Leitfaden der Kinderheilkunde: Teil 1 Säuglingskrankheiten [8., umgearb. Aufl. Reprint 2020] 9783112347522, 9783112347515

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Leitfaden der Kinderheilkunde: Teil 1 Säuglingskrankheiten [8., umgearb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112347522, 9783112347515

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LEITFADEN DER

KINDERHEILKUNDE FÜR STUDIERENDE U N D ÄRZTE

VON

DR. WALTER BIRK O. ö . PROFESSOR DER KINDERHEILKUNDE AN DER UNIVERSITÄT TÜBINGEN

ERSTER

TEIL

A. M A R C U S & E. W E B E R ' S V E R L A G /

BERLIN

1937

SAUGLINGSKRANKHEITEN VON

PROF. DR. W A L T E R BIRK VORSTAND DER UNIVERSITXTS-KINDERKLINIK ZU TOBINGEN

ACHTE, UMGEARBEITETE AUFLAGE MIT 6o ABBILDUNGEN IM TEXT

A. M A R C U S & E. W E B E R ' S V E R L A G

/ BERLIN 1937

Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten Copyright 1937 by A. Marcus & E. Weber's Verlag in Berlin

Druck von Metzger & Wlfctig In Leipzig Printed In Germany

Vorwort zur achten Auflage

In der vorliegenden achten Auflage dieses Leitfadens habe ich mich bemüht, den Fortschritten in der Erkennung und Behandlung der Krankheiten des Säuglingsalters Rechnung zu tragen und auch den mannigfachen aus der Erblichkeitslehre und Erbgesundheitspflege gewonnenen neuen Gesichtspunkten ihren gebührenden Platz einzuräumen. Die klinischen Fortschritte, die wir in den letzten Jahren erzielt haben, sind nicht gering. Freilich — hier die Spreu vom Weizen zu sondern, ist sehr schwer. Denn während auf der einen Seite sich alle Einsichtigen bemühen, auf eine vernünftige, naturgemäße Behandlung hinzuarbeiten, wirft auf der andern Seite die Arzneimittelindustrie eine solche Masse von größtenteils unnötigen Heilmitteln auf den Markt, daß wir hier nicht mehr weit von dem Zustand entfernt sind, bei dem man von „maligner Hypertrophie" zu sprechen berechtigt ist. Nicht viel anders ist es hinsichtlich der Ernährungsbehandlung, bei der der derzeitige Zustand durch nichts besser gekennzeichnet wird als dadurch, daß es bislang nicht weniger als über 30 verschiedene Kostformen für Säuglinge gibt und daß immer noch weitere veröffentlicht und angepriesen werden. Der Verfasser eines Buches hat unter diesen Ümständen zwei Möglichkeiten vor sich: entweder er läßt sein Buch zu einer Art von Rezepttaschenbuch herabsinken, bei dem er es dem Leser überläßt, alles selber durchzuprobieren und sich das Beste herauszusuchen. Oder aber er begeht den andern Weg: beschränkt sich auf das, was er selbst erprobt hat, und sagt dem Leser, welche Arzneien und welche Art der Ernährungsbehandlung am besten helfen. Ich habe diesen letzten Weg gewählt; denn bei aller Achtung vor den Arbeiten und Ansichten anderer glaube ich nicht, daß es der Sinn der Kinderheilkunde ist, die Säuglingsernährung und die Behandlung der Ernährungsstörungen so vielgestaltig wie möglich, sondern vielmehr so einfach wie möglich zu gestalten. Ich habe mich infolgedessen darauf beschränkt, die Säuglingsernährung wie auch die Behandlung der Ernährungsstörungen auf der Grundlage des Gebrauchs der gewöhnlichen Milchmischungen unter Zuhilfenahme der altherkömmlichen Buttermilchgemische und der Eiweißmilch zu schildern und bin überzeugt, daß — wer diese Verfahren beherrscht — auf alle andern verzichten kann. Das hat daneben noch den großen Vorteil, daß der A r z t der Behandelnde bleibt und sich nicht in die Abhängigkeit der Nährmittelindustrie begibt. Ich hoffe, daß das Buch auch in dieser neuen Form erfolgreich seinen Weg gehen werde. T ü b i n g e n , Sommer 1937

Birk

Inhaltsverzeichnis

Seite

I. A b s c h n i t t : D i e E r n ä h r u n g des Säuglings

i

Einleitung

i

D i e E r n ä h r u n g des g e s u n d e n S ä u g l i n g s

i

Die natürliche Ernährung

2

Zufütterung, Schwierigkeiten beim ersten Anlegen, Nachtmahlzeiten Künstliche Entleerung der Brust, Milchpumpen

Die künstliche Ernährung

5

Plan zur Ernährung des Säuglings Budinsche Zahl

Mangelhaftes Gedeihen bei normaler Durchschnittsernährung und andere Arten künstlicher Säuglingsernährung.

6

Bedeutung der Konstitution des Kindes, Auswirkung von Körperfehlern Frühere Arten künstlicher Ernährung (Biederts Rahmgemenge, Lahmanns vegetabilische Milch u. a.) Milchsäure- und Zitronensäurevollmilch Verwendimg von Dextropur-Traubenzucker und Reisschleim Buttermehlnahrung Buttermilchfettnahrung

Das Stillen

9

Stillverbot, Stillbeschwerden, Stillunfähigkeit, Stillschwäche, Stillhindernisse, Stillschwierigkeiten Schwergehende Brust Überempfindlichkeit der Brustwarze Brustdrüsenentzündung Pflege der Brüste, Kost der stillenden Frau Abstillen des Kindes

Ammenhaltung

14

Stillfrauen Frauenmilchsammelstellen

D i e N a h r u n g des S ä u g l i n g s

16

Erstmilch Frauenmilch Kuhmilch Milchzusätze

Kochvorschriften S t o f f w e c h s e l und Verdauung

21 22

Grundsätzliches über die Vitamine Stuhlgang des Kindes

II. Abschnitt: Die Besonderheiten des neugeborenen Kindes

28

Physiologische Gewichtsabnahme Stuhl des Neugeborenen Physiologische Albuminurie Harnsäureinfarkt Physiologische Dermatitis Scheiden- bzw. Gebärmutterblutungen Brustdrüsenschwellung Gelbsucht der Neugeborenen Durstfieber

Die N a b e l w u n d e

31

E r k r a n k u n g e n des N a b e l s

32

Absonderheiten der Nabelwunde Infektionen

K r a n k h a f t e B e s o n d e r h e i t e n des n e u g e b o r e n e n K i n d e s Mißbildungen

34 34

Hasenscharten, Wolfsrachen, angeborener Verschluß der Speiseröhre, der Luftröhre, angeborener Zwerchfellbruch, Verschluß des Zwölffingerdarms, Atresia ani, Spina bifida, amniotische Abschnürungen ganzer Gliedmaßen

Geburtsschädigungen Atemstörungen, Künstliche Atmung Geburtsverletzungen, Gehirnblutungen, Tentoriumriß, Spätfolgen der Geburtsschädigungen, lähmungen, Erbsche Lähmung, Hämatom des Sternocleidomastoideus

37 Geburts-

vin

I nhalts Verzeichnis

D i e s e p t i s c h e n E r k r a n k u n g e n des N e u g e b o r e n e n Besiedelung des Darmkanals mit Bakterien Verhütung der septischen Ansteckung Ikterus, familiärer Ikterus Septische Durchfälle Eitrige Bauchfellentzündung Mitbeteiligung des Zentralnervensystems Tetanus und Trismus der Neugeborenen Neigung zu Blutungen Wundrose Beteiligung der Luftwege H a u t v e r ä n d e r u n g e n bei neugeborenen und kranken Säuglingen Skierödem, Sklerem, Sklerodermie, Schälblasen, Dermatitis exfoliativa Blennorrhoe der Neugeborenen

Seite 44

52

Frühgeborene Kinder

54

Zwillingskinder

62

III. Abschnitt: Die Ernährungsstörungen des Brustkindes

63

Unterernährung Mangelhafte Stillfähigkeit der Mutter Überernährung an der Brust Vermehrte Stühle bei Brustkindern Verstopfung

IV. Abschnitt: Die Ernährungsstörungen des künstlich genährten Säuglings A.

B.

C.

Chronische Ernährungsstörungen Vorbemerkungen Der Milchnährschaden Mehlnährschaden Englische K r a n k h e i t . Rachitis Spasmophilie Der Säuglingsskorbut. Möller-Barlowsche K r a n k h e i t Blutarmut Differentialblutbild, lymphatische und myeloische Reaktionen, Blutsenkung Ziegenmilchanämie Anaemia pseudoleucaemica Aplastische oder aregen erat ori sc he Anämie Blutüberpflanzung. Intraperitoneale Einspritzung Blutgruppen Die a k u t e n E r n ä h r u n g s s t ö r u n g e n des S ä u g l i n g s a l t e r s Bedeutung der Bakterien im Magendarmkanal. Die Herkunft der akuten Ernährungsstörungen. Die Klinik der akuten Ernährungsstörungen. Die Vorbeugung der akuten Ernährungsstörungen. Grundsätzliches über die Behandlung der akuten Ernährungsstörungen

71 71 72 74 80 90 97 99

105

Die leichten akuten Ernährungsstörungen Behandlung eines drohenden Durchfalls durch bloße Änderung der Nahrung ohne Aussetzen derselben Die Behandlung der schweren Fälle akuter Ernährungsstörungen Behandlung mit gewöhnlicher Milch Behandlung mit Eiweißmilch Behandlung mit Buttermilch Behandlung mit Frauenmilch Mißerfolge oder erneute Verschlimmerungen Ernährungsstörungen infolge parenteraler Infektion Dekomposition

112

Die alimentäre Intoxikation Alimentäres Fieber Toxikose Exsikkose Azidose Behandlung der alimentären Intoxikation

132

Arzneiliche und sonstige Behandlung der a k u t e n Ernährungsstörungen

137

ö r t l i c h e E r k r a n k u n g e n des M a g e n d a r m k a n a l s . . . Soor, Gingivitis, Stomatitis, Bednarsche Aphthen, Landkartenzunge (Lingua geographica), Makroglossie, Absonderheiten der Zahnung, Ulcera rotunda, Einschiebung der Dannschlingen, Einrisse im After, Mast* darmvorfall, Leistenbruch Der Pförtnerkrampf des Säuglings Gewohnheitsgemäßes Erbrechen bei Säuglingen Hirschsprungsche K r a n k h e i t Angeborener Verschluß der Gallenwege

141

V.Abschnitt: Die Kinderdiathesen Die exsudative Diathese

116

142 148 151 153

154 154

Inhaltsverzeichnis

IX Seite

Die Beziehungen der exsudativen Diathese zu anderen Krankheiten

157

zur Nervosität lymphatischen Diathese Überempfindlichkeitsveranlagung Die

nervöse

Veranlagung

.

.

.

VI. Abschnitt: Innere Krankheiten des Säuglingsalters Fötale

Erkrankungen

Vergrößerung

166

169 169

der T h y m u s d r ü s e

169

Status thymico-lymphaticus, Thymus-Schilddrüsenvergrößerüng, einfache 1 hymusvergrößerung Impfung

171

Änderung des Impfgesetzes Gehirnentzündung, nach Impfung Besonderheiten

im

Verlauf

der

Infektionskrankheiten

bei

Säuglingen

173

Diphtherie Nasendiphtherie, Kehlkopfdiphtherie, Rachendiphtherie * Windpocken Keuchhusten Röteln, Exanthema subitum, Erythema infectiosum (Ringelröteln, 5. Krankheit), Scharlach, scharlachartige oder röteinförmige Ausschläge, Typhus, Paratyphus, Ruhr und ruhrartige Durchfälle, Malaria, Wundrose, eitrige Gehirnhautentzündung, epidemische Genickstarre, Parotitis, akuter Gelenkrheumatismus Chronische

Infektionen

A. Angeborene

des

Säuglings

176

Syphilis

176

Aus dem Gesetz zur Bekämpfung derrGeschlechtskrankheiten B.

Säuglings tuberkulöse

180

Angeborene Tuberkulose Erworbene Tuberkulose Lungen- und Lungenwürz eldrüsentuberkulose Außere Tuberkulose Erkrankungen

der L u f t w e g e

» .

186

Grippe Nasenrachenkat arrh Mittelohrentzündung, Mandelentzündungen, Laryngitis acuta, Laryngismus stridulus Luftröhrenkatarrh, Säuglingsasthma, Kapillärbronchitis L u n g e n e n t z ü n d u n g e n bei S ä u g l i n g e n Bronchopneumonie E r k r a n k u n g e n des R i p p e n f e l l s . .

193 193 196

Eitrige Rippenfellentzündung Herzerkrankungen

im

Erkrankungen

Harnwege

der

Säuglingsalter

198 199

Nierenbeckenentzündung Vulvo-vaginitis Die im

gonorrh

Säuglingsalter

vorkommenden

202 Störungen

des Z e n t r a l n e r v e n s y s t e m s .

.

203

Krämpfe Säuglingsepilepsie

203

Idiotie

206 Aus dem Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933

Wasserkopf Hydrocephalus externus Hydrocephalus internus Lumbalpunktion, Ventrikelpunktion, Zystern en punktion, Encéphalographie Littlesche Krankheit* Entwicklungsstörungen

• .

.

208

209 210

Myxödem Mongolismus Myatonia cong. (Oppenheim) Chondrodystrophie (Mikromelie) Osteogenesis imperfecta

VII. Abschnitt: Mutterschutz und Säuglingsfürsorge

212

Reichsj ugendwohlfahrtgesetz, Reichsfürsorgeordnung S a c h v e r z e i c h n i s

215

I. A b s c h n i t t D i e Ernährung des Säuglings

Einleitung Als l e b e n s f ä h i g gilt nach dem Gesetz ein Kind, wenn es von der 26. Woche bzw. vom 181. Tag ab nach der Zeugimg geboren wird. Als reif gilt es, wenn es nach einer Schwangerschaftsdauer von rund 273 Tagen zur Welt gekommen ist. Es hat dann eine Körperlänge von etwa 50 cm und ein Gewicht von rund 3200 g, wobei Knaben meist schwerer sind als Mädchen und spätere Kinder einer Mutter gewöhnlich ein höheres Gewicht haben als die ersten und zweiten. Seine Schädelknochen sind hart und liegen eng aneinander — um dann in den nächsten Tagen nach der Geburt allerdings wieder so weit auseinanderzurücken, daß die Schädelnähte deutlich als Furchen tastbar werden. Die Kopfhaare sind einige Zentimeter lang, die Nägel sind hornig und reichen bis zur Fingerkuppe, die Knorpel der Nase und des Ohres fühlen sich knorplig und nicht mehr häutig an, die Hoden, liegen im Hodensack, der Leistenkanal ist geschlossen, und das Wollhaar findet sich nur noch an den Schultern und am Rücken. Als gesund gilt das Kind, wenn es von gesunden Eltern in mittleren Jahren abstammt, ausgetragen und frei von Mißbildungen ist und seine Körperwärme unter dem Schutz der üblichen Kleidung und Bedeckung auf der Durchschnittshöhe von 36,8° am Morgen und 37,2° am Abend selbständig zu erhalten vermag. Während der ersten Lebenstage bzw. solange das Kind noch die Zeichen seines bisherigen körperlichen Zusammenhanges mit der Mutter an sich trägt, bezeichnet man es als „Neugeborenes". Wenn dann die Nabelwunde verheilt, das Kindspech ausgestoßen, die physiologische Abnahme ausgeglichen ist, auch die Nahrungsmengen so groß geworden sind, daß Gewichtszunahmen erfolgen können — ist das Neugeborene ein S ä u g l i n g wie jeder andere.

Die Ernährung des gesunden Säuglings Die natürliche E r n ä h r u n g eines Säuglings ist die an der Brust seiner Mutter. Sie führt, von seltenen Ausnahmen abgesehen, immer zu einem guten und ungestörten Gedeihen des Kindes. Die k ü n s t l i c h e oder unnatürliche E r n ä h r u n g ist die mit Kuhmilch oder Ziegenmilch. Auch bei ihr entwickeln sich viele Kinder vortrefflich. Aber neben Erfolgen gibt es hier zahlreiche Mißerfolge. So ist z. B. das, was man als „große Säuglingssterblichkeit" bezeichnet, in der Hauptsache eine Sterblichkeit der künstlich genährten Säuglinge. Deshalb muß der Arzt darauf dringen, daß bei jedem neugeborenen Kinde möglichst die Brusternährung eingeleitet wird, auch da, wo die Mutter voraussichtlich nur kurze Zeit wird stillen können. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die spätere künstliche Ernährung in solchen Fällen sich leichter durchführen läßt, wenn das Kind wenigstens die ersten 2—3 Wochen lang Frauenmilch erhalten hat, als wenn es gleich vom ersten Tage an künstlich ernährt wurde. Wird die natürliche Ernährung nicht ganz, sondern nur teilweise durch die künstliche ersetzt, so spricht man von Zwiemilchernährüng. Auch sie zeitigt meist sehr B i r k , Leitfaden der Säuglinglkrankheiten. 8. Aufl.

I

2

Die Ernährung des Säuglings

gute Ergebnisse. Sie ist überall da angezeigt, wo die Milchmenge der Mutter nicht ganz ausreichend ist, also bei mangelhafter Ergiebigkeit der Brustdrüse, bei Zwillingskindem, bei einseitiger Brustdrüsenentzündung u. dergl., vor allem da, wo die Mutter im Erwerbsleben steht und tagsüber von ihrem Kinde getrennt ist. Je nach dem Grund, der die Zwiemilchernährung bedingt, wird das Kind entweder bei jeder Mahlzeit erst an die Brust gelegt, und dann wird ihm die Flasche nachgefüttert, oder aber es wird morgens und-abends, vielleicht auch mittags, gestillt, und vormittags und nachmittags erhält es die Flasche. Die erste Art kommt da in Betracht, wo die Milchmenge der Mutter unzureichend ist und man dadurch, daß man den Saugreiz des Kindes bei jeder Mahlzeit auf die Brustdrüse wirken läßt, eine Steigerung der Milchmenge erreichen bzw. wenigstens ein weiteres Absinken ihrer Menge verhindern will. Die zweite Art der Fütterung ist da angezeigt, wo die Mutter tagsüber dem Erwerb nachgehen muß. Die G e f a h r der Z w i e m i l c h e r n ä h r u n g liegt darin, daß die Kinder, sobald sie mit der Flasche Bekanntschaft gemacht haben, an der Brust schlecht saugen, so daß die Absonderung derselben oft schnell zurückgeht. D i e natürliche Ernährung Das neugeborene Kind äußert zunächst noch kein Nahrungsbedürfnis. Wenn es nach der Geburt in sein Bett gelegt wird, verfällt es gewöhnlich in einen stundenlangen Schlaf. Erwacht es, so genügt es, die Windeln zu wechseln, und es schläft wieder weiter. Erst am nächsten Tage pflegt sich das erwachende Hungergefühl mit mehr oder weniger lautem Geschrei anzukündigen. — Dieses in der Mehrzahl der Fälle zu beobachtende Verhalten hat dazu geführt, daß man nach Möglichkeit bei allen neugeborenen Kindern am e r s t e n L e b e n s t a g keine Nah'rung zuführt. v A m z w e i t e n T a g w i r d das K i n d der M u t t e r a n g e l e g t . Das geschieht am besten so, daß die Mutter sich etwas auf die Seite dreht, während das Kind neben sie gelegt und sein Mund der Brustwarze genähert wird. Viele Kinder fassen sofort die Warze und saugen an, ohne die geringsten Schwierigkeiten zu machen. Bei anderen aber geht es nicht so leicht, und bei einzelnen ergeben sich sogar große Schwierigkeiten, indem die Kinder die Warze nicht richtig in den Mund nehmen bzw. sie wieder loslassen und schreien und herumtoben und um keinen Preis der Welt zu bewegen sind, wieder anzusaugen. Gerade in diesen Fällen muß mit zielbewußter Beharrlichkeit der Versuch des Anlegens fortgesetzt und das Kind regelmäßig alle 4 Stunden angelegt werden. Hat die Mutter später das Bett verlassen, so stillt sie das Kind im Sitzen: den einen Fuß setzt sie auf eine Fußbank, der Kopf des Kindes ruht auf dem entsprechenden Unterarm, die andere Hand reicht dem Kinde die Brust und zwar so, daß der Zeigefinger den Zutritt der Luft zur Nase des Kindes frei hält. Ist die Brust sehr stark gefüllt, so vermögen manche Kinder nicht recht anzusaugen — man muß dann mit den Fingern oder einer Milchpumpe erst etwas Milch entleeren. In den ersten Tagen sind die N a h r u n g s m e n g e n noch gering, 5—10—20 g bei einer Mahlzeit. Sie steigern sich aber langsam, bis dann am 3. oder 4. Tag die Milch „einschießt", und den Kindern ausreichende Nahrungsmengen zur Verfügung stehen. Überläßt man die Kinder sich selbst, so stellen sich die meisten von ihnen von ganz allein auf eine bestimmte R e i h e n f o l g e der M a h l z e i t e n ein, nämlich so, daß sie alle 4 Stunden Nahrung verlangen: morgens um 6 Uhr, um 10 Uhr, 2 Uhr, 6 Uhr nachmittags und 10 Uhr abends, also 5mal täglich. In der Nacht erhält das Kind keine Nahrung. Neugeborene Kinder melden sich natürlich zunächst auch in der Nacht; manche beruhigen sich, wenn man ihnen frische, warme Windeln gibt, oder wenn man ihnen etwas schwachgesüßten Tee mit dem Löffel reicht. Andere aber schreien weiter — : ihnen muß man dann zunächst noch eine Nachtmahlzeit bewilligen. Aber über kurz oder lang gewöhnen sich doch alle Kinder daran, die Nacht über durchzuschlafen. Die

Die natürliche Ernährung

3

G r ö ß e der e i n z e l n e n M a h l z e i t bleibt im allgemeinen der Selbstbestimmung des Kindes überlassen. Normale Kinder schlafen, wenn sie satt sind, an der Brust ein. Die T r i n k d a u e r beträgt im Mittel 20 Minuten; sie soll nie über Stunde betragen,

Abb. 1. E n t w i c k l u n g des normalen Brustkindes Die Nahrungsmengen sind am Fuße der Kurve in Grammen eingezeichnet. Man erkennt die täglichen Schwankungen der Nahrungsaufnahme. Die gestreckte Kurve gibt das Längenwachstum an, die gezackte ist die Gewichtskurve. Es handelte sich um das Kind einer Amme der Klinik mit reichlich fließender Brust; infolgedessen waren die Nahrungsmengen des Kindes etwas groß

andernfalls läuft die Mutter Gefahr, daß ihr die Warzen wund gesaugt werden. D i e B r u s t w i r d a b w e c h s e l n d g e r e i c h t , erst die eine, bei der nächsten Mahlzeit die andere. Gibt man bei jeder Mahlzeit beide Brüste, so kommt es vor, daß dieselben ungenügend entleert werden und die Milchabsonderung sich verringert. — Bei dieser Ernährung läßt man das Kind, bis es 1/2 Jahr alt geworden ist. 1*

4

Die Ernährung des Säuglings

I m 6. M o n a t b e g i n n t m a n m i t d e r Zufütterung. Bevor das Kind des Mittags an die Brust gelegt wird, versucht man, ihm etwas Grießsuppe mit dem Löffel beizubringen. Sobald es sich hieran gewöhnt hat, läßt man des Mittags die Brustmahlzeit ganz weg und gibt nur die künstliche Mahlzeit, der man dann auch bald etwas feines Gemüse: Spinat, Mohrrüben, Kartoffelbrei, Blumenkohl, später auch Wirsingkohl, Grünkohl usw., auch Obst: Apfelmus, weiche Birnen, geriebene, rohe Äpfel, vor allem die frischen Früchte des Frühlings wie Erdbeeren, Kirschen, Himbeeren usw. hinzugefügt. Demnach erhält das Kind also vom 6. Monat ab: 4mal Frauenmilch, i m a l Beikost (Suppe und Gemüse oder Obst, zusammen etwa 200—250 g). I m 8. Monat wird das Kind weiter abgesetzt, indem man ihm am Abend an Stelle der Brustmahlzeit einen Zwiebackbrei oder Grießbrei gibt. (Über die Zubereitung vgl. S.21.) G l e i c h z e i t i g ä n d e r t m a n m e i s t a u c h d i e Z e i t d e r F ü t t e r u n g : die Mittagsmahlzeit rückt man auf 1 Uhr vor, die vierte (Brust-)Mahlzeit gibt man um 4 Uhr, den Grießbrei um 7 Uhr abends. Von da ab läßt man die Kinder bis zum nächsten Morgen durchschlafen. I m Laufe des 9. Monats ersetzt man nach und nach die übrigen 3 Brustmahlzeiten durch Kuhmilch. Nur wenn dieser Übergang zur Kuhmilch in die heißen Sommermonate fällt, wartet man ab und sucht so lange Frauenmilch zu geben, bis die heiße Jahreszeit vorüber ist. A m Ende des 9. Monats erhält das Kind also: xmal Suppe öder Gemüse in beliebiger Menge, i m a l Brei, 3mal je 200 g unverdünnte, mit gewöhnlichem Zucker gesüßte Kuhmilch aus der Flasche oder mit dem Löffel. Jenseits des 1. Lebensjahres — etwa mit i 1 ^ — i x / 2 Jahren — entwöhnt man das Kind von der Flasche und gibt ihm die Milch aus dem Becher, zusammen mit Weißbrot oder Semmel. Diesen Grundregeln müssen nun noch einige Erläuterungen hinzugefügt werden: Wenn wir sagten, daß das Kind in den ersten 24 Stunden keine Nahrung haben solle, so ist das nicht so zu verstehen, daß ein Kind, das nachts um 3 Uhr geboren wurde, nun in der nächsten Nacht um 3 Uhr zum erstenmal angelegt werden müsse. In solchen Fällen gibt man selbstverständlich schon am Abend vorher die erste Mahlzeit. Ja, wenn das Kind schon am Mittag munter und wach daliegt, und seine Mutter sich kräftig genug zum ersten Stillversuch fühlt, so besteht kein Hinderungsgrund, schon nach 12 Stunden das Kind zum erstenmal anzulegen. Aber im allgemeinen soll man sich mit dem ersten Anlegen nicht allzusehr beeilen. E s mag hierbei erwähnt sein, daß es Kinder gibt, die durch die Geburt so mitgenommen und der Ruhe und des Schlafes so bedürftig sind, daß es nicht gelingt, ihnen schon am 2. T a g 5 Mahlzeiten, sondern vielleicht nur 2 oder 3 beizubringen. Das ist kein Grund zu irgendwelchen Befürchtungen. Anders ist es, wenn sich die S c h l a f s ü c h t i g k e i t des Kindes länger als die ersten 3 Lebenstage über erhält. In solchen Fällen besteht der Verdacht, daß der Zustand durch eine Geburtsschädigung des Gehirns bedingt sein könnte. D a darf dann nicht beliebig lange zugewartet werden; denn die Unterernährung macht die Kinder noch mehr trinkunlustig. Sie müssen deshalb regelmäßig angelegt werden, müssen, wenn sie zu saugen aufhören, durch Klopfen auf das Gesäß immer wieder ermuntert werden und müssen daneben noch mit dem Löffel oder mit einem Tropfröhrchen weiter Muttermilch erhalten, damit wenigstens ihr „Fristungsbedarf" gedeckt wird, also jene Nahrungsmenge erreicht wird, die gleich dem zehnten Teil des Körpergewichts ist, eine Menge, die eben hinreicht, ihr Leben zu fristen, d.h. G e w i c h t s a b n a h m e n zu verhüten, ohne aber ausreichend zu sein, G e w i c h t s z u n a h m e n herbeizuführen. Nebenher muß noch Sorge getragen werden, daß nach jedem Anlegen die Brust der Mutter entleert wird, damit nicht die Milchabsonderung zum Versiegen kommt. W a s die F ü t t e r u n g i n d e r N a c h t anbetrifft, so wurde schon gesagt, daß grundsätzlich das K i n d v o n vornherein daran gewöhnt werden solle, durchzuschlafen, schon damit die Mutter ihre Nachtruhe habe. Aber wenn das K i n d Nacht für Nacht schreit, so daß die Mutter doch nicht schlafen kann, so soll man ihm ruhig eine (sechste) N a c h t m a h l z e i t bewilligen — vorausgesetzt, daß es nach dieser dann ruhig wird. N a c h einigen Wochen gelingt es immer, ihm diese Mahlzeit wieder abzugewöhnen, nötigenfalls unter Zuhilfenahme eines, vor der letzten Mahlzeit verabfolgten, 20 Minuten langen warmen Bades, nach dem die Kinder tief und lange zu schlafen pflegen. W a s den Z e i t p u n k t d e r B e i f ü t t e r u n g anbelangt, so soll man grundsätzlich damit erst mit dem 6. Monat beginnen. Jedoch bei sehr kräftigen und gut entwickelten Kindern kann man auch schon vor dem 6. Lebensmonat mit der Zugabe von Gemüse und Obst anfangen, namentlich im Frühjahr und Sommer, wenn bei uns die ersten Früchte reif werden. Aber eine unbedingte Notwendigkeit dazu besteht, wie ausdrücklich betont sein mag, nicht. Wenn in andern Ländern die Sitte herrscht, Säuglingen schon mit 3 Monaten Fruchtsäfte zuzufüttern, so besteht bei uns in Deutschland kein Grund dafür, insbesondere kein in einem Mangel an Ergänzungsstoffen begründeter Anlaß. Der Säugling bekommt eine gewisse Menge v o n Er-

Die künstliche Ernährung

5

gänzungsstoffen ins Leben mit, erhält von seiner Mutter in deren Milch laufend etwas davon hinzu und braucht im übrigen so wenig von diesen Stoffen, daß er — solange er gesund ist — keine besondere Zufuhr vorm 6. Lebensmonat nötig hat. Zu allen diesen Abweichungen von der Regel entschließe man sich aber immer nur von Fall zu Fallt Im allgemeinen halte man an dem oben gegebenen Schema fest; man dulde vor allem nicht, daß von Fürsorgerinnen und Pflegerinnen die Säuglingsernährung nach etwaigen Modeströmungen ausgerichtet wird, z. B. nach der zur Zeit herrschenden Mode der übertriebenen Rohkostbewegung. Ist die Absonderung der Milch bei der Mutter so überreich, daß das Kind die Brust nicht leertrinkt, oder handelt es sich um ein schwächliches Kind mit geringer Saugkraft oder um eine Frühgeburt mit geringem Nahrungsbedürfnis, so ist nach jeder Mahlzeit die k ü n s t l i c h e E n t l e e r u n g der B r u s t nötig. Das geschieht am besten so, daß die Mutter die Brust in beide Hände nimmt und, mit den Daumen nach der Warze zu hinuntergleitend, durch gleichmäßigen Druck die Milch herausdrückt — oder auch so, daß sie nur die Gegend des Schließmuskels, also etwa den Ansatz der Warze am Warzenhof, zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt und durch rhythmischen Druck die Milch abspritzt. Wird die Milch von einer zweiten Person entleert, so setzt sich diese vor die Mutter, nimmt die Brust so in die Hand, daß der Daumen unter der Warze, die übrigen Finger auf der Brustdrüse liegen und entleert durch einen Druck, der vom kleinen Finger begonnen und von den anderen weitergegeben wird, die Brust, bis nichts mehr drinnen ist. Demselben Zweck dienen die M i l c h p u m p e n . Die einfachste und billigste Form derselben besteht aus einem Glasstück, dessen eines Ende trichterförmig erweitert ist und der Warze aufgesetzt wird, während das andere Ende einen Gummiball trägt, mit dem durch Zusammendrücken und Wiederloslassen die Saugbewegungen des Kindes nachgeahmt werden. Die herausgesaugte Milch sammelt sich in einem am Mittelstück der" Pumpe angebrachten kugelförmigen Behälter. Die Säuberung der Milchpumpe geschieht mit warmem Sodawasser, mit dem sie so lange durchgespült wird, bis das Spülwasser klar bleibt. Dann legt man sie zum Trocknen hin, welch letzteres am besten etwaige in den Gummiball hineingelangte Keime abtötet.

Die künstliche Ernährung Ist man genötigt, das neugeborene K i n d mit K u h m i l c h aufzuziehen, so beginnt man ähnlich wie beim Brustkind: während der ersten 24 Stunden gibt man gar keine Nahrung.

N u r bei außergewöhnlich unruhigen Kindern pflegt m a n etwas schwach g e -

süßten Fencheltee in der Flasche z u geben. A m 2. T a g w i r d d e m K i n d d i e e r s t e N a h r u n g g e r e i c h t : Va Milch, schleim oder Reisschleim und einen

1/

2

Teelöffel Zucker, i m ganzen

Hiervon läßt m a n es trinken, soviel es mag.

1/

Hafer-

2

vielleicht 30 g.

Die Nahrungsmengen sind wie beim B r u s t -

kind anfangs sehr klein und betragen in den ersten T a g e n vielleicht 1 0 — 2 0 g bei einer Mahlzeit.

Sie steigern sich aber stetig, so daß sie a m E n d e der 2. W o c h e schon e t w a

8 0 — 1 0 0 — 1 2 0 g bei einer Mahlzeit betragen.

Entsprechend diesem steigendenNahrungs-

bedürfnis vergrößert m a n v o n Zeit z u Zeit die Menge der dem K i n d e

angebotenen

N a h r u n g und erhöht auch allmählich den Zuckerzusatz auf einen gestrichenen

und

schließlich auf einen gehäuften Teelöffel fiir jede Flasche

der

(5—6%).

Die Z a h l

M a h l z e i t e n beträgt wie beim B r u s t k i n d : 5. Hieran halte man unter allen U m s t ä n d e n fest, während m a n sich hinsichtlich der Größe der einzelnen Mahlzeit nach dem K i n d richten,

d. h. es so viel trinken lassen kann, als es mit A p p e t i t und ohne hinterher z u

erbrechen zu sich nimmt.

H a t m a n ein großes, kräftiges K i n d vor sich, bei dem die

Zunahmen bei der Ernährung m i t Halbmilch im L a u f e des 5. Monats zu stocken b e ginnen, so hindert nichts, ihm

2/

3

Milch mit

1/

3

Schleim zu geben.

I m 6. M o n a t ersetzt man auch b e i m künstlich ernährten Säugling die eine K u h milchmahlzeit

durch eine des M i t t a g s verabreichte

Suppe

mit

Gemüse.

Da

das

Weglassen der einen Flasche aber einer Herabsetzung der Milchmenge gleichkäme, die nicht beabsichtigt ist, so erhöht m a n dafür in den verbleibenden Flaschen den A n t e i l der Milch, sofern man nicht schon im 5. Monat die Milch gesteigert hat.

Das

erhält also v o m 6. Monat a b : i m a l Suppe mit Gemüse (oder Obst) und 4 m a l und

1/

3

2/

3

Kind Milch

Haferschleim und einen gehäuften T e e l ö f f e l Zucker.

I m 8. M o n a t e r f o l g t d i e Z u f ü t t e r u n g v o n G r i e s b r e i oder Zwiebackbrei, im 9. Monat der U b e r g a n g z u u n v e r d ü n n t e r künstlich

Kuhmilch,

ernährten Kindes nunmehr vollkommen

so daß die Ernährung des

der des Brustkindes gleicht:

Suppe mit Gemüse, i m a l Z w i e b a c k - oder Grießbrei, 3 m a l 200 g

Vollmilch.

imal

6

Die Ernährung des Säuglings

Plan zur Ernährung des Säuglings Bei Frauenmilch Keine Nahrung (ausnahmsweise etwas schwach gesüßten Tee) 5 mal Frauenmilch

I. T a g V o m 2. T a g ab . .

I m a l Grießsuppe und Gemüse (oder Obst) 4 m a l Frauenmilch i mal Grießbrühe und Gemüse i mal Zwieback oder Grießbrei 3 mal Frauenmilch

Vom 6. Monat ab

Vom 8. Monat ab

Bei Kuhmilch Ebenso 5 mal Milch, x / 2 Schleim und i Teelöffel Zucker i m a l Grießsuppe und Gemüse, 4 mal % Milch, Vs Haferschleim und i Teelöffel Zucker i m a l Grießbrühe und Gemüse, i m a l Zwieback- oder Grießbrei, 3 mal % Milch, 1 / i Schleim und Zucker

Vom g. Monat ab

i mal Grieß und Gemüse i m a l Brei 3 mal Vollmilch

Vom 15. Monat ab

i m a l Mittagessen i m a l Abendessen 3 mal einen Becher Gebäck

Milch

mit

Hinsichtlich der M e n g e d e r N a h r u n g ergeben sich nicht selten Meinungsverschiedenheiten zwischen A r z t und Eltern in dem Sinne, daß den letzteren eine Nahrung, die nach ärztlicher Erfahrung wie auch den Gewichtszunahmen des Kindes nach als ausreichend zu betrachten ist, nicht als genügend erscheint. Diese Meinung rührt daher, daß die meisten mit der Flasche ernährten Kinder zu schreien anfangen, wenn die Flasche leer ist. Die Eltern ziehen daraus den Schluß, daß das Kind noch nicht satt sei. Brustkinder sind zwar auch manchmal unruhig nach dem Trinken, aber doch nur ausnahmsweise; die Regel ist, daß sie an der Brust am Ende der Mahlzeit einschlafen. Sie leisten eben mit dem Saugen eine gewisse Arbeit, die sie ermüdet. Das Trinken des künstlich genährten Säuglings aus der Flasche hingegen ist ein ziemlich müheloser Genuß, der nur den Wunsch nach mehr entstehen läßt — einen Wunsch, dem man aber nicht nach dem Belieben des Kindes willfahren darf. Im allgemeinen kann man sich zwar auch bei künstlicher Ernährung nach dem Kinde richten. Aber eine knappe Ernährung ist immer besser als eine übermäßige. D i e G e s a m t m e n g e d e r F l ü s s i g k e i t s o l l t e im 1. L e b e n s j a h r d i e v o n 1 Liter t u n l i c h s t n i c h t ü b e r s c h r e i t e n . Hat wirklich einmal ein K i n d ein besonders großes Nahrungsbedürfnis, so bemesse man ihm lieber die Suppe und das Gemüse etwas reichlicher, als daß man es an große Milchmengen gewöhnt. Will man berechnen, wieviel ein Kind an Nahrung erhalten muß, so richtet man sich nach der — aus der praktischen Erfahrung heraus gewonnenen — sog. B u d i n s c h e n 1 ) Z a h l , welche besagt, daß das normale Brustkind im Durchschnitt innerhalb 24 Stunden eine Nahrungsmenge braucht, die etwa = 1 /„ seines Körpergewichts ist (bei 3600 g Körpergewicht ist der Nahrungsbedarf also = 600 g Frauenmilch). Beim künstlich genährten Kind ist der Bedarf an Milch = Y10 des Körpergewichts, während die Gesamtnahrungsmenge wieder = y „ des Körpergewichts ist (bei 3600 g Körpergewicht sind also nötig 360 g Milch [ = l / 1 0 des Körpergewichts], die mit Schleim auf 600 g [ = y , des Körpergewichts] aufzufüllen und dann auf 5 Mahlzeiten zu verteilen sind). Diese etwas genauere Berechnung des Nahrungsbedarfs spielt bei Verdacht der Unterernährung durch Frauenmilch, ferner in Fällen von schlechten Gewichtszunahmen infolge exsudativ-diathetischer Veranlagung usw. eine praktische Rolle.

Mangelhaftes Gedeihen bei normaler Durchschnittsernährung und andere Arten künstlicher Säuglingsernährung Die vorstehend geschilderte Form der künstlichen Säuglingsernährung mit einfachen Milchverdünnungen ist von alters her in unserem Volke üblich gewesen und hat sich seit Jahrzehnten als erfolgreich und verhältnismäßig gefahrlos bewährt. Sie führt nicht immer zum Erfolg, manchmal sogar zum ausgesprochenen Mißerfolg. Das kommt, 1 j Verdienstvoller französischer Geburtshelfer, Gründer der Mütterberatungsstellen (Consultations de nourrisson).

Gedeihen bei normaler Durchschnittsernährung u. andere Arten künstlicher Säuglingsernährung wie wir später sehen werden, aber auch bei Frauenmilchernährung vor und ist keineswegs immer nur durch die A r t der N a h r u n g bedingt, sondern kann auch an der A r t des K i n d e s liegen (vgl. S. 155). D i e Meinung der M ü t t e r freilich geht in solchen Fällen immer zuerst dahin, daß das K i n d zu wenig N a h r u n g bekomme.

E s wird daher d e m ärztlichen Praktiker nichts

übrig bleiben, als zunächst einmal dem Versuch einer E r h ö h u n g der Nahrungsmengen zuzustimmen, damit die M u t t e r sich selber überzeugt, d a ß das schlechte Gedeihen des Kindes nicht durch einen Mangel an N a h r u n g bedingt ist.

Sieht sie, daß die Nahrungs-

steigerung ohne E r f o l g bleibt, so wird sie nunmehr geneigt sein, den Vorschlägen des Arztes ihr Ohr zu leihen. D i e Säuglinge sind eben — zeigen

vielmehr

gewisse

sozusagen —

Eigenarten,

nicht über einen Leisten gemacht. die

in

ihrer

v e r f a s s u n g , ihrer „ K o n s t i t u t i o n " , b e g r ü n d e t liegen. lingen h a t der A r z t meistens zu tun.

erbbedingten

Sie

Körper-

Gerade mit solchen Säug-

D e n n das gesunde Durchschnittskind b e k o m m t

er, wenn er nicht zufällig auch Fürsorgearzt ist, nur selten z u sehen, weil kein Grund vorliegt, diese Kinder in die ärztliche Sprechstunde zu bringen.

A b e r die Kinder mit

„Konstitutionsfehlern" werden ihm immer wieder gebracht, wenn nicht aus anderen Gründen, dann oftmals deshalb, weil sie bei der üblichen Durchschnittsernährung nicht befriedigend gedeihen. E i n e zweite A r t v o n Kindern, bei denen das gleiche der F a l l ist, sind die mit gröberen, greifbaren, anatomischen Fehlern: m i t a n g e b o r e n e m H e r z f e h l e r , m i t m o n g o l o i d e r o d e r a n d e r s a r t i g e r I d i o t i e , m i t W a s s e r k o p f u. dgl. behafteten. A u c h sie gedeihen meist schlechter als Durchschnittskinder, obwohl sich nachweisen läßt, d a ß ihre Nahrung brennwertmäßig ausreichend ist und auch die Vorgänge im Darmrohr keinen A n h a l t geben, das schlechte Gedeihen zu erklären. A u c h hier ist es wieder der Fehler im B a u des Körpers in seiner Ganzheit, der sich in dem Z u r ü c k bleiben der E n t w i c k l u n g auswirkt. L e t z t g e n a n n t e Fälle sind jedoch selten, die erstgenannten hingegen sind sehr häufig. M a n h a t sich deshalb v o n jeher bemüht, hier m i t

anderen Arten künstlicher Ernährung weiterzukommen. Das früheste Bemühen in dieser Richtung ging dahin, die künstliche Ernährung dadurch zu verbessern, daß man den Fettgehalt oder die Eiweißmengen oder die Molkensalze der Kuhmilch dem Gehalt der Frauenmilch an solchen anzunähern versuchte (Biederts Rahmgemenge, Lahmanns vegetabilische Milch, Backhausmilch usw.) Von all diesen Versuchen ist nichts übriggeblieben. Später kam die A n r e i c h e r u n g m i t K o h l e h y d r a t e n auf. Ihr Ergebnis sind die zahlreichen „Kindermehle". Aber wer ein Kind nicht mit Zuhilfenahme des gewöhnlichen Haferschleims oder Reisschleims aufzuziehen vermag, wird dies auch nicht mit Hilfe eines Kindermehles fertig bringen. Wir selbst halten die fabrikmäßig hergestellten Kindermehle für eine überflüssige und durchaus unerwünschte Bereicherung der Säuglingsernährung. — Unter der Milchnot des Krieges und der Nachkriegszeit hat man dann wieder auf die F e t t a n r e i c h e r u n g d e r M i l c h zurückgegriffen, hat aber nicht, wie früher, das Fett als Sahne, sondern in Form einer aus Butter und Mehl bereiteten „Einbrenne" der Milch zugefügt. Auf diese Weise ist die „Buttermehlnahrung" und die „Buttermilchfettnahrung" entstanden. Einen ganz andern Weg ging man in Amerika, wo man V o l l m i l c h , die m i t M i l c h s ä u r e v e r s e t z t w a r , als Säuglingsnahrung verwendete. Während man dort inzwischen schon wieder weitgehend von diesem Verfahren angekommen ist, hat es bei uns in Deutschland in den letzten Jahren Weiter an Boden gewonnen, teils als Milchsäure-, teils als Zitronensäurevollmilch. Erstere wird durch Zusatz von acid. lactic. (Byk-Guldenwerke), letztere durch Zusatz von Zitrotibinnährzucker oder von Aziletteu hergestellt. Es gibt auch Säuremilchen in Pulverform, denen aber der Nachteil anhaftet, daß bei längerem Lagern das Milchfett ranzig wird. G r u n d s ä t z l i c h i s t zu a l l d i e s e n B e s t r e b u n g e n zu s a g e n , d a ß es s c h o n r i c h t i g i s t , d a ß j e d e r A r z t , der S ä u g l i n g e z u b e h a n d e l n h a t , a u ß e r d e r E r n ä h r u n g m i t e i n f a c h e n M i l c h S c h l e i m v e r d ü n n u n g e n noch ein zweites V e r f a h r e n der S ä u g l i n g s e r n ä h r u n g b e h e r r s c h e n s o l l t e , zu d e m er g r e i f e n k a n n , w e n n b e i d e n g e w ö h n l i c h e n M i l c h v e r d ü n n u n g e n der g e w ü n s c h t e E r f o l g a u s b l e i b t . Welches der erwähnten Verfahren er wählt, ist eine cura posterior; denn es führen auch hier viele Wege nach Rom.

Die Ernährung des Säuglings

8

Aber es ist ein unbedingtes Erfordernis ärztlicher Gewissenhaftigkeit, daß er nicht dasjenige Verfahren wählt, das ihm jeweils am Anfang des Sommers durch redegewandte Geschäftsreisende als das neueste und beste angepriesen wird, und daß er mit diesem nun in der ungünstigsten Zeit des Jahres anderer Leute Kinder zu behandeln versucht, ohne eine Ahnung zu haben, wie die Anwendung des Milchpräparates überhaupt zu gestalten ist. Es kommt überhaupt gar nicht so sehr auf das Präparat als solches an, als vielmehr darauf, daß man genau weiß, wie man es anzuwenden hat. Wer diese Kenntnis nicht besitzt, tut am besten, einige Tage auf diejenige Klinik zu gehen, wo das Verfahren, das er anzuwenden beabsichtigt, geübt wird, daß er sich hier in die Herstellung der Nahrung, in die Anzeigen für ihre Anwendung, die Gegenanzeigen und etwaige Besonderheiten einweihen läßt, daß er dann im Winter (als der ungefährlichen Jahreszeit) und bei gesunden Säuglingen seine ersten eigenen Versuche macht, um dann auch im Sommer und bei nicht ganz gesunden Kindern das Verfahren anzuwenden. Mit k e i n e m Verfahren wird er restlos glücklich werden, sondern bei jedem wird er auf Fälle stoßen, die er der Klinik zwecks Frauenmilchernährung überweisen muß. Aber auf der andern Seite wird er doch mit Hilfe dieses zweiten Verfahrens viele Säuglinge zum Gedeihen bringen, die bei den einfachen Milch-Schleimmischungen nicht vorwärts kamen. Wir selbst haben alle Verfahren, die in den letzten zwanzig Jahren angegeben wurden und irgendwie vernünftig begründet waren bzw. einen Fortschritt darzustellen schienen, durchgeprobt, meistens wiederholt. Wir sind aber immer wieder zur „Buttermehlnahrung" und zur „Buttermilchfettnahrung" zurückgekehrt. Unser besondere

Vorgehen die

in

solchen

Fällen,

Gewichtsentwicklung

des

in

denen

die

Säuglings

körperliche,

bei

ins-

Milch-Schleim-

m i s c h u n g - e n u n b e f r i e d i g e n d v e r l ä u f t , ist folgendes:

I. Zunächst versuchen wir, ob nicht durch Ersetzen des Haferschleims durch R e i s s c h l e i m o d e r R e i s m e h l a b k o c h u n g sowie durch gleichzeitigen A u s t a u s c h des gewöhnlichen Zuckers durch T r a u b e n z u c k e r (Dextropur) die Z u n a h m e n besser und etwaige häufige Stühle seltener und fester werden. V o n den Brennstoffeinheiten des Traubenzuckers kommen, namentlich, wenn er zusammen m i t Reisschleim oder Reismehl gegeben wird, viel mehr zur A u f s a u g u n g , als wenn ein anderer Zucker gegeben wird; außerdem läßt sich der Traubenzucker in viel größeren Mengen geben als Kochzucker oder Nährzucker. Beides wirkt sich dahin aus, d a ß die Gewichtsentwicklung des Säuglings besser wird. Dieses Vorgehen empfiehlt sich namentlich bei jungen, d. h. im ersten Lebensvierteljahr befindlichen Säuglingen.

II. B e i Kindern im zweiten Lebensvierteljahr, die schlecht gedeihen, s o n s t a b e r g e s u n d s i n d , verwenden wir die Buttermehlnahrung.

V o n ihr fügen wir erst e i n e Mahl-

zeit und nötigenfalls noch eine zweite zu der bis dahin verabfolgten Milch-Schleimmischung hinzu. ganze

Fettreiche Nahrungsgemische haben den unbestreitbaren Vorteil, daß sie die Körperbeschaffenheit, vor allem das Fettpolster

Brustkindes am meisten anzugleichen imstande sind.

des Kindes,

demjenigen

des

A b e r sie führen leicht zum E r -

brechen und sind auch in der heißen Jahreszeit nur mit Vorsicht anzuwenden.

Wir

pflegen deshalb das K i n d niemals ganz auf Buttermehlnahrung überzuführen, sondern geben nur i — 2 Mahlzeiten hinzu.

K o m m t es hierbei nicht zur Besserung, also nicht

zur befriedigenden Zunahme des Gewichts, so war die Anzeige für Buttermehlnahrung falsch; man kann noch versuchen, ob nicht vielleicht eine 3. F l a s c h e den erwünschten E r f o l g herbeigeführt —

zuweilen t r i f f t das zu, meistens aber nicht.

M a n muß dann

vielmehr zu Buttermilchfettnahrung übergehen. Die H e r s t e l l u n g der B u t t e r m e h l n a h r u n g ist folgende: Auf je 100 ccm der Verdünnungsflüssigkeit der Kuhmilch (Halbmilch) nimmt man 5 g Butter, 5 g Weizenmehl und 5 g Kochzucker. Man bringt die entsprechende Menge Butter in einen Kochtopf und erhitzt sie unter ständigem Umrühren mit einem Holzlöffel, bis sie schäumt, und bis der Geruch nach Fettsäuren völlig verschwunden ist. Dann fügt man die entsprechende Menge Weizenmehl hinzu und kocht das Ganze weiter, bis die Masse dünnflüssig und braun wird (4—5 Minuten). Nun fügt man die entsprechende Menge Wasser und Zucker hinzu, kocht nochmals auf, schüttet die Mischung durch ein Haarsieb und setzt sie zu der (abgekochten) Milch hinzu.

Das Stillen

9

III. Die Buttermilchfettnahning geht von der Buttermilch aus, die als fettfreie, aber eiweiß- und salzreiche Nahrung eine große Rolle bei der Behandlung der Brechdurchfälle der Säuglinge spielt. Kinder, die aus diesem Anlaß mit Buttermilch behandelt wurden, und die auch nach ihrer Genesung mit derselben weiter ernährt werden, gedeihen manchmal sehr gut dabei. Aber Zunahmen, die bloß bzw. im wesentlichen auf der Grundlage des Salz- und Kohlehydratgehaltes einer Nahrung erzielt werden, sind trügerisch. Sie gehen bei fieberhaften Erkrankungen leicht wieder verloren, führen zu starken Gewichtsstürzen und dadurch zur Lebensgefährdung der Kinder. Buttermilch ist also keine Dauernahrung für Säuglinge. Aber sie wird es, wenn man ihr Fett hinzufügt, z. B . durch eine Einbrenne. Man erhält dann die B u t t e r m i l c h f e t t n a h r u n g . Sie wird folgendermaßen hergestellt: Man erhitzt 20 g Butter im Tiegel, wie es oben beschrieben wurde, fügt 30 g Weizenmehl oder Reismehl dazu, bräunt beides etwa 5 Minuten lang, gießt dann 1 1 frische natürliche Buttermilch dazu, erhitzt das Ganze unter Schlagen mit dem Schneebesen bis zum Sieden und läßt es dreimal kurz aufkochen, dann fügt man 50, später 60 oder 70 g Dextropur hinzu, seiht durch und verteilt die Nahrung auf 5 Flaschen. Wir selber benutzen keine frische Buttermilch, sondern stellen sie aus Buttermilchpulver 1 ) her. In diesem Fall gießt man nicht Buttermilch, sondern 1 1 Wasser zu der Einbrenne, erhitzt wieder bis zum A u f kochen und läßt dann die Mischung völlig abkühlen. Darauf löst man unter ständigem Schlagen mit dem Schneebesen 85 g Edelweiß-Buttermilchpulver 1 ) in der Flüssigkeit auf, gibt 50—70 g Dextropur, in Wasser gelöst, hinzu, seiht durch und füllt die Milch auf Flaschen.

W o die Anzeige für Buttermilchfettnahrung gegeben war, erfolgen viele Wochen lang stetige, gute Zunahmen, die nicht mehr das Sprunghafte der reinen Buttermilchernährung zeigen. E s kommt zu einem schönen Fettansatz der Kinder, die Stühle erfolgen 2—3 mal täglich, sind dünnbreiig, etwas grauschwarz gefärbt. Die Weiterentwicklung ist meist so, daß die Kinder, wenn sie 2 — 3 Monate lang bei der Kost gut gediehen sind, sie ablehnen — dann ersetzt man von einem T a g auf den anderen die Buttermilchfettnahrung durch 2/3 Milch mit Schleim und dem gleichen Dextropurzusatz; meist sind sie dann auch so alt geworden, daß sie Beikost vertragen. Die Verwendung von Büchsenmilch in Form der „Schweizer Milch" oder der kondensierten Milch oder der Gebrauch des im offenen Handel befindlichen gewöhnlichen Milchpulvers (Trockenmilch) kommt für Säuglinge nicht in Betracht. Ist man genötigt, hei längeren Reisen, namentlich bei Reisen ins Ausland oder über See zu solchen zu greifen, so lasse man sich für diesen Zweck von den Edelweiß-Milchwerken in Kempten (Allgäu) Trockenmilch herstellen, die dank des bei ihrer Herstellung verwendeten besonderen Verfahrens ihren vollen Vitamingehalt besitzt und sich ausgezeichnet bewährt hat. Im übrigen verhalte man sich möglichst ablehnend gegenüber fabrikmäßig hergestellten Milchmischungen und Trockenmilchen. Wir selbst verwenden nur bei der Buttermilch und bei der Eiweißmilch, also bei Gemischen, deren Herstellung im 'Haushalt wie in der Klinik ebenso zeitraubend wie umständlich ist, die entsprechenden Präparate (s. später).

Das Stillen Das in den Entwicklungsjahren einsetzende Wachstum der weiblichen Brust wird durch Reizstoffe (Hormone), die sich in den E i e r s t ö c k e n bilden, veranlaßt. Die Auslösung der Milchabsonderung dagegen, sowie das weitere Wachstum des Drüsengewebes während der Schwangerschaft geschieht durch Reizkörper, die dem M u t t e r k u c h e n entstammen. Ist durch diese i n n e r s e k r e t o r i s c h wirkenden Stoffe die A b sonderung erst mal in Gang gebracht, so wird sie r e f l e k t o r i s c h durch den Saugreiz von Seiten des Kindes wie auch durch die regelmäßige, völlige Entleerung der Drüse weiter unterhalten. — D a s S a u g e n a n d e r B r u s t d e r M u t t e r i s t e i n I n s t i n k t , also eine Fähigkeit, die das Kind mit auf die Welt bringt. E s wird von einem doppelseitigen nervösen Zentrum aus geleitet, das die Kerne des Fazialis, Hypoglossus und des motorischen Trigeminusastes umfaßt, und das, benachbart dem Atemzentrum, im verlängerten Mark liegt. Sein tiefer Sitz erklärt, weshalb auch Mißgeburten mit fehlendem Großhirn (Anencephali) gewöhnlich ganz gut saugen können. D a s S a u g e n d e s K i n d e s b e s t e h t d a r i n , daß durch Abwärtsbewegen des Unterkiefers und Zurückziehen der Zunge ein luftverdünnter Raum in der Mundhöhle hergestellt und dadurch *) Edelweiß-Milchwerke, Schlachters bei Lindau-Bodensee.

10

Die Ernährung des Säuglings

Warze mitsamt Warzenhof angesaugt werden, daß dann weiter durch das Wiederzusammenfühien der Kiefer der im Warzenhof liegende Schließmuskel der Brustdrüse geöffnet wird, so daß die Milch hervortreten kann. Die Zunge wirkt beim Saugen sehr wenig mit. Das sog. „zu kurze" Zungenbändchen, die „angewachsene" Zunge, stellt deshalb niemals ein Saughindernis dar. — Bei manchen Frauen wirkt das Saugen des Kindes an der einen Brust reflektorisch auch auf die andere, so daß von selbst Milch von letzterer abtropft. D a während der Geburt eine größere Menge der obengenannten Reizkörper auch in die Blutbahn des Kindes gelangt, wirken sie bei diesem gleichfalls auf die Milchdrüse und veranlassen die sog. Hexenmilchabsonderung — bei Knaben sowohl wie bei Mädchen (S. 30).

E i n Stillverbot kennen wir nur bei L u n g e n - u n d K e h l k o p f t u b e r k u l o s e der Mutter, ferner bei schwerem, erschöpfendem Wochenbettfieber, bei Geisteskrankheiten, die im Wochenbett ausbrechen, und bei Epilepsie, sofern diese mit häufigen K r a m p f anfällen verläuft. Hingegen bei allen anderen Erkrankungen der Mutter: stärkerer Nervosität, Hysterie, Zuckerkrankheit, Basedow, bei Herzfehlern und Nierenleiden lege m a n das K i n d zunächst ruhig der Mutter an. Zeigt sich, daß ihr das Stillen gesundheitlich oder seelisch nicht bekommt, so gehe man zur Zwiemilchemährung und nach weiteren 2 — 3 W o c h e n zur künstlichen Ernährung über. A u c h bei S y p h i l i s läßt man d a s K i n d der Mutter anlegen. H a t doch die Wassermann sehe Probe dargelegt, d a ß die Mütter luetischer Kinder auch selber immer luetisch sind. Dagegen darf nie ein luetisches K i n d einer anderen Frau, z. B . einer A m m e , angelegt werden (vgl. S. 15). B l u t u n g e n i m W o c h e n b e t t geben im allgemeinen keinen Anlaß zum Absetzen des Kindes. Man stellt sich im Gegenteil vor, daß das Saugen an der Brust zusammenziehend auf die Muskeln der Gebärmutter und daher g ü n s t i g auf den Verlauf der Blutungen wirke. B e i E r k r a n k u n g der Wöchnerin an a n s t e c k e n d e n K r a n k h e i t e n ist v o n F a l l zu F a l l zu entscheiden: bei Keuchhusten, Pocken öder Genickstarre entferne man das K i n d , lasse es künstlich oder durch eine A m m e ernähren oder gebe es in ein Säuglingsheim; bei E r k r a n k u n g an Windpocken, Masern, Scharlach, T y p h u s und Diphtherie hingegen darf die Mutter das K i n d stillen, da die dem Neugeborenen aus der etwaigen Ansteckung mit diesen Krankheiten erwachsenden Gefahren geringer einzuschätzen sind als diejenigen, die ihm bei künstlicher Ernährung drohen. Vorsicht ist bei W u n d r o s e der Mutter geboten, solange beim K i n d e die Nabelwunde noch nicht verheilt ist. Stillbeschwerden, wie sie sich im weiteren Verlauf des Wochenbettes gelegentlich einstellen, also Seitenstechen, Ziehen in den Brüsten, Rückenschmerzen ohne weiteren B e f u n d geben keinen A n l a ß z u m Abstillen. Dasselbe gilt v o m Wieder-Unwohlwerden, d a s sich bei rund der H ä l f t e der Frauen im Verlauf des Stillens wieder einstellt. — E r h e b t sich dagegen begründeter Verdacht auf eine sich ausbreitende T u b e r k u l o s e der Mutter, oder tritt eine n e u e S c h w a n g e r s c h a f t ein, so ist das Kind abzusetzen, aber nicht von heute auf morgen, sondern langsam innerhalb von 2 bis 3 Wochen, indem man nach und nach eine Frauenmilchmahlzeit nach der anderen durch eine Flasche künstlicher Nahrung gemäß der früher gegebenen Vorschrift (vgl. S. 4) ersetzt. Eine Stillunfähigkeit infolge völligen Milchmangels (Agalaktie) gibt es nicht. Jede • Mutter liefert nach der Entbindung Milch. A b e r viele Frauen können ihre Kinder nicht ausreichend stillen, sei es, daß die vorhandene Milchmenge von vornherein nicht hinreicht, oder daß die Absonderung der Milch schon nach 2 oder 3 Monaten ein vorzeitiges E n d e findet. Man spricht dann von Stillschwäche (Hypogalaktie). Diese stillschwachen Frauen sind von den stillkräftigen zunächst nicht zu unterscheiden, u m so weniger, als die Größe der Brüste keinerlei Anhaltspunkt f ü r ihre Ergiebigkeit liefert. Unter diesen Umständen ist es müßig, sich schon v o r der Geburt des Kindes Gedanken darüber zu machen, wie sich die spätere Stillfähigkeit der jungen Mutter gestalten werde. D e r Arzt hat sich jedenfalls auf den Standpunkt z u stellen, der sich aus der allgemeinen E r f a h r u n g ergibt: daß nämlich mit größter Wahrscheinlichkeit die Milchleistung der Brust dem Nahrungsbedürfnis des Kindes Genüge leisten werde. A u f diese Weise beugt

Das Stillen

II

m a n zugleich dem Vor, daß die jungen Mütter schon mit unzureichendem Selbstvertrauen an das Stillgeschäft herangehen. E r g i b t sich dann später, daß tatsächlich eine Stillschwäche vorliegt, so gibt es eine „ H e i l u n g " diekes Zustandes nicht. Alle sogenannten „ L a k t a g o g a " haben keine andere als nur suggestive Wirkung. D a s bedeutet noch nicht, daß sie deshalb wertlos sind. Sie können vielmehr ruhig angewendet werden — um so mehr, als j a Frauen im Wochenbett sich immer im Zustand erhöhter suggestiver Beeinflußbarkeit befinden. Man kann sie also sowohl in jenen Fällen empfehlen, Wo im Beginn des Stillens die Absonderung nicht recht im Gang kommt, sei es, weil das Kind schlecht saugt, sei es, weil die Mutter es ungeschickt anlegt, also die B e anspruchung der Drüse zu gering ist, als daß sich die Milchmenge steigern könnte — wie auch in jenen Fällen, in denen nach anfangs ausreichender Absonderung die Milch spärlicher zu fließen beginnt, und die Mutter sich darüber so aufregt, d a ß ihr Stillwille überhaupt nachläßt. In solchen Fällen läßt sich das Selbstvertrauen oft wieder heben, wenn man der Mutter mit einem L a k t a g o g u m Mut macht, z. B . durch L a k t a g o l oder Plasmon oder durch Höhensonnenbestrahlungen oder — im klinischen Betrieb — durch eine elektrische Milchpumpe. Die Hauptsache aber ist immer, daß man nebenher die nötige „Verbalsuggestion" wirken läßt, also das Vertrauen der jungen Mutter auf die Behandlung nach K r ä f t e n stärkt und v o r allem — d a ß man durch gründliches A b spritzen der Milch die Brustdrüse immer restlos entleert. Stillhindernisse werden durch tiefe Hohlwarzen bei der Mutter (Mamilla invertita) und durch Hasenscharten mit Wolfsrachen beim K i n d e gebildet. Bloße Lippenspalten, namentlich einseitige, sind dagegen kein Stillhindernis. A b e r man mache auch bei der schweren F o r m der Hohlwarzen einen Versuch, das K i n d anzulegen; man ist oft überrascht, in wie vielen Fällen man doch E r f o l g hat. Die Kinder trinken nämlich nicht eigentlich an der Warze, sondern am ganzen Warzenhof, sie saugen ähnlich wie an einem Schwamm. H a t man keinen Erfolg, so mache man den weiteren Versuch, die K i n d e r vermittels eines Saughütchens trinken zu lassen. Gelingt auch das nicht, so m u ß die Milch abgepumpt werden und meistens m u ß nach einiger Zeit zur künstlichen E r nährung übergegangen werden. Immerhin haben die Kinder dann wenigstens die ersten Lebenstage über Frauenmilch bekommen. Stillschwierigkeiten sind sehr viel häufiger als Stillhindernisse. Ihre Kenntnis ist v o n u m so größerer praktischer Bedeutung, als sie für den Laien oft den A n l a ß geben, mit der Brusternährung aufzuhören und zur künstlichen Nahrung überzugehen, ohne d a ß es eigentlich nötig wäre. W e n n S ä u g l i n g e S c h w i e r i g k e i t e n b e i m T r i n k e n m a c h e n o d e r die B r u s t g a r v e r w e i g e r n , so u n t e r s u c h e m a n v o r a l l e m M u n d h ö h l e u n d N a s e : Absonderheiten der Zunge (Makroglossie bei Mongolismus oder angeborenem Myxödem), angeborene Geschwülste des Mundbodens (Ranula), Verletzungen der Mundschleimhaut bei der Geburt, schmerzhafte Geschwüre nach A r t der Bednarschen Aphthen infolge unvorsichtigen Mundauswischens (S. 141) können die Ursache der Nahrungsverweigerung sein. Starker Soorbelag kann die Erregbarkeit der in der Schleimhaut liegenden nervösen Endapparate herabsetzen und dadurch das Saugen beeinträchtigen. Die Nasenatmung kann durch Schnupfen, durch diphtherische Beläge oder durch katarrhalische Schwellungszustände im Nasenrachenraum verlegt sein — alles Schwierigkeiten, die durch geeignete Behandlung oft leicht beseitigt werden können. A l s Teilerscheinung allgemeiner nervöser Unterempfindlichkeit treten Stillschwierigkeiten -besonders häufig bei frühgeborenen Kindern auf, ferner bei Neugeborenen, die durch die Geburt stark mitgenommen sind oder gar Verletzungen des Schädelinhalts oder Geburtsblutungen in oder auf das Gehirn davongetragen haben, schließlich auch bei schwerkranken Neugeborenen, die an fieberhaften septischen Erkrankungen oder a n sehr schweren Ernährungsstörungen leiden. A u c h hier führt die Behandlung des Grundübels, sofern sich dasselbe überhaupt mit Erfolg angehen läßt, zur Besserung der Nahrungsaufnahme.

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Die Ernährung des Säuglings

A u c h v o n Seiten der M u t t e r können sich S t i l l s c h w i e r i g k e i t e n ergeben, vor allem wieder durch Absonderheiten der Form der Brustwarze, aber solche leichterer Art, also z. B . durch geringere Grade von Hohlwarzen (Mam. fissa, Spaltwarze) oder durch sog. „ f l a c h e " Warzen (M. plana), die sich nur wenig über den Warzenhof erheben und deshalb schlecht f a ß b a r sind. Ein ungewöhnlich fester Verschluß des Schließmuskels der Drüse schafft die sog. „schwergehende B r u s t " — im Gegensatz zur „leichtgehenden", bei der schon ein geringer Kieferdruck des Kindes hinreichend ist, den Widerstand des Schließmuskels zu überwinden; nicht selten genügt der Innendruck der in der Brust sich sammelnden Milch, u m den Schließmuskelverschluß zu lösen und ständig Milch in größerer Menge heraussickern zu lassen (Galaktorrhöe). Die schwergehenden Brüste (eigentlich schwergebenden) beanspruchen wohl die meiste Aufmerksamkeit, besonders wenn sie sich bei Frauen mit reichlichem Drüsengewebe und anfänglich starker Milchbildung finden, und wenn andererseits die Kinder klein und muskelschwach sind. Dann werden die Brüste nicht leergetrunken, infolgedessen staut sich die Milch und geht schnell zurück, wenn es nicht gar, begünstigt durch die Stauung, zur Brustdrüsenentzündung kommt. So ist m a n denn gerade bei diesen Frauen, die z u m Stillgeschäft besonders veranlagt und geeignet erscheinen, nicht selten gezwungen, zur Zwiemilchernährung oder gär zur ausschließlichen Kuhmilche m ä h r u n g überzugehen, weil ihre Milchabsonderung vorzeitig versiegt. — D a s späte Einschießen der Milch in Beginn des Stillens und schließlich auch die unzureichend gebildete Menge der Milch, die schon genannte Hypogalaktie, sind hier gleichfalls aufzuführen. Die Folge all dieser Zustände ist die U n t e r e r n ä h r u n g d e s S ä u g l i n g s m i t M u t t e r m i l c h . Ü b e r die Behandlung vgl. S. 65. B e i nervös veranlagten oder durch die Erlebnisse in der Schwangerschaft und bei der Entbindung nervös gewordenen Frauen beobachtet man gelegentlich in der ersten Zeit des Stillens eine Überempfindlichkeit der Brustwarze. Meistens beruht diese wohl darauf, daß feine Einrisse, die man mit bloßem A u g e nicht sieht, in der zarten H a u t der W a r z e entstanden sind. Gröbere Einrisse werden als Schrunden (Rhagaden) bezeichnet. Gleich, ob groß oder klein — sie entstehen dann, wenn die mütterliche Brust eine besondere Neigung z u m Sprödewerden besitzt, wie bei blonden oder rothaarigen Frauen, oder wenn man die K i n d e r allzulange an der Brust liegen oder sie nur an der Warze, nicht am Warzenhof, saugen läßt. Dann k o m m t es zu feinen Verletzungen der H a u t oder zu kleinen Blutblasen, die aufplatzen und dann nässen, oder zu flächenh a f t e m Wundsein oder z u größeren Einrissen, die die W a r z e quer durchziehen oder sie ringförmig umgreifen, jedenfalls zu Veränderungen, die vielen Frauen außerordentliche Schmerzen bereiten — zuweilen so unerträgliche, d a ß man die Kinder absetzen m u ß -— während andere F r a u e n selbst durch tiefe, bei jedem Anlegen des Kindes blutende Einrisse merkwürdig wenig belästigt werden. Die B l u t u n g a u s d i e s e n S c h r u n d e n kann beim Saugen des K i n d e s so stark sein, daß der Stuhlgang davon schwarz gefärbt erscheint (Melaena spuria). Die Behandlung aller dieser Zustände besteht in dem E i n schränken der Trinkdauer auf 10 Minuten, Betupfen der Schrunden mit i°/ 0 iger Höllensteinlösung nach jedem Trinken, nachfolgendem Bestreichen mit Perulenicetsalbe und Entlasten der Brustdrüse durch Hochbinden derselben. V o r dem Anlegen des Kindes ist die Salbe vorsichtig mit ö l zu entfernen. Halten die Schmerzen nach dem Anlegen des Kindes noch lange Zeit an und bringt der ganze Zustand die Mutter herunter, so ist ihr mindestens eine ausgiebige Nachtruhe durch Verabreichung v o n Gelonid. antineuralgica oder Phanodorm-Kalzium zu verschaffen. Die Brustdrüsenentzündung der stillenden F r a u tritt oft schon in der ersten W o c h e nach der Entbindung auf, indem sich unter Fieber und K o p f w e h Schmerzen an umschriebener Stelle in der Brustdrüse einstellen, meist in einem der beiden unteren Viertel. Druckschmerzhaftigkeit, R ö t u n g der äußeren H a u t , Knotenbildung, dazu allgemeines schweres Krankheitsgefühl gesellen sich hinzu. Diese F r ü h f o r m e n der B r u s t -

Das Stillen

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drüsenentzündung sind meist „parenchymatöse", die Drüsengänge entlang kriechende Entzündungen. Sofern die Schmerzhaitigkeit der Brust es nicht verbietet, wird das K i n d wie bisher weiter angelegt. Denn die regelmäßige und möglichst ausgiebige Entleerung der Drüse schafft die beste Entlastung. Außerdem wird nach jedem Anlegen die Brust mit der Bierschen Saugglocke gestaut, je 3mal 5 Minuten lang mit ebenso langen Zwischenpausen. Hinterher wird sie straff hochgebunden. Der Ausgang dieser Art von Brustdrüsenentzündungen ist meist günstig. Nach Besserung der Schmerzen wird das Stauen noch mehrere Tage lang fortgesetzt. Besitzt man keine Saugglocke, so legt man der Mutter, die j a meist noch nicht aufgestanden ist, eine Eisblase auf die entzündete Brust — andernfalls muß sie sich hierzu wieder aufs neue zu Bett legen. A u c h hier ist es nötig, schmerzstillende Mittel, wie oben genannt, zu verabreichen, namentlich für die Nacht. Gefährlicher sind die sog. i n t e r s t i t i e l l e n B r u s t d r ü s e n e n t z ü n d u n g e n , d i e s p ä t e r , e t w a v o n d e r 3. W o c h e n a c h d e r E n t b i n d u n g a n , a u f t r e t e n . Sie gehen von kleinen Schrunden aus und verbreiten sich auf dem Lymphweg, also nicht im Innern der Drüsenausführungsgänge, sondern außerhalb derselben und entlang deren Verlauf. Sie beginnen viel stürmischer: mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Erbrechen, mit Rötung der Haut und Lymphstrangzeichnung, Geschwulstbildung, Schmerzhaitigkeit an der befallenen Stelle und in der Achselhöhle. In nicht wenigen Fällen kommt es schnell zum Vereitern. Die Behandlung ist dieselbe wie bei den „parenchymatösen": sofern die Schmerzhaitigkeit nicht zu groß ist, wird das Kind weiter angelegt, andernfalls erhält es nur die gesunde Brust und im übrigen die Flasche (vgl. S. 6). Die kranke Drüse wird gestaut und hinterher durch einen feuchten, kunstgerechten Verband (mit Borwasser, nicht mit essigsaurer Tonerde, da dann oft die Kinder nicht gut trinken) möglichst hochgebunden. K o m m t es trotzdem zur Abszeßbildung, so ist durch Einstich der Eiter zu entleeren und ein Gummiröhrchen einzulegen. Im Eiter findet sich meistens der Staphylococcus pyogenes aureus. — Die Ergiebigkeit der befallenen Brust läßt während der Erkrankung stets nach, stellt sich aber späterhin doch größtenteils oder wenigsten immer e t w a s wieder ein. Leider hinterläßt die Brustdrüsenentzündung eine Anlage zu neuen Entzündungen. E s gibt sogar Frauen, die während der Stillzeit allmonatlich ein paar Tage lang Schmerzen in der Brust, sogar Knotenbildung und etwas Fieber haben, bei denen es aber doch durch rechtzeitiges Stauen immer wieder gelingt, die entzündlichen Erscheinungen zum Rückgang zu bringen. Eine besondere Pflege der Brüste vor der Entbindung zur Verhütung von Schrundenbildung oder Brustdrüsenentzündungen wie auch zur Erzielung einer genügenden Milchabsonderung ist überflüssig. Waschen mit Alkohol oder Franzbranntwein macht die Haut nur spröde und empfindlich und begünstigt sogar die Entstehung von Brustdrüsenentzündungen. Sie haben also zu unterbleiben. Es genügt, die Brüste täglich mit Wasser und Seife zu waschen, was auch für die Zeit nach der Entbindung als ausreichend erscheint. — Ehe das Kind angelegt wird, ist die Warze mit einem weichen Läppchen und warmem Wasser abzuwischen. Nach dem Anlegen wird sie auf dieselbe Weise gesäubert, sorgfältig abgetrocknet, bei Neigung zum Wundwerden mit Glyzerin betupft oder mit einem Hautcreme (Fissan- oder Niveacreme, Kaloderma) in weitem Umkreis bestrichen und dann mit einem mehrfach zusammengelegten Leintuch bedeckt, um die etwa von allein absickernde Milch aufzufangen. Die Kost der stillenden Frau ist ausreichend und abwechslungsreich zu gestalten. Jede einseitige Bevorzugung bestimmter Nahrungsmittel, namentlich von Mehl- und Milchsuppen, wie sie früher geübt wurde, ist gefährlich, weil sie einerseits zum Appetitverlust und andererseits zum unnötigen Dickwerden der jungen Mutter führen kann. Unnötig ist auch die — der heutigen Mode folgende —• Überfütterung der schwangeren und stillenden Frauen mit Rohkost, Obst und Obstsäften, durch die ein Mangel an Ergänzungsstoffen (Vitaminen) vermieden werden soll. Allein schon der Hinweis, daß

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frühere Geschlechter nichts von Ergänzungsstoffen gewußt haben und doch keine Mangelkrankheiten bekommen haben, läßt die Torheit dieser Mode erkennen. Eine stillende F r a u braucht nicht mehr von den genannten Nahrungsmitteln zu genießen, als sie sonst genossen hat. E s ist ihr auch erlaubt, alle Speisen, die sie sonst vertragen hat, also auch saure, zu genießen. Sie kann versichert sein, daß ihr K i n d keine „ S k r o fulöse" davon bekommen wird, wie der Altweiberklatsch behauptet. D a s stärkere Flüssigkeitsbedürfnis der Wöchnerin wird durch Milch ( 1 / 2 — i Liter täglich) gestillt; magere Frauen, bei denen die Befürchtung auftaucht, daß sie unter dem Stillen noch mehr abmagern könnten, mögen darauf hingewiesen werden, daß der Nährstoffgehalt der Nahrung sich dadurch erhöhen läßt, daß man Sahne, K a k a o , Zucker, Malzextrakt, Eier und dgl. in geringer Menge alle T a g e der Nahrung zufügt. Im allgemeinen jedoch zeigt sich bei stillenden Frauen unter dem E i n f l u ß der durch das fünfmalige Anlegen des Kindes geregelten, ruhigen Lebensweise mehr eine Neigung z u m Fettansatz als z u m Abmagern. E i n Übergang von körperfremden Stoffen in die Frauenmilch und eine Schädigung des Säuglings durch diese ist nicht zu befürchten. Weder durch Nahrungsstoffe noch durch Arzneien, die die Mutter gebraucht, wird die Milch wesentlich beeinflußt. Nur Jod, Brom, Salizylsäure und Arsen (Salvarsan) werden wahrscheinlich mit der Milch ausgeschieden, aber nur in Spuren. Chloroform- und Äthernarkosen, Morphium und Belladonna, auch Alkohol und Zigarettenrauchen in mäßiger Menge sind für das Kind bedeutungslos. Auch F a r b s t o f f e der Nahrung können in die Muttermilch übergehen, so hat z. B. Feer eine Grünfärbung nach Genuß v o n Leber beschrieben. Aber diese Beobachtung steht ganz einzig da. B l u t b e i m e n g u n g e n zur Frauenmilch, die nicht aus Schrunden stammen und auch nicht die Folgeerscheinung bösartiger Veränderungen darstellen, kommen aus psychischen Gründen vor — sozusagen als eine Flucht in die Krankheit infolge Widerwillens gegen das Stillen — und sollten Anlaß sein, langsam abzustillen, um schweren nervösen Erscheinungen bei der Mutter aus dem W e g zu gehen.

D a s Abstillen des Kindes' führt, wenn es langsam und in der früher erwähnten Weise (vgl. S. 4) vorgenommen wird, nie zu Beschwerden der Mutter. W o h l aber können solche eintreten, wenn — z. B . beim T o d des K i n d e s — das Stillen plötzlich beendet werden muß. In solchen Fällen ist die Flüssigkeitszufuhr bei der Mutter auf ein Mindestmaß einzuschränken und außerdem die Brust durch einen festen Verband hoch zu binden. Die Spannung der H a u t ist' durch Einfetten, möglichst aber nicht durch Abspritzen der Milch, zu lindern. Durch Karlsbader Salz oder Sennatee in größeren Mengen wird zugleich dünner, öfterer Stuhlgang erzeugt und dadurch dem K ö r p e r reichlich Wasser entzogen. Auf diese Weise läßt sich die Absonderung der Brustdrüse schnell zum R ü c k g a n g bringen. Ist die Brust einmal versiegt, so läßt sie sich nicht wieder in Gang bringen. N u r wenn in den ersten W o c h e n nach der Entbindung mit dem Stillen ausgesetzt wurde, z. B . wegen einer schweren B l u t u n g oder einer Lungenentzündung der Mutter oder wegen deren E r k r a n k u n g an T y p h u s oder ähnlichen K r a n k heiten, so gelingt es zuweilen, selbst nach 8 — 1 4 Tagen langem Aussetzen der Brusternährung durch erneutes Anlegen des Kindes die Milchabsonderung wieder in Gang zu bringen und sie sogar bis zu einer beträchtlichen Höhe zu steigern. — A m Schluß des Stillens nimmt (gleichwie beim Beginn desselben) die Milch die Beschaffenheit des Kolostrums an — ein Hinweis darauf, daß Kolostraibildung nichts anderes ist als der Ausdruck einer Stauung der Milch.

Ammenhaltung Die Ernährung des Säuglings durch eine A m m e ist — soweit das körperliche Gedeihen in Frage k o m m t — der Ernährung durch die Mutter als gleichwertig z u erachten. B e i der Einstellung einer A m m e sind die folgenden Vorschriften des „ G e s e t z e s zur B e k ä m p f u n g der Geschlechtskrankheiten" zu beachten: § 14. Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder einer dieser Strafen wird bestraft, sofern nicht nach den Vorschriften des Strafgesetzbuchs eine härtere Strafe verwirkt ist, 1. eine weibliche Person, die ein fremdes Kind stillt, obwohl sie an einer Geschlechtskrankheit leidet und dies weiß oder den Umständen nach annehmen muß;

Ammenhaltung

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2. wer ein syphilitisches Kind, für dessen Pflege er zu sorgen hat, von einer anderen Person als der Mutter stillen läßt, obwohl er die Krankheit des Kindes kennt oder den Umständen nach kennen m u ß ; 3. wer ein sonst geschlechtskrankes Kind, für dessen Pflege er zu sorgen hat, von einer anderen Person als der Mutter, ohne sie vorher über die Krankheit und die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen durch einen A r z t mündlich unterweisen zu lassen, stillen läßt, obwohl er die Krankheit des Kindes kennt oder den Umständen nach kennen muß; Straflos ist das Stillen oder Stillenlassen eines syphilitischen Kindes durch eine weibliche Person, die selbst an Syphilis leidet. § 15. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft: 1. eine Amme, die ein fremdes Kind stillt, ohne im Besitz eines unmittelbar vor Antritt der Stellung ausgestellten ärztlichen Zeugnisses darüber zu sein, daß an ihr keine Geschlechtskrankheit nachweisbar ist; 2. wer zum Stillen eines Kindes eine A m m e in Dienst nimmt, ohne sich davon überzeugt zu haben, daß sie im Besitz des in Nr. 1 bezeichneten Zeugnisses ist; 3. wer, abgesehen von Notfällen, ein Kind, für dessen Pflege er zu sorgen hat, von einer anderen Person als von der Mutter stillen läßt, ohne vorher im Besitz eines ärztlichen Zeugnisses darüber zu sein, daß eine gesundheitliche Gefahr für die Stillende nicht besteht.

Jede Amme ist also einer eingehenden Untersuchung auf Syphilis, vor allem der Wassermann sehen Probe zu unterziehen. Außerdem ist sie auf Tuberkulose (Röntgenbild! nicht bloß Durchleuchtung), Tripper, Krätze, Kopf- und Filzläuse zu untersuchen. Auch das Ammenkind ist auf körperliches Gedeihen wie auf Erscheinungen von Erbsyphilis anzusehen. Was die v o r a u s s i c h t l i c h e L e i s t u n g s f ä h i g k e i t einer Amme anbetrifft, so läßt sich diese schlecht beurteilen: weiche, sich warm anfühlende Brustdrüsen mit. gutem, tastbarem Drüsengewebe, mit ausgesprochener Venenzeichnung in der Haut, mit gut faßbarer Warze, aus der sich durch geringen Fingerdruck die Milch im Strahl entleeren läßt — gelten als milchreiche Brüste. Die jeweilige Füllung der Brust ist wenig maßgebend, da sie durch absichtlich herbeigeführte Stauung der Milch bewirkt sein kann. Einen gewissen Hinweis auf die Leistungsfähigkeit der Brust gibt das Gedeihen des Ammenkindes ab. Will man jedoch einen einigermaßen sicheren Anhalt über die Größe der voraussichtlichen Milchmenge gewinnen, so ist es nötig, durch Abdrücken mit der Hand oder Absaugen mit einer Milchpumpe oder durch Anlegen eines Kindes die Brust gänzlich zu entleeren, dann nach 4 Stunden die Amme wieder zu sich zu bestellen und die Menge der nunmehr vorhandenen Milch wieder durch Abziehen zu bestimmen. Die cjiemische Untersuchung der Ammenmilch ist unnütz, die mikroskopische kann höchstens die Anwesenheit oder das Fehlen von Kolostrumkörperchen ergeben. Sie erübrigt sich deshalb auch. Das Lebensalter der Amme ist gleichgültig, auch die seit der Entbindung verflossene Zeit ist nebensächlich. Man bevorzugt jedoch solche, die etwa am Anfang des 2. Monats nach der Entbindung stehen, weil bei ihnen die Milchabsonderung meist gut im Gange ist, und weil um diese Zeit herum etwaige Zeichen einer Lues congenita beim Ammenkind feststellbar geworden sind. In allen Fällen, namentlich aber da, wo eine Amme ein neugeborenes oder ein frühgeborenes Kind stillt, ist darauf zu sehen, daß sie sich nach jedem Anlegen des Kindes die noch in der Brust befindliche Milch abspritzt. Denn gerade milchreiche Ammen verlieren sehr häufig die Milch, wenn ihre Brüste ungenügend entleert werden. Nach 2—3 Wochen hat sich ihre Absonderung dann meist dem Nahrungsbedürfnis des Kindes angepaßt. Gedeiht ein Kind bei einer Amme trotz ausreichender Milchmenge nicht, so ist nicht der Amme, sondern dem Kind die Schuld beizumessen. Ein Ammenwechsel ist daher unnötig, es ist vielmehr nach S. 161 zu verfahren. Die Ernährung der Amme ist dieselbe wie die der übrigen Hausangestellten, vermehrt um 1 Liter Flüssigkeit (Milch). *

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Als Ersatz für Ammen dienen Frauen, die ihr eigenes Kind stillen, nebenher aber noch um Geld einbis zwei- bis dreimal täglich ein fremdes Kind anlegen, meist in Krankheitsfällen und für kürzere Zeit. Derartige „ S t i l l f r a u e n " stiften oft sehr Gutes, indem sie gefährdete junge Kinder über die schlimmste Zeit

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Die Ernährung des Säuglings

hinwegbringen. Auf eine genaue Untersuchung und namentlich auf die Anstellung der Wassermann sehen Probe, muß man allerdings meist verzichten. E s liegt hier der Notfall vor, der in § 15, 3 des Gesetzes vorgesehen ist. Praktische Kinderärzte und Frauenärzte haben sich in lobenswerter Weise bemüht, den Überschuß an Muttermilch, der bei vielen Frauen im ersten Monat nach der Entbindung vorhanden ist, für kranke Säuglinge nutzbar zu machen. Man hat zu diesem Zweck ,, F r a u e n m i l c h s a m m s l s t e l l e n ' ' gegründet und macht hier die Milch durch Erhitzen haltbar. Sie wird in Flaschen abgegeben und mit der Post weithin versandt. Ich kann diese „käufliche Frauenmilch" nur empfehlen. Sie wird seit vielen Monaten auf meiner Klinik ständig verwendet, und ich habe nie einen Unterschied gegenüber der rohen, frischen Frauenmilch gesehen. Für die Dauerernährung des Säuglings kommt sie natürlich nicht in Betracht, da sie dazu zu teuer ist und außerdem durch das Erhitzen und Lagern gewisse Einbußen erleidet. Aber da, wo m i n bei einem schwerkranken Säugling, den man über einen Gefahrenabschnitt hinwegbringen soll, vor die W a h l gestellt ist: konservierte Frauenmilch oder Kuhmilch, wird man unter allen Umständen erstere zu wählen haben. A u c h für den klinischen Betrieb empfiehlt sich die Haltbarmachung der Frauenmilch, um in Zeiten, da Überfluß an Ammenmilch herrscht, einen Vorrat anzulegen für andere Zeiten mit erhöhtem Bedarf. W i r erhitzen die Frauenmilch 10 Minuten auf 100° C in 500 g-Weckflaschen (mit Drahtbügel für das Erhitzen) und bewahren diese im Dunkeln auf. Die Erhitzung gewährleistet die Keimfreiheit der Milch. Ein Umschlagen der weißen Farbe der Milch in einen grauen Farbton hat nichts zu sagen. Will man sterilisierte Frauenmilch von anderswoher beziehen, so wende man sich an die „Frauenmilchsammelstellen" in Erfurt, Berlin-Charlottenburg, Frankstr. 3, Pforzheim, Krankenhaus Siloah. Der Preis des Liters beträgt etwa 5 Mark, wovon die Milchspenderinnen etwa 3 Mark erhalten, während der Rest für Botenlohn und Unkosten aufgeht. E s besteht — genau so wie bei den Ammen und Stillfrauen — auch hier natürlich die Gefahr einer V e r f ä l s c h u n g d e r F r a u e n m i l c h durch Zusatz von Kuhmilch. Man wird hieran besonders dann denken müssen, wenn ein Kind trotz Ernährung mit Frauenmilch (und zwar bei Ernährung mit Frauenmilch aus der Flasche) nicht gedeiht. Ein unbedingt zuverlässiges Verfahren, solche Verfälschungen festzustellen, gibt es nicht. A m einfachsten ist die M o r o s c h e N e u t r a l r o t r e a k t i o n : 2 Tropfen einer i % i g e n Neutralrotlösung (in physiologischer Kochsalzlösung) färben 5 ccm Kuhmilch rotviolett, Frauenmilch dagegen gelb. Die Probe läßt noch einen Kuhmilchzusatz von 1 : 10 Frauenmilch erkennen (Münch, med. Wschr. 1912, Nr. 47). Ein anderes Verfahren besteht in der Verwendung der künstlichen Höhensonne. Auch dieses Verfahren ist nicht unbedingt zuverlässig. Beide liefern aber bei fortlaufenden täglichen Untersuchungen der Milch der gleichen Frau doch die genügende Sicherheit.

Die Nahrung des Säuglings Die charakteristischen Bestandteile der Milch sind das Kasein, der Milchzucker und das Milchfett. Alle drei kommen nirgendwo im Körper vorgebildet vor, sondern sind das eigenste Erzeugnis der Milchdrüsenzellen. Die von der Brustdrüse vor und kurz nach der Geburt des Kindes abgesonderte Milch führt den N a m e n E r s t m i l c h oder Kolostrum. Von der eigentlichen Frauenmilch unterscheidet sie sich 1. durch ihre eigenartige, besonders im Anfang ausgeprägte, zitronengelbe Färbung; 2. durch ihren Gehalt an „Kolostrumkörperchen" — rundlichen, mit feinsten Fetttröpfchen besetzten kleineren Zellen sowie großen, unregelmäßig gestalteten, mit halbmondförmigen oder „kappenartigen" Gebilden ausgestalteten, ebenfalls mit (großen) Fetttropfen beladenen Zellen; diese Kolostrumkörperchen sind weiße Blutzellen, deren Aufgabe darin besteht, das Fett aus der sich vorläufig noch stauenden Milch in den Körper zurückzuschaffen; 3. dadurch, daß sie beim Kochen gerinnt (infolge ihres erhöhten Gehaltes an Globulin, dessen Gerinnungswärme bei 72 0 C liegt), 4. dadurch, daß sie mehr Stickstoff und Fett, auch mehr Asche, Phosphorsäure und Natrium, aber weniger Milchzucker als die fertige Frauenmilch enthält. Die B e d e u t u n g d e s K o l o s t r u m s liegt darin, daß es dem Kinde, seinem anfangs geringen Nahrungsbedürfnis entsprechend, in beschränkter Menge einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Eiweiß, Fett und Salzen darbietet. Seine eigentümliche Zusammensetzung rührt daher, daß in der eisten Zeit der Milchbildung neben der Absonderung v o n Milch auch ständig eine Wiederaufsaugung von solcher statthat. Deshalb wandern die weißen Blutzellen ein, um nach A r t v o n Phagozyten das Fett wegzuschaffen. E t w a v o m dritten Tage an nach der Geburt des Kindes — also v o m T a g des erfolgten „Einschießens" an, nimmt die Milch die Beschaffenheit der fertigen Frauenmilch an. Kolostralmilch ist also gestaute Milch. Alle Stauungszustände in der Brustdrüse, auch das Abstillen, führen zur Kolostraibildung. A u c h die Hexenmilch der Neugeborenen nimmt nach einigen Tagen die Beschaffenheit von Kolostrum an.

Die Frauenmilch ist eine dünne, zuweilen bläulich schimmernde Flüssigkeit. Mikroskopisch stellt sie eine gleichförmige Aufschwemmung kleinerer und größerer Fetttröpfchen dar. Bakteriologisch ist sie eine meist vollkommen keimfreie Nahrung. In ihrer chemischen Zusammensetzung schwankt sie physiologisch innerhalb weiter Grenzen.

Die Nahrung des Säuglings

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Die Zahlen der folgenden Zusammenstellung sind daher nicht als feststehende Werte aufzufassen, sondern geben nur einen ungefähren A n h a l t . Eiweiß 1,0 3,0 4,5

Frauenmilch Kuhmilch Ziegenmilch

Fett 4,0 3,5 4,0

Zucker 7,0 4,0 4,0

Salze 0,2 0,7 0,8

Der Brennwertgehalt der Frauenmilch beträgt rund 700 Kalorien im Liter, der der K u h m i l c h ist etwas geringer. Die Reaktion gegen L a c k m u s ist alkalisch. Der Gesamtstickstoff beträgt 0,15—0,25 (in der K u h m i l c h ist er h ö h e r : 0,55). Die Hauptmenge des Eiweißes wird v o m Kasein (dem „ungelösten" Eiweiß), nächstdem v o m Laktalbumiii, Laktoglobulin usw. („gelösten" Eiweiß) gebildet. D a s K a s e i n , der Käsestoff, ist das eigentliche Milcheiweiß. W a s die Herkunft der Milcheiweißkörper anbetrifft, so stammen A l b u m i n und Globulin w o h l aus dem Serumalbumin usw. des Blutes. D a s Kasein dagegen wird wahrscheinlich aus Bausteinen des Eiweißes (Nahrungseiweiß, im Hunger auch Körpereiweiß) unter Zuhilfenahme von Phosphorsäure (entweder anorganischer, aus der N a h r u n g entstammender oder von abgebauter Nukleinsäure oder Phosphaten herrührender) gebildet. Der Zucker der Milch ist M i l c h z u c k e r , ein Disaccharid (Glukose + Galaktose). E r wird nirgendwo als nur in der Milchdrüse gebildet. E r entsteht wahrscheinlich so, daß sich ein Teil des Traubenzuckers des Blutes in Galaktose umwandelt, und d a ß diese mit dem nichtumgewandelten Teil des Traubenzuckers den Milchzucker bildet. Das F e t t der Frauenmilch zeigt geringe, bedeutungslose Unterschiede von dem der K u h m i l c h . Praktisch von Bedeutung ist das Schwanken des Fettgehaltes der Milch bei der einzelnen Mahlzeit: die ersten Milchmengen, die das K i n d trinkt, sind fettarm (etwa i°/ 0 ). Mit der Dauer des Trinkens steigt der Fettgehalt immer mehr und beträgt a m E n d e der Mahlzeit etwa 6 — 7 — 1 0 % . Die M i n e r a l z u s a m m e n s e t z u n g der Frauenmilch unterscheidet sich von der der K u h m i l c h : der Aschegehalt beträgt bei ersterer 0,2, bei letzterer 0,7 g in 100 g Milch. Man darf eben nicht aus dem A u g e verlieren, d a ß die N a t u r die K u h m i l c h mit ihrem hohen Mineralstoff- und Eiweißgehalt eigentlich f ü r das rasch wachsende K a l b bestimmt hat und nicht für den menschlichen Säugling. Uber die Verteilung der einzelnen Salze gibt die folgende Zusammenstellung Aufschluß. in der Frauenmilch . . Kuhmilch . . . .

K20 30,1 22,14

Na20 13,7 15,9

Auf 100 g Asche kommen: CaO MgO Fe 2 0 2 13,5 1,7 0,17 2 20,05 >^3 0,04

P202 12,7 24,7

C1 1 21,8 }• nach Söldner, Bunge 21,27 J

Die Frauenmilch enthält ferner noch biologisch wichtige S t o f f e wie Vitamine, Fermente usw. V o n den Tiermilchen kommt in unseren Gegenden nur die K u h m i l c h in Betracht. Die Z i e g e n m i l c h stellt bei älteren Säuglingen einen ganz brauchbaren Ersatz der K u h milch dar, führt bei jungen Kindern aber leicht zur sogen. Ziegenmilch-Blutarmut. Die Kuhmilch zeigt nicht die feine Verteilung der Fettkügelchen wie die Frauenmilch, sondern sie neigt z u m „ A u f r a h m e n " , d. h. z u m Zusammenfließen des Fettes und zu einer mit bloßem A u g e erkennbaren Schichtung in Sahne und darunterstehende Magermilch. Bakteriologisch ist sie streng genommen immer als verunreinigt zu betrachten, denn beim Melken, Umfüllen und dergleichen gelangen Milchschmutz und Keime, meist Saprophyten, gelegentlich aber auch krankmachende Keime wie T y p h u s - und Tuberkelbazillen hinein. Besonders hoch steigt die Zahl der K e i m e im Sommer an; auch im Frühjahr, wenn beim Beginn des Weideganges die Tiere an Ernährungsstörungen erkranken, kann sie sehr hoch sein. A u f die früher vielfach geforderte Trockenfütterung der K ü h e wird heute kein Wert mehr gelegt, weil Trockenfütterung gleichbedeutend ist mit Vitaminarmut der Milch. Hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung zeigt die Kuhmilch ähnliche Schwankungen wie die Frauenmilch. Praktisch fallen diese jedoch weniger ins Gewicht, B i r k , Leitfaden der Säuglingskrankheiten.

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weil die käufliche Kuhmilch mehr oder weniger eine Mischmilch ist, bei der sich die Unterschiede ausgleichen. Ihr Brennwertgehalt ist gleich rund 680 Kai. im Liter. Die Reaktion gegen Lackmus ist amphoter. Der Gesamtstickstoff beträgt 0,55 g. Von den Unterschieden der Kuhmilch gegenüber der Frauenmilch wurde hauptsächlich immer der durch das Kuhmilcheiweiß geschaffene hoch bewertet. Das Kind bekommt im Kuhmilcheiweiß „artfremdes". Außerdem enthält die Kuhmilch mehr Kasein als die Frauenmilch. Dasselbe fällt ferner bei der Labfällung in gröberen, festeren Flocken aus. Aus diesem Verhalten hat man früher den Schluß einer Schwerverdaulichkeit des Kuhmilchkaseins gezogen. Das Verdünnen der Kuhmilch schafft weitere Unterschiede: der Zusatz von Wasser erniedrigt das Säurebindungsvermögen und verlangsamt die Labgerinnung. Erhitzen führt zum Sinken der Azidität, zum Ausfallen von Phosphaten der alkalischen Erden, von Trikalziumphosphat, und damit zur Verzögerung der Labgerinnung, bei 500 C erfolgt die Hautbildung, bei 6o° beginnt die Zerstörung der Fermente und Immunkörper. Man sieht also, daß tiefgreifende Unterschiede zwischen Frauenmilch und Kuhmilch vorhanden sind. Aber auf der andern Seite darf man nicht vergessen, daß die praktische Erfahrung alltäglich aufs neue den Beweis liefert, daß trotzdem Säuglinge mit der Kuhmilch ausgezeichnet gedeihen können — freilich: mit Ausnahmen. Ferner ist bei den hier genannten Unterschieden zwischen Frauenmilch und Kuhmilch immer zu bedenken, daß Kuhmilch wohl niemals rein, sondern immer nur verdünnt und vermischt und mit Zucker versetzt gegeben wird. Lange Zeit gingen die Bemühungen dahin, diese Milchzusätze so zu gestalten, daß die Zusammensetzung der künstlichen Nahrung grob-chemisch derjenigen der Frauenmilch glich. Diese Bestrebungen haben aber keinen Erfolg gehabt. Die Verdünnung der Milch geschieht heute ausschließlich durch Kohlehydratabkochungen, nicht mehr wie früher durch Milchzuckerlösungen. Namentlich der Haferschleim, bei älteren Säuglingen auch die Hafermehlabkochung, sind im Volke üblich. Bei Kindern mit Ernährungsstörungen oder überhaupt mit empfindlichem Magendarmkanal gebraucht man dafür besser den R e i s s c h l e i m (aus Trockenreisschleim oder aus Reismehl bereitet), d e r a u c h als dicker Schleim gegeben werden k a n n , als solcher s t ä r k e r s ä t t i g t u n d i m D a r m r o h r w e n i g e r leicht zu G ä r u n g e n f ü h r t als der H a f e r s c h l e i m . „ K i n d e r m e h l e " haben wir nie gebraucht und sehen deren Nutzen auch nicht ein. Von den Z u c k e r n wird vom Volke durchweg der Rübenzucker gebraucht, weil er der billigste ist. Milchzucker hat sich — obwohl er der von der Natur in die Milch hineingegebene Zucker ist — nicht bewährt, weil er leicht zu Gärungen führt. Bei ernährungsgestörten Kindern ist er deshalb überhaupt zu vermeiden. Auch die verschiedenen M a l z z u c k e r sind in den Hintergrund getreten, seitdem es gelungen ist, den T r a u b e n z u c k e r (Dextropur, Maizena-Traubenzucker) in die Säuglingsernährung einzuführen. Er hat den großen Vorteil, daß er bei der Verdauung nicht gespalten zu werden braucht, sondern wahrscheinlich sofort durch die Darmwand hindurch in das Blut geht und somit keinerlei Stoff zur Vergärung durch die Darmbakterien liefert. Der Malzzucker kommt hauptsächlich in Form von M a l z s u p p e n e x t r a k t zur Verwendung, während der Gebrauch des früher viel verwendeten Soxhletschen Nährzuckers, der Nährmaltose und des Stöltznerschen Kinderzuckers weitgehend abgekommen ist. Sie hatten alle die Fähigkeit, den Stuhlgang etwas trockner zu gestalten. Mit der Verabreichung von Gebäck wird zweckmäßig nicht vor dem zweiten Lebensjahr begonnen. In Frage kommen vorläufig eigentlich nur Z w i e b ä c k e . In ihnen ist die Stärke durch den Röstprozeß zum Teil dextrinisiert. Sie sind in Form des Zwiebackmehls oder des Zwiebackbreis ein sehr gutes Nahrungsmittel für Säuglinge in dem genannten Alter. Man gebraucht die gewöhnlichen gerösteten Milchzwiebäcke. Die „Nährzwiebäcke", die allerhand Zusätze führen, sind nicht besser als die erstgenannten. In den letzten Jahren sind auch „Gemüsezwiebäcke" in den Handel gebracht worden. Wenn

D i e N a h r u n g des S ä u g l i n g s

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sich m i t ihrer E m p f e h l u n g der G e d a n k e verbindet, d a ß man in ihnen den Kindern Erg ä n z u n g s s t o f f e zuführen könne, so ist dieser G e d a n k e irrig; denn beim Trocknen und Zerkleinern des Gemüses zu Gemüsepulver und bei dem nachfolgenden zweimaligen Rösten des Z w i e b a c k s werden etwaige Ergänzungsstoffe restlos vernichtet. Z u r Herstellung des S ä u g l i n g s g e m ü s e s wird meist Spinat verwendet, aber auch neue K a r t o f f e l n , gelbe R ü b e n , Schwarzwurzeln, B l u m e n k o h l usw. werden viel g e b r a u c h t ; im W i n t e r sollte h a u p t s ä c h l i c h v o n den, an Ergänzungsstoffen besonders reichen Grünkohl, Mohrrüben u n d S t e c k r ü b e n , a u c h v o n Wirsingkohl und Rosenkohl Gebrauch gemacht werden. W e n n die K i n d e r auf die ersten Gemüsemahlzeiten mit beschleunigtem Stuhlg a n g antworten, so m a c h t das nichts aus. Sie gewöhnen sich bald daran. E s k o m m t a u c h v o r , d a ß zeitweise einmal ein starker Widerwille gegen Gemüse sich einstellt. D a n n l ä ß t m a n a m besten f ü r 2 — 3 W o c h e n das Gemüse g a n z weg, gibt d a f ü r nur Suppe mit Grieß oder einen Brei aus Z w i e b ä c k e n oder Grieß mit Milch, also jedenfalls etwas, w a s g a n z anders s c h m e c k t als Gemüse u n d fängt n a c h der angegebenen Zeit an, langsam wieder kleine Mengen Gemüse in die Suppe usw. hinzutun. E i n e n vollwertigen E r s a t z des Gemüses stellt das O b s t dar, das anfangs fein zerteilt in F o r m v o n A p f e l m u s oder v o n durchs Sieb gestrichenen Erdbeeren, K i r s c h e n usw. gegeben wird, u m dann später in e t w a s gröberer F o r m , als geriebene Ä p f e l u n d geschabte Birnen, gereicht zu werden. B e i g a n z kleinen Kindern, z. B . bei F r ü h g e b u r t e n , m u ß m a n O b s t u n d G e m ü s e i n F o r m v o n P r e ß s a f t aus Apfelsinen, gelben R ü b e n oder als durchs Sieb gestrichenen Spinat geben. B e i S p i n a t f ü t t e r u n g wird der S t u h l grün, bei Möhren rötlich usw. Die Mütter meinen dann oft, d a ß ihr K i n d das Gemüse gar nicht ausnütze. D a s stimmt aber nicht. W a s das K i n d b r a u c h t — Salze und E r g ä n z u n g s s t o f f e — holt es sich schon aus dem Gemüse heraus. W a s im S t u h l g a n g erscheint, ist die R o h f a s e r (Zellulose), die a u c h für den Erwachsenen unverdaulich ist. D a ß im Säuglingsstuhl das Gemüse seine ursprüngliche F a r b e b e w a h r t , h ä n g t d a m i t zusammen, d a ß im Säuglingsdarm noch nicht jene starken F ä u l n i s v o r g ä n g e herrschen, die im D a r m des E r w a c h s e n e n das Gemüse entfärben. Die Zubereitimg der Nahrung für den Säugling gestaltet sich verschieden, je nach der A r t der Milch, die zur V e r f ü g u n g steht. N a c h dem deutschen Milchgesetz (vgl. unten) gibt es V o l l m i l c h , die „ p a s t e u r i s i e r t " v e r k a u f t werden m u ß , M a r k e n m i l c h , eine bessere Milch als die erste, die teils roh, teils pasteurisiert im H a n d e l ist, und V o r z u g s m i l c h , die nur roh abgegeben wird. L e t z t e r e ist die beste, aber a u c h die teuerste Milch. D a s Pasteurisieren, das n a c h d e m Gesetz erst im Verlauf v o n 22 Stunden nach dem Melken vorgenommen zu werden b r a u c h t , bewirkt, daß die so behandelte Milch eine gewisse H e r a b s e t z u n g ihres Gehaltes an E r g ä n z u n g s s t o f f e n erfährt. V e r w e n d e t m a n r o h e M i l c h , so wird diese in einem T o p f , der ausschließlich diesem einen Z w e c k dient, gekocht, aber nur so, daß sie ein- oder zweimal a u f w a l l t . D a n n w i r d sie v o m F e u e r weggezogen u n d unter ständigem R ü h r e n (um die H a u t b i l d u n g zu vermeiden) etwas a b g e k ü h l t . Nebenher wird die Verdünnungsflüssigkeit (Reisschleim, Haferschleim, Mehlsuppe) bereitet. B e i d e s wird dann in dem gewünschten Verhältnis gemischt, auf 5 Flaschen m i t P a t e n t v e r s c h l u ß verteilt u n d im Eisschrank oder in einem mit k a l t e m Leitungswasser, das im S o m m e r häufig erneuert werden muß, gefüllten E i m e r a u f b e w a h r t . M u ß m a n d e m S ä u g l i n g p a s t e u r i s i e r t e M i l c h g e b e n , so braucht diese nicht wieder erhitzt zu werden, sondern wird kalt in die Verdünnungsflüssigkeit hineingegossen und dann ebenfalls auf 5 F l a s c h e n verteilt. Z u r Stunde der Mahlzeit setzt m a n den Sauger auf die F l a s c h e und stellt sie in warmes Wasser. Die trinkfertige Milch soll e t w a K ö r p e r w ä r m e besitzen. O b sie w a r m genug ist, prüft man, indem m a n durch das L o c h des Säugers sich einige T r o p f e n auf den H a n d r ü c k e n spritzt und kostet. V i e l f a c h ist es a u c h üblich, die erwärmte F l a s c h e gegen das Augenlid zu h a l t e n : wird sie ertragen, so ist die W ä r m e recht. B e i m T r i n k e n

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Die Ernährung des Säuglings

liegt das Kind im Bett. Die Flasche wird ihm gehalten und darf nicht aus der Hand gegeben werden. Handelt es sich um B e v ö l k e r u n g s k r e i s e , d i e n i c h t n a c h d e m M i l c h g e s e t z versorgt w e r d e n (z. B. Bauern), so ist denselben zu raten: eine möglichst einwandfreie Rohmilch zu verwenden, dieselbe kurz i — 2 mal aufkochen zu lassen und hinterher sofort tief zu kühlen. Das Erhitzen hat den Zweck, die in jeder Kuhmilch enthaltenen Keime (namentlich die Coli) abzutöten, die Tiefkühlung soll den Sporen, die durch die Hitze nicht angegriffen werden, die Möglichkeit nehmen, auszukeimen. Die Forderung einer möglichst einwandfreien Ausgangsmilch gründet sich darauf, daß etwaige, durch die Einwirkung von Keimen v o r dem Gebrauch der Milch gesetzte Veränderungen derselben auch durch alles nachfolgende «Kochen und Kalthalten nicht wieder getilgt werden. Das kurze, i — 2 Minuten dauernde Erhitzen der Milch auf ioo° C, also das „Sterilisieren", ist besser als das Stunde und länger dauernde „Pasteurisieren" bei 55—70 0 C. Kuhmilch kann, z. B . in der Form der „Vorzugsmilch", auch r o h verfüttert werden. A b e r einen besonderen Vorteil für das Kind bietet das nicht; es birgt sogar die Gefahr, daß durch einen unglücklichen Zufall mal eine ganz schwere Darminfektion hervorgerufen wird. A l s T r i n k f l a s c h e n für Säuglinge eignen sich alle Formen, die eine glatte Innenfläche haben und gut zu reinigen sind. Man wählt besser solche mit Grammeinteilung als solche mit „Strichen". Das Säubern der Flaschen geschieht durch Ausspülen mit heißem Sodawasser unter Benützung einer Flaschenbürste und Nachspülen mit abgekochtem Wasser. Angetrocknete Milchreste werden entfernt, indem man die Flasche mit ausgekochtem Sand oder rohen Kartoffelstückchen und Wasser ausschüttelt. Als S a u g e r dienen die einfachen Gummisauger (Kristallsauger), die an der Spitze mit einer heißen Stopfnadel durchbohrt werden. Solche mit langem Schlauch oder mit Glasrohr sind zu verwerfen, da sie sich nicht ordentlich reinigen lassen. Der Sauger wird nach dem Gebrauch ausgekocht oder mit Salz abgerieben (auch umgestülpt und an der Innenseite gesäubert) und dann t r o c k e n a u f b e w a h r t .

Aus den Bestimmungen des deutschen Milchgesetzes Das R e i c h s g e s e t z (Juli 1930) bestimmt, daß Milch von Kühen, deren Gesundheitszustand die Beschaffenheit der Milch nachteilig beeinflussen könnte, weder in den Verkehr gebracht noch als Lebensmittel verwendet werden darf. Dieses Verbot bezieht sich insbesondere auf die Milch von Kühen, die mit äußerlich erkennbarer T u b e r k u l o s e , die sich in der Lunge in fortgeschrittenem Zustand befindet oder Euter, Gebärmutter oder Darm ergriffen hat, behaftet sind. Hingegen Milch von Tieren mit a n d e r w e i t i g e r T u b e r k u l o s e , auch die von solchen mit M a u l - u n d K l a u e n s e u c h e , darf verwendet werden, wenn durch ausreichende Erhitzung jede Gefahr für die Gesundheit beseitigt ist. Personen, die an Typhus, Paratyphus, Ruhr oder offener Tuberkulose leiden oder dessen verdächtig oder Keimträger dieser Krankheiten sind, dürfen weder bei der Gewinnung von Milch noch im Verkehr mit Milch tätig sein. Letzteres gilt auch für Leute mit Geschwüren, eiternden Wunden oder Ausschlägen. Die A u s f ü h r u n g s v e r o r d n u n g des R e i c h e s u n d die D u r c h f ü h r u n g s v e r o r d n u n g e n der e i n z e l n e n d e u t s c h e n L ä n d e r enthalten weitere Bestimmungen: Sie erweitern das Verbot der Milchgewinnung und des Handels mit derselben auf die Milch, die von Kühen mit Banginfektion, Enteritisinfektion und Kuhpocken stammt, soweit sie nicht erhitzt wird. Das Gesetz kennzeichnet ferner die schon oben genannten Milcharten noch näher: die gewöhnliche V o l l m i l c h (die den ärmeren Volkskreisen zur Verfügung steht und aus den Milchsammelstellen oder Molkereien bezogen wird), darf nach der Preußischen Durchführungsverordnung mit ihrem Fettgehalt den W e r t von 2,7°/0 nicht unterschreiten. (Die Württembergische Verordnung verlangt mindestens 3,4°/ 0 ; hat die Milch weniger Fett, so ist sie als fettärmere Milch ausdrücklich zu kennzeichnen.) V o l l m i l c h d a r f n u r p a s t e u r i s i e r t a b g e g e b e n w e r d e n — also nach einer mindestens x/2 Stunde fortgeführten Erhitzung auf etwa 650 C. Vorher ist sie einem Reinigungsverfahren und hinterher einer Tiefkühlung unter 15 0 C zu unterwerfen. Für die M a r k e n m i l c h ist vorgeschrieben, daß sie v o n Kühen gewonnen sein muß, die dem staatlichen Tuberkulosetilgungsverfahren unterworfen und alle 3 Monate durch einen beamteten Tierarzt klinisch und bakteriologisch untersucht werden. Stammt sie aus einem einzigen Betrieb, so kann sie roh (in Flaschen) abgegeben werden; ist sie eine aus mehreren Betrieben gewonnene Mischmilch, so muß sie pasteurisiert werden. Hinsichtlich der V o r z u g s m i l c h wird bestimmt, daß sie bei Abgabe an die Verbraucher nicht mehr als 150000 Keime, darunter nicht mehr als 30 Kolibazillen, im Kubikzentimeter haben darf, daß sie einen Fettgehalt von mindestens 3 % haben muß, daß sie nicht früher als am T a g vor dem In-den-Verkehr-kommen gewonnen sein darf, daß sie bis zur Abgabe an den Verbraucher die Temperatur von 15 0 C nicht überschreiten darf usw.; die Viehbestände, aus denen sie gewonnen wird, müssen dem Tuberkulosetilgungsverfahren angeschlossen sein, die Tiere müssen allmonatlich durch einen beamteten Tierarzt klinisch und bakteriologisch untersucht werden; auch ein bestimmtes Futter ist vorgeschrieben usw. Vor allem muß Vorzugsmilch r o h u n d i n F l a s c h e n geliefert werden. Weiteres s. bei Köstlin „ D a s Milchgesetz" (2 Bände). Kohlhammer Verlag, Stuttgart.

Die Nahrung des Säuglings

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Kochvorschriften H a f e r s c h l e i m : 3 0 g H a f e r g r ü t z e (2 schwach gehäufte Eßlöffel) werden mit heißem Wasser abgewaschen, dann mit x / 2 Liter Wasser kalt angesetzt und 3/4 Stunde lang auf kleinem Feuer gekocht. Man fügt eine Prise Salz (0,3 g) hinzu und schüttet das Ganze durch ein feines Sieb. Was durchfließt, ist der Haferschleim. Nimmt man H a f e r f l o c k e n zur Bereitung des Schleims, so braucht man nur 10 g Haferflocken (einen schwach gehäuften Eßlöffel) auf 1 / t Liter Wasser und braucht auch nur 20 Minuten zu kochen. H a f e r m e h l s u p p e : Bei Kindern um die Wende des ersten Lebenshalbjahres wird vielfach an Stelle des Schleimes eine Mehlsuppe verwendet: 10 g (Knorrsches) Hafermehl werden mit 1 / 1 Liter kalten Wassers angerührt. Ein anderes 1 / 1 Liter Wasser wird mit einer Prise Salz zum Kochen aufgesetzt und wird, sobald es kocht, mit der ersten Lösung vereinigt. Beides läßt man dann noch 5 Minuten kochen und gießt es durch ein Sieb. R e i s s c h l e i m : Zur Herstellung von 1 Liter trinkfertigen Reisschleims nimmt man 100 Teile R e i s s c h l e i m p u l v e r (Firma Töpfer, Böhlen bei Rötha i. S.) und 900 Teile WTasser. Das Trockenreisschleimpulver wird unter kräftigem Schlagen mit dem Schneebesen mit der Hälfte des Wassers kalt angerührt, während die andere Hälfte des Wassers zum Kochen gebracht wird. Die angerührte Masse wird in das kochende Wasser hineingeschüttet, das Ganze weiter mit dem Schneebesen kräftig geschlagen, kurz aufgekocht und in Flaschen gefüllt. Sehr viel billiger und im Gebrauch von der gleichen Wirkung ist die R e i s m e h l a b k o c h u n g : 300g Wasser werden mit 50g Reismehl kalt verrührt, dann in 700g kochenden Wassers gegeben, kräftig mit dem Schneebesen geschlagen, 3 Minuten aufgekocht, dann durchgeseiht und in Flaschen gefüllt. Trockenreisschleim wie auch Reismehlabkochung sollen möglichst dick verabreicht werden. Z w i e b a c k b r e i (io°/ 0 ): Man benutzt entweder das käufliche Zwiebackmehl oder zerstößt im Mörser Zwiebäcke und nimmt 20 g Zwieback, 100 g Wasser, 100 g Milch und 10 g Kochzucker, setzt das Ganze aufs Feuer und hält es vom Augenblick des Kochens an noch 5 Minuten im Kochen. F l e i s c h b r ü h e : 250 g fettfreies Rindfleisch oder Kalbfleisch werden in Würfel zerschnitten, mit etwas Wurzelwerk (1 Mohrrübe, etwas Petersilienwurzel, Sellerie) und 1 1 / 2 Liter kalten Wassers und 0,3 g Salz aufgesetzt, sodann langsam zum Kochen gebracht und 2 Stunden gut zugedeckt in leichtem Ziehen erhalten. Es bleibt dann etwa 1 4 Liter Fleischbrühe übrig. Diese wird durch ein feines Haarsieb gegossen und abkühlen gelassen, dann wird etwaiges Fett mit flachem Löffel abgeschöpft. Diese ziemlich kräftige Brühe kann nach Belieben verdünnt werden. G e m ü s e b r ü h e : Man nimmt dazu eine Sellerieknolle, eine Möhre, eine große Kartoffel, einen Kohlrabi, im Sommer auch eine Tomate, (an Stelle der genannten aber auch etwas Blumenkohl, Wirsing- oder Weißkohl), wäscht dies alles sauber und schneidet es in kleine Stückchen. Sodann nimmt man zwei Zwiebeln, hackt sie fein, röstet sie im Tiegel in 30 g Butter und löscht sie mit Wasser, tut das Ganze in einen großen Topf mit 2—3 Litern Wasser, fügt eine Prise (s. 0.) Salz und zwei Stengel Lauch hinzu und kocht eine Stunde. Alsdann wird diese Gemüsesuppe durchs Sieb gestrichen und entweder in dieser Form verfüttert, oder aber es wird noch Grieß hinein gekocht. — In ähnlicher Weise kann der Grieß für Säuglinge auch in etwa vorhandenem Gemüsekochwasser von Blumenkohl, Spargeln usw. gekocht werden. G r i e ß b r ü h e : Ein gehäufter Eßlöffel feinen Grießes (etwa 20 g) wird in 1 / i Liter Fleischbrühe oder Gemüsebrühe unter stetem Umrühren 20 Minuten lang gekocht. G r i e ß b r e i : 15—20g feinen Grießes (ein gehäufter Eßlöffel) werden mit 150g Wasser angesetzt und bis zum Quellen des Grießes erhitzt, dann werden IOO g warme Vollmilch nebst einer Prise Salz und 10 g Zucker dazu gesetzt. Diese Mischung wird unter ständigem Umrühren weiter gekocht, im ganzen 10 Minuten. S p i n a t : ^ K M C I junger Spinat wird in kaltem Wasser gewaschen, dann mit l / 2 Liter kalten Wassers und einer Prise Salz angesetzt und 20—30 Minuten gekocht. Ist der Spinat weich, so wird er gewiegt. Während dieser Zeit wird das Wasser, in dem er gekocht wurde, nochmals aufs Feuer gesetzt und möglichst eingekocht. In dieses eingekochte Wrasser gibt man den Spinat hinein und setzt kurz vor dem Anrichten eine Wenigkeit Butter oder eine Mehlschwitze und anfangs etwas Zucker zu. G e l b e R ü b e n : 200 g Mohrrüben werden in kaltem Wasser gut gewaschen, abgeschrapt, in Scheiben geschnitten und in 1 / i Liter kochenden Wassers mit einer Prise Salz angesetzt und 3/4 Stunden langsam gekocht. Dann wird das Kochwasser abgegossen und eingekocht, die Rüben durch ein Haarsieb gestrichen, das Kochwasser dazugefügt und außerdem etwas Butter und Zucker hinzugegeben. K a r t o f f e l b r e i : Die rohen, geschälten Kartoffeln werden in Scheiben geschnitten und mit Wasser und etwas Salz zum dicken Brei verkocht. Sie werden dann noch durch ein Sieb gedrückt und mit 10 g Butter oder mit einer Einbrenne versetzt. Die schwierigste Zeit für die Versorgung mit Gemüse und Obst ist das Spätfrühjahr, wo das Eingelagerte zu Ende und das Frische noch nicht reif ist. Es ist dann daran zu denken, daß Obst und Gemüse ja hauptsächlich wegen ihres Gehaltes an E r g ä n z u n g s s t o f f e n gebraucht werden, daß von diesen aber einerseits nur allerkleinste Mengen nötig sind, andererseits der Gehalt daran in r o h e m Obst und Gemüse erheblich höher ist als in gekochtem. Man kann daher leicht die Gemüsemahlzeiten des Säuglings dadurch ersetzen, daß man ihm rohes Gemüse oder rohe Salate zuführt. Man gibt ihm also vom 6. Lebensmonat ab täglich anstatt der Gemüsemahlzeit 1—2 Teelöffel R o h g e m ü s e in seine Grießsuppe, wobei man namentlich jene

D i e E r n ä h r u n g des

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Säuglings

j u n g e n , zarten Salate v e r w e n d e t , die das F r ü h j a h r als erste G a r t e n f r ü c h t e liefert. A b e r es ist nötig, d a ß m a n S a l a t e , bei denen m a n G e f a h r l ä u f t , d a ß sie m i t K o p f d ü n g u n g b e h a n d e l t u n d deshalb v e r s c h m u t z t sein k ö n n t e n , erst I S t u n d e l a n g in Salzwasser legt. D a n a c h w e r d e n sie mehrmals in W a s s e r g e s c h w e n k t , B l a t t f ü r B l a t t verlesen, g e h a c k t , d u r c h ein Sieb gestrichen u n d roh in die G r i e ß s u p p e des K i n d e s hineingerührt. E s k o m m e n in B e t r a c h t : K o p f s a l a t , L a t t i c h , Kresse, S c h n i t t l a u c h , L ö w e n z a h n , A c k e r s a l a t ( R a p ü n z c h e n ) , E n d i v i e n , S p i n a t , Mangold. V o n ü b e r w i n t e r t e n G e m ü s e n , die sehr reich an E r g ä n z u n g s s t o f f e n sind, k o m m e n äußer K a r t o f f e l n noch R o t k o h l und G r ü n k o h l in B e t r a c h t , ebenso Möhren, ferner B l u m e n k o h l u n d S c h w a r z w u r z e l n , die auf der G l a s r a f f e l fein gerieben u n d der Grießsuppe z u g e s e t z t werden. Aus Möhren l ä ß t sich a u c h leicht ein P r e ß s a f t herstellen, i n d e m sie auf der R a f f e l zerrieben werden, u n d der Brei in einem leinenen T u c h oder v e r m i t t e l s einer F r u c h t p r e s s e a u s g e d r ü c k t u n d im L ö f f e l v e r a b f o l g t oder in die Grießsuppe g e t a n wird. A n Stelle v o n M o h r r ü b e n k ö n n e n a u c h die w e i ß e n P f e r d e r ü b e n v e r w e n d e t werden. Ich b e t o n e : die D a r r e i c h u n g v o n M o h r r ü b e n s a f t soll in kleinen Mengen geschehen. D e n n es g i b t M ü t t e r , die ihn in solchen Massen v e r a b f o l g e n , d a ß die K i n d e r a m g a n z e n K ö r p e r eine orangefarbene H a u t b e k o m m e n , weil sich der F a r b s t o f f der Mohrrüben (das K a r o t i n ) in g r o ß e n M e n g e n in der H a u t ablagert.

Stoffwechsel und Verdauung Die Nahrung hat beim Kinde die l a u f e n d e n A u s g a b e n d e s S t o f f w e c h s e l s für Wärmebildung, Kraftleistungen und Abnutzung zu decken, und außerdem im Unterschied zum Erwachsenen auch den A n s p r ü c h e n d e s W a c h s t u m s Genüge zu leisten. Die Wärmebildung richtet sich nach der Wärmeabgabe, und diese ist wieder abhängig von der Körperoberfläche. Der Säugling besitzt im Vergleich zum Erwachsenen eine zu große Oberfläche; sie ist im Verhältnis 2—3 mal so groß als die des Erwachsenen. Deshalb ist seine Wärmeabgabe eine verhältnismäßig größere und mithin auch sein Bedarf an Brennwerteinheiten ein erheblich höherer. D i e K ö r p e r o b e r f l ä c h e berechnet sich n a c h der sog. M e e h ' s c h e n F o r m e l : 0 =

10-3

|/G ;

( 0 = Oberfläche, G =

Körpergewicht).

F ü r praktische Z w e c k e ist die B e r e c h n u n g des N a h r u n g s b e d a r f s nach der K ö r p e r o b e r f l ä c h e j e d o c h v i e l zu u m s t ä n d l i c h . In der R e g e l g e n ü g t die B e r e c h n u n g n a c h der B u d i n s c h e n Zahl. W i l l m a n w i r k l i c h den N a h r u n g s b e d a r f n a c h d e m B r e n n w e r t berechnen, so b e n ü t z t m a n ( n a c h d e m V o r g a n g H e u b n e r s ) das G e w i c h t des K i n d e s u n d g e b r a u c h t als feststehendes M a ß den „ E n e r g i e q u o t i e n t e n " . Dieser g i b t an, w i e hoch der B e d a r f an B r e n n w e r t e i n h e i t e n f ü r I k g K ö r p e r g e w i c h t ist. D e r E n e r g i e q u o t i e n t b e t r ä g t : i m ersten L e b e n s v i e r t e l j a h r ( e t w a ) 100 K a l o r i e n im zweiten ,, 90 ,, im dritten im vierten

,, ,,

80 70

,, ,,

U m den B r e n n w e r t g e h a l t der N a h r u n g zu b e r e c h n e n , wird die V e r b r e n n u n g s w ä r m e v o n : 1 g Eiweiß = 4 , 1 Kalorien 1 g Fett = 9,3 1 g Z u c k e r = 4,1 ,, gesetzt. Hiernach berechnet sich der B r e n n w e r t g e h a l t der g e b r ä u c h l i c h s t e n N a h r u n g s g e m i s c h e f ü r S ä u g l i n g e auf je 100 g : bei F r a u e n m i l c h auf e t w a 70 K a l o r i e n „ Kuhmilch „ „ 68 ,, Va Milch u n d 1 / 2 Schleim u n d 5 % Z u c k e r ,, ,, 62 ,, ,, 2 / s Milch u n d Schleim u n d Z u c k e r ,, ,, 73 ,, ,, a b g e r a h m t e r F r a u e n m i l c h ,, ,, 38 ,, ,, a b g e r a h m t e r K u h m i l c h ( M a g e r m i l c h , z u s a t z freier B u t t e r m i l c h ) ,, ,, 41 ,, ,, Molke ,, „ 23 „ ,, E i w e i ß m i l c h ,, ,, 40 ,, ,, Malzsuppe ,, „ 80 ,, ,, B u t t e r m e h l n a h r u n g ,, ,, 84 ,,

Was die V e r d a u u n g d e r N a h r u n g anbetrifft, so muß vorausgeschickt werden, daß irgendeine Rückständigkeit, sei es in bezug auf den Bau des Magendarmkanals, sei es hinsichtlich der Leistungen desselben, beim Säugling nicht besteht. — Die Verdauung

S t o f f w e c h s e l und V e r d a u u n g

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vollzieht sich, allgemein betrachtet, so, daß das E i w e i ß unter dem Einfluß der entsprechenden Fermente nach und nach bis zu den Aminosäuren und Komplexen derselben (Peptiden) abgebaut wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Säugling mit arteigenem (Frauenmilch-) oder artfremdem (Kuhmilch-) Eiweiß gefüttert wird. In beiden Fällen kommt es erst zu einer weitgehenden Spaltung des Eiweißmoleküls, ehe die Umprägung zu Körpereiweiß vor sich geht. — Die Endergebnisse des Eiweißstoffwechsels finden sich im Harn hauptsächlich (zu etwa 7 O ° / 0 ) als Harnstoff, ferner als Ammoniak, Harnsäure, Kreatinin usw. wieder. Der im Kot enthaltene Stickstoff entstammt den Darmsäften und den Bakterien, weniger der Nahrung. Von den K o h l e h y d r a t e n kommen in der Nahrung des Säuglings vor: a) die Monosaccharide: T r a u b e n z u c k e r (als Dextropur) und Fruchtzucker, letzterer jedoch selten (im Obst, Honig, also nur bei älteren Säuglingen); b) die Disaccharide: M i l c h z u c k e r , R o h r z u c k e r (Rübenzucker) und M a l z z u c k e r ; c) die Polysaccharide: Mehle, Dextrine, Zellulose (in den Mehlsuppen, Zwiebäcken, Gemüsen). — Von den Zuckern wird der Traubenzucker unverändert — und wahrscheinlich sehr schnell — aufgesaugt; die anderen Zucker werden zu einem Teil durch die entsprechenden Fermente (Ptyalin, Laktose, Maltose, Invertin) gespalten, als Monosaccharide aufgenommen und jenseits der Darmwand (nach Umwandlung in Glykogen) aufgespeichert, bzw. verbrannt. Zum anderen Teil fallen sie den Darmbakterien zum Opfer, werden vergoren und s p i e l e n in F o r m v o n G ä r u n g s f e t t s ä u r e n e i n e b e d e u t s a m e R o l l e bei der Aufrechterhaltung der normalen (und noch mehr der krankhaften) Darmbewegung. Der Blutzuckergehalt des Säuglings beträgt 0,07—o,n°/oDie F e t t v e r d a u u n g geht so vor sich, daß das Nahrungsfett durch die Galle zer-~ stäubt und dann in Glyzerin und Fettsäuren gespalten wird. Das Glyzerin ist wasserlöslich und wird sofort aufgesaugt. Was das Schicksal der Fettsäuren anbetrifft, so gingen unsere früheren Anschauungen von der — von dem alten Physiologen Pflüger begründeten — Annahme aus, daß die oberen Dünndarmabschnitte mit a l k a l i s c h e r Reaktion ausgestattet seien, daß sich die Fettsäuren mit dem Alkali verbänden, und daß die entstehenden Seifen, soweit es sich um wasserlösliche Kalium- und Natriumseifen handelte, aufgesaugt würden, während die wasserunlöslichen Kalk- und Magnesiaseifen im Stuhlgang verloren gingen. Jenseits der Darmwand, so nahm man an, gäben die aufgesaugten Seifen ihr Alkali wieder ab, und die freiwerdenden Fettsäuren gingen mit dem Glyzerin eine neue Vereinigung zu Neutralfett ein. Diese alte Vorstellung trifft aber wohl nicht zu, denn die oberen Dünndarmabschnitte haben noch eine s a u r e Reaktion, und eine Seifenbildung ist nicht möglich. Die Aufsaugung der Fettsäuren vollzieht sich infolgedessen wahrscheinlich so, daß sie mit den Gallensäuren Additionsverbindungen eingehen und dadurch wasserlöslich und aufsaugbar werden. Diejenigen, die in den Dickdarm geraten, stoßen hier zwar auf eine alkalische Reaktion, und unter diesen Bedingungen kommt es dann auch zur Seifenbildung. Aber eine Aufsaugung findet nicht mehr statt. Für die S a l z e bildet der Verdauungsweg nicht nur den Ort der Aufnahme, sondern teilweise auch den der Wiederausscheidung. So werden z. B . Kalk, Magnesia und Eisen zum größten Teil wieder im Kot ausgeschieden. Auch die E r g ä n z u n g s s t o f f e oder Vitamine spielen in der Säuglingsernährung eine große Rolle, ja eine größere als beim Erwachsenen. Das Neugeborene bringt von seiner Mutter her einen Vorrat von Ergänzungsstoffen mit auf die Welt und bekommt dieselben in der Frauenmilch fortlaufend in hinreichender Menge weiter zugeführt, vorausgesetzt, daß die jeweilige Milchspenderin selber wieder genügend Ergänzungsstoffe in ihrer Nahrung genießt. Erschöpft sich der Vorrat im Körper des Kindes oder ist die Zufuhr in der Nahrung unzureichend oder kommt es, z. B . aus Anlaß langdauernder, hoher Fieberzustände — bei gleichbleibender Zufuhr zu einem Mehrverbrauch von Ergänzungsstoffen im Körper des Säuglings, so kommt es zu einem Mangel an Vitaminen und zu den Mangelkrankheiten oder A v i t a m i n o s e n oder wenigstens zu Vorstufen von solchen, den sog.

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Die Ernährung des Säuglings

H y p o v i t a m i n o s e n . Bei der naturgemäßen Ernährung mit Frauenmilch kommt das im allgemeinen nicht vor. Bei der naturwidrigen Ernährung des Säuglings mit Kuhmilch dagegen ist es beinahe die Regel, wenigstens insofern, als wohl jedes künstlich genährte Kind im Winter an der D-Avitaminose: der Rachitis — erkrankt. Man unterscheidet bei den Ergänzungsstoffen: 1. Den fettlöslichen a n t i x e r o p h t h a l m i s c h e n Ergänzungsstoff (Faktor A), dessen Fehlen in der Nahrung zum Bild der Xerophthalmie und zum Mehlnährschaden führt. Der Stoff stammt aus dem Pflanzenreich. Er ist in den Pflanzen aber nur in Form einer Vorstufe, eines P r o v i t a m i n s , als sog. Karotin enthalten, das sich als roter Pflanzenfarbstoff in Erbsen, Spinat, Mohrrüben, allen Kohlarten, ferner in den Tomaten findet. Erst im Körper, in der Leber, wird es in das (farblose) A - V i t a m i n verwandelt. Letzteres, also das Vitamin selbst, findet sich nur in den tierischen Drüsenfetten: Leber, Lebertran, Milchfett, Eigelb. Es findet sich jedoch nicht in den Depotfetten, wie Speck, Schmalz, Margarine. Auch die Pflanzenfette: Olivenöl, Sesamöl u. a. entbehren des Vitamins bzw. des Provitamins, weil dieses beim Auspressen des Öls in den Preßrückständen zurückbleibt. Das A-Vitamin wird durch Kochen nicht zerstört, geht aber bei langem Lagern zugrunde. 2. Den b e r i b e r i - v e r h ü t e n d e n (wasserlöslichen, antineuritischen) Ergänzungsstoff, der in den äußeren Zellschichten vom Reis, Weizen u. a. Körnerfrüchten und Hülsenfrüchten enthalten ist und sich im Körper in den Nieren, im Gehirn, im Eigelb, in der Milch usw. findet. Er besteht aus einer Gruppe von nicht weniger als 6 Einzelvitaminen, unter denen das wichtigste wohl das Laktoflavin ist (Vitamin B 2 ), ein im Tier- und Pflanzenreich weit verbreiterter gelber, grünfluoreszierender Farbstoff. Das Fehlen des beriberi-verhütenden Vitamins ruft in Ostasien die Beriberi hervor. In unseren Gegenden ist bisher noch keine Krankheit bekannt geworden, die sicher durch das Fehlen des B-Vitamins entstünde. 3. Den s k o r b u t - v e r h ü t e n d e n Ergänzungsstoff (wasserlösliches, antiskorbutisches Vitamin C), der besonders reichlich im Zitronensaft, auch im Spinat, Obst, im Preßsaft der Mohrrüben, der Steckrüben, des Kohls, in den Apfelsinen und Tomaten, vor allem in den Paprikaschoten, stets auch hinreichend in der rohen wie abgekochten Milch enthalten ist. Sein Fehlen ruft die Erscheinungen des Skorbuts der Säuglinge hervor. Er fehlt in länger oder wiederholt gekochter oder zum Schutz vor dem Sauerwerden mit Natr. bicarbonic. versetzter Milch, auch in der Büchsenmilch, in Dörrgemüse sowie in den sog. Kindermehlen. Praktisch von großer Wichtigkeit ist die — in Amerika gemachte — Erfahrung, daß zwischen dem A- + D-Vitamin des Lebertrans und dem C-Vitamin eine Gegensätzlichkeit besteht, indem bei Säuglingen, die mit Lebertran überfüttert werden, gehäufte Fälle von Skorbut auftraten. 4. Den r a c h i t i s - v e r h ü t e n d e n Ergänzungsstoff (fettlösliches, antirachitisches Vitamin D). Er ist vor allem im Lebertran vorhanden, auch in der Milch ist er in ausreichender Menge enthalten, vorausgesetzt, daß die Milchtiere mit Grünfutter gefüttert werden. Er fehlt infolgedessen nicht selten in der Wintermilch. In den Pflanzen ist der Ergänzungsstoff nicht als D-Vitamin, sondern wieder nur als dessen Provitamin, als Ergosterin, enthalten. Hieraus entsteht unter der Wirkung der Ultraviolettstrahlen des Sonnenlichts das Vitamin selbst. D e r D - A v i t a m i n o s e , der e n g l i s c h e n K r a n k h e i t , k o m m t u n t e r a l l e n M a n g e l k r a n k h e i t e n die ü b e r r a g e n d e B e d e u t u n g zu. Auch das D-Vitamin ist kein einheitlicher Körper. Als D-Vitamin ist es im Lebertran enthalten, als Vitamin D 2 wird es bezeichnet, wenn es aus bestrahltem Ergosterin hergestellt ist. Daneben gibt es noch ein Vitamin D 3 , das durch Ultraviolettbestrahlung eines bestimmten Cholesterinkörpers entsteht.

Stoffwechsel und Verdauung

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Angesichts der hohen Wertschätzung, der sich die Ergänzungsstoffe in der heutigen Modeströmung — die stark in Richtung: Rohkost geht •—• erfreuen, ist es nötig, daß der ärztliche Praktiker folgendes Grundsätzliche über die Vitamine im Auge behält: Die Bedeutung der D-Avitaminose, der Rachitis, ist unbestritten. Die Versuche dagegen, ein klinisches Krankheitsbild der B-Aritaminose bei uns zu konstruieren, sind bis jetzt völlig ohne jeden überzeugenden Erfolg geblieben. Was die C-Avitaminose, den Skorbut, anbetrifft, so wird ihre praktische Bedeutung dadurch gekennzeichnet, daß seit dem Kriege unter 12500 Kindern meiner Klinik nur 2 Fälle von Skorbut beobachtet wurden. Was die A-Avitaminose, die Xerophthalmie, anbelangt, so wurde sie unter der gleichen Zahl von Kindern nur 15 mal beobachtet, wozu noch 85 Fälle von Mehlnährschaden kamen. D i e p r a k t i s c h e , d. h. z a h l e n m ä ß i g e B e d e u t u n g der M a n g e l k r a n k h e i t e n i s t a l s o a u ß e r o r d e n t l i c h g e r i n g — abgesehen von der englischen Krankheit. Aber es ist für viele Leute schwer, sich damit abzufinden, daß ein Stoff, der — wie die Vitamine — wissenschaftlich von beinahe beispiellosem Interesse ist, praktisch doch nur einen Durchschnittswert hat. Es kommen deshalb viele von der Vorstellung nicht los, daß es doch viel größere Vitaminwirkungen geben müsse. Sie klammern sich an die Möglichkeit, daß wenigstens Vorstufen von Avitaminosen da sein müßten — jene schon erwähnten Hypovitaminosen. Man meint also z. B., daß die zahllosen Zustände von Blässe und Blutarmut bei Kindern, von Anfälligkeit gegenüber katarrhalischen Ansteckungen, von allgemeinem schlechten Befinden — daß das alles Anfangsformen von Mangelkrankheiten seien. Aber wenn das stimmte, müßte aus dieser Fülle von Fällen doch wenigstens sich hier und da mal eine wirkliche Avitaminose zweifelsfrei entwickeln. Aber das ist nicht der Fall. Und ebenso ist es leider auch nicht möglich, durch Zugabe von Vitaminen —• selbst im Übermaß •—• jene Zustände regelmäßig zu beseitigen und auf diesem Weg den Beweis zu erbringen, daß sie der Ausdruck von Vitaminmangel seien. Daran ändert nichts, daß es natürlich Leute gibt, die dies behaupten. Gegenüber all diesen Bestrebungen, die nicht zum mindesten auch von den Arzneimittelfabriken gefördert werden, ist daran festzuhalten, daß V i t a m i n e nur d a zu v e r o r d n e n sind, wo Mangelkrankheiten tatsächlich bestehen, und daß sie auch v o r b e u g e n d nur da zu gebrauchen sind, wo unter der Wirkung von sehr langdauernden oder hochfieberhaften anderweitigen Erkrankungen die Möglichkeit eines Mehrverbrauchs an Vitaminen im Körper vorhanden sein könnte, namentlich in Fällen, die sich im Winter ereignen. Im übrigen aber beantworte man alle, an den Arzt herangetragenen Befürchtungen eines Vitaminmangels in erster Linie damit, daß man das Kind ja nur mit Frauenmilch, also naturgemäß, zu ernähren brauche, um ihm den besten Schutz gegen Mangelkrankheiten zu gewähren. Ist das versäumt worden, so gewährt den besten Schutz die herkömmliche, früher geschilderte richtige künstliche Ernährung, die vom 6. Monat ab durch Hinzufügen von Gemüse und Obst zu einer „gemischten" Ernährung zu gestalten ist. Bei ihr wird im Winter von den besonders vitaminreichen Nahrungsmitteln: Grünkohl, gelbe Rüben, Spinat, Kartoffeln, Wirsingkohl, Rosenkohl Gebrauch zu machen sein. Also auf die richtige Ernährung und den Gebrauch der einheimischen Vitaminträger kommt es an. Aber nicht auf eine schon in möglichst frühem Alter einsetzende und auf die Zufuhr möglichst großer Mengen bedachte Zufütterung von ausländischen Früchten.

I m besonderen verläuft die Verdauung folgendermaßen: 1 . I m M u n d findet eine nennenswerte Beeinflussung der Nahrung nicht statt. Der Aufenthalt hier ist viel zu kurz. Nur bei älteren Säuglingen, die mit fester Nahrung (Zwiebackbrei und dergleichen) genährt werden, kann das Ptyalin des Mundspeichels wirken. Immerhin sondert der Säugling sowohl beim Saugen wie auch in der Zwischenzeit reichlich Speichel ab, offenbar zum Zweck der Reinigung der Mundhöhle wie zur Feuchterhaltung der Schleimhaut. 2. I m M a g e n wird die Milch gelabt, d. h. es kommt durch Fermentwirkung zur Bildung des sog. Kaseingerinnsels und zur Scheidung desselben von der Molke. Die Labung setzt sofort, nachdem die Milch in den Magen gelangt ist, ein und hat nach 1 0 Minuten bereits ihren Höhepunkt erreicht. Die M o l k e ist eine dünne, milchig getrübte Flüssigkeit, die den einen Eiweißkörper der Milch, das Molkenalbumin, ferner den Milchzucker und die Hauptmenge der Salze enthält. Sie geht schnell durch den Magenpförtner. Das K a s e i n g e r i n n s e l dagegen wird vom Fett und von dem Haupteiweißkörper, dem Kasein, mitsamt dem K a l k gebildet. E s unterliegt der Einwirkung der Magenverdauung: auf das Fett wirkt die Magenlipase spaltend ein, während das Eiweiß durch die Magensalzsäure und das Pepsin angegriffen und zu Albuminosen und Peptonen verdaut wird. Allerdings ist die P e p s i n w i r k u n g des M a g e n s a f t e s nicht ganz unbestritten. Viele sehen das Pepsin und das Labferment für die gleiche Substanz an, von der beim Säugling nur die Labwirkung zur Entfaltung komme, während umgekehrt beim Erwachsenen sich nur die Pepsinwirkung äußere.

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Die Ernährung des Säuglings

Man kann sich den V o r g a n g d e r L a b u n g künstlich zur Darstellung bringen, wenn man erwärmte Kuhmilch mit etwas käuflicher Labessenz versetzt und sie eine Zeitlang an einem warmen Ort stehen läßt. Dann gerinnt sie zu einem derben Käsegerinnsel, das die Molke als dünne, milchige Flüssigkeit auspreßt. Bei der L a b u n g d e r F r a u e n m i l c h bildet sich kein solcher fester Käseklumpen wie bei der Kuhmilch, sondern nur ein lockeres Gerinnsel. Man kann sich von diesem — früher sehr hochbewertetem — Unterschied zwischen Frauenmilch und Kuhmilch überzeugen, wenn man Gelegenheit hat, einmal das Erbrochene eines Säuglings zu sehen: bei der Frauenmilch sind es feine Flöckchen, bei der Kuhmilch grobe Gerinnsel.

Die E n t l e e r u n g d e s M a g e n s wird durch den Pylorusreflex geregelt: solange sich noch Speisebrei im Zwölffingerdarm befindet, bleibt der Magenpförtner geschlossen; sobald der Darm geleert ist, läßt der Pförtner Mageninhalt übertreten. Nach 2 Stunden ist beim Brustkind und nach 3 Stunden beim künstlich ernährten Kind der Magen leer. 3. I m D ü n n d a r m nimmt der Speisebrei ein gelbliches Aussehen an. E r unterliegt dem Einfluß der aus der Darmwand, der Bauchspeicheldrüse und der Leber stammenden Verdauungssäfte. Die Eiweißkörper werden durch das Trypsin der Bauchspeicheldrüse bis zu den Aminosäuren gespalten, während zugleich das Erepsin der Dünndarmschleimhaut die Peptone weiter abbaut. Auf die Kohlehydrate wirken eine ganze Reihe von Fermenten ein: die Diastase verwandelt die Stärke in Maltosebestandteile, die Maltase spaltet wieder die Maltose, die Laktase den Milchzucker, das Invertin den Rohrzucker. Das Fett wird durch die Galle zerstäubt, vom Steapsin in Glyzerin und Fettsäuren gespalten. Das Glyzerin wird sofort aufgesaugt, während die Fettsäuren sich erst mit den Gallensäuren vereinigen und danach ebenfalls aufgesaugt werden. 4. I m D i c k d a r m geht die Aufsaugung des Wassers weiter. W a s nunmehr noch den Inhalt des Darmes ausmacht, sind die geringen Mengen der der Aufsaugung entgangenen Nahrung, vor allem des Fettes, ferner große Mengen von Bakterien, Darmschleim, Darmzellen, die abgeschilfert sind, und Salze, die vom Körper wieder abgegeben werden. D e m f e r m e n t a t i v e n A b b a u der N a h r u n g s s t o f f e l ä u f t ein b a k t e r i e l l e r n e b e n h e r . Der erste vollzieht sich beim gesunden Kind hauptsächlich im Dünndarm, d e j zweite im Dickdarm. Letzterer spielt beim kranken, ernährungsgestörten Säugling eine große Rolle. Der Dickdarminhalt wird in mehr oder weniger regelmäßigen Zwischenräumen als Stuhlgang des Kindes aus dem Darmrohr ausgestoßen. Die Stuhlentleerung erfolgt 1 — 2 — 3 m a l am Tage. Von der Art des Stuhles hat man sich bei jeder Untersuchung eines Kindes durch Augenschein zu überzeugen. Die B e s c h a f f e n h e i t d e s S t u h l e s ist wechselnd: im allgemeinen ist er b e i m B r u s t k i n d von eigelber Färbung, breiig, von saurer Reaktion, von leicht säuerlichem, nicht unangenehmem Geruch, öfters enthält er kleine, weißliche Stückchen — Fettseifenflöckchen — , nicht selten ist er so damit durchgemengt, daß er wie „ g e h a c k t " aussieht. Die gelbe Farbe schlägt oft, wenn der Stuhl einige Zeit in der Windel gelegen hat, in grün um, oder aber der Stuhl wird gleich grün entleert. Zuweilen sind die Stühle von Brustkindern ausgesprochen mißfarben, grün, zerfahren, durchsetzt mit einer Menge zähen Darmschleims. An diesen „schlechten" Stühlen ist zum Teil die Frauenmilch mit ihrem bald höheren, bald niederen Fettgehalt schuld, zum Teil aber liegt die Schuld auch an den Kindern, die zu solchen schlechten Stuhlentleerungen neigen. Jedenfalls ist es nicht nötig, derartige Stühle als krankhaft anzusehen. Die Grünfärbung wird dadurch veranlaßt, daß in dem — den Stühlen beigemischten — Darmschleim sich zahlreiche Leukozyten finden, die ein Ferment enthalten, das Bilirubin zu Biliverdin oxydiert (Wemstedt). Auf die Stuhluntersuchung braucht bei Brustkindern nicht allzuviel Wert gelegt werden. Wenn ein Kind nichts anderes als nur Frauenmilch bekommt und dabei zunimmt, ist die Zahl wie die Beschaffenheit seiner Stühle ziemlich gleichgültig. Anders dagegen b e i m k ü n s t l i c h g e n ä h r t e n K i n d : Eine Vermehrung der Stuhlentleerungen über die Zahl von 4 in 24 Stunden dürfte wohl immer als nicht normal anzusehen sein. Die Beschaffenheit des Stuhlganges ist ähnlich wie beim Brustmilch-

Stoffwechsel und Verdauung

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stuhl: von gelber oder brauner Farbe, bald sauer, bald alkalisch reagierend, sowohl von der Art der Nahrung wie auch vom Zustand des Magen-Darmkanals des Kindes abhängig: bei fettarmer Nahrung (Magermilch, Molke) grünlich, zerfahren, bei fettreicher Kost (Sahnemischungen) breiig, hellgelb, fettglänzend, bei Malzsuppe dunkelbraun usw. Ein besonders kennzeichnendes Aussehen trägt der sogenannte „ S e i f e n s t u h l " ; er ist geformt, trocken, wasserarm, hellgrau, fast kalkfarben. Ein Flüssigwerden des Stuhles deutet auf krankhafte Vorgänge hin. Verstopfung tritt ein, wenn Kinder an Milchnährschaden oder Hirschsprungscher Krankheit leiden, oder wenn die Nahrungsaufnahme so gering ist, daß nicht genügend Kot zur Stuhlbildung übrig bleibt (Pseudoobstipation bei Pförtnerkrampf, Unterernährung an der Brust). Auch dem Kuhmilchstuhl können weiße Fettseifenflöckchen beigefügt sein. Früher hielt man sie für unverdautes Kasein. Indessen trifft das nicht zu. Kaseinreste in Form großer gelblicher Bröckel kommen nur bei Rohmi'lchernährung vor. Die H a r n e n t l e e r u n g erfolgt beim Säugling unverhältnismäßig häufiger als beim Erwachsenen, etwa 20—25mal innerhalb 24 Stunden. Der Harn ist nahezu farblos, sein spezifisches Gewicht niedrig, er ist unter normalen Verhältnissen frei von Eiweiß und Zucker.

II.

Abschnitt

Die Besonderheiten des n e u g e b o r e n e n K i n d e s

Die physiologische Gewichtsabnahme ist keine Eigentümlichkeit des neugeborenen Menschen, sondern findet sich auch bei Tieren als ein offenbar gesetzmäßiges Vorkommnis, das mit R e c h t als „physiologisch" bezeichnet wird. Ihre Ursache liegt darin, daß infolge der anfangs geringen Nahrungsaufnahme die Ausgaben des Körpers die Einnahmen bei weitem überschreiten. I n d e r H a u p t s a c h e i s t d i e p h y s i o l o g i s c h e A b n a h m e e i n V e r l u s t a n W a s s e r , das v o n der Haut und den Lungen abgegeben wird.

Abb. 2.

Der

A u s g l e i c h der physiologischen A b n a h m e des Neugeborenen Die schwarzen Felder entsprechen den Trinkmengen der Kinder, während die umrandeten weißen die Milchmengen angeben, die von den Müttern außerdem noch abgegeben wurden. Die Linien geben den Körpergewichtsverlauf wieder Bei dem i. Kind ist die physiologische Abnahme am 8. Tage wieder ausgeglichen. Es wurde am 2. Tage nach der Geburt zum ersten Male angelegt, die Milchmengen der Mutter waren nicht sehr groß, die berechnete Kalorienzufuhr betrug zwischen 80 und 90 auf 1 kg Körpergewicht des Kindes Das 2. Kind war kleiner, es wurde schon am i . T a g angelegt, die Milchmengen der Mutter waren überreich, bereits am 6. Tag wurde die Menge von 100 Kai. überschritten. Trotzdem wurde das Geburtsgewicht erst am 22. Tage wieder erreicht

Zum kleineren Teil sind Kindspech, Nabelschnurrest und eingeschmolzene Körpersubstanz (Eiweiß und Fett) daran beteiligt. Die Größe der A b n a h m e richtet sich nach dem Gewicht des Kindes. J e h ö h e r d a s G e b u r t s g e w i c h t , d e s t o g r ö ß e r d e r G e w i c h t s v e r l u s t . Sie beträgt (nach Pies) bei erstgeborenen Kindern rund 300 g ( = etwa 9°/0 des Körpergewichtes), bei Kindern mehrgebärender Mütter rund 250 g (7—8°/ 0 ). Ihre Dauer währt 2 — 5 Tage. Dann macht die Gewichtskurve halt und biegt in mehr oder weniger steilem Verlauf nach oben um. Die ersten Gewichtszunahmen können bei sehr geringen Nahrungsmengen vor sich gehen. Sie sind hauptsächlich Wasseransatz bzw. Ersatz des in den vorhergehenden Tagen verloren gegangenen Wassers. S i n d die N a h r u n g s m e n g e n g ä n z l i c h u n g e n ü g e n d , o d e r e r k r a n k t d a s K i n d a n e i n e r I n f e k t i o n o d e r e i n e r E r n ä h r u n g s s t ö r u n g , so b i e g t die G e w i c h t s k u r v e n i c h t u m , s o n d e r n n a c h k u r z e m H i n - u n d H e r s c h w a n k e n d e s G e w i c h t s k o m m t es zu einer z w e i t e n G e w i c h t s a b n a h m e , d i e n u n n i c h t m e h r als p h y s i o l o g i s c h a u f z u f a s s e n , a u c h k e i n e b l o ß e W a s s e r a b g a b e m e h r i s t , s o n d e r n eine E i n s c h m e l z u n g v o n K ö r p e r g e w e b e darstellt,, d e s h a l b g e w ö h n l i c h a u c h v i e l s c h w e r e r a u s z u g l e i c h e n ist.

Die Zeit, innerhalb der das G e b u r t s g e w i c h t w i e d e r e r r e i c h t wird, ist verschieden. Der Verlust kann bis z u m 10. T a g e wieder ersetzt sein. In der Mehrzahl der Fälle trifft das aber nicht zu, namentlich bei den erstgeborenen Kindern junger Mütter

Physiologische Dermatitis

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wird das Anfangsgewicht erst in der Zeit vom 10.—30. Lebenstage des Kindes wieder erreicht. Was für Ursachen bei diesem wechselnden Verhalten mitspielen, ist noch unklar. Jedenfalls weisen aber die Fälle, in denen trotz überreicher Milchabsonderung der Mutter die Kinder nur sehr langsam zunehmen, darauf hin, daß die Schuld wahrscheinlich vielfach an den Kindern liegt. Der Stuhl des Neugeborenen wird in den ersten Tagen vom Mekonium gebildet, einer, wie der Name ,,Kindspech" besagt, schwarzen, zähen Masse, die sich aus abgeschilferten Darmzellen, Hautschuppen, Wollhaaren, aus Schleim, Galle, Cholesterin- und Hämatoidinkristallen zusammensetzt. Die Ausstoßung des Kindspechs beginnt schon in der Geburt und ist am Ende des zweiten Lebenstages meist vollendet. E s folgen danach gewöhnlich einige sog. Ü b e r g a n g s s t ü h l e , die von weicherer Beschaffenheit, aber noch dunkelgrün gefärbt und schleimig sind, und danach erst erfolgen die eigentlichen Milchstühle. Der erste Mekoniumstuhl trägt zuweilen einen grauweißen, glasigen, kleinen Pfropf aus Darmschleim, den sog. M e k o n i u m p f r o p f . Der Harn des Neugeborenen ist spärlich, oft stark getrübt. Im mikroskopischen Präparat finden sich normalerweise zahllose, den Harnwegen entstammende Zellen, deren Anwesenheit bewirkt, daß der Harn bei Zusatz von Essigsäure-Ferrozyankalium eine leichte Trübung gibt — sog. physiologische Albuminurie. Finden sich Zylinder im Harn, so liegen keine normalen Verhältnisse mehr vor. In mehr als der Häfte der Fälle enthält der Harn neugeborener Kinder Harnsäurekristalle. Sie sind der Ausdruck des Harnsäureinfarktes der Nieren, dessen Wesen darin besteht, daß schon während des fötalen Lebens die geraden Harnkanälchen sich mit Harnsäurekristallen anfüllen, die in hyaline Massen eingebettet und denen Bilirubinkörnchen beigemischt sind. Die Ausscheidung dieses Infarktes erfolgt bei manchen Kindern allmählich, bei andern auf einmal. In diesem Falle setzen sich die Kristalle bei klarem Harn als rotbrauner Bodensatz im Harnfänger ab, finden sich auch als kleine Kristalle auf der Windel oder färben die letztere braunrot oder orangefarben, so daß ängstliche Mütter meinen, ihr Kind habe blutigen Harn entleert. — Die Entstehung des Infarktes ist unklar. Die einen nehmen an, daß es sich um eine v e r m e h r t e H a r n s ä u r e b i l d u n g handele, die durch das Zugrundegehen von Leukozyten (die ja in den Nukleoproteiden ihrer Kerne die Muttersubstanz der Harnsäure, die Purinbasen, führen) oder durch E i n s c h m e l z u n g v o n K ö r p e r e i w e i ß während der physiologischen Abnahme oder durch die E r n ä h r u n g m i t E r s t m i l c h (purinreiche Nahrung infolge ihres Gehaltes an Kolostrumkörperchen) bedingt sei, andere meinen, daß es sich n u r u m e i n e s c h e i n b a r e V e r m e h r u n g handle, die dadurch vorgetäuscht werde, daß die Harnsäure nicht in täglich gleichem Maße, sondern auf einmal in größerer Menge abgegeben werde, wobei sie durch den spärlichen Harn nicht in Lösung gehalten werde, sondern kristallinisch ausfalle und damit makroskopisch sichtbar werde. Auch bei älteren Säuglingen findet sich gelegentlich ein Harnsäureinfarkt, doch nur bei schweren, zum Tode führenden Ernährungsstörungen; auch Kinder, die an Leukämie sterben, können einen Harnsäureinfarkt zeigen.

Auf der äußeren Haut beginnen nach ein paar Tagen die obersten Hautschichten abzublättern — sog. physiologische Dermatitis der Neugeborenen. Auf der Brust lösen sich zuweilen ganze Hautfetzen los. Mit dem Abfall der Hautschuppen verschwindet auch das Wollhaar. Die Kopfhaare fallen aus, manchmal bleibt nur ein Schopf von Haaren im Nacken. W o sie vollkommen schwinden, können die neuen Haare einen ganz anderen Farbton haben als die alten; waren letztere schwarz, so können die neuen, nunmehr bleibenden, blond sein. Bei Mädchen zeigt sich oft Ausfluß aus der Scheide, in manchen Fällen deutlich blutig gefärbt. Diese Scheiden- bzw. Gebärmutterblutungen werden der, bei der Mutter im Wochenfluß vor sich gehenden Abstoßung der Schleimhaut der Geburtswege gleichgesetzt und als „ S c h w a n g e r s c h a f t s r e a k t i o n e n " angesehen.

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Die Besonderheiten des n e u g e b o r e n e n

Kindes

Dieselbe E r k l ä r u n g finden die derben w a s s e r s ü c h t i g e n H a u t s c h w e l l u n g e n , die sich m a n c h m a l b e i M ä d c h e n i n d e r G e g e n d d e s S c h a m b e r g s u n d d e s S c h e i d e n e i n g a n g s , b e i K n a b e n a m H o d e n s a c k finden (vgl. S. 52). Eine B e handlung ist bei keinem dieser V o r g ä n g e erforderlich. Z u den Schwangerschaftsreaktionen wird auch die Brustdrüsenschwellung gerechnet. Bei vielen neugeborenen K i n d e r n — K n a b e n sowohl wie Mädchen — k o m m t es z u r A n s c h w e l l u n g der B r u s t drüse u n d z u r A b s o n d e r u n g einer Flüssigkeit, die der V o l k s m u n d als H e x e n m i l c h bezeichnet (vgl. S. 10). N a c h einigen T a g e n geht die Schwellung der Drüse v o n selbst zurück. E s genügt, durch A u f l e g e n v o n W a t t e die D r ü s e v o r dem W u n d r e i b e n durch die frische W ä s c h e zu schützen. D a s A u s d r ü c k e n der H e x e n m i l c h seitens der H e b a m m e oder Pflegerin ist z u verbieten. K o m m t es t r o t z d e m zur B r u s t d r ü s e n e n t z ü n d u n g , so suche m a n durch einen kunstgerechten f e u c h t e n V e r b a n d mit essigsaurer Tonerde die E n t z ü n d u n g zum R ü c k g a n g zu bringen. T r i t t Vereiterung ein, so entleere m a n den E i t e r durch einen Einstich. In jedem F a l l ist große Sorgfalt geboten, d a sich aus einer B r u s t d r ü s e n e n t z ü n d u n g leicht eine Z e l l g e w e b s e n t z ü n d u n g der ganzen B r u s t w a n d oder g a r eine Sepsis entwickeln k a n n . Eine leichte Gelbsucht der Neugeborenen ist physiologisch, w ä h r e n d schwere Gelbsucht etwas K r a n k h a f t e s ist (vgl. S. 45). Die erstere findet sich bei rund 80 v . H. der Neugeborenen, und a u c h bei den übrigen 20 v. H . läßt sich, w e n n m a n die H a u t (mit einem Glasspatel) künstlich blutleer m a c h t , eine feine, nur durch die B l u t f ü l l e der äußeren H a u t v e r d e c k t e G e l b t ö n u n g nachweisen. In der R e g e l zeigt sie sich v o m dritten T a g e ab. Sie b e s c h r ä n k t sich auf Gesicht, R u m p f , Oberarme u n d Oberschenkel. Die A u g e n b i n d e h ä u t e bleiben frei, ebenso b e h ä l t der H a r n seine helle F a r b e und gibt keine Gmelinsche Probe. A u c h der S t u h l g a n g bleibt gallig gefärbt. Allgemeinbefinden u n d K ö r p e r w ä r m e bleiben unbeeinflußt. N a c h 4 — ö t ä g i g e m Bestehen schwindet sie wieder. N u r b e i f r ü h g e b o r e n e n K i n d e r n erhält sich zuweilen längere Zeit über ein „ I c t e r u s p r o l o n g a t u s " . Die E n t s t e h u n g dieser Gelbsucht erklärt m a n sich so, d a ß bereits im fötalen Leben Galle erzeugt wird, die aber — da der entsprechende Verdauungsreiz noch fehlt — nur z u m kleinen Teil in den D a r m gelangt u n d z u m größten Teil wieder aufgesaugt wird u n d ins B l u t übergeht. D a h e r der erhöhte Gallenfarbstoff des B l u t e s beim F ö t u s und beim Neugeborenen. N a c h der Geburt, insbesondere n a c h dem I n g a n g k o m m e n der N a h r u n g s a u f n a h m e u n d der V e r d a u u n g ( 3 . — 1 0 . Tag), steigt die B i l d u n g des Gallenf a r b s t o f f e s stärker an. E i n T e i l d a v o n gelangt j e t z t in den D a r m , während ein anderer in gewohnter Weise, nur in entsprechend erhöhter Menge, zunächst noch ins B l u t abfließt. Sobald der G e h a l t des B l u t e s daran eine gewisse Grenze übersteigt, k o m m t es auch zur D u r c h t r ä n k u n g des G e w e b e s m i t Gallenfarbstoff u n d d a m i t z u r erkennbaren Gelbsucht. E s ist hier aber z u bemerken, d a ß die A n s c h a u u n g e n über die E n t s t e h u n g der Gelbsucht der Neugeborenen genau so wechseln, wie bei der des E r w a c h s e n e n . Infolgedessen ist a u c h die obige E r k l ä r u n g nicht unbestritten. E s läßt sich nämlich m i t Hilfe der D i a z o r e a k t i o n feststellen, ob ein Bilirubin schon einmal durch die L e b e r gegangen ist oder nicht. U n d es h a t sich ergeben, d a ß das Bilirubin bei der Neugeborenengelbsucht kein „ h e p a t i s c h e s " , d. h. Stauungsbilirubin ist, sondern ein „ a n h e p a t i s c h e s " , das noch gar nicht in der L e b e r war. E s k a n n somit nicht v o n einer Gallenfarbstoffstauung herrühren, sondern m u ß v o n einem B l u t z e r f a l l herstammen, der entweder kurz v o r der G e b u r t im K ö r p e r des K i n d e s oder aber im M u t t e r k u c h e n der Schwangern v o r sich gegangen sein m u ß . A l s Durstfieber oder transitorisches Fieber der Neugeborenen werden Steigerungen der K ö r p e r w ä r m e bezeichnet, die in der Mitte der ersten L e b e n s w o c h e auftreten, eine H ö h e v o n 3 8 — 3 9 0 erreichen u n d nach einigen T a g e n v o n allein verschwinden. D e r H ö h e p u n k t des Fiebers fällt jeweils mit dem tiefsten S t a n d der G e w i c h t s k u r v e zu-

Die Nabelwunde

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sammen. Da die Gewichtsabnahme der Neugeborenen in- der Hauptsache ein Wasserverlust ist, so hat man dieses Fieber mit der Wasserverarmung des Körpers in Zusammenhang gebracht: weil dem Körper das zur Wärmeabgabe bzw. zur Schweißbildung nötige Wasser fehlt, muß er seine Wärme behalten und fängt daher an zu fiebern. E s handelt sich also nicht um ein infektiöses Fieber, sondern um eine Wärmestauung aus physikalischen Gründen, eine Anschauung, die noch dadurch eine Stütze erhält, daß sich durch reichliches Trinkenlassen von Wasser die Temperatur sofort zur Norm herabsetzen läßt. Darmeinläufe und Kochsalzinfusionen dagegen bleiben ohne Wirkung. Diese prompte Besserung durch Wasserzufuhr ist von diagnostischer Bedeutung gegenüber septischen Fieberzuständen (vgl. S. 147, Fieber bei operiertem Pförtnerkrampf).

Die Nabelwunde Die Nabelschnur enthält die zur Leber führende und sauerstoffreiches Blut enthaltende Nabelvene und die zwei aus der Harnblasengegend kommenden, venöses Blut enthaltenden Nabelarterien. Mit dem Einsetzen des Lungenkreislaufes erlischt die Bestimmung der Nabelgefäße, und nach der Durchschneidung der Nabelschnur bleibt nur ein handbreiter Rest derselben am Körper des Kindes hängen. Eine Ernährung dieses Stumpfes ist, da die Nabelschnur keine Vasa vasorum enthält, unmöglich,, und so stirbt er ab, trocknet ein und wird etwa am 6.—xo. Tage abgestoßen. Die im Inneren des Körpers sich fortsetzenden Nabelschnurgefäße thrombosieren. An der Stelle, wo sie in den Körper eintreten, bildet sich in ihrem Innern ein m ä c h t i g e r L e u k o z y t e n w a l l , d e r e t w a e i n d r i n g e n d e n K r a n k h e i t s k e i m e n den D u r c h t r i t t v e r w e h r t . In der Folgezeit wandeln sich die Nabelschnurgefäße zu Bindegewebssträngen um. Das zur Leber ziehende Gefäß wird zum Lig. teres hepatis, die beiden Nabelarterien zu Ligg. vesico-umbilicalia. Durch Schrumpfung dieser Bänder erscheint der Nabel im späteren Leben eingezogen. Die nach dem Abfall des Nabelschnurrestes zurückbleibende N a b e l w u n d e zeigt einige Tage hindurch noch eine spärliche Absonderung. Nach Aufhören derselben — etwa vom 15. Lebenstage des Kindes ab — ist der Nabel als geheilt anzusehen. Die Versorgung des Nabelschnurrestes hat mit größter Sauberkeit zu geschehen: er wird in einen trockenen, keimfreien Gazetupfer eingehüllt und dieser mit einer um den Leib des Kindes geführten Gazebinde festgehalten. So oft die Binde beschmutzt gefunden wird, ist sie in derselben Weise zu erneuern. Bis zum Abfall des Nabelschnurrestes wird das B a d e n des K i n d e s a u s g e s e t z t . Die Wundfläche, die nach dem Abfall des Nabelstranges zurückbleibt, wird mit Dermatol bestreut und so lange mit der Binde bedeckt gehalten, bis sie trocken ist. Im Gegensatz zu früher, wo die Erkrankungen des Nabels sowohl als örtliche Erkrankungen wie auch als Eintrittspforte der Erreger der septischen Allgemeininfektion eine große Rolle spielten, kommen heute eigentlich nur noch die harmloseren Formen des nässenden Nabels, des Nabelschwamms und des Nabelgeschwürs zur Beobachtung. Alle übrigen Formen sind so selten geworden, daß ein einzelner Arzt sie kaum je zu Gesicht bekommt. — Auch die Ansichten über die R o l l e des N a b e l s b e i m Z u s t a n d e k o m m e n d e r S e p s i s haben eine Wandlung erfahren. E r gilt nicht mehr als Haupteintrittsstätte der Keime. Die Möglichkeit, daß von der Nabelwunde eine Sepsis ausgeht, ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, aber sie ist keineswegs groß. Viel näher liegt jedenfalls die Annahme, daß es sich in denjenigen Fällen von Sepsis neonatorum, in denen der Nabel sich als miterkrankt erweist, mehr um eine sekundäre Ansiedelung von Keimen handelt, in dem Sinne, daß die — meist vom Magen-Darmkanal her eingedrungenen und im Körper kreisenden — Bakterien sich vorzugsweise da festsetzen, wo durch eine Störung im Blutkreislauf ein Locus minoris resistentiae geschaffen ist, eben in der Umgebung der Nabelgefäße.

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Die Besonderheiten des neugeborenen Kindes

Erkrankungen des Nabels A b s o n d e r h e i t e n der N a b e l w u n d e . Normalerweise setzt sich die Bauchhaut ein kurzes Stück auf den Nabelstrang fort. Durch die spätere Schrumpfung der Nabelschnurgefäße wird dieses Stück einwärts gezogen und so die N a b e l f a l t e gebildet. Ist die Fortsetzung der Bauchhaut auf die Nabelschnur ungewöhnlich lang, so genügt die Schrumpfung nicht, den Nabel vollkommen einzustülpen, und es bleibt eine zylindrische Erhebung bestehen, der sog. H a u t n a b e l (Kutisnabel). Im umgekehrten Fall, wenn die Fortsetzung abnorm kurz ist, und das Amnion sogar auf die Bauchhaut übergreift, entsteht der A m n i o n n a b e l . Beides sind harmlose Erscheinungen. Seltenheiten und mehr von chirurgischem Interesse sind N a b e l s c h n u r b r ü c h e , in denen ganze Körperteile, wie z. B . die Leber liegen können, ferner das o f f e n e M e c k e l s c h e D i v e r t i k e l (Duct. omphalomesenteric. persist., mit Entleerung von K o t durch den Nabel infolge Bestehenbleibens eines fötalen Kanals zwischen Dünndarm und Nabel), ferner die U r a c h u s f i s t e l , aus der sich Harn entleert. Letztere beiden lassen sich oft schon durch bloße Verätzung ihrer Mündung mit dem Höllensteinstift und einem Druckverband zum Verschluß bringen. Bei dem Meckelschen Divertikel bleibt aber die Gefahr bestehen, daß es später mal zur Darmverschlingung führt. —• Wenn die Abstoßung .der eingetrockneten Nabelschnur sich einmal verzögern sollte, so wartet man 2—3 Wochen ab und dann unterbindet man den Nabelstrang dicht am Bauchende mit einem starken Seidenfaden zum zweitenmal, trägt mit der Schere den größten Teil ab und wartet, bis der Stumpf schließlich von selbst abfällt.

Sieht man von diesen Seltenheiten ab, so werden die Störungen im Verlauf der Abheilung des Nabels am häufigsten von Infektionen gebildet. Die normale Eintrocknung des Nabelstrangrestes macht dem sog. f e u c h t e n B r a n d (Sphacelus) Platz, wenn Fäulniserreger Gelegenheit haben, sich einzunisten. Er macht sich dadurch bemerkbar, daß der Nabel zu „riechen" beginnt. Zuweilen ist auch leichtes Fieber vorhanden. Behandlung: Aussetzen des täglichen Bades und Umhüllen des Nabelschnurrestes mit Alkoholläppchen. Tritt danach keine Besserung ein, so unterbindet man den Nabel dicht am Bauch nochmals und trägt das übrige mit der Schere oder dem Glühbrenner ab. Wenn nach dem, zur rechten Zeit erfolgten Abfall der Nabelschnur die Ansatzstelle nicht nach 4 oder 5 Tagen trocken ist, so spricht man von n ä s s e n d e m N a b e l oder von der „Blennorrhoe" des Nabels. Durch das ständige Nässen entsteht an der Nabelfalte ein Wundsein, welches bei gewissen Kindern zum Ausgangspunkt eines allgemeinen Hautausschlags werden kann. Behandlung: Ausgiebige, nötigenfalls wiederholte Verätzung des Nabelgrundes mit dem Höllensteinstift und Verband mit einem Borsalbenläppchen. Besteht das Nässen schon längere Zeit, so ist die Ursache meist ein N a b e l s c h w a m m , d. h. ein kleines, gestieltes, auf dem Nabelgrund sitzendes und beim Auseinanderziehen der Nabelfalte sichtbar werdendes, feuchtglänzendes Granulom von rötlicher Farbe. Behandlung: Unterbindung des Granuloms oder — wenn es beim Unterbinden abreißt — Verätzung mit dem Höllensteinstift wie oben. Bleibt das Granulom unbehandelt, so überhäutet es nach Wochen und Monaten und bleibt als kleines, gestieltes, pilzförmiges Anhängsel in der Nabelfalte sitzen. Besteht eine stärkere Absonderung aus der Nabelfalte, so ergibt die Besichtigung des Nabelgrundes oft das Vorhandensein eines N a b e l g e s c h w ü r s (Ulcus umbilici), d. h. eines umschriebenen, speckig belegten Geschwürsgrundes mit stärkerer Reizung der Umgebung, zuweilen mit kleineren Abklatschgeschwüren an der Nabelfalte, auch mit leichten Temperaturbewegungen, aber ohne sonstige Begleiterscheinungen. In einigen Fällen hat die bakteriologische Untersuchung ergeben,, daß das Geschwür eine N a b e l d i p h t h e r i e w a r o d e r e i n e l u e t i s c h e U r s a c h e h a t t e ; die Heilung erfolgte in diesen Fällen erst dann, als die entsprechende Behandlung eingeleitet wurde. B e h a n d l u n g : Durch Einführen eines Gazestreifens und häufiges Wechseln desselben sorgt man für Abfluß des Eiters und wartet ruhig ab, bis sich die Geschwürsfläche gereinigt hat. Ist die Umgebung des Nabels stärker gerötet, so verbindet man ihn feucht mit 2—3 °/0 essigsaurer Tonerde oder Spiritusglyzerin zu gleichen Teilen und Billrothbattist. Ist die akute Entzündung beseitigt, so befördert man durch Betupfen mit dem Höllensteinstift und Verbände mit Borsalbe die Heilung.

Erkrankungen des Nabels

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Eine seltenere, zugleich aber auch schwerere Erkrankung ist die Z e l l g e w e b s e n t z ü n d u n g der N a b e l g e g e n d — Omphalitis. Bei ihr ist das Allgemeinbefinden erheblich gestört, es besteht Unruhe des Kindes, verminderte Nahrungsaufnahme, Fieber. Der Nabel ist vorgewölbt, die Umgebung stark gerötet und etwas wassersüchtig durchtränkt. Hängt der Nabelstrangrest noch daran oder ist die Nabelwunde mit Borken verklebt, so besteht Verhaltung des Eiters. Ist der Abfluß dagegen frei, so findet sich immer eine reichlich eitrige Absonderung. Behandlung: Abtragen des Nabelstranges, Entfernung der Borken, Einführung von Gazestreifen in die Nabelfalte, um einen gehinderten Abfluß des Eiters zu schaffen. Gleichzeitig feuchte Verbände (s. oben). Die N a b e l g a n g r ä n geht aus der eben geschilderten Zellgewebsentzündung hervor, oder sie entsteht so, daß eines Tages sich eine eitergefüllte Blase am Nabelring bildet, von der man nicht sagen kann, woher sie kommt, die sich aber öffnet und immer weiterschreitet. Durch Ausbreiten nach den Seiten hin wie in die Tiefe kommt es zu einem kraterförmigen Geschwür, das oft über Talergröße gewinnt und ständig abgestorbene Gewebsfetzen abstößt. Das Allgemeinbefinden ist stark gestört, die Kinder blassen ab und schreien wenig, sie verlieren an Körpergewicht, ihre Bauchdecken sind entweder gebläht oder sie fallen ein, die Mundhöhle rötet sich, es erscheint Soor. Der Appetit liegt darnieder, Fieber ist meist vorhanden, wenigstens im Anfang, öfters verschwindet es mit der Verschlechterung des Allgemeinbefindens. Häufig kommt es zu Begleiterscheinungen : zu parenteral bedingten Durchfällen, zu Eiterherdbildungen in den Gelenken und im Rippenfellraum, zu umschriebener Bauchfellentzündung und zum Durchbruch des Geschwürs in eine Darmschlinge. Die Heilungsaussichten sind schlecht. Deshalb gebe man von vornherein Frauenmilch, um der Gefahr parenteraler Ernährungsstörungen zu begegnen. Doch schützt auch Frauenmilch oft nicht davor. Die örtliche B e h a n d l u n g beschränkt sich darauf, durch öfters gewechselte, feuchte Verbände mit Spiritus-Glyzerin ää oder essigsaurer Tonerde die Abstoßung der abgestorbenen Gewebsfetzen und den Abfluß des Eiters zu fördern. Gleichzeitig mache man eine intrasinöse Blutüberpflanzung von 50 ccm Elternblut und an den folgenden Tagen je eine Einspritzung von menschlichem Serum (10 ccm in die Gesäßmuskeln), um dem Kinde eine erhöhte Widerstandskraft zu geben, damit es die Eiterung von selbst überwinde. Von den E r k r a n k u n g e n der N a b e l g e f ä ß e ist die Arteriitis die häufigere Erkrankung. Sie beginnt meist als Periarteriitis umbilic. in dem perivaskulären Gewebe, seltener im Thrombus der Gefäßlichtung (Thromboarteriitis) — was darauf hinweist, daß die Entzündungserreger in der Regel nicht von außen, d. h. vom Nabel, sondern vom Körperinnern herkommen. Der Nabel kann ganz normal aussehen. Nur eine Rötung und eine geringe wassersüchtige Durchtränkung der Haut mit durchschimmernden Gefäßen zwischen Schambein und Nabel läßt den Sitz der Eiterung vermuten. Ist die Nabelwunde offen, so gelingt es, durch Streichen in der Richtung des Verlaufs der Gefäße nach dem Nabel hin ein Tröpfchen Eiter aus ihnen herausdrücken. Führt man eine Sonde ein, so gleitet diese immer in der Richtung nach dem Kreuzbein hin, also in eine der Nabelarterien. Die Entzündung der zur Leber führenden Nabelvene ist sehr viel seltener. Die V o r a u s s a g e ist zweifelhaft zu stellen. Brustkinder kommen meist durch. Künstlich genährte und frühgeborene gehen in der Regel zugrunde. B e h a n d l u n g : Feuchte Verbände über die ganze Gegend zwischen Nabel und Schambein. Entweder geht die Entzündung zurück, oder es kommt zum Durchbruch zwischen Nabel und Schambein bzw. zu der Möglichkeit, ebendort einzustechen und den Eiter abzuleiten. Ist die Nabelwunde offen, so führt man dünne Gazestreifen ein, um eine Eiterverhaltung zu verhindern, und wartet ebenfalls ab. In allen Fällen, in denen die Heilung der Nabelwunde nicht per primam erfolgt, ist eine Anlage zur Entstehung eines N a b e l b r u c h e s geschaffen, der denn auch ein sehr häufiges Vorkommnis bei Säuglingen ist. Bei unruhigen, viel schreienden Kindern, B i r k , Leitfaden der Säuglingskrankheiten.

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D i e Besonderheiten des neugeborenen K i n d e s

bei Gasauftreibung, beim Husten, namentlich beim Keuchhusten, ausnahmsweise auch beim Pressen infolge Verstopfung — jedoch niemals bei der Phimose der Säuglinge — gibt die Nabelnarbe nach, und an die Stelle der Nabelfalte tritt eine mehr oder minder große Vorwölbung: der Nabelbruch. Er vergesellschaftet sich bei manchen Kindern mit Brüchen in der Linea alba und mit einer Diastase der Rekti. Keins von diesen hat krankhafte Erscheinungen im Gefolge. — Wenn Nabelbrüche sofort behandelt werden, heilen sie meist aus. Es genügt, durch ein 3 Finger breites und etwa 20 cm langes Heftpflaster den Bruch zurückzuhalten, damit er nicht größer wird. Ein stärkeres Einfalten der Bauchhaut, um eine Art Pelotte zu bilden, ist unnötig, behindert sogar oft die Atmung des Kindes. Sobald es laufen lernt und die überwiegend waagerechte Körperhaltung aufgibt, der Druck der Bauchpresse sich also nicht mehr gegen die vordere Bauchwand, sondern gegen die Beckenknochen richtet, je mehr Fett sich außerdem in den Bauchdecken ablagert, um so eher verschwindet der Bruch. Heilt der Nabelbruch trotz aller Behandlung nicht, so ist er im 2. Lebensjahr — spätestens vorm In-die-Schule-kommen — zu operieren.

Krankhafte Besonderheiten des neugeborenen Kindes Mißbildungen Nach der Geburt des Kindes ist stets nach etwaigen Mißbildungen zu fahnden. — Sofort in die Augen fallend sind die H a s e n s c h a r t e n . Bald einseitig, bald beidseitig vorhanden, im letzten Fall zuweilen schon mit Zähnen auf dem mittleren Oberkieferfortsatz, bestehen sie entweder in einer bloßen Einkerbung der Oberlippe, oder sie verbinden sich mit einem Spalt des Oberkiefers und des Gaumens, dem sog. W o l f s r a c h e n . Ein Saugen an der Brust oder aus der Flasche ist bei den bloßen Hasenscharten meist möglich (vgl. S. 11), beim Wolfsrachen aber nicht. Die Kinder müssen dann mit der Pipette und später mit dem Löffel gefüttert werden. Der Verschluß der Hasenscharte hat bald, schon im ersten Lebensvierteljahr, sobald die Ernährung geregelt ist, zu geschehen. Die Beseitigung des Wolfsrachens kann dagegen bis in die Zeit, da die Kinder zu sprechen anfangen, verschoben werden.

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