Lex Sportiva: Zur Verfassung der transnationalen Dopingregulierung [1 ed.] 9783161615672, 9783161615689, 3161615670

Die Lex Sportiva stellt ein hoch aktuelles und zugleich grundsätzliches Thema der modernen Privatrechts- und Regulierung

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German Pages [276] Year 2022

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einführung
A. Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse
B. Gang der Untersuchung
Erstes Kapitel: Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva
A. Ausgangssituation
B. Lex Sportiva – eine Annäherung
C. Transnationalisierung des Rechts
I. Rechtspluralismus
1. Klassischer Rechtspluralismus
2. Globaler Rechtspluralismus
3. Festzuhaltendes
II. Transnationales Recht – Verwendungskontexte
1. Die Anfänge – Jessup – ein frühes Verständnis von transnationalem Recht
2. Post-etatistisches Konzept
3. Funktionales Verständnis von transnationalem Recht und der Lex Sportiva
Zweites Kapitel: Die Organisationsstruktur des Sports
A. Einführung
B. Der staatliche Rahmen privater Selbstregulierung im Sport
I. Der Status der nationalen Sportverbände
II. Der Status der internationalen Sportverbände
C. Organisationsstruktur der Sportverbände
I. Ein-Platz-Prinzip und Monopolstruktur der internationalen Sportverbände
II. Bindungswirkung des nationalen und internationalen Verbandsrechts
1. Der Fall SV Wilhelmshaven
2. Zur Wirkungserstreckung der Regelwerke im Detail
a) Die satzungsrechtliche Lösung
aa) Bindung kraft statischer Verweisungen
bb) Bindung kraft dynamischer Verweisungen
b) Individualrechtliches Modell
aa) Wettkampfmeldung, Teilnahme- oder Nominierungsvertrag
bb) Lizenz- bzw. Athletenvereinbarung
D. Festzuhaltendes
Drittes Kapitel: Das transnationale Anti-Doping-Regime
A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC
I. Gründung und institutioneller Aufbau der WADA
1. Die Gründung der WADA
2. Stiftungszweck
3. Institutioneller Aufbau der WADA
a) Foundation Board
b) Executive Committee
4. Sitz der Stiftung
5. Festzuhaltendes
II. Der Normsetzungsprozess
1. Erste Phase: 2000 bis Mai 2002
2. Zweite Phase: Juni bis Oktober 2002
3. Dritte Phase: November 2002 bis Februar 2003
4. Vierte Phase: Die Konferenz von Kopenhagen
III. Das Welt-Anti-Doping-Programm
1. Der WADC
2. International Standards
3. Models of Best Practice
IV. Festzuhaltendes
B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC
I. Die Rechtsnatur des WADC
II. Die Umsetzung des WADC
1. Der multilaterale Rechtrahmen
2. Das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport 2005
3. Das deutsche Gesetz gegen Doping im Sport
4. Bindungswirkung des WADC
5. Die Umsetzung des WADC durch die NADOs
6. Festzuhaltendes
III. Die Durchsetzung des WADC
1. Einführung
2. Eigenständige Durchsetzung des WADC durch die Sportverbände und NADOs
a) Die Dopingkontrolle gemäß Art. 5. NADC
b) Das Ergebnismanagement gemäß Art. 7 NADC
c) Das Disziplinarverfahren gemäß Art. 12.1 NADC
aa) Zuständigkeit
bb) Der Sanktionskatalog des NADC
3. Staatlich-private Kooperationsformen zur Durchsetzung des WADC
4. Festzuhaltendes
Viertes Kapitel: Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit
A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung – von der Notwendigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport
I. Die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Rechtsverkehr
II. Zur Notwendigkeit der Schiedsgerichtbarkeit im Sport
1. Entscheidungskonzentration vs. Zuständigkeitsvielfalt
2. Keine Lösung durch Gerichtsstandsvereinbarungen?
3. Forum Shopping und die Bedeutung des anzuwendenden Kollisionsrechts
4. Rechtswahlklauseln und unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe
III. Festzuhaltendes
B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit
I. Die private Schiedsgerichtsbarkeit als Ausdruck bürgerlicher Freiheit
II. Der verfassungsrechtliche Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit
III. Internationale Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit
IV. Rechtsstaatliche Bindungen der privaten Schiedsgerichtsbarkeit
V. Zur Abgrenzung von Verbandsgerichten und echten Schiedsgerichten
VI. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS vor staatlichen Gerichten im Überblick
1. Rechtsschutz gegen Schiedssprüche des CAS in Deutschland
2. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS in der Schweiz
a) Anfechtungsklage gemäß Art. 190 Abs. 2 IPRG
b) Revision
VII. Festzuhaltendes
C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte
I. Gründung
II. Von der Gründung des CAS bis zur Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts
III. Die Gundel-Entscheidung des BG, BGE 119 II, 271
IV. Der Reformprozess und die schrittweise Anerkennung des CAS durch die internationalen Sportverbände
1. Die Strukturreform 1994
2. Die Lazutina/Danilova-Entscheidung, BGE 129 III 445
3. Anerkennung durch die großen Verbände IAAF und FIFA
V. Vom WADC 2003 bis zur ständigen Einrichtung der ADD 2019
VI. Festzuhaltendes
D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019
I. International Council of Arbitration for Sport (ICAS)
1. Kompetenzen
2. Zusammensetzung und Beschlussfassung
3. Finanzierung
4. Festzuhaltendes
II. Die drei Spruchkammern des CAS im Überblick
III. Die Anti-Doping-Division des CAS
1. Ausgangspunkt Schiedsklausel
2. Das Verfahren vor der ADD
a) Die ADD als erste Instanz
b) Die ADD als einzige Instanz
3. Der Verfahrensgang vor der ADD im Überblick
4. Festzuhaltendes
Fünftes Kapitel: Die Verfassung der Lex Sportiva
A. Zur Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime
I. Legitimation im Nationalstaat
II. Konstitutionalisierungsprozesse außerhalb des Nationalstaats
1. Konzept
2. Konstitutionalisierung der transnationalen Dopingregulierung
a) Fremdkonstitutionalisierung
b) Eigenkonstitutionalisierung
aa) Die Entwicklung einer konsistenten Spruchpraxis durch den CAS
bb) Adaption nationaler Rechtsgrundsätze und Herausbildung eines regimespezifischen Beweismaßes in Dopingfällen
(1) Die Adaption staatlicher Rechtsgrundsätze durch den CAS
(2) Die Herausbildung regimespezifischen Rechts durch die Entwicklung eines eigenen Beweismaßstabs in Dopingfällen
B. Festzuhaltendes
Schlussbetrachtung
Literatur- und Quellenverzeichnis
A. Literatur
B. Digitale Quellen
C. Rechtsprechung
Sachverzeichnis
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Lex Sportiva: Zur Verfassung der transnationalen Dopingregulierung [1 ed.]
 9783161615672, 9783161615689, 3161615670

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 485 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Christoph R. Möller

Lex Sportiva Zur Verfassung der transnationalen Dopingregulierung

Mohr Siebeck

Christoph R. Möller, geboren 1989; Studium der Rechts- und Sozialwissenschaften in Bremen und Belfast (UK); Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, internationales und vergleichendes Wirtschaftsrecht und Rechtstheorie an der Universität Bremen; Forschungsaufenthalt am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg; 2021 Promotion; Rechtsreferendariat am Hanseatischen Oberlandesgericht der Freien und Hansestadt Hamburg. orcid.org/0000-0002-1096-3447

ISBN  978-3-16-161567-2 / eISBN  978-3-16-161568-9 DOI 10.1628/978-3-16-161568-9 ISSN  0720-1141 / eISSN  2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Für K, G, T & L

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen im Sommersemester 2021 als Dissertation angenommen worden. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Mai 2021 berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Prof. Dr. Gralf-Peter Calliess. Er war es, der in mir das Interesse für rechtliche Phänomene jenseits der klassischen nationalstaatlichen Perspektive geweckt hat. Bedanken möchte ich mich bei ihm insbesondere auch für die Freiheiten bei der Gestaltung und sein stetes Vertrauen in das Gelingen dieser Arbeit. Außerdem für ein Arbeitsumfeld, welches den Blick über den formal-juristischen Tellerrand immer gefördert und internationale Kontakte ermöglicht hat, die mich während der Erstellung dieser Arbeit zu Konferenzen nach Basel und Den Haag geführt haben. Mein Dank gilt auch Prof. Dr. Patrick C. Leyens LL.M (London) für die umfangreiche Erstellung des Zweitgutachtens. Ich danke zudem den Mitgliedern meines Promotionskolloquiums Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano LL.M. (EUI Florenz), Prof. Dr. Lars Viellechner LL.M. (Yale) sowie Marcel Schröder und Eva Ricarda Lange für die angenehme Prüfungsatmosphäre. Mein Dank gilt außerdem den Direktoren des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Auch danke ich dem Verlag Mohr Siebeck für die Aufnahme der Arbeit in sein Verlagsprogramm. Dem Max-Planck-Institut in Hamburg gebührt ohnehin ein großer Dank. Seit dem Frühjahr 2020 war das Institut für mich so etwas wie Arbeits- und Rückzugsort zugleich. Trotz aller Widrigkeiten der Corona-Pandemie hat mir das Institut einen langfristigen Forschungsaufenthalt ermöglicht, ohne den die Fertigstellung dieser Arbeit nicht denkbar gewesen wäre. Herrn Dr. Christian Eckl vom Max-Planck-Institut danke ich für die redaktionellen Anmerkungen und Unterstützung bei der Veröffentlichung meines Manuskripts. Die Studienstiftung ius vivum hat die Drucklegung mit einem großzügigen Kostenzuschuss unterstützt. Danken möchte ich an dieser Stelle darüber hinaus meinen Kolleginnen und Kollegen an der Univer­sität Bremen, die mir wichtige Diskussionspartner:innen und Ratgeber:innen waren. Großer Dank gebührt in diesem Zusammenhang auch Margrit Knipper, Henri Ohlmann und den studentischen Hilfskräften am Institut

VIII

Vorwort

für Handelsrecht Dania Küsel, Mareike Gerken und Rudolf Lichtner, die ebenfalls maßgeblich zur Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen haben. Der größte Dank gebührt aber meinen Freunden und meiner Familie. Ohne sie hätte ich diese ohne Zweifel nervenaufreibende Phase meines Lebens nicht bzw. nicht so gut überstanden. Ich danke meinen langjährigen Wegbegleitern aus Münster Aljoscha, David, Felix, Julius, Marvin, Moritz, Niklas, Sebastian, Sven, Tim und Thorben für ihre Freundschaft und die vielen schönen Aktivitäten abseits der juristischen Arbeitswelt. Ein ganz besonderer Dank gebührt auch meinen Freund:innen und Weggefährt:innen, die ich in den vergangenen Jahren in Bremen und Hamburg kennen und schätzen lernen durfte. Als ich im Oktober 2010 nach Bremen kam, hätte ich mir nie träumen lassen, welch großes Abenteuer auf mich wartete. Vielen Dank Alexander, Christian, Hannah, Johannes, Lisa, Lena, Lukas, Manuel, Mascha und Torben. In diese Reihe gehören natürlich auch Laura, mit der ich mich regelmäßig auf Erdbeerenjagd begeben habe, und Martin, ohne den ich wohl zwischenzeitlich den Glauben an die Rechtswissenschaft verloren hätte. Das gilt ebenfalls für Paul. Ohne Dich hätte ich so oft nicht weitergewusst. Danke für Dein stets offenes Ohr, Dein großes Herz und die vielen schönen gemeinsamen Erlebnisse. Dies ist aber in großem Maße auch ein Buch von Jonas. Dir gebührt an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank. Lange Nachmittage zwischen Fußball und Weltpolitik sorgten für die notwendige Zerstreuung. Vor allem aber hast Du durch Deine unermüdliche Hingabe und Dein konzentriertes Lektorat maßgeblich zum Erscheinen dieser Arbeit beigetragen. Für die liebevolle Begleitung und Unterstützung in all den Jahren danke ich meinen Großeltern und auch Johanna, Hartmut und Nora. Meinen Eltern Klaus und Gabriele bin ich sehr dankbar für ihre Großzügigkeit und Gelassenheit und dafür, dass sie mich nie mit meinen Wünschen und Fragen alleingelassen haben. Vor allem aber dafür, dass sie nie gefragt haben, was es bringt und ob es lohnt. Meinem Bruder Thorben und Jana danke ich für lange Telefonate zwischen Hamburg und Köln und die innige Freundschaft, die uns verbindet. Schließlich möchte ich diese Zeilen auch nutzen, um mich bei Lena zu bedanken. Danke für Deine große Geduld mit mir und dafür, dass Du mir in dieser nicht immer einfachen Lebensphase ein Zuhause gegeben hast. Es ist ein großes Glück Dich an meiner Seite zu haben. Dir und meiner Familie ist dieses Buch gewidmet. Hamburg im März 2022

Christoph R. Möller

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse . . . . . . . . . . 4 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva . . . . . 7 A. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 B. Lex Sportiva – eine Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 C. Transnationalisierung des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports . . . . . . . 35 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Der staatliche Rahmen privater Selbstregulierung im Sport . . . . . . 36 C. Organisationsstruktur der Sportverbände . . . . . . . . . . . . . . . . 43 D. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime . . . . . 66 A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC . . . 72 B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC . . . . . . . . 92

Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung – von der Notwendigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 139

X

Inhaltsübersicht

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . 161 D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019 . . . . . . . . . . . . . . . 174

Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva . . . . . . . . . . 191 A. Zur Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime . . . . . . . 196 B. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse . . . . . . . . . . 4 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva . . . . . 7 A. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 B. Lex Sportiva – eine Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 C. Transnationalisierung des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Rechtspluralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1. Klassischer Rechtspluralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2. Globaler Rechtspluralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Transnationales Recht – Verwendungskontexte . . . . . . . . . 28 1. Die Anfänge – Jessup – ein frühes Verständnis von transnationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Post-etatistisches Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Funktionales Verständnis von transnationalem Recht und der Lex Sportiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports . . . . . . . 35 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Der staatliche Rahmen privater Selbstregulierung im Sport . . . . . . 36 I. Der Status der nationalen Sportverbände . . . . . . . . . . . . . 37 II. Der Status der internationalen Sportverbände . . . . . . . . . . 40 C. Organisationsstruktur der Sportverbände . . . . . . . . . . . . . . . . 43

XII

Inhaltsverzeichnis

I.

Ein-Platz-Prinzip und Monopolstruktur der internationalen Sportverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Bindungswirkung des nationalen und internationalen Verbandsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Der Fall SV Wilhelmshaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Zur Wirkungserstreckung der Regelwerke im Detail . . . . . . 54 a) Die satzungsrechtliche Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Bindung kraft statischer Verweisungen . . . . . . . . . . 55 bb) Bindung kraft dynamischer Verweisungen . . . . . . . . 56 b) Individualrechtliches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Wettkampfmeldung, Teilnahme- oder Nominierungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Lizenz- bzw. Athletenvereinbarung . . . . . . . . . . . . 62

D. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime . . . . . 66 A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC . . . 72 I. Gründung und institutioneller Aufbau der WADA . . . . . . . . 72 1. Die Gründung der WADA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Stiftungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Institutioneller Aufbau der WADA . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Foundation Board . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Executive Committee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Sitz der Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 5. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Der Normsetzungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Erste Phase: 2000 bis Mai 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2. Zweite Phase: Juni bis Oktober 2002 . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Dritte Phase: November 2002 bis Februar 2003 . . . . . . . . . 85 4. Vierte Phase: Die Konferenz von Kopenhagen . . . . . . . . . 85 III. Das Welt-Anti-Doping-Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Der WADC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. International Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3. Models of Best Practice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 IV. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC . . . . . . . . 92 I. Die Rechtsnatur des WADC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Die Umsetzung des WADC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Der multilaterale Rechtrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport 2005 . 99 3. Das deutsche Gesetz gegen Doping im Sport . . . . . . . . . . 101 4. Bindungswirkung des WADC . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Inhaltsverzeichnis

XIII

5. Die Umsetzung des WADC durch die NADOs . . . . . . . . . 104 6. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 III. Die Durchsetzung des WADC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Eigenständige Durchsetzung des WADC durch die Sportverbände und NADOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Die Dopingkontrolle gemäß Art.  5. NADC . . . . . . . . . . 111 b) Das Ergebnismanagement gemäß Art.  7 NADC . . . . . . . 113 c) Das Disziplinarverfahren gemäß Art.  12.1 NADC . . . . . . 115 aa) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Der Sanktionskatalog des NADC . . . . . . . . . . . . . 116 3. Staatlich-private Kooperationsformen zur Durchsetzung des WADC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung – von der Notwendigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 I. Die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 II. Zur Notwendigkeit der Schiedsgerichtbarkeit im Sport . . . . . 127 1. Entscheidungskonzentration vs. Zuständigkeitsvielfalt . . . . . 128 2. Keine Lösung durch Gerichtsstandsvereinbarungen? . . . . . . 131 3. Forum Shopping und die Bedeutung des anzuwendenden Kollisionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4. Rechtswahlklauseln und unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe . . 135 III. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 139 I. Die private Schiedsgerichtsbarkeit als Ausdruck bürgerlicher Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 II. Der verfassungsrechtliche Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit . 141 III. Internationale Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . 142 IV. Rechtsstaatliche Bindungen der privaten Schiedsgerichtsbarkeit 144 V. Zur Abgrenzung von Verbandsgerichten und echten Schiedsgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 VI. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS vor staatlichen Gerichten im Überblick . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Rechtsschutz gegen Schiedssprüche des CAS in Deutschland . . 151 2. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

XIV

Inhaltsverzeichnis

a) Anfechtungsklage gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG . . . . . . . 155 b) Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 VII. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . 161 I. Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 II. Von der Gründung des CAS bis zur Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts . . . . . . . . . . . . . . . 164 III. Die Gundel-Entscheidung des BG, BGE 119 II, 271 . . . . . . . 165 IV. Der Reformprozess und die schrittweise Anerkennung des CAS durch die internationalen Sportverbände . . . . . . . . . . . . . 168 1. Die Strukturreform 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Die Lazutina/Danilova-Entscheidung, BGE 129 III 445 . . . . . 169 3. Anerkennung durch die großen Verbände IAAF und FIFA . . . 170 V. Vom WADC 2003 bis zur ständigen Einrichtung der ADD 2019 171 VI. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019 . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. International Council of Arbitration for Sport (ICAS) . . . . . . 175 1. Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Zusammensetzung und Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . 176 3. Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 4. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Die drei Spruchkammern des CAS im Überblick . . . . . . . . 181 III. Die Anti-Doping-Division des CAS . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Ausgangspunkt Schiedsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Das Verfahren vor der ADD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Die ADD als erste Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Die ADD als einzige Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 3. Der Verfahrensgang vor der ADD im Überblick . . . . . . . . . 187 4. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva . . . . . . . . . . 191 A. Zur Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime . . . . . . . 196 I. Legitimation im Nationalstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Konstitutionalisierungsprozesse außerhalb des Nationalstaats . 197 1. Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Konstitutionalisierung der transnationalen Dopingregulierung . 200 a) Fremdkonstitutionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Eigenkonstitutionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Die Entwicklung einer konsistenten Spruchpraxis durch den CAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Inhaltsverzeichnis

XV

bb) Adaption nationaler Rechtsgrundsätze und Herausbildung eines regimespezifischen Beweismaßes in Dopingfällen . 209 (1) Die Adaption staatlicher Rechtsgrundsätze durch den CAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (2) Die Herausbildung regimespezifischen Rechts durch die Entwicklung eines eigenen Beweismaßstabs in Dopingfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

B. Festzuhaltendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 A. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Digitale Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 C. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

Abkürzungsverzeichnis a. A. AAA AAD Abl.

anderer Ansicht American Arbitration Association Appeals Arbitration Division Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften / Amtsblatt der Europäischen Union AcP Archiv für die civilistische Praxis ADAMS Anti-Doping Administration and Management System ADD Anti-Doping Division AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AFC Asiatische Fußball-Konföderation AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AIOFW Association of International Olympic Winter Sports Federations AMG Arzneimittelgesetz ANOC Association of National Olympic Committees AnwBl. Anwaltsblatt APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte ARAF All-Russia Athletic Federation (später RusAF) ARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Art. Artikel ASA Association Suisse de l’Arbitrage ASDA Australian Sports Drug Agency ASOIF Association of Summer Olympic International Federations ATP Association of Tennis Professionals BALCO Bay Area Labaratory Co-Operative Bd. Band BDR Bund Deutscher Radfahrer BG Schweizerisches Bundesgericht BGB Bürgerliches Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland BGBl. Bundesgesetzblatt BGE Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts (amtliche Sammlung) BGG Bundesgerichtsgesetz (Schweiz) BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Brüssel Ia-VO Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

BV Bundesverfassung (Schweiz) BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung) bzw. beziehungsweise ca. circa CAF Confédération Africaine de Football CAS Court of Arbitration for Sport CAS-Code Code of Sports-related Arbitration CCES Canadian Centre for Ethics in Sport CH-ZPO Schweizerische Zivilprozessordnung CNN Cable News Network CONCACAF Confederation of North, Central America and Caribbean Association Football CONMEBOL Confederação Sul-Americana de Futebol CSR Corporate Social Responsibility d. h. das heißt dies. dieselbe ders. derselbe DESG Deutscher nationaler Fachverband für Eisschnelllauf DFB Deutscher Fußball-Bund DFL Deutsche Fußball Liga DIS Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DOSB Deutscher Olympischer Sportbund DÖV Die Öffentliche Verwaltung, Zeitschrift für Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaften dpa Deutsche Presse-Agentur DSB Deutscher Sportbund DZSM Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin ebd. ebenda EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EPO Erythropoietin EU Europäische Union EuR Zeitschrift Europarecht EuÜ Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961 EuZVR Europäisches Zivilverfahrensrecht f. / ff. folgend(-e) FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung FEI Fédération Equestre Internationale FIA Fédération Internationale de l’Automobile FIBA Fédération Internationale de Basketball FIFA Fédération Internationale de Football Association FINA Fédération Internationale de Natation FIS Fédération Internationale de Ski Fn. Fußnote GAISF Global Association of International Sports Federations GG Grundgesetz

Abkürzungsverzeichnis

XIX

GRCH Charta der Grundrechte der Europäischen Union HGÜ Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen h. M. herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber IAAF International Amateur Athletics Federation, seit 2019 World Athletics IBU International Biathlon Union ICANN Internet Corporation for Assigned Names and Numbers ICAS International Council of Arbitration for Sport ICC International Chamber of Commerce ICDR International Centre for Dispute Resolution IICGADS International Intergovernmental Consultative Group on Anti-Doping in Sport Incoterms International Commercial Terms Interpol International Criminal Police Organization IO Internationale Organisation IOC International Olympic Committee IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IPRG Schweizer Bundesgesetze vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht i. S. d. im Sinne der ISLJ International Sports Law Journal ISU International Skating Union ITA International Testing Agency ITU International Triathlon Union i. V. m. in Verbindung mit IWF International Weightlifting Federation JR Juristische Rundschau JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung (Zeitschrift) KJ Kritische Justiz LCIA London Court of International Arbitration LG Landgericht lit. litera LTO Legal Tribune Online LugÜ Lugano Übereinkommen von 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen m. w. N. mit weiteren Nachweisen Marq. Sports L. Rev Marquette Sports Law Review McGill J. of McGill Journal of Dispute Resolution   Disp. Resol MüKo Münchener Kommentar NADA Nationale Anti-Doping Agentur Deutschland NADC Nationaler Anti-Doping Code NADO Nationale Anti-Doping-Organisation NFV Norddeutscher Fußball-Verband NGO Non-Governmental Organization

XX

Abkürzungsverzeichnis

NJW Neue Juristische Wochenschrift no. number NOK Nationales Olympisches Komitee Nr. Nummern NYT New York Times NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht OAD Ordinary Arbitration Division OFC Oceania Football Confederation OLG Oberlandesgericht OMADC Olympic Movement Anti-Doping-Code PECL Principles of European Contract Law PHBSportR Praxishandbuch Sportrecht PICC Principles of International Commercial Contracts RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RJ Rechtshistorisches Journal Rn. Randnummer Rom  I-VO Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  I) Rom  II-VO Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  II) RSTP Regulations on the Status and Transfer of Players RUSADA Russian Anti-Doping Agency S. Seite resp. Satz SAIDS South African Institute for Drug-free Sport SchiedsVZ Zeitschrift für Schiedsverfahren SIAC Singapore International Arbitration Centre SJZ Schweizerische Juristen-Zeitung sog. Sogenannte(-n) SpuRt Zeitschrift für Sport und Recht SRF Schweizer Radio und Fernsehen StPO Strafprozessordnung st. Rspr. ständige Rechtsprechung SVW SV Wilhelmshaven SZ Süddeutsche Zeitung TUE Therapeutic Use Exemption UCI Union Cycliste Internationale UEFA Union of European Football Associations UNCITRAL United Nations Commission on International Trade Law UNCITRAL-ML Model Law on International Commercial Arbitration UNIDROIT Institut international pour l’unification du droit privé USADA United States Anti-Doping Agency UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization vgl. vergleiche VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer WADA World-Anti-Doping-Agency WADC World-Anti-Doping-Code

Abkürzungsverzeichnis WADP World-Anti-Doping Program WIPO World Intellectual Property Organization z. B. zum Beispiel ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfRSoz Zeitschrift für Rechtssoziologie ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht zit. zitiert ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung (Bundesrepublik Deutschland) ZRG Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ZWeR Zeitschrift für Wettbewerbsrecht

XXI

„First of all: no sports!“ Vermeintliche Antwort Winston Churchills auf die Frage nach seinem Rezept für ein langes Leben.

Einführung „Russian Insider Says State-Run Doping Fueled Olympic Gold“: Am 12. Mai 2016 veröffentlichte die Tageszeitung New York Times auf ihrer Titelseite einen Bericht, der die internationale Sportwelt erschütterte.1 Grigory Rodchenkov, ehemaliger Leiter des russischen Anti-Dopinglabors, wurde zum Whistleblower eines der größten Dopingskandale der Olympischen Geschichte.2 Den inzwischen verifizierten Aussagen Rodchenkovs zufolge, habe der russische Staat ihn damit beauftragt, ein zuverlässiges System zur Vermeidung positiver Dopingtests russischer Athleten3 während der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 zu entwickeln. Einfach zusammengefasst funktionierte das System wie folgt: Nachts, während das für die Olympischen Spiele eingerichtete Dopinglabor nicht unter der Bewachung von unabhängigen Beobachtern der World-Anti-Doping-Agency (WADA) stand, ersetzten Mitglieder des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB heimlich Urinproben russischer Athleten. Die mit leistungssteigernden Substanzen verunreinigten Proben wurden durch sauberen Urin ersetzt, der im Vorfeld der Spiele gesammelt worden war.4 Laut Rodchenkov waren Dutzende russische Athleten bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi Teil des staatlichen Dopingsystems, darunter mindes1  Ruiz/Schwirtz, Russian Insider Says State-Run Doping Fueled Olympic Gold, NYT, 12.05.2016. 2  Ein eindrucksvolles Zeugnis der Rolle Rodchenkovs im staatlich geförderten Dopingprogramm während der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 liefert die oscarprämierte Netflix-Dokumentation „Icarus“ von Bryan Fogel. Die Dokumentation wurde am 17.01.2017 erstmals ausgestrahlt und ist auf der Website des Streamingdienstes Netflix abrufbar. 3  An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass in der Arbeit ausschließlich das generische Maskulinum verwendet wird. Weibliche und diverse Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist. 4  Für eine detaillierte Beschreibung des Ablaufs und des Ausmaßes der Manipulationen siehe die von der WADA in Auftrag gegebenen Untersuchungsberichte McLaren, The Independent Person Report – Part I, 18.07.2016 und McLaren, The Independent Person Report – Part II, 09.12.2016.

2

Einführung

tens 15 Medaillengewinner.5 Das akribisch vorbereitete Doping-Programm verfolgte das Ziel, russischen Athleten bei den Olympischen Spielen im eigenen Land zu Bestleistungen zu verhelfen und damit unter den Augen der Weltöffentlichkeit den russischen Wiederaufstieg zur Weltmacht auf der größtmöglichen Bühne voranzutreiben.6 Sportlich wurde das Ziel erreicht: Am Ende der Spiele führte Russland den Medaillenspiegel in allen Kategorien an.7 Zudem wurde keiner der von Rodchenkov betreuten Athleten während der Spiele positiv auf Doping getestet.8 Das Doping-Geständnis Rodchenkovs in der New York Times offenbarte der Weltöffentlichkeit ein staatlich gesteuertes Dopingprogramm bisher unbekannten Ausmaßes.9 Die zuständigen Institutionen innerhalb der Sportwelt reagierten mit harten Sanktionen: Neben dem Ausspruch zahlreicher Einzelsperren gegenüber durch Nachtests überführten Athleten, suspendierte daraufhin auch der Leichtathletik-Weltverband IAAF den russischen Leichtathletikverband ARAF (später RusAF) und schloss ihn von der Teilnahme an internationalen Wettkämpfen aus.10 In der Folge sanktionierte auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) den systematischen Dopingmissbrauch russischer Athleten, weshalb russi5  Beteiligt waren so prominente Athleten wie der russische Bob-Pilot und Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Sotschi Alexander Subkow und der Olympiasieger von Sotschi im Skilanglauf Alexander Legkow. 6  Russland belegte bei den Olympischen Winterspielen 2010 im kanadischen Vancouver lediglich den für das Selbstverständnis Russlands als Wintersportnation enttäuschenden 11. Platz im Medaillenspiegel. Daraufhin forderte der damalige russische Ministerpräsident Dmitri Medvedev den Rücktritt ranghoher russischer Sportfunktionäre, siehe dazu Tkachenko, Medvedev calls for resignations after Russia flops at Winter Olympics, CNN, 02.03.2010; neben dem staatlich gesteuerten Doping-Programm investierte der russische Staat umgerechnet ca. 30 Milliarden Euro in die Infrastruktur und Errichtung der Sportanlagen in Sotschi, siehe dazu Aumüller, Kosten für Olympia in Sotschi: Danke, Steuerzahler, SZ, 05.12.2014; eine Analyse der geopolitischen Bedeutung des Abschneidens einer Nation bei den Olympischen Spielen ist nachzulesen bei Ford, The Geopolitics of Winter Olympic Medal Counts, The Atlantic, 07.02.2014. 7  Sowohl in der Wertung der meisten Goldmedaillen (15) als auch in der Addition aller Medaillen (33) konnte Russland die prestigeträchtige Nationenwertung vor Norwegen (11/26), Kanada (10/25) und den USA (9/28) für sich entscheiden, vgl. ARD, Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014. 8 Vgl. Ruiz/Schwirtz, Russian Insider Says State-Run Doping Fueled Olympic Gold, NYT, 12.05.2016. 9  An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bereits eine am 3. Dezember 2014 in der ARD gezeigte investigative Reportage des deutschen Sportjournalisten Hajo Seppelt erste Zweifel an der Glaubwürdigkeit der russischen Erfolge ausgelöst hatte, Seppelt, Geheimsache Doping – Wie Russland seine Sieger macht, 03.12.2014; für eine Chronologie des russischen Dopingskandals siehe SRF, Chronologie zum Dopingskandal – Seit 5 Jahren im Fokus der Dopingfahnder, 09.12.2019. 10  Siehe dazu Duval, The Russian doping scandal at the court of arbitration for sport: lessons for the world anti-doping system, ISLJ 16 (2017), S.  177–197 und Altukhov/Nauright, The

Einführung

3

sche Sportler nur unter neutraler Flagge an den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang teilnehmen konnten.11 Weitere Ungereimtheiten bei der Aufklärung des staatlich gelenkten Dopingprogramms führten schließlich im Dezember 2019 zu einer vierjährigen Sperre der Sportnation Russland durch die WADA.12 Der Dopingskandal bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi stellt nicht nur einen der bisher umfassendsten Versuche systematischen Dopingmissbrauchs in der Sportgeschichte dar, sondern hat darüber hinaus auch ein Schlaglicht auf die globale Steuerung der Dopingbekämpfung geworfen. Die Herausforderungen und Probleme grenzüberschreitender Ordnungspolitik werden in diesem Feld besonders deutlich: Der russische Staat und seine Athleten haben mit der systematischen Verwendung leistungssteigernder Substanzen während der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 nicht nur die Integrität eines der prestigeträchtigsten Sportereignisse der Welt untergraben, sondern auch gegen geltendes Recht verstoßen. Russland ist als Unterzeichner der UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport, einem völkerrechtlich bindenden Vertrag, sowohl dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Dopingbekämpfung zu ergreifen als auch die Einhaltung des privatrechtlich ausgestalteten World-Anti-Doping-Codes (WADC)13 zu überwachen.14 Darüber hinaus haben sich die Athleten mit ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen den Bestimmungen des WADC unterworfen, der die Einnahme leistungssteigernder Substanzen unter Androhung von Sanktionen verbietet.15 new sporting Cold War: Implications of the Russian doping allegations for international relations and sport, Sport in Society 21 (2018), S.  1120–1136. 11  Vgl. Pressemitteilung IOC, IOC suspends Russian NOC and creates a path for clean individual athletes to compete in Pyeongchang 2018 under the Olympic Flag, 05.12.2017 und siehe dazu auch Grohmann, Russia banned from Pyeongchang Winter Olympics, Reuters, 05.12.2017. 12  Der diesbezüglich am 09.12.2019 einstimmig ergangene Beschluss des WADA Exekutivkomitees ist abrufbar unter: ; siehe dazu auch: Panja, Russia Banned From Olympics and Global Sports for 4 Years Over Doping, NYT, 09.12.2019; mit Urteil des CAS vom 17. Dezember 2020 wurde die Sperre auf zwei Jahre reduziert, CAS 2020/O/6689 WADA v. RUSADA. 13  Der WADC wurde erstmalig im Jahre 2003 verabschiedet, trat 2004 in Kraft und wurde in der Folge mehrfach geändert. Der Arbeit liegt die zum 1. Juni 2019 verabschiedete Version WADC 2015 with 2019 amendments zugrunde. 14  Vgl. dazu z. B. Art.  3, Art.  5 und Art.  11 der UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport; siehe dazu auch die detaillierte Auseinandersetzung mit der Konvention in Kapitel 3 B. II. 2. 15  Vgl. Art.  10 und Art.  11 WADC; siehe zum Sanktionsregime des WADC Kapitel 3 B. III.; einführend zu den zwischen den Athleten und dem IOC abgeschlossenen Regelanerkennungsverträgen Reimann, Lizenz- und Athletenvereinbarungen zwischen Sportverband und Sportler, 2003 und Kapitel 2 C. 2. 2. b).

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Einführung

Die sich in dieser Einführung bereits schemenhaft abzeichnende Mehrebenenregulierung im Sport, welche sich insbesondere durch die Kombination hoheitlich gesetzter und privatrechtlich ausgestalteter Instrumente zur Koordination grenzüberschreitender Problemlagen auszeichnet, steht beispielhaft für die Koexistenz und gegenseitige Beeinflussung verschiedener, nicht notwendigerweise staatlicher Normenordnungen auf der globalen Ebene. Sie dient in der Arbeit als Fluchtpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Regulierungsstrukturen des Sports.

A. Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse Der international organisierte Sport gilt in der rechtswissenschaftlichen Literatur als Musterbeispiel privater Selbstregulierung.16 Die Notwendigkeit einheitlicher Regeln für den weltweit stattfindenden Leistungsvergleich im Spitzensport veranlasste die nationalen und internationalen Sportverbände mangels global einheitlicher Sportregulierung zu Formen der Selbstorganisation, in denen das staatliche Recht lediglich eine untergeordnete Funktion einnimmt. Der Anspruch der Sportverbände, ihre eigenen Normen zu setzen, diese anzuwenden und gegebenenfalls auch durchzusetzen, kann als das zentrale Strukturmerkmal des organisierten Sportbetriebs bezeichnet werden und blickt auf eine lange Tradition zurück.17 Vor dem Hintergrund der sich bereits vor den Ereignissen in Sotschi 2014 stetig ausweitenden Dopingproblematik im Sport wurde mit der Gründung der WADA als Stiftung schweizerischen Rechts im November 1999 ein Harmonisierungsprozess der Anti-Doping-Vorschriften initiiert, der erstmals eine weltweit einheitliche Verfolgung und Sanktionierung von Dopingmissbrauch im Sport ermöglichen sollte. Durch diesen Prozess konnte ein wechselseitig verflochtenes System staatlich-privater Rechtsvereinheitlichung etabliert werden, welches mit dem CAS zudem auf ein in der internationalen Rechtsgemeinschaft anerkanntes 16 Vgl.

dazu einführend Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S.  67 ff.; Bumke/Röthel, Privates Recht, 2012; Köndgen, Privatisierung des Rechts, AcP 206 (2006), S.  477–525 und Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, S.  198 ff. m. w. N. 17  Eine frühe Auseinandersetzung mit der Normsetzung außerhalb staatlicher Regulierung im Kontext der Global Governance Forschung findet sich bei Burnheim, Democracy, Nation States and the World System, in: Held/Pollitt (Hrsg.), New Forms of Democracy, 1986, S.  219– 239; siehe dazu ebenfalls Depping, Von Olympia bis zur lex sportiva – Gedanken zur Geschichte des Sportrechts, ZRG 127 (2010), S.  324–337; Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  39– 56 und umfassend Hilpert, Die Geschichte des Sportrechts, 2011.

A. Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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privates Schiedsgericht zur Auslegung und Anwendung der Anti-Doping Vorschriften zurückgreifen kann. Dieser neuartige hybride Regulierungsansatz18 dient dem Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit innerhalb des durch seinen internationalen Charakter geprägten Leistungssports. Der Ansatz kann als Antwort auf die allein mit herkömmlichen (national-) staatlichen Instrumenten nicht mehr zu bewältigenden globalen Herausforderungen des Sports verstanden werden. Aus diesem Grund haben sich im international organisierten Sport, im Allgemeinen und innerhalb der globalen Regulierung von Doping im Speziellen, private bzw. hybride Ordnungsmuster herausgebildet, um das Defizit an staatlich vereinheitlichter Regulierung zu kompensieren. Die dadurch entstehenden funktionalen Äquivalente zum staatlichen Recht auf den Ebenen der Rechtsetzung, -durchsetzung und -anwendung, welche in Anlehnung an die aus dem internationalen Handelsrecht bekannte Debatte um die Lex Mercatoria19 im sportrechtlichen Zusammenhang in ihrer Gesamtheit auch mit dem Begriff der Lex Sportiva umschrieben werden, bilden den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Um die komplexe Regulierungsstruktur des Sports durch private Akteure und staatliche Institutionen vollständig erfassen zu können, knüpft die Forschungsarbeit an die Vorarbeiten zur Theorie des transnationalen Rechts an.20 Der Arbeit liegt ein zweifaches Erkenntnisinteresse zugrunde. Erstens liegt ihr Interesse in der analytischen Auseinandersetzung mit den Funktionsbedingungen globaler Rechtsvereinheitlichung begründet. Mit der Methode des transnationalen Rechts soll am Beispiel der globalen Dopingregulierung herausgearbeitet werden, wie durch das Zusammenspiel privater und staatlicher Akteure Funktionsäquivalente zum staatlichen Recht auf globaler Ebene entstehen. Zweitens geht die Arbeit beruhend auf den systematischen Beobachtungen zur transnationalen Dopingregulierung der Frage nach, ob die zu beobachtenden Formen der privaten Selbst18 

Mit dem Begriff der Regulierung wird im Folgenden, einem weiten Begriffsverständnis entsprechend, die Verhaltenssteuerung durch die Setzung, Durchsetzung und Anwendung von Normen durch staatliche und nicht-staatliche Akteure verstanden. 19  Als Lex Mercatoria oder auch Law Merchant wird ein auf Verträgen beruhendes transnationales Governance-Regime bezeichnet, dessen Funktion darin besteht eine zuverlässige Vertragsdurchsetzung zu gewährleisten und damit Rechtssicherheit für den internationalen Handel zu schaffen. Das auf den Prinzipien der Partei- und Privatautonomie beruhende Regime stützt sich dabei sowohl auf private Institutionen wie die Schiedsgerichtsbarkeit als auch auf öffentliche Institutionen z. B. bei der Vollstreckung dieser Schiedssprüche, vgl. dazu instruktiv Calliess, Lex Mercatoria, in: Basedow et al. (Hrsg.), Encyclopedia of Private International Law, 2017, S.  1119–1129 und die nähere Auseinandersetzung in Kapitel 1. 20  Zur Einführung in die Theorie des transnationalen Rechts siehe den jüngst erschienenen Sammelband Zumbansen (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, 2020.

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Einführung

regulierung nicht nur effektiv, sondern im Hinblick auf die betroffenen Belange der Rechtsunterworfenen womöglich auch legitim sein können. Durch Anknüpfung an die Debatte um die Konstitutionalisierung transnationaler Rechtssysteme soll ein empirischer Beitrag für die mitunter abstrakt geführte Auseinandersetzung hinsichtlich der Legitimation transnationalen Rechts erbracht werden.

B. Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Anknüpfend an den in der Einführung skizzierten hybriden Ansatz zur globalen Dopingregulierung im Sport, sucht die Arbeit im ersten Kapitel Anschluss an die rechtswissenschaftliche Forschung zur Transnationalisierung des Rechts und die damit verbundene Debatte um die Existenz und Reichweite der Lex Sportiva. Das Kapitel legt die methodischen Grundlagen der Forschungsarbeit, verortet diese im Diskurs und bietet darüber hinaus einen theoretischen Anknüpfungspunkt für die Auseinandersetzung mit den verschränkten Regulierungsstrukturen des Sports. Das zweite Kapitel widmet sich, ausgehend von dem zuvor ausgearbeiteten Theoriekonzept, der Organisationsstruktur des Sports und versucht sich auf diese Weise dem „Staatsorganisationsrecht“ der Lex Sportiva anzunähern. Die Auseinandersetzung mit den einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Rechtsgrundlagen der Selbstregulierungsaktivitäten der Sportverbände liefert zudem in Kombination mit den theoretischen Ausführungen im ersten Kapitel das notwendige Vorverständnis für die in Kapitel drei und vier im Fokus stehende transnationale Dopingregulierung. Das dritte Kapitel widmet sich der Analyse des hybriden Regulierungsansatzes zur Bekämpfung des Dopingproblems im Sport. Das Kapitel gliedert sich in zwei Teile. Nach einer Einführung in die Dopingproblematik im Sport, wird das Zusammenspiel staatlicher, internationaler und privater Mechanismen zur Dopingregulierung auf den Ebenen der Rechtsetzung und Rechtdurchsetzung untersucht. Im sich daran anschließenden vierten Kapitel rückt die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit in den Fokus der Auseinandersetzung. Auf die Analyseergebnisse aufbauend werden in Kapitel 5 durch den Rückgriff auf das Theoriemodell der Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime die zwingenden Ordnungsmuster der globalen Dopingregulierung herausgearbeitet. Dafür werden zum einen die Eingriffsmöglichkeiten der (zwischen-) staatlichen Rechtsordnungen von außen auf das transnationale Regime verdeutlicht und zum anderen die normativen Strukturen des Regimes herausgearbeitet, also die Rechtsgrundsätze, die innerhalb des Regimes zwingend zur Anwendung gelangen und damit ebenfalls zur Beschränkung der Herrschaftsmacht der Akteure beitragen.

Erstes Kapitel

Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva A. Ausgangssituation Die rechtswissenschaftliche Auseinandersetzung mit den selbstgeschaffenen Regelwerken des Sports und der Rechtsprechung des Court of Arbitration for Sport (CAS) findet statt vor dem Hintergrund eines zunehmend kritischer werdenden öffentlichen Diskurses hinsichtlich der Selbstregulierungskräfte des international organisierten Sportbetriebes.1 Der internationale Sport weist eine lange Tradition privater Regulierungsstrukturen auf, befindet sich aber dennoch in seiner womöglich größten Reputationskrise seit dem Beginn seiner Kommerzialisierung in den 1970er-Jahren.2 Einige Beispiele sind das skizzierte russische Dopingprogramm bei den Olympischen Winterspielen 20143, die Menschenrechtslage auf den Baustellen von WM-Stadien in Katar4, massive Umweltzerstörungen im Zu-

1  Siehe z. B. Ashelm, Die Größenwahn-Branche, FAZ, 29.12.2016 und Maaßen, Das System Infantino, Deutschlandfunk, 04.11.2018. 2  Vgl. dazu Jung, Das internationale Sportverbandsrecht im Geltungsbereich des europäischen Unions- und Assoziierungsrechts, Von Bosman über Meca-Medina bis Bernard, 2017, S.  28 m. w. N.; siehe dazu auch den Sammelband von Höfling/Horst/Nolte (Hrsg.), Good Governance im Sport, 2018; zur im Zusammenhang mit der Kommerzialisierung des Sports stehenden Zunahme von Dopingvergehen seit den 1960er-Jahren siehe Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  268 ff. 3  Siehe dazu oben bereits Ruiz/Schwirtz, Russian Insider Says State-Run Doping Fueled Olympic Gold, NYT, 12.05.2016 und zum Dopingskandal bei der nordischen Ski-WM 2019 dpa, Festnahmen nach Doping-Razzien in Seefeld und in Deutschland, Tagesspiegel, 28.02.2019. 4  Human Rights Watch Beirut, Qatar: Partial Reforms Risk Undermining Progress, Important Measures, but Fall Short of Promises, Obligations, 17.01.2019 und Vohra, Glutofen WM-Baustelle Katar: Das Sterben geht weiter, Deutsche Welle, 02.09.2018.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

sammenhang mit sportlichen Großveranstaltungen5 sowie anhaltende Korrup­ tionsvorwürfe gegenüber internationalen Verbänden6.7 Parallel zu dieser unvollständigen Aufzählung des vermeintlichen Regulierungsversagens gewann der internationale Spitzensport in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend an kommerzieller Bedeutung.8 Der professionelle Sportbetrieb ist zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden, was sich sowohl in den steigenden Umsatz- und Gewinnerlösen der Vereine als auch in den stark steigenden Gehältern einiger Athleten zeigt.9 Die in den vergangenen Jahren vor allem durch die Erschließung neuer Absatzmärkte und der damit verbundenen Reichweitensteigerung generierten Umsatzzuwächse gehen einher mit einer sportartenübergreifenden Internationalisierung des Wettkampfsports.10 Nahezu alle professionell betriebenen Sportarten suchen den Vergleich auf internationaler Ebene. Der Sport hat sich zu einem globalen Phänomen entwickelt.11 Die In5 Vgl.

Sturmberg/Schroeder, Es sind Stätten gebaut worden, die man nie wieder braucht, Deutschlandfunk, 09.02.2018 und zum Raubbau an der Umwelt rund um die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 Spannagel, Olympia in Sotschi – die reinste Umweltkatastrophe, Tagesspiegel, 30.01.2014. 6  Siehe dazu vertiefend Serby, Sports Corruption: Sporting Autonomy, Lex Sportiva and the Rule of Law, Entertainment and Sports Law Journal 15 (2017), S.  1–9; Hock/Gomtsian, Pri­vate order building: the state in the role of the civil society and the case of FIFA, ISLJ 17 (2018), S.  1–19; Spiegel Thema FIFA-Skandal, abrufbar unter: und den Sammelband von Hoven/Kubiciel (Hrsg.), Korruption im Sport, 2018. 7  Insbesondere im Zusammenhang mit den negativen Folgen für die Umwelt steht die ablehnende Haltung der Bevölkerung in vielen europäischen und amerikanischen Großstädten, die bei diversen Volksbefragungen zur Bewerbung um sogenannte Mega Sporting Events wie die Austragung der Olympischen Spiele, zum Ausdruck kam, siehe dazu The Economist, The business model for the Olympic Games is running out of puff, 16.03.2017. 8  Vgl. für den Profifußball Ross/Winn/Wood/Hammond, 22. Ausgabe des „Football Money League-Reports“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte 2019; laut Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums beliefen sich die sportbezogenen Konsumausgaben alleine in Deutschland im Jahr 2015 auf 81,5 Milliarden Euro, Statistik abrufbar unter: . 9  Vgl. dazu die Rangliste „The World´s Highest-Paid Athletes“ des US-amerikanischen Magazins Forbes, abrufbar unter: ; auf die Zunahme der wirtschaftlichen Bedeutung des Sports verweist auch Stopper, Sportkartellrecht im Wirtschaftskartellrecht, SpuRt 2018, S.  190–192. 10  Ein aktuelles Beispiel für die stetige Zunahme internationaler Wettkämpfe sind die 2015 vom Europäischen Olympischen Komitee erstmals veranstalteten Europaspiele, die neben die ohnehin schon in den unterschiedlichen Disziplinen der Leichtathletik und im Schwimmen ausgetragenen Europa- und Weltmeisterschaften treten. 11  Internationale Wettkämpfe werden dabei sowohl auf Vereinsebene wie zum Beispiel Champions-League und EHF-Pokal im Handballsport als auch im Rahmen von Nationalmannschaften und Einzelsportlern (z. B. Olympische Spiele, Grand-Slam Turniere im Tennis, und

A. Ausgangssituation

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ternationalisierung des Spitzensports drückt sich dabei allerdings nicht nur in der stetigen Zunahme internationaler Wettkämpfe aus, sondern zeigt sich auch in dem Bestreben einzelner Vereine und Athleten nach Markenbildung über nationale Grenzen und Märkte hinaus.12 So haben beispielsweise die deutschen Fußballvereine FC Bayern München, Borussia Dortmund sowie die Deutsche Fußball Liga (DFL), die Interessenvertretung der Bundesligavereine, Zweigstellen in Nordamerika und auf dem asiatischen Markt eingerichtet.13 Ein weiteres sportartenübergreifendes Merkmal der Internationalisierung ist der Versuch einzelner Vereine und mitunter auch Verbände, ihre Reichweite und Popularität durch Auslandsreisen während der Spielpausen im Ligabetrieb zu erhöhen.14 Das Testspiel zwischen dem englischen Verein Manchester United und dem spanischen Klub Real Madrid in der Sommerpause der europäischen Profiligen 2014 in Ann Arbor, Michigan, erreichte mit mehr als 100.000 Stadionbesuchern einen neuen Zuschauerrekord für Fußballspiele in den USA.15 Die Marketing- und Merchandising-Maßnahmen gehen einher mit dem Einstieg ausländischer Investoren, die den Sportbetrieb als lukratives Geschäftsfeld entdeckt haben.16 Die Kommerzialisierungs- und Internationalisierungstendenzen haben mit der Zeit die zuständigen international operierenden Sportverbände zu einer stetigen Erweiterung ihrer sportverbandlichen Regelwerke veranlasst. Neben der konkreten Ausgestaltung des Wettkampfs steuern diese vermehrt auch die ökonomiWeltmeisterschaften) als globale Sportveranstaltungen ausgerichtet, vgl. dazu Vieweg, Faszination Sportrecht, in: Steiner, Udo/Walker, Wolf-Dietrich (Hrsg.), Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, Berlin 2016, S.  689–755, 712. 12  Einen Überblick über die wertvollsten Sportmarken der Welt gibt das US-amerikanische Magazin Forbes: Ozanian, The Forbes Fab 40: The World’s most Valuable Sports Brands 2017, Forbes, 24.10.2017. 13  FC Bayern München in New York City, Borussia Dortmund u. a. in Shanghai, DFL in Singapur und New York City; siehe zu den Internationalisierungsstrategien im Fußball Over­ loop, Internationalisierung professioneller Fußballclubs: Grundlagen, Status quo und Erklärung aus Sicht des Internationalen Managements, 2015. 14  Der SV Werder Bremen hielt beispielsweise im Januar 2019 sein Wintertrainingslager mit Unterstützung der DFL und in Begleitung einer Delegation von Verbandsfunktionären in Südafrika ab, um die Sichtbarkeit der eigenen Marke bzw. des deutschen Fußballs auf dem afrikanischen Markt zu erhöhen. 15 Vgl. Hammerstein, ManUnited schlägt Real vor Rekordkulisse, Spiegel Online, 03.08.2014; zudem werden mittlerweile auch offizielle nationale Wettkämpfe wie der spanische Supercup und das italienische Pokalfinale zwecks Reichweitensteigerung und finanzieller Anreize in den finanzkräftigen Emiraten am Persischen Golf ausgetragen, vgl. kritisch zu dieser Entwicklung: Schönau, Italien lädt zum Finale in Unrechtsstaat, SZ, 20.11.2018. 16  Vgl. dazu den Überblick über die zwanzig größten Investoren im Fußball von Morgen­ roth, Der Club der Fußball-Milliardäre, Handelsblatt, 15.02.2017; zu ausländischen Investoren im Handball siehe Wilkening, In die Breite gegangen, Spiegel-Online, 19.05.2017.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

schen und organisatorischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Sportart.17 So reguliert beispielsweise die FIFA den Arbeitsmarkt für Fußballspieler mithilfe eines komplexen Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern (RSTP).18 Der Verband greift damit in traditionell nationale Zuständigkeiten und die Rechtspositionen der Sportler und Vereine ein.19 Daneben ist mit dem erstmals im Jahr 2003 verabschiedeten WADC ein weltweites Regelwerk zur Verhinderung, Abschreckung und Entdeckung von Doping in Kraft getreten, das die Sportler zu regelmäßigen Tests während der Trainingsphasen und Wettkämpfe verpflichtet.20 Der WADC ist in Zusammenarbeit privater und staatlicher Institutionen entstanden.21 Das Reglement kann als privates Rahmenregelwerk oder eine Art zwingendes Modellgesetz betrachtet werden und hat ein weitgehend in sich geschlossenes globales System der Dopingbekämpfung etabliert.22 RSTP und WADC geben einen Eindruck der komplexen, sich auf mehreren, teilweise privat, teilweise staatlich miteinander verschränkten Ebenen abspielenden Regulierungsstrukturen im Sport. Die stetig steigende Komplexität der Austauschbeziehungen innerhalb der Sportwelt gepaart mit den neuen wirtschaftlichen und finanziellen Perspektiven und dem damit verbundenen Bedeutungszuwachs der handelnden Akteure haben darüber hinaus neue Konfliktpotenziale entstehen lassen, die sich in der Zunahme der sportrechtlichen Auseinandersetzungen manifestieren.23 Bis in die 1970er-Jahre war der organisierte Sportbetrieb weitgehend unberührt von staat17  Die Statuten (Satzung, Spielordnung und Rechts- und Verfahrensordnungen) des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) umfassen ca. 780 Seiten. Die aktuellen Regelwerke der UEFA ca. 1650 Seiten und der FIFA ca. 3000 Seiten (Stand 2015), zit. nach Vieweg, Faszination Sportrecht, in: Steiner, Udo/Walker, Wolf-Dietrich (Hrsg.), Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, Berlin 2016, S.  689–755, 692; vgl. dazu auch Jung, Das internationale Sportverbandsrecht im Geltungsbereich des europäischen Unions- und Assoziierungsrechts, 2017, S.  27. 18  FIFA, Regulations on the Status and Transfer of Players, 2018, abrufbar unter: . 19  Siehe vertiefend zu den FIFA-RSTP: Kleiner, Der Spielervertrag im Berufsfußball, 2013 und Zimmermann, Vertragsstabilität im Berufsfußball, 2015; weitere Beispiele für über die klassischen Spielregeln hinausgehenden Verbandsregelwerke sind u. a.: Lizenzauflagen, Bauauflagen für Wettkampfstätten und Ausschreibungen für Großveranstaltungen. 20  Siehe dazu im Einzelnen Kapitel 3. 21  Die in diesem Prozess federführende WADA ist in der Rechtsform einer privatrechtlichen Stiftung schweizerischen Rechts 1999 in Lausanne gegründet worden; siehe dazu vertiefend Kapitel 3 A. 22 Vgl. Adolphsen, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, in: Bumke/Röthel (Hrsg.), Privates Recht, 2012, S.  93–107, 98 und Kapitel 3 B. 23  Vgl. statt vieler die 2019 erschienene empirische Analyse von Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, An Empirical Inquiry into Lex Sportiva, 2019.

A. Ausgangssituation

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licher Intervention,24 wie die Äußerung des Staatsrechtlers Joachim Burmeister aus dem Jahr 1978 exemplarisch zeigt: „Der Bereich des organisierten Sportbetriebs muss als ein ,weißer Fleck auf der rechtsstaat­ lichen Landkarte‘ bezeichnet werden. Die selbstgesetzten Statute der mit Autonomie ausgestatteten Sportverbände sind nicht nur mit ,Verachtungen‘ elementarer Rechtsverbürgungen der staatlichen Rechtsordnung durchsetzt, sondern darüber hinaus gegenüber Kontrolleinbrüchen durch staatliche Gerichte abgeschirmt. So bietet sich ein Bild geradezu grotesker Erscheinungen individueller Entrechtung bzw. der Pervertierung grundrechtlicher Gewährleistungen im heutigen Sportbetrieb dar – ein Zustand, der dringend einer Bereinigung durch den staatlichen Gesetzgeber bedarf.“25

Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Entwicklungen entfaltete sich mit der Zeit eine größere Interventionsbereitschaft der nationalen und supranationalen Gerichte sowie der nationalen Gesetzgeber in die selbstgeschaffenen Regelungsstrukturen der Sportverbände.26 Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte beispielsweise in seiner sogenannten „Reiter-Entscheidung“ vom 28. November 1994 fest, dass die Regelwerke der Verbände und dementsprechend auch etwaige Sanktionen und Ordnungsmaßnahmen einer Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte zugänglich seien.27 Vermeintlich zu Unrecht von den Verbänden sank24 

Vgl. dazu auch die Äußerung des DFB-Chefanklägers Kindermann im sogenannten Bundesliga-Skandal 1971: „Sportrecht geht ordentlichem Recht vor“, zit. nach Westermann, Die Verbandsstrafgewalt und das allgemeine Recht, 1972, S.  52; für das Verhältnis zwischen nationaler Gerichtsbarkeit und Sportbetrieb in den 1970er-Jahren siehe: Depping, Von Olympia bis zur lex sportiva – Gedanken zur Geschichte des Sportrechts, ZRG 127 (2010), S.  324–337, 331 ff. 25  Burmeister, Sportverbandswesen und Verfassungsrecht, DÖV 1978, S.  1–11, 1. 26  Lehmkuhl beschreibt die seit Anfang der 1990er-Jahre verstärkt zu beobachtenden Versuche nationaler Institutionen die Räume privater Selbstregulierung im Sport zu begrenzen als „Prozess der Verrechtlichung im transnationalen Sport“, vgl. Lehmkuhl, Der lange Schatten staatlichen Rechts: Verrechtlichung im transnationalen Sport, in: Zangl/Zürn (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance?, 2004, S.  179–197, 179. 27  Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 93 „Sportliche Regelwerke sind auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedern des regelaufstellenden Verbandes keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes. Sie unterliegen der Inhaltskontrolle nach §  242 BGB.“ und ebd.: „Die Überprüfung von Ordnungsmaßnahmen von Sportverbänden gegen ihrer Disziplinargewalt unterworfene Nichtmitglieder durch die ordentliche Gerichtsbarkeit erfolgt grundsätzlich anhand derselben Maßstäbe, die für entsprechende Maßnahmen gegen Mitglieder zu gelten hätten.“; aufbauend auf BGH, Urteil vom 24. Oktober 1988 – II ZR 311/87 – BGHZ 105, 306, 306: „Die Rechtsstellung der Mitglieder regelnde interne Normen eines Vereins oder Verbandes unterliegen jedenfalls dann richterlicher Inhaltskontrolle auf ihre Vereinbarkeit mit Treu und Glauben (BGB §  242), wenn die Vereinigung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat und das Mitglied auf die Mitgliedschaft angewiesen ist“; zur Möglichkeit des Ausschlusses des ordentlichen Rechtsweges durch Zuweisung der Streitigkeit zu einem Schiedsgericht im Sinne der §§  1025 ff ZPO vgl. BGH Beschluss vom 27. Mai 2004 – III ZB 53/03 – BGHZ 159, 207; zu

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tionierte Athleten und Vereine suchten in der Folge Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten nach der Ausschöpfung des Verbandsrechtsweges.28 Die Entscheidungen des BGH in den Fällen Pechstein29 und SV Wilhelmshaven30 sind Beispiele für die gerichtlichen Auseinandersetzungen in jüngster Vergangenheit. Sie verdeutlichen, dass der organisierte Sportbetrieb zunehmend auch außerhalb der Verbandsschiedsgerichtsbarkeit den juristischen Diskurs bewegt. Auch EuGH31 und EGMR32 beschäftigen vermehrt Sachverhalte mit sportrechtlichem Bezug. Ihren Ausgangspunkt fand die europarechtliche Auseinandersetzung mit den selbstgeschaffenen Regeln der Verbände in dem Urteil des EuGH im Fall der niederländischen Sportler Walrave und Koch bereits im Jahr 1974.33 Von einer tatsächlichen Intervention in die Regelwerke der Sportverbände kann jedoch erst mit dem Bosman-Urteil des EuGH vom 15. Dezember 1995 gesprochen werden.34 Der EuGH stellte in diesem auch außerhalb der Sportwelt viel diskutierten Urteil fest, dass die europarechtlich gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit35 unmittelbar sowohl auf die von den Sportverbänden FIFA und UEFA aufgestellten Transferregeln als auch auf die von ihnen aufgestellten Ausländerklauseln Anwendung findet.36 Sofern der Sport als wirtschaftliche Tätigkeit eingeordnet werden kann, unterwirft der EuGH die sportverbandlichen Regelwerke dem europäischen Recht. Neben der Arbeitnehmerfreizügigkeit wird den Kriterien für die Anerkennung eines Schiedsgerichts als echtes Schiedsgericht durch den BGH siehe vertiefend Kapitel 4 B. 28  Siehe dazu Widdascheck, Der Justizgewährleistungsanspruch des Dopingsünders, 2018. 29  BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292. 30  BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70. 31  Für einen Überblick über die Rechtsprechung des EuGH mit sportrechtlichem Bezug siehe Duval/Van Rompuy, The Legacy of Bosman: Revisiting the Relationship between EU Law and Sport, 2016; mit Fokus auf die Grundfreiheiten siehe Kronberg, Voraussetzungen und Grenzen der Bindung von Sportverbänden an die Europäischen Grundfreiheiten, 2011. 32  EGMR, Urteil vom 02. Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 in der Rechtssache Mutu/ Pechstein v. Schweiz. 33  EuGH, Urteil vom 12. Dezember 1974 – C-36/74 – Walrave und Koch; die in der Rechtssache Walrave und Koch ergangene Entscheidung des EuGH stellte klar, dass die unmittelbare Drittwirkung der in der Arbeitnehmerfreizügigkeit verankerten Diskriminierungsverbote auch auf privatrechtlich organisierte Verbände und Vereinigungen anwendbar ist; darauf aufbauend auch die Entscheidung Donà des EuGH aus dem Jahr 1976, EuGH, Urteil vom 14. Juli 1976 – C-13/76 – Donà; vgl. dazu auch Siekmann, Sports Law, Lex Sportiva and Lex Ludica. A Reassessment of Content and Terminology, in: Vieweg (Hrsg.), 2015, Lex Sportiva, S.  77–105, 90 ff. 34  EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1995 – C-415/93 – Bosman. 35  Vgl. Artikel 45 AEUV (ex Artikel 39 EGV). 36  Zum Bosman-Urteil des EuGH ausführlich auch Quirling, Die Nach-Bosman-Ära, Ordnungsgemäße Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben im österreichischen und deutschen Verbandsrecht am Beispiel des Fußballsports, 2005.

A. Ausgangssituation

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durch die Europäische Kommission vor allem das europäische Wettbewerbsrecht bemüht, um Einfallstore in die selbstgeschaffenen Regeln der Verbände zu eröffnen.37 Neben den Entscheidungen nationaler und supranationaler Gerichte gewinnen die Urteile des von den Sportverbänden institutionalisierten Schiedsgerichts CAS zunehmend an Bedeutung für die internationale Sportwelt.38 Der 1984 maßgeblich auf Initiative des IOC gegründete CAS sollte als oberster Sportgerichtshof und letzte Entscheidungsinstanz der Rechtszersplitterung im Sport entgegenwirken, die durch die Zunahme staatlicher Interventionen drohte.39 Insbesondere die Chancengleichheit der am Wettkampf teilnehmenden Athleten als zentrale Voraussetzung des Leistungsvergleichs drohte in der Unübersichtlichkeit divergierender und sich mitunter widersprechender nationaler Entscheidungen verloren zu gehen.40 Die Nationalisierung von Rechtsbeziehungen im globalen Sportsystem und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit der betroffenen Verbände und Athleten konnte durch die Etablierung des CAS aufgehalten werden:41 Das Schiedsgericht wird seit dem Jahr 2002 von allen großen Weltverbänden als letzte Entscheidungsinstanz anerkannt.42 Der mittlerweile auch vom BGH und EGMR als echtes Schiedsgericht anerkannte CAS wendet neben dem nationalen Schweizer 37  Grundlegend für die Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts auf die Dopingkontrollregeln der Sportverbände: EuGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – C-519/04 – Meca-Medina; siehe dazu auch den Beschluss der EU-Kommission zum Verstoß des Sanktionsregimes der Internationalen Eislaufunion gegen EU-Wettbewerbsrecht, Pressemitteilung der Europäischen Kommission, 08.12.2017; siehe zudem die Verankerung des Sports in Artikel 165 AEUV. 38  Eine Übersicht über die Fallzahlen des CAS ist abrufbar unter: ; einführend zur Bedeutung des CAS für die internationale Sportwelt Casini, The Making of a Lex Sportiva by the Court of Arbitration for Sport, in: Siekmann/Soek (Hrsg.), Lex Sportiva: What is Sports Law?, 2012, S.  149–171. 39  Siehe dazu Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, S.  79 m. w. N.; Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 18 f. 40  Zur Mehrfachzuständigkeit bei der Durchsetzung von Dopingsanktionen siehe die Darstellung der Fälle der Leichtathleten Baumann und Leipold bei Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  147 ff.; zum Fall Krabbe siehe Steinigen, in: Kroiß/Steinigen (Hrsg.), Berliner Beiträge zum Sportrecht, Zivilrechtliche Aspekte des Dopings aus der Sicht des Spitzensportlers, 2003, S.  30 f. und zum Fall Reynolds siehe Nafziger/Paterson/Renteln (Hrsg.), Cultural Law: International, Comparative and Indigenous, 2010, S.  761 ff. und Kapitel 4 A. 41 Vgl. Adolphsen, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, in: Bumke/Röthel (Hrsg.) Privates Recht, 2012, S.  93–107, 95. 42  Der internationale Leichtathletikverband IAAF (seit Oktober 2019 World Athletics) erkannte den CAS im Jahr 2001 als alleinige Rechtsmittelinstanz an. Die Anerkennung durch die FIFA erfolgte ein Jahr später; siehe dazu vertiefend Kapitel 4 C. IV. 3.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

Recht vor allem die privaten Regelwerke der Verbände in relativer Autonomie an, wie etwa die bereits erwähnten RSTP oder hybride Regelungen wie den WADC.43 Die Schiedssprüche werden in der Folge mit Verbandsstrafen wie Geldbußen, Doping-Sperren oder Zwangsabstiegen durchgesetzt.44 Die Sanktionen stehen mitunter in Konflikt zu geltendem nationalen und europäischen Recht. So erzeugen sie ein Spannungsfeld zwischen dem autonom gesetzten Recht der Sportverbände, dem europäischen Recht und dem staatlichen Recht, das über die nationalen Verfassungen und Zivilgesetzbücher Anwendung findet auf die zumeist als Vereine organisierten Verbände.45

B. Lex Sportiva – eine Annäherung Die wissenschaftliche Debatte um die Lex Sportiva steht exemplarisch für die Komplexität des Spannungsfeldes zwischen den nach Autonomie strebenden Sportverbänden und (zwischen-) staatlichen Rahmenordnungen.46 Die Diskussion um die Existenz und Reichweite der Lex Sportiva wird in der juristischen und politikwissenschaftlichen Literatur seit vielen Jahren vorangetrieben.47 Der Begriff lässt sich auf die im Jahr 1990 erschienene Dissertation des Münchener 43  Einflussreiche Sportverbände wie beispielsweise das IOC, die FIA, die FIFA und die UEFA, haben ihren Sitz in der Schweiz; zum anwendbaren Recht in Streitigkeiten vor dem CAS siehe die CAS Procedural Rules: R 58, Law Applicable to the merits: „The Panel shall decide the dispute according to the applicable regulations and, subsidiarily, to the rules of law chosen by the parties or, in the absence of such a choice, according to the law of the country in which the federation, association or sports-related body which has issued the challenged decision is domiciled or according to the rules of law the Panel deems appropriate. In the latter case, the Panel shall give reasons for its decision“, abrufbar unter: ; umfassend zum anwendbaren Recht vor internationalen Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz Courvoisier, In der Sache anwendbares Recht vor internationalen Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz, 2005. 44  Siehe zur Durchsetzung der Doping-Sperren Kapitel 3 B. III. 45  Siehe zur Organisationsstruktur der Sportverbände Kapitel 2 C. 46 Grundlegend Latty, La lex sportiva: Recherche sur le droit transnational, 2007; Duval, La Lex Sportiva Face au Droit de l’Union Européenne: Guerre et Paix dans l’Espace Juridique Transnational, 2016 und ders., Lex Sportiva: A Playground for Transnational Law, European Law Journal 19 (2013), S.  822–842; für den deutschen Sprachraum siehe einführend Vieweg/ Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57 und Röthel, Lex Mercatoria, lex sportiva, lex technica – Private Rechtsetzung jenseits des Nationalstaates?, JZ 2007, S.  755–763, 757 ff. 47  Beispielhaft für die politikwissenschaftlichen Publikationen sei an dieser Stelle auf die Aufsätze von Lehmkuhl, Der lange Schatten staatlichen Rechts: Verrechtlichung im transnationalen Sport, in: Zangl/Zürn (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance?, 2004, S.  179–197 und Wolf, The Non-existence of Private Self-Regulation in the Transnational

B. Lex Sportiva – eine Annäherung

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Sportrechtlers Thomas Summerer zurückführen.48 Der Terminus, bei Summerer noch in der Form der „lex sportiva internationalis sui generis“ als Ausdruck für die Existenz einer autonomen Sport-Rechtsordnung verwendet, findet sich in der Folge auch in der vom Generalsekretär des CAS, Matthieu Reeb, herausgegebenen Fallsammlung zur Rechtsprechung des CAS.49 Der Neologismus wird seitdem breit rezipiert und erfreut sich trotz seiner Unbestimmtheit großer Beliebtheit in der sportrechtlichen Literatur.50 Darüber hinaus lässt sich der Begriff auch in den Entscheidungen des CAS wiederfinden.51 Unklar und teilweise umstritten ist, was sich genau hinter diesem Ausdruck verbirgt, beziehungsweise welchen Umfang die mit diesem Stichwort verbundene Normenordnung einnehmen soll. Das Spektrum der Auffassungen variiert zwischen ambitionierten Erklärungsansätzen, die in der Lex Sportiva in Anlehnung an die Lex Mercatoria eine alle sportlich relevanten Regelwerke umfassende autonome Rechtsordnung mit Geltungsanspruch jenseits des Nationalstaates erkennen, bis hin zu Einordnungen, die unter der Lex Sportiva lediglich die Aggregation der gesammelten Schiedssprüche des CAS verstehen, die der staatlichen Anerkennung bedürfen, um Rechtsqualität zu erlangen.52 ­ phere and Its Implications for the Responsibility to Procure Legitimacy: The Case of the Lex S Sportiva, Global Constitutionalism 3 (2014), S.  275–309, hingewiesen. 48  Summerer, Internationales Sportrecht vor dem staatlichen Richter in der Bundesrepublik Deutschland, Schweiz, USA und England, 1990, S.  95; die Genese des Begriffs ist in der Literatur umstritten, siehe dazu Mclaren, The Court of Arbitration for Sport, in: Nafziger/Ross (Hrsg.), Handbook on International Sports Law, 2011, S.  32–65, 40 ff. und Duval, What Lex Sportiva Tells you about Transnational Law, in: Zumbansen (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, 2019, S.  269–293, 275 ff. 49  Reeb, The Court of Arbitration for Sport: History and Operation, in: ders. (Hrsg.), Digest of CAS Awards II 1998–2000, 2002, XXIII–XXX, XXX. 50  Siehe dazu u. a. den Sammelband Siekmann/Soek (Hrsg.), Lex Sportiva, What is Sports Law?, 2015 und für den deutschen Sprachraum die Beiträge in Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015. 51  Zunächst noch als „lex ludica“ im Schiedsspruch CAS 98/200 AEK Athens & Slavia Prague v. UEFA vom 20. August 1999, Rn.  156: „Certainly, general principles of law drawn from a comparative or common denominator reading of various domestic legal systems and, in particular, the prohibition of arbitrary or unreasonable rules and measures can be deemed to be part of such lex ludica.“; im Schiedsspruch CAS 2002/A/417 IAAF v. CADA & Witteveen vom 12. Mai 2003 verwendet der CAS den Begriff Lex Sportiva als eine Art Sammelbegriff für bestimmte Anti-Doping Prinzipien, vgl. Rn.  84: „[…] as the expression of certain anti-doping principles forming part of a lex sportiva.“; im Schiedsspruch CAS 2002/O/373 Canadian Olympic Association & Beckie Scott v. IOC führt der CAS in der Fußnote zu Rn.  56 aus: „CAS jurisprudence has notably refined and developed a number of principles of sports law, such as the concepts of strict liability (in doping cases) and fairness, which might be deemed part of an emerging „lex sportiva“.“ 52  Für einen detaillierten Überblick über die in ihren Nuancierungen mittlerweile kaum noch zu überblickenden Debatte siehe die Darstellungen der unterschiedlichen Auffassungen

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

Im Streit um das Begriffsverständnis offenbart sich der klassische, bis heute nicht gelöste Grundkonflikt zwischen den Vertretern einer etatistisch geprägten Rechtslehre auf der einen Seite und Vertretern eines pluralistischen Rechtsverständnisses auf der anderen Seite:53 Die etatistische Position zeichnet sich vereinfacht ausgedrückt dadurch aus, dass sie einen notwendigen Zusammenhang zwischen Recht und Staat annimmt und damit lediglich hoheitlich, also kraft staatlicher Autorität gesetzte Normen als Recht anerkennt.54 Diesem staatstheoretisch entwickelten Rechtsbegriff setzen die Vertreter der rechtspluralistischen Lehre ein soziologisch geprägtes Rechtsverständnis entgegen und wenden sich den tatsächlichen sozialen Praktiken der Normerzeugung zu.55 Die pluralistische Position erlaubt somit auch nichtstaatlichen Normenordnungen Rechtsqualität zuzuerkennen und zielt auf ein gleichrangiges Nebeneinander staatlich gesetzten und nichtstaatlich erzeugten Rechts.56

bei Casini, The Making of a Lex Sportiva by the Court of Arbitration for Sport, in: Siekmann/ Soek (Hrsg.), Lex Sportiva: What is Sports Law?, S.  149–171, 151 f.; McLaren, The Court of Arbitration for Sport, in: Nafziger/Ross (Hrsg.), Handbook on International Sports Law, S.  32– 65, 40 ff. und Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  7–14; für die eher zurückhaltende Perspektive, welche den CAS in den Mittelpunkt der Lex Sportiva stellt, siehe Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 21 ff.; Mitten, The Court of Arbitration for Sport and its Global Jurisprudence: International Legal Pluralism in a World without National Boundaries, Ohio State Journal on Dispute Resolution 30 (2014), S.  1–44 und Pound, Sports Arbitration: How it Works and Why it Works, McGill Journal of Dispute Resolution 11 (2015), S.  76–85, 82. 53  Für eine instruktive Zusammenfassung dieses Konflikts siehe Renner, Zwingendes transnationales Recht, Zur Struktur der Wirtschaftsverfassung jenseits des Staates, 2011, S.  199 ff. 54  Ebd.; Referenzpunkt der etatistischen Rechtslehre ist die Position Kelsens, welche Normen, die nicht von einer der drei Staatsgewalten gesetzt wurden per Definition die Rechtsqualität abspricht, siehe zur Identität von Recht und Staat Kelsen, Reine Rechtslehre, Einleitung in die rechtswissenschaftliche Problematik, 1934, S.  127 ff.; vgl. dazu auch Köndgen, Privatisierung des Rechts, AcP 206 (2006), S.  477–525, S.  508 ff. und Calliess/Maurer, Transnationales Recht – Eine Einleitung, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 28 ff. 55  Einführend zur Theorie des Rechtspluralismus siehe Griffiths, What is Legal Pluralism?, The Journal of Legal Pluralism and Unofficial Law 24 (1986), S.  1–55. 56  Zu den unterschiedlichen Ausprägungen der rechtspluralistischen Denkschule siehe auch C I. in diesem Kapitel; in der Literatur wird der rechtstheoretische Konflikt mitunter auch als eine Auseinandersetzung zwischen Traditionalisten und Transnationalisten beschrieben; diese pointierte Zuspitzung findet sich bei Berger, The New Law Merchant and the Global Marketplace. A 21st Century View of Transnational Commercial Law, in: Berger (Hrsg.), The Practice of Transnational Law, 2001, S.  1–22, 1; siehe dazu auch Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  200; Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  245 und Zumbansen, Lex Mercatoria. Zum Geltungsanspruch transnationalen Rechts, RabelsZ 67 (2003), S.  637–682, 676.

C. Transnationalisierung des Rechts

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Die Forschungsarbeit unternimmt in der Folge den Versuch, sich zwei zentralen Fragen dieses Diskurses aus sportrechtlicher Perspektive zu nähern: Inwiefern kann in den selbstgeschaffenen Regelungsstrukturen der internationalen Sportverbände eine eigene und in diesem Sinne private Rechtsordnung mit Geltungsanspruch jenseits des Nationalstaates erkannt werden? Daran anschließend stellt sich die Frage, welche Formen der Verflechtung sich zwischen den staatlichen und verbandsrechtlichen Regulierungsebenen beobachten lassen. Zur Untersuchung dieser Fragen soll die rechtstheoretische Methode des transnationalen Rechts verwendet werden. Das dem transnationalen Recht zugrunde liegende Konzept soll im folgenden Kapitel zunächst in seinem Kern nachgezeichnet und im Anschluss für die Analyse der Regulierungsstrukturen im Sport herangezogen werden.57

C. Transnationalisierung des Rechts Die zentralen Entwicklungslinien des organisierten Sportbetriebs im 21. Jahrhundert lassen sich infolge der ersten Annäherung mit den Stichworten Kommerzialisierung, Globalisierung, Mehrebenenregulierung und Professionalisierung zusammenfassen. Die Debatte um eine transnationale Lex Sportiva wirft im Kontext dieser Entwicklungen die Frage auf nach der Herausbildung von privaten Funktionsäquivalenten zum staatlichen Recht. Der Diskurs ist allerdings nur zu verstehen vor dem Hintergrund der rechtstheoretischen Diskussion um die Transnationalisierung des Rechts und die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem globalen Rechtspluralismus. Deshalb soll der Forschungsstand innerhalb dieser beiden miteinander verbundenen Theoriestränge in der Folge nachgezeichnet werden. Dieses Vorgehen ermöglicht es, die methodischen Grundlagen der Forschungsarbeit in den Fokus der Auseinandersetzung zu rücken und eröffnet darüber hinaus die Gelegenheit, die vorliegende Arbeit selbst im Diskurs zu verorten. Dabei ist auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Konzept des transnationalen Rechts weit verzweigt, mitunter umstritten und bedarf einiger terminologischer Klarstellungen, um begrifflichen Unklarheiten vorzubeugen.58 Zunächst soll deshalb der rechtstheoretische Hintergrund dargestellt wer57 

Ein guter Einstieg in die Diskussion hinsichtlich der Verbindungslinien zwischen transnationalem Recht und Sportrecht findet sich bei Duval, What Lex Sportiva Tells you about Transnational Law, in: Zumbansen (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, 2019, S.  269–293 und Latty, Transnational Sports Law, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  107–120. 58  Ein Überblick über die Debatte ist kaum zu leisten. Für den Diskurs innerhalb der deut-

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

den, auf dem das Konzept des transnationalen Rechts aufbaut. Es folgt ein Überblick über die wichtigsten Varianten und Verwendungskontexte. Die Forschungsarbeiten zur Transnationalisierung des Rechts59 versuchen, die klassische Begriffsdichotomie zwischen nationalem und internationalem Recht zu überwinden, um rechtliche Entwicklungen und Prozesse, welche sich nicht eindeutig einer der beiden Kategorien zuordnen lassen, besser beschreiben und erklären zu können.60 Sie widmen sich rechtlichen Konstellationen und Problemlagen, die sich insbesondere dort manifestieren, wo die Grenzen des Nationalstaates überschritten werden.61 Der internationale Spitzensport scheint aufgrund seiner Regulierungsstrukturen dafür ein ideales Anwendungsbeispiel zu sein. Das Konzept sucht aus rechtswissenschaftlicher Perspektive Anschluss an die vornehmlich in den Sozialwissenschaften geführte Globalisierungsdebatte und dem in diesem Zusammenhang immer wieder apodiktisch erklärten Bedeutungsverlust nationalstaatlicher Souveränität durch die Zunahme grenzüberschreitend agierender privater Akteure und Rechtsdienstleister.62 Der transnationale Forschen Rechtswissenschaft siehe u. a. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006; Calliess/Zumbansen, Rough Consensus and Running Code – A Theory of Transnational Private Law, 2010; Ipsen, Private Normenordnungen als Transnationales Recht?, 2009; Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011; Rost, Die Herausbildung transnationalen Wirtschaftsrechts auf dem Gebiet der internationalen Finanz- und Kapitalmärkte: Konsequenzen für die normative Struktur der internationalen Rechtsordnung, 2007; Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013; Unger, Menschenrechte als transnationales Privatrecht, 2008; Horst, Transnationale Rechtserzeugung, Elemente einer normativen Theorie der Lex Financiaria, 2019 und die Beiträge in Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014; eine rechtstheoretische Einordnung der Diskussion findet sich darüber hinaus bei Köndgen, Privatisierung des Rechts, AcP 206 (2006), S.  477–525 und aktuell bei Fischer, Recht ohne Staat – Die Emergenz transnationaler Regelungsstrukturen am Beispiel privater bewaffneter Sicherheitsdienste auf Handelsschiffen, 2018; international zuletzt: Zumbansen (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, 2020. 59  Die Begriffe transnationales Recht und Transnationalisierung des Rechts werden in der Folge synonym verwendet, wenngleich es auch Strömungen in der Wissenschaft gibt, die zwischen den Begrifflichkeiten differenzieren. Vereinzelt wird vertreten, dass unter dem Konzept der Transnationalisierung des Rechts das Zusammenspiel zwischen staatlichen und privaten Normenordnungen zu verstehen sei und demgegenüber der Ausdruck transnationales Recht eine vom staatlichen Recht autonome Rechtsordnung beschreibe; zu dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Begriffsverständnis siehe C. II. 3. in diesem Kapitel. 60 Vgl. dazu ausführlich Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  218 f.; ders., Das Tetralemma des Rechts, ZfRSoz 21 (2000), S.  293 ff. und ders./Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.) Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 9; für eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Kategorisierung: Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  217 ff. 61 Vgl. Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 1. 62 Vgl. Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  12; vertiefend Buckel, Empire oder Rechtspluralis-

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schungsansatz macht sich diese These zu eigen, indem er die klassische rechtswissenschaftliche Perspektive erweitert und neue nicht-staatliche Akteure in den Analyserahmen miteinbezieht.63 Diese Perspektiverweiterung ermöglicht es, den Rechtsbegriff auf gesellschaftliche Normbildungsprozesse auszudehnen und neue Formen der Selbstregulierung durch private Akteure in den Fokus zu nehmen.64 Das so entstehende transnationale Erklärungsmodell bricht folglich mit der klassischen Rechtsquellenlehre und „erlaubt es, den traditionellen Rahmen staatlichen Rechts zu verlassen und die Globalisierungskräfte normativ einzufangen, ohne die Rechtskategorie verlassen zu müssen“65.66 Dieses auf Erweiterung der klassischen Rechtsquellenlehre drängende Konzept hat seinen theoretischen Ursprung im soziologisch bzw. anthropologisch begründeten Rechtspluralismus.67 Die Erkenntnis, dass Recht auch außerhalb der bekannten nationalstaatlichen Hierarchien entstehen kann, beruht maßgeblich auf den konzeptionellen Vorarbeiten der rechtspluralistischen Forschung. Diese werden im Folgenden dargestellt.68

mus? Recht im Globalisierungsdiskurs, KJ 2003, S.  177–191, 179 ff.; Günther, Rechtspluralismus und universaler Code der Legalität, in: Wingert/ders. (Hrsg.), Die Öffentlichkeit der Vernunft und die Vernunft der Öffentlichkeit, 2001, S.  539–567, 564; Habermas, Die postnationale Konstellation und die Zukunft der Demokratie, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 43 (1998), S.  804–817; Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  202, m. w. N. 63 Vgl. Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 4; Zumbansen, Transnational Law, Evolving, in: Smits (Hrsg.), Elgar Encyclopedia of Comparative Law, 2012, S.  898–925; siehe dazu auch die Sammelbände: Bumke/ Röthel (Hrsg.), Privates Recht, 2012 und Kadelbach/Günther (Hrsg.), Recht ohne Staat, Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung, 2011. 64 Vgl. Zumbansen, Transnational Law and Societal Memory, in: Veitch (Hrsg.), Law and the Politics of Reconciliation, 2007, S.  129–146, S.133; Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  105; dagegen zum Rechtsbegriff aus einer etatistisch geprägten Perspektive argumentierend Dreier, Der Begriff des Rechts, NJW 1986, S.  890–896. 65  Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  22. 66  Siehe dazu vertiefend ders., Transnationales Recht, in: Viellechner (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019, S.  187–211. 67 Vgl. Calliess, Systemtheorie: Luhmann/Teubner, in: Buckel/Christensen/Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, 2009, S.  53–71, 54; Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  22. 68 Vgl. dazu auch Abegg, Evolutorische Rechtstheorie, in: Buckel/Christensen/Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, 2009, S.  401–422, 414 ff.; vgl. dazu auch die Gedanken Andreas Maurers zum Konzept des Rechtspluralismus: Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  85 ff.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

I. Rechtspluralismus 1. Klassischer Rechtspluralismus Das rechtstheoretische Fundament des transnationalen Erklärungsmodells bildet ein pluralistisches Rechtskonzept.69 Dieses entwickelte sich zum einen aus dem Legal Realism (Rechtsrealismus)70 und dessen Kritik an Rechtsformalismus und Rechtspositivismus, welcher sich Ende der 1920er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten etablierte, zum anderen aus den empirischen Forschungsarbeiten der europäischen Freirechtsschule.71 Eugen Ehrlich, Vertreter der Freirechtsschule und Mitbegründer der Rechtssoziologie, unternahm Anfang des 20. Jahrhunderts in seiner Studie zur Vielfalt der rechtlichen Gewohnheiten ethnischer Gemeinschaften in der Bukowina72 einen ersten Versuch, gesellschaftliche Realitäten zu ergründen mithilfe einer auf sozialwissenschaftlichen Methoden basierenden Rechtswissenschaft.73 Ausgehend von seiner Beobach69  Die Auseinandersetzung mit pluralistischen Rechtsstrukturen erlebt in den Rechtswissenschaften seit einiger Zeit eine regelrechte Hochkonjunktur, was Gunther Teubner bereits im Jahr 1995 zu der Aussage veranlasste: „Rechtspluralismus ist das Faszinosum postmoderner Juristen. Sie scheren sich wenig um das offizielle Recht des zentralisierten Staates mitsamt seinen Ansprüchen auf Abstraktheit, Allgemeinheit und Universalität. Im Asphaltrecht nordamerikanischer Großstädte, im Quasi-Recht brasilianischer Favelas, in den informellen Normen der politischen Gegenkulturen, im Recht der patchwork of minorities, in den Normen ethnischer, kultureller und religiöser Gruppen, in den Disziplinierungstechniken ‚privater Justiz‘, und auch in den internen Regelungen formaler Organisationen und informeller Netzwerke finden sich alle Zutaten der Postmoderne: das Lokale, das Plurale, das Subversive.“, Teubner, Die zwei Gesichter des Janus: Rechtspluralismus in der Spätmoderne, in: FS Esser, 1995, S.  191–214, 191. 70 Vgl. Hanschmann, Theorie transnationaler Rechtsprozesse, in: Buckel/Christensen/Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, 2009, S.  375–399, 381 ff.; Hanschmann verweist hinsichtlich der inhaltlichen Nähe zwischen Rechtsrealismus und der Theorie des transnationalen Rechts auf Koh, The 1994 Roscoe Pound Lecture: Transnational Legal Process, Nebraska Law Review 75 (1996), S.  181–208, 189 und O´Conell, New International Legal Process, The American Journal of International Law 1999, S.  334–351, 335 ff.; zum amerikanischen Rechtsrealismus: Geddert, Zur Einführung: Der amerikanische Rechtsrealismus (legal realism), JuS 1979, S.  393–397 und die Aufsätze von Pound, Law in the Books and Law in Action, American Law Review 44 (1910), S.  12–36 und Llewellyn, A Realistic Jurisprudence – The Next Step, Columbia Law Review 30 (1930), S.  431–465; für eine vertiefte Auseinandersetzung siehe auch Gailhofer, Rechtspluralismus und Rechtsgeltung, 2014, S.  63 ff. 71  Zur Freirechtsbewegung ausführlich Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S.  59 ff. 72  Die Bukowina ist eine historische Landschaft im Grenzraum zwischen Mittel-, Südostund Osteuropa. Die nördliche Hälfte gehört seit 1947 zur Ukraine. Die südliche Hälfte liegt auf rumänischem Staatsgebiet. 73 Vgl. Gailhofer, Rechtspluralismus und Rechtsgeltung, 2014, S.  24; vertiefend: Rehbinder, Die Begründung der Rechtssoziologie durch Eugen Ehrlich, 1986; Eugen Ehrlich veröf-

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tung, dass sich das offiziell geltende österreichisch-ungarische Recht am östlichen Rand der Donaumonarchie nicht hatte durchsetzen können und stattdessen das gesellschaftliche Leben weiterhin von den in der Bukowina praktizierten Sitten und Gebräuchen geprägt wurde,74 stellte Ehrlich fest: „Der Schwerpunkt der Rechtsentwicklung liegt auch in unserer Zeit, wie zu allen Zeiten, weder in der Gesetzgebung noch in der Rechtsprechung, sondern in der Gesellschaft selbst.“75

In Kontrast zum Rechtspositivismus, dessen Rechtsbegriff allein autoritativ gesetzte Normen als Recht anerkennt und damit die Einheit von Recht und Staat betont,76 erweitert der rechtssoziologisch geprägte Rechtspluralismus den Rechtsbegriff und gesteht gesellschaftlichen Prozessen ebenso rechtserzeugende Kraft zu wie einem hoheitlich legitimierten Gesetzgeber.77 Voraussetzung für die Einnahme einer pluralistischen Perspektive ist demzufolge die Anerkennung, dass Recht auch außerhalb der klassischen nationalen und internationalen

fentlichte 1913 das Buch „Grundlegung der Soziologie des Rechts“, welches als Gründungsdokument der Rechtssoziologie bezeichnet werden kann; siehe dazu auch den 1912 erschienen Aufsatz „Das lebende Recht der Völker der Bukowina“ in dem Ehrlich bereits das Konzept des Rechtspluralismus entwickelt, vgl. Röhl/Machura, 100 Jahre Rechtssoziologie, Eugen Ehrlichs Rechtspluralismus heute, JZ 2013, S.  1117–1128, 1117; der klassische Rechtspluralismus in Anlehnung an die Resultate Ehrlichs steht Gailhofer zufolge für die „Beschreibung kommunitärer, indigener oder religiöser Normenordnungen, die in postkolonialen oder „plurikulturellen“ Gesellschaften neben dem offiziellen Recht des Nationalstaats bestehen“, vgl. Gailhofer, Rechtspluralismus und Rechtsgeltung, 2014, S.  15. 74  Ehrlich beschreibt die in der Bukowina weiterhin praktizierten „Sitten“ und „Gebräuche“ in seiner Abhandlung „Grundlegung der Soziologie des Rechts“ als „gesellschaftliches“ oder „lebendes“ Recht, vgl. Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, 1913, Kapitel XXI, S.  393; vgl. dazu auch: Röhl/Machura, 100 Jahre Rechtssoziologie, Eugen Ehrlichs Rechtspluralismus heute, JZ 2013, S.  1117–1128, 1118. 75  Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, Vorrede. 76  Siehe dazu bereits B. in diesem Kapitel und vertiefend Vollmeyer, Der Staat als Rechtsordnung, Hans Kelsens Identitätsthese und ihre Bedeutung für den europäischen Konstitutionalisierungsprozess, 2010, S.  73 ff. 77 Vgl. Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 10; laut Klaus F. Röhl und Stefan Machura erhielt der Rechtspluralismus seinen Namen erst im Jahr 1970 durch einen von John Gillissen herausgegebenen Sammelband mit dem Titel „Le Pluralisme juridique“, vgl. Röhl/Machura, 100 Jahre Rechtssoziologie, Eugen Ehrlichs Rechtspluralismus heute, JZ 2013, S.  1117–1128, 1117; das rechtspluralistische Konzept steht damit in Konkurrenz zum insbesondere in der deutschen Rechtswissenschaft wirkmächtigen Rechtsetatismus, dessen Vertreter einen denklogischen Zusammenhang zwischen Recht und Staat betonen.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

Rechtsquellen entstehen kann.78 Dabei ist zwischen verschiedenen Erscheinungsformen des Rechtspluralismus zu unterscheiden.79 Ein Nebeneinander von staatlichen, also autoritativ gesetzten Normenordnungen kann etwa auch als Rechtspluralismus bezeichnet werden. Diese Variante beschreibt zum einen die staatsorganisationsrechtliche Struktur der Bundesrepublik Deutschland, bei der zwei unterschiedliche Gesetzgeber im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Regelungszuständigkeit für sich in Anspruch nehmen (können).80 Die innerstaatlichen pluralistischen Konstellationen stellen die Rechtsdogmatik in den meisten Fällen allerdings vor keine allzu großen Herausforderungen, da die Kompetenzregeln des Grundgesetzes mögliche Kollisionen schon im Vorfeld aufzulösen vermögen, um beim Beispiel der Bundesrepublik zu bleiben.81 Darüber hinaus sind ähnliche pluralistische Ordnungsmuster zum anderen auch im Völkerrecht zu beobachten: Als Reaktion auf das Bedürfnis zur Regulierung globaler Sachverhalte sind neue Rechtsregime82 wie die Europäische Union (EU) entstanden, welche nicht mehr als rein zwischenstaatlich beschrieben 78 

Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, 14; siehe dazu auch die sozialwissenschaftlich geprägten Arbeiten, welche die Beobachtungen Ehrlichs auf moderne Industrienationen wie USA, Großbritannien und Frankreich übertragen haben, vgl. z. B.: Merry, Legal Pluralism, Law & Society Review 22 (1988), S.  869–896; siehe dazu Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  86 und für eine umfangreiche Darstellung dieser Frage vom römischen Recht bis hin zu den modernen Pluralismustheorien Meder, Doppelte Körper des Rechts, 2015; zu den Rechtsquellen des europäischen Privatrechts siehe den Eintrag von Metzger im Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Metzger, Rechtsquellen (des europäischen Privatrechts), in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), HWB-EuP 2009 und Köndgen, Rechtsquellen der Europäischen Privatrechts, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S.  95–124. 79 Vgl. Gailhofer, Rechtspluralismus und Rechtsgeltung, 2014, S.  15; auf alle Erscheinungsformen soll hier nicht eingegangen werden; siehe für einen Überblick über die unterschiedlichen Ausprägungen des Konzepts Berman, Global Legal Pluralism, 2012; Michaels, Global Legal Pluralism, Annual Review of Law and Social Science 5 (2009), S.  243–269; Seinecke, Das Recht des Rechtspluralismus, 2015 und darüber hinaus die klassische Studie von Sally Falk Moore zum „semi-autonomen sozialen Feld“ aus dem Jahr 1973, Moore, Law and Social Change: The Semi-Autonomous Social Field as an Appropriate Subject of Study, Law & Society Review 7 (1973), S.  719–746. 80  Zu weiteren Unterscheidungsformen wie z. B. zwischen den von Griffiths eingeführten Begriffen eines starken und schwachen Rechtspluralismus siehe Griffiths, What is Legal Pluralism?, The Journal of Legal Pluralism and Unofficial Law 24 (1986), S.  1–55, 1 ff. 81  Vgl. Artikel 72, 73, 74 GG und 31 GG; Beispiel nach Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  24 und Ipsen, Private Normenordnungen als transnationales Recht, S.  36. 82  Zur Regime-Theorie in den Internationalen Beziehungen siehe grundlegend Ruggi, International Responses to Technology: Concept and Trends, International Organization 1975, S.  557–583; Keohane, The Demand for International Regimes, International Organization 36 (1982), S.  325–355; Krasner, Structural Causes and Regime Consequences: Regimes as Inter-

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werden können.83 Für das Recht der EU, eine durch einen völkervertragsrechtlichen Gründungsakt ins Leben gerufene Internationale Organisation (IO), hat sich der Begriff des supranationalen Rechts etabliert, welches neben die nationalen Rechtsordnungen und das allgemeine Völkerrecht tritt.84 Dieses mittlerweile von den mitgliedsstaatlichen Gerichten grundsätzlich akzeptierte Nebeneinander verschiedener Rechtsordnungen auf überstaatlicher Ebene prägt das moderne Völkerrecht.85 Die fehlende Hierarchisierung ist eine ständige Herausforderung für die involvierten nationalen, internationalen und supranationalen Gerichte.86 2. Globaler Rechtspluralismus Neben den dargestellten Erscheinungsformen des Rechtspluralismus rückte in den vergangenen Jahren ein weiteres Strukturmodell in den Fokus der juristischen Forschung: Das als globaler Rechtspluralismus (Global Legal Pluralism) bezeichnete Konzept entwickelte sich vor dem Hintergrund globalisierungsbedingter Machtverlagerungen und knüpft an die oben dargestellten rechtsanthropologischen Vorarbeiten Ehrlichs an.87 Der globale Rechtspluralismus erweitert vening Variables, International Organization 36 (1982), 185–205 und Hasenclever/Mayer/Rittberger (Hrsg.), Theories of International Regimes, 1997. 83 Vgl. Fischer-Lescano/Viellechner, Globaler Rechtspluralismus, APuZ 2010, S.  20–26, 20. 84 Grundlegend zur Herausbildung der supranationalen europäischen Rechtsordnung EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964 – C-6/64 – Costa/ENEL und C. Calliess, in ders./Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 2016, Art.  1 EUV, Rn.  27 ff. m. w. N. 85  Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  24 ff. und Michaels, Global Legal Pluralism, Annual Review of Law and Social Science 5 (2009), S.  243–262, 249. 86 Vgl. Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 4; zur Vertiefung: Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, 2006; Zumbansen, Transnational Legal Pluralism, Transnational Legal Theory 1 (2010), S.  141–189; Berman, Global Legal Pluralism, 2012; zur Annahme fehlender Hierarchisierung im europäischen Rechtsraum siehe auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5. Mai 2020 zum Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB, BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2020 – 2 BvR 859/15 in Bezug auf das Urteil des Gerichtshof der Europäischen Union, EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – C-493/17 – Weiss e.a., in welchem das BVerfG erstmals einen Ultra-Vires Akt feststellt und damit die Debatte um das Kooperationsverhältnis im europäischen Gerichtsverbund weiter vorantreibt, vgl. Weber, Alles eine Frage der Begründung? – Spannung im Kooperationsverhältnis zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem Gerichtshof der Europäischen Union, JuWissBlog Nr.  71/2020, 06.05.2020; siehe dazu auch bereits Vosskuhle, Der europäische Verfassungsgerichtsverbund, TranState Working Papers 106, University of Bremen, Collaborative Research Center 597: Transformations of the State, 2009 und Kirchhof, Kooperation zwischen nationalen und europäischen Gerichten, EuR 49 (2014), S.  267–276. 87  Siehe statt vieler: Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  231 ff. m. w. N.; Berman, Global Legal Pluralism, 2012 und Michaels, Global Legal Pluralism, Annual Review of Law and Social Sciences 5 (2009), S.  243–269.

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die Perspektive und beschreibt die Koexistenz und gegenseitige Beeinflussung verschiedener, nicht notwendigerweise staatlicher Normendordnungen auf der globalen Ebene, im Gegensatz zu dem innerstaatlich und auf der lokalen Ebene verbleibenden klassischen Rechtspluralismus.88 Der Ansatz rückt die grenzüberschreitende Dimension gesellschaftlicher Selbstregulierung in den Fokus der Auseinandersetzung und ist deshalb mit Blick auf die Regelungsstruktur des organisierten Sportbetriebs von besonderer Bedeutung. Als Ausgangspunkt der aktuellen Debatte um einen neuen globalen Rechtspluralismus kann der 1996 erschienene und anschließend vielfach rezipierte Aufsatz von Gunther Teubner mit dem Titel: „Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus“ bewertet werden.89 Ausgehend von der Beobachtung, dass die globalisierte Gesellschaft über kein einheitliches und hierarchisch organisiertes Rechtssystem verfügt und ein Weltstaat, der ein solches System verwirklicht nicht in Sicht ist, nimmt sich das Konzept dem unübersichtlichen Nebeneinander von nationalem Recht, völkerrechtlichen Abkommen und Verträgen sowie neuen, sich etablierenden privaten, nicht-staatlichen Rechtsphänomenen an.90 Andreas Fischer-Lescano und Gunther Teubner beobachten im Hinblick auf diese Fragmentierung des Weltrechts „eine geradezu explosionsartige Vervielfältigung voneinander unabhängiger global agierender und zugleich sektoriell begrenzter Gerichte, Quasi-Gerichte und anderer Konfliktlösungsinstanzen“91. Dieser gemeinhin als Globalisierung des Rechts beschriebene Prozess führt, dem Erklärungsmodell des globalen Rechtspluralismus folgend, zu einer Verlagerung rechtlicher Prozesse aus dem nationalen Verfassungsstaat an die gesellschaftlichen Peripherien.92 Das globale Recht, so die Hauptthese Teubners, entwickele sich nicht mehr im Zentrum nationalstaatlicher oder internationaler Institutionen, sondern in einzelnen, sich nicht mehr territorial, sondern funktional, also zweckmäßig je nach Kontext und Bedarf konstituierenden Gesellschaftssektoren.93 88 

Gailhofer, Rechtspluralismus und Rechtsgeltung, 2014, S.  89 ff. Teubner, Globale Bukowina. Zur Emergenz eines Transnationalen Rechtspluralismus, RJ 1996, S.  255–290. 90 Vgl. Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  26 ff.; Fischer-Lescano/Teubner, Fragmentierung des Weltrechts: Vernetzung globaler Regimes statt etatistischer Rechtseinheit, in: Albert/Stichweh (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit, 2007, S.  37–61, 45 ff. 91  Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, 2006, S.  8. 92  Siehe vertiefend zur Fragmentierung des globalen Rechts: Teubner, Verfassungsfragmente, Gesellschaftlicher Konstitutionalismus in der Globalisierung, 2012. 93  Teubner, Globale Bukowina, RJ 1996, S.  255–290, 261; mit dem Ausdruck gesellschaftliche Peripherien bezeichnet Teubner die einzelnen, sich (nun) nicht mehr territorial, sondern funktional, also zweckmäßig je nach Kontext und Bedarf konstituierenden Gesellschaftssektoren; vgl. dazu auch die Ausführungen bei Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  28 f. 89 

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Für diese Entwicklung exemplarisch stehen zum einen die zunehmenden Selbstregulierungsbestrebungen unterschiedlicher Gesellschaftsbereiche in Form der Normsetzung94 und zum anderen die bereits erwähnte Vervielfältigung voneinander unabhängiger global agierender und zugleich sektoriell begrenzter Gerichte und Konfliktlösungsmechanismen. Gralf-Peter Calliess und Andreas Maurer beobachten an diese Überlegungen anknüpfend „global oder regional operierende, zumeist funktional auf bestimmte Problemlagen spezialisierte „Governance Regimes“95, welche als Normsetzer auftreten und damit quasi-legislatorische Aufgaben übernehmen.96 Beispiele staatlich anerkannter privater Steuerungsmechanismen sind die private Selbstregulierung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und technische Normungsprozesse.97 Für den grenzüberschreitenden Kontext stehen neben den Regulierungsstrukturen im Sport exemplarisch die von Lisa Bernstein analysierten Privatregime im Baumwoll- und Diamantenhandel98 sowie die sich etablierenden „Codes of Conduct“99 und „Corporate Governance Codes“100 transnationaler Unternehmen.101 94 

Eine Vielzahl an Beispielen für Selbstregulierung im Privatrecht finden sich bei BuckHeeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010; insbesondere zur Rechtsetzung durch Private siehe die Beiträge in Bumke/Röthel (Hrsg.), Privates Recht, 2012; zudem Schuppert, Governance und Rechtsetzung, 2011 und Köndgen, Privatisierung des Rechts, AcP 206 (2006), S.  477–525. 95  Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 2; dazu auch Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  222 ff.; siehe dazu auch die Auseinandersetzung mit dem Regime-Begriff bei Calliess/Renner, Between Law and Social Norms: The Evolution of Global Governance, Ratio Juris 22 (2009), S.  260–280 und Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, 2006, S.  34 ff. 96  Vgl. dazu die Termini „norm author“ bzw. „norm entrepreneur“, die Gralf-Peter Calliess und Peer Zumbansen in Rough Consensus and Running Code verwenden, Calliess/Zumbansen, Rough Consensus and Running Code: A Theory of Transnational Private Law, 2010, S.  107 f. und S.  146. 97  Siehe für einen Überblick über den Entstehungsprozess technischer Normen auf der europäischen Ebene Röthel, Lex Mercatoria, lex sportiva, lex technica – Private Rechtsetzung jenseits des Nationalstaates?, JZ 2007, S.  755–763, 758 ff. 98  Bernstein, Opting Out of the Legal System: Extralegal Contractual Relations in the Diamond Industry, The Journal of Legal Studies 21 (1992), S.  115–157 und dies., Private Commercial Law in the Cotton Industry: Creating Cooperation Through Rules, Norms and Institutions, Michigan Law Review 99 (2001), S.  1724–1790. 99  Siehe dazu Backer, Economic Globalization and the Rise of Efficient Systems of Global Private Law Making: Wal-Mart as Global Legislator, Connecticut Law Review 39 (2007), S.  1739–1784. 100  Siehe dazu Leyens/Hopt, Der Deutsche Corporate Governance Kodex 2020: Grundsatz und Praxisprobleme, ZGR 2019, S.  929–995 und vgl. dazu auch die Fallstudien bei Calliess/ Zumbansen, Rough Consensus and Running Code, S.  181 ff. 101  Gunther Teubner führt in seinem oben bereits zitierten Aufsatz, Globale Bukowina: Zur

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

Das Konzept des globalen Rechtspluralismus stützt sich auf sozialtheoretische Erklärungsansätze der Rechtsglobalisierung, welche die globale Rechtszersplitterung nicht lediglich als Resultat eines politischen Pluralismus beschreiben, sondern diese interpretieren als „Ausdruck tieferliegender gesamtgesellschaftlicher Widersprüche von miteinander kollidierenden Sektoren der Weltgesellschaft“102.103 Aus der Perspektive des systemtheoretisch geprägten globalen Rechtspluralismus ist der als Globalisierung beschriebene Prozess der Beschleunigung und Vervielfältigung grenzüberschreitender wirtschaftlicher Austauschprozesse und der mit dieser einhergehenden Entwicklung weltumspannender Kommunikations- und Informationstechnologien, ein polyzentrischer Prozess.104 In diesem durchbrechen unterschiedliche Lebensbereiche wie Wirtschaft, Gesundheit, Politik sowie das Referenzgebiet dieser Arbeit, der Sport, ihre regionalen Schranken und konstituieren jeweils für sich autonome Globalsektoren.105 Diese polyzentrische Globalisierung resultiert dem globalen Rechtspluralismus folgend in einer Vielzahl von selbständigen „global villages“106, welche als autonome Funktionsbereiche eine Eigendynamik entfalten, dessen mitunter destruktive Potenziale auch im organisierten Sport sichtbar werden.107 Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, die Lex Mercatoria, also die Regeln des grenzüberschreitenden Handels, welche außerhalb der nationalen Rechtsordnungen entstehen und Geltung beanspruchen, als zentrales Beispiel einer funktional ausdifferenzierten Rechtsordnung an; siehe dazu vertiefend Calliess, Lex Mercatoria, in: Basedow et al. (Hrsg.) Encyclopedia of Private International Law, 2017, S.  1119–1129; ders., Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  246 ff.; Berger, The Creeping Codification of the New Lex Mercatoria, 2010; Michaels, The True Lex Mercatoria: Law Beyond the State, Indiana Journal of Global Legal Studies 14 (2007), S.  447–468; Stein, Lex Mercatoria, Realität und Theorie, 1995. 102  Fischer-Lescano/Teubner, Fragmentierung des Weltrechts, in: Albert/Stichweh (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit, 2007, S.  37–61, 40; so auch Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  244 ff. 103  Der in der Systemtheorie unter dem Stichwort Fragmentierung der Weltgesellschaft geführte Diskurs geht vor allem auf die Arbeiten von Niklas Luhmann zurück und beschreibt in seinem Kern die Aufspaltung der Weltgesellschaft in funktional abgegrenzte Teilbereiche und fungiert als denklogische Voraussetzung für die Beobachtungen Teubners; siehe für eine systemtheoretische Aufschlüsselung und Vertiefung der Begriffswelt Niklas Luhmanns und Gunther Teubners Calliess, Systemtheorie: Luhmann/Teubner, in: Buckel/Christensen/FischerLescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, 2009, S.  53–71 und Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  42 ff. 104 Vgl. Teubner, Globale Zivilverfassungen, ZaöRV 63, 2003, S.  1–28, 11 f. m. w. N.; zur Perspektive einer polyzentrischen Globalisierung siehe auch Fischer-Lescano/Teubner, Re­ gime-Kollisionen, 2006, S.  26. 105  Teubner, Globale Zivilverfassungen, ZaöRV 2003, S.  1–28, 11. 106  Ebd., S.  12; so auch: Fischer-Lescano/Teubner, Fragmentierung des Weltrechts, 2007, in: Albert/Stichweh (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit, S.  37–61, 41. 107  Skeptisch gegenüber der von Teubner postulierten vollständigen Autonomie dieser

C. Transnationalisierung des Rechts

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3. Festzuhaltendes Am Anfang dieser Darstellung der verschiedenen Konzeptionen des Rechtspluralismus stand die Frage nach dem rechtstheoretischen Kontext des transnationalen Rechts, dessen Perspektiverweiterung in der Folge dabei helfen soll, die Regulierungsstruktur des globalen Sports zu erfassen. Der Rechtspluralismus, und dabei im Besonderen der globale Rechtspluralismus, beschreibt besonders pointiert verschieden konturierte „Phänomene der Parallelität diverser Rechtsordnungen unterschiedlichster, vor allem auch nichtstaatlicher Herkunft“108 und damit die Auflösung der Einheit von Recht und Staat. Die beschriebenen Strukturmodelle betten die Entstehung privater Normenordnungen abseits des klassischen Nationalstaates in die globalisierungsbedingten Machtverlagerungen ein. Die Fragmentierung der Gesellschaft in autonome Regelungsbereiche infolge der Globalisierung führt nach dem Konzept des globalen Rechtspluralismus dazu, dass die klassische segmentäre Differenzierung des globalen Rechts entlang territorialer Grenzen zunehmend schwindet und zeigt den „Bedeutungsschwund eines zentralen und autonomen, auf ein nationales Territorium beschränkten Gesetzgebers, der ein gleiches und homogenes, alle soziale Beziehungen gleichförmig regelndes Recht für alle Staatsangehörigen schafft“109 auf.110 Globalisierung bedeutet aus dieser Perspektive also insbesondere, dass eine einzelstaatliche Einhegung von Problemen in wesentlichen Politikfeldern nicht mehr gewährleistet werden kann.111 Statt Rechtseinheit ist ein unübersichtliches Nebeneinander verschiedener Regelungsstrukturen zu beobachten. Wie eine solche Koexistenz von staatlichem und nichtstaatlichem Recht im global organisierten Sportbetrieb funktionieren kann, soll mithilfe des Konzepts des transnationalen Rechts im weiteren Verlauf der Forschungsarbeit herausgearbeitet werden. Dieses Konzept vermag die rechtliche Realität besser abzubilden als die tradierte Zweiteilung in die Kategorien nationales und internationales Recht.112 Um Funktionsbereiche Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der Lex Sportiva, in: Niesen (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, 192 ff. 108  Gailhofer, Rechtspluralismus und Rechtsgeltung, 2014, S.  15. 109  Günther, Rechtspluralismus und universaler Code der Legalität, in: Wingert/ders. (Hrsg.), Die Öffentlichkeit der Vernunft und die Vernunft der Öffentlichkeit, 2001, S.  539–567, 552. 110  Siehe dazu: Schmidtchen, Territorialität des Rechts, Internationales Privatrecht und die privatautonome Regelung internationaler Sachverhalte, Grundlagen eines interdisziplinären Forschungsprogramms, RabelsZ 59 (1995), S.  56–112. 111 Vgl. Niesen, Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie: Ein exploratives Forschungsprogramm, in: ders. (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  7–25, 7. 112  Siehe dazu auch die Formulierung Lars Viellechners: „Einem externen Beobachter stellt

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, sollen nachfolgend die zentralen Verwendungskontexte des transnationalen Rechts kurz vorgestellt und das dieser Arbeit zugrunde liegende Begriffsverständnis entwickelt werden. Schließlich werden die oben angestellten Erwägungen zur Lex Sportiva wieder aufgegriffen und vor dem Hintergrund des in dieser Arbeit vertretenen Verständnisses von transnationalem Recht einer Definition zugänglich gemacht. II. Transnationales Recht – Verwendungskontexte Die vorgestellten rechtspluralistischen Konzepte diagnostizieren der modernen Rechtswissenschaft ein komplexes, mehrdimensionales Nebeneinander staatlicher und privater Rechts- bzw. Normenordnungen. Um die sich fortschreitend etablierenden privaten Regulierungsstrukturen außerhalb des Nationalstaates konzeptualisieren zu können ohne die Rechtskategorie verlassen zu müssen, soll in der Folge, dass dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis vom transnationalen (Sport-)Recht respektive der Lex Sportiva entwickelt werden.113 1. Die Anfänge – Jessup – ein frühes Verständnis von transnationalem Recht Die Zunahme grenzüberschreitender Sachverhalte veranlasste bereits im Jahr 1956 den amerikanischen Rechtswissenschaftler und Richter am Internationalen Gerichtshof Philip C. Jessup dazu, die klassische Zweiteilung in nationales und internationales Recht zu hinterfragen und den Begriff des transnationalen Rechts in die juristische Diskussion einzuführen.114 Jessup erkannte, dass die steigende Beteiligung privater Akteure wie multinationale Unternehmen oder Nichtregierungsorganisationen bei der Entstehung von Normen und der Konfliktlösung in der klassischen, auf den Staat fokussierten völkerrechtlichen Diskussion termisich das globale Rechtssystem als Zusammensetzung aus einer Vielzahl von teils territorial ausgerichteten Rechtsordnungen, teils funktional orientierten Rechtsregimes dar, zu denen auch die transnationalen Regelungsarrangements zählen.“, Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  231. 113  Eine kurze Begriffsgeschichte des transnationalen Rechts m. w. N. bietet Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  12 ff.; laut Andreas Maurer geht der Begriff des transnationalen Rechts im deutschen Sprachraum auf den Schweizer Juristen Max Gutzwiller zurück. Gutzwiller sprach demzufolge schon im Jahr 1931 von „transnationalen Normen“, „transnationalem IPR“ und „transnationalem materiellen Recht“; vgl. Gutzwiller, Das Internationalprivatrecht der durch die Friedensverträge eingesetzten Gemischten Schiedsgerichtshöfe, Internationales Jahrbuch für Schiedsgerichtswesen in Zivil- und Handelssachen 1931, S.  123–152, zit. nach Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  13. 114 Vgl. Jessup, Transnational Law, 1956, S.  2; siehe dazu auch die 2019 erschienene Publikation: Zumbansen (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, 2019.

C. Transnationalisierung des Rechts

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nologisch nicht abgebildet wurde.115 In der Folge unternahm er mit der Einführung des Begriffs vom transnationalen Recht einen Versuch, grenzüberschreitende Regulierungsstrukturen und die Beteiligung privater Akteure adäquat zu beschreiben:116 „I shall use, instead of ‘international law’, the term ‘transnational law’ to include all law which regulates actions or events that transcend national frontiers. Both public and private international law are included, as are other rules which do not wholly fit into such standard categories.“117

Diese weite und für seine Zeit durchaus progressive, allerdings wenig konturierte Begriffskonzeption, konnte sich in der in der juristischen Dogmatik des Völkerrechts und des internationalen Privatrechts (IPR) nicht durchsetzen.118 2. Post-etatistisches Konzept In der Folge bemühten sich insbesondere Autoren auf dem Gebiet des internationalen Handelsrechts um die Spezifizierung des Konzepts.119 Diese sogenannten post-etatistischen Ansätze definieren transnationales Recht als ein autonomes, also weder staatliches noch zwischenstaatliches Recht.120 Im Kontext des internationalen Handelsrechts wird der Begriff als eine dritte Kategorie von Recht 115  Jessup, Transnational Law, 1956, S.  1: „Part of the difficulty in analyzing the problems of the world community and the law regulating them is the lack of an appropriate word or term for the rules we are discussing.“ 116 Vgl. Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  15. 117  Jessup, Transnational Law, 1956, S.  2. 118 Vgl. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  215 m. w. N.; Maurer weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass die Schwäche in Jessups weitem Begriffsverständnis darin begründet liege, dass er sich nicht auf eine bestimmte Rechtsquelle beziehe, sondern lediglich eine Aussage über die Reichweite des zu beurteilenden Sachverhalts treffe. Die dadurch erfassten Normenkomplexe sind entsprechend vielfältig und erschweren mithin die Anschlussfähigkeit des Konzepts für die dogmatische Diskussion, vgl. Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  16; eine detaillierte Aufschlüsselung des Kontextes in dem Jessup seinen Begriff vom transnationalen Recht entwickelte findet sich bei Zumbansen, Introduction – Transnational Law, with and beyond Jessup, in: ders. (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, S.  1–54. 119  Siehe z. B. den am 04. Oktober 1956 in der französischen Tageszeitung Le Monde erschienenen Artikel von Berthold Goldmann, vgl. Goldman, La Compagnie de Suez – société international, Le Monde 1956, S.  3, welcher von Calliess und Maurer als Auslöser um die Debatte um eine neue Lex Mercatoria ausgemacht wird; vgl. Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 8 ff.; siehe außerdem die Aufsätze von Schmitthoff: Schmitthoff, International Business Law: A New Law Merchant, Current Law and Social Problems 1961, 129–142 und Schmitthoff, Das neue Recht des Welthandels, RabelsZ 28 (1964), S.  47–77. 120  Siehe dazu Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  57.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

verstanden, die „von nationalem Recht gelöst(e), rechtsordnungsübergreifende Rechtsgrundsätze“121 des internationalen Handels beschreibt:122 „The best way to describe the peculiar character of international trade law is to refer to it as transnational law.“123

Zentrales Anwendungsbeispiel der post-etatistischen Denkschule für die Herausbildung einer solchen nicht-staatlichen, selbstgeschaffenen Rechtsordnung ist die sogenannte neue Lex Mercatoria (New Law Merchant): die Regeln des funktional ausdifferenzierten grenzüberschreitenden Handels in der globalisierten Welt, welche außerhalb der nationalen Rechtsordnungen entstehen und Geltung beanspruchen.124 Der Begriff knüpft dabei an das universelle Kaufmannsgewohnheitsrecht des Mittelalters, die „Lex Mercatoria“, an.125 Dieses historische Phänomen bezeichnet „die Gewohnheiten und Bräuche der internationalen Kaufmannschaft, mit denen diese ihre Geschäftsbeziehungen seit dem Mittelalter weitgehend ohne staatliches Eingreifen selbst geregelt hatte, also durch eigene Schiedsgerichte, Zünfte und soziale Sanktionen“126. Demnach wird angenommen, dass dieses durch die Kodifizierung des Handelsrechts im 19. Jahrhundert zurückgedrängte Gewohnheitsrecht im Zuge der Globalisierung der Märkte wieder an Geltung gewonnen habe und als ein autonomes Rechtssystem jenseits des Nationalstaates bezeichnet werden könne.127 Das Konzept der neuen Lex Mercatoria bezieht sich zum einen auf die Regeln des grenzüberschreitenden Handels, welche außerhalb der nationalen Rechtsordnungen entstehen und Geltung beanspruchen. Diese Regeln beinhalten insbesondere internationale Handelsbräuche, 121 

Berger et al., Anwendung Transnationalen Rechts in der internationalen Vertrags- und Schiedspraxis, ZvglRWiss 101 (2002), S.  12–37, 22. 122 Vgl. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  217 f. m. w. N.; Rost, Die Herausbildung transnationalen Wirtschaftsrechts auf dem Gebiet der internationalen Finanz- und Kapitalmärkte, S.  77 und Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  17 m. w. N.; siehe dazu auch den Aufsatz von: Duval, What Lex Sportiva Tells you about Transnational Law, in: Zumbansen (Hrsg.), The many lives of transnational law. Critical engagements with Jessup’s bold proposal, S.  269–293, 271 ff., in dem dieser das post-etatistische Konzept als „The Pure Theory of Transnational Law“ beschreibt. 123  Schmitthoff, Nature and Evolution of the Transnational Law of Commercial Transactions, in: Horn/Schmitthoff (Hrsg.), The Transnational Law of International Commercial Transactions, S.  19–31, 23; vgl. dazu auch die ausführliche Auseinandersetzung bei Rost, Die Herausbildung transnationalen Wirtschaftsrechts auf dem Gebiet der internationalen Finanzund Kapitalmärkte, S.  77. 124 Vgl. Calliess, Lex Mercatoria, in: Basedow, et al. (Hrsg.), Encyclopedia of Private International Law, S.  1119–1129. 125  Ders., Transnationales Handelsvertragsrecht, in: Zangl/Zürn (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance, 2004, S.  160–178, 162. 126  Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  202. 127  Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  217 m. w. N.

C. Transnationalisierung des Rechts

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das Gewohnheitsrecht der Geschäftswelt, Standardverträge wie die Incoterms der International Chamber of Commerce (ICC) und Privatkodifikationen wie zum Beispiel die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC) oder die von der Lando-Kommission erarbeiten Principles of European Contract Law (PECL).128 Zum anderen wird das Konzept einer neuen Lex Mercatoria von der im grenzüberschreitenden Handelsverkehr immer häufiger in Anspruch genommenen internationalen Schiedsgerichtsbarkeit getragen.129 Transnationales Recht steht also in diesem Zusammenhang für vom staatlichen Recht unabhängige und in diesem Sinne private Rechtsordnungen mit universellem Geltungsanspruch. Deutlich wird der Rückbezug innerhalb des post-etatistischen Ansatzes auf die Thesen Eugen Ehrlichs zum „lebenden Recht“ und die Ähnlichkeiten zum pluralistischen Konzept Gunther Teubners. Gemeinsam ist den beschriebenen Strömungen, dass gesellschaftlichen Prozessen und Strukturen neben nationalen und internationalen Gesetzgebern rechtserzeugende Kraft zugemessen werden.130 Diesem Begriffsverständnis folgend, lässt sich auch in anderen Kontexten die Entstehung von spontanen oder formalisierten, privaten oder hybriden transnationalen Rechtsregimen beobachten, die sich punktuell, problembezogen und konfliktgetrieben entwickeln.131 Die prominentesten Beispiele für solche transnationalen Normenordnungen neben der neuen Lex Mercatoria sind die mitunter als Lex Digitalis bezeichnete Schiedspraxis der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN)132, die Lex Technica133, die Lex Maritima134 – und die Lex Sportiva.135 Dabei ist dieses Verständnis von transnationalem Recht umstritten: Zentraler Kritikpunkt ist die mit diesem theoretischen Ansatz einhergehende Postulation umfassender Autonomie der privaten Rechtsordnungen gegenüber dem staatli128 Siehe zur internationalen Privatrechtsvereinheitlichung Berger, Einheitliche Rechtsstrukturen durch außergesetzliche Rechtsvereinheitlichung, JZ 1999, S.  369–377 und Ipsen, Private Normenordnungen als Transnationales Recht?, 2009, S.  82 ff. 129  Calliess, Transnationales Handelsvertragsrecht, in: Zangl/Zürn (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance, 2004, S.  160–178, 163 ff. 130  Ders., Transnationales Verbrauchervertragsrecht, RabelsZ 68 (2004), S.  245–287, 254 f.; Viellechner Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  179. 131  Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  218. 132  Ebd.; siehe dazu auch Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  172 ff. und Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  127 ff. 133  Röthel, Lex Mercatoria, lex sportiva, lex technica – Private Rechtsetzung jenseits des Nationalstaates?, JZ 2007, S.  755–763, 758 ff. 134  Vgl. dazu die Monografie von Maurer, Lex Maritima, 2012. 135  Siehe zur Lex Sportiva bereits die erste terminologische Annäherung unter B. in diesem Kapitel.

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

chem Recht.136 Vor allem die Vorstellung einer lediglich auf Verträgen und Übungen beruhenden Rechtsordnung und die damit verbundene Anerkennung sogenannter „rechtsordnungsloser“ Verträge stößt sowohl in der wissenschaftlichen Debatte als auch im praktischen Umgang staatlicher Gerichte mit dieser Konzeption auf großen Widerstand.137 Zudem sei auch die im Zentrum dieser autonomen transnationalen Rechtssysteme stehende Schiedsgerichtsbarkeit zumindest auf der Ebene der Rechtsdurchsetzung von staatlicher Anerkennung und Vollstreckung abhängig.138 Neben dieser rechtsdogmatischen Kritik am post-etatistischen Begriffsverständnis von transnationalem Recht spricht ein weiterer funktionaler Grund gegen ein solches Begriffsverständnis: Der Zweck der Verwendung der Kategorie transnationales Recht besteht darin, die pluralistische Struktur des Rechts im 21. Jahrhundert beschreiben zu können. Mit pluralistischen Strukturen ist, wie oben dargestellt, allerdings nicht lediglich „die Koexistenz von staatlichen Rechtsordnungen und Völkerrecht, sondern vielmehr die Überlagerung und Überlappung einer Vielzahl von teils territorial, teils funktional ausgerichteten Rechtsordnungen“139 gemeint. Dieses Vorverständnis zugrunde gelegt, wäre ein rein post-etatistisches Begriffsverständnis zu eng. Gerade die Struktur des globalen Sports zeigt, dass die Rechtswirklichkeit von komplexen Wechselbeziehungen zwischen privaten, hybriden und staatlichen Steuerungsmechanismen geprägt wird. 136 

Diese umfassende Autonomie bestreitet beispielsweise Klaus Dieter Wolf in dem er sowohl die oben ausgemachte generelle Entstaatlichungstendenz bestreitet als auch die angeführten Beispiele transnationaler Normenordnungen nicht als Anwendungsfälle uneingeschränkter privater Selbstregulierung bzw. „global law without a state“ anerkennt, da ein gewisser Grad der öffentlichen Einwirkung auf die privaten Akteure weiterhin bestehe, vgl. Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der Lex Sportiva, in Niesen (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, 192 ff. 137 Vgl. Reimann, Zur Lehre vom „rechtsordnungslosen“ Vertrag, 1970, S.  60; aus einer sportrechtlichen Perspektive: Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, ff.; Jung, Das internationale Sportverbandsrecht im Geltungsbereich des europäischen Unions- und Assoziierungsrechts, 2017, S.  40 ff.; abwägend Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  19; zur Kritik am post-etatistischen Ansatz siehe auch Fischer, Recht ohne Staat, 2018, S.  59; ein viel zitiertes Beispiel, welches häufig zur Unterstützung der Kritik am post-etatistischen Verständnis im Sportkontext bemüht wird, ist ein Urteil des OLG Frankfurt aus dem Jahr 2001. Das OLG stellte in dem Verfahren des deutschen Leichtathleten Dieter Baumann gegen den Deutschen Leichtathletikverband (DLV) fest: „eine von jedem staatlichen Recht unabhängige lex sportiva gibt es nicht.“, vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 18.04.2001 – 13 U 66/01, SpuRt 2001, 159– 163, 161. 138  Vgl. dazu Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  180; Oeter, Vom Völkerrecht zum transnationalen Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  387– 402 und Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  19 m. w. N. 139  Viellechner, Responsiver Rechtspluralismus: Zur Entwicklung eines transnationalen Kollisionsrechts, Der Staat 51 (2012), S.  559–580, 561.

C. Transnationalisierung des Rechts

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3. Funktionales Verständnis von transnationalem Recht und der Lex Sportiva Vor dem Hintergrund des zu unspezifischen Begriffsverständnis von Jessup und dem zu engen post-etatistischen Ansatz soll in dieser Arbeit ein anderes Begriffsverständnis verfolgt werden, welches mit Gralf-Peter Calliess und Andreas Maurer als ein funktionales Verständnis von transnationalem Recht beschrieben werden kann.140 Transnationales Recht wird diesem Ansatz folgend, mit Rücksicht auf die oben skizzierte Rechtsrealität, in der sich private und staatliche Normen und Konfliktlösungsinstanzen gegenseitig überlagern und kollidieren, nicht als ein geschlossenes autonomes Rechtssystem verstanden, sondern als ein Prozess, welcher einen methodischen Analyserahmen liefert, der sowohl private als auch staatliche Akteure miteinbezieht.141 Calliess und Maurer definieren das transnationale Recht in diesem Sinne: „als einen institutionellen Rahmen für grenzüberschreitende Interaktion, Transaktion und Kommunikation jenseits des Nationalstaats. Im Unterschied zum territorial und hierarchisch organisierten nationalen und internationalen Recht ist es in eine Vielzahl funktional spezialisierter Rechtsregimes fragmentiert, die in pragmatischer Weise verschiedene Institutionen privater (Normen, alternative Streitschlichtung, soziale Sanktion) und staatlicher (Gesetze, Gerichte, Zwangsvollstreckung) Herkunft kombinieren, wobei letztere ihre Einbettung in nationale Kontexte verlieren.“142

Begreift man transnationales Recht also ausgehend von dieser Definition als Analyserahmen für Prozesse der Transformation von Staat und Recht in der Globalisierung, lässt sich der Begriff komprimiert als ein Prozess der zunehmenden Internationalisierung des Rechts bei gleichzeitig steigendem Angebot privater Konfliktlösungsmechanismen, Institutionen und Normen bestimmen.143 Die Forschungsarbeit knüpft an dieses Begriffsverständnis an und überführt es in ein weiteres Feld, in dem es bislang nur wenig rezipiert wurde: den global organisierten Sportbetrieb.144 In Bezug auf die oben dargestellten Maximal- bzw. 140 

Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  19. Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 11 ff. 142  Ebd. S.  3 f.; siehe für ein etwas weiteres Begriffsverständnis Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  180 f. 143  Calliess/Maurer, Transnationales Recht, in: Calliess (Hrsg.), Transnationales Recht, 2014, S.  1–36, 11 ff. 144  Vgl. für ein ähnliches Vorgehen in Bezug auf das internationale Seehandelsrecht den Aufsatz von Maurer/Beckers, Lex Maritima, in: Calliess et al. (Hrsg.), FS für Teubner, 2009, S.  811–825, 811; in der sportrechtlichen Literatur werden in diesem Zusammenhang mitunter auch die Begrifflichkeiten International Sports Law bzw. Internationales Sportrecht verwendet, um die sportrechtlichen Beziehungen zwischen privaten Parteien unterschiedlicher Staaten zu beschreiben, vgl. dazu z. B. den Sammelband: Siekmann/Soek (Hrsg.), Lex Sportiva: What is Sports Law, 2012; wie Andreas Maurer und Anna Beckers bereits für das internationale See141 

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Erstes Kapitel:  Transnationales Sportrecht – Lex Sportiva

Minimalpositionen hinsichtlich der Existenz und Reichweite der Lex Sportiva nimmt die Arbeit deshalb eine vermittelnde Position ein. Aus dem funktionalen Verständnis des transnationalen Rechts heraus soll die Lex Sportiva nicht als autonome Rechtsordnung mit Geltungsanspruch jenseits des Nationalstaates verstanden werden, sondern als ein funktional spezialisiertes Rechtsregime, das aus der Interaktion zwischen den sportlichen Regelwerken auf der einen Seite und den staatlichen Rechtsordnungen auf der anderen Seite entstanden ist und fortlaufend durch die Rechtsprechung des CAS konkretisiert wird.145 Dieses Begriffsverständnis ermöglicht es sowohl die privaten, als auch die staatlichen und hybriden Regulierungsstrukturen des Sports in die Analyse miteinzubeziehen und dient in der Folge als Grundlage für die oben aufgeworfenen Fragen nach der Herausbildung von außerhalb des Nationalstaates entstehenden Funktionsäquivalenten zum nationalen und internationalen Recht auf den Ebenen der Normsetzung, -durchsetzung und -anwendung.

handelsrecht festgestellt haben, beschränkt dieser Verwendungszusammenhang aber auch im Bereich des Sports die Perspektive aufgrund ihrer Staatszentriertheit auf ein Recht zwischen Staaten und ist inadäquat für die „postnationale Konstellation“. 145  Vgl. dazu auch die ähnlichen Definitionsversuche von Haas, Die Vereinbarung von „Rechtsregeln“ in (Berufungs-) Schiedsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport, Causa Sport 2007, S.  271–279, 272 und Foster, Lex Sportiva and Lex Ludica: The Court of Arbitration for Sport’s Jurisprudence, Entertainment and Sports Law Journal 3 (2006), S.  1–15, 2.

Zweites Kapitel

Die Organisationsstruktur des Sports A. Einführung Wie funktioniert die Selbstregulierung im Sport durch die nationalen und internationalen Sportverbände in der Praxis? Wie ist der staatliche Rechtsrahmen ausgestaltet, der den nationalen und internationalen Sportverbänden ihre Freiheitsbetätigung erst ermöglicht und mit welchen Problemen sehen sich die Verbände bei der weltweiten Durchsetzung ihrer Regelwerke konfrontiert? Das zweite Kapitel der Arbeit widmet sich, ausgehend von dem zuvor ausgearbeiteten Theoriekonzept, der Funktionsweise des organisierten Sportbetriebs und versucht sich auf diese Weise dem „Staatsorganisationsrecht“ der Lex Sportiva anzunähern. Die Auseinandersetzung mit den einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Rechtsgrundlagen der Selbstregulierung im Sport liefert in Kombination mit den methodischen Ausführungen im Kapitel zur Transnationalisierung des Rechts das notwendige Vorverständnis für die in Kapitel 3 der Arbeit im Fokus stehende transnationale Dopingregulierung. In einem ersten Schritt wird der rechtliche Rahmen dargestellt, in dem sich die Sportverbände auf nationaler Ebene bewegen, sowie die Organisationsstruktur des internationalen Sportbetriebs herausgearbeitet.1 Zudem sollen mithilfe eines Fallbeispiels die Herausforderungen, mit denen sich die internationalen Sportverbände hinsichtlich der einheitlichen Wirkungserstreckung ihrer Regelwerke gegenüber den einzelnen Sportlern und lokalen Vereinen konfrontiert sehen, exemplarisch verdeutlicht werden. Ausgangspunkt der Überlegungen ist auch an dieser Stelle das den global organisierten Sportbetrieb prägende Miteinander der von den Sportverbänden selbstgesetzten Regelwerke und Normen auf der einen Seite und des auch für den Bereich des Sports Geltung beanspruchenden staatlichen Rechts auf der anderen Seite.2 Diese in der sportrechtlichen Literatur auch als Zweispurigkeit oder 1  Siehe für weitere Beispiele aus dem Bereich des Sports wie z. B. die Regulierung des weltweiten Transfermarktes im Fußballsport Butte, Das selbstgeschaffene Recht des Sports im Konflikt mit dem Geltungsanspruch des nationalen Rechts, 2010. 2  Vgl. dazu auch einführend: Jung, Das internationale Sportverbandsrecht im Geltungsbereich des europäischen Unions- und Assoziierungsrechts, 2017, S.  34 ff. und Adolphsen, Inter-

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

Zweisäulenmodell bezeichnete Eigenart des Sportrechts, resultiert wie bereits in Grundzügen dargestellt, in einer Vielzahl an Konflikten und Wechselwirkungen zwischen den selbstgeschaffenen Regelwerken der Verbände und den jeweils zuständigen staatlichen Rechtsordnungen.3 Dabei führt die in der sportrechtlichen Literatur mitunter vertretende, streng voneinander getrennte Darstellung des Zweisäulenmodells in die Irre. Die beiden Säulen stehen sich, wie in Kapitel 1 bereits gezeigt, nämlich weder gleichbedeutend noch unabhängig voneinander gegenüber, sondern entfalten insbesondere bei der Anwendung und Auslegung der Verbandsregelwerke ein komplexes Wechselspiel.4 Um dieses auch im Rahmen der transnationalen Dopingregulierung zu beobachtende Wechselspiel darstellen zu können, soll deshalb zunächst die nationale Perspektive eingenommen werden und der Status der nationalen und internationalen Sportverbände aus der Perspektive des deutschen Rechts herausgearbeitet werden.

B. Der staatliche Rahmen privater Selbstregulierung im Sport Der global organisierte Sport fügt sich räumlich nicht in eine staatliche Rechtsordnung ein, sondern knüpft aufgrund seines multi-territorialen und grenzüberschreitenden Charakters an eine Vielzahl einzelner juristischer Ordnungen an.5 Aufbauend auf dem entwickelten Verständnis der Lex Sportiva bzw. des transnationalen Rechts, bedürfen die Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände der Anerkennung der jeweiligen staatlichen Rechtsordnungen, um ihre Wirkung zu entfalten; sie können nicht aus sich selbst heraus Geltung beanspruchen.6 Die Kompetenz der nationalen und internationalen Sportverbännationale Dopingstrafen, 2003, S.  48; zum Nebeneinander verschiedener Rechtsordnungen siehe auch bereits Kapitel 1 und grundlegend am Beispiel des Sports Vieweg, Zur Einführung – Sport und Recht, Jus 1983, S.  825–830. 3  Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den kollisionsrechtlichen Problemen bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Sportlern und internationalen Sportverbänden siehe Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  253 ff.; eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Kollisionen von Sportverbandsnormen und dem Europäischen Recht findet sich bei Jung, Das internationale Sportverbandsrecht im Geltungsbereich des europäischen Unions- und Assoziierungsrechts, 2017, S.  70 ff. und S.  263 ff. 4  Dagegen vertreten Fechner, Arnhold und Brodführer in ihrem Lehrbuch zum Sportrecht ein Inselmodell, welches das Verhältnis des staatlichen Rechts zum Verbandsrecht besser abzubilden vermag, siehe dazu inklusive grafischer Darstellung: Fechner/Arnhold/Brodführer, Sportrecht, 2014, S.  14. 5  Vgl. dazu auch ausführlich Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  19; siehe dazu vertiefend Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil, Rn.  4 ff. und Kapitel 1 B. zur Lex Sportiva. 6  Vgl. zum staatlichen Rechtsanerkennungsmonopol im Sport, Vieweg/Staschik, Lex Spor-

B. Der staatliche Rahmen privater Selbstregulierung im Sport

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de zur Rechtsetzung und -durchsetzung leitet sich dementsprechend weder aus einem völkerrechtlichen noch transnationalen, sondern aus dem jeweils zur Entscheidung berufenen nationalen Ordnungsrahmen ab.7 Zu Beginn des Kapitels wird der rechtliche Rahmen der Sportverbände aus deutscher Perspektive nachgezeichnet – zunächst im Hinblick auf die nationalen Verbände und darauf folgend für die internationalen Sportverbände mit Sitz außerhalb Deutschlands. I. Der Status der nationalen Sportverbände Sport wird in Deutschland seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegend in Vereinen und Verbänden ausgeübt.8 Nähert man sich den Begriffen Verein und Verband etymologisch, ergeben sich keine gravierenden Unterschiede. In beiden Fällen wird mit den Begriffen eine Vereinigung oder Verbindung von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ausgedrückt.9 Juristisch gilt als Verband: eine in Vereinsform (mit oder ohne Rechtsfähigkeit) organisierte Vereinigung, wenn sie entweder eine größere Anzahl von Mitgliedern hat10 oder wenn tiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 36 f. 7  Prägnant dazu auch Nolte, der formuliert: „[…], dass der nationale Sport kein Staat im Staate und die internationalen Sportorganisationen keine Völkerrechtssubjekte neben den anerkannten Staaten dieser Welt sind,“ Nolte, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, Wechselwirkungen zwischen „lex sportiva“ und lex extra sportiva“, in: Bumke/Röthel (Hrsg.), Privates Recht, 2012, S.  107–118, 109 ff. m.W.N; siehe dazu vertiefend auch Schleiter, Globalisierung im Sport, 2009, S.  80 ff.; zu der insbesondere in der italienischen Rechtswissenschaft vertretenen Annahme, dass es sich bei den internationalen Verbandsregelwerken um eine eigene Rechtsordnung handele, die verbindliches Recht produzieren könne, dessen Geltung keiner weitergehenden vertraglichen Vereinbarung bedürfe, siehe grundlegend Giannini, Prime osservazioni sugli ordinamenti giuridici sportivi, Riv. dir. sport 1949, S.  10–28, zit. nach Will, Rechtsgrundlagen der Bindung nationaler Verbände an internationale Sportverbandsregeln, in: Reuter (Hrsg.), Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, 1987, S.  29– 51, 38; siehe dazu ebenfalls Malatos, Berufsfußball im europäischen Rechtsvergleich, 1987, S.  12 ff m. w. N. 8  Die erste Hamburger Turnerschaft wurde am 02.09.1816 gegründet und gilt als der älteste deutsche Sportverein; zur Entstehung der modernen Sportbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland vor dem Hintergrund der napoleonischen Kriege und der Besetzung durch französische Truppen siehe instruktiv Prokop, Die Grenzen der Dopingverbote, 2000, S.  33 ff. und Langenfeld, Wie sich der Sport in Deutschland seit 200 Jahren entwickelt hat, in: Digel (Hrsg.), Sport im Verein und Verband, 1988, S.  20 ff. 9 Vgl. Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 2018, Kapitel 1, Rn.  15; eine zivilrechtliche Legaldefinition des Vereinsbegriffs existiert nicht; für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Vereinsbegriff siehe Mansel, in: Jauernig (Hrsg.), Kommentar zum BGB, 17. Auflage 2018, §  21, Rn.  1–7; für den mit dem zivilrechtlichen Vereinsbegriff nicht übereinstimmenden öffentlich-rechtlichen Vereinsbegriff siehe die Legaldefinition in §  2 VereinsG. 10  Diese Art von Verband wird auch als Großverein oder Massenorganisation bezeichnet.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

sich in ihr mehrere Vereine, Handelsgesellschaften oder andere Körperschaften zusammengeschlossen haben.11 Der Begriff Verband wird dabei üblicherweise für übergeordnete und überregionale Zusammenschlüsse von natürlichen oder juristischen Personen verwendet.12 Die nationalen Sportvereine und -verbände in Deutschland sind überwiegend in der Rechtsform des nichtwirtschaftlichen Idealvereins i. S. d. §  21 BGB organisiert.13 Grundlage der Rechtsetzungs- und Durchsetzungskompetenz der Sportverbände mit Sitz in Deutschland ist die in den §§  21 ff. BGB einfachgesetzlich verankerte14 und in Art.  9 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  19 Abs.  3 GG als Teilaspekt der Vereinigungsfreiheit garantierte Vereins- bzw. Verbandsautonomie.15 11  Diese auch als Vereinsverband bezeichnete Vereinigung findet ihre Grundlage in der vereinsrechtlichen Möglichkeit, einen Verein sowohl durch juristische Personen (also dementsprechend auch durch einen anderen Verein) als auch durch natürliche Personen gründen zu können; vgl. dazu Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Auflage, 2012, Rn.  15; vertiefend zum Vereinsverband siehe ebd., Rn.  1191. 12 Vgl. Prokop, Die Grenzen der Dopingverbote, 2000, S.  38 und Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  5558 ff; Vieweg definiert die Sportverbände im deutschen Recht als körperschaftlich strukturierte, gegenüber ihren Trägern verselbstständigte Organisationen, die keinem beherrschendem staatlichem Einfluss unterliegen, sondern vorwiegend durch Private gegründet und getragen werden, Vieweg, Normsetzung- und anwendung deutscher und internationaler Verbände, Eine rechtstatsächliche und rechtliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Sportverbände, 1990, S.  24. 13  Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  23; siehe dazu beispielhaft §  1 Satzung des DFB, abrufbar unter: und §  1 Abs.  2 der Satzung des DOSB, abrufbar unter: ; für eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob Sportvereine als gemeinnützige Idealvereine oder als Kapitalgesellschaften angemessener organisiert sind siehe Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  65 ff.; für die Entwicklung im Fußball siehe Müller, Der deutsche Berufsfußball – vom Idealverein zur Kapitalgesellschaft, 2000 und Wettich/Vossen, Aktuelle Entwicklungen zum eingetragenen Verein als Rechtsform für (Profi-) Sportvereine, SpuRt 2017, S.  229–232. 14  Die Vereinsautonomie ist im Vereinsrecht des BGB nicht ausdrücklich normiert. Der Grundsatz der Vereinsautonomie wird mit den Worten des BVerfG „vielmehr durch Rechtsprechung und Lehre der Gesamtheit der Vorschriften entnommen, die die Konstituierung und Organisation des Vereins sowie die Wahrnehmung der Vereinsangelegenheiten auf den Willen der Vereinsmitglieder zurückführen, und als darin vorausgesetzt angesehen. Sein Ziel ist, der Privatautonomie vergleichbar, den Charakter des Vereins als eines vornehmlich von der Willensbestimmung und -betätigung seiner Mitglieder getragenen Personenverbandes zu wahren.“, vgl. BVerfG, Beschluss vom 05. Februar 1991 – 2 BvR 263/86 – BVerfGE 83, 341, 358 f. m. w. N.; siehe dazu auch Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluss, 1999, S.  16 f. und Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  331, der in diesem Zusammenhang die Regelungen in §§  25, 32 Abs.  1 und 58 BGB hervorhebt. 15  Umfassend zu Schutzbereich und Schranken der Vereinigungsfreiheit Bauer, in: Dreier (Hrsg.), Kommentar zum GG, 3. Auflage, 2013, Art.  9 Rn.  30 ff; vertiefend zum Autonomiebe-

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Der Schutz des Grundrechts umfasst dabei sowohl für die Mitglieder als auch für den Verein selbst die autonome Gestaltung ihrer Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte.16 Konkret gewährleistet die Vereinsautonomie den Sportvereinen und -verbänden das Recht zur eigenen Rechtsetzung in der Form von Satzungen und Nebenordnungen,17 das Recht zur Selbstverwaltung durch Anwendung des selbst gesetzten Rechts im Einzelfall18 und dessen Durchsetzung durch die Verhängung von Vereinsstrafen und Sanktionen.19 Auf europäischer Ebene findet die in Art.  9 Abs.  1 GG verfassungsrechtlich garantierte Vereinigungsfreiheit ihre Entsprechung in Art.  12 Abs.  1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCH).20 Darüber hinaus wird die Vereinigungsfreiheit in Art.  11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert, der im Rang eines Bundesgesetzes steht und somit Bestandteil des positiven deutschen Rechts ist.21 griff im deutschen Recht Oberreuter, Staatslexikon, Band 1, 8. Auflage, 2017, S.  514 ff. und, Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, 1999, S.  11 ff. 16  Vgl. BVerfG, Beschluss vom 01. März 1979 – 1 BvR 532/77 – BVerfGE 50, 290, 354 und Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  332; Die Vereinigungsfreiheit begründet somit sowohl Rechte der natürlichen Person als Vereinsmitglied oder Gründer als auch Rechte des Vereins selbst und wird deshalb als sogenanntes Doppelgrundrecht bezeichnet, vgl. dazu: Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Kommentar, Art.  9 GG, Rn.  23 und 48. 17  Zu der in der Literatur und Rechtsprechung umstrittenen Einordnung der Rechtsnatur der Satzung siehe Leuschner, in: MüKo-BGB, 8. Auflage, 2018, §  25, Rn.  13–15; Wagner in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  364 ff. und Mohnheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips – auf dem Weg zu einem Bundessportgericht, 2006, S.  30 ff. 18  Dies ermöglicht die Einsetzung von verbandsinternen Spruchkörpern, vgl. dazu und zur Abgrenzung von Verbandsgerichten und sogenannten echten Schiedsgerichten i. S. d. §§  1025 ff. ZPO Kapitel 4 B. V. 19 Vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  3; Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  24; siehe dazu auch BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 99: „Die Schaffung, Fortschreibung, Überwachung und Durchsetzung dieser Regeln (gemeint sind die vom Verband aufgestellten Regelwerke) ist nach dem Verständnis der geltenden Rechtsordnung ebensowenig eine staatliche Aufgabe wie die Organisation des Spitzen- und Breitensports, als deren Teil sie verstanden werden muss. Sie ist vielmehr eine von den Verbänden, die sich die Pflege und Organisation der jeweiligen Sportart zum Ziel gesetzt haben, in Ausübung ihrer Verbandsautonomie (Art.  9 GG) zu erfüllende Aufgabe.“; zur dogmatischen Einordnung der Dopingsanktion siehe Petri, Die Dopingsanktion, 2004, S.  77 ff. 20  Zur europarechtlichen Anerkennung der Verbandsautonomie siehe EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1995 – C-415/93 – Bosman, Rn.  79 und Heermann, Verbandsautonomie versus Kartellrecht – Zu Voraussetzungen und Reichweite der Anwendbarkeit der Art.  81, 82 EG auf Statuten von Sportverbänden, Causa Sport 2006, S.  345–364, 345. 21 Vgl. Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, 7. Auflage, 2016, §  17, Rn.  59; siehe

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II. Der Status der internationalen Sportverbände Auf internationaler Ebene wird der Leistungssport durch das IOC und die internationalen Fachverbände organisiert.22 Das IOC hat seinen Sitz in Lausanne und ist gemäß Art.  60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) ein rechtsfähiger eingetragener Verein nach schweizerischem Recht.23 Die internationalen Sportfachverbände sind ebenfalls körperschaftlich strukturierte Organisationen, in denen sich rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Personenmehrheiten, in Einzelfällen auch natürliche Personen, aus mehreren Staaten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben.24 Die Sportverbände unterliegen darüber hinaus grundsätzlich keinem beherrschenden Einfluss nationaler Regierungen oder zwischenstaatlicher Organisationen. Sie sind gegenüber ihren Trägern verselbständigt durch ihren eigenen Namen, ihre Organe mit eigener Normsetzungs- und Normdurchsetzungskompetenz sowie ihrem eigenen Etat.25 Die herrschende Meinung in der sportrechtlichen Literatur stuft die internationalen Sportverbände als Non-Governmental Organizations (NGO) ein, da es für eine Einordnung als IO und der damit verbundenen Anerkennung als Völkerrechtssubjekt an Staatlichkeit bzw. einem zwischenstaatlichem Abkommen fehlt, welches den internationale Sportverbänden ebenjene völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit zugesteht.26 Bei den internationalen Sportverbänden handelt es hierzu vertiefend auch Jung, Das internationale Sportverbandsrecht im Geltungsbereich des europäischen Unions- und Assoziierungsrechts, 2017, S.  105 ff. und die rechtsvergleichende Untersuchung von Wassmer, Auswirkungen der Grundfreiheiten des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften auf den Berufssport, 2002, S.  10 ff. 22  Der zentralen Dachorganisation der Sportverbände weltweit, der Global Association of International Sports Federations (GAISF) gehören derzeit 92 internationale Sportfachverbände an, siehe dazu die Selbstauskunft der GAISF, abrufbar unter: ; weitere Details zur Gründungsgeschichte der internationalen Sportverbände finden sich bei Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  49 ff. 23  Vgl. Art.  15 Abs.  1 Olympic Charta (Stand: Juni 2020): „The IOC is an international non-governmental not-for-profit organisation, of unlimited duration, in the form of an association with the status of a legal person, recognized by the Swiss Federal Council in accordance with an agreement entered into on 1 November 2000.“; zur Mitgliederstruktur siehe Art.  16 Abs.  1 Olympic Charta. Das IOC weist im Gegensatz zu den nationalen Fachverbänden eine nur aus natürlichen Personen bestehende Mitgliederstruktur auf; für eine Auflistung der aktuell 105 Mitglieder des IOC siehe IOC, Members, . 24 Vgl. Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  24 ff. 25  Ebd.; siehe dazu auch: Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  74 und Mätzler, Die internationalen Organisationsstrukturen im Spitzensport und die Regelwerke der Sportverbände, 2009, S.  68. 26 Vgl. dazu Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil, Rn.  6 ff; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  74 f.; Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  28 und

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sich also ebenfalls um juristische Personen des Privatrechts.27 Ihre exakte rechtliche Qualifizierung richtet sich dabei nach dem jeweils geltenden nationalen Recht in Verbindung mit dem Internationalen Privatrecht.28 In den meisten Fällen sind die internationalen Verbände als Vereine nach dem Recht des jeweiligen Sitzstaates organisiert.29 Für Verbände mit Sitz in der EU gilt hinsichtlich ihrer Normsetzungs- und Durchsetzungskompetenz das oben gesagte zur Verbandsautonomie entsprechend, aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbotes aus Art.  18 AEUV.30 Viele der einflussreichen und mitgliederstarken internationalen Sportverbände wie das IOC haben ihren Sitz jedoch in der Schweiz.31 Diese Verbände können aufgrund der Formulierung der allgemeinen Vereinigungsfreiheit in Art.  9 Abs.  1 GG als Deutschengrundrecht und des für sie Mohnheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips, 2006, S.  15 m. w. N.; aktuelle Publikationen ordnen die großen, umsatzstarken Verbände auch als multinationale oder transnationale Unternehmen ein; siehe zu dieser Debatte Schleiter, Globalisierung im Sport, 2009, S.  87 ff und Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  158 m. w. N.; die Europäische Kommission qualifiziert die Sportverbände in wettbewerbsrechtlichen Fragen wegen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten auf dem Sportmarkt ebenfalls als Unternehmen bzw. Unternehmensvereinigungen, vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung Nr.  08/05 vom 26. Januar 2005 zum Urteil des Gerichts in erster Instanz in der Rechtssache T – 193/02 Laurent Piau / Kommission der Europäischen Gemeinschaften; siehe dazu auch Mätzler, Die internationalen Organisationsstrukturen im Spitzensport und die Regelwerke der Sportverbände, 2009, S.  68 m. w. N. 27 Vgl. Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil, Rn.  6 und siehe dazu auch die Formulierung in Artikel 25 Olympic Charta (Stand: Juni 2020): „In order to develop and promote the Olympic Movement, the IOC may recognize as Ifs international non-governmental organisations governing one or several sports at the world level, which extends by reference to those organisations recognized by the Ifs as governing such sports at the national level.“ 28  Prokop, Die Grenzen der Dopingverbote, 2000, S.  41; zum Verein im internationalen Privatrecht siehe vertiefend: Behler, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 4. 29 Vgl. Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  25; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  77; der Weltfußballverband FIFA ist beispielsweise ein im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragener Verein im Sinne von Art.  60 ff. ZGB; zur Vertiefung Weisbrod, Europäisches Vereinsrecht, 1994 und Wesiack, Europäisches Internationales Vereinsrecht, 2011. 30 Vgl. Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  331. 31  Von den momentan 42 vom IOC anerkannten Sportverbänden haben 15 ihren Sitz in der Schweiz. Darunter die FIFA, der europäische Fußballverband UEFA, der internationale Radsportverband (UCI) und der internationale Basketballverband FIBA; Haas spricht in diesem Zusammenhang in Analogie zu den Entwicklungen im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht von einer „Flucht (der Verbände) in das sportrechtliche Delaware“, Haas, Loslösung des organisierten Sports aus der Umklammerung des nationalen Rechts, SJZ 106 (2010), 585, 588; siehe dazu auch Mätzler, Die internationalen Organisationsstrukturen im Spitzensport und die Regelwerke der Sportverbände, 2009, S.  67 und ausführlich Mohnheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips, 2006, S.  19 ff.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

nicht geltenden europarechtlichen Diskriminierungsverbotes ihre Verbandsautonomie nicht aus Art.  9 Abs.  1 GG herleiten.32 Die ausländischen Sportverbände mit Sitz außerhalb der EU stehen mithin verfassungsrechtlich lediglich unter dem Schutz des Rechtsstaatsprinzips und der justiziellen Grundrechte der Art.  101 Abs.  1 Satz 2 GG und des Art.  103 Abs.  1 GG.33 Die einzelnen Mitglieder, also Sportler und Funktionäre der ausländischen Sportverbände, können sich als natürliche Personen hingegen auf den grundrechtlichen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art.  2 Abs.  1 GG berufen.34 Aufgrund des mangelnden verfassungsrechtlichen Schutzes der Verbandsautonomie der internationalen Sportverbände mit Sitz in der Schweiz respektive im außereuropäischen Ausland,35 wird in der juristischen Literatur der ordre public-Vorbehalt des Art.  6 EGBGB i. V. m. der jeweiligen staatlichen Rechtsordnung als zentrale Grundlage für die sich aus der Verbandsautonomie ableitende Rechtsetzungs- und Rechtdurchsetzungsbefugnis der nicht-inländischen internationalen Sportverbände im deutschen Recht betrachtet.36 Die deutsche Rechtsordnung akzeptiert also die Anwendung und Durchsetzung der von einem ausländischen Verband erlassenen Normen, soweit diese mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar sind, insbesondere den Grundrechten.37 32 Vgl.

Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Kommentar, 92. EL 08/2020, Art.  9 GG, Rn.  56. Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  158 und Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  76. 34  Scholz, in: Maunz/Dürig, GG Kommentar, 92. EL 08/2020, Art.  9 GG, Rn.  47; vgl. dazu auch Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  76. und Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  156; zur Geltung des Grundrechts aus Art.  2 Abs.  1 GG auch für Ausländer siehe, BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1973 – 1 BvR 23/73 – BVerfGE, 35, 382, 399. 35 Die Verbandsautonomie ist in vielen ausländischen Rechtsordnungen ähnlich wie in Deutschland ausgestaltet. In der Schweiz wird die Vereins- und Verbandsautonomie beispielsweise in Art.  23 der Bundesverfassung (BV) gewährleistet. Seine privatrechtliche Entsprechung findet die Verfassungsnorm in den Artikeln 60 bis 79 ZGB; für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Vereins- und Verbandsautonomie in der Schweiz, die in ihrem Gewährleistungsumfang mit der im deutschen Recht garantierten Vereinigungsfreiheit vergleichbar ist, siehe Haslinger, Zuschauerausschreitungen und Verbandssanktionen im Fußball, 2011, S.  41 ff. 36 Vgl. Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  159; Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination, 2001, S.  76; Mohnheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips, 2006, S.  29, und Weinbuch, Verhinderung von Sportwettmanipulationen und Autonomie des Sports, 2015, S.  44. 37  Siehe hierzu Mohnheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips, 2006, S.  29, der in diesem Zusammenhang auf das sogenannte „Spanier-Urteil“ des BVerfG hinweist. In diesem Urteil stellt das BVerfG u. a. fest, dass die Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts und die Anwendung des durch sie berufenen ausländischen Rechts an den Grundrechten zu messen sind, vgl. BVerfG, Beschluss vom 04. Mai 1971 – 1 BvR 636/68 – BVerfGE 31, 58, 72 ff.; siehe vertiefend zum Anwendungsbereich des allgemei33 Vgl.

C. Organisationsstruktur der Sportverbände

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C. Organisationsstruktur der Sportverbände Zwei zentrale Leitprinzipien prägen den international ausgetragenen Leistungssport: Die Ermöglichung des Leistungsvergleichs im Wettkampf und die Herstellung und Sicherung von Chancengleichheit der am Wettbewerb beteiligten Akteure.38 Der Sportbetrieb auf internationaler Ebene benötigt einheitliche Regeln, vergleichbare Rahmenbedingungen und die Bindung aller beteiligten Akteure an die von den Verbänden aufgestellten Regelwerke.39 Die Schaffung gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen für alle am Wettkampf beteiligten Akteure ist gleichzeitig Grundlage und Vorbedingung für einen funktionierenden Sportbetrieb und bestimmt deshalb maßgeblich die Regulierungsbestrebungen der Sportverbände.40 Anknüpfend an die Internationalisierungs- und Kommerzialisierungstendenzen des Sports und die mit diesen Entwicklungen einhergehende zunehmende Interventionsbereitschaft der nationalstaatlichen Gerichte und Gesetzgeber, gerät das sogenannte level playing field aus der Perspektive der Sportverbände in Gefahr.41 Insbesondere die Zunahme grenzüberschreitender Konstellationen im Spitzensport verstärkt das Bedürfnis des jeweils zuständigen internationalen Fachverbandes nach einheitlicher Regelauslegung und einer Harmonisierung der Sanktionen bei Verstößen gegen das Reglement.42 Das große Interesse der Sportverbände an einer Vereinheitlichung ihrer Regelwerke und einer grenzüberschreitenden Bindung der beteiligten Akteure findet seinen Ausdruck in der Organisationsstruktur der Verbände auf nationaler und internationaler Ebene. Ein nen ordre public-Vorbehalts gemäß Art.  6 EGBGB im deutschen IPR Voltz, in: Staudinger BGB, EGBGB/IPR Art.  3–6, 2013, Art.  6, Rn.  22 ff. 38  Zur normativen Struktur des Sports siehe Rössner/Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 1. Kapitel, Rn.  1 ff. 39  Vgl. dazu auch Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, Einführung, Rn.  2 und 13 ff. 40  Dies verdeutlicht ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des verbandsmäßig organisierten Fußballsports in Deutschland; siehe dazu vertiefend Fischer, Die Autonomie der Sportverbände: Mehr Rechtssicherheit durch zweckorientierte Inhaltskontrolle, SpuRt 2019, S.  99–107, 101; Fischer gelangt zu dem Schluss, dass der primäre Zweck der Sportverbände in der Organisation des Wettkampfsports und der Schaffung der dafür notwendigen einheitlichen Regelungen liege. 41 Vgl. Healey, The Myth of the Level Playing Field in Sport, in: Haas/Healey (Hrsg.), Doping in Sport and the Law, 2016, S.  3–17. 42  Großereignisse wie die vom IOC organisierten Olympischen Spiele oder die vom Fußballweltverband FIFA ausgetragenen Weltmeisterschaften gelten als persönliche Karriere-Highlights der Athleten, erfreuen sich dazu besonderer Beliebtheit beim Publikum und generieren immense Umsätze für die Sportverbände. Dabei sind einheitliche Regeln und Sanktionsmechanismen existenziell für die Durchführung dieser sogenannten Mega Sporting Events.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

Lösungsansatz der internationalen Verbände zur Umsetzung der angestrebten Ziele ist das sogenannte Ein-Platz-Prinzip und der daraus resultierende pyramidenförmige Aufbau des Sportverbandswesens. I. Ein-Platz-Prinzip und Monopolstruktur der internationalen Sportverbände Das herausragende Organisationsprinzip des internationalen Sportverbandswesens ist das Ein-Platz-Prinzip.43 Das Prinzip gewährleistet, dass auf jeder Ebene sowohl in geographischer als auch in fachlicher Hinsicht die Interessen jeder einzelnen Sportart nur von einem Verband zentral wahrgenommen werden.44 Für die Festsetzung der Regeln innerhalb einer Sportart ist demzufolge nur jeweils ein Weltfachverband zuständig.45 Der Weltfachverband nimmt wiederum nur einen kontinentalen bzw. nationalen Fachverband als Mitglied auf und verlangt seinerseits von seinen Mitgliedern, dass sie das Ein-Platz-Prinzip auf der nachgeordneten Ebene durchsetzen.46 Daraus entsteht die den internationalen Sport43  In der sportrechtlichen Literatur findet sich für dieses Organisationsprinzip neben der Bezeichnung Ein-Platz-Prinzip auch die Begrifflichkeit Ein-Verbands-Prinzip. Beide Begrifflichkeiten werden synonym verwandt; grundlegend zum Ein-Platz-Prinzip Vieweg, Normsetzung und anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  61 ff.; ders., Zur Einführung – Sport und Recht, Jus 1983, S.  825–830, 826 und Gießelmann-Goetze, Das Ein-PlatzPrinzip, in: Will/Ress (Hrsg.), Sport und Recht in Europa, 1988, S.  15 ff; siehe dazu auch Scherrer/Muresan/Ludwig (Hrsg.), Sportrecht – Eine Begriffserläuterung, 3. Auflage, 2014, S.  117 und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  42 f. und zum historischen Hintergrund des Prinzips in Deutschland Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination, 2001, S.  60 ff. 44 Vgl. Grätz, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung im Sport, 2009, S.  22 und Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  54. 45  Ausnahmen von diesem Prinzip finden sich aus kommerziellen Gründen z. B. in den Individual-Sportarten Boxen und Schach, vgl. Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportrecht 2014, Einführung, Rn.  14 und Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  26; siehe für weitere Ausnahmen und eine nähere Auseinandersetzung mit den Ursachen dieser Abweichungen vom Ein-Platz-Prinzip Grätz, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Sportverbände, 2009, S.  22 ff.; grundsätzlich ist das Ein-Platz Prinzip unter Einschränkungen in der Rechtsprechung anerkannt, siehe dazu BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 96 und 99 und zum Aufnahmezwang in Verbände mit überragender Machtstellung bzw. in einen Monopolverband BGH, Urteil vom 23. November 1998 – II ZR 54/98 – BGHZ 140, 74; BGH, Urteil vom 02. Dezember 1974 – II ZR 78/72 – BGHZ 63, 282; zuletzt mit Bedenken gegenüber der Rechtmäßigkeit des Prinzips, Fischer, Die Rolle des Ein-Platz-Prinzips in der Autonomie der Sportfachverbände. Eine Untersuchung der exklusiven Organisationsstrukturen im Sport, 2018. 46  Für eine grafische Darstellung des pyramidenförmigen Aufbaus des Sports weltweit und in Deutschland siehe Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  41.

C. Organisationsstruktur der Sportverbände

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betrieb prägende monopolistisch-hierarchische Organisationsstruktur,47 welche den typischen pyramidenförmigen Aufbau nach sich zieht und eine Rechtsetzung von oben nach unten ermöglicht.48 Diese Struktur führt zu einer Monopolstellung des IOC und der Fachsportverbände in der jeweiligen Sportart.49 Für den Fußball ergibt sich dementsprechend folgende Struktur: An der Spitze der Verbandspyramide steht der Weltfußballverband FIFA. Die FIFA erklärt sich in ihren Statuten sowohl für die Verbreitung, die Organisation als auch für die Kontrolle und Überwachung der im Fußball geltenden Regelwerke verantwortlich.50 Der FIFA nachgeordnet sind die kontinentalen Fachsportverbände wie z. B. der europäische Fußballverband UEFA oder der südamerikanische Kontinentalverband CONMEBOL.51 Die Kontinentalverbände unterwerfen sich mit ihrem Beitritt zum Weltfachverband der Satzung der FIFA und erkennen damit sowohl die Statuten und Entscheidungen der Organe der FIFA als auch die Urteile des CAS als letztinstanzliches Schiedsgericht bei Streitigkeiten zwischen dem Weltverband und den Mitgliedsverbänden an.52 Die danach folgende Ebene der Verbandspyramide bilden die nationalen Fachverbände.53 Die nationalen Fachbzw. Dachverbände, in Deutschland der DFB, sind sowohl Mitglieder des Weltfachverbands FIFA als auch Mitglieder des jeweiligen Kontinentalverbands und somit beiden Statuten unterworfen.54 Der pyramidenförmigen Struktur folgend, erstreckt sich das streng hierarchische System über die weiteren Ebenen der Re47 

Zur Monopolstellung allgemein und ihrer rechtlichen Rechtfertigung Grätz, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Sportverbände, 2009, S.  21 ff. und Hannamann, Kartellverbot und Verhaltenskoordination im Sport, 2001, S.  54 ff. 48 Vgl. Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  44; siehe dazu auch Buck-Heeb/ Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S.  67. m. w. N..; zur Anwendung und Auslegung des Verbandsrechts durch die Verbandsgerichte und den Court of Arbitration for Sport siehe Kapitel 4. 49  Zur monopolartigen Verbandsstruktur im Sport siehe auch Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  41 ff. 50  Vgl. Art.  2 lit.  a), b) und c) FIFA Statuten (Stand: Juni 2019); siehe dazu auch Grätz, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Sportverbände, 2009, S.  18. 51  Der FIFA sind insgesamt sechs Kontinentalverbände untergeordnet. Neben der UEFA und der CONMEBOL sind dies der Asien repräsentierende AFC, der afrikanische CAF-Verband, der für Nord- und Zentralamerika sowie die Karibik zuständige CONCACAF und der OFC-Verband für Ozeanien. 52  Vgl. Art.  14 FIFA Statuten (Stand Juni 2019) und Art.  3 UEFA Statuten (Stand Februar 2018), siehe zur Unterwerfung der Sportverbände unter die Jurisdiktion des CAS Kapitel 4 C. 53  Der deutsche nationale Fußballverband ist der DFB. 54  Vgl. Art.  15 lit.  e) i. V. m. Art.  11 Abs.  2 FIFA Statuten (Stand Juni 2019); Art.  7 lit.  b) UEFA Statuten (Stand: Februar 2018); darüber hinaus unterwirft sich der DFB in seiner Satzung den Bestimmungen der übergeordneten Verbände FIFA und UEFA, vgl. §  3 Nr.  1 und 2 Satzung-DFB (Stand: September 2019).

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

gional- und Landessportverbände bis hin zum lokalen Sportverein und schließlich zum einzelnen Vereinsmitglied.55 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der einzelne Sportler in keinem mitgliedschaftlichen Verhältnis zu den übergeordneten Verbänden steht, und wenn überhaupt ausschließlich Mitglied im Sportverein auf der untersten Ebene der Pyramide ist.56 Es besteht somit also im Falle der Mitgliedschaft des Sportlers im Sportverein auf der untersten Ebene der Pyramide eine satzungsrechtliche Bindung zwischen Sportler und Verein, Verein und Regionalverband, Regionalverband und nationalem Fachverband, nationalem Fachverband und Kontinentalverband sowie Kontinentalverband und Weltfachverband.57 Der Vereinsbeitritt des Sportlers und der Verbandsbeitritt des Vereins erfolgt rechtsgeschäftlich durch den Abschluss eines sogenannten Aufnahmevertrags.58 Der Aufnahmevertrag begründet ein Mitgliedschaftsverhältnis und unterwirft den Sportler bzw. den Verein der Satzung und etwaigen Nebenordnungen des unmittelbar übergeordneten Sportverbandes.59 Für die Olympische Bewegung ergibt sich ein ähnliches Bild:60 Das IOC als Weltdachverband steht an der Spitze der Pyramide.61 Dem IOC nachgeordnet 55 

Siehe dazu vertiefend C. II. in diesem Kapitel. Die Satzungen der an der Spitze der Pyramide stehenden (nationalen) Fachverbände sehen eine Mitgliedschaft der einzelnen Sportler nicht vor. Organisatorisch wäre es darüber hinaus kaum handhabbar alle aktiven Sportler als unmittelbare Mitglieder in die nationalen Fachverbände aufzunehmen, vgl. dazu Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  14 ff.; zudem gilt es zu beachten, dass eine zunehmende Anzahl nicht vereinsgebundener Sportler an den national und international ausgerichteten Wettkämpfen teilnimmt, siehe dazu C. II. in diesem Kapitel. 57 Vgl. dazu: Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S.  67 und Grätz, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Sportverbände, 2009, S.  18 f.; siehe auch die ausführliche Darstellung der Organisation im Fußball bei Orth, Vereins- und Verbandsstrafen am Beispiel des Fußballsports, 2009, S.  42 ff.; zur Wirkungserstreckung der Verbandsregeln gegenüber nicht-mitgliedschaftlich organisierten Sportlern und in der Pyramide nachgeordneten Vereinen siehe C. II. 2. 58 Vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  206 ff; BGH, Urteil vom 18. September 1958 – II ZR 332/56 – BGHZ 28, 131, 134; BGH, Urteil vom 29. Juni 1987 – II ZR 295/86 – BGHZ 101, 193, 196. 59 Siehe dazu vertiefend: Wagner, in: Reichert, Vereins und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  950 ff.; zur Dogmatik der Mitgliedschaft siehe Leuschner, in: MüKo-BGB, §  25, Rn.  2–7. 60  Siehe zur Geltung der Olympischen Charta gegenüber NOKs, Fachsportverbänden und Athleten instruktiv Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  223 ff. 61  Laut Art.  1 der Olympic Charta (Stand: Juni 2020) steht das IOC an der Spitze der Olympischen Bewegung. Darüber hinaus sind die Internationalen Verbände in den olympischen Sportarten, die NOKs, die Organisationskomitees der Olympischen Spiele, die Athleten, die Schiedsrichter, die nationalen Verbände und Vereine und weitere Organisationen und Institutionen, die aufgrund ihres Engagement vom IOC anerkannt wurden, Teil der Olympischen Be56 

C. Organisationsstruktur der Sportverbände

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sind die Nationalen Olympischen Komitees (NOKs). In Deutschland füllt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) diese Rolle aus.62 In Anwendung des Ein-Platz-Prinzips erkennt das IOC pro Sportart jeweils nur einen internationalen Spitzenverband sowie pro Nation nur ein NOK an.63 Die NOKs unterwerfen sich für diese Anerkennung den Regularien des IOC und verpflichten sich darüber hinaus, das Regelwerk des IOC gegenüber ihren Mitgliedsverbänden und Sportlern durchzusetzen sowie ihrerseits wiederum nur einen Fachverband pro Sportart auf der nationalen Ebene anzuerkennen.64 Diese Konstellation resultiert in einer Doppelbindung der in der Verbandspyramide unterhalb der NOKs angesiedelten nationalen Verbände.65 Zum einen sind die nationalen Verbände kraft ihrer Mitgliedschaft an die ihnen übergeordneten Fachsportverbände gebunden und zum anderen durch ihre Mitgliedschaft im NOK an die Olympische Charta und die weiteren Regularien des IOC.66 Durch die Monopolstellung der übergeordneten Verbände entsteht mithin ein faktischer Zwang der nationalen Verbände und Vereine sich innerhalb dieser hierarchischen Strukturen zu organisieren, um am global ausgetragenen Sportbetrieb teilnehmen zu können.67 Das Ein-Platz-Prinzip gewährleistet auf der einen wegung. Zur Binnenstruktur des IOC siehe auch die Darstellung auf der Website des IOC, Who We Are, . 62  Der DOSB wurde am 20. Mai 2006 als Vereinigung der Vorgängerorganisationen Nationales Olympisches Komitee (NOK) und Deutscher Sportbund (DSB) neu gegründet. Der DOSB vereint als Dachverband die jeweiligen nationalen Spitzenverbände der Einzelsportarten und zählt insgesamt laut eigener Aussage mehr als 27 Millionen Mitgliedschaften in knapp 90.000 Sportvereinen. Zum DOSB gehören 101 Mitgliedsorganisationen, darunter 16 Landessportbünde, 66 Spitzenverbände sowie 19 Verbände mit besonderen Aufgaben, vgl. dazu DOSB, Das ist der DOSB, . 63  Vgl. Art.  25 Olympic Charta (Stand: Juni 2020). 64  Vgl. Olympic Charta By-law to Rules 27 und 28: „An NOC shall not recognize more than one national federation for each sport governed by an IF.“; siehe dazu auch Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil Rn.  5; die Anerkennung durch das IOC ist wiederum die Voraussetzung für eine Teilnahme des jeweiligen NOKs an den Olympischen Spielen; aus der Kombination der Aufnahmeordnung des DOSB mit den Regelwerken der internationalen Spitzenverbände und des IOC ergibt sich, dass für jede Sportart nur ein Spitzenverband in den DOSB aufgenommen werden kann; vgl. Aufnahmeordnung des DOSB, §  4 Nr.  2, und Vieweg, Faszination Sportrecht, in: Steiner/Walker (Hrsg.), Von „Sport und Recht“ zu „Faszination Sportrecht“, 2016, S.  689–755, 696. 65 Vgl. Grätz, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Sportverbände, 2009, S.  20 f. 66  Zur Durchsetzung des Ein-Platz-Prinzips siehe vertiefend ders., Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Sportverbände, 2009, S.  24 ff. 67 Vgl. Prokop, Die Grenzen der Dopingverbote, 2000, S.  46 und ebd. S.  50 ff. detailliert zur Sportstruktur am Beispiel der Leichtathletik.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

Seite die einheitliche Weiterentwicklung der jeweiligen Sportarten, die erleichterte Durchführung internationaler Sportveranstaltungen und führt zur Vermeidung konkurrenzbedingter Kompetenzkonflikte.68 Auf der anderen Seite führt es zu einer Vormachtstellung der in der Verbandspyramide höher positionierten Verbände gegenüber den nachgeordneten Verbänden und Vereinen und festigt das ungleiche Kräfteverhältnis der Fachverbände gegenüber den Athleten.69 Die Problematik der gerade auf dem Feld der weltweiten Doping-Bekämpfung erforderlichen sportartenübergreifenden Regulierung und Harmonisierung der Verbotstatbestände und Sanktionsmöglichkeiten kann jedoch auch das Ein-PlatzPrinzip nicht lösen, da das Prinzip die Eigenständigkeit der Fachverbände und damit auch ihrer Regelwerke unangetastet lässt.70 Zudem können die oben bereits skizzierten unterschiedlichen Kontrollmaßstäbe der nationalen Gerichte durch diesen Organisationsgrundsatz nicht überwunden werden.71 Die internationalen Sportverbände stehen demnach insbesondere in Hinblick auf die sportartenübergreifende Dopingregulierung vor zwei zentralen Herausforderungen. Wie kann trotz der Eigenständigkeit der Fachverbände ein hohes Maß an Rechtsgleichheit für die am Wettbewerb teilnehmenden Akteure sportartenübergreifend erreicht werden?72 Und wie lassen sich aus sportrechtlicher Perspektive international gleiche Sachverhalte vor Eingriffen der nationalen Rechtsordnungen abschirmen, um eine Nationalisierung der Rechtsbeziehungen im globalen Sportsystem zu verhindern? Bevor die selbstregulativen Instrumente zur Bewältigung dieser Herausforderungen exemplarisch für die sportartenübergreifende Dopingregulierung analysiert werden, folgt zur Vervollständigung der Organisationsstruktur des internationalen Sportbetriebs ein kurzer Exkurs in Bezug auf die Frage nach der Geltungsgrundlage der Verbandsregelwerke gegenüber den einzelnen Sportlern und auf der Pyramide nachgeordneten Vereinen. Die nachfolgend beschriebenen Mechanismen zur Wirkungserstreckung der Verbandsregelwerke bilden zudem die Grundlage für die Umsetzung des WADC. 68 

Vieweg, Normsetzung und -anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  292. 69  Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, Einführung, Rn.  15 f. und Prokop, Die Grenzen der Dopingverbote, 2000, S.  46. 70  Zur eigenständigen Setzung der Regelwerke innerhalb der jeweiligen Sportart von „oben nach unten“ siehe auch Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  46 ff. 71  Vgl. dazu bereits Kapitel 1 und für eine detaillierte Auseinandersetzung mit den divergierenden Kontrollmaßstäben der nationalen Gerichte Kapitel 4 A. 72  Zur Bedeutung global einheitlichen Sportrechts siehe auch instruktiv Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 9. Kapitel, Rn.  969.

C. Organisationsstruktur der Sportverbände

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II. Bindungswirkung des nationalen und internationalen Verbandsrechts Mangels originärer Rechtsetzungsautonomie und der privatrechtlichen Verortung der nationalen und internationalen Sportverbände bedarf es zur Bindung der einzelnen Sportler und Vereine an die übergeordneten Verbandsregelwerke des Einsatzes rechtsgeschäftlicher Instrumente.73 Hinsichtlich des im Vordergrund stehenden Regulierungsziels möglichst einheitlicher Setzung, Durchsetzung und Anwendung der Verbandsregelwerke auf nationaler und internationaler Ebene, stellt sich neben der Eigenständigkeit der internationalen Fachverbände und den Schwierigkeiten, die sich aus den unterschiedlichen Kontrollmaßstäben der nationalen Gerichte für die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung ergeben, ein weiteres praktisches Problem. Die einzelnen Sportler und Vereine sind nicht als Mitglieder unmittelbar eingebunden in die organisatorische Struktur der an der Spitze der jeweiligen Pyramide stehenden nationalen und internationalen Sportverbände.74 Die Satzung eines Verbandes bzw. Vereins gilt aber grundsätzlich nur für dessen Mitglieder.75 Zudem führt der Erwerb der Mitgliedschaft in einem Verein nicht automatisch zur Mitgliedschaft in dem Verband, dessen Mitglied der jeweilige Verein ist.76 Überdies nehmen auch nicht vereinsgebundene Sportler an den national und international ausgerichteten Wettkämpfen teil.77 73  Wie in Kapitel 1 und in Abschnitt B. in diesem Kapitel bereits herausgearbeitet, existiert keine autonome Sportrechtsordnung. Es ist vielmehr so, dass dem Sport vom Staat eine Regelungsbefugnis zuerkannt wird, so dass er sein eigenes Recht setzen und auch durchsetzen kann. Die so entstandenen Normen bedürfen als privates Regelwerk aber grundsätzlich der staatlichen Anerkennung bzw. zur Wirkungserstreckung gegenüber dem einzelnen Sportler und den lokalen Sportvereinen der rechtsgeschäftlichen Bindung, vgl. dazu auch nochmal Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 37 ff. 74  Die zeitweise aus funktionalen Gründen erwogene Konstruktion der mittelbaren Mitgliedschaft, die eine durchgreifende Wirkungserstreckung der Regelwerke, der an der Spitze der Pyramide stehenden nationalen und internationalen Sportverbände, gegenüber dem einzelnen Sportler, der mitgliedschaftlich lediglich an den lokalen Sportverein gebunden ist, fingiert hat, wird mittlerweile in der deutschen Rechtswissenschaft nicht mehr vertreten, vgl. dazu instruktiv und m. w. N. Meier, Dopingsanktion durch Zahlungsversprechen, Das Beispiel der Ehrenerklärungen des Weltradsportverbands UCI, 2015, S.  24. 75 Vgl. Weick, in: Staudinger-BGB, Allgemeiner Teil 2, §§  21–79 Vereine, 2005, §  25 Rn.  11 f. und Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  334; siehe dazu auch die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BGH im Fall SV Wilhelmshaven unter C. II. 1. in diesem Kapitel. 76  Siehe dazu bereits BGH, Urteil vom 18. September 1958 – II ZR 332/56 – BGHZ 28, 131, 134 und BGH, Urteil vom 24. Oktober 1988 – II ZR 311/87 – BGHZ 105, 306, 311. 77  So sind beispielsweise Berufsfußballer als Lizenzspieler zu qualifizieren, die nicht Mitglieder ihrer Vereine sind, sondern als deren Arbeitnehmer auf Basis eines Arbeitsvertrages tätig werden, vgl. §  8 Nr.  3.3. a) der Lizenzierungsordnung der DFL (Stand: 01.04.2020), wo-

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

Wie schaffen es die internationalen Sportverbände, sowohl den einzelnen Sportler als auch die lokalen Vereine an ihre Regelwerke zu binden und damit auch ihrer Sanktionsgewalt zu unterwerfen? In der Praxis lässt sich diese Bindung grundsätzlich auf zwei Wegen herstellen: Zum einen über ein System von lückenlos miteinander verschränkten Satzungsketten, welche an die Mitgliedschaft des Sportlers bzw. lokalen Vereins anknüpfen, und zum anderen über die Selbstbindung der Sportler und nachgeordneten Vereine kraft rechtsgeschäftlicher Unterwerfung.78 Bevor die den Verbänden zur Verfügung stehenden Bindungsmöglichkeiten auf ihre einzelnen Merkmale hin untersucht werden, soll an dieser Stelle eine Fallkonstellation aus dem Fußball, mit welcher sich der für das Vereinsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH zu beschäftigen hatte, in die Schwierigkeiten dieser Thematik einführen. Das Verfahren veranschaulicht die satzungsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung von Disziplinarmaßnahmen eines internationalen Sportverbandes, in diesem Fall der FIFA, gegenüber einem auf der lokalen Ebene der Verbandspyramide angesiedelten Vereins durch die nationalen Fachverbände. Der Fall verdeutlicht zudem die Probleme, die bei der Umsetzung von Disziplinarmaßnahmen eines internationalen Sportverbandes auftreten können. Schließlich lassen sich aus dem Urteil des BGH Rückschlüsse darauf ziehen, welche rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, neben dem unmittelbaren Mitgliedschaftsverhältnis, zu einer wirksamen Bindung der nachgeordneten Vereine und Sportler an die Regelwerke der internationalen Verbände aus der Perspektive des deutschen Rechts führen können. 1. Der Fall SV Wilhelmshaven Der Sachverhalt gestaltete sich wie folgt:79 Nach dem FIFA-RSTP ist von einem Verein, der einen Spieler eines anderen Vereins verpflichtet im Rahmen bestimmter Altersgrenzen eine Entschädigung für die Ausbildung des Spielers an den nach sich der Begriff Arbeitnehmer auf alle Berufsfußballer gemäß des FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern bezieht; siehe dazu auch die Lizenzordnung Spieler der DFL, Ligastatut, ; siehe dazu auch bereits Fenn, Erfassung der Sportler durch die Disziplinargewalt der Verbände, SpuRt 1997, S.  77–82, 78. 78  Zur Geltungsgrundlage der Regeln internationaler Sportverbände umfassend: Adolphsen, internationale Dopingstrafen, 2003, S.  61 ff.; Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  32 ff.; Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/ Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  204 ff. und Daigfuß, Verhältnis von Vereinsmitgliedern und Nichtvereinsmitgliedern gegenüber Verbänden, 1995. 79  Der Sachverhalt wird hier in gekürzter Form wiedergegeben; zum ausführlichen Tatbestand vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70.

C. Organisationsstruktur der Sportverbände

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abgebenden Verein zu zahlen.80 Der SV Wilhelmshaven e.V. (SVW) hatte von Januar bis Juni 2007 für seine damalige Regionalligamannschaft einen Fußballspieler unter Vertrag genommen, der zuvor bei zwei argentinischen Fußballvereinen gespielt hatte und ausgebildet wurde. Auf Antrag der beiden argentinischen Vereine setzte die zuständige FIFA-Disziplinarkommission im Dezember 2008 Ausbildungsentschädigungen in Höhe von insgesamt 157.500 € gegen den SVW fest. Der SVW rief infolgedessen den CAS an, welcher die Ausbildungsentschädigungen bestätigte.81 Daraufhin kam der SVW der Zahlungsaufforderung der beiden argentinischen Vereine nicht nach, trotz Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe, der Gewährung einer letzten Zahlungsfrist und des Abzugs von sechs Punkten in der Ligameisterschaft.82 In der Folge sprach die Disziplinarkommission der FIFA am 5. Oktober 2012 den Zwangsabstieg der 1. Fußballmannschaft des SVW aus.83 Nach der Bestätigung dieser Disziplinarmaßnahme durch den wiederum vom SVW angerufenen CAS, forderte die FIFA den DFB auf, den Zwangsabstieg umzusetzen.84 Der DFB reichte diese Bitte an den Norddeutschen Fußball-Verband (NFV) weiter, dessen Präsidium den Zwangsabstieg des SVW im Dezember 2013 beschloss.85 Eine gegen die Umsetzung dieser Maßnahme gerichtete Beschwerde wies das Verbandsgericht des NFV mit Urteil vom 20. Februar 2014 zurück. Die daraufhin gegen den Zwangsabstieg zum Ende der Spielzeit 2013/14 gerichtete Klage des SVW vor dem Landgericht Bremen ist ohne Erfolg geblieben.86 Das Berufungsgericht (OLG Bremen) hat dagegen die Unwirksamkeit des Beschlusses des NFV festgestellt, mit dem der Zwangsab80  Die FIFA-RSTP setzen in Art.  20 i. V. m. Anhang Nr.  4 die Höhe der Ausbildungsentschädigungen fest; der DFB hat die Vorschriften in §  16 Nr.  3.2.3. DFB-Spielordnung umgesetzt. 81  Siehe dazu die Entscheidung des CAS vom 5. Oktober 2009, CAS 2009/A/1810 & 1811 SV Wilhelmshaven v. Club Atlético Excursionistas & Club Atlético River Plate; hinsichtlich der Zuständigkeit des CAS gemäß FIFA-RSTP (Stand: Juni 2020) siehe Art.  23 Nr.  4 und Art.  24 Nr.  2 FIFA-RSTP. 82  Siehe dazu auch Art.  64 Abs.  1 und 2 FIFA-Disziplinarreglement (FDC) 2017, abrufbar unter: und die Pressemitteilung des DFB vom 24.08.2012, abrufbar unter: . 83  Die Entscheidung der FIFA-Disziplinarkommission vom 5. Oktober 2012 lautete: 1. The club (SVW) is pronounced guilty of failing to comply with a decision of a FIFA body in ac­ cordance with art. 64 of the FIFA Disciplinary Code (FDC). 2. The first team of the club is relegated to the next lower division., zit. nach BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 72. 84  Siehe dazu die Entscheidung des CAS vom 24. Oktober 2013, CAS 2012/A/3032 SV Wilhelmshaven v. Club Atlético Excursionistas und Orth/Stopper, Entscheidungsvollzug in der Verbandspyramide und Ausbildungsentschädigung, SpuRt 2015, S.  51–56. 85  BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 72. 86  LG Bremen, Urteil vom 25. April 2014 – 12 O 129/13.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

stieg verfügt wurde.87 Gegen das Urteil des OLG Bremen hat der NFV Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Der BGH hat daraufhin mit Urteil vom 20. September 2016 das Berufungsurteil im Ergebnis bestätigt.88 Zu den Gründen führte der BGH in seinem Urteil aus, dass eine vereinsrechtliche Disziplinarstrafe grundsätzlich nur verhängt werden dürfe, wenn sie in der Satzung vorgesehen ist.89 Präzisierend stellte der BGH darüber hinaus fest, dass die Regelung in der Satzung, welche die Disziplinarstrafe vorsieht, so hinreichend bestimmt sein müsse, dass die Mitglieder drohende Rechtsnachteile erkennen können und auf dieser Grundlage eine Entscheidung treffen können, ob sie diese hinnehmen oder ihr Verhalten entsprechend ändern wollen.90 Laut BGH fehlte in der Satzung des NFV, dessen Mitglied der SVW zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Zwangsabstieg war, eine derart eindeutige Grundlage hinsichtlich Disziplinarstrafen im Falle der Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen.91 Weiter führte der BGH aus, dass es nicht entscheidungsrelevant sei, ob sich womöglich aus den Satzungen des DFB oder der FIFA entsprechende Bestimmungen in Bezug auf Disziplinarstrafen ergeben, da in dieser Konstellation allein die Satzung des NFV maßgeblich sei.92 Der SVW war Mitglied des Regionalverbandes NFV, ein mitgliedschaftliches Verhältnis zum DFB oder der FIFA bestand nicht.93 Regeln eines übergeordneten Verbandes gelten aber grundsätzlich nur für dessen Mitglieder.94 Demzufolge sei der Beschluss des Präsidiums des NFV allein an der Satzung des NFV zu messen.95 Dieser Satzung fehle es jedoch an einer eindeutigen Regelung zu Disziplinarmaßnahmen bei Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen. Darüber hinaus verwies die Satzung des NFV in diesem Sinne nicht auf die entsprechenden Bestimmungen in den Regelwerken des DFB oder der FIFA.96 Der NFV habe deshalb eine eigene vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahme auf der Grundlage des Mitgliedschaftsverhältnisses zwischen ihm und dem SVW verhängt, die je87 

OLG Bremen, Urteil vom 30. Dezember 2014 – 2 U 67/14. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70; siehe dazu die Entscheidungsbesprechungen von Orth, Die Fußballwelt nach Wilhelmshaven, SpuRt 2017, S.  9–14 und Heermann, Bindung von Vereinsmitgliedern an die Sanktionsvorschriften übergeordneter (Sport-) Verbände, ZIP 38 (2017), S.  253–258. 89  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 83; auf die hier untersuchte Fallkonstellation übersetzt meint Verein in diesem Fall den Regionalverband NFV. 90  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 82. 91  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 84 ff. 92  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 82. 93  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 85. 94  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 83. 95  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 83. 96  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 85. 88 

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doch keine entsprechende Grundlage in der Satzung des NFV fand. Dass damit die Anordnung der FIFA-Disziplinarkommission umgesetzt werden sollte, ist laut BGH unerheblich.97 Darüber hinaus stellte der BGH in seinem Urteil fest, dass der SVW sich auch nicht auf andere Weise einer möglichen Sanktion in Form des Zwangsabstiegs wegen Nichtzahlung der nach dem FIFA-RSTP angefallenen Ausbildungsentschädigungen unterworfen habe.98 Der SVW habe zwar mit dem DFB einen Zulassungsvertrag Regionalliga über die Teilnahme der Mannschaft an der Regionalliga Nord geschlossen. Ob der SVW sich durch diesen Zulassungsvertrag gleichzeitig dem FIFA-RSTP unterworfen habe, ist nach Ansicht des BGH unerheblich, da es in diesem Fall allein um die Frage ging, ob der SVW bei Nichtzahlung der Ausbildungsentschädigung mit einem Zwangsabstieg bestraft werden konnte. Dafür hätte es laut BGH einer ausreichend deutlichen Ermächtigung bedurft, die im vorliegenden Fall weder in der Satzung des NFV noch im Zulassungsvertrag enthalten war.99 Schließlich beschäftigte sich der BGH mit der Frage, ob durch die bloße Teilnahme des SVW am Spielbetrieb der Regionalliga eine Unterwerfung unter die Zwangsabstiegsentscheidung des NFV wegen Nichtzahlung der von der FIFA festgesetzten Ausbildungsentschädigungen angenommen werden könne.100 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gelten die vom zuständigen Sportverband aufgestellten Wettkampfregeln nämlich ohne weiteres für alle Wettkampfteilnehmer, also auch für Nicht-Mitglieder des Dachverbands.101 Begründet wird die Wirkungserstreckung der Wettkampfregeln auf alle Teilnehmer, unabhängig des mitgliedschaftlichen Verhältnisses, damit, dass ansonsten ein geordneter Wettkampfbetrieb nicht sichergestellt werden könne.102 Die Regeln der FIFA über die Ausbildungsentschädigungen für den abgebenden Verein stellen nach Ansicht des BGH allerdings weder Wettkampfregeln dar, noch dienen sie der Herstellung gleicher Sport- und Wettkampfbedingungen oder der Sicherstellung eines geregelten Sport- und Wettkampfbetriebes in der Regionalliga.103 Die Spielberechtigung des fraglichen Spielers bestehe nämlich unabhängig von der Zahlung der Ausbildungsentschädigung und ihrer Durchsetzung. Somit sei der unmittelbare Sport- und Wettkampfbetrieb hiervon nicht betroffen.104 Weiter 97  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 79; siehe dazu kritisch Orth, Die Fußballwelt nach Wilhelmshaven, SpuRt 2017, S.  9–14, 11. 98  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 86 ff. 99  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 87. 100  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 88. 101  Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 93 102  Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 96 f. 103  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 88. 104  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 85.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

führte der BGH aus: „Selbst wenn die Ausbildungsentschädigungen im weitesten Sinne der Herstellung gleicher Bedingungen dienen sollten, so betreffen sie den konkreten sportlichen Wettkampf in der Liga nicht derart selbstverständlich und unmittelbar, dass sie – ebenso wenig wie mit ihnen verknüpfte Sanktionierungsbestimmungen – zu den Regeln zählten, von deren Befolgung gleichermaßen jeder Wettbewerbsteilnehmer (auch ohne ausdrückliche Bestimmung) ausgeht“105. Demzufolge ergebe sich keine Unterwerfung des SVW unter die Sanktionsgewalt des NFV wegen der Nichtzahlung der Ausbildungsentschädigungen entsprechend den FIFA-RSTP aus der Teilnahme an der Regionalliga.106 Darüber hinausgehende Erwägungen hinsichtlich einer Geltungserstreckung der FIFA-RSTP gegenüber dem SVW stellte der BGH nicht an. Der BGH hat dementsprechend der Klage des SVW gegen den NFV stattgegeben und den Präsidiumsbeschluss des NFV für nichtig erklärt, mit dem der Zwangsabstieg des SVW aus der Regionalliga Nord zum Ende der Spielzeit 2013/14 verfügt wurde.107 Die Umsetzung einer von einem übergeordneten Fachverband vorgesehenen Disziplinarmaßnahme gegenüber dem Mitglied eines nachgeordneten Vereins, das selbst nicht Mitglied des Fachverbands ist, bedarf demnach entweder einer Grundlage in der Satzung des nachgeordneten Vereins oder einer sonstigen Anerkennung dieser Möglichkeit durch dessen Mitglied.108 Der Fall des SVW zeigt, auch mit Blick auf die Prüfungsreihenfolge des BGH, welche rechtlich wirksamen und von nationalen Gerichten anerkannten Wege die nationalen und internationalen Sportverbände beschreiten können, um die nachgeordneten Vereine an ihre Regelwerke zu binden, die nicht in einem unmittelbaren mitgliedschaftlichen Verhältnis zu ihnen stehen. Darüber hinaus treten aber auch die Schwierigkeiten und potenzielle Fallstricke hinsichtlich wirksamer satzungsrechtlicher Bindungsmechanismen deutlich zutage. 2. Zur Wirkungserstreckung der Regelwerke im Detail Grundsätzlich gilt es, neben der Bindung qua unmittelbarer Mitgliedschaft, zwischen zwei Möglichkeiten der Wirkungserstreckung der Regelwerke übergeordneter Sportverbände gegenüber Sportlern und auf der Pyramide nachgeordneten Vereinen zu unterscheiden: Der Wirkungserstreckung kraft korrespondierender Satzungsketten, das sogenannte korporationsrechtliche Modell, auf der einen

105 

Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 88. Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 86 ff. 107  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 73. 108  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 77. 106 

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Seite und der Bindung der Sportler und Vereine über Einzelverträge, das sogenannte individualrechtliche Modell, auf der anderen Seite.109 a) Die satzungsrechtliche Lösung Die Satzungsbestimmungen der übergeordneten internationalen und nationalen Sportverbände sind gegenüber den nicht mitgliedschaftlich in ihre organisatorischen Strukturen eingebundenen Sportlern und nachgeordneten Vereinen nur dann bindend, wenn sie durch ein System korrespondierender Satzungsketten lückenlos auch in den Satzungen der nachgeordneten Vereine und Verbände verankert worden sind.110 In diesen Fällen der sogenannten Doppel- oder Mehrfachverankerung der Satzungsbestimmungen eines übergeordneten Verbandes lassen sich wiederum zwei Modelle voneinander unterscheiden: Die Inkorporation der Regelwerke lässt sich zum einen durch die Verwendung statischer Verweisungsnormen und zum anderen durch die Aufnahme von sogenannten dynamischen Verweisungsnormen in die Satzungen der nachgeordneten Vereine und Verbände sicherstellen.111 aa) Bindung kraft statischer Verweisungen Von einer statischen Verweisung ist auszugehen, wenn der nachgeordnete Verein die Regelungen und Bestimmungen des übergeordneten Verbandes im Ganzen und ohne nähere Spezifizierung für unmittelbar verbindlich erklärt.112 Diese Vorgehensweise, also die Übernahme von Vorschriften eines Dritten, ist aufgrund des oben beschriebenen Selbstverwaltungsrechts der Vereine und Verbände und der daraus erwachsenden umfassenden Regelungsautonomie keinen rechtlichen 109 Siehe dazu einführend Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  442; Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 40 ff. und Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S.  71 f. 110  Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  211 ff.; siehe dazu auch: Leuschner, in: MüKo-BGB, §  25, Rn 52–61 und Heermann, Die Geltung von Verbandssatzungen gegenüber mittelbaren Mitgliedern und Nichtmitgliedern, NZG 1999, S.  325–333. 111  Eine aufschlussreiche Erörterung der Problematik findet sich bei Heermann, Bindung an die Satzungen übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), 250–292; zur sogenannten Doppel- oder Mehrfachverankerung auch schon Vieweg, Normsetzung und Anwendung deutscher und internationaler Verbände, 1990, S.  335 ff. 112  Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  2011 ff. und Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  38; grundsätzlich zur Übernahme von Fremdordnungen im Vereinsrecht: Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  416 ff.

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Bedenken ausgesetzt.113 Voraussetzung ist allerdings die Eintragung der Satzungsänderung im Vereinsregister gemäß §  71 Abs.  1 BGB. Die Verwendung statischer Verweisungen erweist sich in der Praxis jedoch als wenig praktikabel.114 Zum einen ist für die stetige Angleichung an die jeweils geltende Satzung des nationalen bzw. internationalen Fachverbandes ein erhöhter Verwaltungsaufwand notwendig, da jede Satzungsänderung zusätzlich zur Eintragung in das Vereinsregister eines Beschlusses der Mitgliederversammlung bedarf.115 Zum anderen ist diese Vorgehensweise fehleranfällig und führt mitunter zu zeitlichen Verzögerungen im Anpassungsprozess.116 Hierfür steht die dargestellte Konstellation im Fall des SVW exemplarisch: Hätte der NFV innerhalb seiner Satzung eindeutig und präzise auf die Geltung der Regelwerke des DFB oder der FIFA und damit auch auf die FIFA-RSTP verwiesen und somit auch die Möglichkeit eines Zwangsabstieges im Falle der Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen in seine Satzung aufgenommen, hätte wohl kein Zweifel an der Wirksamkeit der Disziplinarmaßnahme bestanden.117 bb) Bindung kraft dynamischer Verweisungen Aufgrund der beschriebenen Nachteile statischer Verweisungen, wird in der sportrechtlichen Literatur seit einiger Zeit die Möglichkeit der satzungsrechtlichen Einbindung der übergeordneten Verbandsregelwerke durch sogenannte dynamische Verweisungen in den Satzungen der nachgeordneten Vereine disku113 Vgl.

Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  38; Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  70 ff; Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  442 m. w. N.; zum statutarischen Dritteinfluss im Verein siehe umfassend Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, 1999, S.  64 ff.; BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 84. 114  Zu den Nachteilen statischer Verweisungen siehe u. a.: Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, 16 f.; Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  38; siehe dazu auch Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 251; Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 41 und Heermann, Die Geltung von Verbandssatzungen gegenüber mittelbaren Mitgliedern und Nichtmitgliedern, NZG 1999, S.  325–333, 329. 115  Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 100; siehe dazu vertiefend Leuschner, in: MüKo-BGB, §  33, Rn.  1 ff. 116  Vgl. dazu Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 253. 117  Vgl. dazu nochmal BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 84 ff.; zu den möglichen Auswirkungen des Urteils auf den professionellen Fußball siehe Orth, Die Fußballwelt nach Wilhelmshaven, SpuRt 2017, S.  9–14.

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tiert.118 Dynamische Verweisungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Regelungen der übergeordneten Verbände für verbindlich erklären –in ihrer jeweils geltenden Fassung.119 Zeitraubende Anpassungsprozesse durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung können somit vermieden werden. Außerdem wird durch die umfassende Bezugnahme auf die Regelwerke der übergeordneten Verbände das Risiko einer lückenhaften Umsetzung, wie im Fall des SVW, verringert. Vor allem Praktikabilitätsgründe sprechen demzufolge für die Verankerung sogenannter Jeweiligkeitsklauseln in der Satzung der in der Verbandspyramide nachgeordneten Vereine und Verbände. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit dieser Form der Verweisungstechnik ist in der deutschen Rechtswissenschaft im Einzelnen jedoch umstritten.120 Ausgangspunkt der kritischen Auseinandersetzung mit der Verwendung dynamischer Verweisungsklauseln in Vereinssatzungen ist das deutsche Vereinsrecht bzw. die Satzungsautonomie der Vereine. Durch die Inkorporation dynamischer Verweisungen wird auf die Rechtsordnung eines anderen Rechtsetzers verwiesen, im vorliegenden Fall also die Satzung eines übergeordneten nationalen oder internationalen Sportverbandes. Es handelt sich demnach, hier liegt der Unterschied zur rechtlich unbedenklichen statischen Verweisungstechnik, um eine Form der Rechtsetzungsdelegation, die eine andere Rechtspersönlichkeit als den lokalen Verein damit beauftragt, für diesen Recht zu setzen. Auf dieses von einem Dritten gesetzte Recht wird schließlich entsprechend der Klauseln verwiesen, in der jeweiligen Fassung.121 Hauptargument gegen die Zulässigkeit dynamischer Verweisungen ist, „dass sich der [nachgeordnete] Verein auch für die Zukunft seiner eigenen Satzungsau118  Siehe dazu die Aufsätze von Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292; Orth/Pommerening, Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht, SpuRt 2010, S.  222– 224 (1.Teil) und dies., SpuRt 2011, S.  10–12 (2. Teil); die Frage der Zulässigkeit dynamischer Verweisungen wird außerdem diskutiert in den Monografien von Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  70 ff; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, 1999, S.  172 ff; Kotzenberg, Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  39 ff. und in Bezug auf den Verweis auf übergeordnete Satzungen innerhalb von Schiedsklauseln bei Oschütz, Sportgerichtsbarkeit. Die Schiedsverfahren des Tribunal Arbitral du Sport vor dem Hintergrund des schweizerischen und deutschen Schiedsverfahrensrechts, 2005, S.  225 ff. 119 Vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  214 ff. 120  Zum Meinungsstand siehe statt vieler Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  417; differenzierend Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292. 121 Vgl. Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 253 und Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, 1999, S.  175 f.

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tonomie begibt, wodurch das vereinsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht letztlich ausgehöhlt werden würde“122. Zudem wird ein formales Argument aus dem deutschen Vereinsrecht gegen die Zulässigkeit dynamischer Verweisungen angeführt: Satzungsänderungen bedürfen gemäß §  33 BGB grundsätzlich eines Beschlusses der Mitgliederversammlung. Die Änderungen bedürfen in einem nächsten Schritt zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung im Vereinsregister gemäß §  71 Abs.  1. BGB. Ändert sich die Satzung des nachgeordneten Vereins infolge einer dynamischen Verweisung aber automatisch durch eine Satzungsänderung des Dachverbandes, fehlt es in Bezug auf die durch die dynamische Verweisung veränderten Regelungen jedoch an dieser Eintragung. Dem Vorstand des nachgeordneten Vereins ist es nämlich nicht möglich den satzungsändernden Beschluss der Mitgliederversammlung dem Registergericht vorzulegen, da ein solcher Beschluss gar nicht gefasst wurde.123 Neuere Ansichten in der Literatur wollen die dynamische Verweisung entgegen der vorgetragenen Argumente jedoch als rechtliches Gestaltungsmittel grundsätzlich anerkennen.124 Diese Auffassungen differenzieren zwischen der Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen. Nicht zulässig seien demnach lediglich solche dynamischen Verweisungen, die wesentliche Grundsatzentscheidungen des Vereins auf einen Dritten verlagern.125 Exemplarisch werden dafür in der Literatur die Regelungen der §§  57 und 58 BGB angeführt.126 Zu diesem wesentlichen Regelungsbereich, welcher nicht durch dynamische Verweisungen auf einen Dritten ausgelagert werden darf, gehören daneben auch etwaige Regelungen in Bezug auf Sanktionen und Vereinsstrafen.127 Zulässig wären demzufolge lediglich dynamische Verweisungen, welche sich nicht auf wesentliche Grundsatzentscheidungen des nachgeordneten Vereins beziehen. Die Frage, ob es sich bei einer Regelung in der Satzung um eine wesentliche oder 122 Vgl.

Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht Kapitel 2, Rn.  417. Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, 1999, S.  173; differenzierend Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, S.  269 und Kotzenberg, Bindung des Sportlers an private Doping­regeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  41 ff.; zu den Möglichkeiten einer teleologischen Reduktion des §  71 Abs.  1 S.  1 BGB Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, 1999, S.  174. 124 Vgl. Orth/Pommerening, Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht, SpuRt 2010, S.  222–224 (1.Teil) und dies., SpuRt 2011, S.  10–12 (2. Teil); Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292. 125 Vgl. Orth/Pommerening, Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht, SpuRt 2010, S.  222–224, 223. 126 Ebd. 127  Ebd.; abwägend hinsichtlich dynamischer Verweisungen in Bezug auf Dopingvorschriften Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  20 ff. 123 

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nicht wesentliche sonstige Regelungsmaterie handelt, bedürfe darüber hinaus der Überprüfung im Einzelfall.128 Zudem wird von den neueren Ansichten eine sich an die Zulässigkeitsprüfung anschließende Überprüfung der Wirksamkeit der dynamischen Verweisung vorgeschlagen.129 Diese solle demzufolge erst Wirksamkeit gegenüber den nachgeordneten Vereinen und Athleten entfalten, soweit sie hinreichend bestimmt ist und den betroffenen Adressaten die Möglichkeit der Kenntnisnahme eingeräumt wurde.130 Der BGH äußerte sich bis zuletzt nicht abschließend zur Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht. Bekräftigte er in der bereits zitierten „Reiter- Entscheidung“ aus dem Jahr 1994 noch seine grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Zulässigkeit – „nach überwiegender Auffassung [ist] eine sogenannte dynamische Verweisung auf den jeweils gültigen Inhalt übergeordneter Verbandssatzungen unzulässig“131 – ließ er diese Frage in seinem Urteil im Fall des SV Wilhelmshaven ausdrücklich offen und sah von einer Stellungnahme zu dieser Frage bewusst ab.132 Deutlich wird, dass sich kein einheitliches Meinungsbild in Bezug auf die Zulässigkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht ausmachen lässt. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit hat in der Praxis dazu geführt, dass die übergeordneten Verbände Abstand von der alleinigen Verwendung dynamischer Ver128  Heermann spricht sich für die Zulässigkeit dynamischer Verweisungen aus, wenn sie sich auf Regelungen beziehen, die entweder auf der Ebene des nachgeordneten Vereins zum Gegenstand einer Vereins- oder Nebenordnung gemacht werden können (z. B. Spielregeln) oder sich auf Regelungen beziehen, für die der Verein aus rechtlichen oder faktischen Gründen keine Regelungsgewalt hat (z. B. Gesetzesvorschriften), vgl. Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 277. 129  Vgl. dazu Orth/Pommerening, Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht, SpuRt 2010, S.  222–224, 222 und Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 277 ff. 130 Ebd. 131  Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 100; der BGH verweist hier ferner auf ein weiteres Urteil, in welchem der BGH sich allerdings ebenfalls nicht eindeutig hinsichtlich der Unzulässigkeit dynamischer Verweisungen äußert, vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1988 – II ZR 51/88 –, NJW-RR 1989, 376–378, 378. 132  „Darauf, ob eine sogenannte dynamische Verweisung auf die Satzung des in der Verbandspyramide übergeordneten Vereins wirksam wäre, kommt es nach alledem für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.“, BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 86; siehe dazu ebenfalls Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  417 und für eine Untersuchung der Entscheidungen der Instanzgerichte in Bezug auf die Frage nach der Zulässigkeit dynamischer Verweisungen Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 256.

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weisungen genommen haben.133 Es bleibt festzuhalten, dass sich nach derzeitiger Rechtslage die Bindung an die Regelwerke der übergeordneten Verbände satzungsrechtlich lediglich durch ein System lückenloser, miteinander korrespondierender Satzungsketten in Form statischer Verweisungen bewerkstelligen lässt.134 b) Individualrechtliches Modell Aufgrund der beschriebenen Nachteile der korporationsrechtlichen Lösungen hat sich in der Praxis ein auf Individualvereinbarungen beruhendes rechtsgeschäftliches Modell durchgesetzt.135 Die internationalen Sportverbände binden die Sportler und nachgeordneten Vereine demzufolge kraft rechtsgeschäftlicher Unterwerfung an ihre Regelwerke.136 Bei dieser Form der Wirkungserstreckung der Regelwerke handelt es sich um einzelvertragliche Vereinbarungen, die zwischen Sportler und Verband bzw. nachgeordnetem Verein und Verband abgeschlossen werden.137 Die genaue Ausgestaltung unterscheidet sich dabei in Abhängigkeit von der Organisation der jeweiligen Sportart. Die Vereinbarungen werden in der Literatur nicht immer einheitlich entweder als Verträge sui generis, Unterwerfungs-, Regelanerkennungs- oder Erstreckungsverträge bezeichnet.138 Im Folgenden soll der neutrale Oberbegriff Regelanerkennungsvertrag verwen133 

Vgl. dazu: Orth/Pommerening, Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht, SpuRt 2010, S.  222–224, 222; ein weiteres Argument gegen den Einsatz von Satzungsketten zur Bindung der Sportler und nachgeordneten Verbände ist die aus Perspektive der übergeordneten Verbände aufwändige Überwachung und Kontrolle der lückenlosen Verankerung ihrer Regelwerke in den Satzungen der nachgeordneten Vereine, vgl. dazu Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  86. Und Meier, Dopingsanktion durch Zahlungsversprechen, 2015, S.  27. 134  Das in diesem Zusammenhang bereits beschriebene Problem, dass nicht alle an den Wettbewerben teilnehmenden Athleten mitgliedschaftlich organisiert sind und damit auch nicht über lückenlose, miteinander korrespondierende Satzungsketten erfasst werden können, bleibt allerdings bestehen. 135  Wie der oben beschriebene Vereinsbeitritt des Sportlers durch Aufnahmevertrag ist auch der hier im Fokus stehende Regelanerkennungsvertrag als Rechtsgeschäft einzuordnen, Adolph­sen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  87; zur grundsätzlichen Zulässigkeit dieser schuldrechtlich zu qualifizierenden Vereinbarungen siehe auch Meier, Dopingsanktion durch Zahlungsversprechen, 2015, S.  51 ff. 136  Siehe dazu einführend Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S.  72 und, Röthel, Lex Mercatoria, lex sportiva, lex technica – Private Rechtsetzung jenseits des Nationalstaates?, JZ 2007, S.  755–763, 757 ff. 137  Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den vertragsrechtlichen Lösungen findet sich darüber hinaus bei Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  62. 138 Vgl. Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  86.

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det werden.139 In der Praxis haben sich insbesondere zwei Varianten der Regelanerkennungsverträge bewährt, die der BGH bereits 1994 in seiner „Reiter-Entscheidung“ für grundsätzlich rechtlich unbedenklich erklärt hat: Die Unterwerfung qua Wettkampfmeldung und die Bindung durch sogenannte Lizenz- bzw. Athletenvereinbarungen. Als dritte Variante der rechtsgeschäftlichen Bindung kommen darüber hinaus vereinzelt individuell ausgehandelte Einzelverträge zur Anwendung. Diese sollen im Folgenden jedoch eine untergeordnete Rolle einnehmen, da sie lediglich Ausnahmeathleten betrifft.140 aa) Wettkampfmeldung, Teilnahme- oder Nominierungsvertrag Mit den Worten des BGH besteht „die eine gebräuchliche Form der Unterwerfung […] darin, daß der Sportler seine Meldung zu einem konkreten Wettbewerb abgibt, der ausdrücklich nach der Wettkampf- und Disziplinarordnung des für die betreffende Sportart verantwortlich zeichnenden Verbandes ausgeschrieben 139 

Zum Regelanerkennungsvertrag siehe Pfister, Autonomie des Sports, sport-typisches Verhalten und staatliches Recht, in: FS Lorenz, 1991, S.  171–192, 185; Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  206 ff. und Pfister, in: Fritzweiler/ Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil, Rn.  39–48; siehe dazu auch nochmal BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 95, 98 f. in denen der BGH zwar nicht explizit den Terminus „Regelanerkennungsvertrag“ verwendet, aber von der „vertraglichen Anerkennung“ der Regelwerke der Sportverbände spricht; der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass die im Rahmen der korporationsrechtlichen Wirkungserstreckung kontrovers diskutierten dynamischen Verweisungen innerhalb von Regelanerkennungsverträgen grundsätzlich wirksam sind, siehe dazu Orth/Pommerening, Zulässigkeit und Wirksamkeit dynamischer Verweisungen im Sportrecht, SpuRt 2011, S.  10–12 und Heermann, Bindung an die Satzung übergeordneter Verbände durch dynamische Verweisungsklauseln, ZHR 174 (2010), S.  250–292, 278 ff. 140 Vgl. Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  63; siehe dazu auch nochmal: BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 103 f.: „Der sportrechtlichen Praxis stehen dafür außerhalb individueller, insbesondere schriftlicher, Vertragsabschlüsse zwischen dem Verband und einzelnen Sporttreibenden, die jedoch angesichts des Umfangs des modernen Sport- und Wettkampfbetriebes selten sind und nur in besonderen Fällen, etwa bei Verträgen mit sogenannten Kaderathleten, Trainern oder bei der Verpflichtung internationaler Spitzensportler für besondere Ereignisse in Betracht kommen, im Wesentlichen zwei aus rechtlicher Sicht grundsätzlich unbedenkliche Wege zur Verfügung.“; solche individuell ausgehandelten Einzelverträge bestehen beispielsweise zwischen Sebastian Vettel und dem kommerziellen Rechteinhaber der Formel 1, Liberty Media oder dem Schweizer Tennisspieler Roger Federer und der den internationalen Tennissport organisierenden ATP, vgl. dazu Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  217; Mätzler, Die internationalen Organisationsstrukturen im Spitzensport und die Regelwerke der Sportverbände, 2009, S.  226 und Andexer, Die nationale Sportgerichtsbarkeit und ihre internationale Dimension, 2009, S.  98.

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ist. In diesem Fall erklärt der Sportler durch seine Meldung ausdrücklich oder konkludent, daß er die nach diesen Ordnungen für die Durchführung des betreffenden Wettbewerbs geltenden Regeln und die für den Fall ihrer Verletzung angedrohten Sanktionen des zuständigen Verbandes als auch für sich verbindlich anerkennt“141. Diese auch als Wettkampfmeldung bzw. Teilnahme- oder Nominierungsvertrag bezeichnete Form der Wirkungserstreckung der Regelwerke der übergeordneten Verbände hat allerdings den Nachteil, dass sie zeitlich befristet ist. So unterwirft sich der Sportler infolge der Unterzeichnung der Wettkampfmeldung lediglich für die Dauer des Wettkampfes den Regeln des ausrichtenden Verbandes.142 Mit Blick auf die im Verlauf der Arbeit noch näher zu untersuchende globale Dopingregulierung lässt sich an dieser Stelle vorgreifend konstatieren, dass gerade der Einsatz von leistungssteigernden Substanzen häufig bereits im Vorfeld der Wettbewerbe praktiziert wird.143 Aus der Perspektive der nationalen und internationalen Verbände ist es folglich erstrebenswert, eine Bindung der Sportler an die Regeln und damit an die Dopingbestimmungen auch außerhalb des konkreten Wettkampfes herzustellen. Insbesondere für eine effektive Dopingbekämpfung sind Trainingskontrollen vor und zwischen den Wettkämpfen unabdingbar.144 Aufgrund der zeitlich befristeten Bindung infolge der Wettkampfmeldung hat sich eine zweite rechtsgeschäftliche Variante zur Bindung der Sportler und Vereine an die Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände im internationalen Sportbetrieb etabliert: die sogenannte Lizenz- bzw. Athletenvereinbarung.145 bb) Lizenz- bzw. Athletenvereinbarung Hinsichtlich dieser Variante des Regelanerkennungsvertrages führt der BGH in seiner „Reiter-Entscheidung“ weiter aus: „Die andere in der Praxis anzutreffende Form rechtsgeschäftlicher Unterwerfung besteht darin, daß der Sportler auf sei141 

BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 103 f; eine solche Wettkampfmeldung lag auch dem Verfahren zwischen Claudia Pechstein und dem internationalen Eisschnelllaufverband vor dem BGH zugrunde, vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 293; siehe dazu vertiefend Kapitel 4 B IV. 142 Vgl. Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  64 f. und Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  218. 143  Siehe dazu auch bereits Steinigen, in: Kroiß/Steinigen (Hrsg.), Berliner Beiträge zum Sportrecht, Zivilrechtliche Aspekte des Dopings aus der Sicht des Spitzensportlers, 2003, S.  60 ff. 144 Vgl. Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 10. Kapitel, Rn.  1449. 145  Siehe dazu einführend Steinle (Hrsg.), Rechtliche Problemstellungen um Athletenvereinbarungen, 2013.

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nen Antrag bei dem für seine Sportart zuständigen Verband eine generelle Startoder Spielerlaubnis (Sportler- oder Spielerpaß bzw. Spielerausweis oder Lizenz) erwirbt, bei deren Erhalt er verspricht, bei seiner sportlichen Betätigung die von dem Verband für die Ausübung dieser Sportart aufgestellten Regeln zu beachten und sich im Falle von Regelverstößen dessen Sanktionen zu unterstellen.“146 Die auch unter dem Namen Lizenzerteilung oder Athletenpass bekannte Form der rechtsgeschäftlichen Bindung der Sportler und Vereine verpflichtet diese, auch außerhalb der Wettbewerbe die Regelwerke der übergeordneten Verbände einzuhalten und vermeidet dadurch die im Rahmen der Wettkampfmeldung auftretenden Bindungslücken.147 Durch Abschluss eines Lizenzvertrages bzw. den Abschluss von Athletenvereinbarungen lassen sich dementsprechend auch Trainingskontrollen außerhalb der Wettkämpfe legitimieren und durchsetzen.148 Diese Form der Wirkungserstreckung der Regelwerke ist aufgrund der immer größer werdenden Bedrohung der Chancengleichheit im Sport durch Doping das Mittel der Wahl der meisten nationalen und internationalen Sportverbände.149 Voraussetzung der wirksamen Unterwerfung kraft Lizenz bzw. Athletenvereinbarung ist gleichwohl, dass dem Sportler bzw. dem nachgeordneten Verein die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Regelwerke gewährt wird.150 Schließlich können auch individualrechtliche und korporationsrechtliche Modelle miteinander verbunden werden. So kann als Lizenznehmer neben dem einzelnen Sportler auch ein Sportverein auftreten, der am Ligabetrieb teilnimmt wie im oben geschilderten Fall der SVW. Der Verein hatte für die Saison 2006/2007 mit dem DFB einen sogenannten Zulassungsvertrag Regionalliga über die Teilnahme der Mannschaft an der Regionalliga Nord geschlossen.151 Die Wirkungserstreckung der Regelwerke des Lizenzgebers gegenüber dem einzelnen Sportler erfolgt dann entweder über die unmittelbare Mitgliedschaft des Sportlers im Ver146 

BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 103. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  219. 148 Vgl. Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  65. 149  Vgl. dazu Adolphsen/Hoefer/Nolte, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 3. Kapitel, Rn.  162. Und Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  18 ff. 150  Vgl. dazu auch Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  220; zum lediglich theoretischen Problem der konkludenten Unterwerfung, da die Regelanerkennungsverträge zumeist schriftlich geschlossen werden, siehe Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  92 ff; für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den mittlerweile standardmäßig in den Regelanerkennungsverträgen enthaltenden Schiedsklauseln zum CAS siehe Kapitel 4 B. 151  Vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15 – BGHZ 212, 70, 87 ff. 147 Vgl.

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Zweites Kapitel:  Die Organisationsstruktur des Sports

ein oder durch einzelvertragliche Regelungen, die den Sportler verpflichten die Regularien des Lizenzgebers zu beachten.152 Zusammenfassend ist demnach hinsichtlich der Wirkungserstreckung des nationalen und internationalen Verbandsrechts gegenüber Sportlern und in der Verbandspyramide nachgeordneten Vereinen zu konstatieren, dass aufgrund des administrativen Mehraufwandes und der mangelnden Rechtssicherheit satzungsrechtlicher Lösungen, rechtsgeschäftlich einzuordnende Regelanerkennungsverträge in den meisten Fällen die Geltungsgrundlage der Regeln nationaler und internationaler Sportverbände gegenüber den nicht mitgliedschaftlich in ihre organisatorischen Strukturen eingebundenen Sportlern und Vereine darstellen.

D. Festzuhaltendes Der organisierte Sport wird überwiegend von Vereinen und Verbänden organisiert. Der rechtliche Rahmen der Normsetzungs- und Durchsetzungskompetenzen der nationalen Sportverbände ergibt sich im deutschen Recht aus der in den §§  21 ff BGB einfachgesetzlich gewährleisteten und in Art.  9 Abs.  1 GG i. V. m. Art.  19 Abs.  3 GG als Teilaspekt der Vereinigungsfreiheit garantierten Vereinsbzw. Verbandsautonomie. Die internationalen Sportverbände mit Sitz im EU-Ausland können sich vor deutschen Gerichten wegen des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbotes aus Art.  18 AEUV ebenfalls auf diese Autonomierechte berufen. Die internationalen Sportverbände mit Sitz außerhalb der EU genießen in Deutschland den Schutz des Rechtsstaatsprinzips und der justiziellen Grundrechte der Art.  101 Abs.  1 Satz 2 GG und des Art.  103 Abs.  1 GG. Ihre Autonomierechte ergeben sich aus dem ordre public-Vorbehalt des Art.  6 EGBGB i.  V. m. der jeweiligen staatlichen Rechtsordnung. Die staatlichen Rechtsnormen garantieren den Sportverbänden damit eine Regelungsbefugnis zur weitgehenden privaten Selbstregulierung, die wiederum einer eingeschränkten staatlichen bzw. zwischenstaatlichen Kontrolle unterliegt.153 Das zentrale Organisationsprinzip des Sportverbandswesens auf nationaler und internationaler Ebene ist das sogenannte Ein-Platz-Prinzip. Aus diesem Organisationsgrundsatz resultiert die Monopolstellung der einzelnen Fachverbände für ihre jeweilige Sportart und die für den Sportbetrieb typische streng hierarchische Pyramidenstruktur. 152  Vgl. dazu Adolphsen/Hoefer/Nolte, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 3. Kapitel, Rn.  165. 153 Vgl. Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189– 214, 202 ff.

D. Festzuhaltendes

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Die Geltungsrundlage des nationalen und internationalen Verbandsrechts bilden korporationsrechtliche Modelle und auf Rechtsgeschäft beruhende Unterwerfungsverträge. Letztere haben sich als sogenannte Regelanerkennungsverträge im professionellen Sportbetrieb nicht zuletzt aufgrund der im Fall des SVW deutlich zum Vorschein getretenen Schwierigkeiten der satzungsrechtlichen Bindungsmechanismen und insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Anzahl von nicht in die mitgliedschaftlichen Strukturen der Verbände eingebunden Sportler durchgesetzt. Mit Blick auf die im weiteren Verlauf der Arbeit im Fokus stehende Dopingproblematik stellt sich aus der Perspektive der Sportverbände konkret die Frage, wie sich ein global einheitliches System aus Regelwerken und Sanktionsmechanismen sportartenübergreifend durchsetzen lässt und dieses System vor der Intervention nationaler und supranationaler Gerichte abgeschirmt werden kann (level playing field). Das Spannungsfeld, in dem sich die weiteren Ausführungen der Forschungsarbeit bewegen, besteht demzufolge zwischen Chancen- bzw. Rechtsgleichheit der Athleten auf der einen Seite und auf der anderen Seite den nationalen und internationalen Unterschieden hinsichtlich der Normsetzung und der Konfliktlösung im Streitfall.154

154  Siehe dazu auch Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 18 ff.

Drittes Kapitel

Das transnationale Anti-Doping-Regime „Doping ist für mich, wenn einer positiv erwischt wird.“ Jan Ullrich, Interview in der FAZ, 13. Januar 1998.

„Citius, altius, fortius“ – „Schneller, höher, stärker.“1 Der Wahlspruch der Olympischen Bewegung wurde 1894 von Pierre de Coubertin auf dem Gründungskongress des IOC vorgeschlagen. Er offenbart bereits den Konflikt zwischen dem Leistungsgedanken und dem Anspruch an dopingfreie Wettkämpfe.2 Auf der einen Seite verlangt der zunehmend kommerzialisierte und mediatisierte Sportbetrieb der Neuzeit nach immer neuen Helden und Rekorden.3 In diesem auf Leistung ausgerichteten System versprechen lediglich Top-Platzierungen den Athleten mediale Aufmerksamkeit, Fördergelder und lukrative Ver1  Im deutschen Sprachgebrauch besser bekannt ist die Übersetzung des olympischen Mottos: „Schneller, höher, weiter.“ 2  Gemeint hatte der Gründungsvater der Olympischen Spiele der Neuzeit, Pierre de Coubertin, dem dieser Wahlspruch zugeschrieben wird, vermutlich jedoch das Gegenteil. „Dabei sein ist alles“ oder „Teilnehmen ist wichtiger als gewinnen“ sind zwei bekannte Varianten des Mottos, welche den Athleten dazu anspornen, sein Bestes zu geben und diese persönliche Best­ leistung bereits als höchsten Gewinn anzusehen; informativ zum Hintergrund siehe ARD Sportschau, Neu bei Olympia: „Citius, altius, fortius“, und ausführlich Hilpert, Die olympischen Spiele der Antike und Moderne im Rechtsvergleich, 2014. 3 Die manipulative Leistungssteigerung durch die Einnahme unerlaubter Substanzen ist kein exklusives Phänomen der Neuzeit. Doping zieht sich wie ein roter Faden durch die Sportgeschichte: Von den Olympiateilnehmern der Antike über römische Wagenlenker, der Verabreichung leistungssteigernder Substanzen im Pferdesport des Mittelalters bis hin zum staatlich verordneten Doping totalitärer Systeme im 20. Jahrhundert; siehe dazu vertiefend Bergermann, Doping und Zivilrecht, 2002, S.  4 ff.; zur Doping-Historie der Olympischen Spiele Kremenik et al., A historical Timeline of Doping in the Olympics (Part I), Kawasaki Journal of Medical Welfare 12 (2006), S.  19–28 für die Jahre 1896–1968, dies., (Part II), Kawasaki Journal of Medical Welfare 12 (2007), S.  69–83 für die Jahre 1970–1988 und dies., (Part III), Kawasaki Journal of Medical Welfare 13 (2007), S.  1v20 für die Jahre von 1989–2006; zum Staatsdoping in der DDR siehe Berendonk, Doping: von der Forschung zum Betrug, 1992 und Spitzer, Doping in der DDR: ein historischer Überblick zu einer konspirativen Praxis, 2018.

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

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träge. Demgegenüber stehen Werte wie Fairplay und der ethische Anspruch auf einen „sauberen“ und natürlich ausgetragenen Wettkampf.4 Dieses dem leistungsorientierten Sportbetrieb immanente Dilemma, von Jens Adolphsen auch als „innere Systemlogik des Sports“5 beschrieben, führt die unter ständigem Erfolgsdruck stehenden Athleten in Versuchung, ihre Leistung durch die Einnahme verbotener Substanzen zu steigern, zumal ihnen lediglich ein begrenzter Zeitraum für ihre Karriere im Sport zur Verfügung steht.6 Unabhängig von der Frage inwieweit das System des organisierten Leistungssports die künstliche Leistungssteigerung von Athleten selbst fördert, untergräbt Doping ein Leitprinzip des Leistungssports: die Herstellung und Sicherung der Chancengleichheit aller am Wettbewerb beteiligten Athleten.7 Ein Wettbewerb, bei dem nicht mehr Talent und Trainingsfleiß, sondern die beste medizinische Versorgung respektive Verschleierung eingenommener Substanzen über Sieg oder Niederlage entscheiden, droht darüber hinaus, seinen Rückhalt in der Gesellschaft und damit auch seinen wirtschaftlichen Wert zu verlieren.8 Neben dem unlauteren Eingriff in den sportlichen Wettbewerb führt der Einsatz von Doping zudem zu erheblichen Gesundheitsrisiken bei den Athleten.9

4  Rössner vergleicht das Dopingverbot im Sport in Anlehnung an Kelsens Ausführungen zum staatlichen Recht als Grundnorm des sportlichen Wettkampfs und in Anlehnung an Luhmanns Rechtstheorie als kommunikative Leitentscheidung des Systems Sport, die dem Sport Identität und Eigenständigkeit gegenüber anders geprägten Umwelten gebe, vgl. Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, Vor §§  1 ff. Rn.  1. 5  Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  26. 6  Siehe dazu Prokop, Die Grenzen der Dopingverbote, 2000, S.  23 und umfassend zur Eigenlogik des modernen Spitzensports Bette/Schimank, Doping im Hochleistungssport, 1995. 7  Eine informative Einführung zur Dopingproblematik im Sport findet sich auch bei Gardiner et al., Sports Law, 4. Auflage, 2012, Chapter 8: The Regulation of Doping in Sport, S.  363– 392. 8 Vgl. Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  17 und Heß, Voraussetzungen und Grenzen eines autonomen Sportrechtsunter besonderer Berücksichtigung des internationalen Spitzensports, in: Heß/Dressler (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, 1999, S.  1–47, 10; siehe weiterführend dazu auch Bette/ Schimanek, Doping im Hochleistungssport, 1995, S.  270 ff; zum zwischenzeitlichen Ausstieg der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF aus der Live-Berichterstattung über die Tour de France nach Bekanntwerden zahlreicher Dopingfälle siehe Hanfeld, ARD und ZDF steigen aus der Berichterstattung aus, FAZ, 17.10.2008. 9 Vgl. Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007, S.  395– 411, 395; vertiefend zu den Gesundheitsrisiken des Dopings: Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Stasi-Unterlagen (Hrsg.), Staatsdoping in der DDR. Eine Einführung, 2017 und zum Doping-Missbrauch und seinen negativen Folgen im Amateur-Bereich siehe Nieß/Striegel/Wiesing, Doping und Medikamentenmissbrauch im Breiten- und Freizeitsport, DZSM 65 (2014), S.  29–33.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Diese Erkenntnisse führten bei den für die Organisation der Wettkämpfe zuständigen nationalen und internationalen Sportverbänden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts zu der Einsicht, dass Doping sowohl aus sportethischen als auch aus kommerziellen Gründen der Regulierung bedarf.10 Die Verbände entwickelten daraufhin erste Regelwerke und Sanktionskataloge, in denen die Einnahme leistungssteigernder Substanzen unter Strafe gestellt wurde.11 Die neu geschaffenen Verbotstatbestände waren auf Grund mangelnder Testmöglichkeiten kurz nach ihrer Einführung noch relativ wirkungslos; gewannen aber durch den sukzessiven Fortschritt der medizinischen Diagnostik und erhöhten Testkapazitäten zunehmend an Effektivität.12 Trotz der ersten Regulierungsinitiativen der Sportverbände konnte sich zunächst kein einheitliches System zur weltweiten und sportartenübergreifenden Verfolgung und Sanktionierung von Doping im Sport durchsetzen.13 Vielmehr etablierten sich bis zum Jahr 1999 viele unterschiedliche, sich mitunter widersprechende Anti-Doping-Regelwerke im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Spitzenverbände. Erst kurz vor dem Jahrtausendwechsel setzte das IOC mit der Gründung der WADA einen Harmonisierungsprozess in Gang.14 10  Siehe dazu aus historischer Perspektive Müller, in: Thieme/Hemmersbach (Hrsg.), Doping in Sports: Biochemical Principles, Effects and Analysis, Chapter 1, History of Doping and Doping Control, 2010, S.  1–23 und Krüger et al., Doping und Anti-Doping in der Bundesrepublik Deutschland 1950 bis 2007, 2014. 11  Im Jahr 1928 verbot der Internationale Leichtathletikverband IAAF als erster internationaler Sportverband die Verwendung von Dopingmitteln; ein Auszug aus dem Handbuch der IAAF aus dem Jahr 1927–1928 findet sich hier: IAAF, A piece of Anti-Doping History: IAAF Handbook 1927–1928, 15.05.2006, . 12  Die während der Wettkämpfe durchgeführten Tests erwiesen sich zu Beginn als wenig effektiv bei der Kontrolle von Wirkstoffen wie anabolen Steroiden, da sie vor den Wettkämpfen abgesetzt werden können, während die Leistungssteigerung auch nach der Ausscheidung des Wirkstoffs selbst lange genug anhält, um sich im Wettkampf noch einen Vorteil zu verschaffen. Als Konsequenz daraus werden Dopingproben mittlerweile auch außerhalb des Wettkampfes durchgeführt, vgl. dazu Müller, in: Thieme/Hemmersbach (Hrsg.), Doping in Sports: Bio­ chemical Principles, Effects and Analysis, Chapter 1, History of Doping and Doping Control, 2010, S.  1–23, 4 und Kapitel 3 B. II. 5. zu den Trainingskontrollvereinbarungen, die diese Tests ermöglichen. 13 Vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  281 ff.; dazu auch Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  127. 14  Im Jahr 1966 führten der UCI und die FIFA erstmals Dopingkontrollen bei ihren verbandsintern ausgetragenen Weltmeisterschaften ein. Die ersten Dopingtests des IOCs erfolgten während der Olympischen Spiele in Mexico 1968, vgl. dazu Müller, in: Thieme/Hemmersbach (Hrsg.), Doping in Sports: Biochemical Principles, Effects and Analysis, Chapter 1, History of Doping and Doping Control, 2010, S.  1–23, 4; zur abweichenden Kontrolldichte und unterschiedlichen Sanktionierung von Dopingverstößen durch die Sportverbände vor Inkrafttreten

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

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Der Regelungspluralismus der privatrechtlich organisierten Verbände fand seine Entsprechung über viele Jahre im staatlichen Umgang mit der Doping­ problematik im Sport.15 Die Gründe für die uneinheitlichen nationalen Maßnahmen bis zur Gründung der WADA bzw. bis zum Abschluss des UNESCO-Übereinkommens gegen Doping im Sport im Jahr 2005 sind vielschichtig.16 Sie lassen sich neben den unterschiedlichen regulatorischen Rahmenbedingungen der Nationalstaaten vor allem erklären durch die Zurückhaltung der staatlichen Akteure gegenüber Eingriffen in die Autonomie der Sportverbände.17 Die Position einer vorrangigen Regelungsverantwortung der insoweit praxisnäheren Sportverbände zur Einhegung der Dopingpraktiken im Sport dominierte auch auf internationaler Ebene die Regulierungsaktivitäten der nationalen Akteure im Dopingbereich.18 Trotz zahlreicher Initiativen und Erklärungen auf zwischenstaatlicher Ebene seit den 1960er-Jahren19 stellt das Übereinkommen des Europarats gegen Doping im Sport vom 16.11.1989 das erste völkerrechtlich des WADC siehe Senkel, Play True, Die Dopingproblematik zwischen sportethischen Anforderungen und allgemeinem Rechtsanspruch, 2005, S.  56 ff. 15  Siehe dazu die fünfteilige Aufsatzreihe in der SpuRt von Krogmann, Zur Dopinggesetzgebung im Ausland – Teil 1, SpuRt 1999, S.  19–20; dies., Zur Dopinggesetzgebung im Ausland – Teil 2, SpuRt 1999, S.  61; dies., Zur Dopinggesetzgebung im Ausland – Teil 3, SpuRt 1999, S.  148–149; dies., Zur Dopinggesetzgebung im Ausland – Teil 4, SpuRt 2000, S.  13–14; dies., Zur Dopinggesetzgebung im Ausland – Teil 5, SpuRt 2000, S.  106; zur Darstellung der Rechtslage im internationalen Vergleich vor Inkrafttreten des WADC siehe auch Kern, Internationale Dopingbekämpfung – Der World Anti-Doping Code der World Anti-Doping Agency, 2007, S.  38 ff. und die umfassende Studie zum Stand der Harmonisierung der Doping-Regulierung innerhalb der EU vor Inkrafttreten des WADC von Vieweg/Siekmann, Legal Comparison and the Harmonisation of Doping Rules, Pilot Study for the European Commission, 2007. 16 So wurde in Deutschland beispielsweise ein staatliches Eingreifen im Bereich der Doping­regulierung zwar bereits seit den 1960er-Jahren auf Ministerialebene diskutiert, eine strafrechtliche Sanktionsgrundlage aber erst mit dem 1997 neu in das Arzneimittelgesetz (AMG) eingefügten §  6a geschaffen, vgl. Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, Vor §§  1 ff., Rn.  4 ff und Reissinger, Staatliche Verantwortung zur Bekämpfung des Dopings, 2010, S.  257 ff.; dahingegen erkannte z. B. der französische Staat bereits früh Handlungsbedarf auf dem Feld der Dopingregulierung und verabschiedete bereits 1965 das erste nationale Anti-Doping-Gesetz, vgl. Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  42 ff. und Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, vom 08.02.2013, AZ WD 10 – 3000 – 017/13, Das Dopingkontrollsystem in Deutschland, S.  19 f. 17  Vgl. dazu Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 3. Teil, Rn.  282 und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  30 und Rössner, in: Lehner/ Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, Vor §§  1 ff., Rn.  4 ff. 18  Vgl. dazu Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung: Grundlagen und nationalstaatliche Umsetzung, 2009, S.  22 ff; Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, vom 20.11.2008, AZ WD 10 – 3000 – 109/08, Anti-Doping in Deutschland und Europa, S.  11 ff. und Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, Vor §§  1 ff., Rn.  4 ff. 19  Für eine detaillierte Aufschlüsselung der völkerrechtlichen Initiativen, die dem Europa-

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

verbindliche Dokument im Kampf gegen Doping dar.20 Obwohl das Übereinkommen in seiner Präambel und in Art.  7 weiterhin von einer primären Zuständigkeit der Sportverbände in Bezug auf die Regulierung von Doping im Sport ausgeht, kann es rückblickend als ein wichtiger Impulsgeber zur Harmonisierung der internationalen Dopingbekämpfung auf der Ebene des Völkerrechts betrachtet werden.21 Die Impulse des Europaratsübereinkommens bilden das Fundament der zunehmenden Handlungsbereitschaft staatlicher Akteure hinsichtlich der Bekämpfung von Doping im Sport, die seit den 1990er-Jahren zu beobachten ist.22 Die internationale Staatengemeinschaft tritt seit der Verabschiedung des Übereinkommens in immer stärkerem Maße als gleichberechtigter Partner gegenüber den Sportverbänden bei der weltweiten Regulierung von Doping im Sport in Erscheinung.23 Dieser Paradigmenwechsel der nationalen Akteure führte schließlich im Jahr 2005 zum Abschluss der UNESCO-Konvention von Paris gegen Doping im Sport.24 Die inzwischen von 189 Staaten ratifizierte Konvention geht in ihrem Regelungsgehalt dabei deutlich über das Europaratsabkommen hinaus, weil sie die Unterzeichnerstaaten unter anderem unmittelbar dazu verpflichtet, angemessene nationale Maßnahmen im Kampf gegen den Dopingmissbrauch im Sport einzuleiten.25 In der Folge sind auch auf nationalstaatlicher

rat-Übereinkommen vorausgegangen sind und zur Entstehungsgeschichte des Übereinkommens selbst, siehe Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  22 ff. 20  Das Übereinkommen ist am 1.6.1994 in Deutschland in Kraft getreten, vgl. BGBl 1994 II, 335. 21  Lediglich in Fällen, in denen die Sportverbände ihrer Verantwortung für den Erlass von Dopingregeln und deren wirksamer Durchsetzung nicht nachkommen, sollte nach den Regelungen des Abkommens die staatliche Gesetzgebung eingreifen, vgl. Reissinger, Staatliche Verantwortung zur Bekämpfung des Dopings, 2010, S.  149 ff. und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  30. 22 Vgl. Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  70 ff; siehe dazu auch die Beschreibung der sportpolitischen Krisensituation Ende der 1990er-Jahre unter B. I. 1. in diesem Kapitel. 23  Vgl. dazu auch Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  118 und Haug, Doping. Dilemma des Leistungssports, 2006, S.  215. 24  Die UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport wurde am 19. Oktober 2005 von der Generalkonferenz der UNESCO einstimmig angenommen und ist nach Ratifikation von mehr als 30 Mitgliedstaaten am 1. Februar 2007 in Kraft getreten. In Deutschland ist das Übereinkommen am 1. Juli 2007 nach Abschluss des Ratifizierungsverfahrens in Kraft getreten, vgl. BGBl. III Nr.  108/2007. 25  Siehe einführend zur UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport Reissinger, Staatliche Verantwortung zur Bekämpfung des Dopings, 2010, S.  151 ff und vertiefend zur Rolle der Konvention im multilateralen Rechtsrahmen der Dopingbekämpfung Kapitel 3 B. II. 2.

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

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Ebene neue Anti-Doping-Gesetze und -Programme verabschiedet worden, wie das deutsche Gesetz gegen Doping im Sport vom 10.12.2015.26 Die kurze Tour de Force durch die Entwicklungsgeschichte der privaten, staatlichen und zwischenstaatlichen Maßnahmen zur Doping-Regulierung verdeutlicht erneut die in der Einführung bereits skizzierte Mehrebenenregulierung im Sport. Der vielfältige Regelungspluralismus ist also Ausgangspunkt des transnationalen Harmonisierungsprozesses auf materiellrechtlicher und verfahrensrechtlicher Ebene, der in der Folge im Zentrum der Auseinandersetzung steht. Der Harmonisierungsprozess zeichnet sich, wie oben bereits ausgeführt, durch die Kombination hoheitlich gesetzter und privatrechtlich ausgestalteter Instrumente zur Koordination des grenzüberschreitenden Dopingproblems aus. Aufbauend auf die in Kapitel 1 vorgenommene theoretische Annäherung an die Lex Sportiva, scheint das System globaler Dopingregulierung deshalb ein geeignetes Anwendungsbeispiel für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Funktionsbedingungen globaler Rechtsvereinheitlichung zu sein.27 Im Folgenden soll näher untersucht werden, wie die privatrechtlich organisierten Sportverbände in Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren Rechtseinheit herstellen im Sinne einer weltweiten Harmonisierung der Anti-Doping-Regelwerke und Rechtsgleichheit bei einem Verstoß gegen diese. Dabei stellen sich die bereits skizzierten Herausforderungen vor allem bei der Erarbeitung, Durchsetzung und Anwendung eines weltweit einheitlichen, transnationalen Anti-Doping-Reglements. In einem ersten Schritt liegt der Fokus der Analyse deswegen auf dem Ausarbeitungsprozess des zentralen Dokuments für die weltweite und sportartenübergreifende Regulierung von Doping, dem WADC. Dafür soll ausgehend von der Gründung der sich für den Normsetzungsprozess maßgeblich verantwortlich zeigenden WADA, ein detaillierter Blick auf den Entstehungsprozess des Regelwerks gelegt werden, welcher sowohl staatliche Akteure als auch die Repräsentanten der nationalen und internationalen Sportverbände miteinbezieht.

26 Gesetz gegen Doping im Sport (Anti-Doping-Gesetz – AntiDopG), BGBl. 2015 I, S.  2210; siehe dazu vertiefend Kapitel 3 B. II. 3. 27  Siehe dazu einführend auch die Übersicht über den multilateralen Rechtsrahmen und die Interdependenz der Anti-Doping-Regelwerke des Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, vom 03.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 084/14, Das Dopingkontrollsystem in Deutschland, Rechtlich regulative Grundlagen und Reformoptionen, S.  10.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC I. Gründung und institutioneller Aufbau der WADA 1. Die Gründung der WADA Die Gründung der WADA am 10.11.1999 im schweizerischen Lausanne kann als Startpunkt der globalen und sportartenübergreifenden Harmonisierung der Anti-Doping Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände bezeichnet werden.28 Stifter der WADA ist das IOC.29 Eingerichtet wurde die Institution in der Rechtsform einer Stiftung schweizerischen Rechts nach Art.  80 ff. Schweizer ZGB, wodurch sie bewusst außerhalb der beschriebenen Verbands­ pyramiden steht.30 Der Gründung unmittelbar vorausgegangen war der sogenannte Festina-Skandal bei der Tour de France im Jahr 1998.31 Französische Zollbeamte hatten nach einer Grenzkontrolle ein flächendeckendes Dopingsystem ungeahnten Ausmaßes im Radsport aufgedeckt.32 Der Skandal erschütterte die Sportwelt und zog eine breite internationale Debatte nach sich, in welcher die Notwendigkeit eines koordinierten Vorgehens immer deutlicher wurde, also einer Kooperation zwischen den privatrechtlich organisierten Sportverbänden und den nationalen Regierun28 

Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  284; ein erster Versuch zur Harmonisierung der Dopingregeln aller olympischen Sportverbände durch den Olympic Movement Anti-Doping-Code (OMADC), der im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2000 in Sydney ausgearbeitet wurde, scheiterte aufgrund zahlreicher handwerklicher Mängel; siehe dazu auch Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  29. 29  Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  153. 30  Haas/Prokop, Aktuelle Entwicklungen in der Dopingbekämpfung, SpuRt 2000, S.  5–8, 6; Adolphsen, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, in: Bumke/Röthel (Hrsg.) Privates Recht, 2012, S.  93– 107, 97; für einen kompakten Überblick über die Rechtsform der Stiftung im Schweizer Zivilrecht siehe Lenkaitis, in: Saenger et al. (Hrsg.), Handels- und Gesellschaftsrecht, 2. Auflage, 2011, § Recht der Kapitalgesellschaften, Rn.  1309–1313; die WADA kann dementsprechend parallel zu den internationalen Sportverbänden auch als eine privatrechtlich organisierte NGO eingeordnet werden. Eine eigene Völkerrechtssubjektivität besteht nicht, vgl. dazu auch Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  89 m. w. N. 31  Siehe dazu einführend Magaloff, Ein Skandal als wachgerütteltes Beben: Wie in Frankreich nach der Tour de France 1998 der Kampf gegen Doping organisiert wird, in: Knörzer/ Spitzer/Treutlein (Hrsg.) Dopingprävention in Europa. Grundlagen und Modell, 2006, S.  180– 187. 32  Lediglich 96 der insgesamt 189 teilnehmenden Rennfahrer werden aufgrund des Dopingskandals im Endklassement geführt; für eine Einordnung des Festina-Skandals 20 Jahre danach siehe Steffen, „Lügen, lügen, lügen – das war nichts für mich“: die Tage, die den Radsport erschütterten, NZZ, 02.06.2020.

A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC

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gen im weltweiten Kampf gegen Doping.33 Auch der politische Druck auf das IOC nahm durch diese Ereignisse weiter zu. Vor allem die Regierungen aus Frankreich, England und Deutschland drohten dem IOC damit, bei mangelnder Handlungsbereitschaft im Kampf gegen Doping dem Spitzensport keine öffentlichen Gelder mehr zur Verfügung zu stellen.34 Der Doping-Eklat im französischen Radsport im Sommer 1998 war bekanntlich kein Einzelfall, sondern fügte sich ein in die Reihe diverser aufgedeckter Dopingvergehen internationaler Spitzenathleten seit den 1980er-Jahren.35 Da­ rüber hinaus befand sich das IOC seit Bekanntwerden der Korruptionsaffäre um die Olympiavergabe an Salt Lake City (USA) im Januar 1999 in einer massiven Glaubwürdigkeitskrise, durch welche auch die grundsätzliche Fähigkeit des IOC zur Dopingbekämpfung in der öffentlichen Debatte infrage gestellt wurde.36 Bis zur Gründung der WADA hatte das IOC die Führungsrolle innerhalb der Dopingbekämpfung im Sport eingenommen.37 Ein erster Versuch zur Schaffung überverbandlicher Dopingregeln war der im Jahr 1967 auf der Grundlage der Olympischen Charta entwickelte Medizinische Kodex des IOC.38 Dieser wurde 33 

Für eine eingehende Analyse des Festina-Skandals und seiner Konsequenzen siehe Singler/Treutlein, Doping – von der Analyse zur Prävention, Vorbeugung gegen abweichendes Verhalten in soziologischem und pädagogischem Zugang, 2001, S.  123 ff. und Knobbe, Spektakel Spitzensport: Der Moloch aus Stars, Rekorden, Doping, Medienwahn, Sponsorenmacht, 2000, S.  159 ff. 34 Vgl. Kreuzer/Fischer-Solms, Ein Sieg für „Fair-Play“, Deutschlandfunk, 06.03.2003; für einen Überblick und die gesetzlichen Grundlagen der staatlichen Sportförderung siehe Fritzweiler, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 1. Teil, Rn.  57 ff. 35  David, A Guide to The World Anti-Doping Code, The Fight for the Spirit of Sport, 2013, S.  1; eine große Wirkung in der Öffentlichkeit erzielte beispielsweise der Dopingfall des kanadischen Leichtathleten Ben Johnson bei den Olympischen Sommerspielen in Seoul 1988. Johnson gewann Gold über die prestigeträchtige Strecke von 100 Metern in damaliger Weltrekordzeit von 9,79 Sekunden. Drei Tage später wurde Johnson des Dopings überführt. Die an eine Kriminalgeschichte erinnernden Abläufe im Vorfeld der Olympischen Spiele von Seoul 1988 in Zusammenhang mit dem Dopingfall Ben Johnson finden sich komprimiert zusammengefasst bei: Reinsch, Das dreckigste Rennen, FAZ, 24.09.2013; für eine Übersicht über weitere bekannte Dopingfälle auch in Deutschland, vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  298 ff. 36  Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  30; zur Korruptionsaffäre um die Olympischen Winterspiele von Salt Lake City (USA) siehe umfassend: Maennig, Corruption in International Sports and Sport Management: Forms, Tendencies, Extent and Countermeasures, European Sport Management Quarterly 5 (2005), S.  187–225 und Mallon, The Olympic Bribery Scandal, Journal of Olympic History 8 (2000), S.  11–27. 37  David, A Guide to The World Anti-Doping Code, 2013, S.  2 ff und Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, Eine interdisziplinäre Analyse zu den Anforderungen an Dopingbekämpfungsmechanismen und deren Umsetzung, 2014, S.  256 ff. 38  Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  27; der in den Jahren 1966/1967 von der Medizinischen Kommission des IOC

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

mit Wirkung vom 01.01.2000 durch den Olympic Movement Anti-Doping-Code (OMADC) als Regelwerk zur Dopingbekämpfung ersetzt.39 Diese Regelwerke galten jedoch nur für Wettbewerbe im Verantwortungsbereich des IOC, also insbesondere die Olympischen Spiele.40 Eine darüber hinausgehende Bindungswirkung für die Wettbewerbe der internationalen Fachsportverbände bestand zu diesem Zeitpunkt nicht.41 Aus diesem Grund entwickelten auch die internationalen Fachsportverbände eigene, sportartenspezifische Dopingbestimmungen.42 Infolgedessen entstand ein Flickenteppich von unterschiedlichen Standards und Regulierungsansätzen der Fachsportverbände und des IOC in Bezug auf Doping.43 Dieses nur in seltenen Fällen mit dem IOC abgestimmte, unkoordinierte Vorgehen der Verbände führte unter anderem dazu, dass sich keine weltweit einheitliche Definition des Dopingbegriffs durchsetzen konnte.44 Zudem unterschieden sich auch die mit einem Dopingverstoß verbundenen Sanktionen von Fachverband zu Fachverband, sodass im Jahr 2000 ein positiv auf Erythropoietin (EPO) getesteter Radrennfahrer mit einer zweijährigen Wettkampfsperre sanktioniert wurde, während eine Schwimmerin bei gleichem Vergehen mit einer vierjährigen Sperre rechnen musste.45 Darüber hinaus verblieben weiterhin erhebliche nationale Unterschiede bei der Ahndung von Dopingvergehen, was die mangelnde Akzeptanz der divergierenden Vorschriften unter den Athleten zusätzlich verschärfte.46 ausgearbeitete Kodex fand bei den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble und Mexico City erstmals Anwendung. Der Kodex verzichtete auf eine abstrakte Dopingdefinition und enthielt dafür eine Liste verbotener Substanzen, vgl. Donike/Rauth, Dopingkontrollen, 1996, S.  138 ff. 39  Der OMADC kann als Blaupause des WADC bezeichnet werden; vertiefend zum OMADC siehe Paul, Grenzwerte im Doping, Naturwissenschaftliche Grundlagen und rechtliche Bedeutung, 2004, S.  26 ff. 40  Vgl. dazu auch David, A Guide to The World Anti-Doping Code, 2013, S.  14 ff. 41 Vgl. Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  256; zur Bindungswirkung des von der WADA erarbeiteten WADC siehe Kapitel 3 B. 42  Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  281; für eine detaillierte Analyse der unterschiedlichen Dopingregeln von zwölf internationalen Sportverbänden vor der Harmonisierung durch den WADC siehe Spindler/Fritzweiler, Verbandsregeln zur Dopingbekämpfung, in: Fritzweiler (Hrsg.), Doping- Sanktionen, Beweise, Ansprüche, 2000, S.  133–153. 43  Umfassend zum Stand der Harmonisierung der Doping-Regulierung innerhalb der EU vor Inkrafttreten des WADC Vieweg/Siekmann, Legal Comparison and the Harmonisation of Doping Rules, Pilot Study for the European Commission. 44  Zur Evolution des Dopingbegriffs siehe auch Blasius, Doping im Sport, 2017 und zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen Paul, Grenzwerte im Doping, S.  33 ff. 45  Beispiel nach: Netzle, Harmonisierung als wirksames Rezept gegen Doping, SpuRt 2003, S.  186–189, 186. 46  Zur abweichenden Kontrolldichte und unterschiedlichen Sanktionierung von Dopingver-

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Diese Situation veranlasste das IOC dazu, die erste Welt-Anti-Doping-Konferenz vom 2.–4. Februar 1999 in Lausanne abzuhalten.47 Ziel der Konferenz war es, die Weichen für ein weltweit einheitliches Vorgehen in der Bekämpfung von Doping im Sport zu stellen. Eingeladen waren neben den Repräsentanten der internationalen Sportverbände auch Vertreter nationaler Regierungen und zwischenstaatlicher Organisationen.48 Der Konferenz lag die Annahme zugrunde, dass ein wirksamer weltweiter Kampf gegen Doping nur in Zusammenarbeit zwischen den Sportverbänden und nationalen Regierungen realisiert werden könne.49 Nach langen Verhandlungen einigten sich das IOC, die internationalen Sportverbände und Vertreter nationaler Regierungen schließlich auf die Gründung einer vom IOC unabhängigen Anti-Doping-Agentur, die mit der umfassenden Überarbeitung des globalen Dopingreglements beauftragt wurde.50 Die in der Erklärung von Lausanne festgelegte öffentlich-private Zusammenarbeit findet ihren Ausdruck in den Satzungsbestimmungen des Stiftungsstatuts der WADA, das die Kooperation der staatlichen Akteure mit den privat verfassten Sportverbänden im Detail regelt und erste Rückschlüsse auf die Ausgestaltung dieser neuen Form der transnationalen Zusammenarbeit zulässt.51

stößen vor Inkrafttreten des WADC siehe Senkel, Play True, Die Dopingproblematik zwischen sportethischen Anforderungen und allgemeinem Rechtsanspruch, 2005, S.  56 ff. 47  Siehe dazu auch Atienza-Macias/Lopez-Frias/Perez-Trivino, The Evolution of Doping: From the 1999 Lausanne Declaration to the 2015 new World Anti-Doping Code, International Sports Law Review Pandektis 11 (2016), S.  345–367; für eine soziologische Perspektive auf die Ergebnisse der Konferenz von Lausanne, siehe Hanstand/Smith/Waddington, The Establish­ ment of the World Anti-Doping Agency: A Study of the Management of Organizational Change and Unplanned Outcomes, The International Review for the Sociology of Sport 43 (2008), S.  227–249. 48  Vgl. dazu Soek, The Athlete’s Right to Respect for his Private Life and his Home, ISLJ 3-4 (2008), S.  3–13, 3 und Risse, Funktionale Institutionen-Bildung in der Anti-Dopingpolitik der Bundesrepublik Deutschland, 2017, S.  64 ff. 49  Für eine Auflistung von Verstößen gegen Dopingbestimmungen, die nur unter der Zuhilfenahme staatlicher Einrichtungen und ihrer erweiterten Eingriffsbefugnisse aufgedeckt werden konnten, siehe WADA, Koordinierung von Ermittlungen und Austausch von Informationen und Beweismitteln zu Dopingbekämpfung, 2011 und Kapitel 3 B. III. 3. 50  Vgl. dazu die am 4. Februar 1999 verabschiedete Abschlusserklärung der Konferenz von Lausanne, Lausanne Declaration on Doping in Sport, 04.02.1999; siehe dazu auch Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, Kapitel 10, 2011, Rn.  1350 und Netzle, SpuRt 2003, S.  186–189, 187. 51  Stiftungsstatut der WADA (Stand: 20. November 2016), abrufbar unter: .

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2. Stiftungszweck Stiftungszweck der WADA ist nach Art.  4 des Stiftungsstatuts die Förderung und Koordinierung der Doping-Bekämpfung auf internationaler Ebene für alle Sportarten.52 Zu diesem Zweck ist eine Zusammenarbeit der WADA mit zwischenstaatlichen Organisationen, Regierungen, Behörden und anderen öffentlichen und privaten Stellen vorgesehen, die sich ebenfalls im Kampf gegen Doping im Sport einsetzen. Konkret sind damit u. a. das IOC, die internationalen Sportverbände, die NOKs53 und die Athleten gemeint.54 Darüber hinaus soll die WADA die ethischen Grundsätze der Ausübung eines dopingfreien Sports stärken und den Gesundheitsschutz der Athleten fördern, indem sie Trainings- und Wettkampfkontrollen durchführt und eine Liste der im Sport verbotenen Substanzen und Methoden aufstellt.55 Die Hauptaufgabe der WADA bestand nach ihrer Gründung zunächst allerdings in der Ausarbeitung eines weltweit einheitlichen und innerhalb der Sportwelt akzeptierten Anti-Doping-Regelwerks, also eines globalen Standards zur sportartenübergreifenden Dopingregulierung.56

52  Vgl. Art.  4 Nr.  1 WADA Stiftungsstatut; Art.  4 Nr.  8 des Stiftungsstatuts berechtigt die WADA zur Erreichung dieser Ziele eine Umwandlung in eine öffentliche Einrichtung auf Basis des Völkerrechts vorzubereiten: „The Agency will be entitled to prepare plans and proposals in light of its conversion, if necessary, into a different structure, possibly based on international public law.“, vgl. dazu vertiefend die Ausführungen von Orator, der hier u. a. eine Parallele zur Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zieht. Diese wurde 2010 als Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts gegründet. Wohingegen deren Nachfolgeorganisation, der Europäische Stabilitätsmechanismus, 2012 auf Basis eines völkerrechtlichen Vertrages gegründet wurde, Orator, Möglichkeiten und Grenzen der Einrichtung von Unionsagenturen, 2017, S.  35 ff. und Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 43. 53  Das deutsche NOK fusionierte am 20. Mai 2006 mit dem DSB zum DOSB. Aus diesem Grund beschloss das deutsche NOK am 10. Dezember 2005 seine Selbstauflösung, siehe dazu Görtz, Anti-Doping-Maßnahmen im Hochleistungssport aus rechtlicher Sicht – Zur Ausgestaltung einer effektiven Compliance-Organisation in Deutschland –, 2012, S.  46 f. m. w. N. 54  Vgl. Art.  4 Nr.  1 WADA Stiftungsstatut. Der Stiftungszweck der WADA schafft damit den für den Prozess der Transnationalisierung des Rechts typischen institutionellen Rahmen, der eine grenzüberschreitenden Interaktion zwischen den privaten Normen der Sportverbände auf der einen Seite und den staatlichen Rechtsordnungen auf der anderen Seite erst ermöglicht. 55  Für eine vollumfängliche Aufgabenbeschreibung der WADA vgl. Art.  4 Nr.  1–8 Stiftungsstatut WADA. 56  Zu den aktuellen, mittlerweile erweiterten, Kompetenzen der WADA im Einzelnen siehe Art.  20.7 WADC, Roles and responsibilities of WADA.

A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC

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3. Institutioneller Aufbau der WADA Das Stiftungsrecht in der Schweiz folgt dem Grundsatz der Organisationsfreiheit und lässt dem Stifter einen großen Spielraum bei der organisatorischen Ausgestaltung der Stiftung.57 Lediglich in Art.  83 ZGB legt das Schweizer Stiftungsrecht fest, dass ein oberstes Stiftungsorgan eingerichtet werden muss. In der Praxis wird dieses Organ gewöhnlich als Stiftungsrat bezeichnet und gewährleistet die Handlungsfähigkeit der Stiftung im Sinne von Art.  54 ZGB.58 Das Stiftungsstatut der WADA bestimmt in den Art.  6 ff. einen erweiterten Stiftungsrat, das Foundation Board, und in Art.  11 einen engeren Stiftungsrat, das Executive Committee.59 a) Foundation Board Das oberste Kontrollgremium der WADA ist das Foundation Board, dem derzeit 38 Mitglieder angehören.60 Das Foundation Board besteht gleichermaßen aus Vertretern der Olympischen Bewegung und der nationalen Regierungen, die sich im Kampf gegen Doping engagieren.61 Jeweils 18 der maximal 40 Mitglieder des Foundation Boards werden durch die Olympische Bewegung und von zwischenstaatlichen bzw. staatlichen Institutionen ernannt.62 Die Vertretung der nationalen Regierungen folgt dabei einem Schlüssel, der sich an den fünf olympischen Regionen orientiert.63 Die weiteren maximal vier Mitglieder werden auf 57 Vgl. Haas/Prokop, Aktuelle Entwicklungen in der Dopingbekämpfung, SpuRt 2000, S.  5–8, 7; gemäß Art.  19 des Stiftungsstatuts ist die WADA der Aufsicht des Schweizer Innenministeriums unterstellt und gemäß Art.  18 im Lausanner Handelsregister eingetragen, siehe dazu vertiefend Grüninger, in: Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch, 3. Auflage, 2006, Art.  83, Rn.  1–15 und, Art.  84, Rn.  1–19. 58 Vgl. dazu Huguenin, in: Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch, Art.  54 und 55, Rn.  1–2; daneben ist gemäß Art 83 a und b ZGB eine unabhängige Revisionsstelle zur Überprüfung der Zahlen einzurichten, siehe dazu Grüninger, in: Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch, Art.  83 a, Rn.  1–13 und Art.  14 WADA Stiftungsstatut – Auditing body. 59  Haas/Prokop, Aktuelle Entwicklungen in der Dopingbekämpfung, SpuRt 2000, S.  5–8, 7; zum institutionellen Aufbau der WADA siehe auch Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  153 ff.; für den im Jahr 2018 in Gang gesetzten Reformprozess der institutionellen Struktur der WADA siehe überblicksartig: WADA/Niggli, Implementation Plan – Governance Reforms, . 60  Stand: Dezember 2020; die maximale Mitgliederzahl des Foundation Board beträgt gemäß Art.  6 WADA Stiftungsstatut 40 Mitglieder. 61  Für eine Übersicht über die aktuelle Zusammensetzung des Foundation Board siehe: WADA, Foundation Board, . 62  Vgl. Art.  6 Nr.  1 WADA Stiftungsstatut. 63  Vgl. dazu Casini, Global Hybrid Public-Private Bodies: The World Anti-Doping Agency

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gemeinsamen Vorschlag der Olympischen Bewegung und der staatlichen Einrichtungen ernannt.64 Artikel 7 des Stiftungsstatuts spricht an dieser Stelle ausdrücklich von „equal partnership between the Olympic Movement and public authorities“, also der gleichberechtigten Partnerschaft zwischen der Olympischen Bewegung und den staatlichen Akteuren.65 Die Amtszeit der Mitglieder ist auf drei Jahre begrenzt bei einmaliger Möglichkeit zur Wiederwahl.66 Das Foundation Board bestimmt seine interne Organisation grundsätzlich selbst. Das Board wählt einen Vorsitzenden und einen stellvertretenen Vorsitzenden.67 Diese müssen nicht Mitglieder des Foundation Boards sein.68 Die Amtszeit des Vorsitzenden beträgt drei Jahre, bei einmaliger Möglichkeit zur Wiederwahl. Der Vorsitz des Foundation Boards wechselt zwischen einem Vertreter der Olympischen Bewegung und einem Vertreter der nationalen Regierungen.69 Das Foundation Board fungiert als eine Art Aufsichtsrat der Stiftung und delegiert die tatsächliche Verwaltung und Führung der Agentur, einschließlich der Verwaltung von Vermögenswerten, an das Executive Committee, dem obersten politischen Entscheidungsgremium der WADA.70 b) Executive Committee Das Executive Committee ist das einflussreichste Organ der WADA und zuständig für alle tagespolitischen Kernentscheidungen der Stiftung.71 Es besteht nach (WADA), International Organizations Law Review 6 (2009), S.  421–446, 429; dieser von den Regierungen der internationalen zwischenstaatlichen Beratungsgruppe für Anti-Doping im Sport (IICGADS) auf einem Treffen in Kapstadt im Mai 2001 vereinbarte Schlüssel sieht folgende Verteilung vor: Afrika, 3 Mitglieder; Amerika, 4 Mitglieder; Asien, 4 Mitglieder; Europa, 5 Mitglieder; Ozeanien, 2 Mitglieder. Die Regierungen der jeweiligen Regionen sind dabei verantwortlich für den Auswahlprozess. Für den europäischen Kontinent ernennt der Europarat zwei Mitglieder und die Europäische Union drei Mitglieder, vgl. WADA, Government Representation, . 64  Vgl. Art.  6. Nr.  3 WADA Stiftungsstatut. 65  Vgl. Art.  7 WADA Stiftungsstatut. 66  Vgl. Art.  6 WADA Stiftungsstatut. 67  Seit dem 01.01.2020 steht der ehemalige polnische Leichtathlet und Minister für Sport und Tourismus, Witold Bańka, dem Foundation Board vor. Stellvertretende Vorsitzende ist die zweimalige Shorttrack-Olympiasiegerin Yang Yang aus China, die als Mitglied des IOC die Interessen der Sportverbände im Foundation Board der WADA vertritt. 68  Vgl. Art.  7 WADA Stiftungsstatut. 69  Vgl. Art.  7.2 WADA Stiftungsstatut. 70  Die Finanzierung der WADA orientiert sich ebenfalls an den fünf olympischen Regionen, siehe dazu WADA, Funding by governments, . 71  Weitere den beiden Gremien nachgeordnete, vom Executive Committee eingerichtete

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Art.  11 des Stiftungsstatuts aus zwölf Mitgliedern. Auch bei der Zusammensetzung des Komitees wird der gleichberechtigten Partnerschaft der Olympischen Bewegung und der staatlichen Repräsentanten Rechnung getragen. Es ist dementsprechend aus fünf Mitgliedern der Sportverbände und fünf Mitgliedern der nationalen Regierungen zusammengesetzt.72 Hinzu kommt der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Foundation Board. Die Mitglieder werden vom Foundation Board für einen Zeitraum von einem Jahr ernannt und können beliebig oft wiedergewählt werden.73 Das von der WADA selbst als oberstes politisches Entscheidungsgremium bezeichnete Executive Committee ist vergleichbar mit dem aus dem deutschen Gesellschaftsrecht bekannten Vorstand; es führt die Geschäfte der Agentur und verwaltet das Stiftungsvermögen.74 4. Sitz der Stiftung Der Sitz der Welt-Anti-Doping-Agentur war von Anfang an umstritten unter den an der Gründung beteiligten Interessengruppen.75 Nachdem man sich bei der Gründung der WADA zunächst auf Lausanne als vorläufigen Sitz einigen konnte, äußerten insbesondere Vertreter der EU im Foundation Board Befürchtungen, dass der dauerhafte Verbleib der Agentur in Lausanne die Unabhängigkeit und Transparenz der Einrichtung in Zweifel ziehen könnte, weil dort auch das IOC seinen Verwaltungssitz hat.76 Art.  2.2 des Stiftungsstatuts erlaubt es dem Foundation Board, den Sitz der Agentur an einen anderen Ort zu verlegen.77 Das schweizerische internationale Privatrecht (IPR) steht zudem einem identitätswahrenden Wegzug der Stiftung nicht im Weg, da es, anders als das deutsche IPR, der sogeKomitees der WADA sind derzeit (Stand: Dezember 2020): das Athlete Committee, das Compliance Review Committee, das Education Committee, das WADA Ethics Panel, das Finance and Administration Committee, das Health, Medical & Research Committee, die Prohibited List Expert Group, die TUE Expert Group, die Laboratory Expert Group, die Gene Doping Expert Group, die TDSSA expert Group, die NADO Advisory Group und das WADA Management. 72  Die Mehrzahl der Mitglieder gehören dabei bereits dem Foundation Board an; für die aktuelle Zusammensetzung siehe WADA, Executive Committee, . 73  Vgl. Art.  11.2 WADA Stiftungsstatut. 74 Auch die Finanzierung der WADA verteilt sich paritätisch zwischen der Olympischen Bewegung und den nationalen Regierungen. Im Jahr 2019 erhielt die WADA aus beiden Quellen zusammengerechnet ca. 32 Millionen US Dollar; für eine detaillierte Aufschlüsselung der Finanzierung der WADA siehe WADA, Contributions (Fundings), . 75  „The Seat of the Foundation is in Lausanne.“; vgl. Art.  2.1 WADA Stiftungsstatut. 76  Vgl. dazu: dpa, Montréal Sitz der Welt-Anti-Dopingagentur, FAZ, 21.08.2001. 77  Vgl. Art.  2.2 Stiftungsstatut: „The seat of the Foundation may be transferred to another location, in Switzerland or another country, with the agreement of the supervisory authority.“

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nannten Gründungstheorie folgt, weshalb die WADA auch bei Verlegung ihres Verwaltungssitzes weiterhin dem Schweizer Recht unterliegt.78 Am 21.08.2001 stimmte das Foundation Board auf seiner Sitzung in der estnischen Hauptstadt Tallinn im vierten Wahlgang mit 17:15 Stimmen für die Verlegung des Hauptquartiers (Verwaltungssitzes) der WADA nach Montréal, die kanadische Olympiastadt von 1976.79 Aufgrund des in der Schweiz geltenden Gründungsstatuts bleibt die WADA mithin auch nach dem Wegzug aus der Schweiz eine Stiftung gemäß der Art.  80 ff. Schweizer ZGB.80 5. Festzuhaltendes Die Gründung der WADA im November 1999 in der Rechtsform einer privatrechtlichen Stiftung schweizerischen Rechts kann als ein erster institutioneller Lösungsansatz eingeordnet werden, mit dem nach zahlreichen Dopingverstößen auf den Vertrauensverlust in die Integrität des Spitzensports reagiert wurde. Aus der beschriebenen Krisensituation heraus ist außerhalb der strikten Hierarchie der Verbandspyramiden eine neue Organisation im globalen Sportbetrieb entstanden, die sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Mechanismen miteinander verbindet. Die Besonderheit der institutionellen Architektur der WADA besteht insbesondere darin, dass die Machtverhältnisse durch die paritätisch zusammengesetzten Entscheidungsgremien und die gleichmäßig verteilte Finanzierungslast ausgewogen zwischen den privatrechtlich organisierten Sportverbänden und den nationalen Regierungen aufgeteilt werden. Die sich aus der grenzüberschreitenden Problemsituation ergebende Struktur der Agentur führt somit zu einer Organisationsform sui generis, welche trotz ihrer Einbettung als Stiftung in das Schweizer Privatrecht die klassischen Abgrenzungskriterien zwischen öffentlicher und privater Sphäre unbrauchbar erscheinen lassen. Diese, in der Forschungsliteratur auch als postmodern bezeichnete, hybride institutionelle Struktur vereint internationale und nationale, staatliche und nichtstaatliche Orga78  Haas/Prokop, Aktuelle Entwicklungen in der Dopingbekämpfung, SpuRt 2000, S.  5–8, 7; für die Grundlagen zur Bestimmung der für die Rechtsverhältnisse der juristischen Person maßgeblichen Rechtsordnung (Personalstatut) siehe Kindler, in: MüKo-BGB, Band 12, 10. Teil: Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn.  351 ff. und Kapitel 3 B. I. zur Rechtsnatur des WADC. 79  Vgl. Tagungsprotokoll WADA Foundation Board in Tallinn vom 21.08.2001, S.  7 und dpa, Montréal Sitz der Welt-Anti-Dopingagentur, FAZ, 21.08.2001. 80  Das Hauptquartier der Stiftung befindet sich aufgrund dieser Entscheidung seit April 2002 in Montréal, Kanada. Der Sitz der Stiftung verbleibt aber in Lausanne; vgl. dazu auch Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  978; daneben unterhält die WADA regionale Büros in Europa (Lausanne), Asien/Ozeanien (Tokyo), Afrika (Kapstadt) und Südamerika (Montevideo).

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nisationen zu einem komplexen Netzwerk aus Akteuren, deren gemeinsames Ziel die weltweite Dopingbekämpfung ist.81 Das institutionelle Design der Stiftung ist darüber hinaus Ausdruck der mangelnden Lösungskapazitäten ausschließlich nationalstaatlicher bzw. zivilgesellschaftlicher Ansätze auf dem Feld der globalen Dopingregulierung.82 Mit Blick auf die Ausführungen zu Beginn der Arbeit lässt sich die WADA mithin als ein Musterbeispiel für die mit der Transnationalisierung des Rechts einhergehende Kombination privater und staatlicher Institutionen zur Lösung grenzüberschreitender Problemkonstellationen charakterisieren.83 Mit der Gründung der WADA ist somit eine konfliktgetriebene und problembezogene, ergo funktional spezialisierte, transnationale Institution zur weltweiten Dopingbekämpfung entstanden, die in ihrer speziellen Ausformung als hybrider Standardsetzer innerhalb des verschränkten Institutionengefüges der Lex Sportiva bezeichnet werden kann. Wie der Normsetzungsprozess innerhalb dieser transnationalen Institution funktioniert, soll im nächsten Schritt einer detaillierten Analyse unterzogen werden. Im Zentrum der Ausführungen steht dabei das zentrale Regelwerk der grenzüberschreitenden Dopingbekämpfung, der WADC. II. Der Normsetzungsprozess Kann die Gründung der WADA im Jahr 1999 als Startpunkt der transnationalen Koordinierung der Anti-Doping-Maßnahmen bezeichnet werden, so ist mit der Annahme des WADC auf der zweiten Welt-Anti-Doping Konferenz in Kopenhagen im März 2003 der Einstieg in die Umsetzung vollzogen worden.84 Im Fol81 Vgl. Duval, La Lex Sportiva Face au Droit de l’Union Européenne, 2016, S.  325; Soek bezeichnet die in der Erklärung von Lausanne festgelegte hybride Architektur der WADA mit dem in den Wirtschaftswissenschaften gebräuchlichen Begriff des Joint Ventures. Also als eine Form der Unternehmenskooperation, wobei diese sich im hier geschilderten Fall entgegen des herkömmlichen Begriffsverständnisses zwischen privaten (Sportorganisationen) und staatlichen Akteuren (nationalen Regierungen) abspielt, vgl. Soek, The Athlete’s Right to Respect for his Private Life and his Home, ISLJ 3-4 (2008), S.  3–13, 3. 82  Andere Autoren wie Casini sprechen in diesem Zusammenhang von einem Paradebeispiel für eine institutionell verankerte, gleichberechtigte Public-Private Partnership auf globaler Ebene, vgl. Casini, Global Hybrid Public-Private Bodies: The World Anti-Doping Agency (WADA), International Organizations Law Review 6 (2009), S.  421–446, 421 ff. 83  Die zentrale Rolle der WADA innerhalb der Dopingregulierung manifestiert sich beispielsweise in der eingangs bereits erwähnten Auseinandersetzung um einen möglichen Ausschluss Russlands für vier Jahre von allen internationalen Sportgroßereignissen. Die WADA trat in diesem Konflikt federführend für eine Sperre Russlands ein, siehe dazu das Statement des WADA Executive Committees, WADA Executive Commitee, WADA Executive Committee unanimously endorses four-year period of non-compliance for the Russian Anti-Doping Agency, 09.12.2019. 84  Vgl. Copenhagen Declaration on Anti-Doping in Sport, abrufbar unter: ; zu dem die Deklaration von Kopenhagen ergänzenden völkerrechtlichen UNESCO Übereinkommen von Paris 2005 und zur rechtsdogmatischen Einordnung der Deklaration und des Codes siehe Kapitel 3 B. 85  Informelle Absprachen, Vorgänge und Ziele der beteiligten Normsetzer können aufgrund fehlender Quellen an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden. 86  Siehe Projektplan des Foundation Boards von August 2001 und Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards, 3. Dezember 2001, Lausanne, S.  3 f. 87 Vgl. Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  213 f. 88  Siehe zu den Hintergründen und Zielen des Projektteams das Tagungsprotokoll des WADA Executive Committees, 6. März 2001, Lausanne, S.  19 und das Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards, 3. Dezember 2001, Lausanne, S.  3. 89  Eine namentliche Nennung der eingesetzten Experten ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. 90  Vgl. Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards, 4. Juni 2002, Montréal, S.  4.: „[…] before pencil had been put to paper, the team had looked at the OMADC, the IOC Medical Code, the Olympic Charter against Doping in Sport, the anti-doping rules of virtually all of

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Zentrales Ziel der WADA war mithin nicht die Ausarbeitung eines gänzlich neuen Ansatzes zur Regulierung der Dopingproblematik im Sport, sondern die Vereinheitlichung der bereits existierenden Regelungen.91 Der Normsetzungsprozess des WADC erfolgte dabei in vier Phasen von 2000 bis 2003.92 1. Erste Phase: 2000 bis Mai 2002 In der ersten Phase arbeitete das Projektteam in enger Abstimmung mit dem Executive Committee und den weiteren Ausschüssen der WADA zusammen.93 Zudem wurden bereits erste Beratungsgespräche mit externen Interessenvertretern geführt, Regierungsvertretern aus Frankreich, China, Norwegen, Kanada und den nationalen Anti-Doping-Agenturen aus Australien (ASDA), Südafrika (SAIDS), Kanada (CCES) sowie den USA (USADA).94 Darüber hinaus fanden Konsultationen mit dem internationalen Schwimmverband (FINA), dem internationalen Leichtathletikverband (IAAF), dem internationalen Verband für Gewichtheben (IWF), dem internationalen Biathlonverband (IBU) und der Vereinigung der professionellen männlichen Tennisspieler (ATP) statt.95 Ziel dieses breit angelegten Konsultationsverfahrens war es, den Normsetzungsprozess von Beginn an offen und transparent zu gestalten sowie sicherzustellen, dass die wichtigsten Interessengruppen in den Fortgang der Verhandlungen eingebunden wurden.96 Darüber hinaus führte die WADA bereits in diesem Stadium der Ausarbeitung Gespräche mit der Arbeitsgruppe der Internationalen Zwischenstaatlichen Beratungsgruppe zur Dopingbekämpfung im Sport (IICGADS)97, dem the Ifs, government statutes and regulations, NOC policies and rules, CAS decisions and decisions from national tribunals. The team had tried to take the best of all of these and incorporate them into version one of the first draft of the Code.“ 91  Vgl. dazu das Statement des damaligen Vorsitzenden des Executive Committees Richard W. Pound auf der Sitzung am 6. März 2001 in Lausanne, in dem er ausführt, dass es nicht nötig sei, das Rad neu zu erfinden und der OMADC eine gute Arbeitsgrundlage für den neu zu erarbeitenden Code biete, vgl. Tagungsprotokoll WADA Executive Committees, 6. März 2001, Lausanne, S.  20; dazu auch Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  215. 92 Phasenmodell nach Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  213 ff.; siehe dazu auch das Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards vom 4. Juni 2002, Montréal. 93  Vgl. Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards, 4. Juni 2002, Montréal, S.  4 und Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  214 f. 94  Vgl. Tagungsprotokoll WADA Foundation Board vom 3. Dezember 2001, Lausanne, S.  4. 95 Ebd. 96 Ebd. 97  Die IICGADS wurde im Zuge der Gründung der WADA eingerichtet, um den Einfluss der staatlichen Behörden innerhalb der WADA zu bündeln, vgl. Soek, The Athlete’s Right to

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Dachverband der internationalen Sportverbände (GAISF), Repräsentanten des CAS und der Beobachtergruppe des Europarats.98 Die Protokolle der Ausschusssitzungen lassen erkennen, dass der Normsetzungsprozess maßgeblich von der WADA selbst gesteuert und strukturiert wurde. Die externen staatlichen und nicht-staatlichen Akteure wurden indes früh in die inhaltliche Konzeption des WADC miteinbezogen und konnten ihrerseits durch Anmerkungen und Stellungnahmen Einfluss auf den weiteren Entstehungsprozess nehmen.99 Allein im Laufe der Erarbeitung des ersten Entwurfs des WADC berücksichtigten die an der Ausarbeitung des Codes beteiligten Organe der WADA laut eigener Aussage nahezu 140 Kommentare und stellten das grundlegende Konzept des neuen Codes etwa 500 bis 600 am Prozess beteiligten Akteuren vor.100 In der Folge akzeptierte das Foundation Board der WADA den ersten Entwurf des Codes und adressierte die erste Version an alle am Prozess beteiligten Akteure.101 2. Zweite Phase: Juni bis Oktober 2002 Von Juni bis Oktober 2002 trat der Normsetzungsprozess des WADC mit der Überarbeitung der ersten Version des Codes in die zweite Phase ein.102 In einem Respect for his Private Life and his Home, ISLJ 3-4 (2008), S.  3–13, 3 und Giulianotti/Mc­Ardle (Hrsg.), Sport, civil liberties and human rights, 2006, S.  129. 98 Vgl. Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  215 und Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards, 3. Dezember 2001, Lausanne, S.  4. 99  Vgl. dazu die Stellungnahme des WADA Projektmanagers Svein Eric Figved auf der Sitzung des WADA Foundation Boards am 3. Dezember 2001 in Lausanne: „The general outcome of these meetings was that the stakeholders’ response had been very positive towards the Project Plan and the consultative approach. The stakeholders had supported the overall framework and agreed on the structure for the Code and the issues identified. The challenges would arise in developing the content of the Code.“ 100  Vgl. Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards, 4. Juni 2002, Montréal, in dem es auf S.  3 f. heißt: „The team had also received comments from approximately 140 people, who had provided the team with valuable feedback and proposals. The Code had also been presented to 500 to 600 people on different occasions, including representatives of governments, Ifs, the IOC, NOCs, NADOS, CAS arbitrators and athletes. It had not been possible to incorporate all of the comments made, but an attempt had been made to incorporate all of the important issues.“ 101  Vgl. Tagungsprotokoll WADA Foundation Board, 4. Juni 2002, S.  9: „Foundation Board to decide to go forward with the version of the Code discussed at the meeting and release it on the website as the draft approved by the Foundation Board for discussion purposes, and WADA to proceed with the development of the list to apply during the interim period, which would be the calendar year 2003.“; laut Tagungsprotokoll des WADA Executive Committees vom 1. Oktober 2002, Montréal, S.  3 wurde der erste Entwurf des Codes an ca. 1000 Akteure verschickt. 102  Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  215 f.

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internetgestützten Verfahren wurden die etwa 120 Rückmeldungen der beteiligten Interessengruppen, die in Bezug auf den ersten Entwurf des WADC eingegangen waren, von der WADA erfasst und in die Erarbeitung der zweiten Version des WADC miteinbezogen.103 Aus Deutschland beteiligten sich die Bundesregierung, der DSB und das NOK an diesem Prozess.104 In diesem Entwicklungsstadium des Codes lässt sich die hier praktizierte, in der institutionellen Architektur der WADA angelegte, kooperative Form der Normsetzung besonders anschaulich beobachten. Nach weiteren Beratungsgesprächen mit den unterschiedlichen Interessengruppen wurden die Arbeiten an der zweiten Version des WADC am 10. Oktober 2002 abgeschlossen.105 3. Dritte Phase: November 2002 bis Februar 2003 Nachdem die WADA auf Grundlage des zweiten Entwurfs erneut um Stellungnahmen der Stakeholder gebeten hatte, erreichten die WADA 90 Kommentare und Anmerkungen, auf deren Basis der dritte Entwurf des Codes ausgearbeitet wurde.106 Zusätzlich fanden auch in dieser Entwicklungsphase laut Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards vom 25. November 2002 erneut Gespräche und Konsultationen mit den oben genannten Interessenvertretern statt.107 Die dritte Version des WADC wurde der Öffentlichkeit im Februar 2003 zugänglich gemacht und diente als Grundlage der abschließenden Beratungen auf der Welt-Anti-Doping-Konferenz gegen Doping im Sport in Kopenhagen.108 4. Vierte Phase: Die Konferenz von Kopenhagen Auf der zweiten Welt-Anti-Doping-Konferenz in Kopenhagen wurde der Normsetzungsprozess des WADC schließlich zu einem vorläufigen Abschluss gebracht.109 Die vom 3. bis 5. März 2003 stattfindende Konferenz zielte darauf ab, den Inhalt des neu erarbeiteten Codes und seine Verwendung als Grundlage für den Kampf gegen Doping im Sport noch einmal zu überprüfen und schließlich 103 Vgl. Adolphsen, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, in: Bumke/Röthel (Hrsg.) Privates Recht, 2012, S.  93–107, 98 und Tagungsprotokoll des WADA Executive Committees, 1. Oktober 2002, Montréal, S.  3. 104  Ebd.; im Jahr 2002 waren DSB und NOK noch eigenständige Organisationen. 105  Vgl. Tagungsprotokoll Foundation Board, 25. November 2002, Montréal, S.  11 ff. 106  Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  216 und Soek, The Athlete’s Right to Respect for his Private Life and his Home, ISLJ 3-4 (2008), S.  3–13, 4. 107  Vgl. Tagungsprotokoll Foundation Board, 25. November 2002, Montréal, S.  12. 108 Vgl. Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  216 und Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  155 f. 109  Die WADA beschreibt den Code als ein „living document“, vgl. WADA, .

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

nach eingehender Diskussion der strittigen Punkte, den neuen Code gemeinschaftlich zu beschließen.110 An der Konferenz teilgenommen haben Vertreter des IOC, von 80 nationalen Regierungen, 60 NOKs, 70 internationalen Sportverbänden, 30 nationalen Anti-Doping Agenturen und 20 Athleten.111 Die etwa 1200 Delegierten einigten sich schließlich einstimmig darauf, den von der WADA ausgearbeiteten Anti-Doping-Code als Grundlage für die weltweite Bekämpfung des Dopings im Sport anzuerkennen.112 Das Foundation Board der WADA nahm den Code auf seiner Sitzung am Rande der Konferenz einstimmig an.113 Die am Prozess beteiligten staatlichen Akteure unterzeichneten in der Folge die auf der Konferenz vorbereitete Erklärung von Kopenhagen, in der sie sich zu den Grundaussagen des WADC bekannten und zur Unterstützung nationaler Anti-Doping-Organisationen bei der Umsetzung des WADC verpflichteten.114 Darüber hinaus bekundeten die nationalen Regierungen mit der Unterzeichnung der Erklärung ihre Absicht, den WADC durch einen internationalen Vertrag anzuerkennen und umzusetzen.115 Die Erklärung von Kopenhagen war somit das politische Dokument, das neben dem umfangreichen Regelwerk aus dem transnationalen Normsetzungsprozess hervorging und zugleich der erste 110 Vgl.

Soek, The Athlete’s Right to Respect for his Private Life and his Home, ISLJ 3-4 (2008), S.  3–13, 3. 111  David, A Guide to The World Anti-Doping Code, 2013, S.  2; Soek, The Athlete’s Right to Respect for his Private Life and his Home, ISLJ 3-4 (2008), S.  3–13, 4 ff.; Deutschland wurde auf der Konferenz vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily vertreten, vgl. Kotzenberg, Die Bindung des Sportlers an private Dopingregeln und private Schiedsgerichte, 2007, S.  30. 112  Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 10, Rn.  1351; das auf der Konferenz von Kopenhagen verabschiedete World-Anti-Doping-Programm besteht neben dem WADC aus den International Standards und den Models of Best Practice, siehe dazu Kapitel 3 A. III. 113  Vgl. Tagungsprotokoll des WADA Foundation Boards vom 5. März 2003, Kopenhagen, S.  2 f.; das IOC hat den Code auf seiner Sitzung in Prag am 04.07.2003 angenommen; mittlerweile (Stand: Dezember 2020) haben mehr als 660 Sportorganisationen den WADC unterzeichnet; eine Liste der Unterzeichner des Codes ist abrufbar unter: . 114  Vgl. Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 03.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 084/14, Das Dopingkontrollsystem in Deutschland, Rechtlich regulative Grundlagen und Reformoptionen; eine Auflistung der mittlerweile 193 Unterzeichnerstaaten und Regionen der Kopenhagen-Deklaration findet sich hier: WADA, Copenhagen Declaration List of Signatories, . 115  Dieses zweistufige Prozedere war notwendig, da es den teilnehmenden Regierungen nicht möglich war, sich einem privaten, nichtstaatlichen Instrument wie dem WADC durch Unterzeichnung zu unterwerfen. Deshalb unterzeichneten die Regierungen nicht den WADC, sondern die Kopenhagener Erklärung, in der sie die Absicht zu weiteren Schritten auf völkerrechtlicher Ebene bekundeten.

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Schritt der Regierungen zur Vorbereitung der im Jahr 2005 verabschiedeten völkerrechtlich verbindlichen UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport.116 Bevor die Stellung und Funktion des WADC innerhalb des multilateralen Rechtsrahmens eingeordnet, seine Rechtsnatur herausgearbeitet und Fragen der Umsetzung, Durchsetzung und Bindungswirkung des WADC im kommenden Kapitel diskutiert werden, soll im Folgenden das auf der Konferenz beschlossene World-Anti-Doping-Program (WADP) vorgestellt und einer inhaltlichen Untersuchung unterzogen werden. III. Das Welt-Anti-Doping-Programm Das Rahmenregelwerk der globalen Dopingbekämpfung ist seit dem erfolgreichen Abschluss der Konferenz von Kopenhagen das WADP. Das mit dem WADP vereinbarte Regelsystem umfasst die drei zentralen Elemente der angestrebten Harmonisierung und Abstimmung internationaler und nationaler Anti-Doping-Programme. Es besteht aus dem WADC, den International Standards und den Models of Best Practice.117 1. Der WADC Das grundlegende Dokument des WADP ist der WADC.118 Das erstmals am 1.1.2004 in Kraft getretene119 und seitdem mehrfach überarbeitete Regelwerk120 zielt neben der weltweiten Vereinheitlichung des materiellen Rechts im Bereich 116 

Siehe dazu vertiefend Kapitel 3 B. Vgl. WADC, Purpose, Scope and Organization of the World Anti-Doping Programm and the Code, abrufbar unter WADA, World Anti-Doping Code 2015 with 2019 amendments, abrufbar unter: ; siehe dazu auch die kommentierte Version der deutschen Fassung des WADC 2015, abrufbar unter: WADA, Welt Anti-Doping-Code, . 118  Vgl. dazu die Ausarbeitung (inklusive anschaulicher Grafik zur Interdependenz der Anti-Doping-Regelwerke) des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, 03.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 084/14, Das Dopingkontrollsystem in Deutschland. Rechtlich-regulative Grundlagen und Reformoptionen. 119  Kritisch gegenüber diesem Ausdruck mangels normativer Verbindlichkeit des Codes, Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  996. 120  Der Code besteht nicht mehr in seiner ursprünglichen Form, sondern wurde mehrfach erweitert und überarbeitet. Umfangreiche Änderungen des ursprünglichen Codes traten zum 1. Januar 2009 und zum 1. Januar 2015 in Kraft; zu den Veränderungen im Detail siehe: WADA, Significant Changes between the 2009 Code and the 2015 Code, abrufbar unter: ; am hybriden Normsetzungsprozess hat sich indes nichts geändert; zum Erarbeitungsprozess des ab dem 01. Januar 2021 gültigen Codes siehe: WADA, 2021 Code Review, abrufbar unter: . 117 

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der Dopingbekämpfung auch auf die Harmonisierung des Verfahrensrechts und der Schiedsgerichtsbarkeit bei Dopingverstößen ab.121 Der Code formuliert umfangreiche Regelungen im Bereich der Dopingbekämpfung und koordiniert die Verantwortlichkeiten zwischen den beteiligten Akteuren.122 Der WADC soll laut eigener Aussage der WADA einerseits detailliert genug sein, um eine vollständige Harmonisierung in den Bereichen zu erzielen, die aus der Perspektive der Normsetzer einheitlich geregelt werden müssen und andererseits aber auch allgemein genug, um in anderen Bereichen eine flexible Umsetzung vereinbarter Anti-Doping-Grundsätze zu ermöglichen.123 Dabei bedient sich der Code einer Regelungstechnik, die den Unterzeichnern des Codes die wortgetreue Übernahme einiger zentraler Bestimmungen des Codes zwingend vorschreibt wie zum Beispiel die Definition des Dopingbegriffs (Art.  1), die Sanktionierung von Einzelsportlern und Mannschaften bei Dopingverstößen (Art.  10 und 11)124 oder die Zuständigkeit des CAS bei Rechtsbehelfen im Zusammenhang mit internationalen Spitzenathleten oder der Teilnahme an einer internationalen Sportveranstaltung (Art.  13.2.1).125 Andere Bestimmungen des Codes stellen hingegen Grundsätze auf, die zwar in ihrem inhaltlichen Kern verbindlich sind, aber keine wortgetreue Übernahme in die Satzungen der Sportverbände und nationalen Anti-Doping-Organisationen erfordern und diesen somit eine größere Flexibilität bei der Formulierung der Regeln einräumen.126 Ohne an dieser Stelle näher auf die einzelnen Bestimmungen des WADC wie den neu formulierten Doping121 Vgl. Weber, Die Sportschiedsgerichtsbarkeit nach dem World Anti-Doping Code und ihre Umsetzung in Deutschland, SchiedsVZ 2004, S.  193–198, 193; zu den Verfahren vor dem CAS siehe vertiefend Kapitel 4 C. 122  Siehe dazu auch Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  156 ff. 123  Vgl. dazu die Einleitung der kommentierten Version der deutschen Fassung des WADC 2015 with 2019 amendments. 124  Der Sanktionskatalog des WADC sieht seit der umfangreichen Novellierung im Jahr 2015 bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen des Codes eine Regelsperre von vier Jahren vor. Diese kann durch die ebenfalls 2015 neu eingefügte sogenannte Kronzeugenregelung im Falle des rechtzeitigen und umfassenden Geständnisses des Athleten reduziert werden. Ein dritter Verstoß führt gemäß Artikel 10.7.2 WADC grundsätzlich zur lebenslangen Sperre des Athleten; ein Überblick über die Neuerungen im WADC 2015 findet sich u. a. hier: NADA, Wesentliche Änderungen NADC 2015, ; siehe vertiefend zur Kronzeugenregelung Hauptmann/Klarmann, Whistleblower und Kronzeugen: Bedeutung und Regelungsbedarf im Interesse einer effizienteren Aufdeckung von Dopingverstößen im Sport, SpuRt 2019, S.  190–197. 125  Siehe dazu die Auflistung der zwingend im Wortlaut zu übernehmenden Vorschriften des WADC in Art.  23.2.2 WADC. 126  Vgl. dazu vertiefend die kommentierte Version der deutschen Fassung des WADC 2015 with 2019 amendments.

A. Legislative: Gründung der WADA und Entstehung des WADC

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begriff, die Liste der verbotenen Substanzen und Methoden,127 das umstrittene Prinzip der verschuldensunabhängigen Haftung (strict liability)128 und andere Detailregelungen eingehen zu können, sei jedoch bereits hier auf die herausragende Stellung des internationalen Sportgerichtshofs CAS innerhalb des WADC hingewiesen. Mit der Einführung des WADC ist der CAS als letzte Instanz zur Überprüfung dopingbezogener Verbandsentscheidungen etabliert worden.129 Die damit verbundene Möglichkeit der sportartenübergreifenden Anwendung eines einheitlichen Dopingreglements führt zumindest a priori zu einer besseren Vergleichbarkeit und Vorhersehbarkeit der Entscheidungen im Falle eines Dopingverstoßes.130 Daneben ist aus verfahrensrechtlicher Perspektive wichtig zu erwähnen, dass mit der Verabschiedung des Codes eine weitreichende Rechtsmittelbefugnis der WADA begründet wurde.131 Die WADA erhält die Befugnis, Entscheidungen der Fachverbände, die auf Grundlage des Codes getroffen wurden, selbst vor dem CAS überprüfen zu lassen.132 Die Rechtsmittelbefugnis dient der verfahrensrechtlichen Absicherung der Harmonisierung. Sie führt mithin zu einer Aufwertung der außerhalb der Verbandspyramiden stehenden WADA und etabliert diese als eigenständigen Akteur im Mehrebenensystem der globalen Dopingregulierung.133

127  Die jährlich aktualisierte Liste ist abrufbar unter: WADA, The Prohibited List, . 128  Siehe dazu Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 10, Rn.  1378 ff. 129 Vgl. Netzle, Harmonisierung als wirksames Rezept gegen Doping, SpuRt 2003, S.  186– 189, 189. 130  Zur herausragenden Stellung des CAS innerhalb der Dopingregulierung siehe Kapitel 4 C. 131  Vgl. dazu Art.  13.2.1 WADC, (Persons Entitled to Appeal) und Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  982, ff. 132  Zuletzt hat die WADA von dieser Möglichkeit im Verfahren um den chinesischen Schwimmer Sun Yang Gebrauch gemacht. Der dreimalige Olympiasieger Sun Yang war nach einem Verstoß gegen den WADC, er verweigerte sich einer unangekündigten Probeentnahme, vom internationalen Schwimmverband (FINA) lediglich ermahnt worden. Daraufhin legte die WADA am 14. Februar 2019 Berufung gegen diese aus ihrer Sicht unverhältnismäßig milde Sanktion der FINA vor dem CAS ein. Dieser folgte der WADA in seinem am 28.2.2020 veröffentlichen Urteil und sperrte Sun Yang wegen des wiederholten Verstoßes gegen die Bestimmungen des WADC für einen Zeitraum von acht Jahren, vgl. CAS 2019/A/6148 WADA v. Sun Yang & FINA. 133  Eine Auflistung der von der WADA angestrengten Verfahren vor dem CAS findet sich unter: WADA, Legal, ; vgl. dazu auch Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  982, ff.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

2. International Standards Ein weiteres Element des WADP stellen die sogenannten International Standards dar. Bei den von Sachverständigen und Expertengremien in Absprache mit den Unterzeichnern des WADC und den nationalen Regierungen ausgearbeiteten International Standards handelt es sich um praktische Vorgaben und Details, mit denen die Umsetzung des Codes vereinfacht und vor allem standardisiert werden soll.134 Sie dienen der weiteren Harmonisierung der Abläufe und Arbeitsweisen der unterschiedlichen am Prozess beteiligten Interessengruppen. Die Standards stellen durch eine differenzierte Verweisungstechnik eine direkte Verbindung zum Rahmenregelwerk (WADC) her und beinhalten die für die Umsetzung des Codes notwendigen technischen Detailregelungen.135 So enthalten sie beispielsweise konkrete Handlungsanweisungen zur Durchführung einer Dopingprobe und stellen Mindestanforderungen für deren Analyse durch die zuständigen Dopinglabore auf.136 Die Anwendung und Einhaltung der in den International Standards ausgeführten Qualitätsmaßstäbe ist für die Unterzeichner des Codes zwingende Voraussetzung zur Einhaltung des Codes.137 3. Models of Best Practice Die Dritte Säule des WADP bilden die sogenannten Models of Best Practice der WADA.138 Die auf der Grundlage des Codes und der International Standards von der WADA erarbeiteten Musterformulierungen und Leitlinien sollen den Adressaten des Codes dessen Implementierung erleichtern und dienen mithin ebenso dem übergeordneten Ziel des WADP, der Harmonisierung der weltweit Geltung beanspruchenden Anti-Doping-Bestimmungen.139 Darüber hinaus kann durch den Einsatz von Musterformulierungen durch die Sportverbände die Akzeptanz und Nachvollziehbarkeit der Sanktionen bei den betroffenen Athleten erhöht 134  Die International Standards werden getrennt vom WADC veröffentlicht und können vom Executive Committee der WADA angepasst werden, ohne dass es dafür einer Änderung des WADC bedarf, vgl. kommentierte Version des WADC 2015 with 2019 amendments, S.  2. 135  David, A Guide to The World Anti-Doping Code, 2013, S.  78. 136  Derzeit (Stand: Dezember 2020) existieren insgesamt sechs International Standards für die Bereiche: Prohibited List, Testing and Investigation, Laboratories, Therapeutic Use Exemptions (TUEs), Protecting of Privacy and Personal Information, Code Compliance by Signatories. 137  Vgl. Art.  23.4 WADC; für eine detaillierte Auseinandersetzung mit den International Standards siehe David, A Guide to The World Anti-Doping Code, 2013, S.  78 ff. 138  Die Models of Best Practice der WADA sind abrufbar unter: WADA, Model Rules, Guidelines and Protocols, . 139  Siehe dazu auch Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 10, Rn.  1353.

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werden. Im Gegensatz zu den International Standards ist die Verwendung und Übernahme der von der WADA zur Verfügung gestellten Models of Best Practice für die Unterzeichner des Codes nicht obligatorisch.140 IV. Festzuhaltendes Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass durch eine neue Verfahrensweise hinsichtlich der Regulierung von Politikfeldern, nämlich dem gleichberechtigten Zusammenwirken von staatlichen und privaten Akteuren, ein umfangreiches Regelwerk zur Regulierung von Doping im Sport geschaffen wurde.141 Als Antwort auf den zu beobachtenden Regelungspluralismus innerhalb der Dopingbekämpfung konnte durch den hybriden Vereinheitlichungsprozess ein neues Maß an Erwartbarkeit und damit auch an Rechtssicherheit für Verbände und Athleten generiert werden. Der beschriebene Prozess bedeutet darüber hinaus einen großen Schritt in Richtung des von den Sportverbänden angestrebten level playing fields und einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Lex Sportiva auf dem Feld der Dopingregulierung. Der hybride Normsetzungsprozess, der vom IOC durch die Gründung der WADA initiiert wurde, bedient sich eines internetgestützten Verfahrens zur Einbindung aller Interessengruppen in die relevanten Entscheidungsprozesse. Das aus dem transnationalen Normsetzungsprozess hervorgegangene WADP ermöglicht die grenzüberschreitende und sportartenübergreifende Regulierung von Doping im Sport und setzt einen globalen Standard von dem eine negative Abweichung nur noch unter der Inkaufnahme von Sanktionen möglich ist. Es ist ein transnationales Regelwerk zur Dopingregulierung entstanden, welches Folgebereitschaft sowohl durch sorgfältig abgestimmte Mitwirkungsmöglichkeiten der Regelunterworfenen als auch durch die Androhung von Sanktionen erzeugt.142 140 

Vgl. dazu die kommentierte Fassung des WADC 2015 with 2019 amendments, S.  2. Vergleichen lässt sich der hier praktizierte transnationale Regulierungsansatz am ehesten noch mit dem Konzept der für die Vergabe von Namen und Adressen im Internet zuständigen Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), siehe dazu im Einzelnen Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, S.  127 ff.; Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 48 f. und Prandini, Gesellschaftlicher Konstitutionalismus, in: Viellechner (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, 2019 S.  235–262, 235 ff.; zudem lässt sich mit Blick auf die hybride Architektur der WADA auch eine Parallele zu der Herausbildung internationaler Konzernrechnungslegungsstandards im Rahmen des International Accounting Standard Boards (IASB) ziehen, vgl dazu eingehend Botzem, Standards der Globalisierung, die grenzüberschreitende Regulierung der Unternehmensrechnungslegung als Pfadgestaltung, 2010. 142  Vgl. dazu auch Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, 141 

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive und mit Blick auf die aufgeworfenen Arbeitsthesen drängen sich an dieser Stelle weitergehende Fragen hinsichtlich der Umsetzung und Durchsetzung des Codes durch die zuständigen Nationalen Anti-Doping-Organisationen (NADOs) und staatlichen Akteure auf. Deshalb soll nachfolgend zunächst die Rechtsnatur des WADC herausgearbeitet und der bereits in Ansätzen skizzierte multilaterale Rechtsrahmen, in welchem sich der WADC bewegt, einer detaillierten Analyse unterzogen werden.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC Auf der ersten Ebene der Auseinandersetzung mit den Ordnungsmustern der transnationalen Dopingregulierung lag der Fokus auf der Gründung der WADA als neue, hybride Institution an der Spitze der weltweiten Dopingregulierung und dem Ausarbeitungsprozess des WADC, der für die globale und sportartenübergreifende Regulierung von Doping zentral ist. Auf der zweiten Ebene soll nun zunächst die Rechtsnatur des WADC untersucht werden. Daran anknüpfend steht die Wirkungserstreckung des WADC gegenüber seinen heterogenen Adressaten und seine Implementierung in den multilateralen Rechtsrahmen der globalen Dopingregulierung im Zentrum der Betrachtung. In einem dritten Schritt sollen anschließend, aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen zur Organisationsstruktur des Sports, die den Verbänden und staatlichen Akteuren zur Verfügung stehenden konkreten Durchsetzungsinstrumente im Falle eines Verstoßes gegen die im WADC aufgeführten Dopingtatbestände in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung rücken. I. Die Rechtsnatur des WADC Ausgangspunkt der Überlegungen hinsichtlich der Rechtsnatur des WADC ist die im Verlauf der Arbeit bereits erfolgte rechtliche Einordnung der WADA als privatrechtliche Stiftung schweizerischen Rechts.143 Aufbauend auf dieser Qualifikation ist auch der von der WADA ausgearbeitete WADC grundsätzlich dem Privatrecht zuzuordnen.144 Davon ausgehend, dass der rechtliche Status des S.  189–214, S.  201 und zu den Ähnlichkeiten hinsichtlich der Entstehung von privat erzeugten Regeln im grenzüberschreitenden Seehandel: Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  90 f. 143  Vgl. Art.  80 ff. Schweizer ZGB; siehe dazu auch bereits Kapitel 3 A. I. 144  So auch die h. M. in der Literatur, vgl. dazu Viret, Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law, 2016, S.  14 f.; Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 46; Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007,

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Normsetzers alleiniger Bezugspunkt für die Einordnung der von diesem erzeugten Normen ist, ändert auch die im Rahmen der WADA zu beobachtende kooperative Form der Normsetzung und der damit verbundene Einbezug staatlicher Akteure in den Normerzeugungsprozess grundsätzlich nichts an der Verortung des WADC im Privatrecht.145 Trotzdem scheint es der hybriden institutionellen Architektur der WADA nicht angemessen Rechnung zu tragen bzw. etwas zu formalistisch argumentiert, den zumindest in Teilen öffentlich-rechtlichen Charakter des Codes nicht mit in die Erwägungen hinsichtlich der Rechtsnatur des WADC miteinzubeziehen.146 In der sportrechtlichen Literatur finden sich deshalb auch Stimmen, die aufgrund des kooperativen Normsetzungsprozesses den WADC als eine Mischform respektive als „a mixed source of law sui generis“ bezeichnen, die weder öffentlich-rechtlichen noch vollständig privatrechtlichen Maßstäben entspreche und sich deshalb nicht in die traditionelle Dichotomie von Privatrecht und öffentlichem Recht einordnen lasse.147 Diese Einschätzung teilt auch Franck Latty: „Formally at least, the standards which it [WADA] produces are acts of private law, since the agency has foundation status under Suisse law, […] However, the notion that the agency’s mixed composition affects the law which it produces – transnational law in the hybrid sense of the term – is not beyond the bounds of reason.“148

Ebenfalls in diesem Sinne äußerte sich der internationale Sportgerichtshof CAS in seinem Gutachten auf Anfrage des italienischen NOKs vom 26. April 2005, in dem er den WADC als ein „original and unique piece of legislation“ bezeichnete,

S.  395–410, 396 ff. und Adolphsen, Das Dopingproblem als Gegenstand selbstregulativer Ordnung des Sports?, in: Höfling/Horst (Hrsg.), Doping warum nicht? Ein interdisziplinäres Gespräch, 2010, S.  57–67, 61 ff. 145  Vgl. dazu Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 9. Kapitel, Rn.  997; siehe zur Anknüpfung an den Status bzw. die Organisationsform des Rechtssetzers im deutschen Recht: Kirchhof, Private Rechtsetzung, 1987, S.  98 ff. und zur privaten Rechtsetzung durch Stiftungen, ders., Private Rechtsetzung, 1987, S.  457 ff. 146  In diesem Sinne auch: Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 48 f. und Adolphsen, Das Dopingproblem als Gegenstand selbstregulativer Ordnung des Sports?, in: Höfling/Horst (Hrsg.), Doping warum nicht? Ein interdisziplinäres Gespräch, 2010, S.  57–61, 63. 147 Vgl. Viret, Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law, 2016, S.  14 f. und Siekmann, Anti-Doping Law in Sport: The Hybrid Character of WADA and the Human Rights of Athletes in Doping Cases (Proportionality Principle), in: Siekmann (Hrsg.), Introduction to International and European Sports Law, 2012, S.  313–333, S.  319. 148  Latty, Transnational Sports Law, ISLJ 1-2 (2011), S.  34–38, 36.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

welcher die Zweispurigkeit im Sportrecht zum Ausdruck bringe, die Kombination sowohl privater als auch öffentlicher Interessen im Sport.149 Ungeachtet dieser rechtstheoretischen Erwägungen, die den WADC außerhalb der Konzepte der klassischen Rechtsquellenlehre verorten und in ihm überdies ein Musterbeispiel transnationalen Rechts erkennen, haben im Laufe der Zeit sowohl nationale Gerichte als auch der CAS festgestellt, dass der WADC weder ein völkerrechtliches Instrument mit allgemeiner Bindungswirkung darstellt, noch anderweitige Implikationen die Rechtsnatur des WADC betreffend aus dem hybriden Normsetzungsprozess abzuleiten sind.150 Der WADC wird demzufolge von der internationalen Rechtsgemeinschaft, seinem privatrechtlichen Ursprung entsprechend, gleichermaßen wie die in Kapitel 2 bereits im Privatrecht verorteten Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände, als ein privatrechtliches Regelwerk qualifiziert und findet dementsprechend lediglich gegenüber seinen Unterzeichnern unmittelbare Anwendung.151 Der Code kann in Bezug auf die von ihm adressierten internationalen Sportverbände und Organisationen als ein privatrechtliches Rahmenregelwerk für die grenzüberschreitende Dopingbekämpfung verstanden werden.152 Hinsichtlich der vom WADC ebenfalls adressierten staatlichen Akteure kann der WADC auch 149  Vgl. CAS 2005/C/841 CONI, Rn 34: „WADA is unique in that it gathers on equal footing States and private organizations. The WADC is also an original and unique piece of international legislation in that it reflects the intents of both public and private sectors in sport.“; siehe dazu auch Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 50. 150 Vgl. Viret, Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law, 2016, S.  15 m. w. N. und CAS 2011/O/2422, USOC v. IOC, vom 04. Oktober 2011, Rn.  45: „The WADA Code is neither a law nor an international treaty. It is rather a contractual instrument binding its signatories in accordance with private international law.“ 151  In der internationalen Literatur finden sich für den WADC auch die Beschreibungen „contractual nature“, „agreement-based System“ und „private law-making“ oder in Bezug auf seine Wirkung die aus dem europäischen Recht bekannte Formulierung „no direct effect“, vgl. dazu Viret, Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law, 2016, S.  15 m. w. N.; auch der WADC bedarf also einer satzungsrechtlichen Verankerung oder einer auf Rechtsgeschäft beruhenden Wirkungserstreckung, um die angestrebte Bindungswirkung gegenüber den internationalen Sportverbänden und Sportlern zu entfalten. 152  So auch Behler, der den WADC als „Rahmengrundregelwerk“ bezeichnet, welches die Doping-Regelungen der internationalen Sportverbände abgelöst habe, vgl. Behler, in: Reichert (Hrsg.), Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 4, Rn.  30; siehe dazu auch Orator, der den WADC als „Rahmenwerk“ für die Harmonisierung der Antidopingpolitiken innerhalb der Sportverbände und öffentlichen Einrichtungen versteht, Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 45.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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als Modellgesetz kategorisiert werden, welches zur Wirkungserstreckung der nationalen Umsetzung bedarf.153 Das dieser Arbeit zugrunde liegende Verständnis des transnationalen Rechts in Erinnerung rufend soll darauf hingewiesen werden, dass Strömungen in der Literatur, welche die Herausbildung autonomer Bereichsordnungen, also vom staatlichen Rechtsanerkennungsmonopol grundsätzlich und in jeglicher Hinsicht unabhängige Rechtssysteme im Sport erkennen wollen, mit der Rechtsrealität nicht zu vereinbaren sind.154 Eine unmittelbare Verbindlichkeit des WADC im Sinne einer selbstgeschaffenen Rechtsordnung mit Geltungsanspruch jenseits des Staates war zudem von den am Normsetzungsprozess beteiligten Parteien von Beginn an nicht intendiert worden.155 Dies zeigt sich zum einen an der Differenzierung im WADC zwischen den Normadressaten, also den privatrechtlich organisierten Sportverbänden auf der einen Seite und den öffentlichen Akteuren respektive nationalen Regierungen auf der anderen Seite.156 Zum anderen gilt es in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die WADA und der von ihr erzeugte WADC nicht als ein geschlossenes, autonomes Rechtssystem im Sinne des post-etatistischen Verständnisses von transnationalem Recht konzipiert worden ist.157 Die hybride Architektur der WADA zielt vielmehr auf eine pragmatische Kombination privater und staatlicher Instrumente ab, um die globalen Herausforderungen der Dopingregulierung zu bewältigen.158 153  Vgl.

zu dieser Einordnung Adolphsen, der den WADC „als eine Art Modellgesetz für nationale Regierungen“ qualifiziert, Adolphsen, Das Dopingproblem als Gegenstand selbstregulativer Ordnung des Sports?, in: Höfling/Horst (Hrsg.), Doping warum nicht? Ein interdisziplinäres Gespräch, 2010, S.  57–67, 62. 154  Spätestens mit dem Bosman-Urteil aus dem Jahr 1995 hat sich der EuGH dahingehend deutlich positioniert, dass er einen autonomen Raum des Sports nicht anerkennt; siehe vertiefend zu den Auswirkungen des Bosman-Urteils Schleiter, Globalisierung im Sport, 2009, S.  99 und Quirling, Die Nach-Bosman-Ära, 2005, S.  32 ff.; zur diesbezüglichen Debatte im deutschen Recht siehe statt vieler Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 9. Kapitel, Rn.  1081. 155  Vgl. zum institutionellen Aufbau der WADA und dem von der WADA initiierten Normsetzungsprozess des WADC Kapitel 3 A. 156  Vgl. Art.  22 WADC zur Beteiligung der Regierungen an der Umsetzung des Codes. 157  Vgl. zum post-etatistischen Verständnis von transnationalem Recht Kapitel 1 C. II. 2.; der CAS zieht zur Begründung des vertraglichen Charakters des WADC den einleitenden Kommentar des dritten Teils des WADC heran. Dort heißt es unter der Überschrift „Roles and Responsibilities“: „All signatories shall act in a spirit of partnership and collaboration in order to ensure the success of the fight against doping in sport and the respect of the code.“, vgl. dazu: CAS 2011/O/2422, USOC v. IOC, vom 04. Oktober 2011, Rn.  45, Fn.  8. 158  Schließlich mangelt es den Begründungsansätzen, welche den internationalen Sportverbänden und in diesem Zusammenhang auch der WADA Völkerrechtssubjektivität und damit auch eine originäre Rechtsetzungsautonomie zugestehen wollen, wie oben bereits festgestellt, an einer haltbaren dogmatischen Argumentation für diese These; siehe dazu Schmidt, Internati-

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Wie sich die vorgenommene privatrechtliche Einordnung des WADC auf dessen Umsetzung auswirkt, soll im Folgenden näher erörtert werden. Dabei wird dem heterogenen Adressatenkreis des WADC Rechnung getragen und hinsichtlich der Wirkungserstreckung des Codes eine Zweiteilung vorgenommen: In einem ersten Schritt soll der multilaterale Rechtsrahmen, in den der WADC eingebettet ist, herausgearbeitet und dabei insbesondere die völkerrechtliche Ummantelung des WADC durch das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport aus dem Jahr 2005 in den Fokus der Auseinandersetzung gerückt werden. In einem zweiten Schritt folgt dann die Analyse der konkreten Umsetzungsmechanismen zur Wirkungserstreckung des WADC gegenüber den internationalen Verbänden, den auf der Pyramide nachgeordneten Vereinen und schließlich gegenüber den einzelnen Athleten. II. Die Umsetzung des WADC 1. Der multilaterale Rechtrahmen Dem Normsetzungsprozess des WADC lag die Prämisse zugrunde, dass das Dopingproblem im Sport nur wirksam gelöst werden könne, wenn die privatrechtlich organisierten Sportverbände eine kooperative Zusammenarbeit mit nationalen Regierungen eingehen. Die globale Dopingregulierung baut dementsprechend auf ein System privater und öffentlich-rechtlicher Steuerung auf, die sich im Idealfall ergänzt.159 Die WADA agiert innerhalb dieses Systems als transnationaler Norm- bzw. Standardsetzer.160 Das bei der Gründung der WADA ausgegebene Ziel, ein weltweit und für möglichst alle Sportarten einheitliches Anti-Doping-Regelwerk zu erzeugen, kann nur erreicht werden, wenn die im WADC normierten Bestimmungen auch verbindlich von allen Normadressaten des Codes umgesetzt werden.161 Die Herausforderung besteht zuallererst also darin, dem auf globaler Ebene verabschiedeten Code weltweit Geltung zu verschaffen. Die Wirkungserstreckung des Codes wird durch ein komplexes Zusammenwirken unterschiedlicher rechtlicher Instrumentarien erreicht: Es kommt zu einer onale Dopingbekämpfung, 2009, S.  89; Schleiter, Globalisierung im Sport, 2009, S.  79 ff. und Latty, La lex sportiva: Recherche sur le droit transnational, 2007, S.  624. 159 Vgl. Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  285 ff. und Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 03.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 084/14, Das Dopingkontrollsystem in Deutschland, Rechtlich regulative Grundlagen und Reformoptionen, S.  11. 160  Vgl. dazu bereits Kapitel 3 A. und Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 43. 161  Zu den Normadressaten siehe Art.  20 ff. WADC und Kapitel 3 A. II.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Verschränkung privatrechtlicher Normen, völkerrechtlicher Verträge und nationaler Gesetze.162 Über die explizite Ausgestaltung des Umsetzungsprozesses enthält der WADC keine detaillierten Angaben. In Artikel 23.2.1 WADC fordert der Code Unterzeichner und beteiligte nationale Regierungen lediglich rechtlich unbestimmt auf, die geltenden Vorschriften des Codes durch Strategien, Satzungen, Regeln oder Vorschriften gemäß ihrer Befugnisse und innerhalb ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche umzusetzen.163 Nationalen Regierungen ist es jedoch zumeist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, sich der Regelungshoheit einer privatrechtlich organisierten Stiftung wie der WADA zu unterwerfen bzw. einem nichtstaatlichen Regelwerk wie dem WADC beizutreten.164 Dieser Problematik, staatliche Verpflichtungen durch privatrechtliche Normen herzustellen, waren sich die am Normsetzungsprozess beteiligten Akteure bewusst.165 Aus diesem Grund wurden die am Normsetzungsprozess beteiligten Regierungen von der WADA nicht angehalten den WADC zu unterzeichnen, sondern stattdessen die auf der Konferenz von Kopenhagen im März 2003 erarbeitete Kopenhagener Erklärung.166 162  Vgl. zum multilateralen Rechtsrahmen auch Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 03.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 084/14, Das Dopingkontrollsystem in Deutschland, Rechtlich regulative Grundlagen und Reformoptionen, S.  7 ff; Orator zufolge agiert die WADA „im Spannungsfeld von privatrechtlicher Grundlegung, völkerrechtlicher Ummantelung, und innerstaatlicher Umsetzung“, Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39– 52, 40; siehe dazu auch die Ausführungen zur Transnationalisierung des Rechts in Kapitel 1 C. 163  Vgl. Art.  23.2.1 WADC. 164  Vgl. dazu Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  86 und Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  164 ff; zur Zulässigkeit respektive den engen Grenzen gesetzlicher Verweisungen auf die Regelwerke privater Normsetzer siehe BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1988 – 2 BvL 26/84 – BVerfGE 78, 32, 35 und den Orientierungssatz (zit. nach juris): „Dynamische Verweisungen, bei denen der Inhalt der in Bezug genommenen Vorschrift der Entscheidung Dritter überlassen ist, sind nur eingeschränkt in dem durch die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Bundesstaatlichkeit gezogenen Rahmen zulässig, wobei grundrechtliche Gesetzesvorbehalte diesen Rahmen zusätzlich einengen können.“ 165  Vgl. dazu Kommentar Art.  22 WADC: „Most governments cannot be parties to, or be bound by, private non-governmental instruments such as the Code. For that reason, governments are not asked to be Signatories to the Code but rather to sign the Copenhagen Declaration and ratify, accept, approve or accede to the UNESCO Convention. Although the acceptance mechanisms may be different, the effort to combat doping through the coordinated and harmonized program reflected in the Code is very much a joint effort between the sport movement and governments. This Article sets forth what the Signatories clearly expect from governments. However, these are simply „expectations“ since governments are only „obligated“ to adhere to the requirements of the UNESCO Convention.“ 166  Siehe zur Kopenhagener Erklärung bereits Kapitel 3 A. II. 4.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Mit der Unterzeichnung der Kopenhagener Erklärung signalisierten die am Prozess beteiligten Nationalstaaten den internationalen Sportverbänden zunächst ihre grundsätzliche Unterstützung im Kampf gegen Doping und erklärten ihre Bereitschaft zu weiteren Schritten für eine international abgestimmte Dopingregulierung auf der Ebene des Völkerrechts.167 Dieser koordinierte zwischenstaatliche Prozess resultierte schließlich im Jahr 2005 in der Verabschiedung der UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport.168 Das maßgeblich aus der Erklärung von Kopenhagen hervorgegangene UNESCO-Übereinkommen zielt zum einen darauf ab, den Kampf gegen Doping im Sport auf der zwischenstaatlichen Ebene zu koordinieren und die Verpflichtungen der Regierungen innerhalb der Dopingregulierung völkerrechtlich verbindlich festzulegen.169 Zum anderen wurde mit dem Übereinkommen die Absicht verfolgt, Teile des WADC in den Rang des Völkerrechts zu erheben.170 Die Staaten sind mithin nicht Unterzeichner des WADC, sondern haben mit der UNESCO-Konvention gegen Doping einen explizit auf den WADC, respektive das WADP der WADA, Bezug nehmenden völkerrechtlichen Vertrag geschlossen.171 Es kommt somit zu einer völkerrechtlichen Ummantelung des privatrechtlich ausgestalteten WADC.172 Wie 167 Ebd.

168  Vgl. zum Ratifikationsprozess der UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport in Deutschland bereits Kapitel 3 B. II. 2.; siehe dazu auch Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  9; mittlerweile (Stand: Dezember 2020) sind dem Übereinkommen 189 Staaten beigetreten. Von den Mitgliedsstaaten der UNESCO sind lediglich sechs Staaten dem Übereinkommen noch nicht beigetreten: Afghanistan, Guinea-Bissau, Libanon, Niue, Sao Tome und Principe und Südsudan; zum aktuellen Stand der Ratifikation: UNESCO, International Convention against Doping in Sport, 19.10.2005, ; zum Ausarbeitungsprozess des Übereinkommens und seinen Bezügen zum Europaratsabkommen gegen Doping im Sport aus dem Jahr 1989 im Detail siehe Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  73 ff. und Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  275 ff. 169  Siehe dazu die Präambel des UNESCO-Übereinkommens gegen Doping im Sport; zu den Zielen des Übereinkommens im Einzelnen siehe auch Senkel, Wirksamkeitschancen des „Anti-Doping-Rechts“, 2014, S.  195 ff.; im Folgenden soll der Fokus auf das Verhältnis zwischen der Konvention und dem WADC gelegt werden. 170 Vgl. Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  88 ff.; siehe vertiefend zu den Schwierigkeiten die verschiedenen Regulierungsebenen in Einklang zu bringen auch Nehme/ Ordway, Governance and Anti-Doping: Beyond the Fox and the Hen House, in: Haas/Healey (Hrsg.), Doping in Sport and the Law, 2016, S.  207–231. 171  In der UNESCO-Konvention heißt es dazu in der Präambel: „Bearing in mind the World Anti-Doping Code adopted by the World Anti-Doping Agency at the World Conference on Doping in Sport, Copenhagen, 5 March 2003, and the Copenhagen Declaration on Anti-Doping in Sport.“ 172  Vgl. dazu auch Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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diese Konstruktion konkret funktioniert, soll in der Folge näher untersucht werden. 2. Das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport 2005 Nach einführenden Bestimmungen und Begriffsdefinitionen verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten in Art.  3 a) des Übereinkommens auf nationaler und internationaler Ebene, angemessene Maßnahmen zur Regulierung des Dopingproblems zu ergreifen, die mit den Grundsätzen des WADC vereinbar sind.173 Insbesondere Art.  4 des Übereinkommens beschäftigt sich explizit mit der Frage des Verhältnisses zwischen der UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport und dem WADC. Gemäß Art.  4 Abs.  1 S.  1 der Konvention verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Grundsätze des WADC als Grundlage für die im Übereinkommen vorgesehenen Maßnahmen zur Koordinierung der internationalen Dopingbekämpfung anzuerkennen.174 Art.  4 Abs.  2 konkretisiert daran anschließend das Verhältnis zwischen WADC und dem Übereinkommen dahingehend, dass der Code selbst nicht zum Bestandteil des Übereinkommens wird.175 Gemäß Art.  4 Abs.  2 des Übereinkommens ist der WADC und die dem Übereinkommen ebenfalls als Anhang angefügten International Standards für Labore und Doping-Kontrollen lediglich zu Informationszwecken aufgeführt und soll explizit keine völkerrechtlich bindenden Verpflichtungen hervorrufen.176 Dahingegen sind die Anlagen des Übereinkommens, die sich auf die Verbotsliste der WADA und die International Standards zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zur therapeutischen Anwendung von verbotenen Substanzen beziehen, gemäß Art.  4 Abs.  3 expliziter Bestandteil des Übereinkommens und somit völkerrechtlich verbindlich.177

Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 44 ff. 173  Vgl. Art.  3 a) UNESCO-Übereinkommen. 174  Schmidt erklärt sich die an dieser Stelle bewusst unbestimmt gehaltene Formulierung durch die bis dahin unbekannte Verknüpfung eines völkerrechtlichen Instruments mit privatrechtlich gesetzten Normen, vgl. Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  86. 175  Vgl. Art.  4 Abs.  2 UNESCO-Übereinkommen. 176  Vgl. Art 4 Abs.  2 UNESCO-Übereinkommen; zu den International Standards siehe Kapitel 3 A. III. 2. 177  Vgl. Art.  4 Abs.  3 UNESCO-Übereinkommen; erklären lässt sich die Differenzierung an dieser Stelle damit, dass sich sowohl die Verbotsliste der WADA als auch die International Standards zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen auf die Dopingdefinition der WADA beziehen, welche seit Inkrafttreten des Übereinkommens auch für die Vertragsstaaten verbindlich ist; siehe dazu Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  88 und Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Do-

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Über Art.  4 des Übereinkommens hinaus finden sich weitere Passagen in denen ausdrücklich auf den WADC Bezug genommen wird. So gleichen sich die Formulierungen in Bezug auf die Begriffsbestimmungen,178 die Ziele der Anti-Doping Forschung179 und hinsichtlich der Regelungen über die Aktivitäten im Erziehungs- und Schulungsbereich.180 Überdies verpflichtet das Übereinkommen in Art.  11 c) die Vertragsstaaten dazu, Sportorganisationen oder Anti-Doping-Organisationen, die gegen den WADC oder gegen in Übereinstimmung mit dem WADC beschlossene Anti-Doping-Regeln verstoßen, die finanzielle oder anderweitige sportbezogene Unterstützung teilweise oder ganz zu verweigern.181 Zudem bezieht sich Art.  12 a) des Übereinkommens explizit auf den WADC, indem dieser die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, die Durchführung von Dopingkontrollen entsprechend den Vorgaben des Codes zu fördern und zu erleichtern.182 Schließlich verpflichten sich die Vertragsstaaten in Art.  16 g) des Übereinkommens, die auf der Grundlage des WADC vereinbarten Dopingkontrollverfahren und Methoden zur Bearbeitung der Ergebnisse einschließlich der entsprechenden Sportsanktionen aller Anti-Doping-Organisationen anzuerkennen.183 Es lässt sich demzufolge festhalten, dass solche Regelungen des WADC, die auch für staatliche Maßnahmen im Bereich der Dopingregulierung ihre Bedeutung entfalten sollen, durch das UNESCO-Übereinkommen zu verbindlichem Völkerrecht geworden sind, insbesondere auf dem Feld der Prävention, der Forschung aber auch der Repression.184 Das UNESCO-Übereinkommen integriert insofern Teilbereiche des WADC und wandelt die entsprechenden Abschnitte des ping-Agentur, in: Balthasar/Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 46. 178  Vgl. Art.  2 Abs.  2 Nr.  2 UNESCO-Übereinkommen und die Definitionen in Anhang 1 des WADC. 179  Vgl. Art.  25 UNESCO-Übereinkommen und Art.  19.4, 19.5 und 19.6 des WADC. 180  Vgl. Art.  19 UNESCO-Übereinkommen und Art.  18 WADC. 181  Vgl. Art.11 c) UNESCO-Übereinkommen. 182  Vgl. Art.  12 a) UNESCO-Übereinkommen. 183  Vgl. Art.  16 g) UNESCO-Übereinkommen; Gegenüberstellung der Normen aus dem UNESCO-Übereinkommen mit den Normen des WADC nach Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  87 ff. 184  Vgl. dazu auch nochmal Schmidt, Internationale Dopingbekämpfung, 2009, S.  88 und die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, die in diesem Zusammenhang nochmal hervorhebt, dass die Sanktionsgewalt gegenüber Dopingsündern nach dem ­UNESCO-Übereinkommen grundsätzlich bei den Sportorganisationen verbleibt und der Schwerpunkt der staatlichen Verantwortung im Bereich der finanziellen, aufklärerischen und pädagogischen Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Doping liegt, Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  6 m. w. N.; zur Durchsetzung des WADC siehe II. in diesem Kapitel.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Codes von privat gesetztem Recht in völkerrechtlich verbindliches Vertragsrecht um.185 Grundsätzlich bleibt der WADC aber auch durch das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport privates – dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Verständnis folgend – transnationales (Sport-)Recht, welches mithin keine unmittelbare Anwendung gegenüber den Unterzeichnern der Erklärung von Kopenhagen und den nationalen und internationalen Sportverbänden findet. Um die angestrebte Bindungswirkung des WADC gegenüber den internationalen Sportverbänden, nachgeordneten Vereinen und Sportlern zu erreichen, bedarf es demnach anderer nationaler privatrechtlicher Instrumente.186 3. Das deutsche Gesetz gegen Doping im Sport Bevor der aus einer Kombination satzungsrechtlicher und vertragsrechtlicher Instrumente resultierende Bindungsmechanismus des WADC im Einzelnen analysiert wird, soll an dieser Stelle, ein Blick auf das deutsche Gesetz gegen Doping im Sport (Anti-Doping-Gesetz – AntiDopG) geworfen werden, um den multilateralen Regulierungsansatz der Doping-Bekämpfung aus deutscher Perspektive abzubilden.187 Die Vertragsstaaten des UNESCO-Übereinkommens gegen Doping im Sport verpflichten sich in Art.  3 a) des Übereinkommens, auch auf nationaler Ebene angemessene Maßnahmen zu ergreifen, die mit den Grundsätzen des WADC vereinbar sind.188 Dieser Verpflichtung ist der deutsche Gesetzgeber nachgekommen, in dem er am 10. Dezember 2015 das AntiDopG verabschiedet hat.189 Das AntiDopG ersetzt die bisher im Arzneimittelgesetz geregelten Bestimmungen im 185  Adolphsen spricht in diesem Zusammenhang von der „Effektuierung“ privater Regeln durch einen völkerrechtlichen Vertrag, vgl. Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 9. Kapitel, Rn.  1003; Orator beschreibt diese Konstruktion als völkerrechtliche „Ummantelung“ des privatrechtlichen WADC, vgl. Orator, Die hybride Natur internationaler Verwaltungseinrichtungen am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur, in: Balthasar/ Cornu (Hrsg.), Internationaler Sport: Eine rechtliche Herausforderung für Verwaltung und Gerichtsbarkeit?, 2015, S.  39–52, 46; vgl. dazu auch Viret, Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law, 2016, S.  15. 186 Vgl. Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007, S.  395– 411, 406 ff. und Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, S.  202 ff. 187 Gesetz gegen Doping im Sport (Anti-Doping-Gesetz – AntiDopG), BGBl. 2015 I, S.  2210. 188  Vgl. Art.  3 a) UNESCO-Übereinkommen. 189  Für ein erstes Zwischenfazit zur Wirkung des AntiDopG siehe Deutscher Bundestag, Ein Jahr-Anti-Doping-Gesetz, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Mutlu, Künast, Lazar und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestag Drucksache 18/11033, 13.02.2017 und die Stellungnahme der Interessenvertretung der Deut-

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Umgang mit Dopingmitteln für den Bereich des Sports und soll gerade im Hinblick auf den Leistungssport dem Schutz des fairen Wettbewerbs dienen und die Verzahnung von innersportlicher und staatlicher Kontrolle des Dopings verbessern.190 Nach jahrelanger Diskussion über das Für und Wider der strafrechtlichen Ahndung von Dopingverstößen kann nach der Verabschiedung des AntiDopG nicht nur derjenige, der Dopingmittel und Methoden in den Verkehr bringt, sondern auch der dopende Sportler selbst strafrechtlich verfolgt und sanktioniert werden.191 Das AntiDopG stellt mithin eine ergänzende und nachgelagerte staatliche Sanktionsmöglichkeit zu den von den Sportverbänden aufgrund eines Dopingverstoßes auf Grundlage des WADC ausgesprochenen verbandsrechtlichen Sperren und Strafen dar.192 Das AntiDopG ist grundsätzlich als eigenständiges nationales Regelwerk auf dem Gebiet des Strafrechts zu begreifen und bezieht sich, anders als das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport, nicht direkt auf den von der WADA ausgearbeiteten WADC.193 In dem in §  2 Abs.  1 AntiDopG normierten Dopingverbot verweist das Gesetz allerdings auf die in der Anlage I des UNESCO-Übereinkommens angeführte Verbotsliste.194 Bei der Verbotsliste des UNESCO-Übereinkommens handelt es sich wiederum, wie oben bereits dargestellt, um die Übernahme der von der WADA herausgegebenen Verbotsliste, so schen-Kaderathleten, Athleten Deutschland e.V., Anhörung des Sportausschusses zu dem Thema Änderungs- und Ergänzungsbedarfe im Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG), 23.10.2019. 190 Vgl. Rössner, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, Vor §§  1 ff., Rn.  17 und Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz, 2017, S.  36 ff; eine gute Übersicht zu den nationalen Anti-Doping Gesetzen im internationalen Vergleich bietet wiederum die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich. 191 Vgl. dazu Lehner/Nolte/Putzke, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, Vorwort; zur strafrechtlichen Ahndung von Doping siehe neben Chrobok, Zur Strafbarkeit nach dem Anti-Doping-Gesetz auch die Monografie von Eising, Die Strafbarkeit des Eigendopings, 2018 und rechtsvergleichend Schulz, Doping als strafbare Gesundheitsgefährdung. Ein Vergleich zwischen Deutschland, Österreich und Australien, 2016. 192  Vgl. dazu auch die zweiteilige Aufsatzreihe in der SpuRt: Meier, Die Haftung von Sportlern für Doping-Vergehen unter dem Anti-DopG, SpuRt 2016, S.  182–187 und ders., Die Haftung von Sportlern für Doping-Vergehen unter dem AntiDopG, SpuRt 2016, S.  250–255. 193  Mit einer Ausnahme: §  11 AntiDopG enthält eine allgemeine Regelung zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Schiedsvereinbarungen zwischen Athlet und Verband mit denen die Vorgaben des WADC der WADA umgesetzt werden sollen, vgl. dazu Lehner, in: Lehner/Nolte/ Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, §  11, Rn.  1 ff. und die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Wirksamkeit fremdbestimmter Schiedsvereinbarungen im Sport unter D. III. in diesem Kapitel. 194  Zur Verbotsliste siehe Art.  4 WADC und ihre nationale Umsetzung Art.  4 NADC.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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dass schließlich doch ein zumindest mittelbarer Bezug zwischen AntiDopG und WADC hergestellt wird.195 Der Interaktionsprozess zwischen privaten Regelwerken und staatlichen Rechtsordnungen ist deutlich zu erkennen. Der durch diesen Prozess entstehende institutionelle Rahmen entfaltet konkrete Wechselwirkungen zwischen der staatlichen und privaten Regulierungsebene und leistet damit einen konkreten Beitrag zur weltweiten Vereinheitlichung der verbotenen Dopingmittel und -methoden.196 Eine unmittelbare Bindungswirkung des WADC gegenüber den deutschen Sportverbänden und Sportlern begründet das AntiDopG dahingegen nicht. 4. Bindungswirkung des WADC Die Bindungswirkung des WADC gegenüber den internationalen Sportverbänden, nachgeordneten Vereinen und Sportlern wird durch eine Kombination satzungsrechtlicher und vertragsrechtlicher Instrumentarien hergestellt.197 Eine Mitgliedschaft in der WADA ist grundsätzlich nicht vorgesehen.198 Gemäß Art.  23.1.1 des WADC nehmen neben der WADA die folgenden Einrichtungen den Code als Unterzeichner unmittelbar an: Das IOC, die internationalen Sportfachverbände, das Internationale Paralympische Komitee, die NOKs, die Nationalen Paralympischen Komitees, die Veranstalter von großen Sportwettkämpfen und die Nationalen Anti-Doping-Organisationen (NADOs). Diese Organisationen erkennen den WADC durch Unterzeichnung einer Annahmeerklärung an, nach der Genehmigung durch ihre jeweiligen leitenden Organe.199 Der WADC wurde mittlerweile auf diese Weise von nahezu allen internationalen Sportverbänden angenommen.200 Mit der Unterzeichnung der Annahmeer195  Vgl. dazu auch Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, §  2, Rn.  22 ff. 196  Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf den in Art.  103 GG normierten Bestimmtheitsgrundsatz in Bezug auf die Verweisung des §  2 Abs.  1 AntiDopG auf die Anlage I des UNESCO-Übereinkommens, siehe Striegel, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, §  2, Rn.  23. 197  An dieser Stelle werden die Parallelen zur bereits dargestellten Wirkungserstreckung der Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände besonders deutlich, vgl. dazu Kapitel 2 C. II. 198  Vgl. Art.  4 Nr.  1 Stiftungsstatut WADA, der eine Kooperation der WADA mit den internationalen Sportverbänden, aber keine Mitgliedschaft dieser in der WADA vorsieht; vgl. zu den Mitgliedschaftsverhältnissen in Bezug auf die übergeordneten internationalen Fachverbände Kapitel 2 C. II. 199  Vgl. Art.  23.1.1 WADC; die Geltungsgrundlage des WADC basiert damit also auf der „Zustimmung der Betroffenen im Rahmen gesetzlich eröffneter Freiräume“, Röthel, Lex Mercatoria, lex sportiva, lex technica – Private Rechtsetzung jenseits des Nationalstaates?, JZ 2007, S.  755–763, 757. 200  Nach derzeitigem Stand (Dezember 2020) haben sich mehr als 660 Sportorganisationen

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

klärung verpflichten sich die internationalen Sportverbände und Organisationen dazu, den WADC in ihre Satzungen zu integrieren.201 Der WADC bindet dementsprechend zunächst nur seine Unterzeichner und entfaltet keine unmittelbare Wirkung gegenüber den in der Pyramide nachgeordneten nationalen Fachverbänden, Vereinen und den einzelnen Athleten. Um eine solche Bindungswirkung herzustellen, bedarf der WADC entweder der Verankerung in den Satzungen der auf der Pyramide nachgeordneten Verbände und Vereine bzw. der direkten rechtsgeschäftlichen Unterwerfung der Vereine und nicht mitgliedschaftlich organisierten Sportler, die Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wirkungserstreckung privatrechtlich ausgestalteter Verbandsregelwerke aus Kapitel 2 wieder aufgreifend.202 Aufgrund der Schwierigkeiten, die bei dem Versuch der lückenlosen satzungsrechtlichen Wirkungserstreckung auftreten können, hat sich auch im Rahmen der Dopingregulierung ein System etabliert, welches satzungsrechtliche und rechtsgeschäftliche Instrumente miteinander kombiniert. Gesteuert und überwacht wird dieses System auf nationaler Ebene maßgeblich von den NADOs.203 5. Die Umsetzung des WADC durch die NADOs Die Umsetzung des WADC und damit auch seine Wirkungserstreckung gegenüber den nationalen Sportverbänden, nachgeordneten Vereinen und Sportlern liegt maßgeblich im Verantwortungsbereich der NADOs.204 Diese sind nach der durch Unterzeichnung dem Code unterworfen; für eine Auflistung aller Unterzeichner des WADC siehe WADA, Code Signatories, . 201  Art.  23.2.2 des WADC beinhaltet die für alle Unterzeichner zwingend umzusetzenden Vorgaben des WADC. 202  Viret, Evidence in Anti-Doping at the Intersection of Science and Law, 2016, S.  14 ff. 203  Vgl. instruktiv zur Gründung der NADOs: Skille/Hanstand/Tjernsbekk, The Institutionalization of National Anti-Doping Work After the Introduction of the World Anti-Doping-Code, International Journal of Applied Sports Sciences 23 (2011), S.  441–446 und speziell zur Deutschen Nationalen-Anti-Doping-Agentur Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 9. Kapitel, Rn.  1015 ff. und Krüger/Nielsen, Die Entstehung der Nationalen Anti-Doping Agentur in Deutschland (NADA) im Kontext der Gründung der Welt Anti-Doping Agentur (WADA), Sport und Gesellschaft 10 (2013), S.  55–94. 204  Siehe vertiefend zum Aufgabenspektrum der NADOs die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich; Die NADOs unterscheiden sich in ihrer Organisationsform von Staat zu Staat zum Teil erheblich: In Frankreich ist die NADO als staatliche Behörde öffentlich-rechtlich ausgestaltet, wohingegen in Deutschland und den Niederlanden die NADOs in der Rechtsform einer privatrechtlichen Stiftung organisiert sind, vgl. Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  14.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Gründung der WADA in nahezu allen Ländern eingerichtet worden und haben sich durch die Unterzeichnung des WADC ebenfalls dem Code rechtsgeschäftlich unterworfen.205 Kernaufgabe der NADOs ist die Umsetzung eines einheitlichen und zentralisierten Dopingkontrollsystems auf nationaler Ebene durch die Durchführung von Dopingkontrollen auf der Grundlage der International Standards des WADC.206 Im Folgenden soll die Umsetzung des WADC durch die Deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) exemplarisch dargestellt werden: Die NADA wurde am 15. Juli 2002 als selbstständige privatrechtliche Stiftung in Bonn gegründet und steht damit ebenfalls wie die WADA außerhalb der oben beschriebenen Verbandspyramiden.207 Die NADA setzt den WADC und die praxisrelevanten International Standards in ihrer jeweils aktuellen Fassung in einen Nationalen Anti-Doping Code (NADC) um.208 Die Umsetzung des WADC in einen NADC erfolgt dabei durch die Übernahme der zwingenden Bestimmungen des WADC und die Anpassung der optionalen Vorgaben an die gewachsenen Strukturen des deutschen Sports und an die deutsche Rechtordnung.209 In einem nächsten Schritt schließt die NADA vertragliche Vereinbarungen mit den nationalen Fachverbänden, sogenannte Trainingskontrollvereinbarungen, in denen diese den NADC für verbindlich erklären und sich darüber hinaus verpflichten, den NADC in ihre eigenen Regelwerke zu integrieren bzw. ihre eigenen Regelwerke an den NADC anzupassen.210 205 

Zu den Aufgaben und Zuständigkeiten der NADOs im Einzelnen siehe Art.  20.5 WADC. Vgl. Art.  20.5 WADC; trotz zahlreicher Initiativen und Kooperationsvereinbarungen zwischen den einzelnen nationalen NADOs seit der Gründung der WADA, fehlt es der Anti-Doping-Infrastruktur in zahlreichen Ländern und Regionen bis heute an den notwendigen Ressourcen um ein effektives Testsystem zu etablieren, vgl. dazu ebenfalls die die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  14 ff.; siehe zum Entwicklungsstand der Anti-Doping-Infrastruktur auch die „Reports on Compliance with the Anti-doping Convention“ des Europarats: Council of Europe Portal, Monitoring reports, . 207  Die NADA hat am 10. Dezember 2003 die erste Version des WADC angenommen und sich damit zur Umsetzung des WADC auf nationaler Ebene verpflichtet, Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 10. Kapitel, Rn.  1350; siehe zur Gründung, Finanzierung und Organisationsstruktur der NADA vertiefend auch Krüger/Nielsen, Die Entstehung der Nationalen Anti-Doping Agentur in Deutschland (NADA) im Kontext der Gründung der Welt Anti-Doping Agentur (WADA), Sport und Gesellschaft 10 (2013), S.  55–94. 208  Die aktuelle Fassung ist abrufbar unter: . 209 Vgl. dazu Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 9. Kapitel, Rn.  1018 und ders., in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 10. Kapitel, Rn.  1426 ff. 210  Vgl. dazu Art.  18.3 NADC: Die nationalen Sportfachverbände nehmen den NADC 206 

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Hinsichtlich der Implementierung des NADC bietet sich den nationalen Sportverbänden wiederum die Möglichkeit einer statischen oder einer dynamischen Satzungsverweisung – mit den in Kapitel 2 bereits dargestellten Vor- und Nachteilen.211 Die Bindung des einzelnen Sportlers an den NADC erfolgt, wie bereits für die Bindung an die Regelwerke der internationalen Sportverbände erörtert, durch rechtsgeschäftliche Unterwerfung im Rahmen einer Athletenvereinbarung, Wettkampfmeldung oder durch den Abschluss eines Arbeitsvertrags zwischen dem am Ligabetrieb teilnehmenden Verein und dem Sportler, wie im Profifußball üblich.212 Die Kombination satzungsrechtlicher und vertragsrechtlicher Elemente zur Bindung der Sportler an den WADC bzw. NADC in der Praxis soll abschließend für die olympische Bewegung und den deutschen Fußball exemplarisch nachgezeichnet werden. Das IOC, selbst Unterzeichner des WADC, erklärt in Art.  43 der Olympic Charta die Einhaltung des WADC für die gesamte olympische Bewegung (und damit also auch für die nationalen Sportfachverbände) für verbindlich und macht dessen Befolgung in Form der Satzungsverankerung zur Teilnahmevoraussetzung an den Olympischen Spielen.213 Die von den nationalen Sportverbänden für die Olympischen Spiele nominierten Athleten werden in einem zweiten Schritt vertraglich über entsprechende Athletenvereinbarungen an das die Anti-Doping-Bestimmungen enthaltende Reglement des IOC gebunden. So durch Zeichnung der Vereinbarung über die Organisation und Durchführung von Dopingkon­ trollen an. Sie setzen den NADC sowie zukünftige Änderungen unverzüglich nach deren Inkrafttreten um. Sie haben durch geeignete insbesondere rechtliche und organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass eine Anpassung ihrer entsprechenden Regelwerke an die geänderten Fassungen unverzüglich erfolgt und die ihnen angehörigen beziehungsweise nachgeordneten Verbände, Vereine, Athleten und sonstigen Beteiligten über die Änderungen informiert und daran gebunden werden. 211  Siehe dazu vertiefend Jakob, Umsetzung des neuen WADA-Codes auf nationaler Ebene durch einen Fachverband – aus der Praxis des DLV, SpuRt 2009, S.  51–53, Jakob erachtet in ihrem Aufsatz eine dynamische Verweisung in der Satzung eines Sportverbandes auf den NADC für rechtlich zulässig. 212 Vgl. Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 10. Kapitel, Rn.  1429 ff. und Orth, Vereins- und Verbandsstrafen am Beispiel des Fußballsports, 2009, S.  192 ff.; vgl. dazu auch bereits die Ausführungen zur Bindungswirkung des nationalen und internationalen Verbandsrechts in Kapitel 2 C. II. 213  Vgl. Art.  43 Olympic Charter (Stand: Juni 2020): „Compliance with the World Anti-Doping Code and the Olympic Movement Code on the Prevention of Manipulation of Competitions is mandatory for the whole Olympic Movement.“; siehe dazu auch Bye-law to Rule 44 Nr.  4 der Olympic Charta: „As a condition precedent to participation in the Olympic Games, every competitor shall comply with all the provisions of the Olympic Charter and the rules of the IF governing his sport. The NOC which enters the competitor is responsible for ensuring that such competitor is fully aware of and complies with the Olympic Charter and the World Anti-Doping Code.“

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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beinhaltete die von allen Athleten der deutschen Olympiamannschaft als Voraussetzung für ihre Nominierung verpflichtend zu unterzeichnende Athletenvereinbarung des DOSB für die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro 2016 das Einverständnis eines jeden Sportlers mit der Geltung des WADC, des NADC sowie des nationalen AntiDopG.214 Für den deutschen Fußball beansprucht der DFB in §  6 Nr.  2 c seiner Satzung die Zuständigkeit zur Regelung der Durchführung von Dopingkontrollen auf der Grundlage der Reglemente von WADA, NADA, FIFA und UEFA sowie den Anti-Doping-Richtlinien des DFB.215 Der Ligaverband, in dem sich die 36 lizensierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Bundesliga und 2. Bundesliga zusammengeschlossen haben, ist als ordentliches Mitglied des DFB ebenfalls der Satzung des DFB unterworfen.216 Der Ligaverband verpflichtet sich in seiner Satzung in §  4 Nr.  1 lit.  h), das Dopingverbot zu beachten und entsprechend den vom DFB erlassenen Bestimmungen durchzusetzen.217 Diese satzungsrechtliche Verankerung der Anti-Doping-Bestimmungen werden ergänzt durch eine rechtsgeschäftlich ausgestaltete Vereinbarung zwischen Ligaverband und den teilnehmenden Mannschaften, dem sogenannten Lizenzvertrag.218 Die Verbindlichkeit der Anti-Doping-Regelwerke für den einzelnen Lizenzspieler erfolgt schließlich über entsprechende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag.219 6. Festzuhaltendes Der WADC ist trotz der institutionellen Beteiligung staatlicher Akteure am Normsetzungsprozess als ein privatrechtliches Rahmenregelwerk zu qualifizieren, wel214  Die Athletenvereinbarung des DOSB für die Olympischen Sommerspiele in Rio De Janeiro 2016 ist abrufbar unter: DOSB, Athletenvereinbarung, 12.04.2016, . 215  Die Satzungen und Ordnungen des DFB sind abrufbar unter: DFB, Satzung & Ordnung, ; siehe zu diesem Beispiel auch Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  297 ff. 216  Zu den Mitgliedschaftsverhältnissen im Fußball siehe bereits Kapitel 2 C. und Orth, Vereins- und Verbandsstrafen am Beispiel des Fußballsports, 2009, S.  42 ff. 217  Vgl. DFB, Satzung Die Liga – Fußballverband e.V. (Ligaverband), . 218  Vgl. dazu §  1 Lizenzvertrag DFL, Musterlizenzvertrag abrufbar unter: DFL-Statuten: Satzungen von DFL e.V. und DFL GmbH, und §  17 Nr.  2 lit.  e) der Satzung der DFL, welcher die Zuständigkeit des Vorstands der DFL zum Abschluss eines Lizenzvertrages mit den am Ligabetrieb teilnehmenden Vereinen und Kapitalgesellschaften bestimmt. 219 Vgl. Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  297 und zur Organisationsstruktur im Fußball siehe Kapitel 2 C.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

ches lediglich gegenüber seinen Unterzeichnern unmittelbare Anwendung findet. Die Wirkungserstreckung des WADC gegenüber seinem heterogenen Adressatenkreis wird durch die Einbettung des Regelwerks in einen multilateralen Rechtsrahmen sichergestellt, der mehrere Ebenen und Regulierungsstrukturen miteinander verbindet. Eine herausgehobene Stellung innerhalb dieses Rechtsrahmens nimmt das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport ein, welches Teile des WADC in völkerrechtlich verbindliches Vertragsrecht transformiert.220 Darüber hinaus ist seit der Verabschiedung des AntiDopG in Deutschland eine den Verbandsstrafen nachgelagerte, strafrechtliche Sanktionsmöglichkeit unerlaubter Dopingpraktiken geschaffen worden, die flankierend neben die Regeln des WADC tritt. Eine über die Gruppe der Unterzeichner des WADC hinausgehende Bindungswirkung gegenüber den nachgeordneten Vereinen und Sportlern entfaltet der Code über die Errichtung der NADOs. Diese setzen den WADC in nationale Anti-Doping-Regelwerke um und führen Dopingkontrollen auf Grundlage der mit den nationalen Sportverbänden rechtsgeschäftlich abgeschlossenen Trainingskontrollvereinbarungen durch.221 Eine direkte Wirkungserstreckung des auf dem WADC beruhenden NADC wird schließlich, parallel zur Wirkungserstreckung der Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände verlaufend, über die Kombination satzungsrechtlicher und vertragsrechtlicher Instrumente hergestellt. III. Die Durchsetzung des WADC 1. Einführung Nachdem der Fokus auf der Wirkungserstreckung des WADC gegenüber seinem heterogenen Adressatenkreis und der Implementierung des WADC in den multilateralen Rechtsrahmen der globalen Dopingregulierung lag, stehen im Folgenden die den Verbänden und staatlichen Akteuren zur Verfügung stehenden konkreten Durchsetzungsinstrumente im Falle eines Verstoßes gegen die im WADC aufgeführten Dopingtatbestände im Mittelpunkt. Insbesondere die eingangs der Arbeit bereits geschilderten Ereignisse im Vorfeld bzw. während der Olympischen Spiele in Sotschi 2014 erfordern eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Durchsetzungsmechanismen des WADC. Die durch die Enthüllungen des 220  Siehe dazu nochmal Adolphsen, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, in: Bumke/Röthel (Hrsg.), Privates Recht, 2012, S.  93–107, 93 ff. und Görtz, Anti-Doping-Maßnahmen im Hochleistungssport aus rechtlicher Sicht, 2012, S.  85. 221  Vgl. dazu auch Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  286.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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russischen Arztes Rodchenkov zutage getreten Dopingmanipulationen führen darüber hinaus zu der in der Rechtswissenschaft stetig wiederkehrenden Frage nach dem Grad der Diskrepanz zwischen den rechtsdogmatischen Vorgaben (des WADC), dem sogenannten „law in (the) books“, und der tatsächlich vollzogenen Rechtspraxis, dem sogenannten „law in action“.222 Die Durchsetzung des WADC wird dabei parallel zu seinem Erzeugungsprozess von einer Vielzahl an unterschiedlichen privaten und staatlichen Akteuren betrieben.223 Der Fokus soll zunächst auf der privaten Durchsetzung der Normen durch die Sportverbände und NADOs liegen, bevor in einem nächsten Schritt die sich in immer stärkerem Maße entwickelnden staatlich-privaten Kooperationsformen zur Durchsetzung der Vorgaben des WADC herausgearbeitet und nachvollzogen werden sollen.224 2. Eigenständige Durchsetzung des WADC durch die Sportverbände und NADOs Die internationalen und nationalen Sportverbände verfügen über eigenständige verbandsrechtlich ausgestaltete Disziplinarkommissionen und -gerichtsbarkeiten, die ihnen die Möglichkeit eröffnen, die im WADC normierten Anti-Doping-Bestimmungen eigenständig durchzusetzen ohne den Rückgriff auf staatliche Institutionen.225 Dieses den Sportbetrieb prägende System des primären Selbstvollzuges der Regelwerke durch die Sportverbände basiert im deutschen Recht auf der in Art.  9 GG verfassungsrechtlich verankerten und der in §§  21 ff. BGB einfachgesetzlich ausgestalteten Verbands- bzw. Vereinsautonomie.226 Die222  Diese Unterscheidung geht zurück auf den amerikanischen Rechtssoziologen Roscoe Pound, Pound, Law in Books and Law in Action, American Law Review 44 (1910), S.  12–36; zu dieser Unterscheidung im Kontext der Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen des WADC siehe Duval, The Russian doping scandal at the court of arbitration for sport: lessons for the world anti-doping system, ISLJ 16 (2017), S.  177–197, 196. 223  Eine detaillierte Übersicht über die Vielzahl der an der Durchsetzung der Anti-DopingBe­stimmungen beteiligten Akteure bietet der von der WADA publizierte Anti-Doping Rule Violations Report (Stand 2017), der Bericht ist abrufbar unter: WADA, Anti-Doping Rule Violations Report, . 224  Siehe dazu C. II. in diesem Kapitel. 225  Vgl. dazu auch Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  64 f. und Haas, Loslösung des organisierten Sports aus der Umklammerung des nationalen Rechts, SJZ 106 (2010), S.  585–593, 591; siehe rechtsvergleichend zur verbandsgerichtlichen Disziplinargerichtsbarkeit auch Krieger, Vereinsstrafen im deutschen, englischen, französischen und schweizerischen Recht, 2003; zur Unterscheidung zwischen einem Verbandsgericht und einem sogenannten „echten“ Schiedsgericht i. S. d. §§  1025 ff. ZPO siehe Kapitel 4 B. V. 226  Vgl. grundlegend zur Verbandsautonomie BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

se gewährleistet den privatrechtlich organisierten Sportverbänden neben dem Recht zur Selbstgesetzgebung auch die Befugnis, die in der Satzung geregelte Vereinsordnung im Falle der Zuwiderhandlung durch Sanktionen durchzusetzen gegenüber ihren Mitgliedern oder gegenüber solchen Personen, die die Vereinsordnungsgewalt durch Vertrag anerkannt haben.227 Zur Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen des WADC stellt der für die deutschen Sportverbände maßgebliche NADC unterschiedliche Sanktionsinstrumente zur Verfügung.228 Die Instrumente reichen von der Verhängung von Bußgeldern über die Annullierung von Wettkampfergebnissen bis hin zu mehrjährigen Sperren gegen Athleten.229 Im Folgenden soll das Verfahren zur Durchsetzung des NADC aus deutscher Perspektive nachvollzogen werden von der Probenahme bis zu den disziplinarrechtlichen Maßnahmen der NADA und den nationalen Sportverbänden auf Grundlage des NADC.230

11/94 – BGHZ 128, 93, 99; siehe dazu auch bereits die Ausführungen zum staatlichen Rahmen privater Selbstregulierung im Sport in Kapitel 2 B. 227 Vgl. Wagner, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  2880; siehe zur Wirkungserstreckung des WADC bzw. des NADC bereits C. I. in diesem Kapitel; die Rechtsnatur einer solchen Sanktion ist in der juristischen Literatur umstritten. Die Frage, ob es sich bei einer solchen Sanktion um eine Vertragsstrafe im Sinne der §§  339 BGB, eine Vereinsstrafe oder um eine besondere Art der klassischen Vereinsstrafe handelt, kann hier aber dahinstehen, da hinsichtlich des Umfangs der Überprüfung der Sanktion durch staatliche Gerichte in der Praxis kaum noch Unterschiede bestehen, vgl. Leuschner, in: MüKo-BGB, vor §  21, Rn.  209– 211 und ders., in: MüKo-BGB, vor §  25, Rn.  79–82; ein instruktiver Überblick zum Streitstand findet sich bei Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  30 ff und Lüer, Dopingstrafen im Sport und der Grundsatz „Ne bis in idem“, 2006, S.  42 ff; einer Überprüfung der Sanktion im Falle eines Verstoßes gegen den WADC durch staatliche Gerichte steht darüber hinaus in den Fällen, in denen wirksam eine Schiedsklausel vereinbart wurde, die Einrede des Schiedsvertrags gemäß §  1032 ZPO entgegen. 228  Der Sanktionskatalog des WADC gehört gemäß Art.  23.2.2 WADC zu den von den NADOs bei der Umsetzung des Codes zwingend zu übernehmenden Vorschriften und ist deshalb in WADC und NADC identisch ausgestaltet. 229  Der Sanktionskatalog für Verstöße von Einzelpersonen ist in Art.  10 NADC normiert; siehe dazu auch die nähere Auseinandersetzung mit dem Sanktionskatalog des NADC unter C. II. 2. a) bb) in diesem Kapitel. 230  Für einen Überblick über die Verfahren im internationalen Vergleich siehe die Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (mit jeweils unterschiedlichem Länderfokus): Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  17 ff. und Wissenschaftlicher Dienst Deutscher Bundestag, 19.04.2012, AZ WD 10 – 3000 – 015/12, Nationale-Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  13 ff.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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a) Die Dopingkontrolle gemäß Art.  5. NADC Neben den im weiteren Verlauf dieses Kapitels noch zu vertiefenden investigativen Vorfeldmaßnahmen und der bereits im Rahmen des AntiDopG angesprochenen nachgelagerten strafrechtlichen Ahndung von Dopingvergehen durch die nationalen Ermittlungsbehörden bleibt die Dopingkontrolle im Training und während des Wettkampfs das zentrale Instrument der NADA und der nationalen Sportverbände zur Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen des NADC.231 Die NADA ist gemäß Art.  5.2.1 NADC grundsätzlich zuständig für die Organisation und Durchführung von Trainingskontrollen und Dopingkontrollen innerhalb des Wettkampfs bei allen Athleten, die dem Anwendungsbereich des NADC unterliegen und ihre aktive Karriere nicht beendet haben.232 Neben der NADA sind gemäß Art.  5.2.2 NADC die WADA, der internationale Sportverband des Athleten und die Veranstalter großer Sportwettkämpfe ebenfalls berechtigt, Trainingskontrollen und Dopingkontrollen innerhalb des Wettkampfs zu organisieren und durchzuführen.233 Bei internationalen Wettkampfveranstaltungen werden die Dopingkontrollen gemäß Art.  5.2.3 NADC innerhalb des Wettkampfs an der Wettkampfstätte und während der Veranstaltungsdauer von dem jeweiligen internationalen Sportfachverband oder dem internationalen Veranstalter des Wettkampfes organisiert und durchgeführt, also beispielsweise durch das IOC im Rahmen der Olympischen Spiele oder durch den jeweiligen internationalen Sportfachverband für eine Weltmeisterschaft.234 Bei nationalen 231  Der NADC definiert in Anhang 1 – Begriffsbestimmungen den Zeitraum „innerhalb des Wettkampfes“ als Zeitraum von zwölf Stunden vor einem Wettkampf, für den ein Athlet aufgestellt ist, bis zum Ende dieses Wettkampfs und der Probenahme in Verbindung mit diesem Wettkampf. 232  Vgl. Art.  5.2.1 NADC; zur Wirkungserstreckung des NADC gegenüber den nationalen Sportverbänden und Athleten siehe C. I. 2. d) In diesem Kapitel. 233  Vgl. Art.  5.2.2 NADC; infolge der im NADC angelegten Mehrfachzuständigkeit kann es im Einzelfall zu Konkurrenzsituationen zwischen den kontrollbefugten Organisationen kommen. Mehrfachkontrollen sind gemäß Art.  5.4.3 WADC durch Absprachen zwischen den zuständigen Organisationen zu vermeiden; siehe dazu auch Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 10. Kapitel, Rn.  1445 ff. 234  Vgl. Art 5.2.3 NADC; um die Unabhängigkeit der Dopingkontrollen zu stärken wurde im Juli 2018 auf Initiative des IOC die International Testing Agency (ITA) gegründet. Die in Lausanne ansässige Stiftung schweizerischen Rechts soll in Zukunft eine größere Rolle im Rahmen der Durchsetzung des WADC übernehmen, indem sie den Einfluss der Sportverbände bei der Durchführung der Dopingkontrollen verringert. Von der Möglichkeit ihre Zuständigkeit für die Durchführung der Dopingkontrollen an die ITA zu übertragen hatten Ende 2019 bereits mehr als 40 internationale Sportverbände Gebrauch gemacht, vgl. dazu WADA, Compliance Annual Report der WADA, 26.03.2020, S.  19; siehe kritisch zur Gründung der ITA die Äußerungen des deutschen Doping-Experten Hajo Seppelt im Deutschlandfunk, vgl. Seppelt, Die ITA ist eine Nebelkerze, Deutschlandfunk, 15.07.2017.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Wettkampfveranstaltungen verbleibt die Organisation und Durchführung der Dopingkontrollen im Zuständigkeitsbereich der NADA. Die Durchführung der Dopingkontrollen richtet sich gemäß Art.  5.5.1 NADC nach dem International Standard for Testing and Investigations und seiner nationalen Entsprechung, dem Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen.235 Die entnommenen Proben werden anschließend ausschließlich in von der WADA anerkannten Laboren analysiert.236 An dieser Stelle des Verfahrens ist bereits deutlich zu erkennen, dass mit dem WADC zwar ein globaler Standard zur Dopingregulierung geschaffen wurde, doch neben seiner Umsetzung auch seine Durchsetzung in hohem Maße von der Kooperation der auf nationaler Ebene zuständigen Organisationen und Labore abhängig ist. Zwar haben sich die NADOs vertraglich zur Umsetzung und Durchsetzung des WADC gegenüber der WADA verpflichtet, doch zeigt das Beispiel der russischen Anti-Doping-Agentur (RUSADA), dass die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen zum einen von der WADA nicht immer ausreichend überprüft werden kann und zum anderen, dass die Gefahr besteht, dass die Anti-Doping-Bestimmungen der WADA durch nationale bzw. politisch motivierte Interventionen konterkariert werden.237 Ob die jeweils zuständige NADO ihren Verpflichtungen gerecht werden kann, hängt darüber hinaus aber auch von materiellen Fragen in Bezug auf die Ausstattung, das Personal und die Finanzierung der jeweiligen nationalen Organisation ab. Hier bestehen, wie oben bereits herausgearbeitet, weiterhin große nationale Unterschiede.238 235  Vgl. Art.  5.5.1 NADC und zu den International Standards bereits Kapitel 3 A. III. 2.; die nationale Umsetzung des International Standard for Testing and Investigation durch die NADA ist abrufbar unter: NADA, Standard für Dopingkontrollen und Ermittlungen der nationalen Anti Doping Agentur Deutschland, 01.01.2017, . 236  Vgl. Art.  6.1 NADC; dem Kommentar zu Art.  6.1 NADC ist zu entnehmen, dass ein Verstoß gegen Artikel 2.1 NADC, also der Nachweis einer verbotenen Substanz, ihrer Metaboliten oder Marker in der Probe eines Athleten nur durch die Analyse einer Probe festgestellt werden kann, die von einem von der WADA akkreditierten oder einem anderen von der WADA anerkannten Labor durchgeführt wurde; in Deutschland sind dies die beiden von der WADA akkreditierten Labore in Köln und Kreischa; eine Übersicht über die von der WADA akkreditierten Labore (Stand März 2022) findet sich hier: WADA, List of WADA Accredited Laboratories, . 237  Siehe dazu bereits die Ausführungen zum staatlich gesteuerten Dopingprogramm im Rahmen der Olympischen Spiele von Sotschi 2014 in der Einführung dieser Arbeit; als eine Konsequenz aus den Manipulationen von Sotschi gibt die WADA seit 2019 jährlich einen sogenannten Compliance Annual Report heraus, der die Erfolge, aber auch die Probleme und Regulierungslücken im Rahmen der Umsetzung und Durchsetzung des WADC beinhaltet; der Bericht ist abrufbar unter: . 238  Die weiterhin bestehenden Unterschiede zwischen den NADOs finden sich kompakt

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Es lässt sich dementsprechend auf der Ebene der Durchsetzung des WADC also nicht nur das von den am Normsetzungsprozess beteiligten Akteuren intendierte private bzw. hybride Einheitsrecht beobachten. Aufgrund der zentralen Stellung der NADOs innerhalb des transnationalen Regulierungsansatzes zur Dopingbekämpfung ist auf nationaler Ebene ein Regelungspluralismus entstanden. Trotz des Harmonisierungsprozesses auf globaler Ebene kann dieser nicht aufgelöst werden, wegen der weiterhin bestehenden nationalen Unterschiede infolge der differierenden Ressourcenausstattung der NADOs, aber auch wegen des nicht in allen Ländern in gleichem Maße ausgeprägten politischen Willens zur Dopingregulierung. Dieser Regelungspluralismus kann im Ergebnis zu gravierenden Regulierungslücken führen und lässt Spielraum für Reformen innerhalb des hier zu beobachtenden Regulierungsansatzes, wie die weitreichenden Dopingmanipulationen im Rahmen der Olympischen Spiele in Sotschi 2014 gezeigt haben.239 b) Das Ergebnismanagement gemäß Art.  7 NADC An die Dopingkontrolle schließt sich ein von der NADA als Ergebnismanagement bezeichnetes Verfahren an. Dieses Verfahren beschreibt gemäß Art.  7.1.1 NADC den Vorgang ab Kenntnis eines von der Norm abweichenden oder atypischen Analyseergebnisses oder von einem möglichen anderen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen, beispielsweise einem Meldepflichtversäumnis oder einer versäumten Kontrolle, bis hin zur Durchführung eines Disziplinarverfahrens.240 Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, sei an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen, dass der NADC die Dopingdefinition aus Art.  1 des WADC wortgleich übernimmt.241 Der NADC verzichtet dementsprechend ebenfalls auf aufbereitet in der oben bereits zitierten Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags, 10.11.2014, AZ WD 10 – 3000 – 083/14, Nationale-Anti-Doping-Organisationen im internationalen Vergleich, S.  14 ff. 239  Der hier zu beobachtende transnationale Regulierungsansatz, wird in der Literatur aufgrund der lokalen Durchsetzung des WADC mitunter auch als glokaler Regulierungsansatz („glocal regulatory landscape“) bezeichnet, vgl. dazu Duval, The Russian doping scandal at the court of arbitration for sport: lessons for the world anti-doping system, ISLJ 16 (2017), S.  177– 197, 196; zu ersten Reformvorschlägen in Bezug auf die Dopingmanipulationen von Sotschi 2014 siehe ebenfalls Duval, Tackling Doping Seriously – Reforming the World Anti-Doping System after the Russian Scandal, 01.09.2016, abrufbar über SSRN: . 240  Siehe für die detailreichen Anforderungen an das Ergebnismanagement Art.  7 NADC. 241  Die Dopingdefinition gehört gemäß Art.  23.2.2 WADC, ebenso wie der Sanktionskatalog, zu den von den NADOs bei der Umsetzung des Codes zwingend zu übernehmenden Vorschriften.

114

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

eine konkrete Definition und versteht Doping als das Vorliegen eines oder mehrerer der in Art.  2.1 bis Art.  2.10 NADC abschließend aufgezählten Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen.242 Die praxisrelevantesten Tatbestände und Handlungen, die einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen begründen, sind: das Vorhandensein einer verbotenen Substanz in der Probe eines Athleten (Art.  2.1 NADC), die Umgehung der Probenahme oder die Weigerung oder das Unterlassen, sich einer Probenahme zu unterziehen (Art.  2.3 NADC), der Gebrauch oder der Versuch des Gebrauchs einer verbotenen Substanz oder einer verbotenen Methode durch einen Athleten (Art.  2.2 NADC), der Besitz bzw. das Inverkehrbringen einer verbotenen Substanz durch den Athleten selbst oder eines Athletenbetreuers, sofern der Besitz in Verbindung mit einem Athleten, einem Wettkampf oder einem Training steht (Art.  2.6 NADC) sowie Meldepflichtverstöße des Athleten (Art.  2.4 NADC).243 Grundsätzlich zuständig für das Ergebnismanagement ist gemäß Art.  7.1.2 NADC im Rahmen von Trainingskontrollen der jeweilige nationale Sportverband und im Falle einer Dopingkontrolle innerhalb eines Wettkampfs die jeweilige den Wettkampf veranstaltende Organisation.244 Mittels schriftlicher Vereinbarung kann die Zuständigkeit für das Ergebnismanagement gemäß Art.  7.1.2 NADC auf die NADA übertragen werden.245 Im Falle einer solchen Vereinbarung tritt die NADA an die Stelle des nationalen Sportfachverbandes und gilt im weiteren Verfahren als die für das Ergebnismanagement zuständige Organisa­ tion.246

242 

Vgl. Art.  1 NADC. Vgl. zu den einzelnen Verstoßtatbeständen Art.  2 NADC; dem ADRVs-Report der WADA lässt sich entnehmen, dass Verstöße, bei denen es sich nicht um einen Verstoß gegen Art.  2.1 NADC, also das Vorhandensein einer verbotenen Substanz in der Probe des Athleten handelt, sich statistisch wie folgt zusammensetzen: 34 % Art.  2.3 NADC, 31 % Art.  2.2 NADC, 18 % Art.  2.6 NADC, 8 % Art.  2.4 NADC, 4 % Art.  2.5 NADC, 2 % Art.  2.7 NADC, 2 % Art.  2.8 NADC, 1 % Art.  2.9 NADC, vgl. Section 3 Anti-Doping Rule Violations (ADRVs) Report der WADA (Stand 2017). 244  Vgl. Art.  7.1.2 NADC. 245  Von dieser Möglichkeit hat Anfang 2011 der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) als erster olympischer Sport-Fachverband Gebrauch gemacht; mitgliederstarke Verbände wie der Deutsche Leichtathletikverband (DLV) sind diesem Beispiel gefolgt, vgl. NADA, DLV und DESG beauftragen NADA mit Ergebnismanagement, 09.06.2011; laut Aussage der WADA Vorstandsvorsitzenden Andrea Gotzmann haben mittlerweile (Stand: November 2019) zwei Drittel der nationalen Sportverbände von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und der NADA das Ergebnismanagement übertragen, vgl. dpa, Gotzmann zu DOSB-Rückzug: „Nicht ohne Not“, SZ, 05.11.2019. 246 Vgl. Mortsiefer, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, §  8, Rn.  44. 243 

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

115

Auch im Rahmen des Ergebnismanagements zeigt sich die in Bezug auf die Probenahme bereits identifizierte Abhängigkeit der WADA von der zuverlässigen Mitwirkung der NADOs und nationalen Sportverbände bei der Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen auf der lokalen Ebene. Diese Abhängigkeit erfährt allerdings insofern eine Relativierung, als dass der WADA, wie bereits kurz skizziert, eine weitreichende Rechtsmittelbefugnis bzw. ein sogenanntes Selbsteintrittsrecht zusteht, welches es ihr erlaubt, Maßnahmen der nationalen Sportverbände und NADOs selbst vor dem CAS überprüfen zu lassen, die aus ihrer Perspektive nicht mit den Bestimmungen des WADC in Einklang stehen.247 Kommt der für das Ergebnismanagement zuständige Sportverband bzw. die NADA nach der Durchführung des Verfahrens zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen die im NADC normierten Anti-Doping-Bestimmungen nicht auszuschließen ist, leitet er bzw. sie ein Disziplinarverfahren ein bei dem für die Sanktio­ nierung des Verstoßes zuständigen Disziplinarorgan des Verbandes bzw. der ­NADA.248 c) Das Disziplinarverfahren gemäß Art.  12.1 NADC aa) Zuständigkeit Nach abgeschlossenem Ergebnismanagement gilt es zunächst, das zuständige Disziplinarorgan für die Durchführung des Disziplinarverfahrens zu bestimmen entsprechend der Satzung des Sportverbandes bzw. der Vereinbarung im Regelanerkennungsvertrag oder der gesondert abgeschlossenen Schiedsvereinbarung zwischen dem Athleten und der den jeweiligen Wettkampf veranstaltenden Organisation.249 Das Disziplinarverfahren kann in erster Instanz vor einem verbandsrechtlichen Disziplinarorgan durchgeführt werden, dem Deutschen Sportschiedsgericht der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) oder einem anderen Schiedsgericht i. S. d. §§  1025 ff. ZPO.250 247 

Vgl. Art.  13.2.3 WADC; das Selbsteintrittsrecht stellt der WADA ein wichtiges Kontrollinstrument zur Verfügung, welches diese im Sinne einer einheitlichen Durchsetzung des WADC nutzen kann; siehe dazu bereits Kapitel 3 A. III. 1. 248  Vgl. dazu Art.  12.1.1 NADC; eine übersichtliche grafische Darstellung der Zuständigkeiten im Disziplinarverfahren ist abrufbar unter: NADA, Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen, . 249  Zur Diskussion um die Wirksamkeit der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen siehe Kapitel 3. D. III. 4. 250 Vgl. Mortsiefer, in: Lehner/Nolte/Putzke (Hrsg.), Kommentar-AntiDopG, 2017, §  8, Rn.  64; zur Abgrenzung eines Schiedsgerichts, das die Anforderungen des 10. Buchs der Zivil-

116

Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Ist die Zuständigkeit für das Ergebnismanagement gemäß Artikel 7.1.2 Abs.  2 NADC auf die NADA übertragen worden, ist die NADA gemäß Art.  12.1.1 NADC ebenfalls für die Einleitung und Durchführung des Disziplinarverfahrens verantwortlich.251 Zuständiges Disziplinarorgan in erster Instanz ist in diesem Fall das Deutsche Sportschiedsgericht, das bei der DIS in Köln angesiedelt ist.252 Als Berufungsinstanz fungiert in diesen Fällen der CAS gemäß §  38.2 DIS-Sportschiedsgerichtsordnung.253 Ist die Zuständigkeit für das Disziplinarverfahren nicht der NADA übertragen worden, obliegt die Ausgestaltung des Rechtsweges in Anti-Doping-Streitigkeiten grundsätzlich dem jeweiligen nationalen Sportfachverband, wobei es zu beachten gilt, dass Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen in Anti-Doping-Streitigkeiten, die in Bezug auf die Teilnahme an einer internationalen Wettkampfveranstaltung entstehen, letztinstanzlich ausschließlich vor dem CAS eingelegt werden können.254 bb) Der Sanktionskatalog des NADC Der Sanktionskatalog des NADC enthält ein abgestuftes Strafsystem, das in der Folge in seinen Grundzügen dargestellt werden soll.255 Der NADC räumt den Disziplinarorganen der Sportverbände weitreichende exekutive Befugnisse zur Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen ein im Sinne der eingangs der Arbeit aufgestellten These von den privaten Funktionsäquivalenten zum staatlichen Recht. Bei Einzelsportarten führt ein Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen in Verbindung mit einer Dopingkontrolle innerhalb des Wettkampfs gemäß Art.  9 NADC in einem ersten Schritt automatisch zur Annullierung des in diesem Wettprozessordnung erfüllt, von einem verbandsinternen Disziplinarorgan siehe Kapitel 4 B. IV. in dieser Arbeit. 251  Vgl. Art.  12.1.1 NADC. 252 Vgl. Reissinger, Staatliche Verantwortung zur Bekämpfung des Dopings, 2010, S.  216; zur Zulässigkeit der Delegation von originär bei den Sportverbänden angesiedelten ExekutivBe­fugnissen auf ein Schiedsgericht siehe Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  237 und 324 und Lehner, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, 10. Kapitel, Rn.  1594. 253 Vgl. DIS, DIS-Sportschiedsgerichtsordnung (Stand 2018), §  38.2, abrufbar unter: . 254  Vgl. Art.  13.2.1 NADC; siehe zum Rechtsmittelverfahren vor dem CAS und zur 2019 neu gegründeten Anti-Doping Division des CAS Kapitel 4. 255  Vgl. dazu insbesondere Art.  10 NADC; eine exemplarische Fallkonstellation in Bezug auf die Schwierigkeiten bei der Strafzumessung unter dem reformierten WADC 2015 schildert Netzle, Meldonium und die Strafzumessung unter dem WADC 2015, SpuRt 2016, S.  108–110.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

117

kampf erzielten Ergebnisses mit allen daraus entstehenden Konsequenzen, einschließlich der Aberkennung von Medaillen, Punkten und Preisen.256 Bei Mannschaftssportarten werden ebenfalls zunächst die Ergebnisse annulliert, die einzelnen Spielern zugerechnet werden können.257 Die Disqualifikation der gesamten Mannschaft kann jedoch gemäß Artikel 11.2 NADC erst erfolgen, wenn bei mehr als zwei Mitgliedern einer Mannschaft ein Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen festgestellt wird.258 Eine über die Annullierung der Ergebnisse hinausgehende Sperre wegen des Vorhandenseins, des Gebrauchs, des Versuchs des Gebrauchs oder des Besitzes einer verbotenen Substanz ergibt sich für den Einzelsportler aus Art.  10.2 NADC.259 Für einen Erstverstoß sieht der NADC eine Regelsperre von vier Jahren vor, die unter gewissen Umständen herabgesetzt werden kann, z. B. wenn gemäß Art.  10.5 NADC kein signifikantes Verschulden des Athleten vorliegt oder der Athlet von der bereits erwähnten Kronzeugenregelung gemäß Art.  10.6 NADC Gebrauch macht.260 Ohne an dieser Stelle im Detail auf das differenzierte Sanktionssystem des NADC einzugehen, kann einordnend festgehalten werden, dass mit dem WADC bzw. seinen nationalen Entsprechungen ein Regulierungsansatz gewählt wurde, der ähnlich nationaler Strafgesetzbücher darauf abzielt, die Folgebereitschaft der Rechtsunterworfenen durch Strafandrohung sicherzustellen.261Die mit einem Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen einhergehenden Sanktionen sind dabei so gewählt, dass sie mitunter hohe Kosten bei den sanktionierten Sportlern hervorrufen.262 So kam eine 2013 veröffentlichte Studie, die die durchschnittliche 256 

Vgl. Art.  9 NADC. Vgl. Kommentar Art.  9 NADC. 258  Vgl. Art 11 NADC zu den Sanktionsmöglichkeiten gegenüber einer Mannschaft. 259  Vgl. Art.  10.2 NADC. 260  Siehe zu den Einzelheiten einer möglichen Reduzierung der Regelsperre Art.  10.2. ff. NADC; kritisch gegenüber der Angemessenheit einer Vierjahressperre bei einem Dopingverstoß vor dem Hintergrund der in Art.  12. Abs.  1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit positionieren sich Geistlinger/Schaffelhofer, Die Vierjahressperre nach dem WADC 2015 aus dem Blickwinkel der grundrechtlichen Berufsfreiheit, SpuRt 2015, S.  101–105. 261 Vgl. Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189– 214, S.  201 ff. 262  Wolf hält bezüglich des Sanktionssystems des WADC einordnend fest, dass die an der Normsetzung beteiligten Akteure sich bewusst für vergleichsweise harte Strafen entschieden haben und dementsprechend gegen weniger eingriffsintensive Formen der Steuerung, wie z. B. die Fokussierung auf Überzeugungsarbeit gegenüber den Athleten und das Vertrauen auf dadurch einsetzende Lerneffekte oder die Erzeugung von Reputationskosten durch die Veröffentlichung eines positiven Dopingbefundes, vgl. Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.), Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, S.  201 ff. 257 

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Dauer einer Spitzensportkarriere in verschiedenen Mannschaftssportarten untersuchte, zu dem Ergebnis, dass die mittlere Dauer einer Karriere bei rund sieben Jahren liegt.263 Bei Ausdauersportarten ist die Zeitspanne, in denen Athleten ihre Bestleistung abrufen können, mit etwa fünf Jahren sogar noch etwas kürzer bemessen.264 Die bei einem Erstverstoß im WADC bzw. NADC vorgesehene Regelsperre von vier Jahren kann mithin die sportliche Karriere eines Athleten, wenn sie diese nicht gar vorzeitig beendet, erheblich negativ beeinträchtigen.265 Bevor das Rechtsmittelverfahren vor dem CAS im Detail untersucht und die Vorteile aber auch Probleme der Anwendung der Anti-Doping-Bestimmungen in der schiedsgerichtlichen Praxis analysiert werden, soll abschließend in Bezug auf die Durchsetzung des WADC der Blick auf die sich seit der Gründung der WADA stetig ausweitenden staatlich-privaten Kooperationsformen zur Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen gerichtet werden. 3. Staatlich-private Kooperationsformen zur Durchsetzung des WADC Neben den Dopingkontrollen und Disziplinarmaßnahmen durch private Akteure haben sich in den vergangenen Jahren neue Kooperationsformen zwischen den Sportverbänden und den staatlichen Ermittlungsbehörden etabliert.266 Sie sind ein Resultat der Lehren aus den Dopingskandalen der 1990er-Jahre und den ersten praktischen Erfahrungen nach der Einrichtung der WADA. Diese Kooperationsformen sind insbesondere der Tatsache geschuldet, dass sich zwar die Einnahme leistungssteigernder Substanzen über die durch Laboruntersuchungen durchgeführten Urin- oder Blutproben der Sportler nachweisen lassen; der ebenfalls vom WADC als Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen qualifizierte Besitz einer verbotenen Substanz, das Inverkehrbringen bzw. der Handel mit

263 Vgl. Baker et al., Staying at the top: playing position and performance affect career length in professional sport, High Ability Studies 24 (2013), S.  63–76. 264  Für die Berechnung der exakten Zeitspanne der Höchstleistungsphase müssen allerdings auch individuelle und äußere Faktoren wie die Häufigkeit von Verletzungen oder die im Einzelfall verwendete Trainingsmethode berücksichtigt werden, vgl. Neumann/Pfützner/Berbalk, Successful Endurance Training, 2000, S.  171, zit. nach Geistlinger/Schaffelhofer, Die Vierjahressperre nach dem WADC 2015 aus dem Blickwinkel der grundrechtlichen Berufsfreiheit, SpuRt 2015, S.  101–105, 104. 265 Die aufgrund eines Dopingverstoßes ausgesprochene Sperre führt überdies gemäß Art.  10.12.1 NADC zu einem Ausschluss des Athleten von den vom Verband bereitgestellten Trainingsmöglichkeiten und schließt darüber hinaus auch jegliche Funktionärstätigkeiten innerhalb des Sportverbandes aus, vgl. dazu auch den Kommentar zu Art.  10.12.1 NADC. 266  Eine informative Übersicht über die Ermittlungserfolge dieser hybriden Kooperationsformen von 1998–2011 findet sich hier: WADA, Koordinierung von Ermittlungen und Austausch von Informationen und Beweismittelns zur Dopingbekämpfung, 2011.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Dopingmitteln, aber auch Meldepflichtverstöße, lassen sich auf diese Weise jedoch zumindest nicht direkt nachweisen.267 Die WADA hat bereits im Jahr 2009 eine Kooperationsvereinbarung mit der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) geschlossen, um eine bessere Koordinierung der Ermittlungen und einen Austausch von Informationen und Beweismitteln zwischen den zuständigen nationalen Akteuren zu ermöglichen.268 Über dieses Kooperationsabkommen auf der obersten Hierarchieebene hinaus, sind in den vergangenen Jahren zahlreiche an die jeweiligen Umstände der Sachverhalte und Situationen anpassungsfähige Partnerschaften zwischen den NADOs und Sportverbänden auf der einen Seite und den staatlichen Ermittlungsbehörden auf der anderen Seite entstanden.269 Diese neuen Formen der Kooperation ermöglichen einerseits den NADOs und Sportverbänden von den investigativen Methoden und Techniken der staatlichen Behörden zu profitieren, zu denen neben Durchsuchungs- und Überwachungs- auch Beschlagnahmebefugnisse zählen und damit deutlich über die Entnahme von Dopingproben hinausgehen.270 Andererseits profitieren auch die staatlichen Ermittlungsbehörden vom Wissen und dem umfangreichen Erfahrungsschatz der privaten Institutionen hinsichtlich der Regulierung des Dopingproblems im Sport, was beispielsweise bei der Einordnung von beschlagnahmten Substanzen oder der gutachterlichen Überprüfung von Beweismitteln von großem Vorteil sein kann.271 267 

Zu den einzelnen Sanktionstatbeständen des WADC siehe bereits C. II. 2. a) bb) in diesem Kapitel; das in der Vergangenheit häufig kritisierte engmaschige Meldesystem der WADA, das Anti-Doping Administration and Management System (ADAMS), steht laut Urteil des EGMR vom 18. Januar 2018 im Einklang mit der EMRK, vgl. EGMR, Urteil vom 18. Januar 2018 – 48151/11, 77769/13 – FNASS and others v. France, der EGMR wies damit eine Klage mehrere Sportler und französischer Sportverbände ab, die in dem Meldesystem einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Sportler erkannt haben, vgl. dazu auch LTO, EGMR billigt strenges Doping-Kontrollverfahren für Sportler, 18.01.2018. 268  Die Vereinbarung zwischen der WADA und Interpol ist abrufbar unter: Interpol, Cooperation agreements – Global international organization, . 269  Für einen Überblick mit diversen Fallstudien siehe ebenfalls WADA, Koordinierung von Ermittlungen und Austausch von Informationen und Beweismitteln zu Dopingbekämpfung, 2011. 270  Die Legitimationsgrundlage zum Informationsaustausch im Rahmen sport- und strafrechtlicher Ermittlungen ergibt sich für die deutschen Strafverfolgungsbehörden beispielsweise aus §  8 AntiDopG; die Strafverfolgung von Dopingvergehen mit den Zwangsmitteln der StPO ermöglicht §  4 AntiDopG. 271  Diese Erfahrungswerte sind dem oben bereits zitierten Bericht über die Koordinierung von Ermittlungen und Austausch von Informationen und Beweismitteln der WADA zu entnehmen, vgl. WADA, Koordinierung von Ermittlungen und Austausch von Informationen und Beweismitteln zu Dopingbekämpfung, 2011.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

Ein viel zitiertes Beispiel für die erfolgreiche Kooperation staatlicher und privater Institutionen im Bereich der Durchsetzung der geltenden Anti-DopingBestimmungen ist, neben den bereits angeführten Ermittlungen während der Tour de France 1998, der Ermittlungserfolg der US-Strafverfolgungsbehörden in der sogenannten BALCO-Affäre.272 Im Zuge dieses Falles konnte im Jahr 2003 durch die Zusammenarbeit der amerikanischen Bundesbehörden mit der USADA infolge gezielter Durchsuchungsmaßnahmen der illegale Handel mit Dopingmitteln aufgedeckt werden, in den mehrere erfolgreiche Sportler involviert waren, darunter Olympiamedaillengewinner und Weltmeister.273 Ein weiteres anschauliches Beispiel dieses seit einigen Jahren vermehrt praktizierten hybriden Ermittlungsansatzes war zuletzt im Februar 2019 am Rande der Nordischen Ski-WM im österreichischen Seefeld zu beobachten.274 Unter Koordination des österreichischen Bundeskriminalamtes und in Zusammenarbeit mit den NADOs Österreichs und Deutschlands wurden im Zuge eines koordinierten Einschreitens der Behörden wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Sportbetruges sowie der Anwendung von unerlaubten Wirkstoffen und Methoden zu Dopingzwecken insgesamt neun Personen vorläufig festgenommen, darunter fünf aktive Langläufer und ein in Deutschland ansässiger Sportmediziner.275 Das durch die Aussagen des österreichischen Skilangläufers und früheren Dopingsünders Johannes Dürr ausgelöste Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I konnte in der Folge eines der größten Dopingnetzwerke der jüngeren Sportgeschichte aufdecken und warf nach den Ereignissen in Sotschi 2014 erneut ein Schlaglicht auf die weit verbreiteten Dopingpraktiken im

272  Als

BALCO-Affäre wird der Dopingskandal um das amerikanische Unternehmen Bay Area Labaratory Co-Operative (BALCO) bezeichnet. Eine detaillierte Aufarbeitung der Geschehnisse leistet das 2006 von den maßgeblich an der Aufdeckung der Manipulationen beteiligten Journalisten des San Francisco Chronicle Mark Fainaru-Wada und Lance Williams veröffentlichte Buch Game of Shadows, Fainaru-Wada/Williams, Game of Shadows, 2006. 273  In den Skandal involviert waren u. a. die bekannten amerikanischen Leichtathleten Marion Jones (fünffache Medaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000) Tim Montgomery (Silbermedaille bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Edmonton 2001) und Barry Bonds, der mit 73 Home Runs den Rekord der Major League Baseball für die meisten Home Runs in einer Saison hält. 274  Die Pressemitteilung des österreichischen BKAs mit weiteren Einzelheiten zum Ablauf der Ermittlungen ist abrufbar unter Bundeskriminalamt Österreich, Kriminalitätsbekämpfung, 27.02.2019, . 275  Weitere Hintergründe zur sogenannten Operation Aderlass finden sich bei Fritsch et al, Die Grenzgänger, Zeit-Online, 06.03.2019; zum weiteren Verfahrensverlauf siehe auch: Staatsanwaltschaft München I, Pressemitteilung 08 – Anklageerhebung gegen Erfurter Sportarzt und seine vier Helfer wegen des Verdachtes des verbotenen Eigenblutdopings, 19.12.2019.

B. Exekutive: Umsetzung und Durchsetzung des WADC

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Spitzensport.276 Trotzdem bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass durch die Kooperation zwischen den NADOs und Sportverbänden sowie den staatlichen Ermittlungsbehörden auch auf der Ebene der Durchsetzung des WADC ein hybrides Regulierungssystem entstanden ist, welches das in erster Linie private bzw. verbandsinterne System der Selbstdurchsetzung ergänzt und mitunter Ermittlungserfolge verzeichnen kann. 4. Festzuhaltendes Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die Durchsetzung des WADC zunächst aus nationaler Perspektive festhalten, dass durch die in Art.  9 GG verfassungsrechtlich und in den §§  21 ff. BGB einfachgesetzlich ausgestaltete Verbandsautonomie den Sportverbänden weitreichende exekutive Befugnisse zuteil werden, die es ihnen ermöglichen die Anti-Doping-Bestimmungen des WADC bzw. NADC selbst durchzusetzen; in Form von Sanktionen gegenüber ihren Mitgliedern oder gegenüber solchen Personen, die die Vereinsordnungsgewalt durch Vertrag anerkannt haben. Aus transnationaler Perspektive, also in Hinblick auf den von der WADA angestrebten globalen Regulierungsansatz zur Eindämmung des Dopingproblems im Sport und dem damit verbundenen Ziel der Herstellung eines grenzüberschreitenden level playing fields, ist zunächst neben der wichtigen Funktion der Sportverbände, die herausgehobene Stellung der NADOs im Institutionengefüge zu konstatieren. Parallel zu ihrer wichtigen Funktion bei der Umsetzung des WADC nehmen die NADOs auch auf der Ebene der Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen eine Art Scharnierfunktion ein. Diese ergibt sich, weil in ihrem Verantwortungsbereich sowohl die primäre Zuständigkeit für die Entnahme der Dopingproben liegt als auch daraus, dass eine Vielzahl nationaler Verbände von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, das Ergebnismanagement bzw. das Disziplinarverfahren den NADOs zu übertragen. Der starke Einbezug der auf lokaler Ebene operierenden NADOs führt in Kombination mit den exekutiven Befugnissen der nationalen Sportfachverbände zu einer dezentralisierten Durchsetzung der Anti-Doping-Bestimmungen des WADC. Die WADA ist dementsprechend neben der ordnungsgemäßen Umsetzung des WADC auch bei seiner Durchsetzung auf die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kooperationsverpflichtungen durch die NADOs und akkreditierten Labore angewiesen. Aufgrund der unterschiedlichen Ressourcenausstattung der NADOs und politischer Einflussnahme auf nationaler Ebene verbleibt trotz Har276  Zum Stand der Ermittlungen mehr als ein Jahr nach dem Zugriff von Seefeld siehe Kistner/Knuth, Co-Kapitän aus Kroatien, Süddeutsche Zeitung, 21.05.2020.

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Drittes Kapitel:  Das transnationale Anti-Doping-Regime

monisierungsbestrebungen ein Regelungspluralismus, der zu Regulierungsdefiziten führen kann. Darüber hinaus gilt es aber auch zu konstatieren, dass seit der Gründung der WADA neue hybride Kooperationsformen zur Durchsetzung des WADC zwischen den NADOs und den privatrechtlich organisierten Sportverbänden und den staatlichen Ermittlungsbehörden entstanden sind. Diese hybriden Kooperationsformen ermöglichen die Nutzung investigativer Ermittlungsmethoden und die Anwendung strafprozessrechtlicher Zwangsmittel bei der vor- bzw. nachgelagerten Verfolgung von Dopingverstößen und bilden damit einen weiteren wichtigen Bestandteil der grenzüberschreitenden Dopingregulierung. Im Folgenden dritten Teil der Auseinandersetzung mit den Ordnungsmustern transnationaler Dopingregulierung soll der Fokus auf die verfahrensrechtlichen Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der transnationalen Dopingregulierung gerichtet werden. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht dabei der CAS, die neben der WADA und den NADOs wichtigste Institution zur Gewährleistung des von den nationalen und internationalen Sportverbänden angestrebten globalen level playing fields im Sport.

Viertes Kapitel

Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit Das dritte Kapitel der Arbeit befasste sich im Kern mit den materiellrechtlichen Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der transnationalen Dopingregulierung. Sowohl bei der maßgeblich von der WADA gesteuerten Rechtserzeugung als auch bei der in stärkerem Maße dezentral organisierten Durchsetzung der transnationalen Normen des WADC lässt sich ein hybrider Regulierungsansatz zur Herstellung eines grenzüberschreitenden und verbandsübergreifenden level playing fields im Sport beobachten. Die durch diese Form der Regulierung entstandenen funktionalen Äquivalente zum staatlichen Recht dienen in erster Linie der Schaffung von Rechtssicherheit für die beteiligten Akteure und ermöglichen darüber hinaus eine weltweit einheitliche Verfolgung und Sanktionierung von Dopingmissbrauch im Sport. Im folgenden Kapitel soll der Fokus auf die prozessrechtliche Harmonisierung und dabei insbesondere auf die Rolle der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit innerhalb des transnationalen Systems der Dopingregulierung gelegt werden. Im Mittelpunkt der Analyse steht dabei die These, dass erst durch die konzentrierte Anwendung und Auslegung der Normen des WADC an einem Gerichtsstand der durch den materiellrechtlichen Harmonisierungsprozess vorbereitete globale Entscheidungseinklang in Bezug auf die Ahndung von Dopingverstößen im Sport erreicht werden kann. Zunächst werden die Schwierigkeiten erörtert, die sich hinsichtlich der Herstellung eines weltweiten Entscheidungseinklangs in Bezug auf die Ahndung von Dopingverstößen vor staatlichen Gerichten ergeben. Nachdem die Notwendigkeit der Einführung einer Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Sport herausgearbeitet wurde, soll deren Rechtsrahmen in Deutschland näher beleuchtet werden. Darauf aufbauend werden die bestehenden rechtsstaatlichen Bindungen privater Schiedsgerichte diskutiert und die für die die angestrebte Reduktion des staatlichen Einflusses auf die verbandsrechtlichen Maßnahmen wichtige Abgrenzung zwischen der Verbandsgerichtsbarkeit und der echten Schiedsgerichtsbarkeit vorgenommen. Anschließend werden die der unterlegenen Partei vor dem CAS verbleibendenden Rechtsschutzmöglichkeiten in Deutschland und der Schweiz erörtert. Schließlich rückt, nach einer kursorischen Auseinandersetzung mit der Entwicklungsgeschichte des CAS und seiner institutionellen Struktur, die

124

Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

im Januar 2019 neu gegründete Anti-Doping-Division (ADD) des CAS in das Zentrum der Betrachtung. Durch die vertiefte Beschäftigung mit der Funktionsweise der für Dopingstreitigkeiten beim CAS zuständigen Abteilung soll abschließend ein Eindruck davon gewonnen werden, wie die transnational entstandenen Normen des WADC in Verfahren vor dem CAS zur Anwendung gelangen.

A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung – von der Notwendigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport Ausgangspunkt der prozessrechtlichen Vereinheitlichungsbestrebungen der internationalen Sportverbände ist das Bedürfnis aller am Sportbetrieb beteiligten Akteure nach einheitlicher Anwendung und Durchsetzung der im WADC ausgearbeiteten Dopingregeln und der auf dieser Grundlage erlassenen Sanktionen. Das alle Regulierungsansätze bestimmende Gebot der Chancengleichheit im Sport, also die Herstellung und Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen im Sinne eines level playing fields, erfordert deshalb neben der mittlerweile gewährleisteten materiellrechtlichen Vereinheitlichung eine übergeordnete rechtsprechende Instanz, die die von der WADA erzeugten Normen in ihrer Gesamtheit nach einheitlichen Maßstäben anzuwenden und auszulegen vermag. Es bedarf mithin innerhalb des Systems der transnationalen Dopingregulierung einer Instanz, durch die sowohl eine verbandsübergreifende als auch eine nationale Grenzen überschreitende einheitliche Auslegung des Codes gewährleistet werden kann.1 Zur vorrangigen Absicherung der einheitlichen Anwendung der Anti-Doping-Bestimmungen enthält der WADC differenzierte Verfahrensregeln für die Durchführung der Dopingkontrollen, das Ergebnismanagement der Proben sowie anschließende Disziplinarverfahren. Darüber hinaus beinhaltet der WADC detaillierte Vorgaben bezüglich etwaiger Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen, der von den Sportverbänden bzw. den NADOs eingesetzten Disziplinarorganen bzw. Gerichtsbarkeiten.2 Innerhalb dieser Ordnung nimmt der CAS als oberste Berufungsinstanz im Konfliktfall eine herausgehobene Position ein.3 1 Vgl. Görtz, Anti-Doping-Maßnahmen im Hochleistungssport aus rechtlicher Sicht, 2012, S.  243. 2 Vgl. Weber, Die Sportschiedsgerichtsbarkeit nach dem World Anti-Doping Code und ihre Umsetzung in Deutschland, SchiedsVZ 2004, S.  193–198, 194; für einen Überblick zu den außer- und vorgerichtlichen Verfahrensregeln siehe auch Kern, Internationale Dopingbekämpfung, 2007, S.  413 ff. 3  Beim CAS handelt es sich nicht um eine Berufungsinstanz im rechtstechnischen Sinne, da es sich bei den meisten dem CAS vorgeschalteten verbandsinternen Instanzen um Organe der Sportverbände und nicht um Schiedsgerichte handelt, vgl. Grothe, Internationale Gerichtsstän-

A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung

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Gemäß Art.  13.2.1 WADC ist der CAS letztinstanzlich zuständig für die Überprüfung von Verbandssanktionen aufgrund eines Verstoßes gegen den WADC im Rahmen international ausgetragener Wettbewerbe.4 Auf Grundlage dieser Zuständigkeitsregelung sind Schiedsklauseln, die den CAS als letzte Instanz in dopingbezogenen Streitigkeiten vorsehen, fester Bestandteil sowohl der Satzungen der nationalen und internationalen Sportverbände als auch der Regelanerkennungsverträge zwischen den Sportverbänden und den Sportlern.5 Primäres Ziel der durch den WADC veranlassten Privatisierung der Streitbeilegung im Falle eines Dopingverstoßes ist die Realisierung eines Entscheidungseinklangs in Bezug auf die Ahndung von Dopingvergehen – mit anderen Worten also die Schaffung von Rechtssicherheit im globalen Sport. Dieses Ziel soll durch die Minimierung des Einflusses nationaler Gerichte auf die Sanktionspraxis der Sportverbände sichergestellt werden.6 Dass sich dieses Ziel de lege lata ausschließlich durch den Rückgriff auf die institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit erreichen lässt, soll in der Folge näher erörtert werden. de für Klagen gegen internationale Sportverbände aufgrund von Dopingsperren, in: FS Hoffmann, 2011, S.  601–616, 602; ist dem CAS also ein Disziplinarorgan der Sportverbände vorgeschaltet, handelt es sich bei dem Verfahren vor dem CAS um die Anfechtung eines Verbandsentscheides, vgl. dazu Netzle, Wer ist meine Gegenpartei?, SchiedsVZ 2009, S.  93–99, 97; eine Ausnahme stellt diesbezüglich das bei der DIS angesiedelte Deutsche Sportschiedsgericht (DIS-Sportschiedsgericht) dar. Das DIS-Sportschiedsgericht erfüllt die Anforderungen des 10. Buchs der ZPO (§§  1025 ff. ZPO) und ist dementsprechend als echtes Schiedsgericht einzuordnen, vgl. dazu Reissinger, Staatliche Verantwortung zur Bekämpfung des Dopings, 2010, S.  216; Theune, in: Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Auflage, 2011, S.  147 ff. und umfassend zur Entwicklungsgeschichte der DIS Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, zur Wirksamkeit erzwungener Schiedsvereinbarungen im Sport und dem Gebot unabhängiger und überparteilicher Rechtspflege am Beispiel des Tribunal Arbitral du Sport (TAS) und des Deutschen Sportschiedsgerichts (DSS), 2016, S.  250 ff. 4  Vgl. Art.  13.2.1 WADC: „In cases arising from participation in an International Event or in cases involving International-Level Athletes, the decision may be appealed exclusively to CAS.“; Art.  13.2.1 WADC gehört gemäß Art.  23.2.2 WADC zu den verbindlich von den NADOs umzusetzenden Vorgaben des WADC. 5 Vgl. Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  51 ff; siehe dazu ebenfalls Haas, Der Court of Arbitration for Sport im Spiegel der deutschen Rechtsprechung, ZVglRWiss 114 (2015), S.  516–544, 522. 6  Ein ebenfalls denkbarer grundsätzlicher Rechtswegausschluss, also der Ausschluss jeglicher externer Kontrolle der Verbandsmaßnahmen, hat vor den überwiegenden nationalen Rechtsordnungen keinen Bestand, vgl. dazu Monheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips, 2006, S.  135; siehe dazu ebenfalls BGH, Urteil vom 04. Oktober 1956 – II ZR 121/55 – BGHZ 21, 370, 375 f. und BGH, Urteil vom 26. Oktober 1961 – KZR 3/61 – BGHZ 36, 105, 109 sowie Behler, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  3112 und Haas/Prokop, Die Autonomie der Sportverbände und die Rechtsstellung der Athleten, JR 1998, S.  45–52, 45 m. w. N.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

I. Die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Rechtsverkehr Die Privatisierung der Streitbeilegung im Kontext grenzüberschreitender Rechtsstreitigkeiten ist kein exklusives Phänomen des Sports.7 Vor allem in der internationalen Geschäftswelt erfreut sich die Schiedsgerichtsbarkeit seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit.8 Wichtige Schiedsinstitutionen wie die International Chamber of Commerce (ICC) in Paris, der London Court of International Arbitration (LCIA), das International Centre for Dispute Resolution (ICDR)9 oder das Singapore International Arbitration Centre (SIAC) vermelden kontinuierlich steigende Verfahrenszahlen.10 Die statistische Auswertung der Verfahrenszahlen wird durch die Ergebnisse einer Studie zur internationalen Schiedsgerichtbarkeit der University of London (Queen Mary College) aus dem Mai 2018 bestätigt.11 Die private Schiedsgerichtsbarkeit ist für rund 97 Prozent der befragten Unternehmensjuristen die bevorzugte Methode der Streitbeilegung in grenzüberschreitenden Handelsstreitig-

7 

Für einen Überblick über die verschiedenen Rechtsgebiete in denen mittlerweile Schiedsgerichte zum Einsatz kommen siehe Schütze, in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 5. Auflage, 2020, §  1025, Rn.  35 ff.; ein Überblick über die Schiedsordnungen der wichtigsten institutionellen Schiedsgerichte findet sich bei Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtbarkeit, 2011. 8  Für eine systematische Darstellung der privaten Handelsschiedsgerichtsbarkeit und ihrer Institutionen im internationalen Kontext, siehe Lionnet/Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, systematische Darstellung der privaten Handelsschiedsgerichtbarkeit, 2005, 483 ff.; zu dem seit Anfang der 1980er-Jahre zu beobachtenden Wettbewerb der nationalen Rechtsordnungen zur Förderung der Schiedsgerichtsbarkeit siehe Raeschke-Kess­ler, Neuere Entwicklungen der deutschen internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, AnwBl, 1993, S.  141–146, 141 f. 9  Das ICDR ist die internationale Abteilung der American Arbitration Association (AAA). Der Hauptsitz der ICDR ist in New York City. Die ICDR verfügt darüber hinaus über weitere Büros in Dublin, Mexico City, Bahrain und Singapur. 10  Eine statistische Auswertung der Verfahrenszahlen der wichtigsten handelsrechtlichen Schiedsinstitutionen von 2012–2018 findet sich bei Altenkirch/Boussihmad, International Arbitration Statistics 2018 – Another busy year for Arbitral Institutions, Global Arbitration News, 02.07.2019; auch wenn 2018 kein Rekordjahr für die meisten Schiedsinstitutionen war, so kann bei allen vier oben genannten Institutionen ein Anstieg der Verfahrenszahlen im Verlauf von 2012–2018 verzeichnet werden. 11  Die nachfolgend zitierten Ergebnisse der Studie der University of London (Queen Mary College) basieren auf 922 Antworten auf den Fragebogen der University of London und 142 persönlichen oder telefonischen Interviews. Laut eigener Aussage der University of London haben Anwälte, Schiedsrichter, Unternehmensjuristen, Akademiker und weitere Experten auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit an der Umfrage teilgenommen. Die Studie ist abrufbar unter: , nachfolgend zit. als International Arbitration Survey 2018.

A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung

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keiten.12 Darüber hinaus würde eine überwältigende Mehrheit von 99 Prozent der Befragten ein internationales Schiedsverfahren empfehlen, um in Zukunft grenzüberschreitende Streitigkeiten zu lösen.13 Die zentralen Argumente, die nach Ansicht der auf internationale Schiedsverfahren spezialisierten Praktiker für die Streitbeilegung eines grenzüberschreitenden Verfahrens vor einem Schiedsgericht sprechen, sind zum einen die gegenüber Urteilen von staatlichen Gerichten vereinfachte Durchsetzbarkeit der Schiedssprüche.14 Zum anderen sehen die an den Schiedsverfahren beteiligten Anwälte den Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit insbesondere darin begründet, dass durch die Anrufung des Schiedsgerichts die Möglichkeit eröffnet wird, sich der Besonderheiten und der potenziellen Voreingenommenheit nationaler Gerichte entziehen zu können.15 Darüber hinaus werden die Flexibilität der Schiedsverfahren, die Dispositionsmöglichkeiten der Parteien bei der Auswahl der Schiedsrichter und die Vertraulichkeit des Verfahrens genannt als weitere Argumente für die bevorzugte Konfliktlösung handelsrechtlicher Streitigkeiten vor privaten Schiedsgerichten.16 II. Zur Notwendigkeit der Schiedsgerichtbarkeit im Sport Die Vorzüge der Privatisierung von Rechtsstreitigkeiten durch die Einsetzung von Schiedsgerichten in grenzüberschreitenden Konstellationen spielen auch im internationalen Sportbetrieb eine gewichtige Rolle.17 Zentrales Argument für die 12 

Vgl. International Arbitration Survey 2018, S.  2.

13 Ebd. 14 

Dieser Vorteil beruht auf der mittlerweile nahezu weltweiten Geltung des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (UNÜ), BGBl. 1961 II, S.  121; die verbindliche englische Fassung ist abrufbar unter: ; dieses Argument für die Schiedsgerichtsbarkeit nimmt im Sport jedoch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle ein, da wie die Ausführungen zur Durchsetzung der Verbandsregelwerke gezeigt haben, die Sportverbände die Sanktionen in der Regel in Form von Disqualifikationen und Sperren selbst, also ohne staatliche Unterstützung, vollstrecken, siehe dazu auch Thöne, Von (Un-)Freiwilligkeit und (Un-)Parteilichkeit in der Sportschiedsgerichtsbarkeit – ein Appell an das Bundesverfassungsgericht, SchiedsVZ 2020, 176–182, 181, und Eichel, Schiedsklauseln in Athletenvereinbarungen aus dem Blickwinkel des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts, IPRax 2016, S.  305–310, 306; zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen auf dem Gebiet des Seehandelsrechts, siehe Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  196 ff. 15  Vgl. International Arbitration Survey 2018, S.  7. 16 Ebd. 17  Neben den hier bereits genannten Argumenten werden in der Literatur noch klassischerweise die spezielle Sachkunde der Schiedsrichter, die im Vergleich zum Instanzenzug vor staatlichen Gerichten kürzere Verfahrensdauer sowie die Vertraulichkeit des Verfahrens als Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit angeführt; siehe dazu eingehend: Schütze, in: Wieczorek/Schütze,

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Etablierung der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport ist jedoch der dringend benötigte Entscheidungseinklang im internationalen Sportbetrieb allgemein und innerhalb des transnationalen Systems der Dopingregulierung im Speziellen.18 Eine breite Akzeptanz unter den beteiligten Akteuren kann das durch den WADC geschaffene Anti-Doping-System nur entfalten, insofern vergleichbare Sachverhalte bzw. Verstöße gegen den WADC auch vergleichbare Sanktionen nach sich ziehen und diese im Rechtsbehelfsverfahren nicht aufgrund nationaler Besonderheiten unterschiedlich beschieden werden.19 Die angestrebte Harmonisierung der Entscheidungen in Bezug auf Dopingvergehen lässt sich außerhalb der Schiedsgerichtsbarkeit – zumindest in der Theorie – in erster Linie durch die Entscheidungskonzentration an einem Gerichtsstand erreichen.20 Eine solche Entscheidungskonzentration lässt sich indessen aus vielfältigen Gründen nicht vollumfänglich durch die staatliche Gerichtsbarkeit gewährleisten.21 Hinzu kommen weitere Hindernisse, die einem Entscheidungseinklang hinsichtlich Klagen im Zusammenhang mit Dopingsanktionen vor staatlichen Gerichten entgegenstehen. 1. Entscheidungskonzentration vs. Zuständigkeitsvielfalt Die Kompetenz der nationalen und internationalen Sportverbände zur Rechtsetzung und -durchsetzung leitet sich nicht aus einem völkerrechtlichen oder transnationalen, sondern aus dem jeweils zur Entscheidung berufenen nationalen Ordnungsrahmen ab, wie in Kapitel 2 dargestellt.22 Das globale Regelwerk Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1025, Rn.  13 ff. m. w. N. und Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 33. Auflage, 2020, vor §  1025, Rn.  6; eine Zusammenstellung der wichtigsten Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport findet sich bei Görtz, Anti-Doping-Maßnahmen im Hochleistungssport aus rechtlicher Sicht, 2012, S.  245 f. 18  Siehe hierzu einführend Michaelis, Der Schiedszwang im Profisport – Unter Besprechung der aktuellen Rechtsprechung am Fall Claudia Pechstein, SchiedsVZ 2019, S.  331–340; für eine umfassende Auseinandersetzung mit der Thematik siehe Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  253 ff. 19  Zur Argumentation für eine materiellrechtliche Vereinheitlichung der Anti-Doping-Regelwerke siehe Kapitel 3. A. 20  Vgl. dazu Schleiter, Globalisierung im Sport, 2009, S.  108 ff. 21  Die Schwierigkeit einen weltweiten Entscheidungseinklang hinsichtlich Dopingstreitigkeiten zwischen Sportlern und Verbänden vor nationalen Gerichten zu erreichen, wird in der Literatur unter dem Stichwort „Dilemma der Rechtszersplitterung im Sport“ beschrieben, siehe dazu Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  30 ff. und Adolphsen, Grundfragen und Perspektiven der Sportschiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2004, S.  169–175, 170. 22  Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/ Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 17 m. w. N. und Kapitel 2 B. I. zum staatlichen Rahmen privater Selbstregulierung im Sport.

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WADC bzw. seine Entsprechungen in den Verbandsregelwerken müssen sich also in der konkreten Anwendungssituation, wobei es sich formal um die juristische Überprüfung verbandsrechtlicher Maßnahmen handelt, grundsätzlich an den Bestimmungen und Grenzen der nationalen Rechtsordnungen messen lassen.23 Dies führt im Konfliktfall ohne den Einsatz eines privaten Schiedsgerichts zur Streitentscheidung dazu, dass die transnational ausgerichtete Dopingregulierung durch die grundsätzliche Zuständigkeit nationaler Gerichte eine Renationalisierung erfährt, die durch den materiellrechtlichen Harmonisierungsprozess verhindert werden sollte.24 Das aus der prinzipiellen Zuständigkeit nationaler Gerichte erwachsende Risiko nationaler Fragmentierung der Entscheidungen in Bezug auf die Anwendung der Anti-Doping Regeln resultiert daraus, dass es an einem weltweit vereinheitlichten Zuständigkeitsrecht für grenzüberschreitende sportrechtliche Streitigkeiten auf völkerrechtlicher Ebene fehlt.25 Zwar ist die internationale Gerichtszuständigkeit in Zivil- und Handelssachen im europäischen Rechtsraum durch die Brüssel Ia-VO26 bzw. das LugÜ27 mittlerweile harmonisiert worden, doch lässt sich die Frage nach der internationalen Zuständigkeit für Klagen im Zusammenhang mit Dopingsperren auch im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO bzw. des LugÜ nicht immer eindeutig beantworten.28 Grundsätzlich ist der Beklagte, z. B. ein internationaler Sportverband, im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO bzw. des LugÜ gemäß Art.  4 Abs.  1 bzw. 23 

Siehe dazu auch das Fallbeispiel SV Wilhelmshaven in Kapitel 2 C. Der Konfliktfall besteht im Rahmen der Anwendung der Vorschriften des WADC regelmäßig in einer Klage eines Athleten auf Aufhebung einer Dopingsperre oder auf Schadensersatz wegen einer womöglich rechtswidrig ergangenen Dopingsperre; vgl. dazu auch Grothe, Internationale Gerichtsstände für Klagen gegen internationale Sportverbände aufgrund von Dopingsperren, in: FS Hoffmann, 2011, S.  601–616, 601. 25  Zum Fehlen einer weltweit verbindlichen völkerrechtlichen Zuständigkeitsordnung siehe Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 8. Auflage, 2020, Rn.  848 ff. 26  Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen (Brüssel Ia-VO), Abl. EU 2012 L 351/1. Die VO findet demnach Anwendung in Zivil- und Handelssachen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit mitgliedstaatlichem Bezug. 27  Lugano Übereinkommen von 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ), Abl. EU 2009 L 145/5. Vertragsstaaten des LugÜ sind die EU-Mitgliedstaaten, die Schweiz, Island, Norwegen und Dänemark. Da, wie oben bereits dargestellt, viele einflussreiche internationale Sportverbände ihren Sitz in der Schweiz haben, ist das LugÜ an dieser Stelle von besonderer Relevanz und wird deshalb in der Folge ergänzend zur Brüssel Ia-VO zitiert. 28  Vgl. dazu Grothe, Internationale Gerichtsstände für Klagen gegen internationale Sportverbände aufgrund von Dopingsperren, in: FS Hoffmann, 2011, S.  601–616 und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  253 ff. 24 

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Art.  2 Nr.  1 vor den Gerichten des Mitglieds- oder Vertragsstaates zu verklagen, in dem er seinen Sitz hat.29 Das IOC mit Sitz in Lausanne wäre demnach prinzipiell vor den Schweizer Gerichten zu verklagen. Mitunter besteht für den Kläger, z. B. ein des Dopings überführter Sportler, der sich einer Disziplinarmaßnahme erwehrt, über den allgemeinen Gerichtsstand hinaus aber die Möglichkeit den Sportverband auch vor einem der in Art.  7-9 Brüssel Ia-VO bzw. Art.  5-7 LugÜ normierten besonderen Gerichtsstände in Anspruch zu nehmen. Im Falle einer Klage gegen eine von einem internationalen Sportverband verhängte Dopingstrafe kommt vor allem der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß Art.  7 Nr.  1 Brüssel Ia-VO bzw. Art.  5 Nr.  1 LugÜ oder der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß Art.  7 Nr.  2 Brüssel Ia-VO bzw. Art.  5 Nr.  3 LugÜ in Betracht.30 Daneben besteht für den Sportler je nach Fallkonstellation die Möglichkeit, sich gemäß Art.  8 Nr.  1 Brüssel Ia-VO bzw. Art.  6 Nr.  1 LugÜ auf den besonderen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft zu berufen.31 Diese Vorgehensweise bietet die Möglichkeit, bei entsprechender Konnexität der Klagen sowohl den internationalen Sportverband zu verklagen, der die Dopingsperre ausgesprochen hat, als auch den nationalen Verband, der die Sperre umgesetzt hat.32 Für diesen Weg entschied sich zuletzt Claudia Pechstein in ihrem Verfahren gegen die im schweizerischen Lausanne ansässige International Skating Union (ISU) und den deutschen nationalen Fachverband für Eisschnelllauf (DESG) mit Sitz in München.33 Pechstein gelang es mit der Berufung auf Art.  6 Nr.  1 LugÜ im Rahmen ihrer Feststellungsklage gemäß §  1032 Abs.  1 i. V. m. §  1061 ZPO die 29  Das europäische Zuständigkeitsrecht folgt also auch dem Grundsatz actor sequitur forum rei (Der Kläger muss dem Gerichtsstand des Beklagten folgen); gemäß Art.  63 Brüssel Ia-VO bzw. Art.  60 LugÜ haben Gesellschaften und juristische Personen und somit also auch die internationalen Sportverbände, ihren Sitz an dem Ort, an dem sich a) ihr satzungsmäßiger Sitz, b) Ihre Hauptverwaltung oder c) ihre Hauptniederlassung befindet. 30  Zu den Einzelheiten hinsichtlich der Möglichkeiten, einen internationalen Sportverband an einem der besonderen Gerichtsstände in Anspruch zu nehmen siehe Grothe, Internationale Gerichtsstände für Klagen gegen internationale Sportverbände aufgrund von Dopingsperren, in: FS Hoffmann, 2011, S.  601–616, 608 ff. 31  Siehe vertiefend zum besonderen Gerichtsstand der Streitgenossenschaft Watt, in: Magnus/Mankowski (Hrsg.), Brussels Ibis Regulation, 2016, Chapter II: Jurisdiction, Art.  8. 32  Grothe, Internationale Gerichtsstände für Klagen gegen internationale Sportverbände aufgrund von Dopingsperren, in: FS Hoffmann, 2011, S.  601–616, 614 f. und vertiefend zur Konnexität der Klagen: Geimer, in: Geimer/Schütze (Hrsg.), EuZVR, 4. Auflage, 2020, Art.  8 EuGVVO, Rn.  99 ff. 33  Der BGH bejahte letztinstanzlich die Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage. Die Zuständigkeit ergebe sich demzufolge aus Art.  6 Nr.  1 LugÜ. Die erforderliche enge Beziehung (Konnexität) der Klagen bestehe, da die Klagen auf derselben Sach- und Rechtslage beruhen, vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 295.

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Zuständigkeit deutscher Gerichte geltend zu machen, wodurch die Klage insgesamt in München verhandelt werden konnte.34 Die alternativen Gerichtsstände stehen dem Kläger allerdings nur zur Verfügung, insoweit der Rechtsstreit nicht gemäß Art.  24 Brüssel Ia-VO bzw. Art.  22 LugÜ den Gerichten eines Mitgliedsoder Vertragsstaates ausschließlich zugewiesen ist.35 Die Darstellung zeigt: Eine feste Zuständigkeit zur Überprüfung verbandsrechtlicher Disziplinarmaßnahmen besteht trotz der Harmonisierungsbestrebungen innerhalb des europäischen Rechtsrahmens nicht, diese Zuständigkeitskonzentration wäre jedoch die erste Voraussetzung eines internationalen Entscheidungseinklangs hinsichtlich dopingbezogener Rechtsstreitigkeiten vor staatlichen Gerichten. Im Falle eines Dopingvergehens bzw. der juristischen Überprüfung einer verbandsrechtlichen Dopingentscheidung lassen sich aufgrund der vielfältigen Anknüpfungsmöglichkeiten nach den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften der Brüssel Ia-VO bzw. LugÜ je nach Komplexität der Fallgestaltung mehrere, voneinander abweichende nationale Zuständigkeiten für einen Dopingfall begründen. 2. Keine Lösung durch Gerichtsstandsvereinbarungen? An dieser Stelle ließe sich womöglich einwenden, dass das Problem unterschiedlicher Zuständigkeiten mithilfe von Gerichtsstandsvereinbarungen gelöst werden könne.36 Durch eine zwischen Sportler und internationalem Sportverband zum Beispiel im Rahmen des Regelanerkennungsvertrages abgeschlossene Gerichts34 

Vgl. zur Begründung der internationalen Zuständigkeit LG München I, Urteil vom 26. Februar 2014 –37 O 28331/12, SchiedsVZ 2014, S.  100–112, 104; Pechstein begehrte mit ihrer Klage neben der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer gegen sie im Jahr 2009 von der ISU verhängten Dopingsperre die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3.584.126,09 € sowie eines angemessenen Schmerzensgelds und die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden. In letzter Instanz wies der BGH die Klage Pechsteins ab. Sie sei unzulässig, weil ihr die von der ISU erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung gemäß §  1032 Abs.  1 ZPO i. V. m. 1025 Abs.  2 entgegenstehe, BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 301; siehe dazu auch Longrée/Wedel, Die Entscheidung über die Einrede der Schiedsvereinbarung nach §  1032 Abs.  1 ZPO als finaler verfassungs- und europarechtlicher Kontrollgegenstand – (K)ein Ende des Prozessmarathons im Fall Pechstein in Sicht?, SchiedsVZ 2016, S.  237–242. 35  Siehe dazu vertiefend Pinheiro, in: Magnus/Mankowski (Hrsg.), Brussels Ibis Regulation, 2016, Chapter II: Jurisdiction, Art.  24 und Geimer, in Geimer/Schütze (Hrsg.), EuZVR, 2020, Art.  24 EuGVVO ; zum Streitstand hinsichtlich der Anknüpfung an den ausschließlichen Gerichtsstand bei Klagen gegen die Beschlüsse internationaler Sportverbände siehe Grothe, Internationale Gerichtsstände für Klagen gegen internationale Sportverbände aufgrund von Dopingsperren, in: FS Hoffmann, 2011, S.  601–616, 603 ff. 36  Vertiefend zu Gerichtsstandsvereinbarungen im internationalen Rechtsverkehr Danelzik, Die Gerichtsstandsvereinbarung zwischen ZPO, EuGVVO und HGÜ, 2019; zu den Schwierig-

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

standsvereinbarung kann nämlich grundsätzlich sowohl ein gesetzlich zuständiges Gericht erster Instanz abbedungen (Derogation) als auch die Zuständigkeit eines anderen Gerichtsstandes begründet werden (Prorogation).37 Mit einer solchen Vereinbarung ließe sich beispielsweise eine Zuständigkeitskonzentration am Sitz des internationalen Sportverbandes erzielen.38 Die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung bestimmt sich prinzipiell nach der Rechtsordnung des Staates dessen Gerichtszuständigkeit begründet bzw. abbedungen wird.39 Zwar ist mit dem Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ)40 mittlerweile ein internationaler Harmonisierungsprozess zur Vereinheitlichung der Anerkennungsvoraussetzungen von Gerichtsstandsvereinbarungen in Gang gesetzt worden, doch haben große Sportnationen wie China und die USA das Übereinkommen bisher lediglich gezeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert.41 Aufgrund der außerhalb des Geltungsbereichs der Brüssel Ia-VO bzw. LugÜ mithin nicht vereinheitlichten Anerkennungsvoraussetzungen von Gerichtsstandsvereinbarungen und der deshalb im internationalen Rechtsverkehr nicht keiten von Gerichtsstandsvereinbarungen zwischen Sportler und internationalem Verband: Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  430 ff. 37  Vgl. dazu auch: Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil Rn.  130 ff. 38  Siehe zu den sich daraus ergebenen Problemen Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 22; Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  164 ff. und Schleiter, Globalisierung im Sport, 2009, S.  108 ff. 39  Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil Rn.  131 und für die unterschiedlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Prorogations- und Derogationsverträge aus Perspektive des deutschen Rechts, Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 2020, Rn.  1636 ff. 40  Das HGÜ vom 30. Juni 2005 findet in internationalen Sachverhalten Anwendung auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen, die in Zivil- oder Handelssachen geschlossen werden. Dem Übereinkommen, das am 10. Oktober 2015 in Kraft getreten ist, sind bislang die EU, Montenegro, Mexiko, Singapur, und das Vereinte Königreich beigetreten. China, USA und die Ukraine haben das Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert; eine laufend aktualisierte Übersicht über den Ratifikationsprozess findet sich auf der Website der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht unter: (Stand: März 2021); eine deutsche Übersetzung des Übereinkommens ist abrufbar unter: . 41  Siehe vertiefend zum HGÜ Reuter/Wegen, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30.6.2005 – Entstehung, Charakteristika, Erfolgschancen, ZVglRWiss 116 (2017), S.  382–417; Antomo, Aufwind für internationale Gerichtsstandsvereinbarungen – Inkrafttreten des Haager Übereinkommens, NJW 2015, S.  2919–2922 und Huber, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, IPRax 2016, S.  197–207.

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immer vorhersehbaren Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung, führt auch dieses Instrument nicht zu der angestrebten Zuständigkeitskonzentration und damit auch nicht zu einem Entscheidungseinklang in Bezug auf Dopingstrafen.42 3. Forum Shopping und die Bedeutung des anzuwendenden Kollisionsrechts Die zu beobachtenden Zuständigkeitsüberschneidungen bergen darüber hinaus in der Praxis die Gefahr des Forum Shoppings.43 Der Begriff bezeichnet das systematische Ausnutzen parallel bestehender Zuständigkeiten verschiedener Gerichte, also eine taktische Auswahl des aussichtsreichsten Gerichtsstandes.44 Die Wahl des Gerichtsstandes ist deshalb von großer Bedeutung, da mit dieser Entscheidung mittelbar über das in der Sache anzuwendende Recht entschieden wird.45 Erklärt ein Gericht sich für international zuständig, wendet der staatliche Richter das nationale Kollisionsrecht seiner lex fori an, also das internationale Privatrecht des Gerichtsstaates.46 Das nationale Kollisionsrecht ist dann in der Folge maßgeblich für das in der Sache anzuwendende Recht.47 Der anwaltlich gut beratene Sportler erhebt dementsprechend seine Klage gegen den internationalen Sportverband vor den Gerichten desjenigen Staates, dessen internationales Privatrecht eine Rechtsordnung zur Anwendung beruft, nach welcher das Klagebegehren die größte Aussicht auf Erfolg hat.48 42  Zur fehlenden Rechtssicherheit hinsichtlich der Anwendung von Gerichtsstandsvereinbarungen im Sport siehe Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 22; ein Überblick über die internationale Anerkennung des Derogationseffektes findet sich bei: Adolph­ sen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  435 ff.; für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Gerichtsstandsvereinbarung im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO siehe Magnus, in: Magnus/Mankowski (Hrsg.), Brussels Ibis Regulation, 2016, Chapter II: Jurisdiction, Art.  25. 43 Siehe dazu eingehend Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 2020, Rn.  1095 und Mankowski, Europäisches Internationales Privat- und Prozessrecht im Lichte der ökonomischen Analyse, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Vereinheitlichung und Diversität des Zivilrechts in transnationalen Wirtschaftsräumen, S.  118–151. 44  Schwartze, Internationales Forum Shopping mit Blick auf das günstigste Sachrecht, in: FS Hoffmann, S.  415–423, 415. 45  Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 2020, Rn.  94. 46  Adolphsen, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2015, S.  52 ff. 47  Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 2020, Rn.  1924 ff. und Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  1266. 48  Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 2020, Rn.  1097; ein viel zitiertes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Fall des US-amerikanischen Leichtathleten Harry Reynolds, der im Jahr 1993 aufgrund einer bei einem Wettkampf in Monte Carlo (Monaco) durchgeführten positiven Dopingkontrolle vom damals noch in London ansässigen Internationalen Leichtathletikverband (IAAF) für zwei Jahre gesperrt wurde. Reynolds ging gegen diese Entscheidung des Verbandsgerichts des IAAF vor dem District Court in Ohio (USA) vor, der die IAAF zu

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Innerhalb des europäischen Rechtsraums stellt das sogenannte Forum Shopping durch die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts durch die Rom  I-49 und Rom  II-Verordnungen50 mittlerweile keine größeren Probleme mehr dar.51 Rechtsvergleichend ist jedoch zu konstatieren, dass sich das Kollisionsrecht außerhalb Europas weiterhin stark voneinander unterscheidet.52 Außerhalb des Anwendungsbereichs der Rom  I- und Rom  II-Verordnungen besteht somit das Risiko, dass unterschiedliches materielles Recht auf vergleichbare Sachverhalte Anwendung findet, was in der Folge zu unterschiedlichen Entscheidungen hinsichtlich derselben Rechtsfrage führen kann, weshalb sich eine nationale Fragmentierung der Rechtsprechung auch im Zusammenhang mit Dopingsperren nicht ausschließen lässt.53 einem Strafschadensersatz (punitive damages) in Höhe von 27 Mio US-$ verurteilte. Zwar hob die zweite Instanz, in diesem Fall der United States Court of Appeals for the Sixth Circuit, dieses Urteil mangels örtlicher Zuständigkeit der US-Gerichte auf, doch zeigt der Fall die Gefahr eines zersplitterten Zuständigkeitsrechts deutlich auf, da Reynolds wohl in kaum einem anderen Land ein Schadensersatz in dieser Höhe zugesprochen worden wäre, vgl. dazu vgl. United States District Court, Southern District of Ohio, Eastern Division, Urteil vom 13. Juli 1993 – C-2-92-452 – Reynolds v. International Amateur Athletic Federation und in der Literatur Bach, Der Dopingfall Harry „Butch“ Reynolds – Plädoyer für internationale Sportgerichtsbarkeit, SpuRt 1995, S.  142–143; Adolphsen, Grundfragen und Perspektiven der Sportschiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2004, S.  169–175, 170 m. w. N. und Paulsson, Assessing the Usefulness and Legitimacy of CAS, SchiedsVZ 2015, S.  263–269, 268. 49  Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom  I“), Abl. EU 2008 L 177/6. 50  Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom  II“), Abl. EU 2007 L 199/40. 51  Calliess/Renner, in: ders/ders. (Hrsg.), Rome Regulations. Commentary on the European Rules of the Conflicts of Laws, 3. Auflage, 2020, Introduction, Rn.  12 ff. 52  So herrscht beispielsweise keine Einigkeit über die international-privatrechtliche Qualifikation des Rechtsverhältnisses zwischen Sportler und internationalem Verband; siehe zu dieser Frage ausführlich Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  258 ff. Adolphsen schlägt in seiner Habilitationsschrift eine Qualifikation nach internationalem Gesellschaftsrecht vor: „Deshalb wird das mitgliedschaftsähnliche Rechtsverhältnis in dieser Untersuchung den Regeln des internationalen Gesellschaftsrechts unterstellt, die auch für den Verband gelten, zu dem das Rechtsverhältnis begründet wird, um so eine einheitliche Anknüpfung gleichartiger mitgliedschaftsähnlicher Rechtsverhältnisse unabhängig von der Nationalität oder sonstigen in der Person der Sportler liegenden Faktoren zu gewährleisten.“, vgl. Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  268; a. A. Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil Rn.  9 ff., der die zwischen Sportler und Verband abgeschlossenen Regelanerkennungsverträge dem Vertragsstatut zuordnet und dementsprechend die Rom  I-VO für anwendbar erklärt. 53  Vgl. dazu nochmal Adolphsen, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, in: Bumke/Röthel (Hrsg.) Privates Recht, 2012, S.  93–107, 95 und ders., Internationale Dopingstrafen,

A. Das Dilemma der Rechtszersplitterung

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4. Rechtswahlklauseln und unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe Der angestrebte internationale Entscheidungseinklang hinsichtlich der Überprüfung einer verbandsrechtlichen Dopingentscheidung kann darüber hinaus auch nicht dadurch sichergestellt werden, dass die Rechtsbeziehung zwischen den beteiligten Akteuren im Wege der Rechtswahl einer einheitlichen Rechtsordnung unterstellt wird. Diese ist zwar im Anwendungsbereich der Rom  I-VO gemäß Art.  3 Abs.  1 ausdrücklich vorgesehen, doch fehlt es auch bezüglich einer solchen Klausel an einem international harmonisierten Ordnungsrahmen.54 Zusätzlich gilt es in diesem Zusammenhang zu beachten, dass bei Verfahren vor staatlichen Gerichten kollisionsrechtlich nur auf nationale Rechtsordnungen verwiesen werden kann.55 Private Regelwerke wie der WADC können dahingegen nur im Rahmen einer materiellrechtlichen Verweisung („incorporation by reference“) zum Verfahrensgegenstand gemacht werden.56 Damit stehen die nicht-staatlichen Normen im weiteren Verfahren allerdings in einem Subordinationsverhältnis zum staatlichen Recht.57 Dies führt dazu, dass die gewählten privatrechtlichen Normen den Status einfacher Vertragsklauseln erhalten.58 Die nicht-staatlichen Normen unterliegen in der Folge dem zwingenden nationalen Recht, wobei sich dieses im internationalen Kontext wiederum von Staat zu Staat erheblich unterscheiden kann. Abhängig von der Zuständigkeit eines Gerichts 2003, S.  257; siehe dazu ebenfalls Schwartze, Internationales Forum Shopping mit Blick auf das günstigste Sachrecht, in: FS Hoffmann, S.  415–423, 415; Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 19 und Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil, Rn.  103. 54 Vgl. Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 21 f.; umfassend zu den Schwierigkeiten einen Entscheidungseinklang durch Rechtswahl herzustellen siehe Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  270 ff. und für Lösungsansätze zur Harmonisierung siehe Wax, Internationales Sportrecht, 2009, S.  291 ff. 55  Vgl. dazu differenzierend Calliess, in: ders./Renner (Hrsg.), Rome Regulations. Commentary on the European Rules of the Conflicts of Laws, 2020, Rome I, Art.  3 Rn.  20. 56  Ders., in: ders./Renner (Hrsg.), Rome Regulations. Commentary on the European Rules of the Conflicts of Laws, 3. Auflage, 2020, Rome I, Art.  3 Rn.  21; zur kollisionsrechtlichen Anknüpfung mit direktem Bezug zum WADC siehe Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007, S.  395–411, 402 ff. m. w. N. 57 Vgl. Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007, S.  395– 411, 403. 58  Calliess, in: ders./Renner (Hrsg.), Rome Regulations. Commentary on the European Rules of the Conflicts of Laws, 3. Auflage, 2020, Rome I, Art.  3 Rn.  21; zur Anwendung und Auslegung privater Regelwerke vor staatlichen Gerichten rechtsvergleichend am Beispiel der Incoterms der ICC, der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) und den von UNIDROIT herausgegebenen PICC, siehe Jarass, Privates Einheitsrecht, 2019, S.  141 ff.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

können nationale Besonderheiten die Urteilsfindung beeinflussen.59 Dieses Argument gegen die Anrufung staatlicher Gerichte ist bei der Überprüfung verbandsrechtlicher Entscheidungen in Zusammenhang mit Dopingsperren von Bedeutung. International besteht nämlich keine Einigkeit darüber, welche Schutzstandards bzw. Prüfungsmaßstäbe in sportrechtlichen Streitigkeiten zur Anwendung gelangen.60 Je nach Fallkonstellation haben nationale Gerichte bereits kartell-, arbeits- oder verbraucherschutzrechtliche Prüfungsmaßstäbe in sportrechtlichen Streitigkeiten angewandt.61 Die gerichtliche Überprüfung verbandsrechtlicher Maßnahmen in Deutschland orientiert sich beispielsweise an der zivilrechtlichen Generalklausel §  242 BGB, wodurch es aufgrund der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung zu einer Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen kommt.62 Dahingegen wird eine ähnlich gelagerte Grundrechtsprüfung mangels einer dem deutschen Recht gleichlaufenden Drittwirkungslehre im US-Recht vor amerikanischen Gerichten nicht vorgenommen.63 In Frankreich hingegen kommt es 59  Für

anschauliche Fallbeispiele siehe ebenfalls Calliess, in: ders./Renner (Hrsg.), Rome Regulations. Commentary on the European Rules of the Conflicts of Laws, 3. Auflage, 2020, Rome I, Art.  3 Rn.  21. 60  Siehe zur Thematik der Abhängigkeit der Überprüfungsdichte von der internationalen Zuständigkeit ausführlich Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  347 ff. und ebenfalls rechtsvergleichend mit weiteren Beispielen Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18– 57, 41 ff. 61 Vgl. Adolphsen, Grundfragen und Perspektiven der Sportschiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2004, S.  169–175, 170 m. w. N. 62 Vgl. Buck-Heeb/Dieckmann, Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S.  73 und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  348; es stehen sich mithin regelmäßig die von Art.  9 Abs.  1 GG gewährte Verbandsautonomie und das jeweils betroffenen Grundrecht des Sportlers gegenüber. In Bezug auf das hier im Fokus stehende Dopingkontrollverfahren sind dies auf Seiten des Athleten zumeist die in Art.  12 Abs.  1 GG gewährleistete Berufsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Athleten gemäß Art.  2 Abs.  1 GG i. V .m. Art.  1 GG, siehe dazu instruktiv m. w. N. die Darstellung bei Kleen, Perspektiven nationaler und internationaler Dopingbekämpfung, 2019, S.  49 ff.; siehe zum Prüfungsmaßstab vor deutschen Gerichten auch exemplarisch im Verlauf bereits zitierten BGH Urteile: BGH, Urteil vom 24. Oktober 1988 – II ZR 311/87 – BGHZ 105, 306, 316 ff.; BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 101 und BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 314; zur Überprüfung von Dopingsanktionen anhand des europäischen Wettbewerbsrechts (Art.  101 AEUV, ex-Art.  81 EGV) siehe EuGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – C-519/04 – Meca-Medina. 63  Zur Überprüfungsdichte von Verbandssanktionen in den USA mit Fallbeispielen: Buchberger, Die Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen durch die ordentliche Gerichtsbarkeit, ein Vergleich der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika, 1999, S.  204 ff.; siehe dazu auch schon Summerer, Internationa-

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zu einer umfassenden, nicht von der Verbandsautonomie eingeschränkten Überprüfung der verbandsrechtlichen Entscheidungen, da die französischen Sportverbände als Träger der öffentlichen Gewalt eingestuft werden.64 Ohne an dieser Stelle auf weitere nationale Unterschiede einzugehen wird deutlich, dass sich aufgrund der divergierenden Prüfungsmaßstäbe nationaler Gerichte bei der Überprüfung verbandsrechtlicher Maßnahmen ebenfalls ein Zusammenhang hinsichtlich der internationalen Gerichtszuständigkeit und der Anwendung bzw. einheitlichen Auslegung des WADC respektive der Regelwerke der nationalen und internationalen Sportverbände offenbart. III. Festzuhaltendes Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der innerhalb der transnationalen Dopingregulierung notwendige Entscheidungseinklang nicht oder nur teilweise durch die Anrufung staatlicher Gerichte sichergestellt werden kann. Weder Gerichtsstands- noch Rechtswahlklauseln führen zu einer Entscheidungskonzentration im Zusammenhang mit Dopingsperren, dem maßgeblichen Ziel der internationalen Sportverbände. Darüber hinaus weicht die Überprüfungsdichte der verbandsrechtlichen Entscheidungen im internationalen Vergleich deutlich ab. Die Gewährleistung einheitlicher Zuständigkeiten und Verfahrensgestaltungen in gleichgelagerten Fällen im Zusammenhang mit international ausgetragenen Wettkämpfen erfordert deshalb die Einsetzung eines international zuständigen Sportschiedsgerichts.65 Nur auf diese Weise kann eine einheitliche verbandsübergreifende Rechtsprechung sichergestellt werden, die Verstöße gegen den WADC nach übereinstimmenden Maßstäben bewertet und sanktioniert. Der Einfluss staatlicher Gerichte kann allerdings nur auf ein Mindestmaß reduziert werden, insofern es sich bei dem eingesetzten Schiedsgericht um ein soles Sportrecht vor dem staatlichen Richter in der Bundesrepublik Deutschland, Schweiz, USA und England, 1990, S.  165 ff. und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  348 ff und aus der US-amerikanischen Literatur: Mitten/Opie, „Sports Law“: Implications for the Development of International, Comparative, and National Law and Global Dispute Resolution, Tulane Law Review 85 (2010), S.  269–322. 64  Siehe zur Überprüfungsdichte von Verbandssanktionen in Frankreich Latty, La Lex Sportiva, 2007, S.  493 ff. m. w. N. und Röthel, Das Recht der französischen Sportvereine und -verbände, SpuRt 2001, S.  89–92, 91. 65  In diesem Sinne äußerte sich zuletzt auch der BGH in seiner Pechstein-Entscheidung, in der er ausführt: „Dass dem Kampf gegen Doping weltweit eine überragende Bedeutung zukommt […] steht außer Frage. In diesem Rahmen kommt einer einheitlichen Schiedsgerichtsbarkeit die Funktion zu, die Anti-Doping-Regeln des WADC wirksam und nach einheitlicher Spruchpraxis durchzusetzen. Diese Aufgabe den einzelstaatlichen Gerichten zu überlassen, würde die Erreichung des mit der internationalen Sportschiedsgerichtsbarkeit angestrebten Ziels ernsthaft gefährden.“, BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 311.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

genanntes echtes Schiedsgericht im Sinne der §§  1025 ff. ZPO66 bzw. der im Schweizer Recht für diese Einordnung hinsichtlich internationaler Schiedsverfahren maßgeblichen Art.  176 ff. IPRG67 handelt. Nur in diesem Fall kann der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wirksam ausgeschlossen und damit die Renationalisierung des transnationalen Sachverhalts verhindert werden.68 Handelt es sich hingegen bei dem eingesetzten Schiedsgericht um ein Verbandsgericht69 unterliegen dessen Entscheidungen weiterhin der umfassenden formellen und nahezu uneingeschränkten materiellen Kontrolle der staatlichen Gerichte.70 Aus diesem Grund sollen in der Folge nach einer verfassungsrechtlichen Einordnung der Schiedsgerichtsbarkeit in den deutschen Rechtsrahmen und der Auseinandersetzung mit den Anerkennungsvoraussetzungen privater Schiedssprüche vor staatlichen Gerichten die Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber den Schiedssprüchen des CAS vor staatlichen Gerichten nochmal gesondert erörtert werden. 66  Die private Schiedsgerichtsbarkeit i .S. d. §§  1025 ff. ZPO ist ihrer Funktion und Wirkung nach materielle Rechtsprechung und tritt dementsprechend an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit und ist dieser dementsprechend nicht bloß vorgeschaltet, Behler, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  3389 und Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  208 m. w. N. 67  Das Schweizer Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht wird an dieser Stelle mitzitiert, da dessen Regelungen maßgeblich für die im Folgenden zu erörternden Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS sind. Die Art.  176 ff. bilden das 12. Kapitel des IPRG und kodifizieren die maßgeblichen Bestimmungen für die internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz. Gemäß Art.  176 Abs.  1 IPRG gelten die Bestimmungen für Schiedsgerichte mit Sitz in der Schweiz, sofern beim Abschluss der Schiedsvereinbarung wenigstens eine Partei ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort nicht in der Schweiz hatte. Die Art.  176 ff. IPRG kommen demnach bei internationalen Streitigkeiten zwischen Sportlern und Verbänden vor dem CAS zur Anwendung; siehe vertiefend zum 12. Kapitel IPRG Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  84 ff. 68  Zu den eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeiten einer schiedsgerichtlichen Entscheidung durch die staatliche Gerichtsbarkeit siehe D. III. 6. 69  Der BGH definiert in BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 109 f. ein Verbandsgericht als „ein verbandsinternes Organ, dem in Ausübung der autonomen Verbänden zustehenden Befugnis zur inneren Selbstorganisation die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen gegen die der Verbandsstrafgewalt unterworfenen Personen zugewiesen worden ist.“ 70  Vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des BGH: BGH, Urteil vom 19. Oktober 1987 – II ZR 43/87 – BGHZ 102, 265, 276 f.; BGH, Urteil vom 30. Mai 1983 – II ZR 138/82 – BGHZ 87, 337, 343; BGH, Entscheidung vom 06. März 1967 – II ZR 231/64 – BGHZ 47, 172; siehe dazu ebenfalls Adolphsen/Hoefer/Nolte, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 3, Rn.  200 ff. und Behler, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  3261 ff.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

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B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit I. Die private Schiedsgerichtsbarkeit als Ausdruck bürgerlicher Freiheit Private Schiedsgerichte sind fest in der europäischen Rechtstradition verankert.71 Bereits im 11. Jahrhundert konstituierten sich entlang der wichtigen europäischen Handelsrouten an Märkten, Messen und Häfen auf Handelsstreitigkeiten spezialisierte Sondergerichte.72 Im Zuge des Aufstiegs selbstverwalteter Marktstädte zu wirtschaftlicher Eigenständigkeit und Prosperität gelang den dort ansässigen Gerichten die Emanzipation von der zentralen Herrschaftsgewalt, wodurch sich schrittweise eine unabhängige Rechtsprechung in handelsrechtlichen Konflikten herausbildete.73 Diese Vorläufer der modernen Schiedsgerichte waren auf die speziellen Bedürfnisse der Händler ausgerichtet und formierten sich zumeist spontan aus einer paritätisch zusammengesetzten Gruppe einheimischer und fremder Kaufleute.74 Die ausgewogene Zusammensetzung der Gerichte mit Spezialisten aus der jeweiligen Branche sollte zum einen die Fairness der Verfahren sicherstellen und zum anderen durch die Sachnähe der Kaufleute ein zügiges Verfahren und umgehende Rechtssicherheit gewährleisten.75 71  Die Einsetzung von Schiedsgerichten kann vermutlich auf eine längere Tradition als die staatliche Gerichtsbarkeit zurückblicken. Schütze verweist auf die regelmäßige Einsetzung von Schiedsgerichten in der hellenistischen Ptolemäer-Dynastie im 3. Jahrhundert v. Chr, vgl. Schütze, Privatisierung richterlicher Tätigkeit – Ersetzung staatlicher Gerichte durch private Schiedsgerichte?, ZVglRWiss 99 (2000), S.  241–250, 242 f.; siehe dazu auch Taubenschlag, Die ptolemäischen Schiedsrichter und ihre Bedeutung für die Rezeption des griechischen Rechts in Ägypten, in: Archiv für Papyrusforschung 4 (1908), S.  1–46; ebenfalls zur Historie der Schiedsgerichtsbarkeit Emerson, History of Arbitration Practice and Law, Cleveland State Law Review 19 (1970), S.  155–164, 156 f., der in dem alttestamentarischen König Salomo einen ersten Schiedsrichter erkennt und Ziegler, Das private Schiedsgericht im antiken römischen Recht, 1971. 72 Vgl. Maurer, Lex Maritima, 2012, S.  9 und Mitchell, Essay on the Early History of the Law Merchant 1904, Nachdruck 1969, S.  22 ff. und S.  39 ff. 73  Siehe dazu auch Calliess, Lex Mercatoria, in: Basedow et al. (Hrsg.) Encyclopedia of Private International Law, 2017, S.  1119–1129, S.  1121 ff; Noussia, Confidentiality in International Commercial Arbitration, a comparative analysis of the position under English, US, German and French law, 2010, S.  11 ff. und Wolaver, The Historical Background of Commercial Arbitration, University of Pennsylvania Law Review 83 (1934), S.  132–146; angemerkt sei an dieser Stelle, dass der Grad des staatlichen Einflusses auf die hier beschriebenen handelsrechtlichen Schiedsgerichte des Mittelalters regional sehr unterschiedlich ausgeprägt war. 74 Vgl. Schmitthoff, Das neue Recht des Welthandels, RabelsZ 28 (1964), S.  47–77, 49. 75  Die auf handelsrechtliche Streitigkeiten spezialisierten Schiedsgerichte wurden in England „Piewpowder Courts“ genannt. Anekdotisch anmutend führt Schmitthoff diese Bezeichnung auf den berühmten Lord Chief Justice Sir Edward Coke zurück, der den Namen der Gerichte damit erklärte, dass sie so schnell entscheiden müssten, „wie der Staub von den Füßen

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Ausgehend von diesen frühen Formen privater Konfliktlösung im Bereich des Handels lassen sich die Spuren privater Schiedsgerichtsbarkeit bis zum Beginn des modernen Nationalstaats nachverfolgen.76 So findet sich beispielsweise in der französischen Verfassung von 1791 eine Bestimmung, die es dem Gesetzgeber verwehrt, die private Schiedsgerichtsbarkeit einzuschränken.77 Auch der deutschen Rechtsordnung ist die privatisierte Form der Streitbeilegung durch Schiedsgerichte seit den Anfängen der Bundesrepublik bekannt:78 Den Protokollen des Parlamentarischen Rates zur Beratung über die Einrichtung der obersten Bundesgerichtsbarkeit (Art.  92 GG) lassen sich intensive Diskussionen über die Stellung der privaten Schiedsgerichtbarkeit im Ordnungsgefüge des Grundgesetzes entnehmen. Schließlich einigten sich die Abgeordneten darauf, dass neben der staatlichen Regelgerichtsbarkeit auch die private Rechtsprechungstätigkeit im Sinne eines Schiedsgerichtsverfahrens im Rahmen des Grundgesetzes Anerkennung finden sollte.79

der Kaufleute fiel“, vgl. dazu Schmitthoff, Das neue Recht des Welthandels, RabelsZ 28 (1964), S.  47–77, 49. 76  Zum historischen Kontext der Etablierung handelsrechtlicher Spezialgerichte als Vorläufer der modernen Schiedsgerichtsbarkeit siehe auch Calliess, Lex Mercatoria, in: Basedow et al. (Hrsg.) Encyclopedia of Private International Law, 2017, S.  1119–1129. 77  Vgl. Kapitel V, Art.  5 der französischen Verfassung von 1791: „Das Recht der Bürger, auf schiedsrichterlichem Wege ihre Streitsachen endgültig zu entscheiden, kann durch Verfügungen der gesetzgebenden Gewalt nicht eingeschränkt werden.“; vgl. zur Rolle der Schiedsgerichtsbarkeit als Ausdruck bürgerlicher Freiheit in Frankreich zur Zeit der französischen Revolution, Heller, Der verfassungsrechtliche Rahmen der privaten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 1996, S.  23 f.; für eine Einordnung des Verhältnisses von staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit aus rechtshistorischer Perspektive siehe auch Schütze, Privatisierung richterlicher Tätigkeit: Ersetzung staatlicher Gerichte durch private Schiedsgerichte?, ZVglRWiss 99 (2000), S.  241–250, 242 ff. 78  In der Literatur findet sich in diesem Zusammenhang auch der Ausdruck, dass die private Schiedsgerichtsbarkeit zum sogenannten vorkonstitutionellen Gesamtbild des Grundgesetzes gehöre, vgl. dazu Steiner, Das Verhältnis von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2013, S.  15–19, 16 und mit Hinweis auf die ebenfalls anerkannten Kirchengerichte als Rechtsprechungsorgane der christlichen Religionsgemeinschaften Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Art.  92, Rn.  87. 79  Vgl. hierzu die Ausführungen des von der Hamburgischen Bürgerschaft entsandten Mitglieds des Parlamentarischen Rates Paul de Chapeaurouge vom 22. Oktober 1948: „Wir können unseren Staatsangehörigen die freie Wahl des Schiedsgerichtsverfahrens, wenn sie zu den staatlichen Gerichten nicht gehen wollen, unsererseits nicht verbauen.“, die gesamte Beratung ist abgedruckt bei Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, Dokumentation seiner Entstehung, Bd.  23, Teilband I, 1999, S.  213 ff., das Zitat findet sich auf S.  252.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

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II. Der verfassungsrechtliche Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit Dem deutschen Gesetzgeber steht es grundsätzlich frei, neben der staatlichen Gerichtsbarkeit eine private Gerichtsbarkeit zuzulassen.80 Weder Art.  92 GG noch das Rechtsstaatsprinzip aus Art.  20 Abs.  3 GG begründen ein ausschließlich staatliches Rechtsprechungsmonopol.81 Grundsätzlich gewährleistet zwar der zumeist aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Grundrechten hergeleitete Justizgewährungsanspruch den Zugang zu den staatlichen Gerichten;82 unter gewissen Voraussetzungen kann jedoch auf diesen Zugang zugunsten einer privaten Schiedsgerichtsbarkeit verzichtet werden.83 Verfassungsrechtlich findet die private Schiedsgerichtsbarkeit seit Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahr 1949 ihre Grundlage in Art.  2 Abs.  1 GG.84 Die dogmatischen Anknüpfungspunkte für die grundsätzliche Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit sind dabei vor allem die in Art.  2 Abs.  1 GG verbürgten Grundrechtsgarantien der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Privatautonomie.85 Mitunter wird die private Schiedsgerichtsbarkeit in der rechtswissenschaftlichen Literatur insoweit auch als prozessuale Ergänzung der grundrechtlich geschützten rechtsgeschäftlichen Privatautonomie bezeichnet.86 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Verzichts auf den gesetzlich garantierten staatlichen Richter (Art.  101 GG) bzw. den Justizgewährungsanspruch wird 80  Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018, Rn.  2. 81 Vgl. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser (Hrsg.), Integrationsprobleme im Umfeld der Justiz, 1994, S.  113–199, 118 und Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Kommentar zum GG, 3. Auflage, 2018, Art.  92, Rn.  50. 82  BVerfG, Beschluss vom 02. März 1993 – 1 BvR 249/92 – BverfGE 88, 118, 123 unter Bezugnahme auf BverfG, Beschluss vom 12. Februar 1992 – 1 BvL 1/89 – BverfGE 85, 337, 345; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Band III, 3. Auflage, 2018, Art.  103, Rn.  30 und Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Kommentar zum GG, 3. Auflage, 2015, Art.  20, Rn.  211 f.; siehe zum Justizgewährungsanspruch vertiefend Calliess, Der Richter im Zivilprozess – Sind ZPO und GVG noch zeitgemäß?, DJT-Gutachten, 2014, A 44 ff. 83  BGH, Urteil vom 03. April 2000 – II ZR 373/98 – BGHZ 144, 146, 148 f. und BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 312 m. w. N. 84  Vgl. BGH, Urteil vom 03. April 2000 – II ZR 373/98 – BGHZ 144, 146, 148 f.; so auch Steiner, Das Verhältnis von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2013, S.  15–19, 16 und Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Art.  92, Rn.  87. 85  Schütze, Privatisierung richterlicher Tätigkeit: Ersetzung staatlicher Gerichte durch private Schiedsgerichte?, ZVglRWiss 99 (2000), S.  241–250, 242; zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit aus deutscher Perspektive statt vieler Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser (Hrsg.), Integrationsprobleme im Umfeld der Justiz, 1994, S.  113–199, 115 ff. 86  Steiner, Das Verhältnis von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2013, S.  15–19, 16; so auch Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Art.  92, Rn.  87.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

dementsprechend weder von der Rechtsprechung noch in der Literatur grundsätzlich in Zweifel gezogen.87 Mit der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens im 10. Buch der ZPO (§§  1025 ff. ZPO) hat auch der parlamentarische Gesetzgeber mittlerweile eine auf dem Willen der Beteiligten beruhende nichtstaatliche Gerichtsbarkeit in privatrechtlichen Angelegenheiten anerkannt.88 III. Internationale Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit Auch auf internationaler Ebene findet die private Schiedsgerichtsbarkeit grundsätzliche Anerkennung. Die wichtigsten Rechtsquellen bzw. internationalen Abkommen, die Vorschriften für Schiedsverfahren beinhalten, sind zum einen das bereits erwähnte UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (UNÜ) und zum anderen das von der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) erarbeitete Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (UNCITRAL-ML).89 Als Unterzeichner des UNÜ hat sich die Bundesrepublik Deutschland international verpflichtet, privatrechtliche Schiedsvereinbarungen und damit den Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs grundsätzlich zu akzeptieren.90 Außerdem verpflichtet das Übereinkommen die Bundesrepublik, Schiedssprüche anzuerkennen, die in anderen Mitgliedsstaaten der Konvention ergangen sind und diese nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zuzulassen.91 87  Vgl. für die Literatur: Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 23. Auflage, 2014, vor §  1025, Rn.  7; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1025, Rn.  10 und m. w. N. Geimer, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser (Hrsg.), Integrationsprobleme im Umfeld der Justiz, 1994, S.  113–199, 148 ff.; für die grundsätzliche Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit in der Rechtsprechung vgl. BGH, Urteil vom 03. Juli 1975 – III ZR 78/73 – BGHZ 65, 59, 61 und BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 312. 88  BGH, Urteil vom 03. Juli 1975 – III ZR 78/73 – BGHZ 65, 59, 61. 89  Neben diesen beiden zentralen, die internationale Schiedsgerichtsbarkeit vornehmlich regelnden internationalen Rechtsquellen, sei an dieser Stelle ebenfalls auf das im Zusammenhang mit der Zunahme der Ost-West-Handelsbeziehungen abgeschlossene Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (EuÜ) vom 21. April 1961, BGBl II 1964, 425 und das Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (Weltbank Übereinkommen) vom 18.3. 1965, BGBl. 1969 II 369, hingewiesen, siehe dazu m.W.N Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage, 2005, Kapitel 41, Rn.  2–12. 90  Vgl. Art.  2 Abs.  1 UNÜ; siehe dazu auch Schütze, in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1025, Rn.  12. 91  Vgl. Art.  2 Abs.  3 UNÜ; siehe dazu auch vertiefend C. VI. in diesem Kapitel.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

143

Das UNCITRAL-ML enthält anknüpfend an das in erster Linie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche regelnde UNÜ ausführliche Regelungen für einen effektiven Rechtsschutz im Schiedsverfahren.92 Mit Resolution vom 11. Dezember 1985 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen allen Staaten die Berücksichtigung des UNCITRAL-ML bei der Neugestaltung ihrer nationalen Schiedsverfahrensrechte empfohlen.93 Das unter umfassender Beteiligung der internationalen Rechtsgemeinschaft zustande gekommene Modellgesetz ist eine Kodifizierung weltweit anerkannter Standards der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und basiert hinsichtlich seiner Wirkungserstreckung auf der freiwilligen Übernahme durch die jeweiligen nationalen Gesetzgeber.94 Der von der UN-Vollversammlung ausgesprochenen Empfehlung zur Implementierung des Modellgesetzes durch die nationalen Gesetzgeber sind mittlerweile mehr als 50 Staaten nachgekommen.95 Auch das zum 1. Januar 1998 reformierte 10. Buch der ZPO orientiert sich in weiten Teilen am UNCITRAL-ML und fügt sich damit in die global voranschreitende Harmonisierung des Schiedsverfahrensrechts ein.96 Abschließend sei hinsichtlich der internationalen Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit darauf hingewiesen, dass auch der EGMR die Ansicht vertritt, dass das in Art.  6 Abs.  1 EMRK normierte Recht auf Zugang zu unabhängigen und unparteiischen Gerichten nicht zwangsläufig den ordentlichen Rechtsweg im Sinne der staatlichen Gerichtsbarkeit gebietet, sondern die sich aus Art.  6 Abs.  1

92 Vgl.

Schütze, in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1025, Rn.  3. 93  Siehe zur Entstehungsgeschichte des UNCITRAL-ML: Hußlein-Stich, Das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1990, und Calavros, Das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1988. 94 Vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 2005, Kapitel 41, Rn.  7. 95  Siehe dazu auch den Eintrag von Steinbrück im Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Steinbrück, staatliches Schiedsrecht, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), HWB-EuP 2009 und zum Status der Implementierung des UNCITRAL-ML durch die nationalen Gesetzgeber siehe die fortlaufend aktualisierte Übersicht der UNCITRAL, abrufbar unter: . 96  Vgl. dazu auch Saenger, in: Saenger/Eberl/Eberl (Hrsg.), Schiedsverfahren, 2019, vor §§  1025–1066, K3; hingewiesen sei an dieser Stelle darauf, dass im Gegensatz zur Reform der Vorschriften der §§  1025 ff ZPO das UNCITRAL-ML bei der Reform des schweizerischen internationalen Schiedsrechts im Rahmen des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG) keine Berücksichtigung fand, vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 2005, Kapitel 41, Rn.  7 und vertiefend zur Akzeptanzproblematik des UNCITRAL-ML in Ländern mit ausgeprägter schiedsrechtlicher Tradition, siehe Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, verfahrens- und materiellrechtliche Grundprobleme im Spiegel moderner Schiedsgesetze und Schiedspraxis, 1992, 36 f.

144

Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

EMRK ergebenden Rechte auch durch ein privates unabhängiges Schiedsorgan gewahrt werden können.97 IV. Rechtsstaatliche Bindungen der privaten Schiedsgerichtsbarkeit Die grundsätzliche Anerkennung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit durch die staatlichen Rechtsordnungen und Gerichte sowie der damit verbundene Verzicht auf die staatliche Justizgewährung untersteht gleichwohl gewissen rechtsstaatlichen Vorbehalten.98 Der BGH verweist in seiner Pechstein-Entscheidung auf das hinsichtlich dieser Vorbehalte grundlegende Urteil des EGMR vom 28.10.2010 in der Rechtssache Suda / République Tchèque.99 Demnach kann die Zuständigkeit staatlicher Gerichte in Schiedsvereinbarungen nur ausgeschlossen werden, insoweit die Schiedsvereinbarung freiwillig, erlaubt und eindeutig ist. Andernfalls muss das Schiedsverfahren entsprechend den Garantien des Art.  6 Abs.  1 EMRK ausgestaltet sein.100 Die Garantien des Art.  6 Abs.  1 EMRK beinhalten insbesondere, dass jede Person das Recht hat, Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche verhandeln zu lassen von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhendem Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist.101 Darüber hinaus muss die Aufhebung von Schieds97  Vgl. EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Rn.  91–94 und EGMR, Urteil vom 08. Juli 1986 – 9006/80 – Lithgow v. Vereinigtes Königreich, Rn.  201; siehe zu dieser Frage aus sportrechtlicher Perspektive auch den Aufsatz von Blandfort, Rechtsstaatliche Bindungen der internationalen Sportschiedsgerichtsbarkeit: Das Urteil des EGMR in der Rechtssache Mutu und Pechstein v. Schweiz, SchiedsVZ 2019, S.  120–126 und umfassend die Monografie von Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  173 ff. 98  Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018, Rn.  1–4 und Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 2020, §  1059 ZPO, Rn.  32; siehe dazu umfassend aus sportrechtlicher Perspektive die Monografie von Widdascheck, Der Justizgewährleistungsanspruch des Dopingsünders, 2018 und im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Bearbeitung noch nicht ergangene Entscheidung des BverfG in der Causa Pechstein Thöne, Von (Un-)Freiwilligkeit und (Un-)Parteilichkeit in der Sportschiedsgerichtsbarkeit – ein Appell an das Bundesverfassungsgericht, SchiedsVZ 2020, S.  176–182. 99  Vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 318 und EGMR, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 1643/06 – Suda v. République Tchèque, Rn.  48. 100  EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Rn.  145 unter Bezugnahme auf EGMR, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 1643/06 – Suda v. République Tchèque, Rn.  49. 101  Vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 318; nach ständiger Rechtsprechung des EGMR muss ein Gericht um die Anforderungen des Art.  6 Abs.  1 EMRK zu erfüllen aber nicht notwendigerweise ein Gericht im klassischen Sinne sein, das in die staatlichen Rechtsstrukturen integriert ist. Das „Gericht“ kann auch für die Entscheidung von Fragen zu einem bestimmten Bereich eingerichtet worden sein, damit diese außerhalb des ordent-

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

145

sprüchen bei Verfahrensmängeln durch staatliche Gerichte möglich sein, also grundsätzlich weitere Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch vor einem staatlichen Gericht eingelegt werden können.102 Erfüllt die Schiedsvereinbarung bzw. das sich anschließende Schiedsverfahren diese Voraussetzungen, beschränken sich die deutschen Gerichte im Rahmen der Überprüfung des Schiedsspruchs im Falle eines inländischen Schiedsspruchs auf die Aufhebungsgründe gemäß §  1059 Abs.  2 ZPO bzw. das für die Anfechtung von Schiedsurteilen von Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz zuständige Schweizerische Bundesgericht auf die Überprüfung der Anfechtungsgründe gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG.103 Über die Auslegung der vom EGMR in seiner Rechtsprechung zur Handelsschiedsgerichtsbarkeit entwickelten Grundsätze, herrscht in der rechtswissenschaftlichen Forschung und Rechtsprechung allerdings keine Einigkeit.104 Im Zusammenhang mit der hier im Fokus stehenden Sportschiedsgerichtsbarkeit hat sich deshalb im Zuge der Pechstein-Entscheidungen des BGH und EGMR eine lebhafte Debatte über die Voraussetzungen eines Verzichts auf die staatliche Justizgewährung entwickelt:105 Mit Blick auf die Debatte ist zu beobachten, dass insbesondere in der sportrechtlichen Literatur zuletzt immer häufiger Zweifel an der Vereinbarkeit sportschiedsgerichtlicher Verfahren mit den rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien geäußert werden.106 lichen Justizsystems angemessen diskutiert werden können, EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Rn.  139 unter Bezugnahme auf EGMR, Urteil vom 01. Juli 1997 – 3196/94 – Gustafson v. Schweden, Rn 45; der Argumentation des EGMR zufolge stellen somit alle echten Schiedsgerichte auch auf Gesetz beruhende Gerichte dar, siehe kritisch dazu Hülskötter, Anmerkung zu EGMR, 04.10.2018 – 40575/10 und 67474/10: Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des CAS (Fälle Mutu und Pechstein), SpuRt 2018, S.  261–263, 262 und EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Sondervotum, Rn.  18–25. 102  Vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292–320, 318. 103  Vgl. dazu auch Wiebecke/Ruckteschler/Schifferl, Anfechtung des Schiedsspruchs (Aufhebungsverfahren), in: Torggler et. al. (Hrsg.), Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit: Deutschland, Österreich, Schweiz, 2017, Rn.  1563 und explizit für die Anforderungen an ein Schiedsgericht im Sinne des 12. Kapitels des IPRG Oetiker, in: Müller-Chen/Widmer Lüchinger (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum IPRG, Band II, 3. Auflage, 2018, Art.  176 IPRG Rn.  8. 104  Siehe dafür exemplarisch den Verfahrensgang im Fall Pechstein: LG München I, Urteil vom 26. Februar 2014 –37 O 28331/12, SchiedsVZ 2014, S.  100–112; OLG München, Urteil vom 15. Januar 2015 – U 1110/14 Kart., SchiedsVZ 2015, S.  40–47 und BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292. 105  Zur Einordnung der Debatte und Abbildung der verschiedenen Standpunkte siehe statt vieler: Heermann, Sportschiedsgerichtsbarkeit 2019 – Eine Standortbestimmung, NJW 72 (2019), S.  1560–1565 und Michaelis, Der Schiedszwang im Profisport – Unter Besprechung der aktuellen Rechtsprechung am Fall Claudia Pechstein, SchiedsVZ 2019, S.  331–340. 106  Siehe dazu insbesondere Bleistein/Degenhart, Sportschiedsgerichtsbarkeit und Verfassungsrecht – Schiedsvereinbarungen und Anti-Doping-Gesetzgebung auf dem Prüfstand, NJW

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Vor dem Hintergrund der aus dem Ein-Platz-Prinzip resultierenden Monopolstellung der internationalen Sportverbände wird vor allem das Kriterium der Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung kontrovers diskutiert und hinsichtlich der Unterwerfung der Sportler unter die letztinstanzliche Schiedsgerichtsbarkeit des CAS zunehmend in Frage gestellt.107 Begründet werden diese Zweifel vornehmlich mit dem sich aus der marktbeherrschenden Stellung der internationalen Sportverbände innerhalb der jeweiligen Sportart ergebenden asymmetrischen Kräfteverhältnis zwischen Sportverband und Sportler.108 Das so entstehende strukturelle Ungleichgewicht in Verbindung mit der hierarchischen Organisationsstruktur des Wettkampfsports führe dazu, dass der Sportler beim Abschluss des Regelanerkennungsvertrages vor der folgenden Entscheidung stehe: Entweder er akzeptiert die im Regelanerkennungsvertrag enthaltene Schiedsklausel und damit die letztinstanzliche Zuständigkeit des CAS oder aber er verzichtet auf die berufliche Ausübung seines Sports und erleidet dadurch womöglich immense finanzielle Nachteile.109 Obwohl sich in dieser Konstellation sportrechtlicher Schiedsbindung nur noch schwerlich Argumente für einen freiwilligen Verzicht auf den staatlichen Rechts2015, S.  1353–1357; Prütting, Das Pechstein-Urteil des BGH und die Krise der Sport-Schiedsgerichtsbarkeit, SpuRt 2016, S.  143–148; Summerer, Die Zukunft der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport – Reformvorschläge für den CAS, SpuRt 2018, S.  197–204; Widdascheck, Der Justizgewährleistungsanspruch des Dopingsünders, 2018, S.  207 ff. und Thöne, Von (Un-)Freiwilligkeit und (Un-)Parteilichkeit in der Sportschiedsgerichtsbarkeit – ein Appell an das Bundesverfassungsgericht, SchiedsVZ 2020, S.  176–182, 177 ff.; a.A: Duve/Rösch, Der Fall Pechstein: Kein Startschuss für eine Neugestaltung der Sportschiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2014, S.  216–227. 107  Siehe grundsätzlich zur Freiwilligkeit als notwendige Bedingung jeder Schiedsvereinbarung bereits BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 1994 – 1 BvR 744/94 – NVwZ-RR 1995, 232 und BGH, Urteil vom 03. April 2000 – II ZR 373/98 – BGHZ 144, 146 und aus der Kommentarliteratur Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Art.  92, Rn.  88. 108  So argumentierte auch schon das LG München I, Urteil vom 26.02.2014 – 37 O 28331/12, SchiedsVZ 2014, S.  100–112, 105 m. w. N.; Der BGH nimmt in seiner Pechstein-Entscheidung die Prüfung der Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung aufgrund des kartellrechtlichen Anknüpfungspunktes der Berufungsentscheidung am Maßstab des Kartellrechts (§  19 GWB a. F.) vor. Die Prüfung der Freiwilligkeit hätte andernfalls ebenso über den Aufhebungsgrund des §  1059 Abs.  2 Nr.  1 a ZPO oder den ordre public-Vorbehalt des §  1059 Abs.  2 Nr.  2 b ZPO erfolgen können, vgl. dazu Prütting, Das Pechstein-Urteil des BGH und die Krise der Sport-Schiedsgerichtsbarkeit, SpuRt 2016, S.  143–148, 146. 109  Siehe dazu Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  51; Haas, Der Court of Arbitration for Sport im Spiegel der deutschen Rechtsprechung, ZVglRWiss 114 (2015), S.  516–544, 522; Thorn/Lasthaus, Das Pechstein-Urteil des BGH – ein Freibrief für die Sportschiedsgerichtsbarkeit?, IPRax 2016 S.  426–431, 427 und Orth, Zur Zukunft der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Sport – auch in Deutschland, SpuRt 2015, S.  230–234, 231.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

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schutz vorbringen lassen, vertritt der BGH die Ansicht, dass trotz faktischen Zwangs des Sportlers zum Abschluss der Schiedsvereinbarung zum CAS, das Kriterium der Freiwilligkeit noch erfüllt sei und dementsprechend der grundsätzlichen Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung zwischen Sportler und Sportverband nicht entgegenstehe.110 Der sich zuletzt in seiner Entscheidung vom 2. Oktober 2018 in der Rechtssache Mutu/Pechstein ebenfalls mit dem Kriterium der Freiwilligkeit beim Abschluss einer obligatorischen Schiedsvereinbarung zum CAS auseinandersetzende EGMR qualifiziert diese aufgrund der strukturellen Abhängigkeit der Athleten als Zwangsschiedsgerichtsbarkeit, entgegen der Ansicht des BGH.111 Dieser Schiedszwang sei jedoch nur unzulässig, insofern die rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien des Art.  6 Abs.  1 EMRK im schiedsrechtlichen Verfahren keine angemessene Berücksichtigung finden.112 Ob der CAS diese Anforderungen, die insbesondere die richterliche Unabhängigkeit und Unparteilichkeit im Schiedsverfahren voraussetzen, erfüllt, ist ebenfalls Gegenstand der Debatte. Dabei wird in der Literatur neben der einseitigen Finanzierung des CAS durch das IOC und die Sportverbände vor allem die geschlossene Schiedsrichterliste des CAS, deren Zusammenstellung die Athleten nur in geringem Maße beeinflussen können, als Hauptargument gegen die durch Art.  6 Abs.  1 EMRK gebotene richterliche Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der CAS-Schiedsrichter vorgebracht.113 110  BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 312 ff. m. w. N.; In der Literatur ist das Urteil mitunter kritisch aufgenommen worden. So wird dem BGH ein „ergebnisorientiertes“ Verständnis des Freiwilligkeitskriteriums zur Absicherung einheitlicher Zuständigkeiten und Verfahrensgestaltungen im internationalen Sport unterstellt. Zudem stören sich viele Autoren an der widersprüchlichen Argumentation des BGH, der in seiner PechsteinEnt­scheidung auf der einen Seite davon ausgeht, dass Pechstein sich der Schiedsvereinbarung zum CAS „freiwillig“ unterworfen habe, auf der anderen Seite ihre Entscheidung hinsichtlich der Unterwerfung unter die Schiedsvereinbarung aber als „fremdbestimmt“ bezeichnet, siehe dazu statt vieler Heermann, Sportschiedsgerichtsbarkeit 2019 – Eine Standortbestimmung, NJW 72 (2019), S.  1560–1565, 1561; außerdem wird die vom BGH getätigte Annahme, Sportler und Verband stünden bei Dopingfragen im selben Lager, da beide Seiten ein Interesse an einem dopingfreien Sport haben, kritisiert, siehe dazu Prütting, Das Pechstein-Urteil des BGH und die Krise der Sport-Schiedsgerichtsbarkeit, SpuRt 2016, S.  143–148, 146. 111  Der EGMR qualifiziert das Schiedsverfahren vor dem CAS in seinem Urteil als „un arbitrage forcé“, vgl. EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Rn.  114 f. und 147. 112  EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Rn.  95 und 115; siehe dazu auch Blandfort, Rechtsstaatliche Bindungen der internationalen Sportschiedsgerichtsbarkeit: Das Urteil des EGMR in der Rechtssache Mutu und Pechstein v. Schweiz, SchiedsVZ 2019, S.  120–126, 122. 113  Siehe zur institutionellen Struktur des CAS Abschnitt V. in diesem Kapitel und ebenfalls die im Verlauf bereits zitierten kritischen Stimmen von Summerer, Die Zukunft der Schiedsge-

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Trotz dieser berechtigten Zweifel an der Einhaltung der rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien des Art.  6 Abs.  1 EMRK kommt der EGMR in seinem Urteil in der Rechtssache Mutu/Pechstein nach umfassender Gesamtabwägung zu dem Ergebnis, dass das schiedsgerichtliche Verfahren vor dem CAS die Mindeststandards der in der EMRK statuierten Verfahrensrechte einhalte und damit die im Rahmen der Handelsschiedsgerichtsbarkeit entwickelten Grundsätze der staatlichen Anerkennung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit noch erfülle.114 Ungeachtet zahlreicher Einwände in der Literatur und verschiedener Instanzgerichte wird der CAS mittlerweile von der internationalen Rechtsgemeinschaft als ein echtes Schiedsgericht anerkannt, was dazu führt, dass dessen Entscheidungen lediglich der eingeschränkten Kontrolle staatlicher Gerichte unterliegen.115 Wie diese Rechtsschutzmöglichkeiten gegen letztinstanzliche Schiedssprüche des CAS vor deutschen und Schweizer Gerichten im Einzelnen ausgestaltet sind, soll in der Folge aufgrund der besonderen Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der transnationalen und verbandsübergreifenden Dopingregulierung herausgearbeitet werden. Vorbereitend folgt zunächst eine Auseinandersetzung mit den Abgrenzungskriterien zwischen Verbands- und echten Schiedsgerichten, die durch staatliche Gerichte entwickelt wurden.

richtsbarkeit im Sport – Reformvorschläge für den CAS, SpuRt 2018, S.  197–204 und Widdascheck, Der Justizgewährleistungsanspruch des Dopingsünders, 2018, S.  207 ff. 114  Zu diesem Ergebnis kommt auch der BGH in seiner Pechstein-Entscheidung, siehe zur Argumentation nochmal BGH, Urteil vom 07. Juni 2016 – KZR 6/15 – BGHZ 210, 292, 302, 310, 316 ff.; a. A. Sondervotum der EGMR-Richter Keller und Serghides, die die Unabhängigkeit des CAS in Zweifel ziehen, EGMR, Urteil vom 02.Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 – Mutu und Pechstein v. Schweiz, Sondervotum, Rn.  5 ff.; das für die Überprüfung von CASSchieds­sprüchen originär zuständige Schweizerische Bundesgericht qualifizierte den CAS bereits mit Einschränkungen 1993 in seiner Gundel-Entscheidung, BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271 und schließlich 2003 im Rahmen seiner Lazutina/Danilova-Entscheidung, BG, Urteil vom 27. Mai 2003, BGE 129 III, 445, vollumfänglich als ein echtes Schiedsgericht, siehe zu den Entscheidungen Gundel und Lazutina/Danilova auch Abschnitt IV. in diesem Kapitel. 115  Siehe dazu auch den aktuellen Debattenbeitrag von Duval, Not in My Name! Claudia Pechstein and the Post-Consensual Foundations of the Court of Arbitration for Sport, in: Fabri et. Al. (Hrsg.), International Judicial Legitimacy, 2020, S.  169–202; die letztlich in dieser Arbeit nicht abschließend zu beantwortende Frage nach der möglicherweise unzulässigen Inanspruchnahme verfahrensgestaltender Marktmacht durch die internationalen und nationalen Sportverbände beschäftigt auch das BVerfG. Die Verfassungsbeschwerde Pechsteins (1 BvR 2103/16) war bereits in der Jahresvorschau des BVerfG. für das Jahr 2020 gelistet. Eine Entscheidung steht zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch aus.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

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V. Zur Abgrenzung von Verbandsgerichten und echten Schiedsgerichten Der wirksame Ausschluss umfassender Kontrolle eines Schiedsspruchs durch die staatlichen Gerichte ist den bisher gemachten Ausführungen zufolge also nur möglich, soweit es sich bei dem eingesetzten Schiedsgericht um eine unabhängige und neutrale Instanz im Sinne der vom EGMR aufgestellten Kriterien handelt.116 Um eine solche unabhängige und neutrale Instanz handelt es sich bei den dem CAS regelmäßig in Dopingfällen vorgeschalteten verbandsinternen Kommissionen und Gerichtsbarkeiten grundsätzlich nicht.117 Disziplinarorgane der internationalen Sportverbände, wie die Disziplinarkommission der ISU, die die Sperre im Fall Claudia Pechstein ausgesprochen hat, oder die Disziplinarkommission der FIFA im Fall SV Wilhelmshaven, sind verbandsinterne Organe, deren Disziplinar- und Strafgewalt sich aus der dargestellten Befugnis zur Selbstorganisation der Vereine ableitet.118 Diese ist wiederum Ausfluss der verfassungsrechtlich garantierten Verbandsautonomie und berechtigt die Vereine und Verbände, etwaige Verstöße gegen ihre Regelwerke zu sanktionieren.119 Der verbandsinternen Gerichtsbarkeit fehlt allerdings zumeist aufgrund ihrer Funktion als Vereinsbzw. Verbandsorgan und der daraus resultierenden Abhängigkeit vom Dachverband die für eine Anerkennung als echtes Schiedsgericht vorausgesetzte Unabhängigkeit und Überparteilichkeit.120 Kann also die Unabhängigkeit nicht hinreichend gewährleistet werden, sind die Entscheidungen dieser Spruchkörper nicht als Schiedssprüche, sondern als Ausdruck der internen Willensbildung des Verbandes zu qualifizieren.121 Im Unterschied zu den Entscheidungen echter Schiedsgerichte, deren Entscheidungen lediglich anhand der Aufhebungs- bzw. 116 Auch das Schweizerische Bundesgericht, welches grundsätzlich für die Kontrolle der Schiedssprüche des CAS zuständig ist, fordert zur Einordnung eines Schiedsgerichts als echtes Schiedsgericht die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Spruchkörpers, siehe dazu eingehend Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  63 ff.; an dieser Stelle sei nochmal daran erinnert, dass die Qualifikation des Schiedsgerichts als echtes Schiedsgericht deshalb von besonderer Relevanz ist, da sich ein staatliches Gericht im Geltungsbereich der UNÜ gemäß Art.  2 Abs.  3 UNÜ bzw. aus rein deutscher Perspektive gemäß §  1032 Abs.  1 ZPO i. V. m. §  1025 Abs.  2 ZPO im Falle der Geltendmachung der sogenannten Einrede der Schiedsvereinbarung durch eine Partei stets für unzuständig erklären muss, soweit eine wirksame Schiedsvereinbarung zu einem echtem Schiedsgericht vorliegt. 117 Siehe dazu Prütting, in: Prütting/Gehrlein (Hrsg.), Zivilprozessordnung-Kommentar, 12. Auflage, 2020, §  1025, Rn 18 und 19. 118  Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 2014, vor §  1025, Rn.  11 und bereits Kapitel 2 B. 119 Ebd. 120  BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 – III ZB 53/03 – BGHZ 159, 207, 210 f. und BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271, 276. 121  Vgl. dazu auch bereits Haas, Die Sportgerichtsbarkeit des Tribunal Arbitral du Sport

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Anfechtungsgründe des §  1059 Abs.  2 ZPO bzw. Art.  190 Abs.  2 IPRG aufgehoben werden können, unterliegen die Schiedssprüche der verbandsinternen Gerichtsbarkeit deshalb der weitreichenden Kontrolle staatlicher Gerichte.122 Der ständigen Rechtsprechung des BGH zufolge unterliegen sowohl alle formalen Kriterien der Entscheidung des Verbandsgerichts als auch materielle Fragen wie die Tatsachenfeststellung im Disziplinarverfahren der richterlichen Kontrolle.123 Den Verbandsgerichten verbleiben dementsprechend lediglich autonome Bewertungsspielräume bei der Sanktionszumessung, denen aber bei den hier in Rede stehenden Monopolverbänden bzw. Vereinigungen mit einer überragenden Machtstellung in ihrer jeweiligen Sportart ebenfalls enge Grenzen gesetzt sind.124 So überprüft der BGH Ausschlussentscheidungen der Monopolverbände nicht nur auf Gesetzwidrigkeit, grobe Unbilligkeit oder Willkür, sondern unterzieht die für den Ausschluss vorgetragenen Gründe des Verbandes einer einzelfallbezogenen Abwägung.125 VI. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS vor staatlichen Gerichten im Überblick Die Schiedsordnung des CAS sieht keine weitere Rechtsmittelinstanz vor.126 Will sich ein Verband oder Athlet also gegen eine letztinstanzlich ergangene Entscheidung des CAS zur Wehr setzen, kommt eine weitergehende Überprüfung des Schiedsspruchs nur noch vor nationalen Gerichten in Betracht.127 Im Gegensatz zu den umfassenden Kontrollmöglichkeiten verbandsgerichtlicher Schiedssprüche ist die staatliche Überprüfung von Schiedssprüchen echter (TAS), ZeuP 1999, S.  355–375, 362 und Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  66. 122  BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 109 f. und Summerer, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 2. Teil, Rn.  420 ff. 123  Die Verbandsgerichtsbarkeit ist dem staatlichen Verfahren mithin lediglich vorgelagert, Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 2014, vor §  1025, Rn.  11 m. w. N. insbesondere zur ständigen Rechtsprechung des BGHs zum Kontrollmaßstab verbandsgerichtlicher Entscheidungen. 124  Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  208 ff. und ausführlich zur staatlichen Überprüfung von Vereinsstreitigkeiten Behler, in: Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 2, Rn.  3261. 125  BGH, Urteil vom 19. Oktober 1987 – II ZR 43/87 – BGHZ 102, 265, 276 f. unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 10. Dezember 1984 – II ZR 91/84 – BGHZ 93, 151, 158. 126  Vgl. Art. R46 Abs.  3 der Schiedsordnung des CAS; zur „Endgültigkeit“ der CAS-Schiedssprüche siehe auch Görtz, Anti-Doping-Maßnahmen im Hochleistungssport aus rechtlicher Sicht, 2012, S.  250. 127  Tyrolt, Sportschiedsgerichtsbarkeit und zwingendes staatliches Recht, unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Kartellrechts und des US-amerikanischen RICO Act, 2007, S.  103.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

151

Schiedsgerichte lediglich in eingeschränkter Form möglich.128 Mit Blick auf die vom CAS erlassenen Schiedssprüche ist in der Folge zunächst zwischen den bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten in Deutschland und der Schweiz zu unterscheiden. Zudem gilt es, zwischen der Aufhebung des Schiedsspruchs und damit seiner vollständigen Beseitigung und der Möglichkeit der Verhinderung seiner Vollstreckung zu differenzieren.129 1. Rechtsschutz gegen Schiedssprüche des CAS in Deutschland Ausgehend von der verfassungsrechtlichen Ausgangssituation in Deutschland ist die Zulassung privater Schiedsgerichtsbarkeit verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten.130 Entscheidet sich der Gesetzgeber wie in Deutschland durch die einfachgesetzliche Ausgestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens im 10. Buch der ZPO (§§  1025 ff. ZPO) aber für die Zulassung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, was ihm verfassungsrechtlich ebenfalls freisteht, da Art.  20 Abs.  3 GG und Art 92 GG kein staatliches Rechtsprechungsmonopol begründen, so hat er dafür Sorge zu tragen, dass die rechtstaatlichen Bindungen des Schiedsverfahrens eingehalten werden.131 Aus dieser Verpflichtung des Gesetzgebers heraus ergibt sich die Notwendigkeit, adäquate Rechtsbehelfe für die Überprüfung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit durch die staatlichen Gerichte bereitzustellen.132 Diese Überprüfungsmöglichkeiten stellen mit den Worten des BGH-Richters Gottfried Hammer „das notwendige Korrelat zu den Rechtswirkungen dar, die der Gesetzgeber der Entscheidung eines privaten Schiedsgerichtes beimisst“133. Dabei gilt es aus deutscher Perspektive zwischen zwei Instrumenten zu unterscheiden: Gemäß §  1059 ZPO kann ein deutsches staatliches Gericht den Schiedsspruch eines echten Schiedsgerichts aufheben und damit dessen Urteils128  Siehe dazu umfassend Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte durch die staatlichen Gerichte, 1992 und eine mehr nationale Perspektive einnehmend die Monografie des Rechtsanwalts beim BGH Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018. 129  Für den in dieser überblicksartigen Darstellung ausgeklammerten einstweiligen Rechtsschutz gegen Verbandsmaßnahmen vor nationalen Gerichten siehe Classen, Rechtsschutz gegen Verbandsmaßnahmen im Profisport, 2014, S.  113 ff. und Cherkeh/Schroeder, Einstweiliger Rechtsschutz durch staatliche Gerichte im Anwendungsbereich einer Athletenvereinbarung, SpuRt 2007, S.  101–103. 130  Siehe zum Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit bereits Abschnitt D. III. 131  Gemeint sind damit also vor allem die Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung und die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsgerichts, vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 2020, §  1059, Rn.  32. 132  Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018, Rn.  4. 133 Ebd.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

wirkung beseitigen.134 Das angerufene staatliche Gericht ist dabei im Rahmen des Aufhebungsverfahrens an die in §  1059 Abs.  2 ZPO abschließend aufgeführten Aufhebungsgründe gebunden. Eine Inhaltskontrolle des Schiedsspruchs findet grundsätzlich nicht statt.135 Im Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS gilt es zu beachten, dass §  1059 ZPO gemäß §  1025 Abs.  1 ZPO lediglich Anwendung findet, soweit der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland liegt.136 Da es sich beim CAS aber um ein aus deutscher Perspektive ausländisches Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz handelt, sind die deutschen Gerichte zur Aufhebung des Schiedsspruchs nicht zuständig.137 Abgesehen von der im Rahmen der Pechstein-Entscheidung des BGHs bereits skizzierten Möglichkeit, per Feststellungsantrag gemäß §  1032 Abs.  1 bzw. Abs.  2 ZPO und §  1025 Abs.  2 ZPO i. V. m. Art. II Abs.  3 UNÜ inzident die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts bzw. die Unwirksamkeit der Schiedsklausel feststellen zu lassen, bietet sich für die vor dem CAS unterlegene Partei somit keine Möglichkeit, die Aufhebung des Schiedsspruchs und damit seine vollständige Beseitigung vor deutschen Gerichten auf dem Klageweg zu erreichen.138 Die fehlende Kompetenz deutscher Gerichte zur Aufhebung eines im Ausland ergangenen Schiedsspruchs führt dazu, dass der vor dem CAS unterlegenen Partei einzig die Möglichkeit verbleibt innerhalb des Vollstreckbarerklärungsverfahrens gemäß §  1061 ZPO i. V. m. Art. V UNÜ gegen einen Schiedsspruch des CAS 134  Siehe dazu auch Classen, Rechtsschutz gegen Verbandsmaßnahmen im Profisport, 2014, S.  107 f. und Tyrolt, Sportschiedsgerichtsbarkeit und zwingendes staatliches Recht, 2007, S.  106 ff. 135 Die auch als révision au fond bezeichnete Inhaltskontrolle eines Schiedsspruchs auf Richtigkeit ist in den Aufhebungsgründen jenseits der ordre public-Klausel in §  1059 Abs.  2 Nr 2 b) ZPO nicht vorgesehen. Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts müssen also grundsätzlich hingenommen werden, vgl. dazu Münch, in: MüKo-ZPO, 5. Auflage, 2017, §  1059, Rn.  7; zum Verbot der révision au fond, also der Überprüfung des Schiedsspruchs auf seine inhaltliche Richtigkeit, sowohl im Aufhebungs- als auch im Vollstreckungsverfahren im deutschen Recht siehe auch Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 2020, §  1059, Rn.  47. 136  Die Formulierung „Ort des Schiedsverfahrens“ in §  1025 Abs.  1 ZPO stellt auf den Sitz des Schiedsgerichts ab; siehe vertiefend zum Sitzprinzip Schütze, in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1025, Rn.  101 ff. und zur Bestimmung des Sitzes ders., in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1043, Rn.  12 ff. 137  Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 2020, §  1059, Rn.  1b und zur weltweit anerkannten Praxis, dass inländische Gerichte ausländische Schiedssprüche nicht aufheben, sondern lediglich die Anerkennung versagen können, siehe Schlosser, in: Stein/Jonas, 2014, ZPO-Kommentar, §  1061, Rn.  1 und Anhang zu §  1061, Rn.  146. 138  Siehe zur partiellen Anwendbarkeit deutschen Schiedsrechts bei ausländischem oder noch nicht bestimmten Schiedsort Voit, in: Musielak/Voit, ZPO-Kommentar, 16. Auflage, 2019, §  1025, Rn.  5 und Eichel, Schiedsklauseln in Athletenvereinbarungen aus dem Blickwinkel des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts, IPRax 2016, S.  305–310, 306.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

153

vor deutschen Gerichten vorzugehen.139 In diesem Verfahren wird der Schiedsspruch anhand der in Art. V UNÜ abschließend aufgeführten Anerkennungsversagungsgründe überprüft und so der staatlichen Kontrolle zugänglich gemacht.140 Hinsichtlich der Frage nach geeigneten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen vom CAS erlassene bzw. bestätigte Dopingsanktionen stellen sich im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens jedoch gleich mehrere praktische Probleme. Zum einen entfaltet die einredeweise Geltendmachung der Anerkennungsunfähigkeit des Schiedsspruchs ihre Wirkung lediglich im Inland, wodurch denjenigen Athleten nur unzureichend geholfen ist, die zur Ausübung ihres Berufs auf die Teilnahme an international ausgetragenen Wettkämpfen angewiesen sind.141 Zum anderen verfügen die internationalen und nationalen Sportverbände über eigenständige verbandsrechtlich ausgestaltete Disziplinarkommissionen und -gerichtsbarkeiten, die ihnen die Möglichkeit eröffnen, die im WADC normierten Anti-Doping-Bestimmungen eigenständig durchzusetzen ohne den Rückgriff auf staatliche Institutionen, wie in Kapitel 3 bereits erörtert. Ein gesondertes staatliches Vollstreckungsverfahren ist aus der Perspektive der Sportverbände bei der Durchsetzung einer Dopingsperre nicht erforderlich.142 Außerhalb der Dopingregulierung steht der in Kapitel 2 diskutierte Fall des SV Wilhelmshaven exemplarisch für die mangelnde Angewiesenheit der internationalen Sportverbände auf die Inanspruchnahme staatlicher Vollstreckungshilfe 139 

Für einen systematischen Überblick über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche siehe Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 2020, §  1061, Rn.  1 ff.; an dieser Stelle gilt es außerdem zu beachten, dass die Überprüfung eines Schiedsspruchs des CAS im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zunächst die Beantragung der Vollstreckung des Schiedsspruchs durch die siegreiche Partei voraussetzt. Deshalb wird im deutschen Recht aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit auch eine negative Feststellungsklage gemäß §  256 ZPO i. V. m. Art. V UNÜ der unterlegenen Partei auf Feststellung, dass der Schiedsspruch im Inland wegen Nichtanerkennung keine Wirkung entfaltet für zulässig erachtet, soweit die siegreiche Partei keinen Antrag auf Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung gestellt hat, vgl. dazu Tyrolt, Sportschiedsgerichtsbarkeit und zwingendes staatliches Recht, 2007, S.  107 und für die Anerkennung der negativen Feststellungsklage in dieser Situation aus der Kommentarliteratur statt vieler Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 2014, §  1061, Rn.  7 und Schütze, in: Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 2020, §  1061, Rn.  13. 140  Zu den einzelnen Anerkennungsversagungsgründen im Detail siehe Schlosser, in: Stein/ Jonas, ZPO-Kommentar, 2014, Anhang zu §  1061, Rn.  146 ff. 141  Eichel, Schiedsklauseln in Athletenvereinbarungen aus dem Blickwinkel des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts, IPRax 2016, S.  305–310, 307 und Geimer, in: Zöller, ZPO-Kommentar, 2020, §  1061, Rn.  19. 142  Siehe zur eigenständigen Durchsetzung der Sanktionskataloge durch die Sportverbände auch BG, Urteil vom 22. März 2007, BGE 133 III, 235, 242: „Par ailleurs, les sanctions infligées aux sportifs, telles que la disqualification ou la suspension, ne nécessitent pas de procédure d’ exequatur pour être mises en oeuvre.“

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

bei der Durchsetzung ihrer Sanktionskataloge. Den Fall in Erinnerung rufend bedurfte der auf der Durchsetzung des CAS-Urteils beruhende, von der FIFA angeordnete und letztlich vom NFV umgesetzte Zwangsabstieg des SVW eben nicht der Anrufung staatlicher Gerichte im Anerkennungs- bzw. Vollstreckungsverfahren gemäß §  1061 ZPO i. V. m. Art. V UNÜ, sondern konnte mittels des verbandseigenen Sanktionsinstrumentariums durchgesetzt werden.143 Der Bedarf nach staatlicher Vollstreckung eines Schiedsspruchs stellt sich aus der Perspektive der internationalen Sportverbände demzufolge also nur in Fällen, in denen ein Sportler zusätzlich zu der verbandsintern durchsetzbaren Sperre oder Disqualifikation zu einer Zahlung von Schadensersatz oder einer Geldstrafe schiedsgerichtlich verurteilt wurde und der Sportler anschließend dieser Verpflichtung nicht nachkommt.144 Die ebenfalls denkbare umgekehrte Konstellation, dass ein Verband einer auf einem Schiedsspruch des CAS beruhenden Schadensersatzforderung gegenüber einem Athleten nicht nachkommt, ist aufgrund des bereits erläuterten Interesses der Verbände an der Einsetzung privater Schiedsgerichte zur einheitlichen Anwendung der internationalen Regelwerke bzw. zur Abschirmung ihrer Regelwerke vom Einfluss staatlicher Gerichte nicht sehr wahrscheinlich.145 Es lässt sich festhalten, dass sich für die vor dem CAS unterlegene Partei lediglich sehr eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten vor deutschen Gerichten bieten bzw. sich das zur Verfügung stehende Instrumentarium zur Kontrolle eines Schiedsspruchs im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens vor dem Hintergrund des von den Verbänden etablierten Systems des Selbstvollzugs als ungeeignet erweist. 2. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS in der Schweiz Hinsichtlich der Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Schiedssprüche des CAS vor Schweizer Gerichten ist zwischen der Anfechtungsklage gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG und der Revision gemäß Art.  121 ff. BGG zu differenzieren.

143  Siehe

dazu Kapitel 2 C. II. 1. und ebenfalls diesen Vergleich ziehend Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  66. 144 Vgl. Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  510 f. und Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  168. 145  So auch Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  1155.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

155

a) Anfechtungsklage gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG Begehrt ein Verband oder ein Athlet die vollständige Aufhebung einer schiedsgerichtlichen Entscheidung des CAS, kann er dies mit einer Anfechtungsklage gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG erreichen.146 Einzige Beschwerdeinstanz für diese Art der Klage ist gemäß Art.  191 IPRG das Schweizerische Bundesgericht.147 Das Verfahren richtet sich in der Folge nach Art.  77 des Schweizer Bundesgerichtsgesetzes (BGG).148 Gemäß Art.  100 Abs.  1 BGG ist die Beschwerdefrist von 30 Tagen nach Eröffnung des Schiedsspruchs einzuhalten.149 Die Aufhebung des Schiedsspruchs ist auf die in Artikel 190 Abs.  2 IPRG abschließend aufgezählten fünf Anfechtungsgründe beschränkt. Demzufolge kann der Entscheid nur angefochten werden, a) wenn der Einzelschiedsrichter vorschriftswidrig ernannt oder das Schiedsgericht vorschriftswidrig zusammengesetzt wurde; b) wenn sich das Schiedsgericht zu Unrecht für zuständig oder unzuständig erklärt hat; c) wenn das Schiedsgericht über Streitpunkte entschieden hat, die ihm nicht unterbreitet wurden oder wenn es Rechtsbegehren unbeurteilt gelassen hat; d) wenn der Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien oder der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt wurde; e) wenn der Entscheid mit dem Ordre public unvereinbar ist. Das Schweizerische Bundesgericht prüft die Anfechtungsgründe nicht von Amts wegen, sondern nur dann, wenn sie von der Partei im Verfahren vorgebracht werden, von der die Beschwerde erhoben wurde.150 Außerdem geht aus den ab146  Siehe vertiefend zur Bezeichnung der Überprüfungsmöglichkeit als Anfechtung bzw. der in Art.  72 ff. BGG verwendeten Bezeichnung als Beschwerde in Zivilsachen, Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  10. 147  Ausgeklammert sind Binnenstreitigkeiten, d. h. Streitigkeiten, in denen beide Parteien ihren Sitz in der Schweiz haben. Die Überprüfung von Binnenstreitigkeiten richtet sich nach den §§  389 schweizerische Zivilprozessordnung (CH-ZPO). Die hier behandelten internationalen Streitigkeiten, d. h. mindestens eine der sich im Schiedsverfahren gegenüberstehenden Parteien hat ihren Sitz nicht in der Schweiz, richten sich nach dem für internationale Schiedsverfahren maßgeblichen 12. Kapitel des schweizerischen IPRG, vgl. dazu Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  94 ff. und vertiefend zur Binnenschiedsgerichtsbarkeit aus sportrechtlicher Perspektive Haas, Die (neue) ZPO und die Sportschiedsgerichtsbarkeit, ASA Bulletin, 30 (2012), S.  312–348. 148  Vgl. Art.  191 IPRG. 149  Vgl. für die weiteren formellen Voraussetzungen der Anfechtungsklage Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  15 ff. 150 Vgl. Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

schließend angeführten Anfechtungsgründen hervor, dass das Schweizerische Bundesgericht nicht die materiellrechtliche Richtigkeit des Schiedsspruchs überprüft.151 Auffällig ist darüber hinaus, dass die zitierten Anfechtungsgründe gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG in weiten Teilen angeglichen sind, an die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vor deutschen Gerichten bereits angeführten Versagungsgründe gemäß Art. V UNÜ.152 Neben der Anfechtung wegen der Verletzung des Grundsatzes des rechtliches Gehörs gemäß Art.  190 Abs.  2 lit.  d) IPRG wird die Unvereinbarkeit des Schiedsspruches mit dem ordre public in der Anfechtungssituation vor dem Schweizerischen Bundesgericht am häufigsten gerügt.153 Während Art.  190 Abs.  2 lit.  a)–d) IPRG den Parteien also die Möglichkeit einräumen, Prozessfehler zu rügen, ermöglicht Art.  190 Abs. lit.  d) den Parteien die Gelegenheit, die materiellrechtliche Seite des Schiedsspruchs zu überprüfen.154 Wie eng der Korridor der materiellrechtlichen Überprüfung bemessen ist, zeigt die ständige Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts zum Gehalt der Norm, welche in der Folge dargestellt werden soll. Der in Art.  190 Abs.  2 lit.  e) IPRG normierte ordre public-Vorbehalt hat sowohl einen materiellen als auch einen verfahrensrechtlichen Gehalt.155 Er bezieht sich dabei nicht in erster Linie auf die Grundlagen der schweizerischen Rechtsordnung, sondern wird vom Schweizerischen Bundesgericht als ein inter- bzw. transnationaler ordre public verstanden, der sich mit den Worten Gutzwillers an

und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  21 und BG, Urteil vom 05. November 1991, BGE 117 II, 604, 606. 151  Siehe dazu Netzle, Die Beschwerde gegen Schiedssprüche des CAS, SpuRt 2011, S.  2–7, 4 und Pfisterer, in: Basler Kommentar Internationales Privatrecht, 3. Auflage, 2013, Art.  190 IPRG Rn.  17. 152  Siehe dazu auch Art.  34 UNCITRAL-ML, der ebenfalls eine auf Art. V UNÜ abgestimmte Liste von Rügen enthält, vgl. Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  1543. 153  Die statistischen Daten sind zwei Studien der Schweizer Vereinigung für Schiedsgerichtsbarkeit (ASA) entnommen, die in den Jahren 2007 und 2010 im ASA Bulletin veröffentlicht wurden; die Studien finden sich in der Online-Datenbank der Vereinigung unter: Dasser, International Arbitration and Setting Aside Proceedings in Switzerland: A Statistical Analysis, ASA Bulletin 25 (2007), S.  444–472 und ders., International Arbitration and Setting Aside Proceedings in Switzerland – An Updated Statistical Analysis, ASA Bulletin 28 (2010), S.  82– 100. 154 Vgl. Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  1594. 155  Vgl. BG, Urteil vom 28. April 2000, BGE 126 III, 249, 252 und Oetiker, in: Müller-Chen/ Widmer Lüchinger (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum IPRG, Band II, 3. Auflage, 2018 Art.  190 IPRG Rn.  91.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

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„den in den Kulturstaaten und daher überstaatlich geltenden rechtlichen oder sittlichen Grundauffassungen“156 orientiert.157 Ein Schiedsspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts gegen den materiellrechtlichen ordre public, wenn er „fundamentale Rechtsgrundsätze verletzt und daher mit der Rechts- und Werteordnung schlechthin unvereinbar ist“158. Zu diesen fundamentalen Rechtsgrundsätzen zählt das Bundesgericht den Grundsatz von Treu und Glauben, das Prinzip pacta sunt servanda, das Verbot der entschädigungslosen Enteignung, das Diskriminierungsverbot und den Schutz von Handlungsunfähigen.159 Hinsichtlich der hier im Fokus stehenden globalen Dopingregulierung durch die WADA und dem von ihr entworfenen WADC ist an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass die im WADC normierte Beweislastumkehr (strict liability) nach ständiger Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts nicht gegen den materiellrechtlichen ordre public verstößt.160 Mittlerweile ist darüber hinaus anerkannt, dass unter den ordre public-Vorbehalt des Art.  190 Abs.  2 lit.  e) auch grundlegende prozessuale Fehler fallen können, die von Art.  190 Abs.  2 lit.  a)–d) nicht erfasst werden.161 Ein Verstoß gegen den formell- bzw. verfahrensrechtlichen ordre public liegt nach Auffassung des Schweizerischen Bundesgerichts vor „bei der Verletzung von fundamentalen und allgemein anerkannten Verfahrensgrundsätzen, deren Nichtbeachtung zum 156 

Das Zitat Gutzwillers ist dem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts, BG, Urteil vom 19. April 1994, BGE 120 II, 155, 168 entnommen. Das Gericht bedient sich an dieser Stelle des Zitats um sein Verständnis eines nicht allein vom Schweizer Recht geprägten, sondern vielmehr universell auszulegenden ordre publics zu verdeutlichen. 157  Siehe vertiefend zum Gehalt des ordre public-Vorbehalts in Art.  190 Abs.  2 lit.  e) IPRG und der diesbezüglich nicht immer konsistenten Terminologie des Schweizerischen Bundesgerichts Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  1597 ff. und Oetiker, in: Müller-Chen/Widmer Lüchinger (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum IPRG, Band II, 2018, Art.  190 IPRG Rn.  95 ff. 158  BG, Urteil vom 14. November 1990, BGE 116 II 634, 636; ein Verstoß gegen europäisches Kartellrecht stellen dahingegen nach st. Rspr. des BG keinen solchen Verstoß dar, siehe dazu BG, Urteil vom 8. März 2006 – 4P.278/2005 und Orth, Verstoßen exklusive Sportschiedsklauseln mit Schiedsort Schweiz gegen europäisches Kartellrecht?, ZWeR 4 (2018), S.  382–391. 159  Ebd.; siehe vertiefend zur Diskussion um die Existenz eines sportrechtlichen ordre public Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  104 ff. 160  BG, Urteil vom 4. August 2006, 4P.105/2006, D8; siehe dazu auch Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007, S.  395, 404 f., die hier die Ansicht vertritt, dass auch der Sanktionskatalog des WADC grundsätzlich nicht gegen den ordre publicVor­behalt verstoße. 161  Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  1612 m. w. N. und BG, Urteil vom 28. April 2000, BGE 126 III, 249, 253.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Rechtsempfinden in einem unerträglichen Widerspruch steht“162. So verletzt ein Schiedsgericht beispielsweise den verfahrensrechtlichen ordre public, wenn es sich in seinem Urteil über die materielle Rechtskraft (res iudicata) eines früheren Entscheids in derselben Sache zwischen denselben Parteien hinwegsetzt.163 Führt man nun also diese beiden Ausprägungen des ordre public zusammen, wird deutlich, in welch engen Grenzen die Schiedssprüche des CAS vor dem Schweizerischen Bundesgericht angegriffen werden können. Die äußerst restriktive Anwendung des ordre public-Vorbehalts spiegelt sich auch in der insgesamt geringen Erfolgsquote der eingereichten Anfechtungsklagen vor dem Schweizerischen Bundesgericht wider.164 So wurden in den Jahren 2006 bis 2015 von insgesamt 103 sich auf Schiedssprüche des CAS beziehenden Anfechtungsklagen, lediglich zehn positiv beschieden, was einer Erfolgsquote von 9,71 Prozent entspricht.165 Trotz der geringen Erfolgsaussichten und des anzuerkennenden Umstandes, dass es sich beim Schweizerischen Bundesgericht nicht um eine weitere Verfahrensinstanz handelt, in welcher das materielle Ergebnis des Schiedsspruchs erneut der umfassenden Kontrolle zugänglich gemacht werden kann, bietet die Anfechtungsklage mithin grundsätzlich die Möglichkeit einer, 162 

BG, Urteil vom 28. April 2000, BGE 126 III, 249–256, 253 und dazu auch bereits BG, Urteil vom 26. Oktober 1977, BGE 103 Ia, 531, 532. 163  BG, Urteil vom 3. April 2002, BGE 128 III, 191, 194; siehe dazu vertiefend mit weiteren Beispielen Berger/Kellerhals, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, Rn.  1613 ff. und zur Geltung der res iudicata im Sportrecht Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  104 ff. 164  Siehe dazu auch Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  96; Lungstras erklärt die geringe Erfolgsquote vor dem Schweizerischen Bundesgericht neben den engen Grenzen der Aufhebungsgründe auch mit der insgesamt liberalen, schiedsfreundlichen Haltung des Schweizerischen Bundesgerichts gegenüber den Besonderheiten des Sportrechts, vgl. ders., Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, S.  58 f.; dazu auch bereits Haas, Loslösung des organisierten Sports aus der Umklammerung des nationalen Rechts, SJZ 106 (2010), S.  585–593, 588 ff. 165  Die Statistiken sind ebenfalls einer Studie der ASA entnommen; die Studie findet sich in der Online-Datenbank der Vereinigung unter Dasser/Wójtowicz, Challenges of Swiss Arbitral Awards – Updated and Extended Statistical Data as of 2015, ASA Bulletin 34 (2016) S.  280– 300, 282; einzig bisher erfolgreicher Fall im Zusammenhang mit der Rüge des ordre public-Vorbehalts gemäß Art.  190 Abs. lit.  e) IPRG im Sport ist der Fall des brasilianischen Fußballspielers Francelino da Silva Matuzalem, siehe dazu BG, Urteil vom 27. März 2012, BGE 138 III, 322 und vertiefend Beffa/Ducrey, Review of the 2012 Case Law of the Swiss Federal Tribunal concerning Sports Arbitration, Causa Sport 2014, S.  3–10 und Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  105 f.

B. Der Rechtsrahmen der Schiedsgerichtsbarkeit

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wenn auch sehr begrenzten, nachgelagerten staatlichen Kontrollmöglichkeit des Schiedsspruchs.166 b) Revision Neben der Anfechtungsklage steht der vor dem CAS unterlegenen Partei noch die Möglichkeit der Revision offen.167 Die Revision entspricht dem aus dem deutschen Recht bekannten Wiederaufnahmeverfahren und ist seit dem 01.01.2007 in den Art.  121 ff. BGG geregelt.168 Gemäß Art.  123 Abs.  2 lit.  a) BGG kann in Zivilsachen die Revision verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind.169 Das Verfahren ist in den Art.  124–128 BGG geregelt. Das Revisionsgesuch ist gemäß Art.  124 Abs. lit.  d) BGG innerhalb von 90 Tagen nach Entdeckung des Revisionsgrunds einzureichen. Gleichlaufend zu der bereits erörterten restriktiven Anwendung der Anfechtungsgründe des Art.  190 Abs.  2 lit.  a)–e) stellt das Schweizerische Bundesgericht ebenfalls hohe Anforderungen an die Zulassung der Revision.170 So müssen die neu vorgebrachten Tatsachen bzw. Beweismittel derart entscheidungserheblich gewesen sein, dass ihre Beachtung durch das Schiedsgericht möglicherweise zu einem anderen Ergebnis des Schiedsspruchs geführt hätten.171 Die restriktive Auslegung dieses Kriteriums verdeutlicht ein Blick auf die im Vergleich zur An166 

Netzle, Die Beschwerde gegen Schiedssprüche des CAS, SpuRt 2011, S.  2–7, 7. Umfassend zur Revision internationaler Schiedssprüche vor dem Schweizerischen Bundesgericht Stirnimann Fuentes, in: Arroyo (Hrsg.), Arbitration in Switzerland: The Practitioner‘s Guide, 2. Auflage, 2018, Kapitel 13; für aktuelle Statistiken siehe Kunz, Revision of Arbitral Awards in Switzerland: An Extraordinary Tool or Simply a Popular Chimera? A Review of Decisions Rendered by the Swiss Supreme Court on Revision Requests over the Period 2009–2019, ASA Bulletin 38 (2020), S.  6–31. 168  Zur mittlerweile anerkannten Anwendung der Revision auf internationale Schiedsverfahren trotz fehlender Regelung im 12. Kapitel des IPRG, siehe Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  143 f. und Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  1080a. 169  Vgl. Art.  123 Abs.  2 lit.  a) BGG. 170  Siehe zu den formellen Voraussetzungen der Revision gegen internationale Schiedssprüche auch Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  143 ff. 171 Vgl. Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  102 und Stirnimann Fuentes, in: Arroyo (Hrsg.), Arbitration in Switzerland: The Practitioner‘s Guide, 2018, Kapitel 13, Rn.  42 ff. 167 

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

fechtungsklage noch geringere Erfolgsquote des Rechtsbehelfs: So sind von den insgesamt 40 Revisionsgesuchen, die seit der Akzeptanz der Revision internationaler Schiedssprüche durch das Schweizerische Bundesgericht im Jahr 1992 bis zum Ende des Jahres 2019 eingegangen sind, lediglich drei positiv beschieden worden.172 Von den acht Revisionsgesuchen gegen einen Schiedsspruch des CAS bis zum Jahr 2015 war keines erfolgreich.173 VII. Festzuhaltendes Im Hinblick auf die von den internationalen Sportverbänden angestrebte Verlagerung der Anwendung der Anti-Doping-Vorschriften von der staatlichen Gerichtsbarkeit auf private Konfliktlösungsinstanzen lässt sich festhalten, dass die private Schiedsgerichtsbarkeit als Institution sowohl im deutschen Verfassungsrecht als auch im internationalen Rechtsverkehr grundsätzliche Anerkennung findet.174 Die nicht-staatliche Konfliktlösung unterliegt dabei allerdings weitreichenden rechtsstaatlichen Vorbehalten, die sowohl die einvernehmliche Verständigung auf die Einsetzung eines Schiedsgerichts zur Lösung der Rechtsstreitigkeit schützen, als auch die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des eingesetzten Schiedsgerichts gewährleisten sollen. Den in dieser Hinsicht zumindest im Ergebnis übereinstimmenden Urteilen des BGH, des Schweizerischen Bundes­ gerichts und des EGMR zufolge stellt der im WADC als letzte Entscheidungsinstanz in Dopingfällen vorgesehene CAS eine solche neutrale Schiedsinstanz dar und ist dementsprechend befugt, letztinstanzlich über die Rechtmäßigkeit verbandsrechtlicher Sanktionen bei Verstößen gegen den WADC zu entscheiden. Das von den internationalen Sportverbänden mit dem Rückgriff auf die private Schiedsgerichtsbarkeit in sportrechtlichen Auseinandersetzungen intendierte Ziel, den materiellrechtlichen Vereinheitlichungsprozess verfahrensrechtlich abzusichern, kann also grundsätzlich durch eine Entscheidungskonzentration von Dopingstreitigkeiten beim CAS erreicht werden. Eine weitere Aufwertung er172  Kunz, Revision of Arbitral Awards in Switzerland: An Extraordinary Tool or Simply a Popular Chimera? ASA Bulletin 38 (2020), S.  6–31, 28. 173  Dasser/Wójtowicz, Challenges of Swiss Arbitral Awards – Updated and Extended Statistical Data as of 2015, ASA Bulletin 34 (2016) S.  280–300, 288 ff.; hingewiesen sei an dieser Stelle auf die aus deutscher Perspektive interessanten Revisionsgesuche des Springreiters Christian Ahlmann aus dem Jahr 2008, vgl. BG, Urteil vom 24. November 2009, 4A_284/2009 und der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein, vgl. BG, Urteil vom 28. September 2010, 4A_144/2010, die beide wegen mangelnder Erheblichkeit der neu vorgebrachten Beweismittel erfolglos blieben. 174  Steiner spricht deshalb davon, dass die Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland auf Grundlage der §§  1025 ZPO ff. mit der rechtsprechenden Gewalt des Staates in routinierter, verfassungsrechtlich unaufgeregter Koexistenz lebe, vgl. Steiner, Das Verhältnis von Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2013, S.  15–19.

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

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fährt die transnationale Dopingregulierung durch die internationale Anerkennung des CAS als echtes Schiedsgericht. Die mit der Anerkennung des CAS einhergehende Begrenzung staatlicher Kontrollmöglichkeiten der Schiedssprüche realisiert damit das von den Sportverbänden ausgerufene Ziel der Minimierung des Einflusses nationaler Gerichte auf ihre Sanktionspraxis. In der Folge rückt die konkrete Funktionsweise des CAS und seine Rolle innerhalb der transnationalen Dopingregulierung in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Dafür soll zunächst ein Blick auf die historisch gewachsenen Organisationsstrukturen des CAS geworfen werden, bevor in einem zweiten Schritt die Arbeitsweise der ADD des CAS analysiert werden soll.

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte Seit dem Inkrafttreten der neuen Fassung des Code of Sports-related Arbitration des CAS (CAS-Code) am 1. Januar 2019 besteht der CAS aus drei Abteilungen.175 Neben der Ordinary Arbitration Division (OAD) und der Appeals Arbitration Division (AAD) wurde mit der jüngsten Überarbeitung des CAS-Codes eine neue ständige Abteilung eingerichtet, die Anti-Doping Division (ADD).176 Diese speziell auf Dopingfälle zugeschnittene Spruchkammer konzentriert die Kompetenzen zur Beurteilung von Verstößen gegen die im WADC normierten Anti-Doping-Vorschriften innerhalb des CAS bei einer Instanz und fügt sich damit in das Bild zunehmender Vereinheitlichung und Professionalisierung der Regulierung von Dopingverstößen im internationalen Sportbetrieb ein. Bevor die Funktionsweise der ADD näher erörtert und ihre Rolle im Institutionengefüge des CAS bzw. der transnationalen Dopingregulierung verortet werden soll, folgt zunächst eine kursorische Auseinandersetzung mit der Entwicklungsgeschichte des CAS aus der Perspektive der internationalen Sportverbände. Die Entwicklung des CAS soll anhand der wichtigsten institutionellen Evolutionsschritte nachgezeichnet werden und den Fokus auf die sportpolitischen Motive und Notwendigkeiten für die Installation eines obersten Berufungsgerichts im Sport legen. Von seiner Gründung im Jahr 1984 bis zu seiner Anerkennung durch die internationalen Sportverbände als letzte Entscheidungsinstanz und seiner Qualifikation als echtes Schiedsgericht durch die internationale Rechtsgemeinschaft, war die Entwicklung der institutionellen Struktur des CAS von stetigen Reformpro175 

Vgl. Art. S3 Abs.  2 und Art. S20 Abs.  1 CAS-Code. Instruktiv zur neuen Anti-Doping Division des CAS: Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20. 176 

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

zessen geprägt. Der Prozess lässt sich in fünf zentrale Entwicklungsschritte untergliedern, die in der Folge nachgezeichnet werden sollen. I. Gründung Die Gründung des CAS im Jahr 1984 ist maßgeblich mit dem damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch verbunden.177 Der im Juli 1980 gewählte siebte Präsident des IOC ergriff direkt zu Beginn seiner Amtszeit die Initiative zur Errichtung einer einheitlichen gerichtlichen Entscheidungsinstanz im Weltsport.178 Nach dem Vorbild des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen in Den Haag versprach sich der IOC-Präsident Samaranch von dieser neuartigen Institution im Sport, die er selbst als eine Art „cour suprême du sport mondial“179 bezeichnete, die zufällige Nationalisierung internationaler Sachverhalte durch die Intervention nationaler Gerichte einhegen zu können.180 Das Konzept eines Weltsportgerichtshofs wurde daraufhin im Jahr 1981 auf dem XI. Olympischen Kongress in Baden-Baden zum ersten Mal diskutiert und damit ein Prozess auf den Weg gebracht, der heute, fast vierzig Jahre später, die Sportwelt nicht nur aus juristischer Perspektive grundlegend verändert hat.181 Die Idee eines weltweit in letzter Instanz zuständigen Schiedsgerichts in Sportfragen entwickelte sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Kommerzialisierung des Sportbetriebs und der gleichzeitigen Abkehr der Olympischen Bewegung vom Amateurgedanken.182 Diese Dynamiken ließen bereits Ende der 1970er-Jahre eine Zunahme der sportrechtlichen Streitigkeiten erwarten.183 Konkreter Auslöser für die Etablierung eines institutionellen Schiedsgerichts im 177  Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  3 und zur Gründungsgeschichte des CAS auch Mavromati/Reeb, The Code of the Court of Arbitration for Sport, Commentary, Cases and Materials, 2015, S.  1–8. 178  Simma, The Court of Arbitration for Sport: in: FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S.  573– 585, 573 und Oschütz, Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2005, S.  37. 179  Siehe für das Zitat die Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts BG, Urteil vom 27. Mai 2003, BGE 129 III, 445, 462 und das Vorwort des ersten Präsidenten des CAS Kéba Mbaye, in: Reeb (Hrsg.), Digest of CAS Awards II 1998–2000, 2002, S.  11–12, 12. 180  Siehe für den Vergleich mit dem Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen in Den Haag die Eröffnungsrede des IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch auf der 85. IOC-Session in Rom 1982 und zur Lösung des Problems der Rechtszersplitterung im internationalen Sport durch die Einrichtung des CAS bereits D. II in diesem Kapitel. 181  Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  3. 182  Vgl. dazu Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  220. f. und Adolphsen, Grundfragen und Perspektiven der Sportschiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2004, S.  169–175, 172. 183  An dieser Stelle sei vor allem auf die sich bereits Ende der 1970er-Jahre abzeichnenden Umsatzsteigerungen durch Sponsoring-Einnahmen, TV-Gelder und weiterer Vermarktungsstrategien in nahezu allen Sportarten hingewiesen; siehe dazu auch bereits Kapitel 1 A.

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

163

Sport war jedoch eine Auseinandersetzung innerhalb des IOCs um die Anerkennung eines NOKs für den gesamten chinesischen Sport im Jahr 1979.184 Im Zuge des China-Taiwan-Konflikts185 beanspruchten sowohl das NOK der Volksrepublik China als auch das NOK von Taiwan jeweils für sich den Gesamtvertretungsanspruch für die Olympische Bewegung in China und dementsprechend die Erlaubnis, unter dem Namen „Chinesisches Olympisches Komitee“ an den Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen.186 Das IOC entschied den Kompetenzkonflikt zugunsten der Volksrepublik China, woraufhin das NOK von Taiwan das IOC vor den staatlichen schweizerischen Gerichten verklagte.187 Die Rechtsstreitigkeit endete schließlich in einem Vergleich; verdeutlichte dem IOC aber, dass Maßnahmen von Internationalen Sportorganisationen der Kontrolle staatlicher Gerichte unterliegen können.188 Um derartige Konflikte in Zukunft zu vermeiden bzw. Entscheidungen des IOC vor der Einflussnahme staatlicher Gerichte besser abschirmen zu können, entschied sich das IOC auf seiner Konferenz in Neu Delhi im März 1983 für den Aufbau einer institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit im Sport.189 Die erste Schiedsordnung des neu gegründeten Court of Arbitration for Sport mit Sitz in Lausanne trat daraufhin am 30.6.1984 in Kraft.190 184 Vgl.

Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 25 und Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  219 f.; siehe zur Organisationsstruktur des Sports und der bis heute geltenden Praxis, dass das IOC nur ein NOK pro Staat anerkennt Kapitel 2 C. 185  Der sogenannte China-Taiwan-Konflikt bezeichnet die sich an den chinesischen Bürgerkrieg (1927–1949) anknüpfende Auseinandersetzung zwischen der Volksrepublik China und der Republik China, international besser bekannt unter dem Namen Taiwan. Im Kern geht es bei dem Konflikt um den Status der Insel Taiwan, welche die Volkrepublik China als unabtrennbaren Bestandteil des chinesischen Territoriums ansieht, wohingegen sich die Republik China auf der Insel Taiwan als souveränen Staat betrachtet, von dem sich die Volksrepublik China durch ihre Gründung 1949 abgespalten habe, siehe dazu ausführlich Staiger/Friedrich/ Schütte (Hrsg.), Das große China-Lexikon, 2003, S.  744 ff.; siehe zu den daraus resultierenden sportpolitischen Verwerfungen Chan, The „Two-Chinas“ Problem and the Olympic Formula, Pacific Affairs 58 (1985), S.  473–490. 186  Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/ Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 25. 187  Siehe zu den Klagen vor dem Bezirksgericht in Lausanne im Detail Chan, The „Two-Chinas“ Problem and the Olympic Formula, Pacific Affairs 58 (1985), S.  473–490, 482 und Jarvie/Hwang/Brennan, Sport, Revolution and the Beijing Olympics, 2008, S.112 f. 188 Vgl. Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 25. 189  Simma, The Court of Arbitration for Sport: in: FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S.  573– 585, 573 und Oschütz, Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2005, S.  38. 190  Mavromati/Reeb, The Code of the Court of Arbitration for Sport: Commentary, Cases and Materials, 2015, S.  1.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

II. Von der Gründung des CAS bis zur Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts Die von IOC-Präsident Samaranch und weiteren Mitgliedern des IOC im Zuge der Gründung formulierten hohen Erwartungen konnte der CAS anfänglich nicht erfüllen. Im ersten Jahrzehnt nach seiner Einrichtung erließ der CAS im Durchschnitt lediglich drei Entscheidungen pro Jahr.191 Die Umstände für den schwerfälligen Start waren aus heutiger Perspektive vor allem strukturelle Fehler innerhalb der anfänglichen institutionellen Architektur des Schiedsgerichts. Zum einen war die Zuständigkeit des CAS in den Anfangsjahren sehr ungenau umrissen: Entgegen seiner gegenwärtigen Hauptfunktion als oberste Berufungsinstanz zur Überprüfung von Dopingsanktionen sollte der CAS der ersten Schiedsordnung zufolge nicht die Rechtmäßigkeit von Verbandsmaßnahmen beurteilen, sondern vor allem grundsätzliche, mitunter sportpolitische Fragen hinsichtlich der Entwicklung und Finanzierung des Sports entscheiden, für deren Lösung in der Olympischen Charta kein anderes Organ zuständig war.192 Neben der unbestimmten Umschreibung des Zuständigkeitsbereichs lagen die Startschwierigkeiten darüber hinaus begründet in der durch die Errichtung des CAS neu geschaffenen Konkurrenzsituation. Die bereits Mitte der 1980er-Jahre sehr einflussreichen internationalen Sportverbände unterhielten zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits eigene, zum Teil hoch entwickelte Verbandsgerichte und waren deshalb anfangs nicht bereit ihre Kompetenzen zugunsten des neuen Akteurs einzuschränken.193 Die Zurückhaltung der internationalen Sportverbände gegenüber dem CAS beruhte neben den sich abzeichnenden Kompetenzverlusten vor allem auf den zu Beginn institutionell angelegten, ungleich gewichteten Entscheidungsbefugnissen innerhalb des CAS, die sowohl eine strukturelle als auch eine finanzielle Vorherrschaft des IOC begründeten.194 Neben der Ausstattung mit finanziellen Mitteln durch das IOC sahen die Statuten des CAS auch die Alleinverantwortung des IOC für den Erlass bzw. eventuelle Änderungen der Schiedsordnung vor.195 191 

Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  4. Vgl. Artikel 4 CAS-Code von 1984; siehe dazu auch Simma, The Court of Arbitration for Sport: in: FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S.  573–585, 577 und Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  491. 193  Casini, The Making of a Lex Sportiva by the Court of Arbitration for Sport, in: Siekmann/Soek (Hrsg.), Lex Sportiva: What is Sports Law?, 2012, S.  149–171, S.  153 ff. 194  Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  69. 195 Vgl. Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  220 und Reeb, The Role and Function of the Court of Arbitration for Sport (CAS), in: Blackshaw/Siekmann/Soek (Hrsg.), The Court of Arbitration for Sport 1984–2004, 2006, S.  31–39, 32. 192 

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

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Die von den internationalen Sportverbänden kritisierte strukturelle Abhängigkeit des CAS vom IOC manifestierte sich dabei insbesondere in der ersten Schiedsordnung aus dem Jahr 1984: Die Schiedsordnung sah vor, dass das Vorschlagsrecht für die zu Beginn seiner Tätigkeit aus 40 Mitgliedern bestehende CAS-Schiedsrichterliste zwar zu gleichen Teilen bei den internationalen Sportverbänden, den NOKs sowie dem IOC liegen sollte, letztendlich aber der IOCPräsi­dent allein über die Ernennung der Schiedsrichter entscheiden konnte.196 Aufgrund diesen überproportionalen Einflussmöglichkeiten des IOC wurde die Unabhängigkeit des CAS in der Folge sportartenübergreifend in Frage gestellt.197 Trotz der ebenfalls breiten Kritik aus der Fachöffentlichkeit sollte das in der Architektur des CAS angelegte strukturelle Ungleichgewicht zugunsten des IOC nahezu zehn Jahre Bestand haben.198 Es dauerte bis zum Jahr 1993, bis sich das für die Überprüfung der Entscheidungen des CAS zuständige Schweizerische Bundesgericht erstmals juristisch mit der Frage der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des CAS beschäftigen musste.199 Die aus diesem Anlass ergangene Grundsatzentscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts in der Rechtssache Gundel sollte in der Folge einen umfassenden Reformprozess auslösen, der den institutionellen Aufbau des CAS wesentlich veränderte und bis heute prägt.200 III. Die Gundel-Entscheidung des BG, BGE 119 II, 271 Der Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts aus dem Jahr 1993 lag eine vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahme der Fédération Equestre Internationale (FEI), der internationalen Dachorganisation im organisierten Reitsport, gegen den deutschen Reitsportprofi Elmar Gundel zugrunde.201 Die FEI sah es als erwiesen an, dass dem Pferd des deutschen Springreiters Gundel, Life is Life, die unerlaubte Substanz Isoxsuprine zur Leistungssteigerung verab196 Auf

der IOC-Konferenz in Seoul im April 1986 wurde die Anzahl der Schiedsrichter vom IOC Executive Board von maximal 40 auf 60 angehoben, vgl. Simma, The Court of Arbi­ tration for Sport: in: FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S.  573–585, 577; zur Entscheidungsbefugnis des IOC Präsidenten über die Auswahl der Schiedsrichter siehe Mavromati/Reeb, The Code of the Court of Arbitration for Sport: Commentary, Cases and Materials, 2015, S.  2. 197 Vgl. Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  221. 198  Siehe dazu auch Monheim, Sportlerrechte und Sportgerichte im Lichte des Rechtsstaatsprinzips, 2006, S.  381. 199  Vgl. BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271. 200 Vgl. Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  70 ff. 201  Eine ausführliche Zusammenfassung des Sachverhalts findet sich u. a. bei Haas, Die Sportgerichtsbarkeit des Tribunal Arbitral du Sport (TAS), ZeuP 1999, S.  355–375.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

reicht wurde.202 Der Reitsportverband belegte Gundel aufgrund des Dopingbefundes mit einer Wettkampfsperre von drei Monaten sowie einer Geldstrafe.203 Nachdem Gundel erfolglos das verbandsinterne Rechtsbehelfsverfahren durchlaufen hatte, legte er gegen die Entscheidung der FEI Berufung vor dem CAS ein.204 Der CAS kam dem Begehren des Klägers Gundel, die ihm vom FEI auferlegte Dopingsperre aufzuheben, jedoch nicht in vollem Umfang nach. Gundel erhob daraufhin Aufhebungsklage gegen den Schiedsspruch des CAS vor dem Schweizerischen Bundesgericht gemäß Art.  191 IPRG.205 Gundel stützte seine Beschwerde dabei hauptsächlich auf die fehlende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des CAS.206 Er rügte zwar nicht explizit die institutionelle Verflechtung des CAS mit dem IOC, aber zielte mit seiner Klage auf die seiner Ansicht nach ebenfalls in der Verfahrensordnung des CAS angelegte strukturelle Überlegenheit der internationalen Sportverbände gegenüber dem einzelnen Athleten vor dem CAS ab.207 Gleichwohl veranlasste die Klage das Schweizerische Bundesgericht dazu, sich erstmalig mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich beim CAS um ein echtes Schiedsgericht handelt, welches die gesetzlichen An202 

BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271, 274. Siehe ausführlich zum Verfahrensgang auch Blackshaw, CAS 92/A/63 Gundel v. FEI, in: Anderson (Hrsg.), Leading Cases in Sports Law, 2013, S.  65–74 und Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS unter besonderer Berücksichtigung des Standards comfortable satisfaction, 2019, S.  49. 204  Die FEI beschloss im März 1991 als erster internationaler Sportverband den CAS anzuerkennen und seine Zuständigkeit als letzte Berufungsinstanz zur Überprüfung von Dopingsanktionen in ihre Satzung aufzunehmen, vgl. Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  62 und Reeb, The Role and Function of the Court of Arbitration for Sport (CAS), in: Blackshaw/Siekmann/Soek (Hrsg.), The Court of Arbitration for Sport 1984–2004, 2006, S.  31–39, 33. 205  Siehe für das der Aufhebungsklage Gundels zugrunde liegende CAS-Urteil CAS 92/A/63 Gundel v. FEI ebenfalls Blackshaw, CAS 92/A/63 Gundel v. FEI, in: Anderson (Hrsg.), Leading Cases in Sports Law, 2013, S.  65–74. 206  Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  221 und Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  65. 207  Gundel bemängelte, dass den internationalen Sportverbänden, in diesem Fall also dem Reitsportverband FEI, ein sich aus dem Nominierungsrecht bei der Schiedsrichterbestellung ergebender Vorteil gegenüber den Athleten bei einem Verfahren vor dem CAS zuteil werde. Das Schweizerische Bundesgericht entgegnete diesem Vorwurf, dass der beklagten FEI lediglich ein Nominierungsrecht für drei der maximal 60 Mitglieder des CAS zustehe und folglich weiterhin eine echte Auswahlmöglichkeit für die Athleten bestehe. Darüber hinaus bestehe für den Athleten die Möglichkeit, den von den Sportverbänden ausgewählten Schiedsrichter abzulehnen, vgl. dazu Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, S.  27 und BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271, 279. 203 

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

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forderungen des Schweizer Schiedsverfahrensrechts gemäß Art.  176 ff. IPRG erfüllt.208 Im Ergebnis entschied das Schweizerische Bundesgericht, dass der CAS zumindest in Verfahren zwischen Sportlern und internationalen Sportverbänden die Voraussetzungen der Art.  176 ff. IPRG erfülle und qualifizierte den CAS somit erstmals als ein echtes Schiedsgericht.209 Einschränkend und zentral im Hinblick auf den sich anschließenden Reformprozess stellte das BG aber fest, dass diese Anerkennung als echtes Schiedsgericht nur insoweit gelte, als dass das IOC nicht selbst Partei des Verfahrens sei.210 Ob auch bei Verfahren unter Beteiligung des IOC der CAS als echtes Schiedsgericht einzuordnen sei, ließ das Schweizerische Bundesgericht in letzter Konsequenz offen, gleichwohl es die engen organisatorischen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen dem CAS und dem IOC in seiner Entscheidungsbegründung aufgriff.211 Das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts wurde beim IOC als Aufforderung dahingehend interpretiert, den dringend erforderlichen strukturellen Reformprozess des CAS nicht weiter aufzuschieben.212 Hinzu kam, dass zu dieser Zeit bereits konkrete Pläne innerhalb des IOC bestanden, den CAS in Zukunft bei den Olympischen Spielen als Ad-hoc-Schiedsgericht einzusetzen, um Streitigkeiten in Bezug auf Regel- und Dopingverstöße unmittelbar vor Ort und ohne Zeitverzug lösen zu können.213 Im Rahmen dieser Ad-hoc-Gerichte wäre das IOC also unter allen Umständen Partei des Schiedsverfahrens geworden.214 Klagen von sanktionierten Athleten, die die Schiedssprüche des CAS wegen der vermeintlichen strukturellen Abhängigkeit des CAS vom IOC in Frage stellen und damit in letzter Konsequenz womöglich auch die materielle Nachkontrolle der Schiedssprüche vor staatlichen Gerichten nach sich ziehen würden, waren vor dem Hintergrund der Gundel-Entscheidung also nur eine Frage der Zeit. Dieses Gefahrenpotenzial vor Augen entschied man sich innerhalb des IOC dafür, einem weiteren Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts zuvorzukommen und einen umfassenden Reformprozess einzuleiten, mit dem sowohl die fi208 

Siehe dazu bereits Abschnitt III. 4. in diesem Kapitel. BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271, 280. 210  BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271, 279; siehe dazu auch Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  27. 211  BG, Urteil vom 15. März 1993, BGE 119 II, 271, 280. 212  Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  49. 213  Vgl. dazu Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  27. 214  Siehe dazu auch Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  492. 209 

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

nanzielle als auch die organisatorische Abhängigkeit vom IOC überwunden werden sollte.215 IV. Der Reformprozess und die schrittweise Anerkennung des CAS durch die internationalen Sportverbände 1. Die Strukturreform 1994 Die grundlegende Strukturreform des CAS im Anschluss an die Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts basierte wesentlich auf dem sogenannten Paris-Agreement, dem im Juni 1994 zwischen dem IOC, den Zusammenschlüssen der Sommer- und Wintersportverbänden ASOIF216 und AIOFW217 und den Nationalen Olympischen Komitees (ANOC)218 vereinbarten Agreement related to the Constitution of the International Council of Arbitration for Sport.219 Die Vereinbarung zielte im Kern darauf ab, die strukturellen Abhängigkeiten des CAS vom IOC zu beseitigen und den CAS als eigenständigen Akteur im System des organisierten Sportbetriebs zu etablieren.220 Die wichtigste Maßnahme war daher die Gründung der Stiftung International Council of Arbitration for Sport (ICAS), die von nun an die Trägerschaft des CAS vom IOC übernehmen sollte.221 Der ICAS agiert seit seiner Einrichtung als eine Art Kontrollorgan, dessen wichtigste Aufgabe die Gewährleistung der Unabhängigkeit des CAS ist.222 Der Rat ist als Stiftung schweizerischen Rechts gemäß der §§  80 ff. ZGB ausgestaltet und seit der Reform exklusiv für den Erlass und die Änderung der Schiedsordnung des CAS zuständig.223 Zudem zeichnet

215 Vgl. Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  77 ff. 216  Association of Summer Olympic International Federations. 217  Association of International Olympic Winter Sports Federations. 218  Association of National Olympic Committees. 219 Vgl. Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  70 f.; die Vereinbarung ist auch online abrufbar unter: . 220  Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Paris-Agreement siehe: Kane, Twenty Years On: An Evaluation of the Court of Arbitration for Sport, Melbourne Journal of International Law 4 (2003), S.  611–635, 616 ff. 221  Vgl. Art.  1 Paris-Agreement. 222  Vgl. dazu die einführenden Bestimmungen im Paris-Agreement und A. S2 CAS-Code 2019: The purpose of ICAS is to facilitate the resolution of sports-related disputes through arbitration or mediation and to safeguard the independence of CAS and the rights of the parties. It is also responsible for the administration and financing of CAS. 223 Vgl. dazu Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S.  492 und Wittmann,

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

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sich der ICAS für die Finanzierung des CAS und die Auswahl der Schiedsrichter verantwortlich.224 Über die Einrichtung des ICAS hinaus einigten sich die beteiligten Akteure auch auf eine neue Aufteilung des CAS in zwei voneinander unabhängige Kammern. Neben seiner ursprünglichen Rolle als ordentliches Schiedsgericht (OAD) wurde der CAS nunmehr durch die Neugründung der AAD auch als Berufungsinstanz gegen letztinstanzliche Verbandsentscheidungen tätig.225 Diese Änderungen traten nach der Verabschiedung des neuen CAS-Codes mit Wirkung zum 22. November 1994 in Kraft und bilden bis heute das institutionelle Grundgerüst des CAS.226 2. Die Lazutina/Danilova-Entscheidung, BGE 129 III 445 Der vom IOC angestoßene Reformprozess verfehlte seine intendierte Wirkung nicht. Erneut war es eine Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts, die die Weichen für die Zukunft des CAS stellen sollte: In seiner Entscheidung Lazutina/Danilova vom 27. Mai 2003 hatte sich das Schweizerische Bundesgericht erneut mit der Frage der Unabhängigkeit des CAS und damit also auch seiner Qualifikation als echtes Schiedsgericht zu beschäftigten. Die russischen Skilangläuferinnen Larissa Lazutina und Olga Danilova wehrten sich vor dem Schweizerischen Bundesgericht gegen eine vom CAS bestätigte Dopingsperre, die aus einem positiven Dopingtest der beiden Sportlerinnen bei den Olympischen Winterspielen von Salt Lake City (USA) resultierte. Sie stützten sich auf das in der Gundel-Entscheidung bereits vorgetragene Argument, der CAS sei bei Verfahren, in denen das IOC selbst Verfahrenspartei sei, nicht hinreichend unabhängig und damit kein echtes Schiedsgericht im Sinne der Art.  176 ff. IPRG.227Nach umfassender Abwägung und vor dem Hintergrund der seit der Gundel-EntscheiSchiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  28. 224  Zur Finanzierung des CAS siehe Art.  4 Paris-Agreement und zu den Kompetenzen und Funktionen des ICAS im Einzelnen siehe B. S6 CAS-Code 2019 und Abschnitt V. 1. in diesem Kapitel. 225  Vgl. zu den organisatorischen Reformen des CAS: Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  49 und Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  65 m. w. N. 226  Siehe dazu auch Reeb, The Role and Function of the Court of Arbitration for Sport (CAS), in: Blackshaw/Siekmann/Soek (Hrsg.), The Court of Arbitration for Sport 1984–2004, 2006, S.  31–39, 35. 227  Zum Verfahrensgang vgl. BG, Urteil vom 27. Mai 2003, BGE 129 III, 445, 446 ff. und Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  220 ff.; für eine kritische Einordnung der Entscheidung siehe König, Sind Schiedsabreden auf den CAS/TAS

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

dung eingeleiteten Reformbemühungen bestätigte das Schweizerische Bundesgericht die Unabhängigkeit des CAS vom IOC sowie allen anderen Parteien, die seiner Jurisdiktion unterliegen, und erkannte damit seine Funktion als echtes Schiedsgericht in diesem Fall ohne Einschränkungen und umfassend an.228 Wie bereits dargestellt, folgten dieser Einschätzung des Schweizerischen Bundesgerichts zuletzt auch der BGH und der EGMR in ihren Entscheidungen im Verfahren um die deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein. 3. Anerkennung durch die großen Verbände IAAF und FIFA Neben der uneingeschränkten Anerkennung als echtes Schiedsgericht durch staatliche Gerichte ist die seit Beginn der 1990er-Jahre langsam einsetzende und sich in den folgenden Jahren stetig ausweitende Anerkennung des CAS als übergeordnete Entscheidungsinstanz durch die internationalen Sportverbände ebenfalls auf den umfassenden Reformprozess zurückzuführen.229 Immer mehr Verbände unterwarfen sich als Reaktion auf die institutionelle Umgestaltung des CAS durch entsprechende Schiedsklauseln in ihren Regelwerken und Satzungen bzw. in den mit den Athleten direkt abgeschlossenen Regelanerkennungsverträgen der abschließenden Jurisdiktion des CAS.230 Es dauerte allerdings bis zum Anfang der 2000er-Jahre, bis sich die beiden weltweit einflussreichsten Sportverbände der Jurisdiktion durch den CAS unterwerfen sollten, der für die Leichtathletik zuständige Dachverband IAAF231 und der Weltfußballdachverband FIFA. wirksam? – Anmerkung zur Entscheidung des Schweizerischen BG 27.5.2003, SpuRt 2004, S.  137–138. 228  „Force est d’admettre, au terme de cet examen, que le TAS est suffisamment indépendant du CIO, comme de toutes les autres parties qui font appel à ses services, pour que les décisions qu’il rend dans les causes intéressant cet organisme puissent être considérées comme de véritables sentences, assimilables aux jugements d’un tribunal étatique, […]“, BG, Urteil vom 27. Mai 2003, BGE 129 III, 445, 463; für eine ausführliche Würdigung der Lazutina/Danilova-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts siehe Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  223 f. und Baddeley, Thoughts on Swiss Federal Tribunal decision 129 III 445, Causa Sport 2004, S.  91–93. 229 Vgl. Reeb, The Role and Function of the Court of Arbitration for Sport (CAS), in: Blackshaw/Siekmann/Soek (Hrsg.), The Court of Arbitration for Sport 1984–2004, 2006, S.  31–39, 34. 230  Vereinfacht wurde den internationalen Sportverbänden die Integration durch den im Jahr 1991 vom CAS selbst herausgegebenen „Guide to Arbitration“. Dieser Leitfaden enthielt Muster-Schiedsklauseln, die es den internationalen Sportverbänden erleichtern sollte, den CAS als Berufungsinstanz in ihren Satzungen zu integrieren, vgl. dazu Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  62. 231  Seit 2019 firmiert dieser unter der Bezeichnung Global Athletics, vgl. dazu dpa, IAAF gibt sich neuen Namen: “World Athletics“, SZ, 26.09.2019.

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

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So erkannte der internationale Leichtathletik-Dachverband IAAF den CAS erst im Jahr 2001 als alleinige Rechtsmittelinstanz in Dopingstreitigkeiten an.232 Ein Jahr später schloss die FIFA, nachdem der zunächst von ihr präferierte Aufbau eines eigenständigen Fußballschiedsgerichts aus finanziellen und organisatorischen Gründen nicht zu realisieren war, eine Vereinbarung mit dem ICAS, in der die Zuständigkeit des CAS als Berufungsinstanz gegen letztinstanzliche Entscheidungen der Rechtsorgane der FIFA beschlossen wurde.233 Somit war der CAS ab dem Jahr 2002 von allen relevanten olympischen Sportverbänden als oberste Berufungsinstanz anerkannt und näherte sich damit der bereits im Jahr seiner Gründung 1984 für ihn vorgesehenen Rolle als Weltsportgerichtshof weiter an. Die sportartenübergreifende Anerkennung des CAS führte in der Konsequenz zu einer signifikanten Steigerung der Verfahrenszahlen.234 Verhandelte der CAS in den 16 Jahren seit Beginn der statistischen Erhebungen der Fallzahlen von 1986 bis zum Jahr 2001 insgesamt lediglich 381 Fälle, stieg die Zahl der Verfahren im Zeitraum von 2002 bis 2016 auf 4676 Fälle an.235 V. Vom WADC 2003 bis zur ständigen Einrichtung der ADD 2019 Die in den offiziellen Statistiken des CAS zum Ausdruck kommende signifikante Steigerung der Verfahrenszahlen erklärt sich neben der Anerkennung des CAS durch die internationalen Sportverbände als oberste Berufungsinstanz insbesondere aber auch aus der Verabschiedung des WADC im Jahr 2003.236 Damit wurde

232  Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  52; zur Spurchpraxis des IAAF Verbandsgerichts siehe: Tarasti, Legal solutions in the international doping cases, awards by the IAAF arbitration panel 1985–1999, 2000. 233 Vgl. Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  62 und Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  51; siehe dazu auch Art.  57 ff. FIFA-Statuten (Stand: 2019). 234  Die differenzierteste Aufarbeitung der Statistiken und Verfahrenszahlen findet sich bei Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  45 ff. 235  Die Verfahrenszahlen sind seit 2002 etwa um das Zwölffache gestiegen verglichen mit dem Zeitraum von 1986 bis 2001, was die dynamische Entwicklung des CAS eindrücklich veranschaulicht; die Fallstatistiken des CAS von 1986–2016 sind über die offizielle Website des CAS abrufbar unter: . 236  Zur Steigerung der Fallzahlen vor dem CAS infolge der Verabschiedung des WADC siehe Kaufmann-Kohler/Rigozzi, International Arbitration, Law and Practice in Switzerland, 2015, S.  42.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

der CAS als letzte Instanz zur Überprüfung dopingbezogener Verbandsentscheidungen sportartenübergreifend etabliert.237 Sieht man sich die Statistiken des CAS vor diesem Hintergrund an, wird deutlich, dass es neben den fußballbezogenen Streitigkeiten vor allem die Dopingverfahren sind, die sich für die Zunahme der Fallzahlen vor dem CAS ab dem Jahr 2004 verantwortlich zeigen.238 Seit dem Jahr 2005 vermeldet der CAS kontinuierlich steigende Verfahrenszahlen, die mit 599 eingereichten Klagen im Jahr 2016 im Vergleich zu 86 Fällen im Jahr 2002, dem Jahr vor der Einführung des WADC, ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht haben.239 Mit der stetigen Zunahme der Verfahrenszahlen stiegen auch die organisato­ rischen Anforderungen an den CAS. Da die steigenden Verfahrenseingänge insbesondere aus der Tätigkeit des CAS als oberste Berufungsinstanz im Zusammenhang mit der Überprüfung von verbandsrechtlichen Dopingentscheidungen resultierten, entstand auf diesem Gebiet der Bedarf nach einer weiteren Spezialisierung innerhalb des CAS. Die Schiedsordnung des CAS wurde deshalb seit 2004 mehrfach überarbeitet und weiterentwickelt.240 Grundlegende strukturelle Veränderungen innerhalb der Organisationsstruktur wurden erst wieder im Jahr 2019 vorgenommen mit der eingangs bereits erwähnten Einrichtung einer neuen ständigen Abteilung für Dopingverfahren, der ADD. Die seit dem 1. Januar 2019 verselbstständigte ADD entwickelte sich aus der seit den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta errichteten und seitdem regelmäßig bei den Olympischen Spielen zum Einsatz kommenden Ad-hoc-Abteilung des CAS (CAS Ad hoc Division).241 Diese, zunächst lediglich als Berufungsins237  Der CAS ist gemäß Artikel 13.2.1. WADC ausschließlich zuständig für Berufungen im Zusammenhang mit Dopingsanktionen, die sich aus der Teilnahme an einem internationalen Wettkampf ergeben. 238  Siehe dazu ausführlich: Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  62. 239  Die hier angeführten Zahlen stammen aus der oben zitierten offiziellen Fallstatistik des CAS für den Zeitraum von 1986–2016. 240 Vgl. Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  76 f.; die in dieser Phase von 2004–2018 vorgenommenen Veränderungen bestanden jedoch vornehmlich in der Anpassung der Verfahrensordnung des CAS und beinhalteten keine weitreichenden strukturellen Veränderungen der institutionellen Architektur des CAS. 241  Vgl. dazu Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 11 und Mavromati, The Rules governing the CAS Anti-Doping and Ad Hoc Divisions at the Olympic Games, 29.08.2016, abrufbar über SSRN: ; für eine eingehende Analyse der Rechtsprechung der Ad hoc Abteilung des CAS siehe Kleemann, The CAS Ad Hoc Division – An Overview of Its Case Law, SchiedsVZ 2019, S.  161–175 und zum Prozedere während der Olympischen Spiele im Detail siehe Brägger, Dopingkontrollen an

C. Der CAS – eine kurze Entwicklungsgeschichte

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tanz für Streitigkeiten im Zusammenhang mit den jeweiligen Olympischen Spielen konzipierte Ad-hoc-Gerichtsbarkeit, wurde im Kontext der Reformbestrebungen innerhalb der „Olympischen Agenda 2020“242 in eine eigene ständige Antidopingabteilung des CAS überführt.243 VI. Festzuhaltendes Nach dieser Rückschau auf den historischen Entwicklungsprozess des CAS bleibt festzuhalten, dass vor allem die von der Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts angestoßene große Strukturreform im Jahr 1994 dem CAS den Weg zu seiner derzeitigen, herausgehobenen Stellung als weltweit anerkanntes Schiedsgericht im Sport geebnet hat. Die in der Fachliteratur auch als „turning point“244 bezeichnete organisatorische Neustrukturierung brachte dem CAS die institutionelle Unabhängigkeit vom IOC und ermöglichte ihm somit, das notwendige Vertrauen der anfangs zurückhaltend agierenden internationalen Sportverbände zu gewinnen. Darüber hinaus war die organisatorische Umgestaltung konstitutiv für die Anerkennung des CAS als echtes, also unabhängiges und überparteiliches Schiedsgericht durch die internationale Rechtsgemeinschaft. Seit der Lazutina/Danilova-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts im Jahr 2003, die in der Folge sowohl vom BGH als auch vom EGMR in ihren Pechstein-Urteilen im Wesentlichen bestätigt wurden, unterliegen die Schiedssprüche des CAS dementsprechend grundsätzlich lediglich der eingeschränkten Kontrolle durch das Schweizerische Bundesgericht. Neben der schrittweisen Anerkennung des CAS durch die internationalen Sportverbände und der grundsätzlichen Akzeptanz seiner Schiedssprüche durch die nationalen Gerichtsbarkeiten führte schließlich die Einbindung des CAS in Olympischen Spielen: Zuständigkeiten am Beispiel der Olympischen Winterspiele Pyeongchang 2018, Causa Sport 2018, S.  3–10. 242  Die Olympische Agenda 2020 ist abrufbar unter: ; die konkreten Beschlüsse des IOC auf dem 7. Olympic Summit 2018 zur Errichtung der CAS-ADD sind abrufbar unter: . 243  Vgl. dazu Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 13 und zur Entwicklung der Antidopingabteilung vom Ad hoc Gericht während der Olympischen Spiele zur selbstständigen Abteilung innerhalb der Organisationsstruktur des CAS siehe Mitten et al (Hrsg.), Sports Law and Regulation, Cases, Materials, and Problems, 5. Auflage 2019, S.  285 f. 244 Vgl. Kane, Twenty Years On: An Evaluation of the Court of Arbitration for Sport, Melbourne Journal of International Law 4 (2003), S.  611–635, 618 und Casini, The Making of a Lex Sportiva by the Court of Arbitration for Sport, in: Siekmann/Soek (Hrsg.), Lex Sportiva: What is Sports Law?, 2012, S.  149–171, 153.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

die Doping-Regulierung durch die Verabschiedung des WADC im Jahr 2003 zu einer weiteren Aufwertung seiner Stellung als eigenständiger Akteur innerhalb der Sportwelt. Die mit dieser Aufwertung einhergehende Neuausrichtung des CAS, dessen Schwerpunkt zu Beginn seiner Tätigkeit auf der Beurteilung allgemeiner sportpolitischer Entscheidungen lag und nicht wie derzeit in der Überprüfung verbandsrechtlicher Disziplinarstreitigkeiten, führte schließlich ab dem Jahr 2004/2005 zu einer signifikanten Steigerung der Verfahrenszahlen. Nach einer längeren Phase ohne grundlegende strukturelle Veränderungen reagierte der für die Anpassung der Schiedsordnung zuständige ICAS auf das nicht zuletzt durch die steigenden Fallzahlen entstandene Bedürfnis nach weitergehender Professionalisierung, Spezialisierung und Vereinheitlichung der Rechtsprechung des CAS im Dopingbereich mit der Einrichtung einer eigenen, permanenten Antidopingabteilung (ADD) innerhalb des CAS. In der Folge soll zunächst die gegenwärtige institutionelle Struktur des CAS erörtert werden, bevor in einem nächsten Schritt die Funktionsweise der ADD in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung rückt.

D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019 Seit der großen Strukturreform im Jahr 1994 besteht der CAS aus zwei Institutionen: dem International Council of Arbitration for Sport (ICAS) und dem aus drei Kammern bestehenden ständigen Schiedsgericht, das ebenfalls unter der Bezeichnung Court of Arbitration for Sport (CAS) firmiert.245 Beide Institutionen haben ihren Sitz im schweizerischen Lausanne.246 Der ICAS wurde 1994 auf Grundlage des Pariser-Abkommens als Stiftung schweizerischen Rechts gemäß Art.  80 ff ZGB gegründet und übernahm fortan die rechtliche Trägerschaft des CAS vom IOC.247 Seit seiner Einrichtung nimmt der ICAS alle wichtigen Entscheidungs- und Verwaltungsfunktionen im Zusammenhang mit dem CAS wahr

245 Die Bezeichnung CAS wird also sowohl für das jeweils zur Entscheidung berufene Schiedsgericht als auch die gesamte, aus ICAS und CAS bestehende, Institution verwendet, Art. S1 CAS-Code 2020; die Gerichtsorganisation im Einzelnen und die vor dem CAS geltende Verfahrensordnung ist in der Schiedsordnung, dem sogenannten CAS-Code geregelt; wird in der Folge auf den CAS-Code verwiesen, so ist die seit dem 1. Juli 2020 in Kraft getretene Fassung gemeint. 246  Art. S1 CAS-Code; daneben bestehen seit 1996 zwei dezentralisierte Büros des CAS für Nordamerika in New York und Ozeanien in Sydney, vgl. dazu Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  31. 247  Vgl. die einführenden Bestimmungen im Paris-Agreement.

D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019

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und agiert als eine Art Kontrollorgan des seit der Revision des CAS-Code 2019 aus drei Kammern bestehenden Schiedsgerichts (CAS).248 I. International Council of Arbitration for Sport (ICAS) 1. Kompetenzen Die Einsetzung des ICAS als Aufsichtsorgan über die drei Kammern des CAS ist maßgeblich auf die Gundel-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts im Jahr 1993 zurückzuführen.249 Die zentrale Funktion des ICAS besteht darin, die Unabhängigkeit des CAS zu gewährleisten und die Rechte der an den Verfahren vor dem CAS beteiligten Parteien zu schützen.250 Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, ist der ICAS im CAS-Code mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet worden:251 So verantwortet er neben der Finanzierung des CAS auch den Erlass und die Überarbeitung des CAS-Codes.252 Darüber hinaus ist der ICAS auch für die Ernennung der Schiedsrichter verantwortlich, die in die geschlossene Schiedsrichterliste des CAS aufgenommen werden.253 Die geschlossene Schiedsrichterliste des CAS ist grundsätzlich atypisch für die private institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit.254 Die Verfahrensordnung des CAS sieht in den Art. S18 Abs.  1 und Art. R33 Abs.  2 CAS-Code vor, dass nur als Schiedsrichter in einem Schiedsverfahren vor dem CAS auftreten kann, wer auf der Schiedsrichterliste des CAS steht.255 Gemäß Art. S3 CAS-Code führt der CAS eine oder mehrere Listen, auf denen die vor dem CAS berechtigten Schiedsrichter aufgeführt sind. Derzeit führt der CAS insgesamt 392 Schiedsrichter, ver248 Vgl. dazu Art. S3 CAS-Code und die einführenden Bestimmungen des Paris-Agreement: „The parties decided unanimously to create a Foundation for international arbitration in sport, called the „International Council of Arbitration for Sport“ (hereinafter the ICAS), under the aegis of which the CAS will henceforth be placed.“. 249  Siehe dazu bereits Abschnitt IV. 3. In diesem Kapitel. 250  Art. S2 CAS-Code. 251  Siehe zu den Kompetenzen die Auflistung in Art. S6 Nr.1–11 CAS-Code. 252  Art. S6 Nr.  6 und Nr.  1 CAS-Code. 253  Art. S6 Nr.  4 CAS-Code. 254  Die AAA, die ICC und die DIS sehen keine zwingende, geschlossenen Schiedsrichterliste vor, vgl. Thorn/Lasthaus, Das Pechstein-Urteil des BGH – Ein Freibrief für die Sportschiedsgerichtsbarkeit?, IPRax 2016, S.  426–431, 430 m. w. N. und vertiefend zur Problematik der geschlossenen Schiedsrichterliste Wittmann, Schiedssprüche des Court of Arbitration for Sport vor schweizerischen und deutschen ordentlichen Gerichten, 2015, S.  30 f. und Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  282 ff. 255  Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Herkunft, den bestehenden Abhängigkeitsverhältnissen und der Auswahl der Schiedsrichter findet sich bei Lindholm, The Court of Arbi­ tration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  218 ff.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

teilt auf drei Listen.256 Die auf der Internetpräsenz des CAS abrufbaren Listen gliedern sich in eine allgemeine Liste aller vor dem CAS zugelassener Schiedsrichter und zwei davon separate Listen, auf denen die Schiedsrichter aufgeführt sind, die speziell für Streitigkeiten mit Bezug zum Fußball bzw. – für diese Arbeit von größerer Relevanz – Antidopingstreitigkeiten auswählbar sind.257 Seit der Revision des CAS-Codes zum 1. Januar 2019 ist die aus zwei Mitgliedern des ICAS bestehende CAS Membership Commission mit dem Vorschlagsrecht für diese Liste betraut worden.258 Neben diesen zentralen Funktionen ist der ICAS darüber hinaus für die Berufung des CAS-Generalsekretärs zuständig und erarbeitet die Richtlinien für die Prozesskostenhilfe vor dem CAS.259 Schließlich ermächtigt Art. S6 Nr.  11 CASCode den ICAS im Sinne einer Generalklausel, alle weiteren Maßnahmen zu ergreifen, die er für notwendig erachtet, um die Rechte der an den Verfahren vor dem CAS beteiligten Parteien zu schützen und die Lösung von Konflikten im Zusammenhang mit dem Sport zu fördern.260 Aufgrund der weitreichenden Kompetenzen des ICAS ist in der Folge von besonderem Interesse nach welchem Schlüssel das Gremium besetzt wird und welche Interessengruppen innerhalb des Gremiums repräsentiert werden. 2. Zusammensetzung und Beschlussfassung Der ICAS besteht aus 20 Mitgliedern, die nach Art. S4 CAS-Code nicht näher spezifizierte juristische Expertise vorweisen müssen.261 Mit der Zusammensetzung versuchen die Akteure, die unterschiedlichen Interessengruppen des internationalen Sportbetriebs zu berücksichtigen. Die Auswahl der Mitglieder erfolgt in einem mehrschrittigen Verfahren.262 Zunächst benennen die internationalen Sportverbände vier Mitglieder, wobei drei Mitglieder von der ASOIF bestimmt werden dürfen sowie ein Mitglied von der AIWF berufen wird. Danach bestim256 

Stand: Dezember 2020. Siehe für eine detaillierte Übersicht der Schiedsrichterlisten inklusive kurzem Lebenslauf und Tätigkeitsschwerpunkt der jeweiligen Schiedsrichter: . 258  Umgekehrt kann die CAS Membership Commission genauso anregen einen Schiedsrichter von der Liste zu entfernen, Art. S6 Nr.  4 CAS-Code. 259  Generalsekretär des CAS ist seit dem Jahr 2000 der Schweizer Jurist Matthieu Reeb; die Richtlinien für die Prozesskostenhilfe vor dem CAS sind abrufbar unter: . 260  Art. S6 Nr.  11 CAS-Code. 261  Siehe dazu ebenfalls vertiefend Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  218 ff. 262  Das Verfahren zur Zusammensetzung des ICAS ist in Art. S4 lit.  a–e CAS-Code normiert. 257 

D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019

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men das ANOC und das IOC jeweils vier weitere Mitglieder des Kontrollgremiums. Den ausgewählten zwölf Mitgliedern steht es gemäß Art. S4 CAS-Code ausdrücklich frei, ihre eventuell bereits bestehende Mitgliedschaft in dem Verband aufrechtzuerhalten, von dem sie ausgewählt wurden. Die zwölf bis zu diesem Zeitpunkt ernannten Mitglieder des ICAS setzen in einem nächsten Schritt weitere vier Mitglieder ein, die insbesondere die Interessenvertretung der Athleten im ICAS sicherstellen sollen. Schließlich werden von diesem mittlerweile 16 Mitglieder umfassenden Gremium weitere vier Mitglieder bestimmt. Bei diesen den ICAS komplettierenden Mitgliedern muss es sich nun allerdings um von den oben genannten Sportorganisationen und internationalen Sportverbände unabhängige Personen handeln. Im Anschluss an die Konstituierung wählen die Mitglieder des ICAS gemäß Art. S6 Nr.  2 CAS-Code nach Rücksprache mit dem IOC, der ASIOF, der AIOWF und der ANOC einen Präsidenten und zwei Vize-Präsidenten aus ihrer Mitte.263 Der für einen Zeitraum von vier Jahren gewählte Präsident des ICAS ist gleichzeitig auch Präsident des CAS und für die gewöhnlichen Verwaltungsaufgaben des ICAS verantwortlich.264 Die ordentlichen Mitglieder des ICAS werden gemäß Artikel S5 CAS-Code ebenfalls für eine Amtszeit von vier Jahren ernannt und können für eine oder mehrere Amtszeiten wiedergewählt werden. Sie dürfen während ihrer Tätigkeit im ICAS weder als Schiedsrichter noch als Anwalt einer Partei vor dem CAS auftreten. Zudem haben sie nach ihrer Ernennung eine Erklärung zu unterzeichnen, in der sie sich verpflichten ihre Funktion im ICAS in völliger Objektivität, Unabhängigkeit und in Übereinstimmung mit dem CAS-Code auszuüben.265 Insbesondere sind sie demzufolge an die in Art. R43 CAS-Code normierten Geheimhaltungspflichten gebunden, wonach die Verfahren vor dem CAS streng vertraulich sind und nur unter der Voraussetzung der Zustimmung beider Parteien oder der Anordnung des vorsitzenden Richters veröffentlicht werden dürfen.266 Der ICAS tritt gemäß Art. S8 Nr.  1 CAS-Code zusammen, wann immer es die Tätigkeit des CAS erfordert, mindestens aber einmal im Jahr.267 Er ist beschluss263  Art.

S6 Nr.  2 CAS-Code. S9 CAS-Code; Der Präsident und die beiden Vize-Präsidenten werden für einen Zeitraum von vier Jahren gewählt. Die Wiederwahl ist mehrfach möglich, vgl. Art. S6 Nr.  2 CAS-Code. 265  Siehe für diesen Absatz Art. S5 CAS-Code. 266  Art. R43 CAS-Code. 267  Art. S8 Nr.  1 CAS-Code; Beschlüsse, die nicht die Finanzierung des ICAS, die Wahl des Präsidenten oder der Vorsitzenden Richter der drei Kammern des CAS oder die Änderung der Schiedsordnung betreffen, können vom zwanzigköpfigen Gremium auch auf den Vorstand (Board) des ICAS übertragen werden. Dieser setzt sich aus dem Präsidenten des ICAS, den 264  Art.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

fähig soweit die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist.268 Die Beschlüsse des Gremiums bedürfen grundsätzlich der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten.269 Die Änderung der Schiedsordnung unterliegt gemäß Art. S8 Nr.  2 CAS-Code strengeren Voraussetzungen. Demnach ist für eine Revision der Schiedsordnung, die auch die Kompetenzen des ICAS selbst bestimmt, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des ICAS erforderlich.270 3. Finanzierung Neben der Änderung der Schiedsordnung liegt auch die Verwaltung der finanziellen Mittel des CAS im Verantwortungsbereich des ICAS.271 Die Ausgestaltung der Finanzierung ist neben der personellen Zusammensetzung und dem Modus der Beschlussfassung von besonderer Relevanz für die in der Diskussion wiederkehrende Frage nach der Unabhängigkeit der Institution.272 Die Regelungen hinsichtlich der Finanzierung des CAS gehen ebenfalls auf die Vereinbarungen aus dem Pariser-Abkommen 1994 zurück.273 Dem Abkommen nach werden die finanziellen Ressourcen des CAS anteilig von den an der Gründung des ICAS beteiligten Institutionen bereitgestellt.274 Dem Verteilungsschlüssel zufolge bringt das IOC vier Zwölftel des nötigen Finanzbedarfs auf, der Zusammenschluss der Olympischen Sommersportverbände ASIOF drei Zwölftel, die Organisation der Olympischen Wintersportverbände AIWF ein Zwölftel und der organisatorische Zusammenschluss der Nationalen Olympischen Komitees ANOC vier Zwölftel.275 Die jeweiligen Beiträge werden aus den Erlösen des Verkaufs der Fernsehrechte an den Olympischen Sommer- und Winzwei Vize-Präsidenten, dem Vorsitzenden der OAD und dem Vorsitzenden der AAD zusammen, vgl. Art. S7 CAS-Code. 268  Art. S8 Nr.  1 CAS-Code. 269 Ebd. 270  Art. S8 Nr.  2 CAS-Code. 271  Art. S6 Nr.  6 CAS-Code. 272  Siehe dazu bereits Abschnitt D. III. in diesem Kapitel. 273  Vgl. Art.  3 Paris-Agreement. 274  Demnach tragen die drei Säulen der Olympischen Bewegung, also das IOC, die internationalen Sportverbände und die NOKs, die Finanzierung des ICAS, vgl. dazu auch Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  236; siehe dazu auch Art.  1 Nr.  2 Olympic Charta: „The three main constituents of the Olympic Movement are the International Olympic Committee („IOC“), the International Sports Federations („Ifs“) and the National Olympic Committees („NOCs“).“ 275  Vgl. Art.  3 Paris-Agreement; zum Zeitpunkt der Lazutina/Danilova-Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts im Jahr 2003 finanzierte das IOC 31,5 Prozent und die FIFA 10,5 Prozent des ICAS-Budgets, die Zahlen sind dem Schiedsspruch CAS 2011/O/2574, UEFA v. Olympique des Alpes SA/FC Sion, Rn.  120 vom 31.01.2012 entnommen.

D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019

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terspielen zunächst durch das IOC generiert und daran anschließend, bevor das IOC auf diese Summe zugreifen kann, anteilig von den den einzelnen Organisationen zustehenden Beträgen abgezogen.276 Nach eigenen Angaben des CAS belief sich das Budget im Jahr 2003 auf insgesamt 7,3 Millionen Schweizer Franken.277 Mittlerweile ist dieses, ähnlich dynamisch wie die Verfahrenszahlen, auf etwa 16 Millionen Schweizer Franken im Jahr 2016 angestiegen.278 4. Festzuhaltendes Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der ICAS sowohl über die erforderlichen Kompetenzen als auch die notwendigen finanziellen Ressourcen verfügt, um seine Aufsichtsfunktion gegenüber dem CAS wahrzunehmen. Als Kernkompetenz ist neben der Änderung der Schiedsordnung die Ernennung der Schiedsrichter durch den ICAS hervorzuheben. Anknüpfend an die im Rahmen der rechtsstaatlichen Bindungen der privaten Schiedsgerichtsbarkeit bereits diskutierten Vorbehalte hinsichtlich der Unabhängigkeit des CAS wird nach der Auseinandersetzung mit der Zusammensetzung des ICAS deutlich, dass die Interessenvertreter der Dachorganisationen und internationalen Sportverbände das Gremium zahlenmäßig eindeutig dominieren: 16 der insgesamt 20 Mitglieder können neben ihrer Tätigkeit im ICAS einer Tätigkeit als Verbandsfunktionär nachgehen. So ist zum Beispiel der seit 2011 amtierende Präsident des ICAS, John D. Coates, gleichzeitig Vizepräsident des IOC.279 Zieht man darüber hinaus in Betracht, dass lediglich vier der 20 Mitglieder des Gremiums der Wahrung der Athleteninteressen verpflichtet sind, so lässt sich durchaus von einem Kräfteungleichgewicht zwischen Vertretern der Verbandsinteressen und Vertretern der Athleteninteressen ausgehen, welches sich auf die Zusammensetzung der geschlossenen Schiedsrichterliste auswirken kann.280 276  Die Verbände verhandeln vor den jeweiligen Olympischen Spielen mit dem IOC eine Summe, die ihnen aus der Vermarktung der TV-Rechte zusteht. Davon wird dann die Summe zur Finanzierung des CAS abgezogen, siehe dazu ebenfalls Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  236 f. 277  Eigenauskunft des CAS, abrufbar unter: . 278  Vgl. BG, Urteil vom 20. Februar 2018, 4A_260/2017; unter Punkt 3.3.3. des Urteils führt das Bundesgericht aus, dass die FIFA etwa 1,5 Millionen Schweizer Franken und die gesamte Olympische Bewegung etwa 7,5 Millionen Schweizer Franken zum Gesamtbudget des CAS in Höhe von 16 Millionen Schweizer Franken beiträgt; siehe dazu auch den Aufsatz von Feit/ Cuendet, Bundesgericht bestätigt die Unabhängigkeit des TAS, Causa Sport 2018, S.  317–332. 279  Die Liste der Mitglieder des ICAS Member Boards ist abrufbar unter: ; die Liste der Mitglieder des IOC Executive Boards ist abrufbar unter: . 280  Dieser viel kritisierte Umstand wird dadurch noch verstärkt, dass die vier zum Schutze

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Hinsichtlich der in Bezug auf die Unabhängigkeit des CAS ebenfalls umstrittenen Frage der Finanzierung ergibt sich zumindest auf den ersten Blick ein ähnliches Bild. Die einseitig vom IOC und den internationalen Sportverbänden getragene Finanzierung lässt aus der Perspektive der Sportler Zweifel entstehen an der Unabhängigkeit der Schiedsinstitution. Diesen Bedenken begegnete das Schweizerische Bundesgericht in seiner Lazutina/Danilova-Entscheidung zum einen mit dem Argument, dass in der einseitigen Finanzierung des CAS durch die Sportverbände lediglich das ohnehin ungleiche Kräfteverhältnis zwischen dem einzelnen Athleten und seinem Sportverband zum Ausdruck komme.281 Zum anderen sei eine alternative Finanzierungsmethode nur schwer vorstellbar bzw. die Beteiligung der Athleten an der Finanzierung aufgrund der von Sportart zu Sportart stark unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten nicht umsetzbar bzw. würde finanziell weniger potente Athleten womöglich in ihren Rechtsschutzmöglichkeiten beschneiden.282 Darüber hinaus führt das Schweizerische Bundesgericht in seiner Entscheidung das Argument an, dass es keinen notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der Art der Finanzierung eines Justizorgans und dem Grad der Unabhängigkeit dieses Organs gebe. Dies zeige sich zum Beispiel daran, dass auch in einem Rechtsstaat die staatlichen Gerichte regelmäßig angerufen werden, um über Streitigkeiten zu entscheiden, die diesen Staat betreffen, ohne dass die Unabhängigkeit ihrer Richter allein deshalb in Frage gestellt werde, weil sie vom Staat finanziert werden.283 Gleichlaufend dazu müsse davon ausgegangen werden, dass die Richter des CAS in der Lage sind, das IOC und die internationalen Sportverbände gleichberechtigt mit jeder anderen Partei zu behandeln, ungeachtet der Tatsache, dass diese einen Teil der Finanzierung des Gerichts übernehmen.284 Dieser Argumentation ist grundsätzlich kaum zu widersprechen, auch wenn Axel Brunk richtigerweise darauf hinweist, dass es die Kombination aus personaler und finanzieller Übermacht der Sportverbände ist, die zu der nicht verstummen wollenden Kritik aus der Fachpresse und dem Athletenkreis an der institutionellen Struktur des CAS führt.285 der Athleteninteressen fungierenden Mitglieder des ICAS nicht von einem externen Gremium, sondern von den zwölf bereits von den Sportverbänden ernannten Mitgliedern eingesetzt werden, siehe dazu vertiefend Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  238; a. A., wie oben bereits dargestellt der BGH, der dieses Ungleichgewicht mit dem Argument, dass sich die Interessen der Verbände und Athleten in Dopingstreitigkeiten grundsätzlich decken würden, nicht erkennen will. 281  BG, Urteil vom 27. Mai 2003, BGE 129 III, 445, 461. 282 Ebd. 283 Ebd. 284 Ebd. 285  Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  246 ff.

D. Institutionelle Struktur des CAS seit 2019

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Über diese Debatte hinaus gilt es nun, den Fokus wieder auf die konkrete Funktionsweise der transnationalen Dopingregulierung zu richten und die Anwendung des WADC durch den CAS zu untersuchen. Dafür werden zunächst die drei Spruchkammern des CAS im Überblick vorgestellt, bevor in einem zweiten Schritt die Arbeitsweise der ADD eingeordnet wird. II. Die drei Spruchkammern des CAS im Überblick Seit der jüngsten Revision der Schiedsordnung, besteht der CAS nicht mehr aus zwei, sondern aus drei voneinander unabhängigen Abteilungen: Der OAD, der AAD und der ADD.286 Die OAD ist gemäß Art. S20 lit.  a. CAS-Code zuständig für die dem ordentlichen Verfahren unterworfenen Streitigkeiten. Dabei handelt es sich vor allem um wirtschaftliche Streitigkeiten mit sportrechtlichem Bezug. So prägen das ordentliche Verfahren vor allem Konflikte zwischen Verbänden und Sponsoren um Werbe-, Veranstaltungs- oder Managementverträge.287 Die OAD ist dementsprechend grundsätzlich nicht für Dopingverfahren zuständig. Darüber hinaus wird bei einem Blick in die Statistiken des CAS deutlich, dass die von der OAD verhandelten Verfahren nur etwa 15 Prozent aller vor dem CAS verhandelten Verfahren ausmachen.288 Die AAD ist gemäß Art S20 lit.  c. CAS-Code zuständig für Berufungen gegen Entscheidungen und Disziplinarmaßnahmen der internationalen Sportverbände und -organisationen, insofern der CAS als Berufungsinstanz in den Verbandsstatuten vorgesehen oder die Zuständigkeit des CAS im Rahmen einer Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien vereinbart worden ist.289 Bis zur Errichtung der ADD war die AAD dementsprechend die einzige Instanz innerhalb des CAS, die sich mit der Beurteilung von Verstößen gegen die Anti-Doping-Vorschriften der internationalen Sportverbände bzw. den WADC beschäftigte.290 Die AAD funund Summerer, Die Zukunft der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport – Reformvorschläge für den CAS, SpuRt 2018, S.  197–204. 286  Art. S3 Abs.  2 und Art. S 20 CAS-Code. 287 Vgl. Pfister, in: Fritzweiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), PHBSportR 2014, 6. Teil, Rn.  169 und Oschütz, Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2005, S.  50. 288  Der offiziellen Statistik des CAS ist zu entnehmen, dass in den Jahren von 1986–2016 bei einer Gesamtzahl von 5057 Fällen lediglich 790 Fälle vor der OAD nach dem ordentlichen Verfahren verhandelt worden sind; siehe zur Zusammensetzung des Gerichts im Rahmen des ordentlichen Verfahrens Art. R40 CAS-Code. 289  Siehe vertiefend zum Berufungsverfahren Brunk, Der Sportler und die institutionelle Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2016, S.  233 ff. 290  Der offiziellen Statistik des CAS zufolge sind bei einer Gesamtzahl von 5057 Fällen im Zeitraum von 1986 bis 2016 4053 Fälle vor der AAD verhandelt worden. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von etwa 80 Prozent. Die übrigen fünf Prozent der Fälle vor dem CAS

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

gierte in erster Linie als Berufungsinstanz für Entscheidungen der Verbandsgerichte und Disziplinarkommissionen der Sportverbände, die auf Grundlage des WADC ergangen waren. Zwar übt die AAD diese Funktion auch nach der jüngsten Überarbeitung des CAS-Codes weiterhin aus, doch wurde ihre Zuständigkeit infolge der grundlegenden Neuordnung des Instanzenzugs vor dem CAS durch die Gründung der ADD 2019 deutlich verkleinert.291 Die im Januar 2019 neu gegründete ADD ist gemäß Art. S20 lit.  b. CAS-Code als erste oder als einzige Instanz für Verfahren zuständig, die explizit im Zusammenhang mit der Verletzung von Anti-Doping-Vorschriften stehen. Die ADD übernimmt damit, soweit sie als einzige Instanz tätig wird, die Verfahren, die vorher erstinstanzlich vor der AAD verhandelt wurden.292 Wie die OAD und die AAD besteht die ADD ebenfalls aus einem Präsidenten, einem stellvertretenden Präsidenten und den Schiedsrichtern der betreffenden Abteilung.293 Der Präsident und der stellvertretende Präsident der ADD werden gemäß Art. S6 Nr.  2 CAS-Code vom ICAS gewählt.294 Die verfahrensrechtlichen Grundlagen der ADD finden sich, anders als bei der OAD und der AAD, nicht im CAS-Code selbst, sondern in den gesondert ausgeführten Arbitration Rules for the CAS Anti-Doping Division (ADD Rules).295 Darüber hinaus verfügt die ADD über ein eigenes Budget und unterhält ein eigenes für Verwaltungsangelegenheiten zuständiges Court Office.296 Die dadurch zum Ausdruck kommende Sonderstellung der ADD innerhalb der institutionellen Architektur des CAS findet ihre Fortsetzung in der speziell für Verfahren vor der ADD eingerichteten separaten Schiedsrichterliste.297 So dürfen als Schiedsrichter in einem Verfahren der ADD nur Personen tätig werden, die auf der vom ICAS erstellten CAS-ADD Schiedsrichterliste aufgeführt sind.298 entfallen auf das bis 2011 vom CAS angebotene Konsultationsverfahren und das Ad-hoc Verfahren. 291  Zur neuen Zuständigkeitsordnung seit Errichtung der ADD siehe sogleich Abschnitt 3. 292  Die Grundlage dieser Kompetenzzuteilung der ADD findet sich in Art. S.  20 lit b. CASCode. 293  Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 13. 294  Präsident der ADD ist der Schweizer Jurist und ehemalige Bundesrichter Ivo Eusebio, siehe dazu die Aufstellung der Funktionsträger des CAS unter: . 295  Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 11 und Art S23 CASCode und Art A2 ADD Rules. 296  Vgl. Art. S22 CAS-Code (Court Office) und Art. S6 Nr.  6.2 CAS-Code (Budget). 297  Die derzeit (Stand: März 2022) 22 Schiedsrichter umfassende Liste ist abrufbar unter: . 298  Art. A8 ADD Rules und Art. R33 CAS-Code.

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Aufgrund der mit der Revision des CAS-Codes neu geschaffenen exklusiven Zuständigkeit der ADD für die Überprüfung verbandsrechtlicher Dopingsanktionen, die auf der Grundlage des WADC ergangen sind, nimmt die ADD nun eine zentrale Funktion ein innerhalb der einheitlichen Anwendung und Auslegung der Anti-Doping-Vorschriften – und damit innerhalb des gesamten transnationalen Dopingregimes. III. Die Anti-Doping-Division des CAS Mit der Einrichtung der ADD als eigenständige Abteilung innerhalb des CAS wurden die Kompetenzen hinsichtlich der Beurteilung von Verstößen gegen den WADC bzw. seinen nationalen Entsprechungen bei einer Instanz gebündelt.299 Im Zuge der Konstituierung der ADD hat das IOC seine Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen den WADC vollständig an die ADD übertragen.300 Gemäß Art. A1 Abs.  1 und Art.  2 ADD Rules steht diese Möglichkeit der Delegation der Sanktionsbefugnisse auch für die anderen internationalen Sportverbände offen. Demnach können die internationalen Sportverbände ihre erstinstanzliche Zuständigkeit auf die ADD übertragen.301 Das heißt konkret, dass die ADD bereits in erster Instanz anstelle der ansonsten zuständigen verbandsinternen Kommissionen und Gerichte für die Beurteilung und Sanktionierung von Verstößen gegen die geltenden Anti-Doping-Vorschriften eingesetzt wird.302 Diese Zuständigkeitsdelegation ist freiwillig, mit Ausnahme des Zeitraums der Olympischen Spiele.303 Die Internationale Triathlon Union (ITU) hat im März 2019 als erster Verband von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.304 Auf die ITU folgten mit dem Internationalen Skiverband (FIS) und dem Internationalen Biathlonverband (IBU) im Oktober 2019 die ersten mitgliederstarken Win299  Siehe dazu auch die offizielle Pressemitteilung des CAS vom 28.12.2018, abrufbar unter: . 300  Vgl. dazu bereits die Pressemitteilung des IOC vom 01.03.2016, abrufbar unter: ; siehe dazu ebenfalls Art. A1 Introduction ADD Rules . 301  Siehe dazu Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 14. 302  Zum ansonsten obligatorischen verbandsinternen Rechtsweg siehe bereits Kapitel 3 B. III. 303  Art. A2 Abs 1 ADD Rules: „CAS ADD has jurisdiction to rule as a first-instance authority on behalf of any sports entity which has formally delegated its powers to CAS ADD to conduct anti-doping proceedings and impose applicable sanctions.“ 304  Vgl. CAS Bulletin 2019/01, abrufbar unter: .

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

tersportverbände.305 Da eine Vielzahl der auf der Grundlage des WADC ausgesprochenen verbandsinternen Disziplinarmaßnahmen vor dem CAS angefochten werden, ist davon auszugehen, dass weitere Verbände ihre Erstzuständigkeit an die ADD delegieren werden, um ihre eigenen Disziplinar- und Sanktionskommissionen hinsichtlich der Behandlung von Dopingfällen zu entlasten.306 1. Ausgangspunkt Schiedsklausel Ausgangspunkt für ein Verfahren vor der ADD, wie auch grundsätzlich vor den anderen Abteilungen des CAS, ist die wirksame Unterwerfung der Parteien unter die Jurisdiktion des CAS. Gleichlaufend zur Geltungsgrundlage des nationalen und internationalen Verbandsrechts bieten sich für die wirksame Vereinbarung einer Schiedsklausel grundsätzlich zwei Möglichkeiten an: Die Schiedsklausel kann statutarisch in die Satzung der Sportverbände integriert werden. Da eine daraus entstehende wirksame Bindung aber die Mitgliedschaft des Sportlers im betreffenden Verband voraussetzt bzw. lückenlos miteinander verschränkte Satzungsketten bis hin zum lokalen Sportverein in der Praxis nicht immer gewährleistet werden können, hat sich auch in Bezug auf die Einsetzung des CAS als Schiedsgericht sportartenübergreifend die rechtsgeschäftliche Selbstbindung der Sportler im Rahmen eines Regelanerkennungsvertrages durchgesetzt.307 Das noch von der AAD entschiedene Verfahren von Claudia Pechstein gegen den ISU basierte auf folgender in den Regelanerkennungsvertrag integrierten Schiedsvereinbarung zum CAS: „Ich/Wir, der/die Unterzeichner(in) anerkenne die [Satzung der ISU)], die die Zuständigkeit der [Disziplinarkommission der ISU)] begründet […] und die den Court of Arbitration for Sports (CAS), in Lausanne, Schweiz als das Schiedsgericht für den Erlass von endgültigen und bindenden Schiedssprüchen betreffend die [ISU], ihre Mitglieder und alle Teilnehmer an Veranstaltungen [der ISU] unter vollständigem Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit anerkennt […].“308 305 

Siehe dazu die Pressemitteilung des CAS vom 28.10.2019, abrufbar unter: . 306  Vgl. dazu Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 14. 307  Der CAS bietet dafür auf seiner Website folgenden Formulierungsvorschlag an: „Any decision made by [insert the name of the disciplinary tribunal or similar court of the sports federation, association or sports body which constitutes the highest internal tribunal] may be submitted exclusively by way of appeal to the Court of Arbitration for Sport in Lausanne, Switzerland, which will resolve the dispute definitively in accordance with the Code of sports-related arbitration. The time limit for appeal is twenty-one days after the reception of the decision concerning the appeal.“, Musterformulierung abrufbar unter: . 308  Die Schiedsvereinbarung ist abgedruckt im Urteil des LG München I, Urteil vom 26.02.2014 – 37 O 28331/12, SchiedsVZ 2014, S.  100–112, 100 f.

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Die in der Satzung des Sportverbandes bzw. im Regelanerkennungsvertag zwischen Verband und Sportler vereinbarte Schiedsabrede bildet also die notwendige Voraussetzung für die Zuständigkeit des CAS und steht somit am Anfang eines jeden Verfahrens.309 2. Das Verfahren vor der ADD Wie oben bereits skizziert, besteht seit Inkrafttreten der neuen Schiedsordnung im Januar 2019 die Möglichkeit, die neu geschaffene ADD entweder in erster Instanz anzurufen oder die ADD als einzige Instanz über die potenzielle Verletzung der Anti-Doping-Vorschriften urteilen zu lassen.310 a) Die ADD als erste Instanz Soll die ADD als erste Instanz fungieren, so wird der potenzielle Verstoß gegen die Bestimmungen des WADC von einem Einzelrichter (sole arbitrator) beurteilt.311 Die einzelrichterliche Zuständigkeit ist seit der jüngsten Revision des CAS-Codes der Regelfall, von dem nur unter der Voraussetzung abgewichen werden kann, dass sich die Parteien auf die Einsetzung eines Dreierschiedsgerichts einigen.312 Der Einzelschiedsrichter soll im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien aus der speziell für die Verfahren vor dem ADD bereitgestellten Schiedsrichterliste ausgewählt werden.313 Können sich die Parteien nicht auf die Nominierung eines Einzelschiedsrichters einigen, nimmt der Präsident der ADD die Auswahl vor.314 Agiert die ADD als erste Instanz, ist es nun nicht mehr erforderlich, den vorher noch obligatorischen verbandsinternen Rechtsweg zu beschreiten. Die erstinstanzliche Entscheidung der ADD kann anschließend gemäß Art. R47 CAS-Code auf dem Wege der Berufung vor die AAD des CAS weitergezogen werden. Erst 309 

Vgl. dazu auch Blackaby et al.: „The foundation stone of modern international arbitration is (and remains) an agreement by the parties to submit any disputes or differences between them to arbitration.“, in: Redfern and Hunter on International Arbitration, 6. Auflage, 2015, Rn.  1.40. 310  Vgl. Art S 12 Abs.  3 lit.  b und Art. S 20 Abs.  1 lit.  b CAS-Code; siehe dazu auch umfassend Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 14 ff. 311  Vgl. Art. A16 ADD Rules. 312  Siehe dazu Art. A15 ADD Rules. 313  Vgl. Art. A16 CAS-Code. 314  Vgl. Art. A14 Abs.  3 und Art. A16 ADD Rules; im Gegensatz zu den Parteien, die jede Person von der ADD Schiedsrichterliste nominieren können, darf der Präsident nur einen Schiedsrichter aus der speziellen gemäß Art. A9 ADD Rules vorzuhaltenden Vorsitzendenliste auswählen.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

diese Entscheidung der AAD kann dann mittels Anfechtungsklage vor dem Schweizerischen Bundesgericht angefochten werden.315 b) Die ADD als einzige Instanz Entscheiden sich die Parteien gegen die Einsetzung eines Einzelrichters, besteht nach den Verfahrensregeln der ADD die Möglichkeit, die Disziplinarmaßnahme auf Grundlage des WADC von einem Dreierschiedsgericht beurteilen zu lassen.316 Die Einsetzung eines Dreierschiedsgerichts erfordert gemäß Art. A15 Abs.  1 ADD Rules die gegenseitige Zustimmung beider Parteien. Entschließen sich die Parteien dazu, den Fall vor einem Dreierschiedsgericht zu verhandeln, verzichten sie auf die Möglichkeit der Berufung vor der AAD.317 Das Dreierschiedsgericht verhandelt den potenziellen Verstoß gegen die Anti-Doping-Vorschriften somit als einzige Instanz, dessen Entscheidung lediglich der Beschwerde in Zivilsachen vor dem Schweizerischen Bundesgericht unterliegt.318 Die Konstituierung des Dreierschiedsgerichts erfolgt dabei gemäß Art. A15 Abs.  2 ADD Rules nach folgendem Verfahren: Zunächst muss der Antragssteller, zumeist der Sportverband, innerhalb von drei Tagen nach der Einigung auf die Einsetzung des Dreierschiedsgerichts einen Schiedsrichter aus der separaten Antidoping-Schiedsrichterliste nominieren.319 Daraufhin erhält der Antragsgegner, in der Regel der Sportler, dem der Dopingvorwurf gemacht wird, ebenfalls eine Frist von drei Tagen, um seinerseits einen Schiedsrichter aus der Antidoping-Schiedsrichterliste auszuwählen.320 Der dritte Schiedsrichter, der als Vorsitzender des Dreierschiedsgerichts amtet, wird schließlich aus der speziellen Liste für Vorsitzende der ADD ausgewählt.321 Die Auswahl erfolgt dabei entweder im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien oder, falls keine Einigung zustande kommt, durch den Präsidenten der ADD.322 315 

Siehe dazu bereits Abschnitt D. III. 6. in diesem Kapitel. Art. A15 ADD Rules. 317  „When the parties agree to have a three-member Panel instead of a Sole Arbitrator, they also agree to forgo their right of appeal before the CAS Appeals Division.“, vgl. Art. A15 Abs.  1 ADD Rules. 318  Vgl. Art A14 Abs.  3 Abs.  8 und Art. A15 Abs.  1 ADD. 319  Vgl. dazu nochmal Art. A8 Abs.  2 ADD Rules. 320  Verstreicht diese Frist, ohne dass ein Schiedsrichter nominiert worden ist, so hat der Präsident der ADD gemäß Art. A15 Abs.  3 ADD Rules die Möglichkeit entweder selbst die Ernennung vorzunehmen oder das Verfahren einem Einzelschiedsrichter zuzuweisen. 321  Siehe dazu bereits oben und Art. A9 ADD Rules. 322  Vgl. Art. A15 Abs.  4 ADD Rules.; zur Kritik an dem an dieser Stelle ebenfalls zum Tragen kommenden überproportionalen Einfluss der Sportverbände im ICAS siehe Prütting, Das Pechstein-Urteil des BGH und die Krise der Sport-Schiedsgerichtsbarkeit, SpuRt 2016, S.  143– 146 und ebenfalls kritisch zum gleichlaufenden Mechanismus im Berufungsverfahren vor dem 316 

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3. Der Verfahrensgang vor der ADD im Überblick Das Verfahren vor der ADD beginnt mit dem sogenannten Request for Arbitration.323 In diesem schriftlich einzureichenden Antrag behauptet ein internationaler Sportverband, die International Testing Agency (ITA)324 bzw. ein anderer durch die Unterzeichnung des WADC befugter Akteur, das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des WADC.325 Dieser Antrag muss neben der vollständigen Darstellung des Sachverhalts auch bereits die beabsichtigte Sanktion enthalten, inklusive der rechtlichen Argumente für diese Maßnahme.326 Mit der Antragsstellung wird gemäß Art. A13 Abs.  2 in Verbindung mit Art. A23 Abs.  1 ADD Rules die Zahlung der Gerichtsgebühr in Höhe von 1000 Schweizer Franken fällig. Diese Gebühr wird, unabhängig vom Verfahrensausgang, nicht zurückerstattet.327 Die weiteren Verfahrenskosten berechnen sich abhängig davon, ob ein Einzelschiedsrichter oder ein Dreierschiedsgericht angerufen wird. Entscheiden sich die Parteien für die Einsetzung eines Einzelschiedsrichters, so sind gemäß Art. A24 ADD Rules bis zu vier Verfahren pro internationalem Sportverband im Jahr kostenlos bzw. vom Budget des CAS gedeckt. Die Kosten für jedes weitere Verfahren sind dann vom jeweiligen Sportverband selbst zu tragen.328 Wird dahingegen ein Dreierschiedsgericht von den Parteien mit der Beurteilung betraut, werden für das weitere Verfahren keine zusätzlichen Gebühren berechnet.329 Durch diese Neuerung soll ein Anreiz geschaffen werden, die ADD als einzige Instanz anzurufen, wodurch die Möglichkeit einer Berufung der Entscheidung vor der AAD ausgeschlossen wird.330 Für betroffene Athleten, die nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen, um das schiedsge-

CAS OLG München, Urteil vom 15. Januar 2015 – U 1110/14 Kart., SchiedsVZ 2015, S.  40– 47, 44. 323  Art. A 13 ADD Rules. 324  Siehe zur Rolle der ITA bereits Abschnitt C. II. 2. a) in diesem Kapitel. 325  Der Request for Arbitration vor der ADD entspricht dem Request for Arbitration im ordentlichen Verfahren gemäß Art R38 CAS-Code und dem Statement of Appeal im Berufungsverfahren gemäß Art R48 CAS-Code, vgl. dazu auch Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 15. 326  Vgl. Art. A13 ADD Rules; siehe zu den weiteren formellen und inhaltlichen Anforderungen an den Request for Arbitration die Auflistung in Art.  13 ADD Rules. 327  Vgl. Art. A23 Abs.  1 ADD Rules. 328  Vgl. Art A24 ADD Rules. 329  Vgl. Art. A15 Abs.  4 in Verbindung mit Art.  24 ADD Rules. 330  Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 17.

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

richtliche Verfahren zu führen, besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Prozesskostenhilfe bei der Legal Aid Commission zu stellen.331 Nach erfolgter Antragsstellung und Zahlung der Gerichtsgebühr leitet die ADD, soweit eine Schiedsvereinbarung zugunsten der ADD besteht, das Verfahren gemäß Art. A14 Abs.  1 ADD Rules ein. Es folgt die Zustellung des Request for Arbitration an den Beklagten, dem nun eine Frist von zwanzig Tagen zur Einreichung einer schriftlichen Erwiderung eingeräumt wird.332 Das Hauptverfahren vor der ADD besteht in der Folge gemäß Art. A19.1 ADD Rules aus den schriftlichen Eingaben der Parteien und im Regelfall einer mündlichen Anhörung.333 Die ADD wendet gemäß Art. A1 Abs.  2 und Art. A20 ADD Rules vornehmlich den WADC bzw. die mit diesem größtenteils übereinstimmenden Anti-DopingVor­schriften der internationalen Sportverbände an. Subsidiär findet das von den Parteien gewählte Recht oder, im Falle das die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben, das schweizerische Recht im Verfahren vor der ADD Anwendung.334 An dieser Stelle des Verfahrens kommt es zur direkten Anwendung der transnationalen Anti-Doping-Bestimmungen durch den CAS.335 Im Verfahren vor der ADD fungiert der in die Satzungen der Sportverbände inkorporierte WADC somit als funktionales Äquivalent zum staatlichen Recht und eröffnet damit in der konkreten Anwendungssituation die Möglichkeit, grenzüberschreitend gleich gelagerte Sachverhalte einheitlichen Normen zu unterstellen. Der WADC trägt somit erheblich zur Rechtssicherheit im globalen System der Dopingregulierung bei. Durch die rechtsstaatlichen Bindungen des CAS und das subsidiär zur Anwendung gelangende nationale Recht erfahren die transnational entstandenen Anti-Doping-Bestimmungen darüber hinaus eine weitergehende Konkretisierung durch die Auslegung des CAS. 331  Vgl. Art. A23 Abs.  2 ADD Rules; die Gewährung der Prozesskostenhilfe richtet sich nach den ICAS Guidelines on Legal AID gemäß Art. A26 Abs.  3 ADD Rules. 332  Vgl. Art A14 Abs.  1 ADD Rules; siehe Art. A14 Abs.  2 ADD Rules für die formellen und inhaltlichen Anforderungen an die Stellungnahme des Beklagten; zur Möglichkeit der ADD vorsorgliche Maßnahmen, wie z. B. eine provisorische Sperre des Athleten, anzuordnen, siehe Art. A18 Abs.  1 ADD Rules. 333 Für die weiteren formalen Einzelheiten des Verfahrensgangs siehe Art. A19.1–Art. A19.6 ADD Rules. 334  Siehe dazu auch Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 18 und vertiefend die Aufsätze von Brugger, Nur spärliche Anwendung des deutschen Rechts in internationalen Sportschiedsgerichtsverfahren, Causa Sport 2020, S.  22–28 und de Oliveira, Lex Sportiva as the Contractual Governing Law, ISLJ 17 (2017), 101–116. 335  Teitler, Rechtsnatur und Anwendung des WADA-Code, Causa Sport 2007, S.  395–411, 401.

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Die den Streitgegenstand in Verfahren vor der ADD bildenden Disziplinarmaßnahmen der Sportverbände unterliegen nach R57 Abs.  1 CAS-Code, der Art. A26 Abs.  1 ADD-Rules zufolge subsidiär auch für die Verfahren vor der ADD gilt, sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht der uneingeschränkten Kontrolle durch das eingesetzte Schiedsgericht.336 Diese auch als de-novo-Entscheidungsbefugnis bezeichnete Kompetenz – „The Panel has full power to review the facts and the law“337 – entbindet das Dreierschiedsgericht von den Feststellungen des vorgeschalteten Verbandsgerichts und bietet den Parteien die Möglichkeit, neue Tatsachen in das Verfahren vor der ADD einzubringen.338 Der Schiedsspruch ergeht im Anschluss an das Hauptverfahren gemäß den Vorgaben des Art. A21 ADD Rules: Demnach wird dieser entweder vom Einzelrichter oder, wenn das Verfahren vor einem Dreierschiedsgericht geführt wurde, per Mehrheitsbeschluss gefällt.339 Ab diesem Zeitpunkt ist der Schiedsspruch vollstreckbar.340 Wurde die Entscheidung von einem Einzelschiedsrichter getroffen, kann gegen diese binnen 21 Tagen Berufung vor der AAD eingelegt werden.341 Eine Besonderheit des noch relativ jungen Verfahrens vor der ADD ist, dass alle Entscheidungen zu Informationszwecken von Amts wegen der WADA übermittelt werden, soweit diese nicht bereits selbst am Verfahren beteiligt gewesen ist.342 Darüber hinaus ist, vorausgesetzt, dass die ADD eine Sanktion ausgesprochen hat, gemäß Art. A21 Abs.  6 ADD Rules der Schiedsspruch, eine Zusammenfassung des Schiedsspruchs oder eine Pressemitteilung zu veröffentlichen, in der die Ergebnisse des Verfahrens dargelegt werden, sobald der Schiedsspruch rechtskräftig und bindend ist.343 336  Haas, Die Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im internationalen Sport, in: Gilles/ Pfeiffer (Hrsg.), Neue Tendenzen im Prozessrecht, 2008, S.  9–82, 62 m. w. N. 337  Art.  57 Abs.  1 CAS-Code. 338  Adolphsen, in: Adolphsen et al. (Hrsg.), Sportrecht in der Praxis, 2011, Kapitel 9, Rn.  1107. 339  Ergibt sich keine Mehrheit, wird die Entscheidung allein vom Vorsitzenden des Panels getroffen, vgl. Art A21 ADD Rules. 340  Die Verfahrensordnung der ADD eröffnet zudem die Möglichkeit, zunächst nur den Tenor des Schiedsspruchs, also die Nennung der Rechtsfolgen, die das Schiedsgericht anordnet, den Parteien mitzuteilen und die Begründung zu einem späteren Zeitpunkt nachzureichen. Unabhängig davon, ob die Begründung der Entscheidung mitsamt des Tenors mitgeteilt wurde, ist der Schiedsspruch ab der Eröffnung des Tenors bereits vollstreckbar, vgl. Art. A21 Abs.  3 ADD Rules. 341  Art. A21 Abs.  5 ADD Rules. 342  Art. A21 Abs.  4 ADD Rules und Art. A 14 Abs.  7 ADD Rules. 343  Vgl. Art. A.21 Abs.  6 ADD Rules und dazu ebenfalls Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 17, andernfalls bleibt das Verfahren vertraulich; siehe zur

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Viertes Kapitel:  Judikative – die Rolle der Sportschiedsgerichtsbarkeit

4. Festzuhaltendes Blickt man auf die Entwicklung des CAS von 1984 bis heute, so lässt sich konstatieren, dass das Schiedsgericht mittlerweile eine Schlüsselrolle im internationalen Sportbetrieb eingenommen hat. Ausgehend von der im Anwendungsbereich des WADC mittlerweile obligatorischen Schiedsklausel werden die dopingrelevanten Streitigkeiten der nationalen Einflusssphäre weitestgehend entzogen und seit der jüngsten Reform der Schiedsordnung einheitlich vor der ADD des CAS verhandelt. Die Zuständigkeitskonzentration schützt die Sportverbände nicht nur vor der Intervention nationaler Gerichte, sondern ermöglicht darüber hinaus die sportarten- und verbandsübergreifende Anwendung des WADC durch den CAS. Mit der Einrichtung der ADD, der damit verbundenen Möglichkeit der Zuständigkeitsdelegation und der vom ICAS eigens für die ADD geführten Schiedsrichterliste wurden darüber hinaus weitere Schritte in Richtung Professionalisierung der Rechtsprechung unternommen. Inwiefern diese Professionalisierung zur Legitimation des transnationalen Dopingregimes beiträgt, soll im abschließenden Kapitel der Arbeit erörtert werden.

Veröffentlichungspraxis des CAS Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  16 ff.

Fünftes Kapitel

Die Verfassung der Lex Sportiva „Wer Recht durchzusetzen vermag, beweist damit, daß er Recht zu setzen berufen ist.“1 Gustav Radbruch, Rechtsphilosoph und Justizminister in der Weimarer Republik

Nachdem der Fokus auf den prozessrechtlichen Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der transnationalen Dopingregulierung und der konkreten Anwendung des WADC durch die ADD des CAS lag, soll im abschließenden Kapitel der Blick geweitet und die Legitimation des transnationalen Rechtsregimes zur Dopingregulierung in den Fokus der Auseinandersetzung rücken. Um sich der Frage anzunähern, wann eine (Rechts-)Ordnung als legitim bezeichnet werden kann, soll in der Folge ein klassisches Verständnis von Legitimation zugrunde gelegt werden. Demnach kann die Ausübung von Herrschaftsmacht nur legitim sein, wenn sie beschränkt und um den Ausgleich zwischen den Rechtsunterworfenen bemüht ist.2 Das abschließende Kapitel der Arbeit fragt also nach den Grenzen der Selbstregulierung innerhalb des transnationalen Dopingregimes. Ausgehend von diesem Begriffsverständnis sollen zum einen die Eingriffsmöglichkeiten der (zwischen-)staatlichen Rechtsordnungen von außen auf das transnationale Regime verdeutlicht werden. Zum anderen sollen die normativen Strukturen des Regimes herausgearbeitet werden, also die Rechtsgrundsätze, die innerhalb des Regimes zwingend zur Anwendung gelangen und damit ebenfalls die Herrschaftsmacht der Akteure beschränken.3 Um die so entstehenden zwin1 

Radbruch, Rechtsphilosophie, in Kaufmann (Hrsg.), Gesamtausgabe Band 2, S.  313. Siehe zum Legitimationsbegriff auch Bachmann, Private Ordnung, S.  160 ff.; ders., Legitimation privaten Rechts, in: Bumke/Röthel (Hrsg.) Privates Recht, 2012, S.  207–227, 212 ff.; Möllers, Die Drei Staatsgewalten, Legitimation der Gewaltenteilung in Verfassungsstaat, Europäischer Integration und Internationalisierung, 2. Auflage 2015, S.  57 ff.; zum soziologischen Legitimationskonzept Max Webers, siehe Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Auflage 1972, S.  16 ff. 3  Siehe dazu Möllers, Verfassunggebende Gewalt – Verfassung – Konstitutionalisierung, in: von Bogdandy/Bast (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, Theoretische und dogmatische Grundzüge, 2. Auflage, 2009, S.  227–277, 265 ff. 2 

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genden Ordnungsmuster der transnationalen Dopingregulierung erfassen zu können, soll zunächst auf die bisherigen Untersuchungsergebnisse zurückgegriffen werden und davon ausgehend Anschluss an die Debatte um eine Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime gesucht werden.4 Den Untersuchungsergebnissen zufolge wird der globale Sportbetrieb von einem eng miteinander verflochtenen Gefüge staatlicher, überstaatlicher und nichtstaatlicher Normen gesteuert. Innerhalb des untersuchten Referenzgebietes – der transnationalen Dopingregulierung – kann ein wechselseitig verschränktes System staatlich-privater Rechtsvereinheitlichung beobachtet werden, welches zur Herausbildung funktionaler Äquivalente zum staatlichen Recht auf den Ebenen der Rechtsetzung, -durchsetzung und -anwendung geführt hat. Das aus der Interaktion zwischen den sportlichen Regelwerken auf der einen Seite und den staatlichen Rechtsordnungen auf der anderen Seite entstandene funktional spezialisierte Rechtsregime kann aufgefasst werden als zentraler Bestandteil einer auf die sektorspezifische Lösung grenzüberschreitender Problemlagen ausgerichteten Lex Sportiva.5 Es steht damit exemplarisch für die skizzierte heterarchische Struktur des Rechts einer globalisierten Weltgesellschaft. Ausgehend von dem in Kapitel 1 ausgearbeiteten pluralistischen Rechtsverständnis kann sowohl die konkrete Funktionsweise der grenzüberschreitend organisierten Dopingregulierung als auch ihre schrittweise Einbettung in den sich aus nationalen Gesetzen und völkerrechtlichen Abkommen zusammensetzenden multilateralen Rechtsrahmen demonstriert werden. Der Einbezug nichtstaatlicher Normen in den rechtswissenschaftlichen Analyserahmen und die damit verbundene Anerkennung, dass auch primär gesellschaftlich gesteuerte Normsetzungsprozesse rechtserzeugende Kraft haben, bricht mit der denklogischen Einheit von Recht und Staat, die lange die rechtswissenschaftliche Forschung dominiert hat.6 Durch die Entkopplung dieser klassischen Einheit gelingt es einerseits, die sich globalisierungsbedingt veränderte Rechtsrealität besser abzubilden und verstehen zu können. Andererseits ergeben sich daraus neue Fragen hinsichtlich der Legitimation transnationaler Rechtsregime. Mit den Worten Gunther Teubners findet „in den globalen Privatregimes […] eine wirksame Selbstdekonstruktion des Rechts statt, die wesentliche Grundprinzipien des nationalstaatlichen Rechts schlicht außer Kraft setzt: die Geltungsableitung der Rechtsnormen in einer Rechtsquellenhierarchie, die Legitimation des Rechts durch eine politisch gesetzte Verfassung, die Set4  Einführend zum Konstitutionalisierungsbegriff und den verschiedenen Verwendungskontexten, Kleinlein, Konstitutionalisierung im Völkerrecht, Konstruktion und Elemente einer idealistischen Völkerrechtslehre, 2012, 1. Teil, S.  1 ff. 5  Siehe zum Konzept der Lex Sportiva Kapitel 1. 6  Siehe dazu ebenfalls bereits Kapitel 1.

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zung von Recht durch parlamentarische Instanzen, die Sicherung durch Institutionen, Verfahren und Prinzipien des Rechtstaates und die Garantie individueller Freiheitsräume durch politisch erkämpfte Grundrechte“7.

Da ein demokratisch organisierter Weltstaat nicht existiert, stellen sich infolge der Ausbreitung transnationaler, also funktional und nicht mehr territorial ausdifferenzierter Rechtsregime insbesondere Fragen nach ihrer Begrenzung auf neue Weise.8 Wie die Untersuchung am Beispiel der transnationalen Dopingregulierung zeigen konnte, ist mit dem WADC nicht nur eine grenzüberschreitende und verbandsübergreifende Vereinheitlichung der Dopingtatbestände etabliert worden, sondern auch ein weltweite Geltung beanspruchendes Sanktionssystem mit vergleichsweiser hoher Eingriffsintensität. Das nationalen Strafgesetzbüchern nachempfundene Sanktionssystem verursacht mitunter hohe Kosten bei den betroffenen Sportlern und zielt darauf ab, die Folgebereitschaft der Rechtsunterworfenen durch Strafandrohung sicherzustellen.9 Das mit der Gründung der WADA eingerichtete Regime agiert staatsähnlich in dem es Recht erzeugt und dieses unter Zuhilfenahme des internationalen Sportgerichtshofs CAS auch anzuwenden und durchzusetzen vermag. Die Staatsähnlichkeit der hybrid ausgestalteten Regulierung des Dopingproblems führt aber dazu, dass auf das transnationale Rechtsregime ähnliche normative Erwartungen projiziert werden, wie sie üblicherweise gegenüber Staaten formuliert werden.10 Vor diesem Hintergrund ist zu konstatieren, dass es den transnational entstandenen Normen an klassischer demokratischer Legitimation fehlt. Der WADC und seine nationalen Entsprechungen sind im Gegensatz zu staatlichen Gesetzen und Verordnungen kein Produkt eines demokratisch legitimierten Gesetzgebers.11 7  Teubner, Privatregimes, Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft, in: Simon/Weiss (Hrsg.), Zur Autonomie des Individuums, 2000, S.  437–453, 440; siehe dazu grundlegend ders., Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28 und ders., The Project of Constitutional Sociology: Irritating Nation State Constitutionalism, Transnational Legal Theory 4 (2013), S.  44–58. 8 Siehe zum Legitimitätsproblem transnationaler Rechtsregime ausführlich Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  209 ff. m. w. N. und Mattheis, Die Konstitutionalisierung des Völkerrechts aus systemtheoretischer Sichtweise, 2018, S.  430 ff. 9  siehe dazu im Einzelnen Kapitel 3 A. 10 Vgl. Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, 190. 11 Vgl. Kadelbach/Günther, Recht ohne Staat?, in: ders./ders. (Hrsg.), Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung 2011, S.  9–48, 35.

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Die in der Literatur mitunter als Lösung für das Legitimationsproblem transnationaler Regime vorgeschlagene Binnendemokratisierung der normsetzenden Institutionen kann jedoch nicht als Antwort auf die aufgeworfenen Fragen nach der Legitimierung und Begrenzung der transnationalen Dopingregulierung herangezogen werden.12 Zwar sind die Machtverhältnisse durch die paritätisch zusammengesetzten Entscheidungsgremien innerhalb der WADA ausgewogen zwischen Sportverbänden und nationalen Regierungen verteilt, doch fehlt es an vergleichbaren Partizipationsmöglichkeiten für Athleten.13 Darüber hinaus greift das Argument zu kurz, dass sich Legitimationsfragen nicht stellen würden innerhalb eines in erster Linie auf privatrechtlichen Verträgen beruhenden Systems.14 Die Geltung des WADC und seiner nationalen Entsprechungen basieren zwar im Kern auf der Zustimmung der Betroffenen.15 Ein Vertragsschluss als Legitimationsideal setzt jedoch voraus, dass etwaige Machtungleichgewichte innerhalb eines rechtstaatlich ausgestalteten Privatrechts durch die Anwendung zwingender Normen ausgeglichen werden.16 Der Zugriff nationaler Rechtsordnungen auf die Vertragsgestaltung der internationalen Sportverbände ist aber nur punktuell und in eingeschränktem Maße möglich, wie in Kapitel 3 und 4 gezeigt. Erst bei einer Klage des betroffenen Athleten vor einem staatlichen Gericht bzw. in der Berufungssituation vor dem Schweizerischen Bundesgericht kommt es zu einer Überprüfung der zwischen Athlet und Verband abgeschlossenen Regelanerkennungsverträge sowie der darauf beru12  Siehe dazu m. w. N. Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  216 ff. und dazu auch bereits und ebenfalls m. w. N. Calliess, Grenzüberschreitende Verbraucherverträge, 2006, S.  182 ff. 13  Siehe zur Organisationsstruktur der WADA und zum Entstehungsprozess des WADC Kapitel 3 A; zum Fehlen demokratischer Legitimation in Bezug auf die Strukturen der FIFA siehe Freeburn, The fiction of democracy in FIFA’s governance of football and the case of Football Federation Australia, ISLJ 3 (2019), S.  184–204. 14  Siehe dazu Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  209 ff.; zum Konzept der Zustimmung als Legitimationsideal siehe Bachmann, Private Ordnung, 2006, S.  172 ff. und ders., Legitimation privaten Rechts, in: Bumke/Röthel (Hrsg.) Privates Recht, 2012, S.  207– 227, 212 ff.; siehe zur Legitimierungsbedürftigkeit transnationaler privater Selbstregulierung auch Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, 195 ff. 15 Vgl. Röthel, Lex Mercatoria, lex sportiva, lex technica – Private Rechtsetzung jenseits des Nationalstaates?, JZ 2007, S.  755–763, 757. 16  Im Kontext einer nationalen bzw. europäischen Wirtschaftsverfassung verweist Moritz Renner hinsichtlich zwingend zu beachtender Normen auf das in Art.  101 AEUV normierte Kartellverbot, den in §  138 BGB positivierten Grundsatz der guten Sitten und den verfassungsrechtlich abgesicherten Schwächerenschutz, vgl. Renner, Transnationale Wirtschaftsverfassung, RabelsZ 78 (2014), S.  750–783, 762.

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henden Sanktionen.17 Aufgrund der bestehenden Machtungleichgewichte im internationalen Sportbetrieb lässt sich mithin der ursprünglich für das transnationale Regime zur Vergabe von Domains im Internet formulierte Befund auch auf die transnationale Dopingregulierung übertragen: „It is not necessarily a voluntary regime simply because it is based on contracts.“18 Angesichts der normativen Erwartungshaltung an das staatsähnlich agierende Regime zur Dopingregulierung und des bestehenden Machtungleichgewichts zwischen den Akteuren, besteht der Bedarf nach übergeordneten Strukturprinzipien und einem zwingenden Ordnungsrahmen, der die Regulierungsaktivitäten der Akteure begrenzt. Wie kann es gelingen, dass die Dopingregulierung so effektiv wie möglich im Interesse der Staatengemeinschaft und der Sportverbände durchgeführt wird, ohne die Freiheitsrechte der Rechtsunterworfenen unangemessen zu beeinträchtigen und wesentliche Rechtsstaatsprinzipien zu gewährleisten?19 Ausgehend von dieser Frage sollen zwingende externe und regimeimmanente Ordnungsmuster der transnationalen Dopingregulierung herausgearbeitet und damit ein Beitrag zur Debatte um die Legitimation transnationaler Rechtsregime geleistet werden. Dafür soll auf das in der rechtswissenschaftlichen Forschung mittlerweile breit rezipierte Konzept der Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime zurückgegriffen werden.20 Unter dem nicht immer einheitlich verwende17 

Siehe dazu im Detail Kapitel 4 B. VI.; zur relativen Unabhängigkeit transnationaler Rechtsregime von staatlichen Institutionen siehe Maurer, Transnationales Recht, in: Viellechner (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019, S.  187–210, 198. 18  Mueller, Ruling the Root, Internet Governance and the Taming of Cyberspace, 2002, S.  216, zit. nach Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  211. 19  Siehe dazu auch Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, 195 ff. 20  Die im deutschen Sprachraum maßgeblich von Gunther Teubner vorangetriebene Debatte um eine Konstitutionalisierung privater Akteure außerhalb des Staates baut im Wesentlichen auf den theoretischen Vorarbeiten des amerikanischen Soziologen David Sciulli und dessen Theorie des societal constitutionalism auf, siehe dazu Sciulli, Theory of Societal Constitutionalism. Foundations of a Non-Marxist Critical Theory, 1992; die Übertragung verfassungsrechtlichen Vokabulars auf private Rechtsregime ist in den vergangenen Jahren von Teubner und anderen Autoren stetig weiterentwickelt worden, siehe dazu allein die vielfältigen Beiträge von Teubner: Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28; ders., Fragmented Foundations: Societal Constitutionalism beyond the Nation State, in: Dobner/Loughlin (Hrsg.), The Twilight of Constitutionalism? 2010, S.  327–342; ders., Constitutionalising Polycontexturality, Social and Legal Studies 2011, S.  210–229; ders., Verfassungen ohne Staat?, in: Kadelbach/Günther (Hrsg.), Recht ohne Staat?, 2011, S.  49–100; ders., The Project of Constitutional Sociology: Irritating Nation State Constitutionalism, Transnational Legal Theory 4 (2013), S.  44–58; ders., Transnationaler Ver-

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ten Konzept der Konstitutionalisierung soll in der Folge die Begrenzung von Herrschaft durch Verfassung verstanden werden.21 In der hier gegenständlichen transnationalen Konstellation soll also mit dem Begriff der Konstitutionalisierung ein Verrechtlichungsprozess bezeichnet werden, der sich innerhalb der transnationalen Rechtsregime vollzieht. Dieser Prozess führt zur Herausbildung transnationaler, sogenannter Zivilverfassungen, die die Herrschaftsmacht der Akteure begrenzen und somit legitimationsstiftend wirken.

A. Zur Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime I. Legitimation im Nationalstaat Das klassische demokratische Legitimationsmodell verlangt eine Rückanbindung jeglichen staatlichen Handelns an das Volk.22 In der Bundesrepublik Deutschland geht gemäß Art.  20 Abs.  2 S.  1 GG alle Staatsgewalt vom Volke aus. Staatsgewalt meint in diesem Zusammenhang die ursprüngliche und prinzipiell unbeschränkte Herrschaftsmacht des Staates.23 Diese besteht nicht aus eigenem Recht, sondern muss sich nach dem Prinzip der Volkssouveränität in jeglicher Erscheinungsform auf das Volk zurückführen lassen.24 fassungspluralismus. Neun Variationen über ein Thema von David Sciulli, ZaöRV 76 (2016), S.  661–685 und Fischer-Lescano/ders., Regime-Kollisionen, 2006; siehe neben den Veröffentlichungen von Teubner ebenfalls auch die Beiträge von Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013; Fischer-Lescano, Die Emergenz der Globalverfassung, ZaöRV 2003, S.  717–760 und international Tsagourias (Hrsg.) Transnational Constitutionalism International and European Perspectives, 2009; Kjaer, Constitutionalizing Connectivity: The Constitutional Grid of World Society, Journal of Law and Society 45 (2018), S.  114–134. 21  Der so verstandene Konstitutionalisierungsbegriff kann also als Gegenbegriff zur Konstituierung im Sinne der Begründung einer neuen Herrschaftsordnung verstanden werden, vgl. Kleinlein, Konstitutionalisierung im Völkerrecht, Konstruktion und Elemente einer idealistischen Völkerrechtslehre, 2012, 1. Teil, S.  1; ebenfalls von diesem Verständnis ausgehend Möllers, Verfassunggebende Gewalt – Verfassung – Konstitutionalisierung, in: von Bogdandy/Bast (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, Theoretische und dogmatische Grundzüge, 2009, S.  227–277, 266, der den Konstitutionalisierungsbegriff als einen „Komplementärbegriff zur Figur der verfassungsgebenden Gewalt“ deutet. 22  Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II, Verfassungsstaat, 3. Auflage, 2004, §  24 Rn.  1 ff. 23  Vgl. dazu auch Degenhart, Staatsrecht I, Staatsorganisationsrecht, 36. Auflage, 2020, §  2 Staatsvolk und Staatsgewalt, die parlamentarische Demokratie des Grundgesetzes, Rn.  24 ff. 24  Aus dem Prinzip der Volkssouveränität folgt das zwingende Gebot, dass die Ausübung jeglicher staatlicher Macht der Legitimation des Volkes bedarf und damit mit den Worten Böckenfördes in einer „ununterbrochenen […] Legitimationskette“ auf das Volk zurückführbar sein muss, Böckenförde, Handbuch des Statsrechts II, Verfassungsstaat, §  24 Rn.  116; siehe

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Zusammengehalten und geordnet wird dieses Legitimationsmodell im modernen Nationalstaat durch die Verfassung.25 Diese enthält als Inbegriff der geschriebenen und ungeschriebenen grundlegenden Rechtssätze die grundsätzlichen Regeln über die Ausübung der Staatsgewalt.26 Dadurch ermöglicht und begrenzt die Verfassung gleichermaßen die Ausübung staatlicher Macht.27 Über diese Funktion hinaus bestimmt die Verfassung die rechtliche Grundordnung des Staates: Für die Bundesrepublik Deutschland trifft das Grundgesetz in Art.  20 beispielsweise grundlegende Aussagen über die Staatsform und die Aufteilung der Staatsgewalt zwischen Bund und Ländern. Art.  20 Abs.  3 GG bindet darüber hinaus alle staatliche Gewalt an Recht und Gesetz und verankert damit das Prinzip der Rechtstaatlichkeit als tragendes Strukturprinzip in der Verfassung.28 II. Konstitutionalisierungsprozesse außerhalb des Nationalstaats Das skizzierte Legitimationsmodell des modernen Verfassungsstaates westlicher Prägung steht in enger Verbindung zur staatlichen Rechtsetzungstätigkeit und verliert außerhalb des Staates in transnationalen Konstellationen seinen Bezugspunkt.29 Gleichwohl liegt die Frage nahe, ob sich auch innerhalb transnational ausgestalteter Rechtsregime, ähnlich nationaler Rechtsordnungen, die Entwicklung zwingender und damit begrenzender Regeln identifizieren lassen, die äquidazu auch Di Fabio, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997), S.  237–277, 263 ff. 25  Umfassend zum Verfassungsbegriff Grimm, Ursprung und Wandel der Verfassung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland I, Historische Grundlagen, 3. Auflage, 2003, Rn.  1 ff.; für eine europäische Perspektive auf den Verfassungsbegriff siehe die Essaysammlung von Weiler, The Constitution of Europe, „Do The New Clothes Have An Emperor?“ And Other Essays On European Integration, 1999. 26  Zur Verfassung als Grundordnung und dem Verfassungsleitbild des Verfassungsstaates siehe Isensee, Staat und Verfassung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II, Verfassungsstaat, 2004, §  15, Rn.  166 ff. 27  Grimm unterscheidet zwischen einen normativen und empirischen Verfassungsbegriff: „Empirisch […] gibt ‚Verfassung‘ Auskunft darüber, welche politischen Verhältnisse zu einer gegebenen Zeit in einem bestimmten Gebiet de facto herrschen. Normativ verwendet, legt ‚Verfassung‘ die Regeln fest, denen politische Herrschaft in einem Gebiet de jure gehorchen soll.“, Grimm, Ursprung und Wandel der Verfassung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland I, Historische Grundlagen, 2003, Rn.  1; siehe für ein funktionales Verfassungsverständnis Renner, Transnationale Wirtschaftsverfassung, RabelsZ 78 (2014), S.  750–783, 753 ff. 28  Zu den in Art.  20 GG normierten Grundsätzen siehe ausführlich Kirchhof, Die Identität der Verfassung in: Isensee/ders. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II, Verfassungsstaat, 2004, §  21, Rn.  79 ff. 29 Vgl. Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  209 und Mattheis, Die Konstitutionalisierung des Völkerrechts aus systemtheoretischer Sichtweise, 2018, S.  430 ff.

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Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva

valent zur nationalstaatlichen Verfassung in der Lage sind, einen Interessensausgleich zwischen allen Rechtsunterworfenen herzustellen.30 Von dieser Fragestellung ausgehend, hat sich in der rechtswissenschaftlichen Forschung eine breite Debatte über die Möglichkeiten einer Verfassungsbildung bzw. Konstitutionalisierung jenseits des Staates entwickelt, die in der Folge nachvollzogen werden soll.31 1. Konzept Zur Lösung des Legitimationsproblems transnationaler Rechtsregime bricht das rechtssoziologisch geprägte Konzept mit der traditionellen Verknüpfung von Verfassungsbegriff und (National-)Staat und ersetzt dieses Modell durch eine „komplexere Vorstellung einer mit Kollisionen rechnenden Konfiguration von teils weltgesellschaftlich funktionalen (wie z. B. der Digitalverfassung des Internets), teils politischen Verfassungen (wie z. B. dem deutschen Grundgesetz)“32. Kernthese der Vertreter des Konzepts ist, dass der moderne liberale Verfassungsbegriff westlicher Prägung aufgrund des in Kapitel 1 erörterten Prozesses polyzentrischer Globalisierung heute von einer Mehrzahl von Zivilverfassungen ergänzt oder abgelöst wird.33 Voraussetzung für diese Annahme ist ein funktional verstandener Verfassungsbegriff, der diesen aus seinem klassischen, normativ 30  Siehe zur Herleitung dieser Fragen Teubner, Verfassungsfragmente, Gesellschaftlicher Konstitutionalismus in der Globalisierung, 2012, Erstes Kapitel, Die Neue Verfassungsfrage, S.  11–31; 31  Einen guten Überblick über die unterschiedlichen in der Debatte vertretenden Standpunkte liefern die in der Zeitschrift für Rechtssoziologie dokumentierten Beiträge von Dieter Grimm, Gunther Teubner und Christopher Thornhill auf dem Zweiten Kongresses der deutschsprachigen Rechtssoziologie-Vereinigungen in Wien 2011: Grimm, Verfassung jenseits des Nationalstaats?, ZfRSoz 32 (2011), S.  181–188; Teubner, Das Projekt der Verfassungssoziologie: Irritationen des nationalstaatlichen Konstitutionalismus, ZfRSoz 32 (2011), S.  189–204; Thornhill, Politische Macht und Verfassung jenseits des Nationalstaats, ZfRSoz 32 (2011), S.  205–219. 32  Vesting, Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff und seine systemtheoretische Rekonstruktion, in: Calliess et al. (Hrsg.), FS für Teubner, 2009, S.  609–626, 610; siehe dazu auch die Beiträge in Viellechner (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019; für die ebenfalls geführte Debatte um eine Konstitutionalisierung des Völkerrechts siehe umfassend Kleinlein, Konstitutionalisierung im Völkerrecht, Konstruktion und Elemente einer idealistischen Völkerrechtslehre und Brunkhorst, Die Legitimationskrise der Weltgesellschaft. Global Rule of Law, Global Constitutionalism und Weltstaatlichkeit in: Albert/Stichweh (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit, 2007, S.  63–107. 33 Vgl. dazu u. a. Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, 5 ff. und Walker, The Idea of Constitutional Pluralism, Modern Law Review 65 (2002), S.  317–359; dieses Verständnis ablehnend Maus, Verfassung und Verfassungsgebung. Zur Kritik des Theorems einer „Emergenz“ supranationa-

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geprägten und voraussetzungsreichen Verwendungszusammenhang herauslöst und die Verfassung als eine spezifische Form zwingenden Rechts versteht.34 Die Verfassung wird somit auf seine Grundfunktionen zurückgeführt, die Ermöglichung und die Begrenzung von Macht.35 Gunther Teubner umreißt die daraus entstehenden Fragen zur Verfassung außerhalb des Staates wie folgt: „Wenn es zutrifft, dass die heutigen privaten Regelungssysteme große Mengen von Recht produzieren, die weite Gebiete gesellschaftlicher Aktivitäten normieren, regulieren und ihrer Jurisdiktion unterwerfen, dann ist die Frage nach einer ‚Verfassung‘ für diese privaten Systeme heute nicht weniger dringend wie es die Verfassungsfrage für die monarchischen politischen Systeme in der neueren europäischen Geschichte war“36.

Die Herausbildung von Eigenverfassungen kann als eine Antwort auf das Problem der Expansion transnationaler Rechtsregime und ihrer unausgewogenen Machtstrukturen verstanden werden.37 Die Expansion wird von außen begrenzt durch den multilateralen Rechtsrahmen, in den die transnationalen Rechtsregime eingebettet sind. Zusätzlich schaffen sich die Regime selbst Meta-Normen, also Normen über Normen, welche die Grenzen des Rechtsregimes nach außen definieren und Identität nach innen begründen. Nach dem Konzept der Konstitutio-

ler und transnationaler Verfassungen, in: Kreide/Niederberger (Hrsg.), Staatliche Souveränität und transnationales Recht, 2010, S.  27–70. 34  Zum systemtheoretisch entwickelten funktionalen Verfassungsbegriff siehe Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  229 ff.; Viellechner, Verfassung ohne Staat in: ders. (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019, S.  11–35 und Vesting, Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff und seine systemtheoretische Rekonstruktion, in: Calliess et al. (Hrsg.), FS für Teubner, 2009, S.  609–626, 617 ff. 35  Siehe dazu im Kontext einer transnational gedachten Wirtschaftsverfassung Renner, Transnationale Wirtschaftsverfassung, RabelsZ 78 (2014), S.  750–783, 760 ff.; auch der Verfassungsbegriff wird in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich verwendet. Ohne hier auf die vielfältigen Verwendungskontexte einzugehen, soll der vorgestellte funktional verstandene Verfassungsbegriff die weiteren Ausführungen leiten und dabei helfen legitimitätsstiftende Muster innerhalb der transnationalen Dopingregulierung zu erkennen. 36  Teubner, Vertragswelten, Das Recht in der Fragmentierung von Private Governance Regimes, RJ 1998, S.  234–265, 261 f.; für die Vertreter des Konzepts vom Konstitutionalismus jenseits des Staates stellen sich „die Verfassungsprobleme […] außerhalb der Grenzen des Nationalstaats in transnationalen Politikprozessen und zugleich außerhalb des institutionalisierten Politiksektors in den ‚privaten‘ Sektoren außerhalb der Weltgesellschaft.“, Teubner, Verfassungsfragmente, Gesellschaftlicher Konstitutionalismus in der Globalisierung, 2012, S.  12. 37 Vgl. Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  253 f.; Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, 197 ff. und Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, 5 ff.

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Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva

nalisierung außerhalb des Staates erzeugt nichtstaatliches Recht durch diesen Prozess seine Legitimation selbst.38 Den Prozess einer doppelten Verfassungsbildung beschreibt Gralf-Peter Calliess wie folgt: „The necessary civilization of private law takes place in a dual process of constitutionalisation: internally the self-organisation of global private regimes is accompanied by the phenomenon of hierarchical self-binding, leading to the emergence of a spontaneous constitution, and externally control is exercised in a heterachical multi-level system of mainly procedural public international frameworks, more or less coordinated national legislation, and multi-jurisdictional court supervision.“39

Hinsichtlich der sich bildenden Zivilverfassungen transnationaler Rechtsregime kann also unterschieden werden zwischen Prozessen der Eigenkonstitutionalisierung und Eingriffen von außen, im Folgenden mit der Terminologie Lars Viellechners als Fremdkonstitutionalisierung bezeichnet.40 Inwiefern dieses Theoriekonzept auf die transnationale Dopingregulierung übertragbar ist, ist Gegenstand der nachfolgenden Erörterungen. 2. Konstitutionalisierung der transnationalen Dopingregulierung a) Fremdkonstitutionalisierung Mit dem Begriff der Fremdkonstitutionalisierung werden Eingriffe von außen auf die transnationalen Rechtsregime durch die (zwischen-)staatlichen Rechtsordnungen beschrieben. Die Eingriffe erfüllen eine doppelte Funktion: Zum einen verleihen sie den transnationalen Rechtsregimen als „external checking mechanisms“ Legitimation.41 Zum anderen geben sie den staatlichen Rechtsordnungen die Möglichkeit, „in einem Prozeß gerichtlicher Kontrolle des Rechts korrumpierende Elemente, die aus den Rechtsdefiziten der externen Rechtsquelle stammen“42 abzuwehren. Mit Blick auf die transnationale Dopingregulierung kann hinsichtlich des Konstitutionalisierungsprozesses von außen auf die bisherigen Erkenntnisse der 38 Vgl.

Kadelbach/Günther, Recht ohne Staat?, in: ders./ders. (Hrsg.), Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung, 2011, S.  9–48, 35. 39  Calliess, Reflexive Transnational Law, ZfRSoz 23 (2002), S.  185–216, 206. 40  Begriff nach Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  285 ff., der damit Anschluss an das Theoriemodell Teubners sucht; siehe dazu auch ders., Verfassung ohne Staat in: ders. (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019, S.  11–35, 24. 41  Helfer/Dinwoodie, Designing Non-National Systems, William and Mary Law Review 43 (2001), S.  141–273, 269, zit. nach Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  287. 42  Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, 22.

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Untersuchung zurückgegriffen werden. Zunächst ist festzuhalten, dass die staatlichen und zwischenstaatlichen Rechtsordnungen von außen auf vielfältige Weise und an unterschiedlichen Stellen Einfluss auf die transnationale Dopingregulierung nehmen. Bei dem Regime handelt es sich um ein hybrides System, das sich sowohl aus Elementen privater als auch öffentlich-rechtlicher Steuerung zusammensetzt. Der Handlungsspielraum der Sportverbände basiert dabei grundsätzlich nicht auf einer Form der öffentlichen Mandatserteilung, sondern auf der verfassungsrechtlich geschützten Verbandsautonomie.43 Diese begrenzt die staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Verbandstätigkeit, aber lässt den Sportverbänden gleichzeitig beträchtlichen Spielraum hinsichtlich ihrer Selbstorganisation sowie der Setzung, Anwendung und Durchsetzung ihrer eigenen Regelwerke.44 So gesteht die europarechtlich anerkannte Verbandsautonomie den Sportverbänden weitreichende exekutive Befugnisse zu, die es den Verbänden ermöglicht die Anti-Doping-Bestimmungen des WADC selbst durchzusetzen, in der Form von Sanktionen gegenüber ihren Mitgliedern oder solchen Personen, die die Vereinsordnungsgewalt durch Vertrag anerkannt haben.45 Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei den Regelungsbefugnissen der Sportverbände nicht um eine originäre Kompetenz-Kompetenz handelt, sondern um eine Kompetenz, die von den staatlichen Rechtsordnungen abgeleitet ist. Sie unterliegt weiterhin der Kontrolle staatlicher Gerichtsbarkeiten, wenn auch eingeschränkt.46 Die Betätigungen der Sportverbände unterliegen dem europäischen Recht, insoweit sie als wirtschaftliche Tätigkeit eingeordnet werden können. Die Anti-Doping-Bestimmungen der Sportverbände müssen sich deshalb nicht nur an den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen messen lassen, sondern auch an den europäischen Grundfreiheiten sowie dem europäischen Wettbewerbsrecht.47 43  Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189–214, 202; siehe dazu auch bereits Kapitel 2. 44  siehe dazu nochmal BGH, Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94 – BGHZ 128, 93, 99 und Kapitel 2 B. I. 45  Vgl. dazu bereits Kapitel 3 A. und zur europarechtlichen Anerkennung der Verbandsautonomie EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1995 – C-415/93 – Bosman, Rn.  79 und Heermann, Verbandsautonomie versus Kartellrecht − Zu Voraussetzungen und Reichweite der Anwendbarkeit der Art.  81, 82 EG auf Statuten von Sportverbänden, Causa Sport 2006, S.  345–364, 345. 46 Vgl. Nolte, Vereinbartes Recht am Beispiel der lex sportiva, Wechselwirkungen zwischen „lex sportiva“ und „lex extra sportiva“, in: Bumke/Röthel (Hrsg.), Privates Recht, 2012, S.  107–118, 116. 47  Siehe dazu bereits oben Kapitel 1 A. und EuGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – C-519/04 – Meca-Medina; siehe dazu ebenfalls den Beschluss der EU-Kommission zum Verstoß des Sank-

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Auf die grenzüberschreitenden Regulierungsaktivitäten der WADA üben die staatlichen Rechtsordnungen respektive ihre Vertreter ebenfalls Einfluss aus. Die Einwirkungsmöglichkeiten manifestieren sich zum einen in den paritätisch ausgestalteten Mitbestimmungsrechten der nationalen Regierungen im Stiftungsstatut der WADA. So können Vertreter der nationalen Regierungen innerhalb des Stiftungsrates aktiv Einfluss auf den Prozess der Rechtsentstehung nehmen.48 Zum anderen ist die WADA durch ihren Status als Stiftung schweizerischen Rechts fest in der Schweizer Rechtsordnung verankert und steht gemäß Art.  19 des Stiftungsstatuts unter der Aufsicht des Schweizer Innenministeriums.49 Zudem besteht eine finanzielle Abhängigkeit der WADA gegenüber den nationalen Regierungen, da die Hälfte des jährlichen Budgets der WADA aus öffentlichen Mitteln stammt.50 Die in der institutionellen Architektur der WADA angelegte komplexe Verflechtung privater und öffentlicher Regulierung setzt sich auch in Bezug auf die Wirkungserstreckung des von der WADA erlassenen WADC fort. Die völkerrechtliche Ummantelung des WADC wurde mit dem Abschluss der UNESCOKon­vention 2005 vollzogen. Sie führt einerseits zu einer völkerrechtlichen Absicherung der privaten Selbstregulierungsaktivitäten der Sportverbände, andererseits aber auch zu deren Begrenzung, da mit dem Abkommen das Spielfeld der Normsetzungsaktivitäten durch die privatrechtliche Stiftung abgesteckt ist.51 Neben den Einwirkungsmöglichkeiten der staatlichen Rechtsordnungen auf das transnationale Regime zur Dopingregulierung auf der Ebene der Normsetzung, konnte die Untersuchung zwei weitere, mithin zentrale Begrenzungsfaktoren von außen auf der Ebene der Normanwendung respektive -durchsetzung herausarbeiten. Das sind zum einen die vom EGMR entwickelten rechtsstaatlichen Bindungen der privaten Schiedsgerichtsbarkeit.52 Die Mindeststandards, die ein privates Schiedsgericht für seine Anerkennung als echtes Schiedsgericht zu erfüllen hat, gelten auch für die Sportschiedsgerichtsbarkeit, also auch für den CAS. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ist der von den Sportverbänden durch die Verwendung von Schiedsklauseln intendierte Rückgriff auf die private Schiedsgerichtsbarkeit und der damit verbundene Ausschluss des ordenttionsregimes der Internationalen Eislaufunion gegen EU-Wettbewerbsrecht, Pressemitteilung der Europäischen Kommission, 08.12.2017, abrufbar unter: . 48  Siehe dazu bereits Kapitel 3 A. 49  Vgl. Art.  19 WADA Stiftungsstatut. 50  WADA, Funding by governments, abrufbar unter: . 51  Siehe zur völkerrechtlichen Ummantelung des WADC durch das UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport 2005 Kapitel 3 B. II. 2. 52  Siehe dazu Kapitel 4 B. IV.

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lichen Rechtsweges nur möglich, insoweit das Schiedsverfahren vor dem CAS entsprechend den Garantien des Art.  6 Abs.  1 EMRK ausgestaltet ist.53 Die Garantien des Art.  6 Abs.  1 EMRK setzen, wie in Kapitel 4 erörtert, voraus, dass Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhendem Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt werden.54 Durch die Rückbindung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit an die Garantien der EMRK unterstellt der EGMR nicht nur die Schiedsverfahren, sondern auch die interne Organisation des CAS der konventionsrechtlichen Kontrolle. Die Kontrollmöglichkeit durch den EGMR dient insofern als „external checking mechanism“, als dass er den CAS dazu anhält, rechtsstaatliche Standards einzuhalten, vorausgesetzt er möchte seine herausgehobene Position innerhalb der transnationalen Dopingregulierung bewahren. Zum anderen bietet die konkrete Überprüfungssituation eines Schiedsspruchs des CAS vor dem Schweizerischen Bundesgericht eine weitere staatliche Interventionsmöglichkeit in das transnationale Regime, um so korrumpierende Elemente der transnationalen Dopingregulierung abzuwehren.55 Die Schiedssprüche des CAS sind trotz seiner Anerkennung durch den EGMR und die internationale Rechtsgemeinschaft als echtes Schiedsgericht mit einer Anfechtungsklage gemäß Art.  190 Abs.  2 IPRG der Überprüfung zugänglich.56 Einzige Beschwerdeinstanz für diese Art der Klage ist gemäß Art.  191 IPRG das Schweizerische Bundesgericht. Das BG überprüft zwar nicht die materielle Richtigkeit des Schiedsspruchs, doch kann der Schiedsspruch auf der Grundlage des ordre public-Vorbehalts des Schweizer IPRG gemäß Art.  190 Abs.  2 lit.  e) IPRG auf die Verletzung fundamentaler Rechtsgrundsätze überprüft werden.57 Der ordre public-Vorbehalt wird mithin zum Maßstab für die staatliche Anerkennung der Schiedssprüche des CAS. Wie die Untersuchung zeigen konnte, handhabt das Schweizerische Bundesgericht die Überprüfung der Schiedssprüche des CAS am ordre public-Vorbehalt zwar relativ restriktiv, doch zieht dieser in materieller und verfahrensrechtlicher Hinsicht eine Grenzlinie von außen, die der CAS nicht überschreiten darf, sofern er nicht die Aufhebung des Schiedsspruchs durch das BG riskieren möchte.58 53 Ebd. 54 Ebd. 55 

Zu den Überprüfungsmöglichkeiten der Schiedssprüche des CAS durch staatliche Gerichte siehe Kapitel 4 B. VI. 56  Siehe für die zusätzliche Möglichkeit einer Revision Kapitel 4 B. VI. 2. b). 57  Zum vom BG verwendeten Kontrollmaßstab siehe Kapitel 4 B. VI. 2. 58  Zur geringen Aufhebungsquote der Schiedssprüche des CAS durch das BG siehe ebenfalls Kapitel 4 B. VI. 2.

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Inwiefern der CAS auf den „langen Schatten staatlichen Rechts“59 reagiert, soll in der Folge untersucht werden. b) Eigenkonstitutionalisierung Der Begriff der Eigenkonstitutionalisierung60 beschreibt nach dem Konzept der Konstitutionalisierung jenseits des Staates einen Prozess, in dem sich innerhalb der transnationalen Rechtsregime schrittweise normative Strukturen herausbilden, also Rechtsgrundsätze außerhalb staatlicher und klassischer völkerrechtlicher Quellen die innerhalb des Regimes zwingend zur Anwendung gelangen.61 Die von den Vertretern des Theoriemodells auch als selbsterzeugte „Meta-Codes“62 bezeichneten regimespezifischen Rechtsgrundsätze werden mitunter hinsichtlich ihres Status auch mit dem aus dem Völkerrecht bekannten ius cogens verglichen, da sie innerhalb der Regime absolute Wirkung entfalten.63 Das entstehende „Verfassungsrecht“ definiert somit zum einen die Grenzen des jeweiligen Regimes nach außen und begründet zum anderen Identität und Legitimation nach innen, indem es die Vorhersehbarkeit der Entscheidungsfindung erhöht und damit Rechtssicherheit und Erwartungsstabilität bei den Rechtsunterworfenen erzeugt.64 Über diese Funktionen hinaus kann der Prozess der inneren Konstitutionalisierung als eine Reaktion der transnationalen Regime auf die Gefahr einer Intervention durch die nationalen Rechtsordnungen verstanden werden. Da trans­ nationale Regime weiterhin in das Netz staatlicher und zwischenstaatlicher Rechtsordnungen eingebettet sind, besteht fortwährend das Risiko autonomie59 Vgl. Lehmkuhl, Der lange Schatten staatlichen Rechts: Verrechtlichung im transnationalen Sport, in: Zangl/Zürn (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance?, 2004, S.  179–197. 60  Begriff nach Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  253 ff., der diesbezüglich auch auf die von H. L. A. Hart verwendete Terminologie „internal constitutionalization“ verweist, siehe dazu Hart, The Concept of Law, 2. Auflage, 1994, S.  88 ff.; Teubner spricht in diesem Zusammenhang von sich herausbildenden Eigenverfassungen, vgl. Teubner, Verfassungsfragmente, Gesellschaftlicher Konstitutionalismus in der Globalisierung, 2012, S.  85 ff. und Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, in dem er ebenfalls schon den Begriff der Eigenverfassung verwendet. 61 Vgl. Vesting, Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff und seine systemtheoretische Rekonstruktion, in: Calliess et al. (Hrsg.), FS für Teubner, 2009, S.  609– 626, 623. 62  Teubner, Verfassungsfragmente, Gesellschaftlicher Konstitutionalismus in der Globalisierung, 2012, S.  169 ff. 63 Vgl. Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  255 m. w. N. 64 Vgl. Kadelbach/Günther, Recht ohne Staat?, in: ders./ders. (Hrsg.), Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung, 2011, S.  9–48, 35 ff.

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beschränkender Eingriffe von außen. Dieses Risiko lässt sich minimieren durch antizipierte Adaption oder eine Anpassung der internen Strukturen an den staatlichen Rechtsrahmen im Nachgang einer staatlichen Intervention.65 Die Verfassungsäquivalente innerhalb der transnationalen Rechtsregime sind dem Theoriemodell zufolge deshalb nicht das Resultat eines einmaligen und erkennbaren Aktes der Verfassungsgebung, wie aus dem nationalstaatlichen Kontext bekannt. Sie entwickeln sich erst durch die Anwendung der regimespezifischen Normen, also durch die Rechtsprechung der zuständigen Schiedsgerichte und der daraus entstehenden Normenhierarchie ähnlich wie das common law im anglo-amerikanischen Rechtskreis.66 Ein vielzitiertes Beispiel für solch einen Autokonstitutionalisierungsprozess im transnationalen Kontext ist die Schiedspraxis zur Vergabe von Domains im Internet.67 Im Recht der Domainvergabe lässt sich der Rückgriff auf ursprünglich nicht explizit für das transnationale Regime geltende Normen des nationalen Verfassungsrechts im Sinne einer Selbstbeschränkung des Regimes empirisch nachweisen. Nach Auswertung der Spruchpraxis privater Schiedsgerichte zur Domainvergabe lässt sich beobachten, dass im Zusammenhang mit Markenrechtsverletzungen durch die Einrichtung von Domain-Namen insbesondere das Recht auf Meinungsfreiheit weitgehend unabhängig von staatlichen Rechtsordnungen und dem Völkerrecht in der transnationalen Konstellation zur Anwen-

65  An dieser Stelle sei für einen solchen Anpassungsprozess exemplarisch auf die durch die Gundel-Entscheidung des BG ausgelöste Strukturreform des CAS erinnert, siehe dazu Kapitel 4 C. IV. 66  Viellechner, Verfassung ohne Staat in: ders. (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019, S.  11–35, 24; Teubner spricht in diesem Zusammenhang von „untergründigen evolutionären Prozessen von langer Dauer“, Teubner, Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, 15; zudem entstehen die Verfassungsäquivalente laut Teubner „in Verträgen zwischen global players, in privater Marktregulierung, durch multinationale Unternehmen, internen Regelsetzungen internationaler Organisationen, interorganisationalen Verhandlungssystemen (und) weltweiten Standardisierungsprozessen, die sich teils in Märkten, teils in Verhandlungsprozessen von Organisationen abspielen.“, ders., Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003), S.  1–28, 14; siehe ebenfalls den Vergleich mit dem common law ziehend Möllers, Verfassunggebende Gewalt – Verfassung – Konstitutionalisierung, in: von Bogdandy/Bast (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, Theoretische und dogmatische Grundzüge, 2009, S.  227–277, 266 f. 67  Siehe dazu neben Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  127 ff. auch die Studienergebnisse von Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  169–197; anknüpfen ließe sich in diesem Zusammenhang aus aktuellem Anlass auch auf die im Zuge des US Wahlkampfes 2020 geführte Debatte um die Selbstbeschränkung von privatrechtlich organisierten Social-Media Plattformen oder Mikroblogging-Diensten wie Twitter.

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dung gelangt.68 Exemplarisch dafür steht ein Schiedsspruch der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO): „Although free speech is not listed as one of the Policy’s examples of a right or legitimate interest in a domain name, the list is not exclusive, and the Panel concludes that the exercise of free speech for criticism and commentary also demonstrates a right or legitimate interest in the domain name under Paragraph 4(c)(iii). The Internet is above all a framework for global communication, and the right to free speech should be one of the foundations of Internet law.“69

Inwiefern sich der Prozess der Eigenkonstitutionalisierung auch innerhalb der transnationalen Dopingregulierung erkennen lässt, ist Gegenstand der folgenden Erörterungen. Dafür soll die Schiedspraxis des CAS zunächst dahingehend untersucht werden, ob sich die Entwicklung einer konsistenten Spruchpraxis beobachten lässt. aa) Die Entwicklung einer konsistenten Spruchpraxis durch den CAS Die Erwartungshaltung bei der Gründung des CAS 1984 war, dass mit ihm eine verbandsübergreifende Konfliktlösungsinstanz entstehen sollte, die als eine Art Oberstes Gericht des Weltsports eine faire und gleiche Anwendung der Verbandsregelwerke für alle Sportarten unabhängig nationaler Einflüsse sicherstellen sollte.70 Diesem Anspruch kann der CAS allerdings nur gerecht werden, insoweit er nicht die regelmäßige Aufhebung seiner Schiedssprüche durch staatliche Gerichte zu befürchten hat. Um weitreichende Interventionen von außen auf ein Mindestmaß reduzieren zu können und gleichzeitig Rechtssicherheit nach innen zu gewährleisten, bemüht sich der CAS deshalb sowohl um die Entwicklung einer konsistenten Rechtsprechung als auch um die Herausbildung zwingender regimespezifischer Rechtsgrundsätze.71 Zunächst gilt es festzustellen, dass formal betrachtet eine Bindungswirkung der Schiedssprüche über das jeweilige Verfahren hinaus, im Sinne der aus dem angelsächsischen Rechtsraum bekannten doctrine of binding precedent (stare de68  Viellechner, Transnationalisierung des Rechts, 2013, S.  257 ff. und siehe dazu auch den Anhang A VI. „Free speech“-Konstellationen in der UDRP-Spruchpraxis bei Renner, Zwingendes transnationales Recht, 2011, S.  365–373. 69  WIPO AMC/World Intellectual Property Organization Arbitration and Mediation Center, Entscheidung vom 6. Juli 2000, No. D2000-0190 – Bridgestone Firestone, Inc. et al. v. Jack Myers, zit. nach Viellechner, Verfassung ohne Staat in: ders. (Hrsg.), Verfassung ohne Staat, Gunther Teubners Verständnis von Recht und Gesellschaft, 2019, S.  11–35, 24. 70  Siehe dazu bereits Kapitel 4 C. 71  Eine Kategorisierung dieser Grundsätze findet sich z. B. bei Foster, Lex Sportiva and Lex Ludica: The Court of Arbitration for Sport’s Jurisprudence, Entertainment and Sports Law Journal 3 (2006), S.  1–15 und McLaren, The Court of Arbitration for Sport, in: Nafziger (Hrsg.) Handbook on International Sports Law, 2011, S.  32–64.

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cisis), nicht besteht.72 Damit steht der CAS in der Tradition einer Vielzahl anderer internationaler Schiedsgerichte, denen sich nur selten die Möglichkeit bietet, auf einen Fundus bereits ergangener Entscheidungen zurückzugreifen. Das liegt etwa an ihrer branchenübergreifenden Tätigkeit oder an der großen Varianz der Fallkonstellationen.73 Mittlerweile stellt sich die Situation beim CAS jedoch anders dar. Durch die Anpassung der Verbandssatzungen und Schiedsklauseln, die inzwischen standardmäßig in die Regelanerkennungsverträge integriert sind, kann eine Zuständigkeitskonzentration für Dopingfälle beim CAS beobachtet werden. Diese Konzentration in Verbindung mit den weltweit vereinheitlichten Anti-Doping-Vorschriften ermöglicht eine gefestigte und konsistente Auslegung der Verbandsregelwerke und des WADC durch den CAS. Dieser Möglichkeit ist sich auch der CAS bewusst. Das verdeutlicht eine Vielzahl an Schiedssprüchen, in denen vorangegangene eigene Entscheidungen als Quelle zur Rechtsfindung herangezogen werden.74 Ein frühes Beispiel für die Herausbildung einer konsistenten Spruchpraxis im Sinne einer von den deutschen Bundesgerichten bekannten ständigen Rechtsprechung ist die Entscheidung im Dopingfall des norwegischen Radrennfahrers Rune Jogert aus dem Jahr 1998.75 In dieser Entscheidung führt das Gericht aus: „In arbitration there is no stare decisis. Nevertheless, the Panel feels that CAS rulings form a valuable body of case law and can contribute to strengthen legal predictability in international sports law. Therefore, although not binding, previous CAS decisions can, and should, be taken into attentive consideration by subsequent CAS panels, in order to help developing legitimate expectations among sport bodies and athletes.“76

Obwohl also formal kein Prinzip einer verbindlichen Berücksichtigung vorangegangener Entscheidungen besteht, ist der zitierten Entscheidung zu entnehmen, dass sich der CAS mit dem Rückgriff auf frühere Entscheidungen darum bemüht, die Vorhersehbarkeit seiner Entscheidungsfindung zu vergrößern. Gleichzeitig 72 Vgl.

Mitten/Opie, „Sports Law“: Implications for the Development of International, Comparative, and National Law and Global Dispute Resolution, Tulane Law Review 85 (2010) S.  269–322, 287 ff.; siehe rechtsvergleichend zur doctrine of binding precedent, Hondius (Hrsg.), Precedent and the law, 2007 und den Eintrag von Vogenauer im Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Vogenauer, Rule of Precedent, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), HWB-EuP 2009. 73  Siehe dazu Kaufmann-Kohler, Arbitral Precedent: Dream, Necessity or Excuse? Arbitration International 23 (2007), S.  357–378, 357 m. w. N. 74  Vgl. dazu umfassend die Studie von Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  85 ff. 75  CAS 97/176, UCI v. Jogert & NCF, die Entscheidung ist nicht öffentlich zugänglich, wird vom CAS aber in seiner Entscheidung CAS 2008/A/1545, Anderson et al. v. IOC zitiert. 76  CAS 97/176, UCI v. Jogert & NCF, Rn.  40, zit. in: CAS 2008/A/1545, Anderson et al. v. IOC, Rn.  53.

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kommen in der zitierten Entscheidung die Bestrebungen des CAS zum Ausdruck, sowohl die Erwartungsstabilität beteiligter Akteure zu stärken als auch die Legitimation seiner Entscheidungen zu vergrößern.77 Ein weiteres Beispiel für diese Praxis ist die Entscheidung des CAS im Fall der US-amerikanischen Leichtathletin Andrea Anderson aus dem Jahr 2010.78 In diesem Verfahren hatte sich der CAS mit der Frage zu beschäftigen, ob die Ergebnisse einer Leichtathletik-Staffel zu annullieren sind, wenn bei einem Teammitglied ein Dopingvergehen festgestellt wurde.79 In seiner Urteilsbegründung geht der CAS hinsichtlich der Bedeutung vorangegangener Schiedssprüche für den Entscheidungsprozess noch einen Schritt weiter: „Therefore, although a CAS panel in principle might end up deciding differently from a previous panel, it must accord to previous CAS awards a substantial precedential value and it is up to the party advocating a jurisprudential change to submit persuasive arguments and evidence to that effect. Accordingly, the CAS 2004/A/725 award is a very important precedent and the Panel will draw some significant guidance from it.“80

Dem Schiedsspruch in der Rechtssache Anderson zufolge hat also jedes neu formierte Schiedsgericht früheren Schiedssprüchen des CAS einen substanziellen Vorrang einzuräumen, auch wenn es grundsätzlich in seiner Entscheidungsfindung nicht an vorangegangene Schiedssprüche gebunden ist und damit die Möglichkeit zur Abweichung prinzipiell bestehen bleibt. Die bewusste Anknüpfung an vorangegangene Entscheidungen mit dem Ziel des Aufbaus einer konsistenten Spruchpraxis durch den CAS werden von den empirischen Ergebnissen Johan Lindholms untermauert.81 Der Studie aus dem

77 

Deutlich wird dies auch in der Entscheidung CAS 2004/A/628, IAAF v. USATF & Young, Rn.  19: „In CAS jurisprudence there is no principle of binding precedent, or stare decisis. However, a CAS Panel will obviously try, if the evidence permits, to come to the same conclusion on matters of law as a previous CAS Panel. Whether that is considered a matter of comity, or an attempt to build a coherent corpus of law, matters not.“ 78  CAS 2008/A/1545, Anderson et al. v. IOC. 79  Zum Sachverhalt siehe Bersagel, Is There a Stare Decisis Doctrine in the Court of Arbi­ tration for Sport? An Analysis of Published Awards for Anti-Doping Disputes in Track and Field, Pepperdine Dispute Resolution Law Journal 12 (2012), S.  189–213, 200 f.; hingewiesen sei an dieser Stelle darauf, dass es sich bei dem Teammitglied Andersons um Marion Jones handelte, die im Zuge der Ermittlungen im Rahmen der sog. BALCO-Affäre des Dopings überführt wurde, siehe dazu bereits Kapitel 3 B. III. 3. 80  CAS 2008/A/1545, Anderson et al. v. IOC, Rn.  55. 81  Lindholm wertete im Zeitraum von 1984–2014 insgesamt 830 CAS-Schiedssprüche aus, was einem prozentualen Anteil von 31 % aller CAS-Schiedssprüche in diesem Zeitraum entspricht; für eine ausführliche Beschreibung der Datengrundlage und Methodik siehe Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  14 ff.

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Jahr 2019 zufolge zitiert der CAS in rund 80 Prozent seiner Schiedssprüche im Untersuchungszeitraum von 2007 bis 2014 seine früheren Entscheidungen.82 Obwohl sich keine Norm in der Schiedsordnung des CAS finden lässt, die neu formierte Schiedsgerichte dazu anhält frühere Schiedssprüche in gleich gelagerten Fällen als Maßstab heranzuziehen, stellen frühere Entscheidungen des CAS in einem Großteil der Verfahren eine wichtige Quelle zur Rechtsfindung des Gerichts dar.83 Auf der Grundlage dieser de-facto-Bindungswirkung vorausgegangener Entscheidungen lassen sich mit Blick auf die zentrale Rolle des CAS innerhalb der Dopingregulierung allgemeine und regimespezifische Rechtsgrundsätze aus den Schiedssprüchen des CAS kondensieren, die über die Anwendung der Anti-Doping-Bestimmungen der internationalen Sportverbände hinausgehen. Sie wirken verfassungsäquivalent. bb) Adaption nationaler Rechtsgrundsätze und Herausbildung eines regimespezifischen Beweismaßes in Dopingfällen Neben der zu beobachtenden Selbstbeschränkung des CAS durch die de-factoBin­dungswirkung früherer Entscheidungen, sollen in der Folge zwei weitere Beispiele für die Konstitutionalisierung in den Fokus rücken. Zum einen soll die Selbstbindung des CAS an wesentliche, aus dem nationalen Recht bekannte Rechtsstaatsprinzipien anhand von ausgewählten Schiedssprüchen dargestellt werden. Zum anderen soll daran anschließend am Beispiel des vom CAS entwickelten Beweismaßstabes in Dopingfällen exemplarisch die Herausbildung regimespezifischer Rechtsgrundsätze innerhalb transnationaler Rechtsregime herausgearbeitet werden. (1) Die Adaption staatlicher Rechtsgrundsätze durch den CAS Die von den Vertretern der Theorie einer Verfassungsbildung jenseits des Staates beobachteten Selbstbeschränkungstendenzen transnationaler Rechtsregime fin-

82  Zum Vergleich: Private Schiedsgerichte der ICANN zitieren in etwas mehr als 77 Prozent ihrer Entscheidungen vorangegangene Entscheidungen (Studienzeitraum Herbst 2006), Kaufmann-Kohler, Arbitral Precedent: Dream, Necessity or Excuse? Arbitration International 23 (2007), S.  357–378, 367; Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten und der EuGH liegen etwa bei einer Quote von 90 Prozent, vgl. Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  97 m. w. N. 83  Siehe dazu auch Calliess, Transnationales Handelsvertragsrecht, in: Zangl/Zürn (Hrsg.), Verrechtlichung – Baustein für Global Governance, 2004, S.  160–178, 171 und ders., Reflexive Transnational Law, ZfRSoz 23 (2002), S.  185–216, 196 ff. der eine ähnliche Entwicklung in Bezug auf Schiedssprüche zur Lex Mercatoria, dem transnationalen Handelsrecht erkennt.

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det innerhalb der transnationalen Dopingregulierung durch die Adaption national und international anerkannter Rechtsgrundsätze durch den CAS statt.84 So wendet der CAS etwa auch den im deutschen Recht verankerten Grundsatz von „Treu und Glauben“85 oder das generelle Verbot rückwirkender Sanktionen86 auf sportrechtliche Streitigkeiten an, unabhängig davon, ob sie explizit in den jeweiligen Verbandssatzungen verankert sind.87 Der CAS wendet darüber hinaus verfahrensrechtliche Mindeststandards an, wie den auch im deutschen Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör.88 Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Reaktion des ICAS auf die Entscheidung des EGMR vom 2. Oktober 2018 in der Rechtssache Mutu/Pechstein. Der EGMR kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die Verfahren vor dem CAS grundsätzlich mit Art.  6 Abs.  1 EMRK im Einklang stehen, wie in Kapitel 4 dargestellt.89 Das Gericht beanstandete aber, dass im Pechstein-Verfahren die in Art.  6 Abs.  1 EMRK enthaltene Garantie einer öffentlichen Anhörung vom CAS verletzt wurde.90 Der ICAS änderte daraufhin zum 1. Januar 2019 den CASCode, der nun eine öffentliche Anhörung vor dem CAS vorsieht. Gemäß Art. R57 CAS-Code besteht das Recht auf eine öffentliche Anhörung, wenn die beantragende Partei eine natürliche Person ist und eine Disziplinarmaßnahme verhandelt wird.91 84  In Einzelfällen ist auch die direkte Anwendung europäischen Rechts durch den CAS zu beobachten, siehe dazu den Schieddspruch des CAS vom 9.März 2017, CAS 2016/A/4490 RFC Seraing v. FIFA und vertiefend Duval, The Court of Arbitration for Sport and EU Law: Chronicle of an Encounter, Maastricht Journal of European and Comparative Law 22 (2015), S.  224–255 und ders. Transnational Sports Law: The Living Lex Sportiva, ASSER Research Paper 2020, S.  1–24, 15 ff. 85  Vgl. CAS 2010/A/2049, Al Nasr Sports Club v. F. M., Rn.  11; CAS 2012/A/2912, Murofushi & JOC v. IOC, Rn.  108. 86  Vgl. CAS 2009/A/1879, Valverde v. CONI, Rn.  14; der CAS stellt hier einen direkten Bezug zum in Art.  7 EMRK verankerten Rechtsgrundsatz – keine Strafe ohne Gesetz – her. 87  Siehe für eine umfangreiche Zusammenstellung der Entscheidungen des CAS in denen dieser allgemeine und sportspezifische Rechtsgrundsätze zur Anwendung bringt: Vieweg/Staschik, Lex Sportiva, Phänomen und Bedeutung in der internationalen Sportwelt, in: Vieweg (Hrsg.), Lex Sportiva, 2015, S.  18–57, 25 ff. 88  Vgl. dazu auch CAS 2004/A/777, ARcycling AG v. UCI Rn.  68: „Otherwise, the right to be heard and the right to a fair proceeding would be breached. It is undisputable that the said rights are fundamental and that the CAS has always endeavoured to protect them.“ 89  Siehe dazu bereits Kapitel 4. B. IV. 90  EGMR, Urteil vom 02. Oktober 2018 – 40575/10, 67474/10 in der Rechtssache Mutu/ Pechstein v. Schweiz, Rn.  183. 91  Vgl. dazu auch Brägger, Die neue „Anti-Doping Division“ des Court of Arbitration for Sport (CAS) und weitere Änderungen im CAS-Code 2019, Causa Sport 2019, S.  11–20, 18 f.; siehe zur ersten öffentlichen Anhörung des CAS nach Änderung des CAS-Codes im Fall des chinesischen Schwimmers Sun Yang den Blogeintrag von Terraz, How 2019 will shape the

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Exemplarisch für den Rückgriff auf international anerkannte Rechtsstaatsprinzipien im Zusammenhang mit der Sanktionierung von Dopingvergehen steht die Entscheidung des CAS im Verfahren des US-amerikanischen Sportschützen George Quiqley aus dem Jahr 1995.92 In dieser Entscheidung führt das zuständige Panel aus: „The Fight against doping is ardous, and it may require strict rules. But the rule-makers and the rule-appliers must begin by being strict with themselves. Regulations that may affect the careers of dedicated athletes must be predictable. They must emanate from duly authorized bodies. They must be adopted in constitutionally proper ways. They should not be the product of an obscure process of accretion. Athletes and officials should not be confronted with a thicket of mutually qualifying or even contradictory rules that can be understood only on the basis of de facto practice over the course of many years of a small group of insiders.“93

Indem der CAS sowohl die Vorhersehbarkeit der Sanktionen aus Sicht der Athleten als auch ihr Zustandekommen auf verfassungsgemäße Weise einfordert, unterwirft er die Sportverbände hinsichtlich der Setzung und Anwendung ihrer Regelwerke verfahrensrechtlichen Mindeststandards.94 Der CAS formuliert mithin eigene regimeimmanente Anerkennungsvoraussetzungen hinsichtlich der Geltung der Regelwerke der internationalen Sportverbände und begrenzt damit deren Rechtsetzungsaktivitäten. Dass der CAS bereit ist, die Einhaltung der Standards im Zweifel durchzusetzen, veranschaulicht das Verfahren des griechischen Windsurfers Nikolaos Kaklamanakis gegen den internationalen Segelverband aus dem Jahr 2004.95 In dieser Entscheidung behält sich der CAS explizit die Zuständigkeit vor, Verbandsnormen die Anerkennung zu versagen, die nicht in einem ordentlichen Verfahren zustande gekommen sind: „CAS will always have jurisdiction to overrule the Rules of any sport federation if its decision-making bodies conduct themselves with a lack of good faith or not in accordance with due process.“96 International Sports Law of the 2020s, abrufbar unter: ; siehe zum Fall CAS 2019/A/6148 WADA v. Sun Yang & FINA bereits Kapitel 3 A. III. 1. 92  CAS 94/129, Quigley v. UIT. 93  CAS 94/129, Quigley v. UIT, Rn.  34; ausführlich zum Sachverhalt und weiteren Implikationen, wie der Anwendung der verschuldensunabhängigen Haftung (strict liability) durch den CAS in diesem Fall siehe Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  126 ff. 94  Siehe dazu auch Casini, The Making of a Lex Sportiva by the Court of Arbitration for Sport, in: Siekmann/Soek (Hrsg.), Lex Sportiva: What is Sports Law?, 2012, S.  149–171, 158 ff. 95  CAS 04/009, Kaklamanakis v. ISAF. 96  CAS 04/009, Kaklamanakis v. ISAF, Rn.  24.

212

Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva

Noch deutlicher als in den bisher zitierten Entscheidungen wird die vom CAS den Sportverbänden auferlegte Bindung an rechtsstaatliche Mindeststandards in der Entscheidung in der Rechtssache AEK Athens and SK Slavia Prague / UEFA.97 In dem Schiedsspruch vom 20. August 1999 heißt es: „The Panel is of the opinion that all sporting institutions, and in particular all international federations, must abide by general principles of law. Due to the transnational nature of sporting competitions, the effects of the conduct and deeds of international federations are felt in a sporting community throughout various countries. Therefore, the substantive and procedural rules to be respected by international federations cannot be reduced only to its own statutes and regulations and to the laws of the country where the federation is incorporated or of the country where its headquarters are. Sports law has developed and consolidated along the years, particularly through the arbitral settlement of disputes, a set of unwritten legal principles – a sort of lex mercatoria for sports or, so to speak, a lex ludica – to which national and international sports federations must conform, regardless of the presence of such principles within their own statutes and regulations or within any applicable national law provided that they do not conflict with any national „public policy“ („ordre public“) provision applicable to a given case. Certainly, general principles of law drawn from a comparative or common denominator reading of various domestic legal systems and, in particular, the prohibition of arbitrary or unreasonable rules and measures can be deemed to be part of such lex ludica.“98

Der CAS legt in diesem Schiedsspruch fest, dass die am Sportbetrieb beteiligten Akteure neben der Bindung an ihre eigenen Statuten und Regelwerke auch an national und international anerkannte Rechtsgrundsätze gebunden sind. So verfasst der CAS das Regime nach innen und definiert die Grenzen des Regimes nach außen. Der Schiedsspruch kann insofern auch als eine Reaktion auf den multilateralen Rechtsrahmen gelesen werden, der von außen auf den Sportbetrieb einwirkt. Diesem Verständnis folgend ist sich der CAS seiner Schlüsselposition innerhalb des Regimes bewusst und drängt dementsprechend auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards auf Seiten der Sportverbände, um das Risiko autonomiebeschränkender Eingriffe von außen zu minimieren. Das gelingt durch die Kombination privater Normen mit national anerkannten Rechtsgrundsätzen, was sich in der bereits erörterten geringeren Aufhebungsquote der Schiedssprüche des CAS widerspiegelt.99

97 

CAS 98/200, AEK Athens & SK Slavia Prague v. UEFA CAS 98/200, AEK Athens & SK Slavia Prague v. UEFA, Rn.  156. 99  Die in den Schiedssprüchen des CAS zu beobachtende Kombination privater Normen mit national anerkannten Rechtsgrundsätzen beschriebt Duval anschaulich als „Legal Alchemy“ bzw. den CAS als „Transnational Legal Alchemist“, vgl. Duval. Transnational Sports Law: The Living Lex Sportiva, ASSER Research Paper 2020, S.  1–24, 15 ff.; siehe dazu auch die von Buy et al. verwendete Formulierung der „vampirization of general and common legal principles“ durch den CAS, Buy et al. (Hrsg.), Droit du sport, 5. Auflage 2018, S.  159, Übersetzung von Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  214. 98 

A. Zur Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime

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Anschaulich zum Ausdruck kommt diese Form transnationaler Rechtsprechung in einem Zitat eines CAS Schiedsrichters: „In locating these principles and rules, sports law borrows, magpie like, from private as well as public law, appropriately mixing Latinisms with French phrases, and from civilian and common law concepts.“100

(2) Die Herausbildung regimespezifischen Rechts durch die Entwicklung eines eigenen Beweismaßstabs in Dopingfällen Als abschließendes Beispiel für den Konstitutionalisierungsprozess innerhalb des transnationalen Dopingregimes dient die Entwicklung eines eigenen Beweismaßstabes in Dopingfällen durch den CAS. Dabei handelt es sich um einen besonders sensiblen Bereich der Dopingregulierung, da mit der Sanktionierung eines Athleten sowohl schwerwiegende Nachteile für dessen Karriere drohen als auch aus deutscher Perspektive ein Eingriff in die in Art.  12 GG gewährleistete Berufsfreiheit vorliegt.101 Bis zur Verabschiedung des WADC im Jahr 2003 variierte das erforderliche Beweismaß zur Feststellung eines Dopingvergehens mitunter erheblich zwischen den Sportverbänden.102 Der Weltleichtathletikverband IAAF forderte vor Inkrafttreten des WADC, dass jeder Dopingverstoß „beyond a reasonable doubt“ zu beweisen sei.103 Die Regeln des internationalen Schwimmverbandes FINA sahen vor, dass die Darlegung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit („preponderance of the evidence“) eines Dopingverstoßes für die Feststellung ausreiche.104 Auch aus der Rechtsprechung des CAS ließ sich zunächst kein einheitlicher Beweismaßstab ableiten, da der Maßstab der jeweiligen Verbandssatzung ange100 

Zit. nach Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  214. 101  Siehe dazu bereits Kapitel 3 B. 102  Siehe für eine anschauliche Darstellung der unterschiedlichen Beweismaßstäbe vor Inkrafttreten des WADC McLaren, An Overview of Non-Analytical Positive & Circumstantial Evidence Cases in Sports, Marquette Sports Law Review 16 (2006), S.  193–212, 197 ff.; für eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Beweismaß in Dopingverfahren vor dem CAS siehe Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  137 ff. 103  In Rule 59.6 der IAAF Rules von 2002 hieß es wörtlich: „[…] the Member shall have the burden of proving, beyond reasonable doubt, that a doping offense has been committed.“, zit. nach Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  166. 104  Siehe für dieses Beispiel Straubel, Enhancing the Performance of the Doping Court: How the Court of Arbitration for Sport Can Do Its Job Better, Loyola University Chicago Law Journal 36 (2005), S.  1203–1272, 1266 ff.

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Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva

wendet wurde.105 Diese Vorgehensweise änderte der CAS mit seiner Entscheidung im Verfahren Korneev and Ghoulie / IOC, die ein ad-hoc-Panel während der Olympischen Spiele in Atlanta 1996 traf. Das Gericht führte in der Entscheidung hinsichtlich des anzuwendenden Beweismaßstabes aus: „ingredients must be established to the comfortable satisfaction of the Court having in mind the seriousness of the allegation which is made.“106

Die vom CAS in diesem Schiedsspruch aufgestellte Anforderung an den Nachweis einer verbotenen Substanz („comfortable satisfaction“)107 ist höher als die von der FINA verlangte überwiegende Wahrscheinlichkeit, liegt jedoch unterhalb des von der IAAF geforderten Beweismaßes, nach dem jeder Zweifel auszuschließen ist.108 Der damit eingeschlagene Mittelweg des Ad-hoc-Gerichts wurde in der Folge mehrfach von weiteren Panels bestätigt und fand Eingang in die ständige Rechtsprechung des CAS.109 Exemplarisch dafür stehen Entscheidungen in den Verfahren Wang et al / FINA110 aus dem Jahr 1998 und de Bruin / FINA111 aus dem Jahr 1999, in denen der CAS an dem von ihm entwickelten Beweismaßstab der „comfortable satisfaction“ festhielt.112

105 Vgl. Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Doping- und Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  139. 106  CAS 96/003 & 004, Korneev & Gouliev v. IOC, zit. in CAS 98/208, Wang et al. v. FINA Rn.  13. 107  Der Beweismaßstab der „comfortable satisfaction“ wird in der deutschen Version des WADC wie folgt übersetzt: „Das Beweismaß besteht darin, dass die Anti-Doping Organisation gegenüber dem Anhörungsorgan überzeugend darlegen konnte, dass sie einen Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen festgestellt hat, wobei die Schwere der Behauptung zu berücksichtigen ist.“ 108  Vgl. dazu auch Lungstras, Das Berufungsverfahren vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) im Lichte der Verfahrensgarantien gemäß Art.  6 EMRK, 2019, S.  371. 109  Siehe dazu Lindholm, The Court of Arbitration for Sport and Its Jurisprudence, 2019, S.  108 ff. 110  CAS 98/208, Wang et al. v. FINA. Rn.  13. 111  CAS 98/211, de Bruin v. FINA. Rn.  26. 112  Straubel führt den Ursprung des in Dopingfällen vor dem CAS zur Anwendung gelangenden Beweismaßstabes „comfortable satisfaction“ auf das Urteil des Australischen Supreme Courts im Verfahren Briginshaw v. Briginshaw (1938) 60 CLR 336, 336 ff. zurück, vgl. Straubel, Enhancing the Performance of the Doping Court: How the Court of Arbitration for Sport Can Do Its Job Better, Loyola University Chicago Law Journal 36 (2005), S.  1203–1272, 1266 ff.; siehe dazu vertiefend auch Bennett/Broe, The civil standard of proof and the „test“ in Briginshaw: Is there a neurobiological basis to being „comfortably satisfied“?, Australian Law Journal 86 (2012), S.  258–276.

A. Zur Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime

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Mittlerweile wurde der erstmals in der Rechtssache Kornev and Ghoulie / IOC zur Anwendung gelangte Beweismaßstab im WADC kodifiziert. In Art 3.1 WADC heißt es zum Thema Beweislast und Beweismaß: „The Anti-Doping Organization shall have the burden of establishing that an anti-doping rule violation has occurred. The standard of proof shall be whether the Anti-Doping Organization has established an anti-doping rule violation to the comfortable satisfaction of the hearing panel, bearing in mind the seriousness of the allegation which is made.“113

Der vom CAS entwickelte und mittlerweile sportartenübergreifend geltende Beweismaßstab in Dopingfällen sieht sich insbesondere in der deutschen Literatur Kritik ausgesetzt.114 Er steht sowohl hinter dem Beweismaßstab im deutschen Zivilrecht zurück, der nach ständiger Rechtsprechung des BGH in Zivilsachen einen „Grad von Gewißheit […], der den Zweifeln Schweigen gebietet“115 erfordert, als auch hinter dem vom BGH in Strafsachen angewendeten Beweismaßstab. Dieser erfordert „keine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewissheit, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt“116 und ist dementsprechend ebenfalls strenger als das CAS-Beweismaß der „comfortable satisfaction“. Trotz dieser Kritik hat das Schweizerische Bundesgericht den vom CAS entwickelten Beweismaßstab anerkannt. Dieser verstoße nicht gegen den ordre public-Vorbehalt des IPRG, da es sich bei dem Maßstab der „comfortable satisfaction“ um ein grundsätzlich in Zivilverfahren anerkanntes Beweismaß handele und die zivilrechtlich einzuordnenden Disziplinarmaßnahmen privater Sportorganisationen nicht die Anwendung eines strengeren, strafrechtlichen Beweismaßstabes erfordern.117 Der vom CAS entwickelte und nunmehr im WADC kodifizierte Beweismaßstab ist zu einem prägenden Bestandteil des transnationale Dopingregimes geworden. Dies bestätigt die These, dass innerhalb transnationaler Rechtsregime 113  Art.  3.

1 WADC. Siehe dazu Orth, Sperre mit Beigeschmack – Der Fall CAS zum Fall Sinkewitz, SpuRt 2014, S.  134–139, 138. 115  BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 – III ZR 139/67 – BGHZ 53, 245, 256. 116  BGH, Urteil vom 09. Februar 1957 – 2 StR 508/56 – BGHSt 10, 208, 208 ff. 117 Vgl. mit jeweils identischer Argumentation BG, Urteil vom 10. Februar 2010, 4A_612/2009, D. 6.3.2 und BG, Urteil vom 27. März 2014, 4A_362/2013, D. 3.3; für eine umfassende Auseinandersetzung mit der quasi-strafrechtlichen Natur des Dopingverfahrens vor dem CAS siehe Duttig, Comfortably satisfied? Das Beweismaß in internationalen Dopingund Spielmanipulationsverfahren vor dem internationalen Sportschiedsgerichtshof CAS, 2019, S.  202 ff. 114 

216

Fünftes Kapitel:  Die Verfassung der Lex Sportiva

die Herausbildung regimespezifischer zwingender Normen zu beobachten ist, die innerhalb des Regimes verfassungsäquivalent wirken.

B. Festzuhaltendes Durch die Anwendung des Konzepts der Konstitutionalisierung transnationaler Rechtsregime auf die Dopingregulierung konnten sowohl Prozesse der inneren als auch der äußeren Verfassungsbildung des hybriden Regimes beobachtet werden. Die als Fremdkonstitutionalisierung analysierten Interventionsmöglichkeiten in das Regime durch staatliche Akteure verdeutlicht die Einbettung der Dopingregulierung in die Einflusssphäre der nationalen und zwischenstaatlichen Rechtsordnungen. Insbesondere die nachträgliche Überprüfungsmöglichkeit der Schiedssprüche des CAS vor dem BG gewährleisten die Anwendung rechtsstaatlicher Mindeststandards innerhalb des Regimes und definieren dessen selbstregulative Grenzen. Darüber hinaus steht das Regime unter ständiger Beobachtung der Staatengemeinschaft, wie die Urteile des EuGH und des EGMR verdeutlichen. Die grenzüberschreitende Dopingregulierung bleibt mithin der öffentlichen Missbrauchskontrolle der supranationalen Gerichte unterworfen, was dazu führt, dass grobe Rechtsverstöße auf ein Mindestmaß reduziert werden können.118 Gleichzeitig lässt sich eine Reaktion des Regimes auf diese Form der öffentlichen Kontrolle im Sinne einer Eigenkonstitutionalisierung erkennen. Durch die Herausbildung einer konsistenten Spruchpraxis, der Adaption national anerkannter Rechtsstaatsprinzipien und der Ausbildung zwingender regimespezifischer Rechtsgrundsätze, beschränkt der CAS als zentraler Akteur das Regime nach innen und bemüht sich um einen Interessenausgleich der Rechtsunterworfenen. Außerdem gelingt es dem CAS, die Interventionen von außen auf ein Mindestmaß zu beschränken und die relative Autonomie des Regimes aufrechtzuerhalten, die für ein level playing field notwendig ist. Trotz der erörterten strukturellen Schwächen des Regimes ist festzuhalten, dass durch die vielschichtige Verflechtung der Regulierungsebenen und Akteure zwingende verfassungsähnliche Ordnungsmuster entstanden sind. Diese Verfassungsäquivalente wirken darauf hin, dass rechtsstaatliche Mindeststandards sowohl in verfahrensrechtlicher als auch materieller Hinsicht innerhalb des transnationalen Regimes eingehalten werden.

118 Vgl.

Wolf, Legitimitätsbedarf und Legitimation privater Selbstregulierung am Fall der lex sportiva, in: Niesen (Hrsg.) Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, 2012, S.  189– 214, 209 f.

Schlussbetrachtung Ausgangspunkt der Untersuchung ist der Befund, dass die Herausforderungen und Schwierigkeiten grenzüberschreitender Ordnungspolitik im internationalen Sport bzw. auf dem Feld der globalen Dopingregulierung besonders deutlich hervortreten. Aufgrund der mit selbstregulativen Mechanismen der Sportverbände oder klassischen nationalstaatlichen Instrumenten nicht mehr zu bewältigenden Dopingproblematik konnte im Verlauf der Arbeit gezeigt werden, dass sich auf globaler Ebene hybride Ordnungsmuster zur sportartenübergreifenden Regulierung und Harmonisierung der Anti-Doping-Vorschriften etablieren konnten. Die Forschungsarbeit kann ausgehend von diesem Befund zeigen, wie die globale Regulierung eines Politikfeldes – die Steuerung von Anti-Doping-Maßnahmen im Sport – durch das Zusammenwirken staatlicher und privater Akteure funktioniert. Um die hybride Mehrebenenregulierung im Sport analytisch erfassen zu können, hat sich der Anschluss an den wissenschaftlichen Diskurs zum transnationalen Recht als ergiebig erwiesen. Indem der transnationale Forschungsansatz auch private, nicht-staatliche Akteure in den Analyserahmen einbezieht, stellt er das notwendige Instrumentarium zur Verfügung, um globale Phänomene wie die grenzüberschreitende Dopingregulierung aus rechtswissenschaftlicher Perspektive analysieren zu können. Aufbauend auf ein funktionales Verständnis von transnationalem Recht konnte so zu Beginn der Arbeit der sowohl innerhalb der transnationalen Theorie als auch in der sportrechtlichen Praxis viel diskutierte und breit rezipierte Begriff der Lex Sportiva einer Definition zugänglich gemacht werden (Kapitel 1). Vor dem Hintergrund der in der Literatur und Praxis geäußerten Ansichten nimmt die vorliegende Arbeit eine vermittelnde Position ein und versteht unter dem Begriff der Lex Sportiva mit Blick auf die Rechtsrealität nicht eine autonome Rechtsordnung mit Geltungsanspruch jenseits des Nationalstaates, sondern ein funktional spezialisiertes Rechtsregime, das aus der Interaktion zwischen den sportlichen Regelwerken auf der einen Seite und den staatlichen Rechtsordnungen auf der andere Seite entstanden ist und fortlaufend durch die Rechtsprechung des CAS konkretisiert wird. Ausgehend von diesem Verständnis von transnationalem Recht bzw. der Lex Sportiva bedürfen die Regelwerke der nationalen und inter-

218

Schlussbetrachtung

nationalen Sportverbände der Anerkennung der jeweiligen staatlichen Rechtsordnungen, um ihre Wirkung zu entfalten. Die Kompetenz der nationalen und internationalen Sportverbände zur Rechtsetzung, -durchsetzung und -anwendung leitet sich dementsprechend weder aus einem völkerrechtlichen noch transnationalen, sondern aus dem jeweils zur Entscheidung berufenen nationalen Ordnungsrahmen ab (Kapitel 2). Nach den theoretischen Ausführungen zu Beginn der Arbeit, den Erläuterungen zur Organisationsstruktur des Sports und den rechtstechnischen Erörterungen hinsichtlich der Wirkungserstreckung der Verbandsregelwerke stand die analytische Auseinandersetzung mit den Funktionsbedingungen der globalen Dopingregulierung im Zentrum der Auseinandersetzung (Kapitel 3 und 4). Konkret wurde untersucht, wie es den privatrechtlich organisierten Sportverbänden in Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren gelingt, Rechtseinheit im Sinne einer weltweiten Harmonisierung der Anti-Doping-Regelwerke herzustellen und gleichzeitig Rechtsgleichheit bei einem Verstoß gegen diese sicherzustellen. Dafür wurde eine Dreiteilung vorgenommen und die hybrid ausgestalteten Regulierungsaktivitäten auf den Ebenen der Rechtsetzung, -durchsetzung und -anwendung gesondert untersucht. Die Analyse hat ein wechselseitig verschränktes System staatlich-privater Rechtsvereinheitlichung erkennbar werden lassen, welches zur Herausbildung funktionaler Äquivalente zum staatlichen Recht auf jeder der drei untersuchten Ebenen geführt hat. Das aus der Interaktion der sportlichen Regelwerke einerseits und den staatlichen Rechtsordnungen andererseits entstandene funktional spezialisierte Rechtsregime der transnationalen Dopingregulierung kann als zentraler Bestandteil einer auf die sektorspezifische Lösung grenzüberschreitender Problemlagen ausgerichteten Lex Sportiva eingeordnet werden und steht damit exemplarisch für die zu Beginn der Untersuchung skizzierte heterarchische Struktur des Rechts einer globalisierten Weltgesellschaft. Zum Abschluss der Arbeit soll an die Ergebnisse des fünften Kapitels zur Konstitutionalisierung des Dopingregimes angeknüpft und damit die Frage nach der Legitimation transnationalen Rechts nochmal aufgegriffen werden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass durch den Prozess einer doppelten Verfassungsbildung die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards sowohl aus verfahrensrechtlicher als auch aus materiellrechtlicher Perspektive innerhalb des Regimes gewährleistet werden kann. Gleichwohl bestehen weitergehende Entwicklungspotenziale, die insbesondere aus der Perspektive der Athleten legitimationsstiftende Wirkung entfalten und gleichzeitig nicht das primäre Regulierungsziel – die Sicherstellung des für den Sport und die Dopingregulierung erforderlichen level playing fields – gefährden. Zu denken wäre in diesem Zusammenhang an umfangreichere Partizipationsmöglichkeiten der Athleten innerhalb des Rechtsetzungsprozesses, also insbesondere innerhalb der Strukturen der WADA. Darüber

Schlussbetrachtung

219

hinaus drängt sich vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse eine erneute Reform der Organisationsstruktur des CAS auf, insbesondere die Zusammensetzung des ICAS betreffend, die das Ungleichgewicht zu Lasten der Athleten bei der Auswahl und Besetzung der Schiedsrichterlisten beheben könnte. Schließlich wäre an eine umfassendere Nachkontrolle der Schiedssprüche des CAS durch das Schweizerische Bundesgericht zu denken, die einen aus Athletenperspektive mutigeren Umgang des Schweizerischen Bundesgerichts mit dem ordre public-Vorbehalt des Schweizer IPRG erfordern würde. Auch die jüngst aus Athletenkreisen erhobene Forderung nach einer Verankerung von Athletengrundrechten im WADC, die sich am Vorbild nationaler Grundrechtskataloge orientieren, könnte zu einer Stärkung der Athletenrechte führen, ohne das level playing field aus der Balance zu bringen und Einbußen im Bereich der Rechtssicherheit zu erwarten wären. Die Forderung der Athleten steht im Kontext der unter dem Stichwort Corporate Social Responsibility (CSR) zusammengefassten Debatte um die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen und sozialmächtige Verbände in den Bereichen Menschenrechtsschutz, Ökologie und Anti-Diskriminierung, mit der sich auch die nationalen und internationalen Sportverbände in immer größerem Maße konfrontiert sehen. Darüber hinaus eröffnet die Auseinandersetzung um eine unternehmerische Verantwortung der Sportverbände in Verbindung mit den Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit weitere Anknüpfungspunkte und neue Forschungsperspektiven hinsichtlich der aufgeworfenen Fragen in Bezug auf die Legitimation transnationaler Regulierung. Ohne Zweifel steht und fällt die Bewertung der Entwicklungspotenziale des transnationalen Dopingregimes mit den normativen Erwartungen an das Regime. Nichtsdestotrotz wird deutlich, dass Rechtssicherheit, Mitbestimmungsrechte aller Rechtsunterworfenen und Verantwortung für die gesellschaftlichen Folgen der Regulierung nicht im Widerspruch zueinanderstehen. Auf dem Weg zu einer breiten Akzeptanz der eingriffsintensiven Anti-Doping-Vorschriften müssen diese Werte zusammen gedacht werden.

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249

VII. CAS CAS 2020/O/6689, World Anti-Doping Agency v. Russian Anti-Doping Agency, 17. Dezember 2020 CAS 2019/A/6148 World Anti-Doping Agency v. Sun Yang & Fédération Internationale de Natation, 28. Februar 2020 CAS 2012/A/3032 SV Wilhelmshaven v. Club Atlético Excursionistas, 24. Oktober 2013 CAS 2012/A/2912, Koji Murofushi & Japanese Olympic Committee v. International Olympic Committee, 11. Juni 2013 CAS 2011/O/2574 UEFA v. Olympique des Alpes SA/FC Sion, 31. Januar 2012 CAS 2011/O/2422, United States Olympic Committee (USOC) v. International Olympic Committee (IOC), 04. Oktober 2011 CAS 2010/A/2049, Al Nasr Sports Club v. F. M., 12. August 2010 CAS 2008/A/1545, Anderson et al. v. International Olympic Committee (IOC), 16. Juli 2010 CAS 2009/A/1879, Valverde v. Comitato Olimpico Nazionale Italiano (CONI), World Anti-Doping Agency (WADA) & Union Cycliste Internationale (UCI), 16. März 2010 CAS 2009/A/1810 & 1811, SV Wilhelmshaven v. Club Atlético Excursionistas & Club Atlético River Plate, 05. Oktober 2009 CAS 2005/C/841, Comitato Olimpico Nazionale Italiano (CONI), 26. April 2005 CAS 2004/A/777, ARcycling AG v. Union Cycliste Internationale (UCI), 31. Januar 2005 CAS 04/009, Hellenic NOC & Kaklamanakis v. International Sailing Federation (ISAF), 24. August 2004 CAS 2004/A/628, International Association of Athletics Federations (IAAF) v. USA Track & Field (USATF) & Young, 28. Juni 2004 CAS 2002/O/373, Canadian Olympic Committee (COC) & Beckie Scott v. International Olympic Committee (IOC), 18. Dezember 2003 CAS 2002/A/417, International Association of Athletics Federations (IAAF) v. Confederación Argentina de Atletismo (CADA) & Witteveen, 12. Mai 2003 CAS 98/200, AEK Athens & SK Slavia Prague v. Union of European Football Associations (UEFA), 20. August 1999 CAS 98/211, de Bruin v. Fédération Internationale de Natation Amateur (FINA), 7. Juni 1999 CAS 97/176, Union Cycliste Internationale (UCI) v. Jogert & NCF, 15. Januar 1998 CAS 98/208, Wang et al. v. Fédération Internationale de Natation Amateur (FINA), 22. Dezember 1998 CAS/96/003 & 004, Korneev & Gouliev v. International Olympic Committee (IOC), 04. August 1996 CAS 94/129, USA Shooting & Quigley v. Union Internationale de Tir (UIT), 23. Mai 1995 CAS 92/A/63 Gundel v. Fédération Equestre Internationale (FEI), 10. September 1992

Sachverzeichnis Anti-Doping Division (ADD)  161, 171– 173, 182–189 – siehe auch Court of Arbitration for Sport (CAS) Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG)  71, 101– 103 Appeals Arbitration Division (AAD)  161, 169, 181 f., 184–186, 189 – siehe auch Court of Arbitration for Sport (CAS) Athletenvereinbarung  61–64, 106 f. BALCO-Affäre  120, 208 Beweislastumkehr (strict liability)  89, 157, 211 Beweismaßstab 213–216 Bosman-Urteil  12, 39, 95 Brüssel Ia-VO  129–133 Court of Arbitration for Sport (CAS)  123– 125, 144–148, 150–160, 161–174, 174–190, 193, 202–204, 206–216 – siehe auch Anti-Doping Division (ADD) – siehe auch Appeals Arbitration Division (AAD) – siehe auch Code of Sports-related Arbitration (CAS-Code) – siehe auch International Council of Arbitration for Sport (ICAS) China-Taiwan-Konflikt  162 f. Code of Sports-related Arbitration (CASCode)  161, 169, 175–178, 181–183 comfortable satisfaction, siehe Beweismaßstab Deutsches Sportschiedsgericht  115 f. Deutsche Fußball Liga (DFL)  9, 107

doctrine of binding precedent (stare decisis)  206 f. DOSB  47, 107 Ehrlich, Eugen  20 f., 31, Ein-Platz-Prinzip  44–48, 65, 146 Festina-Skandal  72 f., 120 FIFA-(RSTP)  10 f., 45 f., 50 f., 149, 154, 170 f., 194, 210 Forum Shopping  133 f. Freirechtsschule 20 – siehe auch Ehrlich, Eugen Gerichtsstandsvereinbarungen 131–133 Globalisierung des Rechts  24 Gundel-Entscheidung  148, 164–175, 205 Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ)  132 IAAF  2, 83, 170 f., 213 f. Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN)  31, 91, 205 f. International Council of Arbitration for Sport (ICAS)  168 f., 174­181, 210, 219 Incorporation by reference  135 International Chamber of Commerce (ICC)  31, 126 International Skating Union (ISU)  130, 149, 184 – siehe auch Pechstein, Claudia International Standards  87, 90, 99, 105 – siehe auch WADP International Testing Agency (ITA)  111, 187 Interpol 119 IOC  2, 13, 40 f., 45–49, 67 f., 72–75, 79, 86, 91, 103 f., 111, 130, 147, 162 f., 164–168, 174 f. 180 f., 214 f.

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Sachverzeichnis

Jessup, Philip C.  28 f., 33 Kollisionsrecht  133–137 Konferenz von Kopenhagen  85–87, 97 f. Konstitutionalisierung 192–196 – transnationaler Rechtsregime 196–216 – Eigenkonstitutionalisierung  204 f. – Fremdkonstitutionalisierung  200 f. Lazutina/Danilova-Entscheidung 148, 169 f., 173, 178, 180 Legal Realism  20 Legitimation, siehe Konstitutionalisierung Level playing field  43, 65, 91, 121 f., 124, 216 f. Lex Mercatoria  5, 15, 25 f., 30 f., 139 f., 212 Lex Sportiva  5 f., 14–17, 31, 33 f., 35, 71, 81, 91, 191 f. LugÜ 129–132 Models of Best Practice  86 f., 90 f. – siehe auch WADP Monopolstruktur  44, ­48 – siehe auch Ein-Platz-Prinzip Mutu/Pechstein  12, 144 f., 147 f., 210 – siehe auch Pechstein, Claudia NADA  105, 107, 109–118 NADC  siehe NADA NADOs  92, 103 f., 112 f., 119 f., 124 Olympic Movement Anti-Doping-Code (OMADC)  72, 74 Ordinary Arbitration Division (OAD)  161, 169, 181 f. – siehe auch Court of Arbitration for Sport (CAS) ordre public  42, 64, 155–161, 203, 212, 215, 219 Paris-Agreement  168 f., 174 f. – siehe auch International Council of Arbitration for Sport (ICAS) Pechstein, Claudia  12, 62, 130 f., 137, 144 f., 147 f., 152, 160, 170, 173, 184, 210 Pierre de Coubertin  66

Rechtspluralismus  16, 20 – Globaler Rechtspluralismus  23, 26 – Klassischer Rechtspluralismus  20, 23 Rechtsrealismus, siehe Legal Realism Rechtsvereinheitlichung  4, 71, 192, 218 Rechtswahlklauseln  135–137 Regelanerkennungsverträge  3, 61–65, 125, 131, 146, 170, 184, 194, 207 Reiter-Entscheidung  11, 59–62 Rodchenkov, Grigory  1 f., 109 Rom I-und II-Verordnungen  133, 135 RSTP, siehe FIFA Russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA)  3, 112 Samaranch, Juan Antonio  162 Schiedsklausel  110, 146, 152, 184 f. Schweizerisches Bundesgericht  145, 149, 155–161, 165–170, 180, 203, 215, 219 Selbstvollzug  109, 154, Sportschiedsgerichtsbarkeit, siehe Court of Arbitration for Sport (CAS) Suda / République Tchèque  144 f. SV Wilhelmshaven  12, 50–54, 149, 153 Transnationales Recht  17 f., 28–34 – Funktionales Verständnis  33 f. – Post-etatistisches Konzept 29–32 – siehe auch Lex Sportiva UNÜ  127, 142 f., 152 f. UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport 2005  3, 99–101, 108, 202 UNCITRAL-ML  142 f., 156 Verbandsgerichte  149 f. Verbandsautonomie  38–42, 64 f., 121, 136 f., 149, 201, Vereinigungsfreiheit, siehe Verbandsauto­ nomie Verfassungsbildung jenseits des Staates, siehe Konstitutionalisierung WADA  1, 69 f., 72–83, 105, 111 f., 115, 118–121, 189, 193 f., 202, 218 WADC  3, 10, 14, 48, 71, 171–174, 181 f., 190, 193 f., 201 f., 207, 213, 215, 219 – Durchsetzung 108–122

Sachverzeichnis – Normsetzungsprozess  81–87 – Rechtsnatur  92–96 – Umsetzung  86–107 Walrave und Koch  12 Welt-Anti-Doping-Programm (WADP)  87– 92, 98 – siehe auch International Standards

– siehe auch Models of Best Practice – siehe auch WADA – siehe auch WADC Zivilverfassungen  196, 198–200 Zuständigkeitsvielfalt  128–131

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