprechung kennen, von denjenigen Mss. mit z.B. weniger starker Italianisierung der Formen, ohne daß jedoch im Bereich der eigentlichen fr.-sprachigen Literatur ein Pendant vorliegt. Hier sind Überschneidungen und Grenzfälle möglich, die zu jeweils unterschiedlichen Klassifizierungsmöglichkeiten Anlaß geben können. Modigliani (1901) möchte in diesem Sinne zwischen redazioni veneteggianti, die nur von it. Kopisten beeinflußt worden sind, und zwischen redazioni venetizzate, die die Bearbeitung von it. Redaktoren oder Kompilatoren erkennen lassen, unterscheiden (p. 569). Die fr.-it. Autoren eigenständiger Werke wie Entree, PrisePamp kommen bei dieser Nomenklatur allerdings nicht zu ihrem vollen Recht; ebenso schränkt die Formulierung den Bereich des obit. Einflusses zu sehr auf das Veneto ein und berücksichtigt nicht die sich in Nordit. allgemein verbreitende Tendenz zur Aufnahme und Adaptation der fr. Literatur. Die Zweiteilung ist in der Folgezeit insbesondere in den späteren Untersuchungen von Bertoni vertreten worden; er unterscheidet (1915) zwischen fr.-it. Monumenten, die von Italienern geschrieben worden sind (Entree, Attila, Pharsale), und zwischen Werken, die von Franzosen verfaßt und von Italienern kopiert, modifiziert oder umgearbeitet wurden (copiati, alterati, rimaneggiati, p. 428). Die beiden Klassen weisen entweder einenfondo italiano oder e i n e n f o n d o francese auf (1921, p. 227) und können als testi fr.-it. oder testi italo-francesi bezeichnet werden (cf. Ferrari 1961, p. 39). Zu den fr. geschriebenen Werken rechnet Bertoni Pharsale, Attila, Entree, HectV, RolV7, RolC, Asprem, AnsCart, FoulCand, GuiNant, zu den it. geschriebenen Werken RolV4, BovoU, BovoF, HuonAuvP und HuonAuvT (nicht jedoch B), RainLes und den Cod.Marc. fr. XIII. Er räumt jedoch ein, daß bei diesen beiden großen Gruppen jeweils noch Unterteilungen möglich sind (cf. 1921 [Far], p. 194). In neuerer Zeit ist das binäre Prinzip von Tagliavini (1959) vertreten worden, der die fr. Texte, die von it. Schreibern oder Redaktoren, z.T. mit Modifikationen verfaßt wurden, von den auf Fr. geschriebenen Werken it. Autoren abhebt (p. 422). Die Einteilung der fr.-it. Texte in drei Klassen ist zuerst von G. Paris (1865) vorgenommen worden. Er differenziert (p. 163) zwischen von it. Kopisten geschriebenen fr. Texten (z.B. Asprem, BeuveHanstV [wurde 1873 aus dieser Gruppe herausgenommen], Roland [nur allgemein]), zwischen Texten mit im wesentlichen gleichem Inhalt wie die fr. Entsprechung, jedoch mit Hinzufügungen und neuer Form (Berta, Karleto, Macaire) und schließlich zwischen neuen, von it. Autoren konzipierten Werken (Entree, PrisePamp). In der Gruppe zwei wird der gleiche Gegenstand wie in der fr. Entsprechung behandelt, die Form ist jedoch nicht ursprünglich fr.; die Texte der Gruppe drei weisen kein fr. Pendant auf (cf. Keller 1884, p. 6). 23

Die gleiche Einteilung wird auch von Riccoboni (1896-7, p. 1242) angeführt. Gautier (1878-94) ordnet den drei Klassen verschiedenartige Benennungen für den Produzenten des jeweiligen Textes zu: In der Gruppe eins geht der it. Einfluß auf it. Schreiber, scribes, zurück, die Texte der Gruppe zwei sind das Produkt it. Versifikatoren, und erst in der dritten Gruppe kann von wahren Dichtern (poetes) gesprochen werden (vol. I, pp. 269s., cf. Riccoboni 1896-7, p. 1242). In neuerer Zeit ist das Prinzip der Dreiteilung insbesondere von Viscardi (1941) wieder aufgegriffen worden. Er trennt (pp. 37s.) die Kopien fr. Originale, die z.T. auch Modifikationen aufweisen (Alisc, Asprem, AnsCart, Roland [allgemein]), von den mehr oder weniger freien Umarbeitungen, rimaneggiamenti, fr. Texte (Cod.Marc. fr. XIII, BovoU, BovoF) und von den creazioni originali it. Autoren, die auf Fr. geschrieben haben (Entree, PrisePamp, Aquilon, Huon Auv, HectV, Pharsale, Attila). Drei Typen fr.-it. Texte, die in der Zeit vom 13. bis Anfang 15. Jh. entstanden sind, führt auch Riquer (1957, p. 293) an. Anstelle von drei Klassen kann die von Gautier (1878—94, vol. I, pp. 268s.) vorgeschlagene Gliederung auch als Einteilung in vier Gruppen interpretiert werden (Gautier selbst führt keine Numerierung an); in diesem Sinne wird sie z.B. von Keller (1884, p. 6) verstanden. Demnach zählen zu der ersten Kategorie — und auch Phase der Aufnahme des Fr. in Obit. - die fr. Jongleure, die fr. Texte dem it. Publikum besser verständlich machen möchten, indem sie fr. Suffixe durch it. Endungen ersetzen und insbesondere anstelle des unbetonten-e- ein-aaussprechen. Von diesem baragouin setzen sich die (it.) Schreiber, scribes, ab, die diese Sprachform ins Geschriebene übertragen und dabei mehr oder weniger regelmäßige Kriterien anwenden; hierzu gehören die Texte Alisc, AnsCart, Asprem, FoulCand, GuiNant, RenMont, Roncevaux. Eine besondere Gruppe innerhalb dieser zweiten Kategorie (daher die mögliche Vierteilung bei Gautier) nehmen die versificateurs ein, die Wörter verändern, Verse hinzufügen oder auslassen, insgesamt die Vorlage relativ frei umarbeiten (Berta, Bovo, Rolandin, Karleto, EnfOger, Macaire). Zur letzten (vierten) Gruppe gehören schließlich die fr.-it. Autoren, Dichter, die eigenständige, neue Kompositionen in fr. Sprache verfassen (PrisePamp). Eine andersartige Form der Vierteilung der fr.-it. Texte wird von Bertoni in einer früheren Phase (1907, p. IX, 1908s., pp. 569s. [letztere Formulierung in Klammern]) vorgeschlagen. Hier umfaßt die erste Gruppe die von fr. Originalen abgeleiteten fr.-it. Texte [auf It. geschriebene Texte mit fr. Infiltration], wie z.B. RolV4, Cod.Marc.fr. XIII, BovoU und BovoF, RainLes, HuonAuvP und HuonAuvT [Cod.Marc.fr. XIII, HuonAuvP und HuonAuvT, RainLes, RolV4], An zweiter Stelle stehen die in Italien kopierten fr. Werke [keine inhaltliche Unterscheidung im späteren Wortlaut], wie Asprem, AnsCart [Asprem, AnsCart, FoulCand, GuiNant]. Die dritte Gruppe von fr.-it. Texten, die in ihrer Formulierung umstritten ist, schließt die von it. Autoren auf Fr. erdachten und geschriebenen, pensati e scritti, ein [«poemes penses et ecrits en fran9ais par des Italiens»], wie Pharsale, PassChristNV, HectV, Attila, Aquilon, Entree, PrisePamp [ 1908s. id.]. An vierter Stelle sind die verloren gegangenen fr.-it. Gedichte zu nennen, 24

wie Renaut de Montauban, Fiorio e Biancifiore, Spagna [Ogier, Espagne, Renaut, Flore et Blanchefleur u.a.]. Es ist klar, daß insbesondere diese vierte Klasse, deren Existenz nur in Ausnahmefällen aus Bibliotheksinventaren oder indirekt aus der Handschriftenfiliation erschlossen werden kann, in der Folgezeit angezweifelt, in ihrer Funktion als unergiebig für die Klassifizierung des fr.-it. Textkorpus angesehen worden ist. Die hier angeführten Klassifizierungsversuche befriedigen letzten Endes nicht. Zum einen zeigt sich, daß die Texte je nach den individuell von den Verfassern gesetzten Grenzen verschiedenen Klassen zugeordnet werden, zum anderen kann selbst im Klassifikationssystem eines einzigen Verfassers Unklarheit über die jeweilige Zuordnung einzelner Texte (cf. Bertoni 1907 und Bertoni 1908s.) bestehen, ganz abgesehen davon, daß die Art der Einteilung auch bei nur einem Verfasser zwischen der Zwei-, Drei- bzw. Vierteilung variieren kann (Gautier, Bertoni). Es erscheint daher verständlich, wenn Zingarelli (1935) die Berechtigung einer Gruppierung der fr.-it. Texte insgesamt anzweifelt und nach dem Grundsatz verfährt, überhaupt keine Abgrenzungen der Texte zueinander vorzunehmen. Allerdings erweist sich seine Schlußfolgerung, daß sämtliche unter der Bezeichnung «fr.-it.»laufenden Texte nach dem Prinzip «volevano parer francesi tutti, e non erano» (p. 468) zusammenfassend charakterisiert werden können, als für die Analyse des Komplexes Fr.-It. nicht weiter ergiebig. Vielmehr müßte in Ergänzung zu einem am linguistischen Material orientierten Schema ein Klassifikationssystem verschiedenartiger Kriterien treten, das auch Bereiche wie die komparatistische Literaturgeschichte, die Rezeptionskritik, den allgemein historischen, kulturellen, politischen und sozialen Hintergrund berücksichtigt und einen Katalog interdisziplinär erarbeiteter Kriterien als Raster an die einzelnen, als fr.-it. bezeichneten Texte anlegt. Ansätze zu einer derartigen Beschreibung des fr.-it. Textkorpus liegen mit den Untersuchungen von z.B. Bender (1961) bereits vor; er versucht, eine Progression in der Umformung des Bildes von Charlemagne in fr.-it. Werken nachzuweisen vom Mythischen zum Romanesken, und schlägt vor, auf diesem Weg mit Hilfe der verschiedenartigen Vorstellungen von der «royaute de Charlemagne» (p. 174) eine relative Chronologie zu erarbeiten. Damit wäre jedoch nur ein Teil des Fr.-It., der sich auf den Karlszyklus beziehende epische Stoff, berücksichtigt. Ein vielversprechender Ansatz zeigt sich in den Untersuchungen von Krauss (1976), der unterschiedliche Phasen in der Rezeptionsgeschichte der fr. Literatur in Obit, feststellen möchte (pp. 459ss. im Ms.): In einer ersten Phase erfolgt die Übernahme afr. Epenstoffe ohne wesentliche Korrekturen, die Feudalideologie bleibt unangetastet, das obit. Publikum ist noch ungeschieden und ohne eigenes ständisches Bewußtsein. In einer zweiten Phase vollzieht sich eine partielle Abwandlung von der obit. Feudalität aus einer antifeudalen, antikaiserlichen, guelfischen Perspektive, sie entspricht nach Krauss der revolutionären Phase des Bürgertums in den Kommunen und zeigt sich insbesondere im Cod.Marc.fr. XIII. In einer dritten Phase der Rezeptionsgeschichte kann sich das reiche Han25

delsbürgertum nobilitieren und mit dem politisch entmachteten Adel eine neue Oligarchie der signori eingehen, die sich von den unteren Schichten distanziert und eine eigene Ideologie entwickelt, die jedoch in ihren national ausgerichteten Bestandteilen auch für diese Schichten attraktiv bleibt. Es wäre zu untersuchen, inwiefern sich der von Krauss vorgeschlagene Raster auf weitere Bereiche der fr.-it. Literatur, die sich nicht auf den Karlszyklus oder andere afr. Epenstoffe beschränken, ausweiten ließe und ob sich auch hier aus der Perspektive einer ideologisch orientierten Untersuchung mögliche Ansätze zu einem Klassifizierungssystem des fr.-it. Textkorpus ergeben. Gerade in Hinblick auf die wesentlich politisch ausgerichtete fr.-it. Geschichtsschreibung (EstVen) und die Beschreibung fremdartiger Herrschaftssysteme (MPolo) wären auf diesem Gebiet weiterführende Ergebnisse zu erwarten. Die teilweise Kritik an den bisherigen Klassifizierungsversuchen darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß der sprachliche Anteil bei der Abgrenzung der fr.-it. Texte voneinander ein, wenn nicht der wesentliche Gesichtspunkt bleibt. Man kann jedoch davon ausgehen, daß der linguistische Aspekt durch andersartige Differenzierungsversuche der fr.-it. Texte grundlegende Ergänzungen erfahren kann, so daß sich erst durch eine Berücksichtigung auch dieser bisher nur wenig erforschten Bereiche eine umfassendere Gesamtschau des Komplexes der fr.-it. Literatur ergibt.

1.6 Die typologische Sonderstellung der franko-italienischen Sprache und Literatur Die Schwierigkeit der genauen Erfassung dessen, was gemeinhin als «Franko* Italienisch» bezeichnet wird, liegt mit darin begründet, daß es sich hier um ein Phänomen handelt, das nur bedingt mit ähnlichen Erscheinungen in der literarischen und sprachlichen Entwicklung anderer Länder verglichen werden kann (inwieweit die bei den fr.-it. Texten auftretende Variationsbreite von der auch bei der regionalen fr. Skripta vorhandenen [cf. Remacle, Gossen] abzusetzen ist, wird an anderer Stelle zu untersuchen sein). Aufgabe dieses Kapitels ist es, die Stellung des Fr.-It. innerhalb der Herausbildung der it. Literatur allgemein und der obit, im besonderen zu umreißen und dabei die wechselseitigen Beziehungen zwischen der sprachlichen Gestaltung der Texte und der dargestellten Materie zu erfassen. Dabei geht es mit um die Frage, ob das Fr.-It. einem bestimmten formalen Sprachtypus zugeordnet werden kann und inwieweit die Entwicklung des Fr.-It. zu einer eigenständigen Literatursprache fortgeschritten ist. Von den oben (1.1) zitierten Stellungnahmen insbesondere von Gautier und Palermo zur Frage der Existenz einer fr.-it. langue heben sich diejenigen Standpunkte ab, die zwischen gesprochener und geschriebener Sprache differenzieren und dem Fr.-It. zwar im Bereich des code parte eine eigene Existenz absprechen, dafür jedoch für den code ecrit, speziell für den literarischen Bereich, das Vor26

handensein eines eigenständig existierenden Systemcharakters durchaus bejahen. Eine Ausnahme bildet allein die Auffassung von Thomov (1964), derzufolge das Fr.-It. (in diesem Falle von RolV4) eine eigenartige Mischung von It. und Fr. sei, «qui se parlait dans le nord de l'Italie ä cette epoque-lä» (p. 283). Thomov gibt allerdings keine weiteren Belege oder Hinweise dafür, was er unter dem Sprechen des «melange italien/franfais assez curieux» versteht und von wem es zu welchen Anlässen praktiziert wurde. Möglicherweise bezieht er sich lediglich auf die Rezitation fr.-it. Texte, wie sie in dieser Form hinlänglich bekannt ist; in diesem Falle wäre es jedoch verfehlt, die Formulierung parier zu verwenden. Schon Bedier (1907—8) hat darauf hingewiesen, daß es sich beim Fr.-It. um ein Idiom handelt, «qui jamais ne fut parle nulle part» (p. 58). Das Fr.-It. ist für ihn ein «langage hybride, tout litteraire et artificiel» (1908—13, p. 116), der demnach nicht als lebendige, organisch sich entwickelnde Sprachform, mithin als natürliche Sprache angesehen werden kann. Daß das Fr.-It. nur als literarische — oder eher: geschriebene —, nicht aber als im eigentlichen Sinne gesprochene Form existiert hat, wird auch von Rosellini (1962, p. 21) herausgestellt. Monteverdi (1964, p. 539) betont ausdrücklich, daß das Fr.-It. von niemandem gesprochen wurde. Es kann in der heutigen Diskussion als unbestritten dahin gestellt werden, daß dem Fr.-It. keine realtä dialettale alsparlata (wohl aber alsscritta) zukommt und die fr.-it. Skripta einen weitgehend artifiziellen Charakter aufweist (Gossen 1975, p. 135), auch wenn z.B. Lovato Lovati in der bekannten Epistel auf die Rezitation fr.-it. Werke aufmerksam macht (cf. Roncaglia 1965, p. 738). Hier liegt nur eine sekundäre Sprachform vor, die zwar dem code phonique, dem oralen Bereich zugeordnet werden kann, die jedoch primär auf den unmittelbaren Schreibakt, auf die geschriebene Sprache bezogen bleibt, da es sich nur um die lautliche Reproduktion schriftlich konzipierter Texte handelt. Auch die Kenntnisse der fr. Sprache beruhen auf Seiten der fr.-it. Autoren eher auf schriftlicher, livresker Ebene als auf dem unmittelbaren Kontakt mit der gesprochenen Sprache. Für Massart (1964) gilt es als erwiesen, daß die Art der Aneignung des Fr. mit «exclusivement ou presque exclusivement livresque» (p. 425) bezeichnet werden kann. Die detaillierten Analysen von Renzi (1970) zu Entree führen u.a. zu dem Ergebnis, daß in der Regel der lebendige Kontakt zum Fr. nicht mehr vorhanden war, mit Ausnahme der Prosawerke EstVen und MPolo. Für die Chronik des Martin da Canal wäre darüber hinaus noch genauer zu differenzieren zwischen verschiedenartigen Sprachschichten, die in EstVen aufeinandertreffen: erstens der Kontakt mit dem gesprochenen Venez., der sich in der Vielzahl lexikalischer Venezianismen niederschlägt, zweitens der kulturelle Einfluß des Lt., das in geschriebener Form den sprachlichen Erfahrungsbereich des Chronisten beeinflußt, und drittens die nach Ansicht von Limentani (1972-3) sowohl direkte als auch indirekte, auf der Lektüre fr. Werke basierende Beeinflussung durch die fr. Sprache (p. CI). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wieso gerade das Fr. in Obit, als Form geschriebener Sprache gewählt wurde und nicht ein bodenständiger 27

Sprachtypus, der dem Adressatenkreis des obit. Publikums näher gestanden hätte. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, daß das Fr. als klassische Sprache der chansons de geste angesehen wird und sich der it. Überarbeiter oder auch der it. Dichter dieser Tradition verpflichtet fühlt, die seinem Werk obendrein ein höheres Prestige zukommen läßt. Mit dem Fr. verbindet sich das Gewicht, die Bedeutung der literarischen Tradition, derzufolge das Fr. die Stellung einer «lingua propria del narrativo» (Vidossi-Arese, in Viscardi 1956, p. 1055) erhält. Für den obit. Dichter, der nicht an die langjährige Entwicklung einer Literatursprache wie in Frankreich anknüpfen kann, legt eine bestimmte Gattungsart den Gebrauch einer bestimmten Sprache nahe: «certe forme dell'arte sono legate e quasi connaturate della lingua che le produsse» (Bartoli 1879, p. 48). Es ist bekannt, daß sich der fr.-it. Sprachtypus schwerpunktmäßig innerhalb einer bestimmten Gattung konstituiert hat und das Problem der Mischsprache sich bei den Prosawerken (MPolo, EstVen) anders stellt. Ineichen (1964) sieht das Fr.-It. als Vehikel der kulturellen und sozialen Integration und nicht als Instrument anspruchsvoller Ästhetik (p. 142); er fügt hinzu (p. 143), daß das Fr.-It. nicht zum Maßstab für den Gebrauch des Fr. bei it. Autoren erhoben werden darf, da nicht alle Italiener die fr. Sprache in Form einer Mischsprache verwendet haben (in der Eschiele Mahomet sind keine Italianismen anzutreffen). Mit dem Gebrauch der fr. Sprache verbindet sich — zusätzlich zu den in fr.-it. Werken häufig zu bemerkenden Berufungen auf bestimmte Autoren wie Turpin, Jean de Navarre, Gautier d'Aragon in Entree - gewissermaßen eine «prova di autenticitä delle favole» (Zingarelli 1935, p. 468). Das Geschehen um Karl und Roland soll in der gleichen Form (neu) reproduziert oder auch nur mehr oder weniger leicht verändert wiedergegeben werden, wie es in Frankreich selbst geläufig war. Nicht nur die Materie, sondern auch die Sprache und die Form der Werke werden mitgeliefert: «franco-italiana la materia, franco-italiana la lingua» (cf. Crescini 1896-7, p. 14), und erst in einer späteren Phase vollzieht sich mit dem allmählichen Wandel der Materie, der Adaptation an die obit. Verhältnisse, an das Kommunewesen, das sich grundsätzlich vom Feudalsystem Frankreichs abhebt, eine Veränderung auch in der Sprachform. In der frühen Phase des Fr.-It. behält die Aussage von Zingarelli, daß fr. Inhalt und fr. Form eine unzertrennliche Einheit bilden - «la lingua era inerente alia materia che trattava» (1935, p. 467) — seine volle Gültigkeit. Krauss (1976) spricht von einer durch die Gattung aufgezwungenen fremden Sprache. Erst gegen Ende des 13. Jh. formieren sich die zunächst beziehungslos nebeneinander existierenden Gattungen der lt. Literatur, der fr.-it. Epik und der prov. Lyrik zu einem Gattungssystem. Besonderer Erwähnung bedarf schließlich noch die Prosaform. Hier boten sich für das eher aristokratische Publikum im Rahmen der fr. Geschichtsschreibung der Kreuzzüge bessere Vorbilder an. Gemäß der zeitgenössischen Auffassung, die Dichtung mit Fiktion, Prosa mit Wahrheit verband, kommt den Berichten des Marco Polo durch die Prosaform ein höherer Wahrheitsgehalt zu, so daß sich hier ein weiterer Grund - neben dem allgemeinen Prestige, das die fr. Sprache in Italien im 13. und 14. Jh. genoß - für die Wahl des Fr. anführen läßt. 28

Trotz der primär am code icrit orientierten Sonderstellung des fr.-it. Sprachtypus wird das Fr.-It. in der Regel nicht als eigenständige Literatursprache (zum Konzept der Literatursprache cf. Terracini 1956) angesehen. Die Entwicklung ist nach Tagliavini (1959, p. 421) weder zu einer in gesprochener oder geschriebener Form vorliegenden langue fortgeschritten, noch kann das Fr.-It. für ihn als Versuch einer koine in Obit, angesehen werden, es bleibt auf dem Stadium eines «prodotto di un ibridismo linguistico» (p. 422). Der Standpunkt, daß das Fr.-It. nicht als «tentativo di formazione di lingua letteraria da parte» bezeichnet werden könne, wird auch von Giacon (1960-1, p. 9) in ihrer nicht publizierten Ed. des HuonAuvP vertreten. Dagegen bezeichnet Lomazzi (1972) die Sprache von RainLes, die sie allerdings abhebt von der anderer fr.-it. Texte, als Variante mit ven. Basis jener koine, die in zeitgenössischen volkssprachlichen Literaturtexten Oberitaliens anzutreffen ist (p. 79). Für Ruggieri (1961 [θ]) basiert die fr. -it. Mischsprache auf der coine letteraria supercomunale, weniger auf «elementi locali e vernacolari» (p. 21); sie beschränkt sich nicht allein auf die zona di confine des Veneto, sondern hat sich in der gesamten Lombardei - so wie sie von Dante verstanden wird ausgebreitet, so daß die Bezeichnungfranco-lombardo in diesem Kontext als die adäquate angesehen werden kann (gegen die These von einer Kreuzung des Fr. mit der εοίηέ letteraria supercomunale wendet sich Ineichen, 1964,p.l41,da das Fr.-It. eine Sonderstellung insofern einnehme, als es ein Phänomen, das keine einheitliche Realisation aufweist, darstelle; er betont auch, p. 143, daß das Fr. in Italien nicht nur als Fr.-It. an Bedeutung gewonnen hatte, sondern auch im Levantehandel als Gebrauchssprache in der Funktion einer lingua franca auftrat, cf. ib. zur Eschiele Mahomet und zur Devise im Wappen von Francesco Novello da Carrara). Der Versuch, das Fr.-It. in seiner Stellung innerhalb der Entwicklung einer eigenen Literatursprache Oberitaliens zu fixieren, erscheint durchaus legitim; er darf jedoch nicht dazu führen, das Fr.-It. überhaupt nur in dieser Perspektive, als Vorstufe zur Ausbreitung des Tosk. in ganz Italien zu sehen. Folena (1963, p. 144) weist mit Recht darauf hin, daß die fr.-it. Texte nicht als Appendix der fr. chansons de geste oder als Vorläufer von Boiardo und Ariost, in einerprospettiva toscana, bewertet werden dürfen. Es bedarf auch einer valutazione intrinseca, die den in der Literaturgeschichte oft nur am Rande behandelten Texten den ihnen gebührenden Platz zuweist und die bisweilen beachtlichen Kunstwerke nicht aus einer einseitigen Perspektive abwertet. Die Stellung des Fr.-It. in einer Übergangsphase zum Tosk., die sich z.B. auch in der Zusammensetzung der Bibliothek zweier Paduaner (cf. 1.2) aus dem 15. Jh. zeigt (Benvenuto de' Lanzarotti 1402, Piero da Lion 1445, cf. ib., p. 153, sowie die verschiedenen Übergänge zum Ende des fr.-it. Einflusses und die Situation in Padova Anfang des Trecento allgemein bei Rajna 1885-97), darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß gerade einzelne fr.-it. Werke erst die Grundlage für bedeutende literarische Produktionen der Folgezeit bilden, so etwa der Cod.Marc.fr. XIII für die Reali di Francia (cf. Vidossi-Arese, in Viscardi 1956, p. 1056) oder Entree für La Spagna in rima, 29

La Spagna magliabechiana, La Spagna in prosa, II Viaggio di Carlo Magno in Ispagna per conquistare il cammino di S. Giacomo, in prosa bzw. die Fatti de Spagna, ganz abgesehen von den zuvor genannten Autoren (cf. Catalano 1939—40, p. 6). Erst in einer späteren Phase, mit der Fertigstellung des 1379-1407 von Raffaele Marmora verfaßten Romanwerkes Aquilon de Baviere wird deutlich, daß die fr.-it. Periode sich ihrem Ende zuneigt und der Geschmack des Publikums, das Interesse an der Literatur inzwischen weiter fortgeschritten ist und der Aufschwung der tosk. Sprache und Literatur sich bereits angebahnt hat (cf. Ruggieri 1971, pp. 102s.). Thomas (1882 [R]) weist daraufhin, daß die ottava rima des Tosk. inzwischen die aus dem Fr.-It. bekannten Formen abgelöst hat und Aquilon einen Anachronismus darstellt, ein «livre mort-ne» (p. 543), das in Italien kaum bekannt geworden ist und keinen Einfluß auf die literarische Entwicklung ausgeübt hat. Ob es tatsächlich keine Bedeutung als Kunstwerk hat und nur als Dokument, als Endpunkt einer Entwicklung des Fr.-It. zu bewerten ist, läßt sich nur schwerlich abschätzen, da selbst heute noch keine Edition des Werkes vorliegt (cf. Wunderli 1975-6). Allgemein läßt sich mit den gemachten Einschränkungen sagen, daß Obit, eine Mittlerrolle zwischen Frankreich und der Toskana einnahm. Inwieweit dieser Mittelstellung eine eigenständige Rolle und Bedeutung zugeschrieben werden kann, bedarf einer ausführlicheren Untersuchung zur Uterarischen Entwicklung in Obit.; die Meinung von Crescini (1896—7), daß Obit, unfähig gewesen sei, «di formarsi un idioma suo per una sua indipendente letteratura» (p. 14), erscheint etwas zu kraß formuliert. Der fr. Einfluß, der sich durchaus nicht nur im Rahmen einer Klasse, der Oberschicht (Bezzola 1925, p. 259), geltend machte, kann insgesamt als ein Verbindungsstück zwischen Mittelalter und Renaissance in Italien angesehen werden (ib., p. 268). Schon Gautier (1878—94) unterschied vier Perioden in der literarischen Entwicklung Oberitaliens: die fr., die fr.-it., die it. und die Periode der Renaissance (vol. I, p. 346; Zingarelli 1935, p. 462). Eine detailliertere Gliederung der verschiedenen Stadien in der Literatur Oberitaliens, der Lombardei, nimmt Lomazzi vor (1972), die im Anschluß an den prov. Einfluß und die Periode des Fr.-It. die lokalen Bestrebungen zu einer eigenständigen Literatur und Literatursprache hervorhebt, bevor der «tentativo di letterarietä» (p. 82) in die toskanisierenden Bestrebungen einmündet. Ein schönes Beispiel für die Zunahme des tosk. Einflusses und das Zurückdrängen der fr. Sprache liefern die drei bekannten Versionen von HuonAuv: Nach der Berliner Fassung aus dem Jahre 1341 nimmt der fr. Einfluß immer stärker ab, während der tosk. Anteil in der paduanischen Fassung (2.H. 14./1 .H. 15. Jh.) zunimmt und die heute nicht mehr im ursprünglichen Ms. existierende Turiner Fassung von 1441 nur noch geringfügige fr. Elemente enthält (cf. Meregazzi 1937, p. 62). Crescini (1896-7) spricht von einem allmählichen Übergang vonfranco-dialettale zu tosco-dialettale (p. 23). Gerade an diesem Fall wird deutlich, wie sehr einzelne fr.-it. Werke bei mehreren Vorlagen untereinander variieren können.

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1.7 Das spezifische Verhältnis von französischer und italienischer Sprache im Franko-Italienischen Das Fr.-It. kann als das in geschriebener Form existierende, literarische Kunstprodukt eines Sprachmischungsprozesses gesehen werden, der, interpretiert man das Fr.-It. als den mehr oder weniger mißlungenen Versuch einer Nachahmung der fr. Sprache, die Komponenten des Fr. und des It. auf nicht systematische Weise miteinander verbindet; diese Auffassung schließt nicht aus, daß auch in einem «chef-d'oeuvre de barbarie» (Guessard 1866, p. XCIX), im vorliegenden Fall Macaire, eine bestimmte Grammatik des Textes vorhanden ist und die Sprache systemartigen Charakter annehmen kann. Wird das Fr.-It. dagegen als das Ergebnis einer intendierten Adaptation von Sprache und Form (neben Inhalt im weitesten Sinne) an die obit. Verhältnisse gewertet, kann der Komplex der fr.-it. Texte als Beispiel eines Sprachmischungsprozesses bezeichnet werden, der von unterschiedlichen Faktoren wie Fr.-Kenntnisse des Autors oder Redaktors, Einschätzung des Publikums, Ansehen der fr. Vorlage und Bewahrung der gattungsspezifisch und literarisch als bedeutsam erachteten Form und Tradition, Entwicklung und Ansätze von eigenen Schreibtraditionen und regionalen Schriftsprachen Oberitaliens in einer im einzelnen noch zu bestimmenden Eigenart abhängt. Aufgabe dieses Kapitels ist es, die Spezifizität des Verhältnisses der beiden Komponenten aus sprachtheoretischer Sicht zu charakterisieren und den Prozeß der Herausbildung des fr.-it. Sprachtypus in seinen Grundzügen zu bestimmen, soweit dies allgemein für das Fr.-It. und nicht in bezug auf einzelne fr.-it. Texte möglich ist. Auf die Notwendigkeit, bei der Untersuchung von Sprachmischungen der Analyse des Fr.-It. einen besonderen Platz einzuräumen, hat vor mehr als neunzig Jahren W. Meyer-Lübke (1885—6) hingewiesen, der das Fr.-It. als ein hervorragendes Beispiel für eine Untersuchung von romanischen Mischformen anführt (pp. 598s.). Die Entscheidung darüber, welcher Kategorie einzelne Mischformen zugeordnet werden können und ob in besonderen Fällen Erb- oder Lehnwörter vorliegen, wird nach Meyer-Lübke im speziellen Fall des Fr.-It. allerdings erschwert, da zwischen dem Fr. und dem Obit, besondere Beziehungen bestehen; auch Roncaglia (1965) weist darauf hin, daß das Fr. sich gerade in Obit, aufgrund einer vicinanza (p. 222) hat ausbreiten können, da es nicht als gänzlich fremdartige Sprache angesehen werden kann. Für Ruggieri (1966) gilt das Fr.-It. (-Ven.) als «una delle manifestazioni fondamentali e caratteristiche del bilinguismo protoromanzo» (p. 145). Der Terminus Bilinguismus kann jedoch nur bedingt in bezug auf das Fr.-It. angewendet werden; es handelt sich hier zwar um die generelle Praxis, alternativ zwei Sprachen zu gebrauchen (Weinreich 1953, 19707, p. 1), doch beschränkt sich die Verwendung des Fr. so gut wie ausschließlich auf den code ecrit, wenn man von den sekundären Manifestationen der Texte in gesprochener Form (Rezitation) zunächst einmal absieht. Allerdings sind hier Zwischenstufen anzusetzen, da die 31

entscheidende Absicht der Redaktoren oder Autoren in Hinblick auf eine Adaptation der Sprache und Form an die obit. Verhältnisse die fr.-it. Texte bewußt auch für eine Manifestation im code parte «präparieren» will; dies gilt insbesondere für die von Ruggieri vertretene These, daß die fr.-it. Adaptatoren ihre Texte bewußt und gekonnt in der vorliegenden Mischsprache verfassen wollten. Dem Fr.-it. kommt jedoch im Bereich des code parte keine eigentliche kommunikative Funktion in dem Sinne zu, daß es als Mittel der gegenseitigen Verständigung zwischen einem Sprecher und einem Hörer (und vice versa) dienen würde; vielmehr verbinden sich mit dem primär schriftlichen Gebrauch der fr. Sprache und ihrer Adaptation an obit. Verhältnisse bestimmte Vorstellungen konnotativer Art, die die Wahl dieser Sprachform als traditionsgebunden erkennen lassen und die darauf hinweisen, daß die fr. Sprache ein besonderes Prestige auch in diesem Raum genoß. Die sprachliche Situation kompliziert sich noch insofern, als eine eigentliche obit, oder regionale Schriftsprache zur Zeit des Beginns der Expansion der fr.-it. Literatur nur in Ansätzen vorhanden war und sich erst in einer späteren Phase des «iter linguistico» (Ruggieri 1961 [θ], p. 24) vom Fr. zum Fr.-It., Lomb. und Tosk. voll entwickeln konnte. Es ist offensichtlich, daß die fr. Sprache infolge ihrer literarischen Tradition und ihres darauf begründeten besonderen Ansehens weitaus bessere Entwicklungsmöglichkeiten als Schrift- und Literatursprache vorfand als die sich erst herausbildende, nur in Ansätzen vorhandene regionale Schreibtradition Oberitaliens, zumal die mit der sprachlichen Form und der spezifischen Gattung verbundene Thematik vorwiegend des Karlszyklus auf ein überaus großes Interesse in allen Bevölkerungsschichten Norditaliens traf. Insofern ließe sich behaupten, daß tendenzielle Ansätze in Richtung auf eine Zweisprachigkeit, nämlich It. bzw. regionaler oder lokaler Dialekt überwiegend als gesprochene Sprache einerseits, Fr. allgemein überwiegend als Modell geschriebener Sprache andererseits, vorlagen. Im Verlaufe des 13. und im 14. Jh. wird die hier nur skizzierte Situation dann sowohl durch die Entwicklung regionaler und überregionaler Literatursprachen im obit. Raum (immer bezogen auf die Volkssprache) als auch durch den tosk. Einfluß in zu differenzierender Weise ausgebaut; sie wird darüber hinaus durch die in der Frühphase des Fr.-It. bestehende Abgrenzung bestimmter Gattungen, die das Okz. als Sprache besonderer literarischer Formen bevorzugen, gekennzeichnet. Für den Bereich des östlichen Obit, oder des Veneto wäre es daher angebracht, bei einer Gesamtschau des Fr.-It. etwa folgende Texte mit in die Untersuchung einzubeziehen und sie bei der Skizzierung der sprach- und literaturgeschichtlichen Entwicklung entsprechend zu berücksichtigen: Giacomino da Veronas De Jerusalem celesti / De Babilonia infernali, die Distica Catonis, das Libro degli Exempli, die Proverbia que dicuntur super natura feminarum, die Cronica deli imperadori, die Monumentipiu antichi del dialetto di Chioggia oder die Plainte de la vierge en vieux vinitien. Mit Ausnahme des letzten Werkes gehören die hier nur exemplarisch angeführten Texte zum Bestandteil des in der Fondazione Giorgio Cini (Venezia) sich im Aufbau befindlichen avenez. Wörterbu32

ches; sie wurden bei der Charakterisierung des Lexikons von Entree in der vorliegenden Arbeit als Vergleichsbasis mit herangezogen. Aus der hier dargestellten Entwicklung ergeben sich vielfältige Fusionen und Mischungen einzelner sprachlicher Phänomene, wie sie etwa von Roberts (1939) für die Typen des Bilinguismus und der gradations of mixture, von Rosetti (1945—9) für die Differenzierung von langue mixte und melange de langues, von Devoto (1953) für die bilinguitä consapevole, von Vidos (1960) für den «bilinguisme et le mecanisme de l'emprunt» und von Moura Santos (1962) für den Bilinguismus an der sp.-port. Grenze analysiert worden sind. Im Fr.-It. haben diese Mischungen einen charakteristischen Ausdruck in Form von Uberlagerungen des fr. mit dem it. Sprachsystem gefunden. Die sprachlichen Interferenzen (cf. Peisker 1973, pp. 6s.) werden grundsätzlich nach der von Weinreich aufgestellten Definition verstanden, der als interference phenomena bezeichnet: «Those instances of deviation from the norms of either language which occur in the speech of bilinguals as a result of their familiarity with more than one language, i. e. as a result of language contact» (p. 1); dabei sind die im folgenden (pp. 1—6) gemachten Bemerkungen zu den sprachlichen und außersprachlichen Bedingungen des Kontaktes von Sprachen und Kulturen sowie die Unterscheidung von Lehnübersetzung, -Übertragung und -Schöpfung (pp. 51s.) zu berücksichtigen, die auch bei der Differenzierung von prestito integrale und prestito puramente formale ο puramente semantico von Bezzola (1925, p. 17) in bezug auf das Verhältnis fr. und it. Formen eine Rolle spielen. Im engeren Sinne wird unter dem Begriff in der vorliegenden Arbeit weniger der eigentliche Prozeß der Mischung unterschiedlicher Sprachformen () verstanden als die aus der Überlagerung resultierenden sprachlichen Mischformen selbst, die auf ihre Bestandteile hin zu analysieren ein Ziel der lexikalischen Untersuchung ist. Im Fr.-It. ist der Gebrauch der zweiten, nicht autochthonen Sprache durch den it. Redaktor oder Autor verbunden mit der Wahl bestimmter sprachlicher Register, die ihm mit der literarischen Gattung und der behandelten Materie nahegelegt werden; die Eigenart des Fr.-It. liegt mit darin begründet, daß der Registerwechsel nicht die Varianten einer einzigen langue betrifft, sondern sich auf zwei zwar verwandte, aber doch verschiedene Sprachsysteme bezieht. Daneben sieht Pellegrini bilinguale Tendenzen auch in bezug auf aven. Texte, bei denen der Autor zwischen Erscheinungen der lingua locale und der lingua supercomunale, der koine, eine Wahl trifft (1956, p. 130, id. 1960, p. 709). Limentani (1972-3) hebt die Chronik des Venezianers Martin da Canal von der fr.-it. Literatur insofern ab, als der Autor von EstVen im Prinzip auf eine correttezza linguistica zielt und den Plurilinguismus durch einen Monolinguismus ersetzen möchte, während das Fr.-It., entstanden aus einer dinamica costituzionale (pp. CIIs.), die sich mit an den Bedürfnissen eines nicht frankophonen Publikums orientiert, eher als das Produkt eines mistilinguismo interpretiert werden kann. Die Eigenart der sprachlichen Mischung des Fr.-It. ist oft Gegenstand allgemeinerer Untersuchungen gewesen, die z. B. sprechen von einem «melange presque barbare des deux dialectes du nord et du midi» (Lacroix 1839, p. 165, zu 33

Cod.Marc.fr. XIII) bzw. einem «melange singulier et barbare des idiomes du nord et du midi» (ib., p. 174, zu FoulCand), von «scritture di tale specie che direbbesi mista, nelle quali l'ibridismo ben ricorre, ma non predomina» (Ascoli 1873, p. 451). Mussafia (1864) charakterisiert das Fr.-It. in der Einleitung zur Edition von Macaire als eine «Mischsprache, deren Grundlage das Französische ausmacht, wo sich aber überall Formen und Wörter vordrängen, die der venezianischen Mundart oder vielmehr jener Art Schriftsprache entnommen sind, welche sich in Norditalien im 13. und 14. Jahrhunderte mit äußerst geringem Erfolge festzustellen suchte» (p. V). In neuerer Zeit ist das Fr.-It. von Ruggieri (1961 [θ]) als Mischsprache klassifiziert worden, die weniger auielementi locali e vernacolari denn auf einer coine letteraria supercomunale basiert (p. 21). Die auf einem vom fr.-it. Autor vielfach intendierten Kompromiß beruhende Mischung betrifft, wie auch aus den zitierten Bezeichnungen von Ruggieri hervorgeht, im wesentlichen die geschriebene Sprache, so daß man bei exakter Terminologie das Fr.-It. als das Ergebnis einer Mischschriftsprache zu bezeichnen hätte, wie es auch Lomazzi (1972, p. 86) in bezug auf RainLes tut, doch kommen bei der Oxforder und Udineser Fassung des Renart zusätzliche Eigenheiten regionaler it. Schreibtraditionen und lokaler Einflüsse hinzu. Innerhalb des Komplexes der fr.-it. Texte lassen sich auch Differenzierungen in den Mischbildungen feststellen, die auf temporalen Unterschieden beruhen. So erklärt Renzi (1970, p. 86) die Verschiedenheit des Fr. der Werke zum Ende des 13. Jh. (EstVen, MPolo) mit dadurch, daß fr.-it. Epen aus der gleichen oder auch aus späterer Zeit an das Fr. einer vorangegangenen sprachlichen Tradition anzuknüpfen versuchen, während die Autoren der beiden genannten Prosawerke weniger starr das Modell bestimmter literarischer Gattungen und Formen respektieren und phonologische und morphosyntaktische Entwicklungen in der fr. Sprache berücksichtigen, zumal hier auch neben der insbesondere bei Martin da Canal vorhandenen livresken Kenntnis des Fr. der direkte Kontakt mit der gesprochenen fr. Sprache eine bedeutende Rolle spielen kann. Die überlieferten fr.-it. Werke sind nach Renzi im wesentlichen erst entstanden, nachdem das Fr. sich in gesprochener und in geschriebener Form in Obit, festgesetzt hatte. Zur Klärung des spezifischen Verhältnisses von fr. und it. Sprache im Fr.-It. und des hier vorliegenden Sprachmischungsprozesses erscheint es erforderlich, auch auf denprocesso psicologico-linguistico (Catel 1938—40, p. 328) des fr.-it. Autors kurz einzugehen und ihn in seinen Grundzügen nachzuvollziehen. Die Aussagen des it. Übersetzers, der im Auftrage von Bartolomeo Sigismondo, conte di Caserta und Kanzler Karl II., fr. Übersetzungen von Schriften von Seneca und Lucilius anfertigte (Zingarelli 1935, p. 451, cf. Kap. 1.9), sowie des it. Dichters Bonvesin de la Riva, der die Gründe für seine volkssprachliche Übersetzung der Distica Catonis erläutert (Frey 1962, p. 13), ergeben ein erstes Bild vom Selbstverständnis eines it. Autoren und seiner Stellung zur fr. bzw. zur it. Sprache. Die Frage, welche Funktion den fr.-it. Adaptatoren, Imitatoren oder Versifikatoren im einzelnen zukommt und wie das von ihnen verfaßte Produkt in linguistischer und in ästhetischer Hinsicht bestimmt werden kann, ist beim ge34

genwärtigen Stand der Forschung über das Fr.-It. umstritten. Rosellini (1960 [SF]) spricht in bezug auf den ersten Teil von RolV4 (bis zur Narbonne-Episode) zunächst von einem traduttore, der sich von dem des zweiten Teils unterscheidet, sofern nicht zwei verschiedene Quellen als Vorlage von RolV4 anzusetzen wären. In einer späteren Arbeit (1961) bezeichnet er dann die Prise de Narbonne in RolV4 als «uno dei primi esempi, se non proprio il primo, della tradizione epica italiana» (p. 13), das, vergleichbar etwa mit Macaire, Karleto, Entree, nicht als traduzione, sondern als creazione oder ricreazione zu bewerten ist. Die Einschätzung der ersten zwei Drittel von RolV4 als «Übersetzung» eines fr. Ms., nicht als remaniement, wird auch von Mellor (1966, p. 401) vertreten. Übrigens spricht selbst Limentani (1972-3, p. CI) im Zusammenhang mit der venez. Chronik von Martin da Canal vom Fr. des Autors als von einer «traduzione mentale dal latino», die sich — wie nicht genauer zu bestimmen ist - direkt oder über ein stadio veneziano vollzogen haben kann. Der von Rosellini verwendete Ausdruck «traduttore» ist von Boni (1964, p. 290) als nicht adäquat abgelehnt worden. In der Tat ist schon in einer frühen Phase der Beschäftigung mit der fr.-it. Sprache und Literatur daraufhingewiesen worden, daß es sich insbesondere bei Personen wie dem anonymen Paduaner der Entree oder bei Nicola da Verona um troveri italiani, um continuatori der fr. Epik, nicht aber um imitatori oder traduttori handelt (Riccoboni 1896—7, p. 1242). Macaire gilt für Mussafia (1864) nicht als bloße «Überarbeitung», sondern als selbständige «Umarbeitung» (p. VI); Vidos (1960) weist darauf hin, daß MPolo und EstVen neue fr. Wortkreationen it. Ursprungs enthalten. Folena (in Lomazzi 1972) versucht in einer problematischen Trennung (cf. Holtus, Rez. zu Lomazzi 1972) das Fr.-It. als «fenomeno di trasmissione ο imitazione linguistica del francese in Italia» (p. V) von den beiden Fassungen von RainLes abzuheben, führt den Gedanken an der betreffenden Stelle jedoch nicht weiter aus. Roncaglia (1965), der die Vorstellung vom Fr.-It. als einet lingua mista alssemplicistica (p. 742) bezeichnet, räumt dem Fr.-It. zwei sprachliche Funktionen ein, die der traduzione und die der trascrizione (p. 740). Das Fr. weist, wie auch Renzi (1970) ausführt, zur Zeit der Entstehung der meisten fr.-it. Mss. schon nicht mehr durchgehend die gleiche sprachliche Struktur auf, wie sie noch den fr.-it. Texten als Vorlage diente, da der fr.-it. Autor versucht, an das «prestigio arcaico e straniero» (p. 741) einer bereits vergangenen Epoche anzuknüpfen. Der in dieser Weise konzipierte Sprachtypus stellt demnach nicht nur eine Adaptation, einen Angleichungsversuch an obit. bzw. ven. Verhältnisse, sondern auch an das sprachliche System einer bereits vergangenen, literarisch und gattungsspezifisch jedoch weiterhin bedeutsamen Epoche dar. In diesem Sinne ist das Fr.-It. mehr als eine hybride Mischform zweier synchroner sprachlicher Systeme, es ist das primär literarische Produkt eines Kompromisses zwischen der am Publikum orientierten Notwendigkeit, eine fremdartige Sprache allgemein verständlicher zu machen, und dem auf einer längeren Tradition beruhenden Ansehen, das sich mit der aus Frankreich übernommenen Materie, Form und Gattung verbindet. 35

1.8 Das Problem der Lokalisierung franko-italienischer Texte Die geläufige Vorstellung vom Fr.-It. als einer sprachlichen Mischform impliziert, daß allgemein Elemente der fr. und der it. Sprache miteinander verbunden sind. Auf einer genaueren Abgrenzung des it. Anteils beruht die Bezeichnung Fr.-Ven., die dem Ven. als dem überwiegenden Bestandteil des It. eine größere Bedeutung beimißt als anderen obit. Regionalsprachen. Einen Kompromiß bildet die Bezeichnung francese di Lombardia, die die Vorstellung von einer sprachlichen Mischung aufgibt zugunsten einer sprachlich-geographisch orientierten Auffassung eines besonderen Sprachtypus, der als das in einer bestimmten Region (Lombardei im weiteren Sinne) außerhalb Frankreichs gesprochene bzw. im vorliegenden Falle eher geschriebene Fr. interpretiert werden kann. Die in diesem Zusammenhang zu stellende Frage lautet, ob und inwieweit die jeweiligen Bestandteile der beiden Sprachen näher bestimmt werden können; abgesehen von der temporalen Komponente und der Zugehörigkeit der verwendeten Sprachelemente zu spezifischen Bevölkerungsgruppen spielt hier die sprachgeographische Lokalisierung eine entscheidende Rolle. Dabei gilt es zu entscheiden, ob es sich um eine systematische Verbindung dialektaler Formen oder um eine zusammenhanglose Vermischung unterschiedlicher Elemente handelt, wie Renier (1883) es z. B. für die Turiner Version von HuonAuv annimmt: «questo incongruo e arlecchinesco zibaldone di forme dialettali accozzate senza criterio ne legge» (p. CLXXX). Der fr. Anteil an fr.-it. Mss. läßt sich generell über den Weg der Handschriftenfiliation abschätzen, sofern die jeweilige Vorlage, die dem it. Redaktor als mögliches Modell diente, bekannt und ihrerseits lokalisierbar ist. Von Bedeutung ist hier der Umstand, daß für den it. Redaktor oder auch Autor, weniger für den it. Kopisten, eine dialektale Differenzierung der fr. Sprache weniger von Belang ist und er Formen gebrauchen kann «from various dialects considering them all equally good French» (Cerf 1910-1, p. 63). Davon abgesehen, läßt sich vom heutigen Standpunkt aus der jeweilige Anteil des Fr. in bezug auf eine Bevorzugung bestimmter dialektaler Formen in den einzelnen fr.-it. Texten in der Regel nachweisen. Meyer-Lübke (1885-6) führt in diesem Zusammenhang aus, daß die Zahl der in pik. Sprachformen verfaßten fr. Epen relativ groß ist und es daher α priori wahrscheinlich sein dürfte, daß eine große Zahl fr.-it. Epentexte in ihrem fr. Bestandteil auf dem Pik. basiert; der pik. Einfluß erscheint ihm jedoch nicht «durchschlagend», da dieser «paralysiert» wird durch den zentralfr. Anteil bei Dichtern, die andere fr. Texte gelesen oder Fr. nicht nur in geschriebener Form bei der Lektüre erlernt haben (p. 410). Als Beispiel sei auf den fr. Anteil der Chronik von Martin da Canal verwiesen; nach Catel (1938—40, p. 326) liegt die Grundlage des Fr. in EstVen im Champagnischen und Burgundischen, hinzu kommt der Einfluß aus der Ile-de-France und z. T. aus dem Pikardischen. Eine derartige Mischung dürfte sich mit durch den Umstand erklären, daß die fr. Sprache in Venedig im 13. Jh. unter sehr verschiedenartigen Formen bekannt war und der fr.-it. Autor, der eher einegrafia visiva vor sich hat, die weniger auf 36

fenomeni fonetici gegründet ist, neben dem aktuellen Gebrauch des Fr. in gesprochener Form insbesondere Kontakt zum Fr. in livresker Form hatte und hier Varianten vorfand, die ihn nicht so sehr als dialektale Merkmale des Fr. und seiner Varianten denn als Merkmale des Fr. generell interessierten und seiner Intention von der Beibehaltung der fr. Sprache als derjenigen Form entsprachen, die seinem Werke im Rahmen einer bestimmten Gattung (hier der fr. Geschichtsschreibung in Prosa) ein größeres Prestige zukommen ließ. Eine genauere, punktuelle Lokalisierung sowohl des fr. als auch des it. Anteils an fr.-it. Werken wird nicht grundsätzlich für möglich oder überhaupt für sinnvoll gehalten. So schließt sich Rosellini (1962, p. 19) im wesentlichen einem Zitat von Wilmotte an, der die Frage, ob der Kopist von RolV4 pad. oder lomb. Herkunft sei und dies in der Hs. zu erkennen gebe, als für die Interpretation des Werkes belanglos hinstellt und nur die Existenz des heute vorliegenden Textes als solchen für wichtig erklärt. Kritik an dieser wissenschaftsgeschichtlich bemerkenswerten Einstellung üben sowohl Segre (1964) als auch Stussi (1963 [SM]). Etwas anderes ist es, wenn gesagt wird, daß die genaue Lokalisierung eines fr.-it. Textes prinzipiell infolge der spezifischen Eigenart des vorliegenden Sprachtypus gar nicht oder kaum möglich erscheint. Für Peisker (1973, p. 6) tritt die punktuelle Lokalisierung eines fr.-it. Textes zurück gegenüber dem Problem der Interferenzen, die sich aus dem Zusammentreffen der lingua locale und der lingua supercomunale (Pellegrini) ergeben. Diese Auffassung steht allerdings einer genaueren Bestimmung des lokalen Bestandteils nicht entgegen; entscheidender und wichtiger dürfte für Peisker der Sprachmischungsprozeß, die Überlagerung verschiedener Sprachtypen als solche sein. In ähnlicher Weise argumentiert Ruggieri (1961 [θ]), für den das Fr.-It. als Mischsprache auf einer coini letteraria supercomunale basiert; die elementi locali e vernacolari spielen eine wesentlich geringere Rolle (p. 21). Eine derartige Auffassung erscheint insofern gerechtfertigt, als das Fr.-It. sich primär in livresker Form in Obit, behauptet hat. Wenn nun die Expansion der fr.-it. Literatur sich literarhistorisch mehr oder weniger an die okz. Literatur anschließt bzw. neben ihr besteht und die Ansätze zu regionalen Literatur- und Schriftsprachen in Obit, erst in einer späteren Phase, vor der allgemeinen Ausbreitung des tosk. Einflusses, stärker hervortreten, so kann das Fr.-It. in der Tat als Kunstsprache, als Verbindung verschiedenartiger Elemente einer sich bildenden coini letteraria supercomunale angesehen werden. Dies braucht keineswegs auszuschließen, daß in besonderen Fällen die genaue Herkunft des Schreibers, Redaktors oder Autors aus dem Werke ermittelt werden kann und sich lokale Elemente, Einflüsse einer bestimmten Mundart tendenziell nachweisen lassen. In diesem Sinne kann auch die prinzipielle Stellungnahme von Pfister (1970) interpretiert werden, der zum einen den Charakter des Fr.-It. (-Ven.) als hybrider Kunstsprache, die als allgemeine koine angesehen werden kann, hervorhebt, zum anderen den Nachweis dialektaler Elemente des Ven. durchaus für möglich 37

hält (pp. 198—202). Die Festlegung bestimmter dialektaler Komponenten in fr.-it. Texten erscheint generell möglich und auch zweckmäßig; die Frage ist nur, inwieweit über eine Bestimmung von z. B. Einzelformen als ven. oder lomb., als dem Räume von Padova oder Treviso zugehörig eine exaktere punktuelle Lokalisierung von fr.-it. Texten noch durchführbar ist, sofern nicht zusätzliche, außersprachliche Mitteilungen über den Autor, Redaktor oder Kopisten bzw. das Schreibatelier bekannt sind. Der Einfluß überregionaler Schriftsprachen und des Tosk. insbesondere in der späteren Phase des Fr.-It. überwiegt gegenüber den jeweiligen lokalen Bestandteilen. Eine Übersicht über die wichtigsten Differenzierungsversuche des fr. und it. Anteils in fr.-it. Texten, die genaue Angaben über die jeweiligen dialektalen Bestandteile enthalten, ergibt nach dem derzeitigen Forschungsstand in etwa folgendes Bild, bei dem allgemeine Stellungnahmen wie z. B. die Aussage, daß RolV4 ein colorito dialettale aufweise (Tagliavini 1959, p. 421) oder daß fr.-it. Kopisten eine Annäherung an den lokalen Dialekt (Meyer 1904, p. 92, zu RainLes) suchen, nicht berücksichtigt werden. Die Angaben sind der Aufstellung der in dieser Arbeit herangezogenen Texte mit fr.-it. Elementen oder it. Beeinflussungen auf das Fr. entnommen (cf. dort zu den Literaturangaben) und werden in der dortigen Reihenfolge zuerst für den it., dann für den fr. Anteil angeführt: AspremV4: «parlers des regions de Ferrare et de Padoue»; RolV4: Redaktion trev., vermischt mit Annäherungsversuchen an eine koine veneta; BovoU: venez. Text; Cinqagur: Marca Trevisana; Moam: Italianismen aus Obit. (Lombardei); SMarEgiz: «volgare di Pavia»; GLoh: «area trevigiana Orientale»; Canzvprov: «carattere padano e forse traspadano Orientale», östliches Veneto; RainLes: ms. Udine aus der «zona trevisana», ms. Oxford aus der «zona padovana», beide mit tosk. Zügen durchsetzt; MCharlem: «veste veneta, forse addirittura veneziana, ma piü probabilmente trevisiana»; MPolo: im Lexikon mit Venezianismen und Toskanismen durchsetzt; Auliver: Marca trevigiana, evtl. Treviso; GalitPred: piemont.; Enanchet: ms. ζ bei Montello, «altopiano veneziano» (Ruggieri), dagegen Fiebig: Grenzgebiet Lombardei/Venetien (Gegend zwischen Verona und Venedig)· Hect: franzische Literatursprache mit Einflüssen aus dem Osten Frankreichs; Moam: Ile-de-France; EstVen: Fr. der Champagne, Franzisch, Nordosten und Osten Frankreichs; PMerl: franzisch.

Aus den exemplarisch hier angeführten Versuchen, die dialektalen Eigenheiten des Fr. einerseits, des It. andererseits näher zu bestimmen, wird deutlich, daß es sich in der Regel um Angaben über größere Gebiete handelt, aus denen sich in den jeweiligen Texten einzelne Beeinflussungen nachweisen lassen. Dabei zeigt 38

sich insbesondere, daß bei Texten wie RainLes und MPolo neben den allgemeinen Angaben über eine Lokalisierung in bestimmten Zonen auch Bestandteile des Tosk. zu berücksichtigen sind und die Sprache des fr.-it. Textes auf der Seite des It. keineswegs homogen ist und nur eine einzige Komponente aufzuweisen hat ; vielmehr spielen der Einfluß überregionaler Schriftsprachen, die Ansätze zu einer coine letteraria supercomunale die entscheidende Rolle. So betont dann auch Pellegrini, daß die localizzazione puntuale für den Bereich der fr.-it. Texte als sehr schwierig, manchmal als ganz unmöglich anzusehen ist (1956, p. 130) und daß eine Lokalisierung punktueller Art z. B. nach der alleinigen Unterscheidung der Verbalendungen in fr.-it. Texten nicht möglich ist (1960, p. 709, p. 716, zu RolV4). Desto berechtigter erscheint der Versuch, das Problem des Fr.-It. allgemein vom Lexikalischen her aufzurollen und die Herkunft der Italianismen in einem fr.-it. Text zu bestimmen. So kann Gossen (1975) in einer Untersuchung zu MPolo (cf. Kaiser 1967) vier Gruppen unterscheiden, die allgemeinen Italianismen (venez. und tosk. belegt), die Italianismen, die nicht im Venez. belegt sind, einschließlich der Bedeutungsentlehnungen, Übertragungen in Morphologie und Wortbildung, die Venezianismen (Worttypus, Bedeutung, phonetische bzw. graphische Form) sowie schließlich die Toskanismen (Worttypus, phon. bzw. graph. Form). Die unterschiedlichen lexikalischen Gruppierungen lassen sich mit dadurch erklären, daß sich im Falle von MPolo verschiedenartige Skriptaschichten überlagern: die des Venezianers Marco Polo (sofern seine Aufzeichnungen fr.-venez. [oder venez.] waren), die des Pisaners Rustichello und die des mit. Kopisten (p. 136). Hier wird das generelle Problem der Trennung von Skripta und Dialekt berührt (cf. Wunderli 1969, p. 169, Rez. zu Gossen 1967); die landschaftliche Schreibtradition kann die betreffende Mundart widerspiegeln, sie kann aber auch von außen kommende Verschriftungsgewohnheiten einschließen, so daß eine aprioristische Gleichsetzung von Lautung und Graphie (Phonie und Graphie, Phonem und Graphem) unstatthaft ist. Gerade bei derart heterogenen Kunstgebilden wie den fr.-it. Texten, die auf einer hybriden Kunstsprache und auf überregionalen Schreibtraditionen beruhen, ist in diesem Sinne besondere Vorsicht geboten bei der Identifizierung bestimmter Formen als Bestandteile eines lokalen Dialekts. Für den Bereich der Interferenz, für die Interpretation des Sprachmischungsprozesses kann, wie Renzi (1970) in phonologischer und morphosyntaktischer Hinsicht in bezug auf Entree gezeigt hat, die allgemeine Dichotomie Französisch vs. Italienisch bzw. Oberitalienisch beibehalten werden. Dies schließt nicht aus, daß (insbesondere) in lexikalischer Hinsicht weitere Differenzierungsmöglichkeiten gegeben sind, die sich zwar in der Regel nicht bis zu einer punktuellen Lokalisierung fortsetzen lassen, die aber zu einer relativ genaueren Abgrenzung und Bestimmung des dialektalen it. Anteils an der überregionalen koine, an der literarischen Kunstsprache des Fr.-It. führen können.

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1.9 Selbstdarstellungen franko-italienischer Autoren und Schreiber D i e in diesem Kapitel zitierten Äußerungen fr.-it. Autoren und it. Schreiber beziehen sich auf Fragen der Datierung (cf. Kap. 1.2), auf die Person der jeweiligen Verfasser bzw. Kopisten, auf andere fr.-it. oder it. Werke, auf Widmungen an zeitgenössische Persönlichkeiten sowie insbesondere auf die Einschätzung, die die Autoren von der fr. Sprache allgemein sowie von ihrer eigenen Kenntnis des Fr. haben. D i e Äußerungen über die fr. Sprache nehmen den breitesten Raum ein; die bekanntesten stammen von Brunetto Latini und Martin da Canal: Et se aucuns demandoit por quoi eist livres est escriz en romanz selonc le langage des Francois, puisque nos somes Ytaliens, je diroie que ce est por .ii. raisons: l'une car nos somes en France, et l'autre por ce que la parleüre est plus delitable et plus commune a toutes gens. (zit. nach Roncaglia 1965, p. 727, cf. Ruggieri 1961 [θ], p. 20). Et porce que lengue franceise cort parmi le monde et est la plus delitable a lire et a o'ir que nule autre, me sui je entremis de translater l'anciene estoire des Veneciens de latin en franceis, et les euvres et les proeces que il ont faites et que il font. (EstVenL 1-1-5).

Darüber hinaus sind in den folgenden, nicht nur fr.-it. Werken Aussagen über das Fr. allgemein oder über die (subjektiv eingeschätzte) Qualität des in dem entsprechenden Werke vorliegenden Fr. anzutreffen: Por ce qe je say le franeois Ε qe [je] soy parier aneois Franchois qe nul altre lengaje, Si me samble strange e sauvaje De ce qe j(e) aipris en enf(r)an?e Laiser, car le lengue de Fran5e Est tels, qi en primer l'aprent Ja ni pora mais autrement Parier ne autre lengue aprendre. Por ce ne me doit nus reprendre Qi m'oie parier en franeois, Qe j'apris [a] parier anchois. (AntAnW 1-12; cf. Bertoni 1930, p. 76, Viscardi 1941, pp. 141s.). . . . tot soie je de povre letreüre et de povre scie^e garni; e tot soit greveuse chose a ma lange profferre le droit franeois por ce qe lombard sui, m'en entremetrai seüremant de buen euer et volentiers a tot le miels qe je le savrai fere. (Daniele Deloc di Cremona, MoamT l-Prol-5, cf. Meyer 1904, p. 78, Roncaglia 1965, p. 729).

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In diesem Zusammenhang sind auch die Kommentare it. Schriftsteller wie Dante, Petrarca, Boccaccio, Benvenuto da Imola und Fra Giovanni da Serravalle zu erwähnen, die in ihren Werken auf die Bedeutung der fr. Sprache eingehen; die entsprechenden Passagen werden zitiert und interpretiert bei Folena (1963, pp. 151s., zu Dantes D e vulgarieloquentia), Crescini ( 1 8 9 5 - 6 , p. 17), Migliorini (1954, zu Dantes Convivium), Roncaglia (1965, pp. 727s.), Ruggieri ( 1 9 5 6 [Li], 1961 [O], p. 20, 1971, p. 72). Der Autor des zwischen 1379 und 1407 entstandenen Aquilon de Baviere äußert sich wie folgt über die fr. Sprache: Ma nota qui ch'el me convien lassare Le dolce rime d'otto versi in canto Per non voller l'istoria perlongare; Illasero le rime qui da canto Pero che in prosa voglio comenzare, Che per mie rime non me darei vanto Seguir l'istoria tanto gientilescha; Pero comenzero in lingua francescha . . . (...) Ε por caver malanconie e doner dellit e giogie a ceus che unt giantil coragie l'ai redute in lingue que pora esre intandue da homes e da dames Iiteres e non Uteres. (AquilonT p. 547). Raffaele Marmora stellt sich dann selbst als der Verfasser des umfangreichen Romanwerkes vor und nennt die Entstehungszeit: Se di sapere cupida ai la mente Chi fu l'autore di tal opra intiera, De Ii prexenti versi nella schiera Lo poi vedere bien integramente. Quel che a Tobia servi si integramente Marmora el fece, el suo nome tal era. Per vinti octo ani Phebo fe suo corso Anti che fosse tal opra conpita, Ε era in Virgo - il Lion avia corso Lo sole, quando che la fu finita, Any ch'fe Cristo nato tra gli Ebrey Quatro cento cun mille uno e sei. (AquilonT p. 540). Voi che avi leto l'istoria el bei dire Scrita per proxa in lingua francescha Che trata le gran prove el grand ardire De quel Orlando pien de zentileza, Ε de Renaldo quel vertuoxo sire Con quel ducha Aquilon pien de prodeza, Se avi trovato in sentencia diffeto, Prego per quei chel sa ch'el sio coreto. Mille setanta nove cun trexento Any correa de l'incarnato augusto 41

Messo dal padre eterno onipotento Sol per salvare el pecator el justo, Quando al bei libro fo el comenzamento, Che fo conpito a vinti di avusto Possa che Cabriel fo a Nazarete Corando mille e quatro cento e sete. (AquilonT p. 557, cf. Folena 1963, p. 152). D i e bekannteste Selbstdarstellung, die zugleich in der Geschichte der Erforschung des Fr.-It. neben EstVen am häufigsten Anlaß zu Spekulationen ergab, ist die des anonymen Paduaners, des Verfassers der Entree d'F.spagne: Je qe sui mis a dir del neveu Carleman Mon nom vos non dirai, mai sui Patavian, De la citez qe fist Antenor le Troian, En la joiose Marche del cortois Trivixan, Pres la mer a .χ. lieues, ο il est plus prolan. En croniqe letree, qe escrist da sa man L'arcivesque Trepins, atrovai en Millan L'estorie e la conquise dou regne Castellan Qe fist le neveu Carles por coroner Audan, La seror Oliver, q'el plevi soz Vian. (EntreeT 10973-10982). Erst der Fortsetzer des Werkes, Nicola da Verona, nennt seinen Namen: Ci tourne Nicolais a rimer la complue De l'Entree de Spagne, qe tant est stee escondue Par ce ch'elle n'estoit par rime componue Da cist pont en avant, ond il l'a proveüe Pour rime, cum celu q'en latin l'a leüe. (EntreeT A125-129). D i e Anspielung im gleichen Epos auf das Buch des Rustichello da Pisa, Marco Polos Milione, wurde im Kapitel über die Datierungsfragen (1.2) bereits angeführt (EntreeT 13860). Einen wichtigen Hinweis im Werke Marco Polos enthält das Kapitel I (22s.): Le quel puis, demourant en le chartre de Jene, fist retraire toutes cestes chouses a messire Rusticiaus de Pise, que en celle meisme chartre estout, au tens qu'il avoit mccxcviii anz que Jesucrit nesqui. (MPoloB). Über die genaue Identität von Maistre Martin da Canal läßt sich trotz vielfacher Bemühungen und der in der Chronik selbst enthaltenen Angaben letzten Endes nichts Definitives sagen: . . . et por henor de la gentilessc et dou peuple venesiens, je Martin da Canal sui entremis de translater de latin en franceis les henorees victoires que ont eües les Veneciens au servise de sainte Yglise et au servise de sa noble cite. (EstVenL 1-1-2). 42

. . . je maistre Martin da Canal, que ai leües et parleües les ancienes estoires, me sui entremis de translater de latin en franceis les euvres des Venisiens . . . (EstVenL 2-I-ls.).

Lediglich über seine vermutliche soziale Herkunft, seinen Beruf und seinen Tätigkeitsbereich hat Limentani u. a. in seiner Einleitung zur Edition der Chronik (1972—3) wertvolle Ergebnisse liefern können. Nicola da Verona, ein Poet des Hofes mit bisweilen moralisierendem Unterton (Crescini 1895-6, p. 4), widmet die Pharsale dem aus dem Hause Este stammenden Nicolö I in Ferrara: Ε ce qe (je vous cont dou feit des Romanois Nicholais le rima dou pais veronois Por amor son seignor, de Ferare marchois; Ε eil fu Nicholais, la flor des Estenois, Corant mil e troi cent ans e qarante trois. (PharsaleW 1933-7).

Über das in seinem Werke anzutreffende Französisch urteilt Nicola da Verona folgendermaßen: (...) Qar (e ne sai nuls hom en Paris ne en Valois Qe non die qe ces vers sont feit par buen fran^ois. (PharsaleW 1946-7, cf. Crescini 1895-6, pp. Is., Roncaglia 1965, p. 753).

Niccolö da Casola, der sein Epos Guerra d'Attila Aldobrandino III d'Este (oder Bonifacio Ariosti, cf. Crescini 1895—6, p. 6) widmete, schreibt über die Entstehung seines Werkes: (...) Me sui mis in euer veiler et nuit et jor Por afater Ii escript et la croniche maor De eist filz au livrer, que a si grant furor Veut confondre Ytaire e Ί batisme anchor. In Friul me sui penez in l'Istrie et in Chalor, In la Marijhe et in Lomgbardie et in mant terres et bor Por atrover li escript de Atille et la flor, Et quant n'ai trovez in lenga?e franchor L'oie tot translate, et bataille et grant stor, Et quant que atrovai de sa ystoire le vor. (Attilas X V I - 6 0 8 5 S . ) .

Das venezianische Manuskript des Hect liefert im Epilog einen Hinweis auf die Herkunft und Identität des it. Bearbeiters: Deo gracias. Amen. Da Portviel Guiaume sui. Buen servir est gardier aeui. Des causes noires grand merci; De ce che ay escrit bien sui meri. (HectVP 2045-9, cf. Bartoli 1880, p. 108).

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Schließlich enthält SMarEgiz eine Angabe darüber, daß das Ms. am 22. 12. 1384 von Arpino Broda, einem venez. Notar, abgeschlossen wurde: Explicit legenda sancte Marie Egypciane. Deo gratias amem. Arpinus broda ita scripssit Ad honorem cruciffixi Anno Currente Millesimo Trecentesimo Octuagesimo Quarto Indicione septima die xxij menssis decebris. Iste liber est Arpini brode notarij filij condam Johannis porte pontis parochie Ecclexie sancti Marini. Deo Gracias Amem. (SMarEgizC p. 103).

Insgesamt können die hier angeführten persönlichen Daten und Selbstdarstellungen fr.-it. Autoren und Bearbeiter nicht darüber hinwegtäuschen, daß dem Literaturhistoriker heute nur wenige konkrete Angaben über die eigentlichen Verfasser der sich in Obit, ausbreitenden fr. Literatur, über ihre Nachahmer, Epigonen und über ihre schöpferischen Neubearbeiter bekannt sind. Nur in Ausnahmefällen ist es möglich, einen fr.-it. Dichter über das eigene literarische Werk hinaus in historischen Quellen, in zeitgenössischen Urkunden verschiedener Art nachzuweisen. Aufgabe des folgenden Kapitels ist es, das in den bisherigen Zitaten angedeutete Verhältnis des Autors zu der von ihm gewählten Sprachform zu analysieren.

1.10 Die Eigenart der Beziehung zwischen Autor und Sprache im Franko-Italienischen Mit der Beziehung zwischen dem it. Redaktor, Kompilator, Autor und dem von ihm redigierten fr.-it. Werk, dem allgemeinen Verhältnis von Autor und Sprache wird eine Kernfrage des Fr.-It. berührt, die mit zu den Kriterien für eine Abgrenzung des Komplexes der fr.-it. Texte herangezogen werden kann. Sie betrifft die Frage, wie der Verfasser eines fr.-it. Werkes sein eigenes Produkt, die darin verwendete Sprachform beurteilt oder welche möglichen Schlüsse sich indirekt aus seinen Aussagen ziehen lassen. Dazu seien zunächst noch einige weitere Belege angeführt, die die Stellung des Fr. in Italien betreffen und den Hintergrund für die Entstehung der fr.-it. Sprache und Literatur beleuchten. Bartolomeo Sigismondo, Graf von Caserta und Kanzler von Karl II., ließ Übersetzungen von Seneca und Lucilius auf Fr. anfertigen; der nicht fr. Übersetzer entschuldigt sich in einer einleitenden Stellungnahme für die unausweichlichen Fehler, die er bei diesem nicht aus eigenem Antrieb entstandenen Werk machen wird. Zingarelli (1935, p. 451) stellt allerdings mit einiger Berechtigung die Frage, inwieweit die Entschuldigung des Übersetzers noch aufrichtig gemeint ist, nachdem das Fr. in dieser Zeit bereits ein besonderes Ansehen genoß und als 44

die adäquate Volkssprache für die Übersetzung philosophischer Werke angesehen wurde. Thomas de Celano, der erste Biograph von Franz von Assisi, berichtet, daß die Lobgesänge des Herrn in lingua francigena verfaßt wurden; während spätere Biographen diese Aussage de Celanos wieder aufgreifen, meldet Meyer (1904, p. 68) Bedenken an, da über die Fr.-Kenntnisse von Franz von Assisi, der sich nicht wie sein Vater öfter in Frankreich aufhielt, wenig bekannt ist und auch die fr. Sprache in seinem Raum nicht wie in Obit, verbreitet war. Entscheidend ist jedoch, daß dem Fr. offenbar auch in diesem Zeugnis des 13. Jh. ein großes Prestige beigemessen wird, obwohl es sich bei dem berichteten Sachverhalt möglicherweise nur um eine Legende handelt. Meyer führt ferner den in Bologna lehrenden Juristen Odofredo (gest. 1265) an, der von «joculatores qui ludunt in publico causa mercedis» und von «orbi qui vadunt in curia communis Bononie et cantant de domino Rolando et Oliverio» (p. 69) erzählt. Während die fr. Prosawerke eher die «classes nobles ou bourgeoises» (p. 74) als Zielpublikum hatten, dürfte sich die in dem Zitat genannte Materie großer Beliebtheit in allen Schichten erfreut haben (cf. Kap. 1.11). Einen weiteren Beleg für die Bedeutung, die dem Fr. auch in nicht fr.-it. Texten dieser Zeit beigemessen wird, bringt Limentani (1966 [Cro]) im Anschluß an ähnliche Zitate von Raimon de Bezier (1313) und Ramon Vidal (Rasos de trobar) anhand eines Miroir des dames (p. 1180), in dem es heißt: Et pour ce convient il moult de choses metre es escripture, et me'ismement translater de latin en fran^ois, pour ce que chascune chose soit meuz seüe et plus communement.

Daß derartige Aussagen sich jedoch nicht nur auf das Fr., sondern — zum Zwecke des besseren Verständnisses im allgemeinen - überhaupt auf die Übersetzung aus dem Lt. in die Volkssprache beziehen, zeigt auch die Rechtfertigung, die Bonvesin de la Riva für seine Übersetzung der Distica Catonis in die zu seiner Zeit gesprochene und geschriebene Sprache anführt: E' frate Bonvesino da Riva kilö voy volgarizzare Ii amaistramenti del Cato, chi Ii vole aldir cuytare a utelitade de molti, azö ch'eli se possen acustumare; tuto zö che faticha sia, volio questo ditao fare, (zit. nach Frey 1962, p. 13).

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, welche Gründe den fr.-it. Autor oder Redaktor bewogen haben, trotz der sowohl bei ihm als auch in der Leserschaft bzw. dem Publikum weniger vorhandenen Kenntnisse die fr. Sprache als Sprachform für sein Werk zu wählen. Er dürfte sich dabei in einer Situation befinden, in der er einen Kompromiß zu suchen hat zwischen dem Wunsch, das Ansehen des ausländischen Originals, des literarischen Modells zu bewahren, d. h. Sprache und Form des fr. Vorbildes beizubehalten, und der Notwendigkeit, sich im breiten Publikum verständlich zu machen (cf. Roncaglia 45

1965, p. 740). Diese Meinung vertritt auch Grimm (1974) in bezug auf RainLes; er sieht den Kompromiß darin, daß der it. Redaktor versucht, zum einen die Forderung des Publikums nach Verständlichkeit des Textes zu erfüllen, zum anderen an das Prestige des fr. Originals Renart anzuknüpfen (p. 473). Stendardo (1941) führt in der Einleitung zur Edition von Attila aus, daß Niccolö da Casola den Wunsch hat, daß sein Fr. von allen verstanden und geschätzt, compreso e gustato (p. XL), werde; Attila wird als Beispiel für die in Italien erdachten und geschriebenen (pensato e scritto, p. XLI) fr. Gedichte herausgestellt, für die sich die Autoren eine ihnen eigene Sprachform schufen, «una loro lingua convenzionale che fosse da tutti compresa». Palermo (1965) spricht sich dafür aus, daß das Fr.-It. aus der Notwendigkeit der Jongleure entstanden sei, sich dem it. Publikum überhaupt verständlich zu machen (p. 687). Etwas differenzierter urteilt Hall (1974), nach dem der fr.-it. Text grundsätzlich auf die fr. Sprache hin konzipiert, zum besseren Verständnis jedoch mit it. Formen versehen war, «intentionally based on Old French, but covered with a patina of North Italian sounds and forms» (p. 137). Catel (1938—40) sieht den Kompromiß, den Martin da Canal bei der Redaktion von EstVen eingehen mußte, zwischen den «rimembranze letterarie» des Autors und den «abitudini linguistiche sue proprie» (p. 39). Palermo (1966) macht den mehr oder weniger starken Grad der Italianisierung des Textes, der keiner festen Regelung unterworfen ist, abhängig von den «dispositions d'esprit des divers scribes» (p. 1286), was jedoch nur einen Teil der fr.-it. Texte betrifft und die eigentlichen Neuschöpfungen der fr.-it. Autoren nicht berücksichtigt. Im Sinne der hier angeführten Zitate läßt sich sagen, daß die Mischform der fr.-it. Texte nicht allein in der Unfähigkeit des Redaktors oder Verfassers eines Werkes begründet sein kann; vielmehr stellt sie einen Kompromiß dar zwischen der durch die Gattung und die Materie aufgezwungenen fremden Sprache und der Notwendigkeit, sich trotz der Fremdartigkeit der Sprachform beim Publikum allgemein verständlich zu machen, was bei der Übernahme in einen anderssprachigen Raum eine sprachliche Anpassung mit sich bringt (cf. Krauss 1976). Ineichen (1974) weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, daß hier letzten Endes auch ein informationstheoretischer Unterton mitschwingt in der Frage, inwieweit Mischformen, wie sie bei den fr.-it. Texten vorliegen, überhaupt noch verstanden werden können (p. 142). Einen Schritt weiter in der Diskussion um die Abgrenzung des Fr.-It. geht Bertoni (1921) mit der Auffassung, daß, bevor die Frage der Existenz einer lingua fr.-it. entschieden werden kann, festgestellt sein muß, ob der Autor die Intention gehabt hat, in diesem gergo zu schreiben und den «compromesso foneticamente e morfologicamente italo-francese» (p. 229, cf. Viscardi 1941, p. 47) einzugehen. Der Unterschied zu anderen von Italienern geschriebenen nicht it. Texten würde demnach darin bestehen, daß z. B. in den Werken des it. Trobadors Bartolomeo Zorzi sporadische Italianismen nachgewiesen werden können, daß bei den fr.-it. troveri jedoch die Italianismen systematisch in den Text eingebaut worden sind (so Crescini 1896-7, pp. 12s.). Von daher gesehen wird es klar, 46

daß die Bewertung der Sprache eines fr.-it. Textes nicht nach dem Prozentsatz des fr. bzw. des it. Anteils vorgenommen werden kann; vielmehr zeigt sich hier die Fähigkeit der einzelnen fr.-it. Schriftsteller, deren «intento volgarizzatore» durchaus unterschiedlich zu veranschlagen ist (Ruggieri 1971, p. 97), zwischen den beiden genannten Polen einen Mittelweg einzuschlagen und ihre jeweils spezifische Sprachform zu finden, «adoperare consapevolmente un idioma per sua natura costantemente ibrido e arbitrario, imponendogli una norma lessicale morfologica strutturale» (ib., p. 95). Die Französismen in einem Text wie RainLes oder die Italianismen in einem anderen Text sind nicht das Resultat einer «degradazione linguistica» eines schlecht verstandenen oder übersetzten fr. Textes, sondern die «componenti attive e vitali di una lingua ibrida, di un intenzionale impasto linguistico eterogeneo» (Lomazzi 1972, pp. 84s.). Als ein entscheidendes Kriterium für die Charakterisierung eines fr.-it. Textes im engeren Sinne und der ihm eigenen Sprachform kann demnach das bewußt vorgenommene, intendierte Streben des Autors oder Redaktors nach einem hybriden Sprachtyp angesehen werden. Der in fr.-it. Texten mehrfach anzutreffende Prolog (cf. etwa GuiNantVprol) kann in diesem Sinne als eine Art lascia-passare für den Hörer bzw. Leser des fr.-it. Werkes interpretiert werden, der ihn auf die besondere sprachliche Eigenart des nachfolgenden Textes einstellen soll (cf. Ruggieri 1966, p. 153). Für die Interpretation der Abweichungen, die ein fr.-it. Text gegenüber einer möglichen fr. Vorlage aufweisen kann, sind nicht allein die prozentualen Anteile der einzelnen Komponenten aus dem Fr. und dem It. und der mögliche Grad der Ignoranz des Fr., der sich daraus ablesen läßt, maßgebend, sondern es lassen sich mehrere Faktoren nennen, die hier eine Rolle spielen: zum einen der Zustand des jeweiligen fr. Ms., das dem Autor, Redaktor oder Kopist als Vorlage dienen kann, und damit generell die Stellung des Archetyps, von dem die fr.-it. Hs. abhängt oder abhängen kann, zum anderen der jeweils unterschiedliche Eingriff des Verfassers der fr.-it. Redaktion des Textes (cf. ib., p. 150), der als eine bewußte Adaptation interpretiert werden kann und dem von Seiten des Autors in besonderen Fällen eine sprachschöpferische Mittlerfunktion zwischen den beiden Sprachen zukommt, (cf. in diesem Zusammenhang die Bemerkungen von Devoto 1953 zur «bilinguitä consapevole»). Das francese di Lombardia (Renzi 1970, p. 86) wird bisweilen als modernes pidgin oder sabir mit reduziertem phonematischen und grammatischen Repertoire und eingeschränktem Lexikon verstanden. Der fundamentale Unterschied besteht jedoch darin, daß bei einem pidgin mit der funktionellen Reduktion der Morpheme in der Regel ökonomische, utilitaristische Ziele verfolgt werden; im Gegensatz dazu weist dasfrancese di Lombardia freie morphologische Varianten auf, die dem ökonomischen Prinzip entgegenstehen und das Fr.-It. als eine besondere literarische, auch kulturell bedeutsame Sprachform ausweisen, das sich also nicht allein auf einen informations- oder kommunikationstheoretischen Sektor beschränken läßt. Im Widerspruch zu den bisher gemachten Aussagen über den bewußt einge47

gangenen Kompromiß fr.-it. Autoren und Redaktoren steht die Auffassung, daß der Verfasser oder auch nur der Schreiber eines fr.-it. Textes, wenn er einen fr. Dialekt als Ausgangsbasis wählt oder Formen verschiedener fr. Dialekte in sein Werk einbringt, sie alle als gleichermaßen gutes Fr. anerkennt (Cerf 1910-1, p. 63) und daß das fr.-it. Produkt für einige fr.-it. Schriftsteller sich nicht von einem tatsächlichen fr. Werk unterscheidet, mithin für den Autor der Unterschied fr. vs. fr.-it. nicht existiert. Als Beispiele sei—neben den in Kap. 1.9 zitierten Versen aus Pharsale — auf die Untersuchungen von Thomas (1882 [R], p. 542) zu Aquilon von Raffaele Marmora verwiesen oder auf die Berliner Fassung von HuonAuv, von der Mainone (1911, p. 43) sagt, daß sie, im Gegensatz etwa zu Bovo oder Macaire, überall das ehrliche Bemühen des Autors zeige, fr. schreiben zu wollen. Die Konsequenz, die sich letzten Endes aus dieser Auffassung ergibt, ist die Einschätzung des fr.-it. «rimatore che volle ma non seppe comporre in lingua d'o'il» (Rajna 1870, vol. III, parte 2a, pp. 396s., cf. Viscardi 1941, p. 45). Eine entscheidende Abwandlung fand diese häufig vertretene Ansicht in neuerer Zeit in den Arbeiten von Ruggieri (1961 [θ]); die fr.-it. rimatori wollten die ihnen vorliegenden fr. Texte weder übersetzen noch auf Fr. neu schreiben (riscrivere in francese), ihre Intention läuft vielmehr darauf hinaus, die Texte ihrem Publikum bzw. ihrer Leserschaft zunächst einmal zugänglich und überhaupt verständlich zu machen (volgarizzare) und dabei die «chiara impronta di veste idiomatica originaria» (p. 24) des fr. Modells beizubehalten. Die Funktion und die Intention der fr.-it. rimatori läßt sich demnach zusammenfassen in dem Satz: «vollero e seppero scrivere la Mischsprache che effettivamente scrissero» (ib.). Daneben läßt sich zwar eine mehr oder weniger bedeutsame Ignoranz der fr. Sprache bei fr.-it. Autoren, Redaktoren nachweisen, deren Ausmaß von Fall zu Fall abzuschätzen ist, doch kann das Fr.-It. nicht generell als das Produkt dieser Ignoranz bezeichnet werden. Es stellt sich vielmehr von Gedicht zu Gedicht verschieden dar und weist zahlreiche Graduationen, Varietäten auf, die von einem quasi normalen Fr. bis zu einer nahezu normalen it. (bzw. ven.) Fassung reichen. Für Monteverdi (1955) beruht es nicht auf einer Konvention, sondern auf einem bilancio (p. 27) zwischen der Intention des Autoren, fr. zu schreiben, und seiner Ignoranz der fr. Sprache. In der Tat läßt sich der Komplex des Fr.-It. in diesem Sinne charakterisieren; für Ruggieri spricht das Bemühen fr.-it. Autoren, einen Kompromiß zwischen literarischer Tradition und Verständlichkeit im Publikum zu finden, gegen ihn spricht die bei fr.-it. Redaktoren anzutreffende Selbsteinschätzung von der angeblichen Korrektheit ihres Fr., die nicht nur als vorgetäuscht angesehen werden darf. Eine prinzipielle Entscheidung für eine der hier zitierten Auffassungen wird der Problematik der fr.-it. Sprache und Literatur jedoch nicht gerecht. Auch hier dürfte der von Rajna aufgestellte Grundsatz, daß es soviele Lösungen des Problems «Fr.-It.» gibt, wie Texte vorhanden sind, nicht völlig von der Hand zu weisen sein. Diese Ansicht wird verstärkt durch die Variationsbreite der zu dem Bereich «Fr.-It.» zu zählenden Texte, die von der Epik über die Lyrik bis zur Prosa der Geschichtsschreibung und der Reiseliteratur reicht. 48

Dabei zeigt sich, daß der jeweilige Autor, Redaktor, Kompilator oder Kopist eines fr.-it. Textes seinem Werk in ganz unterschiedlicher Weise gegenüber stehen kann und sich selbst verschiedenartige Vorstellungen von der Eigenart seines Produktes macht, die von einer Entschuldigung bis zur Glorifizierung seiner angeblichen Fähigkeiten reichen. Es wäre verfehlt, wollte man die hier vorliegende Vielfalt nur aus einer Perspektive betrachten und die zeitlich sich über mehr als zwei Jahrhunderte erstreckende Expansion der fr. Sprache in Obit, als das Ergebnis eines einzigen Faktors einstufen, der sich zwar bei einigen Autoren manifestiert, jedoch längst nicht für den Gesamtkomplex der fr.-it. Texte seine Gültigkeit behält. Auch der Grundsatz, daß der Gebrauch der fr. Sprache sich dadurch erkläre, daß das Fr. mit der «materia eroica e romanzesca» (Crescini 1896-7, p. 12) als untrennbar verbunden eingeschätzt wurde, ist zwar im Prinzip richtig, betrifft jedoch nur einen Teil der fr.-it. Literatur und bedarf daher für die Erklärung des Gesamtphänomens einer Ergänzung. Die fr.-it. Texte sind das Ergebnis eines Prozesses, der sich unter spezifischen kulturellen, politischen, literarischen und sprachlichen Bedingungen entwickelt und eine Skala von Texten hervorgebracht hat, deren Stadien, etwa Moam, EstVen, Cod.Marc.fr. XIII und Entree, BovoU und BovoF, Aquilon und HuonAuvT, nur noch wenige gemeinsame Bezugspunkte (Abhängigkeit vom Einfluß der fr. Sprache und Literatur) aufweisen.

1.11 Die Rezeption der franko-italienischen Literatur im oberitalienischen Publikum Die Besonderheit der Rezeptionsgeschichte der fr.-it. Literatur beruht auf dem Umstand, daß es sich beim Fr.-It. um eine für das Publikum fremdsprachliche Literatur handelt, die sowohl - was insbesondere die karolingischen Epen betrifft Ausdruck einer anderen Gesellschaftsordnung ist als auch vom obit. Kommunewesen abweichende sozio-ökonomische Verhältnisse widerspiegelt. Krauss (1976) hat im einzelnen dargelegt, daß dennoch die vorgegebenen Strukturen der übernommenen Gattung bewahrt worden sind und nur einzelne Umsetzungen, auch bei den Protagonisten und bei der Motivation der Handlung, in fr.-it. Epen angetroffen werden können. Erst in einer späteren Phase entwickelt sich das Selbstbewußtsein der führenden sozialen Gruppen so weit, daß es zur Schaffung einer spezifisch neuen Gattung, der Novelle, kommt, die dann auch zusammen mit einer Verlagerung der literarischen Schwerpunkte in die Toskana bzw. in eine auf dem Tosk. basierende Literatursprache gesehen werden kann. Das nordit. Publikum zeigte bald kein Verständnis mehr für die fr. Feudalproblematik um die Wende vom 12. zum 13. Jh., es forderte andere politische Inhalte mit anderen ideologischen Perspektiven, wie sie z. B. in PrisePamp und in ChevOger in Form einer riabilitazione nazionalistica (Ruggieri 1971) deutlich werden: Verbunden mit einem neuen Nationalgefühl, einem neuartigen Natio49

nalstolz, der aus einer veränderten sensibilite historique resultiert, gelangt Nicola da Verona in PrisePamp zu einer Art Rehabilitation von Didier und den Lombarden in der chanson de geste (Ruggieri 1969, p. 44). Daß die Feudalproblematik für das Publikum der obit. Kommunen trotz der grundsätzlichen Begeisterung für die fremdartige Materie - man denke etwa an die Epistel des Humanisten Lovato Lovati oder an das 1288 in Bologna erlassene Dekret gegen den Verbleib der cantatores francigenarum auf den Plätzen der Kommune (cf. Bartoli 1879, p. 32) — nicht mehr die Resonanz besaß wie in Frankreich, zeigt sich auch an der gegenüber den in Frankreich zirkulierenden Mss. des Roman de Renart nur spärlichen Anzahl zweier aus It. stammender, heute erhaltener Hss. von RainLes; dazu bemerkt Lomazzi (1972, p. 25) mit Recht, daß es sich bei RainLes um eine Verlagerung der Thematik in ein «ambiente culturale diverso» handle, «in cui la vivace parodia di una corte feudale non aveva risonanza». Auf die sich anbahnende Zuwendung zum Tosk. macht schon Bartoli (1879, p. 39) aufmerksam, wenn er erklärt, daß das Fr.-It. nicht eigentlich gesprochen worden ist, sondern eher das Ergebnis eines Versuchs darstelle, «di elevare la lingua parlata a lingua scritta»; der Versuch führte jedoch nur zur Kreierung einer hybriden Sprachform, weil nicht genügend Zeit zur Konstituierung der neuen Spezies vorhanden war; die sich anfangs entwickelnde fr.-it. Sprachform sei erstarrt, kristallisiert, weil ein neuer Dialekt die hervorragende Rolle in der Literatursprache zu spielen sich anschickte: das Toskanische. Dem Fr.-It. wird damit die Möglichkeit genommen, sich organisch weiter zu entwickeln. Die Verlagerung zum Tosk. konnte sich auch deshalb mit vollziehen, weil in der Toskana die Epopee direkt aus Frankreich übernommen und in Form der ottava rima dem Publikum vorgestellt worden war, während in Obit, die fr.-it. Rezeption der chansons de geste zunächst zu keinen entscheidenden Wandlungen in der Form und der Struktur der Gattung führte (Crescini 1896-7, p. 20). Wenn auch im Verlaufe der Rezeption der fr.-it. Literatur in Obit, sich eine Progression feststellen läßt und eine Wendung vom adligen zum bürgerlichen Zielpublikum stattgefunden hat (Krauss 1976), so muß zunächst betont werden, daß prinzipiell nicht nur jeweils eine soziale Schicht sich von der neuen Literatur angesprochen fühlte. Rugieri (1961 [θ]) bezeichnet das Fr.-It. als «lingua strutturalmente, culturalmente e socialmente interclassista» (p. 27), es vermag eine Verbindung herzustellen zwischen dem Fr. (nobile) und dem It. (popolare); als das geeignete Mittel zur Verbreitung des Geistes und der Form der chansons de geste und ihres mondo epico-cavalleresco erfreute es sich beim Adel und beim Volk großer Beliebtheit. Die fr.-it. Epen wurden, wie Zingarelli (1935, p. 467) unterstreicht, in der gesamten Marca di Aquileia begeistert aufgenommen, sie fanden Zuhörer und Leser von Treviso bis Verona, von Padova bis Venezia, bis Ferrara und Bologna, wobei als Vermittler des Fr. zunächst nur die trouveres und jongleurs, die auf der via francigena peregrinorum (Bedier 1907—8, p. 58) ins Land kamen, anzusehen sind, nicht die schriftlichen Zeugnisse in Form von Vokabularien oder Gramma50

tiken. Auf den Plätzen der Städte, in Bologna, Milano und in der Toskana verkehrten die ystoriones und schilderten aliquas pulcras et virtuosas ystorias sicut nunc in foro cantatur de Rolando et Oliverio. Finito canto ystorionum, adveniebant mymi, qui cytharas pulsabant seu liias, et decenti motu corporis se circumvolvebant. Et sie populus delectabatur melodia et instruebatur ystoria. (zit. nach Ruggieri 1971, p. 80).

Bartoli (1880, p. 93 η 14) zitiert die Angaben von Muratori über die von Roland und Oliver singenden histriones im teatro di Milano : super quo histriones cantabant, sicut modo cantantur de Rolando et Oliverio. Finito cantu, bufoni et mimi in citharis pulsabant, et decenti motu corporis se circumvolvebant.

Der bekannteste Beleg für die Aufnahme des Fr.-It. und wohl auch für das Wohlwollen zeitgenössischer Humanisten gegenüber dem sich in den Epen offenbarenden umanesimo cavalleresco (Ruggieri 1971, pp. 82s.) ist die in Kap. 1.2 zitierte Epistel von Lovato Lovati (cf. Roncaglia 1965, pp. 736s.). Lomazzi (1972) weist darauf hin, daß der Gebrauch bestimmter Formulierungen von besonderem Einfluß war auf die tecnica della recitazione giullaresca (p. 28) und daß die Deformation sich zuerst im mündlichen Vortrag anbahnte (p. 85). In der Tat lassen sich die unter dem Namen Fr.-It. zusammengefaßten Werke differenzieren nach der Art der Rezeption, nach dem Publikum, für das die neuen Werke, die Nachahmungen oder die Kopien geschaffen wurden. So kann der anonyme Paduaner der Entree, auch wenn er sich oft darauf beruft, daß Turpin ihm die Zeilen diktiert habe und er davon singen möchte, als literarisch Gebildeter, als uomo di studio (Bartoli 1879, pp. 44s.) angesehen werden, der schreibt, um gelesen zu werden — im Gegensatz zu den «poeti piü della piazza che del castello» (p. 47). Auch die Pharsale läßt sich als ein Werk, das für die grands seigneurs verfaßt wurde, klassifizieren (Bedier 1907—8, p. 58), in diesem Falle besonders für Nicolö d'Este (gest. 1344, cf. Roncaglia 1965, p. 753). Über die «lettori di romanzi francesi nel Quattrocento alia corte estense» informiert Bertoni (1921, pp. 253 bis 261); die Bibliothek der Gonzaga faßte zu Beginn des 15. Jh. mehr als 400 Bände (Braghirolli-Meyer-Paris 1880, p. 497, Cappelli 1889). M. de Riquer (1957) bewertet RolV4 als ein manuscrit de bibliotheque (p. 309), das konzipiert wurde für die Lektüre, nicht für die Rezitation auf öffentlichen Plätzen: «le jongleur a ete remplace par le livre» (ib., cf. Rosellini 1962, p. 324). Das Prinzip des öffentlichen Vortrags trifft dagegen eher für die Kompilation der Geste Francor di Venezia, Cod.Marc.fr. XIII, zu, von der Henry (1961, p. 137) erklärt, daß sie von einem jongleur populaire zusammengestellt wurde, «qui travaille pour le peuple». Die Intention, fremdsprachige Texte (nicht nur fr., sondern besonders auch lt.) dem allgemeinen, weniger gebildeten Publikum zugänglich zu machen, zeigt 51

sich deutlich in dem in Kap. 1.10 zitierten Miroir des dames (Limentani 1966 [Cro], p. 1180) sowie in den einleitenden, quasi als Entschuldigung angeführten Zeilen von Bonvesin de la Riva zu den Distica Catonis (Frey 1962, p. 13). Die enge Verbindung, die Treviso mit den aus dem Karlszyklus bekannten Figuren verknüpfte, weist Marchesan (1892) in dem Kapitel «L'universitä di Treviso nei secoli XIII e XIV e cenni di storia civile e letteraria della cittä in quel tempo» anhand der bekarmtentorred'Orlando, dexstradad'Orlando sowie einer Inschrift über Karl und Rolando Palatino nach, deren Wortlaut er in der Studie über das mittelalterliche Treviso (1923) publiziert: Hanc archangeli michaelis aedem a rotlando caroli imp. milite a. DCCLXXV excitatam quam leo III indulgentiis dedicatam auxerat tum vetustatis iniuriis ereptam hac demum aetate abside tecto sublimiori et columellis corinthei doricique artificii dominico ο betteti a. MDCCCLIII ant. cimitani a. MDCCCLX valentino tasca a. MDCCCLXXXVIII curionibus vicani stipe conlata decoravere. (p. 291).

In dem seit 1314 von dem Notar Paolo Marocco geschriebenen Quaternus possessionum Comunis Tarvisii tauchen aus der Entree bekannte Namen auf (p. 289). Über die cantatores francigenarum im mittelalterlichen Treviso berichtet auch Michieli (1958). Der nachfolgende Beleg von Odofredo kann als ein weiteres Beispiel für die Popularität der karolingischen Epen in Obit, gewertet werden; in curia communis werden Roland und Olivier besungen: Unde domini ioculatores qui ludunt in publico causa mercedis, et domini orbi qui vadunt in curia communis bon.[oniae] et cantant de domino Rolando et Oliverio, si pro precio faciunt sunt infames, (zit. nach Tamassia 1894-5, p. 375).

Das schon erwähnte Dekret von Bologna aus dem Jahre 1288 (cf. Kap. 1.2) und die Aussagen über das teatro di Milano (cf. Rajna 1887, pp. 6,14,22) zeigen, daß die Epen nicht nur im 14. Jh., sondern auch schon im 13. Jh. in Obit, verbreitet waren. Die Wertschätzung der fr.-it. Werke kann also trotz der sicherlich bestehenden Verständnisschwierigkeiten, die zwar durch die Affinität der obit. Dialekte mit dem Fr. verringert wurden, auch bei den unteren sozialen Schichten angesetzt werden. Daß es sich beim Fr.-It. nicht um die organische Entwicklung einer Literatursprache bis zu einem gewissen Grad an Homogenität und Reife handelt, könnte mit auf die heterogene Zusammenstellung des die Konzeption und die Rezeption der Werke bestimmenden (Ziel-) Publikums zurückgeführt werden. In Anbetracht der Tatsache, daß die fr.-it. Literatur sich auf derart unterschiedliche Weisen manifestiert — sowohl als in Ansätzen sich zeigende Entwick52

lung einer Literatursprache bei der kulturellen Elite als auch bei den cantambanchi auf den öffentlichen Plätzen großer und kleiner Städte, in universitären Zirkeln einerseits und in den von Ort zu Ort ziehenden Theatergruppen der Jongleure und Fahrensleute andererseits - , ist es nicht zu einem einheitlichen Reifungsprozeß oder zu einer von einzelnen Dichterpersönlichkeiten ausgehenden Normierungstendenz gekommen, wie sie sich im Zusammenhang mit dem Tosk. bereits anbahnte. Hope (1971, p. 140) klassifiziert das allgemeine Publikum des Fr.-It. als «neither cultured nor select», es ist «the common people, the mass of town-dwellers in northern Italy». Ein schönes Beispiel für die Entwicklung der Rezeption fr.-it. Werke liefern die verschiedenen Fassungen des Huon d'Auvergne. Während die Berliner Hs. aus dem Jahre 1341 als ein Text angesehen werden kann «creato esclusivamente per le corti» (Meregazzi 1937, p. 64), werden im Laufe des 14. Jh. weitere Kopien für das sozial nicht mehr differenzierte Publikum angefertigt, es entstehen Abschriften für die cantambancht wie die genau 100 Jahre später datierbare Turiner Fassung. Auch in der Toskana werden die poemi cavallereschi, wie Crescini (1896-7, p. 19) hervorhebt, nicht allein für kleine literarische Zirkel, sondern für das allgemeine Publikum, für die Verbreitung durch die cantambanchipopolari konzipiert. Es wäre allerdings eine vereinfachende Sehweise, wollte man pauschal behaupten, daß die Abenteuerromane mehr in den gehobenen Schichten und die chansons de geste besonders in den classi popolari gelesen oder gehört wurden (so Giacon 1960, pp. Is.). Die entscheidende Frage in bezug auf die Charakterisierung und die Abgrenzung des fr.-it. Textkorpus wird von Crescini dann berührt, wenn er darauf hinweist, daß der Dichter oder der Sänger sich jeweils an die Fr. -Kenntnisse des Publikums angleicht—was bei Nicola da Verona in Anbetracht der leichteren Bildungsmöglichkeiten des adligen Publikums sich weniger auf die Deformierung des Fr. bzw. den Anteil der französischsprachigen Komponente ausgewirkt haben dürfte als etwa bei den für die breite Masse schreibenden oder singenden Kompilatoren, bei denen das Fr. oft nur noch in der Reimstellung seine ursprüngliche Form bewahrte (p. 23). Die Art der Rezeption der fr.-it. Werke, die von den Verfassern als Zielgruppe gesehene Leser- bzw. Hörerschaft stellt somit einen besonderen Faktor bei der Gesamtklassifizierung des Phänomens des Fr.-It. dar. Der von Crescini angeführte Erklärungsversuch wird zwar nicht in den Detailfragen dem spezifischen Sachverhalt des Fr.-It. voll gerecht; ähnliches gilt für die wohl pauschalisierende Darstellung bei Bedier (1907-8, p. 58), daß es für die Zuhörerschaft der Jongleure genügte, die «teneur generale du recit» aus der Mimik und Gestik der Akteure, nicht aber aus der fr. Sprache — «cette langue noble, mysterieuse, consacree ä la tradition» — zu verstehen. Er berührt jedoch im Kern das für die fr.-it. Literatur nur bedingt zu lösende Problem der Abgrenzung der sog. fr.-it. Literatur von Texten, die zwar it. oder aber fr. Einflüsse neben der fr. bzw. it. Basis aufweisen, in der Regel aber nicht mehr zu dem Komplex des fr.-it. Textkorpus, wie er im engeren Sinne verstanden wird, gerechnet werden. 53

Insgesamt kann das Fr.-It. in einem engen Zusammenhang mit politischen Entwicklungen des 13. und 14. Jh. gesehen werden; an den Höfen der Visconti, der Scaligeri, Estensi, Carraresi und Gonzaga (cf. Vuolo 1960) verband man mit der Beschäftigung mit dem Fr.-It. und seiner teilweise feudalistisch orientierten Thematik auch politische Motive, die über eine rein ästhetische Wertschätzung der von Frankreich herkommenden und später an it. Verhältnisse assimilierten Materie hinausgehen (cf. dazu im einzelnen Krauss 1976). Es sei noch verwiesen auf HuonAuv, von dem Meregazzi (1937, p. 72) annimmt, daß es einen Beitrag zur Würdigung Frankreichs darstellen könne und entstanden sei aus einem «impulso di reazione contro gli Alemanni» — ein Epos, das in seiner ideologisch gefärbten Zielsetzung weniger von einem in Italien lebenden Franzosen als vielmehr von einem tatsächlich italienischen Autor verfaßt sei1.

1.12 Zusammenfassung Es wäre verfrüht, zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Gesamtevaluation des Fr.-It. zu unternehmen. Trotz der zahlreichen Einzelanalysen und der gelegentlichen Versuche, den Bereich des fr.-it. Textkorpus in seiner Eigenart zu charakterisieren, fehlen zu einem nicht unerheblichen Teil noch die elementaren Grundlagen für die sich daran anschließenden kritischen Analysen zur Sprache, Literatur und Gattungsspezifik des Fr.-It.; dennoch ist unverkennbar, daß insbesondere die Edition fr.-it. Texte in den letzten fünfzehn Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat und demzufolge die Möglichkeit, die Erstellung eines seit langem geforderten Thesaurus des fr.-it. Lexikons in Angriff zu nehmen, nicht mehr in so weite Ferne gerückt bleibt. Sicherlich hat das gegenwärtige Interesse in der Linguistik an sprachlichen Interferenzerscheinungen und an den Problemen der Bilinguismusforschung mit dazu beigetragen, den in seiner historischen Entstehung und Entwicklung relativ gut überschaubaren Sprachmischungsprozeß des Fr. und des It. als einen Prototyp der Annäherung zweier Sprachen zu analysieren, denen in ihren Subsystemen eine besondere Affinität zukommt. Der Kontakt zwischen dem Afr. und

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Mit einer völlig andersartigen ideologischen Perspektive verbindet sich ein anderes in Italien von einem Italiener auf Fr. verfaßtes Werk, die 1267-1275 von Martin da Canal verfaßte Chronik EstVen; hier ist von einem Buch mit propagandistischen Zielen gesprochen worden, von einem politischen Pamphlet mit einer coloritura polemica, die dem Prestige von Venedig dienen soll (Cracco 1967, p. 270). Venedig kann, obwohl es als Entstehungsort der fr.-it. Literatur zurücktritt gegenüber anderen Zentren wie Treviso, Padova, Verona, als einer der entscheidenden Verkehrsknotenpunkte der damaligen Zeit für das östliche Mittelmeer, in dem das Fr. eine bedeutende Rolle spielte, angesehen werden, wie auch Lopez (1955) im Zusammenhang mit den «grandi linee dell'espansione commerciale nel secolo XIII» betont (zum Verhältnis von Italien und Venedig cf. Volpe 1956, allgemeiner auch Lüdtke 1962 zu «Le vie di communicazione dell'impero romano e la formazione dei dialetti romanzi»).

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dem Aobit. einschließlich der obit. Dialekte und Mundarten hat insbesondere im Laufe des 13. und 14. Jh. zu einer Serie von Sprachformen geführt, die von einer leichten Italianisierung eigentlich fr. Texte bis hin zur Entstehung einer eigenständigen obit. Literatur reicht, die nur noch vereinzelt Spuren einer fr. beeinflußten Tradition aufweist. Abgesehen von den sprachlichen Dokumenten der zu einem Großteil in der Biblioteca Marciana di Venezia vorhandenen Mss. zeigt sich die Expansion des Fr. in Obit, in der Onomastik und in den bildenden Künsten, in offiziellen Erlassen und Urkunden, in Bibliothekskatalogen und in Aussagen zeitgenössischer Persönlichkeiten. Die allgemeinen Bewertungen des Fr.-It. haben - aus moderner Sicht - oft den Zugang zu einer gründlichen Beschäftigung mit der vorliegenden Sprachform verhindert oder zumindest erschwert; allerdings besteht heute im wesentlichen Übereinkunft darin, daß die fr.-it. Texte sprachliche und literarische Dokumente sui generis darstellen, die nicht aus der Perspektive einer anders gearteten Norm von außen her nach dem Grade ihrer Abweichung von dieser Norm als mehr oder weniger korrupt beurteilt werden dürfen. Mit einer pauschalen Einschätzung des Fr.-It. wird der in sich differenzierte Komplex des fr.-it. Textkorpus in ein Schema gepreßt, das der Vielzahl und der Variation der vorliegenden Mss. nicht gerecht werden kann. Auch die Versuche einer systematischen Beschreibung fr.-it. Sprachformen stoßen auf grundsätzliche Schwierigkeiten, solange bei der Typologisierung eines Textes als fr.-it. ausschließlich phonologische oder morphologische Kriterien herangezogen werden. Zwar treten derartige sprachliche Formen auf, die weder im System des Afr. noch im Obit., in der sich entwickelnden coini letteraria supercomunale belegt sind und somit als typische fr.-it. Mischformen (Interferenzen) angesehen werden können, die sich darüber hinaus auch nicht in einzelnen obit. Dialekten oder Mundarten sporadisch nachweisen lassen (auf der Grundlage der beim LEI vorliegenden Materialsammlung); doch bedarf eine Gesamteinschätzung des Problems des Fr.-It. — abgesehen von linguistischen Faktoren — einer Berücksichtigung auch thematischer Gesichtspunkte, gattungsgeschichtlicher Hintergründe, rezeptionstechnischer und historisch-politischer Aspekte der jeweiligen Texte, im Rahmen eines umfassenden Vergleichs der afr. Literaturszene mit den literarhistorischen Ansätzen Oberitaliens im Due- und Trecento. Obwohl die Charakterisierung der Texte anhand von sprachlichen Faktoren wohl als eines der wesentlichsten Kriterien angesehen werden kann, dürfte eine ausschließlich linguistisch orientierte Klassifizierung alleine nicht ausreichen, wie sich z. B. aus den unterschiedlichen, sich teilweise widersprechenden Versuchen einer Gliederung, einer Unterteilung des fr.-it. Textkorpus, die nur von sprachlichen Kriterien ausgehen, ablesen läßt. Die typologische Sonderstellung des Fr.-It. zeigt sich mit darin, daß dieser Sprachform trotz des regional beschränkten Charakters keine eigenständige Realität auf der Ebene der gesprochenen Sprache, des code parle zuerkannt werden kann; vielmehr vollzieht sich der Gebrauch des Fr.-It. primär auf dem 55

Gebiete des Geschriebenen, des code ecrit, der erst sekundär sich manifestiert in Form der Rezitation ursprünglich als geschrieben konzipierter Textsorten. Dies gilt zumindest für die überlieferten Mss., die heute den Bereich des fr.-it. Textkorpus bilden und Gegenstand dieser Untersuchung sind. In Hinblick auf die Übernahme des Fr. in einer früheren Phase, die sich auf die Verbreitung des Fr. im wesentlichen durch Jongleure bezieht, würde sich ein in Teilbereichen verändertes Bild abzeichnen, das auch den code parle in stärkerem Maße zu berücksichtigen hätte. Hier würden sich möglicherweise interessante Vergleiche ergeben mit der Stellung des italiano regionale, des dialetto regionale und des dialetto locale /patois (gesprochen, aber in der Regel nicht geschrieben) im heutigen Italienisch (im Gegensatz zum italiano comune, das sich im wesentlichen im Geschriebenen, aber nicht im Gesprochenen manifestiert). Die Wahl gerade des Fr. als Form geschriebener Sprache in Obit, läßt sich dadurch begründen, daß das Fr. als klassische Sprache der chansons de geste, die einen erheblichen Anteil an den frühen Formen des Fr.-It. haben, angesehen wurde und sich der it. Bearbeiter dieser Tradition verpflichtet fühlte, die seinem Werk ein höheres Prestige zukommen ließ. Außerdem verband sich für den it. Dichter, der nicht an eine langjährige Entwicklung einer Literatursprache wie in Frankreich anknüpfen konnte, mit der Wahl einer bestimmten Gattungsart der Gebrauch einer bestimmten Sprachform. Die Frage, inwieweit diese Sprachform, die auf einer Mischung fr. Elemente mit Zügen des Obit., der coine letteraria supercomunale beruht, sich zu einer eigenständigen Literatursprache hat entwickeln können, bleibt umstritten. Infolge der Übernahme des Tosk. und des Aufkommens neuer Gattungen, die das Fr.-It. und seine Textsorten in der Gunst des Publikums und der Leser ablösten, wurde eine organische Entwicklung der an sich hybriden Sprachform des Fr.-It. verhindert und jäh gebremst; der Aquilon de Baviere von Raffaele Marmora aus dem Jahre 1407 (Fertigstellung) wird, knapp 50 Jahre nach den Höhepunkten z. B. der Entree und der PrisePamp, bereits als Anachronismus eingeschätzt. Da die obit, oder regionale Schriftsprache zur Zeit des Beginns der Expansion der fr.-it. Literatur erst in Ansätzen vorhanden war, stieß die mit der spezifischen Gattung verbundene Thematik und sprachliche Form in breiten Schichten der Bevölkerung, nicht nur bei einer kleinen Elite, auf ein großes Interesse. Die sich daraus entwickelnden Tendenzen zu einer Art Zweisprachigkeit bei den fr.-it. Autoren (gesprochen: it., geschrieben: fr.) zielen auf einen Gebrauch des regionalen oder lokalen obit. Dialektes überwiegend in Form gesprochener Sprache, des Afr. in Form geschriebener Sprache. Der Registerwechsel betrifft somit im Falle des Fr.-It. nicht die Varianten einer einzigen langue, sondern bezieht sich auf zwei zwar verwandte, aber doch verschiedene Sprachsysteme. Hinzu kommt, daß die Übernahme der fremden Sprache das System einer bereits vergangenen, jedoch literarisch und gattungsspezifisch noch weiterhin bedeutsamen Epoche betrifft, mithin die hybride Mischform eines fr.-it. Textes nicht zwei synchrone sprachliche Systeme verbindet (cf. Renzi 1970, p. 87), sondern eine auf einer längeren Tradition beruhende Sprache, die in ihrem Ursprungsland Frankreich 56

sich im lebendigen Gebrauch der gesprochenen Sprache bereits weiterentwickelt hatte. Die Lokalisierung einzelner fr.-it. Mss. erscheint, sofern der Redaktor oder Autor sich nicht expressis verbis vorstellt und seinen Angaben Glauben geschenkt werden kann, nur bedingt möglich; infolge des Charakters einer hybriden Kunstsprache und einer Mischung des Fr. mit der coine letteraria supercomunale lassen sich exakte Lokalisierungen nur in Einzelfällen vorwiegend anhand der Analyse des Lexikons eines Textes nachweisen. In vielen Fällen geben jedoch Selbstdarstellungen und Äußerungen der Kopisten, Kompilatoren und Autoren erste Anhaltspunkte über Entstehung und Herkunft eines Ms.; dabei zeigt sich auch, daß die Auffassungen der Redaktoren vom Charakter ihrer Werke recht unterschiedlich sein können und von einer quasi-Entschuldigung bei der Wahl der fr. Sprache bis hin zu einer Art Verherrlichung ihrer eigenen Sprachkünste reichen. Häufig sieht der fr.-it. Autor sich veranlaßt, einen Kompromiß einzugehen zwischen der Notwendigkeit, mit einem Publikum, dem das Fr. nur zum Teil verständlich ist, zu kommunizieren, und der Forderung nach Bewahrung des mit dem Original (soweit vorhanden) verbundenen Ansehens sowohl in bezug auf die Sprache als auch die Form und die Gattung. Es erscheint jedoch verfehlt, wollte man eine generelle, für alle Textsorten des Fr.-It. verbindliche Aussage über das Können bzw. Nichtkönnen der fr.-it. Dichter machen, ob sie nun fr. schreiben wollten, aber nicht konnten, oder ob sie bewußt den Sprachmischungsprozeß zur besseren Kommunikation mit ihrem Publikum eingingen. In diesem Sinne behält die Aussage, daß zunächst jeder Text individuell zu klassifizieren ist, bevor man zu einer Gesamtevaluation gelangen kann, durchaus seine Gültigkeit, zumal einzelne Gebiete des Fr.-It. auch heute noch mehr oder weniger unerforscht sind. So ist zwar die allgemeine Wertschätzung der fr.-it. Literatur relativ gut dokumentiert, doch bestehen z. B. in Hinblick auf die Rezeption des Fr.-It. und der damit verbundenen gesellschaftspolitisch orientierten Probleme erhebliche Lücken, die zu füllen Aufgabe weiterer allgemeinerer Studien zum Fr.-It. sein wird. Das nachfolgende Verzeichnis der dieser Untersuchung zugrunde gelegten Mss. versteht sich als ein Versuch, die für den Bereich des Fr.-It. überhaupt in Frage kommenden Texte zusammenfassend vorzustellen; es ist zu erwarten, daß sich in Einzelfällen Abstriche bzw. Ergänzungen ergeben werden, da erst die Edition weiterer Hss. über die Eigenart einzelner, noch weniger gut bekannter Texte wird Auskunft geben können.

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2. Verzeichnis und Beschreibung der dieser Arbeit zugrunde gelegten Manuskripte

Mit der folgenden Zusammenstellung soll ein Korpus von Texten erstellt und beschrieben werden, auf dessen Grundlage in der Auswertung des Lexikons von Entree (Kap. 3) und im Glossar (Kap. 4) eine Beurteilung des spezifischen Verhältnisses der Verteilung von fr. und it. Elementen in dieser Hs. erfolgt. Das Verzeichnis berücksichtigt sowohl die Texte, die konventionell unter der Bezeichnung «Franko-Italienisch» zusammengefaßt werden, als auch afr. und mfr. Mss., die nur geringen it. Einfluß insofern aufweisen, als sie entweder in Italien abgeschrieben worden sind ober aber der Kopist der jeweiligen Hs. it. Herkunft ist. Es enthält — abgesehen von rein obit. Texten vorwiegend venez. Provenienz (cf. das im Aufbau befindliche avenez. Glossar in der Fondazione Giorgio Cini, Venezia) - alle Texte, die zur Charakterisierung und Bestimmung des Lexikons von Entree herangezogen wurden. In diesem Sinne ist es mehr als eine Vorstellung des spezifisch fr.-it. Textkorpus. Lediglich die aus dem bisher nicht publizierten Material zum Lessico Etimologico Italiano (LEI) von M. Pfister (Saarbrücken) zitierten it. Texte sind in diese Übersicht nicht aufgenommen worden. Eine prinzipiell zwar wünschenswerte chronologische Anführung der Mss. erscheint nicht zweckmäßig, da in vielen Fällen über die exakte Datierung Unsicherheit besteht. Es wurde daher so verfahren, daß die Hss. nach dem Orte ihrer jetzigen Aufbewahrung in alphabetischer Reihenfolge genannt werden, mit Ausnahme der wichtigsten Quelle für das Fr.-It., der Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, die allen anderen vorangestellt worden ist; am Ende dieser Gruppe von Texten aus der Marciana sind drei Monographien unter dem Namen des jeweiligen Herausgebers angeführt, die verschiedenartige Auszüge aus ansonsten nicht publizierten Mss. der Marciana enthalten. Verschiedene Mss. eines Werkes werden beim ersten Auftreten des Textes in der genannten Reihenfolge mit behandelt (etwa die Paduaner und Turiner Fassung von HuonAuv mit unter der Eintragung der Berliner Version, weitere Hss. und Fragmente von Asprem unter dem venez. Ms.); die sich dadurch ergebenden Verschiebungen werden durch Verweise innerhalb des Handschriftenverzeichnisses ausgeglichen. Die Reihenfolge der Kennzeichnung der Mss. einer Bibliothek bestimmt sich nach der jeweils gültigen Numerierung in den Katalogen. Die Übersicht erteilt Aufschluß über folgende Bereiche:

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— Titel des Werkes und Sigel, wie es in dieser Arbeit gebraucht wird; das Prinzip der Kennzeichnung lehnt sich an das im DEAF (Complement bibliographique 1974) beschriebene Verfahren an; — Angaben zur Katalogisierung der Hs., zu Umfang und Stellung des betreffenden Textes, Zeit der Redaktion der Hs. (zur Zeit der Entstehung eines Werkes wird nur in Ausnahmefällen und mit besonderer Kennzeichnung eine Angabe gemacht), eventuelle Hinweise auf den Autor oder Redaktor; — Edition(en) der Mss., Rezensionen; — grundsätzliche Bemerkungen zur Sprache und zur Charakterisierung des Textes in stich wortartiger Form; — Übersicht über die in der Bibliographie ausführlich zitierten modernen Autoren, die sich mit dem jeweiligen Text befaßt haben. Abgesehen von den Sigeln der in dieser Arbeit zitierten fr.-it. und italianisierenden Texte, die sich nach dem im Beiheft zum D E A F vorgestellten System richten, entsprechen die allgemeinen sprachwissenschaftlichen Abkürzungen in der Regel denen des Beiheftes zum FEW. Für die avenez. Texte, die nicht in die Übersicht aufgenommen worden sind, gelten folgende Abkürzungen: Cronlmp — Cronica deli imperadori, Milano, 15. Jh., ed. Ceruti 1878, cf. Ascoli 1878; DistCat - Distica Catonis, Berlin, 13. Jh., ed. Tobler 1884; JerCel/Bablnf - Giacomino da Verona: De Jerusalem celesti, De Babilonia infernali, Venezia, Cod.Marc.it. XIII, 2.H. 13./1.H. 14. Jh., ed. Mussafia 1864, May 1930, Broggini-Contini 1960; LExempli - Libra degli Exempli, London, B.M. Add. 22557, ed. Ulrich 1884/1891; MChioggia — I monumenti piü antichi del dialetto di Chioggia, Chioggia, ed. Levi 1901; Benedetti 1942-3; PIVierge - Plainte de la vierge en vieux venitien, Treviso, B. Comm. 22, 15. Jh., ed. Linder 1898; PNatFem - Proverbia que dicuntur super natura feminarum, Berlin, Hamilton CCCXC, ed. Tobler 1885. Die Zitierweise weiterer it. Texte erfolgt nach der bei der Arbeit am Lessico Etimologico Italiano von M. Pfister geübten Praxis (cf. Pfister 1973 und 1978). Für die anschließend beschriebenen Texte, die die eigentliche Grundlage dieser Arbeit bilden, werden insgesamt folgende Sigel verwendet (in Klammern der Ort der jetzigen Aufbewahrung der Hs., bei mehreren Hss. an verschiedenen Orten wird derjenige, unter dem das Ms. vorgestellt wird, an erster Stelle genannt und kursiv gesetzt): AldS AliscM AnsCartP AntAn Aquilon Asprem AssJer Attila

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Aldobrandino da Siena: Le Regime du corps (Paris) La Bataille d'Aliscans (Venezia) Anseis von Carthago (Paris) La legende de l'Ant6christ (Paris) Raffaele Marmora: Aquilon de Βavifere (Roma) La Chanson d'Aspremont (Venezia, Chantilly, Firenze, Paris) - Les Assises de Jerusalem et de Chypre (Venezia) - Niccolö da Casola: La Guerra d'Attila (Modena) 59

Auliver AyeAv BAigremV Belris Berta BertaMil BeuveHanst Bovo BrunLat Canzvprov

-

CesNic

-

ChevOger Cinqagur

-

DocChypr

-

Enanchet EnfOger Entree

-

EstVen

-

Faramon Flor FolLanc FoulCand GalitPred GLoh Glossarietto GuiNantV GuiNantVprol Hect

-

HschrStM

-

HuonAuv JeanroyModena -

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JeuAm JugAm Karleto KellerRomv

-

LacroixDiss

-

Macaire MCharlem Mel Moam

-

La Canzone di Auliver (Roma) Aye d'Avignon (Venezia, Bruxelles) Renaut de Montauban / Bues d'Aigremont (Venezia) Le Roman de Belris (Venezia) Berta da li ρέ grandi (Venezia) Berta e Milon (Venezia) Beuve de Hanstone (Venezia, Modena) Bovo d'Antone (Venezia, Firenze, Udine) Brunetto Latini: Li livres dou tresor (Paris) Canzone veneta provenzaleggiante del Duecento (Milano) Nicola da Verona: La Pharsale (Genfcve) [so im DEAF, hier Pharsale] Chevalerie Oger/Le Danois Oger (Venezia) La Canzone dei Desideri, Pistoleta: Cinque agura^es (Venezia) Documents Chypriotes des Archives du Vatican (Roma, Paris) Livre d'Enanchet (Wien, Zagreb) Enfances Oger/Le Danois Oger (Venezia) Entree d'Espagne (Venezia, Chätillon, Reggio Emilia) Martin da Canal: Les estoires de Venise (Firenze) Faramon e Meliadus (Modena) Florimont (Venezia, Monza, Paris) La Folie Lancelot (Paris) Foulque de Candie / Guillem de Orange (Venezia) Galloitalische Predigten (Torino) Garin le Loherain (Milano) Glossarietto francese-veneto (Paris) Gui de Nanteuil (Venezia, Firenze) Gui de Nanteuil, Prolog (Venezia) Le roman d'Hector et Hercule (Venezia, Firenze, Oxford, Paris, Roma) Adolf Mussafia, Handschriftliche Studien (s. v. Venezia) Huon d'Auvergne (Berlin, Bologna, Padova, Torino) Modena, Biblioteca Estense, Canzoniere provenzale, Moniot d'Arras (Modena) Le Jeu d'Amour (Leningrad) Jugement d'Amour (Firenze) Karleto (Venezia) Adalbert Keller, Romvart. Beiträge zur Kunde mittelalterlicher Dichtung aus italienischen Bibliotheken (s. v. Venezia) Paul Lacroix, Dissertations sur quelques points curieux de l'histoire litteraire (s. v. Venezia) Macaire (Venezia) Mort Charlemagne (Oxford) Meliadus (Venezia, Paris) Daniele Deloc di Cremona: Moamin et Ghatrif (Venezia)

MPolo NoticeL NoticeM NoticeT PassChristAprfes PassChristNV PassChristP Pharsale PMerl PNovMem PNovQuat PrisePamp RaccFav RainLes RenMontV Rolandin RolC RolV4 RolV7 RTroie RTroiePros SCath SMarEgiz TSorelois

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-

-

Marco Polo: II Milione (Paris) Lyon, Biblioth&que Municipale (Lyon) Modena, Biblioteca Estense (Modena) Tours, Biblioth£que (Tours) La Passion du Christ (Venezia) Nicola da Verona: La Passion du Christ (Venezia) La Passion du Christ (Paris) Nicola da Verona: La Pharsale (Genfcve) Prophecies de Merlin (Modena) Philippe de Novare: Memoires 1218-1243 (Verzuolo) Philippe de Novare: Les quatre äges de l'homme (Paris) Nicola da Verona: La Prise de Pampelune (Venezia) Raccolta di favole (Milano) Rainaldo e Lesengrino ( O x f o r d , Udine) Renaut de Montauban / Buds d'Aigremont (Venezia) Rolandin (Venezia) La Chanson de Roland (C) (Chäteauroux) La Chanson de Roland (K 4 ) (Venezia) La Chanson de Roland (V7) (Venezia) Roman de Troie (Venezia) Le Roman de Troie en prose (Grenoble, Oxford, Paris) La Vie de Sainte Catherine d'Alexandrie (Paris) Santa Maria Egiziana (Firenze) Tournament of Sorelois (Modena).

Die fr.-it. und italianisierenden £r. Mss. der Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia werden in der Reihenfolge der traditionellen Numerierung und der Nomenklatur Cod. Marc. fr. / Cod. Marc. fr. App. (Gall. App.) / Cod. Marc. Str. Append. / Cod. Marc. lat. class, angeführt. Es handelt sich um folgende Mss.: AliscM Asprem AssJer AyeAv BAigremV Belris Berta BertaMil BeuveHanst Bovo ChevOger Cinqagur EnfOger Entree Flor FoulCand GuiNant GuiNantVprol Hect Karleto



— —

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Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod.

Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc.

fr. VIII fr. IV und VI, lat. class. X, 200 fr. App. VI lat. class. XI fr. XVI lat. class. XIV fr. XIII fr. XIII fr. XIV fr. XIII fr. XIII fr. App. VIII fr. XIII fr. XXI fr. XXII fr. XIX und XX fr. X fr. X fr. XVIII fr. XIII

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Macaire Mel Moam PassChristAprds PassChristNV PrisePamp RenMontV Rolandin RolV4 RolV7 RTroie

-

Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod. Cod.

Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc. Marc.

fr. XIII fr. XXIII Gall. App. XIV fr. VI Str. Append. X X X I X fr. V fr. XVI fr. XIII fr. IV fr. VII fr. XVII.

Die Nummern der modernen Kollokation, unter denen die Mss. heute in der Marciana aufbewahrt sind, werden im nachfolgenden Verzeichnis jeweils mit angegeben.

2.1 La Chanson d'Aspremont - Asprem BibliotecaNazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. IV ( = 225), ff. lr-68v, Roepke: ca. 13.600 Verse, 2.H. 14. Jh. (Roepke: Ende 13. Jh.), AspremV4, nach Pellegrini «scripta franco-trevisane ä orientation padouane» (Mandach 1975, p. 157), Nr. 41 des Inventars von Francesco Gonzaga (1407), ed. in Auszügen Bekker 1839, 1396 Verse, Auszüge ferner in Roepke 1909 und in Boni div. (s.u.). Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. VI ( = 226), ff. 6 - 6 9 , 14. Jh., Mandach 1975: am 20. 6. 1370 Ms. abgeschlossen (Crescini 1895—6: 1371), AspremV6, Nr. 42 im Inventar von Francesco Gonzaga (1407), ed. in Auszügen Bekker 1839, ferner Roepke 1909 und Mandach 1975 (sowie Boni div., s.u.), 1574 Verse, Rez. Gegou 1975, Skarup 1976, Bennett 1977 sowie Holtus 1977; Auszüge aus beiden Mss. in Boni 1949, Auszüge und Varianten in Mayer 1910; die erste Branche ist erhalten in Venezia Via (jedoch nur Prolog; am 20. 6. 1370 beendet, f. lv, ed. Mandach 1961; älteste Fassung, anglo-normannisch), Venezia VI (Zweitälteste Fassung), Chantilly und Venezia IV; die Sprache von Cod. Marc. fr. VI ist nach Mandach 1975 noch «tres proche du frangais» (p. 58), Chantilly und Venezia IV nähern sich dagegen schon mehr den «parlers des regions de Ferrare et de Padoue»; weitere Auszüge aus fr.-it. Versionen von Asprem bei Mandach 1975, pp. 140-3, 148-9. Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. lat. class. X , cod. 200, 15. Jh., ff. lr-2v, Vers 6327—6585 (Fragmente), späte, stark italianisierte Version, ed. Monfrin 1958. Firenze, Bibl. Naz. Magi. cl. VII, 932, Mitte 14. Jh., Mandach 1975, p. 157: vor 1420, «propr. de divers etudiants de Bologne avant 1420, de Johannes de Calabria en 1451», ff. I, IV, Vers 8282-8486 (Fragmente), ed. Monfrin 1958. Chantilly, Musee Conde 470, anc. 703, Ende 13. Jh., Mandach 1975, p. 156: XIV e env., geschrieben von Johannes Jacobi (Giovanni di Giacomo), nach Boni 62

aus der Gegend von Ferrara, ff. 1-68,11 928 Verse, in Ausschnitten vorgestellt von Boni 1962, Prolog ff. lr-3v, 442 Verse, ed. Boni 1962. Paris, B. N., fr. 1598 (anc. Mazarin), 14. Jh. (Meyer-Lübke: 13. Jh.), ff. 1-52(53), ca. 9750 Verse; Mandach 1975, p. 156: «franco-italien d'une region indeterminee», geschrieben von Johannes de Bononia (Giovanni da Bologna); nach Meyer-Lübke (1885-6, p. 43) hat man es hier mit mehr oder weniger gedankenlosen Schreibern, nicht mit dem unbewußt schaffenden Sprachgeist zu tun; Ausschnitte in Meyer 1890, Vers 1-71, AspremPM, sowie Meyer-Lübke 1886 und Boni (div., s.u.). Benary 1910, Bertoni 1907, Boni 1950 (Auszüge aus IV und VI), Boni 1953 (id.), Boni 1957-9 (id.), Boni 1961 [CN] (id.), Boni 1961 (id.), Boni 1962 (id.), Boni 1963 (id. und Chantilly), Boni 1965-6, Boni 1966 (IV und Chantilly), Boni 1966 [EV] (IV), Boni 1969 (IV und Chantilly), Boni 1978, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, De Fabii 1937, Ferrari 1961, Franceschetti 1970, Gautier 1878-94, Giacon 1960-1, Haase 1917, Hills 1925, Lacroix 1839, Langlois 1883, Mandach 1961 [N i], Mayer 1910, Modigliani 1901, Novati 1890, Nyrop 1886, Paris 1865, Rajna 1884, Ranke 1837, Roepke 1909, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Szogs 1931, Valentinelli 1865, Viscardi 1941, van Waard 1937, Yocca 1895, Zanetti 1741.

2.2 La Chanson de Roland (V4) - RolV4 Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Mar. fr. IV (= 225), ff. 69r-98v, Francesco Gonzaga 1407 Nr. 41, 6049 Verse, ed. Gasca-Queirazza 1954-5, RolV4G, Hs. 13./14. Jh., Segre: l.H. 14. Jh., Rosellini: Anfang 14. Jh., Rez. Steiger 1954, Boni 1958, Foulet 1959-60. Redaktion trev., jedoch nicht allein in der «parlata trevisana piü popolare», sondern vermischt mit Annäherungsversuchen an eine koine veneta (Pellegrini 1956 und 1960); Renzi 1964: obit. Text, «con appena pallide venature di francese» (p. 338); eine genauere Lokalisierung des colorito dialettale (Tagliavini 1959, p. 421) erweist sich als sehr schwierig (Pellegrini 1956 s., p. 130) oder bei Beschränkung etwa auf eine Untersuchung der Verbalendungen als unmöglich (id. 1960, p. 709 und p. 716); eine Auswertung des gesamten Lexikons von RolV4 ist erforderlich (Steiger 1954); ein Glossar liefert Baccini 1956—7, jedoch nicht publiziert; der genaue Vergleich von RolV4 mit der Oxforder Version zeigt, daß der fr.-it. Redaktor oft schlecht übersetzt oder ältere Formen, die er z. T. erst während der Redaktion des Textes zu erlernen scheint, substituiert (Rosellini 1958 [V4]); nach Rosellini (1960 [SF]) sind zwei Übersetzer am Werk, falls nicht zwei Quellen für RolV4 vorliegen; die Prise de Narbonne in RolV4 kann als «uno dei primi esempi, se non proprio il primo, della tradizione epica italiana» (id. 1961, p. 13), nicht als Übersetzung wie der erste Teil des Ms. (cf. Mellor 1966, p. 401), sondern als creazione oder ricreazione angesehen werden; RolV4 gilt als typische Bibliotheks-Hs. für die Lektüre (Rosellini 1962, p. 324, Riquer 63

1957); cf. noch ed. Kolbing 1877, Mortier 1941, Viscardi 1941 (Auszüge) sowie die Gesamtausgabe von Rol in Segre 1971. Baccini 1954-5/1956-7, Bertoni 1907, Burger 1970, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Contini 1964, Delbouille 1954, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Giacon 1960-1, Halvorsen 1959, Heinemann 1974, Hemming 1968 [R], Hofmann 1868, Holland 1960, Keller 1884, Kelleter 1894, Kolbing 1877, Kolbing 1881, Lacroix 1839, Le Gentil 1967, Mandach 1961 [N i], Mellor 1966, Menendez-Pidal 1956, Menendez-Pidal 1959, Menendez-Pidal 1961, Migliorini 1966, Mortier 1941, Mussafia 1879 (bis), Nyrop 1886, Ottmann 1879, Paris 1865, Pellegrini 1956, Pellegrini 1960, Rajna 1870, Rajna 1885-97, Renzi 1964, Riquer 1957, Roncaglia 1959, Roncaglia 1965, Rosellini 1958 [V4], Rosellini 1958 [MS],Rosellini 1960 [SF], Rosellini 1961, Rosellini 1962, Ruggieri 1953, Ruggieri 1956 [z], Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Segre 1961, Segre 1964 [Rez.], Tagliavini 1959, Thomov 1964, Viscardi 1941, Wahle 1890, Whitehead 1961, Wilmotte 1937, Zanetti 1741.

2.3 Nicola da Verona: La Prise de Pampelune - PrisePamp Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. V (= 250), Francesco Gonzaga 1407 Nr. 58, ff. lr-101v, 6113 (+1) Verse, 14. Jh., ca. 1343, Riquer 1957: «1328 au plus tot», Ruggieri 1969: 1328 terminus ante quem (Rajna; Thomas: ca. 1350), Wahle: Pharsale zeitlich vor PrisePamp entstanden; Verfasser Nicola da Verona, ed. Mussafia 1864, Auszüge in Bekker 1839 und Vidossi-Arese 1956, mit Übersetzung in Ferrero 1965, ferner in Bartoli 1879; eine Neuausgabe ist in Vorbereitung, Rene Specht (Zürich). Renzi 1964—5: der «ricreazione veneziana» des Fr. (Mussafia) entspricht eine «venezianizzazione anche dello spirito della chanson » (p. 378); PrisePamp (zur möglichen Verbindung mit Saint-Jacques de Compostelle cf. Bedier 1907 [RF], p. 815) zählt mit Attila zu den «opere nuove volutamente scritte in francese, e naturalmente con elementi italiani» (Devoto 1953, pp. 45 s.), von Mussafia (1864) bezeichnet als Werk, in dem «überall der Grammatik und dem Lexicon Gewalt angethan» wird (p. VIII); Bartoli (1879) hält die Sprache nicht für «fortemente», sondern «regolarmente italianizzato» (p. 46); die ideologische Vermischung der geste carolingie mit einem «elemento nazionale italiano» wird schon von Crescini (1896-7, p. 7) betont; zur Identität von Nicola da Verona cf. die Eintragung von D. Nicolaus de Verona in die «matricola dei dottori giuristi» in einer Kopie des 16. Jh. im Collegio di Padova (ib., p. 3), ferner D'Ancona (1902, p. 34), der diese Gleichsetzung anzweifelt und auf eine mögliche Identität mit einem 1333 in Ragusa benannten Grammatiker dieses Namens verweist; Dionisotti (1959, p. 207) hält die Diskussion um die mögliche Identität von Nicola da Verona für unnütz und steril, für die Interpretation des Werkes ist allein entscheidend, ob der Autor Veronese, Paduaner o. ä. ist; Nicola da Verona, «troverocortigiano», «poetad'arte» (Crescini 1896-7, p. 6 und p. 11), gilt, trotz 64

des «deplorable langage fr.-it.» (Bedier 1908—13, p. 116), als Dichter im eigentlichen Sinne, bisweilen als der beste fr.-it. Poet (Bertoni 1908, p. 569) unter den troveri italiani, die das Fr. derparlata propria je nach dem Wissensstand des Publikums angeglichen haben (Crescini 1896-7, p. 7 undp. 23); neben ihm werden als troveri italiani, nicht als Imitatoren oder Übersetzer, sondern als Fortsetzer der fr. Epik, noch der anonyme Paduaner der Entree (Riccoboni 1896-7, p. 1242) und Niccolö da Casola (Ruggieri 1971, p. 98) anerkannt. Bartoli 1879, Bedier 1907 [RF], Bedier 1908-13, Bertoni 1907, Castellani 1893—4, Catalano 1939-40, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Di Ninni 1974—5, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Krauss 1971, Krauss 1976, Lacroix 1839, Levi 1908, Massart 1964, Meyer 1867, Nyrop 1886, Paris 1865, P. Paris 1873, Rajna 1875, Renzi 1964-5, Riquer 1957, Ruggieri 1962, Ruggieri 1966, Ruggieri 1969, Ruggieri 1971, Stengel 1881, Stengel 1882, Thomas 1882, Thomas 1913, Torraca 1923, Valentineiii 1865, Vieweg 1881, Viscardi 1941, Wahle 1888, Yocca 1895, Zanetti 1741, Zingarelli 1935.

2.4 La Passion du Christ - PassChristAprös Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. VI (= 226), ff. 1—4, 590 Verse, (l.H.) 14. Jh., ed. Boucherie 1870, Rez. Bertoni 1910. Boucherie 1870 (p. 19): «ecrit, je ne dis pas compose, au mois de juin 1371», zwar ein «veritable monstre philologique» (p. 30), aber «utile ä etudier cependant» als Quelle für die Verbreitung und Kenntnis des Fr. in Italien. Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Lacroix 1839, S. Pellegrini 1962, Ruggieri 1966, Valentinelli 1865, Viscardi 1941, Zanetti 1741. La Chanson d'Aspremont — Asprem V6 Venezia, Cod. Marc. fr. VI (= 226) v. Venezia, Cod. Marc. fr. IV (= 225) [2.l].

2.5 La Chanson de Roland (V7) - RolV7 Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. VII (= 251), ff. lr—138v, 2.H. 13. Jh., Mandach (1961 [N i], p. 165): 14. Jh., Segre 1971: Ende 13. Jh., 448 Laissen, Nr. 43 des Inventars von Francesco Gonzaga (1407), ed. Foerster 1883, Rez. [GSLl] 1883, Mortier 1942, Gesamted. Segre 1971. Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Halvorsen 1959, Heinemann 1974, Lacroix 1839, Le Gentil 1967, Mandach 1961 [NI], Menendez-Pidal 1959, Mortier 1942, Nyrop 1886, Paris 1865, Rajna 1870, Rajna 1885-97, Roncaglia 1965, Rosellini 1958 [MS], Rosellini 1960 [MA], Rosellini 1962, Ruggieri 1953, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Valentineiii 1865, Viscardi 1941, Whitehead 1961, Wilmotte 1937, Zanetti 1741.

65

2.6 La Bataille d'Aliscans - AliscM Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. VIII (= 252), Francesco Gonzaga (1407) Nr. 47, 13. Jh., ff. lr-101r, 7772 Verse, ed. Holtus (im Manuskript), Varianten z. T. im Apparat der kritischen Ag. von WienbeckHartnacke-Rasch 1903, Rez. Meyer 1902-4, Weeks 1906. Tyssens 1961/1967: it. Kopist mit einzelnen it. Graphien; Holtus: in zumindest 79 Fällen zeigen sich it. Einflüsse in morpho-syntaktischer und lexikalischer Hinsicht bei der vom it. Kopisten angefertigten Handschrift. Adler 1963, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Donnelly 1976, Ferrari 1961, Frappier 1955, Gautier 1878-94, Hoggan 1957, Holtus 1978, Jonckbloet 1854, Lorenz 1907, Novati 1890, Paris 1865, Rolin 1897, Rychner 1955, Tyssens 1961, Tyssens 1967 (mit ausführlicher Bibl.), Viscardi 1941, Vorderstemann (Diss.) 1973, Wathelet-Willem 1961, Wathelet-Willem 1969, Wathelet-Willem 1973, Wathelet-Willem 1975, Wiesmann-Wiedemann 1976, Zanetti 1741.

2.7 Gui de Nanteuil - GuiNantVprol und GuiNantV Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod.Marc.fr. X (= 253), Francesco Gonzaga (1407) Nr. 51, 14. Jh., Entstehung der chanson: zwischen 1164 und 1204; der 965 (943) Verse umfassende Prolog ist ed. von Cavaliere 1958, eine genauere, mehr der Hs. folgende Ed. stammt von Callu-Turiaf 1961,943 Verse (Callu-Turiaf zählt die 43. Laisse zum eigentlichen GuiNant, so auch Mc Cormack); GuiNantV umfaßt 3338 Verse, ed. Mc Cormack 1970, Rez. Baldinger 1971, van Emden 1972, Tweedy 1972, Vernay 1974; eine neue Ed. ist geplant von Di Ninni (cf. Di Ninni 1967-8 und 1973); Lecoy (1961 [R], p. 408): «effroyable jargon», der bisweilen im Detail sehr schwierig zu interpretieren ist. Fragment Firenze, Biblioteca Nazionale centrale, n. II, IV, 588, Mitte 13. Jh., ff. lr—2v, Vers 1-178, 1318-1482, ed. Monfrin 1954. Borg 1967, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Lacroix 1839, Meyer 1861, Meyer 1884, Paris 1865, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Viscardi 1941, Zanetti 1741.

2.8 Bovo d'Antone — Bovo Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Mar. fr. XIII (= 256), wohl Nr. 44 des Inventars von Francesco Gonzaga (1407), von Thomas 1881 zunächst bezweifelt, ff. 1-95, Cavaliere-Ferrari (Lacroix, Ciämpoli): Ende 12,/Anfang 13. Jh., Reinhold (Meyer, Rajna): 1. H. 14. Jh., Entstehung der Kompilation Anfang 13. Jh., Hirdt (1975, p. 144): vermutlich 13. Jh., Ms. 1. H. 14. Jh. Bovo ff. lr-7r, 16v-31r, 3742 Verse, ed. Reinhold 1911-2, Rez. Roques 1913, Faksimile-Ed. von Rajna 1925, BovoR. 66

Ferner zwei it. Fragmente des Buovo d'Antona: Udine, Archivio Capitolare della cattedrale udinese, spätes 14. Jh., ff. 2r—4v, 446 Verse, ed. Rajna 1887-8—91, Bovo udinese, BovoUR, Auszüge in Viscardi 1941; die Sprache wird von Ascoli (1878, p. 247) nicht als gergo bezeichnet (Rajna), sondern als dialetto, «veramente un testo , chiazzato qua e lä di roba francese». Firenze, Biblioteca Laurenziana Mediceo-palatino XCIII, 2.H. 14./1.H. 15. Jh. (Ascoli 1878), 2525 Verse, ed. Rajna 1872, BovoFR, Auszüge in Viscardi 1941 und Bartoli 1879; cf. BeuveHanst, Cod. Marc. fr. XIV. Zu Cod. Marc. fr. XIII allgemein cf. Krauss 1970 (p. 244: der fr.-it. Kompilator trifft bewußt eine Auswahl aus der Fülle der Stoffe) und Krauss 1976 (Frage der Einheitlichkeit der Kompilation bejaht, Verzahnung der einzelnen Handlungsteile im Bereich des Personeninventars, Laissendoppelungen an den Nahtstellen, gemeinsame ideologische Perspektive, gestalterische Progression, ordnende Hand eines bewußt arbeitenden Kompilators); Bartoli (1880, p. 105): ein Kompilator, aber verschiedene Autoren der Einzelstücke; Hirdt (1975, p. 144) bezeichnet den Autor von Cod. Marc. fr. XIII als giullare ohne Bildung, Lacroix (1839, p. 165) spricht von einem «melange presque barbare des deux dialectes du nord et du midi»; Rajna (1925, pp. 3—21) gibt einen Forschungsbericht über die Untersuchungen zum Cod. Marc. fr. XIII bis 1914 (bzw. 1925). Bartoli 1880, Bertoni 1907, Boje 1909, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Cremonesi 1969, Ferrari 1961, Frati 1911, Giacon 1960-1, Guessard 1857, Hills 1925, Hirdt 1975, Lacroix 1839, Meyer 1904, Paetz 1913, Paris 1865, Paris 1873, Rajna 1872 [RdF], Rajna 1925, Ranke 1837, Reinhold 1912, Roncaglia 1965, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Spiess [1974], Stimming 1911-20, Thomas 1881, Viscardi 1941, Zanetti 1741, Zingarelli 1935. 2.9 Berta da Ii pe grandi - Berta Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XIII (= 256), 1 .H. 14. Jh., Colliot 1970: «vers 1300», cf. s. v. Bovo, ff. 7r-16v, 1750 Verse, ed. Cremonesi 1966, Rez. Höfler 1968, Lecoy 1968, als «Berta de Ii gran pie» ed. Mussafia 1874-5, Faksimile-Ed. in Rajna 1925, Auszüge in Viscardi 1941. Adler 1950, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Colliot 1970, Feist 1886, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Guessard 1857, Henry 1961, Henry 1963, Hirdt 1975, Kellermann 1969, Krauss 1976, Paris 1865, Rajna 1872 [RdF], Rajna 1925, Reinhold 1908, Reinhold 1909, Reinhold 1911, Reinhold 1912, Viscardi 1941, Zingarelli 1935. 2.10 Karleto - Karleto Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. Fr. XIII (= 256), l.H. 14. Jh., cf. s. v. Bovo, ff. 31r-51v, 3536 Verse, ed. Reinhold 1913, Faksimile-Ed. in Rajna 1925, Auszüge in Viscardi 1941 und in Vidossi-Arese 1956. 67

Bertoni 1907, Cavaliere-Ferrari 1961, Chichmaref 1910 (ed.), Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Frati 1911, Guessard 1857, Hirdt 1975, Krauss 1976, Paris 1865, Rajna 1872 [RFL], Rajna 1925, Reinhold 1912, Thomas 1913, Viscardi 1941, Zingarelli 1935.

2.11 Berta e Milon - BertaMil Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XIII ( = 256), l.H. 14. Jh., Cremonesi 1973: frühestens 1. Viertel 14. Jh., Originalkompilation wenig vorher (p. 35), cf. s. v. Bovo, ff. 52r-54r, 441 Verse, ed. Cremonesi 1973, Rez. Holtus 1975, als «Berta e Milone» auch ed. von Mussafia 1885, Faksimile-Ed. in Rajna 1925, Auszüge in Viscardi 1941. Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Guessard 1857, Hirdt 1975, Krauss 1976, Paris 1865, Rajna 1872 [RdF], Rajna 1925, Reinhold 1912, Viscardi 1941, Zingarelli 1935.

2.12 Rolandin - Rolandin Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XIII (= 256), l.H. 14. Jh., Cremonesi 1973: frühestens 1. Viertel 14. Jh., Originalkompilation wenig vorher (p. 35), cf. s. v. Bovo, ff. 62r-64v, 476 Verse, ed. Cremonesi 1973, Rez. Holtus 1975, als «Orlandino» auch ed. von Mussafia 1885 (dort 475 Verse infolge Numerierungsfehler, auch in Monaci 1955), Faksimile-Ed. in Rajna 1925, Auszüge in Viscardi 1941 (dort schon als «Rolandin» bezeichnet). Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Guessard 1857, Hirdt 1975, Krauss 1976, Paris 1865, Rajna 1872 [RdF], Rajna 1925, Reinhold 1912, Viscardi 1941, Zingarelli 1935.

2.13 Enfances Oger - EnfOger Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XIII (= 256), l.H. 14. Jh., cf. s. v. Bovo, ff. 54r-62r, 1411 Verse, ed. Subak 1909, Rez. Reinhold 1912, Faksimile-Ed. in Rajna 1925, jetzt ed. als Le Danois Oger von Cremonesi 1977, Rez. Holtus [in ZrP]. Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Eusebi 1961, Ferrari 1961, Frati 1911, Guessard 1857, Gutersohn 1912, Henry 1956, Hirdt 1975, Krauss 1971, Krauss 1976, Lot 1940-1, Nyrop 1886, Paris 1865, Rajna 1873-5, Rajna 1925, Rajna 1925 [R], Reinhold 1912, Viscardi 1941, Zingarelli 1935.

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2.14 Chevalerie Oger - ChevOger BibliotecaNazionaleMarcianadi Venezia,Cod.Marc.fir.XIII(= 256), l.H. 14. Jh., Krauss (1970, p. 243): Todesjahr von Ezzelino da Romano, 1259, terminus post quem für die Entstehung von ChevOger, terminus a quo in nicht zu weitem Abstand anzusetzen, cf. s. v. Bovo, ff. 64v-76r, 2074 Verse, ed. Cerf 1910-1, Faksimile-Ed. in Rajna 1925, jetzt ed. als Le Danois Oger von Cremonesi 1977, Rez. Holtus [in ZrP]. Adler 1963, Aebischer 1954, Barrois 1842, Cavaliere-Ferrari 1961, Cerf 1908, Ciämpoli 1897, Eusebi 1961, Ferrari 1961, Frati 1911, Gutersohn 1912, Guessard 1857, Hirdt 1975, Krauss 1970, Krauss 1971, Krauss 1976, Le Gentil 1957, Lot 1940-1, Nyrop 1886, Paris 1865, Rajna 1873-5, Rajna 1925, Reinhold 1912, Ruggieri 1969, Viscardi 1941, Voretzsch 1891, Zingarelli 1935.

2.15 Macaire — Macaire Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Mar. fr. XIII (= 256), l.H. 14. Jh., cf. s. v. Bovo, ff. 76r-95r, 3567 Verse, ed. Mussafia 1864, ferner mit Rekonstruktionsversuch Guessard 1866, Faksimile-Ed. in Rajna 1925, Auszüge in Viscardi 1941 und Bartoli 1879. Bartoli 1880 (p. 104): die Autoren von Macaire und BertaMil/Rolandin sind verschieden, da trotz Ähnlichkeiten andere Sprache; nach Guessard (1866, p. XCIX) stellt die Sprache von Macaire ein «chef-d'oeuvre de barbarie» dar, dennoch sei ihr eine gewisse Grammatik nicht abzusprechen; der Kompilator ist nach Mussafia (1864, p. V) einer jener vielen Bänkelsänger, die im 13. Jh. nordit. Städte durchzogen und u. a. auch als Vermittler zwischen den afr. Epen und den it. Volksbüchern von Bedeutung sind; für Bartoli (1879, p. 30) gilt Macaire als «tentativo di compenetrazione e di fusione». Bartoli 1879, Bartoli 1880, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Guessard 1857, Guessard 1864, Hirdt 1975, Krauss 1976, Nyrop 1886, Paris 1865, P. Paris 1873, Rajna 1884, Rajna 1925, Reinhold 1912, Viscardi 1941, Zingarelli 1935.

2.16 Beuve de Hanstone - BeuveHanstV Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XIV (= 273), ff. 1—192, 13. Jh., Cavaliere-Ferrari: 12.-13. Jh., Hills 1925: zwei kontinentale Versionen aus dem 12. oder 13. Jh., Mss. aus 14. Jh.; ff. lr—70v: Doon de Mayence, ff. 71r—97v, 98r-192v: Beuve de Hanstone, ed. in Auszügen und im Variantenapparat bei Stimming 1911-20, Rez. Brugger 1912. Nach Stimming Entstehung der Hs. in östlichen Gegenden der Pikardie; cf. Bovo, Cod. Marc. fr. XIII. 69

Fragment von 304 Versen im Staatsarchiv von Modena (entspricht Stimming 1911-20, Vers 8539-8855), it. Kopist. Boje 1908, Ciämpoli 1897, Hills 1925, Keller 1844, Lacroix 1839, Mussafia 1863, Paetz 1913, Rajna 1872, Rajna 1887-91, Stengel 1873, Stimming 1895, Stimming 1911-20, Wolf 1912, Zanetti 1741.

2.17 Renaut de Montauban / Bues d'Aigremont - RenMontV / BAigremV Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XVI (= 229), Nr. 49 des Inventars von Francesco Gonzaga (1407), (Ende) 14. Jh., Thomas 1962: ms. 1390-1400, ff. lr-100v; die Ardennenepisode, ff. 13r-29v, 2903 Verse, ist ed. von Thomas 1962, Rez. Camproux 1964, Callu-Turiaf 1964-5, Lecoy 1965. Cavaliere-Ferrari 1961: ff. lr-38r Bues d'Aigremont, ff. 39r-100v Quatre Fils Aymont; ff. lra-19ra, 3252 Verse, ed. von Triebel 1913, p.35: Sprache des Kopisten leicht italianisiertes Franzisch. Adler 1963, Bertoni 1907, Callu-Turiaf 1961, Castets 1887, Castets 1909, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Keller 1844, Körte 1914, Lacroix 1839, Melli 1964, Meyer 1884, Michelant 1862, Minutoli 1865, Nyrop 1886, Paris 1865, Rajna 1870, Renzi 1970, Thomas 1913, Tobler 1872, Zanetti 1741.

2.18 Le roman d'Hector et Hercule / Roman de Troie - Hect / RTroie Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XVII ( = 230), Roman de Troie, ff. 1-234, 1. H. 14. Jh., Francesco Gonzaga 1407 Nr. 28; ff. 103rs., Vers 13209s. ed. von Bartoli 1872, Rez. Mussafia 1872, Meyer 1873, RTroieV17B; Meyer (1904, p. 72) nennt sechs Mss. it. Herkunft des Roman de Troie: Milano, Ambrosiana, D 55, Napoli, Biblioteca Nazionale, XIII.C.38, Paris, B.N., nouvelles acquisitions franfaises 6774, Roma, Vat., Reg. 1506 sowie Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XVII und Cod. Marc. fr. XVIII. Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XVIII (= 231), Roman de Troie, ff. 1-142, 2. H. 14. Jh., Francesco Gonzaga 1407 Nr. 29, RTroie VI 8; ff. 143r-152r, 2040 Verse, Le roman d'Hector et Hercule, ed. Bartoli 1872, Rez. Mussafia 1872, Meyer 1873, Bartoli 1872: vermutlich 13. Jh., HectVB, beide edd. unter dem Titel Hector de Troie / Le Roman de Troie (u. a.). Cod. Marc. fr. XVIII als Hector und Hercules in Ausschnitten ed. mit weiteren Belegen und analysiert von Meyer [-Lübke] 1886, HectVM. Die Ed. des Roman d'Hector et Hercule von Palermo 1972 wählt als Grundlage die Hs. Ρ (Paris, B.N., f.fr., 821, anc. 7209, ff. lr-12v, 2049 Verse, Ende 70

13./Anfang 14. Jh., HectPP) mit - nicht vollständigem - Variantenapparat der Mss. F (Firenze, Biblioteca Riccardiana 2433, 14. Jh. (1344), ff. lr-13v, HectFP), Ο (Oxford, Bodl. Canonici 450, Anfang 14. Jh., ff. 1 0 2 v - l l l v , HectOP, als Le Roman d'Hercules Auszüge ed. von Meyer 1868) und V (Cod. Marc. fr. XVIII, ff. 143r-152r, HectVP), Rez. Pellegrini 1974, Holtus 1975 [VR], Barnes 1976. Das Fragment R (Roma, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 14740, f. 50, 172 Verse, Ende 14. Jh., HectRR) ist ed. von Rajna 1925 [R]. Alle erhaltenen Mss. it. Herkunft, nach Palermo (1965 und 1972) mit «italianisation orthographique superficielle» (p. 27) und einigen Italianismen im Reim, Urfassung möglicherweise doch fr. Autor, «langue litteraire francienne, stylisee et un peu archa'ique, exploitee par un po£te originaire de Test de la France» (p. 38, id. 1972) und möglicherweise (nach Palermo) vor 1160 entstanden. Bertoni 1907, Chesney 1942, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Gorra 1888, Keller 1844, Lacroix 1839, Meyer 1904, Morf 1892-5, Palermo 1965, Palermo 1966, Viscardi 1941, Zanetti 1741.

2.19 Foulque deCandie / Guillem de Orange - FoulCand Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XIX (= 232) und Cod. Marc. fr. XX ( = 233), 14. Jh., ff. 1-91, ff. 2-55, Francesco Gonzaga 1407 Nr. 45 und Nr. 49; in der Ed. Schultz-Gora (1909-1936, 1966, Rez. zuletzt Ziltener 1969) sind im allgemeinen die Varianten von V nicht vollständig aufgenommen (1966: V1 wurde für den kritischen Text nicht kollationiert). Cod. Marc. fr. XIX ist nach Schultz-Gora eine ziemlich freie fr.-it. Bearbeitung (daher verbiete sich eine Heranziehung für den Variantenapparat), Cod. Marc. fr. XX eine genaue Abschrift der ersteren; Guessard (1866, p. CII): zwei italianisierte Kopien, Cod. Marc. fr. XIX ist am Ende unvollständig, bei Cod. Marc. fr. XX fehlt der Anfang, ca. 225 Verse; Lacroix (1839, p. 174) spricht von einem «melange singulier et barbare des idiomes du nord et du midi». Ciämpoli 1897, Guessard 1866, Hoggan 1957, Keller 1844, Lacroix 1839, Mölk 1966 (Hg.), Novati 1890, Schultz-Gora 1909-1936,1966, Viscardi 1941, Wathelet-Willem 1961, Zanetti 1741.

2.20 L'Entree d'Espagne - Entree Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XXI (= 252), Ms. 1. H. 14. Jh., Roncaglia 1965: ca. 1320 entstanden, Ruggieri (Torraca) 1971: zwischen 1298 (Erwähnung von MPolo, cf. Vers 13860-4) und 1320 Entstehung des Werkes, Toesca 1912: Miniaturen der Hs. Anfang 2. H. 14. Jh., Hirdt 1975 (p. 47): Entree um 1320 entstanden, Lejeune-Stiennon (1966, p. 259): ca. Mitte 14. Jh. (über ältere, nicht überlieferte Versionen, version primitive, cf. Aebischer 71

1959 und Aebischer 1968, cf. die erste Branche der Karlamagnus saga, Kapp. 51-53); ff. 1-304, umfaßt 15805 Verse und einen Anhang von 132 Versen, unvollständig überliefert; Francesco Gonzaga 1407 Nr. 53, cf. Nr. 54—57; der Verfasser stellt sich in den Versen 10973-7 als Paduaner vor, ohne seinen Namen genauer zu nennen, der Anhang ist von Nicola da Verona (cf. Vers A125); die bisher einzige vollständige Ed. stammt von Thomas 1913, Ausschnitte davon in neueren Anthologien, Viscardi 1941, Vidossi-Arese 1956, Roncaglia 1965, Ferrero 1965 (mit it. Übersetzung); Rez. Bertoni 1915 und Torraca 1923 mit ausführlicher Analyse und Textemendationen; sämtliche in dieser Arbeit untersuchten Wortformen wurden in der Hs. überprüft und bei Abweichungen von der Ed. Thomas in der originalen Lesart angeführt mit Hinweis auf die bei Thomas im Text oder im Apparat angegebene Lesart. Fragment aus den Archives des comtes de Challant, bibliothüque du chateau de Chätillon (Vallee d'Aoste), 2. H. 14. Jh., ed. Aebischer 1928. Fragment Reggio Emilia, Biblioteca Municipale, ms. Vari E. 181, Umschlagpergament, 14. Jh., die erste Hälfte entspricht ed. Thomas Vers 12309-12545, die zweite (201 Verse) fällt in die Lücke des Cod. Marc. fr. XXI nach Vers 13991, cf. Monteverdi 1960; f. 2 ed. von Specht 1976-7, Gesamted. id. 1977-8. Als Verfasser des Gesamtwerkes wurde von Paris 1865 (p. 163) noch Nicola da Verona angegeben, 1882 von ihm dann widerrufen im Anschluß an die Arbeit von Thomas 1882; über Kultur und Bildung des Autors von Entree cf. Finoli 1961 und Bertoni 1915 (p. 434); Limentani (1974) unterstreicht neben der cultura der fr. Sprache und der der lingue volgari italiane die Bedeutung der cultura latina des Autors; die Hs. enthält 375 Zeichnungen und gilt als «le plus riche livre de l'iconographie rolandienne» (Lejeune-Stiennon 1966, p. 244), hier Entstehung von Text und Ms. um 1350, evtl. Luigi I Gonzago gewidmet; von Bertoni (1915) wird Entree als «grosso poema» der «povera poesia fr.-it.», der «monumenti di cosi dubbio valore» einiger «poeti di breve ala» (p. 427) bezeichnet; eine eingehendere Würdigung gibt Folena (1963), der Entree sieht als «opera poetica piü rilevante» der «letteratura veneta» (vielleicht Oberitaliens bis zur Renaissance), als Werk eines «artista consapevole», der eine ihm nicht eigene Sprache mit «amore» und «violenza», mit «sinceritä e pienezza espressiva», «non certa con perfetta perizia grammaticale», handhabt (p. 145, p. 149); Entree wird eingeschätzt als Mittler zwischen der fr. Epik und Boiardo (Bertoni 1915, p. 434), als Ausgangspunkt für Werke wie La Spagna in rima, La Spagna magliabechiana, La Spagna in prosa, II Viaggio di Carlo Magno in Ispagna per conquistare il cammino di S. Giacomo, in prosa/ Fatti de Spagna. Adler 1962, Aebischer 1954, Aebischer 1964, Bartoli 1879, Bedier 1908-13, Bertoni 1907, Caluwe 1970, Castellani 1893-4, Catalano 1939-40, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Constans 1914, Contini 1964, Dionisotti 1959, Favati 1962, Ferrari 1961, Finoli 1961, Frings 1957, Gautier 1858, Gautier 1865-8, Gautier 1878-94, Giacon 1960-1, Guessard 1866, Guiette 1955, Hirdt 1975, Huet 1918, Keller 1844, Krauss 1971, Krauss 1976, Lacroix 72

1839, Lejeune-Stiennon 1966, Levi 1908, Limentani 1974, Limentani 1975, Limentani 1976 [Atti], Limentani 1976 [Ep.], Limentani 1978, Mandach 1961 [N I], Marchesan 1923, Massart 1964, Meyer 1867, Meyer 1882, Nyrop 1886, Paris 1865, Paris 1882, P. Paris 1873, Rajna 1870, Rajna 1875, Renzi 1970, Richthofen 1972, Roncaglia 1959, Roncaglia 1961, Rosellini 1972, Ruggieri 1951, Ruggieri 1953, Ruggieri 1956 [z], Ruggieri 1960, Ruggieri 1961 [CN], Ruggieri 1962, Ruggieri 1964, Ruggieri 1966, Ruggieri 1969, Ruggieri 1971, Ruggieri 1973, Ruggieri 1976, Sapegno 1963, Stengel 1881, Stengel 1882,Thomas 1882, Toesca 1912 [RR], Toesca 1912, Torraca 1923, Valentinelli 1872, Vieweg 1881, Viscardi 1941, Wahle 1888, Yocca 1895, Zanetti 1741, Zingarelli 1935, [-, GSLl] 1883.

2.21 Florimont — Flor Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XXII (= 258), von Aimes de Varennes 1188 verfaßt, Ms. 14. Jh., ff. lr-102v. Mss. Paris, B.N., fr. 15101, und Monza; Guessard (1866, p. CH) spricht von zwar in Italien hergestellten, aber sehr wenig italianisierten Mss., cf. Hilka 1932. Aus den genannten Handschriften wurden keine Vergleichsbelege herangezogen. Bertoni 1930, Ciämpoli 1897, Guessard 1866, Hilka 1932, Keller 1844, Lacroix 1839, Meyer 1904, Novati 1891, Paris 1893, Psichari 1891.

2.22 Meliadus - Mel Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. XXIII (= 234), Roman de Tristan, 14. Jh., ff. lr-63v; cf. Cod. Marc. fr. IX, Palamedes, 14. Jh. (Limentani 1962), Cod. Marc. fr. XV, 14. Jh. (Curtis 1963). Paris, B.N., fr. 1463, Ende 13. Jh., Ms. nach Meyer 1904 in Italien, wahrscheinlich Genua, geschrieben, Autor Rustichello da Pisa, 1. Teil der Kompilation, es folgen Teile des Tristan en prose; cf. Firenze, Biblioteca Riccardiana 2759. Aus den genannten Handschriften wurden keine Vergleichsbelege herangezogen. Baumgartner 1975, Bedier 1902-5, Bertoni 1921, Bertoni 1930, Bogdanow 1965, Boni 1953, Ciämpoli 1897, Curtis 1963, Hall 1974, Keller 1844, Lacroix 1839, Limentani 1962, Meregazzi 1937, Meyer 1904, Rajna 1876, Roncaglia 1965, Ruggieri 1971, Viscardi-Vidossi 1956, Wind 1960, Zingarelli 1935.

73

2.23 Les Assises de Jerusalem et de Chypre / Lettres du SaintSepulcre - AssJer Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. App. VI (= 260), 1. Gruppe 1255 von Philippe de Novare und Jean d'Ibelin zusammengestellt («Cour des Barons»), 2. Gruppe Anonymus, zwischen 1173 und 1188 verfaßt («Cour des Bourgeois»); ed. Beugnot 1841-3; Vidos 1960: Philippe de Novare, Le livre de forme de plait, in « Assises de Jerusalem» ou Recueil des ouvrages de jurisprudence composes pendant le Xllle siöcle dans les royaumes de Jerusalem et de Chypre, I. Assises de la haute cour, ed. Beugnot 1841-3, pp. [469—] 475-571, Livre a un sien ami; Meyer 1904: Traite de forme de plaid et des us et coustumes des Assises d'Outremer et de Jherusalem et de Cypre. Aus diesem Werk wurden nur die schon in den Wörterbüchern (FEW, TL, Gdf) angeführten Belege herangezogen. Freville 1888, Grandclaude 1923, Lajard 1847, Lajard 1869, Meyer 1904, Roncaglia 1965, Vidos 1960, Zeller 1910, Zeller 1916.

2.24 La Canzone dei Desideri (Pistoleta): Cinque agura9es - Cinqagur Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. fr. App. VIII (= 238), 2. H. 14. Jh. (ca. 1370-1400), 40 Verse, ed. Renzi 1967-8. Unterschiedliche Charakterisierungen der Sprache bei Renzi: «singolare veste provenzale-franco-veneta», «fortemente francesizzata», «veste linguistica ibrida», «doratura francese» wie in fr.-it. Texten, Cinqagur «si collocano assai vicini alia tradizione franco-veneta», «una sorte di caso particolare di franco-veneto», «assomigliare a un testo franco-veneto, nonostante le tracce del modello provenzale», etc.; Lokalisierung in Marca Trevisana.

2.25 Daniele Deloc di Cremona: Moamin et Ghatrif - Moam Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. Gall. App. XIV (= 279), Ms. 2. H. 14. Jh., ff. 1—107 (108), Übersetzung zweier Abhandlungen über die Falknerei, für Enzio, König von Sardinien, Sohn von Friedrich II., 1238—1249 entstanden nach Meyer (1904, p. 78), dagegen Tjerneld: 1249 terminus a quo, 1272 terminus ante quem, nach Meyer (1904) das früheste Dokument der fr.-it. Literatur; ed. Tjerneld 1945, Glossar pp. 305-422, Rez. Roncaglia 1948. Tjerneld: lt. Übersetzung des Moamin von Theodor, Philosoph und Arzt am Hofe von Friedrich II., erwähnt von 1236-1250; Sprache: «bariolee» wie andere fr.-it. Texte, Grundlage Ile-de-France, Italianismen aus Obit. (Lombardei), beschränkte Anzahl; Schreiber nennt sich Angelus de Franchonia. Frati 1908, Meyer 1904, Roncaglia 1965, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Vire 1967, Zingarelli 1935. 74

2.26 Nicola da Verona: La Passion du Christ - PassChristNV Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. Str. Append. XXXIX ( = 272), Nr. 8 bei Francesco Gonzaga 1407, 2.H. 14. Jh., ff. 1 - 2 3 , 994 Verse, ed. Castellani 1893-4, Rez. Mussafia 1894, Bertoni 1910; eine Analyse der sprachlichen Merkmale der Hs. von Massart (1964) enthält die ed. der Verse 1—184, ferner Thomas 1882 ed. Vers 1-184 sowie Schluß. Massart (1964, p. 431) bezeichnet die Sprache als «pauvre» und spricht von einem «vocabulaire etrique», einer «connaissance insuffisante du frarujais», einem «registre peu 6tendu», von «moyens d'expression limit es». Bertoni 1907, Di Ninni 1974-5, Ferrari 1961, S. Pellegrini 1962, Riccoboni 1896-7, Ruggieri 1966, Wahle 1888, Wahle 1890, Yocca 1895, Zingarelli 1935.

La Chanson d'Aspremont — Asprem Venezia, Cod. Marc. lat. class. X, 200 ν. Venezia, Cod. Marc. fr. IV ( = 225) [2.1].

2.27 Aye d'Avignon - AyeAv Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. lat. class. XI, 129 ( = 4198), cf. Mussafia, HschrStM, 112 Verse (56 + 56), Ende 13. Jh., Fragment auf ff. 1 - 2 des 84 ff. umfassenden Cod., ed. Mussafia 1863 und Borg 1967 (pp. 309-313). Fragment Bruxelles, Bibliothfcque royale, 14637,28 Verse, Ende 13. Jh., ed. Guessard-Meyer 1861 (pp. 130-1 η), Meyer 1901, cf. Callu-Turiaf 1961. Bartsch 1870, Cavaliere-Ferrari 1961, Ciämpoli 1897, Ferrari 1961, Lot 1904, Meyer 1884, Mussafia 1861, Oesten 1885, Wihrler 1909-10.

2.28 Le Roman de Belris - Belris Biblioteca Nazionale Marciana di Venezia, Cod. Marc. lat. class. XIV, 264 ( = 4296), letztes Viertel 14. Jh., ff. 124r-130v, 1187 Verse, Nordosten Oberitaliens (Veneto), ed. Monfrin 1962, bereits 1953 von Monfrin vorgestellt als Belris et Machabia; die angekündigte Fortsetzung des Artikels von 1962 ist nicht bekannt. Graphie: «celle que Ton rencontre dans les plus mauvais manuscrits franco-italiens» (Monfrin 1953, p. 143); Belris et Machabia wird von Monfrin (1953, p. 144) bezeichnet als einer der am meisten italianisierten und unkorrektesten Texte des Franko-Italienischen. 75

KellerRomv Adelbert Keller, Romvart. Beiträge zur Kunde mittelalterlicher Dichtung aus italienischen Bibliotheken, Mannheim 1844, pp. 1—97, enthält u. a. Auszüge aus Codd. Marc. fr. IV, V, VI, VII, VIII, Χ, XIII und XIV (Doon de Mayence, Beuve de Hanstone) sowie XVII und XVIII. Ferrari 1961. LacroixDiss Paul Lacroix, Dissertations sur quelques points curieux de l'histoire de France et de l'histoire litteraire, VII, Paris 1839, pp. 147-190, enthält u. a. Auszüge aus Codd. Marc. fr. IV, V, VI, VII, VIII, Χ, XIII, XVI, XVII, XVIII, XIX, XX, XXI und XXII. Ferrari 1961. HschrStM Adolf Mussafia, Handschriftliche Studien, Wien 1863, pp. 1-53 (276-326), enthält u. a. Auszüge aus Codd. Marc. fr. IV, V, VII, VIII, XIII, XIV, ferner zwei Fragmente der Aye d'Avignon, Cod. Marc. lat. class. XI, 129, je 56 Verse (A 1452-1513, Β 1741-1798), cf. 2.27. Ferrari 1961.

2.29 Huon d'Auvergne - HuonAuv Berlin, Staatliches Museum, Hamilton 337, ff. 1-85 (83), Ms. im April 1341 beendet, HuonAuvB. Padova, Biblioteca del Seminario, ms. 32, 2. Η. 14./1. H. 15. Jh. (Meregazzi 1935/1937: Anfang 15. Jh.), ff. lr-116v (ff. lr-32r, 32r-116v), 5658 Verse, HuonAuvP. Torino, Biblioteca Nazionale, Ms. N.III.19, 106, ff. 1-181 (179), am 6.2.1441 fertiggestellt, 1904 verbrannt, HuonAuvT. Bologna, Archiginnasio, Frammento Barbieri, 14. Jh., 1264 Verse, HuonAuvBr. Nr. 21 des Inventars von Francesco Gonzaga 1407; eine Ed. aller Mss. ist geplant von Alessandro Vitale-Brovarone (Torino); HuonAuvP ist vollständig ed. von Giacon 1960-1, Glossar pp. I-LXIII; HuonAuvBr ed. Bartholomaeis 1929, Rez. Debenedetti 1930 (cf. 1925); die Versionen Β, Ρ und Τ sind in Auszügen ed. in folgenden Beiträgen: Grion-Guinicelli-Compagni 1869, Graf 1878 (T), Crescini 1880 (P), Renier 1883 (T), Tobler 1884 (B), Ludovisi 1895 (P), Stengel 1908 [Greifswald] (B und P), Stengel 1908 [Hannover] (B und T), Stengel [ZfSL] (B und T), Stengel 1910 (Β, Ρ und T), Stengel 1911 (B), Stengel 1912 (B), Sten76

gel 1927 (Β), Meregazzi 1935 (Β, Ρ und Τ), Meregazzi 1937 (Β, Ρ und T); Teile von Β auch in Vidossi-Arese 1956 (pp. 1200-1219), Auszüge in Viscardi 1941. Nach Meregazzi (1937) existiert für HuonAuv kein fr. Original, es zählt zu den «primordi dell'epopea nazionale, al cui sviluppo dovevano ancora mancare la lingua, il metro e il genio di un vero poeta» (p. 87); Mainone sieht, anders als etwa in Bovo oder Macaire, in der Berliner Fassung einerseits (1911) ein «ehrliches Bemühen, französisch schreiben zu wollen» (p. 43), andererseits (1936), «wie bei allen fr.-it. Erzeugnissen», «Verdrehendes und Verstellendes in Hülle und Fülle», besonders im Reim (p. 1); Stengel (1908 [Gr.]) meint, daß der Wortschatz von HuonAuvB nicht ohne weiteres zur Bereicherung des afr. Wörterbuches wird dienen können (p. 4), cf. dazu jetzt Möhren 1977 mit Ubersicht über die Edd. und Hss.; die spätere Turiner Fassung bezeichnet Stengel (1908 [Fs.]) als oft gänzlich verunglückte halbe Italianisierung der Vorlage von HuonAuvB, als teilweises galimatias, das jedoch von Interesse sei für analoge Elaborate, bei denen die Vorlage fehlt (p. 36); Renier (1883) spricht von einem «incongruo e arlecchinesco zibaldone di forme dialettali accozzate senza criterio nfe legge» (p. CLXXX), und für Meregazzi (1935) bildet die fast gänzlich italianisierte Turiner Fassung «forse l'ultimo stadio di un graduate esaurimento della lingua d'Oltralpe di fronte alia pressione sempre piü forte del volgare nazionale» (p. 7), man könne sie nicht mehr als fr.-it. Text ansehen (1937, p. 61). Anglade 1918-9, Bertoni 1907, Debenedetti 1925, Mainone 1911, Mainone 1936, Meyer 1904, Möhren 1977, Paris 1878, Rajna 1925, Rossi 1927, Ruggieri 1966, Thomas 1881, Viscardi 1941, Vitale^-Brovarone [1976], Vitale-Brovarone 1978, Zingarelli 1935. Huon d'Auvergne -

HuonAuv

Bologna, Archiginnasio, Frammento Barbieri v. Berlin [2.29], Aye d'Avignon — Aye Α ν Bruxelles, Bibliotheque royale, 14637 v. Venezia, Cod. Marc. lat. class. XI, 129 [2.27], La Chanson d'Aspremont — Asprem Chantilly, Musee Conde 470, anc. 703 v. Venezia, Cod. Marc. fr. IV [2.l],

2.30 La Chanson de Roland (C) - RolC Chäteauroux, Bibliotheque Municipale, Cod. I (Bourdillon CCXXV), Francesco Gonzaga 1407 Nr. 52, ff. lr-125v, 2. H. 13. Jh., Segre: ca. 1300,450 Laissen, ed. Foerster 1883, Rez. [-, GSLl] 1883, Mortier 1943, cf. Gesamt-Ed. Segre 1971. 77

Ferrari 1961, Gautier 1878-94, Halvorsen 1959, Heinemann 1974, Hemming 1968 [R], Lacroix 1839, Le Gentil 1967, Mandach 1961 [N i], MenendezPidal 1959, Nyrop 1886, Roncaglia 1965, Rosellini 1958 [MS], Rosellini 1960 [MA], Rosellini 1961, Rosellini 1962, Rossi 1927, Ruggieri 1953, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Whitehead 1961, Wilmotte 1937. L'Entrie d'Espagne — Entree Fragment Chätillon v. Venezia, Cod. Marc. fr. XXI [2.20].

2.31 Jugement d'Amour - JugAm Firenze, BibliotecaLaurenziana, f. Ashburnham-Libri, 123, ff. 7v, l l r - 1 3 r , 752 Verse, ed. Faral 1913. Nach Faral von einem it. Autor und einem it. Schreiber, der auch die okz. Sprache kennt. Meyer 1904.

2.32 Santa Maria Egiziana - SMarEgiz Firenze, Biblioteca Nazionale Magliabechiana II, III, 131, Entstehung wohl 13. Jh., Ms. am 22.12.1384 vom venez. Notar Arpino Broda fertiggestellt, ff. 73r-80r, 1256 Verse, ed. Casini 1880, Rez. Meyer 1883. Meyer: «version venitienne, plutöt que franco-venitienne»; Bertoni (1921, p. 233): Sprache nicht fr.-ven., sondern geschrieben im «volgare di Pavia», 14. Jh., gehört aber zum Bereich der fr.-it. Literatur; cf. Salvioni 1889, Gl s.v. bontadoso (n 1).

Bertoni 1908, Bertoni 1921, Mussafia 1863, Viscardi 1941. La Chanson d'Aspremont - Asprem Firenze, Bibl. Naz. Magi., cl. VII, 932 v. Venezia, Cod. Marc. fr. IV [2.1], Gui de Nanteuil — GuiNant Firenze, Biblioteca Nazionale centrale, n. II, IV, 588 v. Venezia, Cod. Marc. fr. X [2.7], Bovo d'Antone — Bovo Firenze, Biblioteca Laurenziana Mediceo-palatino XCIII v. Venezia, Cod. Marc. fr. XIII [2.8]. 78

2.33 Martin da Canal: Les estoires de Venise - EstVen Firenze, Biblioteca Riccardiana 1919,1267—1275 von Martin da Canal verfaßt, Ms. 2. H. 13./I. H. 14. Jh., Limentani: erste Jahrzehnte 14. Jh., oder vielleicht letzte Jahrzehnte 13. Jh., die Hs. von vier Kopisten und zwei Rubrikatoren, der vierte Kopist (Schluß) aus dem Veneto, wahrscheinlich Venezianer, ff. lr-134r, ed. Limentani 1972-3, Rez. Holtus 1974, Capusso 1975, Collodo 1976, vorher auch ed. Polidori 1845, Auszüge in Vidossi-Arese 1956. Der Titel ist von Limentani 1972—3, Untertitel: Cronaca veneziana in lingua francese dalle origini al 1275, bei Polidori: Cronique des Veniciens; das Fr. von Martin da Canal weist vorwiegend Elemente aus der Champagne, dem Franzischen, Nordosten und Osten Frankreichs auf; die Sprache hebt sich nach Limentani (1972-3) grundsätzlich von anderen fr.-it. Werken ab (p. CI); Martin da Canal gilt für Limentani (1966 [Si]) als «appassionato lettore della produzione letteraria francese» (p. 669), Fasoli (1961) bezeichnet das Fr. daher als «imparato sui libri piü che dall'uso vivo» (p. 46) und Catel (1938—40) weist die livresken Studien des Fr. bei Martin da Canal nach, die weder den lebendigen Kontakt mit der fr. Sprache noch den Dialekt einer bestimmten Region erkennen lassen (p. 325); eine genauere Identifizierung des Autors ist bisher nicht gelungen, vermutlich stammt er aus bürgerlichem Milieu, maestro di scuola oder Notar, Venezianer, «livello di piccola borghesia cittadina» (Limentani 1965, p. 627). Bongioannini 1897, Catel 1938-40, Cracco 1967, Fasoli 1958, Fasoli 1961, Fasoli 1973 [Pertusi], Folena 1973 [Pertusi], Limentani 1961, Limentani 1964, Limentani 1965, Limentani 1966 [Si], Limentani 1966 [Cro], Limentani 1966—7, Limentani 1974, Limentani 1976 ['300], Monteverdi 1955, Pertusi 1965-6, Peyer 1955, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Simonsfeld 1877, Terracini 1956, Zingarelli 1935. Le roman d'Hector et Hercule — Hect Firenze, Biblioteca Riccardiana 2433 v. Venezia, Cod. Marc. fr. XVII und Cod. Marc. fr. XVIII [2.18]. 2.34 Nicola da Verona: La Pharsale - Pharsale [/CesNic] Geneve, Bibliothfcque publique, Catalogue de Senebier, Ms. fr. 81,1343 von Nicola da Verona für Nicolas von Este, Markgraf von Ferrara, gedichtet, (DEAF:) Francesco Gonzaga 1407 Nr. 11, Ms. 15. Jh., Bertoni 1908: Anfang 15. Jh., DEAF: 2. Η. 14. Jh., nach Wahle 1890 Entstehung vor PrisePamp, 3166 Verse, ed. Wahle 1888, Rez. Mussafia 1889, Thomas 1889, cf. Bertoni 1908, Auszüge in Viscardi 1941. Im DEAF als «Histoire de Jules Cesar par Nicolas de Verone» mit der Abkürzung CesNicW; nach Bertoni (zit. in Viscardi 1941, p. 47) weist die Pharsale ein relativ gutes Fr. auf. 79

Bertoni 1907, Di Ninni 1974-5, Hirdt 1975, Levi 1908, Marchesi 1905, Massart 1964, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Torraca 1923, Vidos 1960, Viscardi 1941, Wahle 1890, Zingarelli 1935.

2.35 Le Roman de Troie en prose - RTroiePros Grenoble, Bibliothüque Municipale 263 (Meyer 1904, p. 76: Bibl. de Grenoble, n° 861), Ms. aus dem Jahre 1298, geschrieben im Gefängnis von Padova von Johannes de Stennis. Oxford, Bodl. Douce 196, 1323 in Verona von Piere Schach geschrieben. Paris, Bibliothöque Nationale, nouv. acq. 9603, Ende 13. Jh. Ausschnitte aus den drei Mss. in Carlesso 1963-4 und Carlesso 1965-6. Nach Carlesso ist die südliche Version des RTroiePros in einer wahrscheinlich aus dem Veneto stammenden Redaktion Vorlage des «Libro de la storia di Troia» von Binduccio dello Scelto gewesen. Chesney 1942, Constans 1904-16, Meyer 1904, Morf 1892-5.

2.36 Le Jeu d'Amour — JeuAm Leningrad, Biblioth^que publique d'Etat Saltikov-Chtchedrine (anc. Bibliotheque de l'Ermitage), fr. Q. v. XIV.5, Anfang 14. Jh., ff. l r - 1 5 r , 1062 Verse, ed. Kraemer 1975, Rez. Holtus 1977. Sprachliche Grundlage ist Aas franco-picard littiraire, in diesem Zusammenhang erwähnenswert ist der Text wegen neun lexikalischer Italianismen (obit., lomb.), die die Möglichkeit eines it. Autors des Gedichts andeuten.

2.37 NoticeLM Lyon, Bibliothfcque Municipale, Ms. 866 (anc. 770), «Recueil de vies des saints en prose franfaise», Kopie von it. Schreiber, Anfang 14. Jh., Auszüge in Meyer 1888 («Notice du ms. 770 de la Bibliothfcque Municipale de Lyon»), ed. Pilati 1966-7. Limentani 1972-3, Meyer 1904.

2.38 Garin le Loherain - GLoh Milano, Biblioteca Ambrosiana, Cod. Q. 75 sup., Fragment auf vorderer Umschlagseite, 13. Jh., ed. Baldeiii 1966. Nach Baldelli it. Kopist, Lokalisierung in der «area trevigiana Orientale», mit fr.-it. (-ven.) Formen. 80

2.39 Canzvprov Canzone veneta provenzaleggiante del Duecento, Milano, Biblioteca Ambrosiana, Cod. Q. 75 sup., 2. H. 13. Jh., Vers 1-56, ed. Baldelli 1960. Baldeiii: «pressione del provenzale e del francese», «carattere padano e forse traspadano Orientale», Lokalisierung im östlichen Veneto, mit «dubbiose soluzioni del francoveneto». Ruggieri 1976.

2.40 Raccolta di favole - RaccFav Milano, Biblioteca Ambrosiana, n° 168, lett. N, p.,e sup.re, ff. 41b-43b, 1. H. 14. Jh., 215 Verse, ed. Rajna 1878. Lomazzi 1972.

2.41 Niccolö da Casola: La Guerra d'Attila — Attila Modena, Biblioteca Estense, a W. 8.16-17 (antica segn. XI.B.18-19), ca. 1358-1368 entstanden, ff. lr-376r, ff. lr-334r, 37.535 Verse, verfaßt von Niccolö da Casola (Bologna), ed. Stendardo 1941, Glossar vol. II, pp. 371-470; Ausschnitte auch in Bertoni 1907, Rez. Stengel 1909, sowie in Viscardi 1941. Eine detaillierte linguistische Untersuchung bietet die Diss, von Peisker 1973, Rez. Holtus 1978; allgemeine Beurteilungen zur Sprache von D'Ancona (1880): «francese non troppo puro», «dialetto veneziano imbastardito» (p. 460), zwei «lezioni diverse», padovana/veneta und estense/ferrarese (p. 467); Stendardo (1941): Niccolö da Casola «vuole che il suo francese sia da tutti compreso e gustato« (p. XL). Barbieri 1568, Bertoni-Foligno 1906, Camus 1891, D'Ancona 1880, Facchin 1962, Hirdt 1975, Meyer 1904, Putanec 1955 [63], Rajna 1908, Roncaglia 1959, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Viscardi 1941, Yocca 1895.

2.42 Faramon e Meliadus — Faramon Modena, Biblioteca Estense, R. 4,4, 14. Jh., ff. 211r-212v, drei Briefe, 105 Verse (40, 36, 29), ed. Bertoni 1921. Camus 1891.

81

2.43 Notice Μ Μ Modena, Biblioteca Estense, f. fr. 116, Legendes des saints en frangais, Auszüge in Meyer 1902, «Recueil de vies des saints», fr. Prosa, Kopie von it. Schreiber, Ms. 1. H. 14. Jh. Limentani 1972-3, Meyer 1904.

2.44 Jeanroy Modena Modena, Biblioteca Estense, Canzoniere provenzale (chansonnier provengal), Auszüge aus «Moniot d'Arras», 1254 bzw. Ende 13./Anfang 14. Jh., ed. Jeanroy 1896, «Les chansons frangaises inedites du manuscrit de Modene».

2.45 Tournament of Sorelois - TSorelois Modena, Archivio di Stato, I, f. l r - l v , Ende 13./Anfang 14. Jh., II, ff. 1-16, Ende 13./Anfang 14. Jh.; I ed. Bogdanow 1962-3, it. Kopist; die Ed. von II ist ebenfalls von Bogdanow angekündigt.

2.46 Prophecies de Merlin - PMerl Modena, Archivio di Stato, III, ff. lr-2v, 1272-1279 von dem Venezianer «Maistre Richart d'Irlande» (Pseudonym) verfaßt, ed. Bogdanow 1972, ed. weiterer Fragmente angekündigt (cf. 2.45). Sprache: sog. normales Franzisch des späten Afr. mit charakteristischen Zügen eines in Italien kopierten Textes, Gemeinsamkeiten mit fr.-it. Texten. Paton 1926. Beuve de Hanstone — BeuveHanst Modena, Archivio di Stato v. Venezia, Cod. Marc. fr. XIV [2.16]. Le roman d'Hector et Hercule — Hect Oxford, Bodl. Canonici 450 v. Venezia, Cod. Marc. fr. XVII und Cod. Marc. fr. XVIII [2.18].

2.47 Rainaldo e Lesengrino - RainLes Oxford, Bodleian Library, Canon. Ital. n. 48, ff. 6r-19r, 814 Verse, 2. H. 14. Jh., - Ο (auch = g). Udine, Biblioteca Arcivescovile Bertoliniana, Cod. lat. XIII, ff. 50v-64v, 705 Verse, 2. H. 14. Jh., = U (auch = i). 82

Gesamtausgabe beider Mss. von Lomazzi 1972, Rez. Grimm 1974, Holtus 1975, frühere Ausgaben: Teza 1869 O, Putelli 1879 U, Martin 1882-7 Ο und U, Breuer 1929 Teile von U, Contini 1960 O, Glossar von Todt 1903; Auszüge in Bartoli 1879 und Viscardi 1941; cf. ferner Flutre 1914. RainLesO stammt sprachlich aus der zona padovana, RainLesU aus der zona trevisana; beide Mss. mit literarischen, toskanischen Zügen durchsetzt, mit «tracce vistose di una precedente situazione di bilinguismo rispetto ad un'altra lingua di prestigio, il francese» (Lomazzi 1972, p. 83), als eigentliche fr.-it. (-ven.) Elemente nach Lomazzi nur der Gebrauch von «stilemi puramente allusivi [formule epico-giullaresche, Reim auf -er] ad una situazione culturale di Mischsprache (in ugual parte scritta ed orale)» (p. 88); Flinn (1963) bezeichnet die Sprache von RainLes als fr.-it., die beiden Versionen seien «en dialecte venitien, qui montre parfois des influences du dialecte de Verone» geschrieben (p. 533), der Autor des fr.-it. Originals sei ein obit. Poet, der zwar die fr. Branchen kannte (p. 534), jedoch keine Imitation einer fr. Vorlage verfaßte, sondern ein unabhängiges, originales Werk, dem die fr. Vorlage nur allgemein als Modell diente (p. 541). Bertoni 1907, Caboni 1935, Caboni 1936, Caboni 1941, Canello 1880, Flinn 1963, Foulet 1914, Jauss 1959, Jauss 1961, Levi 1912, Levi 1912-3, Meyer 1904, Rajna 1872 [RdF], Roques 1957-60, Ruggieri 1966, Tilander 1923, Viscardi 1941.

2.48 Mort Charlemagne - MCharlem Oxford, Bodleian Library, Canonici 54,14. Jh., Auszug ff. 51 ν—53v ed. von Contini 1964, 87 Verse. Ms. it., «lezione del poemetto: fr.-it.», Text «sinceramente fr.-it.», «veste del poemetto [. . .] veneta, forse addirittura veneziana, ma piü probabilmente trevisana» (Contini). Rajna 1908-11. Huon d'Auvergne — HuonAuv Padova, Biblioteca del Seminario, ms. 32 v. Berlin, Staatliches Museum, Hamilton 337 [2.29],

2.49 La Passion du Christ - PassChristP Paris, Bibliotheque Nationale, f. fr. 821,13. Jh., Ms. Ende 13./Anfang 14. Jh., Auszüge in Bertoni 1941, ed. Whright 1944 [nicht zugänglich]. Meyer 1904. 83

Le roman d'Hector et Hercule — Hect Paris, Bibliothfcque Nationale, f. fr. 821 v. Venezia, Cod. Marc. fr. XVII und Cod. Marc. fr. XVIII [2.18],

2.50 Brunetto Latini: Li livres dou tresor - BrunLat Paris, Biblioth£que Nationale, f. fr. 1110 [= Τ], ca. 1260-1266 entstanden, ms. Τ 1. Η. 14. Jh., ff. 7r—155v, keine it. Graphien in T, pik. und wallon. Formen, ed. Carmody 1948, Glossar pp. 423^453. Meyer (1904, p. 81): gehört nicht in die von ihm vorgestellte Rubrik, da (u. a.) in Frankreich geschrieben; Carmody: Mss. Ο [Paris, B.N., fir. 569 (anc. 7067-3), 15. Jh.] und V [Paris, B.N., 1113 (anc. 7366), 14. Jh., «avec lexique frangais-piemontais», ff. 1-4] in Italien kopiert (von nach Italien gebrachter fr. Kopie abhängig). Chabaille 1863, Meyer 1904, Roncaglia 1965, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Vidos 1960, Zingarelli 1935.

2.51 Marco Polo: II Milione (Le divisament dou monde) - MPolo Paris, Bibliothfcque Nationale, ms. fr. 1116 (anc. 7367), Anfang (1. H.) 14. Jh., wahrscheinlich von mit. Kopisten geschrieben, ff. 4r-l 1 lv, ed. Benedetto 1928, Rez. Bertoni 1928, Olivieri 1928, Cessi 1929; Auszüge in Vidossi-Arese 1956. Wohl um 1298 im Gefängnis von Genova von Marco Polo diktiert an Rusticiano (Rustichello, Rusticello) da Pisa (so Del Guerra 1955: Marco Polo diktiert in «idioma natio», Rusticiano redigiert den Text auf Fr.; Gossen: Redaktionsarbeit); Gossen 1975: nicht entschieden, ob Marco Polos eigene Aufzeichnungen venez. oder fr.-venez. waren; eine ausführliche Darstellung des Wortschatzes von MPolo bietet die nicht publizierte Diss, (masch.) von Elgrid Kaiser (Wien 1967); MPolo gilt für Bertoni (1928) als «un testo fr.-it. dei piü ibridi» (p. 285); ob die Kenntnisse der fr. Sprache von Rustichello da Pisa auf livresken Studien oder auf Aufenthalten in Frankreich mit lebendigem Kontakt mit der gesprochenen Sprache beruhen, läßt sich nach Benedetto (1928, p. XXX), der auch die Möglichkeit anführt, daß Marco Polos Notizen schon auf Fr. geschrieben waren, nicht entscheiden; Gossen (1975) plädiert dafür, daß die Fr.-Kenntnisse von Marco Polo und Rustichello da Pisa livresker Natur waren und wohl kaum auf einen direkten Kontakt mit der gesprochenen fr. Sprache zurückzuführen sind (p. 135); Terracini (1956) bezeichnet als Basis der Sprache von MPolo die lingua franca, das veneto und das Fr. Almagiä 1938, Bartoli 1863, Benedetto 1930, Benedetto 1932, Benedetto 1949, Benedetto 1953, Bonvalot 1924, Casella 1929, Cortelazzo 1976, Dainelli 1941, Del Guerra 1955, Folena 1973 [Pertusi], Gallo 1955, Gossen 1975, Ham84

bis 1955, Hambis 1957, Istituto Veneto 1955, Langlois 1921, Lopez 1955, Manzoni 1896, Meyer 1904, Michieli 1924-5, Monteverdi 1955, Moule-Pelliot 1934, Moule-Pelliot 1938, Olivieri 1927, Olschki 1955, Orlandini 1926, Paris 1896, P. Paris 1833, Pauthier 1865, Pelliot 1958, Roncaglia 1965, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Sanz 1958, Schaller 1890, t'Serstevens 1955, Terracini 1933, Terracini 1954, Terracini 1956, Tucci 1976, Vidos 1960, Volpe 1956, Yocco 1895, Yule 1875, Yule 1903, Zingarelli 1935.

2.52 Anseis von Carthago - AnsCartP Paris, Bibliotöque Nationale, fr. 1598 (anc. Mazarin), 14. Jh. (Meyer-Lübke: 13. Jh., ff. 53-107 (54-108), Auszüge in Meyer [-Lübke] 1885. Bertoni 1907, Hills 1925, Viscardi 1941. La Chanson d'Aspremont

— Asprem

Paris, Bibliotfeque Nationale, fr. 1598 (anc. Mazarin) v. Venezia, Cod. Marc. fr. IV [2.1].

2.53 Aldobrandino da Siena: Le Regime du Corps - AldS Paris, Biblioth^queNationale, fr. 2021,13. Jh., ca. 1256, ff. lr-72v, ed. Landouzy-Pepin 1911, Glossar pp. 203-256. Zu weiteren Mss. [Paris, Arsenal, 2814, Roma, Vat., Rg. 1451, Ashburnham, collection Barrois n° 265; ferner Paris, Arsenal 2059, Paris, B. N., fr. 1288, Vatican, Reg. 1334, London, B.M., Sloane 2435, London, B.M., Sloane 2806] cf. auch Meyer 1904 (pp. 79s.), danach ist das Ms. Paris, Arsenal, 2511, eine in Italien im 14. Jh. hergestellte Kopie (Francesco Gonzaga), sie erscheint jedoch nicht im Variantenapparat der ed. Landouzy-Pepin. Bartoli 1880, Meyer 1904, Roncaglia 1965, Zingarelli 1935.

2.54 Philippe de Novare: Les quatre äges de l'homme - PNovQuat Paris, Bibliotheque Nationale, f. fr. 12581 (anc. supplement fr. 198), 13. Jh., Meyer 1904: um 1265, ff. 387r-407v, ed. Freville 1888, Glossar pp. 125-139. Kohler 1913, Meyer 1904, Paris 1890, Roncaglia 1965, Rosellini 1964, Vidos 1960, Zingarelli 1935. 85

2.55 La Folie Lancelot - FolLanc Paris, Bibliotheque Nationale, f. fr. 12599,2. H. 13. Jh., ff. 221v-268v, ca. 1238 (zwischen 1235 und 1240) verfaßt; die Ed. Bogdanow 1965 basiert auf dem Ms. B.N., f. fr. 112 aus dem Jahre 1470, ff. 214v-220r, 240r-275v, 281r-282v, die Varianten von Ms. fr. 12599 sind im Apparat angegeben, ferner sprachlich relevante Belege in den Anmerkungen der Ed.; Rez. Mölk 1969. Das Ms. fr. 12599 enthält nach Bogdanow zahlreiche Italianismen sowie gemeinsame Züge mit fr.-it. Texten. Documents Chypriotes des Archives du Vatican — DocChypr Fragment Paris, Bibliotheque Nationale, Umschlagblatt von Ms. gr. 1381 v. Roma, Archivio segreto Vaticano, Instrumenta miscellanea [2.6l].

2.56 Glossarietto francese-veneto — Glossarietto Paris, Bibliotheque de 1'Arsenal, 2511, Anfang 14. Jh., f. 3v, f. 86v, f. 87v, 1-50, ed. Baldeiii 1961. Nach Baldelli stammt das Ms. aus Italien von einem it. Kopisten, vermutlich Nr. 10 des Inventars von Francesco Gonzaga di Mantova (1407); mit über den Text verstreuten weiteren Glossen, einem Rezept und einem Sprichwort.

2.57 La legende de l'Antechrist - AntAn Paris, Bibliothfcque de Γ Arsenal, 3645 (anc. 306), Walberg: Ende 13. Jh., Entstehung des Gedichts vor 1251, ca. 1241-1251 (p. XXXV), DEAF: ca. 1245, Bertoni (1930): Ms. 1. H. 14. Jh., Werk früher, schon in anderem Ms. von 1251, Viscardi: vor 1251 entstanden, ff. 4r-24r, ed. Walberg 1928, Glossar pp. 55-60, Auszüge in Viscardi 1941. Walberg: Autor Franzose, der in Italien lebte, it. Kopist der Hs.; Meyer (1904, p. 73): «indubitablement ecrit en Italie», Ms. 1. H. 14. Jh., Abschrift eines Ms. aus Verona, 1251. Meyer 1904, Mussafia 1873 [SB], Viscardi 1941.

2.58 La Vie de Sainte Catherine d'Alexandrie - SCath Paris, Bibliotheque de 1'Arsenal, 3645, (anc. 306), Ende 13,/Anfang 14. Jh., ff. 26r—67r, 2332 Verse, ed. Breuer 1919, Glossar pp. 281-287. Nach Breuer zeigen die Sprache des Dichters und der Hs. veronesisches Gepräge; Meyer (1904, p. 73): «indubitablement ecrit en Italie», 1. H. 14. Jh. Breuer 1925, Meyer 1904, Mussafia 1873 [SB], Mussafia 1885 [SB], 86

L'Entree d'Espagne — Entree Fragment Reggio Emilia, Biblioteca Municipale, ms. Vari E. 181, Umschlagpergament v. Venezia, Cod. Marc. fr. XXI [2.20].

2.59 Raffaele Marmora: Aquilon de Baviere — Aquilon Roma, Cod. Vatic. Urb. Lat. 381 (anc. 1363), Ms. 1. H. 15. Jh., ff. 1-175 (173), entstanden zwischen 1379 und 1407 (Colliot 1970: 1407 beendet, cf. Ruggieri 1971, p. 100), verfaßt von Raffaele Marmora, evtl. Autograph, Ausschnitte in Thomas 1882 [R] und Coronedi 1935, davon Auszüge in Viscardi 1941; eine Gesamted. des Romans ist angekündigt von Wunderli 1975-76. Thomas: Entstehungsort ist Verona. Bartolucci Chiecchi 1977, Bertoni 1907, Colliot 1970, Colliot [1976], Colliot 1978, Levi 1908, Meyer 1904, Roncaglia 1965, Ruggieri 1966, Ruggieri 1971, Thomas 1913, Viscardi 1941, Yocca 1895, Zingarelli 1935.

2.60 La Canzone di Auliver — Auliver Roma, Cod. Vaticano Barberiniano 3953 (lat. XLV—47), n. 11, f. 45r, ca. 1325—1335, von Nicolö de Rossi im Canzoniere aufgenommen, 52 Verse, ed. Pellegrini 1957, ferner Lega 1905, Ugolini 1942, Monaci-Arese 1955, Contini 1960. Sprache: Marca trevigiana, evtl. Treviso, mit einigen okz., fr. und fr.-it. Eigenheiten. Dionisotti 1943, Leonetti 1934, Ruggieri 1976, Ugolini 1942. Le roman d'Hector et Hercule — Hect Fragment Roma, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 14740 v. Venezia, Cod. Marc. fr. XVII und Cod. Marc. fr. XVIII [2.18]. 2.61 Documents Chypriotes des Archives du Vatican - DocChypr Roma, Archivio segreto Vaticano, Instrumenta miscellanea, 14. und 15. Jh., ed. Richard 1962, Rez. Tucci 1963, Stussi 1964; Glossar pp. 163-168. Fragment Paris, Bibliotheque Nationale, Umschlagblatt von ms. gr. 1381 (aus den Jahren 1422-1424), ed. pp. 22-30 bei Richard 1962, Appendice, «Le compte de 1423». Cf. «Les Gestes des Chiprois», ed. Raynaud 1887, Mas Latrie-Paris 1906. Folena 1973 [Pertusi], Cortelazzo 1974. 87

2.62 Galloitalische Predigten - GalitPred Torino, Cod. misc. lat. Taurinensis D. VI. 10., 12. Jh., 22 Predigten und Homilien, ed. Foerster 1879, Glossar pp. 88—92. Herkunft der Hs. unbekannt, Sprache piemontesisch mit fr. Formen gemischt, nach Foerster ein it. Text, der von einem fr. Kopisten abgeschrieben wurde. Huon d'Auvergne — HuonAuv

Torino, Biblioteca Nazionale, Ms. N. III. 19,106 v. Berlin, Staatliches Museum, Hamilton 337 [2.29],

2.63 NoticeTM Tours, Bibliotheque, ms. 1008, «Recueil de vies des saints», fr. Prosa, Kopie von it. Schreiber, Ms. Anfang 14. Jh., ed. Meyer 1897. Limentani 1972-3, Meyer 1904. Rainaldo e Lesengrino — RainLes

Udine, Biblioteca Arcivescovile Bertoliniana, Cod. lat. XIII v. Oxford, Bodleian Library, Canon. Ital. n. 48 [2.47]. Bovo d'Antone — Bovo

Udine, Archivio Capitolare della cattedrale udinese v. Venezia, Cod. Marc. fr. XIII [2.8],

2.64 Philippe de Novare: Memoires 1218-1243 - PNovMem Verzuolo (Piemonte), M. Charles Perrin, 1343, Meyer 1904: zwischen 1243 und 1247 entstanden (cf. Vidos 1960), ed. Köhler 1913, Glossar pp. 163-171. Cf. Kohler (1913, pp. VI-VIII) zu den Gestes des Chiprois (ed. Raynaud 1887, Mas Latrie-Paris 1906): ca. 1320 verfaßt von Gerard de Montreal, nur in einem Ms. (Anfang und Ende unvollständig) überliefert, 1343 in Cerines (Zypern) von Jean le Miege kopiert; l.Teil, §§ 82-91: Autobiographie von Philippe de Novare, 2. Teil, §§ 97-229: die «Estoire» des Krieges von Friedrich II. gegen die Ibelins, mit einem Teil von Philippe de Novares Liedern; Autobiographie und «Estoire» bei Kohler 1913 zusammengefaßt als «Memoires». Flinn 1963, Meyer 1904, Paris 1890, Roncaglia 1965, Rosellini 1964, Vidos 1960, Zingarelli 1935. 88

2.65 Livre d'Enanchet - Enanchet Wien, Nationalbibliothek, Cod. 2585 (früher Eugen. Fol. 125), (ca. 1285/) 1287, ff. lr-16v, der dritte Teil (ff. 9v-16v) Auszug bzw. Übersetzung des «Tractatus amoris» von Andreas Capellanus, Francesco Gonzaga 1407 Nr. 19, ed. Fiebig 1938, Glossar pp. 119-155, Rez. Bertoni 1939, Mulertt 1939, Hofer 1940, Weerenbeck 1941, Auszüge in Viscardi 1941. Zu einem weiteren, in Obit, geschriebenen Ms. ζ (Zagreb, Bibliothfcque Metropolitans, Cod. MR 32, ff. 57r-76r) cf. Putanec 1948-9; nach Putanec, der Auszüge gibt, ist ζ 35 Jahre älter als das Wiener Ms. w und weniger italianisiert; Ruggieri 1966: ζ 1232 datiert, geschrieben «en la contree des Montels» (Montello, altopiano veneziano); Fiebig 1938: Entstehung der Hs. im Grenzgebiet zwischen Lombardei und Venetien, Gegend zwischen Verona und Venezia; Zingarelli 1935: it. Einflüsse durch den Kopisten namens Rofin. Bertoni 1930, Fiebig 1960, Forte 1938, Meyer 1904, Mulertt 1940, Mussafia 1862, Putanec 1948-9, Putanec 1956, Rajna 1891, Ruhe 1970, Ruggieri 1966, Viscardi 1941, Zingarelli 1935. Livre d'Enanchet — Enanchet

Zagreb, Bibliotheque Metropolitaine, Cod. MR 32 ν. Wien, Nationalbibliothek, Cod. 2585 (früher Eugen. Fol. 125) [2.65]. Auf der Grundlage der hier beschriebenen Mss. soll im folgenden die Eigenart des Lexikons von Entree und seine hervorragende Stellung innerhalb des fr.-it. Textkorpus beurteilt werden. Dabei wird die systematische Auswertung der Ergebnisse dieser Arbeit dem mehr dokumentarischen Teil des lexikographisch relevanten Gesamtglossars (Kap. 4) vorangestellt (cf. die Bemerkungen zum Aufbau der Arbeit in der Einleitung).

89

3. Systematische Untersuchung der für das Lexikon von Entree charakteristischen Wortbildungen (Auswertung des Glossars)

Das vorliegende Kapitel setzt sich zum Ziel, eine systematische Untersuchung der für das Lexikon von Entree charakteristischen Wortbildungen sowie eine Übersicht über diejenigen Faktoren zu geben, die für die Auswahl der in dieser Arbeit behandelten Wortformen verantwortlich sind. Es enthält eine Zusammenstellung der für das Lexikon von Entree bedeutsamen Komponenten sowohl in typologischer, was die Verteilung der bemerkenswerten Wortformen auf die linguistischen Teildisziplinen der Phonetik/Phonologie, der Morphologie, Semantik und Syntax betrifft, als auch in sprachhistorischer Hinsicht insofern, als die Bestandteile des fr.-it. Lexikons von Entree nach ihrer Herkunft und nach dem Grade ihrer Beeinflussung oder Entlehnung aus dem Gallorom., dem Nordfr. und Okz., sowie dem It. aufgeschlüsselt werden. Besonders einzugehen ist ferner auf diejenigen Wortbildungen, die zum einen als für das Fr.-It. allgemein charakteristisch erscheinen, da sie weder im Gallorom. noch im It. bekannt sind, und die zum anderen nur aus Entree als hapax legomena belegt sind. Andererseits ist für die Bewertung von Entree innerhalb des fr.-it. Textkorpus entscheidend, welche Wortbildungen, die aus dem Gallorom. und/oder It. bekannt sind, innerhalb der fr.-it. Literatur sich nur in Entree nachweisen lassen. Die Ubersicht gibt ferner Aufschluß über die für Datierungsfragen der gallorom. Lexik relevanten Belege aus Entree, über die in Entree stehenden ungeklärten Wortformen, über die vom Hg. der Hs. (Thomas) und von Rezensenten (insbesondere Torraca) vorgeschlagenen Textkorrekturen sowie über die aus Entree bekannten etymologischen Vermischungen. Im einzelnen ergibt sich folgender Aufbau: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

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Sonderbildungen in Entree (hapax legomena) Mehrfach belegte Sonderbildungen in Entree Franko-italienische Sonderbildungen Zusammenstellung der im Gallorom. und/oder It. belegten Wortformen, die im Franko-Italienischen nur einmal aus Entree bekannt sind Die für Datierungsprobleme der gallorom. Lexik relevanten Wortformen aus Entree Auswahl lexikalisch wichtiger Korrekturen, die die Lesart der Handschrift in der Edition von Thomas verändern. Wörter unbekannter Herkunft Etymologische Vermischungen Die Verteilung der untersuchten Wortformen aus Entree nach ihrer etymologischen Herkunft

10. Übersicht über die untersuchten Wortformen in Hinblick auf das Kriterium ihrer Besonderheit 11. Das Verhältnis der aus Entree ausgewählten Wortformen zum gallorom. und it. Lexikon 12. Franko-italienische Wortformen aus Entree, die aus dem It. entlehnt sind oder it. Einfluß aufweisen.

Die Kapitel 1, 2, 3 und 11 bedürfen einer besonderen Anmerkung. Aus der Einleitung geht hervor, daß die geläufigen Wörterbücher des Afr., Aokz. und It. die Grundlage der Bestimmung der Herkunft und Verbreitung der hier behandelten Wortformen bilden. Für den Bereich des It. stand dem Verfasser zusätzlich die im Aufbau befindliche Materialsammlung zum Lessico Etimologico Italiano von M. Pfister (Saarbrücken) zur Verfügung. Bei der Sichtung des bisher vorliegenden Materials hat sich herausgestellt, daß bei einer Reihe von Wörtern, die in dieser Arbeit zunächst als hapax legomena, als Sonderbildungen aus Entree oder des Fr.-It. angesehen wurden, in einzelnen it. dialektalen Formen Entsprechungen vorliegen. Darüber hinaus sind bestimmte Wortformen nicht nur im Gallorom. belegt (cf. Kap. 3.11), sondern sie treten auch im It. auf, obwohl sie in der entsprechenden Form in den genannten it. Wörterbüchern (Battaglia, DEI) nicht geführt werden. Es wurde daher so verfahren, daß die Gruppierung der einzelnen Wortformen zunächst ohne Berücksichtigung des Materials vom LEI vorgenommen wurde; dafür werden die bei den Hapax-Formen in Entree und die bei den Sonderbildungen des Fr.-It. genannten Wortformen, die auch im Material des LEI belegt sind, besonders gekennzeichnet. Auch in der statistischen Auswertung des Materials aus Entree werden die Daten für die Sonderbildungen etc. zunächst insgesamt gegeben, in Klammern folgt dann die abzuziehende Zahl, die anhand der Materialsammlung des LEI gewonnen wurde. Dieses Verfahren wird mit dadurch gerechtfertigt, daß die Materialsammlung des LEI zum gegenwärtigen Zeitpunkt ständig erweitert wird und damit Verschiebungen letzten Endes nicht auszuschließen sind. Die allgemeine Bewertung des lexikalischen Materials von Entree wird, wie sich aus der Untersuchung ergeben hat, im großen und ganzen durch das hier praktizierte Verfahren nicht grundsätzlich beeinflußt. Vielmehr unterstreichen die nunmehr auch in it. Dialekten vorgefundenen Entsprechungen zu fr.-it. Formen aus Entree die Abhängigkeit des Lexikons von Entree vom It. generell und vom Obit, im besonderen. Mit dem vorläufigen Abschluß der Materialsammlung zum LEI einerseits sowie mit der Edition der bisher nicht publizierten fr.-it. Texte andererseits, die die Erarbeitung eines umfassenden fr.-it. Gesamtglossars, das seit langem gefordert wird, erst ermöglicht, werden sich genauere Lokalisierungen und Abhängigkeiten fr.-it. Elemente von it. Mundarten exakt bestimmen lassen. Bisher haben sich, nachdem als Grundlage für das It. die Wörterbücher von Battaglia und von Battisti-Alessio gewählt worden sind, mehrere Ergänzungen ergeben, die sich auf die genauere Abgrenzung dialektaler Eigenheiten des vorliegenden Textes beziehen. Es handelt sich in erster Linie um folgende 20 Wort91

formen, zu denen die Angaben aus dem bisher unveröffentlichten Material des LEI von M. Pfister von grundsätzlicher Bedeutung für die Klassifizierung der Wortform waren (zu den jeweiligen it. dialektalen Entsprechungen sei auf die Angaben des Glossars dieser Arbeit verwiesen): agare, arceor, balestree (cf. Kap. 3.3.1.2), bei, celebrange, corin, costral, enpreste, estrimant, leseile, manchonie, manqise, moveste, ond, palon, paoncine, remir, souderie, talenter, valure.

Dabei fällt auf, daß in einigen Fällen der Bezug zum Avenez. und zum Avic. besonders deutlich wird, so in den Belegen bei, celebrange, estrimant, manqise für avic. Bortolan, bei bei,palon,paoncine, souderie für venez. Boerio, bei costral, valure für avenez. Calmo Rossi, ferner estrimant venez., enpreste feltrino, bellun., leselle aobit., manchonie agen., manqise und palon Val Sugana Prati. Die Verbundenheit der Sprache des anonymen Paduaners von Entree mit regionalen und lokalen it. Bestandteilen zeigt sich darüber hinaus insbesondere bei den folgenden 26 nicht in der it. Hochsprache geläufigen Wortformen (cf. im einzelnen das Glossar der Arbeit): aiguaine, balotes, chucher, ςίιι, confalon, confaloner, devone, g'/i/ie, galon, gardinals,glesie,jobler,jovedis,luitan,monieres,povle,rance,reflee,ronton,snarer, trevaches, venir (-gn-), veras, verguncer.

gambille, so,

In 19 Fällen handelt es sich um dialektal besonders bemerkenswerte Formen aus Entree, die jedoch, abgesehen von ihrer obit, dialektalen Entsprechung, auch im Aokz. in der jeweiligen Form belegt sind (cf. Glossar): augun, broisir, enic, enpensement, ensir, estornirent, figisor, girlandes, glotir, leu, lugor, piatange, p'ieteus, poncele, ramelle, romeu, semonir, seraille, traus.

Abschließend sei auf vier Belege des Glossars verwiesen, die für eine Charakterisierung der sprachlichen Eigenart von Entree und seines Bezugs zu regionalen oder lokalen Elementen des Obit, bemerkenswert gewesen sind, darüber hinaus jedoch in der angegebenen Eigenart auch im Afr. vereinzelt auftreten (cf. das Glossar): *aine, apris,' avoheor, sorer.

Nicht nur in Hinblick auf die zuletzt angeführten 69 Wortformen aus Entree werden sich mit der Publikation der etymologischen Wörterbücher des Italienischen und des Venezianischen, mit der Fertigstellung des «Grande Dizionario della Lingua Italiana» sowie des TL und des DEAF auf Seiten des Afr. neue Perspektiven für monographische Darstellungen fr.-it. Wortformen einerseits sowie für eine umfassende sprachliche Charakterisierung des Komplexes der fr.-it. Texte und des sich darin manifestierenden Sprachtypus andererseits eröffnen. 92

Es erscheint ferner nicht zweckmäßig, grundsätzlich z. B. von Venezianismen zu sprechen, wenn die betreffende fr.-it. Form im Lexikon des Venez. des 19. Jh. (Boerio) belegt ist; hier bedarf es einer allgemeineren Berücksichtigung venez. und ven. Texte der frühen Zeit und einer kontinuierlich aufgebauten Übersicht über die Entwicklung des Venez., wie sie - abgesehen vom LEI — in spezieller Form auch mit dem im Aufbau befindlichen avenez. Wörterbuch auf der Fondazione Giorgio Cini (Venezia) und dem venez. Wörterbuch von Cortelazzo (u. a.) angestrebt werden. Die Vergleichsbelege aus der Materialsammlung zum LEI werden gemäß der bei der Redaktionsarbeit am Wörterbuch geläufigen Praxis zitiert (cf. Kap. 2) nach einem provisorischen Abkürzungsschlüssel (cf. Pfister, «Das Projekt eines italienischen etymologischen Wörterbuches (IEW)», ZrP 89, 1973, pp. 245-272, sowie id., Neapel 1974, cf. ferner id. 1978 [bis]).

3.1 Sonderbildungen in Entree (hapax legomena) Die folgende Aufstellung enthält alle diejenigen Wortformen, die nur einmal in Entree belegt und ansonsten weder im Fr.-It. noch aus den der Untersuchung zugrunde gelegten Wörterbüchern des Afr., des Aokz. und des It. bekannt sind. Die Anzahl der allein in Entree nur einmal auftretenden Wortformen beläuft sich auf 186 [-5], was bei den insgesamt 1185 in dieser Arbeit untersuchten Wörtern, die in verschiedener Hinsicht sprachlich interessant sind, einen Prozentsatz von 15,7% [15,3 %] ausmacht. Den weitaus größten Anteil an diesen hapax legomena haben diejenigen Wortbildungen, die eine Ableitung von bekannten Grundformen entweder des Gallorom. oder des It. darstellen und sich morphologisch in die Klasse der präfixal und suffixal erweiterten Wörter einordnen; in der Aufstellung handelt es sich um 75 [-2] Wortbildungen, d. h. 40,3% [39,3%] der gesamten Hapax-Formen. Es folgen mit 47 [—l] Belegen diejenigen Wortformen, die in phonetisch-phonologischer Hinsicht Sonderformen sind und größtenteils als reimbedingte Veränderungen zu interpretieren sind, bisweilen aber auch im Versinnern in einer ansonsten nicht bekannten Wortform erscheinen (auf die Problematik des Verhältnisses von Graphie und Lautung wird in diesem Zusammenhang nicht eingegangen), mithin 25,3% [24,7%] der Hapax-Formen. An dritter Stelle sind die in semantischer Hinsicht bemerkenswerten Hapax-Bildungen zu nennen, d. h. diejenigen Belege aus Entree, die in der angegebenen Bedeutung nur einmal in diesem Text überliefert sind und von den im Gallorom. und/oder It. geläufigen Bedeutungen abweichen (33 Belege, 17,7% dieser Gruppe). Die Zahl derjenigen Wörter, die nur in Entree einmal vom ansonsten üblichen Genus sich unterscheiden, beträgt 5 [—l] (2,7% [2,2%]). In vier Fällen tritt ein Wort in Entree in einer bei dieser Bildung nicht gebräuchlichen Wortart auf (2,2%). 93

Es verbleiben 8 Sonderformen (4,3 %), die einzeln zu interpretieren sind, sowie jeweils sieben (3,8 %) weitere Wortbildungen, deren a) Herkunft nicht gesichert ist [—1, 3,2 %} oder bei denen b) weder Herkunft noch Bedeutung exakt zu bestimmen sind. Bei der Gesamtbewertung der Eigenart der Sprache von Entree sind dann noch diejenigen Wortbildungen zu berücksichtigen, die nur aus diesem Text bekannt sind, hier jedoch mehrfach auftreten und somit nicht als hapax legomena im eigentlichen Sinne zu bewerten sind. Im folgenden werden bei den einzelnen Belegen aus Entree nur die im jeweiligen Zusammenhang relevanten Daten angegeben; zur vollständigen Charakterisierung der Wortformen sei auf die Analyse des Lexikons von Entree (Kap. 4) verwiesen. 3.1.1 Morphologische Sonderbildungen Bei den insgesamt 75 [-2] hier behandelten Wortformen handelt es sich in 23 Fällen um präfixale (davon können drei als Komposita bewertet werden) und in 52 [—2] Fällen um suffixale Neubildungen, d. h. abgeleitete Wortformen, die weder im Gallorom. noch im It. in den herangezogenen Wörterbüchern eine Entsprechung aufweisen. 3.1.1.1 Präfixale Neubildungen Die morphologische Eigenart der hapax legomena gründet sich in insgesamt 23 Fällen (12,4% der Hapax-Formen in Entree) auf die Präfixe a- (8 Belege), de(3), e- bzw. es- (2), en- (1), es- (1), re- (1), auf den Ausfall eines ansonsten gebräuchlichen Präfixes (3, davon einmal Veränderung der anlautenden Silbe durch Deglutination des Artikels) sowie auf vier Zusammensetzungen mit präfixalem non- (1), sor- (1), und stra- (2). Präfixales aSubstantive: — apasture s. f. «päture» Als Nominalform im Gallorom. nur pasture, als Verbalform auch afr. mfr. apasturer, aokz. apasturar, so daß fr.-it. apasture als deverbale Ableitung interpretiert werden kann [cf. LEI appasturä vb. corso Falcucci]. Verbalformen: — acherir «cherir» Im Gallorom. nur in der Simplexform bekannt, mit präfixalem a- bei nominalen Ableitungen (afr. acherissement). — acontendre «attaquer» Afr. mfr. contendre. — acorter «faire compagnie, en parlant de la mort, saisir» 94

Präfixwechsel, mfr. nfr. escorter, it. scortare; nicht zu verwechseln mit afr. acorter, mfr. acourter «accourcir», it. accortare. — afiller «s'enfiler, se glisser (dans la melee)» Präfixwechsel, fr. enfiler, nicht zu afr. afiler «wetzen» < lt. *AFFILARE fcf. LEI affilä appressu «correr dietro» Ascrea, Rieti, Fanti]. — apaindre «peindre» Fr. peindre. Adjektivbildungen: — afis «assure» Afr. fi. — averbis «bavard» Afr. verbe, aokz. verbar. Präfixales deVerbalformen: — dechastier «encourager (ä mal faire)» Afr. nur chastier bekannt. — defunder «faire couler (des larmes)» Präfixwechsel, afr. m f r . e f f o n d e r «couler bas», mfr. auch desfonder «renverser de fond en comble, detruire, priver de». Adverbien: — dehomis «desormais» Wortkreuzung von afr. huimais und fr. desormais. Präfixales e-/esVerbalformen: — esalter «assaillir» Präfixwechsel, möglicherweise unter hyperkorrekter Erneuerung eines durch Aphärese entstandenen *salter. Adjektive: — esote «assote» Präfixwechsel, afr. assoter. Präfixales enSubstantive: — enquerelle s. f. «requete» Als Nominalform nur fr. quereile, mit präfixalemerc- als Verbalform selten afr. enquereller. 95

Präfixales esVerbalformen: — estorser vb. «trousser» Afr. trosser, mit präfixalem es- mfr. nfr. estrousser «depaqueter» (17. Jh.). Präfixales reAdjektive: — resegure adj. «rassure» Im Gallorom. und I t nur mit anlautendem ra- (re- + a...) seürer, it. rassicurare.

bekannt, afr. ras-

Ausfall des Präfixes / Reduktion des Anlauts Substantive: — benoi «allegresse» Aphärese der anlautenden Silbe, afr. mfr. esbanoi, im Gallorom. und It. ohne erhaltenem Anlaut nur vereinzelt bei verbalen Ableitungen. — amelle «lame» Deglutination eines fälschlicherweise als Artikel interpretierten anlautenden l-, afr. mfr. lemelle/lamelle, aokz. lamela, it. lamella, cf. venez. mela (sofern nicht in Abweichung von der Ag. la melle zu lesen ist). Adjektive: — pouvris «apauvri» Afr. mfr. apauvrir, im Gallorom. auch paubresir; mögliche Beeinflussung durch die Grundform fr. pauvre. Komposita Substantive: — nonpoeste f. «impuissance» Als Kompositum mit non- im Afr. nur nonpoissance und nonpöoir. Adjektive: — sorcremus «craint par-dessus tous» Zusammensetzung von fr. craindre mit intensivierendem Präfix sor-. — stragrant «tres grand» Zusammensetzung von it. stra- mit afr. grant, nicht einwandfrei überlieferte Lesart im Manuskript. — strapense p. pf. adj. «preoccupe» Zusammensetzung von it. stra- mit afr. penser, Variante zu afr. trespensi. 3.1.1.2 Suffixale Neubildungen Die Mehrzahl der im Fr.-It. allgemein und speziell in Entree auftretenden Neubildungen von Wortformen gründet sich auf Veränderungen im Suffix oder Neu96

ableitungen von ansonsten im Gallorom. oder It. bekannten Grundformen mit verschiedenartigen wortbildenden Elementen. Bei den hapax legomena aus Entree handelt es sich um insgesamt 52 [-2] Neubildungen (= 28,0% [26,9%] der gesamten Hapax-Formen aus Entree) mit den Suffixen -age (6), -aille (1), -aire (3), -αηςε (1) [-l], -aus (1), -cel (2), -ee (7), -eis (1), -eor (2), -er (1), -ere (1), -erin (1), -erixe (1), -estre (1), -ie (4), -in (1), -ine (3) [-1], -iner (1), -is (1), -ise (3), -ment (2), -ois (2), -ue (3) sowie um 3 Fälle von Konjugationswechsel.

-age Substantive: — ballaige m. «danse, titubation» Ableitung von afr. baloiier bzw. dem Stamm bal-, it. ballare < lt. BALLARE, im Gallorom. als balaige nur dialektal in anderen Bedeutungen belegt. — corsage m. «course» Ableitung von afr. cors. — prosaje m. «prose liturgique» Ableitung von fr. prose. — scorsage m. «course» Ableitung von afr. escors (afr. mfr. escourser).

Adjektive: — anzienaige «ancien» Ableitung von fr. ancien, im Ait. anzianäüco als s. m. belegt. — doraje «dore» Ableitung von afr. dorer.

-aille — acedentaille adj. «(sentiment) accidentel, passager» Ableitung von fr. accident, als adj. nur auf -el bekannt.

-aire — cordevaire s. «cuir de Cordoue» Ableitung von ON Corduba, Cordoba, im Gallorom. nur mit anderen Suffixen belegt. — rementaire s.m. «celui qui se souvient» Ableitung von afr. ramenter / rementer, mit dem Suffix-aire im Gallorom. nur vereinzelt als Verbum in der Simplexform bekannt (mantaire). — rementaire s. «mention» Ableitung von afr. ramenter / rementer, ohne Genusspezifizierung im Kontext. 97

-anqe [— celebrange s. f. «action de celebrer» Ableitung von afr. celebrer, cf. jedoch LEI celebranza «solennitä» avic. Bortolan.] -aus — furaus adj. «voleur, qui vole» Ableitung von afr. fur, it. furo. —ceU—ciaus — dormoncel s. m. «petit , ancien genre de bateau» Ableitung von afr. dromon mit Diminutivsuffix. — pensonciaus s. m. «petit pinson» Ableitung von afr. pingon. —ee — bandee s. f. «bände» Ableitung von afr. bände, ohne Bedeutungsveränderung. — masee s. f. «masse, troupe» Ableitung von fr. masse. — proiee s. f. «priöre» Deverbale Ableitung von afr.proier [cf. Uilpriada f. «(anhaltendes) Gebet, Flehen» bad. sup. Pizzinini]. — resanee s. f. «guerison» Deverbale Ableitung von afr. resaner. — sanglentee s. f. «melee sanglante» Deverbale Ableitung von afr.sanglenter, exemplarischer Beleg für die Kollektivbedeutung des Suffixes —ee < —ATA. — seignee s. f. «designation» Deverbale Ableitung von afr. seignier. — trabuchee s. f. «chute» Deverbale Ableitung von afr. trabucher. —eis — tenceis s. m. «lutte» Deverbale Ableitung von afr. tencer. -eor — profeteor s. m. «prophete» Ableitung von fr. prophete mit verstärkender (redundanter) Kennzeichnung des Personalsuffixes. — torseor s. m. «destine ä porter les bagages» Deverbale Ableitung von afr. trosser. 98

-er — mangoner s. m. «ouvrier travaillant aux mangonneaux» Neubildung mit Personalsuffix zu afr. mangonel. —ere — foillere s. «feuillee» Ableitung von afr. fueil, Variante zu fr. feuillie. —erin — souderin s. m. «sultanin, monnaie turque» Ableitung vom Wortstamm von afr. soudan. —erixe — valerixe s. f. «vaillance» Ableitung zu fr. valoir, valeur (Stamm). -estre — alcestre adj. compar. «eleve» Komparativbildung zu afr. haut. -ie — croisie s. f. «cliquetis» Ableitung zu afr. crois, sofern nicht Variante zu afr. croisseiz. — escharterie s. f. «ecartelure, terme de blason» Deverbale Ableitung zu afr. escharterer. — fablerie s. f. «discours fabuleux» Ableitung zu afr. fable, fabler. — jeldonie s. f. «infanterie» Ableitung zu afr. geldon. Cf. noch ancontrie unter den semantischen Sonderentwicklungen. —in — felonin adj. «irrite» Ableitung von afr. felon. —ine Substantive: — orine f. «orage» Ableitung von afr. ore, Variante zu afr. orage. [- paoncine f. «jeune paonne» 99

Diminutivbildung zu afr. paon, cf. jedoch LEI paoncina s. f. venez., Boerio, paonzina (vie., pad., venez., poles., ver.) PratiEtimVen.; Gruppierung auch unter-eine möglich.]

Adjektive: — in ferine adj. f. «infernale» Ableitung von afr. enfer, im Gallorom. nur als Ableitung von afr. enfern bekannt; Gruppierung auch unter -in möglich. —iner / —ini — enstopine p. pf. adj. «garni de coton (proprt, d'etoupe)» Ableitung von afr. estoper, estoupe, cf. it. dial, stoppinare. -is — arvoltis s. m. «voüte, porte voütee» Ableitung von afr. arvol, arvolt; ob -s der eigentliche Endkonsonant ist, bleibt offen.

-ise — asalise s. f. «assaut» Deverbale Ableitung von afr. assaillir, im Gallorom. nur mit suffixalem -ie (neben —is) bekannt. — stanchise s. f. «fatigue» Ableitung von it. stanco, in Anlehnung an it. stanchezza. — tramise s. f. «depeche» Deverbale Ableitung von afr. trametre (p. pf.). -mant / —ment — bresemant s. m. «ensemble des flaches tirees» Deverbale Ableitung von afr. berser in kollektiver Bedeutung. — raembrement s. m. «rachat» Deverbale Ableitung von afr. raiembre. —ois — cronois s. m. «chronique» Suffixwechsel, anstelle von afr. cronique. — falois s. m. «faute, tort» Ableitung von afr. fal, im Gallorom. nur als fem. Form mit suffixalem —oise bekannt. 100

-ue — complue s. f. «complement» Ableitung von afr. complir, Variante zu afr. complie. — embatue s. f., tote une — «tout d'une traite» Deverbale Ableitung von afr. embatre. — remansue s. f. «action de rester en arriöre» Deverbale Ableitung von afr. remanoir, remaindre, das —s— möglicherweise von der p. pf.-Form übernommen. Konjugationswechsel — ensanglenti p. pf. «ensanglente» Handschriftlich erschlossene Form, Variante zu afr. ensanglenter, auf —ir im Gallorom. erst später im Mfr. belegt. — esillire vb. «devaster» Im Gallorom. nur essillier, it. esiliare, als Vertreter der Konjugationsklasse auf -er. — resorer vb. «prendre l'air, se recreer» Im Gallorom. sonst nicht geläufig, fr.-it. auch in der Simplexform (sorer), zum It. cf. Gl. 3.1.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen Die Aufstellung umfaßt 47 [—l] Belege, die nur in Entree einmal auftreten und weder im Gallorom. noch im It. in den genannten Wörterbüchern in dieser Form bekannt sind. Sie zeichnen sich aus durch eine in phonetisch-phonologischer Hinsicht (auf die Problematik Phonie vs. Graphie wird hier nicht eingegangen) bemerkenswerte Variation einer Grundform des Gallorom. oder It., die jedoch nicht die Wortbildungselemente, die im vorangegangenen Kapitel angeführt wurden, betrifft. Die Hapax-Formen sind nach einzelnen Wortklassen gegliedert in Substantive (25 [-l] Belege), Verben (9), Adjektive (8), Adverbien (4), Konjunktionen (1). Substantive: — agaran m. «capeline de mailles» Ohne palatalen Anlautkonsonanten und mit zwischentonigem —a—, afr. jaseran. — arai «erreur, faute, extravagance» In Anlehnung an aokz. aratge mögliche Substantivbildung zu fr.-it. aragier. — aüzee f. «cri» Variante zu afr. huchiee mit Diphthongierung im Anlaut. — bedouel m. «valet d'armee» Variante zu afr. bedel, Anaptyxe, Anlehnung an das dreisilbige bedoin oder möglicherweise hyperkorrekte Form mit Verdoppelung des auslautenden -el (im Inlaut vokalisiert). 101

— chirnel m. «creneau» Variante zu afr. crenel mit Metathese des —r— und it. Graphie ch— im Anlaut. — coriu m. «preparatif» Wohl reimbedingte Variante zu afr. conroi. — costral m. «coteau» Variante zu afr. costal mit Einschub eines —r—. — cute f. «pression» Variante zu afr. coite (cuite), Monophthongierung. — deloie f. «delai» Reimbedingte Variante zu afr. delaie. — difirnanze f. Statt «trahison» wohl als difinanze, Variante zu afr. definance, in der Bedeutung «fin, accord», zu lesen. — dormendaire m. «dromadaire» Variante zu afr. dromedaire, dromadaire mit epenthetischem -n— und r-Metathese. — espis1 f. «epine» Reimbedingte Variante zu afr. espine s. f. (it. spino ist s. m.). [— fii m. «foie» Reimbedingte Variante zu afr .foie, cf. jedoch LEI fii s. m. bad. sup. Pizzinini, Kramer.] — ful m. «feuillage» Variante zu afr. fueil ohne Diphthongierung (aokz. und it. mit —o—). — hautise f. «impetuosite» Variante zu afr. aatise, ahatise mit Dissimilation im Anlaut, sofern nicht Fehler für hantise, cf. Gl. — ladrie f. «ladrerie, lfcpre» Variante zu afr. ladrerie mit haplologischem Ausfall der Zwischensilbe —re—, sofern nicht eine Neuableitung von afr. ladre vorliegt. — leseile f. «aisseile» Variante zu afr. aisseile mit Agglutination des bestimmten Artikels wie in it. dial, lesena, dort jedoch mit intervokalem —n— — manoie f. «poignee» Reimbedingte Variante zu afr. manee. — manure f. «main-d'oeuvre» Wohl eher reimbedingte Variante zu afr. manuevre anstelle einer Neuableitung von fr. main < lt. MANUS. — suoir f. «soeur» Variante zu afr. suer (cas. rect. sg.). — sustant m. «substance» Reimbedingte Variante (evtl. Suffixwechsel) zu afr. sustance. — thois m. «poison» Reimbedingte Variante zu fr.-it. tosche, das aus ait. tosco, it. tossico entlehnt ist. 102

— trebusage m. «tribut» Variante zu afr. treusage, treüage mit Erhaltung des intervokalen -b— unter dem Einfluß von it. tributo, trebuto (auch im Gallorom. in der Simplexform mit -b— belegt). — veul m. «vol (de l'oiseau)» Variante zu afr. vol mit Diphthongierung. — v'iaus m. «voyage» Reimbedingte Variante zu afr. voiage, fr.-it. viage. Verbalformen: — adastir «se häter» Variante zu afr. aatir mit Erhaltung des intervokalen Dentals unter Einfluß von it. adastare (aokz. adastar). — aquiser «accuser» Variante zu afr. acuser, möglicherweise beeinflußt von afr. aquiter. — baailler «voltiger, flotter» Handschriftlich erschlossene Variante zu afr. baloier. — buslire «bouillir» Variante zu afr. bolir mit vorkonsonantischem-s— unter möglicher Beeinflussung von afr. brusler. — eiter «aider» Variante zu afr. aidier in Anlehnung an it. aitare mit Erhaltung des intervokalen - / - . — enstocher «toucher, atteindre» Variante zu afr. estochier mit Einschub eines epenthetischen —n— — eschanterer «mettre en pieces» Variante zu afr. eschanteler mit Wechsel des intervokalen —l— zu —r—. — songlüer «sangloter, pleurer sur le sort de (qqn)» Reimbedingte Variante zu afr. sangloter mit Ausfall des intervokalen Dentals. — vier «veiller» Variante zu afr. veillier, it. vigilare. Adjektive: — chais «brise; abattu» Reimbedingte Variante zu afr. cas, it. casso. — devite «trepasse» Variante zu afr. dev'ie mit Erhaltung des intervokalen Dentals unter Einfluß von it. vita. — espis2 «epais» Reimbedingte Variante zu afr. espes, cf. it. dial, spisso. — lies «lige» Reimbedingte Variante zu afr. lige, it. ligio. — malesiu «malfaisant» Reimbedingte Variante zu afr. malaisif, malaisu. 103

— melais «malfaisant, impetueux» Reimbedingte Variante zu afr. malaisu. — nei «natif» Variante zu afr. naif. — tenert «plonge dans l'obscurite» Reimbedingte Variante zu afr. tenerge. Adverbien: — aisin «aussi» Variante zu afr. aussi, aussint unter möglichem Einfluß von afr. ainsi. — dobleemant «en doublant» Variante zu afr. doblemant, vom p. pf. doble von dobler abgeleitet. — doumant «doucement« Kann als Kurzform zu fr. doucement interpretiert werden. — enci «ici» Vermischung von afr. enqui mit ait. inci. Konjunktionen: — eher «car» Wohl Variante zu afr. car, quer unter Beeinflussung der it. Graphie ch (+ e) für [k], 3.1.3 Semantische Sonderentwicklungen Es handelt sich um insgesamt 33 Belege, die in der jeweils genannten Bedeutung nur einmal in Entree belegt und in der Regel im Gallorom. oder It. in formaler Hinsicht bekannt sind, jedoch in den bearbeiteten Wörterbüchern nur in anderer Bedeutung erscheinen. Die Belege sind gegliedert nach Wortklassen: 20 Substantivbildungen, 12 Verbalformen, 1 Adjektiv. Substantive: — ancontrie f. «contree» Entspricht afr. encontree «rencontre» mit zusätzlichem reimbedingten Suffixwechsel zu —ie. — avisee f. «vision» Afr. nur noch einmal als «action d'examiner» belegt. — chaine f. «cheveu blanc» Als Minimalwert in singularer Konstruktion, «point du tout», afr. chienes s.f.pl. — chuche f. «le fruit au moment de sa formation» Deverbale Neubildung zu fr.-it. chucher, das in semantischer Hinsicht eine Sonderentwicklung von afr. sucier darstellt. — desendue f. «action de descendre (de cheval)» Afr. nur allgemein als «descente». 104

— din «dent» In der Verbindung rire sovre din «rire entre ses dents» nur aus Entree bekannt. — enquisigon f. «conquete» Im Gallorom. als «recherche, enquete, information». — erance f. «allure rapide» Im Gallorom. und It. in verschiedenartigen adverbialen Verbindungen belegt in anderer Bedeutung. — folance f. «deplaisir» Im Gallorom. selten als «folie» belegt. — forchal m. «fourche patibulaire» In dieser Bedeutung im Gallorom. nur in der Grundform forches bekannt. — garniment m. «occupation d'un pays; troupe de garnison» Im Gallorom. und It. in verschiedenartigen Bedeutungen bekannt, die von den hier genannten abweichen. — giteis m. «get (d'une fontaine)» Afr. nur selten in anderen Bedeutungen, cf. gitez. — gitez m. «get (d'une fontaine)» Unsichere Form im Kontext, wohl beeinflußt von fr.-it. giteis. — marande f. «collation, fig. coup» Ironisierender Kontext, afr. und it. in der Bedeutung «goüter, collation». — ponnee f. «force, puissance, pouvoir» Afr. als «orgueil, arrogance» oft in negativer, depreziativer Charakterisierung. — reconeüe f. «reconnaissance, au sens feodal» Im Gallorom. selten in anderen Bedeutungen. — remite m. «ermitage» Fr.-it. noch als «ermite», it. als «romito» belegt. — seiel m. «sceau, fig. domination» Figurative Bedeutungserweiterung von afr. «sceau». — senior m., metre en - «faire sentir ses coups, endommager» Nur aus Entree bekannte adverbiale Verbindung. — sepolture f. «sepulture, fig. lit» Im Gallorom. und It. nur als «sepulture», hier auch allgemein als «lit» für lebende Personen. Verbalformen: — abrandir «brandir» Als «brandir (une arme)» im Gallorom. und It. nur in der Simplexform afr. brandir, it. brandire; aokz. abrandir «attiser». — atenir «tenir contre, resister» Bedeutungsverlagerung von afr. «s'abstenir de, se retenir». — chucher «action de se former, en parlant du fruit» Afr. «sucer». 105

— desavancer «manquer» Afr. «diminuer» — devondre «rouler ä terre» Aokz. deponre «deposer». — ensabloner «rouler sur le sable» Mfr. «frotter de sablon». — guier desar?onner» Afr. «guider, conduire.» — molester «separer» Afr. «importuner, maltraiter». — rapanser intr. «penser de nouveau» Im Afr. in tr. und refl. Konstruktion als «reflechir». — reblanchir «avoir des reflets blancs» Afr. «blanchir de nouveau». — senestrer «disparaitre» Afr. «escorter en se tenant ä la gauche de la personne». — sordre «laisser jaillir une source (de larmes)» Afr. «surgir». Adjektive: — corsu «eleve» Afr. «corpulent, robuste».

3.1.4 Genusabweichungen Insgesamt 5 [—l] Substantive, die jeweils nur einmal in Entree in dieser Konstruktion belegt sind, weichen von demjenigen grammatischen Genus ab, in dem sie entweder im Gallorom. oder/und im It auftreten. Es handelt sich um 1 Übergang vom fem. zum mask, und 4 [—l] Beispiele für den Übergang mask, zu fem.; in einigen Fällen ist mit dem Genuswechsel auch eine morphologische Änderung des Suffixes verbunden, d. h. die Endung wird dem neuen Genus entsprechend den üblichen Wortbildungsregeln angepaßt. Wechsel von s.f. zu s.m.: — *ceriz s.m. «sorte de boisson» Erschlossene, handschriftlich nicht belegte Form, die in Zusammenhang stehen dürfte mit fr. cerise s.f. und im Genus beeinflußt sein könnte von it. ciliegio s.m. Wechsel von s.m. zu s.f.: [- enpreste s.f. «chose pretee (ä l'homme par Dieu, en parlant de l'ame)» Im Gallorom. nur noch einmal als emprest s.m. bekannt, entlehnt aus ait. impresto, cf. jedoch LEI impresta s.f. «prestito.. .» feltr. Migliorini-Pellegrini.] 106

— farine s.f. «gibier» Mx.ferain s.m. — profit s. f. «profit» Afr. profit s.m., it. profitto s.m. — tasone s.f. «blaireau femelle» Afr. taisson s.m. 3.1.5 Änderung der Wortart Bei vier Belegen erscheint eine Wortform jeweils einmal in Entree in einer ansonsten in diesem Zusammhang nicht geläufigen Wortart. Es handelt sich einmal um eine Substantivierung eines Adjektivs und dreimal um adjektivischen Gebrauch eines Substantivs. Substantivierung eines Adjektivs: — enic s.m. «inique (pris sbstmt et applique ä un Sarrasin)» Afr. und aokz. als adj., mit zusätzlichem Wechsel des Anlauts von i- zu e- (so auch in obit. Dialekten). Adjektivischer Gebrauch von Substantivformen: — esclavoine «slave» Fr. esclavine s.f., *esclavonois adj. — forere, la gient — «les fourrageurs» Afr. forier s.m., it. furiere s.m. — yvere «d'ivoire» Afr. ivoire s.m. und f., aokz. und it. ebenfalls s. 3.1.6 Sonderformen Die folgenden 7 [-1] Wortformen, hapax legomena aus Entree, sind aus verschiedenartigen Gründen bemerkenswert und werden deshalb einzeln interpretiert. Es handelt sich um eine Substantivbildung, 2 Verbalformen, 3 [-l] Adjektive und eine adverbiale Verbindung. Substantive: — lue f. «luette» Im Afr. und Aokz. ist nur die Ableitung auf -ete, luete, belegt; die Simplexform ist noch aus dem Obw. bekannt. Verbalformen: — acidir «arriver, en parlant d'un evenement fächeux» Fr.-it. Mischform, beeinflußt von it. accadere, afr. achair und afr. acceder, wobei das zwischentonige -i- auf den Einfluß von it. accidente, fr. accident, zurückgehen könnte. 107

— aferre «rapporter, raconter» Latinismus in historisierendem Kontext, Entlehnung aus lt. AFFERRE. — retoine tr. «faire retentir (un cor)» Im Afr. nur in intr. Konstruktion als «retentir, resonner» bekannt. Adjektive: — araiseς «garni de resine» Ableitung von ait. ragia mit präfixalem a-. [— corin «qui souffle du nord-ouest» Entlehnung aus lt. CAURINUS/CAURUS, im Gallorom. nicht bekannt, cf. jedoch LEI jes. curina, abr.-ine s.f. MerloNuovePostilleREW u. a.] — enrugune «rouille« In der Wortbildung und Lautung beeinflußt von it. inruginito (afr. enruissir). Adverbiale Verbindungen: — nomi de tant «neanmoins» Nachbildung von it. nemmeno di tanto. 3.1.7 Etymologisch nicht geklärte Wortformen Bei insgesamt 7 Wortformen, die jeweils nur einmal in Entree belegt sind, läßt sich die Bedeutung des Wortes in der Regel aus dem Kontext erschließen, während die etymologische Einordnung nicht geklärt ist. Es handelt sich bei den Hapax-Formen, nach Wortarten geordnet, um 4 Substantivbildungen und je ein Verb, ein Adjektiv und eine unsichere (adverbiale) Zusammensetzung. Substantive: — arcelle f. «siöge royal (?)» Möglicherweise eine Ableitung von afr. arcel «partie cintree d'une arcade, d'une voüte». — guit m. «morceau, bouchee» Möglicher Einfluß von it. ghiozzo oder afr. glout. — leucher m. «partie non determinee de Γ ecu» Ungeklärte Hapax-Bildung. — trecel m. «sorte de si6ge» Sitzgelegenheit, möglicherweise aus drei Teilen (drei Beinen?) bestehend. Verbalformen: — brester «siffler (?)» Steht möglicherweise in Zusammenhang mit afr. breter «chasser au brai, chasser ä l'appät et au glu». Adjektive: — sorplume p. pf. adj. «recouvert (de qqch)» 108

Die mögliche Bedeutungsentwicklung von afr. sor + aSx.plumer «arracher les plumes d'un oiseau» bleibt unklar. Komposita: — testais, el — «en soi-meme (?)» Ungeklärte Hapax-Bildung, ein Zusammenhang mit it. testeso «poco fa» oder afr. teste ist nicht nachweisbar. 3.1.8 Ungeklärte Wortformen In insgesamt 7 Fällen treten in Entree einmalige Wortbildungen auf, die weder aus dem Gallorom., dem It. oder aus anderen fr.-it. Texten bekannt sind und deren Bedeutung sich nicht bestimmen läßt (eine etymologische Ableitung erscheint gleichermaßen unmöglich). Aus dem syntaktischen Kontext läßt sich lediglich ersehen, daß es sich um 6 Substantive und um eine adjektivische Form handelt. Substantive: — andraine m. — avers (m.) Ein Zusammenhang mit afr. avers adj. «tourne en arrifere, ennemi» oder afr. avers praep. «en comparaison de, ä cöte de» ist denkbar, aber nicht nachzuweisen (zum Kontext dieser Formen cf. Kap. 4, Glossar). — braissoti (f.) Nicht ersichtlich, ob in Zusammenhang mit afr. braison s.f. «cri» oder afr. brason s.m. «etincelle» (cf. Kap. 4). — detolais m. — guercin m. Dem Kontext nach wäre eine Verbindung mit afr. garqon unter Beeinflussung der ersten Silbe von afr. guerre, guerrier denkbar. — olite Steht in einem wahrscheinlich handschriftlich nicht einwandfrei überlieferten Vers. Adjektive: — colibeus pl.

3.2 Mehrfach belegte Sonderbildungen in Entree Zu den im vorangegangenen Kapitel vorgestellten 186 hapax legomena in Entree sind für eine Charakterisierung der linguistischen Eigenheiten dieses Textes diejenigen Wortformen hinzuzuzählen, die ebenfalls im Gallorom. und It. in den genannten Wörterbüchern nicht belegt und im Fr.-It. nur aus Entree bekannt 109

sind, hier jedoch mehrfach auftreten und somit nicht als Hapax-Formen angesehen werden können. Es handelt sich um insgesamt 17 [-2] Wortbildungen, die sich zum größten Teil durch eine morphologische Sonderbildung auszeichnen, nämlich 7 Belege. Es folgen diejenigen Formen, die in phonetisch-phonologischer Hinsicht bemerkenswert sind (3 [-2] Formen); in 4 Fällen liegt eine semantische Sonderentwicklung vor, und zweimal weicht die syntaktische Konstruktion von der im Gallorom. und/oder It. geläufigen ab. Ein letzter Beleg ist semantisch und etymologisch ungeklärt. Demnach liegen für Entree einschließlich der hapax legomena und der mehrfach belegten Sonderbildungen insgesamt 203 [-7] Sonderformen vor (= 17,1 % [16,5 %] der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen), die nur aus diesem Text bekannt sind und als Neubildungen des anonymen Paduaners bzw. Nicolas da Verona angesehen werden können - wobei natürlich nicht auszuschließen ist, daß sie zufällig nur in Entree überliefert sind, ansonsten aber z. B. in nicht erhaltenen anderen fr.-it. Mss. durchaus geläufig waren. Bemerkenswert ist insbesondere die hohe Zahl der morphologischen Neubildungen, die darauf hinweist, daß der Autor des Werkes mit den Wortbildungselementen sowohl des Gallorom. als auch des It. durchaus vertraut war und das ihm bekannte sprachliche Material in eigenständiger Weise weiterzuentwickeln verstand. In diesem Zusammenhang wären dann noch diejenigen Wortbildungen zu berücksichtigen, die nur aus dem fr.-it. Textkorpus bekannt sind und somit eine Sonderstellung gegenüber dem Gallorom. und dem It. einnehmen (cf. das folgende Kapitel 3.3).

3.2.1 Morphologische Sonderbildungen Von den insgesamt 7 nur aus Entree bekannten, mehrfach belegten morphologischen Sonderformen entfallen 6 Belege auf suffixale Neubildungen auf -ance (2 Belege), -er (Nominalsuffix, Infinitivbildung auf-er), -ir (Infinitivbildung) sowie auf -ue, während in einem Fall im Anlaut eine Veränderung auftritt (Fortfall, Aphärese des anlautenden«-), die im Fr.-It. insbesondere bei Verbalformen als Präfixerweiterung oder Präfixausfall geläufig ist und aus diesem Grunde hier in die Reihe der morphologischen Veränderungen mit eingeordnet ist.

3.2.1.1 Präfixale Veränderungen — lie s.f. «alise, consideree comme un objet sans valeur» Wohl durch Deglutination des Artikels entstandene Sonderform zu afr. alie, im Fr.-It. mehrfach auftretende Aphärese der vokalischen Anlautsilbe, insbesondere bei a- (bei Substantiven als Deglutination allgemein geläufig, bei Verbalformen häufig in fr.-it. Texten anzutreffen). 110

3.2.1.2 Suffixale Neubildungen -ance — oferance s.f. «action de s'offrir» Ableitung von fr. offrir, afr. nur offremant (hap.). — reconovance s.f. «figures peintes sur l'ecu, armoiries» Ableitung vom Perfektstamm von afr. reconnoistre, cf. fr.-it. conevoir. — er Substantive: —plater m. «plat (pour les aliments)» Ableitung von fr. plat, im Afr. als platel bekannt.

Verbalformen: — ymager «imaginer» Ableitung von afr. image, im Afr. nur als imaginer (imager im Mfr. in anderer Bedeutung, ferner im Nfr.). -ir — enbendir vb. «bander» Ableitung von fr. bände, Konjugationswechsel gegenüber afr. embender. — ue — naschue s.f. «naissance» Nominale Ableitung vom p. pf. von afr. naistre.

3.2.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen Bei den 3 [-2] mehrfach nur in Entree belegten Formen handelt es sich um 1 [-l] Substantivbildung, 1 Verbalform und 1 [-1] Adjektiv (auf das Verhältnis Lautung vs. Graphie wird nicht eingegangen).

{—estrimant s.m. «instrument de musique» Variante zu afr. estrument, cf. jedoch LEI strimento avic. Bortolan, a.venez. Ende 15. Jh., BrendanoNovati.] — tentiner vb. «retentir» Variante zu afr. tintiner, beeinflußt von fr. retentir. [—bei adj. «bienheureux» Entlehnung aus it. beato (mfr. nfr. beat) mit versuchter Angleichung an die afr. Lautverhältnisse, cf. jedoch LEI bee avic. Bortolan.] 111

3.2.3 Semantische Sonderentwicklungen Insgesamt 4 Wortformen weisen eine semantische Abweichung von der im Gallorom. und/oder im It. bekannten Grundbedeutung des Wortes auf und sind im Fr.-It. nur aus Entree bekannt, hier jedoch mehrfach belegt (1 Substantiv, 4 Verbalformen). Substantive: - chareton m. «petite charrette» Ableitung von afr. charete mit diminutivem Suffix -on (im It. als Augmentativum, carrettone), im Afr. in dieser Bildung als «charretier». Verbalformen: - sofraindre «6treindre, paralyser (; briser, detruire)» Afr. «manquer, faire defaut». - spoblier «reveler» Afr. espublier «rendre une chose publique et notoire». - tastoner «täter, au fig.; s.m. sollicitation» Afr. «toucher, caresser», hier figurativer Gebrauch, auch substantiviert. 3.2.4 Abweichungen von der syntaktischen Konstruktion In zwei Fällen wird ein mehrfach in Entree belegtes Verb in einer syntaktischen Konstruktionsweise gebraucht, die von der des Gallorom. und/oder It. abweicht. Es handelt sich zum einen um die intr. Verwendung eines im Afr. tr. und refl., im It. tr. geläufigen Verbums, zum anderen um den tr. Gebrauch einer nur im It. belegten intr. verwendeten Verbalform. Intransitiver Gebrauch eines transitiven Verbums - estorer intr. «rester, s'etablir» Afr. mfr. tr. refl., ait. tr.; da die Lesart der Hs. nicht einwandfrei überliefert ist, wäre jedoch auch eine Interpretation der Belege als Variante zu afr. ostoier denkbar. Transitiver Gebrauch eines intransitiven Verbums - lontainer tr. (u. intr.) «eloigner; s'eloigner de, quitter» Nachbildung von ait. lontanare intr. und refl. 3.2.5 Ungeklärte Wortformen - glue s.f. Nur aus Entree bekannte idiomatische Verwendung (cf. Glossar) des semantisch und etymologisch nicht geklärten Nomens glue, das möglicherweise in Zusammenhang steht mit afr. glud\ die Interpretation des Ausdrucks wird durch das ebenfalls unsichere avers/vers erschwert. 112

3.3 Franko-italienische Sonderbildungen Ausgehend von Entree werden im folgenden diejenigen Wortformen zusammengestellt, die als eigenständige Neubildungen des Fr.-It. anzusehen und neben Entree in weiteren fr.-it. Texten belegt sind (im Gegensatz zu den bisher behandelten Wortformen, die als Charakteristika von Entree bewertet werden können und nur dort einmal oder mehrmals erscheinen), dagegen weder im Gallorom. noch im It. in den genannten Wörterbüchern in der jeweiligen, zu spezifizierenden Eigenart auftreten. Es handelt sich um insgesamt 88 [-7] Wortbildungen aus Entree (= 7,4% [6,8%] der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen), von denen der größte Teil (44 [-4] Formen) auf die Gruppe der morphologischen Sonderbildungen entfällt. Eine zweite Gruppe, insgesamt 30 Belege, weist in phonetisch-phonologischer Hinsicht eine Besonderheit auf, die weder im Gallorom. noch im It. in den zugrunde gelegten Wörterbüchern bekannt ist. Es folgen 9 [-3] semantische Sonderentwicklungen, die nur in fr.-it. Texten erscheinen. Abschließend werden 5 Sonderformen vorgestellt, die in der Eigenart ihrer Abweichung von gallorom. und/oder it. Wortbildungen einzeln zu interpretieren sind. Die in diesem Kapitel untersuchten Wortformen schließen die Behandlung der in dieser Arbeit zusammengestellten Sonderbildungen des Fr.-It. ab. In bezug auf das Gallorom. und It. enthält Entree insgesamt 291 [-14] Wortformen (= 24,6% [23,4%] der hier insgesamt analysierten Wortbildungen), die als eigenständige Entwicklungen des Fr.-It. angesehen werden können und somit den Grundstock einer in größerem Rahmen zu erarbeitenden Gesamtanalyse des Fr.-It. bilden. 3.3.1 Morphologische Sonderbildungen Den Großteil derjenigen Wortformen, die, mehrfach belegt, nur aus fr.-it. Texten bekannt sind, nehmen die morphologischen Neubildungen mit insgesamt 44 [-4] Sonderformen ein. Es handelt sich um 8 präfixale und um 36 [-4] suffixale Eigenständigkeiten des Fr.-It., die sich im einzelnen auf folgende Veränderungen beziehen: präfixales a- (4 Belege), es- (1), re- (1) sowie Reduktion bzw. Ausfall des präfixalen Anlauts (2), ferner um die Suffixe -age (2), -agne (2), -aille (1), -aire (1), -ee (2), -elin (1), -erl-eorl-ior (4), -erie (3), -este (1 [-l]), -ian (1), -ie (3), -ier (1), -in (1 ),-ine (2),-ise (1 [-l]),-isf (l),-mant (i),-ois (2),-ois (l),-o/w (1),-omj (1), -ure (1 [-l]) sowie um 2 [-l] Fälle von Suffixreduktion bzw. -ausfall. 3.3.1.1 Präfixale Neubildungen aVerbalformen: — amerder «remercier» 113

Mit präfixalem α- in bezug auf afr. mercier, oder Präfixwechsel a- statt re-, afr. remercier. — atuer «tuer» Fr. tuer. ^

Adjektive: — abravi «furieux» Entspricht aokz. brau «sauvage» mit präfixalem a- unter Beeinflussung von afr. abrivi. — amolu «emoulu» Afr. molu mit präfixalem a-, oder Präfixwechsel, afr. esmolu. es— esmater vb. «terrasser, detruire» Fr. maier, Präfixwechsel mfr. amater. re— retintiner vb. «retentir» Afr. tintener mit präfixalem (intensivierenden) re-. Ausfall des Präfixes/Abbau des Anlautes — cube s.f. «tente» Afr. aucube, Aphärese oder mögliche Deglutination des best. Artikels bei einer Variante acube. — saucer vb. «exalter» Handschriftlich erschlossene Variante zu afr. esaucier, im Kontext möglicherweise kontaminiert mit der Konjunktion e. 3.3.1.2 Suffixale Neubildungen -age — avoage s.m. «avoue, defenseur» Ableitung von afr. avoue in Reimstellung. — enperage s.m. «empereur» Suffixwechsel, afr. emper'eor. -agne — desertagne s.f. «desert» Ableitung von afr. desert s.m. in Reimstellung. — vollagne adj. «qui vole (dans l'air)» Vermischung von afr. volage und afr. volant, Suffixwechsel. 114

-aille - incuntraille s.f. «rencontre» Deverbale Neuableitung von afr. encontrer, im Afr. noch encontree s.f. -aire — abitaire s. «habitation» Deverbale Ableitung von afr. abiter, im Gallorom. nur mit anderen Suffixen (-age, -ance, -ation). -ee — balestree s.f. «portee d'une arbalete» Ableitung von afr. balestre [cf. LEI balestrada berg., Tiraboschi]. - tumultee s.f. «tumulte, retentissement» Ableitung von afr. tumulte. -elin - buvelin adj. «de corne de buffle» Neuableitung zur Wortfamilie von fr. boeuf, kann auch als Ableitung von it. bovile (Suffix -in) interpretiert werden.

-erl-eorl-ior — espioner s.m. «espion» Ableitung von afr. espion unter Betonung der Personenmarkierung durch suffixales -er. — arceor s.m. «soldat arme d'un arc» Suffixwechsel, afr. archier. — bailior s.m. «conducteur» Ableitung von afr. bailir mit Verdeutlichung der Personenmarkierung (afr. baillif). - banior s.m. «heraut, crieur» Deverbale Ableitung von afr. banir. -erie (/-ie) — arbeleistrerie s.f. «tir des arbaletriers» Ableitung von afr. arbalestre (oder afr. arbalestrier mit suffixalem -ie), im It. entsprechend, jedoch ohne präfixales ar-, balestreria. - blanderie s.f. «menagement flatteur» Ableitung von afr. blande. - souderie s.f. «troupe de soldats» Ableitung von afr. solt (cf. afr. soldee). 115

-este [-moveste s.f. «mouvement (pour s'en aller)» Deverbale Ableitung zum Stamm von afr. mouvoir, cf. jedoch LEI movesta s.f. avic. Bortolan, valsug., Prati]. -ian - Blavian s.m. «denier de Blaye» Wohl Ableitung zu fr. Blaye ON. -ie - merie s.f. «recompense» Ableitung von afr. merir, im Gallorom. sind merit, meric geläufig. - outrecuidie s.f. «propos outrecuidant» Ableitung von afr. outrecuidier. - randonie s.f. «randonnee». Suffixwechsel, afr. randonee. -ier - lontanier adj. «lointain» Ableitung von fr. lointain. -in - saisin s.m. «saisine, possession» Suffixreduzierung (-in anstelle von -ine), afr. saisine, verbunden mit Genuswechsel. -ine - cherine s.f. «affection» Ableitung von afr. eher in Anlehnung an Diminutivbildungen des It. (carino). - volpine s.f. «ruse» Im Gallorom. nur als adj., volpin, bekannt. -ise [—manqise s.f. «manque, faute» Deverbale Ableitung von afr. manquer, mit dem Suffix-ise im Gallorom. nicht bekannt, cf. jedoch LEI manchisse «manchevolezze» ait. ScuolaSicPanvini.] -ist - robist s.m. und f. «cöteau escarpe (?)» Ableitung von it. rupe mit Sonorisierung des intervokalen -p-. 116

-mant — vespremant s.m. «soiree» Ableitung von afr. vespre, mit dem Suffix -ment im Gallorom. nur in der Zusammensetzung mit präfixalem α-, avesprement. -ois — estranois adj. «etranger» Reimbedingter Suffixwechsel, afr. estrangier. — palatinois adj. «palatin» Reimbedingte Ableitung von ah. palatin. -ois — avenois adj. «etranger» Deverbale Ableitung von afr. avenir, cf. aokz. aveneditz. -ons — frenons s.m. «frein» Reimbedingte Ableitung von ah. frein. -ous — afarous adj. «acharne» Deverbale Ableitung von afr. afaire, im Gallorom. nur später und in anderer Bedeutung bekannt. -ure [— valure s.f. «vallee» Ableitung von afr. val, im Gallorom. nur mit anderen Suffixen bekannt, cf. jedoch LEI valura «vallata» a.venez. 16. Jh., CalmoRossi.] Suffixreduktion/Abbau des Auslauts — ρ rest s.m. «pretre» Afr. nur prestre oder preste; nicht in Reimstellung. [-remir s.m., faire - «regarder» Substantivbildung zum afr. Verb remirer, in idiomatischer Verwendung, cf. jedoch LEI remiro «aspetto» pis. Malagoli.] 3.3.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen Bei insgesamt 30 Belegen finden sich phonetisch-phonologische Abweichungen von den aus dem Gallorom. und/oder It. bekannten Wortformen, die außer in Entree noch in anderen fr.-it. Texten überliefert sind (auf das Verhältnis Gra117

phie vs. Lautung wird hier nicht eingegangen). Es handelt sich demnach um typisch fr.-it. Formen, die sich auf die einzelnen Wortklassen wie folgt verteilen: 15 Substantivbildungen, 6 Verbalformen, 7 Adjektive und 2 Adverbien.

Substantive: — alfan m. «cheval arabe» Variante zu afr. aufaine, vermutlich gleichen Ursprungs wie afr. auferrant; im It. seit Pulci als s.f. belegt, alfana. — angle m. «ange» Variante zu afr. angele (neben angre) und it. ängelo, mit Synkope der Pänultima. — chonovance f. «connaissance» Mit Erhaltung des intervokalen Labialkonsonanten aus dem Perfektstamm nur im Fr.-It., im Gallorom. conoissance. — espli m. «lance» Für das Fr.-It. charakteristische Variante zu afr. espiel mit Einschub (oder Metathese?) des —1—, möglicherweise beeinflußt von it. spiedo (hyperkorrekte Bildung des Fr.-It.). — estormens m. «tourmente» Variante zu fr.-it. estörmen (o) mit Akzentverlagerung, unter möglicher Beeinflussung von afr. torment. — idifiz m. «edifice, machine de guerre» Variante zu fr. idifice, (Fern-) Assimilation des anlautenden Vokals. — jobler m. «jongleur» Für das Fr.-It. charakteristische Variante zu afr. jogier, möglicherweise als Versuch einer (falschen) etymologisierenden Schreibung zu interpretieren. — mageste f. «majeste divine» Reimbedingte paroxytonale Variante zu afr. majeste. — manchonie f. «indignation, tristesse» Kontamination, Vermischung von afr. melancolie mit it. malinconia (maninconia). — mesclin m. «jeune homme» Variante zu afr. meschin, möglicher Versuch einer hyperkorrekten Rückbildung —ch— > —cl—, — mesconovange f. «meconnaissance» Variante zu afr. mesconoissance mit Erhaltung des intervokalen Labialkonsonanten aus dem Perfektstamm. — orfani m. «orphelin» Variante zu afr. orphanin, it. orfanello mit möglicher (volksetymologischer) Angleichung der Endung an die Wortfamilie von fr. ηέ < lt. NATUS. — sige m. «siege» Variante zu afr. siege, nicht in Reimstellung. — tinans m., en un — «sans interruption» 118

Variante zu afr. tenant mit Übernahme des Stammvokals -i- von den Formen des passe simple. — toral m. «toureile» Variante zu afr. torel (auf -al nur als adj.), nicht reimbedingt. Verbalformen: — adastir «se häter» In der Konjugationsklasse auf -ir mit Erhaltung des intervokalen Dentals selten, cf. aokz. adastar, it. adastare, afr. aatir. — atalanger «plaire» Variante zu afr. atalenter. — conevoir «connaitre» Variante zu afr. conoistre mit Erhaltung des intervokalen Labialkonsonanten aus dem Perfektstamm (im Ait. dialektal vereinzelt belegt auf -ir). — enfander «enfanter» Variante zu afr. enfanter unter dem Einfluß von fr. enfance. — snarer «mutiler en coupant le nez» Denominale Ableitung von it. naril-e, aokz. nar/naras, fr.-it. naire. — sorpKer «supplier» Variante zu afr. sopliier, kann als (falsche) Interpretation der Anfangssilbe als sor- (Präfix) gedeutet werden. Adjektive: — agare «d'acier» Variante zu afr. acerin, aceri, unter dem Einfluß von it. acciaio, acciarino. — alian «etranger» Variante zu afr. aliien. — fräin «miserable» Variante zu aokz. fradin adj. «scelerat», wohl nicht zu afr. frarin (cf. Gl). — grignor «plus grand» Variante zu afr. graignor. — silveste «sauvage» Reimbedingte Variante zu afr. silvestre. — tinant «resistant» Variante zu afr. tenant mit Übernahme des Stammvokals -i- aus den Formen des passe simple. — topin «pauvre, miserable» Variante zu afr. tapin, it. tapino, möglicherweise Monophthongierung von it. taupino, talpino. Adverbien: — apormain «tout de suite» Variante zu afr. aparmain mit Wechsel von -par- zu -por- (cf. afr. por praep.). — porman «bientöt» 119

Variante zu afr. parmain (selten ohne präfixales a-) mit Wechsel des präfixalen par- zu por- (cf. afr. por praep.). 3.3.3 Semantische Sonderentwicklungen In insgesamt 9 [-3] Fällen weisen mehrfach im Fr.-It. belegte Wortformen semantische Bedeutungsentwicklungen auf, die weder im Gallorom. noch im It. in den genannten Wörterbüchern bekannt sind und demnach als Sonderentwicklungen des Fr.-It. angesehen werden können. Es handelt sich um 3 [-1] Substantive, 4 [—l] Verbalformen, 1 [—l] Adverb / Konjunktion und 1 Numerale. Substantive·. — braaigne f. «jument» Im Afr. als adj., fr.-it. bezogen auf «Pferd» allgemein sowie auf «arabisches Pferd». — governaille f. «possession (d'une chose)» Afr. «gouvernement», Bedeutungsverlagerung. [—palon m. «pieu» Afr. «pelle», cf. jedoch LEI palon «palo grosso» venez. Boerio, valsug. Prati u. a.] Verbalformen: — abonder «renforcer» Afr. tr. «donner en grande quantite». — asentir, faire — «pr6venir, informer» Afr. «sentir, ressentir». — esamplir «accomplir, observer (la loi, etc.)» Afr. «ouvrir, dilater; defricher». [- talenter «venir ä gre, plaire» Afr. «etre desire de qn», entspricht semantisch afr. atalenter mit präfixalem α-, cf. jedoch LEI talentare «desiderare, amare; piacere» DavanzatiMenichetti; Bonvesin Biadene u. a.j Adverbien / Konjunktionen : [- ond «c'est pourquoi» Wird häufig zu den Charakteristika fr.-it. Texte gezählt, tritt jedoch auch im It. auf. Bedeutungsentwicklung von Ortsangabe zur kausalen Verknüpfung, cf. LEI onde «per la qualcosa» ait.ScuolaSicPanvini, unde «e perciö» VangeloPalumbo asiz. 14. Jh.; cf. avenez. Stussi 13. Anf. 14. Jh. u. a.] Numeralia: — terce adj. f. «trois» Schwankungen im Gebrauch der Ordinalia als Kardinalia, afr. «tiers, troisifcme». 120

3.3.4 Sonderformen Insgesamt 5 Wortformen (3 Substantive, 1 Verb und 1 Präposition), die neben Entree noch in anderen fr.-it. Texten, jedoch nicht im Gallorom. und/oder It. belegt sind, weisen besondere Eigenheiten auf, die einzeln zu interpretieren sind. Substantive: — enfaigne f. «feinte, mensonge» Deverbale Substantivbildung zu it. infingere. — mire m. «recompense» Ableitung von lt. MERERE (cf. fr.-it. merie s.f.); im Gallorom. und It. sind Ableitungen von lt. MERITUM geläufig (cf. s. v. fr.-it. merit). — torqier m. «litiere (?)» Nicht ganz geklärte Textstelle (cf. Kap. 4, Glossar), vermutlich eine Ableitung von lt. TORQUES (anstelle von lt. TRUDO, TRUSO, *TRUSARE). Verbalformen: — esperner «mettre en pieces, dechirer» Fr.-it. Mischform, Nachbildung von it. sparnazzare mit semantischer und formaler Anlehnung an afr. despaner «lacerer, dechirer, mettre en pieces». Präpositionen: — oc «avec» Variante zu afr. avec, möglicherweise kontrahiert aus ovec oder avoc, afr. in verschiedenartigen Formen belegt.

3.4 Zusammenstellung der im Galloromanischen und/oder Italienischen belegten Wortformen, die im Franko-Italienischen nur einmal aus Entree bekannt sind Im Gegensatz zu den bisher behandelten Sonderbildungen des Fr.-It. werden im folgenden diejenigen Wortformen angeführt, die im Gallorom. und/oder It. geläufig sind, im Fr.-It. dagegen — auf der Grundlage der bisher publizierten Mss. — nur in Entree auftreten. Diese Formen spielen demnach weniger eine Rolle bei der Charakterisierung der Sprache von Entree in bezug auf das Gallorom. und/oder It., als vielmehr bei der Abgrenzung der sprachlichen Eigenheiten von Entree gegenüber anderen fr.-it. Texten. Es zeigt sich hier, daß ein erheblicher Bestandteil des fr.-it. Lexikons allein auf das Epos des anonymen Paduaners bzw. von Nicola da Verona zurückgeht. Allerdings wäre eine eingehendere Bewertung der lexikalischen Eigenheiten an dieser Stelle verfrüht, da bis auf wenige Ausnahmen keine detaillierten Untersuchungen zur Lexik der unterschiedlich zu beurteilenden fr.-it. Einzelwerke vorliegen und ein fr.-it. Gesamtglossar noch zu erstellen bleibt. 121

Die insgesamt 167 Wortbildungen ( = 14,1 % der in dieser Arbeit untersuchten Formen) des Gallorom. und/oder It., die im Fr.-It. bisher nicht weiter bekannt sind, vermitteln einen ersten Eindruck von der sprachlichen Vielfalt von Entree und bestätigen seine herausragende Stellung innerhalb des fr.-it. Textkorpus. Zusammen mit den 186 [—5] hapax legomena aus Entree und den 17 [—2] mehrfach nur aus Entree bekannten Wortformen ergibt sich demnach eine Summe von 370 [-7] Wortbildungen ( = 31,2% [30,6%] der in dieser Arbeit untersuchten Formen), die für eine Abgrenzung der Sprache von Entree insgesamt gegenüber dem fr.-it. Textkorpus von Bedeutung sind. Die im Fr.-It. bisher nur in Entree belegten Wortbildungen werden aufgeschlüsselt nach der Art der sprachlichen Besonderheit, die für die Aufnahme in diese Untersuchung mit entscheidend war. Bei den jeweiligen Formen wird die gallorom. und/oder it. Entsprechung angegeben. Es handelt sich im einzelnen um 75 morphologische Sonderbildungen, 24 phonetisch-phonologische Sonderformen, 16 semantische Sonderentwicklungen, 4 syntaktische Sonderbildungen und 48 verschiedenartig zu interpretierende Sonderformen.

3.4.1 Morphologische Sonderbildungen Den größten Anteil an den im Fr.-It. bisher nur aus Entree bekannten Wörtern des Gallorom. und/oder It. nehmen mit insgesamt 75 Belegen die morphologischen Sonderbildungen ein. Es handelt sich im einzelnen um 28 präfixal bemerkenswerte Formen mit den Präfixen a- (10 Formen), des- (3), en- (3), es- (1), outre- (1 ),ra- (1 ),re- (l),i- (l),jor- (2) und 5 Fälle von Ausfall des Präfixes bzw. Reduktion des Anlauts sowie um 47 suffixale Wortbildungen mit den Suffixen -age (2), -aille (2), -al (1), -ance (4), -aris (1), -ason (1), -eel (1), -ee (9), -eir (1), -eis (1), -el (1), -eor (4), -er (5), -ere (1), -eüre (2), -ie (2), -ine (1), -mant (1), -oier (Ι),-οίϊ (1), -te (1) und -ue (4). 3.4.1.1 Präfixale Wortbildungen aVerbalformen: — aclaver «clouer» It. acchiavare, gallorom. vereinzelt dialektal. — acombatre «combattre» Gallorom. aconbatre GirRouss. — acontenter «contenter» It. accontentare, gallorom. vereinzelt dialektal. — acoroner «couronner» Afr. acoroner. — afacer «se mettre en face» It. affacciare, gallorom. vereinzelt dialektal. 122

— alister, p. pf. alistei «borde» It. allistare. — amonir «munir» It. ammunire, gallorom. vereinzelt dialektal. — atender «planter sa tente» It. attendare, aokz. atendar. Adjektive: — abronci «sombre, triste» Aokz. abronquit «renfrogne». Konjunktionen: — afors qe «hormis, si ce n'est que» Afr. afors adv. «dehors», praep. «excepte». des— — desapariller vb. «desarmer» Afr. desaparoilier. — desgreer vb. «deplaire» Afr. desgreer, it. disgradare. — desquairer vb. «sortir du cadre, au fig.» Afr. desquari «carre». enSubstantive: — encoronament m. «couronnement» Afr. encoronement, it. incoronaminto. Verbalformen: — encombatre «combattre» Afr. encombatre. — encroire «croire» Afr. encroire, aokz. encreire. es— — eschunjur s.m. «prifere» It. scongiuro. outre— outreseilir vb. «franchir» Aokz. oltrasalhir. 123

ra— — ratenir vb. «retenir» Afr. ratenir, it. rattenere. re— — rependre vb. «reculer (?)» Afr. repeindre. s— — smonter vb. «descendre de cheval» It. smontare. sor— — sorpois s.m. «excfcs, outrage» Afr. sorpois. — sorperler vb. «parier trop» Afr. sorparler. Ausfall des Präfixes / Reduktion des Anlauts Substantive: — mainant m. «reste» Afr. manant. — schec m. «echec» It. schachi, scakar dialektal. — sensions f. «Ascension» Gallorom. dialektal, it. sensa.

Verbalformen: — sorer «essorer» Afr. sorer, it. sorare dialektal. — se vertüer «s'evertuer» It. vertudiare. 3.4.1.2. Suffixale Wortbildungen -age — mentage s.m. «mensonge, ruse» Afr. mentaige. — regnaige s.m. «royaume» Aokz. regnatge. 124

—aille — sablonaille s.f. «plaine sablonneuse» Afr. sablonaille. — sevraille s.f. «separation, depart» Mfr. sevraille. -al — cronical adj. «en forme de chronique» It. cronicale. —ance — comunianqe s.f. «communion» It. comunanza. — mentanze bzw. ramentanze (cf. Glossar) s.f. «mention, commemoration» Afr. ramentance. — ontange s.f. «affront» It. ontanza. — recomandange s.f. «recommandation» Mfr. recommandance. -arts — poestaris adj. «puissant» Aokz. podestaditz adj. und s.m. — ason — semenason s.f. «recolte (proprt, ce qui a ete seme)» It. seminazione, aokz. semenazon. —eel — tronchoncel s.m. «petit tron9on» It. tronconcello. —ee — amasee s.f. «richesse acquise» Gallorom. vereinzelt amassee. — brandonee s.f. «eclat (de la flamme)» Afr. brandonnee, aokz. brandonada. — comencee s.f. «commencement» It. cominciata. — encomencee s.f. «commencement (de 1'attaque)» Afr. encomenciee, it. incominciata. 125

— espanee s.f. «longueur d'un empan» Afr. espanee. — flamee s.f. «flambee» It. fiammata, gallorom. vereinzelt dialektal. — pitrinee s.f. «poitrine» Afr. poitrinee dialektal. — refusee s.f. «refus» Afr. refusee. — usee s.f. «usage» It. usata. —eir — plasmeir s.m. «createur» Aokz. plasmaire. —eis — paveis s.m. «sorte de grand bouclier (fabrique ä Pavie)» Mfr. pavays, it. pavese. -el — papel adj. «papal» Afr. papel. -eor — escrimaor s.m. «escrimeur, lutteur» Aokz. escrimador. — juveor s.m. «celui qui aide» It. giovatore. — reporteor s.m. «rapporteur» Afr. mfr. reporteor. — splaneor s.m. «celui qui explique» Afr. esplaneor, aokz. esplanador, it. spianatore. —er (Konjugationsklasse) — brancer vb. und s.m. «brancher, terme de fauconnerie» Mfr. brancher, aokz. brancar, it. brancare. — enrojer vb. «rougir» Afr. enrougier. — eslargier vb. «elargir» Afr. eslargier, aokz. eslargar. 126

— espaner vb. «ouvrir la main pour mesurer un empan» Afr. espaner, aokz. espanar. — matiner vb. «paraitre (en parlant du jour)» It. mattinare. —ere — gastere s.f. «destructrice» [oder m., cf. Glossar] Afr. gasteor, gastere. -eure — cengleüre s.f. «sangle» It. cinghiatura. — menteüre s.f. «mention» Wohl it. beeinflußt, cf. Glossar (FEW); cf. aokz. mentaure vb. —ie — otrie s.f., metre en — «octroyer» Afr. otrie. — *cercelie adj. f., cercele «boucle» p. pf. adj. Erschlossene Form, afr. cerceler. —ine — poucine s.f. «jeune poule» Afr. poucine, it. pulcina. —mant — abondemant s.m. «renfort (de troupes)» Afr. abondement, it. abbondamento. -oier (Verbalbildung) — astoier vb. «häter, pousser (au combat)» Afr. hastoiier. -ois — campois s.m. «expedition militaire, Campagne» Afr. champois, campois. -te — enposibleti s. (f.) «chose impossible» Mfr. impossibleti. 127

—ue - contenue s.f. «contenance, mantere de se conduire» Afr. contenue. — debatue s.f. «mouvement» It. dibattuta. - receiie s.f. «reception» Afr. receiie, it. ricevuta. — remohue s.f. «action de se remettre en mouvement, depart» Aokz. remoguda.

3.4.2 Phonetisch-phonologische Sonderformen Von den insgesamt 24 phonetisch-phonologischen Sonderformen, die im Fr.-It. bisher nur einmal aus Entree überliefert sind, während im Gallorom. und/oder It. entsprechende Formen erscheinen, fallen 11 Belege in die Gruppe der Substantive, 8 zählen zu den Verbalformen, 2 zu den Adjektiven, 2 zu den Adverbien und 1 Beleg zu den Pronomina (auf das Verhältnis Graphie vs. Lautung wird hier nicht eingegangen). Substantive: — acee f. «becasse» Mfr. assee, aokz. aceia, it. acciggia. — ancile f. «servante» It. ancilla. — cauces f. «poursuite» Afr. chace, afr. enchauz. — contredisor m. «contradicteur» Afr. contredis'eor, aokz. contradizedor. — coube «coudee» Afr. coubde, aokz. cobde. — estance f. «poteau» Afr. estance. — feridor m. «combattant» Afr.fereor, aokz. feridor, it. feritöre. — fleior m. «parfum» Afr. fleiur dialektal. — gerifaus m. «gerfaut» Afr. girefauc dialektal, it. gerifalco. — girlande f. «guirlande» Aokz. guirlanda, it. ghirlanda. — pegrece f. «paresse» Aokz. pigreza, it. pigrezza. 128

Verbalformen: —haster «Tester» It. astare. — crouser «murmurer» Afr. croucier. — enspirer «inspirer, insuffler» Afr. enspirer, it. enspirare. — esenbler «assembler» Afr. essembler. — estaigner «eteindre» Aokz. estenher. — recuser «reculer, fuir» Aokz. recuzar, it. ricusare. — splandre «briller» Afr. esplendre, it. splendere. — vouder «vider, evacuer» Afr. veudier, it. vuotare. Adjektive: — enpont «resolu ä» Afr. empoindre son euer a (13. Jh.). — esclumi «souill6 d'dcume» It. schiumare. Adverbien: — snellemant «rapidement» It. snello. — tras «tr^s» Aokz. tras. Pronomen: — atretel adj. «tel, pareil, semblable» Afr. atretel, aokz. atretal. 3.4.3 Semantische Sonderentwicklungen In insgesamt 16 Fällen weist eine Form aus Entree eine semantische Besonderheit auf, die im Gallorom. und/oder It. ebenfalls bekannt ist, während sie im Fr.-It. außer an dieser Stelle bisher nicht belegt ist. Es handelt sich im einzelnen um 10 Substantive, 5 Verben und 1 Adjektiv. Substantive: — cas m. «buste» It. casso «thorax, buste». 129

— contance f. «accointance, rencontre» Afr. contence «contestation, debat», aokz. contensa «lutte», it. contenza. — devis m. «separation» Mfr. devis «separation». — entravaiire f. «poutre» Afr. entraveure «travee», it. dialektal. — gre m. «degre, rang social» It. grado. — hucees f. «cri» Afr. hucie «cri». — letre f. «lettres, science» It. lettera. — mugeil m. «moyeu (de roue)» Afr. moieul. — sanguin m. «sanguine (mineral)» Aokz. sanguin «minerai de fer». — sponde f. «cöte (du corps)» Afr. esponde. Verbalformen: — atiser «s'appliquer (ä faire qqch); se fier (ä qqch)» Afr. atisier. — desgreer «manquer» Afr. desgreer. — engrander «enflammer, en parlant de la colore» Afr. engrander. — enjoielle 3. pr. «prendre plaisir (ä qqch)» Afr. enjoeler. — glouser «gloser sur (qqn), blämer» Afr. gloser «critiquer, censurer». Adjektive: — jostisable «qui observe la loi» Afr. justisable.

3.4.4 Syntaktische Sonderbildungen In insgesamt 4 Fällen tritt ein Verb in Entree in einer besonderen syntaktischen Konstruktion auf, die von der geläufigen Verwendung der Verbalform im Gallorom. und/oder It. abweicht; während die Abweichung im Fr.-It. bisher nicht weiter bekannt ist, erscheint sie jedoch im Gallorom. und/oder It. als Variante neben der ansonsten üblichen Konstruktionsweise. 130

Transitiv gebrauchte

Verbalformen

— esmarir «deconcerter, consterner» Afr. esmarrir refl. intr., selten tr. Reflexiv gebrauchte

Verbalformen

— desfraine 3. pr. «se debarrasser de son frein» Afr. desfrener tr., it. disfrenare tr. refl. Intransitiv gebrauchte

Verbalformen

— ancrer «ancrer» Afr. aancrer intr., ancrer intr. selten, it. ancorare tr. intr. refl. — deporter «se divertir» Afr. deporter intr. und aokz. deportar intr. selten, it. diportare intr.

3.4.5 Verschiedenartige Sonderformen Bei einer Reihe von Wortformen, die im Fr.-It. außer in Entree bisher nicht weiter bekannt sind, während sie ansonsten im Gallorom. und/oder It. erscheinen, liegen verschiedenartige Besonderheiten vor, die im folgenden einzeln, nach Wortarten getrennt, angeführt werden. Es handelt sich um insgesamt 48 Fälle, von denen 30 zur Gruppe der Substantive zählen, 13 zu den Verben, 1 zu den Adverbien sowie 1 zu den Präpositionen. Substantive: — *aine «agneau» Erschlossene Form, afr. aigne, it. äino dialektal. — aiol m. «cytise aubour» Afr. aiol (apik.), it. cf. Glossar. — aupatris m. «titre de chef sarrasin» Afr. aupatriz selten. — auror (f.) «aurore» It. aurora. — berbis f. «brebis», carte de — «parchemin» Afr. berbiz, it. cartapecora. — bolge f. «valise» Afr. bouge, it. bölgia. — brace f. «braque femelle» Mfr. bracque. — cainert m. «canard (?)» Afr. quanart, mfr. canard. — candelabre (f.) «chandelle» Afr. chandelabre m., aokz. candelabre, it. candelabro m. 131

carge m. «charge» Aokz. carc, carge m., it. cärico m. cleveire f. «office de portier» Mfr. claviere, aokz. clavaria, it. chiaveria. cloche f. «poule qui mfene des poussins» Gallorom. clouke dialektal, it. chidccia. col m. «colline» Afr. col selten, aokz. col, it. cblle. destroite f. «action de tenir serre» Aokz. destrecha f., it. distretta f. empresse f. «empressement» Mfr. empresse, it. impresso, figisor m. «fidejusseur» Gallorom. fedexor dialektal, it. fedesor dialektal. galcanter m. «premier chant du coq» Aokz. galcantar. impossible m. «chose impossible» Mfr. impossible m. jovedis f. «jeudi» It. giöbia f. dialektal. orel m. «bord» Afr. orel selten. penel m. «pinceau» It. pennello. pestrin m. «moulin ä grain mu par un cheval» Afr.pestrin, aokz. pestrinh, it.pistrino in verschiedenartigen Bedeutungen. pii-arme m. «fantassin» Im Afr. nicht als eigenständige Komposition geführt, aft. pied s.m. + arme p. pf. proferte f. «offre» Afr. proferte, aokz. proferta, it. proferta. romeu m. «pölerin» Aokz. romieu, it. romeo. silvestre f. «foret» Afr. silvestre. tail m. «tranchant (de l'epee)» Aokz. talh, it. täglio. treduaine f. «jeüne de trois jours» Afr. triduaine f. trevache f. «tente» It. trabacca, dialektal travacca, fr.-it. auch noch travache. venator m. «chasseur» Mfr. venateur, aokz. venador, it. venatöre.

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Verbalformen: — abluer «nettoyer par ablution» Afr. mfr. abluer. — aneler «s'attacher comme par un anneau (au fig.)» Mfr. anneler, it. anellare. — baubeter «balbutier, begayer» Afr. baubeter, it. balbettare. — bestoser «tondre» Mfr. bestoser. — colter «cultiver» It. coltare. — fabregier «fabriquer» Afr. favrechier, aokz. fabregar, it. fabbricare. — forscacer «bannir» Afr. forschacier, it. fuoricacciare. — orgullir «bouillir d'orgueil (en parlant du sang)» Afr. orguillir, aokz. orgolhir. — refleer «respirer» It. rifiatare. — ribauder «paillarder» Afr. ribauder, it. ribaldare. — sacier «satisfaire» Afr. sacier, aokz. saziar, it. saziare. — sovrer «surmonter» Aokz. sobrar, it. soprare. — sub jeter «assujetir» Afr. mfr. subjecter, it. soggettare. Adjektive: — maagne f. «qui mutile, qui blesse; mutile» Mfr. meshaigne adj. «mutile». Adverbien: — debitemant «düment» It. debitaminte. — endans «dedans» Gallorom. endeans dialektal, it. indentro. — och «oui» Aokz. oc. Präpositionen: — vis, en — de toi «ä ta place» It. invece di.

3.5 Die für Datierungsprobleme der galloromanischen Lexik relevanten Wortformen aus Entree Der Wortschatz von Entree ist für die Datierung lexikalischer Belege des Gallorom. bisher nicht ausreichend berücksichtigt worden. Insbesondere bei der Redaktion einzelner Artikel des FEW werden die Belege aus Entree uneinheitlich bewertet: Teils werden sie als it. beeinflußte Formen herausgestellt, teils werden sie, was sich vorwiegend bei der Datierung von Wortformen bemerkbar macht, aus der Geschichte gallorom. Wortformen überhaupt ausgeklammert, indem sie unerwähnt bleiben. Der Grund für die inkonsequente Behandlung der Belege aus Entree dürfte darin liegen, daß über die Stellung des Fr.-It. generell zum Gallorom., zum Nordfr. und zum It. sich bisher keine einheitliche Position hat finden lassen. Bei der Vielfalt der jeweiligen Elemente des Gallorom. und des It. dürfte eine generelle Zuordnung des Fr.-It. zum fr. oder it. Sprachraum kaum möglich sein, vielmehr müßte jeder Text einzeln charakterisiert und klassifiziert werden (cf. die Bemerkungen in den Kap. 1.5 und 1.6). In der folgenden Zusammenstellung wird deshalb so verfahren, daß alle Wortformen aus Entree, die auch in der gallorom. Lexik bekannt sind, nach Wortarten geordnet mit dem jeweiligen Datum des Erstbelegs im Nordfr. (mit Ausnahme von Entree) bzw. der Nennung des Verfassers, bei dem das Wort zuerst überliefert ist, angeführt werden. In insgesamt 6 Fällen ( = 7,4% der in diesem Kapitel untersuchten Wortformen, und zwar 2 Substantive, 2 Verben, 1 Adjektiv sowie 1 Adverb/Pronomen) bedeutet der Beleg aus Entree eine Verlängerung des Gebrauchs einzelner Wortformen, die bisher nur als Belege des Afr., die sich nicht ins Mfr. und/oder Nfr. fortsetzen, bekannt waren. Da für den it. Sprachraum eine vergleichbare Zusammenstellung wie das FEW für die Galloromania noch nicht vorliegt, wird an dieser Stelle auf eine entsprechende Untersuchung von Datierungsproblemen aus Entree in bezug auf das It. verzichtet (es würde sich etwa um Wortformen handeln, die nur im It., nicht aber im Gallorom. belegt sind, hier jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt auftreten, wieenperage s.m. «empereur», it. imperätico s.m. ant. «dignitä, autoritä imperiale», Sercambi, oder tronchoncel s.m. «petit tronfon», it. tronconcello s.m., 15. Jh., Luigi Pulci,aster «rester», it. astare Belcari, fernerstrinare-, auch eine detaillierte Datierung fr.-it. Wortformen muß bis zur vollständigen Edition aller fr.-it. Texte zurückgestellt werden: So ist beispielsweise die Datierung von galon in DEAF G / l p. 100, ca. 1300 - letztes Viertel 14. Jh. [im Text wird für das Aobit. angegeben: seit 2. Hälfte 13. Jh.] zumindest im Fortleben zu erweitern auf 1407, Abschluß von AquilonT (wird im DEAF genannt), vgl. demnächst Vitale-Brovarone zur Datierung des Ms.). Im einzelnen handelt es sich bei den für die gallorom. Lexik relevanten Wortformen (aus dem bisher Gesagten ergibt sich, daß die hapax legomena aus Entree, die mehrfach nur in Entree belegten und die nur in fr.-it. Texten erscheinenden Wortformen aus dieser Zusammenstellung ausgeschlossen sind) neben 134

den schon erwähnten 6 Belegen mit Verlängerung der Zeitspanne für den Gebrauch der Wortform um weitere 75 Belege aus Entree, die sich auf die einzelnen Wortarten folgendermaßen verteilen: 44 Substantive, 17 Verben, 14 Adjektive. Insgesamt ergeben sich also—abgesehen von den hapax legomena, den mehrfach in Entree belegten Wortformen und den Franko-Italianismen — 81 Wortformen, die für die Datierung fr. Wortformen von Bedeutung sind ( = 6,8 % der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen).

3.5.1 Wortformen, die im Nordfranzösischen erst nach Entree belegt sind Substantive: — auror (f.) «aurore» Gallorom. aurore seit Aime du Mont-Cassin, Entlehnung aus it. aurora (Giamboni; Dante). · - balote f. «petite balle» Mfr. balote f. «ballot» seit ChristPis, mfr. ballotte f. «petite balle employee pour designer un candidat dans une election» (1492), nordit. ballotta. — baracan m. «bouracan» Mfr. nfr. barracan (1599), aokz. id., it. baracano, afr. nur barragan. - brace f. «braque femelle» Mfr. bracque. - cainert m. «canard (?)» Mfr. nfr. canard (seit Garb 1487), afr. nur selten quanart (13. Jh.). - cengleüre f. «sangle» Mfr. sanglure «action de mettre une sangle», singleure (beide Cotgr 1611), Beeinflussung von it. cinghiatura f. - cleveire f. «office de portier» Mfr. claviere f. «femme qui a charge des clefs» (14. Jh.-Cotgr 1611), mfr. claviere «serrure» (Tours 1365), aokz. clavaria, it. chiaveria. - corier m. «courrier» Mfr. courier (ca. 1300), mfr. nfr. courrier (seit 1464), aokz. corrier, it. corriere. — corerie f. «expedition d'eclaireurs» Mfr. courerie «incursion» (16. Jh.), it. correria. — desgrage f. «malheur» Mfr. nfr. disgrace «malheur» (seit 1539), it. disgräzia. — devis m. «separation» Mfr. devis «separation» (1406), aokz. devis, it. diviso. — empresse f. «empressement» Mfr. empresse f. «presse pour etoffes», it. impresso. - enposiblete f. «chose impossible» Mfr. impossiblete f. «caractere de ce qui est impossible» (hap. 14. Jh.). — ensogne m. «songe». Mfr. insompne «reve» (1525), entlehnt aus it. insögno. 135

is m. «esse (nom de lettre)» Mfr. esse m. (Tournai 1427), it. esse f. und m.; afr. esse f . escrimaor m. «escrimeur, lutteur» Mfr. nfr. escrimeur «celui qui fait de l'escrime» (seit 15. Jh.), aokz. escrimador, it. schermitore (13. Jh.). espion m. «espion» Fr. espion seit Beginn 16. Jh. geläufig, vorher selten (hap. 13. Jh., hap. 14. Jh., hap. 15. Jh.), it. spiöne s.m. (13. Jh.). espioner m. «espion» Nfr. espionneur «espion» (Cresp 1606 — Oud 1660). girlande f. «guirlande» Mfr. nfr. guirlande f. (1540), aokz. guirlanda, it. ghirlanda. habitaje m. «habitation» Afr. mfr. habitage m. (Entree — 1499), aokz. abitatge. ingratitudne f. «ingratitude» Mfr. ingratitudine (1581), beeinflußt von it. ingratitüdine. levant m. «levant, est» Mfr. levant m. (seit 1375), aokz. levant, it. levante (Dante). malditor qj. «medisant» Mfr. maudicheur m. (apik. ca. 1375), it. maldicitore (14. Jh.). maitine f. «matin» Nfr. matine f. «matin» (Stoer 1638), aokz. matina, it. mattina. nacre m. «timbale, instrument de musique» Afr. mfr. nacaire, nacre erst später, it. näcchera (14. Jh.). nigromans m. «necromancien, magicien» Mfr. nfr. negromant (1543), it. negromante (Ende 13. Jh.). partiment m. «depart» Mfr. partiment (Rons, Cotgr 1611), fr.partement (Apoll - Fur 1690), aokz. partimen, it. partimento (14. Jh.). paveis m. «sorte de grand bouclier (fabrique ä Pavie)» Mfr. pavays m. (1365), aokz. paves, it.pavese (14. Jh.). penetant m. «penitent; celui qui fait penitence» Mfr. penitent adj. (1370), it. penetente adj. und s.m. (13. Jh.). piastre m. «plaque de metal» Nfr.piastre «monnaie d'argent, de valeur variable selon les pays» (seit Cotgr 1611), it. piastra (14. Jh.). recomandange f. «recommandation» Mfr. recommandance «recommandation religieuse» (1510). regnon m. «royaume» Mfr. regnon «royaute». requise f. «recherche» Mfr. requise f. (Auton). rixe f. «risee» Gallorom. «sourire» dialektal, it. le risa (le rise) f. pl. (14. Jh.). 136

— seduant m. und adj. «celui qui seduit; fourbe» Mfr. nfr. seduire (Chastell), aokz. seduire, it. sedurre (14. Jh.). — senior, metre en — «faire sentir ses coups, endommager» Mfr. nfr. senteur f. «mauvaise odeur» (ca. 1390), it. sentore m. (13. Jh.). — seraille f. «agrafe (de la pelerine)» Mfr. seraille, aokz. serralha, it. serraglia. — sevraille f. «separation, depart» Mfr. sevraille f. (1352). — tambor m. «tumulte» Mfr. nfr. tambour (seit ca. 1300), aokz. tambor, it. tamburo (14. Jh.). — tengon f. «tension vers qqch., application» Cf. mfr. nfr. tension «etat de ce qui est tendu» (seit 1490). — trebuz m. «tribut» Mfr. trebu m. (Froiss), aokz. trebut, it. tributo (13. Jh.). — velu m. «velours» Mfr. velut (1383-1447), aokz. velut, it. velluto adj. (14. Jh.). — venator m. «chasseur» Mfr. venateur (1485), aokz. venador, it. venatore (14. Jh.). — veste f. «veste, vetement» Mfr. nfr. veste (1578), aokz. vesta, it. veste (14. Jh.) Verbalformen: — afrancher «affranchir» Mfr. afranchier (1414), it. affrancare. — amantelle 3.pr. «revetir (au fig.)» Mfr. amanteler «envelopper (au fig.)» (1547), it. ammantellare. — aneler «s'attacher comme par un anneau (au fig.)» Fr. anneler, it. anellare (Frezzi). — aveisiner «s'approcher» Mfr. nfr. s'avoisiner (1555—Nie 1606), it. avvicinare. — baster «suffire» Mfr. nfr. baster, aokz. bastar, it. bastare. — bestoser «tondre» Afr. bestoser (Berinus), mfr. nfr. id. (Hüls 1596—Men 1694). — brancer «brancher, terme de faueonnerie» Mfr. nfr. brancher (seit J. Lemaire, 1510). aokz. brancar, it. brancare (Pulci). — conquister «conquerir» Mfr. conquister (Brantöme), aokz. conquistar, it. conquistare. — cronicher «rapporter dans une histoire» Mfr. croniquer (14.-16. Jh.). — ensabloner «rouler sur le sable» Mfr. ensablonner «frotter de sablon» (Du Beilay). — esconjurer «conjurer» Mfr. esconjurer, aokz. esconjurar (1498), it. scongiurare (14. Jh.). 137

— investir «revetir; mettre en possession de; frapper, toucher» Mfr. nfr. investir «mettre solennellement en possession d'un fief, d'une dignite» (seit 16. Jh.), it. investire. — latiner «raconter» Mfr. latiner «parier, raisonner en general» (15. Jh. — 1550). — miriter «recompenser» Mfr. meriter (14. Jh.), aokz. meritar, it. meritare (14. Jh.). — narer «narrer» Fr. narrer (seit 1388), aokz. narrar, it. narrare (14. Jh.). — parlamenter tr. «parier» Mfr. parlementer tr. (Froiss), it. parlamentare tr. (13. Jh.). — ymager «imaginer» Mfr. imager tr. «representer par l'image» (1599).

Adjektive: — acort «avise, sage» Fr. accort (ChristPis), it. accörto. — afarous «acharne» Mfr. affaireux «rempli de beaucoup d'affaires; difficile, penible; qui a des embarras d'argent». — bee «bienheureux» Mfr. nfr. biat. — cendalin «de l'etoffe dite cendah Mfr. sandalin (1530; Cotgr 1611). — cronical «en forme de chronique» Mfr. cronical, chronicalement (16. Jh.), it. cronicale (Bibbia volgar.). — dougies «delicat, fin, mince» Mfr. douge. — ensanglenti p.pf. adj. «ensanglente» Mfr. ensanglantir (1589), s'ensanglentir (ca. 1515). — famos «fameux» Mfr. nfr. fameux (seit 15. Jh.), aokz. famos, it. famöso (Guittone). — maagne f. «qui mutile, qui blesse; mutilee (?)» Mfr. mehaigne adj. «mutile» (Ronsard). — novisme «dernier» Mfr. novissime «tout recemment» (Nivernais 1534). — papel «papal» Mfr. nfr. papal adj. (seit 1315), it. pap ale (14. Jh.). — pointis «pointu» Mfr. pointif (1495). — pontu «pointu» Mfr. nfr. pointu (seit Or 1377), aokz. ponchut (seit 14. Jh.). 138

- senpiterne «sempiternel» Mfr. sempiterme (Chastell), mfr. sempiterne (Mist; ca. 1510), it. sempiterno (Dante). 3.5.2 Franko-italienische Wortformen aus Entree, die im Altfranzösischen nur bis 1300 belegt sind Substantive: — enchantaison f. «enchantement» Afr. enchantoison «enchantement» (13. Jh.). — esmeri m. «emerillon» Afr. esmeril «emerillon» (ca. 1180-13. Jh.) [neben afr. esmeril «emeri» (hap. 13. Jh., Studer)]. Verbalformen: - empaloir «pälir» Afr. empaleir (ca. 1180-1300). - forscacer «bannir» Afr. forschacier «expulser (d'un pays)» (Ende 12.-13. Jh.). Adjektive: - robestre «sauvage, violent» Afr. rubestre (ca. 1190-13. Jh.). Adverbien / Pronomen: — auquant «un peu» Afr. alquant «combien de; un peu, quelque temps» (bis 13. Jh.).

3.6 Auswahl lexikalisch wichtiger Korrekturen, die die Lesart der Handschrift in der Edition von Thomas verändern In insgesamt 18 Fällen ( = 1,5% der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen) wird — abgesehen von den zahlreichen, hier nicht zu behandelnden Texteingriffen des Herausgebers Antoine Thomas — die Lesart der Hs. in einer Weise interpretiert, die anstelle der ursprünglichen, zunächst vorgestellten Wortform eine andere, in der Regel neuartige Wortform treten läßt. Zum größten Teil gehen die Korrekturen auf die 1923 publizierte ausführliche Besprechung von Francesco Torraca zurück, der zusätzlich zu der kritischen Analyse von Entree eine Reihe von anderen Lesarten der Hs. vorschlug, die zu neuen Interpretationen einzelner Verse führten. Zwar kann an dieser Stelle nicht ausführlich auf Probleme der Textedition eingegangen werden, doch soll zumindest versucht werden, bei einzelnen Wortformen auf dem Hintergrund eines eventuell möglichen Vergleichs mit dem 139

fr.-it. Textkorpus, dem Gallorom. und dem It. zu einer Bewertung der jeweils vorgeschlagenen interpretativen Korrekturen zu gelangen. Die Belege werden wiederum nach Wortarten getrennt vorgestellt, wobei auf die Gruppe der Substantive 10 Belege entfallen, auf die der Verben 4 und auf die der Adjektive 4. Substantive: — *aine «agneau» Korrektur des bei Thomas als «inintelligible» bezeichneten Versendes von Torraca; im Afr. vereinzelt als aigne s.f., it. dialektal auch aine als Variante zu agno. — bosurt m. «buisson» Torraca korrigiert die bei Thomas als fraglich gekennzeichnete Interpretation von bosun als «besoin», fr.-it. Variante zu afr. buisson, boisson. — brons ON Von Thomas wird in den Anm. und im Namenverzeichnis die Lesart Ebrons vorgeschlagen, «Hebron, ville de Palestine». — difirnanze f. Thomas schlägt in den Anm. eine Emendation zu difinanze «fin, accord», Variante zu afr. definance «fin» (12.-13. Jh.), vor; Gdf führt noch difirnanze «trahison» als Hapax-Form aus Entree. — doltor (m.) Torraca schlägt die Lesart del tor, tor als «retour», vor; daneben auch d'onor. — *inguiber ON Wohl als ON in Guiber «pays indetermine» zu interpretieren (Thomas). — "langte m. Variante zu afr. mfr. lange «espece de robe de chambre en etoffe de laine; chemise de laine», wohl unter dem Einfluß des Diminutivums langel (afr.); cf. Thomas, Torraca. — leselle f. «aisselle» Thomas korrigiert l'aleselle zu la leselle, it. vereinzelt lesena dialektal (amant. ca. 1300, ver.), Hapax-Form im Fr.-It., Beibehaltung der nicht dissimilierten Form gegenüber dem It. (/—l > l—n). — οΐϊΐέ Mögliche Konjektur des unklaren Verses zu de son riti (rite ist im Fr.-It. geläufig)· — *raine m. Torraca korrigiert das nicht in den Kontext passende taine (evtl. it. tana) zu raine «regne», lt. REGNUM. Verbalformen: — assendisu Ein Schreibfehler anstelle von assez disu (lt. AD SATIS + DICERE) liegt nahe, cf. Torraca. 140

- luel Torraca emendiert die von Thomas als ungeklärt angegebene Lesart der Verbindung ou luel zu o'l uuel ( = o'l vuel). - recler «räler (?)» Thomas löst das in der Hs. durchstrichene^· auf zu reclerent, während Torraca reclament vorschlägt, das - im Gegensatz zu recler — im Fr.-It. geläufig ist. - redus p.pf. tr. Torraca korrigiert die schon von Thomas als fehlerhaft gekennzeichnete Form zu reclus, p. pf. zu afr. reclore «refermer, renfermer». Adjektive: - amasis p. pf. adj. In den Kontext paßt die von Torraca vorgeschlagene Emendation abasais (Reimstellung) «abaisse», afr. abaissier. - estancher Torraca interpretiert estancher als Variante zu estranger, afr. (mfr. aokz.) estrangier 4, möglich erscheint eine Verwechslung der Abkürzungssigel von r und« in der Hs.; eine Interpretation von estancher als «las, fatigue», afr. estanchie, paßt semantisch nicht in den Kontext (cf. Glossar). - estrimers adj. «place ä une extremite» Torraca emendiert zu estr'invers, estr'envers, afr. mfr. envers adj., lt. INVERSUS.

- soudor Unsicherer Vers, Torraca schlägt vor s'outor, autor «plus haut», zu afr. hautor adj. compar., afr. hautor s.f.

3.7 Wörter unbekannter Herkunft Bei der Bestimmung der etymologischen Zuordnung der aus Entree ausgewählten Wortformen ergeben sich - abgesehen von den Belegen, bei denen anstelle einer eindeutigen etymologischen Bestimmung eine Vermischung verschiedener Formen anzunehmen ist - insgesamt 26 Fälle ( = 2,2 % der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen), die als Wörter unbekannter Herkunft zu klassifizieren sind. Diese Belege sind in den geläufigen etymologischen Wörterbüchern nur zum Teil mit aufgenommen (für die im Erscheinen begriffenen Bände des FEW läßt sich für die Wörter unbekannter Herkunft zunächst keine Aussage machen). Die Wortformen unbekannter Herkunft verteilen sich auf die einzelnen Wortarten wie folgt: 17 Substantive, 3 Verben, 2 Adjektive, 1 Adverb und 3 pronominale Formen. Bei weiteren 9 Belegen, die zunächst aufgrund der Lesart der Hs. als Wörter unbekannter Herkunft einzustufen waren, erweist sich infolge einer Korrektur (cf. Kap. 3.6) eine etymologische Zuordnung als möglich; es handelt sich um folgende Formen:

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— difirnanze: difinanze s.f. «fin, accord», It. FINIRE; — doltor: del tor «du retour», lt. TORNARE; — estancher: estrangier adj. «etranger», lt. EXTRANEUS; — estrimers «place ä une extremite (?)»: estr'invers, afr. mfr. envers adj., It. INVERSUS;

— luel: o'l vuel 3. P.Sg.Pr., It. VELLE; — olite·. riti s. «heritier, heritage», lt. HEREDITAS, HEREDITÄRE; — soudor: s'outor, afr. autor, hautor adj. compar., It. ALTUS, ALITOR; — brons: Ebrons «Hebron, ville de Palestine (?)», ON; — *inguiber: in Guiber «pays indetermine», ON. Substantive: — aiol m. «cytise aubour» Im Afr. (und It., cf. Glossar) vereinzelt dialektal belegt als aol, aiol, im FEW als Wort unbekannter Herkunft aufgenommen (XXI- 109b). — alfan m. «cheval arabe» Afr. mehrfach belegt, it. alfano seit 15. Jh.; möglicherweise handelt es sich um eine Variante von afr. alferrant, ar. FARAS. — andraine m. «?» Wohl eine Art Stoff- oder Materialbezeichnung (cf. Glossar). — arcelle f. «sifege royal (?)» Möglich wäre eine Verbindung zu a f r . arcel, lt. ARCUS. — aupatris m. «titre de chef sarrasin» Auch im Afr. bekannt; möglich wäre neben der wohl ar. Herkunft des Wortes eine Beeinflussung vom Stamm lt. PATER. — avers m. «?» In idiomatischer Verwendung (cf. Glossar); ein Zusammenhang mit afr. avers, lt. ADVERSUS, VERSUS, läßt sich nicht eindeutig nachweisen. — braisson (f.) «?» Ein etwaiger Zusammenhang auch semantischer Art mit afr. braison oder brason, germ. *BRAS-, läßt sich aus dem Kontext nicht erschließen. — breii (m.) «tente» Reimbedingte Variante zu afr. brehant, im FEW angeführt als Wort unbekannter Herkunft (XXIII-la). — brie f. «lutte» Entlehnung aus it. briga, das etymologisch nicht geklärt ist. — detolais m. «?» Aus dem Kontext ergibt sich lediglich eine Zuordnung zu Wortklasse und Genus; morphologisch und phonetisch unsichere Form. — glue f. «?» In idiomatischer Verwendung (cf. Glossar); denkbar wäre eine Verbindung zu afr. glud < GLÜTEN.

— guercin m. «?» Semantisch naheliegend ist eine Interpretation des Belegs als Variante von fr. 142

gargon (reimbedingte Suffixveränderung mit Beeinflussung von guerre, guerrier in der ersten Silbe). — guit m. «morceau, bouchee», fig. englotir le mortiel — «mourir» Kann in Zusammenhang stehen mit it. ghiozzo (Veneto); andere Interpretationsversuche (afr. glout, lt. GLUTTIRE, agask. guit < GIT) erscheinen weniger naheliegend. — leucher m. «partie non determinee de l'ecu» Neben dem weiteren Bedeutungsfeld, zu dem es gehört, nur wortklassenmäßig und im Genus aus dem Kontext bestimmbar. — ponnee f. «force, puissance» Semantisch gesehen wäre eine Zuordnung zu lt. POSSE (oder POTESTAS) naheliegend. — terin m. «tarin, ancienne monnaie de l'Italie meridionale» Möglicherweise ar. Herkunft. — trecel m . « s o r t e d e sieige»

Semantisch nicht einwandfrei geklärt (evtl. Zuordnung zu lt. TRES), im FEW aufgenommen als Wort unbekannter Herkunft. Verbalformen: — brester «siffler (?)» Wohl nicht zu mhd. BRESTEN gehörig; dem Kontext nach möglich wäre eine Annäherung an afr. breter, germ. *BRET. — esbarater «disperser» Die etymologische Zuordnung von afr. desbareter, it. sbarattare (baratta) ist bisher nicht eindeutig geklärt. — sornoiller «ronfler» Nur im Fr.-It., entspricht it. sornacchiare, das etymologisch nicht geklärt ist (möglicherweise langob. SNARHH(J)AN). Adjektive: — colibeu «?» Unsichere Lesart. — sorplume, — d'or «recouvert d'or» Die Interpretation als Komposition von präfixalem sor mit afr. plumer, lt. PLUMA, stößt semantisch auf Schwierigkeiten. Adverbiale Verbindungen: — testais, el — «en soi-meme (?)» Möglicherweise in Verbindung mit It. TESTA. Pronomen: — g' «lui», i «ä lui», ie «ä lui» Personalpronomen der 3. P.Sg. Dativ sowie des lokalen fr. «y», it. «ci, vi», nicht einwandfrei etymologisch zuzuordnen (cf. lt. ILLI(C), it. ge, gli, ghe). 143

3.8 Etymologische Vermischungen Eine Besonderheit der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen beruht darauf, daß bei bestimmten Formen eine einzige etymologische Zuordnung nicht möglich erscheint. In diesen Fällen kann man — abgesehen von den vorher erwähnten Wortformen unbekannter bzw. nicht geklärter Herkunft (Kap. 3.7) - von einer Vermischung verschiedener etymologischer Stämme ausgehen, die sich jedoch in der Regel auf den jeweiligen Ursprungsbereich (z. B. lt. oder germ.) beschränkt und nicht zu weiteren Vermischungen zwischen den beiden Bereichen (z. B. lt. und germ.) geführt hat. Die Zahl der etymologisch bedeutsamen Vermischungen in Entree beläuft sich auf insgesamt 45 Formen ( = 3,8 % der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen), die sich auf die einzelnen Wortklassen wie folgt verteilen: 22 Substantive, 16 Verben, 4 Adjektive, 1 Adverb sowie 2 Präpositionen. Substantive: — ahastie f. «fatigue» Zählt zu der Wortgruppe aus Entree, die Elemente von anfrk. *HATJAN, anord. ETIA und anfrk.*HAIST in sich vereinigt. — ahitie f. «impetuosite» Lautliche Variante zu afr. aatie, anfrk. "HATJAN, anord. ETIA. — athine f., por - «impetueusement» Variante zu afr. aatine, anfrk. *HATJAN, anord. ETIA. — atison f. «defi» Variante zu afr. aatison, anfrk. *HATJAN, anord. ETIA. [Die drei letzten Fälle können auch als nicht eigentliche etymologische Vermischungen, sondern als Belege, deren etymologische Zuordnung nicht eindeutig gesichert ist, interpretiert werden.] — bailior m. «conducteur» Verdeutlichung der suffixalen Personenmarkierung gegenüber afr. baillif, lt. BAJULUS, a b g e l e i t e t v o n afr. bailiier

(bailir),

lt. BAJULARE.

— bosdeor m. «trompeur» Vermischung von afr. boiseor mit afr. boisdie, entstanden aus germ. *BAUSJAN u n d g e r m . *BAUSON.

— comuniange f. «communion» Ableitung von afr. comunier unter dem Einfluß von it. comunicanza, lt. COMMUNIS u n d lt. COMMUNICARE.

— enpreste f. «chose pretee (ä l'homme par Dieu, en parlant de l'äme)» Hapax-Form [cf. jedoch Glossar, LEI], wohl als Vermischung von lt. PRAESTARE mit lt. IMPROMUTUARE ZU interpretieren.

— girlande f. «guirlande» Vermischung von anfrk. *WIARA und * WIERA, afr. garlande. — hain m. «haine» Als s.m. im Gallorom. selten, anfrk. *HATJAN, anord. ETIA. 144

- hautise f. «impetuosite» Variante zu afr. aatise, anfrk. *HATJAN, anord. ETIA, sofern nicht hantise < anord. HEIMTA, cf. Gl.

- jobler / ςubleor m. «jongleur» In Entree wie in anderen fr.-it. Texten treten sowohl jobler, lt. JOCULARIS, als auch ς ubleor, deverbale Ableitung mit Personalsuffix -ATOR von lt. JOCULARI, auf. - jovedis f. «jeudi» Lt. JUPITER, dazu Beeinflussung im Genus von aobit. jobia, lt. JOVIA (auch lt. JUPPITER).

- laiser m. «loisir» Wohl Vermischung von lt. LICERE und *LICOR, afr. loisour. - penel m. «pinceau» Wohl Vermischung verschiedener Stämme, lt. PINNA, lt. PENIS, lt. PENICILLUS. - piastre m. «plaque de metal» L t . PLASTRUM, lt. EMPLASTRUM.

- proierie f. «pri£re» Kann als fr.-it. Entsprechung von lt. PRECARIA oder/und als deverbale Ableitung von afr. proier, lt. PRECARI, angesehen werden. - seduant m. «celui qui seduit; fourbe» Deverbale Ableitung, afr. sou(s)duire, lt. SUBDUCERE, lt. SEDUCERE (mit Erhaltung des präfixalen SE— ?). - sedutor m. «seducteur» Kann als deverbale Ableitung von afr. sou(s)duire, lt. SUBDUCERE, unter Beeinflussung von lt. SEDUCERE, SEDUCTOR, angesehen werden.

- splaneor m. «celui qui explique» Kann als Entsprechung im Fr.-It. von lt. EXPLANATOR oder/und als deverbale Ableitung von it. spianare, lt. EXPLANARE, interpretiert werden. - treugue f. «treve» A n f r k . *TREUWA, g o t . TRIGGWA.

- visaire m. «visage» Mischform aus fr. viaire, lt. VIDERE, und fr. visiere, lt. Visus.

Verbalformen: - aaster «provoquer» Entspricht formal afr. ahaster, anfrk. *HAIST, semantisch afr. aatir, anord. ETIA, a n f r k . *HATJAN.

- acidir «arriver, en parlant d'un evenement fächeux» Vermischung von afr. achair, lt. ACCADERE, mit afr. acceder, lt. ACCEDERE. - adastir «se häter» Vermischung aus afr. aatir und it. adastare; zählt zur Gruppe der fr.-it. Formen, die Elemente aus anord. ETIA, anfrk. *HATJAN und anfrk. *HAIST enthalten. 145

— aheter «hai'r» Anfrk. *HATJAN, anord. ΕΠΑ, afr. meist aatir. — astoier «häter, pousser (au combat)» Erweiterte Ableitung von afr. haster; zählt zur Gruppe der fr.-it. Formen, die Elemente aus anord. ETIA, anfrk. *HATJAN und anfrk. *HAIST enthalten. — bailir «donner» Entspricht afr. bailiier, lt. BAJULARE, unter dem Einfluß von afr. baillif, lt. BAJULUS, Konjugationswechsel.

— debaser «abaisser» L t . BASSUS u n d *BASSIARE.

— desfloter «se retirer (de la troupe)» Kann in Zusammenhang sowohl mit anfrk. *FLOT- als auch mit anord. FLOTT gesehen werden, in diesem Falle zusätzliche Rückdatierung gegenüber den im Nordfr. bekannten Formen (1415) mit Bedeutungsverschiebung. — destendre «mourir» In Synonymenkoppelung mit afr. morir, kann sowohl zu lt. EXTENDERE als auch zu lt. TENDERE (spätere Präfigierung) gerechnet werden. — esmater «terrasser, detruire» Nur aus dem Fr.-It. bekannte Ableitung von lt. MATTUS, ar. pers. MÄT. — esperner «mettre en pieces, dechirer» Fr.-It. Mischform, Nachbildung von it. sparnazzare, lt. SPARGERE (und EXPANDERE) mit semantischer Beeinflussung von afr. despaner, lt. PANNUS. — guinchir «se detourner, eviter» A n f r k . *WENKJAN, *WINKJAN.

— heter «hai'r» Zweisilbige Variante zu afr. aatier, anfrk. *HATJAN, anord. ETIA. — rectus p.pf. «referme, renferme» Fr. reclure, lt. RECLUDERE, afr. mfr. reclore, lt. CLAUDERE.

— refleer «respirer» Lt. REFLARE ist im It. vereinzelt dialektal erhalten, für fr.-it. refleer dürfte eine Beeinflussung von it. rifiatare, *REFLATARE, naheliegen. — resploiter «retarder» Vermischung von afr. respitier, lt. RESPECTUS, mit afr. (r)esploitier, lt. EXPLICITUM.

Adjektive: — rosee, pasqe — «Pentecöte» Neben it. rosata, lt. ROSA, könnte auch eine Beeinflussung von it. rugiada, lt. ROS, in dialektaler Form mitspielen. — νerage «vrai» Aus dem It. übernommene Form mit Beibehaltung des intervokalen Palatalkonsonanten; als etymologische Ausgangspunkte sind möglich lt. VERAX, •VERACUS, VERATIUS.

146

- veras «vrai» V o m It. b e e i n f l u ß t e F o r m , lt. VERAX, »VERACUS, VERATIUS.

- vollagne «qui vole (dans l'air)» Reimbedingte Mischform, die auf einem Zusammengehen von afr. volage, lt. voLATicus, mit afr. volant, lt. VOLARE, beruht. Adverbien: - dobleemant «en doublant» Fr.-It. Hapax-Bildung, Ableitung von afr. dobler, p.pf. dobli, lt. DUPLARE, unter dem Einfluß von afr. doblemant adv., lt. DUPLUS. Präpositionen: - oc «avec» Fr.-it. Variante zu den afr. Formen von «avec», lt. APUD / AB und HOC. - pres «apres» Wohl Vermischung von fr. pres (mit möglicher Bedeutungsverschiebung), lt. PRESSE, mit afr. apres (möglicher Ausfall des präfixalen a—), lt. AD PRESSUM.

3.9 Die Verteilung der untersuchten Wortformen aus Entree nach ihrer etymologischen Herkunft Die nachfolgende Zusammenstellung gibt einen statistischen Einblick in die Verteilung der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen aus Entree auf die verschiedenen Sprachen, deren Stämme in etymologischer Hinsicht den Ausgangspunkt bilden für die jeweilige fr.-it. Wortform. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, daß es sich bei den fr.-it. Wörtern jeweils um direkte Ableitungen aus den entsprechenden Sprachen handelt, vielmehr kann als Zwischenstufe in den meisten Fällen das Gallorom. oder das It. angenommen werden, durch deren Einfluß das betreffende Wort ins Fr.-It. übernommen oder entlehnt wurde (cf. die Kapitel 3.11 und 3.12 über die Entlehnungen oder Beeinflussungen des Gallorom. und It.). Die hier gemachten Angaben können bestenfalls als Basis, als Ausgangspunkt einer auf das gesamte fr.-it. Textkorpus zu erweiternden sprachhistorisch und -vergleichend orientierten Analyse und Charakterisierung des fr.-it. Wortschatzes insgesamt angesehen werden, die interessante Gesichtspunkte für die Zusammensetzung des fr.-it. Lexikons im historisch-etymologischen Sinne beizutragen imstande wären. Der Großteil der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen aus Entree geht auf lt. Stämme zurück, die hier nicht im einzelnen angeführt werden (cf. generell das Glossar sowie den Index lt. Wörter); es handelt sich um 978 fr.-it. Wortformen, d.h. 82,5 % der aus Entree ausgewählten bemerkenswerten, in irgendeiner Weise vom geläufigen Afr. abweichenden Wortformen. Hinzu kommen 3 Wortformen, die nach Angabe des FEW auf vorrom. Stämme zurückzuführen sind, sowie schließlich 14 Wortformen gallischen Ursprungs. 147

Die Anzahl der auf das Gr. zurückgehenden ausgewählten fr.-it. Wortformen aus Entree beläuft sich auf 4 Fälle. Die Gruppe der auf germ. Stämme zurückzuführenden Wortformen (141, = 11,9% der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen) verteilt sich auf die einzelnen Bereiche wie folgt (angegeben ist jeweils die im FEW gewählte Bezeichnung): 19 Belege germ. Ursprungs (allgemein), 80 Belege anfrk. Ursprungs, 2 Belege frk. Ursprungs, 6 Belege ahd. Ursprungs, 10 Belege got. Ursprungs, 7 Belege westgerm. Ursprungs, 16 Belege anord. Ursprungs sowie 1 Beleg mndl. Ursprungs. Auf arabische Wortstämme gehen insgesamt 9 Wortformen zurück, hinzu kommen 2 Belege pers. Ursprungs. Den Abschluß bilden ein Beleg aus Entree, der auf urslav. Ursprung zurückgeht, sowie eine aus einem fr. Ortsnamen entwickelte Wortform. Beim Vergleich der Zusammenstellungen ist zu berücksichtigen, daß in 45 Fällen etymologische Vermischungen vorliegen (cf. Kap. 3.8), so daß die entsprechende fr.-it. Form (sie wird in der folgenden Aufstellung durch [M], Mischform, gekennzeichnet) mehrmals angeführt werden kann, sofern sie auf nichtlt. Stämme, die in diesem Kapitel zusammengestellt sind, zurückgeht. Bei der Angabe der Zahl der fr.-it. Wortformen aus Entree, die auf lt. Stämme zurückgeführt werden können, sind die durch eine Korrektur neu entstandenen Belege nicht berücksichtigt worden (19 Fälle, cf. Kap. 3.6). Zu erwähnen sind ferner die 27 Wortformen unbekannter Herkunft (davon werden 2 bereits in der Zahl der Korrekturen miterfaßt), die im Kap. 3.7 gesondert untersucht worden sind. Für die statistischen Daten der lt. und der nichtlt. Stämme ergeben sich somit leichte, durch die Vermischung einzelner Stämme bedingte Verschiebungen, die jedoch für die grundlegende Tendenz der Verteilung der Wortformen aus Entree auf die jeweiligen Stämme weniger von Gewicht sind und als nicht ausschlaggebend angesehen werden können. Entsprechend der Zielsetzung dieses Kapitels werden die Wortformen in der folgenden Übersicht in dem jeweiligen sprachlichen Bereich alphabetisch nach dem fr.-it. Stichwort, wie es im Glossar auftritt, angeführt; dabei werden auch die auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehenden fr.-it. Wortformen in einer Gruppe - wie im Glossar — zusammengefaßt, so daß das Prinzip der Anordnung der jeweils relevanten Wortformen nach Wortarten in diesem Kapitel entfällt. Für die alphabetische Reihenfolge der jeweiligen etymologischen Stämme sei auf die im Anhang dieser Arbeit zusammengestellten Indices verwiesen. Maßgebend für die etymologische Zuordnung sind in der Regel, soweit vorhanden, die Angaben des FEW.

3.9.1 Lateinische Stämme Die lt. Stämme bilden als Normalfall den Ursprung für 981 Einzelbelege aus Entree und stellen mit 82,5 % der in dieser Arbeit untersuchten Wortformen den 148

weitaus größten Anteil (zu den einzelnen Formen cf. das Glossar sowie - in alphabetischer Reihenfolge — im Anhang den Index lt. Wörter). 3.9.2 Vorromanische Stämme — braaigne s.f. «jument», vorrom. *BARAN, — galon s.m. «cote», vorrom. *KALONE, — oschier vb. «ebrecher», vorrom. *OSCA. 3.9.3 Gallische Stämme — bolge s.f. «valise», gall. BULGA, — broal s.m. «petite 6minence (?)», gall. *BROGILOS, — broisir vb. «brüler», gall. 'BRUSIARE, — chirnel s.m. «crdneau», gall. *CRINARE, — croi adj. «mauvais», gall. *CRODiOS, — druerise s.f. «amour (au sens concret, equivalant ä )», gall. *DRUTO, — engombrer vb. «encombrer», - engombrer s.m. «encombre, dommage», - engombre s. «encombre, dommage», - engombrement s.m. «encombre, obstacle», gall. "COMBOROS, — liegue s.f. «lieue», gall. LEUCA, — montun s.m. «mouton», gall. *MULTO, — pecier vb. «mettre en pifcces, briser», gall. *PETTIA, — vevesor s.m. «vavasseur», gall. —VASSUS. 3.9.4 Griechische Stämme — dormoncel s.m. «petit , ancien genre de bateau», gr. δσόμον, — glouser vb. «au sens trans., gloser sur (qqn), blämer», gr. γλώσσα, — manganelle s.f. «mangonneau», - mangoner s.m. «ouvrier travaillant aux mangonneaux», gr. μάνγανον. 3.9.5 Germanische Stämme (allgemein) — abrandir vb. «brandir», - brandonee s.f. «eclat (de la flamme)», germ, BRAND, — alistei p.pf. «borde», germ, LISTA, — bandee s.f. «bände», - enbendir vb. «bander», germ. *BINDÖ-, — borcel s.m. «forteresse (dimin. de bore, bourg)», germ. *BURG—, — bosdeor s.m. «trompeur», - bouseor s.m. «trompeur», - bausdie s.f. «tromperie, p. ext. erreur», germ. *BAUSON / germ. *BAUSJAN, 149

-

bosun s.m. «buisson», germ. *BOSK—, brace s.f. «braque femelle», germ. *BRAKKO, brusti p.pf. «brode», germ. *BRUZDAN, embronir vb. «devenir brun, sombre», germ. *BRÜN, esclumi p.pf. adj. «souille d'ecume», germ. *SKUM—, gardeüre s.f. «regard», germ. *WARDÖN, garniment s.m. «occupation d'un pays; attirail militaire; troupe de garnison», germ. *WARNJAN,

- lie s.f. «alise, consideree comme objet sans valeur», germ. *ALIZA, - lies, hom - s.m. «homme lige», *LET-, - reblanchir vb. «avoir des reflets blancs», germ, BLANK. 3.9.6 Altniederfränkische Stämme - aaster vb. «provoquer», — adastir vb. «se häter», — ahastie s.f. «fatigue», — astoier vb. «häter, pousser (au combat)», anfrk. *HATJAN /anfrk. *HAIST [M],

- aheter vb. «ha'ir», — heter vb. «hair», — ha'in s.m. «haine», — ahitie s.f. «impetuosite», — hautise s.f. «impetuosite», cf. jedoch das Gl, — athine s.f., por — «impetueusement», — atison s.f. «defi», anfrk. *HATJAN [M], - bal adj. «joyeux; hardi», anfrk. *BALD, - balote s.f. «petite boule», anfrk. *BALLA, - bandoner vb. «abandonner», — ebenoi s.m. «divertissement, pris au sens fig. de , — benoi s.m. «allegresse», anfrk. *BAN, - banior s.m. «heraut, crieur», anfrk. *BANNJAN, - bedouel s.m. «valet d'armee», — bidel s.m. «guide, serviteur», anfrk. *BIDIL, - blie s.f. «ble», anfrk. *BLÄD, - bragagne s.f. «marche, fig. combat», anfrk. *BORGANJAN, - bresemant s.m. «ensemble de flaches tirees», anfrk. *BIRSON, - confalon s.m. «gonfanon», — confaloner s.m. «celui qui porte le gonfanon», anfrk. *GUNDFANO, - crouser vb. «murmurer», anfrk. *GROGATJAN, - desfloter vb. «se retirer (de la troupe)», anfrk. *FLOT- [M], - engraigner vb. «enflammer, en parlant de la colere», — engrander vb. «enflammer, en parlant de la colere», — regaigner vb. «montrer les dents», 150

- regraigner vb. «rugir», anfrk. *GR1NAN, entreürter vb. «se heurter Tun contre l'autre», anfrk. *HÜRT, erguel s.m. «orgueil», - ergolos adj. «orgueilleux», - orgullir vb. «bouillir d'orgueil (en parlant du sang)», anfrk. *ÜRGÖLI, escrimaor s.m. «escrimeur, lutteur», anfrk. *SKIRMJAN, esmarir vb. «deconcerter, consterner», anfrk. *MARRJAN, esmeri s.m. «emerillon», anfrk. *SMIRIL, espaner vb. «ouvrir la main pour mesurer un empan», - espanee s.f. «longueur d'un empan», anfrk. *SPANNA, espion s.m. «espion», - espioner s.m. «espion», anfrk. *SPEHON, espli s.m. «lance», anfrk. *SPEOT, estance s.f. «poteau», anfrk. (got.) *STAKKA, estorme s.m. «melee», - estormens s.m. «tourmente», - estornir vb. «bouleverser», anfrk. *STURM, estrever s.m. «etrier», anfrk. *STREUP, felonin adj. «irrite», anfrk. *FILLO, feu s.m. «fief», anfrk. *FEHU, forere adj., la gient - «les fourrageurs», anfrk. *FODAR, galaus s.m. «galop», anfrk. *WALAS LAUPAN, garenter vb. «garantir», anfrk. *WÄRJAN, geardon s.m. «guerdon, recompense», - gerdoner vb. «recompenser», anfrk. *WI a- im Fr.-It. (und im Aokz., cf. FEW XXIV 1 -72b) cf. s.v. astor sowie s.v. atretel. 218

ATRETEL pron.adj., Gl —, «tel, pareil, semblable», lt. ALTER: 15686 Contre lui vait con atretel inclin. TL I-694s. autretel adj.; Gdf I-241a-b altretel, atretel adj.; FEW I-77a afr. altretel, aokz. a(l)tretal; Levy I - 9 8 a - b atretal, altretal; Battaglia I-360b altrettale. Hapax-Form im Fr.-It., Variante zu afr. autretel (vereinzelt auch atretel), Reduktion des Anlauts von au-lal- zu a-, besonders im Aokz., cf. FEW XXIV 1 -72b (zum Fr.-It. cf. s.v. astor sowie s.v. ator); geläufiger sind auch im Fr.-It. die Formen auf au-, al- und ao-, cf. etwa PrisePampM 738,2801, ateru.a. auch im LEI. 3.pr.tr., Gl atuer «tuer», lt. TUTARi: 1795 Estraint le poing que maint paiens atue, (: vertue, veüe); 10861 atue 3.pr.tr.; atui p.pf. AliscMH 391, atuer Β ο voUR 13,60,135,298, KarletoR 2239, afue KarletoR 481, 2958, atuer ChevOgerC 1644, 1927, MacaireM 2421, atues HectVP 1217, atuas 2. BelrisM 419, atuer HuonAuv in Meregazzi 1937, p.56, atue HuonAuvBS1908 10627, atuer AttilaS 1-66,1-1190, atu 3. Attilas XI—763, atue AttilaS XIII-330, atuer AttilaS XV-2897, atoez p.pf. Attilas XII-3256. Gdf I—492a atuer (MacaireM); FEW XIII 2 -448a afr. atuer EntreeT; LevyP 32b atudar, -zar vb.tr. «eteindre»; Battaglia I—838cs. attutare vb.tr.ant.u.lit. «attutire, mitigare, quietare, temperare, sedare», 839a attutire vb.tr. «attenuare, mitigare, smorzare; temperare, diminuire». Eine dem Fr.-It. eigentümliche Zusammensetzung von afr. tuer mit dem Verbalpräfix a- (cf. s.v. abrandissant); die Verbindung ist im Fr.-It. geläufig und häufiger anzutreffen als bisher bekannt; weder im Gallorom. noch im It. (in dieser Bedeutung) belegt, LEI mehrfach in den bei Battaglia gegebenen Bedeutungen, ferner als «distruggere» BonvesinContini A 356.

ATUE

AUBERGER vb., G l « h e b e r g e r » , AUBERGE s . m . , G l - , « l o g e m e n t , c a m p e m e n t , t e n t e , a u b e r g e » ,

Gl auberc « t e n t e » , ALBERGAGE s.m., Gl «action de camper», AUBERS s . m . ,

AUBERGEE s.f., G l «gite, c a m p e m e n t » ,

AUBERGEMENT s.m., Gl « h e b e r g e m e n t » , OUBERGERIE s.f., Gl «hospitalite», westgerm. »HARIBERGÖN:

8290 Che vos alez a la ville auberger, (: anvoier, dricer), 13606 Qu'il voient de trover un auberge alian, 9246 Le plus ardiz de toz vousist estre as aubers (ms. nö sit), {: cers, divers), 9116 Queil part nos amenrais, ou feruns alber gage (: gionage, visage), 13476 ο toi fait aubergee / Proesce et sens et nature atenpree (ms. aubergeree), (: salee, atenpree), 4467 Frans en la ville pristrent aubergement, (: encoronament, remistrent), 12328 Encor n'avez une tot seule fie / Mengie a ma cort ni pris oubergerie, (: fie, vilonie); 219

14166 auberga 3.p.s.intr., 542 aubergeront 6.fut., 6407 albergerais 2., 14450 aobert 3.conj.refl., A—83 aoberge p.pf., 6499 aubergiis p.pf., 8981 ouberger; 10579 alberge s.m.; 4190 albers s.m., 14586 aubers (Hs. aobers); 9079 oubergee; auberger, alberger, auberger, alberger, aoberzer, arberger: AspremCB 50, AspremV4Be 767, 1186, AspremPM 332, 182, 228, AspremV4Be 658, RolV4G 2990, 5957, 2951, 640, 4510 u.a., PrisePampM 394, 5081, 5580, 5573, 2464, AliscMH 2693, GuiNantVM 436, 2315, 1558, BovoR 3081, BovoFR 1815, 2103, 2098 u.a., BertaC 737, 738, 1060 u.a., KarletoR 576, 2386, 2546 u.a., BertaMilC 129, 212, EnfOgerS 42, ChevOgerC 160, 164, 173 u.a., MacaireM 1327, HectVP 223, HectPP 533, BelrisM 510,261,173, HuonAuvPGi Gl, HuonAuvBS1913 4799,4851, HuonAuvBS1927 11704, 11769 u.a., SMarEgizC 673, AttilaS XV-1131, MPoloB 34-6, AnsCartPM f.56a, AquilonT f.87c, f.88r u.a.; auberges AspremV4B1949 p.267, aubergo AspremV6Ma 204, albergi RolV4G 3973, arberge RolV4G 601, albergo BovoR 376, 412, BovoFR 2138, 2480, BertaC 322, 354, KarletoR 2438, ChevOgerC 362, MacaireM 1376, 1558, 1943, HuonAuvPS1908 9578, HuonAuvPM1935 239, HuonAuvTM1935 4508, HuonAuvTS1913 4745a; aubers s.m. HectVP 500, PharsaleW 1424; aubergage s.m. (: visafe, esta9e) PharsaleW 240, aubergag (: daumaf, ligna9) AttilaS 11-25, herbergaje (: erbaje, targe) AliscMH 2311; aubergie RolV7F 245-15, haubergie RolCF 250-15, erbergies MPoloB 113—11, 116—26; eubergement RolV4G 5283, aouberzemant PrisePampM 4908, herbergement RolCF 384-25, RolV7F 381-25, aubergement HuonAuvBS1927 11646, aubergemant HuonAuvBM1935 6324, albergamento HuonAuvTM1935 5841, albergamant HuonAuvPM1935 173; aubergerie AspremV6B1949 p. 267, herbergerie RolV7F 85-19,322-8, RolCF 327-8, erbergarie AliscMH 2504, herbergarie AliscMH 2317, albergarie HuonAuvPM1935 14, 23, albergaria SMarEgizC 105, 1060, haubergarie AttilaS VII—1148, aubergari AttilaS VII-985, aubergarj AttilaS XV-945, herbergieries MPoloB 107-5, albergarie AnsCartPM 36. TLIV—1063ss. herbergier vb., 1057ss.Herberge s.f.(u.m.), 1057herbere s.m., 1070ss. herberjage s.m., 1063 *herbergiee, aubergiee s.f. (EntreeT), 1059s. herbergement s.m., 1061 ss. herbergerie s.f.; Gdf IV—455as. herbergier, arbergier, alberger, auberger, aobercier, C—IX—753cs., IV—453a—b herberge, hauberge, 452a—b herbere, 452bs. herbergage, albergeaige, 455a herbergiee, oubergee s.f. (EntreeT), 453bs. herbergement, alberg., 454cs. herbergerie, aberg.; FEW XVI-158a aokz. arbergar, albergar, mfr. arberger, aokz. albere, b aokz. albergamen, afr. abergerie, aokz. albergatge, afrb. albergerie, 159bs. afr.mfr. her-, 160b it. albergare, 161a it. albergo, b η 1; Levy I—48a albergar, ib.albergamen;Le\yP 14balbere, ar-, I5aalberga,ib.albergada, ib.albergaria, ib. albergatge, ar-, ib. albergue s.m.; Pfister 184, 255, 275 arbert, arberc, albere; Battaglia I—287cs. albergare, 288bs. albergo, 287c ant. albergagiöne, 220

288b alberghiera s.f.disus., 287c albergaminto s.m.ant., 288b albergheria (albergaria) s.f.ant. Zur Diskussion über den Ursprung dieser Wortfamilie cf. FEW XVI-160bs. (Battaglia geht für die it. Belege von got. *HARLBAIRGO, HARJIS + HAIRGAN, Sowie mit. ARIBERGARE, ALBERGARE, ALBERGARIA, ALBERGATIO aus, I-289a, 288a, b, 287c); die Formen auf au-, al-, ao- sind insgesamt vom It. beeinflußt (cf. FEW XVI-161b η 1: «Die formen albere , alberge, albergage i, -in adj.; F E W I - 7 8 b aokz.autiu «eleve; hautain», 79b η 4 afr. hautif (woher?); LevyP 34b autiu adj. Die Ableitung von afr. haut «hoch» auf-/ ist im Gallorom. nur selten belegt, TL führt Belege auf -i, -if, -in an, FEW nur aokz. altiu (neben möglichem afr. hautif)·, die beiden fr.-it. Belege stehen im Reim auf -is und lassen eine genauere Zuordnung zu den bei TL gegebenen Ableitungen nicht zu; cf. in diesem Zusammenhang noch die fr.-it. Formen autaine EntreeT 435, autan PrisePampM 1383, aotan PrisePampM 2223, 2843, aotaine PrisePampM 4545, altaine GuiNantVprolCT 130, HuonAuvPGi Gl, autiere PrisePampM 5730. AÜZEE V. HUCEES AVEISINE V. VISIN AVENINE V. VININ

AVENöis a d j . , G l «etranger», lt. ADVENIRE:

12046 Estez, segnor; oirois cist home avenois, {: mis, Galis); avenois HuonAuvBM1935 6287, auenois HuonAuvBT f.43rb. FEW X X I V ' - ^ l b aokz. aveneditz s.m. «homme venant du dehors, etranger» (13.Jh.); Levy I-109b aveneditz «Fremdling». Nur aus dem Fr.-It. bekannte Ableitung zu afr. avenir, lt. ADVENIRE, die sich morphologisch an die im Aokz. belegte Form aveneditz anlehnt (so schon Thomas Gl), im Afr. nur avenant. AVERBES a d j . , G l « b a v a r d » , lt. VERBUM:

154 Mielz valt sovant taisir q'estre trop averbis, (·. malvaistes, asembles). Gdf I—519c averbe adj. (EntreeT); FEW XIV-278b aokz. verbar vb.intr. «parier, articuler» (ca. 1220). Hapax legomenon; nur aus dem Fr.-It. bekannte Ableitung zu afr. verbe, lt. VERBUM (möglicherweise in Zusammenhang mit aokz. verbar), mit dem für das Fr.-It. charakteristischen Verbalpräfix a- (cf. s.v. abrandissant). 224

AVERS s . ( m . ) , G l « ? » , < ? :

3849 Or t'aconvient trair l'avers de la glue, (: asolue, tresue). Ungeklärte Hapax-Form in Entree, cf. dazu auch V. 12572: Incue trerai teil vers fors de la glue; Thomas vol. I, p. 302 n; ob und wie die idiomatische Wendung in Zusammenhang steht mit afr. avers adj. «feindlich», avers praep. «gegen; im Vergleich mit» (TL 1-728, Gdf I-521a, 521a-b, FEW I-42a lt. ADVERSUS adj., afr. avers «tourne en arrtere; ennemi», id. lt. ADVERSUS praep., afr. avers «en comparaison de; au contraire de», XIV-313 afr. avers praep. «en comparaison de, ä cöte de» 12.-13.Jh., lt. VERSUS), ist aus dem Kontext nicht ersichtlich; parallele, der Redewendung entsprechende Ausdrücke sind nicht bekannt (cf. noch s.v. glue). AVERSER vb.intr., Gl «renverser; se renverser; part. pas. pris substmt ceux qui ont ete renverses», lt. VERSARE:

7383 Feit eil serjant averser e morir; 3380averser, 8908 id., 10723 id., 10828 id., 14341 aversa 3.p.s., 7736averse Η; aversie p.pf. PrisePampM 753, averse p.pf. AttilaS XII-1163. Gdf I—521c averser vb.tr. «avoir de l'aversion pour», C—VIII—254b averser vb.tr. «contrarier, s'opposer ä»; FEW XIV—309b fr. verser vb. «renverser . . . » , 310a gask. abessä «renverser»; Battaglia I-894b avversare vb.tr. «osteggiare, contrariare; trattare con ostilitä, awersione», lit. «affrontare, opporre resistenza». Averser in der Bedeutung «renverser» ist weder im Afr., Aokz. noch im Ait. belegt und kann als typische fr.-it. Neubildung mit dem Verbalpräfix a- (cf. s.v. abrandissant) angesehen werden, die semantisch dem afr. verser entspricht; möglich ist auch eine formale Beeinflussung des a- durch Anlehnung an afr. avers, lt. ADVERSUS. AVISEE s.f., G l « v i s i o n » , lt. VISARE:

50 Une noit en dormand me vint en avisee, {: letree, aprestee). TL I-740s. avisee s.f. «Betrachtung» (Rose); Gdf 1—53laavisee, adv. s.f. «vision, songe» (EntreeT), «fig., esprit, jugement, imagination» (Rose); FEW XIV—521b afr. avisee s.f. «action d'examiner» RoseM, «vision, songe» EntreeT. Hapax-Bildung im Fr.-It., im Gallorom. nur noch einmal in anderer Bedeutung belegt; Ableitung zu afr. aviser mit dem im Fr.-It. geläufigen Derivationssuffix -€€ (cf. Kap. 3.10.1.2); cf. noch die fr.-it. Formen cnvwio/i BertaMilC 349, invision AttilaS III—311. AVOAGE s.m., Gl «avoue, defenseur», lt. ADVOCATUS:

6028 Envoies m'ont eu rois, vos avoage, (: gage, domage); 7115avoage (Hs. auoaie), 10850avoage, 14921 id., 9111 avoaige (ms. auaije, Hs. auaige), 2920 avohage (ms. auchage), 422 avoaje (ms. auane), 2105 avoaje; 225

avoaze PrisePampM 2770 (: soraze, ymaze), avoage AttilaS XVI-3933 (: vaselage), ανοας AttilaS XI-1504 (: pea?), avohac AttilaS VI-1405. FEW I-42b ADVOCATUS, fr. avoue. Die Ableitung avoage von afr. avoui mit dem Suffix -age (anstelle von -e) ist nur aus dem Fr.-It. bekannt und tritt ausschließlich in Reimstellung auf; cf. noch die folgenden fr.-it. Ableitungen: auoierie AliscMH 2331, avogerie HuonAuvBS1911 11158, avoaire AttilaS XII-2965, avogaris AttilaS XVI-4286, avogheor AttilaS VI-584, avohaire AttilaS VIII-1545. AVOHEOR s . m . , G l « d e f e n s e u r » , lt. ADVOCATOR:

2361 Ch'il vos a feit d'Espaigne avoheor, {: vigor, or); 3089 avoheor, 10954 id., 10125 avohieor, 10257 avoher; avoer RolandinC 428, avoer HuonAuvBS1908 9266. TL 1—748avöeor s.m. «Beansprecher» (15.Jh.); G d f l - 5 3 5 a avoeor, avoheor s.m. «defenseur, avoue», «tuteur, protecteur» (EntreeT); FEW I—42b afr. avoeor (besonders obit.); Battaglia I—879cs. avogadöre (avvogadöre, avvocatore) s.m.stor., 880a avogadro s.m.ant. Die Ableitung avoheor mit dem Personalsuffix -eor ist im Gallorom. vereinzelt belegt und steht im Fr.-It. überwiegend in Reimstellung; gebräuchlicher sind auch im Fr.-It. die aus dem Gallorom. bekannten Formen auf avoue, lt. ADVOCATUS (cf. EntreeT A-79,1045,1550,10294,avogi RolV4G 78,ανοέ RolandinC 466, AttilaS Gl; cf. LEI avogaro u.a., PratiEtimVen.; venez., Boerio; Monaci u.a. A VOIRE s . m . , G l « i v o i r e » ,

WERE adj., Gl ivere «d'ivoire», lt. EBOREUS:

6520 Ε les arsons d'un blanc avoire cler, 8447 Un bugle mist a boce d'un yvere labor; avoire HectPP 1683, HectVM 1683, AttilaS VIII-76. TL IV—1507ss. ivoire s.m. (auch f.); GdfC X-34b-c ivoire s.m.; FEW III—199a fr. ivoire s.m., aokz. avori, vori, b it. avorio; Battaglia I—880bs. avdrio (ant. avölio) s.m. Fr.-it. avoire ist im Anlaut beeinflußt von it. avorio (cf. Thomas Gl; im Afr. nur/-, im Aokz. auch α-); im Genus ist es meist mask., in einem Text tritt auch die Form als s.f. (unsicher) auf (auch afr. ivoire s.f., FEW III-199a), ist jedoch vom Hg. korrigiert worden (JugAmF 269, 331,474, de blanc(he) α.); die ursprünglich auf ein lt. adj. zurückgehende rom. Form als subst. wird im Fr.-It. auch als adj. gebraucht (hapax legomenon), doch läßt die syntaktische Konstruktion auch eine Interpretation als attributives subst. zu (cf. dt. «eine elfenbeinerne Arbeit» > «eine Arbeit aus Elfenbein»); die Varianten auf -lsind auch im Ait. bekannt; cf. für das Fr.-It. noch evoire AttilaS VIII-75, avoile s. JugAmF 269, avoille JugAmF 331,474, avolio Cronlmp p.12-5 sowie die auch im Gallorom. bekannte Ableitung yvorin EntreeT 903, PrisePampM 6047, ivorin PrisePampM 3265; als adj.f. auch LEI avoria «riferito a pesca, per indicarne una varietä» Roccalbegna. 226

AVRI 3.p.s.tr., Gl avrir «ouvrir», lt. APERIRE:

6333 Vient a la porte; le porter les avri, {: Arabi, esjoi); 2202 averte p.pf.adj.f., 4832 id.; aures 3. AspremV4Be 818, avrir RolV4G 498, avrin inf. [sic] RolV4G 3153, avre 3. RolV4G 383, avri 3. RolV4G 5Π9, averte p.pf.f. RolV4G 2418, apertemant PrisePampM 665, avrir BovoR 94, 3518, BovoFR 683,avre 3. BovoR 1088, averte p.pf.f. BovoR 131, averta p.pf.f. BovoR 1670, avrir KarletoR 1382, ChevOgerC 1670, averte p.pf.f. ChevOgerC 1154, avrir MacaireM 2269, averte p.pf.f. MacaireM 2216, apertament HectPP 1223,se avir BelrisM 277, avrir JugAmF 443, AttilaS XIII-507, avrires 5. AttilaS XIII—479, aurez 5. AttilaS VIII-1607, avre 3. RainLesOT 196, avrent 6. MPoloB 32—3, avrir AquilonT f.88a, avres 5. AquilonT f.88a, avri 1. AquilonT f.88a, avres 5. AquilonT f.87c, avri 3. AquilonT f.87c. TL 1-782avrir vb.tr.intr.; FEW XXV 2 -5b afr. aperir vb.tr. Bibb, η 1 TL avrir (13.Jh.) unsichere Lesart; Battaglia I-597css. aprire. Fr.-it. avrir (afr. obrir, ovrir, ouvrir) ist im Anlaut von it. aprire beeinflußt (cf. Thomas Gl), während der Labialkonsonant der fr. und der aobit. Lautung entspricht (cf. LEI avrir avenez. Stussi 13., Anf.14., avic. Bortolan, agen. Flechia, ferner abellun., alomb.); die Form des p.pf. ist auch im Gallorom. mit aerhalten, Entlehnung aus lt. APERTUS, 11.Jh. (FEW XXV 2 -5a). 3.pr. (ms. eluaille), Gl —,baailler «voltiger, flotter», s.m., Gl «danse, titubation», lt. BALLARE: 13151 Des aspres plaies le Sarracins baaille, (: faille, comen5aille), 12948 Fist chanceller le duch, a tel ballaige / Chel villain fait chant trop vins il incarge, (: Aufaige, incarge). TL I—817s. baloiier, baliier vb.intr. «flattern, schwanken, schweben»; Gdf I—565a—b baloier vb.; FEW I-219a afr.mfr. baloier «voltiger, flotter»; Pfister 281, 788 baleiar vb.; Battaglia II-14a-c ballare. Fr.-it. baaille ist eine - nur erschlossene — Variante zu afr. baliier, baloiier, Hapax-Form; im übrigen treten auch im Fr.-It. die aus dem Gallorom. bekannten Formen auf, cf. baile 3. EntreeT 10611, balie EntreeT 8495, baile GuiNantVprolC 283, baier MPoloB 121-63, bailent 6. MPoloB 121-39; die Ableitung auf -age/-aige «danse, titubation» ist eine nur in Entree belegte Neubildung, hapax legomenon; im Gallorom. ist balaige nur in anderen Bedeutungen dialektal belegt, cf. FEW I-219b (sowie 232b zu gall. »BANATLO, cf. 221b η 12).

BAAILLE

BALLAIGE

BAILIR vb.tr., G l «donner»,

s.m., Gl «conducteur», lt. BAJULARE / lt. BAJULUS: 5882 Treit sun anel, Gauter le va bailir, (: pleisir, sorrir), 8312 De l'autrui jent non serai bailior, (: criator, grignor); 6564bailir, 10012 id. (ms. bailer), 13711 balir, 1254baili 3.p.s., 12502 baily 3., 6482 baili p.pf., 15777 id., A-71 id., 13494 baillis p.pf., 13555 id., 3256 bailie p.pf.f.; BAILIOR

227

bailir, baillir in: PrisePampM 199,1070,1965, 2267, 2915 u.a., PassChristApresB 493, RolV7F 152-16, 216-13, 265-19 u.a., RolCF 160-16, 222-13, 270-19 u.a., AliscMH 198, 7457, 2496 u.a., BovoR 1662, 1721, 3248, KarletoR 941,2584, ChevOgerC 1243,1345,1440, MacaireM 1359, AquilonT f.H4a, f.97d; baileour PrisePampM 1539, baleor HuonAuvBS1911 11518, balaor HuonAuvBS1911 11406. TL 1-806 baillir vb. «verwalten», 803s. baillier vb.tr. «geben, übergeben, zuführen», 805s. baillif s.m.; Gdf I—557b—c baillir, bailir vb. «porter; prendre, recevoir; donner; gouverner», C—VIII—274b baillier, 273c bailleur s.m. «celui qui donne, qui fournit qqch.»; FEW I—206a BAJULARE, afr. baillier «porter; empörter; saisir; gouverner; donner», 207a BAJULUS, afr. baillif; Levy 1-121 bajular vb. «fortschaffen; behandeln?»; Battaglia I-949c bäiulo (bäiolo) s.m.ant.u.lit. «portatore». Bailir in der Bedeutung «geben» wird nur in Gdf angeführt, während TL und FEW lediglich baillier nennen (bailir in TL als «verwalten»); es dürfte bei den fr.-it. (und den afr.) Belegen ein Konjugationswechsel unter dem Einfluß von afr. baillif vorliegen, das auch im Fr.-It. geläufig ist (cf. etwa EntreeT 13914, 13276, 13760, 13765, PrisePampM 5464, RolV7F 37-11, RolCF 37-11, GuiNantVprolC 716, HuonAuvBM1935 6251, EstVenL 1-15-5, PharsaleW 2131, Attilas XII-35, AquilonC f,125v, f,139r); die nur aus dem Fr.-It. bekannten Formen mit dem Derivationssuffix -ior, -eor, -aor stellen eine Verdeutlichung der Personenmarkierung dar, die zwar schon in afr. baillif gegeben ist, aber nicht der geläufigen Personalendung von lt. -ATOR entspricht (sie können in diesem Sinne entweder als Ableitung von baillif s.m. oder aber als neue Ableitung von afr. baillier oder fr.-it. bailir vb. interpretiert werden); cf. noch LEI balitore ait. Monaci, bailitore aperug. 1342 Agostini, SFI 26. BAL adj., Gl —, «joyeux; hardi», anfrk. ""BALD: 2222 Outre s'an veit lie e joians e bal, (: enpirial, fal); bal PrisePampM 4815, 2822, bals RolCF 141-2, RolV7F 133-2, baldo MacaireM 88, baldi MacaireM 3496, bal AttilaS III-368, XII-2495, baldamente RainLesOT 540. TL I—890s. baut adj.; Gdf 1 - 5 6 l a - b bald, bait, bault, baut; FEW XV»-29b afr.mfr. bait; Battaglia II-4a-b baldo. Fr.-it. Variante zu afr. baut mit Erhaltung des-l- (hier keine Velarisierung im Auslaut, Reimstellung); daneben finden sich im Fr.-It. sowohl vom It. beeinflußte als auch die dem Fr. entsprechenden Formen, cf. noch EntreeT 7401, 10033, 11048, PrisePampM 1313, 4870, 2119, PharsaleW 1436, AttilaS XVI—6258, XII-227 (zur Form bans in EntreeT 2606, ms. baus, Gl banc, cf. Torraca 1923, p. 236, «balzi», TL I-809s. bal s.m., FEW I-217b BALLARE, 218a afr. bal).

228

BALESTRE s.f.,

Gl «arbalfete»,

BALESTREE s.f., Gl «portee d'une arbalete», lt. BALLISTA:

2165 Nul oiselons, quant a treit \a balestre, {: manifeste, silvestre), 9909 Che Frangois reüserent pres d'une balestree, (: ahastee, proiee); 10476 balestre; balestre HectPP 228, HectVM 228, baliste HectPP 921, balestre HuonAuvBS1908 9332, balestra HuonAuvPS1908 9332, balestre(r) HuonAuvBS1908 9493 [wohl irrtümlich], balestre HuonAuvPS1908 9493, HuonAuvTRf. 133r,baleste HuonAuvBS1908 9519,balestra HuonAuvTRf.l30r, balistre PharsaleW 1237, balestres MPoloB 120-50; balestere AliscMH 648, balestrada BovoFR 1940, balestree MPoloB 140-9, 226-20. Gdf I-564a balestre, baleste s.f. «arbalfcte» (Chev. au cygne, Herculeet Phileminis [= HectP], ib. balestre s.m. «arbaletrier» (1367), ib. balestree, balastree s.f. «portee d'arbalöte» (MPolo); FEW I-222b afr. balestre «arbalete» (selten), aokz. balest(r)a, aokz. balest(r)ada «portee d'arbalete», afr. balestree; Battaglia II—7cs. balestra (ant. auch ballestra) s.f., 9a balestrata s.f. Balestre, lt. BALLISTA, ist im Nordfr. erst seit ca. 1356 belegt, geläufiger sind im Afr. die Ableitungen von lt. ARCUBALLISTA; im Fr.-It. tritt balestre mehrfach auf (cf. it. balestra); die Ableitung balestree mit dem Kollektivsuffix -ee ist nur aus fr.-it. Texten bekannt (Gdf = MPolo, FEW ohne Spezifikation), hier jedoch häufiger belegt als bisher bekannt; cf. für das Fr.-It. noch die Formen balitre s.f. «getto di balestra» AttilaS XIV-2583, XIV-2992, balestrez «balestrere» AttilaS 11-491, balistriers PrisePampM 117 [für Hinweise danke ich F. Möhren, Heidelberg], BALLAIGE V. BAAILLE

BALOTES s.f.pl., Gl balote «petite boule», anfrk. *BALLA: 1728 Ε les balotes do tinel avanga; 2285 balotes, 893 beilote; balote «ballotta (pallottola), da votazioni» EstVenL 2 - 1 0 8 - 9 , belote «id.» EstVenL 2-182-3. Gdf I-565c balotte, ball. s.f. «petite balle, petite boule», C-VIII-281a-bfcalote; FEW X V M O b mfr. balote s.f. «ballot» (ChristPis . . .), 44a mfr. balete s.f. «petite balle ä feu» (hap. 15.Jh., Rhodes), 45b η 17 (auch schon in Entree, aber italianisierender Text), 44b mfr. ballotte s.f. «petite balle employee pour designer un candidat dans une election» (1492-Ac 1798), mfr.nfr. ballotte s.f. «petite balle qui sert de projectile» (1525—Mon 1636); Battaglia II-18c ballotta s.f. «pallottola; pallina per dare il voto», ant. «proiettile . ..». Balote ist im Gallorom. erst im Mfr. als Entlehnung aus it. ballotta «kleiner Ball» (balla Venedig, Lombardei, Piemont, Genua, anstelle von tosk. palla, FEW XV1—45a) in verschiedenartigen Bedeutungen bekannt (die Belege aus EstVen geben ebenfalls eine Rückdatierung im Vergleich zum Gallorom.); im Fr.-It. ist «petite boule» vereinzelt belegt unter dem Einfluß des It. 229

BANDEE s.f., G l « b ä n d e » ,

ENBENDIRENT 6.p.s.tr., Gl enbendir «bander», germ *BINDÖ-: 2519 De l'eschu trance tot une grant bandee, (: contree, fausee), 10202 D'une bände asiez large Venbendirent estrois; 10398 enbendirent ö.p.s.tr., 10657 id. TL III—43 embendir vb.tr. «einbinden, mit Binden umwickeln» EntreeT; FEW XV1—114b afr. enbendir «entourer de bandes» EntreeT. Zu Fragen der Herkunft und möglicher Vermischungen von germ. *BINDÖmit got. BANDWA cf. FEW XV J -115a; bandee ist eine Ableitung zu afr. bände in Reimstellung und entspricht semantisch dem Grundwort ohne Kollektivsuffix -ee, hapax legomenon; fr.-it. enbendir ist nur aus Entree bekannt (im Gallorom. und It. nur Vertreter der 1. Konjugationsklasse auf -er, -are, so auch fr.-it. inbinder KarletoR 3507, enbinder EnfOgerS 997, inbinde p.pf. MacaireM 840, enbindea p.pf. MacaireM 158, embinderent 6.p.s. PassChristNVC 492, ferner binder PharsaleW 1112, bindea p.pf. MacaireM 479. BANDERE s.f., G l « b a n n i e r e » , g o t . BANDWA:

7698 C'est la bandere Rolant Ii mescreüs; 7847 bandere, 8222 id., 7659 banderes, 11859 id.; bandere EnfOgerS 236, bandiere HuonAuvPS1908 9573, bandiera HuonAuvTR f. 134r, bandere AquilonC f.l32v, BablnfFC 1-143 (bandera). TL I—824s. baniere s.f.; Gdf I-568cbandiere s.f. «bände, compagnie, qui marche sous la meme banniere» (bandiere appartient ä la langue moderne comme terme vieilli, avec le sens de banniere), C-VIII—284b bandiere s.f. «italianisme, banniere»; FEW XV 1 -54b aokz. bandiera s.f. «banniere» (13.Jh.), 56a it. bandiera (seit 13Jh.); Battaglia 11-41 as. bandiera (bandera) s.f. Die Formen mit -d- sind im Gallorom. nur außerhalb des Nordfr. in der Bedeutung «banniere» geläufig (zu fr. baniere, anfrk. *BAN, cf. FEW XV1—47a und 53a η 2); die fr.-it. Belege mit -d- gehen auf den Einfluß von it. bandiera zurück (cf. Thomas Gl); ihr Vorkommen entspricht in etwa dem der im Afr. bekannten Form baniere·, cf. für das Fr.-It. noch bander s.f. EnfOgerS 515, 270, Attilas VIII-1293. BANDIR vb., Gl —, «proclamer; bannir», got.bürg, BANDWJAN:

13812 Apres qu'il ont mangie, si fait bandir Rolant / Le soir avant choucer qe . . . (ms. bödir), 834 Large^e fu por lui mantenue e sanplie, / Avarice destruite e de son cor bandie, {: sanplie, outrequidie); 11917 bandie p.pf. «convoquee par ban» (une ost bandie) ; bandis 3. RolV4G 3312, bandie p.pf.f. RolV4G 508, 1677, bandir BovoR 1038, 1169b, 1186, 1280a, 1287, 1298, 1347, KarletoR 291, MacaireM 2172,bandie p.pf.f. HuonAuvBS1911 11376, EstVenL 1 - 7 4 - 3 , 1 - 7 4 - ^ u.a. FEW XV1—56b aokz. bandir vb.tr. «proclamer» (ca. 1190), aokz. «bannir» (1313), aost. «bannir»; Levy I-124a-b bandir vb.; Battaglia II-42cs. bandire vb.tr. 230

Die Formen mit -d- (cf. auch s.v. bandere) sind im Nordfr., wo banir (anfrk. *BANNJAN; cf. s.v. banior) überwiegt, nicht üblich; sie sind dagegen geläufig im Aokz. und It., das auch auf die fr.-it. Formen eingewirkt haben dürfte («convoquer, proclamer», während die Bedeutung «bannir» auf eine Vermischung mit afr. banir zurückzuführen ist); cf. noch die fr.-it. Formen desbandir EnanchetF 19—10, 37—8, bandior s.m. AspremPM f.7a (cf. s.v. banior), sbandie HuonAuvBS1927 11535, sbanir «bandire» HuonAuvPGi 5322 [Gl]. BANDONT 3.pr.conj., Gl bandoner «abandonner», EBENOis s.m., Gl ebenoi «divertissement, pris au sens fig. de », BENOI s.m., Gl «allegresse», anfrk. *BAN:

15181 Ε che Ii Satanas Ii bandont e refuit, 12375 Que savez vos com ira Vebenoisl, {·. plois, voldrois), 13356 Que retorner, chun joie e cunbenoi, (: orfroi, Espanoi); bandoni p.pf. ChevOgerC 838, BelrisM 349. TL I-38s. abandoner, III—790s. esbanoi s.m. «Ergötzen, Belustigung» ( . . . EntreeT); Gdf III-337b-cesbanoi s.m.; F E W X V ^ 1 8 b fr. abanduner, 48a afr.mfr. esbanei, esbanoi s.m.; Pfister 130, 282 bandonar vb.tr. «offrir, permettre». Zur Diskussion um den Ursprung der Wortfamilie cf. FEW XV1—52b; bandoner ist nur aus GirRouss und aus fr.-it. Texten bekannt und kann entweder als eine Variante zu afr. abandoner mit Aphärese des anlautenden α- (cf. dazu im Fr.-It. s.v. abrandissant) oder als neue verbale Ableitung zu afr. bandon (FEW XV1—49b) interpretiert werden; ebenois ist eine lautliche Variante zu afr. esbanoi mit gleichzeitiger semantischer Spezifizierung (fig. Gebrauch, Bedeutungsverschiebung, cf. Thomas Gl); cf. in diesem Zusammenhang noch die fr.-it. Formen sbanoi PrisePampM 3242, PassChristNVC 626,sbanoy AttilaS XV-1450, XVI-211, sbanoiant PrisePampM 2844; benoi mit Aphärese der anlautenden Silbe ist hapax legomenon (cf. s.v. abrandissant)·, zum Schwund des Präfixes cf. noch agn. banoer, aokz. banejar (FEW X V ^ e a ) ; bandon und bandonar(e) auch obit., LEI. BANIOR s.m., Gl «heraut, crieur», anfrk. *BANNJAN: 1319 Criez l'avoient quatorces banior, {: segnor, menor); 638 bannior s.m.; banior «Ausrufer» MacaireM 2174, banoier s.m. MacaireM 1032, banilor MacaireM 1610, bandior AspremPML f.7a. TL 1-824 banier adj./s.m. «Ausrufer»; Gdf I - 5 7 2 b - c banier s.m.; FEW XV1—65a afr. banir vb.; Battaglia II-44cs. banditore s.m. Banior mit dem Personalsuffix -or ist eine nur aus dem Fr.-It. bekannte Ableitung zu afr. banir, anfrk. *BANNJAN; auch eine Interpretation als Ableitung von afr. ban, anfrk. *BAN, mit suffixalem -(i)or erscheint möglich (so etwa afr.mfr. banier «chef de section de la milice communale» in FEW XV1—47b s.v. anfrk. *BAN, während afr. banisceor s.m. «crieur public» unter anfrk. 231

•BANNJAN geführt wird, FEW XV1—65b); die personale Endung-(i)or kann von it. banditore beeinflußt sein (so Thomas Gl), doch werden die Formen mit-d- (AspremPML f.7a u.a.) hier unter got.burg. BANDWJAN angeführt (cf. s.v. bandir). BARACAN s.m. (ms. baratan), Gl «bouracan», ar. BARRAKÄN: 3244 Clavin n'i dure plus com fust baracan, {: pan, Bocaran). TL 1-850 barragan s.m. (Thebes); FEW XIX-28b mit. barracanus s.m. (12Jh., Gay), afr. barragan (Thebes), mfr. id., aokz. barracan, mfr.nfr. id. (1599-Rich 1759, Hav); Battaglia l-48cbaracane, baracano s.m., 79cbarracano s.m. Die Formen mit Erhaltung des intervokalen-k- (wie im Ar. und im Mit.) sind anfangs nur im Aokz. und im It. generell bekannt, während der Übergang von barragan zu baracan im Nordfr. erst später erfolgt, so daß der fr.-it. Beleg (Hapax-Form im Fr.-It.) als von der it. Lautung beeinflußt angesehen werden kann und in Hinblick auf das Afr./Mfr. eine Rückdatierung darstellt. BASTE 3.pr.intr., Gl baster «suffire», lt. *BASTARE: 2635 Ε ce ne baste\ 6645 baste 3.; baster MPoloB 212-4, bastarie 3. AttilaS VI-375. Gdf I—594b—c baster vb.intr. ( . . . MPolo); FEW I-277a aus it. b as tare «genügen» entlehnt mfr.nfr. baster «suffire», aokz. bastar\ Battaglia II-97as. bastare vb.intr. Entlehnung aus it. bastare (cf. Thomas Gl; daher wohl auch aokz. bastar, FEW I—277b); die fr.-it. Belege bilden in Hinblick auf das Afr. die Erstdatierungen im nordfr. Raum. BATAILERE adj.f., Gl batailer «fortifie», lt. BATTUALIA: 9294 Adonc pase des lices la porte batailere, (: Qalcantiere, Salebiere); 4792 sa gent batailere Gl «qui aime la bataille», 6376 de mort batailere Gl «refue dans la bataille», 7226 batailer adj.; la tour batailere PrisePampM 5711, crineus batailiers PrisePampM 4371, bataliere «fortificata» AttilaS XIII-1098, bataler adj.u.s.m. «battagliero, guerriero» AttilaS XII-2035, XIII-299, XIV-3504, bataier s.m.pl. «battaglieri, combattenti» HuonAuvPGi 4044 [Gl]. TL 1-871 bataillier adj. (HCap.) [= vb.intr.]; Gdf \-A91b bataillier adj.u.s.m. «combattant, guerrier», 497cs. bateillier vb.tr. «fortifier, garnir deremparts, de bastions», bateillie p.pf. «fortifie»; FEW I-290a afr.mfr. batallier «guerrier», aokz. batalhier «belliqueux; fortifie; combattant, combat»; Levy I—133a—b batalhier adj. «kampflustig, tapfer; Schlachten-, Kampf-; befestigt», s.m. «Schlacht, Kampf»; Battaglia I-107c battagliero adj. «bellicoso, pugnace». Batailer adj. in der Bedeutung «combattant etc.»ist auch im Afr. belegt, wäh232

rend «fortifie» nur als p.pf. von bataillier vb. bekannt ist; die fr.-it. Belege auf -er(e), die alle in Reimstellung stehen, werden gestützt durch die im Aokz. und It. belegten Formen, von denen aokz. batalhier adj. auch als «fortifie» angeführt wird; cf. noch fr.-it. batailer vb.refl. Gl «se battre» EntreeT 8276. BATIST s.m., Gl «tumulte de la melee», DEBATUE s.f., Gl «mouvement»,

EMBATUE s.f., Gl tote une embatue «tout d'une traite», lt. BATTUERE: 8838 Encui avront Francois un doloros batist, {: Evangelist, sorvenist), 15541 L'uns guarde l'autre con oilz, sens debatue, (: manteüe, drue), 4823 «Ensire? vos», fait il, «tote une embatue», (: tenue, ferne); batist PrisePampM 3722, 2755, PharsaleW 299, AttilaS V-598, XIV-1222, batiste AttilaS XVI-2503 (Gl «mischia, percotimento»). TL I—874s. batestal, batistal s.m., 11-1234 debatue s.f. EntreeT, III—40 embatue s.f. «Strecke Wegs», tote une embatue «in einem Zuge fort» (EntreeT); Gdf I—600a batestal, batistal, II-434b debatue s.f. «lutte ?» EntreeT; FEW I-293b aokz. batestau, afr. batestal, batistal, 292b afr. debatre vb., 293a afr. embatre-, Levy l—133b batestau; Battaglia IV-345a dibattuta s.f.ant. «il dibattersi, movimento repentino e violento per liberarsi da una stretta, da un impaccio; scossa» (Guinizelli). Batist ist eine fr.-it. Variante zu afr. batistal mit Apokope der Schlußsilbe (im Gallorom. nur noch vereinzelt dialektal, cf. FEW 1-293b, auf-α und-o); geläufiger sind auch im Fr.-It. die Formen auf -al, -alio, cf. etwa EntreeT 2894, 4927, 6158, 10234, 11038, 2225 u.a., RolV4G 4492, 6026, AliscMH 619, GuiNantVprolC 703, PharsaleW 1141, AttilaS 11-1079, XV-1285, RainLesOC 189, cf. noch batistemant AttilaS 1-139 und batistir «percotimento» AttilaS VI-537, VII—458; debatue ist eine postverbale Substantivierung des p.pf. von afr. debatre, Hapax-Form im Fr.-It.; diese Bildung, im Gallorom. sonst nicht bekannt, geht auf den Einfluß von it. dibattuta s.f. zurück; embatue s.f. ist hapax legomenon, deverbale Ableitung vom p.pf. von afr. embatre (cf. dazu fr.-it. EntreeT 2278,7710,14491,13062, PrisePampM 1247,1858, 4452, 5053, RolV7F 207-13, HuonAuvBS1910 6844, Τ und Ρ id., HuonAuvPGi 3054, PharsaleW 1001, AttilaS VI-243, V-702, XIV-412. BAUBETorr 3.imperf.intr., Gl - , baubeter «balbutier, begayer», lt. BALBUS: 13769 Peres, ce dit Sanson, qe un petit baubetoit, (: desotroit, ameroit). TL I-883s. baubiier, bauboiier vb.; Gdf 1-60lcbaubeter vb.intr., augmentatif de halbier «begayer» (Legende doree, Gloss, gall.-lat.), 602a bauboter, bab. vb.intr.; FEW I-210b afr. baubeter-, Battaglia I-951cs. balbettare vb.intr. Hapax-Form im Fr.-It., auch im Afr. vereinzelt als Augmentativum zu halbier belegt; in semantischer Hinsicht bildet der fr.-it. Beleg keine Augmentativform; für das Fr.-It. ist eine Einflußnahme von it. balbettare anzunehmen (LEI mehrfach belegt). 233

BAUSDIE V. BOSDEOR BEDOIN s.m., G l «valet d ' a r m e e » , ar. BADAWI:

7290 Voit les garfons, Ii queus, li bedoin, (: fin, train); baudoins s.m.pl., Gl baudoin «servo, servo d'arme» AttilaS XV—993. TL 1-896 bedüin s.m. «Beduine»; GdfC VIII-311b bedouin s.m.; FEW XIX-16b fr. beduin s.m. «Arabe du desert» (ca. 1090), beduin (13. Jh.), bedouin (ca. 1280-1330); Levy I— 136bbedo'in; Battagliall—142b beduino s.m. «nomade del deserto arabo; fig. persona che sembra incivile, che ha l'apparenza incolta e strana (ma agile e disinvolta)». Fr.-it. bedoin entspricht formal dem fr. bedouin, ar. BADAWI, während es semantisch eher mit afr. bedel, anfrk. *BIDIL, zusammenhängt (cf. dazu s.v. bedouel); die an bedel angelehnte Bedeutung für bedouin ist im Gallorom. nicht bekannt (nur «Beduine», erst später auch fig.), während im It. auch Belege mit übertragener Bedeutung vorliegen; eine gegenseitige Vermischung beider Stämme kann nicht ausgeschlossen werden. BEDOUEL s.m., Gl «valet d'armee», BIDEL s.m., Gl «guide, serviteur», anfrk. *BIDIL: 5468 Si n'est mon pere garfons ni bedouel [n], (: porcel, seiel), 7186 Car a lei prandre vos voil estre bidel, (: capel, chadel); 8419 bidel, 9316 bidaus (ms. biduas), 11898 bidaus, 14822 id.; bidaus PassChristNVC 735, bidais PassChristNVC 498, bidaus PharsaleW 2076, 2682, AttilaS 1-761, bidal AttilaS VII-1269, XI-637, bidel AttilaS XIV-126, XVI-2590. TL I—895s. bedel s.m., Gdf I-608bs. bedel, bidel, C-VIII-311b; FEW XV 1 -102b afr.mfr. bedel, bedeau (14.Jh.); Battaglia II-219cs. bidello s.m. Bedouel ist eine Hapax-Form in Reimstellung, Ableitung von afr. bedel, bidel, die im Gallorom. nicht bekannt ist, während die fr.-it. Varianten von bidel etc. den gallorom. Formen entsprechen (denkbar wäre eine Interpretation als hyperkorrekte Form mit Redundanz der Endsilbe-el, afr.mfr. bedeau + -el); möglicherweise liegt bei der dreisilbigen Form auch eine Beeinflussung von fr.-it. bedoin vor (cf. s.v.), das die gleiche Bedeutung aufweist. BEE adj., G l « b i e n h e u r e u x » , lt. BEATUS:

12087 Sa nations fu sot planez bee, {: ne, bonte); 3899 beez. TL 1-892 b'eate adj. Brun.Lat.; FEW I-303a mfr.nfr. beat; Battaglia II-133as. beato adj. Fr.-it. bei ist eine Entlehnung aus it. beato mit dem Versuch einer Angleichung an die afr. Lautverhältnisse; die Formen von lt. BEATUS sind im Gallorom. jedoch nur als gelehrte Entlehnungen (Kirchenlatein) erhalten geblieben (cf. auch Thomas Gl); im Fr.-It. nur aus Entree bekannt; cf. LEI beä avic. Bortolan, beao venez. Boerio, bee avic. Bortolan, biä mehrfach. 234

BENOI V. BANDONT

BERBis s.f., Gl «brebis», carte de brebis «parchemin», lt. VERVEX: 3930 Quant qe trovez en carte de berbis, (: escris, falis). T L 1-1131 brebiz s.f.; GdfC VIII-370b-c brebis s.f.; FEW XIV-337a fr. berbiz s.f.; Battaglia II-813cs. cartapecora (cartapecora, ant. carta di pecora, carta pecorina) s.f. Hapax-Bildung im Fr.-It., die im Gallorom. nicht üblich ist und aus dem It. carta di pecora übernommen wurde, cf. Thomas vol. I, p. 302. BESTOSA 3.p.s., Gl bestoser «tondre», lt. *TONSARE: 12022 Dun n'est il mereveille se fames engigna / Lot e Sanson le fort, que une bestosa, (: engigna, araja). FEW XIII2—30a afr. bestoser «tondre» EntreeT (BIS + ) , «tondre irregulierement» Berinus, mfr.nfr. id. (Hüls 1596—Men 1694). Hapax legomenon im Fr.-It., Zusammensetzung von lt. Bis + TONSARE (im Gallorom. selten und erst später belegt); cf. L E I bestoxare «krumm scheren» ait. 14 Jh., HeiligenlegendenFriedmann (XX,797). BIDF.L V. BEDOUEL BLANDE s.f., G l « f l a t t e r i e » , BLANDERIE s.f., G l « m e n a g e m e n t f l a t t e u r » , lt. BLANDIRE:

8822 Cil qi moi sert de blande, ne est drois ch'amer le doie, 3987 Par grant heror, sains poins de blanderie, (: escrie, die); 10214 blande; blanderie PrisePampM 1113, 1889, 4721, HuonAuvPS1908 9179. T L 1-990 blange, blanche s.f. «Schmeichelei»; Gdf I—656c blande s.f. (Renart le nouvel), 657a blanderie s.f. «flatterie, caresse» (PrisePampM); F E W I—394a afr. blande, afr. blanderie. Deverbale Ableitungen von afr. blandir; blande ist im Gallorom. selten belegt (gegenüber dem geläufigeren afr. blange, blanche), während die Ableitung mit dem Derivationssuffix -(er)ie nur aus fr.-it. Texten bekannt ist. BLASTEMA 3.p.s.tr., Gl blastemer «blämer», lt. BLASPHEMARE: 3749 Nostre Plasmeir andos les blastema, (: gita, comanda); blastemer RolV4G 3994, blasteme p.pf. PassChristNVC 794, 805, blastemer HuonAuvBS 1908 10092, Ρ id., blastemar HuonAuvPS1908 9500, blastemes p.pf. HuonAuvPS 1908 9862, biastemando ger. HuonAuvPS1908 9730, blastemare LExempliU 2695, blastema LExempliFC 454 u.a. T L 1-995 blastengier vb.tr.; Gdf I-660a blastemer vb.intr. «blasphemer» (Liv. des Machab.); FEW I-^03a aokz. blastemar, wohl aus dem Aokz. entlehnt die nur in einer Ubersetzung der Makkabäer belegten afr. blastemer, -e, -eor, -ement; Levy I-149b blatesmar (= blastemar)·, Battaglia II-213b-cfciastemare, biastemiare, biastimare, biastimmiare vb.tr.ant.u.dial.

235

Die Formen mit Dissimilation der beiden Labialkonsonanten (*BLASTEMARE) dürften vom It. aus auf das Gallorom. eingewirkt haben (FEW I-403b), wo sie sowohl im Aokz. als auch (selten) im Afr. belegt sind; im Fr.-It. sind die Varianten auf -m- unter dem Einfluß des It. häufiger anzutreffen (cf. Thomas Gl), doch finden sich auch die im Afr. üblichen Formen mit Palatalisierung (lt. BLASPHEMIUM, FEW I-403b), cf. EntreeT 2938, 6046, RolCF 412-18, Attilas 11-1266, VI-^29; cf. noch fr.-it. biastema s.f. HuonAuvPS1908 9829. BLAVIAN s.m. (ms. blaman), Gl N P «denier de Blaye», fr. BLAYE:

3238 Ne puet forfer valant un Blavian, (: deman, Carleman); blavian PrisePampM 5560. Gdf I-660c blavian s.m. «monnaie de Blaye?» (PrisePampM). Nur im Fr.-It. belegte Ableitung zur Bezeichnung einer Geldmünze in idiomatischer Verwendung zur Angabe eines Minimalwertes, die wohl auf den Namen der fr. Hafenstadt BLAYE ON zurückzuführen sein dürfte; weniger naheliegend, aber nicht auszuschließen, ist eine Ableitung von it. biavo adj. (Battaglia II-213c), mit. BLAVUS, aokz. blau m b i a v a f., anfrk. *BLÄO, FEW XV 1 -146b. BLIE s.f., Gl «ble», anfrk. *BLÄD:

9487 Por avoir en estez e la blie e le fruit; 14659 blie-, blie s.f. HuonAuvBT f.43ra, HuonAuvBoM 6246 [PG], HuonAuvPGi 2347, 2481, 2619, 3452, AttilaS XI-405, XIII-1860, XIV-2594. TL I—998s. blee s.f.; Gdf I-661a-b; FEW X V ^ e a fr. blee, afr. blie EntreeT; Levy I-147b biada; Battaglia II-203a-c biada (biava) s.f. Fr.-it. Variante zu afr. blee; möglicherweise handelt es sich um den Versuch einer Anpassung der it. Form biada, biava (cf. Thomas Gl, ferner blava RainLesOT 556, 576) an die afr. Lautverhältnisse (nach palataler Gruppe bi-); auch außerhalb der Reimstellung. BOLGES s.f., Gl —, bolge «valise», gall, BULGA:

14119 Es males et ens bolges tot nos hernois torses. Gdf I-697b—c bouge s.f.; FEW I-605a fr. bouge (bis 17Jh.), 606a it. bolgia «Reisetasche»; Battaglia II-289b-c bolgia s.f. Entlehnung aus dem Afr. ins It. (13.Jh.), wohl kaum über das Fr.-It.; Hapax-Form im Fr.-It., im LEI mehrfach belegt. BORCEL s.m., Gl «forteresse (dimin. de bore, bourg)», germ. *BURG-: 7200 Por droite force entrerunt au borcel, (: mantel, masel); 5470 burqel s.m., 6117 id. Gdf I—705b-c bourgel, borget, -jel; FEW XV2—17a afr. bourgel s.m. «petit bourg» (1165, 13.Jh.), borjeel (ca. 1260), borcel EntreeT, burgel EntreeT. 236

Fr.-it. Varianten zu afr. bourgel, vereinzelt belegter Diminutiv zu afr. bore; mit der Graphie -c-, -ς- nur aus dem Fr.-It. in Entree bekannt. bercle), Gl «boucle, protuberance du bouclier», adj. (ms. Α corder, Β bouclier), Gl «garni d'une protuberance, en parlant de Γ ecu ou bouclier», lt. BUCCULA: 1263 Un pue de soz la borcle le fort eseuz Ii fant, 13 51 Sa lance prist et son escuz border, (: lacer, arester); 2284 borcle (ms. torde, Hs. torcle), 4983 borcle, 12503 id., 12623 borcle (ms. borche, Hs. borcle); 9414 borclier (ms. lorclier), 2752 borcle, 7409 id., 7760 id.; borcle AspremPML f.26a, f.28c, RolV4G 1186,3343,3758, borcla RolV4G 1236, 1398, 4404, borcles RolV4G 2734, borcle AttilaS XV-1355, XVI-3085, «battello» AttilaS IX-687, burclo IX-674,burcles IX-671 [Gl]; border RolV4G 4683,borclier PrisePampM 2928,boreli RolV4G 5865, PrisePampM 3191, bourclie PrisePampM 5412, borcliers PrisePampM 4367, borclies PrisePampM 1139,3292,4558, boreli PharsaleW 1195, borclel s.m. PharsaleW 1412, boreli AttilaS XVI-3129, borclois AttilaS 1-269. TL I—1019s. bocle, bogle s.f., 1020 bocle adj., 1020s. bocler, -ier, bogler adj./s.m.; Gdf I-695b boucle, borclie (PrisePampM) adj., b-c boucler adj., C—VIII—348cs. boucle s.; FEW I-590b afr. boucle, fr. bouclier (seit 14.Jh., aus escu bouclier abgezogen), 591b η 1: «Die nebenform afr. borcle scheint besonders in manuskripten sich zu finden, die auf italienischem boden geschrieben wurden (so Entree d'Esp., Ζ 21,552 η 1). Sie ist daher wohl auf it. einfluß (it. borchia) zurückzuführen. It. borchia seinerseits ist dem fr. entlehnt»; BattagliaII—308cs. borchia s.f., 309aborchiäio s.m., ib. borchiato adj. Fr.-it. Varianten zu afr. bocle, bocler, die auf den Einfluß von it. bdrehia (cf. auch Thomas Gl) zurückgehen, das dem fr. bocle entlehnt ist; die Formen mit -r- sind in fr.-it. Texten geläufig, doch finden sich auch dem Fr. entsprechende Formen im Fr.-It., cf. RolV4G 3771, RolCF 135-6, EntreeT 8759, 5263 u.a.; eine andere (etymologische) Erklärung des -r- gibt Battaglia II—309a: «Di etimo incerto; forse da una forma del lat. volgare *BORCÜLA, per *BROCCÜLA, deriv. da brocca ο brocco (lat. BROCCUS ): a indicare ciö che sporge, una prominenza».

BORCLE s.f. ( m s . BORCLER

s.m. (Hs. bosdior), Gl «trompeur», s.m., Gl «trompeur», BAUSDIE s.f., Gl «tromperie, p.ext. erreur», germ. *BAUSON/*BAUSJAN: 2822 Leisons bosdie canter albosdeor, {: escuteor, lor), 7014 Barles voit retorner les culvertbouseor, (: peccaor, taibor), 7639 Le cors me dit, ne sai s'il ert bausdie, {: guie, compagnie); bosdior HuonAuvBS1908 9252, bosdeor AttilaS XVI-6926; baudie FaramonB 200. TL I-1033s. boiseor, s.m., 1032s. boisdie s.f.; Gdf I-674b—cboiseor, 673bs.

BOSDEOR

BOUSEOR

237

boisdie; FEW XV1—83b afr.mfr. boiseour s.m./adj., aokz. bauzador s.m. (12.-13.Jh.), mfr. bousie s.f. (ca. 1550), 84a afr.mfr. boisdie s.f., bausdie EntreeT; Levy I-135bbauzar vb.; Battaglia ll-A33a—cbugia (ant. busia, buscia) s.f., 434a—c bugiardo adj./s.m. Bosdeor ist eine Mischform aus afr. boiseor mit dem Personalsuffix-eor sowie aus afr. boisdie, das unter dem Einfluß von afr. voisdie (FEW XIV—561b) entstanden ist (FEW XV 1 -84b); bouseor ist eine fr.-it. Variante des im Afr. geläufigen boiseor (cf. die Form auf -ou- im mfr. bousie) ; bausdie entspricht im Stamm der aokz. Lautung von bauzar, selten belegt im Fr.-It.; cf. in diesem Zusammenhang noch die folgenden fr.-it. Belege: bosadre HuonAuvTR f.l28v, f.l46r, bosadro HuonAuvTR f,128v, HuonAuvTM1935 6005, bosadre HuonAuvTM1935 5748, boxadro LExempliFC 42, boxadri LExempliFC 1279; boisdie EntreeT 845,15450 u.a., boxie HuonAuvPM1935 109; baudor PassChristNVC 428; busor BertaC 692; boiser EntreeT 3736, 6219 u.a., böser MacaireM 1474, boisos RolV4G 4661; cf. LEI s.v. germ. BAUSON. BOSUN s.m., Gl «besoin?», «buisson», germ. *BOSK-: 8551 Si estroit le segirent quatre mile Bertun / Cum fusent estorniels en flöte en un bosun, {: Bertun, Ugon). Anstelle von «besoin» handelt es sich hier um eine fr.-it. Variante zu afr. buisson, boisson, cf. Torraca 1923, p. 238: «Piuttosto buisson, boschetto ο cespuglio; si parla d'una frotta di stornelli. Gargantua ragazzo ». BOUSEOR V. BOSDEOR

BRAAIGNES s.f., Gl braagne «jument», vorrom. *BARAN: 10602 A buens destres d'eslais e a braaignes corant; 10798 braagnes; breheigne RolCF 248-10, baratheigne adj. RolV7F 243-10, bargagne «cavallo arabo» AttilaS VHI-724, XII-2600. TL I-829s. baraing, baraigne adj. «unfruchtbar»; Gdf I-726a-c brehaing adj. «sterile, qui ne peut pas engendrer»; FEW I-242a-b afr. brehaing «sterile», besonders im fem. (se dit des femmes, des animaux domestiques, des plantes, de la terre). Im Fr.-It. auch bezogen auf «Pferd» allgemein sowie auf «arabisches Pferd». BRACE s.f., Gl «braque femelle», germ. *BRAKKO:

389 Tu fais come la brace, / Quant Ii faelz sunt nez, qe brait c'om les abrace, (: face, abrace). FEW XV1—236b mfr. bracque «braque femelle». Die fem. Entsprechung zu afr. brac, it. bracco ist im Gallorom. erst später belegt und wahrscheinlich aus dem Aokz. entlehnt (cf. FEW XV1—238b n i l ) ; 238

der frühest bekannte Beleg für das Afr. (BrunLat) ist unsicher, so daß Entree als möglicher Erstbeleg angesehen werden kann; die fem. Form ist hapax legomenon im Fr.-It., ansonsten steht die mask. Entsprechung, cf. brachi BertaC 1066, bracho RolandinM 47, brach AttilaS XV-2745, XVI-^655, XVI—5056. s.f., Gl «marche, fig. combat», anfrk. *BORGANJAN: 4905 La oit de colp doner merchie e gran bragagne, (: Aquitagne, magne); 7689 bragagne (ms. bragne), 10553 bragaigne; barguegne RolCF 146-10, RolV7F 146-11 (breguegne), RolCF 164-6, breuegne RolV7F 156-A,bragangne «traffico» GuiNantVprolC 91,bragagne PharsaleW, bargagne «molestia, accidente, fastidio, contrattazione, traffico» AttilaS XIII—124, XV-143, VIII-497. TL I-840ss. bargaigne s.f. «Handel (oft übertr. gebraucht für Kampf und Tod)»; Gdf I—584cs.bargaigne s.f.; FEWXV 1 -190aafr.bargaigne s.f. «marche, vente, convention; chance, traitement; contestation», afr. «melee, presse»; Battaglia II—72a bargagno s.m. Auch im Fr.-It. wie im Afr. fig. gebraucht als «combat», ebenso die Verbalform bragaigner, bragagner in EntreeT 1881, BertaC 712 (Gl venez. bragagnar), KarletoR 1285, ChevOgerC 1865; cf. LElbregangna «mercato, traffico» ait. Monaci.

BRAGAGNE

vb.intr., Gl «braire, crier», *BRAG-: 7379 Chi o'ist le roi sor le sarjans bra'ir, (: fornir, ferir); brahire RolV7F 321-11, bra'ir GuiNantVprolCT 461, brai 3. KarletoR 1259, bra'ir PharsaleW 2002. TL I—1114s. braire vb.; Gdf I-720a-b braire, brere, C-VIII-365a; FEW I—490a afr.mfr. braire, 491b mit Konjugationswechsel afr. braidir «hennir», aokz. «crier (des oiseaux)», 492b η 8 daraus it. bradire «cantare»; Battaglia II—351a braire (bradire) vb.intr.ant. «cantare, trillare, cinguettare; gridare, urlare». Die Formen mit Konjugationswechsel auf -ir sind im Fr.-It. mehrfach belegt (cf. it. braire, bradire); sie lassen sich nicht immer exakt von den im Afr. und auch im Fr.-It. geläufigen Formen von braire trennen, cf. etwa EntreeT 8377, RolV7F 129-11, RolCF 168-11, ChevOgerC 487, 1121, 1217, 1265, 1949 u.a.

BRALR

BRAISSON s.(f.), G l « ? » , < ? :

12759 Mais vos n'aves en Ii nulles braisson, {: fenysson, geherdon). Ungeklärte Hapax-Form; aus dem weiteren Kontext läßt sich kein Zusammenhang etwa mit afr. braison s.f. «cri» (Gdf I—720b) oder afr. brason s.m. «etincelle» (FEW Χ ν ! - 2 5 5 ^ germ. »BRAS-) erschließen. BRANDE

s.f., Gl «patte, griffe; lame (de l'epee)», vb./s.m., Gl «brancher, terme de fauconnerie», lt.

BRANCER

BRANCA:

239

4898 Une spee sanglant en la brange grifagne (ms. blan5e), 1440 Ainz atendroie le brancer d'un heiron; 2202 brance, 13177 id., 15576 brange. GdfC VIII-366b-c brancher vb. «tr. fixer ä une branche; pendre ä une branches, «intr. percher aux branches»; FEW I-496a fr. branche, aokz. branca, 497a mfr.nfr. brancher «se percher sur une branche» (seit J. Lemaire, 1510), 498a η 10: «In der gleichen bed. schon brancer in der Entree d'Espagne. Da das verbum dem it. zu fehlen scheint, darf vielleicht der beleg dieses frankoital. textes doch schon als Zeugnis für die existenz von brancher im 14. jh. angenommen werden»; Levy I—161b brancar «sich theilen, sich verästen»; Battaglia II—353cs. branca s.f., 354c brancare vb.tr.disus. «abbrancare, afferrare» (Pulci, Boiardo). Fr.-it. brange in der Bedeutung «patte, griffe» ist vom it. branca beeinflußt (cf. Thomas Gl); die verbale Ableitung brancer ist im Nordfr. erst seit 1510 belegt, im It. seit Pulci, so daß der Beleg aus Entree (Hapax-Form im Fr.-It.) als früheste Datierung angesehen werden kann (cf. FEW); die fr.-it. Formen aus EntreeT (2202, 13177, 15576) stehen für «Zweig, Ast». BRESEMANT s.m., Gl «ensemble des flaches tirees», anfrk. *BIRSON: 7892 Car entre toit n'avoit un seul eschu / Ne fust cuvert d'un bresemant menu. FEW XV 1 -116a afr.mfr. berser vb. Deverbale Ableitung von afr. berser mit dem Derivationssuffix-ment, hapax legomenon (-r- Metathese in der Stammsilbe, cf. dazu breser «tirare d'arco» Attilas XIV—2503, 11-927, V-37, XIV-2380). BRESTE 3.pr.intr., Gl brester «siffler?», < ?: 12583 Qant vent i fiert, l'une vers 1'autre breste [i.e. serpentine teste ], (: mestre, veste). Gdf I - 7 2 8 b - c brester vb.intr. «se debattre, se demener» (Pathelin). In der Herkunft nicht geklärte Hapax-Form aus Entree; die bei Gdf belegte Form brester wird in FEW 1-517b noch als (unsichere) Ableitung von mhd. BRESTEN angeführt, fehlt dann jedoch in der Neubearbeitung vol. XV1—271a; der Kontext erlaubt jedoch neben der von Thomas Gl vorgeschlagenen Bedeutung «siffler» auch eine sich an «chasser au brai; chasser ä l'appät et au glu» annähernde Interpretation als «anlocken», die brester als fr.-it. Hapax-Form zu afr. breter (FEW I—517b, germ. *BRET) bzw. nfr. brester vb.tr. (Boiste 1829), ang. breiter (FEW XV*-271b anfrk. *BRET) ausgeben würde; eine r-Metathese (*berster o.ä.) scheint nicht vorzuliegen. BREUs.(m.), Gl «tente», < ? : 356 De tref et de trevaches, de loges et breü, {: crenu, trehu); breuz s. GuiNantVM 2076. TL 1-1132 brehant s.m. «Zelt»; Gdf I-726c; FEW X X I I I - l a afr. brahant, 240

afr.mfr. brehant, afr. breii s. (EntreeT, Vox 6,175); Pfister 298s., 783 braant s.m. «tente». Reimbedingte fr.-it. Variante zu afr. brehant, deren Herkunft ungeklärt ist; auch im zweiten, bisher nicht bekannten fr.-it. Beleg dürfte die Bedeutung «Zelt» vorliegen. s.f., Gl «lutte», < ?: 7828 James ne istrai de paine ni de brie, {: maudie, compagnie); 8370 brie-, brie PrisePampM 5334, MacaireM 2235, briga MacaireM 2096, brie HectPP 1830, HectVML 1830, PharsaleW 253, AttilaS 11-1506, bri AttilaS VIII—1339, XII—2992, brin «briga, difficoltä» AttilaS X-126, briga RainLesOT 641, 673, brige RainLesUP 226, brie MPoloB 153-55,175-76, 180-19, brige MPoloB 180-24. Gdf I-732a-b brie, brige s.f. «bruit, tumulte, debat» (PrisePampM, Hercule et Phileminis [= HectPP], MPolo); Battaglia II-374as. briga (ant. brica) s.f. (BrunLat. ..). Im Afr. nicht bekannte Form, die, im Fr.-It. geläufig, aus it. briga entlehnt worden ist (cf. Thomas Gl), cf. HectVML, p.405: «mit richtiger Umwandlung ins Französische, nur hätte i durch oi ersetzt werden sollen»; die Herkunft von it. briga ist nach Battaglia II-375c nicht geklärt (kelt.*BRIVO,*BRLGO, airl. BRIG «forza, vigore»); cf. noch die fr.-it. Verbalform brier «brigare, tentare», brie 3. AttilaS XIV-1964, brions 4. AttilaS XIII-586.

BRIE

s.m., Gl «petite eminence (?)», gall. *BROGILOS: 8738 La fu pris Gaeneluns par delez un broal, (: coral, senescal); bruel HectPP 462, broil HectFP 462, Ο id., broil HuonAuvBS1910 6711, broly HuonAuvTS1910 6711, 6793, broil HuonAuvBS1910 6793, broli HuonAuvPS 1910 6793, brouel PharsaleW 1675, broil «boschetto» AttilaS XVI-3604, brolet AttilaS XVI-3988, brulet AttilaS XVI-3624, XVI-5525, broilo RainLesOT 775. TL I-1171s. bruil, brueil, broil, breil, bril s.m. «Gehölz; übertr. Wald (v. Lanzen); Falle»; Gdf I-727abreil s.m., 740b-cbroil, broal s.m. «bois, foret, taillis . . . » ( . . . EntreeT); FEW I-555b afr. broil, brueil·, Battaglia II-391b brölo (ant.u.dial. brudlo, broilo) s.m. Die von Thomas Gl vorgeschlagene Bedeutung «petite eminence» («Le prov. mod. broal, brial a ce sens, cf. mes Essais») ergibt sich nicht unbedingt aus dem Kontext; vielmehr dürfte es sich bei broal um eine fr.-it. Variante des im Afr. geläufigen broil handeln.

BROAL

vb., Gl «brüler», gall. *BRÜSIARE: 10021 Le feu mestrent apres. Lor veisez broisir, / Ardoir traus et toniaus sainz autre contredir, (: raenplir, contredir); 2893 brusiez p.pf.; 9418 bruisies p.pf.f.pl. (ms. brusues);

BROISIR

241

bruser, brusar, broser, brusier, bruxar, brosir u.a. in: RolV4G 5790, 3835, RolCF 61-2, AliscMH 2507, 3987, 4775, 4421, 4381, 4427, BovoR 2423, BovoFR 2181, 1335, 828, 675, BovoR 2191, BovoFR 1367, BertaC 1614, 1623,1629,1697,503, KarletoR 2760, BertaMilC 39,46,66, EnfOgerS 63, 1355, ChevOgerC 1045, MacaireM 40,320,1045,244,1209,296,314,462, 2814, 1155, HectVML f.28d, MoamT 3 - 8 - 1 0 , 4-30-2, 4-24-2, BelrisM 707, HuonAuvTR f,147r, f.l50r, f.l51r, f,126r, JugAmF 435, AttilaS IX—76, IX—225, XIV-303, XVI-4928, RainLesUM 257, RainLesOT 236, AntAnW 1125, SCathB 1425, 1431, 1438, 1443, AquilonT f.87d, f.lOlb u.a. FEW XIV—76a afr. bruller, brusier, 81b ven. bruzar, gall. *BRÜSIARE (Hubschmid), 82a η 26 aokz. bruzar·, Battaglia II—397css. bruciare (ant. brusciare, brugiare) vb.tr., 399a mit. brusare (1213). Über die Diskussion zur Herkunft cf. FEW XIV—81b; die angeführten Formen sind von ven. bruzar, brusar beeinflußt und in fr.-it. Texten geläufig; cf. noch fr.-it. braxee p.pf.f. GuiNantVM 2686, ferner mit präfixalema-: abrusee p.pf.f. AliscMH 4769, abrasar «infiammare» LExempliU 3731; daneben sind im Fr.-It. auch die aus dem Afr. bekannten Formen anzutreffen, cf. etwa EntreeT 12531,7398,12402, AttilaS Gl, PrisePampM 5830,5834 u.a.; LEI brusar u.a. mehrfach, besonders aobit. BRONS s., G l « ? » ,
«Versammlung» allgemein; cf. noch fr.-it. capitel HuonAuvBS1908 10072 (Sor la chaiere del capitel reont), chapitel HuonAuvPS1908 10072; capital «tributo» AttilaS XIV-792 gehört nicht hierher; cf. LEI capitolo venez. Boerio und capitulo asiz. RegoleBranciforti u.a. CAPIUS s . m . , G l - , « c h a p e a u » , lt. CAPPELLUS:

9055 Ε Bernars treit de dos sa sclavine esclavoine / Ε le capius de cief, dont senbloit un canoine. TL II—237ss. chapel; GdfC IX-^2a-b; FEW II 1 -287b fr. chapeau, apik. capiel; Levy I-204as. capel; Battaglia II-719css. cappello s.m. 245

Fr.-it. Variante zu afr. chapel, nicht in Reimstellung; cf. noch fr.-it. capiaus EntreeT 4166, MPoloB 94-13, 118-23, Attilas Gl. CARCER s.f., G l « p r i s o n » , lt. CARCER:

1167 En la citez l'envoie en la carcer de pir; carcer RolV4G 6032, carger ChevOgerC 1612, carcere LExempliFC 2346. TL 11-291 chartre s.m.u.f; Gdf 1-782ccarcere, carsere s.f. (Bible hist., MPolo [= MPoloB 1-22 und 1-23 chartre], Aime); FEW II'-363a fr. chartre s.f., aokz. carcer, b afr. carcere (12.Jh.), mfr. id. fig. (16.Jh., hap.leg.); Battaglia II—749bs. carcere s.m. (pl. u. selten sg.s.f.). Im Afr. ist die aus lt. CARCER entlehnte Form vereinzelt belegt gegenüber erbwörtlichem chartre; die fr.-it. Belege gehen auf den Einfluß von it. carcere (seit Dante) zurück (cf. Thomas Gl). CARGE s . m . , G l « c h a r g e » ,

ENCHARJE s.(f.), Gl «charge, combat», lt. CARRICARE:

399 Qeil part il veult aler et com feit carge enbrace, 7795 por Yencharje des Paiens gros e grans; a Yencarge durer HuonAuvBS1908 10298. TL 11—262 charge s.f., III-189 encharge s.f. «Auftrag», «heftiger Angriff» (EntreeT); GdfC IX—47bs., III-94b encharge «charge, fardeau; fig. charge, obligation»; FEW II1—416b fr. charge s.f., 418a aokz. carc s.m., carge Jaufre, 421a afr.mfr. encharge «obligation»; Levy I—211 carc s.m., 11—430aencart ? «Beschuldigung, Anklage»; Battaglia II—766css. cärico (ant.u.lit. carco), VII—622c incärica s.f.ant. «carico, peso; assalto, urto, anche al figur.; molestia, affanno». Fr.-it. carge s.m. kann im Genus von it. cärico s.m. beeinflußt sein (das Genusmerkmal ist allerdings nur aus dem attributiven p.pf. erschlossen), cf. Thomas Gl, Hapax-Form im Fr.-It., im Afr. nur als fem., im Aokz. auch carc, carge s.m.; encharge ist im Afr. nur in der Bedeutung «charge, obligation» bekannt, während die beiden Belege aus dem Fr.-It. eine übertragene Bedeutung aufweisen, die mit it. incärica «assalto, urto» zu vergleichen ist (14.Jh., S. Girolamo volgar.); cf. noch fr.-it. cargar HuonAuvPGi Gl, caregata p.pf.f. HuonAuvTS 1913 4798, s'encaregä 3. RainLesOC 464. CARNE s.f., Gl «chair»,

s.f. (Hs. carneisö), Gl «incarnation», lt. CARO: 10109 La carne et Tos Ii trance e tot Ii cor nei's, 3814 Vergne aombrer e prandre carnaison / Ε venir home, (: chaison, don); 8748 earn, 8907 id., 9911 id., 10381 id., 11515 id., 11721 id., 15310 id. u.a., 7663 garn; earn, carne, (arn, garne, charn, zarn, zarne in: AspremPML 364, 464, AspremV6Be 946,1516, AspremCB1962 17,414,18, RolV4G 1239,2899, 3131,3793,3805 u.a., PrisePampM 6086,3627,4442,4443,3858, AliscMH CARNAisoN

246

3545,273,558,1281,1286,1422,2025 u.a., GuiNantVprolC 173,183,196, GuiNantVM 1886, BovoR 3288, BovoFR 2028, 2252, BertaC 1455, KarletoR 1523, 2657, BertaMilC 428, RolandinC 48, 64, 78, 206, 45, 72, 176, 267, EnfOgerS 894,1189, ChevOgerC 907,916,1437,1456 u.a., MacaireM 1671, 2695, 3557 u.a., HectVML f.55d, MoamT Gl, HuonAuvBS1910 6763, Τ und Ρ id. u.a., PharsaleW 54, 1704, 1197, 1327, 1687 u.a., Attilas Gl, RainLesUB 581, MPoloB 153-107, 156-13, 37-20, AnsCartPM 31, f.60a, f.69d, AquilonCf.60r,f.l71v,f.72v,SCathB 1501 u.a.; l'a\n]carnasion [= la carnasion] MPoloB 135-15. TL II—252ss. char, charn, IV—1361s. incarnacion, encarnacwn s.f. (carnaison EntreeT); GdfC IX—26a—b chair (charn), I—785b carnacion -tion, -sion (. . . MPolo); FEW I l ^ e S b afr. char, awald. earn, aokz. charn, 389b fr. incarnation, carnation PsOxf, carnaison EntreeT; Levy 1—215a earn ; Battaglia II—779css. carne, 776c carnagiöne s.f. Die Belege von «chair» mit Erhaltung des -n- (auch im Gallorom. bekannt) sind im Fr.-It. geläufig und auf den Einfluß von it. carne zurückzuführen (cf. Thomas Gl); charakteristisch für das Fr.-It. sind auch die Formen mit ς- und z- im Anlaut; carnaison ohne präfixales in-, en-, im Gallorom. vereinzelt anzutreffen, ist im Fr.-It. nur selten belegt (die vom Hg. in MPolo vorgenommene Korrektur ist nicht notwendig); es geht zurück auf it. carnagiöne. CARPIT s.m., G l «tapis», lt. CARPERE:

9698 N'estes pais merceant de drais ne de carpit, (: despit, samit); carpit «it. carpita, Decke» PharsaleW 1995. TL 11-49carpite s.f., s.m. (EntreeT); GdfC VIII-431cs.; FEW II 1 -404a afr. carpitre, carpite (1350); Battaglia II-795b carpita s.f. ant., ccarpito p.pf.adj. Im Afr. ist die Ableitung vom p.pf. von fr. acharpir, lt. CARPERE, nur vereinzelt als fem. belegt; die beiden fr.-it. Belege (mask.) können auf den Einfluß von it. carpito (p.pf.adj.) zurückgeführt werden (cf. Thomas Gl), obwohl auch im It. die fem. Form geläufiger ist. CAS s.m. (ms. cais oder tais), Gl «buste», lt. CAPSUS:

1667 La lance paumoiant e l'eschu davant cas, {: palas, eslas). FEW II1—316a aokz. cais «mächoire», b aokz. caw «joue», 317a afr. cas «buste» EntreeT; Levy I-224a cas s.; Battaglia II—850cs. casso s.m.ant.u.lit. «la cassa del petto, circondata dalle costole; per estens.: torace, busto». Hapax-Form im Fr.-It., Entlehnung aus it. casso (cf. Thomas Gl); im Gallorom. vereinzelt nur in anderen Bedeutungen belegt (cf. noch Pfister 107,309, 741 cais s.m. «bouche; visage»). CAUCES s.f., G l «poursuite», FORSCACEZ p.pf. (Hs. fors cacez), G l forscacer

« b a n n i r » , lt. *CAPTIARE:

93 93 Lors se partent ensanble, s'ont les cauces leisees, 94 Quant je fui forscacez de France por envie; 13602 chauces. 247

TL II—151s. chace s.f., III—2145 forschacier, forchacier vb.tr. «verjagen» EntreeT; Gdf II-29a chace, IV-67c forchacier, fors. vb. tr. «chasser, expulser» (Les Loh., Liv. au roi/Ass. de Jer.); FEW II1—321b fr. chasse, 322b afr. forschacier «expulser (d'un pays)» (Ende 12.—13.Jh.); Battaglia II-476ass. cäccia, VI—483c fuoricacciare vb.tr. «mandar fuori, espellere, esiliare». Cauces ist eine fr.-it. Variante (nur aus Entree) zu afr. chace, die in der Lautung beeinflußt sein könnte von afr. enchauz, afr. enchaucier, lt. *INCALCIARE, «verfolgen, bedrängen» (TL III-197ss.), cf. fr.-it. EntreeT 6975, 9357, 10870, 14907, 10854, 9178, 14600, 8187, 8974, 9189; die Zusammensetzung forscacer (Hapax-Form im Fr.-It.) ist im Gallorom. selten belegt (ebenso im It.), der fr.-it. Beleg stellt eine Erweiterung der im FEW gegebenen Datierung dar; cf. noch fr.-it. recacier EntreeT 9593. CAUSI 3.p.s.tr., Gl gausir «distinguer, voir», got. KAUSJAN: 7671 Rolant le mostre tant tost ch'il legausi, (: ardi); 15496 causi 3.p.s.tr. (Hs. 9ausi), 15505 caussi 3.p.s.tr.,7404 gausirent 6.p.s. (Hs. ijasirent); 15622 causis p.pf.tr.; gausie p.pf.f. RolV4G 5310, coisi p.pf. RolV4G 4359, scosie p.pf.f. RolV4G 3872, scosis RolV4G 813, gausir PrisePampM 4965, 5462, ςausi PrisePampM 153, 1165,4613,4635,5319, zausi 3. PrisePampM 769, 852,1209, 2038, 4286, 4888, ςausie PrisePampM 4714, zausie PrisePampM 1832, 1869, ςaus is PrisePampM 5461, zausis PrisePampM 942, zausir PassChristNVC 844, PharsaleW 992, 1261. TL II—411s. choisir vb.; Gdf II-127b-c; FEW XVI-302b afr.mfr. choisir, aokz. cauzir, chausir; Levy I—231a—b cauzir; Battaglia III—115c ciausire vb.tr.ant. (Guittone). Fr.-it. Varianten zu afr. choisir, cf. aokz. cauzir, davon auch it. ciausire. CELEBRAN£E s.f., Gl «action de celebrer», lt. CELEBER:

2 Et offerant merce, honor et celeb range, (: remembran9e, lanfe). TL 11-94 celebrance s.f. «Feiern, Verherrlichung» EntreeT; Gdf II-8b celebrance s.f. «commemoration» EntreeT; FEW II1—573b afr. celebrance EntreeT. Ableitung von afr. celebrer vb. mit dem Derivationssuffix -ange, Reimstellung; hapax legomenon im Fr.-It., im Gallorom. nicht bekannt (cf. jedoch LEI celebranza «solennitä» [Stat. Tess. 1512] avic. Bortolan). CENDALINE adj.f., Gl cendalin «de l'etoffe dite cendal», lt. SINDON: 6964 Sor la tor desploient l'ensagne cendaline (: Saracine, destine); 11847 cendallis; cendalin AttilaS IX-21, XIV-738. TL 11-107 cendalin adj. «aus Zindel» EntreeT; FEW XI—641b afr. cendalin EntreeT, mb. sandalin (1530; Cotgr 1611). Fr.-it. Ableitung von afr. cendal (cf. EntreeT 2213, 4912, 6152, 10657, 12442 u.a.), im Gallorom. erst später wieder belegt. 248

s.m., Gl «sanglier», lt. SINGULARIS: 1146 Le pont outrapassa, irez come cengler, (: escuer, primer); 1353 cengler, 8279 gengier·, finder RolV4G 34, 1854, 4279, ςengler KarletoR 3198, cengler EnfOgerS 888, ςengler ChevOgerC 1805, 1950, MacaireM 750, 2397, gingier ChevOgerC 490, cengler HuonAuvBS1927 12296, gingier AttilaS VII-1224. TL IX-451ss. sengler, senglier s.m. ( . . . EntreeT); Gdf VII-306b-csangler, C—X—660b sengler (cengler)·, FEW XI—644a fr. sengler, cengler (ca. 1220-Desch, Gdf; Fouke; EntreeT); Battaglia III-155a-c cinghiale s.m. Fr.-it. Varianten zu afr. sengler (cf. EntreeT 13057, AspremV4Be 1180, RolCF 332-11, RolV7F 327-11 u.a.) mite- im Anlaut (so vereinzelt auch im Afr.), die auf den Einfluß von it. cinghiale zurückzuführen sein dürften.

CENGLER

s.f., Gl «sangle», lt. CINGULA: 11434 Au ceval tolt la seile ο tot la cengleüre, {: creature, manure). FEW II1—682a afr. cengleüre «sangle» EntreeT, mfr. sanglure «action de mettre une sangle», singleure (beide Cotgr 1611); Battaglia III-155cs. cinghiatura s.f. «il cinghiare, lo stringere con cinghie». Hapax legomenon im Fr.-It., Ableitung von afr. cengle (im Gallorom. erst im Mfr. in anderer Bedeutung), Reimstellung; die Form entspricht it. cinghiatura mit Angleichung an die afr. Lautverhältnisse.

CENGLEÜRE

adj.f. (ms. trecelue), Gl cerceli «boucle», lt. CIRCELLUS: 851 Ceveleüre blonde et longe e cercelie [n], (: dimie, rie). TL 11—121 cerceler vb.intr. «sich ringeln» (Escoufle); Gdf II-18c cerceler, -eller vb.; FEW II1—699b afr. cerceler vb.intr. «friser (des cheveux)» (Escoufle; EntreeT). Vom Hg. erschlossene Form, Ableitung von afr. cercel, im Afr. nur selten belegt, Hapax-Form im Fr.-It. (cf. in diesem Zusammenhang noch die fr.-it. Ableitungen cercelleüre GuiNantVprolC 177, regergene p.pf. KarletoR 493).

"CERCELIE

s.m., Gl «chalumeau, instrument de musique», lt. CALAMELLUS: 11031 Soner feit cors et tinbres, tambors et geremal, (: real, fenestral). TL II—175s. chalemel s.m.; GdfC IX-29a-b chalemel·, FEW II 1 -52b afr. chalemel (seit 12.Jh.), 53b ait. ciaramella-, Levy I—186b calamela; Battaglia II-736c caramella (caramela) s.f.ant. Fr.-it. Variante (selten belegt, cf. noch caramaus PrisePampM 1358) zu afr. chalemel mit intervokalem -r-, das auf den Einfluß von it. caramella (cf. Thomas Gl), ait. ziaramella (REW 1484) zurückgeht, das seinerseits aus dem Gallorom. entlehnt ist.

CEREMAL

s.(m.) (ms. cenz), Gl «sorte de boisson», lt. CERASEUM: 15105 Que pimant ni clare ni ceriz ni vins nus [n] / Non delita a avoir. FEW II1—598a fr. cerise s.

*CERIZ

249

Hapax legomenon, vom Hg. erschlossene, unsichere Ableitung von fr. cerise (cf. Thomas vol.II, p.304), die im Genus beeinflußt sein dürfte von it. ciliegio s.m. CERTANCE s.f., G l « e v i d e n c e » , CERTISE s.f., G l « c e r t i t u d e » , lt. CERTUS:

3893 Ses grant miracle qu'il fesoit con certance, {: predicance, costumance), 4511 penser doit por certise, {: asise, merise); 15769 par certise; certanqe RolV4G 4968, PrisePampM 4737, certanze PrisePampM 3158, ςerίαηςε PrisePampM 506, certange PassChristApresB 517, GuiNantVprolC 934, MacaireM 1771, 1777, PassChristNVM 19, certance HuonAuvBS1908 10680, certanza HuonAuvTR f,152r, certance PharsaleW 28, 947, 2406, MPoloB 60-11; certise PrisePampM 1425, 2372, 5691, PassChristApresB 356, HuonAuvBS1927 12334, certisse HuonAuvBS1927 12342, certeze AquilonT f.87b, f.88a. TL II—133 certance s.f. (Nicol. de Verone, EntreeT), 136 certise s.f. (EntreeT); Gdf II—24a certance (PrisePampM), 24cs. certise (PassChristApresB, PrisePampM); FEW II1—610a afr. certance «certitude, evidence» (frankoit. 14.Jh.), sekundär aokz. certansa «nouvelle certaine» (Anfang 13.Jh.), afr. certise «certitude» (frankoit. 14Jh., Gdf; EntreeT), aokz. certeza, aokz. certanza «certitude» (13.Jh.), 612a η 3: daraus ait. c(i)ertanza; Levy I—248acertansa, b certeza; Battaglia III—lc certanza s.f.ant., lcs. certezza s.f. In beiden Fällen handelt es sich um Ableitungen von afr. cert, die in der Gallorom. nur im Aokz., nicht aber im Afr. belegt sind und von Südfr. aus ins It. übernommen worden sind (certanza); die beiden Derivative auf -ance bzw. -ise sind im Fr.-It. weitaus geläufiger als bisher bekannt; cf. noch den substantivischen Gebrauch von fr.-it. certan in EntreeT 11545 (sens nul certain Gl «fondement certain»). CH ΑΙΝΕ s.f., Gl «cheveu blanc (considere comme objet de peu de valeur)», lt. CANUS:

12804 Non l'inpiroit Ii Pa'ins une chaine, (: lontaine, straine). TL II—392s. chienes s.f.pl. «graue Haare», sg. als Minimalwert «ein graues Haar» (EntreeT); Gdf II-53b-c chanes s.f.pl.; FEW II 1 -237b afr. chienes s.f.pl., afr. une chiene (avec neg.) «point du tout» EntreeT. Chaine als Minimalwert in sing. Verwendung ist nur aus Entree bekannt (afr. nur «cheveux gris», pl.); cf. LEI s.v. CANUS. CH Ais

adj.pl., Gl « b r i s e ; fig. abattu», lt. QUASSUS: 7537 Avant i avront quatre mil eschu^ chais, (: Nicolais, ais); 5568 empaloi'z e chais. TL II-62s. cas adj.; Gdf I-790cs. cas; FEW II 2 -1436b afr.mfr.cas, -se; Levy I—223bs. cas; Battaglia II—851b casso p.pf.adj. Fr.-it. Variante zu afr. cas in Reimstellung, so nur aus Entree bekannt. 250

CHANART s.m., Gl «bateau», anord. KNARRI:

13261 II vint au port, si entre an uns chanart, (: depart, art); 11902 cannart s.m. (ms. caunart); gallee et canardant AspremC in Boni 1962, p.141, ib. galees et canart AspremV4. TL 11-20 canart s.m. «Kahn» (. . . EntreeT); Gdf I-775a-b canart s.m. «grande embarcation»; FEW XVI-336 agn. kenart, apik. canart (Aspremont-1243; auch EntreeT); Pfister 100, 312, 784 canart s.m. Im Fr.-It. nur vereinzelt belegte Form, die dem afr. canart (cf. Pfister 312) entspricht. CHARETON s.m., Gl «petite charrette», QARAUS adj., Gl «oü passent les chars», lt. CARRUS:

9753 Treiner a son leisir desor un chareton, (: Gascon, baron), 9307 Vers la cite s'en vont le droit chemins qaraus, (: saus, pugnaus); 10930 charetons. TL II-284s. charreton s.m. «Kärner, Fuhrmann», «(kleiner) Wagen» (EntreeT), 282 charral adj. (voie charral); GdfC IX—47b chareton s.m. «charretier», II-66a charal, charr., carral adj. «par oü peut passer un char»; FEW 111—428a apik. karetele «petite charrette» (1294), afr. chareton EntreeT, 433a-b afr. (chemin) charral «(voie) praticable aux voitures» (12.-14.Jh.), aokz. (camin, pon) carral·, Levy I-219a carral «Strasse, Weg»; Pfister 325s. charral s.f.; Battaglia II-796b carräbile. Das von afr. charete (cf. fr.-it. EntreeT 633,9859,11005, PrisePampM 5658, 5808, 5522) abgeleitete chareton mit dem Diminutivsuffix -on ist nur aus Entree in der Bedeutung «kleiner Wagen» bekannt, sonst afr. «Fuhrmann»; die it. Entsprechungcarrettone s.m. (Battaglia II—800a) gilt als Ableitung von it. carretto mit Augmentativsuffix, «grosso carro» (cf. LEI s.v. CARRUS); qaraus ist eine postnominale Ableitung von CARRUS > char, die im Afr. vereinzelt belegt ist (hier in Reimstellung). CHER conj., Gl «car», lt. QUARE:

3817 De limon / Le forma Diex, cher de fi le savon. TL II-37ss. car, quer conjunct.; Gdf I—781cs. car, quar conj.; FEW 112—1421a fr. car, quer (ll.-16.Jh.). Zur Entwicklung von afr. quer aus lt. QUARE an stärker betonter Stelle cf. FEW II 2 -1422 η 2; die Form mit anlautendem ch- ist in Zusammenhang mit den it. Graphieverhältnissen zu sehen, Hapax-Form aus Entree. CHERINE s.f., G l « a f f e c t i o n » ,

ACHERIS p.pf., Gl acherir «cherir», lt. CARUS:

13575 RetenesLionesalevoutrecherine, (: interine, ermine), 12297 Quant devroit estre acheris et ame; carine s.f. GuiNantVprolC 693. 251

TL II-399s. chierir, cherir; Gdf I-54cacherissement s.m. «affection, bon accueil»; FEW II 1 -442b afr. cherine EntreeT, Teste carigne «minauderie caressante», afr. acherir «cherir» EntreeT, afr. acherissement «affection» (1360); Battaglia II—770b-c carino adj.u.s.m. (Goldoni). Cherine ist eine Ableitung von afr. eher mit dem Diminutivsuffix-ine, nur im Fr.-It. belegt (cf. it. carino von caro, cf. LEI); acherir ist hapax legomenon, fr.-it. Sonderbildung mit präfixalem a- (cf. s.v. abrandissant), im Gallorom. mit a- nur bei Substantivbildungen gebräuchlich. CHIRNEL s.m., Gl «creneau», gall. *CRINARE:

5450 Ε neporquant s'uns lor monte al chirnel, (: pel, isnel). TL 11-1027 crenel s.m. ( . . . EntreeT); GdfC IX-244c crenel·, FEW II 2 -1341a afr. crenel, afr.mfr. quernel. Fr.-it. Variante (nur in Entree) zu afr. crenel mit Metathese des -r- (auch im Gallorom.) und it. Graphie ch- im Anlaut. CHONOVANCE V. CONEVOIR

CHUCHE s.f., G l « l e f r u i t a u m o m e n t d e s a f o r m a t i o n » ,

CHUCHER s.m., Gl «action de se former, en parlant du fruit», lt. *SUCTIARE: 3865 Tant i remaint les flors qe il se sant derier / Nastre la chuche qe comance engroser, 3862 Tu ais [. . .] bien veü lechucher / Que feit la longue flor quant ele doit fruter. TL IX-1055ss. sucier vb.tr. (chucher, chuche EntreeT); GdfC X-723b-csucier vb.; FEW XII—388a afr. sucier, apik. suchier, b afr. chucher «se former (d'un fruit)» (dazu chuche EntreeT). Hapax-Formen aus Entree, Varianten zu afr. sucier, apik. suchier mit Fernassimilation des Anlauts an die anlautenden Affrikate der zweiten Silbe (cf. FEW XII-390b η 2); die angegebenen Bedeutungsverschiebungen sind nur aus dem fr.-it. Text bekannt; cf. R E W 8415 engad. tschütscher, LEI zuzzar rover. Azzolini, cf. b.fass. Elwert, Trepalle Huber, ciucciare AIS u.a.

CHUSE s.f., G l « c u i s s e » , lt. COXA:

2525 Devant la chuse l'a tote escaintellee; 13652 chuises; cosse AttilaS XV-2696, cuisces PrisePampM 3755, coisa AliscMH 1471, chuisse AttilaS IV-742, XVI-58. TL II-1142S. cuisse-, GdfC IX-263cs.; FEW II 2 -1260b fr. cuisse; Battaglia III—879a—b cdscia (ant. auch cossa) s.f. Fr.-it. Varianten zu fr. cuisse·,die nicht diphthongierten Formen können von it. coscia, cossa beeinflußt sein; ch- im Anlaut für [k] entspricht den it. Graphieverhältnissen. 252

num.card., Gl «cinq», lt. QUINQUE: 9493 Cinqe mil chevalers bonemant le segui; 9034 cinque (ms. .V.c), 9535 cinque, 11867 id., 4405 cinquecent; cinque RolV4G 4494, 4558, ςinqe GuiNantVprolC 398, cinqe GuiNantVprolC 403, 491, ς inqe GuiNantVprolC 483, cinche GuiNantVprolC 556, 835, chinxe GuiNantVprolC 98, chinse GuiNantVprolC 112, cinque HuonAuvBS1927 11825, JugAmF 725, RainLesUP 70, AquilonC f.78r, f. 114r, f.l48r, AquilonT f.87d, f. 114a u.a. TL 11—434 eine card.; GdfC lX-95acinq; FEW II 2 -1480a fr. cinq; Battaglia III-160c cinque (ant. cinque, cinqua, cinche) adj.num. Fr.-it. Varianten zu afr. eine, fr. cinq in Anlehnung an it. cinque, zweisilbig (cf. Thomas Gl).

CINQE

ς ι υ s.m., Gl «Iis», lt. LILIUM: 652 Ε la ro'ine belle cum flors de ςiu, (: antiu, coriu); ςio BertaC 73 (cf. BertaM η p. 104), Attilas 11-1117 (cf. Peisker, p. 116). FEW V-336a fr. Iis s.m., aokz. Iis, tili, Ii, b awald. gilh, tosk. giglio, avenez. zegio, averon. zio; REW 5040 friaul. dzi; Battaglia VI-776css. giglio (ant. gilio, gillio) s.m. Im Fr.-It. vereinzelt belegte Varianten zu afr. Iis (LILIUM), die auf den Einfluß von it. giglio (tosk.), dialektal zegio, zilio, dzi (JILIUM) zurückgehen (cf. Thomas Gl); LEI besonders aobit., cf. avic. Bortolan, 1424 SprachbuchPausch, apad. Ende 14Jh. BibbiaFolena, ven. Nardo, venez. Boerio, a.venez. 16.Jh. CalmoRossi, Serapiomlneichen u.a. s.f., Gl «anneau du haubert», lt. CLAVELLUS: 2540 Do blans obers ne detren9a clavelle, (: escartelle, novelle); clavelle PharsaleW 1211, «piastrone della corazza, mantellata di maglia» Attilas VI—414, XVI-3815. TL 11—469 clavele s.f. (Fier., EntreeT); Gdf II-149a clavele s.f. «anneau du haubert» (Fierabras); FEW II 1 -758a afr. clavel, aokz. id., afr. clavelle EntreeT, 757b adauph. clavella s.f. «gros clou». Fem. Ableitung von afr. clavel s.m. (cf. fr.-it. EntreeT 8413, 10715, PassChristApr^sB 398 [clavais], GuiNantFM 1429, PharsaleW 1416), TL II—467ss., lt. CLAVELLUS, Diminutivum ZU CLAVUS, im Gallorom. nur selten belegt; die verbale Ableitung claveler ist auch im Fr.-It. bekannt (EntreeT 3909, PassChristAprfcsB 400, 442), ferner clavan (EntreeT 1507, 3231, 8431, 11558, 12454, 13604 u. a.), clavin (EntreeT 3244), cf. AttilaS Gl.

CLAVELLE

s.m., Gl «clerc», lt. CLERICUS: 441 Son clerge demanda, Geboi'nz de Toraine (ms. clere); 451 clerge, 453 id., 516 id., 10906 id., 12274 id., A-33 id., u.a.; clerges PrisePampM 5588, clerge HuonAuvBS1911 11141, clergie HuonAuvBS1911 11354, clerige HuonAuvTR f. 149r, clerges MPoloB 23-6.

CLERGE

253

TL II—477 clerc s.m.; GdfC IX-108a-b; FEW II x -774a fr. clerc, aokz. clerc, clyer, clergue; Pfister 333s. clerge s.m.; Battaglia III—71as. chiirico (cherico; ant. chierco, cherco, clerico) s.m. Fr.-it. Varianten zu fr. clerc s.m., die als Versuch einer Angleichung der it. Form chierico s.m. an gallorom. Lautverhältnisse interpretiert werden können (im Afr. clerge, clergie nur als s.f. geläufig); Eintritt der Synkope erst nach erfolgter Sonorisierung (cf. Pfister); cf. noch fr.-it. clereger AspremV4Be 459, clericer AspremV6Be 655, clerigon AspremV6Be 663, cleregon PrisePampM 5090, HuonAuvPGi Gl, clericon Attilas XVI-6901, clereges s.m. MPoloB 191-14, cleregis p.pf. AspremV4Be 194. CLEVEIRE s.f., Gl «office de portier», lt. CLAVIS:

9289 Sir Diex, par cele grace qe donais a saint Piere / Qe dou saint Pare'is lui donais la cleveire, (: Piere, frere). TL 11-470 claviere s.f. «Schlüssel, Schlüsselamt» (EntreeT); Gdf II-150b claviere s.f. «serrure» (1365); FEW II 1 -765b afr.mfr. clavier, mfr. claviere «femme qui a charge des clefs» (14. Jh.-Cotgr 1611), mfr. claviere «serrure» (Tours 1365); Levy I-260bs. clavaria; Battaglia III-65b chiaveria s.f. ant. «dogana; ufficio della dogana» (Balducci Pegolötti). Hapax-Form im Fr.-It., Erstbeleg für die afr. Ableitung claviere (verschiedene Bedeutungen); im It. zur gleichen Zeit vereinzelt belegt. CLOCHE s.f., Gl «poule qui mene des poussins», lt. GLOCIRE:

14256 Celui qi vos en maine est dou nible quisin / Qui ne garde por ren a prendre le poucin, / N'a dolor de le cloche, qe il ne le rapin. FEW IV-160b Thimister clouke «poule couveuse»; Battaglia III-82a-b chiöccia s.f. Im Gallorom. dialektal als «poule couveuse» bekannt, Hapax-Form im Fr.-It., Einfluß von it. chiöccia (cf. Thomas Gl), seit l.H.13.Jh. (Fra Gidio), cf. LEI Prati valsug., bad. sup. Kramer. COBRE s . m . , G l « c u i v r e » , lt. CYPRIUM:

893 Une bellote de cobre alexandrin; 2500 cobre, 11408 id., 11410 id., 11414 id., 13850 coubre. T L I I - l 145cuivre s.m. (coivre, cuevre); GdfCIX-264b-c; FEWII 2 -1614afr. cuivre s.m. Fr.-it. Varianten zu fr. cuivre mit (möglicherweise nur graphischer) Erhaltung des vorkonsonantischen -b- und ohne Diphthongierung des Stammes (cf. CYPRUM); vgl. noch FEW II 2 -1615b η 5: «Aus dem obit, umgesetzt covre bei Moam» [Hinweis F. Möhren, Heidelberg]. COFIE s.f., Gl - , «capuchon de mailles rattache au haubert», lt. COFIA: 1966 Fors que la cofie de mon hiaume reon; 3320 cofie, 8561 id., 4941 cufie, 13168 choife, 13067 cuife, 13169 chuife; 254

cofia RolV4G 3626, cufie PrisePampM 998,3480, cofie AliscMH 6747, cofle AliscMH 1292, 5889, 6231, coflie AliscMH 2252, 5183, cuffie GuiNantVprolC 285, cofie BovoR 1830, 3552, KarletoR 1049, 1192, cofia KarletoR 3066, cofia EnfOgerS 1266, cofia ChevOgerC 1185,cii/ie PharsaleW 1215, 1495, cuffie PharsaleW 1416, chufie PharsaleW 1584. TL 11-53Iss. coife s.f. (cofie, cofia KarletoR); Gdf II-171c, C-IX-119cs.; FEW I l ^ ö a afr.mfr. coiffe; Levy I-273b cofa s.f.; Battaglia III-1035as. cuffia (ant. cufia; scüffia) s.f. Fr.-it. Varianten zu afr. coife, mit möglicher Beeinflussung in der Lautung (sofern nicht nur Graphie) von it. cüffia, cufia. adv., Gl «ainsi», lt. ECCUM + SIC: 4148 Que bien me poise quant te voi mort coisi, (: di, converti); cusi RolV4G 62,1390,5795, cosi BovoR 902,228, 3551, 3553, cusi BovoR 1981, cosi BertaC 1459,1473, cwiiBertaC 821 u.a., cosi KarletoR 102, 516, 719 u.a., RolandinC 85, EnfOgerS 1162, ChevOgerC 513,1632, MacaireM 310, 1318, HuonAuvPS1910 6834, cosy HuonAuvTR f.l29r, cussi HuonAuvPS1910 6553, chussi HuonAuvPS1910 6571 u.a., choisin AttilaS II461, coisin AttilaS XI-1439, chusi RainLesOT 676 u.a. FEW XI-572b fr. si, lt. sie; Battaglia III-883bss. cosi (dial, cusi; ant. auch cosie) adv. Entlehnung aus it. cost (cf. Thomas Gl), in fr.-it. Texten geläufig.

COISI

s.m., Gl «colline», lt. COLLIS: 4115 Aval d'un col ο il estoit monte / Se mist a corre; colli CronlmpFC 99-25. FEW II2-904b aokz. col s.m. «colline», afr. col (EntreeT; Tilander Glan), 905a η 1: «Beide belege in italianisierenden texten, daher nicht wirklich fr.»; Battaglia III-284b-c cölle s.m. Hapax-Form im Fr.-It., im Afr. nur noch einmal in einem italianisierenden Text, sonst im Aokz. und It., aus dem der fr.-it. Beleg entlehnt ist (cf. Thomas Gl).

COL

adj.pl., Gl colibeu «?», < ?: 11655 Ja ert la nuit obscure, mais il font alumer / Dos cires colibeus por lui plus honorer. Ungeklärte Form, hapax legomenon.

COLIBEUS

vb., Gl «frapper», lt. COLAPHUS: 12967 Mist brant a punte chun senblant de colpir, {: retenir, esbai'r); colpir HuonAuvBoM PG-6508, coupir «colpire» AttilaS XIII-387. FEW II2-868b afr. coupier «frapper» (selten), 875b afr. colpir EntreeT, cf. 876b; Levy I-286b colpar, copar; Battaglia III-322cs. colpire vb.tr.u.intr. Entlehnung aus it. colpire (cf. Thomas Gl); im Gallorom. sind nur Vertreter

COLPIR

255

der Konjugation auf-er vereinzelt belegt (cf. noch fr.-it. incolper «colpire» Attilas X—88). COLTER

vb.tr., Gl «cultiver», lt. COLERE: 6758 Vignes planter e la terre colter, {: fermer, drecer). FEW II2-887a afr. colter «cultiver» EntreeT (cf. b); Battaglia III-327c coltare vb.tr.disus. (Guittone). Hapax legomenon im Fr.-It., Entlehnung aus it. coltare (cf. Thomas Gl), im Gallorom. in dieser Form sonst nicht bekannt. s.f., Gl «commandement», RECOMANDANGE s.f., Gl «recommandation», lt. COMMENDARE: 15589 Senpre serai a vetre comandange, {: speranfe, senblanfe), 14287 La poüses veoir une tel acointanfe / De baiser, de segner e de recomandange, ( : a c o i n t a n 9 e , blanfe); comandange PrisePampM 3142, 3176, GuiNantVprolC 923, comandance HuonAuvBS1910 6774. TL 11-576 comandance s.f. «Geheiß, Befehl» EntreeT; Gdf II-190b commandance, comandance (PrisePampM), VI-674c recommandance (1510); FEW II2-949a mfr. recommandance «recommandation religieuse» (1510); Battaglia III-337c comandanza s.f.ant. (Francesco da Barberino). Fr.-it. Ableitungen von comander, recomander auf -ange, die im Gallorom. entweder gar nicht oder vereinzelt später in anderer Bedeutung belegt sind; die zusammengesetzte Ableitung recomandange ist hapax legomenon im Fr.-It. (cf. noch fr.-it. comandemant PrisePampM 5792, commandement PrisePampM 5644, comandise PrisePampM 2357, 5702, comandisse AttilaS XVI-3536, XVI-3561, comandis AttilaS XVI-7400).

COMANDANCE

COMENCEE s.f., G l « c o m m e n c e m e n t » , ENCOMENCEE s.f. (ms. encomece, Hs. encomefe), Gl «commencement (de l'attaque)», lt. COMINITIARE: 12128 Neporquant dites, apres lacomencee, (: achevee, lohee), 1491 quant fi 1 'encomencee, (: destinee, ponee). TL 11-604 comenciee (EntreeT), III-228 encomenciee (EntreeT); FEW II2943b afr. comenciee EntreeT, 944aencomenciee (13.Jh.); Battaglia III-355b cominciata (comenzata, comenza) s.f.ant., VII-710b incominciata (incuminzata) s.f.ant. Ableitungen von comencer, encomencer auf-ee (im Fr.-It. geläufiges Derivationssuffix, cf. Kap. 3.10.1.2), beide im Gallorom. nicht üblich, im It. bekannt als Formen auf-ata; hapax legomena im Fr.-It.; für das Fr.-It. sind in diesem Zusammenhang noch folgende Ableitungen und Zusammensetzungen zu erwähnen: comengament EntreeT 2318, 2857, comengaile EntreeT 11717, 2784, 15088, 10608, 13152 u.a., comencere «celle qui commence» EntreeT 12029, comengesson GuiNantVprolC 437, encomencer EntreeT 2052, 312,

256

2946, 5259, 233, 3188 u.a., encomengamant EntreeT 1680, 3684, 14039, scumenga 3. RainLesUP 195, scumencemo 4. RainLesUP 422, acomenger Attilas 1-1332.

p.pf.adj.f., Gl conplee «complete», p.pf.adj.f., Gl conplu «accompli, complet», COMPLIE s.f., Gl conplie «action de completer», COMPLUE s.f., Gl conplue «complement», lt. COMPLERE: 3702 Par troi parties est fete e complee, (: dolee, nomee), 15536 De l'acoler fu la joie complue, {: mue, menue), 10809 se me fetes compile / De ,VC. chevalers en ma conestablie, {: convertie, conestablie), A-125 Ci tourne Nicolais a rimer la complue / De l'Entree de Spagne, (: receiie, escondue); complu p.pf. PassChristAprfesB 564, conplu p.pf. MacaireM 1269, complue p.pf.f. HuonAuvBS1908 10642. TL 11-632 complir vb.tr., compli p.pf.adj., complement adv., 631s. compile s.f. «letzter Teil des Nachmittagsgottesdienstes», «als Zeitbestimmung», «Vervollständigung, Vollständigkeit» (EntreeT); Gdf II-209a-b complir, 208c complie s.f., C-IX-141a-b; FEW II2-980b afr. compler, afr.mfr. complir, afr. conplue «complement (d'un ouvrage)» EntreeT (982a η 2: «Form erklärt sich aus reimnot»), complie «complement (d'un corps de troupes)» EntreeT; Levy I-305bs. complir, a complida s.f.; Battaglia III-406bs. cömpiere u. compire vb., 407cs. compieta s.f.relig. Die Fortsetzung von lt. COMPLERE ist im Gallorom. sowohl in der Klasse der Verben auf -er als auch auf -ir erhalten; im Fr.-It. überwiegen eindeutig die Belege auf -ir, cf. etwa EntreeT 3835, 5886, 6576, 7915, 8045 u.a.; die adjektivische Form des p.pf. auf -ue ist im Fr.-It. mehrfach belegt, jedoch ausschließlich in Reimstellung; ein Einfluß von it. compiuto (cf. Thomas Gl) kann vorliegen; die substantivische Entsprechung des p.pf. auf-ie (-ue ist hier hapax legomenon) ist nicht nur als Terminus der (kirchlichen) Zeiteinteilung belegt (so EntreeT 2687,5786,8522 u.a.), sondern tritt auch in der allgemeinen Bedeutung «Vervollständigung, Vollendung» auf; cf. Limentani 1976 [Tr.], p. 344.

COMPLEE

COMPLUE

p.pf.f., Gl componu «compose», lt. COMPONERE: A-127 Par ce ch'elle n'estoit par rime componue, (: escondue, proveüe); componez 5. MoamT 11-13-11. FEWII 2 -984b aokz.compondre «composer; accommoder», anorm. «regier» (hap. 13.Jh.), afrb. id. (1410), afr. componu «compose» EntreeT; Battaglia III-419as. compörre (ant. auch componere) vb.tr. Im Fr.-It. vereinzelt belegte Entlehnung aus ait. componere (cf. MChioggiaFC 1-22,11-29, LExempliFC 637, CronlmpFC mehrfach), im Gallorom. sonst selten dialektal.

COMPONUE

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adv., Gl comunablement «ensemble», s.f., Gl «participation, communication», It. COMMUNIS: 13825 Pue montent a civals tuit comunablemant, {: olifant, zant), 15583 De tot le mien le ferai comunange, (: fian9e, demoranse); 14025 comunablemant; comunablement HuonAuvBS1927 11645; comunange PrisePampM 2421, 3141, GuiNantVprolC 764, comunance PharsaleW 33, 945. TL II-642s. comunable, comunablement (. . . EntreeT), 645 comunance s.f. «Teilnahme, Anteil» (EntreeT); Gdf II-196c; FEW II 2 -962a comunablement «ensemble, en commun» (13.Jh., Gdf; EntreeT; Res sauv), afr. comunance «communication» EntreeT; Levy 1-314a; Battaglia III-437cs. comunalmente adv.ant., 438a-b comunanza s.f. Comunablement mit Erhaltung des -b- ( < -ABILIS, cf. etwa probable) ist im Gallorom. wie im Fr.-It. nur vereinzelt belegt; comunance, bisher nur aus Entree bekannt, tritt im Fr.-It. mehrfach auf und dürfte auf den Einfluß von it. comunanza (14Jh.) zurückgehen (die Neubildung von Ableitungen auf -ance, oft in Reimstellung, ist in fr.-it. Texten häufig anzutreffen, cf. Kap. з.10.1.2).

COMUNABLEMANT COMUNANCE

coMUNiANfE

s.f. (ms. comanfe), Gl «communion», lt.

COMMUNICARE

(/ lt.

COMMUNIS):

15112 C'ert ma comuniange, en lou dou cors Jesus. TL 11-647comuniance s.f. (EntreeT); FEW II 2 -959b fr. communier, mfr.nfr. communiant «celui qui communie» (seit 1531); Battaglia III-438a—b comunanza (ant.u.dial. comunansa) s.f. Unsichere, vom Hg. emendierte Form, hapax legomenon im Fr.-It.; im Gallorom. ist die Ableitung von comunier auf -ange nicht bekannt; als it. Entsprechung könnte neben comunanza auch comunicanza vorliegen (Battaglia III-444b); cf. noch FEW II 2 -963a aneuch. comenance «taxe imposee aux habitants de la commune» (1410), communance (1351-1618), lt. COMMUNIS. CON praep., Gl «avec», lt. CUM: 786 Feit l'avantgarde con sa gient soudoiere; con, cun, cum mehrfach: 1495, 2038, 2163, 2202, 2375, 2961, 4317, 4352, 4384, 5427, 6855, 7326, 7540, 7670, 7763, 7851, 7919 u.a.; con, cun, com, cum, chun u.a.: AspremV6Ma 322, 456, 546, 641 u.a., RolV4G 156,760,1892,4393,4805,5343, 5679,5803, AliscMH 122,130, GuiNantVprolC 693,707, GuiNantVM 522, BovoR 1219,1228 u.a., BertaC 1140, BertaMilC 338, 131, RolandinC 205, 206, EnfOgerS 200, 352, 503 и.a., ChevOgerC 555, 363, 922, MacaireM 2821, 1730, 2278 u.a., HectPP 212, 776, 1449, 1577, 1804, 1929 u.a., PassChristNVC 429, BelrisM 544, 820, HuonAuvBS 1913 4996, HuonAuvB 9525 u.a., PharsaleW 560, 2387, EstVenL 1 - 5 7 - 3 , Attilas Gl, RainLesOT37,180,198 u.a., MPoloB 37-11, 258

75-87, 78-16 u.a., SCathB 638, 865, AquilonC f.l51r, AquilonT f. 158b, f.l71d u.a., EnanchetF 67-10. Gdf 11-216a con «avec»; F E W II 2 -1542a lt.QUOMODO, aokz. com «avec», con Agnes, awald. cum (cf. 1545b η 3); Battaglia III-449css. con (selten ant. co, cun, cum) praep. Entlehnung aus it. con (cf. Thomas Gl), im Fr.-It. häufig belegt in verschiedenen Varianten, auch mit Ausfall des auslautenden Nasalkonsonanten (MacaireM 1697, BelrisM 820, RainLesOC 303). CONDUSANS p.pr.u.s.m., Gl - , «guide», lt. CONDUCERE:

7809 Queil part les maine les felons condusans, (: reconosans, plaisans); 14905 conduisans s.m. TL II-665ss. conduire; Gdf II-227b-c; FEW II 2 -1023a fr. conduire; Battaglia III-508a—b conducente (p.pr. von condurre) adj.u.s.m. Substantivischer Gebrauch des p.pr. von afr. conduire, im Afr. meist durch die Ableitungen conduiseor und conduitor, conductor (TL 11-667, 670) mit Personalsuffix -eor ausgedrückt (auch conduit s.m., TL II-668s., Pfister 101, 342, 777, 790), cf. fr.-it. cundusor EntreeT 13841, condutour PrisePampM 1491, 3893, 4322, cf. conduxemant AttilaS XV-3322. CONEVOIR vb.tr. (ms. conuenoir), Gl «connaitre», CHONOVANCE s.f., Gl «connaissance», MESCONOVAN£E s.f., Gl mesconovance «meconnaissance», lt. COGNOSCERE:

5058 Ε prie Machon F r a n c i s nel puisent decevoir / Ni prendre ni oncir, navrerni conevoir, (: decevoir, espoir), 13189 Ne n'i avoit raisons ni chonovance, (: sentance, paciance), 15557 Enver de vos n'ai feit mesconovance, (: reveran^e, Franke); 11670 conevoit 3.imperf.tr., 7081 conovomes 4.; conovie 3. KarletoR 419, conove 3. MacaireM 3113. FEW II 1 -844a afr.mfr. conoistre, 845a afr.mfr. conoissance, 846a afr. mesconoissance; R E W 2031 aröm.altumbr. conovire «bekannt sein». Fr.-it. Varianten zu afr. conoistre, it. conöscere mit Erhaltung des intervokalen Labialkonsonanten, der ansonsten nur in den Perfektstämmen auftritt (cf. it. conobbi, lt. COGNOVI); im Gallorom. sind nur die Ableitungen (und Zusammensetzungen) auf -ance von conoissance und mesconoissance belegt; cf. fr.-it. conotre PrisePampM 2558, 5900, conous PrisePampM 964, 1846, 4698 u.a.); cf. noch s.v. reconeüe. CONFALON s.m., Gl - , «gonfanon», CONFALONER s.m., Gl —, «celui qui porte le gonfanon», anfrk. *GUNDFANO: 7514 A troi baneires et un confalon bis, 295 D'un tiel thesors est il confaloner, (: travailer, doner); 7619 confalon, 8396 confallons, 5221 cunfalun; 7239 confaloner, 5572 confeloner; 259

confallon AspremPML 37, confalon RolV4G 729, 813, 970, 979, 1089, 1150, 1316, 1335, 1470, 1919, 2015, 3198, 3249 (-U-) u.a„confalons GuiNantVprolC 158, confalon KarletoR 2897, 2907, EnfOgerS 11, 24, 353, MacaireM 2259, HuonAuvPS1908 9756, HuonAuvPGi Gl, EstVenL 2-189-4 App., confalonz MPoloB 161-17, 161-18; MChioggiaFC 3-45-24, 3-45-20, 3-47-66, 3 ^ 6 - 5 4 , 3 ^ 6 - 4 0 ; confaloner AspremFM 8346, 8373, 8453, RolV4G 105, confaloners GuiNantVM 338, confaloner EnfOgerS 272, 525, MacaireM 2268, AquilonC f,125v. TL IV—435ss. gonfanon, confanon, 437s. gonfanonier, confanonier; GdfC IX—149c; FEW XVI—102a fr. gunfanun, gonfanon, confenon, confanon, b mfr. confalon Rab, fr. gonfanonier, gonfalonier (seit Froiss), mfr. confalonier (1482); Battaglia VI-972cs.gonfalone (ant. confalone) s.m., 973cs.gonfaloniere (ant. gonfaloniero, gonfalonieri, confaloniere, confaloniero) s.m.stor. Im Fr.-It. sind die aus dem It. übernommenen Formen mit c- im Anlaut (cf. dazu FEW XVI—103a η 2, evtl. Einfluß von combattre) und intervokalem -/geläufig sowohl in der Grundform confalon als auch in der Ableitung mit dem Personalsuffix-er (cf. noch piem. confalon, FEW XVI—103a); daneben sind auch die im Gallorom. gängigen Formen mit -n- im Inlaut anzutreffen, während die Formen mit Anlaut g- im Fr.-It. seltener sind; LEI confalone mehrfach ait. CONORT1.pr.tr.,

Gl conorter, se c.

«se reconforter; considerer c o m m e un recon-

f o r t ( ? ) » , lt. *CONHORTARI:

4973 Se mestier no eüst, vos estes nostre esfort; / Bien nos veires aider, de certan le conort; 14325 dont se rit e conorte, (: morte, deporte). TL II—709s. conorter vb.tr. «jem. Mut, Trost zusprechen; stärken, kräftigen» (Brun. Lat.), «in tröstliche Aussicht stellen; tröstlichen Rat geben» (EntreeT), refl. «sich getrösten, sich freuen» (Brun. Lat., EntreeT); Gdf II-245b-c conorter, conhorter vb.tr.refl.; FEW II 2 -1051a afr.mfr. conorter (13— 16.Jh.), aokz. conortar. Conorter, im Aokz. als conortar geläufig (cf. auch Thomas Gl), ist im Nordfr. nur selten belegt, im Afr. nur bei BrunLat und in Entree, so daß es kaum als eigenständige Entwicklung des Afr. angesehen werden kann; cf. LEI conortar agen. 14.Jh. AnonimoCocito u.a. Gl conqeir « c o n q u e r i r » , s.m. (Hs. cöquiremät), Gl conqirement «conquete», CONQUISTER vb.tr., Gl conqister «conquerir», lt. CONQUIRERE: 4575 Si feite gent poit bien le grand honor conquir, {: ferir, M r ) , 3984 Ο tu avrais encue certainement / La porte overte de ton conquirement, 3601 Cro je eist segle tot a moiconquister, (: fevrer, coroner); 5956 conquir, 7926 id., 14090 id., 15361 id., 678 conquire, 8263 conquirons, 11192 id., 10413 conquist 3.p.s., 10424 id., 10431 id., 12802 cunquis 3.p.s.,

CONQUIR vb.tr.,

CONQUIREMENT

260

12 conquistrent, 932 conquirent, 2314 conquirant p.pr., 3051 id., 8048 id.; 7231 conquister, 13122 id.; conquir u.a. mit -i-: AspremV6Be 1440,39,912,1431 u.a., AspremCB1962 p.137, RolV4G 1360, 930, 825, 464, PrisePampM 196, 231, 1411, 3032, 5392, 5656 u.a., RolV7F 86-17 u.a., AliscMH 4641, GuiNantVprolC 635, GuiNantFM 103, KarletoR 1933 u.a., RolandinC 469, HectVB 702, PharsaleW 696, 1740, 2525 u.a., EstVenL 2-171-13, MPoloB 200-30, AquilonT f.l42b, f. 50d, f.l73c; conchirimant AspremFM 8296, conquiriment AspremV6Be 1415, conquirimantAttilaS XVI-4243, conquiriment AttilaS XVI—2312, XVI—4606; conquister u.a. mit -i-: AspremV6M 142, AspremCB1962 277, RolV4G 5413, 2925, PrisePampM 2487, RolV7F 2-11, C id., RolV7F 226-14a u.a., AliscMH 5112,7593, BovoR 3298,536, BovoFR 24, 1245, KarletoR 1483,1764, 2723, 3454, RolandinM 469,460, EnfOgerS 581, ChevOgerC 1730, 1732 u.a., BelrisM 1039, 369, 1175 u.a., HuonAuvBS 1927 11906, HuonAuvTM1935 5882 u.a., SMarEgizC 478, RTroieProsPC p.559, MPoloB 70-26, 78-9,163-23, 205-11, 206-11 u.a., AttilaS XIII—170, AquilonC f.92r, f,134r u.a., EnanchetF 17-14, 40-37. TL II—711s. conquerre, 710 conquerement, 712s. conquester·, GdfC IX-161b, II—246a, c conquester, conquister, C-IX-161c; FEW II2-1058a fr. conquerre, b afr. conquerement, a aokz. conquistar, mfr. conquester, conquister Brantöme; Pfister 190, 344s. conquis; Levy I—329a conquerre, 330a—b conquistar; Battaglia III—578cs. conquidere vb.tr.ant.u.lit., 579cs. conquistare, b-c conquista s.f. Im Fr.-It. sind bei den Ableitungen von lt. CONQUIRERE insbesondere die zahlreichen Varianten mit -/'- im Stamminlaut bemerkenswert; sie gehen einerseits auf den Einfluß der Form des p.pf. conquis, andererseits auf die im It. gängigen Formen von conquistare zurück (cf. Thomas Gl); im Nordfr. sind die Variationen mit-i- teils erst erheblich später belegt (conquister), teils fehlen sie ganz bzw. werden in den gängigen Wörterbüchern nicht aufgeführt; auch im Fr.-It. belegt ist conqueste s.f. (TL 11-712, Gdf II-246c, FEW II21058a), cf. EntreeT 2159, PharsaleW 2806. s.f. (Hs. Dtäfe), Gl «accointance, rencontre», lt. CONTENTIO: 6985 La oit une contance si pesme e si vilaine. TL II—763 contence s.f. «Streit, Wettstreit» (Barl. u. Jos.); Gdf II-262a contence, -anche s.f. «contestation, debat»; FEW II 2 -1103b afr. contence «contestation, debat» (13.Jh., selten), «rivalite» BalJos, aokz. contensa «lutte»; Levy I-341b contensa «Streit»; Battaglia III—649b contenza s.f.ant. «contesa» (G. Villani). Hapax legomenon im Fr.-It., im Gallorom. (und It.) vereinzelt in der Bedeutung «Streit» belegt; für die angegebene Bedeutung des fr.-it. Belegs könnte der Einfluß von contre «gegen» mitgewirkt haben.

CONTANCE

s.f., Gl «contenance, manifere de se conduire», lt. CONTINERE: 4817 Malferis le regarde e la lor contenue, (: bou^ue, vestue).

CONTENUE

2*61

TL II-768s. contenue s.f. «Verhalten, Gebaren» (EntreeT, Ren. Contref. Rayn.); Gdf II-264c contenue s.f. «contenance»; FEW II 2 -1106b contenue s.f. «maniere de se conduire, maintien» (selten, 13.Jh). Hapax-Form im Fr.-It., im Afr. selten belegte Ableitung vom p.pf. von contenir (cf. entsprechend fr. tenue); cf. noch fr.-it. continemant «maintien» EntreeT 1673, continiment AspremFM 8308 (FEW II 2 -1106b, TL II-765s.), zum -i- cf. s.v. tinans-, LEI contegnuda «contenuta» avic. Bortolan. CONTREDISOR s . m . , G l « c o n t r a d i c t e u r » , lt. CONTRADICERE:

8326 Cels le firent, ne fu contredisor, {: contor, peior). TL—792 contrediseor s.m. (Men. Reims, EntreeT); GdfC IX-182bcontrediseor-, FEW II 2 -1118b fr. contrediseur (1260-Fr de Sales, auch Chastell), aokz. contradizedor. Die deverbalen Ableitungen von contredire mit dem personalen Derivationssuffix -eur sind mit intervokalem -s- selten anzutreffen, im Fr.-It. HapaxForm; im Gallorom. (FEW II 2 -1118b, TL 11-793, GdfC IX-182b-c, Pfister 347, 779) wie im Fr.-It. überwiegen die Formen mit intervokalem -t-, cf. AspremV4Be 561, AspremV6Be 807, PrisePampM 1551, 2407, 2575, 4324, PassChristApresB 336; cf. die Simplex-Ableitung ditor EntreeT 2806 (TL 11-1963), ferner contredigon EntreeT 5690, 12750, PharsaleW 2202, PrisePampM 4264, contredimant PrisePampM 2938 (TL 11-791). CONTRIE s.f., G l « c o n t r e e » ,

ENCONTRE 3.pr.refl., Gl encontrer «rencontrer», ANCONTRIE s.f., G l « c o n t r e e » , INCUNTRAILLE s.f., G l « r e n c o n t r e » , lt. CONTRA:

13296 Prodons que atent grant gere in sacontrie, (: cunpaignie, lie), 3672 Se il s'encontre en aucuns maldisant, 11934 Ε eil l'enquiert dont estoit s'ancontrie, (: saisie, asalie), 13162 Chun il i vient davant a Yincuntraille, (: saille, graille); 14396 contrie s.f.; 8387 encontre p.pf.refl. (ms. enconte); contrie s.f. AspremV4Be 625, 632, AspremV6Be 869, 321, RolCF 85-5, contria AspremV4Be 777, contrie HuonAuvBT Iva, HuonAuvBS1927 11581, HuonAuvPM1935 8, 19; encontraille PharsaleW 897. TL 11-793 contree s.f. (contrie EntreeT), III—237ss. encontrer vb.tr.intr., 236 encontree (= contree) v. Gdf, ib. encontree (encontrer) s.f.; GdfC IX—182c contree s.f., III—115a-bencontrer vb.tr.refl., 114cencontree s.f. «rencontre», ib. «contree»; FEWII 2 -111 lafr.contree, 1113b fr. encontrer vb.tr., aokz.encontrar, se e. ab, 1111 a - b afr. ancontrie EntreeT, aokz. encontrada, cf. 1117b η 3; Levy II—449a encontrar vb.refl.; Battaglia III-669bs. contrada (ant. auch contrata) s.f., VII—730ass. incontrare (encontrare) vb.tr.refl. Contrie ist eine mehrfach belegte fr.-it. Variante zu afr. contree mit auslautendem -ie, nur in Reimstellung; encontrer ist im Gallorom. in refl. Konstruktion nur im Aokz. einmal belegt (nach TL und FEW), im Fr.-It. selten (Beein262

flussung von it. incontrare vb.tr.u.refl.); die Ableitung auf -ie (Reimstellung) in der Bedeutung «contree» ist nur aus Entree bekannt; incuntraille ist eine fr.-it. Neubildung mit suffixalem -aille (Reimstellung), nur im Fr.-It. belegt (im Gallorom. als s.m. mit suffixalem -αΐ)\ cf. noch fr.-it. inscontrament «scontro» AttilaS XV-1166, inscontre «id.» AttilaS XI-1140. COR s.m., Gl «cuir», lt. CORIUM:

8760 Son escu ne Ii vaut Ii cor d'une quintaine; cor AttilaS XI-899, XII-1749. TL II—1132s. cuir; GdfC IX-262a; FEW II 2 -1185a cuir, aokz. euer, cor·, Levy I—424bs. euer (cor)·, Battaglia III—1051css. cuoio (ant. coio) s.m. Im Fr.-It. selten belegte Variante zu fr. cuir ohne Diphthongierung, cf. aokz. cor, LEI cor 1429 aberg. Contini, ID 10,232, Parodi, A G I 1 5 ; cf. noch fr.-it. choir EntreeT 6509, chuir AttilaS XI-197. CORDEVAIRE s. (Hs. cor deuaire), Gl «cuir de Cordoue», lt. CORDUBA O N :

10050 Les eschuz trencherent come fust cordevaire, {: gaire, taire). FEW II 2 -1182a afr. corvois «cuir de Cordoue» Aiol. Hapax legomenon, Ableitung vom Namen der Stadt CORDUBA, Cordoba, im Gallorom. mit anderen Suffken belegt (cf. FEW II 2 -1182a-b). CORIER

s.m., Gl «courrier»,

CORERIE s.F., Gl «expedition d'eclaireurs», lt. CURRERE:

13764 Invoies vos corier de par tot le destroit, 4643 Cil non fu mie pis d'une vil corerie, (: a'ie, cortoisie); 4635 eoraries. TL 11-859 coreor s.m., corerie s.f. «Streifzug» EntreeT; FEW II 2 -1566a afr. coreour adj., b afr. corier «celui qui porte des marchandises achetees ä domicile» (St-Omer 1270), 1572b afr. corier «porteur de depeches, ä pied, ä cheval» EntreeT, courier (ca. 1300), mfr.nfr. courrier (seit 1464, Ba), 1570b corarie EntreeT, mfr. courerie «incursion» (16.Jh.); Pfister 350s., 756 corrieu s.m. «courrier»; Levy I-380b corrier; Battaglia III—830bs. corriere s.m., 826a correria s.f.ant. «scorreria». Entlehnungen aus it. corriere bzw. it. correria·, courrier «Bote» ist im Nordfr. erst später eingeführt worden (cf. FEW II 2 -1574a; cf. noch corsior RolV4G 4517); Hapax-Form im Fr.-It. (auch hier überwiegen die Ableitungen mit dem Personalsuffix -eor, cf. EntreeT 4621,4750,624 u.a.); daneben auch corer BovoR 3242, KarletoR 2841, BertaMilM 267, EnfOgerS 293, 503, 617, 747, ChevOgerC 507, 1213,1692; die Ableitung corerie ist nur aus Entree bekannt, im Gallorom. dann später (16.Jh.), entspricht it. correria (G. Villani). CORIN adj., Gl «qui souffle du nord-ouest», lt. CAURINUS:

11532 Se vient vos vant ni levant ni corin, (: fra'fn, domin). 263

DEI U l l a carina s.f. (16.Jh.), 1117a cdro s.m. (Dante); Georges 1039 CAURINUS «vom Nordwestwind». Hapax legomenon im Fr.-It., It. CAURINUS (cf. Thomas Gl), LEI ies. curina, abr. -ine s.f. MerloNuovePostilleREW, cf. Alessio A G I 2 9 , 1 2 3 , abr. DAM, f e r n e r lt. CAURUS. CORINE s.f., Gl «coeur», lt. COR:

6957 Che l'invoia Isores a le tranche corine, (: serpentine, frasenine); chorin s.f. HuonAuvBS1908 9706 (De eil qi ovra toe mort por soe male chorin, (: acerin, Chain)). TL 11—862 corine s.f. «phys. Eingeweide», «psych. Herz, Sinn» EntreeT, «psych. Groll, Kummer, Sorge, Streit»; Gdf II—303a-b corine s.f. «ce qui tient au coeur, les entrailles»; FEW II2—1170b aokz. corin adj. «du coeur», aokz. corina s.f. «coeur», afr. corine EntreeT, agn. «entrailles»; Pfister 350, 745 de grant corine «avec entrain, de grand coeur»; Levy I—369b corina «Herz»; Battaglia III-782a corina s.f.ant. «cuore» (Giacomo da Lentini). Im Fr.-It. vereinzelt auch in der Bedeutung «Herz, Sinn», cf. ait. und aokz. corina (afr. meist in anderen Bedeutungen). s.m., Gl «preparatif», «banquet», got. REJ>S: 653 Ja erent fetes la noce et le coriu, {: 9m, reliu). TL 11-716ss. conror, Gdf II-248bs.; FEW XVI-696b afr.mfr. conroi; Levy I-330bss. conre, conrei; Battaglia III-813bs. corredo s.m. Fr.-it. Variante zu afr. conroi, it. corredo, in Reimstellung, Hapax-Form (Torraca 1923, p. 213, gibt als Bedeutung für den Beleg: «il corredo, il banchetto, non il preparatif»)·, sonst im Fr.-It. nur die auch im Gallorom. geläufigen Formen coroi etc., cf. RolV4G 5601, 4417, PrisePampM 2644, 5248, 502, 3959, 4604, 5810, 3237 u.a.

CORiu

CORLEE p.pf.f., Gl corler «secouer», lt. *CORROTULARE: 3493 Le Türe s'an rit, s'a la teste corlee, (: sevree); corler MacaireM 1185, corli p.pf. MacaireM 466. TL II—1090ss. croler vb.; Gdf II-382a-c croler, C-IX-255b; FEW II 2 -1228b afr.mfr. croler-, Battaglia III-1004bs. crollare vb.tr. Fr.-it. Varianten zu afr. croler mit r- Metathese, vereinzelt belegt (ansonsten wie im Afr., cf. PrisePampM 992, 1152, AttilaS Gl). CORSAGE s.m., Gl «course», SCORSAGE s . m . , G l « c o u r s e » , lt. CURSUS:

6023 Droit a la porte s'an vient a grant corsage, (: lengage, Aufage), 10854 Ε Frans les detrencerent encaufant a scorsage, (: salvage, parage); 12941 corsage, 11822 corsaige. FEW II 2 -1576b afr. corsage EntreeT, 1577b afr. scorsage EntreeT. Beide Formen sind Hapax-Bildungen aus Entree, Ableitungen von afr. cors, fr. cours, bzw. afr. escors (afr.mfr. escourser) mit suffixalem -age. 264

CORSU a d j . , G l « e l e v e » , lt. CORPUS:

7352 chi furent au soler plus corsu / Unt bien deden£ les civaler veü, (: batu, veü). TL 11—913 corsu adj. «beleibt, stark, kräftig»; Gdf II—318a corsu «corpulent»; FEW II2—1212b afr.mfr. corsu «corpulent, robuste». Aus dem Kontext ergibt sich die nur aus Entree bekannte Bedeutungsverschiebung zu «eleve» anstelle der ansonsten im Afr. geläufigen Bedeutungen. COSTRAL s . m . , G l « c o t e a u » , lt. COSTA:

2210 Le vient encontre par delez un costral, (: celestial, al). TL II—935s. costel, costal·, Gdf II-323c, C - I X - 2 1 1 a ; FEW II 2 -1248b afr. costel, costal, aokz. id., cf. 1253b η 23; Levy I-388b costal. Ableitung von afr. coste mit Einschub eines -r- vor dem Suffix -al < -ALE, Hapax-Form aus Entree; cf. nochcostiaus pl. AttilaS 1-758, ansonsten wie im Gallorom. (EntreeT 3453,6155,8735,11029 u.a.); cf. LEIcostrai «pezzi di tavola, che formano l'intavolatura, il suolo delle piccole barche» a.venez. 16.Jh. CalmoRossi. COSTUMER vb.tr., Gl «s'accoutumer ä», COSTUMANCE s.f., G l « c o u t u m e » , lt. CONSUETUDO:

4507 Ε costumer le cald e le froid e la bise, 2182 Ο il n'eüsent de voler costumance, (: nigromance, sperance); 3894 costumance·, costumange PrisePampM 3157, costumance MoamT Gl (mehrfach), constumance MoamT Gl, costumange PassChristNVM 22, HuonAuvPS1910 6776, costumance HuonAuvBS1910 6776, costumanza HuonAuvTS1910 6776, costumance HuonAuvBS1908 10498, costumange HuonAuvPS1908 10498, 9159,costumanza HuonAuvTR f. 149v, costumanse HuonAuvBS1913 4768, costumance PharsaleW 2436. TL 11-945 costumer vb.tr., 943 costumance; Gdf II-327a-b, 326c; FEW II 2 -1091a mfr. coustumer «v.a. accoutumer; v.n. s'accoutumer» (14.Jh.), afr.mfr. costumance «habitude» (seit 13.Jh., noch Montaigne); Levy I-392bs. costumar; Battaglia III-911cs. costumare, b - c costumanza. Costumer in trans. Konstruktion in der Bedeutung «s'accoutumer ä» ist nur selten belegt (cf. noch die fr.-it. Form costrumer AspremV6Be 732); die Ableitung auf -ance ist im Fr.-It. geläufig und geht auf den Einfluß von it. costumanza (cf. Thomas Gl) zurück (im Gallorom. vereinzelt belegt). COUBES s.pl. (ms. cöbes), Gl coube «coudee», lt. CUBITUS:

845 .XII. coubes fu long, ce est voir sans boisdie. TL 11—947 cote, code, keute; Gdf II—342a coute, cote, keute, code, coubde (Brun.Lat.), coulde, goude, C-IX-232b coute; FEW II 2 -1450a afr. code, coubde, goude, coube (EntreeT), aokz. code, cobde; Pfister 354 cote, 337s. coide; Levy I—274bs. coide, code (cobde). 265

Fr.-it. coube «Elle» ist Hapax-Form im Fr.-It. mit Erhaltung des intervokalen -b-, im Gallorom. vereinzelt in der Graphie-bd- (coubde, cobde) bewahrt (cf. it. gomito, ant.u.dial. auch gombito, gombitto, Battaglia VI-968as.).

COUTRE s . f . , G l « c o u v e r t u r e » , lt. CULCITA:

7953 Sor une coutre lavoru en Gre^ois / S'asist le duch; coltra BertaMilC 334, HuonAuvPGi 300. TL II-967s. coute, coite, queute (keute); Gdf II—333b coulte, queute, keute, C-IX—232b-c; FEW II 2 -1492b fr. coite, afr.mfr. coute, afr. coutre (EntreeT; Joufr; Gay), mfr. id. Cotgr 1611, aokz. coltra (1448, Pans); Pfister 100, 339, 783 coite; Battaglia III-333a-b cöltre (ant. coltra) s.f. Die fr.-it. Formell mit-r-, im Gallorom. nur vereinzelt anstelle von coute belegt, gehen auf den Einfluß von it. cöltre, coltra (cf. Thomas Gl), Ableitung von it. cöltrice, splt. CULTRIX, CULCITRA/ COLCITRA (Battaglia III-333c), zu-

rück.

COVERTE s . f . , G l

« p o n t » , l t . COOPERIRE:

11643 Por enging e por cordes ont mis Ii bon destrer / Sor la prime coverte ο fu Ii dos saumer; coverte s.f. «Deck, Schiffsdeck» MPoloB 159-8, 159-9, cuverte MPoloB 27-28 (cf. Gossen, p. 140). TL II-993s. coverte s.f. «Deckung, Schutz;. . . Decke; Deck»; Gdf II-345a couverte s.f. «baie, port; pont», 350a-b coverte, couverte s.f. «couverture»; FEW II2—1144a fr. couverte «couverture de lit»; Battaglia III-742bs. coperta (ant. coverta) s.f. «11. II ponte superiore ο principale della nave» (Marco Polo volgar.). Coverte in der Bedeutung «Deck (eines Schiffes)» ist im Gallorom. und im Fr.-It. nur selten belegt (im It. seit Marco Polo volgar., l.H. 14.Jh.); zu den geläufigen Bedeutungen («Decke») cf. fr.-it. EntreeT A—101, 8216, AttilaS XVI-6699, SCathB 1145, AquilonT f.87d. CRESUS p.pf.pl., Gl creistre «croitre», lt. CRESCERE:

4356 Cresus Ii sunt tel dex mil enemis; cresu p.pf. AspremV6Be 994,1501, cresue RolV4G 1948, creisuz AliscMH 5826, cressu GuiNantVprolC 649; BovoR 626, AttilaS XIII-1851, RainLesOT 485, 500. TL I I - 1 0 8 3 S S . croistre (creu p.pf.); Gdf II-380c, C-IX-244b; FEW II 2 -1323a afr. creistre, b afr.mfr. croistre, 1329a η 1: p.pf. nant. cressu, aokz. cregut, creigut Jaufre; Battaglia III—957css. crescere vb.intr. (p.pf. cresciuto). Im Fr.-It. ist neben der im Afr. üblichen Form des p.pf. creü auch die von it. cresciuto (cf. Thomas Gl) beeinflußte Variante cresus geläufig (selten und dialektal auch im Gallorom., cf. FEW). 266

vb.tr., Gl «crier», lt. QUIRITARE: 6740 Le roi Marsile oit feit son ost crider, (: fer, asembler); 6750 crider, 7227 id., 11266 cridant p.pr., 410 credans p.pr.adj.; crider BovoUR 18, BovoFR 150, 192 u.a., HuonAuvPS1908 9513, cridir HuonAuvPM1935 317 u.a., cridar RainLesUM 119 u.a. TL II-1057SS. crier, Gdf II-373a-b, C-IX-249cs.; FEW II 2 -1484b fr. crier, aokz. cridar; Levy I-414as.; Battaglia VII—40as. gridare (ant. cridare) vb. Fr.-it. Varianten mit Erhaltung des intervokalen -d- unter dem Einfluß von it. gridare, ait. cridare, auch beim Nomen, cf. fr.-it. cride HuonAuvTM 6017, HuonAuvTS 1910 6886 u.a., cridore HuonAuvTS1913 4998; LEI ait. mehrfach; cf. noch rescrie 3.pr.tr. EntreeT 8518, rescriant p.pr.tr. EntreeT 3325.

CRIDER

CRISTINITES

s.f. (Hs. cristinistes, s evtl. durchstrichen), Gl - , «christianisme», lt.

CHRISTI ANUS:

161 Por confondre et destruir vos et Cristinites, (: Frates, soiez); cristiniti AspremV4Be 123, cristianite AspremV6Be 137, cristiniti AspremV6Be 1223, cristianite AspremV6Be 401, 757, cristianiteς AspremV4Be 890, crestinite AspremV4Be 1175, crestiniteg AspremV4Be 131 u.a., crestenite RolV7F 202-13b, 254-16, crestinite AliscMH 3434, crestenete BovoR 3297, BertaC 225, cristenete KarletoR 2347, 2546, cristenetes KarletoR 2988; BertaMilM 198, RolandinM 466, EnfOgerS 257,169, ChevOgerC 240, 276, 847, 1105, 1111, MacaireM 1519, 957, HuonAuvBS1908 10253, HuonAuvBS1927 (cristiniti), SCathB 44 (cristiniti). TL II-1038s. crestiente, 1038 crestianite-, Gdf II—130cs. chrestiente, crestianite, christianite, C-IX—87cs.; FEW II1—655a afr. cristienti; Levy I—411b crestianetat, crestiantat; Battaglia III-983a—b cristianitä s.f.ant. Fr.-it. Varianten zu afr. crestl'ente, crestianiti, z.T. lautlich beeinflußt von it. cristianitä. adj.f., Gl croi «mauvais», gall. *CRODIOS: 6868 Bien say le nombre de tot cele jent croie, (: mantiroie, moie); 13252 croie adj.f. TL 11—1071 croi adj. «schlecht, schlimm» (. . . EntreeT); Gdf II-377c crois adj.; FEW II2—1358a afr. croi «mauvais, mechant» (13.Jh., poit. bourg., TL; EntreeT); Battaglia III—1004a cröio (selten crogio) adj.ant.u.lit. Im Fr.-It. nur aus Entree bekannt, beeinflußt von it. croio (cf. Thomas Gl); im Afr. selten dialektal belegt.

CROIE

s.f., Gl «cliquetis», lt. CRUX: 10070 Oit une grant croisie de lances e d'escus. GdfC IX—254c croisiee s.f.; FEW II 2 -1374b. Unsichere Hapax-Form aus Entree, Ableitung von afr. crois, möglicherweise auch zu interpretieren als fr.-it. Variante zu croisseis, cf. Thomas App. («Peut-etre faut-il corr. Oit un grant croisseis»), dazu FEW XVI-425a afr.

CROISIE

267

croisseiz s.m. «craquement» (Wace-13Jh.), anfrk. *KRUSSJAN; cf. noch fr.-it. crusee s.f. «crociata» EstVenL 1—49—5. CRONICAL adj., Gl «en forme de chronique», CRONICHA 3.p.s.tr., Gl - , *cronicher «rapporter dans une histoire», CRONOis s.m. (ms. A corois, Β corois), Gl «chronique», lt. CHRONICA: 10224 Mais bien dit e tesmoigne l'estorie cronical, {: portal, jornal), 3216 Que tot ses auvres dou rief trosqu'en la fin / Cronicha totes en escrit por latin, 108 ce nos conte el cronois, (: corois, campois); 48 croniquee p.pf.adj.f. TL 11-1093 cronical adj. «chronikartig» (EntreeT), 1094 crortiquer cf. Gdf, ib. cronois s.m. «Chronik» (EntreeT); Gdf II—383cs. chroniquier vb.; FEW II1—657b mfr. cronical «redige en forme de chronique» (EntreeT; dazu chronicalement «en forme de chronique», 16.Jh., hap.leg.), mit Suffw. mfr. cronois «chronique» EntreeT, a mfr. croniquier vb.tr. «rapporter dans uns histoire» (Ende 14Jh.; ca. 1510), croniquer (14.-16.Jh.); Battaglia III-1009a cronicale adj. Alle drei Formen sind im Fr.-It. nur aus Entree bekannt; die adj. Ableitung cronical ist Erstbeleg für das Gallorom., im It. seit Ende des 13.Jh. cronicale (Bibbiä volgar.); croniquer ist im Mfr. vereinzelt belegt, bemerkenswert für das Fr.-It. die Graphie -ch-; cronois, handschriftlich in der Stammsilbe nicht einwandfrei überliefert, bildet ein fr.-it. hapax legomenon mit Suffixwechsel in Reimstellung. CROUSOIT 3.imperf., Gl crouser «murmurer», anfrk. *GROGATJAN: 10098 Tiel saut fist le destrer, dont maint crousoit envis. TL IV—679ss. grocier, groucier; Gdf IV—369a—c groucier, croucier; FEW XVI-90b afr.mfr. grucier vb.intr. Hapax legomenon im Fr.-It.; bemerkenswert sind der im Afr. seltene stimmlose Anlaut mite- (cf. Thomas Gl) sowie die Verwendung in trans. Konstruktion (denkbar wäre auch eine Interpretation der Form als fr.-it. Variante von afr. creistre, cf. s.v. cresus, die semantisch gut in den Kontext passen würde). CUBES s.f.pl., Gl cube «tente», ar. QUBBA:

428 De tendes et de cubes de ceir drais de paraje; 7564 cubes pl.; cubes pl. HuonAuvBS1927 11929 (Tendes et cubes alirent tot leisant). TL 11-1110 cube s.f. (EntreeT); FEW XIX-96b cube EntreeT. Nur aus dem Fr.-It. bekannte Varianten zu afr. aueube mit Aphärese des Anlauts (möglicherweise durch Deglutination des Artikels bei Formen wie *acube); LEI euba, eubba in anderen Bedeutungen. CUNSENTERE adj.f. / s.f. (Hs. cun setere), Gl «consentante», ACONSENTIR vb.intr., Gl «consentir», lt. CONSENTIRE:

268

12693 Juger Ten poise, s'elle n'est cunsentere, (: arere, desfere), 3124 Se Machomet degnast aconsentir / Que, (: devenir, honir); 11743 acunsentir. TL II—732s. consenteor s.m.; Gdf II—252b, I—71b aconsentir vb.intr. (Brun.Lat.); FEW II2—1062b afr.mfr. consente(o)ur «celui qui consent» (12.-15.Jh.), aokz. consentidor (13.Jh.), afr. aconsentir a «adherer ä» (13.Jh.), «permettre» EntreeT, aconsentir vb.tr. «accorder» EnfGuill, 1063a η 6 it. acconsentire4, Levy I-336bconsentidor4, Battaglia III—590c consentitore adj.u.s.m.ant., I-101b-c acconsentire vb.intr. (Dante). Cunsentere ist eine nur selten auftretende fem. (adjektivische) Variante zu afr. consenteor, Ableitung von consentir, das im Fr.-It. vereinzelt auch mit präfixalem a- (cf. s.v. abrandissant) belegt ist, Einfluß von it. acconsentire; cf. LEI ait. Monaci consentere vb. CUTE s.f., G l « p r e s s i o n » , lt. *COCTARE:

8387 Che encontre se furent a cute d'esperons. TL II-549s. coite, cointe s.f. (cuita KarletoR, cute EntreeT); Gdf II-178a-b coite, cuite; FEW I l M ^ l a afr.mfr. coite; Levy I-270bs. cocha. Fr.-it. Variante (Hapax-Form) zu afr. coite (vereinzelt auch im Afr. cuite, cf. dazu fr.-it. EntreeT 7485, KarletoR 1126); LEI cüita AIS Liguria, kuita Pigna (lig.) Merlo, ID 17—21, coita a.ast.l6.Jh. AlioneBottasso, cuita piem. Levi (verschiedene Bedeutungen). DA praep., Gl «de», lt. DE (AB): 49 N'estoit bien entendue fors que da gient letree; da: 142, 256, 291, 374, 406, 438, 954, 1088, 1122, 3276, 3651 u.a., dau: 4385, 4413,4558, 6907, 7946; da, dau, dal, das u.a.: AspremV4Ma p. 143, AspremV6Ma 51,326,403,470 u.a., AspremCB1962 p. 134, p. 140 u.a., RoIV4G 272, 5892, PrisePampM 1097, 5461, AliscMH 1250, 1518, 4366, 5239, 7176, 1133, 1524, 2665, 4128, 4648, 6211, 6961, 7519, GuiNantVprolC Gl, GuiNantVM 354, 405, 429, 484, 489 u.a., BovoFR 300 u.a., BertaC 46, 61, 500, RolandinC 307, EnfOgerS 1219, ChevOger 365, 849, 1984, MacaireM 32, 165, 845, 961, 1074, 1424 u.a., HectPP 726, 1528, 1648,1649,1652 u.a., PassChristNVM 70, 71 u.a., BelrisM 314, 428, 475, 532 u.a., CinqagurR 3-6, MoamT Gl, HuonAuvBS 1908 10529, HuonAuvBS1911 11233, HuonAuvBS1927 11781,12153,12203,12232 u.a., JugAmF 230,537, SMarEgizC 94,95 u.a., PharsaleW 2796,2958,3029,3030 u.a., AttilaS Gl (cf. Peisker pp. 97-101), RainLesOT 257, 331, 347, 368 u.a., FolLancLB IX-267-339 (p.200), SCathB 137, 357, 1728. FEW III-21a fr.aokz.nokz. de, aokz. da; Levy II—la da, daz; Battaglia III-1085bss. da. Entlehnung aus it. da (cf. Thomas Gl), in fr.-it. Texten geläufig, auch in verschiedenartigen Zusammensetzungen (auch aokz.). 269

adj., Gl - , «digne», lt. DIGNUS: 13983 Ja non doit etre daigne de preudome loer; 4168 daigne, 5876 id., 12416 id., 8462 deigne, 15575 degne, 2021 daignes\ dagne PharsaleW 751, daingne PharsaleW 1075, dagne AttilaS 1-487, dogne Attilas VII-100, doigne MPoloB 205-15, 206-16. TL II—1926s. digne·, GdfC IX-381cs.; FEW III-78b afr. digne, awald. degne, &okz.denh\ Levy II—88a—bdenh\Battaglia IV-130as.degno (ant.digno) adj. Im Fr.-It. mehrfach belegte Variante zu afr. digne, die im Vokal der Stammsilbe beeinflußt sein kann sowohl von it. degno als auch von der Lautung der Verbalform afr. deignier (cf. fr.-it. EntreeT 739, 13237, HuonAuvBS1908 9415).

DAIGNE

DAINS adv., Gl «dedans»,

adv. (ms. en daus), Gl «dedans», lt. DEINTUS: 9313 Ε eels dains lancerent pieres et dars et paus, 2960 Quant ne poez Rollant endans mener; 8975 dainz, 9000 id., 9477 id., 12135 deinz; dens adv. PrisePampM 5741, dens adv. PharsaleW 2087. FEW III—31 a afr.mfr. denz, dens, mfr.nfr. dans; Β attaglia VII—7 91 b-c indentro (ant.u.pop. indrento) adv.disus. Dains ist eine fr.-it. Variante zu afr. deenz, deans, deinz (Greimas), adverbial gebraucht für «dedans»; endans entspricht in der Zusammensetzung mit dem präfixalen en- der it. Form indentro (lt. DEINTRO, cf. s.v. dentre, ferner FEW IV—784a aflandr. endeans), Hapax-Bildung im Fr.-It., jedoch handschriftlich nur erschlossen. ENDANS

l.cond.tr., Gl (cond.pr. 1 de donner, d'apres l'ital. daria), lt. DARE: 15656 De ta richece non daroie un boton. FEW III-14b aokz. dar, afr. deri «je donnerai»; Pfister 95, 360s., 742 dar; Levy II-8bs. dar ·, Battaglia IV-24css. dare vb.tr. Entlehnung aus it. dare, daria (cf. Thomas), ansonsten von lt. DONARE, afr. doner, cf. für das Futurum donrai PrisePampM 6074, donrons PrisePampM 5905, 5397, dondrons EntreeT 4763, donroge 1. cond. (ms. douroge) EntreeT 3272.

DAROIE

vb., Gl «abaisser», lt. *BASSIARE / BASSUS: 5245 J'ai maintes fois veüz, por depriser / Son enemi, l'orguelos debaser, (: depriser, danger); 12641 debeiser, 13561 debasent, 7744 debase, 12299 id., 4212 debassee, 12044 debassis, 5364 debasez. FEW I—273b aokz. debaisar «baisser de prix; reduire une charge», 274a fr. bas·, Levy II—18a—b debaisar; Battaglia IV—341cs. dibassare (disbassare) vb.tr.ant.

DEBASER

270

Im Afr. nicht bekannte Zusammensetzung mit präfixalem de-, entlehnt aus it. dibassare (G. Villani), cf. Thomas Gl sowie die Belege aus LExempliU 866 [Gl]· DEBATUE V. BATIST DEBITEMANT V. DOVE

3.pr.tr., Gl dechastier «encourager (ä mal faire)», lt. CASTIGARE: 5779 De folloier les autres dechastie, (: envai'e, Marie). TL 11-1248 dechasäer vb.tr. «ermahnen, ermuntern» (EntreeT); FEW II1—472a afr. dechastier «encourager, exhorter» EntreeT. Zusammensetzung von präfixalem de- mit afr. chastier, hapax legomenon.

DECHASTIE

vb.tr., Gl «faire tomber, au fig.», lt. DECLINARE: 351 Quant il veult son nemi decliner en servaje; decliner vb.tr. «incliner» MoamT 1-31-9. TL II-1255ss. decliner vb.intr.refl.tr. («ablehnen»); Gdf II-446a-b decliner vb.intr.refl.tr. («repousser; alterer, changer»); FEW III-26a afr. decliner-, Levy II-30as. declinar; Battaglia IV-84css. declinare vb.intr., tr. «calare, far discendere; piegare, volgere in basso; far cadere, far precipitare». Bemerkenswerter Gebrauch von decliner in trans. Konstruktion in der fig. Bedeutung «faire tomber», cf. «far cadere» im It. (im Gallorom. in dieser Bedeutung weniger bekannt; decliner intr. ist auch im Fr.-It. geläufig; cf. noch adecline p.pf.refl. AspremV4Be 1328, dazu FEW III-26a afr. adecliner «pencher» hap.leg.).

DECLINER

s.f., Gl «defense, protection», lt. DEFENSA: 13156 Pur ch'il retorne sa vie a defensaille, (: sablonaille, meaille); defensaille s.f. ent[r)aine vor: «Ci manca unar; il cavallo, che pasce, trascina, entraine le sue redini»; es ist jedoch anzunehmen, daß diese interessante fr.-it. Form eher zur Familie des im Gallorom. 301

nur selten belegten got. TAHEINS «Zerstreuung» gehört (Hinweis M. Pfister), nicht zu lt. "TRAGINARE (cf. s.v. entrainer). ENTANCE s.f., G l « i n t e n t i o n » ,

s.m., Gl «intention», lt. INTENDERE: 463 Cun grant amor e boneentance, (: creance), 2860 Se vos avez nul bonentendiment (Hs. eutedimet), (: gient, reconfortamant); 476 entance, 8031 entance; 3978 entendiment (Hs. eutedimet), 4481 entendiment, 5720 id., 13740 id., 2865 entindimenf, entance PrisePampM 540, HectVML 398,entange ChevOgerC 1266, entance HuonAuvBS1910 6766, entange PharsaleW 929; entendiment PrisePampM 4019, entindiment PrisePampM 5639, entendimant PrisePampM 5790, entendiment GuiNantVprolC 719, entendement GuiNantVprolC 727, entindimant BertaC 1158, entendiment PassChristNVC 389, entendimans PassChristNVC 235, entendiment HuonAuvBS1908 10025, intendiment HuonAuvPS1908 10025, yntendimento HuonAuvTR f,141r, HuonAuvTS1910 6946, intendimant HuonAuvPGi 961, intendimento SMarEgizC 422, entendimant MPoloB 124-38, entendement PNovMemK 2-10-182 [Gl], intendemento LExempliFC 2192. TL III—568 entence s.f. «Absicht, Vorhaben, Meinung» (PrisePampM), 570s. entendement s.m., Gdf III-250a entance s.f. «intention» (PrisePampM), 255a—b entendement s.m., C—IX—481a; FEW IV-740b afr. entance s.f. «intention» (ca. 1343, cf. 745b η 10: «Unsicher, weil italianisierender Text»), 741a afr.mfr. entendement (ca. 1160-15. Jh.); Levy III—62bs. entensa s.f., 47ass. entendemen s.m.; Battaglia VIII—212cs. interna (entenza, intensa, intensia) s.f.ant. «intenzione, proposito, determinazione; desiderio, aspirazione», 202bss. intendimento (ant.dial. entendimento, intendemento, entendeminto, entennemento) s.m. «... intenzione, disegno, proggetto». Fr.-it. entance ist beeinflußt von it. intenza, das als Derivat von aokz. entensa zu interpretieren ist (Battaglia VIII—213a), während die Form im Nordfr. selbst nicht bekannt ist; entendiment, Ableitung mit suffixalem -iment, ist im Fr.-It. wie im It. geläufig (cf. Thomas Gl) auch in der Bedeutung «intention»; cf. noch die Ableitung mit suffixalem -ance, entendance RolV7F 271-18, entendange MacaireM 1775; LEI intendimento mehrfach. ENTENDIMENT

vb. (ms. eutraines), Gl «ecarteler», lt. *TRAGINARE: 6178 Feites ce glot entrainer a cheval. GdfC IX-485a entrainer vb.tr. «trainer avec soi»; FEW XIII 2 -168b afr. entrainer vb.tr. «emmener (qn) avec soi» (Wace; BenSMh), «empörter» Aliscans, «tirer ä soi» Bedel. Die mögliche Bedeutungsverschiebung von entrainer zu «ecarteler» (nur in Entree) läßt sich auf die Grundbedeutung der im Afr. nur vereinzelt belegten Ableitung zurückführen (cf. noch e\n\raine 3.AliscMH 4461), doch ist die semantische Interpretation von Thomas nicht sicher, cf. Torraca 1923, p.240,

ENTRAINER

302

«entrainer non significa punto . Questo e l'effetto, entrainer la causa, ο il mezzo»; nicht zu dieser Gruppe gehört fr.-it. entaine (cf. s.v.). ENTRAVAÜRE V. TRAVAUS ENTRESEÜS V. SEGUIR

ENTREÜRTENT 6.pr.refl., Gl - , *entreürter «se heurter l'un contre l'autre», anfrk. *HORT:

1368 Car les destrers s'entreürtent a pis; 8626 entreürterent 6.p.s.refl. TL III—636 entrehurter v. Gdf; GdfC IX-^88a entrehurter vb.refl.; FEW XVI—273b fr. entre-hurter vb.refl. (Wace-15. Jh.). Im Fr.-It. (Entree) wie im Afr. nur vereinzelt belegte Zusammensetzung. ENUIT V. NOTER

ENVASEMANT s.m. (ms. euasemant), G\ e[n\>asement «attaque», lt. INVADERE:

8572 Sor cels de Tortolose font un envasemant, (: devant, tallant); envasament MacaireM 2350, envaisemant HuonAuvBS1927 12267, invasament AttilaS V-527. FEW IV—786b afr. envaissement (12.—13. Jh.), envaiment BenSMaure, aokz. envazimen; Levy III-98bs. envazimen, es- s.m. Viersilbige fr.-it. Variante zu afr. envaissement (5-silbig), die in der Lautung der aokz. Form envazimen entspricht; cf. noch fr.-it. invasoit 3. Attilas 1—375, envaiement PrisePampM 4035, enväison RenMontVT 1645, invaision AttilaS XVI—2166; LEI envagimento agen. Flechia, ait. Monaci. ENVIE 3.pr.refl., Gl env'ier «se dinger», lt. INV1ARE:

3288 Ο voit Rollant, en cele part s'envie, (: seisie, florie); 11930 envie 3.pr.refl. TL III—727ss. envoiier vb.tr.refl. («sich auf den Weg machen, sich in Bewegung setzen»); Gdf III—316a—b envier, -oier, anvoer vb.tr.refl. («se mettre en voie»), C-IX-494cvb.tr.; FEWIV-796a afr. enveiier vb.tr.; Levy III-108bs. enviar vb.tr.(refl.); Battaglia VIII—431cs. inviare (ant. enviare, inveare) vb.tr.intr. In Entree (wie vereinzelt im Afr.) auch in refl. Konstruktion gebraucht (cf. noch fr.-it. enuoie p.pf. AspremV4Be 719, enuogie p.pf. AspremV6Be 1002, 1009); LEI inviare auch refl. in ait. ScuolaSicPanvini. ERANCE

s.f., Gl «allure rapide»,

EREEMANT adv., Gl erreemant

«rapidement», lt. ITERARE:

2207 Vers Feragu se mist a gran erance, (: Constance), 4601 Oliver et Hestous monterent ereemant, (: Bruant, vaillant); 303

aireemant, aiureement, iureamant, iureament u.a. «prontamente, subito, impetuosamente, adiratamente» AttilaS Gl, aireamant «furiosamente» RolV4G 4853. TL III—768 errance s.f. «Wandel», metre en errance «in Gang, auf den Weg bringen», 779 erreement adv. «rasch, schnell» v. Gdf; Gdf III—330b—c erreement adv. «vivement, promptement»; FEW IV—825a afr. estre en errance «se promener» Florence (b η 3: «Daraus entlehnt ait. eranza»), a afr. erreement adv. «promptement» (ca. 1285). Erance, lt. ITERARE, ist im Afr. vereinzelt in adverbialen Wendungen erhalten, im Fr.-It. ist es in der Bedeutung «allure rapide» Hapax-Form (nicht hierher gehören erance «inquietude» in EntreeT 15580, AttilaS Gl); neben ereemant treten im Fr.-It. für «rapidement etc.» auch erraument, eremant u.a. auf (EstVenL 1-9-6, 1-20-5, 1-20-6, 1-20-8, 1-21-3, 1-22-4, EntreeT 15025, 15256, 13807, PrisePampM 1010, BovoR 1603). EREMIT s . m . , G l « e r m i t e » ,

s.m., Gl «ermitage», lt. EREMITA: 9700 Ne ousent 9a entrer nei's Ii eremit, (: samit, benedit), 14749 Or sont enz le remite Ii dui ensanble entre; 15166 heremite s.m.; heremit AttilaS XV-960; remito «ermite» HuonAuvPS1908 9168, romito HuonAuvTR f.l46v, SMarEgizC 854. TL III—765 ermite, hermite s.m.(u.adj.), VIII-740s. remite «Einsiedelei» (EntreeT); GdfC IX-501 b ermite s.m. (heremytes); FEW III-236a afr.mfr. hermite, aokz. ermita\ Levy III—126b ermita s.m.; Battaglia V—237b-c eremita (eremito) s.m.; DEI 3227b remita, -o s.m. (13.u.l4.Jh.) ant. «romito». Eremit mit Erhaltung des zwischentonigen-e- ist im Fr.-It. unter dem Einfluß von it. eremita vereinzelt belegt, es überwiegt aber die auch im Gallorom. übliche Form ohne -e-, cf. EntreeT 14675, 14687, 14708, 14780, 14796, 14843, 14878, 14886, 14892 u.a., z.T. im ms. mit -e- , remite mit Aphärese des anlautenden e-, ebenfalls von it. remita, romito beeinflußt, ist im Gallorom. sonst nicht bekannt (in der Bedeutung «ermitage» nur in Entree); cf. noch fr.-it. eremitajes MPoloB 177-37, remitant s.m. HuonAuvPS1908 f.l03b-10-62; cf. LEI eremita «eremitaggio; luogo solitario» ait. KahanePortolani. REMITE

s.m., Gl —, «orgueil», adj., G l - , «orgueilleux», ORGULLY 3.p.s.intr., Gl orgullir «bouillir d'orgueil (en parlant du sang)», anfrk. *ÜRGÖL!: 12427 Sovant seult bien grant erguel decahir, 12507 Li ergolos Pelias le sesi, 12515 Cil le prend, cui tot le sang orgully, (: Tuaparly, croisi); argoi RolV4G 1883, argoio RolV4G 1569, 3337, 3399, arguel RolV7F A9—W,argolio HuonAuvTM1935 5999, HuonAuvTR f. 125v, f. 152v, argol-

ERGUEL

ERGOLOS

304

lio HuonAuvTGr p. 101, argoio HuonAuvTR f,147r, arguil AnsCartPML f.64d, argoio PIViergeL 1016 [cf. Gl]; argoioxa RolV4G 290, argoiosamant RolV4G 3392, argoilouse PrisePampM 4762, argoilosement AliscMH 1358, argolos BovoR 1818, MacaireM 2874, 2910, ergoios MPoloB 1 9 3 ^ 3 . TL VI—1266ss. orgueil, orgoil s.m., 1262ss. orgoillos, orgueillos, orguillos adj., 1261 orgoillir vb.intr. («übermütig, hochmütig werden, sich überheben») refl.tr.; Gdf V—634a orgoil, 635a—b orgoillos, 634cs. orgoillir, ergolir vb.tr.refl.intr., C-X-241cs.; FEW XVII-414b fr. orgolz, argoil, awald, argolh, aokz. orgolh, erguelh, erguil, ergul, 415a fr. orguillos adj., aokz. orgoillos, erguelhos, b afr.mfr. orguillir vb.refl.; Levy V-519as. orgolh, er- s., 521a-b orgolhos adj., 521a orgolhir (se) vb. Bemerkenswert sind im Fr.-It. die mehrfach belegten Varianten mit Wechsel des Vokals vor -r- im Anlaut (er- und ar-), die neben den üblichen Formen mit or- auftreten (auch fr.-it.); orgullir vb.intr. in der o.a. Bedeutung ist im Fr.-It. nur aus Entree bekannt; cf. noch fr.-it. orgoler vb. AliscMH 7560, inorgoleis AttilaS IV—12; LEI arg- in ait. ScuolaSicPanvini, ait. Monaci. ES s.m., Gl «esse (nom de lettre)», lt. s.: 15205 Si tost non poroit hon avoir escrit uns is, (: les, les); es s.m. AttilaS XVI-110. TL III—1296 esse s.f.; GdfC IX-553b esse s.f.; FEW X I - l a afr. esse s.f., s.m. (Tournai 1427); Battaglia V-411b esse s.f. oder m. Im Gallorom. ist die Bezeichnung für den Buchstaben s erst seit 1427 als mask, belegt, so daß die fr.-it. Formen Erstbelege darstellen (afr. nur fem., it. beides); cf. noch fr.-it. un b s.m. EntreeT 15615; un es in EstVenL 1 - 2 0 - 8 steht für «asse di nave». ES ALTER v b . , G l « a s s a i l l i r » , lt. *ASSALTUS:

5239 Apareille des barons esalter / Com a la quaille feit Ii bon esperver, (: ester, esperver). FEW I—158a afr. assauter, η 1: it. assaltare. Fr.-it. Variante (Hapax-Form) zu afr. assauter mit Veränderung des Anlauts (eine Beeinflussung von afr. essaucier, *EXALTIARE, ist vom Kontext her semantisch nicht anzunehmen; eher könnte an Aphärese des Anlauts zu * salter mit anschließendem Rekonstruktionsversuch zu es- anstelle von as- gedacht werden, cf. dazu s.v. esamplir); daneben sind im Fr.-It. die auch im Gallorom. und It. bekannten Formen mit as- üblich, cf. EntreeT 9928, 13141, 10588, 12466, 4513, asoltes KarletoR 1882, asager «assalire» AttilaS XIV-2374, XIV-3938. ESAMPLIR vb.tr., Gl esanplir «accomplir, observer (la loi, etc.)», lt. EXEMPLUM: 23 Ceste feit asavoir cum hom se doit pener / D'esamplir la loy Deu et as povres aider; 11195 esamplir, 14097 samplir, 532 esanplir, 2120 id., 12430 id., 13709 305

esanplir intr., 6188 exanplir tr., 2455 esanplera 3.fut.tr., 9982 sanplira 3.fut., 833 sanplie p.pf.f.; examplir «vollfüllen, vollenden, zur Vollendung bringen» PrisePampM 5599, xamplir PrisePampM 2750, 3512, 3847, 4075, 4975, examplist PrisePampM 2763, xamplir PharsaleW 482, 1458, xamplis p.pf. PharsaleW 403, xamplir PharsaleW 706, examplir «istruire» AttilaS XIV-92, exemplie p.pf.f. AttilaS 11-61, axemplir «istruire» AttilaS 11-63. TL III—787 esamplir vb. v. essemplir [fehlt]; FEW III-291a afr. essemple, judfr. essampler «rendre pareil». Die Ableitung esamplir (auch mit Aphärese des anlautenden e-, samplir) auf -ir ist in der Bedeutung «vollfüllen, vollenden» nur aus dem Fr.-It. bekannt (im Gallorom. vereinzelt als «ouvrir, dilater; defricher», cf. Gdf III—567b); die Ableitung von example (fr.-it. auch mit Aphärese, sample HuonAuvBSl 910 7118,semplo HuonAuvPS 1910 7118,xample HuonAuv in Meregazzi St.-7944, HuonAuvBS1911 11152) könnte sich über die Bedeutung «(beispielhaft) unterrichten», «unterrichten» (cf. AttilaS Gl) zu «beobachten» und «vollenden (als Folge von Beobachtung und Instruktion)» entwikkelt haben. ESBARATA 3.p.s.tr., Gl - , *esbarater «disperser», < ?: 11043 Plus tost esbarata la prese a Durendal; 4805 esbaratee p.pf.f. (ms. esbarate); isbaratee AliscMH 263, sbarate BovoR 241, sbaratar BovoFR 1678, sbarate KarletoR 198, sbarate EnfOgerS 560, sbarates HuonAuvPGi 4442, HuonAuvPS1908 9830, sbaratä HuonAuvTR f.l38r, sbaraterons 4. PharsaleW 1012, sbarate PharsaleW 796, AttilaS 1-1239, 11-1292, VIII-2519, XV—421, sbarater AttilaS VI-861, sbaratent 6. AttilaS XII-2015, esbarate AttilaS XIV-205. TL II—1478s. desbarater, desbareter vb.tr., III—794 *esbarater, esbareter vb.tr. «betrügen»; Gdf II-543bs.; DEI 3352asbarattare vb.tr.ant. (14Jh.), 428b baratta s.f. < anord. BARATTA; Prati < unb. Im Gallorom. sind von der Ableitung (ungeklärter Herkunft) die Formen mit präfixalem des- bekannt (fr.-it. EntreeT 2009, AliscMH 6925, 5047, 5073 u.a., GuiNantVprolC 669, KarletoR 1147, RenMontVT 2702,1935, HuonAuvBS1908 9830, AttilaS Gl, MPoloB 161-7), während die im Fr.-It. geläufigen Varianten mit dem Wechsel im Präfix zu es- auf den Einfluß von it. sbarattare «sbaragliare» zurückzuführen sind (fr.-it. auch sb-). ESCHANTERß p.pf., Gl eschanterer «mettre en pieces», lt. CANTHUS: 2754 Par tiel air Ie consuet le Malfe / Che le cantons en a eschanteri, {: Malfe, asene). TL III—842s. eschanteler vb.tr.intr.; Gdf III—365b eschanteler vb.tr.refl.intr.; FEW I ^ ^ O a afr.mfr. eschanteler vb.; Pfister 100, 426s., 790 escantelar vb.tr.intr.; Levy III-147a—b escantelar vb. 306

Fr.-it. Variante zu afr. eschanteler mit Wechsel des intervokalen -/- zu-r- (cf. dazu auch s.v. escharterie). s.f., Gl «ecartelure, terme de blason», lt. QUARTUS: 8786 Ε ςεΐβ escharterie sor cele lance agiie. TL III—820s. *escarterie s.f. «Vierteilung (Wappen)» (EntreeT); Gdf III-376b escharterie s.f. «?» (Entree); FEW II2—1426a afr.mfr. escarteler, afr. escarterer; Levy III-159a-b escartairar. Hapax legomenon, Ableitung (mit dem Kollektivsuffix-ie) von afr. escharterer, das im Fr.-It. ebenfalls in den beiden Varianten mit intervokalem-r- und -/- auftritt (TL III—819s.), z.T. mit Aphärese des anlautenden e-, cf. fr.-it. EntreeT 1548, 9065, 9856, 9903, 8712, 10620, AttilaS Gl.

ESCHARTERIE

ESCHUNJUR V. ESCONJURANT ESCLARIR

vb.tr., Gl «luire; eclairer, instruire; eclaircir (les rangs)», lt. EXCLARA-

RE:

8635 Hestorgant mult se peine de la presse esclarir, (: gehir, ofrir); 3632 esclarir, 11724 id., 4571 id., 7624 sclarie 3.pr.conj.intr., 5988 esclari 3.p.s.intr., 10902esclaris, 15055 esclarira 3.fut.intr., 13998esclari 3.p.s.intr., 9504 esclari p.pf., 12503 id., 8141 esclaris p.pf., 11774 id., 12623 id., 7084 sclarie p.pf.f.; eclarie 3. RolV4G 909, esclarie p.pf. RolV4G 5319, esclarir PrisePampM 209, esclari 3. PrisePampM 6005, id. p.pf. PrisePampM 4284, esclaris PrisePampM 5472, RolCF 87-8, esclarie RolCF 362-2, RolV7F 357-2, esclariz RolCF 197-11, sclari GuiNantVprolC 846, esclarise GuiNantVprolC 826, sclarir BovoR 1791, schiarisä 3. HuonAuvTSl910 6972, AttilaS Gl (esclarir, asclarir, clarir). TL III—918 esclarir, esclairir vb.intr.tr. («erhellen, beleuchten»); Gdf III—399cs. esclairir, -cleirir, -clarir vb.intr.tr.; FEW III—274b aokz. esclarir «eclairer; paraitre (du soleil)»; Levy III-169a esclarir vb.; DEI 3386b schiarire vb.tr. Im Fr.-It. ist die Form mit Wechsel der Konjugationsklasse zu-ir (cf. ii.schiarire) in unterschiedlichen Bedeutungen und formalen Varianten (Einfluß von afr. esclairier, lt. *EXCLARIARE) belegt; cf. noch fr.-it. resclarir PrisePampM 4971, resclarist PrisePampM 1298, daneben resclaire 3.pr.intr. EntreeT 10053. adj., Gl - , «slave», urslav. *SLOVENINÜ: 9054 Ε Bernars treit de dos sa sclavine Esclavoine, {: avoine, canoine). TL III—922 *esclavonois, esclabonois adj.; FEW XX—46a fr. esclavine s.f. Im Fr.-It. auch als adj. belegt, in Koppelung mit sclavine (cf. EntreeT 3397, 8985, 9054, HuonAuvBS1908 9907, Ρ id., HuonAuvPGi 4516, PharsaleW 1569); cf. Thomas, vol.II, p.294 n.

ESCLAVOINE

307

ESCLUMFE p.pf.adj., Gl «souille d'ecume», germ. *SKUM-: 4109 Ε sor la boce de grant ire esclume, {: moille, demande). TL III—1025s. escumer vb.; Gdf III-450cs. escume p.pf.adj., C-IX-525a-b escumer vb.; FEW XVII— 138a fr. ecumer vb.; DEI 3391a schiuma s.f. (Dante), ib. schiumare vb.tr.intr. (13.Jh.). Hapax-Form im Fr.-It.; der Einschub des -/- zwischen -c- und -u- ist auf den Einfluß von it. schiuma (cf. Thomas Gl) zurückzuführen und als hyperkorrekter Versuch einer Rekonstruktion zu interpretieren (im Gallorom. auch vereinzelt mundartlich mit -/-, cf. FEW XVII-138a). ESCONFIT p.pf., Gl «deconfit», lt. *EXCONFICERE:

8184 Le cors me dit esconfit sunt Francis; 10876 esconfit p.pf., 8648 esconfiz, 9258 escunfiz, 10956 sconfist 3.p.s.tr., A—25 id., 10867 sconfite p.pf.f., 9249 sconfiz p.pf.; sconfist PrisePampM 276, sconfite PrisePampM 2220, sconfis PrisePampM 2002, scunfir GuiNantVprolC 103, sconfire GuiNantVM 3004, sconfito BovoR 2044, scunfiti BovoR 3563a, sconfir BovoFR 1356, sconfito KarletoR 2012, s[c]onfiti KarletoR 1873c, sconfito BertaMilM 293, sconfit HuonAuvBS1927 11954, sconfite HuonAuvBS1927 11962, sconfir PharsaleW 201, sconfit PharsaleW 1984, 2093, sconfis PharsaleW 1910, Attilas XV—786, sconfir AttilaS V-343, XIV-3901, schonfit AttilaS XIV1943, esconfit AttilaS XI-1513, sconfit AquilonT f.29c, f.64d-65a, sconfist з. AquilonT f. 64d-65a (bis), sconfit AquilonC f . l l l v , AquilonT f . H 4 a (bis), f.l39d. TL III-959 esconfire (frkit.) vb.tr. (EntreeT); Gdf III-420b esconfire vb.tr. (Gir. le Court, EntreeT); FEW III-280b aokz. escofir, it. sconfiggere, η 2: «... kennt das afr. keinen beleg dieses verbums; sconfit in der Entree de Spagne hat keine kraft, da der dichter Italiener war»; LevyP 162a escofir vb.tr. «defaire, vaincre»; DEI 3412b sconfiggere vb.tr. (13.Jh.). Im Fr.-It. geläufige Zusammensetzung von lt. CONFICERE mit präfixalem EX-, die im Südfr. bekannt ist, während im Nordfr. allein die Zusammensetzung mit DIS- üblich ist (cf. dazu fr.-it. EntreeT 5560, 7914, 2388, 7664, 13851 и.a.); die fr.-it. Formen auf es- und aufs- sind beeinflußt von it. sconfitto (cf. Thomas Gl); cf. noch fr.-it. desconfiture s.f. PrisePampM 1998, MPoloB 225-15, ferner sconficer vb. HuonAuvP in Stengel 1908, p.60. ESCONJURANT p.pr. (Hs. escoiurät), Gl sconjurer «conjurer», ESCHUNJUR s . m . , G l « p r i e r e » , lt. CONJURARE:

9284 Esconjurant an veit Jesu Crist e sa mere, 13105 Dans civaler, tu m'ais / Par Yeschunjur si destroit en tun lais (ms. leschunuir); 2099 sconjurer 3.pr.; sconjurer GuiNantVM 2690, sconjur 1. HectPP 1227, sconzuro HuonAuvTR f.l23v, sconzuray HuonAuvTR f.l28r, sconquro 1. SMarEgizC 904, sconzurer AquilonC f.87r. 308

TL III-959 esconjurer vb.tr. (EntreeT); Gdf III-420b esconjurement s.m. «conjuration» (Psaut.); FEW II2-1055b aokz. esconjurar (1498), mfr. esconjurer (hap.leg., Rn 3,603; Cotgr 1611), 1056a afr. esconjurement (hap.leg.); Levy III-187b esconjuramen s.m.; LevyP 163b esconjurar vb.tr.; DEI 3413a scongiurare vb.tr. (14.Jh.), ib. scongiuro s.m. (14.Jh.). Die Zusammensetzung von fr. conjurer mit präfixalem es-, lt. EX-, ist im Nordfr. nur selten und als Verbalform erst im Mfr. belegt, im Aokz. ebenfalls später; die fr.-it. Belege von esconjurer ί sconjurer gehen auf den Einfluß von it. scongiurare zurück; fr.-it. eschunjur ist eine Hapax-Form in Nachbildung von it. scongiuro (als Substantiv im Gallorom. nur mit Derivationssuffix). 3.pr.tr., Gl escondre «cacher», lt. ABSCONDERE: 540 Atrovez l'ont si sage, qe son cor lor escont, (: pront, parfont); 10536 esconde 3.conj.pr.refl., A-126 escondue p.pf.f.; scondu «begraben» PrisePampM 1259, escondue «verborgen, untergegangen» PrisePampM 591, scondu PrisePampM 5367, escondue PrisePampM 1786, 5107, escondus PrisePampM 4186, scondus PrisePampM 5054, scondu$ HuonAuvBS1911 11076, escondir PharsaleW 192,scondi l.PharsaleW 2649, scondir «nascondere, scolpare» AttilaS XV-828, XVI-8274 [Gl]. TL III-958s. escondre vb.tr.refl. (Lyon.Ys.); Gdf III-420aescondre,scondre vb.refl. (.. .PrisePampM), ib. escondu, -ut s.m., ib. esconduement adv.; FEW XXIV1-49b afr.mfr. escondre vb.tr. (13.Jh.-Palsgr 1530), mit Konjw. aokz. escondir, 50b afr.mfr. esconser vb.; Levy III-186bs. escondir, escondre vb.; DEI 3412a-b scondere vb.tr.ant. (13.Jh.) «nascondere». Die Formen mit Ersetzung des präfixalen ABS- (cf. dazu fr.-it. ascondre und ascondir in RolV4G 566,3181, BovoFR 162, MoamT Gl, HuonAuvPS1908 9975a, HuonAuvTR f,140r, f,140v, HuonAuvPS1908 10071, SMarEgizC 1087, AttilaS Gl, PNatFemFC 84-A 84-3, LExempliFC 1223, 2603, CronImpFC 144—8, ferner ascosemant adv. MoamT Gl) durch EX- sind im Gallorom. insbesondere im Fr.-Pr. und im Okz. anzutreffen (cf. FEW XXIVx-51a und b η 6); die fr.-it. Belege werden gestützt durch it. scondere (zu lt. ABSCONDEREIM It. cf. Pfister, Kongreßakten Napoli 1974, demnächst publizierter Artikel aus dem LEI);cf. noch fr.-it. nasconde in HuonAuvBS 1908 9965; bei einigen fr.-it. Belegen ergeben sich formale Überschneidungen mit afr. escondire «refuser», lt. 'EXCONDICERE (TL III-955ss.), die semantisch nicht immer eindeutig von «cacher» abgetrennt werden können.

ESCONT

s.m., Gl «escrimeur, lutteur», anfrk. »SKIRMJAN: 4259 car je vi ja, seignor, / Dui escoler de dui escrimaor, (: seignor, menor). GdfC IX-522b escrimeur s.m.; FEW XVII-118a afr.mfr. escremisseur s.m., aokz. escremire (hap.), aokz.scrimayr «escrimeur» (Provence 15.Jh.), 119a mfr.nfr. escrimeur s.m. «celui qui fait de l'escrime» (seit 15.Jh.); Levy III195b escrimador s.m.; DEI 3385a schermire vb., -idore (13.Jh.), -itore (13.Jh.).

ESCRIMAOR

309

Hapax-Bildung im Fr.-It.; die Ableitung mit dem Personalsuffix-eor /-aor ist im Nordfr. erst später (15.Jh.) in anderer Bedeutung geläufig, während im Aokz. die Ableitung auf -ador, -ayr schon früher belegt ist; die fr.-it. Bildung dürfte in der Konstruktion von it. schermitore (13.Jh.) beeinflußt sein; cf. fr.-it. escremir und scremir EntreeT Gl. ESCRISE p.pf.f., Gl escrire «ecrire», lt. SCRIBERE:

450 A esponre la carte; oiez com la fu escrise, (: atise); a scrise p.pf.f. GuiNantVprolC 821 (cf. GuiNantVprolCT: ascrise 3.). TL III-1004S. escrire vb.; FEW XI-331b fr. escrire vb. Fr.-it. Variante (fem.) zur afr. Form des p.pf. escrit in Reimstellung (escrize als rotazierte Form für den Infinitiv escrire ist im Gallorom. [später] geläufig); fr.-it. scrire u.a. cf. EntreeT Gl, PrisePampM 2918, GuiNantVprolC 780, 197, Attilas Gl. ESCUROR V. OSCURAMENT

ESCUTEOR s.m., Gl —, «celui qui ecoute», lt. AUSCULTARE:

2821 De lui se gäbe el bon escuteOr, (: proveor, bosdeor). TL III-988 escouteor s.m.; GdfC IX-521c escouteor-, FEW I-185a fr. ecouteur, aokz. escoltador s.m. Ableitung von afr. escouter mit dem Personalsuffix-eor, im Fr.-It. und Gallorom. nur vereinzelt belegt. ESENBLER vb.tr., Gl «assembler», lt. *ASSIMULARE:

585 Or ais tant atendus a esenbler manantie. GdfC VIII-198cs. asembler (essembler); FEW I-159b afr. assembler, 160a mit Präfw. afr. ensembler vb. Fr.-it. Hapax-Form mit Wechsel des anlautenden a- zu e- (afr. auch mit Präfixwechsel, en-), cf. dazu auch s.v. esalter im Fr.-It. ESILLIRE vb.tr., Gl «devaster», lt. EXILIARE:

13244 Chun plus de gent, par tun regne esillire, (: revenire, Cecire). TL III-1307ss. essillier, eissillier; Gdf III-574bs. essillier-, FEW III-295a afr. essillier-, Battaglia V-349a-b esiliare (disus. esigliare) vb. Fr.-it. Hapax-Form mit (möglichem) Konjugationswechsel in Reimstellung; cf. fr.-it. exiler in Attilas Gl, AspremV6Be 764, 1008, PrisePampM 5202, 5621, PharsaleW 2846, isillere BertaC 880b, ensiliez RolV7F 258-23, 84-9, ferner ossilie p.pf. GuiNantVM 3162. ESLARGIER vb.tr., Gl «elargir», lt. LARGUS:

9439 Ε dou barons saint Jaqes eslargier la sentelle. TL III-1084ss. eslargir vb. (1084 eslargier vb.tr. «loslassen»); Gdf III-477b eslargier, -ger vb.tr. «elargir, etendre», ib. eslargir, -guir vb., C-IX-530c; 310

FEW V-185b afr. eslargier vb.tr. «etendre» (13.Jh.), aokz. eslargar; Levy III-232a eslargar «vergrössern». Hapax-Form im Fr.-It., im Gallorom. in der Konjugationsklasse auf -er (keine Reimstellung) nur vereinzelt belegt, geläufiger ist ilargir; LEI slargar «allargare, dilatare» mehrfach, cf. triest. Pinguentini, avic. Bortolan, feltr. Migliorini-Pellegrini, a.ven. 1487 VidossichTristano, StR 4, valsug. Prati u.a. p.pf.tr., Gl *esmarir «deconcerter, consterner», anfrk. «MARRJAN: 1935 D'un seul diable che m'a plus esmari / Ne fist Braibant, (: garni, conbati). TL III-1112s. esmarrir vb.refl., esmarri p.pf.; Gdf III—492a-b esmarir vb.refl.intr.tr. («souiller»); FEW XVI-535b afr.mfr. esmarrir vb.refl.intr., tr. «deconcerter, consterner» Eust; Pfister 442, 775 esmarit adj. «deconcerte». In trans. Konstruktion ist esmarir nur selten belegt (ansonsten refl. oder als p.pf.adj.), Hapax-Form im Fr.-It.; cf. LEI smarrire vb.tr. «perdere casualmente un oggetto» Dante; cf. folgende Ableitungen aus dem Fr.-It.: esmaiemant PrisePampM 3323, smaiament AttilaS XV-1386, XV-2131, smarimant AspremV4Bol949 p.265, marrison FaramonB p. 198, maianqe AttilaS XIV-2518.

ESMARI

vb.tr., Gl «terrasser, detruire», lt. MATTUS / ar.pers. MÄT: 2589 Par esmater les flabes d'Apolin; 2607 esmater vb.tr., 2773 id.; asmater AspremPML 261, f.3b, smatii PrisePampM 3200, esmatis RolV7F 189-17, esmater «dompter» HectPP 359, mati p.pf. (ms. smate) PharsaleW [cf. n], esmates p.pf. AnsCartPML 198. TL III-1113 esmater vb.tr. «vernichten» (EntreeT); Gdf III-492b esmater vb.tr. «dompter» (Hercule et Phileminis [=HectP]); FEW V l M ^ a mfr. amater (GaceB), XIX-123a fr. mater (seit 12.Jh.). Die Ableitung von lt. MATTUS / pers. MÄT (cf. fr.-it. mate RolV4G 458, mati RolV4G 543) ist in der Zusammensetzung mit präfixalem es- nur aus dem Fr.-It. bekannt, wo die Form bei PharsaleW nicht zu korrigieren ist zu mati; im LEI sind jedoch auch Belege mitsm- bekannt, cf. smatar Tuenno Quaresima, avenez. 13Jh. PanfiloTobler, AGI 10 (ematir «infatuare»), smattare «scherzare» Minerbio 1535 Olivieri, SFI 6,102; im Gallorom. ist noch die Zusammensetzung mit präfixalem α- belegt (cf. dazu die fr.-it. Mischformen aus AspremP mit anlautendem as-).

ESMATER

s.m., Gl «emeri», «emerillon», anfrk. »SMIRIL: 4012 En totes part ert plus fort qu'esmeri, (: Ii, di). TL III-1120 esmeril v. Gdf; GdfC IX-533c esmeril s.m.; FEW XVII-157a afr.esmerils.m. «emerillon» (ca. 1180-13.Jh.), b ait.smerlo Bezzola 139; DEI 3517b smeriglio s.m. (15.Jh.). Bei Thomas Gl wird fr.-it. esmeri als «emeri» interpretiert ( < lt. SMYRIS,

ESMERI

311

FEW XII- 10a afr. esmeril (hap. 13. Jh., Studer), b it. smeriglio (seit 16. Jh.)), eine im Gallorom. selten belegte Form, die im 13. Jh. in Obit, vereinzelt unter der lt. Lautung smeriglum (Venezia 1284, Bologna 1283, cf. DEI 3517b) auftritt (im It. erst später, 15. Jh.; cf. noch LEI smeriglio «nome d'un pesce...» pis. Malagoli); von der Bedeutung her ließe sich jedoch eher an das homonyme afr. esmeril s.m. «emerillon» < anfrk. «SMIRIL «Zwergfalke» denken (Hinweis M. Pfister), DEI 3517a. ESOTFI a d j . , G l « a s s o t e » , »SOTT-:

1553 Crois tu, Paiens, qe tant fus esote, (: gre, ne). TL I-606s. assoter vb.; FEW XII-510a afr.mfr. assote adj. «rendu sot, idiot» (ca. 1190-1618, Gdf;...), afr. ensotir vb.tr. «rendre sot» (hap. 13. Jh.) [Hinweis von K. Baldinger]. Hapax-Form, Variante zu afr. assoter mit der im Fr.-It. mehrfach belegten Veränderung des anlautenden Vokals a- zu e- (cf. s.v. esalter, esenbler, ferner s.v. abrandissant). ESPANER vb.intr., Gl «ouvrir la main pour mesurer un empan», ESPANEE s.f., Gl «longueur d'un empan», anfrk. »SPANNA: 8907 Tant Ii trence la earn cum se puet espaner, (: dopler, averser), 13037 Trenze dou chercle une grant espanee, (: doree, pree). TL III-1144 espaner vb.tr. «umspannen» (Anseis, EntreeT), ib. espanee s.f. «Spannlänge» (Rigomer, EntreeT); Gdf III-507cs. espaner vb.tr.; FEW XVII-163a aflandr. espaner «saisir entre ses mains ou entre ses bras» (13Jh.), aokz. espanar, afr. espanee «empan» (EntreeT, Rigomer). Ableitungen von afr. espane (FEW XVII-163a, 12.-14.Jh., besonders pik. flandr., spanne EntreeT, TL III-1144; fr.-it. spaine EntreeT 4847, spane RolV4G 1714,spana RainLesOT485,i/>ai« AttilaS VIII-2495,span AttilaS XII-2550, spane AttilaS XII-1236); die verbale Ableitung ist im Gallorom. selten belegt, im Fr.-It. in Entree intr. (cf. noch fr.-it. espaner vb. AnsCartPML 80 [p.603]); ebenso ist die Form mit dem Derivationssuffix -ee außer in Entree nur noch einmal im Gallorom. belegt, im DEI fehlen entsprechende Formen; cf. LEI aspane «die Arme ausbreiten» bad. sup. Pizzinini, asiz. [spannari] «allargare, aprire» RegoleBranciforti, cf. noch Inverso Pinasca Griset 121. ESPENDRE vb.intr., Gl «depenser, faire des largesses; fig. häbler», lt. EXPENDERE:

1123 Cels qe soloient tant e vanter e espendre, (: pendre, cendre); 4949 espendre, 5521 id., 105 spendre; spendre «ausgeben» PrisePampM 2871, spender BovoR 3019, BertaC 1282, spendent 6. BertaC 733, spendea 3. BertaC 1346, spenser BertaC 1189, spender KarletoR 2256, spaint p.pf. PassChristNVM 98, spendre AttilaS 312

ΧΙΪ-295, spend 3. PNatFemFC 56-3, spendi 1. LExempliFC 3093, expended 3. MChioggiaFC 2-36, 11-89. TL III—1176 espendre vb. v. Gdf, FEW; Gdf III-520b espendre vb.tr. «depenser» (PrisePampM), «employer» (MPolo); FEW III-308a afr. espendre «depenser» (selten), aokz. espendre, it. spendere; DEI 3584a-b spendere vb.tr. (13Jh.) «dar denaro ο cose». Entlehnung aus it. spendere; die für das Afr. bisher angeführten Belege aus den genannten Wörterbüchern stammen ausschließlich aus fr.-it. Texten (cf. FEW III—308a «Im afr. ist es wohl nur Lehnwort», η 1: «Von den zwei Belegen stammt der eine aus der halbitalienischen Entree d'Espagne»); espenent 6. MPoloB 121-20, 165-12 bei Gdf III-520b espendre «employer». ESPERES.f., Gl «espoir», lt. SPERARE:

15304 Ces paroles, dist il, insent de male espere, (: chiere); 9191 espoire·, sper s.f. BovoR 705, 949, 1411, 2781, 3236, 3427, 3525, BertaC 1500, KarletoR 854, 1632, 1648, 1774, 2063, 2845, 3241, 3501, BertaMilC 127, RolandinC 405, EnfOgerS 37, 161, 495, 653, 1139, ChevOgerC 77, 92,'98, 1676,1953, MacaireM 1904, 2094, 2102, 2730, 2406, 2697, 2926, AttilaS Gl, spor AttilaS XV-3395. TL III—1234 espoire, espere (frkit.) s.f. (EntreeT); FEW XII-165b afr. espoire s.f. (EntreeT), male espere «desespoir» (EntreeT), hdauph. espera, 166a aokz. espera «attente» (ca. 1160-13.Jh.); LevyP 171a espera s.f. «attente; delai; terme»; DEI 3585asperare vb. intr. (13.Jh.), -a ant. («deverbale ο prestito dal prov. espera?»). Entlehnung aus it.spera s.f., im Gallorom. sonst als fem. nur selten und in der Bedeutung «attente» (FEW) im Aokz.; das fem. Genus ist bei der Form sper nicht aus allen Belegen im Fr.-It. ersichtlich (cf. noch fr.-it. spoir s.m. EntreeT 15494). ESPERNEE p.pf.f., Gl esperner «mettre en pieces, dechirer», lt. PANNUS / lt. SPARGERE:

10 359 En place fu trestote rompue etespernee [— labaniereCarluns], (: rüee, redotee); sperna sa vesteure 3.p.s. PassChristNVC 487, sperneront 6.fut. PassChristNVC 768, sperne 3. AttilaS XVI—5657 [Gl sperner «lacerare, straziare»]. FEW VII-557b afr. despaner vb.tr. «lacerer, dechirer, mettre en pifeces», XII-133a fr. espardre vb.tr.refl.; LevyP 169a espanar vb.tr. «sevrer»; DEI 3578b sparnazzare (sparnicciare ant. 13Jh.) vb.tr. 16.Jh. Nur aus dem Fr.-It. bekannte (Misch-) Form; es könnte sich um eine fr.-it. Nachbildung von it. sparnazzare (jedoch ohne Stammerweiterung, cf. auch Thomas Gl) handeln (insbesondere der Einschub des -r-), die semantisch sich anlehnt an afr. despaner und mit dieser Ableitung auch formal verbunden 313

bleibt (cf. noch REW 3030 it. sparnazzare zu lt. EXP ANDERE mit r von SP ÄRGERE; ferner DEI 3578b zu sparnazzare·. «voce derivata dall'incontro di ο con ). ESPERS adj.pl.m., Gl «terrible», lt. EXPERTUS:

14579 Si brochent tut ensanble orgueillos et espers, (: fers, vers). TL III—1195 espers, espert adj. «wild, ungestüm, grausam, fürchterlich» (Watr., EntreeT); FEW III-309b afr. despert, despers. In der Bedeutung «terrible» ist die gallorom. Entsprechung zu lt. EXPERTUS im allgemeinen nur mit Präfixwechsel zu despert bekannt (während espert in der Bedeutung «erfahren» weiterlebt); im Afr. und Fr.-It. nur selten belegt; cf. LEI aspertu «alquanto cresciuto e fortificato . . . » Pigna (lig.) Merlo, ID 17-21. ESPION s.m., Gl spion «espion», ESPIONER s.m., Gl «espion», anfrk. *SPEHON:

12642 Un espion, que de Diex soit maudis, 11244 A l'esmovoir i vint un espioner, (·. volantier, nomer); 13 378 espion, 15653 id., 8095 id., 315 espions, 7502 id., 10558 id., 12902 id., 12911 id., 260 spion, A-47 id., 9518 spiuns; 6733 spioner s.m.; spion PrisePampM 5783, HuonAuvBS1913 4669, HuonAuvTS1913 4669, espion AttilaS XII-3064, spion AttilaS XIV-1596; espioner PrisePampM 1373, espionier PrisePampM 5168, spioner KarletoR 2840, AttilaS X I I 304, XIV—3984 [keine Reimstellung]. GdfC IX—545c espion s.m.; FEW XVII-174a fr. espion s.m. (hap. 13.Jh.; hap. 14.Jh.; hap. 15.Jh.), mfr.nfr. espionner vb.tr. (1482-16.Jh.), b nfr. espionneur «espion» (Cresp 1606-0ud 1660); DEI 3594b spiöne s.m. (13.Jh.). Fr.-it. espion ist eine Entlehnung aus it.spione (cf. Thomas Gl); im Gallorom. ist espion (bis auf einige vereinzelte Belege) erst seit dem Beginn des 16 J h . als Ableitung von afr. espier (cf. FEW XVII—175b) geläufig; espioner s.m. (nicht nur in Reimstellung) ist eine dem Fr.-It. eigentümliche Bildung mit dem Personalsuffix -er (im Fr. ist die Bildung mit suffixalem -eur erst im 17.Jh. belegt); zur geläufigen Form espie cf. fr.-it. spie u.a. in EntreeT 7076, 7628, 9001, 11922, AspremCBol962 30, AttilaS Gl. ESPIS1 s.f., G l « e p i n e » , lt. SPINA:

3912 Ε coronez de mauvaises espis, (: escarnis, cervis). FEW XII-176b fr. espine s.f., 187a lt. SPINUS, afr. espin s.m. «buisson d'epines»; DEI 3593bs. spino s.m. (13.Jh.) «pruno; spina». Hapax-Bildung; die Form auf -is ist zwar beeinflußt von it. spino s.m., doch spricht die Beibehaltung des fem. Genus eher für eine Reimangleichung der fr.-it. Form (im Afr. ist espin belegt als «Dornbusch»; cf. fr.-it. spin s.m. in PrisePampM 1016,1022, 5198, 5312, 6060, spins PassChristNVC 653, spis 314

PharsaleW 502 [m.pl.], spin Attilas Gl); cf. fr.-it. espinoise adj.f. EntreeT 14492; LEI spino s.m. und spina s.f. in verschiedenen Bedeutungen. ESPIS2 a d j . , G l « e p a i s » , lt. SPISSUS:

6777 Demain entrer en cil grant bois espis, (: pais, folis). TL III—1196ss. espes, espois adj.; FEW XII-198a fr. espes; Levy III-263bs. espes; DEI 3588a spesso adj. (13.Jh.). Fr.-it. Variante zu afr. espes in Reimstellung (Hapax-Form); LEI spisso, spissu mehrfach.

ESPLENDOR s., G l - , « s p l e n d e u r » , lt. SPLENDOR:

11182 Ens le trief Karies, qi rend grand esplendor (ms. splendor), (: pugneor); 15030 un esplendor (Hs. une spledor), 7330 le splendor (Hs. lesplendor), 14951 splendor, 14954 id., 15033 id.; lesplendors RolCF 197-14, spiandor s.m. GuiNantVprolC 86, 169, 686, splendor s. HuonAuvBS1911 10967, splendors PharsaleW 1311, spiandor AttilaS IV-525, splendor s.f. EnanchetF 72-10, splendor s.m. EnanchetF 97-26, splendor BablnfFC 1-221, 2-147. TL IX-1039s. splendor, esplendor s.f.; GdfC X—710c splendor s.f.; FEW XII-201a afr. splendeur s.f., splendor, afr. esplendur, esplendor-, DEI 3597a splendöre s.m. (Dante). Die Entlehnungen aus lt. SPLENDOR mit anlautendem spl- in gelehrter Form sowie mit prosthetischem e- sind im Afr. nur als fem. bekannt; im Fr.-It. treten neben dem fem. auch Belege als mask, auf, doch sind diese z.T. unsicher, da es sich um handschriftliche Korrekturen des Hg. von Entree handelt; der Gebrauch als mask, ist beeinflußt von it. splendöre (cf. auch s.v. splandre).

ESPLI s.m., Gl «lance», anfrk. *SPE0T:

7388 A son espli ie vait l'escuf croisir; 8495 espli, 8617 id., 8621 id., 9508 id., 9938 id., 12 354 id., 14622 id., 12 509 esply (ms. exply), 3915 esplis, 4915 espleu, 4976 id., 11524 id., 7658 espleus, 8697 esplie, 1206 id., 1225 id., 1695 id., 8708 id., 8877 id., 8904 id., 8908 id., 9603 id., 9741 id., 9865 id., 10140 esplie (ms. esplee), 10178 esplie, 10180 1'esplie (ms. le plie), 10183 esplii, 10611 id., 10656 esplie (ms. esplee), 10721 esplie, 11096 id., 14576id., 10016 splie, 14581id., 109espliez, 1361 id., 1409 esple, 1416 espli (ms. eple), 1419 espli, 2117 id., 2212 id., 10504 id., 12704 id., 10092 esplie, 8355 esplis, 8570 id., 8692 esplez, 8731 id., 10740 id., 4762 esplei, 11556 id.; espleu RolV4G 3275, 3655, 653, 729, 3183, espleuq RolV4G 3286, 3640, 3648,201$,esple RolV4G 3345,1129,1191,1223,1513,3549,1228, espler RolV4G 1238, 1393, 2221, 2227, espleuz RolV4G 3674, 645, 2304, esple ς RolV4G 3719,2232,1908,esplez RolV4G 1428,splez RolV4G 1919, esplee RolV4G 979, 3757, espli PrisePampM 186, 991, 1897, 1903, 1905, 3268, 315

3293,3321, 3324,3349, 3372, 3382, 3390, 3406, 4500, 4512, 4520, 4528, 4502, 4405, esplis PrisePampM 106, 985, 1701, 1925, 2231, 3387, 3651, 3989, 3991, 4415, 4557, 4595, 4630, 4779, 5424, 5470, splis PrisePampM 112, 4619, espli RolCF 197-14, esplis RolCF 87-18, espleg AliscMH 5164, 5290, espleig AliscMH 6151, espliz AliscMH 5849, splie AliscMH 5520, 5847, 6117, esplee AliscMH 537,1280,1283, 5016, 5455, esplees AliscMH 5221, espli AliscMH 67, 229, esplie AliscMH 5070, espli GuiNantVM 989, 1010, 1155,1189, 1446, 3099, esplee GuiNantVM 1099, 2427, esplez GuiNantVM 1331, 2641, espli PharsaleW 757, 913, 1054, 1066, 1078, 1087, 1091, 1093, 1119, 1135, 1158, 1166, 1179, 1193, 1235, 1344, esplis PharsaleW 943, spleut EstVenL 1-8-12, 1 - 8 - 1 2 , 1-8-13, espleu AttilaS XVI—6318, espli AttilaS XIII-621, XIV-2135,i/?few AttilaS XVI-7678,spli AttilaS 1-240, XIII-1784. TL III-1219 espli (frkit.) s.m. (EntreeT); Gdf III-536b espli, esplis s.m. «epieu» (PrisePampM, EntreeT); FEW XVII-178b afr.mfr. espiel, 179a it. spiedo; DEI 3590b spiedo (spiede) s.m. (14Jh.). Die Formen mit Einschub des -l- nach -ρ- sind charakteristisch für das Fr.-It. und treten nur in fr.-it. Texten auf, hier jedoch weitaus häufiger als bisher bekannt (abweichend von der sonstigen Praxis sind in diesem Artikel alle bekannten Belege zitiert); zu den im Afr. geläufigen Formen cf. noch fr.-it. espie EntreeT 14516, 14413; für Gdf scheinen die Formen mit -pl- «une forme corrompue pour espiel» (III-536b) zu sein; der Einschub des -/- läßt sich entweder als Metathese oder aber als Beeinflussung von it .spiedo, afr. espiel, nfr. epieu, fr.-it. espie, mit hyperkorrekter Wiederherstellung einer fr. Form (/ nach/? erhalten, nicht palatalisiert wie im It.) interpretieren; LElspluet gard. Lardschneider, gard. spluet BattistiStoria. ESTAiGNERvb.tr., Gl «eteindre», lt. EXSTINGUERE: 10024 Dont le feu poüsent estaigner ne fornir. FEW III—320a afr.mfr. esteindre, aokz. estenher; Levy III—317bss. estenher vb.; DEI 3636b stinguere vb.tr.ant. (13.u.l4.Jh.). Eine dem aokz. estenher angenäherte fr.-it. Variante zu afr.mfr. esteindre, die von der Bildung des Stamms der Konjunktivformen beeinflußt sein dürfte, cf. fr.-it. estaigne 3.conj.pr. FaramonB p.201; cf. LEIstene vb.tr. «spegnere» Pigna (lig.) Merlo, ID 17-21. ESTANCE s.f., Gl «poteau», anfrk.got. *STAKKA:

2191 Che l'atendit par delez une estance, (: avance, senblance). TL III—1330ss. estache s.f.; Gdf III-586bs. estache s.f., 597cestance, estanche s.f. «etanfon» (J. Le Fevre); FEW XVII-195b afr. mfr. estache s.f. Hapax-Form im Fr.-It., seltene Variante zu afr. estache mit Einschub eines (epenthetischen) -n-, das möglicherweise auf den Einfluß von it. stanga (DEI 3618a, 14.Jh.) zurückzuführen ist, cf. fr.-it. stanga RolandinC 286; zu fr.-it. stage, stach, stäche cf. z.B. AttilaS Gl. 316

ESTANCHER a d j . ( m s . e s t ä c h e r ) , G l « ? » , < ? :

11657 N'aconte veuve dame nul prodon estancher, (: voluntier, mestier). Cf. Thomas n; Torraca 1923, p. 240, interpretiert die Form als Variante zu estranger (cf. V.13139, cf. s.v. estrainere); anstelle von afr. (mfr.aokz.) estrangier (FEW III—332a) wäre formal gesehen auch eine Interpretation als «las, fatigue» (FEW XII-234b afr. estanchie) denkbar, doch paßt zum Kontext besser die Deutung von Torraca; von der Hs. her könnte ein (irrtümlicher) Zusammenfall der Abkürzungssigel für -r- und -n- vorliegen (r erscheint bisweilen als ' abgekürzt). ESTigON V. ATISE

vb.intr., Gl «rester, s'etablir», lt. INSTAURARE: 304 Nos alerons a Paris estorer (ms. estoier), (: comprer, amasser); 369 estorer vb.intr. (ms. estoier). TL III—1419s. estorer vb.tr.refl.; Gdf III-625a-c estorer vb.tr.refl.; FEW IV-722a afr.mfr. estorer vb.tr.; DEI 3642b storare vb.tr.ant. (13.Jh.). Estorer ist in intr. Konstruktion außer in Entree nicht belegt (nur tr. und refl., cf. fr.-it. EntreeT 2912,9591,12015, RolV4G 4972, RolV7F 3 3 2 ^ , RolCF 337-4, GuiNantFM 162, BovoR 1202, MacaireM 2380, AttilaS Gl); bei den beiden Belegen könnte es sich anstelle von estorer jedoch auch, was die Lesart der Hs. nahelegt, um Formen von afr. ostoier «partir pour la guerre» (cf. Thomas η) handeln, bei denen der Anfangsvokal (o-) ersetzt wurde durch e-, cf. dazu im Fr.-It. etwa s.v. astor.

ESTORER

Gl «pilote», mndl. STUURMAN: 11582 Fu Yestormant de la nef arive; 11694 estormant, 11836 id., 12120 id., 14213 id., 14314 id., 14355 id., 14373 id., 14401 id., 14406 id., 14418 id. (ms. hestormät), 14542 id., 7798 estormans, 14342 id., 11588 stormant, 11630 id., 11649 id., 11659 id., 11782 id., 11799 id., 11864 id., 12492 id., 9557 stormains; estormaut HuonAuvBS1908 9331, estormant «equipaggiamento» HuonAuvPGi 2663 [Gl], stormant «nocchiero» HuonAuvPGi 3545, PharsaleW 2477, 2478. TL III-1500s. esturman, estruman s.m. (estormant); Gdf III—664a-b esturman-, FEW XVII-267a afr. esterman, esturman (Wace-13.Jh.), estorman (Eust 1; EntreeT); Pfister 100,456,784 esturman-, Levy III—359aesturman. Fr.-it. Variante zu afr. esturman, insbesondere in Entree mit -o- belegt (im Gallorom. so selten).

ESTORMANTS.m.,

ESTORME s . m . , G l « m e l e e » ,

s.m. (Hs. estormäs), Gl «tourmente», 6.p.s.refl., Gl estornir «bouleverser», anfrk. "STURM: 7203 Je vos ferai au grant estorme fei, 408 Uns dormoncel petit [...] A mis por ESTORMENS

ESTORNIRENT

317

dedanz l'eve; n'i avoit estormens, (: blans, dans), 8244 De la grant noise che menent eil mastin / S'estornirent les ost ou fil Pepin [n] (ms. Sestonirent, Hs. Se stornirent); 8475 estorme, 10724 un estorme (Hs. une storme), 13 storme, 1058 id., 11015 id., 5161 estorm (ms. estorme), 5046storm (ms. storm); 9726estornie p.pf.adj.f.; estorm AspremCMa p.141, sturm AspremV6Ma p.140, estormes AspremP3Ma p.140, s tormo RolV4G 3219, estorn RolV7F 1 ^ , storme AliscMH 1817, storm GuiNantVM 2913, estormes GuiNantVprolC 314, estormeno EnfOgerS 384, stdrmeno EnfOgerS 407, estormo AnsCartPML f.58d, estorme AnsCartPML f.60a, f.67b, estormor AnsCartPML f.68a, stormo AnsCartPML f.64c, storme [s.f.] AnsCartPML f.91v; stormen RolV4G 1790, 2577, 3050, estormon RolV4G 1271, stormen BovoR 1857, stormant BovoR 757, stormeno BovoR 1172, 1943, esto[r\nen KarletoR 1177,stormen KarletoR 1787,stormeno KarletoR 2,1365,3075, MacaireM 2122, 2365, 2381, 2549, estormen AnsCartPML f.91v; estourni 3. PrisePampM 3772 (ond tot l'oust se - ) , Storni 3. EnfOgerS 1289 («etourdir»), stornire HuonAuvTR f.l42v («s'etourdir» oder «eternuer» [?]). TL III-142Iss. estormir vb. (.. .EntreeT); Gdf III-626a estorme s.f., 626as. estormir vb.; FEW XVII-266b afr. estur s.m., estorn, estor, fr. estour, afr. estorme s.f. «grand bruit, tumulte» (hap.), afr. estormir, aokz. estormir «attaquer», estornir, 267a ait. stormo·, Pfister 450,777 estornit adj. «agite», aokz. estorn, estornit, estorni\ Levy III-332a estornir «angreifen»; DEI 3643a stormo s.m. (13.Jh.). Die Formen mit -m oder -me im Auslaut sind im Gallorom. nicht geläufig (afr. estor) und gehen auf den Einfluß von it. (ait.) stormo (cf. Thomas Gl) zurück (bei der für das Afr. belegten Form in Gdf [und FEW] von estorme s.f. dürfte es sich um den fr.-it. Text AttilaS handeln); die Ableitung estormens ist nur aus dem Fr.-It. bekannt und kann als eine Entwicklung aus der proparoxytonalen Form estörmeno (s.o.) mit Akzentverlagerung interpretiert werden, wobei der Einfluß von fr. torment s.m., turmente s.f. «tempete» (FEW XIII 2 -44a-45b, lt. TORMENTUM) mit eine Rolle gespielt haben kann (cf. noch die Form stormenum «tumulto», 16.Jh., Treviso, D E I 3643b); im Gallorom. ist mit-m- nur die Ableitung estormie üblich; die Verbalableitung ist im Gallorom. i.a. ebenfalls mit -m- geläufig (nur im Aokz. auch mit -n-; der Beleg bei TL für EntreeT ist zu korrigieren in -n- gemäß der Anm. von Thomas und der tatsächlichen Lesart der Hs.); Thomas interpretiert die Form als Kontamination von afr. estormir mit it .stornire «etourdir», cf. REW 8338 venez. stornir, lomb. Storni, friaul. sturni «betäuben»; cf. noch fr.-it. estorne p.pf. RolV7F 202-9c, estornez RolCF 309-15, RolV7F 304-15, estorner vb.refl. «sconvolgersi» HuonAuvPGi 4678, Storni p.pf. «stordito» Attilas VII-1289, XIV-3543. ESTORSER V. TORSEOR

318

ESTRAIGNE s.f., G l « e t r e n n e » , lt. STRENA:

736 Cert le feront de dolorose estraigne, (: plaigne, ovraigne); 15247 striane (Hs. straine), 9063 estroine «etrenne, fig. aventure»; straine «strenna» Attilas XIII-950 (in malle straine (: altaine, vilaine) «in mala postura»). TL III-1470ss. estreine, estrine s.f.; Gdf III-650a-b estrene, -enne, -aine, -ainne, -ine, -inne s.f.; FEW XII-294a fr. estrainne, estreigne, estraine, estraigne (EntreeT; 1327, Lac); Levy III-345aestrena s.; DEI 3653bstrenna s.f. (Dante). Estraigne, straine, z.T. mit ironisierender Bedeutungsnuancierung, sind fr.-it. Varianten zu afr. estrene, estrine (so auch fr.-it. in EntreeT 6967,13559 [strine }, 14970 [id.]); cf. ferner s.v. estrine. ESTRAINERE adj.f.,

Gl estranere

«etranger»,

ESTRANOIS a d j . (ms. estrauois), Gl «etranger», lt. EXTRANEUS:

4797 Ε dex mil chevaler fu la gent estrainere, (: mere, Rochefiere), 15790 Quan il revient de pais estranois, (: safois, vois); 3190 estranere adj.f., 13957 strancer, 13139 estranger, 2368 estranior adj., 11882 estrainger s.m.; strainer adj. BovoR 2527, 2570, 2784, BertaC 1043, BertaMilM 322, EnfOgerS 734, strainer ChevOgerC 179, strainer MacaireM 1454, stranior HuonAuvBS1910 6602, Ρ id,,strainer AttilaS XI-200; straniois (: amorois, sofraitois) HuonAuvBS1910 6594. TL III-1441 estrangier adj. (Meon); GdfC IX-565b estraignier adj.; FEW III-332a afr.mfr.aokz. estrangier adj.; DEI 3649b straniero (straniere) adj./s.m. (Boccaccio). Die Adjektive auf -er, Ableitung von afr. estrange (cf. noch estrangiere PrisePampM 5728, estrangere PharsaleW 1012, estranzere PharsaleW 979), sind in den afr. Wörterbüchern (mit-ng-) selten belegt (im FEW nur generell als afr. gekennzeichnet); im Fr.-It. treten sie, wohl unter dem Einfluß von it. straniero, häufiger auf (meist mit -n-); estranois ist eine nur aus dem Fr.-It. bekannte Variante in Reimstellung. ESTREVER s.m., Gl «etrier», anfrk. *STREUP:

2016 Maint jantils homes corent as estrever (ms. estrener), (: destrer, plener); 6518 strever, 11460 estriver; strivier PrisePampM 1965, estrivers PrisePampM 3289, strever BovoR 1598, striver BovoR 1721, 3248,strever KarletoR 1476, strever ChevOgerC 1243, 1345, 1659, estriver HuonAuvBS1910 6872, strivier HuonAuvPS1910 6872, HuonAuvPGi 48, 890, 1268, 3081, strivers PharsaleW 1359, strever AttilaS XVI-8150, striver AttilaS XIII-1734, AquilonT p.548. TL III-1482 estrivier s.m. (RCambr); FEW XVII-252b afr. estriver s.m. «courroie de 1'etrier» Ch Guiel, estrivier Raoul; Pfister 100,452,784 estreber s.m. 319

Im Gallorom. nur vereinzelt belegte Ableitung von afr. estreu (fr.-it. in verschiedenen Varianten, estreu, estries, stries, striez, estrier, strier, estre, estrief, estref, stref, estris, tref [AttilaS XVI-4118], trez [AttilaS XII-1287]), das im Fr.-It. auch mit erhaltenem -v- auftritt (Einfluß von it .streva s.f., 13Jh., DEI 3655a), cf. fr.-it. streve RolV4G 3010, 3307, KarletoR 1262, EnfOgerS 461, strevo JerCelM 259; cf. noch fr.-it. strivere GuiNantVM 1005, EnfOgerS 1177, estreveres JugAmF 295, estriuere RolCF 279-10, estriuiere RolV7F 274-10, strevee BovoR 1662, streveure HectVML 262. ESTRIMANT s.m., Gl «instrument (de musique)», lt. INSTRUMENTUM:

8060 Sen9 soner graile, tube ni estrimant (ms. astimant), (: 9antant, choiemant); 8352 estrimant, 13950 id., 13874 estrimens. TL III-1491s. estrument, instrument s.m.; Gdf III-661a estrument, C-IX-479c enstrumenf, FEW IV-726b afr. estroment, estrument s.m.; Levy III-354a estrumen s.m. Fr.-it. Variante zu afr. estrument mit-i- in der vortonigen Silbe, im Gallorom. nicht bekannt, im Fr.-It. nur in Entree; LEI strimento avic. Bortolan, a.venez. Ende 15.Jh. BrendanoNovati; fr.-it. noch estrumant, estromant, estormente (HuonAuvTS1910 6887), esturment DocChyprR p.101. ESTRIMERS adj., Gl «place ä une extremite?», < ?: 9349 Se ne venist por qoi, nes veroiz estrimers, (: arcers, esperviers). Von Torraca 1923, p. 238, emendiert zu estr'invers oder estr'envers (FEW IV-790b INVERSUS, afr.mfr. envers adj.). ESTRLNFI p.pf.adj., Gl «etrenne, fig. endommage», lt. »USTRINARE: 7405 Volt sun jastel tot ars et estrine, {: verse, sospire). TL III-1474estrener, estriner vb.tr. «einweihen mit etw.; beschenken; begrüßen, empfangen» refl.intr.; GdfC IX-566c, 566cs. estreiner vb.tr. «donner comme etrennes; gratifier»; FEW XII-295a fr. estrener vb.tr. «faire un cadeau (ä qn)»; Levy III-345b estrenar vb. «beschenken». Bei der Zuordnung von fr.-it. estrine «endommage» zu afr. estrener «faire un cadeau ä qn» ( < lt. STRENA) würde es sich hier um den fig. Gebrauch des p.pf. in ironisierendem Kontext handeln (cf. hier s.v. estraigne)·, es erscheint jedoch angebrachter, die Form auf lt. «USTRINARE «sengen» zurückzuführen (cf. REW 9096, Fare «abbruciacchiare», Prati 948a, DEI 3656b), das im It. erst später (G. Alessio, Postille al DEI, Napoli 1954, p. 213: strinare «abbruciacchiare» 1734, pis. strinä «id.»; Silvano Boscherini, «Una parola latina sconosciuta e l'etimologia distrinare estrina», LN 28 (1967), 1-3: Erstbeleg 1515; cf. noch PratiEtimVen., s.v. strinär) bekannt ist; es handelt sich demnach bei der Form aus EntreeT um einen eindeutigen Italianismus, der zugleich einen Erstbeleg für das Fortleben von lt. »USTRINARE in Italien darstellt (Hinweis von M. Pfister). 320

ESTROLOGIE s.f., G l

« a s t r o l o g i e » , lt. ASTROLOGIA:

404 En la loi Saracine fu Marsille sa9ans / D'art et d'estrologie; enstrologie HuonAuvBS1908 10074, in strologia HuonAuvPS1908 10074. FEW I-164b fr. astrologie-, Levy III-342b estrologe, 350b estrolomia-, Battaglia I-793b-c astrologia (ant. istrologia, strologia) s.f. Die fr.-it. Variante zu fr. astrologie mit anlautendem e- vor j-impurum dürfte auf eine (hyperkorrekte) Neubildung von strologie (beeinflußt von ait. strologia) zurückzuführen sein (vermeintliches Präfix EX-); der Wandel des Anlautvokals zue- ist im Fr.-It. mehrfach anzutreffen, cf. etwa s.v. esalter, s.v. esenbler sowie s.v. astor (estor); auch im Gallorom. tritt der Wechsel des Anlautvokals auf bei estronomie, cf. dazu fr.-it. strolomie ChevOgerC 947, Attilas Gl, stronomie AttilaS XVI-8497, stronomia SCathB 306, ferner fr.-it. estrolomien s.m. «astronomo, astrologo» EstVenL 1—148—7 [cf. Gl],strolique MPoloB 6 7 - 1 0 (nebenastronique MPoloB 6 7 - 8 , 6 7 - 1 7 , 6 7 - 1 8 ) ; ansonsten im Fr.-It. Belege mit a-, cf. HuonAuvTR f. 142r, MPoloB 58-30, 58-31, 75-41, 75—47, 78-14, 85-14, 89-24, 94-73, 140-15, 140-35, AquilonT f.98a; LEI strologia Monaci, 15.Jh. SercambiSinicropi. FABLERIE s.f., Gl «discours fabuleux», lt. FABULARI:

3271 De vostrefablerie / Ne vos donroge lamonte d'unelie, (: seignorie, lie). TL III-1546 fablerie s.f. (EntreeT); FEW III-345b afr.mfr. fabler vb. Hapax legomenon, Ableitung von afr. fabler (afr. fable) mit dem im Fr.-It. geläufigen Derivationssuffix-ie (cf. noch h.-h.flabes EntreeT 367,2589,flabeor AttilaS Gl,flaboier AnsCartPML 14). FABREGIER vb.tr. (ms. fibegier), Gl «fabriquer», lt. FABRICARE:

3871 Veis tu mais nul maistre laborer / Ne fenestral de voire fabregier, (: laborer, saieler). TL III-1547 fabriquer vb.tr. «erbauen» (GMuis, EntreeT); GdfC IX-589c fabriquer vb.tr.; FEW III-343b afr.favrechier (besonders pik.), aokz.fabregar, 344a fr. fabriquer (seit 12.Jh.); Levy III-367a fabregar; Battaglia V-542as. fabbricare (lit. fabricare, ant. fabrecare) vb.tr. Hapax Form im Fr.-It., im Afr. in der nicht entlehnten Form nur vereinzelt in der obigen Lautung belegt, im Aokz. und It. dagegen geläufig als fabregar, fabbricare (fabrecare), die für die fr.-it. (handschriftlich allerdings unsichere) Form beeinflussend gewesen sein dürften. FAL s.m., Gl «action de se tromper», FALANCE s.f., Gl —, «faute, faiblesse, tort», FALOIS s.m., Gl treire afalois «tirer ä faux, fig. se tromper», lt. FALLERE: 2223 De celui colp, que ne fu mie a f a l , (: bal, Provencal), 2200 Hoi ne me viegne le penser enfalange, {: pusanfe, atendance), 6826 A porter ce che coupent ses Franzois. / Mai, par saint Per, il oit treit a falois, (: Franzois, ernois); 321

2881 fal, 3459 id., 4917 id., 6156 id., 11025 id.; 13197falance, 15578/a/önfe; fal PrisePampM 745, 1991, 2194, 2805, GuiNantVprolC 709, PharsaleW 1133, 2512, AquilonT f.87 c\fallange RolV4G 4961,/a/ance RolCF 276-9, fallance RolV7F 271-9, 284-9, falance RolCF 289-9, 366-6, falange GuiNantVprolC 760, EnfOgerS 221, fallance HectPP 447, falance HectVB 447, HuonAuvBS1910 6782, falanza HuonAuvTS1910 6782, falance HuonAuvBS1908 10671, falanza HuonAuvTR f,135v, f.l52r, falange AttilaS VIII-906. TL III-1606s./α/ s.m. (EntreeT), 1558 faillance s.f., 1617 falois s.m. (EntreeT); Gdf III-698cs. faillance, fall, s.f.; FEW III-387b afr.mfr .faillance, aokz.falhensa (cf. 390b η 6), afr.faloise s.f. (hap.leg.); Levy III-399afalhansa, 400a-b falhensa·, Battaglia V-603css./a//o s.m., 594b-cfallanza (falanza, fallansa) s.f.ant. Fal s.m. ist im Gallorom. nicht bekannt und kann als Entlehnung von it. /alio (seit Guittone) angesehen werden; graphisch gesehen dürfte falange eine fr.-it. Ableitung von fal mit suffixalem -ange sein (im Gallorom. sind nur die Formen mit palatalisiertem -/- bzw. -ill- / -lh- üblich), die wiederum von it. fallanza beeinflußt ist; falois ist eine fr.-it. Hapax-Form in Reimstellung auf -ois, im Gallorom. selten in der fem. Entsprechung faloise; cf. noch die folgenden fr.-it. Ableitungen: falance EntreeT 12605, PharsaleW 1241 ,falaüre GuiNantVprolC 509, falimant AttilaS Gl Jallise GuiNantVprolC 823, falison AttilaS Gl,fallor AspremV4Be 386; LEI faloso agen. Flechia. FAMOS a d j . , G l « f a m e u x » , lt. FAMOSUS:

1585 Palmoie l'aste a loi d'ome famos, (: perecos, corajos); famos HectPP 14, famous HectVB 14. GdfC IX-598b-c fameux adj.; FEW III- 409a mfr.nfr. fameux/seit 15.Jh.), aokz. famos·, LevyP 183bfamos adj.; Battaglia V-627cs. famöso adj. (Guittone). Im Fr.-It. selten belegte Entlehnung aus it .famöso (cf. auch aokz. famos), im Nordfr. erst später (15.Jh.) bekannt. s.m., Gl «foin», lt. f e n u m : 2247 Ja vos sera trop chier vendus le fan, (: profan, Abran); 7904 fan, 13607 id., 14126 id.; fan HuonAuvPGi 3314. TL III-1685S./««; GdfC IX-632b-c foin-, FEW III-455a afr .fein, h.foin, adauph.aokz. fen \ Levy III-434b fen; Battaglia V-949cs. fieno (feno) s.m. Fr.-it. (lautliche bzw. graphische) Variante zu afr. fein, im Aokz. auch nichtdiphthongiert fen (auch it. feno); cf. fr.-it. fen HuonAuvPGi 3425, MPoloB

FAN

218-35. FANT V. ENFANCIER

322

FARINE s.f., G l « g i b i e r » , lt. FERUS:

3408 Que saoulas en la grant desertine / Ton jantils pople d'acees e dcfarine, (: desertine, Paine). TL III-1729 ferain s.m. (EntreeT farine); Gdf III-752cs. ferain adj. u.s.m.; FEW III-478b afr. ferain, aokz. feram\ Levy III-451a-b feram; Battaglia V-821b-c ferino

adj.lit. (It. FERINUS < FERA).

Hapax legomenon; im Gallorom. ist die Form nur als s.m. (ferain) bekannt; Thomas Gl verweist auf it. ferina, cf. auch n, vol.I, p.300, dazu it. ferino adj. (nach Battaglia gelehrte Entwicklung aus lt. FERINUS).

FEBRE s.f., G l « f i e v r e » , lt. FEBRIS:

6639 Adeu, sir enperer, la febre moi comence. TL III—1833s./i'evre; GdfCIX-617a-b/ievre; FEW III—440b fr. fievre, aokz. febre\ LevyP 185a febre; Battaglia V-764css. febbre (febre, febra, fevra, frebbe) s.f. Lautlich von it. febbre (febre), aokz. febre beeinflußte fr.-it. Variante zu afr. fevre. FELONIN adj., Gl «irrite», anfrk. *FILLO:

15682 Contre lui vait ο senblant/e/omn, (: Angein, pelegrin). TL III—1699felonin adj. (EntreeT); FEW XV 2 -123b ah. felonin «mechant, dangereux» EntreeT. Hapax legomenon, Ableitung zu fr. felon mit suffixalem -in (im Fr.-It. auch fei, felon, felonie, ferner felenese RolV7F 377—16,felonesc MPoloB 79-24, fellonesche MPoloB 203-25, felonal AttilaS U-570, feloneus EntreeT 5152, felonos AttilaS XV-3485).

FENESTREL s . m . , G l « f e n e t r e » , lt. FENESTRA:

7206 Cinquante archiers au primiran crinel / Serunt monte, ceschun son fenestrel, (: crinel, mangonel); fenestrel (: dougel, prael) AttilaS XIV—1502, fenestrer (: intrer, tirer) AttilaS 1-703. TL III—1716s. fenestrel s.m. «kleines Fenster» (BHant.festl., EntreeT); FEW III-452b aokz. fenestrel (α), 453a afr. fenestral·, Levy III-438a fenestrel s.m. «fenetre»; Battaglia V-1036b finestrello (fenestrello) s.m. (Nievo). Im Gallorom. ist die Ableitung von fenestre mit suffixalem -el als s.m. im Aokz. sowie vereinzelt im Afr. belegt, während die fem. Form auf -ele/-elle im Afr. geläufig ist (TL III-1717, FEW III-452b afr.mfr. «petite fenetre»); bekannter sind die Derivationen auf -al, cf. TL III-1713s., FEW III-^453a, dazu fr.-it. EntreeT 716, 2033, 2227, 3354, 3871,11032, AttilaS XIV-311 (cf. nochfenestralla HuonAuvPGi 479, fenestrela LExempliFC 3723, fenestrele PNatFemFC 154-3. 323

FERIDOR s.m., G l «combattant»,

FHRUE s.f., Gl «charge contre l'ennemi, coup frappe», It. FERIRE: 4622 Se Paiens s'en issent, pressoientferidor, (: coreor, millor), 4824 Sor ces primer Frangois feites une feme, (: embatue, retenue); 11194 feridor; 1798 ferne, 9889 id., 14320 id. TL III-173Is. fereor, \166ferne s.f. (Brun.Lat., EntreeT); Gdf III-754a/ereor, 768a-bfeme s.f.; FEW III—466a aokz. feridor, ah.fereor, afr.mfr.ferue «coup, blessure», 467a η 4: «13.-16.jh. Doch sind die belege selten; besonders fällt auf, dass die Chansons de geste kein einziges beispiel kennen. Häufiger ist es nur bei Brun. Latini, der das wort natürlich aus dem it.ferita übertragen hat»; Pfister 144,150,175,199,470ferador s.m., aokz.feridor; Levy III-452bs. feridor s.m.; Battaglia V-828cs. feritöre (ant. feredöre, feridore) adj.u.s.m., 825bs. ferita (ant. feruta) s.f. Feridor mit Erhaltung des intervokalen -d- ist im Fr.-It. nur aus Entree bekannt und geht zurück auf den Einfluß der entsprechenden it. und aokz. Formen (cf. noch fr.-it. ferior in EntreeT 2375, 8166, RolV4G 5398, HuonAuvBS1927 11902, AttilaS Gl); ferne ist außer in BrunLat im Fr.-It. nur in Entree belegt, Entlehnung aus it. ferita/feruta, deverbale Ableitung von afr. ferir (auch fr.-it.). FERMAMANT s.m., G l «forteresse», lt. FIRMAMENTUM:

11008 Qe il de Pampaloine verent le fermamant, (: feisant, Breibant); firmemant PrisePampM 4879, fermament «fortezza» AttilaS XV-2055. TL III—1745fermement s.m. «Halt, Stütze», 1880s. firmament s.m. «Festung, GruBdfeste»; Gdf III—760a fermement, firmament s.m. «appui, fondement, soutien; fortification», C—IX-622a; FEW III—569b firmamentum «Befestigung»; Levy III—457a-bfermamen «Dach»; Battaglia V-830cs.fermamento s.m.ant. «cid che conferisce stabilitä e soliditä; fondamento, basamento, sostegno, appoggio». Im Fr.-It. wie im Gallorom. vereinzelt auch in der Bedeutung «Befestigung» belegt (it. fermaminto); fr.-it. auch fermitie sowie fermegi (RolV4G 2806, PrisePampM 774, 3883, 421). FERUE V. FERIDOR

FEU s.m., Gl - , «fief», anfrk. *FEHU: 458 Ne tenans pas feu de nus hons; 6089 feu, 10321 id.; feu RolV4G 3780, 4423,/eo RolV4G 775, fer RolV4G 2875, fieu PrisePampM 3126, fiez RolV7F 43-7, RolCF 43-7, feu AttilaS XV-4307. TL III—1817s.//e/s.m.; GdfC IX-616b/ie/; FEWXV 2 -117a h.fieu, flu, fief, feu, aokz. feu; Pfister 15, 251 feu s.m.; Levy III-475b feu; Battaglia V—895a-c feudo s.m. Fr.-it. Variante zu afr. fief, als feu im Nordfr. vereinzelt belegt, ebenso im Aokz. 324

FI V. VIS

s.m., Gl «foie», lt. FICATUM: 4129 Le brant i mist deci qu'en lefie, (: dane, ale). TL III—1973s./o/e s.m.u.f.; GdfC IX-632a-b foie s.m.; FEW III-490b apik. fie «foie», afr. foie. Fr.-it. Variante (Hapax-Form im Fr.-It.) zu ah. foie in Reimstellung (cf. noch fr.-it .figa s.f. RolV4G 1198); LEI fie (u.a.) bad.sup. Pizzinini, Kramer u.a.

FIE

s.m., Gl «fidejusseur», lt. FIDEJUSSOR: 12382 Dist la pulcelle: «Je sui le figisor . . . », (: meilor, for). TL III—1834 figisor s.m. «Bürge» (EntreeT); GdfC IX—616a fidejussor; FEW III-502b abearn. fedexor, amail. fissor, pav. fedesor (wohl entlehnt); Pfister 106, 472 abearn. fedexor s.m. Hapax legomenon im Fr.-It., im It. nur vereinzelt dialektal belegt, ferner im Abearn.; Entlehnung aus lt. FIDEJUSSOR fr. fidejusseur-, cf. LEI SerraLineamenti, Serra, VR 3, 276.

FIGISOR

s.f., Gl «fin, achevement», s.m., Gl «fin, achevement», FINISON s.f., Gl «fin, achevement, mort», lt. FINIRE: 10817 De nun falir l'uns l'autre deci q'en la finie, {: plevie, compeignie), 3980 Je la veul trair dou tot a finiment, (: longement, sanglent), 283 A l'entree d'Espaigne trosqe la finison, (: Bertons, oiron); 13204finiment (ms. finimant); 11690finixon s.f., 12758fenysson (ms. feinysshon, Hs. feinyssohn), 2784 finisun ; finiment AspremV6Be 1303, AspremFM 8321, AliscMH 5687,finimant BovoFR 122, finiment HectPP 1322, feniment HectVB 1318, finiment HuonAuvPS1908 10020, 10135, HuonAuvBS1910 7095, fenimento HuonAuvTS1910 7095, HuonAuvTM1935 4477, finimant HuonAuvBM1935 4647, HuonAuvBS1911 11462, AttilaS 1-1168, finimento LExempliFC 1039; fenison PrisePampM 1214, 3033, 3804, HuonAuvTG p.110. TL III—1718 fenie s.f. «Ende; Zeitpunkt», 1873s. finement s.m., 1872 finaison, finison, fenison s.f. «Ende; Lebensende» (PrisePampM, EntreeT); Gdf I V - l 1 a-b finie, fenie, 9a—b finement «fin», I I b finiment (feniment) s.m. «fin du monde» (. . . RolC, Hercule et Phileminis [= HectP]); FEW III-557b aokz. fenida «mort», aokz. fenimen, finimen «trepas», 558a afr. finement «fin», afr. finement «fin du monde», afr. finison «fin» (14.Jh.), b aokz. fenizon «trepas», afr. finixon EntreeT; Levy III—443b fenida «Lebensende», 445afenimen, fin- «Lebensende, Tod», 447afenizon «Weltende; Lebensende, Tod»; Battaglia V-1046cs./iw'ta (fenita) s.f.ant.u.lit., 1040as. finimento (ant.dial. fenimento) s.m., 1050b finiziöne s.f.tosk. Deverbale Ableitungen von aSx.finir mit den Derivationssuffixen-(i)ment, -ison, -ie, die jeweils von den it. Entsprechungen finimento, finiziöne, finita

FINIE

FLNLMENT

325

beeinflußt sind (cf. Thomas Gl); finie ist im Afr. unter der Variantefenie nur selten belegt (aokz. fenida)\finiment mit Varianten tritt auch im Fr.-It. in verschiedenen semantischen Varianten («Ende, Ende der Welt, des Lebens») auf (cf. noch fr.-it.finemant PrisePampM 660,feniment PrisePampM 5625, RolCF 244-21, finement RolV7F 239-21, feniment MacaireM 3212, fenimento HuonAuvTS1910 l\lA,fenimant PharsaleW 559);finison schließlich ist im Nordfr. nicht belegt, lediglich im Aokz., während es im Fr.-It. zu den Vertretern der geläufigen suffixalen Ableitungen auf -eson u.a. zu zählen ist (cf. noch fr.-it. definaile «fine» HuonAuvPGi Gl). FIU V. AFIS

FLAGEL s.m., Gl «fleau, au fig.», lt. FLAGELLUM:

6114 Se nel voles veoir sot le flagel, (: novel, castel); fraget Attilas XIV-1517, flagello BablnfFC 2-259, flagelli LExempliFC 1209,1767. TL III-1887SS. fläel, flaiel, fräel, fraiel, freel; Gdf IV-16b flael, flaiel, C—IX—623a-b; FEW III-596b afr. flaiel·, LevyP 190b flagel·, Battaglia VI—58bs. flagello (ant. fragello) s.m. Fr.-it. Variante (auch mit anlautendem fr-) zu afr. flaiel, flael, die in der (graphischen) Erhaltung des intervokalen -g- it. flagello entspricht (sonst fr.-it. flaiel EntreeT 5471, flajel PharsaleW 1405, fraiel AttilaS Gl, flaiel AttilaS Gl); cf. s.v. flagelle. FLAGELLE 3.pr.tr., Gl - , * FL AGELLER «flageller, fouetter», lt. FLAGELLARE:

5952 Que je servisse celui qui me flagelle, (: isneile); 9440/7agelle 3.pr.tr., 3910/7agelez p.pf., 2991 flagellee p.pf.f. (ms. flagelle); flagelle [= flagelli] p.pf. PassChristApresB 250, 431, flagelle 3. HectPP 83, HectVML 83, fragel 3. AttilaS VI-185, frageile 3. AttilaS XIII-3 Jragella 3. AttilaS XIV-3485, /rage/e p.pf. AttilaS XVI-3324. TL III-1890s. fläeler, flaieler, 1892 flageler (Passion, GMuis); Gdf IV-16b-c flaeler, flageller, C-lX-623b flageller- FEW III-594b aii.flaeler, 595a aokz. flagelar; Levy III-498b flagelar; Battaglia VI-56cs. flagellare (ant.u.pop. fragellare) vb.tr. Fr.-it. Variante (auch mit anlautendem fr-) zu afr. flaeler, vereinzelt auch afr. flageler, die in der (graphischen) Erhaltung des intervokalen -g- it. flagellare entspricht (cf. noch fr.-it. flaielle 3. PharsaleW 1224, ferner flazella 3.pr. CronlmpFC 177-23); cf. s.v. flagel. FLAMEE s.f., G l « f l a m b e e » , lt. FLAMMA:

3715 Mais il ne giete granmant nulle flamee, (: fumee, enstopinee). TL I I I - l 902flambee s.f.; GdfC IX-624a/7ambee s.f.; FEW III-600b neufch. flammie «flamme»; Battaglia V - 9 0 8 a - b fiammata s.f. Hapax legomenon, Entlehnung aus it. fiammata·, im Gallorom. sind mit dem 326

Derivationssuffix -ee nur die Formen flambee, lt. FLAMMULA (FEW III-603b, seit 1320) geläufig (cf. ίτ.-it. flanbe, flamboier EntreeT Gl, ferner flambior RolV4G 959). FLAMERON adj., Gl «(qualifiant obers)»,

lt. FORMICARE:

1186 Le Paien l'a seisis par l'obers flameron, (: tenfon, arfon); 3038 flameron; flamiron RolV4G 1149, BertaC 1331 (cf. η p.115, Gl «fiammeggiante, splendente», cf. BertaM n), framiron EnfOgerS 1186, flamiron MacaireM 2940, framilon AttilaS VII-390, VIII-639, XII-717, XIV-837, framiron Attilas 11-1173, XIII-1385 (Gl «detto di usbergo»), TL III-2231s. «Beiwort des Panzerhemdes (hauberc): glänzend? klirrend?» (. . . EntreeT); Gdf IV—136a fremillon, fremeillon, fremellon adj., 22a flameron adj. «brillant comme la flamme» (EntreeT); FEW III—723a afr. formiant «brillant, etincelant», mit Suffw. fremillon (12.—14Jh., besonders pik.). Fr.-it. Varianten zu air. fremillon, die insbesondere bei der Umbildung des Anlauts zu flam- unter dem Einfluß des auch semantisch nahestehenden afr. flame (cf. auch s.v. flamee) stehen dürften bzw. als Ableitung von afr. flame interpretiert wurden. FLEIOR s.m. (ms. feilor), Gl «partum», lt. *FLATOR:

14737 Lor fleior contre eil seroit van e perdu [= les espices]. TL III—1910 fläor, flavor s.m.; Gdf IV-19cs. flairor, flaur, fleiur; FEW III-610b afr. fleiur s.f. «odeur» (agn. Ende 12.Jh.),/7aür s.f.,fleur s.m., afr. fleior (EntreeT), 611a ait. fiatore, aven. flador; Battaglia V—926b fiatöre s.m.ant. Hapax legomenon im Fr.-It., im Gallorom. ebenfalls selten belegt gegenüber dem geläufigen ah. flairor (TL III-1896, FEW III-746a lt. FRAGRARE). FLOR s.m.u.f., Gl «fleur; eclat du visage, bonne mine», lt. FLOS: 4342 Dou vostre avoir valant \mflor de Iis (Hs. flors); 5109/7or s.m., 12989/7or s.m. (cf. ms.), 957/7or s.f., 11928/7or s.f.; flor s.m. HectPP, MPoloB 118-38 (cf. Gossen, p,140),/7or s.f. GuiNantVM 125. TL III—1934ss. fl or s.f. (auch m.), 1938 «Glanz (der Erscheinung)» (EntreeT, FoulCand); Gdf IV-32b/7eur s.m. «odeur», C-IX-628a-c/7or s.f.; FEWIII-630aafr./7o(M>, 631b; Levy III-509bs./7or s.f.; Battaglia VI-7css. fiöre (ant./7ore, fröre) s.m. (ant.u.lit. auch s.f.). Im Fr.-It. wie im Afr. sowohl mask. (it. fiöre s.m.) als auch fem. gebraucht; daneben auch in fig. Bedeutung für «Glanz», im Afr. selten. FOILLERE V. FUL

327

FOLOi s . m . / a d j . , G l « f o l i e » , FOLANCE s.f., G l « d e p l a i s i r » , lt. FOLLIS:

4534 Je entand qe paies soit, s'il est fol, del foloi, {: convoi, moi), 6619 An? dirai les paroles, a chi en torn folance, (: dotance, France); 12011 foloi, 13 351 fouloi; foloi PrisePampM 894, 2639, 3235, PharsaleW 419, 2860, folois AttilaS XII-1411, folois adj. AttilaS XIV-20, foloy AttilaS XII-1364,/o/wus Attilas IV-585, foliaux AttilaS IV-627. TL III-2016 foloi s.m. ( . . . EntreeT), 2004 folance s.f. «Torheit, Leichtsinn», «Verdruß» (EntreeT); Gdf IV-53a/o/oi, -oy s.m., 48bfolance s.f. «folie, conduite folie»; FEW III—690b afr.mfr. foloi «folie, badinage» (13.—14.Jh.), a afr. folance «folie» (ca. 1220), «deplaisir» (EntreeT), aokz. folensa «folie»; Levy III—521a folensa «folie». Ableitungen von ah. fol mit suffixalem -oi und -ance;foloi, im Afr. nur vereinzelt belegt, ist im Fr.-It. geläufig (auch als adj., insbesondere folois); folance tritt im Gallorom. nur selten als «folie» auf, als «deplaisir» ist es Hapax-Form aus Entree; cf. noch folgende fr.-it. Ableitungen\foulison EntreeT 12743 (TL III-2016, FEW UI-690&), foleson AttilaS XIII-1820, folite EntreeT A-81, foliter s.f. RolV4G 4758,/o/rte AttilaS Gl Joletez AttilaS Gl,/olor,folage und folie mehrfach. FORCEL s . m . ( u . f . ) , G l « p o i t r i n e » , lt. FURCILLA:

10721 Son esplie Ii conduit tres par mie le forcel, (: mantel, penel); forgel s.m. «petto» AttilaS V-391, forcel AttilaS VIII-2187, forgel s.f. AttilaS VIII-659. TL III-2068 forcel s.m. «Schlüsselbein» (.. .EntreeT), «Brust» (BSeb.); Gdf IV-65c forcel s.m. «estomac, poitrine, ventre»; FEW III-894b ah. forcel s.m. «poitrine» EntreeT, hmanc. fourcel «id.; estomac»; Pfister 145, 476 forceil s.m. «fourche du sternum». Forcel als mask, (und fem.) mit dem reduzierten Suffix-el ist gegenüber dem geläufigen afr.forcele s.f. (cf. fr.-it. EntreeT 1798) nur selten belegt; aus dem Kontext in Entree geht nicht eindeutig hervor, ob es sich um die Bedeutung «Brust» oder «Schlüsselbein» handelt (cf. noch s.v. forchal). FORCHAL s . m . , G l « f o u r c h e p a t i b u l a i r e » , lt. FURCA:

2891 Trainez seront e penduf a forchal, (: toral, coral). TL III-2072 forchal s.m. «Galgen» (EntreeT); FEW III-892a forchal EntreeT. Die Ableitung forchal mit suffixalem -al in der Bedeutung «fourche patibulaire» ist hapax legomenon; im Gallorom. ist als «Galgen» sonst nur die Grundform, afr. forches (cf. fr.-it. EntreeT 6013, RolV4G 5897, 6016, 6038), bekannt; cf. noch fr.-it. forqueüre EntreeT 846, 2097, inforchaure BertaC 577; LEI Ableitungen von lt. FURCA in anderen Bedeutungen; cf. s.v. forcel. 328

FORERE adj., Gl —, la gient forere «les fourrageurs», anfrk. »FODAR: 775 Nuls se desflote, fors qe la gient forere, (: mainere, rivere). TL III-2138S.forrier s.m., 2135 forreor s.m.; Gdf IV-94cforrier s.m., C-IX653a fourrier s.m.; FEW XV 2 -154b afr.mfr. forier s.m.; Battaglia VI-496b furiere (furiero) s.m. In Entree auch in adjektivischer Verwendung in der Zusammensetzung mit la gient (sonst nur als s., cf. fr.-it. fureres «foriero» s.m. AttilaS 11-69). FORNAis s . m . ( m s . f o l m i s ) , G l « f o u r n a i s e » , lt. FORNAX:

3537 Si fort sornoille come fust un fornais, (: mesais, Tomais); fornas s.f. RolV4G 3301, fornaus PharsaleW 599, fornais «fornace» AttilaS IX-225. TLIII-2122s./orrcawe s.f.; Gdf IV-89afornais,fornaz,forneys s.m. «fournaise», C-IX-641b forneise s.f.; FEW III-724b afr. forneis (hap.leg.), fornaz Wace (725a η 1: wohl Suffw. -ACE < -ACiu), aokz.fornatz s.f.; Levy III-555b fornatz s.f.u.m.; Battaglia VI-193cs .fornace s.f. Als mask, ist fornais im Gallorom. wie im Fr.-It. nur selten belegt in der Bedeutung «four incandescent» gegenüber dem geläufigen afr. fornaise\ cf. noch fr.-it.fornel EntreeT 6119,10707; LEI fornachi VangeloPalumbo u.a. FORSCACEZ V. CAUCES FORTRECE s.f., G l « f o r t e r e s s e » , lt. FORTIS:

610 Mais a fortrece vos tenez seulement; fortresce MPoloB 45-12. TL III-2159s. fortece, fortrece s.f. «Stärke, Kraft; Feste, Festung, Burg», 2160ss.forterece,fortelece s.f.; Gdf IV-99b-cfortece s.f., cforterece, fortrece, C-IX-643a-b; FEW III-733a air. fortece «force»,fortrece (12.-14.Jh.), 734b fr.forteresse «placeforte» (seit 13.Jh., judfr.); Levy III-572bs./orieza «Befestigung, Festungswerk»; Battaglia VI-219css. fortezza (ant.fortissa) s.f.disus. In der Bedeutung «Befestigung» im Afr. meist als forteresse belegt, fortece ist geläufiger als «force»; cf. fr .-it. fortece EntreeT Gl, GuiNantVprolC 882, 939, HectPP 1099, HuonAuvBS1910 6781, Τ und Ρ id., MPoloB 23-11, forterece EntreeT 9866, 9878, forteresses EstVenL 1-100-2, 1-108-2, 1-141-8; LEI forterega «fortezza» a.ven. 1487 VidossichTristano, StR 4. FRAIN a d j . , G l « m i s e r a b l e » , g o t »FRA-AITHEIS:

2701 Dam Feragu, or ne su je frain, (: latin, Fermin); 3219 frain, 4767 id., 5856 id., 6605 id., 10422 id., 11531 id., 914 frein; frain AspremV4Be 1149, AspremV6Be 1407,fraine RolV4G 5239, frain PrisePampM 458, 1460, 6037, frain PassChristAprSsB 101, frains PassChristApresB 585, frain HectPP 800, frain HectVB 797, PassChristNVC 513, fraine PassChristNVC 649, frain PharsaleW 1029, 1961, 329

2899, fra'ine PharsaleW 2108, frain AttilaS Gl, frais AttilaS V-476Jraym FoulCandl9 in LacroixDiss p.173,frayn FoulCandl9 in LacroixDiss p.173. TL 111-2218ss. frarin {frain EntreeT) adj.; Gdf IV-130a-cfrarin, frain (PrisePampM, Passion [= Romv]) adj.; FEWXV 2 -162b aokz.fradin adj. «scelerat» (Lv; SFoy; Arch 101, 466); Levy III-583a frairin adj. Die fr.-it. Formen von frain können als Varianten zu afr. frairin ( < lt. FRATER, cf. FEW III-765b air. frarin adj. (12.-13 Jh.), cf. 768 η 10) mit Ausfall des intervokalen -r- (evtl. Dissimilationserscheinung) interpretiert werden; in diesem Fall wäre die nur aus fr.-it. Texten bekannte Form auch über das 13.Jh. hinaus (cf. FEW) belegt (cf. noch fr.-it. frarin EntreeT 13324,14958, 5591, RolCF 382-8, RolV7F 379-8, GuiNantFM 1445,1448, GuiNantVM 1486, 415; cf. frain s.m. «morso» AttilaS Gl, «strage» ib.); es erscheint jedoch naheliegender, fr.-it. frain als Variante zu aokz. fradin adj. «scelerat» ( < got. »FRA-AITHEIS «verwegen, abtrünnig») mit Ausfall des stimmhaften Dentalkonsonanten in intervokaler Stellung zu sehen (Hinweis M. Pfister); die fr.-it. Formen fehlen im FEW s.v. got. *FRA-AITHEIS. adj., Gl «en bois de frene», lt. FRAXINUS: 4762 Tenons nostre pais, et as esplei frasin, {: lin, cosin); 11396 fraxine, 6958 frasenine, 11524 fraxenin (ms. fraxin), 8302 frasenor, 9603 id., 10140 id., 10740 id., 1419 fraisenor (ms. fräsenor); frasinor AspremV6Be 1197, frasnine RolV4G 653, frasenour PrisePampM 4779, 6020, frasnin PrisePampM 991, 3268, frassenor GuiNantVprolC 856, franine GuiNantFM 1453, frasenin PharsaleW 2915, frasenor AttilaS XII2438, XV-2273, frasine AttilaS 1-323. TLIII-2192s.fraisnin (frasin EntreeT) adj.; Gdf IV-\22cfraissin, fraisin adj. (Yvain, Horn), 142bfresnin; FEW III-772a ah.fresnin (12.-13.Jh.), fraisnin Joufr,fraissin (Yvain; Horn), afr. fraisenor EntreeT; Pfister 479,770fraisin adj., fraxin (EntreeT), 474, 479, 770 fraisnin adj.; Battaglia VI-305c frässino s.m. Varianten zu afr. fraisnin (fr.-it. frasin), die außer in Entree nur noch vereinzelt im Gallorom. belegt sind, mit der Endung -or nur in fr.-it. Texten in Reimstellung; Pfister (479) erklärt die Form fraisin /fraxin ohne -n- als Dissimilation aus afr. fraisnin oder als Ableitung aus einem nicht erhaltenen afr. *frais; auch eine Beeinflussung der fr.-it. Formen von it .frässino s.m. wäre möglich.

FRASIN

s.f., Gl - , «froid, froideur, froidure», lt. FRIGIDUS: 4273 Ch'en le forz entre por trover la fredor, (: folor, valor); 15727 fredor (ms. ferdor), 2367 fredor; fredor HuonAuvPS1908 9792, HuonAuvPGi 2739Jredore HuonAuvTR f. 137v, fredor AttilaS XIII-1421, fredoure MPoloB 218-49, fredura BablnfFC 2-110, LExempliFC 1695. TL III-2280froidor s.f.(u.m.), 2280s. froidure s.f.; Gdf \V-\55bfroidor,fre-

FREDOR

330

dor s.f., C-IX-659a-b freidor s.f., b freidure s.f.; FEW III-798b afr.froidor (seit 12.Jh.), aokz. freidor, frejor, cf. 801b η 11 ait. freddore, fredor; LevyP 197b freidor, frejor s.f.; Battaglia VI-326a-b freddore (fredore) s.m. (ant. auch s.f.) disus. lit. Fr.-it. Varianten zu ait. froidor, lautlich beeinflußt von it. freddore, fredore (cf. noch fr.-it. froidour PassChristNVC All, froidor MoamT Gl, froidure MoamT Gl, froidor HuonAuvBS1908 9792, freor in EntreeT 948, 1421, 7317, 8440, PharsaleW 3028Jregyo s. SMarEgizC 744). FRENONS s . m . , G l « f r e i n » ,

DESFRAINE 3.pr.refl., Gl desfrener «se debarrasser de son frein», lt. FRENUM: 6657 Rolant le prant por le ricefrenons, (: bons, capirons), 15241 Le cheval, qant le vit, por poi ne se desfraine, {: prochaine, chevetaine); fregnon «freno, briglie» AttilaS VI-1153, VI-96, VII-1247, XIV-1166,fregnons AttilaS VIII-2441. TL III-2226ss. frein s.m., II-1594s. desfrener vb.tr. «die Zügel abnehmen», refl. «die Zügel abstreifen» (EntreeT); Gdf II-589bdesfrener, deff., defrainer vb.tr.; FEW III-774b fr. frein, 775a afr. desfrener «debrider; faire egarer» (selten, 13.Jh.), aokz. desfrenar «debrider»; Battaglia VI-343ass. freno (ant.u.dial./wio) s.m., IV-674b-cdisfrenare vb.tr.lit. «liberare, sciogliere dal freno», refl. Frenons ist eine nur aus dem Fr.-It. bekannte Ableitung von afr. frein in Reimstellung; desfraine, Ableitung von afr.frener mit präfixalem des- (privativ), ist im Afr. selten belegt und in refl. Konstruktion nur aus Entree bekannt, Hapax-Bildung im Fr.-It., im It. disfrenare auch als vb.refl. FRONT s.f., Gl - , «front»,

FRONTAL s.m., Gl «front, au propre; front (d'une troupe)», lt. FRONS: 14963 Ε ta santisme front coronee de spine, 4931 Ne fust Ii quens Girard, qe se mist a l f r o n t a l , {: real, natural); 617 3 frontal·, frontal «fronte» AttilaS 11-565, XIV-546;/ron s.f. RolV4G 1142,/ronf f. AliscMH 4654, HectPP 776, MoamT 1 - 8 - 1 4 , fron f. HuonAuvBT f.61vb, fronte f. HuonAuvTR f,125v, SMarEgizC 756, front f. AttilaS XV-3555, XVI-2141 [cf. Peisker, p. 104], fron f. RolandinC 312, fronte f. PNatFemFC 55-3. TL III-2304ss./rani s.m., 2307s. frontal s.m.; Gdf IV-162b-c frontel, frontal s.m., C-IX-668b-c front s.f. [lies: m., so alle Belege]; FEW III-819a fr. front, 820b aokz. frontal «faijade», abearn. fronteau\ Levy III-604as. fron s.m., 606a-b frontal s.m.; Battaglia VI-383bss. frönte s.f. (ant.u.lit. auch s.m.), 382cs. frontale s.m. Während lt. FRONS s.f. im Rät., Alomb., Kat. sowie Gallorom. zu s.m. geworden ist (FEW III-822a), ist es im Fr. It. unter dem Einfluß von it .fronte (fem.) s.f. geblieben (die Angabe s.f. GdfC IX-668b bei front dürfte ein Druckfehler 331

sein, da sämtliche Belege s.m. aufweisen); zum schwankenden Genus im Fr.-It. und bei front cf. Mainone 1936, p. 44, sowie Peisker p.\03, frontal ist (wie vereinzelt im Gallorom.) im Fr.-It. in unterschiedlichen Bedeutungen belegt; cf. noch fr.-it. frontaile s.f. GuiNantVprolC 277. FUL s.m., Gl «feuillage», FOILLERE s., G l « f e u i l l e e » , lt. FOLIUM:

14511 Qui trencescent 1 eful, 15289 Les grant arbres entor els e le grant foillere, {: darere, chiere); 15433 fuel (ms. luel) [n]; fuel «foglia» AttilaS IX-744. TL III-2322ss. fueil s.m., 1981 foillier, fueillier s.m. (Trist. Ber.); Gdf IV-169cs. fueil, 171c fueillier s.m. (Tristan); FEW III-677b afr. fueil s.m. (12.-13.Jh., besonders pik.agn.), aokz. folh, 679b fr. feuillee (seit 12 Jh.); Levy III-522as. folh; Battaglia VI-101bss./og/io (ant. folio) s.m. Ful ist eine nur aus Entree bekannte fr.-it. Variante zu aft. fueil ohne Diphthongierung des Vokals unter dem Hauptton vor Palatal (cf. dazu die aokz. und it. Formen), keine Reimstellung; foillere ist eine fr.-it. Hapax-Form in Reimstellung, die afr. Form foillier ist unsicher, ansonsten nur fr. feuillee; keine Spezifizierung des Genus im Kontext. FUNDUE adj.f., G l fundu

«fonde (?)»,

DEFUNDA 3.p.s.tr., Gl defunder «faire couler (des larmes)», lt. FUNDUS: 1214 Pres son frere fu mis dedenz la t o r f u n d u e , (: cremue, aiue), 1622 De mant biaus oilz les larmes defunda, (: conta, pora); 10872 fundue adj.f., 14505 fondu; fondu «profondo» AttilaS XI-226. Gdf 11-465c defender, -under vb.tr. «faire couler» (EntreeT); FEWIII-872a ü.fond s.m., b afr.mfr. effonder «couler bas» (12.-14 Jh.), 873b mfr. desfonder «renverser de fond en comble; detruire; priver de» (14.-16 Jh.); Battaglia VI-133a-c fondo adj. Fundue ist eine Entlehnung aus it. fondo adj. «profondo», im Fr.-It. nur vereinzelt in Reimstellung belegt gegenüber dem auch im Gallorom. geläufigen fondi, cf. fr.-it. EntreeT 15599, 2144; die Interpretation won fundue als von it.fonda beeinflußte Form steht schon bei Torraca 1923, p. 235: «piuttosto fonda, profonda»·, defunda ist hapax legomenon, Zusammensetzung von fonder mit präfixalem de- (im Afr. in nahestehender Bedeutung mit ef-). FURAUS adj., Gl —, «voleur, qui vole», lt. FUR: 14820 Robee avoie sa chambre come larons furaus, (: jornaus, cendaus). FEW III-881a afr. fur s.m. «voleur» (norm.). Hapax legomenon, denominale Ableitung von afr .fur, it./uro s.m. (Battaglia VI-498b-c) mit suffixalem -aus in Reimstellung (cf. noch fr.-it. fure 3.pr.intr. PassChristApresB 386). 332

G' pron., Gl «lui», ι pron., Gl «ä lui», IE pron., Gl «ä lui», < ? : 3916 Par mie le flans le feri d'un esplis / Com ilg'eüst e per e mer oncis, 5431 Quant en l'onor terans, non eil de su, / Domaje ert s'il i avist mesvenu, 7388 A son espli ie vait l'escuf croisir; i: 10748, 11835, 11904, 12160, 12325, 14451 [n], 11593, A-114; g' HschrStM Cod.Marc.fr.IV 513-70 (p.16),ge RolV4G 1321,1627, 4395, ge'l RolV4G 423l,g' BovoR 1262, 2810,ge BertaC 62, 90 (Mussafia: «y»), 331, 697 (Mussafia: ghe = lt. ILLIS), BertaMilC 323, 233 (tol-ge «togliono loro»), RolandinC 54, gel RolandinC 373, ge ChevOgerC 511, MacaireM 1833, g' MacaireM 288, 2527, ge RainLesOT 196, 258, 403, 406, 476, 477, 487,gie AquilonCf. 148v,ge BablnfFC 1 - 1 8 7 , 1 - 2 5 5 , 2 - 2 9 7 , 2 - 3 1 6 , 1 - 1 9 2 , 2-225, 1-122, g' BablnfFC 2-171, 2-93, 2-274, 2-268, 2-259, 2-259, 2-75, 2-78, 2-48, 2-216, 2-211, 1-178, 2-176, 2-254, 2-261, 2-137 (in unterschiedlichen Bedeutungen). F E W I V - 5 5 0 a ILLE.

In der Herkunft bisher nicht eindeutig bestimmte Formen des Personalpronomens der 3. Person Sg. Dativ (auch Plural) sowie des lokalen Pronomens fr. «y», it. «ci, vi», cf. Rohlfs § 902 (ge, gli < lt. ILLI(Q) und § 903 (ghe), der für ge (gli) weitere Belege aus aobit. Dialekten gibt.

GABARIXE s.F., G l «raillerie», anord. GABB:

15773 Don doit bien estre, non di por gabarixe, (: franchisse, sorprixe); gaberise PrisePampM 1414, 2369, 5686, 6099, gabarixe PassChristApresB 369, gaberixe GuiNantVprolC 15, gaberis PassChristNVC 793. TLIV—23gaberise s.f. «Spott, Scherz»; GdfIV-196c, 198a-b; FEWXVI-4a afr. gabarixe «raillerie», b Η 7: «Wohl + lt. RIXA. Vielleicht nicht eigentlich fr.»; DEAF G - l - 1 6 s . Anstelle der im FEW angedeuteten Verbindung mit lt. RIXA schlägt Baldinger im DEAF den im Afr. und Mfr. geläufigen Suffixwechsel von -ie > ise unter dem möglichen Einfluß von ait. rissa «premura, pressione, istanza importuna», it. ressa < lt. RIXA, vor; für den Suffixwechsel-ie > -ise sprechen folgende hier behandelte Belege (cf. s.v. zu weiteren Beispielen aus dem Fr.-It.) aus Entree: asalise, druerise, valerixe\ cf. ferner certise, manqise, promise, stanchise, tramise; der umgekehrte Vorgang, Wechsel von-ise > -ie, ist anzutreffen bei gentilie EntreeT 11939; daneben kann der Einfluß der Reimstellung eine Rolle spielen; cf. fr.-it. gaberie undgabarie (EntreeT 8267,13 624, PrisePampM 1099, 5346, PassChristNVM 171; EntreeT 568, 3269, AliscMH 2340, AttilaS XVI-8266 \gabari], AnsCartPML 4); cf. FEW XVI-3b; zu anord. GABB im Fr.-It. cf. ferner gabous EntreeT 13023, gabemans AttilaS XIV-1123, gas EntreeT 10450, gais EntreeT 3542, 5556, 10788, 13092 sowie die üblichen Formen gaber, gabois, gab. 333

GALAUS s.m. (ms. galäs), G l «galop», a n f r k . *WALA HLAUPAN / »WALHLAUP:

9310 As portes de la vile venirent d'un galaus, (: ortaus, quaraus); 122 gallois, 11367 galois; galois PrisePampM 3944, 4393, 4597. TL IV—78 galop; Gdf IV-214a; FEW XVII-^84a; D E A F G - l - 1 0 3 . Die lautlich bemerkenswerten Formen dürften insgesamt auf den Einfluß der Reimstellung zurückzuführen sein (cf. noch D E A F G - l - 7 7 ) . GALCANTER s.m. (Hs. gal canter), Gl «premier chant du coq», lt. GALLUS + lt. CANT ARE:

11250 Ad une nuit, endroit Iigalcanter, {: guioner, comer). TL IV—1547 *jalchanter «Hahnenschrei» (EntreeT . . .); FEW IV-^7a aokz. galcan, jaucantar (lim.); Levy IV—19a—b galcan, b galcantar. Die im Aokz., aber sonst nicht im Nordfr. belegte Zusammensetzung wird zwar durch die Lesart der Hs. nicht einwandfrei ausgewiesen, doch dürfte es sich aufgrund der Satzkonstruktion um das genannte Kompositum handeln; hapax legomenon im Fr.-It.; cf. noch EntreeT 8059 au premer gal gantanf, fr.-it. gal PrisePampM 761, 2813, gaus PrisePampM 2136, 3638. GALON s.m., Gl «cöte», vorrom. *KALONE:

3818 Le forma Diex, eher de fi le savon, / Pues Ii hosta la feme dou galon, {: savon, benicion); 14183 galon-, galon PrisePampM 52, 704, 3050, gallon PrisePampM 4827, galon GuiNantVM 1775, BertaC 12 [cf. η p.103], 1332, KarletoR 1114, RolandinC 371, ChevOgerC 215,550,1065, MacaireM 2452,2473,2942,2982,galons HectPP 1740, HectVB 1733, galon HuonAuvPGi 301, galon AttilaS VI—945, VII—1141, X-185, XII-351, XII-645, XII-1977, galos AttilaS 11-942, VII—92, galon AquilonT f. 114a, galoni BablnfFC 2-98. TL IV—75s. galon «Seite, Flanke» [Romv 23 = PrisePampM 52]; DEAF G—1-100 «cöte, flanc» (ca. 130CM e q.l4 e s.); Battaglia VI-562agallöne, galöne «fianco, anca»; REW 1523 *CALON- (gall.?), Fare; Prati gallöne2. Der Verweis auf it. gallöne findet sich schon bei Thomas Gl; cf. Cremonesi 1966, η p.103: «da intendere , propriamente ; e voce comune dell'it. sett.»; zur Diskussion um die Herkunft cf. Möhren in DEAF mit Literaturangaben (Zauner RF 14, 456ss., mit Belegen aus dem Rätorom. und Obit.; Weinrich RF 73, 300-307 [p. 300 statt «frankoprovenzalische Texte» lies «franko-italienische Texte», statt «13.Jh.» besser «14.Jh.»]; Hubschmid RF 74, 134-137); zur Verbreitung des Wortes cf. AIS 135 «anca» und AIS 161 «coscia», ferner Gamillscheg 1958, Fs. Wartburg, p.267, sowie LEI mit zahlreichen Belegen aus dem Obit.; das Wort ist im Fr.-It. geläufig; die im DEAF genannte Zeitangabe für das Fr.-It. ist zu erweitern auf 1407 (AquilonT), das Ms. möglicherweise noch später, vgl. demnächst Vitale-Brovaro334

ne; weitere Literaturangaben auch in REW 3690 (statt Mussafia 61 lies 161, 1523 id.); bis auf eine Ausnahme stehen alle fr.-it. Belege im Reim. s.f., Gl ganbille «?», lt. CAMELUS / lt. CAMELLUS: 5113 Dis Sara^ins, noires plus qe cornille, / Sor un feval plus leit d'une gambille / L'en ont mene (ms. plus leit, Hs. gäbille), (: cornille, perille); gambiaus AttilaS XIV-270 (Roncins et gambiaus et Ii muls atorsie). TL IV—83 (EntreeT); FEW II-129b amail. gamero (< lt. CAMELUS < gr. κάμηλοβ), agen. gameo, piem. gamel, aobit. gambello ( < lt. CAMELLUS); DEAF G—1—111; Battaglia VI-572b gambello, gambelo, gambilo (= Variante von cammello, «nell'area veneta»). Die semantische Interpretation «chameau, chamelle» wird unterstützt durch den von Boisvert im DEAF angeführten Beleg aus dem Traite d'Emmanuel Piloti sur le Passage en Terre Sainte (1441), ed. Pierre-Hermann Dopp, p. 105 (gambel 103,236,237,23S,gambei 103); die fem. Endung-iWe entstand vermutlich durch den Einfluß der Reimstellung; den Nexus -mb- deutet Boisvert als hyperkorrekte From von -mm- > -mb-, cf. Rohlfs 1—236 (mail. scimbia, lomb. vendembia, Poschiavo kombul, stombik, dolom. bimba), wobei der Einfluß von gamba u.a. mitgewirkt haben kann; eine andere Erklärung bietet Torraca 1923, p.237, aus der Lesart der Hs. plus leit dune gäbille (daher auch der Wechsel bei Thomas zwischen -mb- im Text und-nb- im Gl) interpretiert er leint oder lent als «lento»: «Gambille pare corrisponda agambetta, (Du Cange)», nokz.gambiho «chi zoppica», gambiha «zoppicare»; diese Bedeutung (auch «lento») bereitet im Kontext von Entree semantische Schwierigkeiten, dagegen sprechen auch die weiteren Belege; eine formale Beeinflussung des Wandels -mm- > -mb- ist möglich; LEIgambil, gambella, gambello mehrfach, besonders obit.

GAMBILLE

s.f., Gl «regard», germ. *WARDON: 12554 Vis oit bien feit e gardeüre agüe; guardaura RolV4G 4343,guardaüre KarletoR 2537,guardaura SMarEgizC 264. TL IV—151 gardeüre s.f. (EntreeT); FEW XVII-510a aokz. gardadura s.f. «mine» (Toulouse ca. 1220), nokz. gardaduro «regard», 523b n 2 apav. guardaura-, DEAF G—2-177; Levy IV-53a; Battaglia VII-117cguardatura. Auf den Einfluß von it. guardatura weisen schon Thomas Gl und Reinhold 1913 (KarletoR Gl) hin; im Afr. sonst nur die im DEAF genannten Formen regardeure und esgardeure; LEI guardaura avic. Bortolan, Monaci, ferner aflor. und asiz.

GARDEÜRE

s.m.pl., Gl gardinal «cardinal», lt. CARDINALIS: 13895 Par quoi Ii gardinals non le firent pastor; gardenaus HuonAuvBS1927 11552, gardenaly HuonAuvTR f.l40v, garde-

GARDINALS

335

nel Attilas III-49, ΙΙΙ-73 [cf. Peisker, p. 124], grandenaus AntAnW 661. TL IV—152gardinal (EntreeT) v. chardenal; FEW II1—365agrandenal AntA (= AntAnW). Die Formen mit Sonorisierung des Anlautes zu g- sind in afr. und aokz. Wörterbüchern nicht weiter belegt; es könnte sich möglicherweise um den Versuch einer (hyperkorrekten) Angleichung an die lt. Form mit c- im Anschluß an die erbwörtliche Form mit ch- (FEW Il'-Sööa) handeln, doch spricht dagegen der Wechsel stimmlos > stimmhaft; ein Einfluß von garder, gardien dürfte bei der Bedeutung des Wortes auszuschließen sein; Rohlfs 1—151 bietet für die stimmhafte Entsprechung von c- Beispiele aus der Schriftsprache (gombina, gastigare u.a.), aus einzelnen Dialekten und speziell für den nordit. Raum auch mail, gardinäl·, LElgardenal avenez. TestiStussi 13./Anf.l4.Jh., gardinal und gardenale avic. Bortolan, gardenay TestiQuattrocento, Migliorini-Folena, gardenäl feltr. Migliorini-Pellegrini, gardenal venez. Boerio u.a.; cf. fr.-it. golpo s.m. «colpo» AspremPMa p.148, graonter vb. (= creanter) AspremLMa 992 (B.M.Add. 35289). GARENTER vb.tr., Gl «garantir», anfrk. »WÄRJAN:

5449 Merci clament por garenter lor pel; garenter AspremPML 423, guarent 1. KarletoR 2673, garente [= garente] p.pf. AnsCartPML f.78c, garentäme 5.imperat. RolV4G 24. TL IV—103s.; Gdf IV-218c, C-IX-683c; FEW XVII-564a; DEAF G—2—141s.; Levy IV-62a garentar-, Battaglia VII-126b guarentare. Obwohl der Konjugationswechsel auch im Afr. und Aokz. belegt ist, dürfte für die fr.-it. Formen der Einfluß von it .guarentare (cf. Thomas Gl) entscheidend gewesen sein; ansonsten auch fr.-it. garentir, cf. EntreeT 7924,10221, 3614, AttilaS Gl, MPoloB 116-11, AnsCartPML f.78d (garandi p.pf.), cf. DEAF G—2—140; cf. fr.-it. garentise EntreeT 9459, 9967, 13687, 14429, PrisePampM 1415, 6107, AttilaS XIV-1308 (Gl «difesa»), cf. DEAF G—2—143s. GARNIMENT s.m., Gl «occupation d'un pays; attirail militaire; troupe de garnison», germ. *WARNJAN: 383 La senblance Carlons lor comanfe a retrere, / Lcgarnimant q'el feit et tot si cum il here, 468 A grant esfors de garniment / Noz sunt venus dedanz Navaire, (: gent), 599 menez äst garniment, (: Orient, present); 376 garniment «occupation d'un pays». TL IV-177ss. garnement, garniment s.m. «Stücke der Ausstattung, Ausrüstung (Kleidung, Waffen)», «Gerät», «Besetzung eines Landes» (EntreeT), «persönl. Besatzung» (EntreeT); Gdf IV-233b, C-IX-687a; DEAF G—2[-3]-306ss. garnement, garniment s.m., 309 «troupe destinee ä defendre une ville» (EntreeT), 311 «equipement militaire» (EntreeT); FEW XVII—529a afr. garniment s.m. «armure, equipement», 531a fr. garnement «objet, fourniture quelconque»; Levy IV-70bs; Battaglia VII-130bs. 336

Bemerkenswert sind die nur aus Entree bekannten semantischen Entwicklungen vongarniment zu «occupation d'un pays» (cf. DEAF G—2—293garnir «occuper, faire occuper (un lieu pour le defendre)») und «troupe de garnison»; ansonsten ist garniment in den üblichen Bedeutungen (cf. im einzelnen DEAF G—2—306ss.) auch im Fr.-It. geläufig, cf. etwa für EntreeT 1271, 5730, 5752, 13205, 816, 2848, 3050, 4127, 4582, 5414, 6296, 10268, 10625, 10701, 10890, 11054, 11156, 12162, 13610, 14707, 10735, 14525, 6491. s.f., Gl «destructrice», lt. VASTARE: 12740 Hai! boine spee, que fustes rois Eumon, / Mort et gastere de toutes garnison. TL IV-208s. gasteor s.m. «Verheerer, Vernichter», s.f.[?]; Gdf IV-242cgateresse s.f.; FEW XIV-202a; DEAF G-3-375 m.«celui qui devaste»; DEI 1888a guastare vb., -atore (13Jh.), -atrice (13.Jh.). Es handelt sich vermutlich um die fem. Entsprechung (Bezugswort: spee s.f.; cf. wasteres BrunLatC 2-61-1) von afr. gasteor, das im cas.rect. formal ähnlich lautet (gasterres, gasteres, gastierres) und auch außerhalb des Fr.-It. belegt ist (cf. DEAF); das Wort wäre dann ein Beleg für die Vertrautheit des paduanischen Autors mit den Wortbildungsprinzipien des Fr.; Hapax-Form im Fr.-It., cf. noch fr.-it. gaste adj. EntreeT 9071, 9434; LEI guastaor avic. Bortolan [allerdings könnte es sich trotz des fem. Bezugswortes auch um die mask. Form handeln; Hinweis von F. Möhren, Heidelberg],

GASTERE

GEARDON s.m., Gl «guerdon, recompense»,

vb., Gl - , «recompenser», anfrk. *WI©ARLÖN: 3041 Chi fist l'obers en oitbon ^eardon, (: bast on, baron), 11869 Je vosmerci, non v'en pois gerdoner (ms. geordner), (: cellebrer, louier); 11683 geardon, 12197 id. (ms. geardo), 14203 id., 14795 id., 9757gueardon (Hs. geardon), 269geerdon, 1790 id., 12760geherdon, 13364 id., 13192geherdons, 13341 id., 13350 id., 13426geerdons, 7061 guierdon, 5542g'ierdon; 11598 geardone p.pf. (ms. geardonee), 14411 geardones p.pf.; guierdon AspremV4Be 412, 1392, AspremV6Be 1568, RolV4G 3599, 4482, 5301, PrisePampM 2518, 3063, 3785, 5771 ,gaerdon AliscMH 1253, ghierdon GuiNantVprolC 963, GuiNantVM 20, guerdon BovoR 3467, guierdon KarletoR 101, 233, 996, 2672, BertaMilC 356, RolandinC 196, 387, ChevOgerC 564, 998, MacaireM 1255, 1859, 2465, guirdon HectVML f. 17a-25c (V. 89), guierdone HuonAuvBS1910 6562, guerdedone HuonAuvTS 1910 6562, guerdon HuonAuvBS1910 6954, guerdedon HuonAuvTS 1910 6954, guiderdon HuonAuvPS1908 9541, guiardon RaccFavR 70, 147, guierdon PharsaleW 1598, guierdone RainLesOT 575, guerdon MPoloB 212-10, guierdon AnsCartPML 68, guierdon BablnfBC 340; guierdoner vb. RolV4G 4703, guesredoner RolCF 101—13, guererdoner RolV7F 91-13, guererdone RolV7F 437-10, guesredonee RolCF 104-13, GERDONER

337

guererdonee RolV7F 95-13, geerdonee AliscMH 2977, gierdonez AliscMH 3662, guierdoner KarletoR m9,guiredoner PharsaleW 419, guierdone Attilas XV—3282. TL IV-748ss. guerredon, 752ss. guerredoner; Gdf IV—377cs. guerredoner, guerd., guird., gard.; FEW XVII—577a afr. guerredon, guerdon, guiardon, cf. 578a η 1, 577b gueredoner vb., mfr. guerdonner (noch Villon), afrpr. guiardonar; Pfister 34,187,489gaerdo s.m., 509,776gueredon, 132,500 afr.gueredoner·, Levy IV—97b gazardon, gui-, ib. gazardonar; Battaglia VII-168cs. guiderdone (ant. guidardone, guiderdono, ghidardone, dial, quiderdone) s.m.ant.u.lit., 168b-c guiderdonare (ant. guidardonare) vb.tr.ant.u.lit. Auch im Fr.-It. finden sich wie im Gallorom. und It. zahlreiche Varianten zu afr. guerredon und afr. guerredoner sowohl mit Dissimilation als auch mit Kontraktion der Vokalgruppe in der anlautenden Silbe; daneben sind auch die im Afr. üblichen Formen anzutreffen. GELDONER s.m., Gl —, «soldat (ä pied), fantassin», JELDONIE s.f., Gl «infanterie», anfrk. * GILDA: 7350 Menrent si avant Iigeldoner menu (ms. A geldonor), 828 Dedanz la ville remest la jeldonie (ms. laieldeue), (: baronie, die); geldoniers PrisePampM 4375; ioulie «truppa di soldati a piedi, fanteria» GuiNantVprolC 46 (Ben serons cent milie a banere e ioulie, cf. n). TL I V - 2 9 9 S . geudon; Gdf IV-252b-c; FEW XVI-43a geldonie; Battaglia VI-630a-b geldra, 760bgialdoniere s.m. «soldato armato di gialda» (G. Villani, A. Pucci). Das (redundante) Personalsuffix -er (geldon ist bereits «soldat ä pied») ist in Zusammenhang mit ait. gialdoniere «Lanzenträger» (FEW XVI-43b, Battaglia) zu sehen und als Verdeutlichung der Personenmarkierung zu interpretieren; an eine kollektive Bedeutung ist trotz des pluralen Gebrauchs weniger zu denken; die Funktion des Kollektivsuffixes erfüllt -ie in jeldonie, das jedoch neben ioulie infolge der unsicheren Lesart (Konjektur des Hg.) nur bedingt als eigenständige Hapax-Form des Fr.-It. angesehen werden kann (im Afr., Aokz. und Ait. nicht bekannt); die formale Bildung beider Wörter entspricht den fr. Wortbildungsprinzipien; cf. noch fr.-it.jeldon, geldon in EntreeT 5223, PrisePampM 1335, 1340, 1352, 1872, 4170, 4300, 4414, PharsaleW 2199, 737. GENOILON, EN G. a d v . , G l «Ä g e n o u x » , lt. GENUCULUM:

11714 En genoilon s'est mis por Damenediex proier; 4430 en genoilon, 14726 id., 14948 en genoillon, 15612 en genellon, 15026 engienoilon, 14730en gienoillun, 2288an jenoilon, 5531 en jenoilon, 5497 en jenoillon, 1788 en jenoillon, 3016 en jenolon, 12812 en jeneillon, 1487 en jenoilons, 681 an jenoillons, 11104 en jenoillons, 7049 en genulon; en g.: AspremCB1962 353, 361, 371, PrisePampM 1308, 1316, 5758, GuiNantVprolC 517, BovoR 2873, MacaireM 492, HectPP 1499, 1961, 338

HectVB 421, 1495, 1953, HuonAuvBS1911 11521, 10887, HuonAuvBS1910 7090, Ρ und Τ id., HuonAuvBM1935 6326, HuonAuvTM1935 5843, HuonAuvPM1935 175, HuonAuvBM1935 4468, HuonAuvTM1935 4386, 4402, HuonAuvBT f. 41vb, PharsaleW 851, AquilonC f. 160v, BablnfFC 2-204 (en ginocluni). TL IV-255ss. a genoillons, a genillons adv. (en genoillons MFceLais); Gdf IV—260b-cgenoillon, a g. (en g.); FEW IV—114a afr.mfr. α genoillons, afr. en genoillons (12.Jh.); DEAF G - 3 - 4 9 9 en genoillons adv.; Pfister 129 fr. α genoillons, aokz. a genolhons; Levy IV—105bss. a, de genolhons; Battaglia VI—786css. gindcchio s.m., 788b—c ginocchiöni (in oder a) adv. Während im Gallorom. in der adverbialen Verbindung die Präposition a überwiegt, tritt im Fr.-It. fast ausschließlich die von it. in ginocchiöni beeinflußte (cf. Thomas Gl) Verbindung mit en auf (zu a g. im Fr.-It. cf. EntreeT 13509, PrisePampM 2760, 5046, 5640); cf. in diesem Zusammenhang noch die Verbalformen mit en-, die möglicherweise mit von Einfluß gewesen sind bei der Verbindung en genoilon, fr.-it. EntreeT 15414, 15160, 2327, 322, 15479 u.a.; cf. noch fr.-it. agenoicler RolV4G 5646, acenoclee p.pf.f. RolV4G 5850. GENTILIE s.f., Gl «noblesse (au sens collectif)», lt. GENTILIS:

11939 Lui sui venus et a sagentilie, {: balie, joilie); gentilie PrisePampM 344, jentilie PrisePampM 5330, gentelie AttilaS XVI-6847. TL IV—269ss. gentelise, genterise, gentilise, 271 genterie, gentirie, gentrie (engl.gentry)·, Gdf IV-264agentilie s.f., 262s. gentelise-, FEW IV-110b agn. genterie (BozonC, mit Suffixwechsel; > e. gentry, 112a η 4); Battaglia VI—681c gentilia s.f.ant. (13.-14.Jh.). Die Form mit dem Suffix -ie ist in den afr. Wörterbüchern nur selten belegt; an einen Einfluß des agn. (ca. 1320) genterie ist weniger zu denken als an die im 13. und 14.Jh. belegte it. Form gentilia, die wohl auch - neben geni;7 adj. für das unbetonte -i- heranzuziehen ist (mit -i- auch die Mehrzahl der fr.-it. Belege von gentilise, cf. EntreeT 1858, 4503, 7222, 13691, 15777, PrisePampM 2356, 6098, MPoloB 128-14, 194-8, FaramonB p.201 u.a.); LEI zintilia avic. Bortolan; zum umgekehrten Suffixwechsel -ie > -ise cf. s.v. gabarixe. GERDONER V. GEARDON

GERIFAUS s.m., Gl «gerfaut», ahd. GLR:

11612 Riveres de faucons, d'astors, degerifaus, (: biaus, canaus). TL IV-325ss. girfauc, gerfauc, grifauc; FEW XVI-43b agn. girefauc BaustMuss 541; Battaglia VI—847cs. girifalco, ant.u.lit. girafalco, gerifalco. Die volksetymologisch begründete Annäherung an afr. girer, it. girare zeigt sich insbesondere in den Formen mit zweisilbigem ersten Bestandteil (giri-, 339

gira-, geri-), zu denen auch die im Fr.-It. nur aus Entree bekannte Form zu zählen ist (sonst fr.-it. gilfac JugAmF 524, gerfauc MPoloB 75—10, gierfaus MPoloB 75-11, gerjaus MPoloB 75-14, gerfauc MPoloB 74—41, jerfaucz MPoloB 71—15, jerfauches MPoloB 71-16s., cf. FEW XVI-43b gelfaus). GIRLANDES s.f.pl. (ms. gulädes), Gl - , *girlande «guirlande», anfrk. *WIARA / anfrk. *WIERA:

A—93 Baourdant vont encontre, girlandes ont porte; girlanda BovoUR 308,314,321,329,335,343,346,ghirlanda BovoFR 503, 509, 513, 517, 519, 2497, girlanda HuonAuvPGi 1600,guerlande EstVenL 2 - 1 1 7 - 1 , 2 - 1 2 3 - 2 , guerlandes EstVenL 2 - 1 2 5 - 3 , 2 - 1 2 7 - 2 , 2 - 1 2 9 - 2 , 2 - 1 3 0 - 2 , 2 - 1 3 1 - 2 , 2 - 1 3 2 - 2 , girlanda BablnfFC 1-250. TL IV-174 garlande, galande; Gdf IV—232a—b garlande, gerlande, gherlande, C—IX-738aguirlande (Ronsard u.a.); FEW XVII—573b aokz. guirlanda, lang.bearn. guirlando M, mfr.nfr. guirlande·, Levy IV—69b garlanda, guir-; REW 9524; Battaglia VI-746s. ghirlanda, girlanda. Während die Formen mit -i- im nordfr. Raum erst seit 1540 (FEW) belegt sind, treten sie im Aokz. und Ait. (aus dem Gallorom. entlehnt) schon früher auf (Provence ca. 1200, FEW XVII-574a, aver., abol., piem., aberg., lomb., emil., tosk., Marche) und beeinflussen ihrerseits (it.) mfr. guirlande-, abgesehen von dem im FEW angeführten Erklärungsversuch des -i- aus anfrk. * WIERA ließe sich auch - was semantisch naheliegt - für das It. volksetymologischer Einfluß vongirare annehmen, so schon Rajna in BovoUR p.177: «Su questo girlanda, che nessuno addurrä come un buon sostegno per l'etimologia da girare, hanno influito di sicuro i riflessi di quel verbo»; bis auf Entree handelt es sich bei den angeführten fr.-it. Belegen (neben Giacomino da Verona) um Beispiele aus stark italianisierten Texten (EstVen nur im Schlußteil). GITEIS s.m., Gl «get (d'une fontaine)», GITEZ s.m., Gl - , «get (d'une fontaine)», SORGITEE p.pf.f. (ms. sorgite), Gl sorgiter «mettre par-dessus», TRESZITEE p.pf.f. (ms. tres ziree), Gl tresziter «fondre», lt. IACTÄRE: 11408 A .X. tüel de cobre fesoit sesgiteis [= la fontaine], (: voutis, Arabis), 15332 Maintenant le leisa, si a gitez beü, 3710 Feu e cotons e cire sorgitee, (: aparee, atochee), 13493 Por eiste verge a esmals treszitee, (: lee, asenblee). TL IV-1639s./e «Besitz einer konkreten Sache (viande)»; LEI vernalla «mangime» MerloNuovePostilleREW, cf. OrengoDante. s.f., Gl «clairon», lt. GRACILIS: 13163 Le Pain fist de sa vois une graille, (: incuntraille, amiraille); 8628 greiles s.f.pl.; gresle s.f. AliscMH 5582, graile s.f. GuiNantVprolC 740, grale s.f. GuiNantVprolC 741. TL IV-526s. graisle s.m.; Gdf IV-330b-c graile s.m.u.f.; FEW IV-201b; Greimas s.v. graille s.m.u.f.; Levy IV-161b; Pfister 505. Aus den bei Gdf angeführten Belegen geht nicht hervor, daß es sich um fem. Gebrauch von graisle handelt (ebenso Greimas; bei afr. «clairon» keine Spezifizierung des Genus im FEW, mfr.nfr. s.m., s.f. nur in anderen Bedeutungen und dialektal); der Wechsel zwischen fem. und mask, (so auch meist im Fr.-It., cf. EntreeT 7394, 8060, 8158, 8219, 8832, 9315, 9519, 9576, 9747, 13783, 802, 9512, 9615, 9644, 8351 u.a., z.T. nicht spezifiziert) Genus läßt sich vermutlich auf die in bezug auf die Genusangabe nicht eindeutige Endung -e sowie die formale Ähnlichkeit von -aile, -aille mit dem fem. Suffix gleicher Form (cf. dazu Kap. 3.10.1.2. im Fr.-It.) zurückführen (it. nurgräio adj.ant., Battaglia VI-1026a).

GRAILLE

GRAIR vb.intr., G l «agreer», DESGREE 3.pr. intr., G l desgreer «deplaire», lt. GRATUS:

3631 Que chose est Diex, mout seroit da gra'ir (ms. dagrait), (: asentir, esclarir), 8503 Gaenes le voit, ne lui desgree mie; 15404 gra'ir, 10510 gra'iz p.pf. (cf. ms.), A-65 grai 1.; gradir RolCF 133-10, RolV7F 125-10, grai 3. PharsaleW (cf. Gl), grair EnanchetF 91-13 (cf. Gl). TL IV—524 gräir vb.tr. (EntreeT), 11-1601 desgreer «mißfallen», tr. «ungern sehen» (Aub.); Gdf II-592b desgreer «ne pas agreer» (StGraal, Froiss.); FEWIV-253a aokz.grazir, 250b afr. desgreer «v.n. deplaire; v.a. trouver deplaisant» (14.Jh.), 253bs. it.gradire, ait.grazire (Guittone); Levy IV-180ss. grazir; Pfister 158, 377 se desgradar de qch. refl. [statt 3,250 lies 4,250]; Battaglia VI—1008css. gradire, IV—678c disgradare, 679a disgradire. Auf den Zusammenhang mit it. gradire, grazire sowie aokz. gradir weisen bereits Wahle 1888 Gl (Pharsale) und Fiebig 1938 η p.138 (Enanchet) hin; im Afr. ist sonst nur graer als Vertreter der ersten Konjugationsklasse belegt (so auch fr.-it., cf. BovoR 1922, BertaC 440, 1269, KarletoR 59, 1642, 2084, 2997, MacaireM 408, 1435, 2842, HuonAuvBS1911 11247, HuonAuvTR f.l54v); cf. sgrair Attilas 11-969 (Gl «lacerare?»); desgreer, aus dem Fr.-It. nicht weiter bekannt, setzt sich aus dem Stamm greer und dem it. Präfix dis343

zusammen und entspricht afr. desagreer (so auch meist im Fr.-It., cf. EntreeT 9066, 13498, 13044, AliscMH 3046); cf. noch fr.-it. ingraqie p.pf. BelrisM 901; LEI gradire mehrfach, ferner desgradir valsug. Prati, disgradari asiz. RegoleBranciforti u.a. GRfe s.m., Gl «degre, rang social», DESGREE 3.pr.intr., Gl desgreer «manquer», lt. GRADUS:

5903 Bien croi q'il est, s'il ne Ii ment la vaine, / De plus autgri que un..., 3706 Lor est complie; mais se nulle en desgree, {: adornee, ovree). TL IV—582 gre s.m. «Schritt, Stufe», 583 «soziale Rangstufe» (EntreeT), 11—1601 desgreer (GRADUM) vb.intr. «seine Stellung aufgeben, vom Platze weichen» (Atre per., EntreeT); Gdf IV-343a gre «degre, marche d'escalier», II-592b desgreer vb.intr. «s'eloigner, reculer»; FEW IV-205b, a afr. desgreer vb.intr. «reculer, ceder, abandonner sa position» Atre; Greimas s.v. gre «degre, marche d'escalier»; Levy IV—156s.; Battaglia VI—1012bs.grado s.m., IV-678cs. disgradare vb.tr.lit.u.disus., 679a vb.intr.lit.u.disus. Gri in übertragener Bedeutung als «rang social» wird im Afr. durch degre ausgedrückt (FEW IV-205b judfr. gre «degre (du cercle)») und stellt für das Fr.-It. ein hapax legomenon dar; Wartburg führt die Entlehnungen mit fig. Bedeutung ins Fr. auf das Lt. zurück (Kirche, Universität, Heer) und lehnt die Herleitung grade aus it. grado ab (FEW IV-208a und η 18); für den fr.-it. Beleg dürfte die Annahme einer Beeinflussung der übertragenen Bedeutung von it. grado dagegen zutreffen; desgreer in der Bedeutung «manquer» ist hapax legomenon im Fr.-It.; im Afr. ist es vereinzelt als «reculer etc.» belegt (zu unterscheiden von fr.-it. desgreer, lt. GRATUS, cf. s.v. grair, dazu Pfister 158, 377); LEI grado, gra in der Bedeutung «Rang, Rangstufe» mehrfach. GREVOIS a d j . , G l «irrite», lt. GRAVIS:

7975 Mais de parole fu Rolant sigrevois / Qu'il le mostra avant compli Ii mois, (: repois, mois). TL IV-647s. grevos adj. «schwer, drückend»; Gdf IV—354b-c «lourd, dur, penible, difficile»; FEW IV—264b afr. grevous «penible, difficile», afr.mfr. grevain «penible, fächeux, qui est ä charge, dangereux»; Battaglia VII-38c grevöso ant. «opprimente». Bedeutungsverlagerung von der Qualifizierung der Sache (so z.B. grevose adj.f. EstVenL 1-142—9; cf. gravois PrisePampM 1675) zu der von der Sache verursachten Eigenschaft, Gemütslage («etw. ist schwer, drückend, penible, difficile» > «etw. macht jem. bedrückt, verärgert, irrite»); die Endung -ois geht wohl auf die Reimstellung zurück; cf. noch fr.-it. graveda adj. BertaMilM 54a, engravide BertaMilM 41; LEI gravoso in verschiedenen Bedeutungen, auch «intollerabile; penoso per l'animo» Dante. GRIGNOR adj.comp., Gl - , «plus grand», lt. GRANDIOR: 949 Qu'ainc en lor vie ne veirent un grignor, (: freor, ancessor); 344

4267 grignor, 4630 id., 4927 id., 7321 id., 8011 id., 8313 id., 8328 id. (ms. grigor, Hs. g'gor), 8365 id., 12988 id., 13338 id., 13425 id., 13693 id., 9272 grignors -, grignor AspremV6Be 1359, gringnoere GuiNantVprolC 374, gringnor GuiNantVprolC 868, grignor HuonAuvBS1927 12026, grignor AttilaS 1-1056, XIV-2083, XIV-2344, grinor AttilaS XIV-2343. TL IV-509ss.graignor·, Gdf IV-329bss.graignor, grign., grin.; FEWIV-219a gringneur GuillMach, grigneur, aflandr. α grignor «davantage» (hap. 13.Jh.). Lautlich bemerkenswerte Variante zu afr. graignor, die im Fr.-It. geläufig ist (daneben auch die üblichen Formen mit -ei-, -e-). GUERCIN S.M., G l « ? » ,
«(Kampfes-) Gebäude, Festung, Kriegsmaschine», die im Fr.-It. unter dem Einfluß von it. edificio steht. IE V. G'

s.m. (Hs. Iposible), Gl «chose impossible», s.f., Gl «chose impossible», lt. IMPOSSIBILIS·. 10089 Ja fera il tiel couse qe droit au tems Febus / Seroit grant impossible e miracle tenus, 7416 Por treir a chief les enposibleti, (: desarite); 6347 enposible s.m. (Gl), 14919 inposible s.m. TL IV-1356 adj.; GdfC IX-788b adj.; FEW IV-600a adj., aokz. empossible, mfr.nfr. s.m. «ce qui n'est pas possible» (seit Marot), 600b mfr. impossiblete s.f. «caractere de ce qui est impossible» (hap. 14.Jh.); Huguet IV-576b impossibiliti; Battaglia VII-500c s.m. (Fra Giordano da Pisa). Während der substantivische Gebrauch von impossible gegenüber dem FEW eine Rückdatierung darstellt, kann enposibleti als ein weiterer Beleg für das im Mfr. im FEW als hapax legomenon bezeichnete Derivat angesehen werden; für beide Formen liegen keine weiteren fr.-it. Belege vor (für die lautliche Variante mit em-len- cf. enposible adj. PharsaleW 1628 und HuonAuvTS1913 4787).

IMPOSSIBLE

ENPOSIBLETE

adj. (ms. inchin), Gl —, «morne, triste», lt. INCLINARE: 15698 Si sui par vos estes morne et inclin, (: orfanin, desceplin); 15686 inclin (ms. in chin); inclin AspremV6Ma 479, inclim RolV4G 3891, incline PassChristApresB 180, inclin HuonAuvBS1908 9696, inclim HuonAuvPS1908 9696, incline Attilas XVI-6744. TL III-209 enclin·, Gdf III-105cs. enclin, anclin-, FEW IV-627a fr. enclin; Levy II-439s. enclin·, Battaglia VII-669cs. inchino adj. Die Formen mit dem Anlaut in- und insbesondere der nachfolgenden palata-

INCLIN

349

len Lautverbindung-ch- dürften auf den Einfluß von it. inchino zurückgehen (ebenso incline 3.pr. EntreeT 4894, inclina 3.p.s. EntreeT 13 414,enclin [ms. enchin] s.m. EntreeT 7454; incline p.pf. RolCF 34—1, incline 3. GuiNantVprolC 690, incliner MacaireM 1462, incline p.pf. BelrisM 72, inclenie p.pf. AttilaS VIII—2354, inclinada p.pf.f. LExempliFC 2935, incline adj. LExempliFC4103;enchine 3. GuiNantVM 1487,china 3. HuonAuvPS1908 10139, 10166d); zu lt. INCLINARE > afr.mfr. encliner (FEW IV-626b) ist auch EntreeT 5936 (App.: vers inintelligible) zu zählen, wie schon in der Konjektur von Torraca 1923, p. 238: l'enquenet sa chapelle; cf. noch enchine adj. MPoloB 167-29. INCUNTRAILLE V. CONTRIE INFERINE a d j . f . , G l « i n f e r n a l e » , lt. INFERNUS:

14956 Que tote estoit danee en la paine inferine, (: orfenine, insine). TL III—332 enfernin (Horn 1671); Gdf III-l47a; FEW IV-667a enfernin (13.Jh.). Während im Afr. neben enfernal (cf. fr.-it. infernal EntreeT 12 830, enfernal EntreeT 4) noch die adjektivische Ableitung -ine von enfern (cf. fr.-it. infern [ms. ifern] EntreeT 13024,en/era AspremL 1471 in Mandach 1975) bekannt ist (cf. enfernine PassChrist ApresB 188), sind für die Ableitung von enfer/infer auf-ine keine weiteren Beispiele belegt (cf. noch fr.-it. en la maison enferner HuonAuvBS1927 12306). i N F U l R E v b . t r . , G l « e n f o u i r » , lt. FODERE:

13249 Se non te vais tot vis a infüire (ms. auifuire), (: servire, falire). TL III—344s.; GdfC IX-^63b-c; FEW III-664b fr. enfouir. Reimbedingte Abweichung von der geläufigen Konjugationsendung, im Fr.-It. geläufig. INGRATITUDNE s.f., G l « i n g r a t i t u d e » , lt. INGRATUS:

13184 Ingratitudne ni pechie d'ignorance; 13365 ingraitytudne (ms. ingraitytudines). TL IV—1390; GdfC X-15c; FEW IV-690b fr. ingratitude (seit 13.Jh.),ingratitudine (1581); Huguet IV-635b ingratitudine-, Battaglia VII-1072b-c ingratitudine. In TL handelt es sich neben den beiden Belegen aus Entree um personifizierten Gebrauch von ingratitude; die vom It. beeinflußten Formen auf -udne bedeuten für das Fr. eine Rückdatierung um mehr als zwei Jahrhunderte; LEI ingratitudine Dante. INGRß a d j . , G l « t e r r i b l e » , lt. INGRESSUS:

12296 Seignor aver et cruaus et ingri, (: je, ame); 15200 Ingres adj. (: fes, confes). 350

TL III-405SS. engres, encres;Gdf III-179cs. engres; FEW IV-691a afr.mfr. engres, ingrais (ca. 1380), 691b η 1: offenbar dem Lt. angenähert; Levy II-509bss.; Pfister 403s. engres-, Battaglia VII-1077cs. ingresso (incresso). Das aus dem Fr. entlehnte ait. ingresso (FEW IV-691b) wirkt sich seinerseits auf den Anlaut der fr.-it. Formen aus; der Schwund des finalen -s dürfte auf die Reimstellung zurückzuführen sein; LEI. [ms.], Gl NP Guiber «pays indetermine», < ?: 13134 Par sun voloir, voisist estre in . . . (ms. inguiber), (: espoanter, mer). In der Tat liegt die schon von Thomas vorgeschlagene Deutung von Guiber als ON nahe (cf. 4188 jusqu'esplans de Gibers, η vol.I, p. 303, vol.II, p.301).

*INGUIBER

INPROMET V. PROMISE INVERS s.m., G l «hiver»,

s.m., Gl «hiver», lt. HIBERNUS: 13 683 L'mvers i fait grant chaut et in istez la bise (ms. Lins vers), 4192 Ne lor faut gere en este ne en vers, (: divers, cers); invers AspremV6Ma 231, inuers AspremV4Be 215, 219, AspremV6Be 235, AspremV4Be 242, AspremV6Be 305, inuern AspremV4Be 1187, enuerno AspremV6Be 1434, inverno AspremV6Ma 260 [cf. 235,305], invers GuiNantVprolC 27, inverno BovoR 207, 519, 589, 2018, BertaMilM 398, ChevOgerC 273, invern HectVML i.29b, jnuerno SMarEgizC 693, invernez AttilaS XV-2088, inver MPoloB 22-9, 22-11, enver MPoloB 69-23, inverno MPoloB 218-35. TL IV-1502SS. iver, ivern; GdfC IX-760b hiver; FEW IV-418b afr. nuit iverne «d'hiver» (hap. 13.Jh.), fr. iver, aokz. ivern, invern, vern, uvern; Levy IV-240a-b ivern, invern, uvern, vern; Battaglia VIII—415b-c inverno. Bei invers handelt es sich um eine typische fr.-it. Mischung der geläufigen afr. und it. Formen iver und inverno (cf. GuiNantVprolC 27 n), die auch im Aokz. anzutreffen ist; der von Wartburg vorgeschlagene Deutungsversuch der Formen mit i- > in- unter Einfluß der Präposition in und mit Aphärese des Anlauts (FEW IV—422a) läßt sich insbesondere am zweiten Beispiel aus Entree gut veranschaulichen: en este ne en *invers/*envers > en esti ne en vers; theoretisch möglich wäre auch der Einschub eines epenthetischen -n-, doch spricht gerade die häufige Verbindung von iver mit vorangehender Präposition in mehr für die erste Interpretation; die Form mit Aphärese des Anlauts ist im Fr.-It. nicht weiter belegt. VERS

3.p.s.tr., Gl-, *investir «revetir; mettre en possession de; frapper, toucher», lt. INVESTIRE: 4862 Unques ne Yinvesti de plus grief penitan9e; investir AttilaS XV-833, invistoit 3. AttilaS XII-1325, investi 3. AttilaS VI-131, VI—675,investirent 6. AttilaS VIII-2815,inveirie p.pf.f. XVI-2637 (Gl investir «colpire, investire, concedere, coprire»).

INVESTI

351

TL III—710 envestir «belehnen»; Gdf III—315a envestir «v.a. attaquer», «v.refl. se revetir»; FEW IV-795a afr. envestir «revetir» Guill Dole, afr.mfr. envestir «encercler, cerner pour attaquer», 795b mfr.nfr. investir «mettre solennellement en possession d'un fief, d'une dignite» (seit 16.Jh.); Levy III— 107bs. envestir; Pfister 105,420 «toucher (avec l'epee), attaquer»; Battaglia VIII—424ss., b «mettere in possesso, mettere a parte (di beni sia materiali sia spirituali)». Abgesehen von der im Afr. seltenen Zusammensetzung mit -in ist das Wort in der Verbindung investir qn de penitange mit fig. Bedeutung semantisch bemerkenswert; es könnte als eine Vorwegnahme der im 16. Jh. aufkommenden übertragenen Bedeutung - hier mit stilistischer Ironisierung des Kontextes interpretiert werden; cf. noch fr.-it. envesti p.pf. RolV4G 3406 (Gl envestir «investire [di un feudo]»); LEI mehrfach in verschiedenen Bedeutungen. IRER vb.intr., Gl «se mettre en colore», IRAGE s.m. (ms. hrirage), Gl «colere», iRANgE s.f., Gl «colfere», IRESCU p.pf.adj., Gl —, «qui est en colore, furieux», lt. IRA: 1134 Qi done vei'st Ii due de Dainesmarche irer, (: arester, regarder), 12930 S'il est a pie, ce Ii vient par irage, (: fayge, Aufage), 15561 A celui pont me sorpris tel irange, {: remembranfe, conosanfe), 2300 Carles le garde, paoros e irescu, (: erbu, perdu); 1329 irer vb.intr. (ms. airer), 2949 irer vb.intr.; 5648 irescu p.pf.adj., 6055 id., 14504 id., 14334irescus, 14344 id., 14312irescue p.pf.adj.f., 13658/reschu (ms. hireschu), 12558 ireschue f.; irer AliscMH 1774,1876,1921,2681,2786, 3390,3401, 3863,5190,6866, 7204, yra 3. AliscMH 2378, irer BertaC 840, KarletoR 841, 1358, ChevOgerC 156, 1713; irance s.f. RolCF 110-12, RolV7F 101-12; ireschuhe p.pf.adj.f. GuiNantVprolC 616, irescu AttilaS 1—395, ireschu AttilaS XIV—675. TL IV-1453ss. irier, irer (intr. Nymes, Brun.Lat.), 1433 irage (EntreeT), 1440 irance, 1439 irascu; Gdf IV—609a irier, 607b irage (Siege de Barbastre), 608airance, ib. irascu; FEW IV-812a afr.mfr. irer, 811a afr. irage Siege Barb., afr. irance Roland, 812a afr.mfr. irascu; Pfister 131,141, 516 irance; Battaglia VIII-523b irare vb. intr. (meist refl.), ib. iranza. Irer in intrans. Konstruktion, im Afr. so nur selten belegt, ist im Fr.-It. häufiger anzutreffen (auch it.); die selteneren Ableitungen irage und irange entsprechen den fr. Wortbildungsregeln (cf. noch ireson «ira» AttilaS XIV—2032; Pfister 119, 516 deutet irason als reimbedingte Ableitung zu fr. ire, was für das Fr.-Pr. zutrifft, auf das Fr.-It. bezogen jedoch die Häufigkeit und Beliebtheit des Wortbildungssuffixes -esonl-ason [cf. zahlreiche fr.-it. Neubildungen s.v. aresteson, ferner Kap. 3.10.1.2.] nicht genügend berücksichtigen würde); cf. noch fr.-it. iraile GuiNantVprolC 284 [n], herour PrisePampM 2586,3089,5665; die fr.-it. Varianten von afr. irascu mit-e- können 352

auf den Einfluß des Infinitivs irestre (für iraistre) zurückgehen, cf. irestre EntreeT 15446, inrescure adj. GuiNantVprolC 176 [dazu jedoch in rescure GuiNantVprolCT 176]; irer vb.refl. und irascu sind auch im Fr.-It. geläufig; cf. noch LEI iranza «afflizione» ait. ScuolaSicPanvini. s.m., Gl «ete», lt. AESTAS: 13683 L'invers i fait grant chaut et in istez la bise; diste [lies: d'iste] RolV7F 254-26, istes GuiNantVprolC 27, istade CronImpCA 47a (Gl) [CronlmpFC 124-5], PNatFemFC 164-3, istate PNatFemFC 172-4, 110-1. TL III—1367 este; GdfC IX-559b este; FEW I-^5b afr. este; Battaglia V—429cs. estate (lit.region. estä, popol. istate, state, estade). Die Formen mit Umwandlung des anlautenden e- > i- sind von it. istate beeinflußt (cf. GuiNantVprolC 27 n); dabei kann das e- als prosthetischer Vokal mißdeutet und die Form mit Aphärese hyperkorrekt als i- wiederhergestellt worden sein; dafür sprechen auch die zahlreichen Belege von fr.-it. stee, die als Vermischung der fr. und der it. Form (este und state u.a.) mit Erhaltung des Schlußvokals und Schwund des intervokalen Konsonanten angesehen werden können (cf. fr.-it. BertaC 1131, AttilaS X-330, XIV-3759, XVI-3530, XVI-6271, MPoloB 37-36, 69-24,121-28, cf. noch siez «estate» AttilaS VI-1383, XV-609, XV-2087, XVI-3525); LEI mehrfach in den bei Battaglia genannten Formen u.a.

ISTEZ

JE adv., Gl «jä, dejä», lt. JAM: 5446 Je j'ai veü combatre un castel; 1493je mar (Hs. ja mar), 4280je, 4310 je [sofern nicht pron.pers. 1.], 5220je; ie adv. AspremCBol962 351 [sofern nicht «y»], ze PrisePampM 732, je adv. AliscMH 1847, 1849, 2847, 3783, 6819, 7017, je adv. GuiNantVM 2220. TL IV—1515ss.;e; Gdf IV-624s.; je mar heranziehen (allerdings stimmt die zweite, im Text von EntreeT angegebene Lesart Je mar nicht, Hs. lies Ja mar); cf. noch fr.-it. ςα EntreeT 4459, 8203, 8404,za AttilaS XV-137, XVI-4705, ferner die Kontraktionen jan EntreeT 12256, jas EntreeT 11368; LEI giae Monaci. JELDONIE V. GELDONER

s.m., Gl «jongleur», lt. JOCULARIS/ lt. JOCULARI: 10731 Ja ne Ii senblera jobler ni arpeor; 4463 ςubleor; gubler RolV4G 4, 951, BovoR 755, 836, 2973, ς upier BovoUR 367, qublar

JOBLER

353

BovoFR 2247, gublara s.f. BovoFR 2416,gubler s.m. BertaC 114a, 115,143, 146b, 148,155,165,36b, 41,53,55,230,838,840,844, KarletoR 1341, gublari HuonAuvPS1908 9631, cublari HuonAuvPS1908 9638, gubler AttilaS 1-80,1-141, XV—137, XVI-5224, gublere AttilaS XVI-5024, gubleor AttilaS XV—2474, gubler AttilaS VI-1459 (Peisker), gubleor AttilaS XV-4534 (Peisker). TL IV—1710 jogler (okz.joglar), 1705ss.jogleor; Gdf IV-660a jougleor, jugleor, ib. jougler, jogeler, joculer, jocculer, giuculer, giogoler, giocgoler·, FEW V—41b afr .jogleour, 42a afr .jogler, ah. joculer MPolo; Levy IV-260a joglador; Battaglia VI—803a giocoliere. Beide Formen, jobler < lt. JOCULARis und gubleor < deverbale Ableitung mit Pesonalsuffix -ATOR von lt. JOCULARI, sind im Fr.-It. mit der Konsonantengruppe -bl- anzutreffen, die in der Galloromania sonst nicht belegt ist; während Mussafia (in BertaM p.104 [cf. Pistoleta, Jahrbuch VIII, 216 (?)] zu der Form mit -bl- erklärt: «Non saprei spiegarla che ammettendo gl della voce jugler = JOCULARis mutato in bl», deutet Rajna (in BovoUR n) die fr.-it. Form als Versuch einer falschen etymologisierenden Schreibung: «La ragione di questa forma sta evidentemente in una falsa etimologia. S'e riportato il vocabolo a giubilo», was auch in semantischer Hinsicht zutreffen könnte (cf. noch Pellegrini 1956, p.124, Peisker 1973, p. 118, Renzi 1970, p. 76 η 21 [ avenez. *sublar], ferner Levy 1952); mit -bl- ist im Fr.-It. auch das kollektive Substantiv gublarie belegt (HuonAuvPS1908 9638), neben gugolarie (BertaC 164); cf. noch fr.-it. gugoladra s.f. BovoR 618, die (halb-) gelehrten Formen joculer MPoloB 89-45,126-18, giogoler MPoloB 126-20, 126-22, giuculer MPoloB 86—49, zugadory HuonAuvTR f. 135r, zugadore HuonAuvTR f.l35r, die von lt. JOCUS, JOCARI beeinflußt erscheinen; ferner iorgeors AnsCartPML 10; daneben finden sich auch im Fr.-It. die aus dem Afr. bekannten Formen, cf. etwa EntreeT 2812, 6133, 12408, 13910, 1961, 10965 u.a. adj., Gl - , «jeune», lt. JUVENIS: 982 Anz q'ele soit conquise, si jofne n'i a mais (ms. iofrie); 8646 jofne (ms. iofue). TL IV—1827 ss.juene-, Gdf IV-645c, 660b-cjoule, C-X-43cs.; FEW V-92b afr.mir. jovene, jofne BeneitSMaure, juefne Marie, agn.jefne; Levy IV—277 jove; Battaglia VI—827bss. giovane. Beide Belege m i t - f n - stammen zwar nicht direkt aus der Hs., sondern beruhen auf Konjekturen des Hg., doch sind sie auch im Afr. belegt; eine Desonorisierung des -v- > -/- nach Ausfall des unbetonten Zwischenvokals in der Pänultima erscheint vor dem stimmhaften Nasal -n- unwahrscheinlich; auch satzphonetische Gründe lassen sich für das -/- kaum anführen; möglicherweise liegt eine graphische Beeinflussung durch das -s- von Formen wie josne vor (so EntreeT 13390,13401,13804); im Fr.-It. finden sich häufiger die italianisierten Formen mit erhaltenem Zwischenvokal: joven EntreeT 7413, jo-

JOFNE

354

venes EntreeT 9352, iouen AspremV6Be 34, 83, AspremV4Be 77, iouene AspremV4Be 25, iouenes AspremV4Be 600, iovene RolV4G 5736, govini RolV4G 3892, goveno BovoR 1006, ChevOgerC 624, 768, govern HuonAuvPS1910 6852,joven AttilaS XIV-407,johene AttilaS XV-4103, jovenes MPoloB 41—21, jovene AnsCartPML 74 u.a.; cf. noch zouenture HuonAuvTR f,149r. JOIGNE 3.conj.pr.intr., Gl joindre «venir», lt. JÜNGERE: 13863 s'il avint q'il i joigne / Uns estrange a moisön, ( : doigne, tesmogne); 8171 jongne 3.conj.pr.intr. (ms. nögne), 5913 joigne 1. iont p.pf. AspremV4Be 1251, iungeg p.pf. AspremV6Be 1471, jont p.pf Gl «ereilen, treffen» PrisePampM 1803, gons 3. PassChristApresB 172, jongirent 6. PassChristApresB 58, joindre AliscMH 6947, gunse 3. BovoR 2656, gongent 6. BertaC 736, KarletoR 399 (Gl «arriver»), gungent 6. KarletoR 447, gonse 3. ChevOgerC 1020, gunge 3. ChevOgerC 162, gunse 3. MacaireM 700, jons HuonAuvBS1927 12130, iondrai l.fut. FaramonB p.206, ioindre «giungere» AttilaS Gl, iondre «giungere, raggiungere» AttilaS Gl, goindre «giungere» AttilaS Gl, gonse 3. RainLesOC 734, RainLesOTo p.Ill,gonge 3. RainLesOC618,jugnire «rejoindre» MPoloB 57-19,jugnere/ jogner ensenble «zusammenrücken» MPoloB 26—9, 36-11 [Gossen, p. 139], se jont 3. MPoloB 67-20, jungent 6. MPoloB 78-21, 159-10. T L IV—1721ss., 1729 intr. «hinkommen, ... erreichen»; Gdf IV—648cs., C-X—46cs., 47a «arriver tout pres, au sens moral»; FEW V-67a nix. joindre «atteindre qn, se reunir ä» (seit 11 Jh.); Levy IV—265bs.; Battaglia VI-885bss., 886c «pervenire a un luogo», 887a «arrivare a un determinato punto dello spazio ...»; DEI 1821b giungere intr.u.tr. »arrivare ...». Joindre intr. in der Bedeutung «venir, arriver», im Afr. nicht geläufig, ist im Fr.-It. häufiger belegt und weist auf den Einfluß von it. giungere hin; die genauen semantischen Nuancierungen sind im Fr.-It. nicht immer aus dem Kontext exakt zu bestimmen; bemerkenswert sind auch die für das Fr.-It. charakteristischen Graphien mit -z- und -ς-; cf. noch fr.-it. aiondre «raggiungere, attingere, colpire, unire» AttilaS Gl. JOSTISABLE adj., Gl «qui observe la loi», lt. JUSTITIA: 14135 II n'ert pais entre vos a guise de tyran, / Mais fier e jostisable e dous e onble e plan. T L IV-1903s.justigable, justisable, justiciable «die Gerechtigkeit ausübend, gerecht» (Nymes, EntreeT), «der Gerichtsbarkeit unterworfen»; Gdf IV-677b-c «juste», C—X—56a; FEW V—86b fr. «celui qui releve d'une juridiction», «bien fame»; Battaglia VI-913bgiustiziabile «che puö ο deve essere giustiziato», «che puö essere sottoposto a processo; imputabile». Jostisable in der (aktiven) Bedeutung «gerecht, das Gesetz beachtend» (gegenüber «dem Gesetz unterworfen»), im Afr. selten belegt, ist aus dem It. nicht bekannt und stellt für das Fr.-It. eine Hapax-Form dar; es entspricht 355

nicht der ansonsten üblichen Bedeutung des Suffixes -äbile < -ABILIS, das die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Handlung ausdrückt (Rohlfs, vol. III, § 1035).

JOVEDis

s.f. (Hs. ioue dis), Gl «jeudi», lt.

JUPPITER (JUPITER) / JOVIS DIES / JO-

VIA:

554 A Sarago9e sont arivez, ce m'est vis, / Davant Ii rois Marsille, a une jovedis, (: vis, reqis). TL IV-1836s.juesdi s.m., II-1928s. dijues s.m.; GdfC X-43a-b jeudi s.m.; FEW V-78a ah. juesdi, 79a aobit. zobiadi, aven. gobia ,ven.zgba, pad. zgbia; REW 4591; Pfister 163, 522; Battaglia VI-789c giöbia (gidbbia) s.f.ant.u.dial.; DEI 1811b. Jovedis s.f., hapax legomenon im Fr.-It., kann als charakteristische fr.-it. Mischung aus dem Fr. und dem It. angesehen werden: Während die Form afr. geblieben ist, weist das Genus den Einfluß von aobit. jobia s.f. auf, das im gesamten obit. Raum belegt ist und die Ableitung JOVIA voraussetzt (cf. auch Rohlfs, §§ 274 und 389); weitere fem. Wochennamen sind aus dem Fr.-It. nicht bekannt (jovedi in PassChristNVM 166 ist mask.); cf. un mardi EntreeT 8386, el vendredi EntreeT 2993, en un martdi HuonAuvBS1927 12372, meardi AttilaS X—486, mecredi AttilaS XIII—819, en un sabadi HuonAuvBS1927 12376, ferner diemanche AliscMH 929, diimenche AliscMH 2512; di und dir sind im Fr.-It. mask. (EntreeT 6481,12358,13842,14061, A—57,14154, 551, HuonAuvPS1908 10128a, 10135, BertaMilM 301), daneben auch die fem. (BertaC 1046,1361, BertaMilM 148, MacaireM 62); cf. vener ior AttilaB 1—13, ferner jener EstVenL Gl, jenier MoamT Gl, jugnet «juillet» DocChyprR p.99, 102 (Gl), PNovMemK Gl; LEI jobia u.a. s.f. mehrfach. s.m., Gl «jugement», lt. JUDICIUM: 10111 Qe davant a Minos fu portee en judis, (: enpaloi's, bis); iudixe s.f. RolV4G 5963. TL IV—1858ss. jüise, jüis, jöise s.m.(u.f.); Gdf IV-670bs.;'«(«·; FEW V-59a air.juise, juis, abearn. judici, daupha. judice; Levy IV—292b juzizi', Battaglia VI-873ss. giudizio. Während die Belege im Gallorom. aus lt. JUDICIUM entlehnt sind (FEW V-59b), ist die Erhaltung des intervokalen -d- im Fr.-It. auf den Einfluß von it. giudizio zurückzuführen; auch im Fr.-It. schwankt das Genus von juis/juise, wobei auffällt, daß mask. Formen nicht nur auf-i, sondern auch auf-je, -ze enden, cf. im einzelneniuixe s.f. RolV4G 5971, iuixie s.f. RolV4G 5982,quise s.f. RolV4G 5998, juise s.m. PrisePampM 1436, 5703, 6111, jugixe s.m. PassChristApresB 358, iuise s.m. RolCF 443-2, 444-2, RolV7F 441-2, iugise s.m. RolV7F440-2,442-2,iuise s.m. RolCF 447-7,iugisse s.m. RolV7F 444—7,iuis s.m. AliscMH 2141,jois s.m. HuonAuvBS191111137,yow.se s.m.

JUDIS

356

HuonAuvBS 1927 12343,;«« s.m. AttilaS 11-1107, IV-249; m\t-d- noch die italianisierte Form zudigamento in HuonAuvTR f,141r, f.l43r. s.m. (ms. mireor), Gl «celui qui aide», lt. JUVARE: 8443 Machomet reclamerent qe lor soit juveor, (: plusor, iror). FEW V-92a; Battaglia VI—831cs. giovatore disus. «che aiuta, che viene in soccorso». Lt. JUVARE, im Fr. nicht erbwörtlich belegt, erscheint im Fr.-Pr. als aus dem Lt. entlehnte Form; für das Fr.-It. bildet die Ableitung mit dem Personalsuffix -eor eine Hapax-Form, während die Verbalformen von lt. JUVARE, it. giovare, geläufig sind, cf. etwa goer RolandinM 245, MacaireM 735; zu weiteren (Neu-)Bildungen mit dem Suffix -(e)or im Fr.-It. cf. die Formen in Kap. 3.10.1.2; fr.-it. juveor entspricht in der Konstruktion it. giovatöre.

JUVEOR

s.f., Gl «lacet (du heaume)», lt. LAQUEUS: 10778 Mais le brant descendi, qe detrence la lace, (: vace, solace); 1300 laces pi., 11129 id.; lace s.m. AspremV4Ma p.141, läge s.m. AspremV6Ma p.140, läge «laccio» AttilaS XIV—1821. TL V—249ss. laz s.m. «Schlinge, Strick, Fessel; Riemenband (am Helm)», 33 lace s.f. «Schlinge» (Troie); GdfC X-67cs. laz s.m. «cordon noue»; FEW V-180a fr. laz s.m., nfr. lasse s.f. «cordon de soie», 182a η 3: s.f. auch in Italien; Levy IV—333a latz', Battaglia VIII-663bss. laccio s.m. (pl.f.ant., le läccia). Im Afr. überwiegt laz s.m. (cf. fr.-it. AspremCMa p.141) als Bezeichnung für «Riemenband am Helm», während lace s.f. nur vereinzelt als «Schlinge» belegt ist; im Fr.-It. erscheint dagegen auch die fem. Form lace (das Genus geht jedoch nicht immer explizit aus dem Kontext hervor) für «Riemenband am Helm»; da lace in Entree dreimal auftritt, ließe sich der Beleg in V. 4154 auch als laces anstelle von laces lesen.

LACE

s.f. (ms. ladre), Gl «ladrerie, lepre», lt. LAZARUS: 14694 Que gari de ladrie le Roman enperaire. TL V—42 ladre, ladrerie·, GdfC X-59a ladre, b ladrerie·, FEW V-232b fr. ladre, fr. ladrerie·, Levy IV-298a ladre; Battaglia VIII-686b ladreria; DEI 2149bs. ladra (19Jh.), 2150a ladreria (19.Jh.). Ladrie selbst ist nicht handschriftlich belegt in Entree, sondern aufgrund der Silbenzahl vom Hg. erschlossen; die Form ohne Erhalt der Zwischensilbe-re(wohl Haplologie) stellt zwar ein hapax legomenon sowohl für die Galloromania als auch für das It. und Fr.-It. dar, doch entspricht sie den fr. Wortbildungsregeln und kann als — vermutete — eigenständige Neuschöpfung des Paduaners angesehen werden.

LADRIE

357

LAGNE 3.pr.refl., Gl lagner «se plaindre», LAIN s.m., Gl «honte (?)», eher: «plainte, lamentation», lt. LANIARE: 7690 Ε eil s'en veit, che dou partir se lagne, (: bragagne, fampagne), 15703 N'est pas costume de noble ne d'aut lin / A remenbrer de nul home le lain (ms. de lu home; «le dernier mot parait fautif»), (: latin, lin); lagne 3. HuonAuvBS1910 6671, HuonAuvPS1910 6671, laigne 3. HuonAuvBS1908 9421, lagne 3. HuonAuvPS1908 9421, lagna 3. HuonAuvTR f.l32r, f.l45r, lagne 3. PharsaleW 832, AttilaS 1-486, lagna 3. RainLesOT 93, BablnfFC 2-207, PNatFemFC 78-2; lagne s.m. «affanno, sofferenza, colpo» AttilaS XII-2021, laigne s.m. «id.» AttilaS XV-4384. Gdf IV—702alaignier «se lamenter, murmurer» (1366); FEW V-164b aokz. lanhar, lanha, okz. lagno; Levy IV-318a lanhar, 317a-b lanha; Battaglia VIII-692a-c lagnare, 692cs. lagno. Fr.-it. lagner ist zurückzuführen auf it. lagnare (FEW V—165a η 4: «lagner Entree ist italianismus»), wofür auch die Belege aus Bablnf und PNatFem sprechen; der Vorschlag, lain nicht als «honte» (so Thomas Gl), sondern als «lagno, lamento» («l'effetto per la causa») zu interpretieren, geht zurück auf Torraca 1923, p.241; es handelt sich demnach um eine postverbale Ableitung, die ebenfalls im Afr. nicht bekannt ist und den it. Ursprung der beiden Formen aus Entree unterstreicht; cf. noch fr.-it. lagna s.f. «Klage» RainLesUP 129. LAINE s.f., G l « h a i e i n e » , lt. ANHELARE:

5345 Nel trenija mie, mais ners e suns e laine / Perdre lui fist le gentil chevetaine, {: andraine, chevetaine); 11787 lainne s.f.; laine s.f. «Atem, Kraft» PrisePampM 3463, 3468, 3597, 4549, «haieine» GuiNantVM 1735, PharsaleW 637, 1723, 2737, «lena, vigore» AttilaS VII—708, VIII—2890, XII-2162, XII-2691, XIV-3078, lagne «id.» AttilaS VIII-503, lene «lena» AttilaS X-474, XVI-7701, lene AttilaS XIV-2280, leine AttilaS X-477, lay s.m. «lena» AttilaS VI-5. TL I—279ss.; GdfC VIII-74a-b aleine; FEW I - 9 7 a aleine, bearn. len; Battaglia VIII-939css. lena; D E I 2200b lena. Die Formen mit Aphärese des anlautenden a- infolge Deglutination des Artikels {l'aleine > la leine) sind im Fr.-It. geläufig und gehen auf den Einfluß von it. lena (cf. Thomas Gl) zurück, im Afr. nicht üblich; zu ähnlichen Formen mit Ausfall bzw. Reduktion des Präfixes cf. die Formen in Kap. 3.10.1.1. LAING s.m., Gl «bois ä ouvrer», LIGNE s.m., Gl «bois», LIN s.m., Gl - , «bois», lt. LIGNUM:

2121 Cil que fu oncis / Sor le laing de la cros, 14728 Mout est cele cros digne, qant dou sant ligne fu, 6756 Par eil boschaje feirons mant lin coper; 11752 laing s.m., 905 ling s.m.; 358

laing s.m. PrisePampM 4256, ligne s.m. PassChristApresB 395, legne s.m. BertaMilC 422, RolandinC 290, 401, legno ChevOgerC 1819, legne MacaireM 482, 1237, 2756, 3538, legno MacaireM 1634, leng s.m. HectPP 915, HectVML 915, lagne HuonAuvBM1935 6454, lengn AttilaS XVI-1279, leign MPoloB 23-31, 40-11, 94-55, 1 5 3 ^ 5 , 158-21, 162-26, 121-34, 166-4, 167-8, legn MPoloB 153-52, 121-65, leigne MPoloB 159-8, 121-30, 163-34, 163-35, 75-73, 115-25, 120-27, lign MPoloB 37-31, ligne MPoloB 183-24, leignes MPoloB 103-4,103-7,legnes MPoloB 103-8, leigne s.m. SCathB 1668, 1664, legne s.m. AquilonT f.l34a. TL V—317ss. leigne s.f. «Brennholz», 486 ling, lin s.m. «eine Art Schiff», 449 ligne s.m. «id.» (Gdf IV-789a); Gdf IV-701a—c laigne, leigne, legne, ligne s.m.u.f. «bois en general, et bois ä brüler, en particulier»; FEW V-332b aokz. lenh s.m. «bois ä brüler», linh, afr.mfr. lin s.m. «esp. de navire ...», afr.mfr. laigne s.f. «bois ä brüler»; Levy IV—365a—b lenh, linh, lin, 365bs. lenha s.f.; DEI 2196a ligna s.f. «legname da ardere» (14.Jh.), 2196b legno s.m. (13.Jh.). Die im Gallorom. bekannte Zweiteilung in lenh/lin s.m. < It. LIGNUM und laigne s.f. < It. LIGNA (FEW V—334a) wird im Fr.-It. nicht konsequent durchgeführt, das Genus schwankt bisweilen (cf. SCathB Gl), in der Mehrzahl sind auch die Belege auf -e (Stütz-e?) mask.; eine genaue semantische Differenzierung «bois ä ouvrer, ä brüler, en general» ist aus dem Kontext nicht immer ersichtlich, in der Regel bleibt der Begriff unspezifiziert; für EntreeT 2121 genügt auch die Angabe «bois» anstelle von «bois ä ouvrer» (Thomas Gl); cf. noch fr.-it. legnaim «legname» AttilaS XV—713, legnain «id.» AttilaS XIII—1908; LEI s.m. und s.f. in verschiedenen Formen. s.m., Gl «loisir», lt. LICERE / *LICOR: 10061 Mort l'abati a tere, ainc n'oit laiser de braire. TL V—617ss. loisir, 620ss. loisor, laissor; Gdf V—23cs. loisir, laissir, lasir, lesir, leizeir, 24a—bloisor, laissor, laisor, C—X-92bloisir; FEW V-309 LICERE, 314a *LICOR, afr. loisour, laiseur; Levy IV—390ss. lezer; DEI 2191b lecere (licere) vb.intr. Offenbar handelt es sich um eine Vermischung der beiden Stämme LICERE und *LICOR unter möglicher Beeinflussung des semantisch nahestehenden Verbums laisser; daneben auch fr.-it. laisir (EntreeT 6693, leisir EntreeT 8491), lausir (GuiNantVprolC 456), lusor (AttilaS XV-3414, cf. Gl), ferner leisor, loisor, laisor.

LAISER

s.f., Gl «lamentation», lt. LAMENTARE: 15554 Rolant οϊ del due la lamentange, (: piatan^e); lamentanqe PassChristApresB 525, GuiNantVprolC 412, lamentanse HuonAuvBS1913 4765, lementanca RainLesUM 52. TL V—113 lamentance (EntreeT); Gdf IV—707 lamentance (EntreeT, Pass-

LAMENTANFΕ

359

ChristApresB); FEW V-139a afr. lamentance (13.Jh.); DEI 2155b lamentanza (13.-14.Jh.)· Auf den Einfluß von it. lamentanza weist schon Thomas (Gl) hin; die Suffigierung mit -ange ist im Afr. sonst nicht bekannt; cf. noch fr.-it. lamentaxon RainLesOT 65, 231, ebenfalls nur fr.-it.; LEI. *LANGLE s.m., Gl - , «espece de robe de chambre en etoffe de laine; chemise de laine», lt. LANEUS:

14855 Ε trestot nu pie l'angle devant lui me standi (ms. Ε trest tot mi p. Corriger: Toz nuz piez et en langes?). TL V-138ss. lange; Gdf IV-714a-b; FEW V-159b afr.mfr. lange-, Pfister 527,531. Trotz des Fehlens einer Präposition (en) dürfte es sich hier um langte < LANEUS handeln, das prädikativ in den syntaktischen Kontext eingefügt worden ist; die schon bei Thomas im App. angedeutete Korrektur wird bei Torraca 1923, p.240, bestätigt; das -/- kann auf den Einfluß des Diminutivslangel (TL V—141, Gdf IV—714c) zurückgeführt werden, mit dem morphologisch eine Vermischung stattgefunden hat. LAUNE 3.pr.intr., Gl latiner «raconter», lt. LATINUS:

13548 si cun Trepins latine, {: rai'ne); 11604 latini p.pf.adj. «qui sait parier» (ms. latinee, Hs. latine); latine 3. PassChristNVC (e iob dit e -), latiner s.m./inf. HuonAuvBS1910 6629 (selong ton —), latina 3.pr.intr. HuonAuvTS1910 (secondo como toa lengua —), latiner «raccontare, parlare» Attilas III—269, latin 3.pr.intr. Attilas IV-161, latine 3.pr.tr. AttilaS VIII-836. TL V—233 latiner, latimer «intr. unverständliches Zeug reden»; Gdf IV-736a «neutr., parier latin, ecrire en latin»; FEW V-199a mfr. latiner «parier, raisonner en general» (15.Jh.-1550), b aokz. latinar «parier latin»; Levy IV-331a; Battaglia VIII-809b «studiare, parlare, scrivere in latino»; DEI 2176a. Während im Afr. latiner in der Bedeutung «erzählen (auf Lateinisch)» wenig gebräuchlich ist und die Verwendung in allgemeiner Bedeutung erst im Mfr. geläufig wird, ist es im Fr.-It. mehrmals anzutreffen, zumal der Bezug auf lateinische Quellen bzw. Kenntnisse als ein beliebtes Attribut (besonders in der Entree) angeführt wird (latiner s.m. wie im Afr. mehrfach, cf. EntreeT 5974, 6021,6183, 6206,7614 u.a.,latin s.m. EntreeT 6602,7791,8989 u.a., Attilas Gl «grido, motto, discorso, racconto, linguaggio»); LEI PratiEtimVen. u.a. LEIDEZE 3.pr.tr., Gl leideger, -zer outrager, deshonorer», anfrk. *LAIJD: 3092 Ch'al cief de toz leideze son seignor; 3013 leidegee p.pf.f. (ms. leidegoe); laide[n£e p.pf. PrisePampM 163, laidegier RolCF 417-15 (RolV7F 414-15 360

laidier), laidece 3. PharsaleW 3120, laidegent 6. PharsaleW 2452, laidegoit 3. PharsaleW 2359, laidiger «ingiurare» AttilaS V-374, ladige 3. AttilaS XII—1988, laideqoit 3. AttilaS IV-579, laidegant p.pr. AttilaS XIII-1127. TL V-54ss. laidengier, 59s. laidoiier; Gdf IV-696a laidangier, 698a-b laidoier, -oyer, -eier; FEW XVI—439b afr. laidangier, afr. laidoier; Levy IV-303a laidejar (?), b laidenjar\ DEI 2153a läido. Bei leidezer handelt es sich um eine Vermischung der Formen von -engier und -eier, die beeinflußt sein könnte von laidece s.f. (cf. fr.-it. MoamT Gl), zu dem die Verbalform leidezer eine postnominale Ableitung wäre (TL V-5 2s., FEW XVI—439b); die Formen auf -ecer, -eger, -ezer sind im Fr.-It. geläufig; die Korrektur laidege > laide\n\ge p.pf. PrisePampM 163 kann demnach entfallen; die im Afr. gängigen Formen (laideier, laidir) sind auch im Fr.-It. anzutreffen; ein weiterer fr.-it. Beleg ist laidenge 3.pr.tr. EntreeT 2233, die Lesart der Hs. ist laidege\ cf. noch laidure PrisePampM 2002. LESELLE V. ASELE

Gl - , «lettres, science», lt. LITTERA: 1867 Dedans Paris, ο la letre s'ensaigne. TL V—345 «plur. Wissenschaften, Studien»; GdfC X-73cs.; FEW V-378b afr. litteras pi. «science, connaissances que procure l'etude des livres», fr. lettres; Levy IV-371a letras; Battaglia VIII-977bss., 979a meist pi.; DEI 2211a-b. Aus dem Kontext ergibt sich für letre s.f.sg. die kollektive Bedeutung «les lettres, la science», die im Afr. nur durch die pl. Formletres ausgedrückt wird und auch aus dem Fr.-It. im sg. nicht weiter bekannt ist.

LETRE s.f.,

adj. (ms., Hs. len), Gl - , «facile», lt. LEVIS: 14930 A ce qe il parole en leur Roman lengaje (ms. Α ce qi le p. en leu r. 1.). TL V - ^ l l lief (Thebes); FEW V-289b aokz. lew, Levy IV-372bss. leu-, Pfister 533; DEI 2227b lieve (/eve). Zur Beibehaltung der in der Hs. stehenden Form leu adj. (korrekt: len) anstelle von leur pron.poss. cf. Torraca 1923, p.241; leu adj. dürfte beeinflußt sein von it. lieve bzw. aobit. lef (FEW V—209a); LEI in verschiedenen Formen.

LEU

LEUCHER s . m . , G l « p a r t i e n o n d e t e r m i n e e d e l ' e c u » ,
Zahlung, Lohn?)» beeinflußt sein könnte; eine exakte Bedeutungsdifferenzierung ist in den fr.-it. Belegen nicht immer möglich, da sich beide Bereiche überschneiden; LEI; cf. fr.-it. loldason ChevOgerC 538.

LOEMANT

LONTAINE V. LUIT AN LONTANIER V. LUIT AN

365

LUE s.f., Gl «luette», lt. UVA: 9888 L'os dou mentons Ii trence et la lengue et la lue, (: chenue, ferue). TL V-711 lüete; GdfC X-98aluete; FEW V-90a fr. luete, b judfr. leule Rs.; REW 9104 obw. lieua «Zäpfchen im Halse»; Levy IV-441b lueta. Hapax legomenon für das Fr.-It., Afr. und Aokz.; belegt sind nur die Ableitungen auf -ete, -eta, mit Ausnahme von obw. lieua. LUEL:

15433 Se je retor en France, ains qe l'entende ou luel / Qu'il n'avront trop loisir de dir: je me despuel, (: Nicuel, despuel). Apparat Thomas: «Je ne comprends pasow luel»; in den Anm. vol. II, p. 304, schlägt er vor: «Peut-etre convient-il de corriger ainsi le secours [lies: second] hemistiche: ains qe l'en tonde oufuel (avant que l'on tonde le feuillage); ci.ful au Glossaire»; dazu Torraca 1923, p. 241: «C'e un po' di disordine, a cui facilmente si rimedia: o'l uuel (vuel). Non vuol dir niente che, nella serie, sia, poco prima, un altro vuel». LUGOR s.f., G l « l u e u r » , lt. LUCOR:

3106 Les rices pieres gitoient grant lugor, (: labor, reisor); 15033 lugor; lugor AspremV4Be 945, GuiNantVprolC 229, HuonAuvBM1935 6413, HuonAuvBS 1908 9990, HuonAuvBS1927 12155, AttilaS IV-360, XV-334 (Gl «luccicore»). TL V-739s. lüor; GdfC X-100b luor; FEW V-437a afr. luior, luor, aokz. lugor·, Levy IV-442a lugor-, DEI 2278b lucore. Die Form mit Erhaltung des intervokalen -g- findet sich außer im Aokz. noch in einzelnen it. Mundarten, abellun., Modena lugor (FEW V-437b, DEI 2278b); das Fr.-It. hat sie übernommen und gebraucht sie — ohne genauere semantische Differenzierungen-zusammen mit luor (so EntreeT 13901, Attilas IV-380; daneben auch luisour PrisePampM 3757, 5107, RolV7F 168-13, lusor BertaC 1318, AnsCartPML f.55a, TL V-716s.); cf. Anm. GuiNantVprolC 229 sowie Gl; LEI lugor abellun. l.H.16.Jh. BartCavassicoSalvioni, PratiEtimVen., comel. Tagliavini, AlVeneto 102-103. LUITAN adj., Gl «lointain, eloigne», LONTANIER adj., Gl «lointain»,

LONTAINE 3.pr.tr.u.intr., Gl lontanier «eloigner, s'eloigner de, quitter», lt. •LONGITANUS:

8144 de molt luitan pais / Sui 5a venus, 9427 Bien veisent la ville, non sunt si lontanier, {: garder, figurer), 5347 Plus d'une toise des ar9ons le lontaine, (: chevetaine, plaine); 2615 luitans adj.; 9356 lontaniers adj.; 5897 lontaine 3.pr., 11451 lontaine 3.pr.; luiteigne adj. RolV7F 243-2, luitan RainLesOC 450, luitane adj.f. SCathB 366

1393, luitein EnanchetF 54-5 (cf. Gl, p. 142), lutana PIViergeL 139, lutane PIViergeL 1050; lontaner vb. HuonAuvBS1908 9360, luntaner vb.intr.refl. «allontanarsi» AttilaS XVI-6394 (Peisker, p. 21); luntaner «lontano, lungo» Attilas VIII-2408, XIV-1704, XV-4401. TL V-608ss. lointain, lointien; Gdf V-21 alointain, C-X-91cs.; FEW V-406 fr. lointain·, Levy IV-438a lonhdan; DEI 2268a lontano. Fr.-it. luitan adj. ist beeinflußt von ait. luintan und atosk. aberg. aven. luitano, aven. lutano (FEW V-406b); umstritten ist der Ausfall des -n- vor -t-, cf. Ineichen 1957, p. 88; die Ableitung auf-/er < -ARIU ist außer in den belegten Formen nicht weiter bekannt (FEW V-406b führt noch afr. lontiengin adj. «lointain» 1307 an); die Verbalform ist dem it. lontanare «allontanare» (ant., 14.Jh.) nachgebildet, das jedoch in DEI 2268a nur als intrans. geführt wird, während es in Entree auch trans, erscheint; LEI lutan und luitan mehrfach, besonders aven., lontanare vb. Dante u.a. p.pf.f., Gl luminer «illuminer», lt. LUMINARE: 3717 De feu de flanbe enprise e luminee, (: enstopinee, rohee); lumenee p.pf.f. AliscMH 2963. TL V-730luminer vb.tr. «erhellen, erleuchten» (Alisc., Fier.,Tr. Belg.); Gdf V-52c luminer vb.tr.intr.; FEW V-444b afr. luminer vb.tr. «illuminer» (selten, 13.Jh.), mfr. «allumer» (1357), lt. LUMINARE, obit, «betrachten» (emil.ven. lumar); LevyP 229b lumenar vb.tr. «allumer»; DEI 2283aluminare vb.tr.ant. (14.Jh.). Fr.-it. luminer, im Gallorom. vereinzelt belegt, geht auf den Einfluß von it. luminare zurück; cf. noch fr.-it. luminaxon RolV4G 3920, luminasons GuiNantVprolC 170, ferner luminaire EstVenL 1-150-4, 2-15-4, MPoloB 121-71, luminarie MPoloB 121-65, 75-87, 184-13, MChioggiaFC mehrfach; LEI luminar avenez. TestiStussi 13. /Anf. 14.Jh., gard. Lardschneider.

LUMINEE

Lus s.f., Gl «lumiere; le sens de la vue», lt. LUX: 3709 Que par trois coses est de lus aparee; 3259/w* (Che perdus ha lux et sens et ho'ie), 15494 lus, 15797 lus, 14338/ux; lus AspremCB 1962 12, PassChristApresB 72, GuiNantVprolC 360,939, lux GuiNantVM 2809, lus HectPP 1558, luz HectPP 538, 557, lus HectVB 535, 1554, lux HectVML f.29c, lux PassChristNVC 876, 928, 937, HuonAuvBS1908 9362, HuonAuvBS1911 10840, lus AttilaS 1-388, VIII-1825, luz AttilaS 1-944. Gdf V-54s. lus, luz (nur letztere Form belegt in Hercule et Phileminis [= HectV], 5Volum, lun, lume; FEW V-478a aokz. lutz, 443b LUMEN, alothr. lum s.m., aokz.; Levy IV-444bs. lutz; Pfister 541; DEI 2275b luce. Lus s.f., im Okz. und im Fr.-It. geläufig, ist im Afr. nicht belegt und dürfte auf den Einfluß von it. luce (piem.frl. lus, FEW V-479b) zurückzuführen sein (dagegen Boucherie 1870, p. 37: «mot emprunte au latin»); daneben finden sich auch romanische Entsprechungen zu lt. LUMEN, lume, die vermutlich un367

ter dem Einfluß von lus auch im fem. Genus auftreten (AttilaS XIV-2679; fernerlume s. BertaC 1443, HuonAuvTRf.l40v, SCathB 432;lumer «luce» AttilaS XI-1667; cf. noch lusenti adj. KarletoR 494). MA (adv.) conj., Gl «mais», lt. MAGIS: 2635 E c e n e baste, ma si veus tornoier / Tu a cheval; 14127 ma, 1247 ma'ncor «mais encore»; ma GuiNantVprolC 44, 247, 426, 849, 883, mai GuiNantVprolC 159, ma EnfOgerS 332,1026, ChevOgerC 19,1224, ma «eccetto che» AttilaS XIII609, MChioggiaFC, PNatFemFC, BablnfFC mehrfach. TL V-855ss. mais; Gdf V-89css. mais, mas; FEW VI 1 -28a afr.mfr. mais adv., b pik. ma, awald. ma (u.a.), 29b fr. mais conj.; Levy V-26ass. mais, mai, mas, mar, la ma v. mais; DEI 2295a ma. Fr.-it. ma conj., im Afr. und Aokz. nur vereinzelt als Nebenform belegt, ist in fr.-it. Texten häufiger anzutreffen und geht auf den Einfluß von it. ma conj. zurück; cf. noch fr.-it. magis conj. BertaC 821b, me «ma» AttilaS XIII-695. Gl «?», «qui mutile, qui blesse; mutile (?)», MAGAGNE 3.pr.tr., Gl magagner «mutiler», anfrk. «MAIDANJAN: 10560 Perduz i ai mon frere a la lancemaagne, {: plaigne, castaigne), 4903 Deci qe en le menton Ii detrenfe e magagne, (: cavetagne, Aquitagne); 10159 magagne 3.pr.tr.; maagne 1. AliscMH 5019,magagne 3. GuiNantVM 2656,mahagne 3. AttilaS 1-473, mahagne p.pf. AttilaS XIII-1454, mahaigne p.pf. AttilaS V-20 (Gl mahagner «mutilare, ferire, storpiare»), mahagne p.pf.adj. «ferito» AttilaS 1-486. T1 V-776 mahaigne, mehaigne s.f. (Gir.Ross.), 777ss. mahaignier, mehaignier, meshaignier; Gdf V-284a meshaigne, mehaigne adj. «mutile» (Rons.), 284as. meshaignier·, FEW XVI-500b afr. maaigne s.f. (hap.), afr. mahaignier, 501a aokz. maganhar; Levy V-12bs. maganha s.f., 13a maganhar·, DEI 2310b magagna s.f. (13.Jh.), magagnare (macagnare) (13.Jh.). Die Bedeutung von maagne adj. geht aus dem Kontext nicht eindeutig hervor; die adjektivische Form ist laut Gdf nur bei Ronsard belegt, hapax legomenon auch für das Fr.-It. (die bei Thomas Gl als ungeklärt angegebene Form wird schon bei Torraca 1923, p. 239, erläutert, «di / per ferita di lancia»); magagner mit Erhaltung des intervokalen -g- dürfte auf den Einfluß des aus dem Aokz. entlehnten (FEW XVI-501b) it. magagnare (seit 1251) zurückgehen; cf. noch fr.-it. mahagne s.f. «magagna» AttilaS 1-868.

MAAGNE a d j . f . ,

MAGESTE s.f., Gl «majeste divine», lt. MAIESTAS:

9237 Orandroit puis jurer sor la voire Mageste, (: campestre, arbalestre); 10473 Majeste s.f., (: alcestre, teste); maieste HuonAuvBS1908 9522, majeste s.f. PharsaleW 2792. TL V-927s. majeste, 928 EntreeT; GdfC X-108cs. majeste; FEW V l M ß b 368

afr.mfr. mageste [sic!] (EntreeT; D'Aubigne); Levy V-14bs. magestaf, DEI 2311 magestä s.f. (13Jh.). Die wohl reimbedingte paroxytonale Form auf -este kann auch als Ableitung von der Rectus-Form angesehen werden; im Afr., Aokz. und It. sind derartige Belege nicht bekannt und auch im Fr.-It. selten; es überwiegt die endungsbetonte Form, cf. fr.-it. maisti EntreeT 13632,maiestee RolV4G 4118. s.m., Gl «reste», lt. MANERE: 9158 Si Diex ploit, le mainant sains vos esploiterai. FEW VI1-183a afr. manant «reste» (ca. 1190, Renaud de Montauban), mfr. id. (hap. 15.Jh., Lac), fr.-it. (EntreeT). Hapax legomenon für das Fr.-It.; geläufiger als die direkte Ableitung von lt. MANERE ist, auch im Afr., remanant, remenant «reste» (mainant adj. EntreeT 3058, 10260, 13814 u.a steht für «riche, puissant»; cf. fr.-it. manard «id.» EntreeT 11211); cf. LEImanenti «cherimane» VangeloPalumbo asiz. 14.Jh.

MAINANT

MAITINE s.f., Gl «matin», ΜΑΉΝΕ 3.pr., Gl matiner «paraitre (en parlant du jour)», lt. MATUTINUS: 13 556 Cestui bons chevalers que vint ceste maitine, (: outremarine, aine), 5597 Orient q'il le fera pendre si cum le jor matine, {: ahine, roi'ne); 14972 matine s.f.; maitine s.f. AspremV6Ma 306, PassChristApresB 172, GuiNantVprolC 250, maytina s.f. BelrisM 222, matine s.f. PharsaleW 2093, AttilaS IV-141 (Peisker, p. 29), maitine s.f. MPoloB 115-27, matin s.f. AquilonT f.88a, maitina s.f. PNatFemFC 14-1. TL V-1263ss. matin s.m., 1268ss. matines (auch sg. matine) s.f.pl.; Gdf V-202b matin adj., C-X-132cs. s.m.; FEW V I 3 6 b fr. matin, 540amatines s.f.pl. «premiere partie de l'office catholique . . . », matine sg. Chrestien, mfr. id. (ca. 1380), 541a nfr. matine s.f. «matin» Stoer 1638, 538b afr. matiner v.n. EntreeT (cf. 543a η 33); Levy V—143ass. matin, 145bs. matina; DEI 2393b mattina {-o und maitino, 14.Jh.) s.f., mattinare vb.tr. (Dante) «far la ». Maitine s.f. in der Bedeutung «Morgen» ist im Afr. und Mfr. nicht belegt (erst seit 1638) und dürfte auf den Einfluß von it. mattina s.f. zurückgehen (cf. noch fr.-it. maine «mattina» AttilaS 1—681); maitine s.f. «Frühmette» steht meist im pl. (cf. fr.-it. AspremV6Be 1080, AspremPML 292), kommt im Afr. jedoch vereinzelt auch im sg. vor (TL V-270), ebenso im Fr.-It. (EntreeT 14 274, AliscMH 909); matiner ist im Fr.-It. nur aus Entree bekannt und geht auf den Einfluß von it. mattinare zurück (im Gallorom. nicht belegt); maitinee ist, wie im Afr., auch im Fr.-It. üblich, auch auf -ie, cf. AspremV6Be 876 (maitinie), HuonAuvBS1927 11562, JugAmF 307, 492, RainLesOT 637 (maytenaa); ebenso finden sich im Fr.-It. Formen mit Einschub eines -n- vor -t- (maintin MPoloB 177-29, 200-73, cf. FEW Vl'-SSöb); eine besondere Ableitung des Fr.-It. ist matinable adj. EnanchetF 63-6. 369

MALDITOR s . m . , G l « m e d i s a n t » , lt. MALEDICERE:

15 708 Post inimiciciam a remenbrer le iror / Est la costume, frere, de malditor, (: iror, autor); 2363 mauditor ·, maoditour PassChristNVC 430. TL V-1284 maudiseor, maldiseor-, Gdf V-112a-b maldisseur\ FEW VI1—83b apik. maudicheur (ca. 1375), mfr .mauldisseur (ca. 1515), maldiseur (hap. 15.Jh.); Levy V-58bs. maldizedor-, DEI 2328amaldicitore (14. Jh.), b maledittore s.m.ant. (19Jh.). Die postverbale Ableitung mit Erhaltung des intervokalen -t- ist nur im Fr.-It. belegt, während im Afr. vereinzelt und zu einem späteren Zeitpunkt Ableitungen auf -icheur, -isseur, -iseur auftreten; es könnte sich um eine Vermischung der fr. und der it. Wortbildung handeln - zwar ist die Ableitung auf -ditor im DEI erst später datiert, malditturi «maldicente» ist jedoch auch im It. schon früher belegt, cf. LEI asiz. RegoleBranciforti; möglicherweise steht fr.-it. malditor unter dem Einfluß der Ableitungsregeln von maufaitor (TL V—1287s., cf. fr.-it. maofatour PassChristNVC 593). MALESlu adj.m., Gl «malfaisant», MELAis adj., Gl «qui aime la melee», eher: «malfaisant, impetueux», lt. ADJACENS:

650 Por feir venjance dou treitre malesiu, (: pensiu, antiu), 5560 Furent al desconfir e a l'enchaucer melais, (: Nicolais, irais). TL V-970 malaisif, ib. malaisu; Gdf V-109c malaisif, malasif «mauvais, de mauvais caractere», ib. malaisu, malasu «impetueux»; FEW I—32b norm. malaise adj. «souffrant». Malesiu dürfte eine reimbedingte Ableitung von lt. MALUS + ADJACENS sein, während melais auch als Variante zu afr. mesleif «streitsüchtig» interpretiert wird (so Thomas, vol.I, p. 305 n, Apparat noch «inintelligible»; dann FEW VI 2 -158a MISCULARE); in beiden Fällen handelt es sich um von der Reimstellung beeinflußte Sonderformen des Fr.-It., die nicht weiter belegt sind; der Vorschlag, auch melais als Variante von malesiu < ADJACENS zu interpretieren, stammt von Torraca 1923, p. 237: «Forse si deve leggere malais»; LEI malasi piem. Levi, piem. DiSant'Albino. MANCHONIE s.f., Gl «indignation, tristesse», lt. MELANCHOLIA:

3273 Par Machomet, il me prent manchonie / Quant je me pans de ton Diex la bosdie, (: lie, bosdie); 13280 menchonie·, menchonie «malinconia» AttilaS XIV—3586. TL V—1353ss. melancolie, merancolie, mancolie; Gdf V—221b melancolie, 231a mencolie; FEW VI1—655a menchonie EntreeT, b manchonie EntreeT; Levy V—60as. malenconia, -lia; DEI 2332a malinconia (malanconia) (14.Jh.), maninconia. 370

Kontamination der geläufigen afr. und it. Formen (möglicherweise Einfluß von it. maninconia), die in dieser kontrahierten Form im Gallorom. nicht belegt ist; LEI menconia agen. Flechia, agen. 14.Jh. AnonimoCocito. MANGANELLE s.F., Gl « m a n g o n n e a u » , MANGONER s.m., Gl «ouvrier travaillant aux mangonneaux», gr. MÄNGANON:

9441 Pres nos au treit d'un ars ο d'unemanganeile, (: flagelle, feile), 7214 Li mangoner ceschuij mout s'en avise; manganele HuonAuvPS1908 9629, manganeile «mangano, macchina per tirare pietre» AttilaS V I ^ 2 5 . TL V-1057 mangonele s.f. (EntreeT), ib. mangonier s.m. (EntreeT); Gdf V—145b mangonelle, mangenele s.f., ib. mangonier, -gonnier «revendeur»; FEW VI1—198b manganele s.f. (hap.), manganeile (EntreeT), afr. mangoner s.m. (EntreeT); DEI 2345a manganello (-a s.f., 13.Jh.). Manganelle s.f. ist im Afr. nur einmal belegt und im Fr.-It. neben dem bekannten Beispiel aus Entree noch in zwei weiteren Texten; mangoner s.m. hapax legomenon; beide Formen entsprechen den fr. Wortbildungsregeln und können als eigenständige Ableitungen bzw. Neubildungen des Paduaners angesehen werden (manganella s.f. auch im It., 13.Jh.; LEI manganella Buonarroti il Giovane, PoggiTancia, 1612, manganator «chi mangana, operaio dell'Arte della Lana» aflor. Cattaneo, LN 13, 100); die Formen von manganel s.m. sind auch im Fr.-It. geläufig, cf. EntreeT 2506, 10719, 7207, 7319, 7192 u.a. (cf. AttilaS Gl); cf. mangan MPoloB 147-21 (Gossen, p. 141). MANOIE s.f., G l « p o i g n e e » , lt. MANUS:

4989 Sanglant a feit le brand deci qu'en la manoie, {: ploie, aleroie). TL V—1040manee s.f. «Handvoll, Büschel»; Gdf V—141 a—bmanee, mainee, menee, mynee «poignee, ce que peut contenir la main»; FEW VI1—287b afr.mfr. manee s.f. «poignee . . .»; DEI 2351bs. mano, -ata (13.Jh.). Fr .-it. manoie erscheint im Suffix reimbedingt verändert auf -oie; der Kontext legt die Bedeutung «Schwertknauf, -griff» nahe. MANOIS V. AMANOIS

MANQISE s.f., Gl «manque, f a u t e » , lt. MANCUS:

164 Par lui ne fu manqise et de sa voluntes (Hs. mäqise); 12194 manqise (ms. mäqille), 2870 manchise, 11113 id.; manchixe PassChristApresB 368, manchise AttilaS VIII-570, VIII-1784, manchixe AttilaS XII-2316, XVI-8528 (Gl «mancanza, difetto, errore, fallo»), Gdf V—136c (PassChristApresB), C - X - 1 1 9 a - b manquement; FEW VI1—143b afr. manchixe (hap. [= PassChristApresB, cf. η 18, 146a]), fr.-it. 371

manchise «manque, faute» EntreeT, manquise EntreeT; DEI 2340 mancare (13Jh.). Manqise ist eine eigenständige, den fr. Wortbildungsregeln entsprechende Ableitung des Fr.-It., die im Afr. und Aokz. nicht belegt ist; Reimzwänge spielen bei der Mehrzahl der Belege keine Rolle; LEI manchisse «manchevolezze» ait. ScuolaSicPanvini; cf. manchesse «manchezze» Monaci; cf. noch fr.-it. manchamento BertaC 1143. MANURE s.f., G l « m a i n - d ' o e u v r e » , lt. MANUOPERA:

11435 Pois i oste le fran de fin or de manure, (: cengleüre, ardure). TL V-1101 manuevre (Joh. Bouch.); Gdf V-157a-b manuevre; FEW VI1—283a manuevre; Levy V— l l l b s . manobra. Anstelle einer direkten Neuableitung von MANUS (FEW VI^285A) + -ure dürfte es sich hier eher um eine reimbedingte Variante von manuevre handeln, bei der das -v- vor dem nachfolgenden-r- ausgefallen ist; Hapax-Form. MARANDE s.f., Gl «collation, fig. coup», lt. MERENDA:

10211 Qi done ve'ist Rollant com lor done marande, (: viande, lande). TL V—1152 märende, merende s.f. «Vesperbrot, Nachmittagsmahlzeit (auch übertr.)»; Gdf V-161a «goüter, collation»; FEW VI 2 -27a afr. mfr. märende s.f. «collation», marande EntreeT; Greimas 406a «goüter, collation; chose meritee»; Levy V-235b; DEI 2429a merenda «pasto fra pranzo e cena». Fig. Gebrauch von marande, der sich im ironisierenden Kontext der von Greimas angegebenen Bedeutung «chose meritee» annähert und sich bezieht auf die von Roland verteilten coups; in dieser spezifizierenden Bedeutung nicht weiter belegt. MASEE s.f., Gl «masse, troupe», AMASEE s.f., Gl «richesse acquise», lt. MASSA:

9655 S'en venrent a la porte tut a une masee, (: stree, destinee), 12140 Mais marcheans de plus grant amasee / Non fust trovei en Spagne la loee, (: sodee, loee). TL V—1231ss.; Gdf I—250bamassee s.f. «assemblee, rassemblement, surtout de troupes» (Ben.); FEW VI1—441b fr. masse, 444a mfr. massue, 452a mit Suffw. afr. masse adj., cf. masa adv. 442b und 453b η 9,446a judfr. amassee s.f. «amassement», anorm. «assemblee, rassemblement (surtout de troupes)» BenSMH, fr.-it. amasee «richesse acquise» EntreeT; DEI 2383b. Die Ableitung von masse mit dem Kollektivsuffix -ee < -ATA ist weder im Gallorom. noch im It. bekannt, hapax legomenon für das Fr.-It. (zu weiteren nominalen Ableitungen auf-ee im Fr.-It. cf. Kap. 3.10.1.2); amasee ist vereinzelt im Gallorom. anzutreffen, meist bezogen auf eine Ansammlung von Truppen (zum präfixalen a- im Fr.-It. cf. s.v. abrandissant); hapax legomenon im Fr.-It.; LEI. 372

MATINE V. MAITINE MEL AIS V. MALESIU MENCHONIE V. MANCHONIE

MENDERvb.tr., Gl «reparer», lt. EMENDARE:

264 Mal le savroit mender ne il ni Falsiron; 299 mender vb.tr.; mendier PassChristNVC 582 (mes mendier / Le feray de cist feit), mender vb.tr. MoamT l-Prol.-7, 2-59-11 (cf. Gl), mender «correggere» AttilaS 1-694, 11-195. TL I-335ss. amender, III—80s. emender, esmender; Gdf I—256a—c, V—233a mender (se) vb.refl. (Manuel de pechez); FEW III—217b afr.mfr. e(s)mender, fr. amender·, Levy V—192b mendar «wieder gut machen»; DEI 2421b mendare (14.Jh.). Mender, im Afr. und Aokz. nur vereinzelt belegt, entspricht der im Fr.-It. geläufigen Tendenz, zum einen Verben mit präfixalem a- zu bilden, zum anderen den Anlaut, sofern nicht von einer präfixlosen Form auszugehen ist (cf. auch it. mendare), durch Aphärese des a- (oder e-) entfallen zu lassen (zu weiteren Belegen im Fr.-It. cf. s.v. abrandissant; bemerkenswert ist die fr.-it. Form amendason MacaireM 3431, cf. ferner emendemant PrisePampM 251, emendament MacaireM 3472, emendanga MacaireM 2806); zu den nordit. Belegen von mender cf. Tjerneld 1945 Gl und FEW III—219b, alomb. apav. agen. mendar «verbessern», avenez. «busse zahlen» (präfixlose Form). ΜΕΝΤΑςε s.m., G l « m e n s o n g e , r u s e » , lt. MENTiRi:

9375 Mais neporqant pieg'a qe conus lor mentage, (: glage, atrage). TL V-1438b mentage s.m. (EntreeT); Gdf V-243b mentage, -aige «menterie»; FEW VI 1 -745b afr. mentaige (hap. 13.Jh.), mentage EntreeT. Außer der bei Gdf angeführten Stelle sowie EntreeT ist kein weiterer Beleg für die postverbale Ableitung auf -age, -age bekannt; beide Belege stehen im Reim; zu weiteren (Neu-) Bildungen des Fr.-It. auf -age (fr.-it. auch -age) cf. s.v. anzi'enaige, avoage, doraje, enperage, irage,prosaje, regnaige, sorage, trebusage, verage. MENTANZE s.f., Gl - , «mention, commemoration», oder: RAMENTANZE s.f. (ms. lamentanze), Gl «commemoration», MENTEÜRE s.f., Gl «mention», RAMENTE 3.pr.tr., Gl - , *ramenter «rappeler», REMENTEZ 5.imperat.tr., Gl rementer «rappeler», REMENTAIRE s.m., Gl «celui qui se souvient», REMENTAIRE s., Gl s.f. «mention», lt. MENTE HABERE: 8 C'est Ii barons saint Jaqes de qi fa? ramentanze (ms. lamentanze), (cf. n, 373

Text: la mentanze), (: sustan^e, sentenfe), 9407 Or lesomes de Carles, si feTunsmenteüre / Dou jentil cont Rollant, (: droiture, mesure), 183 Comant il voz ramente dou frere Balegant, 423 Ε q'il vos respondra rementez en coraje, 3571 Lors se remembre, come bonrementaire, {: viaire, emperaire), 13464 En lor escrit moi faicent rementaire, (: gramaire, Ychaire); 10542 ramente 3.pr.tr.; rementance EstVenP p.268/Kap.l (jedoch EstVenL p. LXXIX, remenbrance); remente 3. PassChristApresB 439, rementa 3.refl. PassChristApresB 165, rementer HuonAuvBS1910 6623, rementere vb. HuonAuvBS1908 10547. TL V-1443 menteüre «Gedenken, Erwähnung» (EntreeT), VIII-248 ramentance, ramenter v. Gdf; Gdf V-243c mentanze (EntreeT), VI-578a ramentance s.f. «memoire, souvenir» (G. Mach.), ib. ramenter, VII-3a—b rementance s.f. «souvenir» (= EstVenL, s.o.); FEW VI 1 -732a afr. menteüre EntreeT, afr. mentanze EntreeT, 733b afr. ramenter (hap. 2. Viertel 13.Jh.), mfr. ramentance GuillMach, rementance (hap. 3. Viertel 13.Jh. [= EstVenL, s.o.], afr. rementaire s.m. «mention; celui qui se souvient» EntreeT; Levy V—202ss. mentaure vb.; Pfister 550,744mantaire vb.tr., 157,562mentaurde qn; DEI 2425b mentovare, 167a ammentare «rammentare». Mentanze und ramentanze stehen alternativ zueinander für einen Beleg in Entree, so daß FEW VI 1 -732a oder 733bs. zu streichen oder durch Hinweis zu kennzeichnen ist; die Hs. gibt lamentanze für la mentanze, doch korrigiert Thomas η (vol.I, p.291) unter Verweis auf GuillMach zu ramentanze, so auch im Gl (statt 18 lies 8); mentanze ist über Gdf ins FEW übernommen worden; menteüre und ggf. mentanze sind Hapax-Formen des Fr.-It., Baldinger (FEW VI1—734b η 5) verweist auf it. Einfluß; der in Gdf VII-3a-b und FEW VI1—734a als hapax legomenon aus dem 3. Viertel des 13.Jh. angeführte Beleg von rementance aus der venez. Chronik von Martin da Canal steht nur als (nicht gekennzeichnete) Konjektur in der Ag. Polidori 1845, p.268, Kap. 1; die jetzt gültige Neued. von Limentani 1972/3 liest remenbrance, EstVenL 1-1—3, mit Erläuterung p. LXXIX (beide Formen infolge Beschädigung der Hs. erschlossen); ramenter anstelle von ramentevoir ist im Afr. und Mfr. selten belegt und dürfte auf den Einfluß von it. rammentare zurückzuführen sein (FEW VI1—734b); zum Wechsel zwischen re- und ra- unter möglicher Analogie zu remembrer, ramembrer cf. FEW VI1—735a η 20; rementaire «mention» wird bei Thomas Gl als s.f. geführt, im FEW zusammen mit rementaire «celui qui se souvient» als s.m.; aus dem Kontext geht keine Genusspezifizierung hervor, doch spricht das Suffix -aire eher für s.m.; beide Formen hapax legomena; cf. noch mentoner «rammentare, mentovare» Attilas XII—357, XII-359 anstelle von mention(n)er < MENTIO, das möglicherweise von dem S t a m m a u s MENTE HABERE b e e i n f l u ß t ist.

MERIANS adj., G l merian

«du milieu d u jour»,

MERIAINE s.f., G l « m i d i , p o i n t c a r d i n a l » , lt. MERIDIANUS:

374

14911 Plus de cent en oncis ains le pont merians, {: plans, gisans), 11785 Coulomes tantost voile ver l'aute meriaine, {: amaine, tramontaine); meredian «mezzogiorno» AttilaS XI—1371. TL V-1520merid'ien adj.u.s.m.,meriiene, meriane, mir'iene s.f.; Gdf V-258b meridien, -diain adj., b—c meriene, -enne, -aine, -ane s.f., C-X—142cs. meridien s.m.; F E W V I 2 - 3 l b afr. meriene s.f. «heure de midi», meriaine, 32b meridien adj.; D E I 2430a meridiano. Im adjektivischen Gebrauch ist MERIDIANUS im Afr. meist in der entlehnten Form meridien, -ian erhalten, während meriaine s.f. der normalen lautlichen Entwicklung entspricht. MERIE s.f., Gl «recompense», MIRE s.m., Gl «recompense», lt. MERERE: 12569 Si aute merie vos en sera rendue, 13238 Se bien feisoie, randuz m'en as le mire, (: recoulire, tolire); merie s.f. HuonAuvBT f.43ra, merie HuonAuvBo 6248 in Meregazzi p.60. FEW VI2—29b afr. merie s.f. EntreeT, afr. mire EntreeT; Levy V—236a merie s.m. Beide Formen sind als Ableitungen von lt. MERERE nur im Fr.-It. belegt, mire nur in Entree; geläufiger sind die unter merit (cf. s.v.) angeführten Verbalformen und Substantive; cf. noch fr.-it. merer AspremV4Be 178, merue p.pf. AttilaS V - 3 0 1 (Gl merir «ricompensare»). s.m., Gl «recompense», 5.pr.tr., Gl meriter, mi- «recompense^]», lt. MERITUM: 6788 Ne lor en faut merit e grant honor, 142 or les en mirites, (: aves, pasez); 4456 menf, 9485 id., 13098id., 14054id., 15126id., 7526meriz (Hs. merif); merit s.m. PrisePampM 2859,3848, PassChristNVC 986, HuonAuvBS1910 7049, HuonAuvBS 1911 11338, merite HuonAuvBS1910 7103, merito HuonAuvTS1910 7103, mierito HuonAuvPS1910 7103, merito MPoloB 194-46, 212-10. TL V-1526ss. merite s.f. oder m.; Gdf V-260b merite, merit s.m., b-cmeriter «recompenser», C—X—143a merite s.m., ib. meriter·, F E W VI2—34a aokz. merit s.m., mfr. (14Jh.-1403), aokz. meritar (13.Jh.), mfr. meriter (14.Jh.); Levy V—238b merit, -te, ib. meritar ·, DEI 2431a-b merito (merto) adj., s.m. (14.Jh.), a meritare (14.Jh.). Fr.-it. merit(e) erscheint unter dem Einfluß von it. merito häufiger als mask, denn als fem. (s.f. AntAnW 789, 939, EnanchetF 76-1, PNovQuatF 221, nicht spezifiziert EntreeT 14804); das nebentonige -i- in der Verbalform mirites könnte entweder auf den Einfluß der Mittelsilbe oder aber auf den von mire s.m. (13238) zurückgehen; geläufiger sind in jedem Fall die Formen auf me- (so auch fr.-it.), die als einzige Formen im Fr. erst im 14.Jh. auftreten (fr.-it. EntreeT 7114, 10527, 5646, 13488, RolandinC 476, HuonAuvBS1908 9817, mit reimbedingtem Konjugationswechsel meretie [mere-

MERIT

MLRLTßS

375

cie] p.pf. AttilaS XV—1545, Gl meretir «ricompensare»); LEI miritari asiz. Mitte 14Jh. EneasFolena, mirit s.m. und mirite bad.sup. Pizzinini. MESCLIN s.m., Gl «jeune h o m m e » , ar. MISKIN:

902 Por grant amors l'envoia au mesclin, {: Carcarin, yvorin); 3209 mesclin s.m., 4765 id., 6118 id., 7277 id., 3395 mescline s.f., 6968 id.; mesclin adj. AspremV4Be 1139, PrisePampM 1012, mesclin s.m. PrisePampM 1458, 5202, RolV7F 98-10, RolCF 333-2, mescline f. RolV7F 379-5, mesclin s.m. GuiNantVM 211, PassChristNVC 505, HuonAuvBS1910 6716 (Tib.: maschy),mesclin adj. PharsaleW 2904,mescline s.f. PharsaleW 2105, mesclin s.m. AttilaS 1-1078, X-116, XI-1052, mescline s.f. AttilaS 1-315, XV-3948, XVI-6753, mesclin BablnfFC 2-281. TL V—1588ss. meschin adj. u.s.m.; Gdf V—272 b-c meschin, 272cs. meschine; FEW XIX—127a aokz. mesquin adj., b afr.mfr. meschin adj., s.m., meschines.f.;Levy V—258ss. mesquin; DEI 2433bmeschino adj. u.s.m. (14.Jh.). Die Formen mit dem Nexus -cl- sind im Fr.-It. geläufig und könnten als Versuch einer hyperkorrekten Rückbildung -ch- > -cl- interpretiert werden (meschin auch im Fr.-It.; cf. noch fr.-it. mesciin AspremCBol962 405, mesghyna s.f. SMarEgizC 592). MESCONOVANFE V. CONEVOIR MEZDIS V. DIAINE

MIE pron.poss.f., Gl «ma», lt. MEUS: 2336 Se je avoie mie spee trengant; mie pron.poss. BertaC 1221, mia pron.poss. BertaC 543, 571, 601, 606. TL VI-189ss. mon, ma (m'), mes, mi; Gdf V-384a mon; FEW VI 2 -64b afr. f.sg. ma; DEI 2469a mio. Auf den Einfluß von it. mia zurückgehende fr.-it. Mischform; LEI. MIRE V. MERIE MIRITFIS V. MERIT MISSE s.f., G l « m e s s e » , lt. MISSA:

2979 Misse lui fist canter a un abes de Flandre. TL V - l 681 ss. messe; Gdf V-303c, C-X-146c; FEW VI 2- 1 7 1 b fr. missae f., 172b bearn. misse; DEI 2436a messa. Aus lt. MISSA entlehnte Form mit latinisierender Graphie -i-, LEI mehrfach, Monaci u.a. MOLESTE 3.pr.tr., Gl molester «separer», lt. MOLESTUS:

5074 Qe Ii quens eu destrer Ii uns da 1'autre moleste, (: poeste, destre). 376

TL VI-179s. molester «belästigen»; GdfC X-165c molester «tourmenter, vexer»; FEW VI3—34b fr. molester vb.tr. «importuner, tracasser» (seit ca. 1204), fr. molester «tourmenter, maltraiter, faire subir des violences ä», afr. «separer avec violence» EntreeT; DEI 2488a molestare (14.Jh.). Nur aus diesem Beleg bekannte Bedeutungsentwicklung von «belästigen, bedrängen» zu «gewaltsam trennen; trennen»; sonst fr.-it. molester undmoleste in den üblichen Bedeutungen; cf. LEI desmolestar «muover dal suo posto malamente» feltr. Migliorini-Pellegrini, smolestar «smovere (una cosa fissa)» valsug. Prati. MONIERES s.f., G l « a u m o n i e r e » ,

s.(f.), Gl - , «aumöne», lt. ELEEMOSYNA: 14417 D'argiant en lor monieres aporterent ases (ms. mö ueres), 14274 Fetes amosne grant, chanter messe e matin; la mosnere s.f. HuonAuvB 10755 in ed. Vidossi-Arese (Stengel: Γα.), mosnere «borsa» AttilaS IX—171, mesnere «id.» AttilaS XVI—5534. TL 1-674 aumosniere «Gürteltasche», 672s. aumosne s.f. (auch m.); GdfC VIII-84c almosniere, 83bs. almosne; FEW III—212a afr.mfr. aumosniere, 211b afr. almosne, agn. amoyne, awallon. amoine; DEI 2536b musina (19.Jh.) «salvadanaio» (a.milan .musina,... ven. far musina «risparmiare»), 2235a limösina. Die Aphärese des anlautenden a- (anstelle von au-, al-, cf. amosne, amosnere) durch Deglutination des Artikels l'amoniere > la moniere könnte von der im nordit. Raum belegten Form musina < lt. ELEEMOSYNA mit beeinflußt sein; zu weiteren Belegen mit Ausfall des a- (bzw. Hinzufügung eines nicht ursprünglichen a-) cf. s.v. abrandissant (ferner fr.-it. s.v. laine) \ LEI musina mehrfach, besonders aobit.; amosne ist eine fr.-it. Variante zu afr. ausmosne (auch im Gallorom. mit Monophthongierung des anlautenden au- bekannt). AMOSINE

Gl « m o u t o n » , gall. *MULTO: 254 N'i soit plus afiaille com dau los au montun (ms. anmötü), (: faron, seison); monton PrisePampM 5929, AttilaS XV-2029 («ariete»), MPoloB 50-14, 58-9, 58-10, monton[s] MPoloB 58-27, monton MPoloB 119-26, 121-52, 121-58, munton MPoloB 121-53, montons MPoloB 121-59, 121-61, 121—62, montonz MPoloB 121-73, monton MPoloB 162-4,175-145, montonz MPoloB 75-73, 155-31, 176-48, 193-16, 196-17, 196-20. TL VI—370ss. mouton; Gdf V—431 es. mouton, multon, multun, muton, C-X-182a—b mouton-, FEW VI3—205b afr. multun, fr. mouton, monton (AldS; 1380, AAlma 13118), 206amonton (l.Hälfte 12.-13.Jh.,...), norm. monton, monton Dag u.a.; Levy V-304a—b molton, mo-, moi-, mon-; DEI 2504a—b montöne (13.Jh.). Fr.-it. montun ist beeinflußt von it. montone, über dessen Ableitung aus gall. *MULTO (bzw. mit. multo, -onis) divergierende Meinungen bestehen (DEI

MONTUN s . m . ,

377

z.B.: «con -η- da , perche inteso come animale da monta»); zu den obit, und allgemein it. Belegen sowie dem Stand der Diskussion cf. M. Müller in FEW VI 3 -209b, der monton als direkten Wandel von Ζ + Kons. > η + Kons, interpretiert; graphisch gesehen ist das Schwanken zwischen u und η zumal bei möglicher Abkürzung mit Tilde (ö kann für ort oder ou stehen) verständlich; cf. noch fr.-it. molton KarletoR 1947, BertaMilM 338, HuonAuvPGi 3615, AttilaS XV-4193; montone AttilaS XV-177 «mucchio» < MÖNS.

MOVESTE s.f., Gl «mouvement (pour s'en aller)», lt. MOVERE:

10461 quant ils firent moveste / D'aler a Pampaloine, (: estre, geste); 9224 moveste (ms. moneste), 2170 moveste (ms. monestre); moveste GuiNantVprolC 481, PassChristNVC 685, HuonAuvBS1908 9521, movestie HuonAuvPS1908 9521, moveste PharsaleW 2796, AttilaS «partenza» VIII-1646, IX-1098, XIV-940, XV-^02. F E W VI 3 —163a MOVERE.

Die im Gallorom. nicht bekannte nominale Ableitung von lt. MOVERE bzw. afr. mouvoir mit dem Suffix -este entspricht den fr. Wortbildungsregeln; sämtliche fr.-it. Belege stehen im Reim; LEI movesta «mossa» avic. Bortolan, valsug. Prati. MUFEIL s.m., G l «moyeu (de roue)», lt. MODIOLUS:

3704 Chescune part est en sa part nomee, / Raiz e rnugeil e gante par seignee. TL VI—172 moiuel, moiel «Radnabe»; GdfC X-162b-c moieul·, FEW VI3—10a afr.mfr. moieul, I I a avenez. mizuol «Trinkglas», pad. mezzuolo; REW 5628; Levy V-289b moiol, mu- «Trinkgefäß, Becher». Mugeil «Radnabe» ist im Fr.-It. nur in Entree belegt und steht in Zusammenhang mit den mit. Belegen von «Trinkgefäß» (Trento 1250, Venezia 1270), mozollus; ferner muxollus, mugiolus (beide Udine 1349), cf. FEW VI3—lObs.; zur Bedeutungsentwicklung cf. ib.; LEI mehrfach als «bicchiere», PratiEtimVen. u.a. MURE s.f., G l « m u r » , lt. MURUS:

9401 Comant asalirent Paiens trosqu'en la mure, (: figure, penture); mur s.f. RolV4G 3520, mure s.f.pl. RolV4G 3931, mure s.f. PrisePampM 2008, mur s.f. BovoR 2192, 2606, mure s.f. BovoR 2403, mura s.f. BovoR 581, mure s.f.pl. BovoFR 2207, mure s.f. HuonAuvBS1908 9382 (cf. Mainone 1936, p.44), mure s.f.pl. HuonAuvTS1910 6809, mura s.f.pl. (le mura) HuonAuvTR f,143v, murs s.f.pl. MPoloB 85-5, 153-119. TL VI—434ss. mur s.m.; GdfC X-185b; FEW VI 3 -240a s.m., 241a afr. mure s.f.sg. EntreeT, apik. (12.Jh.), aokz. mura; Levy V—346b mura s.f.; DEI 2533a muro (pl. -i, -a) m., kollektiver pl. mura als s.f.sg. (lO.Jh.). Die im Fr.-It. auftretenden Belege von mur, mure s.f. sind beeinflußt von it. le mura s.f.pl., das als kollektiver pl. einen sg. s.f. gebildet hat (cf. DEI und Pfi378

ster in FEW VI 3 -245b η 5); cf. mor «muro» AttilaS Gl; LEI mura s.f.sg. valsug. Prati u.a. NACRE s.m., Gl «timbale, instrument de musique», ar. NAQQARA:

8449 Plus feit home stordir qe nacre ni tanbor; 8352 nacres, 9341 id., 13798 id. (ms. natres), 13912 id.; nacres PrisePampM 3924, HectPP 1883, HectVB 1875, HectRR 1880, nacre AttilaS XVI—4691, XV-2240, VII-550 (cf. Peisker, p. 131), nacar MPoloB 227-4, 227-4, 227-5,233-27, 233-28, 200-79, 200-80,200-82, 200-86, 200-88, 200-88, 200-89, naccar MPoloB 203-20, 79-19, 79-20, nacar MPoloB 79-24, 79-24. TL VI-467s. nacaire s.m., nacres EntreeT; Gdf V—461a-b nacaire, nacar, nacre (Hercule et Phileminis [= HectP]); FEW XIX—137b afr.mfr. nacaire, afr. nacre EntreeT; DEI 2541b näcchera (14.Jh.), -aro (14.Jh.). Die Form nacre ist im Fr.-It. geläufig, während im Afr. nur nacaire u.a. auftritt; vermutlich handelt es sich um eine Mischform unter Einfluß von proparoxytonalem it. näcchera, da die anfangsbetonte Formnacre im Fr. erst später belegt ist (FEW XIX-137b); zur Diskussion um den etymologischen Ausgangspunkt cf. FEW XIX-138a. Ν AIRE 3.pr.tr., Gl narer «narrer», lt. NARRARE:

10055 Grant cous se donerent, l'estoire les nos naire (ms. uaire, Hs. naire), (: Samaire, baire); 14691 naire 3.pr., {: aire, contraire). TL VI—504 narrer·, GdfC X-191b; FEW VII-17a aokz. narrar, fr. narrer (seit 1388); DEI 2548a narrare (14Jh.). Reimbedingte Form mit Diphthongierung in der betonten Stammsilbe; Rückdatierung gegenüber den aus dem Fr. bekannten Belegen (1388) unter möglichem Einfluß von it. narrare. NAIRE s.f., Gl «narine»,

SNARER vb.tr., Gl «mutiler en coupant le nez», lt. NARIS: 10059 La boce e le mentons et le nes e lanaire, (: desplaire, haire), 2816 Far les snarer come perjuraor; nares und narres pl. «narines» MoamT Gl; snarie «privo di naso» AttilaS VIII—232 (cf. Peisker, p.97). TL VI-501 nares s.f.pl. MoamT; Gdf V—471a nase, naze, nairre s.f. «nez» (nase Hercule et Phileminis [= HectP]); FEW VII-15a aokz. nar s.f. «narine, naseau», aokz. naras s.f.pl. «narines; nez» (14Jh.), 16b Treviso, Belluno share «Nasenlöcher», ven. sßnare; Levy V-359a—b naras «Nasenlöcher, Nase»; DEI 2547b nari (-e, 13.Jh.) s.f.pl. (14.Jh.). Lt. NARIS «Nasenloch» ist im Aokz. und It. überliefert als nar bzw. narU-e; die Diphthongierung in der betonten Stammsilbe dürfte eher auf Reimzwänge zurückzuführen sein, als daß ein anderes Etymon zugrunde gelegen 379

haben könnte (zur Diskussion über die Herkunft cf. FEW VII—16b); fr.-it. naise (visaire e -) HectVB 1543 steht in HectPP 1546 als nase (Reim); LEI; snarer/snarier sind fr.-it. Sonderformen, die nicht weiter belegt sind (it. snasare mit intervokalem -s-, DEI 3520a, und afr. esnaser mit prosthetischem e-, TL III-l 134, GdfC IX-535cs., gehören zu lt. NASUS, cf. FEW VII-34b, 36a η 16 snasare (Vicenza, Brescia, judik.); Hinweis von M. Pfister); Thomas Gl führt ein nicht genauer bezeichnetes ait. snarare an; LEI mehrfach mit -s-. s.f., Gl «naissance», lt. NASCL: 3861 Ε com sa mer remis pulcelle a la naschue, (: venue); 12566 nascue s.f. FEW VII-18a fr. naistre. Nur aus Entree bekannte nominale Ableitung vom p.pf. von naistre (cf. noch fr.-it. nasus p.pf. EntreeT 10067; nasciment PrisePampM 2656, nasimant Attilas Gl).

NASCHUE

pron.indef., Gl naün «aucun», lt. NE(C) UNUS: 3991 Ta cars trencier en naüne partie; niun HuonAuvTM1935 4556, niuno MChioggiaFC 3-50-151. TL VI-580s. negun, neun; Gdf V-486a-b negun, nion;FEW VII-81a afr. negun, afrb. nyon (14.-15.Jh.), asav. nion (1555), alyon. nion (14Jh.) u.a.; DEI 2590b niuno. Der mögliche Ausfall des intervokalen -g- in den fr.-it. Belegen ließe sich auf den Einfluß von it. niuno zurückführen (so Thomas Gl), wobei man auch von einem spätlt. NE UNUS als etymologische Basis ausgehen kann (FEW VII-82a und b η 6); geläufiger sind auch im Fr.-It. die Formen mit -g-, cf. RolCF 105-9, RolV7F 96-9, RolCF 120-11, RolV7F 112-11 u.a., BovoR 685, BelrisM 371, JugAmF 278, RainLesUM 315, SCathB Gl; daneben tritt wie im Afr. nesun auf; cf. als auffällige Kontraktion noch fr.-it. nist «nessuno» Attilas XVI—7692, (: batist, oncist).

NAÜNE

(Hs. neglian9e), Gl «negligence, oubli», lt. NEGLIGERE: 1526 Ο est remes derer par negliance, (: Franke, siance); neglianze PrisePampM 3170. TL VI—578 negligence·, Gdf V-485b neglience, negligence, C-X-196b; FEW VII—89a afr.mfr. negligence, afr. neglience «acte de negligence» (hap. 13.Jh.); Levy V—381b negligensa, negligentia; DEI 2564a negligenza. Die Formen auf -iance können durch Angleichung des intervokalen -g- an das -i- und anschließender Kontraktion ii > i entstanden sein; geläufiger sind auch im Fr.-It. (wie im Afr. und Mfr.) die Formen von negligence; LEI negghienza Dante, ferner Merlo, LN 12, 51.

NEGLIANCE s.f.

ΝΕΪ adj., Gl «natif», lt. NATivus:

A-63 Sanson, le buen vasal, de Gascogne nei, (: mori, combati). 380

TL VI—479ss. naif, f. naive, na'ie; Gdf V—464b nai, nay, 465a—c naif, nayf, neyf, 474a natif, netif, C-X-190a naif ·, FEW VII-44a afr. naif, nei EntreeT; Levy V—356a nadiu; DEI 2552a natio, a—b nativo. Lautliche Sonderform aus Entree, die durch Reduktion des nicht unter dem Hauptton stehenden α zu e entstanden ist bei gleichzeitigem Ausfall des Endkonsonanten (Reimstellung). NEMi s.m., Gl «ennemi», lt. iNiMicus: 351 Quant il veult son nemi decliner en servaje; 578 nemi, 835 id., 1828 id., 3086 id. (ms. uenu), 4150 id., 4379 id. (ms. ami), 5458 id., 6406 id., 8020 id., 13767 (ms. enemi), 7996 nimi, 8717 id., 11034 id., 7376 nemis, 7516 id., 7914 (cf. ms.), 9122 id., 9372 id., 10047 id. (ms. ennemis [d'une seconde main]), 13731 id., 13750 id. (ms. anemis); nemi, nemis in: PrisePampM 1157, 2727, 2958, 3668, 975, 1497, 1629, 1708, 2234, 2436, 3451, 4078, 4550, 4611, 5270, 5456, PassChristApresB 57, EnfOgerS 605 (nemisi), HectVP 316, 408a, HectVB 393, 1832, PassChristNVM 143, PassChristNVC 575, 800, HuonAuvBS1927 12263, HuonAuvTR f,141v (nemicho), HuonAuvTS1913 4703^12 (nemizi), HuonAuvTGr p.110 (nemisse), PharsaleW 1653, 717, 740,753, 981, 1621, 2000, 2030, 2670, AttilaS XV-18, XI-1148 (nami), MPoloB 25-22. TL III—306s. enemi-, Gdf III-136cs. enemi, anemi, C—IX—459a—b enemi; FEW IV-693b afr. enemi; Levy II—483a—b enemic, enamic, nemic; DEI 2567a nemico, 2586b nimico. Die Formen ohne Anlautvokal sind zwar auch in der Gallorom. als Variante von enemi belegt, doch dürfte ihr zahlreiches Auftreten im Fr.-It. auf den Einfluß von it. nemico zurückzuführen sein (cf. noch die Formen mit a- [EntreeT 6348, 557, 714, 13742, 9618, 13561, 118, 13570, AttilaS Gl, FaramonB p.200] und i- [RolV4G 368, RainLesOT 200, AquilonT f,114a] sowie die Ableitung nimiste MPoloB 52-3). s.m., Gl «milan», lt. NIBULUS: 14254 Celui qi vos en maine est dou nible quisin; nible MoamTGh-36-8 (Gl), neble «nibbio» AttilaS XII-390, XV-2688,«/ble «nibbio» AttilaS XII-786. TL VI-636S. nieble, nible; Gdf V-^96b nieble, nible; FEW VII-108a afrcomt. nible Ys, mfr. nible MoamT; Levy V-392bs. niblan; DEI 2582a nibbio. Lt. NIBULUS ist im Gallorom. nur selten belegt und in einer späten Glosse erhalten; die fr.-it. Formen dürften im Zusammenhang mit dem in Italien verbreiteten nibbio (14.Jh.) zu sehen sein; LEI nibl amant. ca.1300 GhinassiBelcalzer, SFI 23, 42.

NIBLE

s.m., Gl - , «necromancien, magicien», lt. NECROMANIA: 404 En la loi Saracine fu Marsille safans / D'art et d'estrologie, e fu bon nigromans, (: sa9ans, mans);

NIGROMANS

381

nigromans HuonAuvBS1908 10075, nogramante HuonAuvTR f.l42v, negroman AttilaS XIV-1120, nigromante s.f. AquilonC f.48r, AquilonT f.98a. TL VI—663 nigremanceor, nigromanceor, ib. nigremanciien, nigromanciien; Gdf V—498c nigromanceur, 195c necromancien; FEW VII-79a fr. nigromance s.f. «necromancie», afr. nigremanchien, mfr. nigromancien, 80a mfr.nfr. negromant (1543 ...), mfr. necromant (Plei'ade ...); Pfister 108, 111, 581s. nigromanz s.m. «magicien, sortier» (it. negromante, seit Ende 13.Jh.); DEI 2564bs. negromante (14Jh.), 2586a nigromante (14.Jh.). Die personale Abteilung nigromant ist im Fr. erst seit 1543 belegt, im Fr.-It. dagegen schon mehr als 2 Jh. früher, was auf die Beeinflussung durch die im It. bestehenden Formen negromante, nigromante zurückzuführen ist; im Fr.-It. überwiegen beim Stamm necromantia die Formen mit -i- und zwischentonigem -o-, cf. EntreeT 3996, 7468, 2181, 6641, RolCF 366-5, RolV7F 361-5, RTroiel7B p.337, p.339, HectVML f.269b, HuonAuvBS1908 10484, HuonAuvBS1910 6721, Ρ und Τ id. sowie HuonAuvBS1910 6676, AttilaS XVI-3729, MPoloB 75-66, EnanchetF 37-23, ferner nigramance SCathB 306, nogramanzia HuonAuvTR f. 149r. s.m., Gl «nocher», lt. NAUCLERUS: 14356 «Segnor, ne vos doutes», ce a dit le nocler (ms. cerdit len eoiler, Hs. len coiler), (: Brecer, rocher); noctis HuonAuvPS 1908 9331 (HuonAuvPGi 4016 Gl «nocchiero»), nocler EstVenL 2-169-2v.28,noclers EstVenL 2-74-1 (cf. Gl, Limentani 1966-7, p. 110). Gdf V—507b noclier s.m. «patron de navire» (Ass. de Jer., Estories Rogier, Maiz.), C-X-204cs.nocler-, FEW VII-52b aokz. naucler, afr. nocler (13.Jh.), mfr. nauclere (1532), noclier AssJer, afr. nochier (1246), aven. naucler-, Levy V-367a naucler; Pfister 579, 757 naucler (ait. naucler 12.Jh.); DEI 2592a nocchiero (-ere, Dante). Der Beleg aus Entree ist nur erschlossen; nocler geht zurück auf NAUCLERUS (zur Diskussion um die Etymologie cf. FEW VII—52b, R l l , 537 und ZrP 3, 566—8), das im Aokz. naucler ergibt und auf ait. naucler, aven. id., einwirkt, von wo aus dann auch die fr.-it. Belege beeinflußt sein dürften; LEI mehrfach, besonders ait. und aobit.

NOCLER

NOIE V. ANOIERA NOIR(E) V. NOR

adv., Gl - , «neanmoins», lt. MINUS: 7808 Car pou Ii vaut l'argument tramontane / Nome de tant, ch'il est reconosans. FEW VI2—126b MINUS; DEI 2567a nemmeno (14.Jh.). Idiomatische Hapax-Bildung aus Entree, cf. Torraca 1923, p. 233, nome de

NOMFI DE TANT

382

tant als «nemmeno di tanto» mit der Interpunktion... tramontans, / Nome de tant ch'il... N O N P O E S T E V.

N O R a d j . , G l —,

POESTARIS

«noir»,

NOIR s.m., Gl - , «cheval noir», NOIRE adj.m., Gl «noir», lt. NIGER: 13596 Uns eschrins fist ouvrir, que fu d'unnor eban, 707 Le jor seoit Ii quens el noir de Portegal, 8711 Le Paiens cort ferir sor le noire serpaint; 5132 noir s.m., 14666 id. (ms. uoir); 5065 noires adj.pl.m., 5112 id., 5230 id., 9194 noire adj.m. (ms. uoire), 10680 id. (ms. uoire); nor adj. GuiNantVprolC 164, noere GuiNantVprolC 355, noir s.m. «le noir» KarletoR 1906, nor adj. «nero» Attilas XIV-334, XVI-2551, nir adj. «nero» AttilaS 1—734, XI-605, XV—1819. TL VI-718ss. noir adj., 726 s.m.; Gdf V-515a, C-X-197b-c; FEW VII-129b afr. neir, afr. nor, 131a fr. noir s.m.; DEI 2564b negro. Nor ist eine lautliche Variante zu fr. noir, die vereinzelt auch im Afr. belegt ist; noir s.m. in der Bedeutung «cheval noir» ist bisher aus den afr. Wörterbüchern nicht bekannt; auffällig erscheint die mask. From mit auslautendem -e (metrisch bedingt oder evtl. Relikt aus -igre; cf. noch fr.-it. innorcir «diventar nero, livido» AttilaS XIII-1031, innorcie p.pf.f. AttilaS VIII-1072). NOTER vb. (ms. notar), Gl «passer la nuit», Νουτέ p.pf., Gl s.f. «nuitee», eher: *nouter «passer la nuit», E N U I T adv., Gl - , «cette nuit», lt. N O x : 14193 Que le chin ne veult pas noter ensa mason, 15172 Rolant, qi avoit este por mi le marin bruit / Travailes e penes nuef jor e noute huit, 6904 CWenuit gardef mes host decich'au jor serans; enuit PrisePampM 4334. TL VI-906 nuitier inf.subst., 905 nuitiee s.f., I—406s. anuit, 407 anuitier vb.; Gdf V—545cs. nuitiee, 546anuitier, nutier, noster vb. «veiller; passer la nuit», I-303b—c anuit, enuit; FEW VII-214a afr.mfr. nuitie s.f., mfr.nfr. nuitee, afr. nuitier la nuit «passer la nuit» (hap. 13.Jh.), 216a afr.mfr. anuit, ... ennuit; DEI 2604a nottare (14.Jh.), nottata (18.Jh.). Noter vb.tr. «passer la nuit» ist nach FEW nur in der Verbindung nuitier la nuit belegt, in Entree steht es absolut; nouti kann lautlich von it. notte beeinflußt sein, doch gibt Gdf als Variante auch noster für nuitier; Thomas Gl interpretiert HO wie als Variante zu nuitee, it. nottata, doch läßt die syntaktische Konstruktion und auch die Endung -e (allerdings nicht -es wie travailes e penes im Kontext) eher an ein weiteres p.pf. denken, d.h. [Rolant} avoit... nouti huit [ηκ/ίϊ]; zur Variante enuit mit anlautendem e- anstelle von a- cf. FEW VII—218a Η 10 (Einwirkung von lt. IN); cf. noch fr.-it. noiter s.f. «notte» Attilas XIII—88, XVl-8302; LEI mehrere Belege für in(n)otte < in *notte. 383

adj. (ms. nouissime), Gl «dernier», lt. NOVUS: 3098 Hai! lor dolant en le novisme jor; 1652 novisme (ms. nouissime), 12849 id.; novissimo adj. «ultimo» LExempliFC 1975. Gdf V—540b novissime adj. «tres recent»; FEW VII—212a mfr. novissime «tout recemment» (Nivernais 1534, ...); DEI 2612a, 2606bs. novissimi. Aus lt. NOVUS, Superlativ NOVISSIMUS entlehnte Form, die im Fr. erst später belegt ist; LEI BonvesinBiadene, apad. Ende 14.Jh. BibbiaFolena.

NOVISME

s.m., Gl «rien, neant», lt. NULLUS: 3889 Α faire nul duroit il penetance, 13047 Tote sperance lor stoit in nul tornee. TL VI-906ss. nul pron.indef.; Gdf V-546b, C-X-216a; FEW VII-232a fr. nul; Levy V—437a nul·, DEI 2610a nullo adj.u.s.m. Substantivischer Gebrauch des pron.indef.; cf. noch nule pron. mask. EntreeT 4427, ferner EntreeT Gl; LEI nul s.f.(m.) «nulla, zero» Francescato, SFI 24.

NUL

Ο (P VOIR) V. VOIR

vb. (ms. obedire), Gl «obeir», lt. OBOEDIRE: 5302 Car come pere obedir vos entent; obedir, obedire in: KarletoR 2914, BertaMilC 101, MacaireM 2081, HectVML f.l7a—25c/V.87, HuonAuvPS1908 9119, HuonAuvPS1910 6979, Τ ib., HuonAuvBS1927 11632, HuonAuvTR f,126v, f,151r, HuonAuvBS1927 11595,11660, HuonAuvTG p.101, MPoloB 70-37, AntAnW Gl u.a. TL VI-937ss. obeir; Gdf V-551a, C-X-217b-c; FEW VII-276b afr.mfr. obeir, adauph. obedir S, aokz. hobedir, obedir-, Levy V—441b obedir, 443ass. obezir-, DEI 2615b obbedire (13 Jh.). Die Formen mit Erhaltung des intervokalen -d-, im Fr.-It. geläufig, sind zurückzuführen auf den Einfluß von it. obbedire (auch aokz. obedir) ·, daneben können sich auch die adj. und nominalen Entsprechungen mit -d-, obedient adj. und obedience (cf. EntreeT 4870,15581,7982, PrisePampM 2423, Attilas XVI—3737), auf fr.-it. obedir ausgewirkt haben.

OBEDIR

oc praep., Gl «avec», lt. APUD/AB + HOC: 4806 S'i fust le remanant qe sunt oc Ii emperere; 4929 oc (enscemble — lui); oc praep. «mit» AliscMH 3337, 4439, hoc AliscMH 3697. TL VI—923ss. o, od, ot, of, ove, ou, ab, au; Gdf V-569bs. od, ot, oth, o, ho, ob, ov, of, ou, hou, ouf, os, oi, ab, au, ao \ F E W I - 1 1 4 a APUD, afr. o(d), 5b AB

HOC, afr. avuec, IV-^t41bss. HOC. Fr.-it. Variante zu den afr. Formen von «avec», die möglicherweise aus einer 384

Kontraktion von ovec (EntreeT 15549, RolV7F 298-6, AliscMH 3407, 5215) oder aus avoc (cf. EntreeT 6335, 12227, AliscMH 936, 1093, 566, 2181) entstanden ist; cf. noch fr.-it. ο praep. EntreeT 723, 4528,13476, oui «avec le» EntreeT 12288. OCH part. (ms. oche), G l «oui», lt. HOC:

15661 De joie c'oit non poit dir och ne non. TL VI—1017ss. öil; Gdf V-582b-c oil; FEW IV-443b aokz. oc «oui», afr.mfr. oil, aokz. oi; Levy V-457bss. oc. Hapax-Form des Fr.-It., cf. aokz. oc, LEI oc Dante u.a.; cf. fr.-it. oi EntreeT 8563, 12204, oi EntreeT 6647, ohi EntreeT 7177. OFENDRE vb.refl., G l —, «se heurter, s'offenser», OFFENDUS p.pf./s.m., Gl «celui qui est attaque», lt. OFFENDERE: 4075 En cele part ο il enmagina / Che le Paiens ofendre se pora, 4512 Car qi altrui offend penser doit por certise / Qe le offendus porcha9e comant il l'en merise; 14508 ofant 3.pr.refl. (e se nul s'en -). TL VI—990s. ofendre vb.tr., 991 refl. «Anstoß nehmen an, sich beleidigt, gekränkt fühlen»; Gdf V-575a—coffendre vb.tr., b refl. (au sens moral); FEW VII-330a afr. offendre a vb.tr.; Levy V-464a-b ofendre; DEI 2631a ofßndere. Ofendre in refl. Konstruktion ist im Afr. nicht so geläufig wie der tr. Gebrauch; auch im Fr.-It. selten; bei offendus handelt es sich um die systemgerechte Substantivierung des Verbums im p.pf.; cf. noch fr.-it. ofendu p.pf. «gesündigt» SCathB 904, 2254 (Gl).

s.f., Gl «action de s'offrir», lt. OFFERRE: 13196 De vostre peres moi met in oferance, (: sustinance, falance); 15582 Por vetre anor lui met en no fian5e (ms. enofran^e), {: obedian9e, comunan?e). FEW VII-332a afr. offremant (hap. 13.Jh.), 333a mit Suffw. Arouerg. offerenz s.m. «offrande» (12.Jh.). Systemgerechte Ableitung mit dem Suffix -ance, die im Afr. nicht belegt ist; vermutlich liegt neben der Hapax-Bildung aus Entree noch ein zweiter Beleg aus diesem Epos vor, den Torraca 1923, p.222 emendiert bzw. auflöst von enofrance [sie] zu en oferance [sie, ohne cedille], korrekt also oferange; zu weiteren Belegen mit Erhaltung des zwischentonigen -e- cf. oferande (ms. ofemute) EntreeT 8470, 10215.

OFERANCE

adj.f., Gl olifante beste «elephant», lt. ELEPHAS: 12591 Les aubes furent d'une olifante beste. TL VI—1063ss. olifant, elefant s.m.; Gdf V-593b s.m., C-IX-428a-b; FEW

OLIFANTE

385

III—213a olifant s.m.; Levy V-474b olifan, ori- s.m.; DEI 2243a liofante (lionfante) s.m. Der adjektivische Gebrauch von olifant(e) ist nur aus diesem Beleg bekannt; daneben findet sich die Ableitung alinfantin «elefantino» {: fin, Serpentin) AttilaS IV—145; zu weiteren fr.-it. Belegen mit Einschub eines -n- (evtl. im It. volksetymologische Interpretation des bis ins 16.Jh. wenig bekannten Tieres aus lion + fant;fant auch fr.-it. für enfant, cf. s.v.) cf. olinfant EntreeT 12489, MacaireM 2487; ferner oliofant EntreeT 806; sonst fr.-it. olifant. OLiTfe s., Gl «?», < ?: A—108 II en soit mercie, / Quand rendu n'alaflor de olite, (: mercie, alumine). Thomas Apparat: «Le mot oliti parait fautif; mais je ne sais par quoi le remplacer»; denkbar wäre eine Konjektur des Verses zu Quand rendu n'a laflor de son rite, die semantisch zum Kontext passen würde (zu rite im Fr.-It. cf. s.v. heir). ONBRAL s.m., Gl «lieu ombrage», lt. UMBRACULUM:

3502 A un onbral garde; 3556 onbral s.m., 5769 id., 12441 id. (ms. une onbral). TL VI—1081s. ombrail; Gdf V-596a-b ombrail, umb. s.m.; FEW XIV-26a afr. ombrail s.m., aokz. ombraill; Levy V—480b ombral, -alh\ DEI 2646b ombra, -äcolo und -aculo (13.Jh.). Onbral s.m. ist im Afr. und Aokz. vereinzelt belegt und auch im Fr.-It. selten (nur Entree); daneben tritt die fem. Ableitung auf, ombrele «ombrella, ombrello (da cerimonia)» EstVenL 1 - 2 9 - 2 , 1 - 2 9 - 3 , onbrele EstVenL 2-87-8, 2-98-2, unbrele EstVenL 1 - 4 - 6 , ferner ombral s.f. HuonAuvBS1908 10529 (FEW XIV-26a afr. ombraille «ombrage» s.f. (HerbF; hap. 13.Jh.), saint, «lieu ombrage», TL VI-1082, Gdf V-596b). ONBRER vb.tr., Gl «incarner dans», lt. UMBRA:

2585 Cil que n'avra fin / Descendroit, dame, d'entre Ii Cherubin / Par vos onbrer, roi'ne de grant brin; 4009 ombre 3.pr.tr. (ms. oubre); se ombrioit 3.pr.refl. AttilaS 11—143 (Gl ombrier «incarnare»). TL VI—1087 ombrer vb.tr. «beschatten» (S. Aub.); Gdf V-596cs. ombrer vb.tr. «mettre ä l'ombre, couvrir d'ombre, ombrager», refl. «s'incarner»; FEW XIV—23b afr. soi umbrer «s'incarner», mfr. id., afr.mfr. umbrer vb.tr. «mettre ä l'ombre»; DEI 2646b ombra, -are (tr., 14.Jh., «coprire d'ombra»). Ombrer in der übertragenen Bedeutung «incarner dans» ist in transitiver Konstruktion nicht weiter bekannt, sondern tritt nur noch refl. auf (cf. EntreeT 14715, AspremV4Be 1330 u.a.); afr. ombrer vb.tr. bedeutet «beschatten etc.»; cf. fr.-it. ombrange «incarnazione» AttilaS VI—382, ombreson s.f. «ombra» AttilaS XI-1616. 386

OND adv./conj., Gl «c'est pourquoi», lt. UNDE:

A - 7 Car veilard sui je uymes, ond je vous faig mien hoir; 78 ond (cf. Gl, auch «oü, d'oü, dont»); ond, und, onde, unde in: PrisePampM 15, 165, 275 u.a., BovoR 619, 347, KarletoR 290, ChevOgerC 966, 2078, MacaireM 1770, 243, 612, 876, 1160 u.a., HectVP 638, 1261, 1227, PassChristNVM 7, 54, 42, 45, 60, 129 u.a., BelrisM 108, HuonAuvBS1908 10254, HuonAuvPS1908 10493, PharsaleW 171,241,279,314,819,832,866 u.a., AttilaS Gl, RainLesOT606,610, 668 u.a., EnanchetF Gl («weshalb, daher»), TL VI-1147ss. ont adv.interrog.relat., 1148 «weswegen»; Gdf V—601a-c ond, b «par quoi, ä cause de quoi»; FEW XIV-32a UNDE, 34b η 19 «weswegen» averon. unde, it. onde che\ D E I 2653b onde. Ond in der Bedeutung «weswegen, weshalb» zählt zu den Charakteristika des Fr.-It.; die in den afr. Wörterbüchern angegebenen Belege stammen ausschließlich aus fr.-it. Texten; die Bedeutungsentwicklung von der Ortsangabe zur kausalen Verknüpfung, «woher» > «weswegen», ist leicht nachvollziehbar; die Ubergänge sind nicht klar voneinander abzugrenzen, so daß sich auch bei den o.g. fr.-it. Belegen Überschneidungen ergeben; die von Thomas in der Einleitung (p. CXX η 2) vertretene Ansicht, daß ond in Entree relativ selten vorkomme, «jamais employe au sens de 9T,pietosse adj.f. HuonAuvBS1908 9555, piatossa HuonAuvTR f.l33v, piatosamente HuonAuvTR f.l41v, pietoxament HuonAuvPS1908 10035, pietosa SMarEgizC 264, pietous PharsaleW 2880, pietous AttilaS XV-742, piathose CronlmpFC 141-8, ferner 136-7, 84-15, 195-14 u.a. TL VII—986ss. pitos, pidos; Gdf VI—180a—b pitos, piet., b-cpitosement, pieteusement; FEW VIII-442b afr. pitos, afr.mfr. piteus, aokz. piatos; Levy VI—314b pietos, pia-, pidos\ Pfister 163 afr. pitos \ DEI 2911a pieta, -oso (14.Jh.). Ebenso wie beipiatange (cf. s.v.) sind im Fr.-It. auch beip'ieteus adj. zahlreiche Belege mit -ie- und -ia- in der anlautenden Stammsilbe anzutreffen, die auf den Einfluß von it. pietoso (cf. amail. piatos, altapul. piatuso, FEW VIII—443b) zurückzuführen sind (cf. auch das Kompositum despietos adj. PassChristApresB 485, AttilaS VII-86, XIV-3273, despieteis AttilaS 1-1041, IV—5, Gl «spietato»); LEI. PINT p.pf., Gl «peint», ENPANTE p.pf.f., Gl enpaint, -ant «peint», APAINTE p.pf.f., Gl apaindre «peindre», DEPANTOR s . m . , G l « p e i n t r e » , lt. PINGERE:

6533 La choe avoit vermoille, cun se fust pint a man, 6343 En mi la sale enpant e a ors broni (ms. enpance), 9432 Bien ve'isent de Nobles l'aute e apainte toreile (Hs. eapänte), 1418 Ne puet desfaire mais l'uevre al depantor, (: color, fraisenor); 7619pint p.pf.; 8897 enpaint p.pf.adj., 10407 empant p.pf.adj. (Hs. enpät), 10420 enpainte p.pf.f.; pinte p.pf.f. RolV4G 5919, pint AliscMH 3435, pinto BovoR 1980, EnfOgerS 1272, pint EnfOgerS 1265, pinte BertaC 272, pinto MacaireM 2985,pinte HuonAuvBS1913 4943,pint PharsaleW 1292, AttilaS XIV-^34, XVI—2563, pinte MPoloB 115-25, pintes MPoloB 128-10; inpincta p.pf.f. SMarEgizC 481, inpaint p.pf. «dipinto» AttilaS XIII-783, enpindre MPoloB 156-15, e[n\>indre MPoloB 70-87, inpindre MPoloB 177-54, inpoindre MPoloB 177-56, enpointe p.pf. MPoloB 58-38. TL VII-552ss., 554peint, 111-96 empeindre «bemalen» (RCharr.), 11-1414 depeindre; Gdf VI-62a-b, C-X-305b-c, III—48bempaindre, -indre, -oindre, enp.,inp. MPolo, WSUadepeindre, -indre, C-IX-305c;FEWVIII-522bfr. peindre, 525b η 1 p.pf.peint, 523b afr. enpindre «peindre sur qch» MPolo, mfr. empaindre (hap. 14.Jh.), afr. empoint «orne de peintures» Chrestien, 525b η 8 cf. apav. inpincto «dipinto», afr. apaindre EntreeT, 524b afr. depeindre (1226; ca. 1320), depaindre (hap. 13Jh., Stengel); Levy VI—212a 401

penher, II—97a—b depenher\ DEI 2927bpingere, 2930bs. pinto, 1963b impinto (13.Jh.), 1314a dipingere, dipinto. Pint p.pf. mit -i- im Stamm ist beeinflußt von it. pinto (cf. auch fr.-it. pinturi p.pf. AspremV4Be 700, AspremFM 8410,pinturee HectVB 569,pinturi Attilas XII—2144, XIV—738, dagegen panture «pitturato» AttilaS XIII-1060, fernerpante p.pf.f. EntreeT 10709,paint p.pf. EntreeT 11903,pointe p.pf.f. MPoloB 153—117); empeindre, im Afr. nur selten belegt, erscheint häufiger im Fr.-It., wobei die Formen mit -i- wiederum auf it. impinto und auf die Simplexformen zurückgehen; apainte ist hapax legomenon (zua- im Fr.-It. cf. s.v. abrandissanf, cf. LEI *ADPECTUS, ZU ADPINGERE «befestigen» Huber, ZrP 83, 236), ebenso depantor, das jedoch gestützt wird durch it. dipintore (Battaglia IV-514a-b, cf. Thomas Gl); cf. fr.-it. depinta p.pf.f. KarletoR 942, ferner BertaMilM 332, AttilaS Gl, fernerpentura «Bild» SCathB 1682 (cf. 1669), peture «id.» SCathB 231; insgesamt eine kompositionsreiche Wortfamilie im Fr.-It., die keine genauen semantischen Nuancierungen zwischen den einzelnen präfigierten Formen erkennen läßt. PITRINEE s.f., G l « p o i t r i n e » , lt. *PECTORINUS:

9898 Tiel colp Ii a done parmi la pitrinee, (: lancee, pasee). TL V I I - 1 3 6 1 S . poitrinee «Schlag auf die Brust»; Gdf VI-261b; FEW VIII—110b ah. poitrinee «coup dans la poitrine» (pik. ca. 1220). Reimbedingte Hapax-Bildung zu ah.poitrine, die im Pik. noch einmal belegt ist in der Bedeutung «coup dans la poitrine», die letzten Endes auch im vorliegenden Kontext zutrifft; cf. fr.-it. petrine RolV4G 5233, 5890. PLASMEIR s.m. (ms. pleismer), Gl «createur», lt. PLASMA:

3749 Nostre Plasmeir andos les blastema. TL VII-1106; Gdf VI-205aplasmateur s.m. «createur»; FEW IX-35a mfr. plasmateur (ca. 1450-Cresp 1637), aokz.plasmaire (hap. 13.Jh.),plasmatour (ca. 1470); Levy VI-368a plasmador, -tor; DEI 2967b plasmare, -atore (14Jh.). Fr.-it. Hapax-Bildung; Rectus sg. zu fr. plasmateur, das jedoch erst später auftritt, während aokz. plasmaire schon einmal im 13.Jh. belegt ist und it. plasmatore im 14.Jh. erscheint; entlehnte Form; cf. fr.-it. plasma 3. AspremV6Be 685, plasmer EnanchetF Gl. PLASTRES s.m., Gl piastre «plaque de metal», lt. (EM)PLASTRUM: 4032 Devant i ai troi grant piastres d'acer; 4036 piastres·, piastres HectVB 250, HectPP 250, piastre «piastra» AttilaS V-202. TL VII-1106s.p/asire, plaistre s.m. «Gips; Hausplatz, Baustelle; geglätteter Boden, Estrich», III-113s. emplastre-, GdfC X-352c, III-94a, C—IX—443b—c; FEW III-222a afr.mfr. emplastre, mit.plastrum, 223a it.piastra, nh. piastre «monnaie d'argent, de valeur variable selon les pays» (seit 402

Cotgr 1611); Levy VI-368a, 371a-b; D E I 2896bpiastra (1316) «lastra sottile di metallo, legno, pietra, vetro», ib.piastra (14 Jh.) «moneta antica d'argento». Piastre in der Bedeutung «plaque de metal» kann beeinflußt sein von it.piastra «moneta antica d'argento», in Zusammenhang gebracht mit dem semantisch nahestehenden fr. plate (EntreeT 13149, F E W I X - 4 4 a PLATTUS), SO Thomas Gl (in der Bedeutung «Piaster» erscheint es im Fr. erst seit 1611); zu den unterschiedlichen Bedeutungen und den Formen EMPLASTRUM, PLASTRUM cf. F E W III—223a—b; cf. noch fr.-it. plastrie p.pf. RolCF 257-20, R o l V 7 F 252-20. PLATER s.m., Gl «plat (pour les aliments)», lt. PLATTUS: 10972 En escüele fist mangier et metre pan, / Entre dos un plater·, 13 976 plater s.m. T L VII-1115s.platel, 1112plaf, Gdf V I - 2 0 8 a - b , C - X - 3 5 4 a ; F E W I X - 4 4 a PLATTUS, 46a fr.plat, 47a ah.mh.platel

s.m. «bassin, ecuelle» (13.-14.Jh.), b

alyon. plat et \ Levy VI—370a-b platel «kl. Schüssel». Nicht reimbedingte Ableitung zu fr .plat, im Fr.-It. nur aus Entree bekannt (im A f r . sonst platel); cf. fr.-it. plate EntreeT 13 149; L E I pjattare s.m. «piattaja . . . » Castro dei Volsci Vignoli, StR l,piater

venez. Boerio, ρ eater ib.

PODOiRs.m., Gl «pouvoir», PEOIR s.m., G l « p o u v o i r » , lt. POSSE:

6302 A monpodoir ferai vestre comant, 10 279 Ε si vos en serai a monpeoir aidant (Hs. evtl. pooir); 3637 peoire s.m. (ms. peore); podor s.m. HuonAuvPM1935 246, poder s.m. SCathB 616 (cf. n). T L VII—1425ss. pooir',

Gdf VI—277a—b pooir, povoir,

pouair, poer,

poir;

F E W IX—233a.tr. podir s.m. (Eide; 236b η 13: sicher-eir zu sprechen),poeir, poer . . . ; L e v y VI-410ss. / po e, auf, doch können auch graphische Unebenheiten der Hs. dafür verantwortlich sein (s.o.); cf. noch fr.-it. poant s.m. MacaireM 723. POESTARIS a d j . , G l « p u i s s a n t » , NONPOESTE s.f., G l « i m p u i s s a n c e » , lt. POTESTAS:

3342 Mal veit encontre al Roipoestaris,

(: aquis, esbai's), 10469 Seront bien

plus de mil de gient de nonpoeste, (: senestre, beste); 14147 pouesteris (ms. prouesteris), ( : ne'is, Donis). T L VII—2055s. [ = 1255] pöesteif, posteif,

2050s. [ = 1250] pöeste;

Gdf

403

VI—243bs., 241cs.; FEW IX—254b afr. poestif, aokz. poestaria s.f. «possession» GirBorn, 255a afr. podeste, poeste; Levy VI-416a podestaditz adj.u.s.m., 417a podestaria, A\5bs. podesta, poes-; Pfister 191,196,624,749 poestadis adj., 137, 624 poest s.m., afr .poeste s.f. ib.; DEI 2984b podesta, -eria, -aria, -arile. Poestaris mit dem Derivationssuffix -aris (cf. aokz. podestaditz) ist nur aus Entree bekannt (cf. noch fr.-it. poestais «potente» AttilaS 1—171, XI—1091, XV—2926,poestaiz «luogo fortificato» AttilaS XV-1994); ebenso handelt es sich bei der Zusammensetzung nonpoeste um eine Hapax-Bildung aus Entree (afr. nur nonpoissance TL VI-793 und nonpöoir TL VI—793s.); cf. noch fr.-it. poesterie EstVenL 1-137-5, auch it., cf. LEI. POiERvb.tr., G l —, «monter, gravir», lt. PODIUM:

14433 Tant q'il ariverent a une röche bixe: / Ne la pusentpoier por tot le honor de Pise; 14633 poient 6.pr.tr. (— une montagne), 9069 poierent 6.p.s.tr., 14980poie p.pf.tr.; poie 3. (Aspremont - ) AspremPML 315, poia 3.tr. AspremV4Be 11,poier tr. PrisePampM 3988 (persönl. Obj.), poia 3.p.s.tr. (— le pui) PrisePampM 2028, (— le degre), PrisePampM 4012, (lepales —) PrisePampM 5506,poierent 6-p.s.tr. ( - Ii degris) PrisePampM 2592, puia 3.p.s.tr. AliscMH 668, 1761, puie p.pf.tr. AliscMH 670, poie 3.pr.tr. ( - une rochiere) HuonAuvBM1935 6450). TL VII-2053ss. [= \253\puiier, poiier, 2054s. [= 1254] mit Akk. des Ortes; Gdf VI—459a—c, b vb.tr.; FEW IX-112a afr.mfr.pw/er; Levy VI-424bss.pojar, pu-. Auch im Fr.-It. finden sich zahlreiche Belege von poier in trans. Konstruktion (Akk. des Ortes), z.T. auch mit persönlichem Objekt; LEI poggiare vb.tr. Dante u.a. POiNTis adj., Gl ponti «pointu», PONTUE p.pf.adj.f., Gl pontu «pointu», lt. PUNCTA:

5498 Tientporla ponte lebrantd'achierpoi'ni/s, (: mis,Moris),9885Rollant brandist sa lance, qe d'acier fo pontue, (: retenue, mescrehue); 12634pointis, 1361 pontis, 2117 id., 9771 pontiz', pontis adj. (le fer - ) PrisePampM 984. TL VII—2125 [= 1325] pointu- Gdf VI-255b pointif, poinctif, C-X-368c pointu; FEW IX—578b mir.pointif «piquant (douleur)» (1495),poinctif «qui se termine en pointe, . . .» (ca. 1550), 582a η 23: veron. vicent. pontivo «spitz» AGI16,286, 577b mfr.nfr.pointu adj. (seit Or 1377), aokz.ponchut adj. (seit 14.Jh.); Levy VI—446aponchut. Alle Belege von fr.-it. pointis stehen in Reimstellung (statt pointif könnte auchpointil zugrunde liegen); gegenüber dem Fr. stellen die Formen auf -is, die in Zusammenhang mit it. pontivo (ver., vic.) zu sehen sind, eine erhebli404

che Rückdatierung dar; auchpontue (Reimstellung) in Entree tritt früher auf als das im Mfr. belegtepointu (seit Or 1377), cf. dazu aokz.ponchut (zu den Formen mit -on- ohne -i- in der Stammsilbe cf. noch fr.-it. port PassChristNVM 93, pont s.f. «punto, luogo» AttilaS XII-1714 u.a.). POMEs.m., Gl «pomme», lt. POMUM: 14934 Une dimi pan d'orge et un pome rodon; 15083pome s.m., 15103 id., 15258 id. (ms. pomer); pome s.f. oder m. EnanchetF 63-21 (cf. Gl; 42-15 s.f.), puns s. AldSLP 57-26, 61-9, 64-15, 72-8, pomo s.m. PNatFemFC 139-2. TL VII-1382ss. pome s.f., 1397s. pon, pom s.m.; Gdf VI—465b pwn, pung s.m., C—X—373b-cpome s.f.; FEWIX—152b ah.pume s.f.,pome, fr.pomme, 152a ahain. aflandr. apik. pun s.m. (12.—15.Jh.), 157b piem. pum, lomb. pom, emil. pum, pom, ven. pomo; Levy VI—439bs. poma «Apfel»; DEI 3010b pomo (-e, 14.Jh.) s.m. (13.Jh.). Die Erhaltung des ursprünglichen sg.mask. (bzw. neutr.) auf -UM anstelle der Interpretation Kollektivplural -A als sg.fem. ist auch im Fr.-It. belegt; auffällig erscheint dabei jedoch der Ausgang auf -e (in der Galloromania als mask. Auslaut auf Konsonant; cf. it .pomo, vermutlich Abschwächung zu -e, Beibehaltung des mask. Genus). s.m., Gl ponant «ouest», lt. PONERE: 406 Les regnes e les terres da levant aponans, (: mans, blans); ponent s.m. EstVenL 2-39-3, pounent EstVenL 2—42—2, ponent EstVenL 2-106-1, ponant AttilaS XI-514, ponent MPoloB 3-20, 23-7, 94-50, 106-3,106-4,107-2,107-8 (bis), 107-10,108-10,109-2,111-2,111-9, 112-3 u.a., ponent «vent d'ouest» PNovMemK LVII (Gl). TL VII—1400ponant s.m.; GdfC X-375a; FEW IX-163b aokz.ponen s.m. «ouest», fr. «Occident» (ca. 1240-0ud 1660),ponant (Est 1549-Pom 1715); Levy VI-446a—bponen «Sonnenuntergang, Westen; Westwind»; DEI 3013 ponente s.m. (Dante). Im Fr.-It. geläufiges Wort unter dem Einfluß von it. ponente.

PONANS

s.f., Gl puncelle «pucelle», lt. PULLICELLA: 13664 La poncele l'esgart, que le tenoit a dru; 12816puncelle (ms. puncelles), 13 676poncele, 13 726 id., 13 804 id., 13 954 poncelle, 13182 puncele, 13593 puncele (Hs. poncele), 13 048 puncelle. TL VII-2039ss.pwce/e; GdfC X-444b-c; FEW IX-525a air.pulcella, pulcele, pucele, aokz. piusela, puncela (Flamenca; gask., Lv), 526a η 2: Dissimilationserscheinung, auch im It., 526a alomb. aven. poncela; Levy VI—331a piucela, pule-, punc-', DEI 3142bpulcella, amil.ponqella (13.Jh.). Die auf einer Dissimilationserscheinung beruhenden Formen mit -n- sind auf die in obit. Dialekten auftretenden Formen poncela, punzella (cf. Thomas Gl) zurückzuführen (zum adjektivischen Gebrauch von pulcelle cf. EntreeT 12596); LEI mehrfach, besonders aven.

PONCELE

405

PONNEE s.f., Gl —, «force, puissance, pouvoir», < ?: 3483 Crois estancher la divineponnee, {: pensee, encomencee). TL VII—1635ss.posnee, ponee, podnee, potnee «Übermut, Anmaßung»; Gdf VI—328bs.; FEW IX-144b η 2 posnee. Während posnee ansonsten in der Bedeutung «Anmaßung, Übermut» (als Abwertung) bekannt ist, tritt es in diesem Kontext als positive Charakterisierung auf, la divine ponnee «die göttliche Kraft, Macht» (zu der geläufigen Bedeutung cf. EntreeT 4201,12131,1987; ponnee EntreeT 2514 gehört zu poigniee). PONTUE V. POINTIS PORMAN V. APORMAIN

POUCINE s.f. (Hs. pöcine, cf. App. ms.), Gl - , «jeune poule», lt. PULLICENUS:

14959 Cil jor se leisa l'aigle seisir a la poucine, (: frarine, sine fine). TL VII—1658poucine s.f.; Gdf VI-343a; FEW IX-527a afr.pucine s.f. Renart, pucyne (hap.); DEI 3143apulcino s.m. (-a s.f.ant., 14Jh.). Selten belegte fem. Ableitung zu afr .poucin s.m. (cf. EntreeT 14255,15684, AttilaS XII-390); bei Thomas Gl nicht berücksichtigter Beleg, Hapax-Bildung für das Fr.-It. p.pf.adj. (ms. ponuris), Gl povri «apauvri», lt. PAUPER: 13927 Su je done sipouvris, (: inpaloi's, sis). TL 1-466 apovrir; GdfC VIII-153b-c apovrir; FEW VIII-58a afr.mfr. apovrir\ Pfister 132, 138, 140, 603 paubresir «appauvrir, rendre pauvre»; Battaglia 1-5 81c appoverire. Hapax legomenon (cf. noch Pfister s p a u b r e s i r ) ; während im Afr. das Verbum nur als Ableitung von povre mit präfigierendem a- auftritt, erscheint dessen Fortfall charakteristisch für das Fr.-It., das zum einen häufig Neubildungen von Verben mit a- aufweist (cf. s.v. abrandissant), zum anderen (auch bei Nomen, Adjektiven) ein zu erwartendes a- im Anlaut oft ausläßt, cf. s.v. bandont, laine, lie, mender, monieres, Sensions, subjete, vaine2, vangelist, vantage, veree, vertue (zu povre als adj. cf. noch die fr.-it. Form pore EntreeT 4829, sonst häufig pobre, cf. EntreeT 13371, 13 514, 843 u.a.).

POUVRis

POVLE s . m . , G l « p e u p l e » , lt. POPULUS:

4248 Ch'il ait merci do povle dechaüs. TL VII—2044ss.pueple, pople, pule; Gdf VI—134cpeuple, peupple, pueble, pöble, C-X-445a; FEW IX-178a air.poblo, pöble, pople, afr. mix.pueple, puple, pouple, pule; Levy VI-404a pöble, pobol; DEI 3018a popolo, a.venez. pudvolo, a.lomb.pövoro, a.gen. povo. Lautlich (wenn nicht nur graphisch) bemerkenswerte Variante, die der Form einiger obit. Dialekte nahesteht (cf. nochpuble, ms. puele, EntreeT 5659); LEI povolo avic. Bortolan, avenez. u.a. 406

PREDICER vb.tr.u.intr., Gl predichier «precher», PREDICANCE s.f., Gl «predication», PRADIZEOR s . m . , G l - , « p r e d i c a t e u r » , lt. PRAEDICARE:

2446 Cristiens fu e predicer ala / La sancte foi, 2462 Sa predicance e ses dit trestorna (Hs. pdicäce), 13 894 Tant qu'il vint la cite dou faus pradizeor (Hs. pdizeor), (: pugneor, pastor); 11855 predicer, 3880 predichier (Hs. pdichier), 12625 prediche 3.pr.tr., 3215predicant p.pr.ger. (Hs. pdicät), 2439predica 3.p.s.tr. (Hs.pdica); 3892 predicance s.f. (Hs. pdicäce), 2203 predicange (Hs. pdicä?e); predicher vb. KarletoR 3480, predichi p.pf. KarletoR 3335, predicoit 3. PassChristNVM 132,27,predicant p.pr. PassChristNVM I28;predicange s.f. PrisePampM 539; prediceour PrisePampM 5656. TL VII— 1712ss. preechier, prechier preeschier, preschier, proichier, 1707s. predicance (EntreeT, PrisePampM), 1708 predicator; Gdf VI—372b prediquer, 372a predicance (EntreeT, PrisePampM), C—X—402b predicateur; FEW IX—289a aokz. prezicar, 290b afr.mfr. prediquer (selten, 14.-15.Jh.), afr. predicance s.f. «avis, nouvelle» (fr.-it. 14Jh.), ib. fr. predicateur s.m. (1239,. . .); Levy VI—543bss.prezicar; DEI 3056a—bpredicare, -anza (ant., 14.Jh.), -atore (14.Jh.). Predicer mit Erhaltung des intervokalen -d- ist eine selten belegte Variante im Afr. und dürfte hier auf den Einfluß von \X.predicare zurückzuführen sein; die Ableitung predicance mit dem Derivationssuffix -ance ist im Gallorom. sonst nicht belegt (entspricht it. predicanza); bei pradizeor kann eine Vermischung von predicer ( < PRAEDICARE) mit predire ( < PRAEDICERE) stattgefunden haben, doch ist mfr.nfr. prediseur s.m. «celui qui annonce d'avance» erst später belegt (FEW IX-292a, 1599-1728, . . .); cf. zu diesem Stamm noch predicharie s.f. PassChristApresB 266, Gdf VI-372b.

PRES p r a e p . , G l « a p r e s » , lt. PRESSE / AD PRESSUM:

1599 Je n'ai plus fils. Pres ma mort, ami dos, / Rois vos feront Francs et Herupos; 6678 pres. TL VII—1774ss. pres adv. (auch praep.) «nahe, in der Nähe (räumlich und zeitlich)», 1787 «hinter (?)»; Gdf VI-386cs. adv.; FEW IX-365b fr .pres adv. «Ä proximite de (temps, espace)», I—37b AD PRESSUM, afr. apres «nahebei; nach; nachher»; Levy VI—52las. pres «nahe»; DEI 3071a presso adv.praep. «vicino, appresso» (14Jh.). Die praep. «nach, hinter» lautet im Afr. in der Regel apres, doch führt bereits TL einen Beleg von pres für «hinter» an; im Fr.-It. hat entweder eine Bedeutungsverschiebung von pres «nahe bei, dicht an» zu «hinter, nach» stattgefunden, oder aber es liegt ein weiterer Fall für den Ausfall des anlautenden avor (cf. s.v. pouvris und s.v. abrandissant). 407

PRESON s.f., G l «prison»,

PRESONS s.m., Gl - , *preson «prisonnier», PRESONERS s.m., Gl - , presoner «prisonnier», ENPRESONFI p.pf., Gl - , «mis en prison», It. PREHENSIO:

1172 Qe Feragu en a mandez en sa presort, {: baron, Carlon), 2028 Ε feites ci lespresons amener, 2307 Ai! com furent les presoners en grant, 1390 Dedans la ville, ο sont enpresone, (: jeme, mene); 1474prexon s.f., 1191 preson s.f. (Hs. psö), 1287presons s.f., 1524presons (Hs. psös), 1552preson (Hs. pson), 1786 preson, 8107 id., 2030presons, 2179 id., 4307 id. (Hs. psös); 2624presoner s.m. (Hs. psoner), 2947 id. (Hs. psoner), 5502 id. (Hs. psoner), 10244 id. (Hs. psoner), 4252presoners (Hs. prisoners); 1494 enpresonee p.pf.f. (ms. enpresone), 1564 anpresone\ preson, prexon, presone s.f. in: RolV4G 2006, 3868 (presor), GuiNantVprolC 423, 647, 157, 555, 768, GuiNantVM 1704, BovoR 520, 649, 1374, 1884, 1938, 2228, 2294, 2320, 2378, 585, 695, 1176, 1553, 1902, 1909, 2125, BovoFR 76, 1220, KarletoR 990, 1120, 1453, 3293, EnfOgerS 467, 679, ChevOgerC 563, 888a, 897, 903, 1558, 1565, 1567, 1575, 1704, MacaireM 2253, HuonAuvPS1908 f,103bl0/32, f,106(l-18)al5/66, HuonAuvTR f. 147v, f,150v, BelrisM 822,prechon s.f. AntAnW 693 ·,preson s.m. EnfOgerS 346,1050, ChevOgerC 2040, AttilaS IV-280, VI-89, preison «prigioniero» AttilaS IV-286; presoner s.m. in: BovoR 340, 1717, 1870, 1874b, 1951, 2067, 2177, 2293, 2299, 2689, 3509, 1904a, KarletoR 3251, EnfOgerS 622, 635, 984, 987, 1005, 1038, 1043,1063, 1077, 1093, 1115, 1290, ChevOgerC 892, 1645, 1650, 1703, 1793, 1988, MacaireM 2712, 2884, HuonAuvTR f,148r (presonaro), AttilaS X-192, XIV-2298 (presonent), EnanchetF 97-30\enpresoni6 RolV4G 5688, enpresoni BovoR 1199, 2598, inpresone BovoR 809, enpresones KarletoR 3272, enpresone EnfOgerS 1060, enpresoner ChevOgerC 901, 911, enpresoni ChevOgerC 1306, 1506, 1511, 1842, impresoni AttilaS XIV-2144, impriexonadi CronImpFC 197-2, inprexonando CronlmpFC 90-3. TL VII-1896ss. prison, proison s.m.u.f., 1902s. prisonier s.m.u.adj., Ill—140s. emprisoner; Gdf VI-414a-b, C-X-420a-b, b, C-IX-446b; FEW IX—354a afr.prisum, fr.prison, bpreson (hap.), afr.prisun s.m., afr.mfr.pnson, aokz.preizon (so GirBorn), fx.prisonnier, aokz.preisonier (13.Jh-),prezonier (14.Jh.), presoner (1384), b fr. emprisonner, empresonner MahAr, aokz. empreizonar; Levy VI-501apreizon, prez-, 503a-bpreizonier, prez-, II—398a empreizonar·, DEI 3078bprigione (pre-), friul. preson, s.m. velletr. presone, 3059bpregione s.f. (13.-14.Jh.), -iere (Cesari), 1967a impregionare (14.Jh.), 1969a imprigionare. Die Formen mit -e- in der Stammsilbe sind im Fr.-It. geläufig sowohl in den Simplexformen als auch in den Ableitungen, während im Fr. — unter dem Einfluß von pris(e) p.pf. (FEW IX-356a η 2) - beinahe ausschließlich -isteht; -e- ist dagegen auch häufiger anzutreffen im Ait. und Ven. (GuiNantVprolC 157 n), cf. FEW IX-356a ait.prejon, Sienapregione, Ver408

silia id., agen.presort, Como id., piem.person, frl.prezon; cf. als Zwischenstufe fr.-it. preison s.f. AliscMH 374, 3288; ferner proson s.f. BablnfFC 2—223, presonie s.f. ChevOgerC 1611, despresoner AliscMH 4252, imprexona CronlmpFC 139—13. PREST s . m . , G l « p r e t r e » , lt. PRESBYTER:

14812 Tot ce qe les disise a Termite Soibaus / Que je trovai ceans, qi prest ert naturaus; 14878 prest s.m.; prest s.m. AspremV6Ma 169, AspremV4Be 151, AspremV6Ma 252, 389, AliscMH 929, KarletoR 3484, BertaMilM 374, HuonAuvBM1935 4467, SMarEgizC 998. TL VII-1824ss. prestre, preste; GdfC X - 4 1 4 b prestre; FEW IX-357a fr. prestre, pestre, preste·, Levy VI—528as.prestre, pestre, preire; D E I 3073b prete. Die Formen ohne auslautendes -re bzw. ohne Stützvokal -e sind nur im Fr.-It. belegt, wobei auffällt, daß es sich nicht um reimbedingte Varianten handelt; möglicherweise liegt eine Vermischung mit it. prete < PRAEBYTER vor, das ohne die Konsonantengruppe -st- aus der Perspektive des Fr., d.h. nach der fr. Lautentwicklung eines stützenden -e im Auslaut nicht bedürfte; cf. noch fr.-it. prist s.m. KarletoR 3315; LEI auch pri (venez. Boerio, avic. Bortolan) u.a. PRIMAIN adj., Gl «premier», PRIMIRAN a d j . , G l - , « p r e m i e r » , lt. PRIMARIUS:

2277 Che le Paiens l'aprimain conseü, 6602 Ne fui pas menteü au primiran latin (ms. primira); 6531 primiran adv., 6884,7205 adj., 9581 primirain adv., 11807primiraine, 169primirans, 10393 adv., 4300 id., 298primer adj. (ms. primirans); primiäns AliscMH 1382; primiran AspremV6Be 639, AspremPML 321, primirans AspremPML 398, primiran RolV4G 397, 834, 1477, primirans RolV4G 1115, primiran EnfOgerS 1379. TL VII—1723ss. premerain, primerain, prumerain; Gdf VI—379cs.; F E W IX—378b atr.premerein, primerain; Levy VI—550bs.primairan, primei-; D E I 3080a primero, -ano (14.Jh.). Fr.-it. Varianten zu six. premerain, LEI nochprimeran avenez. 2. H. 13.Jh. DistichaCatonisTobler mit -e- in der Zwischentonsilbe; cf. noch fr.-it.primir HuonAuvPS 1908 9883, premierane adj. MoamT 1 - 9 - 3 , promer EntreeT 2149, promiere EntreeT Gl, promerament KarletoR 1882. PRISANT s.m., Gl «present, cadeau», APRESANTE 3.pr., Gl apresanter

«presenter», lt. PRAESENTARE:

6586 Li mandent lor salus, Iiprisant, le donaire, 12617 Li apresante un fort eschu bronis; 409

8286 Devant Ii roi se vunt a presenter ; prisons s.m. «Geschenk» PharsaleW 1766; apresenter, aprexenter in: AspremPML f. 16d-l 7a, AspremV4Be 1483, RolV4G4300,612,3784, PrisePampM 5811, RolCF 58-15, BovoR 1953, BovoFR 437 (-*-), 1334 (-χ-), 1169 (-χ-), 1254 (la 'nprexentä 3.), BovoR 2012, KarletoR 1659, 331c, 343, 3354, BertaMilC 188, RolandinC 324, EnfOgerS 570, ChevOgerC 136, 1329, 237, MacaireM 534, 1039 (cf. n), HuonAuvTS1910 6874, HuonAuvTGr p.96, HuonAuvTS1913 4703 + 22, HuonAuvBS1911 11114, SMarEgizC 456, BelrisM 630,641, AttilaS Gl, RainLesUM 210,293, RainLesOT 33, 299, AnsCartPML 422, AquilonC f.31v (-*-), f.92r (-JE-) sowie PlViergeL 99. TL VII-1795ss. present·, Gdf I-355c apresenter; FEW IX-309b fr. präsent s.m., 310a afr. apresenter (Alexis-Roland; Anfang 13.Jh.), EntreeT, 311a η 6; Levy VI—536b; DEI 3069a presente s.m., 258a appresentare tr.ant.; Battaglia I—584b—c appresentare. Prisant ist eine lautliche Variante zu fr. present (Einfluß von pris(e) ist zwar möglich, semantisch aber nicht naheliegend); apresenter reiht sich ein in die zahlreichen fr.-it. Verbalbildungen mit prosthetischem a- (cf. s.v. abrandissant), doch liegen in diesem Falle auch Belege aus dem Afr. vor (auch it. appresentare); nicht eindeutig sind daher en psent AliscMH 1360, 5653, 5692, pri- /pre-. s.m., Gl «prophete», lt. PROPHETA: 9837 Senz merveilose perte: j'en sui profeteor, (: retor, carefor). TL VII—1955 profeteor (EntreeT); FEW IX-451b PROPHETA, it.prophete. Ableitung von fr.prophete s.m. / air.propheter mit expliziter Kennzeichnung der Person durch das zusätzliche Personalsuffix -eor (Reimstellung); hapax legomenon; fr.-it. profetiqer wie im Afr.

PROFETEOR

l.pr.tr., Gl proferir «offrir», s.f.(Hs. p,ferte), Gl «offre», lt. PROFERRE: 281 Je moiprofier primer davant Ii filz Millon, 331 Son escriveins demande le bon rois Carlemaigne / Ε cescune proferte a escrivre Ii ensaigne; 325profert 3.pr.tr., 280proferez 5.imperat., 337proferirent 6.p.s., 320proferrent 6.p.s.refl., 9471 profert p.pf.tr.; proferir PrisePampM 4472,proferist PrisePampM 5553,proferando ger. MacaireM 1640, proferi 3.p.s.tr. PassChristNVM 133, 156, proferir JerCelM 246 («prononcer»). TL VII—1952proferir (EntreeT, PrisePampM), 1524s.porofrir, profrir (< lt. OFFERRE), ib. poroferte, proferte; Gdf VI-290a-b, 297cs. u. b-c; FEW IX—429 ab.proferir «offrir» EntreeT, aokz. «offrir en sacrifice», ab.proferte (EntreeT; Gdf), aokz. proferta «offrande», afr. se proferir de PrisePampM, cf. η 4; Levy VI—58la—bproferre, proferir «hervorbringen, aussprechen», b

PROFIER

PROFERTE

410

proferta «Opfergabe», 259bperofrir «darbieten»; Pfister 135 aokz.proferre, air.proferir EntreeT, 95, 635,743proferre «offrir», 135,139, 655 reproferre \ DEI 3094bproferire (proff-; proferere) (Dante), -ferto, -a (s.f., Jacopone, Boccaccio, «offerta»). Sowohl Kuhn (FEW) als auch Pfister weisen auf die Beeinflussung von prof εφ

< PROFERRE durch lt. PRO-OFFERRE / OFFERRE hin ( T L z i e h t p r o f e r i r d a -

her auch eher zu OFFERRE, VII-1952); im Fr.-It. sind die Belege häufiger als bisher aus den Wörterbüchern bekannt, wobei auch der Einfluß von it.proferire eine Rolle spielen dürfte;proferte s.f. ist für das Fr.-It. hapax legomenon, dagegen erscheint es vereinzelt im Afr. und Aokz., ferner it. proferta s.f. PROFIT s.f., G l - , « p r o f i t » , lt. PROFECTUS:

14698 Le uns poroit de l'autre aucune profit traire. TL VII-1509S.porfit, profit s.m.u.adj.; GdfC X-426cs.; FEW IX-427a fr. profit s.m.; Pfister 635; DEI 3097aprofitto s.m. Profit < lt. PROFECTUS ist ansonsten nur als mask, bekannt (so auch EntreeT 8011, 4517, 12122, 15355 u.a.); der fem. Gebrauch (aucunep.) wird durch das Silbenmaß gestützt (12—Silbler), doch kann dieses im Fr.-It. aufgrund des häufigen Schwankens in Metrum und Silbenzahl nicht generell als absolutes Kriterium für die Genusangabe angesehen werden; cf. profecia «profitto» LEI PersiaMembre 1542. PROGER vb., Gl «prier», PROIERIE s.f., Gl «priere», PROIEE s.f., G l « p r i e r e » , lt. PRECARI / l t . PRECARIA:

2944 A nostre hoi'e vos fist Ie roiproger, (: garder, habiter), 3257 Nient te vaut a feir luiproierie, (: bailie, folie), 9910 Nes puet tenir Rollant, par dit ne porproiee, {: balestree, navree); 14166proge 3.pr.tr.; 6260proierie s.f. (ms. Β prierie), 9542proierie s.f.; preger, pregar und andere Formen mit -g- in: AspremV4Be 261, AspremV6Be 1487, 993, AspremPML f,14c, AspremFM 8476, RolV4G 4448, 5253, 2333, 1105, 1843, 3127, 3708, 2003, 3465, 3906, 1066, 1778, RolV7F 413-2, BovoR 946, 2187, 3051, 3168, 2420, BovoFR 1136, BertaC 1009, 1309, 445, KarletoR 2494, 2605, RolandinC 239, EnfOgerS 1000, ChevOgerC 306, MacaireM 1251, 1511, 1770, 1907, 493, 518, 522, 768, 333, BelrisM 66, HuonAuvPS1908 9128, 9713, HuonAuvTR f.l23r, HuonAuvPM1935 140, 158 u.a., SMarEgizC 11, 84, 584, 1188, 1250, 49, 68,1107,667,637,774,1044,90,1127,461, RainLesUM 179, RainLesOC 122, RainLesOT 124, 159, 374, 614, 656, 681, 692 u.a., AnsCartPML 47, f.66a, MPoloB 206-19, AquilonC f.l72v, AquilonT f. 173c u.a.; proierie HuonAuvBT f.43ra, HuonAuvBoM 6234,pregier\i]e s.f. HuonAuvPMl 935 113. TL VII-1840ss.praer,proiier,preiier, 1840prierie,proierie (EntreeT); GdfC X—416cs., VI—404prierie, proie. (EntreeT, Aime); FEW IX-337a afr.preier, 411

proier, fr. prier, aokz. pregar, 339a PRECARIA, fr. preiere, aokz. pregaria; Levy VI—497bss.pregar, 500a—bpregaria und -airia; DEI 3059a-bpregare, preghiera (pregheria, prie-, pregaria s.f. 14.Jh.). Proger ist eine Mischform mit fr. Vokalentwicklung ei > oi und Entwicklung des palatalen Elementes zu -g-, wobei ein Einfluß von it. pregare vorliegen dürfte; proierie, im Aokz. und It. belegt, kann als Ableitung von PRECARI, proier, oder von PRECARIA, preiere, angesehen werden; proiee ist hapax legomenon im Fr.-It., im Gallorom. nicht bekannt, cf. dazu LEI priada s.f. «(anhaltendes) Gebet, Flehen» bad.sup. Pizzinini; cf. noch fr.-it.prego s.m. in RolV4G 3884, SMarEgizC 690, 538, 1051, 1192,pregere s.f. in BovoR 2400, 3584b, HectVML f.53c, progere MPoloB 88-9, pregeres AquilonT f.98a, MPoloB 27-11 ,progieres AquilonC f,142r, proieson s.f. GuiNantVprolC 953 (cf. Kap. 3.10.1.2), repreier RolV4G 2583 (Gl).

s.f., Gl «promesse», 2.imperat., Gl inprometre «promettre», lt. PROMITTERE: 86 Je demand \a.promise, saciez qe ne la oblie, 13711 Et non inpromet zouse qe tu non vois balir; 202promise s.f., 293promisse, 13259promise, 9201 promisses (Hs. promisse); promise s.f. PrisePampM 1432, 2370,promisse s.f. PrisePampM 5979,promise HuonAuvBS1927 12059, promisse HuonAuvBT f.62va, HuonAuvBS1913 4959; en prometant RolV7F 35-7, inprom(es)is p.pf. BovoR 3680b, inprometo 1. BovoFR 2222, inpromesso p.pf. BovoFR 1639, 1642, inprometu p.pf. BovoFR 1643, empromist 3.p.s. HuonAuvBM1935 4630, empromis HuonAuvBS1927 11666, ympromesso p.pf. HuonAuvTM1935 5794, inpromixe 3. SMarEgizC 187, inprometo 1. BelrisM 476, enpromis 1. BelrisM 30, inprometis 2. BelrisM 1042, enprometre DistCatT Gl, inprometi LExempliFC 3615, impromitude p.pf. LExempliFC 3851, impromesso CronlmpFC 16-16, imprometesse 3.conj.imp. CronlmpFC 16-10. TL VII—1973 promise, pramise s.f. (Chr.Ben Fahlin, EntreeT), 1969ss.prametre; FEW IX—441b ah. promise SThib., a afr.prometre, 442a awald. enpromes, bs. η 5; Levy II—406a emprometre; Battaglia VII-531a—b impromettere (empromettere). Promise, im Afr. nur noch einmal belegt, erscheint im Fr.-It. häufiger, wobei der Einfluß des geläufigen promesse s.f. wohl stets zu berücksichtigen ist (cf. BovoR 3716); das -i- könnte von der Form des p.pf. übernommen sein; imprometre geht auf it. impromettere zurück (cf. Thomas Gl), auch aokz. emprometre; besonders in obit. Dialekten, cf. apav. imprometer, alomb. impremete, piem. anpromete, Dignano inprumeti (FEW IX—442bs. η 5; dazu auch fr.-it. impromesse s.f. «promessa» AttilaS XV—4058); impromettere LEI mehrfach, besonders ait., obit, und avenez.; cf. noch fr.-it.promesion PrisePampM 2543.

PROMISE

INPROMET

412

PROSAJE s.m. (ms. profaie), Gl «prose liturgique», lt. PROSA:

2112 Che la messe lui cante, l'evangille elprosaje, (: paraje, bernaje). TL VII-1996prosage s.m. «Teil der Liturgie» (EntreeT); FEW IX-463a fr. prose. Fr.-It. Ableitung von prose mit dem Suffix -aje/-age, hapax legomenon (Reimstellung).

PROVEOR s.m., Gl «celui qui eprouve», lt. PROBARE:

2820 Ε s'il ne soit respondre al proveor, (: letor, escuteor); proveor HuonAuvBS1927 11896 (: francor). TL VII-2009proveor «Prüfer, Erforscher» (Cambr.Ps., EntreeT), «Beweisführer, Fürsprecher (vor Gericht)» (GMuis); Gdf VI-447c; FEW IX-404b afr.pruverre «celui qui met ä l'epreuve» (nom., PsCambr), afr. prouveur «celui qui defend qn devant le juge» Gillon; DEI 3121a-bprovare, -atore (Boccaccio). Im Afr. vereinzelt belegte Ableitung vonprover mit dem Personalsuffix -eor (Reimstellung).

PUR adv./conj., Gl «seulement; aussi; pourtant; meme», «si seulement, pourvu que», lt. PURE: 1680 or voi a esiant / Que pur or sui a l'encome^amant; 2831 pur adv., 4536 id., 7810 id., 9165 id., 12374 id., 2627 pur, 7151 id., 2824 pur «seulement», 2867 pur, 2409 id., 3078 pur «pourtant», 4152 id., 3229pur, 3684pur «meme», 5663 id., 5916pur que «ilsuffit que», 5528pur qe, \~i\56 pur ch', ferner pur adv. in: 6264, 6592, 7414, 7928, 8642,12906, 14022, 14283, 14909, 15799; pur «it. pure» u.a. in: RolV4G 4056, BovoR 155,1120,2297, BovoFR 1434, 2041, BertaC 851, 1240, 1252, 1450, KarletoR 246, 914, BertaMilM 361, RolandinM 145, ChevOgerC 1449, MacaireM 169, 231, 320, 539, 838, 1326, 2544, PassChristNVM 114, HuonAuvBS1927 12160, 12194,12212, 12233,12234, HuonAuvBT f.9rb, HuonAuvTR f. 138v, HuonAuvBM1935 4631, HuonAuvTM1935 4460, SMarEgizC 1089, PharsaleW 560, RainLesOT 515, 527, 577, 578, 591, 604, 625, 748, RainLesUP 22, RainLesOT 562 u.a. FEW IX-619b awald.aokz. pur adv. «uniquement, seulement», aokz. pur adv. «pourtant», 620a lt. PURE adv., it.pure «doch», alomb.piw «nur»; Levy VI-604as.pur «nur, bloß»; Pfister 129, 544 mais ... pur adv. «seulement», conj. «si seulement, pourvu que», 171, 637 ne ... pur «pas ... meme»; DEI 3155a/?Mre conj.adv. (14.Jh.). Lt. PURE adv. lebt überwiegend im Aokz. und It. fort (zum Afr. cf. Pfister 129s.); im Fr.-It. ist es geläufig und tritt in verschiedenartigen Verbindungen als adv. und conj. auf, semantisch nicht immer klar zu bestimmen. 413

PUSTEL s . m . , G l - , « p o t e a u » , lt. POSTIS:

7369 Li dos plu mastre pustel frait e derunt; 11425pustel (: oisel, anel); pustel PrisePampM 4869. TL VII—1643 postel «Pfosten»; GdfC X-385b; FEW IX-248b afr.postel·, Levy VI-487a-bpostel «Pranger»; DEI 3037a-bpostello s.m.dial. «piccola trave». Lautliche Variante (falls nicht nur graphisch) zu afr. postel (cf. in diesem Zusammenhang nochpustis «petiteporte» PrisePampM 5467 (: pris, antis), lt. POSTICIUM). QARAUS V. CHARETON QERER v b . t r . , G l « d e m a n d e r , c h e r c h e r » , QUIRIR v b . t r . , G l — , « d e m a n d e r , c h e r c h e r » , lt. QUAERERE:

11361 Tant ni savra qerer q'il n'ait plus qatre fois (ms. qerere), 7904 Ε les serjans fan ο avoine quirir, (: reanplir, bondir); 7384quirir vb.tr., 11278 qirerai l.fut., 6351 quireroit 3.cond.tr.; W359qerre vb.tr. (ms. qerere); querere RolV4G 4057, 4093, querrera 3. RolV7F 247-20; quirirons 4. AspremV4Be 801, quirsistes 5. RenMontVT 2684, 2712, chiriroie 1. HuonAuvBS1913 4784, quiriron BelrisM 874, quirire LExempliU 2218, LExempliFC 3068. TL VIII—66ss. querre, querir, Gdf VI-504as., C - X - 4 5 8 a - b ; FEWII 2 -1408a afr. querre, afr. querir, abearn. querer «mendier», Lyon quiri «appeler qn»; Levy VI—615bss. querre, querer, querir, quezir', DEI 3177b querire tr. (13.Jh.), 888b cherere (chierere, cherire). Qerer ist im Zusammenhang mit it. cherere zu sehen, während der Wechsel des Stammvokals bei quirir auf den Einfluß der auch bei querre, querir, querer auftretenden Formen des Konjugationssystems mit -i- zurückzuführen ist (p.s., p.pf., fr.-it. mehrfach, cf. EntreeT 7278, 8260, 11335, 2189, 6877, 8142 u.a.); die afr. Formen sind auch im Fr.-It. vertreten; auf it. Einfluß gehen ferner die in einigen fr.-it. Texten belegten Graphien mit ch- im Anlaut zurück, cf. z.B. cherir GuiNantVprolC 434, 450, 521, 605 u.a. QU AIRE s.(m.), Gl «bloc de pierre taillee», lt. QUADRUS: 3569 Mais quant il vit le grant peron de quaire, (: retraire, viaire); 10052 quaire-, qaire s. «carre, arete» MoamT 3 - 9 - 4 (cf. Gl). TL VIII-92s. quierre, querre, carre s.f.u.m. «Ecke; Seite eines Vierecks»; Gdf I—787b—c carre, care, quarre, quaire, quierre s.f., C—VIII—432a—b; FEW II 2 -1400b aokz. cayre «pierre carree, moellon»; Pfister 308,755; DEI 3168a quadro. Aus dem Aokz. bekannte Ableitung von lt. QUADRUS, die im Fr.-It. nur in 414

Reimstellung auftritt; cf. LEI caire «angolo» InversoPinasca, cf. PratiEtimVen. s.v. quara. QUAIS adj., Gl - , «calme, tranquille», lt. QUIETUS: 12257 Ο lui ο moi serunt de parier quais, {: huimais, fais). TL II—526ss. coi adj.; Gdf II—170b—ccot, quoi, koi, cooit, coay, quei, quoy, C-IX—119c; FEW II 2 -1470b afr.mfr. coi, aokz. quet; Levy VI-620bs. quet; DEI 3179b quieto, 3178b queto, 890a cheto. Infolge der Reimstellung lautlich veränderte Variante von afr. coi; cf. LEI kait s.f. «Ruhe, Frieden» bad.sup. Pizzinini. QUEISIN s . m . , G l « c o u s i n » , lt. CONSOBRINUS:

7026 Mon queisin est Erber, ηες somes de seror; 7605 queisin, 8229 id.; quisin HuonAuvBT f.lvb, quisin HuonAuvBS1927 12237. TL II—926s. cosin; Gdf II-322a; C-IX-230a; FEW II 2 -1073a fr. cousin, b afr. coisine·, Levy I-398bs. cozin; DEI 1186a-b cugino. Aus den Verbindungen -oi-, -uoi-, -uei- (-ui-) entstandene lautliche Variante des Fr.-It. zu afr. cosin; Thomas Gl s.v. qeisin, jedoch alle Belege mit qu-.

QUINFALNE s.f., G l - , « q u i n z a i n e » , lt. QUINDECIM:

8767 En breu en abati de morz une quinqaine, {: daine, ^aine). TL VIII—103s. quinzaine «vierzehn Tage, zwei Wochen»; Gdf VI—519c «mesure», C-X—463a-b; FEW II 2 -1479a fr. «reunion de 15 objets de meme nature; espace de deux semaines; ä peu pr£s 15»; Levy VI—626bs. quinzena «Zahl von fünfzehn, fünfzehn Stück, Mandel»; DEI 3180b quindici, -ina. Hier bezogen auf eine Anzahl von 15 Personen, sonst meist nur auf Sachen sowie insbesondere auf 15 Tage, «2 Wochen» (cf. dazu fr.-it. qincaine s.f. EntreeT 15233, quinzeine s.f. EstVenL 1—21—7, cf. Gl). QUIRIR V. QERER

RAEMBREMENTS.m. (ms. rembrement), Gl raenbrement «rachat», lt. REDIMERE: 5397 Gardera toi tant q'un autre acident / Poroit venir de ton raembrement, (: acident, sent). TL VIII—185ss.; Gdf VI-548bss.; FEW X-179a REDIMERE, afr.mfr. roiamant s.m. «Dieu, Jesus-Christ, comme redempteur» ( . . . EntreeT 3072 roiemant), b aokz. redemement «redemption»; Levy VII—330b rezememen; DEI 3219b redenziöne. Nur aus dem Fr.-It. (Entree) bekannte postverbale Ableitung zu afr. ra(i)embre mit dem Nominalsuffix -ment\ hapax legomenon. RAENPLUE V. REANPLIR

415

•RAINE V. REGNAUS

s.(f.), Gl «rameau», s.f., Gl «ramee», lt. RAMUS: 4959 Si Ii coupe le cief cum fust rame d'un ort (ms. Β le ram), 9431 A destre canterent Ii osiaus sor la ramelle, (: canelle, toreile); 11635 rames s.pl.; rame s.f. BertaC 1363, rama s.f. RainLesOT 809, rama RainLesUP 680, rame s.f. AquilonC f.l61r, rama LExempliFC 96, PIViergeL 540 (Gl), rain s.f. HuonAuvBS 1911 11029, raim s.f. MPoloB 184-27; ramelles HuonAuvBS1910 6576, ramele HuonAuvTS1910 6576, ramella «ramee» JugAmF 260 (Gl), ramelle «ramo» AttilaS XV-2 (Gl). TL VIII—238 rame s.f. «Gezweig» (Poire, EntreeT), 199s. raime s.f., 194 raim, rain s.m., 241 ramele s.f. «Geäst» (God.Bouill., EntreeT); Gdf VI—561b-craime, rame s.f., 561cs. rain, ram s.m.; FEW X—39a fr. ram s.m., reim, raim, rain, 40a afr.mfr.raime s.f., aokz. rama, b afr. ramelle s.f. EntreeT, aokz. ramela Flamenca; Levy VII-12ass. ram, 14as. rama, 18b ramela, ib. ramilha; DEI 3200brama s.f. (14Jh.), 3203a ramo s.m. (13.Jh.); REW7035 ait. ramella, fr. rameau. Neben den üblichen Ableitungen von RAMUS erscheinen im Afr. auch Reste eines lt. kollektiven Plurals RAMA s.f. (FEW X-50b η 5); ob mask, oder fem. Genus vorliegt, ergibt sich nicht immer eindeutig aus dem Kontext, cf. rame RolV4G 73, raim MPoloB 184-26, rame MPoloB 187-12, remes MPoloB 159-23 (bis), raimes MPoloB 168-13; s.m. steht in ram EntreeT 8678, RolV4G 92, AliscMH 1638, rame HuonAuvTS1910 6767 u.a.; die Ableitung mit dem Suffix -eile ist außer im Aokz. vereinzelt im Nordfr. und Ait. belegt, LEI mehrfach (ait.).

RAME

RAMELLE

RAMENTANZE V. MENTANZE RAMENTE V. MENTANZE

s.f., Gl —, «moquerie, raillerie; reproche», vb., Gl - , «railler, insulter», lt. PROTHYRUM: 2339 Par la rampoigne dun je sui remembrant, 1130 Dolanz fu le Denois quant s'oi rampogner, (: mesler); 5920 ranpoigne s.f.; 7151 rampogner vb., 1330 rampoigner, 1452 rampoigner (ms. rapoigner), 2414 ranpogner, 6204 id., 2627 ranpoigner, 15430 ranpoignis 5.pr.tr., 6646 ranpognent 6.pr.tr., 9638 rampoigne 3.pr.conj., 11475 rampoignoit 3.imperf., 2384 rampogna 3.p.s.tr., 9167 ranpoignis p.pf. (ms. rapoignes); rampogne s.f. RolV7F 131—10, rainpoigne RolV7F 134—10, ranpogna BovoR 1478, rampogne PharsaleW 1182, rampoigne AttilaS IV-251, XV-610; rainpoignez RolV7F 178-3, rampoigne 3. GuiNantVM 2310, rampognant

RAMPOIGNE

RAMPOGNER

416

p.pr. GuiNantVM 2471, ranpognes p.pf. BovoR 2908, HuonAuvPS1908 9828, rampognes p.pf. HuonAuvBS1908 9828. TL VIII—26Iss. rampone, ramprone, ramprosne, 263ss. ramponer, ramproner, ramp(r)osner, ramprodner; Gdf VI—585bs. ramprosne, rampogne, 586a—c ramposner, rampogner; FEW IX—479a afr.mfr. rampone, rampogne (HerbF; Perl), 478b ramponer·, Levy VII—21a ramponar; DEI 3204a rampognare (13.Jh.), -a (13Jh.). Im Fr.-It. bevorzugte lautliche Variante von afr. rampone, ramponer (selten -gn-) mit Palatalisierung des Nasalkonsonanten unter Einfluß von it. rampogna, rampognare; cf. noch fr.-it. ranpoge RolV4G 4296, rampouni p.pf. RenMontVT 1726. s.m., Gl «airain», lt. AERAMEN: 2240 Son tinel live, que fu cerclez de ran, {: porman, teran); 6552 ran s.m.; de raim MPoloB 84-45 (App. S: d'eraim). TL 1-488 arain; Gdf VI-575a rame s.m. «cuivre»; FEW I-45b afr. arain, it. rame «Kupfer», η 2: «Daraus entlehnt auch afr. rame·»; DEI 3201b rame s.m. (14.Jh.). Variante zu afr. arain mit Aphärese des anlautenden a- unter dem Einfluß von it. rame\ rame ist auch im Afr. belegt (Entlehnung), doch kann der Ausfall der anlautenden Silbe, insbesondere bei a-, als charakteristisch für das Fr.-It. angesehen werden (cf. Kap. 3.10.1.1, ferner s.v. abrandissant den gegenläufigen Prozeß mit prosthetischem a- im Fr.-It.).

RAN

Gl «orange», ar. NÄRANÖ(A): 13181 Dione la belle, plus vermoille que rance, (: reverance, jovance); range s.f. PassChristAprfcsB 524 (: sentanse, lamentan9e), GuiNantVprolC 759 (: speran9e, falan?e) (cf. n), ranse HuonAuvBS1908 4758 (: penetanse, destranse). TL VI—1179s. orange-, GdfC X-237b-c; FEW XIX-138a aokz. orange (1373-1480,.. .); DEI 3205aräncio adj. (14.Jh.) «dicolore, 266b aräncia, ib. aräncio, 2546b naräncio (-a) s.m., ant., a. 1829. Zur Verbreitung der Formen von aobit. naranza cf. FEW XIX-139a und 140a η 9; die Aphärese der anlautenden Silbe (Ausfall von na-, a-) ist im Fr.-It. geläufig, cf. s.v. ran sowie s.v. abrandissant', LEI rancio.

RANCES.f.,

s.f., Gl «randonnee, anfrk. *RAND: 4681 Tot une randonie chevauchent Ii baron; 4835 randonie s.f.; randonie AttilaS XV-2304. TL VIII—279 randonie (EntreeT); FEW XVI-662b afr. randonnie; Levy VII-31b randonada. Nicht im Reim stehender Suffixwechsel auf -ie gegenüber dem im Afr. geläu-

RANDONIE

417

figen randonee (so auch meist fr.-it., cf. EntreeT 2509, 5321, 9664, 13032 u.a.); zum analogen Wechsel von -ee > -ie in weiteren fr.-it. Formen cf. s.v. ancontrie, contrie, outrecuidie. RAPANSE V. ENPENSEMENT

RAPINE 3.pr.tr., Gl rapiner «porter avec soi; prendre», lt. RAPINA: 11524 Pres aus rapine son espleu fraxenin (Hs. rapiue); 14256 rapin 3.pr.conj.tr.; rapine HuonAuvBS1908 9665, ranpina 3. HuonAuvPS1908 9665. TL VIII-294 rapiner «intr. rauben», tr. «rauben», «mit sich nehmen» (EntreeT); GdfCX—482a rapiner; FEWX-68a afr.rapiner (BestAm; EntreeT); DEI 3208a rapina, -are (14.Jh.). Aus dem Lt. entlehnte Form mit Erhaltung des intervokalen -p-, im Afr. vereinzelt belegt; bei den fr.-it. Formen dürfte zudem der Einfluß von it. rapinare vorliegen; auch rapine s.f. (EntreeT 3387, 5607, 11398, PharsaleW 2114, MoamT Gl). RATENIRENTV. RETINIR

REANPLIR vb., Gl - , «remplir», RAENPLUE p.pf.f., Gl raenplu «rempli», lt. IMPLERE:

7903 La veise? eels hostels reanplir, {: desguarnir, quirir), 3853 Poroit de saint Espirt estre tant raenplue, (: aiue, proveüe); 4794 reanplie p.pf.f.; 14311 raenplue p.pf.f., 14211 reienplu p.pf., 742 renplue p.pf.f. (Gl renplu «equipe»); reamplue p.pf. HuonAuvBS1910 6973, emplue p.pf. HuonAuvPS1910 6973, reamplir PharsaleW 1039, reampli p.pf. PharsaleW 2050, 2393, 3054, reamplu p.pf. AttilaS VI-450. TL VIII—161s. räemplir, 755s. remplir-, Gdf VI—551a raemplir, raimplir; FEW IV—591b afr.mfr. raemplir, 592a fr. remplir, mfr. reamplir Ol de Serres; Levy VII—222b remplir, reomplir. Auffällige lautliche Variante des Fr.-It. auf -ea- (in der Galloromania erst im Mfr., FEW); die Endung des p.pf. auf -u ist reimbedingt; cf. noch fr.-it. raenpli EntreeT 9507, raenpliz EntreeT 9776, raimpli EntreeT 7977, ferner aemplir und aemplie PassChristNVC 384; LEI riempire Dante u.a. REBAUT V. RUBAUD

REBLANCHYS 3.pr., Gl reblanchir «avoir des reflets blancs», germ, BLANK: 11849 Celle citez, dont le murs reblanchys, {: floris, saisis). GdfC X—493c reblanchir «blanchir de nouveau; rendre de nouveau clair»; FEW I—395a afr. reblanchir EntreeT, mfr.nfr. reblanchir, cf. XV 1 -142a. 418

In dieser Bedeutung ist das Kompositum im Afr. nur aus Entree bekannt, hapax legomenon. REBRO^A 3.p.s., Gl —, *rebrocer (ς) «piquer de nouveau des eperons», lt. BROCCUS:

4909 Corsabrin rebroga de l'autre part la plagne (ms. rebroce); rebroge RolV4G 5606. TL VIII—387 rebrochier (Mousk., Enf.Og.); Gdf VI-647c; FEW I-544a afr.mfr. rebrochier. Im Afr. und Fr.-It. vereinzelt belegtes Kompositum zu afr. brochier. RECEVIRE vb.tr., Gl «recevoir», RECEÜE s.f., G l « r e c e p t i o n » , lt. RECIPERE:

7046 Ε je irai ces Bertons recevire, (: ofrire, buslire), A-124 Gainelon de Maiance Ii fist gient receüe, (: Canue, complue). TL VIII—404ss. recevoir, recever, regoivre, recivre, 403 receüe s.f. «Empfang, Aufnahme» (EntreeT); Gdf VI—657b receue, regue s.f. (EntreeT), «recette», «re^u»; FEW X—145a fr. reciwre, receivre, b afr. receüe «accueil» EntreeT, mfr. regue «reception»; Levy VIII—89as. recebre, recebir; DEI 3248aricivere, -uta. Recevire ist eine reimbedingte Variante des Infinitivs auf -ire\ receüe in der Bedeutung «reception, accueil» ist im Afr. nur aus Entree bekannt als nominale Ableitung vom p.pf. receü (TL VIII-403 statt 124 lies A-124 [= Appendix]. »RECLERENT 6.p.s. (ms. reclent), Gl recler «räler?», lt. *RAGULARE / lt. RECLAMARE:

8968 Por le canp reclerent les navrez pres de fin. TL VIII—427ss. reclamer-, Gdf VI-667bs.; FEW X-152a RECLAMARE, fr. reclamer, 32b *RAGULARE, afr. reillier; Levy VII-96as. reclamar, l l b s . ralhar; DEI 3197b ragghiare, 3198bs. ragliare. Schwierigkeiten bereitet die Auflösung der im Ms. enthaltenen Abkürzung, durchstrichenes i; während Thomas Gl -er- im Anschluß an -/- auflöst, entscheidet sich Torraca 1923, p. 238, für -am- nach -/-, reclament «gridano, si lamentano»; für die letztere Interpretation spricht, daß recler sonst aus dem Fr.-It. nicht bekannt ist, während reclamer häufiger erscheint; allerdings ist in fr.-it. Mss. die Abkürzung für -er- geläufiger als für -am- (die Vergleichsangabe bei Torraca, V. 15196, ist falsch).

RECOBRER vb.tr., Gl «recouvrer», lt. RECUPERARE:

8368 Por recobrer de Saint Jaches la vie; A—86 recobre p.pf.; recobrier PrisePampM 1433, 1957, recoubrier PrisePampM 280, recobray 419

PrisePampM 3787, recobreront PrisePampM 1817, recoubree PrisePampM 3629, recobreg p.pf. HuonAuvBS1911 11309, recobrer PharsaleW 1566, 2430, 2492, 2624, 2633, 1867, AttilaS II-855, recobre 3. AttilaS 11-768, XVI—2659, recoble p.pf. AttilaS XIV-2857, recobre p.pf. AttilaS 11-1091, recobrie XVI—2636 (Gl «riscuotere; riacquistare»), recobrent 6. PharsaleW 1576, recobrerons 4. PharsaleW 722. TL VIII—483ss. recovrer·, Gdf VI—688as. recovrer, recoupvrer, recoubrier, C—X-506c; FEW X—165a fr. recuvrer, recovrer, b aokz. recobrar·, Levy VII—100a—b recobrar, recrobar, recru-; DEI 3249b ricov(e)rare (13.Jh.), 3219a recuperare (Boccaccio). Geläufige fr.-it. Mischform (it. recuperare, afr. recovrer), die bis auf das Konjugationssuffix -er dem aokz. Lautstand (recobrar) entspricht; im Afr. ist -b(sofern nicht nur Graphie) nur selten erhalten (Gdf), doch erscheint es in der Rückbildung cobrer, cf. dazu fr.-it. EntreeT 12525, 11635, 1736, 1408, A—74 u.a.; cf. noch die fr.-it. Ableitung recovreson « aiuto» AttilaS XIII—346.

RECONEÜE s.f. (ms. reconue), Gl «reconnaissance, au sens feodal», RECONOVANCE s.f., Gl «figures peintes sur l'ecu, armoiries», It. RECOGNOSCERE:

4821 Cil fu son liges hom de sa reconeüe, (: Landerue, tenue), 2187 Seisi l'eschu de sa reconovance / A troi dragons sor une liste blance, (: demorance, blance); 6625 reconovance s.f., 3888 reconovance s.f. «sensation (de faim)». TL VIII—449 reconeüe s.f. «Anerkennung (einer Schuldforderung)» (Cont. Bourg.); FEW X-155b fr. reconnoistre. Fr.-it. reconeüe, deverbale Ableitung vom p.pf., ist in der Bedeutung «reconnaissance» hapax legomenon aus Entree (im Gallorom. selten in anderer Bedeutung belegt); zur Ableitung reconovance mit dem Derivationssuffix -ance und Erhaltung des intervokalen Labialkonsonanten cf. s.v. conevoir (Hapax-Form, nur aus diesem Text bekannt). RECONFORTAMANT s . m . , G l - , « r e c o n f o r t » , lt. CONFORTARE:

2861 Mandez lor dir por reconfortamant, (: entendiment, premeramant); reconfortament s.m. RolV4G 5299 (: parlement, dolent) (Gl «conforto»). TL VIII—450 reconfortement «Stärkung, Tröstung» (Cleom.); Gdf VI—677a reconfortement (Dial, de S. Greg.); FEW II 2 -1044b afr.mfr. confortement, afr.mfr. reconforter; DEI 3241b riconfortare (14.Jh., racc-). Die deverbale Ableitung auf -ment vom Kompositum reconforter ist im Afr. nur selten belegt, während die Simplex-Ableitung confortement geläufiger ist (FEW); in beiden Belegen handelt es sich um Reimstellung. RECTOR s.m. Gl - , «recteur, gouverneur», RETOR s.m., Gl «recteur, gouverneur», lt. RECTOR:

420

2808 Car bien savomes que devant un rector / Plus d'un sol home vienent creii ploisor, {: fableor, ploisor), 956 Cil qi retreit plus a terran retor, (: maor, flor); 10963 retors pi. (les — de tere); rector «reggitore» AttilaS XI—895; retor «reggitore, sovrano» AttilaS XII—3199 (nicht 2199 Gl); retors s.m.pl. «rettori» EstVenL Gl. TL VIII—511 rector «Leiter, Lenker (einer Schule, einer Kongregation u.a.)»; GdfCX—508arecteur; FEWX-162aafr.rector «capitainedenavire», mfr. recteur, aokz.rector «gouverneur, regent, directeur»,retor (1424, Pans), b afr. rector «superieur ecclesiastique; prelat; directeur de certaines maisons religieuses»; Levy VII-126a rector. Entlehnungen aus lt. RECTOR; rector steht in archaisierendem Kontext (dan Tripin e le dui troveor); im Afr. nur vereinzelt belegt, meist im kirchlichen Gebrauch («Prälat» etc.); LEI mehrfach, cf. rectore «rettore» avic. Bortolan, retor «governatore» avenez. TestiStussi 13./Anf. 14.Jh., retore «reggitore» (-«-) apad. Ende 14.Jh. BibbiaFolena u.a. RECUSER vb., Gl «reculer, fuir», lt. RECUSARE:

8538 Sa gient voi recuser, a pue d'ire ne fun. TL VIII-1190ss. r'euser, räuser, ruser, 518 recuser «zurückweisen, ablehnen»; Gdf VII-161as. reuser «mettre en fuite», C - X - 5 1 0 recuser «refuser d'accepter comme juge»; FEW X—168a afr. reüser «repousser, faire reculer (qn)», 169a recuser «refuser d'accepter»; Levy VII—127—a-b recuzar, resc-; DEI 3242a ricusare (re-, 14.Jh.). Recuser < RECUSARE ist im Afr. mit Erhaltung des intervokalen -c- nur in der Bedeutung «refuser d'accepter» belegt; für die fr.-it. Form recuser «reculer, fuir» liegt Einfluß von it. ricusare / recusare vor; hapax legomenon im Fr.-It. »REDUS p.pf.tr., Gl «?», «referme, r e n f e r m e » , lt. CLAUDERE / RECLUDERE:

10075 Remontie ont Hestous, q'il avoient redus (App.: parait fautif, mais comment corriger?), (: entreseüs, Emenadus). TL VIII—43Iss., 433s.; Gdf VI-669a-c; FEW II 1 -747a CLAUDERE, 748a afr.mfr. reclore, X—154b RECLUDERE, fr. reclure, 155a fr. reclus adj.; Levy VII-97a-b. *Redus ist zu korrigieren in reclus (so schon Torraca 1923, p.239); cf. reclus s.m. (ms. recluis, Hs. evtl. rechus) EntreeT 9710, recluse p.pf.f. EntreeT 14330. REFLEE 3.pr.(conj.), Gl refleer «respirer», lt. REFLARE / *REFLATARE:

3478 Fu si estanche, a poine qu'il reflee (ms. reflie), (: provee, escriee). FEW X-190a aost. refle «respirer», ven. arfiar «atmen»; DEI 3242arifiatare (14.Jh.; ven. arfiär); R E W 3357 FLATARE, it. fiat are, 7155 REFLARE (REFLA-

TARE Ascoli «ist nicht nötig»). Hapax legomenon; lt. REFLARE ist nach FEW erhalten in aost., ven., abruzz.; 421

*refleer ist eine den fr. Lautregeln entsprechende Verbalform unter Einfluß von it. rifiatare, wobei für den fr.-it. Beleg mit Ascoli und gegen REW als Etymon «REFLATARE anzusetzen wäre. REFUSEE s.f., G l « r e f u s » , lt. «REFUSARE:

13470 Ave? οϊ chun nobles refusee / Et chun eile fu tost et dite etporpensee, (: celee, porpensee). TL VIII-586s. refusee «Weigerung» (Crois., Jeanr.Brand.Aubr., EntreeT); FEW X—199b refusee EntreeT. Deverbale Ableitung von refuser mit dem Suffix -ee (cf. Kap. 3.10.1.2); hapax legomenon im Fr.-It.; cf. noch fr.-it. refuseüre s.f. GuiNantVprolC 184 (cf. Gl und n), refüeson EstVenL 2-169-2/16 (cf. Gl), refus s.m. AttilaS 11-101 (Gl «abbandono»), refu s.m. PrisePampM 5382, refuer vb. in PrisePampM 340, 3821,1772, 3598, GuiNantVprolC 947, BovoR 3603, BertaC 239, HectPP 378, HectVML 378 (it. refutare), cf. refuar DistCatT 5rl4, refudar DistCatT 16v2 (Gl). REGAIGNE V. ENGRAIGNE REGNAIGE s . m . , G l « r o y a u m e » , lt. REGNARE:

12936 Vait ensi soul por estrainge regnaige, (: vassalage, saige); 11823 reignaige (: corsaige, heritage). FEW X—215a aokz. regnatge (2.Hälfte 13.Jh.), afr. regnaige EntreeT. Im Afr. sonst nicht bekannte Ableitung mit suffixalem -age (aokz. regnatge), im Fr.-It. nur aus Entree bekannt, Reimstellung (cf. s.v. regnaus). REGNAUS s.m., Gl «royaume», REGNON s.m., Gl «royaume», REGNAMES s.m., Gl —, «royaume», •RAINE s.m. (ms. taine), Gl «?», «regne», lt. REGNUM:

11619 Ces dos qe ci sont mort ni erent de eil regnaus, (: cadiaus, castiaus), 15641 Veez la conquisse de tuit ceste regnon, {: hon, servon), A-38 Se de dous tieus regnames deüse etre seisi, 11459 Ni soloie descendre ni in camp ni en taine (App.: taine parait fautif), (: Romaine, castelaine); regnal s.m. PharsaleW 1132, 2509, regnaus s.m. PharsaleW 2674; ragnon s.m. AliscMH 6501, regnon «regno, signoria» AttilaS 1-57, 1—557, renon «regno» AttilaS 1-467, VII-128, XIII-1378; regnam s.m. RolV4G 4392, rigname RolV4G 3104, 4054, regnan HuonAuvBM 4535, regname s.m. HuonAuvTM 4468,ngraome HuonAuvTM1935 5884,regnain «regno» Attilas 1-170,1-1115. TL VIII—623ss. regne, renne, reine, raigne, rainne, 626s. regn0, 627 regnel·, Gdf VI—744a regne, raine; FEW X—215b afr. ren, rein, reine, raine, 216a afr. regnel «royaume», mfr. regnon «royaute»; Levy VII—230a—b renk, renc, regne; Pfister 653s. ren, 182s., 650,785 reiame «royaume» (lt. REGIMEN), 650, 757 reierme «royaume» (lt. REGIMEN); DEI 3224a—b regname, b regno. 422

Eine exakte etymologische Zuordnung der fr.-it. Belege ist nicht möglich, da bei den angegebenen Formen Vermischungen untereinander stattgefunden haben; aufgrund des bei regnaus, regnon, regnames einheitlich erhaltenen Nasals -gn- wird als Ausgangspunkt REGNUM gewählt, doch könnten einzelne Formen auch als Ableitung von REGNARE (cf. s.v. regnaige) angesehen werden; ein weiterer Einfluß geht aus von lt. REGIMEN (FEW X-208b), afr. roiaume, riame\ für reiame nimmt Pfister (p.650) eine Kreuzung mit lt. REGALIS (FEW X-201a) an; alle drei Formen sind im Fr.-It. mehrfach belegt (cf. noch roie s.v. roon, FEW X-213b REGIO, afr. reon, roion, rion, cf. auch Η zu EntreeT 15641); zu taine (im App. als wohl fehlerhaft gekennzeichnet; statt 11460 lies 14459) bemerkt Thomas Gl: «? L'ital. tana taniere, qui ne convient guere»; die Deutung taine = raine stammt von Torraca 1923, p. 204 η 1; cf. noch reng EntreeT 72, reing EntreeT 1026, 8421, reng GuiNantVprolC 585, tana s.f. in RainLesUM 272, 273, 287. REGORT s.m., Gl «defile ?», «courant d'eau, petit golfe», lt. GURGES: 4971 Car moi leise? insir par delef eil regort, (: hört, esfort); regord s.m. PrisePampM 4249. TL VIII-630ss. regort «Meeresbucht; Wasserlauf, Strömung, Strudel; Schlucht, Höhle, Loch»; Gdf VI-745cs.; FEW IV-331b afr.mfr. regort (11.-16.Jh.); Pfister 649, 769 regort «petit golfe». Regort ist im Afr. geläufig in den oben angegebenen Bedeutungen. REGRAIGNE V. ENGRAIGNE REGRITIER v b . t r . , G l « r e g r e t t e r » , a n o r d . GRATA:

10193 Qui l'o'ist regritier dans Hestous en Frangois; regriter GuiNantVM 1208. TL VIII-636ss. regreter, regrater; Gdf VI-748bs. regreter, -etter, -ater; FEW XVI-52b afr. regrater, afr.mfr. regreter-, Pfister 649, 777. Fr.-it. Variante zu afr. regreter, cf. noch regratee p.pf.f. Cod.Marc.fr.XIV 31 in KellerRomv p.82, regrater MPoloB 37-49. REINS s.f., G l « c h o s e » , lt. RES:

1253 Alors fu Feragu d'une reins desirant. TL VIII-1278ss. rien; Gdf VII-189bs. rien, rieng, riem, ren, rin, ran s.f.; FEW X—285a fr. rien, aokz. ren; Levy VII-224as. ren. Lautliche Variante des Fr.-It. (nur einmal belegt) zu fr. rien; cf. noch fr.-it. ren EntreeT 15397, rem RolV4G 4942, rin RolV4G 3903, rens RolV4G 4996, rie RolV4G 4162, ren AttilaS XI-144, rem AttilaS 1-958. REMANIR v b . , G l « r e s t e r , c e s s e r » , RIMANOIR vb. (ms. rimaroir), G l —, «rester, c e s s e r » , ROMANT 3.pr., G l - , *romandre

«rester, c e s s e r » , 423

REMANOIRE vb., Gl «rester, cesser», ROMAINANT s.m., Gl - , «reste», REMANSUE s.f., Gl «action de rester en arriere», lt. REMANERE:

6158 Fa remanir le cris el batistal, 15452 Je Ii venrai de tot, ne m'an pus rimanoir, {: Gregoir, sauoir), 6968 N'i romant hom a armer ni dame ni mescline, 9200 Qe voit fui'r ses homes, q'uns ne veultremanoire, (: despoire, avoire), 6593 Voir dit des romainant ch'il ne les prise un aire, 15553 Ne feroit mes rier Roland remansue, (: nascue); 15395 remanir-, 13590 romandra 3.fut., 1109 romenront 6.fut., 7147 romagne 3.; remanir(e), romanir u.a. vb. auf -ir in: RolV4G 3881, 4795, 3738, PrisePampM 200,1595,2400,3500,3997,2285, RolV7F 152-2, PassChristNVC 833, HuonAuvBS1908 10806, HuonAuvTR f.l45r, f,152r u.a., EstVenL Gl, PharsaleW 440, 861,1511,1512,2135,2442,2443, BelrisM 303, RainLesUB 697 u.a.; Formen auf ro- vb. in: RolV4G 1799, 3641, 1463, 404, 4242, 4265, BovoFR 2242, ChevOgerC 1049, MacaireM 2823, HuonAuvTR f.l54v, Huon AuvBS 1911 11138, HuonAuvPS1908 9282, HuonAuvTS1910 7087, HuonAuvPS1910 7087, HuonAuvBS1908 10376 u.a., Attilas Gl (s.v. remanir), RainLesOT 127, RainLesOC 481, RainLesOT 270, MPoloB 208-13; romanant HuonAuvBS1927 11935, romanent HuonAuvBS1927 11998, romainent s.m. HuonAuvBS1908 10030, romagne[n]t HuonAuvPS1908 10030, remanant HuonAuvBS1908 9602, romagnente HuonAuvPS1908 9602, HuonAuvTR f,141r, romaniente HuonAuvTR f.l34v. TL VIII—704ss. remanoir, remenoir, remaindre, 700ss. remanant, remenant; Gdf VI-771bss. remanoir, 769cs. remanant·, FEW X—234b fr. remaneir, remanoir, remaindre, remanir, romaner, romanir, romandre, ix. remanant-, Levy VII—207ass. remaner, -manir, ro-, ib. remanen, ro-\ DEI 3254a rimanere (14. Jh.), -ente (Fr. da Barberino rimagnente), 3278a romanire (13Jh.), apad. romagnir (-gn- von romägno, REMANEO). Lt. REMANERE ist im Fr.-It. in verschiedenartigen Formen erhalten, darunter besonders auffällig die von REMANEO beeinflußten Formen mit -gn- (Rohlfs II, § 617, apad. romagnir); von den Varianten des Infinitivs sind im Fr.-It. die auf-ir geläufig; bemerkenswert sind ferner die zahlreichen Belege mit -o- in der Anfangssilbe, die auf it. Einfluß zurückgehen (entsprechendes gilt für romainant s.m.); remansue ist eine deverbale Ableitung vom p.pf. remansu, hapax legomenon; cf. noch fr.-it. aremansu p.pf. HuonAuvBS1913 4970, 4986,manir HuonAuvBS1908 10227; LEI mehrfach mit ro- sowie -gn-, besonders aobit. REMEMBREE s.f. (ms. remembre), Gl «souvenir», lt. REMEMORARI:

3005 Par tiel proiere, par itel remembree, (: agree, jornee); remenbree s.f. RolV4G 4899 «Streit, Zank») lt. RIXA (FEW X-426a). 430

ROBESTRE adj., Gl - , «sauvage, violent», ROBESTE s.f., G l « i m p e t u o s i t e » , lt. ROBUSTUS:

2156 Vers le plus fort, plus fier e plus robestre, {: poeste, jeste), 12595 Que il poüst rafraner sa robeste (ms. sato beste), (: poueste, jeste); 8279 rubestre adj.; rubeste «forza, durezza» AttilaS XII-1950, XVI-1898. TL VIII—1525s. rubeste adj.; Gdf VII-258b-c rubeste, -bieste, -bestre adj.; FEW X—434b afr.mfr. rubeste adj., rubestre (ca. 1190-13.Jh.); DEI 3292a rubesto adj. (13Jh.). Robestre etc. sind fr.-it. Varianten zu afr. rubeste, nicht nur in Reimstellung (die Zeitangabe im FEW für die Formen mit -r- ist demnach zu erweitern); der nominale Gebrauch robeste s.f. ist nur aus zwei Belegen des Fr.-It. bekannt, mfr.nfr. nur robuste s.f. (FEW X-434b); cf. noch fr.-it. Pelia le rubeste EntreeT A-24, robist adj. HuonAuvBS1908 9729, rubist adj. HuonAuvPS1908 9729.

ROBIST s.m.u.f., Gl «cöteau escarpe ?», lt. RUPES:

5137 Grant fu le chaple par devant le robist, (: Christ); 8834 robist s.f. (delez une —), 15277 robist s.m. (por delez un —); rubist «steiler Abhang, Abgrund» PrisePampM 3712, robist s.m. HuonAuvPM1935 291, robist s.m.u.f. HuonAuvPGi 2786 (Gl «pendio scosceso, scarpata»), rubist s.m. PharsaleW 313, robist AttilaS Gl (mehrfach, «boscaglia; collina scoscesa, luogo fortificato; pianura»), rubeste s.f. «foresta» AttilaS XIII-223. TL VIII—1529 rubist, robist s.m. «Abgrund» (PrisePampM); Gdf VII-259a rubiste s.m. «abime» (PrisePampM, PharsaleW); FEW X-577b afr. robist s.m. «coteau escarpe», mfr. rubist «abime» (hap. 14Jh.); DEI 3297b rupe s.f. (14.Jh.), -estre (17.Jh.). Die Ableitungen von lt. RUPES auf -est und -ist (Reimstellung) sind ausschließlich im Fr.-It. belegt, hier jedoch häufiger als bisher bekannt; die Bedeutung läßt sich aus dem Kontext nicht immer einwandfrei erschließen.

RODON a d j . , G l « r o n d » , lt. ROTUNDUS:

14934 Une dimi pan d'orge et un pome rodon, (: avron, maison); redont adj. HuonAuvBS1908 10072, Ρ id., redunde adj.f. HuonAuvPS1908 9971, redondo HuonAuvTR f.l53v. TL VIII-856ss. reont, röont, ront\ GdfC X-590bs.; FEW X-519b afr. ruunt, roünt, roont, 520a aokz. redon-, Levy VII-132b redon-, DEI 3289a rotöndo 14.Jh., 3266b ritöndo. Fr.-it. Variante zu afr. roont, reont mit Erhaltung des intervokalen Dentals, Einfluß von it. rotöndo (aokz. redon)·, cf. noch fr.-it. reonde «rotondo» AttilaS XVI—6673. 431

ROMEU s.m., G l - , « p e l e r i n » , lt. »ROMEUS ( s p ä t l t . ) :

6096 Se d'orgueilos nel faiz venir romeu, (: geu, Judeu). TL VIII—1444 romieu (Willame, StJul.); Gdf V I I - 2 3 l a romel (Ger. de Rossill.); FEW X—458b aokz. romieu «pelerin», afrpr. romeu GirRouss; Levy VII-375a romeu; Pfister 95, 664s., 761 romeu; DEI 3279b romeo s.m. (1211).

Bisher in den Wörterbüchern nicht berücksichtigte Form aus Entree, hapax legomenon im Fr.-It.; zur Verbreitung des Wortes (aokz. und afrpr., it., aber nicht afr.) cf. Pfister; LEI mehrfach. RONTONS s . m . , G l rongon

« r o n c i n , c h e v a l d e s e r v i c e » , lt. 'RUNCINUS:

6674 Se amblant avef palafroi ni rongons, (: compagnons, recevrons); rongon KarletoR 107 (: non, aragon), RolandinM 218 (: aliron, mon), Attilas 1-1340,11—628, XII-738, XIII-1810 (alle in Reimstellung auf -on). TL VIII—1453ss. roncin, ronci; Gdf VII-234b; FEW X-575b afr. runcin, fr. roncin, Villie ronson; Levy VII—359a rocin, roncin. Fr.-it. Variante zu afr. roncin, nur in Reimstellung, mit Variation des Vokals in der Schlußsilbe; LEI rongon Monaci = RolandinM. ROON s., G l « r o y a u m e » , lt. REGIO:

3952 A un jornal, en celeste roon, (: lison, Aquilon); 14714 roie s. (un angle de le eterne - , (: desloie, onbroie)); roion s.m. «Reich» AliscMH 6526 (: Borgognon, Avalon), royon s.m. «id.» AliscMH 3287 (: trayson, preison), rion s.f. «reame» BertaC 16 (: dovon, inviron), r'ian s.m. «royaume» EnfOgerS 1406 (: enfan, Persan). TL VIII-1417s. roion, reon «Land, Gegend (auch im Sinne von )»; Gdf VII—226bs. roion, -yon, -yom, reion, reon, roon; FEW X—213b afr .reon, roion, rion, reion, roon (1334); Levy VII-179a-b region, reion; Pfister 100, 651, 780 reion s.m., 651 reion s.f.; DEI 3224a regiöne s.f. (Dante), 3259b riöne (14.Jh.). Fr.-it. Varianten zu afr. roion, auch vereinzelt als roon im Afr. belegt; es liegen im Fr.-It. sowohl Belege für mask, als auch für fem. Genus vor (cf. Pfister 651); wahrscheinlich gehört hierzu auch der zweite aus Entree angeführte Beleg (reimbedingte Suffixveränderung); cf. noch s.v. regnon bzw. regnaus. ROSEE, PASQE - s.f., G l « P e n t e c o t e » , lt. ROSA ( / ROS):

12143 a une Pasqe rosee, {: asenblee, spee); pasqua roses s.f. «Pentecoste» GuiNantVprolC 21 (cf. n). TL VIII-1482 rosee s.f. «Rosenzeit», 1482ss. rosee s.f. «Tau»; GdfC X-592b; FEW X-^77a ROSA, 473b ROS, fr. rusee, rosee; Levy VII-386a-b rozada, 386b rozat «Rosen-»; DEI 2790apasquarösa (p. rosata oder rugiada, M. Villani;p. dirose 1682;/». dimaggio 17.Jh., Oudin) s.f. «pentecosta», abol.pasca rosata (1256), ROSALIA (dies rosae), festa delle , 3283b rosata s.f. (13.Jh.). 432

Pasqe rosee ist im Afr. in dieser Zusammensetzung nicht bekannt (cf. Thomas vol.II, p.300 n), während it. Pasca rosata üblich ist (cf. auch Thomas Gl); im Fr.-It. tritt es nur in den beiden genannten Texten auf; rosata geht im It. auf ROSA zurück, während die homonyme Form rugiada auch eine Kontamination mit it. rugiada, lt. ROS, afr. rosee «Tau» (homonym mit «Rosenzeit») nahelegen könnte (sofern nicht der Form pasqua rugiada schon eine volksetymologische Umdeutung zu lt. ROS zugrunde liegt); im Fr.-It. sind noch folgende Zusammensetzungen von Pasque belegt: Pasque Florie EstVenL 2 - 8 7 - 2 , 2 - 8 9 - 1 (bis), 2 - 9 6 - 5 , Pasque de may PNovMemK CXLI (Gl «Ascension ?»; DEI 17.Jh.); cf. Pasque EntreeT 6166, ferner rose «rosee» EntreeT 11477 (TL VIII-1484), rossea s.f. JugAmF 308, rosea RainLes in Todt 1903, p . l l l (cf. n); cf. LEI s.v. ROS, PratiEtimVen. u.a. RUBAUD s.m., Gl «ribaud», REBAUT s.m., Gl «ribaud», RUBALDIE s.f., Gl «ribauderie», RIBAUDOIE 1.imperf.tr., Gl - , *ribauder

«paillarder», ahd. RIBAN:

4414 Rubaud, puitaines en avrent a fuison, 2468 Vos Diex rebaut ne vos an defendra (Hs. rebaüt), 3276 Pues fu il mort sol da la rubaldie, (: glotonie, fermie), 14818 Anbloie et ribaudoie e despandoie entr'aus; 11480 rubaud s.m.; 10039 rebaut s.m.; robaus «ribaldo» AttilaS IV-755; robaldarie «ribalderia» AttilaS IV-406 (: escrie, vie). TL VIII—1253ss. ribaut, 1252s. ribaudie, 1251 ribauder vb.tr. «verprassen» (LMest); Gdf VII-183as. ribaut, rebalt, 182cs. ribaudie, 182b-c ribauder; FEW XVI—702a fr. ribaut, rubaud EntreeT, b afr.mfr. ribaudie, afr. rubaudie EntreeT, fr. ribauder (1260-1660); Levy VII-340as. ribaut; DEI 3246a ribaldo s.m.adj., -are (14.Jh.), 3291b rubaldo s.m. (14.Jh.), -eria (16.Jh.). Rubaud, rebaut, rubaldie sind fr.-it. Varianten zu afr. ribaut, ribaudie; die Formen mit-«- in der ursprünglichen Stammsilbe sind auch im It. anzutreffen (DEI; cf. Thomas Gl);ribauder vb.tr., im Afr. vereinzelt belegt, ist im Fr.-It. nur einmal aus Entree bekannt; die entsprechende it. Form für fr.-it. robaldarie ist erst im 16.Jh. belegt. RUINE 3.pr.intr., Gl ruiner «se precipiter, en parlant de la foudre», lt. RUINA: 3396 La piere fiert com foudre qe ruine, (: mescline, sclavine); runer (- Ii mur) RolV4G 3925, ( - le mure) RolV4G 3931 (Gl «rovinare, cadereinrovina»), roi'n 3.pr.tr. AttilaS XII-1912 (: clin, schin) (Glroiner «rotolare»). TL VIII—1544 riiiner vb.intr. «niederfahren (v. Blitz, it. rovinare)·»; GdfC X-600b-c ruiner vb.tr., intr. «tomber en ruines»; FEW X-553a fr. ruiner vb.intr. «tomber en ruines» (1260-ca. 1572, ...), tr. «abattre, demolir, detruire» (seit EntreeT, Gillon, Li); DEI 3290b rovina, -are (14.Jh.). Ruiner in intrans. Konstruktion ist schon im Afr. bekannt (die Angabe im 433

F E W , miner vb.tr. seit EntreeT, ist zu streichen, da der Beleg in intr. Konstruktion steht), im It. rovinare (14.Jh.); die angegebene Bedeutung des Gl tritt nur in Entree auf; cf. noch fr.-it. ro'ine «rovina» AttilaS Gl (mehrfach, Reimstellung); L E I auch ruinare. SABLONAILLE s.f., Gl «plaine sablonneuse», ENSABLONE 3.pr., Gl ensabloner «rouler sur le sable», lt. SABULO: 13155 Fuant s'an vait por mi la sablonaille,

(: demoraille, defensaille),

10704 Nel puet tenir estries a tere ne devone, / Si que derier l'oubers al verser ensablone, {: devone). T L IX—13 sablonaille «sandiges Gelände» (Flor, de Rome, EnfOg., EntreeT), III-505 ensabloner vb.intr. «in den Sand rollen» (EntreeT); Gdf VII—271a sablonaille, -onnaille; F E W XI—13a sablonnaille (ca. 1225,... EntreeT), b afr. ensabloner (EntreeT), mfr. ensablonner «frotter de sablon» Du Beilay; D E I 3302a sabbionale s.m. Sablonaille ist eine im A f r . vereinzelt belegte Ableitung von sablon mit Suffix -aille, hapax legomenon im Fr.-It., Reimstellung (cf. noch fr.-it. sabloneis Attilas V—205, sablonois AttilaS III—363, Gl «piano sabbioso»); ensabloner ist eine Ableitung mit präfixalem en-, in der angegebenen Bedeutung hapax legomenon, Erstbeleg für das Gallorom.; L E I insabionär venez. Boerio, triest. Pinguentini. SABOR s.m.u.f., G l « s a v e u r » , SABOROUS a d j . ( H s . s a b o r o n s ) , G l « s a v o u r e u x » , lt. SAPOR:

6113 Huei Ii donra de mort sabor novel, 15104 Tant dous et saborous en a sends le jus; 15000 sabor s.m. (ms. une fabor), 15091 sabor s.m., 15107 id., 15266 sabor s.f., 15267 sabor, 15310 id., 4460 sapor; sabor s. MoamT 2-4-15, 2-26-3, 2^17-12, Gh-16-3, sapor

MoamT

3-15—4, sabor s.m. HuonAuvBS1911 11316, sapore H u o n A u v T R f.l54v. T L IX-267ss. savor s.f., 271s. savoros, saveros adj.; Gdf VII—334cs. savor s.f., C - X - 6 3 7 a savor s.f., 336a, C - X - 6 3 7 b ; F E W XI-206a fr. savor s.f., sabour (ca. 1240), aokz. sabor, b fr. savoureux adj. (seit ca. 1200); Levy VII—407as. sabor; D E I 3337bs. sapore s.m. (13 Jh.), 3338a -öso adj. (Dante). SAPOR ist im A f r . nur als s.fem. überliefert, während im Fr.-It. das Genus unter dem Einfluß von it. sapore s.m. schwankt; die Erhaltung des intervokalen Bilabials ist im A f r . selten (cf. dagegen aokz. und it.); entsprechendes gilt für saborous. SACIER vb.tr., G l « s a t i s f a i r e » , lt. SATIARE:

3638 e je a mon peoire / Veul sacier en part de ton voloire; saciar vb.refl. CanzvprovB H u o n A u v T R f,154v.

434

48, sadolato

HuonAuvTR

f,154v, sadolä

TL IX—194 sasiier, satiier vb.tr. (... EntreeT), 193 sasier, saisier vb.tr.; Gdf VII-322cs. satier, -Her, -cier\ FEW XI—239a fr. sacier vb.tr. (Passion, EntreeT); Levy VII—492b saziar; DEI 3349bs. saziare vb.tr. (13.Jh.). Lt. SATIARE lebt vereinzelt in der Galloromania fort, im Fr.-It. ist es selten (cf. nochsas EntreeT 10440, Gl «satiete», TL IX-61 Iss. sez, FEW XI-240a η 3 sas EntreeT: wohl Italianismus). SAGREMENT s . m . , G l « s e r m e n t » , lt. SACRAMENTUM:

6497 je te fais sagrement / De vive guere, (: fierement, vivent); 13215 sagrement (ms. sigrement), 30 sagrament, 37 sagramant, 1274 sagrement (ms. sagramant), 2341 sagramant, 5733 sagrament (Hs. sagmet), 6838 sagrament (Hs. sagment), 10280 sagramant, 14046 saigremant (ms. aigremant), 15363 saigremant, 6290 segramant, 1895 sacramenf, segramant GuiNantVM 283, sagramant BovoR 601,611,970,993,2996,sagramento BovoR 651, 702, sagrament BovoFR 2223, sagramento BovoFR 803, sagramant KarletoR 519, 531, 889, sagrament ChevOgerC 870, sagramento HuonAuvTS 1910 6959, 6623, HuonAuvTR iA45i, sagrament RainLesUB 410, 415, 465, RainLesUP 358, 384, sagramento RainLesOT 17, 344, 399, 425, 431, sagrement AnsCartPML f.63a, f.57c, sagrament AnsCartPML f.51d, sagramento PNatFemFC 26-4, DistCatFC 4r2 (172), 16vl9 (2221). TL IX—32ss. sacrement s.m. «Weihe; Sakrament», 34 «Eid, Schwur» (EntreeT); Gdf VII—278a—b sacrement, -crament, -grament, saigrement, C-X-607b; FEW XI—34b afr. sagrament Eide, seirement, aokz. sagrament, 35b; Levy VII-419bss. sagramen, sacra- «Eid»; DEI 3311b sagraminto (14.Jh.). Lt. SACRAMENTUM in der Bedeutung «serment» ist in der entlehnten Form sacrement im Afr. nur vereinzelt belegt; im Fr.-It. sind die Formen sagrement, sagrament mit Erhaltung des -g- vor -r- zahlreich, was auf den Einfluß von it. sagramento (cf. Thomas Gl) zurückzuführen sein dürfte (in verschiedenen Bedeutungen); fr.-it. auch häufig sagrer vb., cf. MacaireM 1408, HuonAuvPGi 1443, AttilaS XVI-5199, RainLesOT 47, 55, 313, 317 u.a. SAISIN s.m., Gl «saisine, possession», ahd. "SAZJAN:

14262 Le roi de Babiloine le avra en son saisin, {: demin, enclin); 15319 seisin; seisin PrisePampM 5189, PassChristNVC 507, PharsaleW 2565, AttilaS XIII—6 (keine Reimstellung), XIII-356 (id.), XIII-411, sasin AttilaS 11-1345. TL IX—89 saisin s.m. (EntreeT); Gdf VII-292c saisin, seisin (EntreeT); FEW XVII-19b afr. seisin s.m. «possession» (hap.). Die mask. Entsprechung zu der im Afr. geläufigen Form saisine (auch fr.-it., daneben sagine s.f. GuiNantVprolC 245, dazu DEI 3310b sagina 14.Jh.) ist nur im Fr.-It. belegt, hier jedoch häufiger als bisher bekannt und nicht nur in Entree (auch außerhalb der Reimstellung). 435

SAITER vb.intr., G l - , «lancer d e s f l e c h e s » , lt. SAGITTA:

5261 Mais q'une fois non porront saiter, (: berser, loher). T L IX—56s. saieter;

G d f V I I - 2 8 5 a - b saieter,

saeter,

saiter·,

FEW XI-58b

afr.mfr. saieter-, DEI 3308b saettare (14Jh.). Fr.-it. Variante zu afr. saieter mit Ausfall des unbetonten -e-, vereinzelt auch im Afr. belegt (cf. noch saita s.f. HuonAuvTR f,137v, saite AttilaS X V - 3 1 6 7 ; saj[e}tes PrisePampM 4 7 8 0 ist als Korrektur der Lesart der Hs. demnach nicht notwendig). SALUTEE p.pf.f., G l « s a l u e e » , lt. SALUTARE:

2999 S'aombra de toi, quant la fusalutee / Par Gabriel, (: profetegee, beneüree); salute 3. BovoR 1518, saluder B o v o U R 37, 46. TL IX—126ss. saluer-, Gdf V I I - 2 9 7 a saluer, C - X - 6 2 0 b - c saluer\ FEW XI—126b afr. saluder Passion, fr. saluer, aokz. saludar, saluter EntreeT (127b η 1 Italianismus); DEI 3324bs. salutare (13Jh.). Saluter mit Erhaltung des intervokalen Dentals ist nur selten im Fr.-It. belegt; Italianismus (cf. Thomas Gl). SALVATOR s . m . , G l « s a u v e u r » , lt. SALVATOR:

8317 Mais, por la foi che doi au Salvator, T L IX—240ss. sauveor, XI—131b afr. salvaire,

salveor, sauveor,

saveor\

{: ancor, onor). G d f C X - 6 2 2 a — b salveor-,

a o k z . Salvador,

mfr. salvateur

FEW

(St-Adrien-

16.Jh.); DEI 3326a salvatore (Dante). Aus dem It. (cf. Thomas Gl; oder Latinismus) übernommene Form; cf. noch fr.-it. salvaor EntreeT 3844, ferner salvator MChioggiaFC 1-25—13—103, salvadore MChioggiaFC 2 - 3 8 - 1 2 1 , 2 - 3 3 - 3 ; fr.-it. saoveson s.f. PrisePampM 4257, TL I X - 2 3 8 . SANGLENTEE s.f., Gl «melee sanglante», ENSANGLENTIES p.pf.pl.f. (ms. e n s a n g l e n e s ) , G l ensanglenti

«ensanglante»,

lt. SANGUILENTUS:

9666 I avront d'anbe part une grant sanglentee, (: gaagnee), 1853 Ensanglenties i avront mante chemise. TL IX—150 sanglentee (EntreeT), III-507s. ensanglenter-, Gdf III-227c ensanglentir (s') vb.refl. «se couvrir de sang», C-IX-477b—c; FEW XI—155a afr. sanglentee

E n t r e e T , afr. ensanglenter,

mfr. ensanglantir

( 1 5 8 9 ) , mfr. s'en-

sanglentir (ca. 1515); Levy III—29b ensanguenar; DEI 2045b insanguinare (14.Jh.). In beiden Fällen handelt es sich um hapax legomena des Fr.-It.; sanglentee ist eine deverbale Ableitung von afr. sanglenter (cf. Kap. 3.10.1.2); ensanglenties mit möglichem Konjugationswechsel ist eine nur erschlossene Form aus einer unsicheren Lesart der Hs. (Formen mit-er sind auch im Fr.-It. geläufig, cf. RolV4G 4923, 1015, AliscMH 883, 1151, 2027, 3080, 5131, 745, 1818, MoamT Gl, AttilaS Gl). 436

s.m., Gl «sanguine (mineral)», It. SANGUINEUS: 10420 Quant lui monstra l'image enpainte de sanguin, (: cosin, Palatin). TL IX— 152ss. sanguin adj.subst., 153s. «ein braunrotes Eisenerz» (EntreeT); Gdf VII-308a-b adj., C-X-626a; F E W X I - 1 6 6 a aokz.sanguin s.m. «minerai de fer, d'un rouge brun, dont on fait des crayons, hematite» (1.Drittel 13Jh.), afr. id. EntreeT; DEI 3332b sanguineo adj. Sanguin s.m. in der angegebenen Bedeutung ist hapax legomenon im Fr.-It.; zum substantivischen Gebrauch cf. noch PharsaleW 2898 («Blut»), adj. mehrfach.

SANGUIN

Gl «(trisyll.) tres saint», lt. SANCTISSIMUS: 71 Qe ne creent Jesus e sa santisime ancelle; santisime AliscMH 6584, KarletoR 1119, santisimo KarletoR 1449,sa[nfisimo KarletoR 2289, santissimo KarletoR 1943, santisimo EnfOgerS 362, MChioggiaFC, PNatFemFC und BablnfFC mehrfach. TL IX—77s. saintisme adj.; Gdf VII-291b-c; FEW XI-148b fr. saintisme, agn. seintissime (ca. 1215), alütt, sainctissime; DEI 3335b santo, -issimo. Fr.-it. Varianten zu afr. saintisme (so auch EntreeT 12932, 14790, 14734 u.a.; die Korrekturen in EntreeT 3009 und 3336, santisme, ms. santissime, könnten demnach entfallen).

SANTISIME adj.F.,

SANTOR V. SENTES

Gl esaucier, saucier « e x a l t e r » , lt. »EXALTIARE: 25 Les orfanes et les veves mantenir e saucer (ms. m. esancer) (cf. η und App.), (: visiter, conter); sauge p.pf. (acreug e -) AspremV4Be 708. TL I I I - 1 2 9 3 S S . essaucier-, Gdf III-565cs., C - I X - 5 5 3 a ; FEW III-257a afr.mfr. essalcier, Belleme xeucer. Der Vorschlag, saucer (so auch ms.) beizubehalten und nicht als Variante von tenser (so Text) zu sehen, stammt von Thomas vol.I, p. 291, im Anschluß an Leon Gautier; der Kontext legt eine Kontamination von e conj. und esaucer nahe; fr.-it. auch as-, cf. EntreeT 13399, Attilas IX-803, XIV-3952, AliscMH 1902, 6108, RenMontVT 2778, KarletoR 44, ChevOgerC 2083.

SAUCERvb.tr.,

scHECs.m., Gl «echec», anfrk. *SKAK: 263 Avant qu'il s'an perfoie, tiel schec lor doneron; eschach AttilaS 11-195, XI-127, XVI-5370, eschas AttilaS XVI-5980 (Gl «scacco, danno»). TL III—890s. eschiec «Beute, Raub»; Gdf III-380b-c eschec; FEW XVII—75a fr. eschec s.m. «butin, prise»; Pfister 431 eschat, eschec, afr. eschac; REW 7969 anordit. scakar «rauben». Schec < anfrk. »SKÄK mit Aphärese des anlautenden prosthetischen Vokals ist im Fr.-It. nicht weiter belegt, neben eschac erscheint jedoch noch die de437

nominale Ableitung mit dem Personalsuffix -eorl-aor in schacaor s.m. «ladrone, bandito» RainLesOL 379, scacador RainLesUL 691, schacaor RainLesOT 796 (cf. Lomazzi Gl mit weiteren it. Belegen; schachi in BovoR 1942, 2068, ChevOgerC 785, 787, schachero HuonAuvTR f,146r, steht für «Schach»), 3.p.s., Gl schirer «diviser (des soldats) en bataillons», anfrk. »SKARA: 9583 Ou cinq mil chevalers les depart e schira, (: apella, enboscha); eschirie p.pf.f. RolV7F 63-3, sgheree p.pf.f. GuiNantVprolC 108, aschire 3. MPoloB 226-3, ascires p.pf. MPoloB 226-7; escherie p.pf.f. RolCF 62-3. TL III—880 escheler, eschierer cf. Gdf; Gdf III—382b escheler, eschierer, aschierer (Destr. de Rome, MPolo); FEW XVII-95b esqueirar «ranger en bataille» Bertr Bom; DEI 3388a-b schiera, -are vb.tr. (14.Jh., «mettere in schiera»). Die postnominale Ableitung eschierer von eschiere < anfrk. *SKARA ist in der Galloromania nur selten belegt, während im Fr.-It. mehrere Belege auftreten (cf. it. schierare); in einigen Fällen fehlt der Anlautvokal durch Aphärese (cf. dazu auch schere in EntreeT 782, RolV4G 1486, EnfOgerS 270, schiere PrisePampM 577, GuiNantVprolC 341, 382, HuonAuvBS1927 11815,11817, 11818, 11829, 11843, 11852 u.a.).

SCHIRA

SCORSAGE V. CORSAGE

vb.tr., Gl schernir, scrinir «railler», anfrk. »SKIRNJAN: 1168 Cist me quidoit scrinir, (: pir, repantir); 7918 escrignir vb.intr. (ms. estrignir), 3621 eschirnir tr., 799 scherni p.pf.; scrertir PrisePampM 203, escreni PrisePampM 2049, 4059, escrenis PrisePampM 5454,scrinie p.pf.f. BovoR 2654,scrinira 3. BertaMilM 76,schernir Attilas V—371, XIV-2339, scherni p.pf. AttilaS 1-1197, XIII-2491, XVI-1000, escrenis p.pf. AnsCartPML 188. TL III—861s. escharnir, eschernir; Gdf III—372b—c escharnir, eschernir, escarnir, escrenir (PrisePampM); FEW XVII—120a afr.mfr. escarnir, escharnir, 121a agen. scregnir; Levy III-156as. escarnir, esquernir; DEI 3385a schernire vb.tr. (Dante). Afr. eschernir < anfrk. »SKIRNJAN ist im Fr.-It. in verschiedenartigen Formen belegt, die mit auf it. Einfluß zurückgehen (Aphärese des anlautenden e-, Metathese in der Stammsilbe, Palatalisierung des Nasals); cf. noch fr.-it. escarnir in EntreeT 6192, 14070, 563, 3911, 12661 u.a.

SCRINIR

SEDUANTs.m./adj., G l - , «celui qui seduit; fourbe», SEDUTOR s.m./adj., Gl - , «sedueteur», lt. SUBDUCERE / lt. SEDUCERE: 11121 Trenciezeist seduant, (: a£erant, senblant), 3109 U n f o r t e s c h u ( . . . ) / Li a baile un Paiens sedutor, (: major, entor); 7818 seduisans adj.; 8448 sedutor adj.; seduant PrisePampM 4905,seduiant RolV7F 389-9, 84-3,seduant AliscMH 438

80,4079,sesduant AliscMH 458,2S92,seduang AliscMH 19, seduant KarletoR 2309, seduent KarletoR 2687, ChevOgerC 873, seduant MacaireM 724, 2745, seduent MacaireM 3459, seduant HuonAuvBS1913 4703, 4709, seduante HuonAuvTS1913 4709, seduant AttilaS XIII-610, seduent AttilaS XIV—2823, siduant AttilaS XVI-2359, syduans AttilaS XVI-6204; sedutour PrisePampM 755, 840, 2882, 3098, sedutor PharsaleW 2999. TL IX-321 seduire, ib. seduitor; GdfC X-649c seduire, VII-352a seduitor, C—X-649c seducteur; FEW XII-331b mfr.nfr. seduire (Chastell-Lar 1949), afr. seduitor Wace; Levy VII—509b seduire; DEI 3440b sedurre. Während im Afr. eindeutig die Ableitungen von lt. SUBDUCERE mit -u-l-o-l -ou- im Präfix überwiegen (TL IX—1012ss.) undse- nur selten belegt ist, erscheinen die Formen mit se- im Fr.-It. weitaus häufiger (sedure RolV4G 1957, im Fr. erst seit Chastellain, ca. 1440-1475); hierbei dürfte der Einfluß von it. sedurre (14.Jh.) eine Rolle gespielt haben. SEGUiRvb., G l «suivre», SEGUIOR SIGUANT

s.m., Gl «celui qui suit», s.m., Gl «celui qui suit»,

ENTRESEÜS p.pf.tr., Gl entreseguir

«poursuivre», lt. SEQUI:

4570 Qe il s'apareilisent de lor signorseguir, (: desir, esclarir), 6129 estre Ii seguior (ms. segnior), (: seignor, menor), 8065 Ο voile ο non, cist roi e ses siguant, {: destruant, desevrant), 10 074 Trosqu'en mie de lor place les ont entreseüs, (: reüs, redus [reclus]); seguir, segir in EntreeT: 7940, 8757, 7414, 13713, 13816, 14080, 15398, 9409, 4749, 14910, 4171, 6342, 9493, 11247, 1481, 4610, 10644, 14445, 15485,8550,8582,8965,9065,9335,9767,9791,6404, 9165,2463, 9026, 8833,7570,5259,7869,8583;7326seguior, 8319 id., 12238seguior (ms. segnor); seguir, segir in: AspremPML f.9a, RolV4G621,627,4103,4111,4113,4117 u.a., PrisePampM 152, 3776, PassChristApresB 120, 149, RolCF 99-12, 262-5, GuiNantVprolC 26, 70, BovoFR 255, BertaC 398, 22, RolandinC 220, MacaireM 873, 856, HuonAuvBS1908 9406, Ρ ib., 9573, HuonAuvBS1910 6696 u.a., SMarEgizC64,1115,246,382,897, CinqagurR 3-4, BelrisM 460, 91, AttilaS XIV-2946, AnsCartPML f.70a, f.69c, f.80d, AquilonC f.l43v, f.60r, DistCatFC, LExempliFC, BablnfFC mehrfach; seguior PrisePampM 1543,seguiour PrisePampM 5669, PassChristNVC 413, seguior PharsaleW 3030, AttilaS XVI-4574. TL IX—685ss. sivre, suigre, segre, 684s. siveor s.m., 331 seguior (PrisePampM), III-683 entresivre; Gdf VII—'433b sivir, a siveor, III-301cs. entresuivir\FEW XI—488a afr. sivre, aokz. seguir, 491b afr. siwor, 492a aokz. seguidor, 491a sywant adj., sigant Joufr., afr.mfr. sivant, 493a afr. soi entresuir (BeaumCout); Levy VII—517bss. segre, seguir, 524bs. seguidor s.m.; DEI 3444a seguire (seguere, sequire) (13.Jh.), -ente (Dante), -itöre (16.Jh.), agen. seguior (13.Jh.). 439

Die Ableitungen von lt. SEQUI, afr. sivre, mit Erhaltung des intervokalen -g(h)-/-g(u)- sind im Fr.-It. üblich und lehnen sich an die im It. geläufigen Formen an; dabei treten auch Vermischungen mit dem -i- der Stammsilbe von sivre auf, siguanf, ferner sind einzelne Belege mit -qu- vorhanden; cf. noch fr.-it. perseguicion «attuazione, esecuzione» AttilaS VIII—180, perseguir in SMarEgizC 1035, RolandinM 169 u.a., consegui 3. EnfOgerS 1192, seguiment s.m. RaccFavR 209, seguiter «seguire» AttilaS XVI—2430. Gl «imiter», «imiter; suivre; aider», lt. SECUNDUS: 11320 Se ire l'a conduit a nule mesprison, / Devons nos segunder-, 9166 segondii p.pf.tr.; segonda PrisePampM 5479, segont 3.pr.conj. PrisePampM 551, segonde PrisePampM 3878 (Gl «folgen, befolgen»),segonda 3.p.s. PassChristNVC 436, segonde 3. HuonAuvBS1908 9961 ,segunde 3. HuonAuvPS1908 9961, segonda 3. HuonAuvBS 1908 9950, segundä HuonAuvPS1908 9950, segondastes 5. HuonAuvBS1910 l\A\,segondasse HuonAuvPS1910 T\A\,secondasse HuonAuvTS1910 7141,segonda 3. PharsaleW 50, segonde p.pf. PharsaleW 779, AttilaS XIII-1456, XIII-1467, segonder AttilaS VI-325. TL IX—300 seconder, segonder vb.intr. «Folge leisten, nachfolgen» (PrisePampM, PharsaleW); GdfC X-65 lcs. segonder·, FEW XI-384a judfr. segonder «repeter, recommencer», afr.seconder «se repeter» (1273), afr.segonder «suivre» (1343; ca. 1343 [= TL]), mfr.seconder·, DEI 3437bsecondare (Dante) «andar dietro; assecondare». Segunder ist im Fr.-It. mehrfach und in verschiedenartigen Bedeutungen belegt, die zurückgehen auf «jdm. nachgehen, jdn. nachahmen, jdm. Folge leisten, helfen»; im Afr. erscheint es selten; it. secondare.

SEGUNDERvb.,

SEGUR adj., G l «sür, certain»,

SEGUREMENT adv., Gl «sürement»,

SEGURE3.pr.tr., Gl segurer «assurer», SEGURTE s.f., G l «sürete», lt. SECURUS:

2359 Segur sera, car trop i a grant calor,13 757 S'il poroit Malquidant venir segurement, (: rasnablement, atent), 10475 qe non ai ge pris l'aige sor ma teste / Qe segure les armes dou Paradis celeste (ms. seguret), 1551 Par chui sperance e par cui segurte / Sui en preson retorne de mon gre, (: avohe, gre); 15735 segor (a -); 1037 seguremant adv., 8073 id., 15017 id.; segur, -e, -a u.a. in: AspremPML f.4b, RolV4G 457,169, PassChristApresB 549, RolV7F 137-5, GuiNantVM 1474, 1477, HuonAuvBS1908 9520, Ρ ib., Huon Au vPS 1910 7147, HuonAuvTR f.l25r, f.l51v, f.l54r, f,130v, HuonAuvPM1935 85, SMarEgizC 906, RaccFavR 94, PNovMemK 88, SCathB 267 u.a. in BablnfFC, DistCatFC, PNatFemFC; segurement, -a-, -mant u.a. in: AspremV6Be 91, 238, GuiNantVM 1431, BovoR 139, 476, 2275, 3199, 73, 123, 381, 409, 1124, 1151, BertaC 478, 508, 681, 1284, KarletoR 87,1802,2871,3345,3370,903, EnfOgerS 180, ChevOgerC 234, 440

406, 845, 936, 1324, MacaireM 503, 1253, HuonAuvBS1908 9922, Ρ ib., HuonAuvPS 1908 10166(1, HuonAuvBS1908 10139, Ρ ib., HuonAuvTR f.l39v, f,143r, SMarEgizC 908, 106, RainLesOT 183, 622, SCathB 1417, AnsCartPML f.77a u.a.; segurer vb. BovoR 907; securte RolV4G 2968, segurte EnfOgerS 105,segurtade LExempliFC 3506,segurta BablnfFC 1-197. TL IX-590ss. s'iur, segur adj., 594s. seurement, 597 s'eurer vb.tr. v. FEW, 598ss. seurte, segurte s.f.; Gdf VII—406cs. seur, sour, segur, sagur, 407c seurer, surer, 408cs. seurte, segurte, C-X—671b, c, cs.; FEW XI-388a afr. soiir, fr. seiir, segur (1224-ca. 1300), aokz. id., 389b afr. soiirement, fr. sürement, segurement (Wace ...), 390a fr. seürti, segurte (1276-1348), aokz. segurtat (13Jh.), 389b aokz.iegMrarvb.tr. «garantirlasecurite» (ca. 1160-1318,...), afr. seürer «affermir», adauph. segurar, aokz. «assurer, rassurer»; Levy VII-526ass. segur, 530a seguramen, 531bs. segurtat, 530bs. segurar; DEI 3438b securo, -are, -tä. Im Fr.-It. sind die Varianten zu afr. seur mit Erhaltung des intervokalen -gunter Einfluß von it .securo (aokz. segur) häufig anzutreffen (analog segurement, segurer, segurti); cf. s.v. asegurans. SEI num., G l «six», lt. SEX:

6856 Α sei, a dis alez la droite voie; 6867 sei, 6885 id., 7462 sei mil, 4523 sex; se BovoR 789, 803, 1229, 2859, 3653, ser BovoR 3501, se KarletoR 709, 1440, BertaMilM 404, MacaireM 280, 309, sex HuonAuvBS1910 6923. TLIX—680s.sis; GdfC X-678cs.; FEW XI-554a afr.sis, seys (Maine 1318), seix (lothr. 1266), aokz. seis; Levy VII—532bs. seis, sei, sis, chis, chiis, chiitz; DEI 3444a sei (Dante). Fr.-it. Varianten zu afr. sis, beeinflußt von it. sei; cf. noch fr.-it. si EntreeT 7163, 9509, 13841, 14624, sis «sixieme» EntreeT 8140, siz «sei» AttilaS XVI-4035. SEIEL s.m., Gl «sceau: fig. domination», lt. SIGILLUM:

5469 Mais roi clame, e tient sot son seiet / Cil bei paleis, le mur e le bur9el, (: bedouel [n], burfel). TL IX—323ss. s'eel «Siegel»; Gdf VII-352b «lettre scellee», C - X - 6 5 0 a - c ; FEW XI—593b fr .seel, 594a; Levy VII-^16bss. «Siegel»; DEI 3492bs. sigillo (Dante). Bedeutungserweiterung von seel «Siegel» zu «Herrschaft» (sonst fr.-it. auch «Siegel», cf. EntreeT 6176, 6107, 6239, EstVenL Gl u.a. Varianten). SEIGNEE s.f., G l «designation», lt. SIGNARE:

3704 Raiz e mufeil e gante par seignee, (: nomee, adornee). TL IX—332 seigniee s.f. «Bezeichnung» (EntreeT); FEW XI—600b afr. seignee EntreeT. Deverbale Ableitung von afr.mfr. seignier mit dem Suffix -ee (cf. Kap. 3.10.1.2); hapax legomenon; LEI zingata «ammiccamento» cal. DTC. 441

SEMENASON s.f., Gl «recolte (proprt, ce qui a ete seme)», lt. SEMINARE:

257 Le primer jors d'agust, qe la semenason / Sera ben recolue, (: asenbleron, departiron). TL IX—386 semaison, semoison s.f.; Gdf VII-373cs.; FEW XI-436b fr. semoison, afr. semenason EntreeT; Levy VII—554bs. semenazon «Saat»; DEI 3450a—b seminare, -agione, -azione (14Jh.). Im Afr. ist nur das dreisilbige semoison belegt, während die viersilbige Ableitung noch im It. und Aokz. auftritt; hapax legomenon für das Fr.-It. (zum Suffix -ason cf. s.v. aresteson sowie Kap. 3.10.1.2); cf. fr.-it. somener «seminare» HuonAuvPGi 4037. SEMONIR v b . , G l « s e m o n d r e » , lt. SUBMONERE:

11727 Adam, le primer hom, por lui a semonir, (: Sir, ensir); 14103 semonir, 10702 semone 3.pr.tr.; semonir PrisePampM 1082, semoni PrisePampM 2279. TL IX—413ss. semondre, somondre, 418 semoner, semonser v. FEW, Gdf; Gdf VII-374b semoner; FEW XII-346b fr. somondre, 347a aokz. somonir (1213; Gir. 14.Jh.), 348b ait.somonire, aven. somonir; Levy VII—807as.somonre, se-, somonir-, DEI 3542a somonire (13.Jh.). Während im Afr. nur somondre, sem- belegt ist, erscheinen die Formen mit Konjugationswechsel auf-ir im Aokz. und im Obit.; im Fr.-It. ist semonir in zwei Texten belegt, geläufiger sind auch hier die Formen von somondre, sem- ; LEI mehrfach auf -ir(e). SENESTRE 3.pr.intr., Gl senestrer «disparaitre», lt. SINISTER:

2172 Bien Ii gardez, char se nus en senestre, (: fenestre, nestre). TL IX—450 senestrer vb.tr. «jem. auf dessen linker Seite begleiten»; Gdf VII-379c senestrer «accompagner ä gauche»; FEW XI—649a afr. senestrer «escorter en se tenant ä la gauche de Ia personne», mfr. id., afr. sinistrer vb.tr. «faire echouer qch par maladresse» Gillon; DEI 3506a sinistrare (sinestrare) (14Jh.) «imperversare», 16Jh. «opporsi, tergiversare», vb.refl. 16Jh. «scomodarsi», aven. senesträr, frl. signisträ. Senestrer, im Afr. vereinzelt belegt, erscheint in der Bedeutung «disparaitre» nur in Entree; auch die aobit. Belege weisen diese Bedeutung nicht auf (cf. noch LEIsinistrar «slogare, lussare» triest. Pinguentini; u.a.); möglich wäre eine Bedeutungsentwicklung von «auf der linken Seite gehen / sein» > «fehlen; verschwinden»; fr.-it. noch senestroie 3. PharsaleW 1353 (cf. η p.80) (Fort furent Ii aubers qe nul non -). SENETOR s . m . , G l « s e n a t e u r » , lt. SENATUS:

4567 Le senetor de Rome est ale? a seisir; 6554 senetor, 15728 id.; senetour PrisePampM 5551, senetor PharsaleW 1075. TL IX—430s. senator; Gdf VII-376c senatour, C-X-659c senateur; FEW 442

XI—445a afr. senator, fr. senateur, afr. senetour (hap. 13.Jh.); Levy VII—562b senador; DEI 3452b senatore (san-) (14.Jh.). Variante zu afr. senator mit Reduktion des Vokals in der Mittelsilbe von a > e (im Afr. Hapax-Form, FEW), im Fr.-It. vereinzelt belegt gegenüber dem geläufigeren senator·, Thomas p.XCVIII: «francise arbitrairement». SENPITERNE a d j . , G l « s e m p i t e r n e l » , lt. SEMPITERNUS:

1995 Ο senpiterne sera la trabuchee; sempiterne HuonAuvBS1908 9581, senpiterne HuonAuvPS1908 9581, sempiterno BablnfFC 2-324. Gdf VII—374cs. sempiterne; FEW XI—444b mfr. sempiterme Chastell,sempiterne (Mist; ca. 1510); DEI 3451b sempiterno (Dante). Fr.-it. senpiterne bedeutet gegenüber den Belegen in der Galloromania eine Rückdatierung von mehr als einem Jh. (it. seit Dante). SENSIONS s.f. (Hs. sensioms), Gl «Ascension», lt. ASCENSIO:

1647 Ο jor de Sensions. TL 1—75 ascension", GdfC VIII-197b-c; FEW I—152a afr. acension, mit Deglutination des a- \ norm, le jour Cension, havr.bess. sansion\ DEI 315b ascensiöne. Auch im Afr. ist die Form mit Deglutination des anlautenden a- vereinzelt belegt, hapax legomenon im Fr.-It. (zur Aphärese des a- cf. s.v. abrandissant)\ LUlsensa mehrfach, besonders aobit., cf. Mussafia 15.Jh., avic. Bortolan, PratiEtimVen., Boerio u.a. SENTANFE 3.pr., Gl sentancer, -ger «tr. destiner; intr. emettre une opinion», lt. SENTEHNRIA:

1533 Se Rollant vos sentange / A metre vos in la prime bobance, (: venjance, bobance); 8037 sentance 3.pr.intr. (α eil chi meus —); sentance 3.pr. HectPP 616 (Gl «declarer»), *sentanze 3.pr. HectPP 398 (ms. sa entance; cf. Var. p.127) (Gl «condamner»), sentencer «ein Urteil sprechen, urteilen» HuonAuvBS1908 10126, sentinciar «id.» HuonAuvPS1908 10126, sentencier «id.» HuonAuvPS1908 10128, sentenziare «id.» HuonAuvTR f. 143r,sentange 3. AttilaS XIV—346 (Glsentanger «giudicare»); ferner HuonAuvBS 1927 12335, HuonAuvBS1908 9432, Ρ ib., HuonAuvBS1908 9936, Ρ ib., HuonAuvTR f,140r. TL IX-474senteneiier vb.intr. «ein Urteil sprechen»; GdfC X-662bsentencier tr. «juger (qqch., qqu'un) par sentence», intr. «prononcer une sentence», «donner son avis, opiner» (Est.Pasq.); FEW XI—466a fr. sentencier vb.intr. «prononcer une sentence», fr. vb.tr. «ordonner (qch) par jugement», «decider»; DEI 3455b sentenziare tr.u.intr. (14.Jh.) «emanare sentenze, giudicare; condannare per s.». Sentenger ist vereinzelt im Afr. belegt, in der Bedeutung «seine Meinung äu443

Bern» bei Est.Pasq. (Gdf); im Fr.-It. tritt es - unter dem Einfluß von it. sentenziare — mehrfach in verschiedenartigen Bedeutungen auf. SENTES 2.pr., Gl sentir «eprouver; entendre, apprendre», SENTOR s., Gl metre en — «faire sentir ses coups, endommager», ASENTIR vb.tr., Gl «sentir, comprendre», faire - «prevenir, informer», targe asentie «eprouvee par les coups», lt. SENTIRE: 986 A grant tort qe te sentes, respondre ne savrais, 12979 Mais sun haubers non le mist en senior, (: choulor, Franchor), 3630 Che je poüs conostre et asentir / Que chose est Diex, (: gehir, grai'r), 9110 Ε feisuns asentir Carluns de eist viage, 12873 Non Ii est targe que non soit asentie (ms. hasentie), (: forbie, estrouie); 8095 sente 3.pr.conj.tr. (Glpr.), 99 sintiz p.pf. «eprouve», 6948 sentu p.pf., 1555 sentis p.pf.; 14229 santor s.; sintir «sentire» AttilaS V-357,sentu p.pf. AttilaS XVI-3643 (Glsentir «udire»); sintor «rumore, frastuono, suono» AttilaS XIII-449, XIV-3972, XV-3689, XVI-3823; asentir «sentire» (faire - «informare», Gl) AttilaS XIV—299, XVI—4638 (AliscMH asentir «treffen, zustimmen» mehrfach). TL IX—478ss. sentir «fühlen, empfinden, spüren, merken», 481s. «hören», 487 senior s.f. «Geruch», I-582s. assentir vb.intr. «die Fährte finden», tr. «spüren; jem. treffen», refl. «sich bemerklich machen; feindlich zusammentreffen»; Gdf C—X—662cs. sentir «entendre», VII—383a senture «odeur», C-X-662b senteur s.f. «parfum penetrant», I-^37a-b, C-VIII-200a; FEW XI—468a «hören» afr.mfr.nfr.aokz., 469b mfr.nfr. senteur s.f. «vent d'une bete» Modus, «mauvaise odeur» (ca. 1390), «odeur (en gen.)», 472b η 5 it. sentore (seit 13.Jh.), 468a afr. assentir «faire sentir ses coups, toucher» (ca. 1190-13.Jh.), 471b mfr. assentir vb.tr. «chercher ä penetrer, ä connaitre, sonder» (14.—16.Jh.), agn. assenter vb.tr. «avoir la perception de, entendre» (ca. 1225); Levy VII-597bss. sentir «hören»; DEI 3456a sentire «udire» (Dante), sentore s.m. (13Jh.) «senso, avviso, odore, puzzo», «rumore» (14.Jh.), «sentimento» (13.Jh.); Battaglia I—758c assentire vb.tr.ant. «sentire, pereepire» (Ottimo). Sentir ist im Fr.-It. in verschiedenartigen Bedeutungen belegt, darunter auch «entendre», das, vereinzelt auch im Afr., besonders im It. erscheint (cf. Thomas Gl); senior ist in der Verbindung metre en senior in der angegebenen Bedeutung nur aus Entree bekannt; der weitere fr.-it. Beleg (AttilaS) findet nur im It. eine Entsprechung (DEI «rumore»), während im Afr. die Bedeutung «odeur etc.» überwiegt; LEI senior in verschiedenen Bedeutungen; asentir als Zusammensetzung von afr. sentir mit präfixalem a- (cf. s.v. abrandissant) ist im Afr. auch in der Bedeutung «sentir; toucher» bekannt, während die Belege für «prevenir, informer» aus Entree und Attila weitere Bedeutungsentwicklungen darstellen, die weder im Gallorom. noch im It. (LEI in anderen Bedeutungen) auftreten, sich jedoch aus diesem Stamm herleiten lassen: «sentir» > «faire sentir» > «prevenir» (nicht zu lt. ASSENTIRE, FEW I-159a, 444

TL 1-582, Gdf I-436bs., C-VIII-199cs., Battaglia I-758b-c, cf. dazu AliscMH oben, ferner ChevOgerC 1376, HuonAuvBS1911 11392). s.f., Gl «sepulture: fig. lit», lt. SEPULTURA: 2084 Iluec trova ceschuns sa sepolture / Covert de drap de Ras e de Namure, {: Rochenture, Namure). TL IX—501s. sepouture, sepulture «Begräbnis, Grabstätte»; GdfC X—664a—b; FEW XI-^85b; Levy VII-501bss.; DEI 3457a sepoltura. Sepolture in der übertragenen Bedeutung «lit», «Bettlager (nicht für Tote)» ist nur aus dem Beleg in Entree bekannt, ansonsten auch im Fr.-It. die geläufigen Bedeutungen, cf. RolV4G 1954, HectVML 1286,1673,1807, PharsaleW 227, 291, MPoloB 31-5, 31-6 u.a.

SEPOLTURE

s.f. (ms. semille), Gl «agrafe (de la pelerine)», lt. SERRACULUM: 875 Desor mist un claveins dont d'or fu la seraille, (: maille, meaille); seraille s.f. HuonAuvBS1908 9438, seraia HuonAuvPS1908 9438 (HuonAuvPGi 4110, Gl s.f. «chiusura»). TL IX—544 serraille s.f. «Türschloß, Verschluß» v. Gdf; Gdf VII-396b serraille, seraille; FEW XI—528a afrb. saraille «serrure» (15.Jh.), mfr. seraille MirND, 529a η 1 afr. seraille «agrafe» EntreeT «wohl aus Oberitalien übernommen» ; Levy VII—613bs.serralha, sar-; DEI 3463a—bserräglio (serraglia) (13.Jh.). Die fem. Ableitung von lt. SERRACULUM ist besonders im Obit, gebräuchlich (aven. seraja «Schlüssel», piem. saraia «Riegel» u.a., FEW XI—529a; LEI mehrfach), während es im Gallorom. nur im Süden und vereinzelt im Mfr. im Norden (Mundarten) auftritt; aus dem Fr.-It. sind nur die drei genannten Belege bekannt, wobei insbesondere die Bedeutung «agrafe» in Entree auffällt.

SERAILLE

s.m., Gl «serpent», adj.f., Gl Serpentin «de serpent», lt. SERPENS: 2099 Ν'ait plus vers toi revel c'un serp que l'en scon jure, 12581 Coverte estoit de serpentine teste; 6956 serpentine s. «serpent», 3411 sarpantine s.; serpe s.f. BovoR 3625; serpentin s. PrisePampM 3255, serpentine s. PharsaleW 1591. ThlX.—542 serpentin adj., 542s. serpentine s.f.; GdfVII—395b, C—X—667a—b; FEW XI—521b agask. serps s.f. «serpent» (hap. ca. 1140), aokz. serp (ca. 1170-14.Jh.), 523b n i l fr.-it. serp s.m. EntreeT Lehnwort aus dem Ait., 520b fr. serpentin adj., 521a afr.mfr. «les serpents», afr. sarpantine EntreeT; Levy VII-610a-b serp s.m.u.f.; DEI 3461b serpe s.m. (f.pop.u.dial.) (13Jh.), 3462a serpentino adj. (13.Jh.). Serp s., im Afr. und Mfr. nicht bekannt, ist im It. und Aokz. geläufig, während aus dem Fr.-It. nur wenige Belege anzuführen sind; serpentin(e) tritt auch im Gallorom. als adj. und als s.f. auf, sarpantine ist eine lautliche Variante des Fr.-It. aus Entree (zu serp s. in FEW XI-523b n i l : statt f. lies m.).

SERP

SERPENTINE

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SERVIOR s . m . , G l « s e r v i t e u r » , lt. SERVITOR:

3097 Che ne sevent conostre servier, (: celor, jor); 4450 servior, 4632 id., 6783 id., 10947 id., 12240 id., 7559 servitor; serviour PrisePampM 858, 5657, serveors PNovQuatF 70, 71, 102. TL IX—562s. serveor s.m. «Diener» (PNovQuatF, PrisePampM, EntreeT), 576 servitor·, Gdf VII-401b serveor; FEW XI-546b afr. serveor (ca. 1245; 1305), serveour, servior (2.H.13.Jh., EntreeT); Levy VII-619bs. servidor; DEI 3465a servitöre (servidore ant. 13.Jh.) s.m. (14.Jh.). Die erbwörtlich entwickelte Form von lt. SERVITOR, im Afr. vereinzelt belegt, ist im Fr.-It. mehrfach erhalten, doch macht sich hier auch der Einfluß der it. Formen servitöre (servidore) mit Erhaltung des Dentals (im Afr. servitor, serviteur, Entlehnungen) bemerkbar; cf. noch fr.-it. servieur s.m. RolV4G 5711 (: escuer, parier); LEIserviöre «servo» apad. Ende 14.Jh. BibbiaFolena.

SEVRAILLE s.f., Gl «separation, depart», SEVRANCE s.f., Gl «separation, depart», DESEVROISON s.f., Gl desevreison

«separation, depart», lt. SEPARARE:

878 Marsille Ii dona, quant de lui fist sevraille, (: taille, baille), 6621 Car je lui em plevi quant fi ver il sevrance, (: France, fiance), 14792 Ε vos proi, qant de vos ferai desevroison, (: pon, oreison); 701 desevreisons (ms. deureisons, Hs. dreu-, r expunktuiert); sevrange PassChristApresB 521, seurance RoIV7F 271-8 (RolCF 276-8: seurace), 328-11, RolCF 333-11, 332-33, saurance RolV7F 327-33, sevrange AttilaS 11-705; desevreson PrisePampM 3034, desevreison PrisePampM 3799, desevrason HuonAuvBS1910 6748, desevreson PharsaleW 2941, desevresons PharsaleW 739. TL IX—606 sevraille s.f. «Schlitz in einem Kleidungsstück», 606s. sevrance, severance «Trennung», 11—1752 dessevraison s.f. (R Alix., EntreeT); Gdf VII-411a, II-655a; FEWXI—473b mfr.sevraille s.f. «separation, fente dans une pi£ce de vetement» (1352, Gay), afr. sevrance s.f. (besonders agn.pik. 12—14.Jh.), 474a afr. dessevreison «action d'abandonner»,desevreison «separation», desevrison (ca. 1180), dessevroison (hap. 13.Jh.); DEI 3456b separanza (ant., 13Jh.); Battaglia IV-766c disseparazione s.f.lit. (splt. DISSEPARATIO).

Deverbale Ableitungen von lt. SEPARARE; während sevraille in der Bedeutung «Trennung» im Nordfr. und im Fr.-It. nur je einmal belegt ist, tritt sevrance sowohl im Afr. als auch im Fr.-It. (Einfluß von it. separanza) häufiger auf; desevroison als Ableitung von afr. dessevrer mit dem im Fr.-It. geläufigen Derivationssuffix-esonf-oison (cf. s.v.aresteson sowie Kap. 3.10.1.2) ist im Fr.-It. mehrfach belegt; daneben erscheinen im Fr.-It. noch desevree, desevrance, desevremant (PrisePampM 89), desevraille (PharsaleW 894). 446

si adv., Gl «oui», AUSSIN adv., Gl —, «aussi», AISIN adv., Gl «aussi», lt. SIE:

514 Or nos mandez osi ο non / Que devons feir (ms. Β ou oil ou non), 15690 Le vis le baise e la boche aussin, (: ermin, orfanin), 14272 Ancor est il mon per joune, e vos aisin, (: acerin, matin); 3956 si (n'i respont si ni con, Gl «ni oui ni comment, ni oui ni non»); 14517 ausint; si, si RolV4G 5172; ausin «cosi» AttilaS 11—1373, ausint FaramonB p.198, MPoloB 21-9 («aussi»), 47-28, 55-10,90-17, 70-31, 84-19,ausint «ainsi» MPoloB mehrfach (5-6, 24-8, 25-3, 36-15, 37-41, 38-11, 74-28, 74-29, 86-17, 86-33 u.a.). TL IX—613ss.it adv. «so», I—682ss.aussi adv. (ausin, ausinc, aussins, ausint)', Gdf VII—413ass., I—238b-c adv. «aussi», par confusion «ainsi», C-VIII—87b-c; FEW XI-573a fr. si «adverbe d'affirmation», 576a afr. ausi, fr. aussi, b afr. aussint adv.; Levy VII—642bss., 651a—b «ja»; DEI 3487bsi. Fr.-it. si «oui» weist den Einfluß der it. Bejahungspartikel si auf; bezeichnend für Entree ist die vom Schreiber Β vorgenommene Korrektur (cf. ms.); für fr. aussi sind die Formen mit Nasalierung des Endvokals im Fr.-It. geläufig (auch im Afr.); aisin ist eine Hapax-Form des Fr.-It.; z.T. hat auch im Fr.-It. eine Vermischung von «aussi» mit «ainsi» stattgefunden, so daß eine strikte Trennung auch im weiteren Kontext nicht immer möglich ist; cf. in diesem Zusammenhang noch die im Fr.-It. übliche Nasalierung des Endvokals bei ensin, ensint, PassChristApresB 83, MPoloB 158-46, 158-51, EstVenL 2—8-1 u.a.; LEI insi «cosi» mehrfach; cf. fr.-it. insin «cosi» AttilaS Gl. siGE s.m., Gl - , «siege», ASIGER v b . , G l « a s s i e g e r » , lt. SEDICARE:

12098 Α Pampalune Karle Ii sige mist, 6746 Cil chi fusent a Noble asiger, {·. restaurer, visiter); 6724asigon 4.pr.tr. (Hs. eher: asicon), 6722 asige p.pf. (n: asise), 15129 asixe p.pf.f.; sige RenMontVT 1436,HuonAuvBS1927 11614;