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German Pages 161 Year 1977
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 27
Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft
Von
Karl-Jochen Lewerenz
Duncker & Humblot · Berlin
KARL-JOCHEN LEWERENZ
Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 27
Leistungsklagen zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft
Von Dr. Karl-Jochen Lewerenz
D U N C K E R
&
H U Μ Β L Ο Τ
/
B E R L I N
Alle Rechte vorbehalten © 1977 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1977 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 04013 9
Vorwort Die Arbeit hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als Dissertation vorgelegen. Herrn Prof. Dr. Götz Hueck möchte ich dafür danken, daß er die Arbeit trotz seines Wegganges an die Universität München bis zu ihrem Abschluß betreut hat. Herrn Senator E. h. Ministerialrat a. D. Prof. Dr. J. Broermann danke ich für die Aufnahme der Arbeit i n sein Verlagsprogramm, Herrn Prof. Dr. Dr. Franz Jürgen Säcker für seine Anregungen und die Empfehlung der Arbeit gegenüber dem Verleger. Hamburg, i m August 1977 Karl-Jochen
Lewerenz
Inhaltsverzeichnis § 1. Das Problem
13
§ 2. Lüdken i m gesetzlich normierten Durchsetzungssystem dargestellt am Beispiel der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G
21
I. Uberblick über die Informationsrechte
21
1. I n f orma tionsfluß v o m Vorstand zum A u f sichtsrat
21
2. Informationsfluß innerhalb des Aufsichtsrats
22
I I . Gesetzlich normiertes Durchsetzungssystem
23
1. Grundzüge
23
2. Gesellschaftsinterne Reaktionen
26
a) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Gesamtaufsichtsrat
26
b) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen A u f sichtsratsmitgliedern
28
c) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder nerhalb des Aufsichtsrats
in-
d) Zwischenergebnis
31 32
3. Klage auf Schadensersatz
32
a) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Gesamtauf sichtsrat
32
b) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen A u f sichtsratsmitgliedern
33
c) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder nerhalb des Aufsichtsrats
34
in-
4. Strafverfahren gemäß § 400 A k t G
34
a) Berichtspflichten des Vorstandes b) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder nerhalb des Aufsichtsrats
34 in-
35
8
Inhaltsverzeichnis 5. Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 407, 90 A k t G
35
a) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Gesamtauf sichtsrat aa) Charakter des Verfahrens bb) Gang des Verfahrens u n d Hechtsbehelfe der Vorstandsmitglieder cc) Rechtsbehelfe des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder dd) Verhältnis v o m Zwangsgeldverfahren u n d zivilprozessualer Leistungsklage
36 36 36 37 41
b) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen A u f sichtsratsmitgliedern
44
c) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitgliedern i n nerhalb des Aufsichtsrats
45
I I I . Zwischenergebnis: Lücken i m Sanktionensystem
51
§ 3. Zulässigkeit von Leistungsklagen zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G I. Kritische Analyse der unterschiedlichen Lösungsansätze
54 54
1. Leistungsklage u n d subjektives Recht
54
2. Die Gesellschaft als Träger der Informationsrechte
54
a) Klage i m Namen der Gesellschaft
54
b) Prozeßstandschaftliche Geltendmachung
58
I I . Nachweis körperschaftsinterner subjektiver Rechte
62
1. Inner körperschaftsinterne Beziehungen als Rechtsbeziehungen
62
2. Organ, Organwalter u n d Kompetenz als Grundbegriffe innerkörperlichen Rechtsstruktur
63
der
3. Herleitung eines klagbaren subjektiven Rechts der Organe aus ihren Kompetenzen
64
a) Klagbarkeit n u r bei besonderer gesetzlicher Zulassung
65
b) Klagbares subjektives Recht der Körperschaft selbst u n d prozeßstandschaftliche Wahrnehmung durch die Organe ..
67
c) Eigenes subjektives Recht der Organe aufgrund eines Interessenpluralismus i n der Körperschaft aa) Interessenpluralismus auf der Grundlage unterschiedlicher Mitgliederinteressen (1) Die Auffassung von Tsatsos zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften (2) Die Interessenlage bei der Aktiengesellschaft
69 70 70 71
Inhaltsverzeichnis bb) Interessenpluralismus i n der nichtmitbestimmten A k tiengesellschaft durch die rechtliche Anerkennung w e i terer Interessen neben dem Aktionärsinteresse
74
cc) Interessenpluralismus i n den Organen der stimmten Aktiengesellschaft
76
mitbe-
d) Gewaltenteilungsprinzip als Grundlage subjektiver Rechte der Organe
81
aa) Geltung des Gewaltenteilungsprinzips i m Privatrecht
81
bb) A b l e i t u n g subjektiver körperschaftlicher Rechte der Organe aus dem Gewaltenteilungsprinzip cc) Verhältnis von Gewaltenteilungsprinzip u n d M i t b e stimmung i m Aktienrecht dd) E x k u r s : Einfluß des Mitbestimmungsgesetzes v o m 8.5. 1976 auf die Organisationsstruktur der G m b H
86 90 94
I I I . Die subjektiven Rechte des A u f sichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G i m einzelnen
95
1. Das Recht auf Kenntnisnahme gemäß § 90 Abs. 5 A k t G gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden
95
a) § 90 Abs. 5 A k t G als T e i l des gewaltenteiligen Systems der Aktiengesellschaft
95
b) Klagbares subjektives Recht u n d gesetzlich Durchsetzungssystem
96
normiertes
c) Der Aufsichtsratsvorsitzende als Beklagter
98
2. Die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen A u f sichtsratsmitgliedern gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G 101 a) § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G als Bestandteil des gewaltenteiligen Systems der Aktiengesellschaft 102 b) Klagbares subjektives Recht u n d gesetzlich Durchsetzungssystem
normiertes
103
c) Das einzelne Aufsichtsratsmitglied als Kläger
104
d) Die einzelnen Vorstandsmitglieder als Beklagte
105
3. Die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat gemäß § 90 Abs. 1 u n d Abs. 3 Satz 1 A k t G 107 a) § 90 Abs. 1 u n d Abs. 3 Satz 1 A k t G als Bestandteil des gewaltenteiligen Systems der Aktiengesellschaft 107 b) Klagbares subjektives Recht des A u f sichtsrats u n d das gesetzlich normierte Durchsetzungssystem 107 c) Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft
I V . Zwischenergebnis
108
109
10
Inhaltsverzeichnis
§ 4. Sonstige Leistungsklagen
112
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand i m Namen der Aktiengesellschaft 112 1. Organisationsrechtliche Maßnahmen
113
a) Duldung von Prüfungsmaßnahmen gemäß § 111 Abs. 2 AktG 113 b) Jahresabschluß, schluß
Abhängigkeitsbericht
und
Konzernab-
114
2. Vornahme u n d Unterlassung von echten Geschäftsführungsmaßnahmen 115 a) Verlagerung der unternehmerischen Entscheidungskompetenz 117 b) Allgemeine Sorgfaltspflicht
121
c) Besondere Gebots- u n d Verbotsnormen
126
I I . Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder
129
1. Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder gegen Vorstandsmitglieder 129 a) Organisationsrechtliche Maßnahmen aa) § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G
129 129
bb) § 125 Abs. 3 u n d Abs. 4 A k t G 130 cc) Durchsetzung von Kompetenzen des Gesamtaufsichtsrats durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder 131 b) Vornahme oder Unterlassung von Geschäftsführungsmaßnahmen 131 2. Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des A u f sichtsrats 132 a) § 90 Abs. 5 A k t G u n d verwandte Regelungen
132
b) Aushändigung einer Abschrift der Sitzungsniederschrift des Aufsichtsrats u n d seiner Ausschüsse 133 c) Teilnahmerecht an den Aufsichtsrats- u n d Ausschußsitzungen 135
I I I . Klagen des Vorstandes gegen den Aufsichtsrat oder einzelner Aufsichtsratsmitglieder 135
I V . Klagen innerhalb des Vorstandes
137
Inhaltsverzeichnis V. Rechtsstreitigkeiten u m Kompetenzen des Arbeitsdirektors
139
1. Zwingende gesetzliche Kompetenzabgrenzung
139
2. Klagebefugnis
142
§ 5. Vollstreckbarkeit und Kosten
144
I. Vollstreckbarkeit I I . Kosten
§ 6. Ergebnis der Untersuchung I. Zusammenfassung I . Überlegungen de lege ferenda
Literaturverzeichnis
144 145
147 147 149
153
Abkürzun gs Verzeichnis AG
Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamten Aktienwesen
AcP
A r c h i v f ü r civilistische Praxis
A k t G 1937 Gesetz über die Aktiengesellschaften u n d Kommanditgesellschaften auf A k t i e n (Aktiengesetz v o m 30. Januar 1937) AktG
A k t G Aktiengesetz v o m 6. September 1965
AuR
A r b e i t u n d Recht, Zeitschrift für Arbeitsrechtspraxis
BAG
Bundesarbeitsgericht
BB
Der Betriebs-Berater
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs i n Zivilsachen
BVwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
DB
Der Betrieb
DÖV
Die öffentliche V e r w a l t u n g
DVB1
Deutsches Verwaltungsblatt
JuS
Juristische Schulung
JW
Juristische Wochenschrift
JZ
Juristen-Zeitung
KG
Kammergericht
MDR
Monatsschrift des Deutschen Rechts
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
RdA
Recht der A r b e i t
RegE
Regierungsentwurf
RGZ
Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen
WissR
Wissenschaftsrecht, Wissenschaftsverwaltung, derung
WM
Wertpapier-Mitteilungen
Wissenschaftsför-
ZGR
Zeitschrift f ü r Unternehmens- u n d Gesellschaftsrecht
ZHR
Zeitschrift f. d. ges. Handelsrecht u n d Wirtschaftsrecht
ZZP
Zeitschrift f ü r Zivilprozeß
§ 1. Das Problem Die vorliegende Arbeit untersucht die Möglichkeit der Klärung von Kompetenzkonflikten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft und den Mitgliedern beider Organe i m Wege der zivilprozessualen Leistungsklage. Dabei w i r d sowohl hinsichtlich des Ausgangspunktes als auch für den entwickelten Lösungsvorschlag nicht danach unterschieden, ob es sich um Konflikte i n einer mitbestimmten oder einer nicht der Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaft handelt. Es erhellt jedoch ohne weiteres, daß i n der Praxis die hier untersuchte Frage ihre größere Relevanz bei mitbestimmten Gesellschaften besitzt. Denn die Wahrscheinlichkeit von Kompetenzkonflikten zwischen den genannten Organen und innerhalb dieser wächst i n dem Maße, i n dem ein Interessenpluralismus oder -antagonismus durch den Gesetzgeber institutionell i n den Organen der Gesellschaft verankert wird. Außerdem besteht bei mitbestimmungsrelevanten Konflikten keine Möglichkeit, diese durch eine formelle oder informelle Einflußnahme der Kapitalvertreter zu bereinigen. I n den organisationsrechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes finden sich zahlreiche Bestimmungen, die zwischen dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern dieser beiden Organe Rechte und Pflichten begründen. Der Vorstand ist gemäß § 90 A k t G zu umfassender Berichterstattung an den Aufsichtsrat verpflichtet. Außerdem muß der Vorstand gemäß § 148 A k t G den Jahresabschluß sowie den Geschäftsbericht erstellen und diesen nach erfolgter Prüfung durch die Abschlußprüfer gemäß § 170 A k t G dem Aufsichtsrat zuleiten. Das gleiche gilt gemäß §§ 312, 314 A k t G für den Abhängigkeitsbericht einer abhängigen Gesellschaft und gemäß §§ 329 ff., 337 Abs. 1 A k t G für den Konzernabschluß sowie den Konzerngeschäftsbericht der Obergesellschaft bei einem von einer Aktiengesellschaft geleiteten Konzern. Der Aufsichtsrat kann seinerseits gemäß § 111 Abs. 2 A k t G jederzeit an Hand der Bücher und sonstigen Unterlagen die Lage der Gesellschaft selbst überprüfen. Auch einzelne Aufsichtsratsmitglieder können vom Vorstand Berichterstattung an den Aufsichtsrat verlangen, § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG. Jedes Aufsichtsratsmitglied kann vom Vorstand verlangen, daß ihm binnen zwölf Tagen nach Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung die Tagesordnung und etwaige Wahlvorschläge von A k t i o -
14
§ 1. Das Problem
nären einschließlich der Namen der Aktionäre, der Begründung und einer etwaigen Stellungnahme der Verwaltung mitgeteilt werden, § 125 Abs. 3 AktG. Der Vorstand muß auf Verlangen jedem Aufsichtsrat die auf der Hauptversammlung gefaßten Beschlüsse schriftlich mitteilen, § 125 Abs. 4 AktG. Gemäß § 90 Abs. 5 Satz 1 A k t G hat jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied das Recht, von den Berichten des Vorstandes an den Aufsichtsrat Kenntnis zu nehmen. Schriftliche Berichte sind i h m gemäß § 90 Abs. 5 Satz 2 A k t G auf Verlangen auszuhändigen, wenn der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat. Die Verpflichtung aus dieser Regelung t r i f f t nach allgemeiner Auffassung den Aufsichtsratsvorsitzenden 1. Eine entsprechende Regelung enthalten § 160 Abs. 3 Satz 1 und 2 A k t G für den Jahresabschluß, Geschäftsbericht und Prüfungsbericht der Abschlußprüfer und den Vorschlag des Vorstandes über die Gewinnverwendung, § 163 Abs. 5 Satz 8 und 9 A k t G für Teilberichte der Abschlußprüfer, § 314 Abs. 1 Satz 2 und 3 A k t G für den Abhängigkeitsbericht samt zugehörigem Prüfungsbericht und § 337 Abs. 1 Satz 2 und 3 A k t G für den Konzernabschluß, Konzerngeschäftsbericht und entsprechenden Prüfungsbericht. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist weiterhin gemäß § 90 Abs. 5 Satz 3 A k t G verpflichtet, die Aufsichtsratsmitglieder spätestens i n der nächsten Aufsichtsratssitzung über Berichte zu unterrichten, die der Vorstand aus wichtigem Anlaß gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G direkt an i h n erstattet hat. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 4 A k t G ist allen Mitgliedern des Aufsichtsrats auf Verlangen eine Abschrift der Sitzungsprotokolle des Aufsichtsrats auszuhändigen. Gleiches gilt für die Protokolle der Ausschüsse des Aufsichtsrats 2 . Das Aushändigungsverlangen ist an den Aufsichtsratsvorsitzenden zu richten, zu dessen Aufgabe die Verwahrung der Protokolle gehört 3 . Schließlich hat jedes Aufsichtsratsmitglied ein grundsätzlich unentziehbares Recht, an den Sitzungen des Aufsichtsrats und der Ausschüsse, denen es angehört, teilzunehmen 4 . Für einen der gesetzlichen Organisation der Aktiengesellschaft entsprechenden Ablauf des Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesses ist es von grundlegender Bedeutung, durch welche Regelungsmechanismen gewährleistet wird, daß die Organe bzw. Organmitglieder sich entsprechend diesen organisationsrechtlichen Vorschriften verhalten. I n dieser Untersuchung w i r d geklärt, ob und inwieweit dabei eine Durch1 Vgl. Mertens i n K ö l n e r K o m m . § 90 Rdn. 28; Meyer-Landrut i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 12; Hefermehl i n Geßler / Hefermehl / Eckhardt / Kropff, A k t G , § 90 Rdn. 26. 2 Vgl. Meyer-Landrut i n Großkomm., 3. A u f l . § 109 A n m . 6. 3 Vgl. Mertens i n Kölner Komm., § 107 Rdn. 62. 4 Vgl. Baumbach / Hueck, § 109 Rdn. 4.
§ 1. Das Problem
setzung i m Wege einer zivilprozessualen kommt.
Leistungsklage
i n Betracht
Weiterhin w i r d untersucht, ob zwischen den Organen der Aktiengesellschaft Leistungsklagen denkbar sind, die über rein organisationsrechtliche Pflichten hinaus echte Geschäftsführungsmaßnahmen i m Sinne der Durchführung einer unternehmerischen Entscheidung zum Gegenstand haben. Insoweit ist ζ. B. eine Klage des Aufsichtsrats gegen die Vorstandsmitglieder auf Unterlassung einer Geschäftsführungsmaßnahme i n Betracht zu ziehen, die er gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 A k t G an seine Zustimmung gebunden hat. Denkbar ist eine Klage gegen den Vorstand aber auch für den Fall, daß die Vornahme einer Geschäftsführungsmaßnahme oder auch ihre Unterlassung einen Verstoß gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht i. S. von § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G bzw. gegen spezielle Gebots- oder Verbotsnormen darstellen würde. Die Leistungsklage der Zivilprozeßordnung dient der Durchsetzung subjektiver Rechte 5. Eine Klage zwischen den Organen bzw. den Organmitgliedern der Aktiengesellschaft zur Durchsetzung ihrer organisationsrechtlichen Befugnisse setzt somit grundsätzlich voraus, daß diese Befugnisse entweder eigene subjektive Rechte der Organe bzw. Organmitglieder oder aber subjektive Rechte der Gesellschaft sind und für diese von den Organen oder Organmitgliedern gerichtlich geltend gemacht werden können. Das Gesetz benutzt mehrfach Formulierungen, die den Gedanken nahelegen, es handele sich bei den organisationsrechtlichen Recht-PflichtStellungen um Rechtsverhältnisse, die dem Betroffenen Ansprüche i m Sinne von § 194 BGB oder allgemeiner subjektiver Rechte zuweisen. So heißt es i n § 90 Abs. 5 A k t G : „Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, sich von den Berichten i n Kenntnis zu setzen." I n Abs. 3 formuliert der Gesetzgeber: „Der Aufsichtsrat kann vom Vorstand jederzeit Bericht verlangen ü b e r . . . " und „auch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann einen B e r i c h t , . . . verlangen." Für den Fall, daß daraus auf entsprechende subjektive Rechte des Aufsichtsrats oder der Aufsichtsratsmitglieder geschlossen werden sollte, stellt sich jedoch das folgende grundsätzliche Problem: Subjektive Rechte setzen nach herkömmlicher Auffassung 6 das Bestehen eines individuellen Interesses voraus, dessen Schutz die Einräumung eines subjektiven Rechts dienen soll. Ein rechtlich anerkanntes individuelles Interesse besitzen innerhalb der Aktiengesellschaft unzweifelhaft die A k t i o näre. Ein individuelles Aktionärsinteresse kann aber nicht Grundlage von subjektiven Rechten der Aufsichtsratsmitglieder an ihren Kompe5 6
Vgl. Stein / Jonas / Pohle, Einl. C I. Vgl. Enneccerus / Nipperdey, § 72 S. 428 ff. m. w. Nachw.
16
§ 1. Das Problem
tenzen sein. Denn nach geltendem Recht ist der Aufsichtsrat ebenso wie auch der Vorstand als sogenanntes nichtmitgliedschaftlichen Organ ausgestaltet, d. h. die Mitglieder i n diesen Organen müssen nicht zugleich Aktionäre der Gesellschaft sein. Die Kompetenzen sind den Organen bzw. den Organmitgliedern auch gerade nicht zum Schutze individueller Aktionärsinteressen oder gar eigener Interessen, sondern i m Interesse der Gesamtkörperschaft verliehen. Es handelt sich bei den Kompetenzen um Befugnisse, die der Wahrnehmung der jeweiligen übernommenen Pflichten dienen. I n Anbetracht dieser Umstände stellt sich die Frage, ob ein subjektives Recht der Organe bzw. der Organmitglieder der Aktiengesellschaft an ihren Kompetenzen überhaupt vorstellbar ist. I m Aktienrecht und auch sonst i m Recht der privatrechtlichen Körperschaften hat um das Problem der Rechtsnatur und der Klagbarkeit von Kompetenzen von Organen noch keine grundsätzliche Diskussion eingesetzt, wie das i m öffentlichen Recht 7 und dort insbesondere für das Kommunalverfassungsrecht 8 und neuerdings auch für das Universitätsverfassungsrecht 9 der Fall ist. Bei den privatrechtlichen Körperschaften stehen bisher weniger die Rechte der Organe als vielmehr die Rechte der Mitglieder — bei der Aktiengesellschaft die Rechte der Aktionäre — und deren gerichtlicher Schutz i m Vordergrund des Interesses. So gibt es eine umfangreiche Literatur und auch Rechtsprechung zum Schutz von Minderheiten und einzelnen Mitgliedern sowohl gegen Beeinträchtigungen durch die Mitgliederversammlung als auch durch nichtmitgliedschaftliche Organe 10 . Der Rechtsschutz innerhalb der nichtmitgliedschaftlichen Organe und i m Verhältnis nichtmitgliedschaftlicher Organe 7 Vgl. z.B. Hoppe, Organstreitigkeiten vor den Verwaltungs- u n d Sozialgerichten, 1970; Goessl, Organstreitigkeiten innerhalb des Bundes, 1961; Rasch, Staatliche Verwaltungsorganisation, 1967, S. 137 f. 8 Vgl. ζ. B. Bleutge, Der Kommunalverfassungsstreit, 1970; Kiock, Die K o m munalverfassungsstreitigkeiten, 1972; Knöppel, Der Kommunalverfassungsstreit, 1969; weitere Nachweise vgl. unten Fn. 13 zu § 3 I I . 9 Vgl. ζ. B. Ewald, Die prozessuale Behandlung des inneruniversitären V e r fassungsstreits, i n WissR 1970, S. 35 ff.; Fuß, Verwaltungsrechtliche Streitigkeiten i m Universitätsinnenbereich, i n WissR 1972, S. 97 ff.; weitere Nachweise vgl. unten Fn. 14 zu § 3 I I . 10 Vgl. ζ. B. Bessell, Z u r richterlichen Uberprüfung von internen Vereinsu n d Betriebsbeschlüssen, 1968; Groscurth, Die Entwicklung der Rechtsprechung zur gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Vereinsbeschlüssen, 1966; Schlosser, Vereins- u n d Verbandsgerichtsbarkeit 1972; ff. P. Westermann, Die Verbandsstrafgewalt u n d das allgemeine Recht, 1972; Zöllner, Die Grenzen mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963. Speziell für das Aktienrecht vgl. ζ. B. Großfeld, Aktiengesellschaft, U n t e r nehmenskonzentration u n d Kleinaktionär, 1968; Pflüger, Einzelaktionäre, Minderheiten u n d Aufsichtsrat als innerkorporative Kontrollorgane, 1968; Rübsaamen, Minderheitenrechte i n einer konzernfreien Aktiengesellschaft, 1971; Wipfler, Minderheitenschutz i m Aktienrecht, 1969.
§ 1. Das Problem
zueinander ist dagegen i n der Literatur kaum behandelt worden 1 1 . Rechtsprechung findet sich zu dieser Frage nur ganz vereinzelt 12 . Auch i n den Kommentaren und i n den Lehrbüchern zum Aktienrecht fehlt eine grundsätzliche Erörterung der Frage nach der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der Kompetenzen nichtmitgliedschaftlicher Organe fast völlig 1 3 . Nur Mertens nimmt i n -dem neuen Kölner Kommentar zum Aktiengesetz dazu Stellung, ohne allerdings die Problematik zu vertiefen 1 4 . Er hält die gerichtliche Austragung solcher Organstreitigkeiten grundsätzlich für möglich. Demgegenüber findet sich die Auffassung, Rechtsstreitigkeiten zwischen Organen oder innerhalb von Organen der Aktiengesellschaft zur Erzwingung von Organhandlungen seien überhaupt ausgeschlossen15. Dem entspricht die für das das Aktienrecht m i t umfassende 16 gesamte Körperschaftsrecht vertretene Auffassung, die für die Organisation geltenden Normen stellten nur objektives Recht dar und gewährten deshalb keine durch eine zivilprozessuale Klage durchsetzbaren Rechte 17 . I m Aktienrecht finden sich ansonsten nur Stellungnahmen zur gerichtlichen Durchsetzbarkeit ganz bestimmter Befugnisse von Organen und Organmitgliedern ohne grundsätzliche Erörterung des Problems 18 oder die allgemeine Feststellung, für die Organmitglieder ergäben sich subjektive Rechte aus der Organstellung, ohne daß untersucht wird, ob auch organschaftliche Befugnisse zu subjektiven Rechten erstarken können 1 9 . Die neueren Stellungnahmen i n der aktienrechtlichen Literatur zeigen allerdings, daß das Problembewußtsein insoweit zugenommen hat 2 0 . 11 Vgl. z.B. zum organschaftlichen Stimmrecht: Engfer, Der Ausschluß des organschaftlichen Stimmrechts bei Interessenkollisionen, 1970. 12 Z u m Streit zwischen Mitgliedern eines Vereinsorgans vgl. z. B. B G H Z 49, S. 396; zu einem Streit zwischen Aufsichtsratsmitgliedern u n d Vorstand vgl. Beschl. des B a y O b L G v. 25. 4. 1968 i n A G 1968, S. 329 f.; zur Rechtsstellung einzelner Aufsichtsratsmitglieder vgl. BGH, Urt. v. 5. 6. 75, N J W 1975, S. 1412 ff.; vgl. dazu auch O L G Düsseldorf, (vorinstanzl.) Urt. v. 15. 10. 73, A u R 1974 S. 251 m i t A n m . von Zachert. 13 Rumpf f, S. 25, bezeichnet diese Tatsache als erstaunlich. 14 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5 f. 15 Vgl. Schmölder, J W 1931, S. 2929; Godin / Wilhelmi, § 107 A n m . 19; Rumpff, S. 24 f. 16 H. M., vgl. Kraft, i n Kölner Komm.., § 1 Rdn. 3 ff. m. w. Nachw. 17 Vgl. ff. J. Wolff , Organschaft u n d juristische Person, Band 2, S. 270. 18 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 111 A n m . 10; Baumbach / Hueck, § 148 Rdn. 1, § 170 Rdn. 4, § 337 Rdn. 3. Weitere Nachweise vgl. unten, § 4 I. 19 Dose, S. 33; Würdinger, § 21 I 2 a; vgl. hierzu auch ff. Westermann, i n Festschrift für E. Bötticher, S. 378 Fußn. 22. 20 Vgl. ff. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 368 ff.; Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. A u f lage, § 109 A n m . 5. Auch Dose, i n Ζ GR 1973, S. 315, sieht das Problem, k l a m mert seine Behandlung aber ausdrücklich aus.
2 Lewerenz
18
§ 1. Das Problem
Für das Aktienrecht gewinnt die Frage der Klagbarkeit von Organkompetenzen insbesondere durch die Mitbestimmung und ihre Ausweitung an praktischer Bedeutung. Das Problem der Gewährleistung eines den organisationsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Verhaltens der Organe besteht zwar grundsätzlich unabhängig von der Beteiligung des Faktors Arbeit i n den Organen der Aktiengesellschaft. Die hierdurch verstärkte Inter essenplur alisier ung vergrößert aber ganz wesentlich die Wahrscheinlichkeit des Eintritts ernsthafter Konflikte innerhalb des Aufsichtsrats und insbesondere bei paritätischer Mitbestimmung i m Verhältnis von Aufsichtsrat und Vorstand. Damit wächst auch das Bedürfnis nach wirksamen M i t t e l n zur Herbeiführung einer verbindlichen und durchsetzbaren Entscheidung. Zweck der vorliegenden Untersuchung ist, am Beispiel der Aktiengesellschaft nachzuweisen, daß für den Bereich des internen Körperschaftsrechts und hier der Organkompetenzen die herkömmliche, an das individuelle Interesse anknüpfende Definition zu eng ist und einer Ausweitung bedarf. I n diesem Zusammenhang erscheint eine kurze Stellungnahme dazu notwendig, warum i m Rahmen dieser Untersuchung darauf verzichtet worden ist, die betriebsverfassungsrechtliche Literatur zur Rechtsnatur der Betriebsratskompetenzen einzubeziehen und auf ihre Verwertbarkeit für das hier anstehende Problem zu untersuchen 21 . Ausgangspunkt der Diskussion um die Rechtsnatur der Betriebsratskompetenzen ist die Besonderheit des Betriebs Verfassungsrechts, daß es der Belegschaft des Betriebes als möglichem Rechtsträger der Mitbestimmungsrechte an einer eigenen Rechtspersönlichkeit fehlt. U m trotzdem eine Rechtsträgerschaft der Belegschaft hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte annehmen zu können, werden deshalb die unterschiedlichsten Konstruktionen erwogen. Ζ. T. w i r d aber auch wegen der insoweit bestehenden Bedenken eine Rechtsträgerschaft der Belegschaft abgelehnt. Dann werden entweder die einzelnen Arbeitnehmer oder der Betriebsrat als Träger der Mitbestimmungsrechte angesehen oder aber es w i r d den Mitbestimmungsrechten überhaupt die Qualität von subjektiven Rechten abgesprochen und sie werden schlicht als gesetzlich festgelegte Funktionen des Betriebsrates bezeichnet. I m Gegensatz zum Betriebsverfassungsrecht steht i m Aktienrecht die Aktiengesellschaft als juristische Person als möglicher Rechtsträger der Organkompetenzen unzweifelhaft zur Verfügung. Es stellt sich hier deshalb die andere Frage, ob eine eigene Rechtsträgerschaft der Organe bzw. der Organmitglieder unter bestimmten Umständen auch trotz der eigenen Rechtspersönlichkeit der Aktiengesellschaft angenommen wer21 Vgl. zum folgenden insbesondere Hueck / Nipper dey, Lehrbuch des A r beitsrechts, Bd. I I , 2, 7. Auflage, § 52; Nikisch, Arbeitsrecht, 3. Bd., 2. Auflage, § 91 ; jeweils m. w. Nachw.
§ 1. Das Problem
den kann, nicht die des Betriebsverfassungsrechts, ob dies deshalb notwendig ist, weil kein anderer Rechtsträger vorhanden ist. Wegen dieser unterschiedlichen Ausgangslage erscheint eine Verwertung der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur jedenfalls zu dieser Streitfrage nicht zweckmäßig. Z u der grundsätzlich anderen Frage, wie die Kompetenzstreitigkeiten innerhalb des Betriebsrates etwa u m die Einsichtsrechte einzelner Betriebsratsmitglieder i n die Betriebsratsprotokolle gemäß § 34 Abs. 3 BetrVG rechtlich zu qualifizieren sind, fehlen andererseits auch i n der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur die notwendigen rechtsdogmatischen Untersuchungen. Die hier für die nichtmitgliedschaftlichen Organe der Aktiengesellschaft entwickelte Begründung von subjektiven Rechten an Organkompetenzen, die an ein gewaltenteiliges Organisationsprinzip anknüpft, läßt sich aber umgekehrt ohne weiteres auf die Organe der Betriebsverfassung übertragen, da keine weiteren besonderen Voraussetzungen gefordert werden. I n einem ersten Teil der A r b e i t 2 2 w i r d das allgemeine Problem der Rechtsnatur und der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der unterschiedlichen Befugnisse des Vorstandes, Aufsichtsrats und der Mitglieder dieser Organe i m Verhältnis zueinander exemplarisch an den verschiedenen Informationsrechten des Aufsichtsrats und der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 AktG gegenüber dem Vorstand und innerhalb des Aufsichtsrats dargestellt. Zunächst w i r d erörtert, welche rechtlichen Vorkehrungen das Gesetz ausdrücklich vorsieht, u m eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Berichterstattung zu gewährleisten. Dieser Teil der Untersuchung dient dem Nachweis, daß ein praktisches Bedürfnis für eine gerichtliche Durchsetzbarkeit vor organisationsrechtlichen Befugnissen von Organen bzw. Organmitgliedern besteht. Danach w i r d geprüft, ob und wie eine gerichtliche Durchsetzbarkeit dogmatisch begründet werden kann. Dabei w i r d versucht, die i m Recht der öffentlichen Körperschaften zum Kommunalverfassungs- und Universitätsverfassungsstreitverfahren entwickelten Überlegungen für das A k tienrecht fruchtbar zu machen. Die Einbeziehung der Literatur zum öffentlichen Körperschaftsrecht erschien aus zwei Gründen sinnvoll. Es wurde bereits erwähnt, daß die Frage nach der Rechtsnatur und der gerichtlichen Durchsetzbarkeit von innerkörperschaftlichen Rechtsbeziehungen i m öffentlichen Recht i m Gegensatz zum Privatrecht bereits Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen ist. Es erschien zweckmäßig, sich diese Vorarbeit zunutze zu machen. Zum anderen zeigte sich, daß die grundsätzliche Problematik i n beiden Rechtsgebieten ähnlich ist, so daß es nahe lag, Grundsätze zu entwickeln, die für beide Bereiche gelten. 22
2*
§§ 2 u n d 3.
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§ 1. Das Problem
Nach der Behandlung des Problems der aktienrechtlichen Organstreitigkeit am Beispiel der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G w i r d i n einem zweiten Teil 23 dargestellt, welche Folgerungen sich bei der Anwendung der entwickelten Grundsätze auf eine Reihe anderer Kompetenzkonflikte zwischen Organen und innerhalb von Organen der Aktiengesellschaft sowohl bei rein organisationsrechtlichen Befugnissen als auch i m Hinblick auf unternehmerische Entscheidungszuständigkeiten ergeben. Es folgt 2 4 eine kurze Untersuchung über die Verteilung der Prozeßkosten und die Vollstreckbarkeit der Urteile. Abschließend 2 5 w i r d erörtert, ob de lege ferenda für die untersuchten Organstreitigkeiten ein besonderes Verfahren angestrebt werden sollte. Die vorliegende Untersuchung ist bewußt auf die Begründung der Zulässigkeit von zivilprozessualen Leistungsklagen beschränkt worden. A u f die Möglichkeit von Feststellungsklagen w i r d trotz ihrer nicht unerheblicher praktischen Bedeutung nur i m Zusammenhang m i t einigen speziellen Konfliktsituationen hingewiesen. Eine dogmatische Aufarbeitung der Feststellungsklage als Mittel zur Klärung von Kompetenzstreitigkeiten zwischen nichtmitgliedschaftlichen Organen und Organmitgliedern ist unterblieben. Sie hätte den Rahmen dieser Arbeit gesprengt. Ergänzend sei insoweit hier nur angemerkt, daß immer dann, wenn bei einem innerkörperschaftlichen K o n f l i k t nach den hier entwickelten Grundsätzen subjektive Rechte der nichtmitgliedschaftlichen Organe bzw. Organmitglieder an ihren Kompetenzen betroffen sind, auch eine Feststellungsklage i n Betracht kommt, sofern für diese das Rechtsschutzbedürfnis nicht nach allgemeinen Grundsätzen wegen der Möglichkeit einer Leistungsklage entfällt.
§ 2. Lücken im gesetzlich normierten Durchsetzungssystem dargestellt am Beispiel der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 AktG Die Hauptaufgabe des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft ist neben der Bestellung des Vorstandes (§ 84 AktG) die Überwachung der Geschäftsführung (§111 Abs. 1 AktG), die dem Vorstand unter eigener Verantwortung obliegt. Voraussetzung einer wirksamen Überwachung ist, daß der Aufsichtsr at hinreichend informiert ist. Das Gesetz regelt deshalb i n § 90 A k t G ausführlich die Berichtspflichten des Vorstandes und Auskunftsrechte des Aufsichtsrats und seiner einzelnen Mitglieder. I m folgenden sollen diese Informationsrechte i m einzelnen dargestellt und daraufhin untersucht werden, ob die gesetzlich vorgesehenen Regelungen zu ihrer Durchsetzung hinreichen, u m die m i t ihnen bezweckte Kontrolle des Vorstandes zu gewährleisten. I. Überblick über die Informationsrechte 1. Informationsfluß vom Vorstand zum Aufsichtsrat
Der Vorstand muß dem Aufsichtsrat vierteljährlich über den Gang der Geschäfte und die Lage des Unternehmens berichten und außerdem dem Aufsichtsratsvorsitzenden oder seinem Vertreter bei Vorliegen eines wichtigen Anlasses. Mindestens einmal jährlich muß der Vorstand einen Bericht über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftsführung abstatten und zusätzlich i n der Sitzung, i n der über den Jahresabschluß verhandelt wird, über die Rentabilität der Gesellschaft berichten. Der Vorstand muß den A u f sichtsrat auch über alle Geschäfte unterrichten, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können, und zwar möglichst so rechtzeitig, daß der Aufsichtsrat vor der Vornahme der Geschäfte Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen. Für eine wirksame Überwachung genügt es aber nicht, daß der Vorstand von sich aus periodisch und zusätzlich aus bestimmten Anlässen dem Aufsichtsrat Bericht erstatten muß 1 . I n § 90 Abs. 3 Satz 1 A k t G ist dem Aufsichtsrat deshalb das Recht eingeräumt, aus eigenem Entschluß heraus über bestimmte Vorgänge Auskunft zu verlangen. Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G kannn zudem nicht nur der gesamte Aufsichts1
Vgl. Begründung des RegE bei Kröpff,
S. 118.
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rat vom Vorstand einen Bericht verlangen, sondern auch jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied. Der Vorstand muß diesem Verlangen nachkommen, wenn das Aufsichtsratsmitglied die Unterstützung eines weiteren Mitgliedes findet. Der Bericht ist auch i n diesem Fall aber nicht an das Aufsichtsratsmitglied zu erstatten, sondern an den Gesamtaufsichtsrat. Nach dem Wortlaut des § 90 A k t G gelten die Berichtspflichten des Vorstandes ohne Einschränkung. I n der Literatur w i r d jedoch angenommen, daß dem Vorstand i m Einzelfall ein Hecht zur Verweigerung der Berichterstattung zustehen kann. Dies gilt sowohl für das Berichtsverlangen des Gesamtaufsichtsrats als auch für das einzelner Aufsichtsratsmitglieder. Grundlage dieses Verweigerungsrechts können Rechtsmißbräuchlichkeit des Berichtsverlangens 2 und öffentlich-rechtliche Geheimhaltungspflichten 3 sein. So kann ein Berichtsverlangen ζ. B. unzulässig sein, w e i l es keine für die Uberwachungstätigkeit notwendige Information des Aufsichtsrats zum Ziele hat 4 . Die Abgrenzung von zulässigem und unzulässigem Berichtsverlangen ist umstritten und kann i m Einzelfall schwierig sein 5 . Eine Auseinandersetzung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat über die Zulässigkeit eines Berichtsverlangens kann somit i m Einzelfall die Klärung schwieriger Rechtsfragen erforderlich machen. 2. Informationsfluß innerhalb des Aufsichtsrats
Gemäß § 90 Abs. 5 Satz 1 A k t G hat jedes Aufsichtsratsmitglied das Recht, von den Berichten des Vorstandes Kenntnis zu nehmen. Für mündliche Berichte bedeutet dies, daß es nicht gehindert werden darf, bei der Berichterstattung anwesend zu sein. Falls es aus irgendwelchen Gründen verhindert sein sollte, w i r d man den Aufsichtsratsvorsitzenden für verpflichtet halten müssen, es i n geeigneter und zumutbarer Weise zu unterrichten 6 . W i r d ein schriftlicher Bericht erstattet, so genügt es nach allgemeiner Meinung, wenn der Vorstand den Bericht dem Aufsichtsratsvorsitzenden zuleitet 7 . Dieser trägt dann die Verantwortung dafür, daß die übrigen Aufsichtsratsmitglieder Gelegenheit erhalten, davon Kenntnis zu nehmen. Er muß die Berichte jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen aushändigen (§ 90 Abs. 5 Satz 2 AktG). Der Aufsichtsrat kann allerdings beschließen, daß die Aushändigung unter2
Vgl. Mertens, i n K ö l n e r K o m m . § 90 Rdn. 6, 7 m. w. Nachw. Vgl. Mertens, i n K ö l n e r K o m m . § 90 Rdn. 8 m. w. Nachw. 4 Vgl. Baumbach / Hueck, § 90 Rdn. 11; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 9. 5 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 9. « Vgl. Mertens, i n K ö l n e r K o m m . § 90 Rdn. 30. 7 Vgl. Begründung des RegE bei Kropff, S. 119; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3 .Auflage, § 90 A n m . 6; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 8; Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 90 Rdn. 15, 28. 8
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bleiben soll. Diese Regelung soll die Gefahr herabsetzen, daß Berichte, die der Aufsichtsrat für besonders geheimhaltungsbedürftig hält, i n die Hände unbefugter Dritter geraten 8 . Das grundsätzliche Recht jedes A u f sichtsratsmitgliedes, von den Berichten Kenntnis zu nehmen, w i r d durch einen solchen Beschluß aber nicht aufgehoben. Es muß i h m dann auf andere geeignete Weise Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben werden. Bei kürzeren und einfacheren Berichten w i r d es genügen, wenn das Aufsichtsratsmitglied diese vor oder während der Sitzung lesen kann. Bei längeren und komplizierteren Berichten muß der Aufsichtsrat den einzelnen Mitgliedern Gelegenheit geben, diese i n den Geschäftsräumen durchzuarbeiten 9 . M i t Mertens w i r d man es für zulässig halten müssen, wenn der Aufsichtsrat beschließt, daß die Einsicht nur i n A n wesenheit etwa des Aufsichtsratsvorsitzenden gewährt werden soll 1 0 . Für die Unterrichtung der übrigen Aufsichtsratsmitglieder durch den Aufsichtsratsvorsitzenden bei Berichten, die gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G unmittelbar an den Aufsichtsratsvorsitzenden erstattet worden sind, ergeben sich insoweit keine Besonderheiten. Schriftliche Berichte sind auszuhändigen bzw. zur Einsicht auszulegen, und über mündliche Berichte muß der Aufsichtsratsvorsitzende i n geeigneter Form berichten. Dabei muß er den wesentlichen Inhalt vollständig mitteilen. Das ergibt sich aus dem grundsätzlichen Recht der Aufsichtsratsmitglieder zur Kenntnisnahme der Berichte gemäß § 90 Abs. 5 Satz 1 AktG, das auch für die Berichte gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G gilt. E i n Ermessen steht dem Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Berichterstattung nur i n bezug auf die Art und Weise der Berichterstattung zu 1 1 . I I . Gesetzlich normiertes Durchsetzungssystem Nach dem kurzen Überblick über die gesetzliche Ausgestaltung der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder soll i m folgenden untersucht werden, ob die Regelungen des geltenden Aktienrechts es gewährleisten, daß der Aufsichtsr at und jedes seiner Mitglieder auch tatsächlich entsprechend den gesetzlichen Vorschriften informiert werden. 1. Grundzüge
Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Aktiengesellschaft sowohl rechtlich als juristische Person als auch tatsächlich als soziales 8 Vgl. Baumbach / Hueck, § 90 Rdn. 14; Meyer / Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 12. 9 Vgl. Begründung des RegE bei Kropff, S. 120. 10 Vgl. Mertens, i n Kölner K o m m . § 90 Rdn. 29. 11 Vgl. Baumbach I Hueck, § 90 Rdn. 14; Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 90 Rdn. 28.
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Gebilde eine nach außen abgrenzbare Einheit darstellt, lassen sich grundsätzlich zwei Arten von Maßnahmen vorstellen, um ein den organisationsrechtlichen Normen nicht entsprechendes Verhalten von Organen bzw. Organmitgliedern entweder von vornherein zu vermeiden oder i m nachhinein zu korrigieren. Einmal sind Regelungen denkbar, die rein gesellschaftsinterne Reaktionen ermöglichen, d. h. bei denen jedenfalls zunächst keine gesellschaftsfremde Instanz wie etwa ein Gericht oder eine sonstige Institution beteiligt wird. Dabei kommen insbesondere der Widerruf der Bestellung von Organmitgliedern, die bindende Weisung oder die Zulässigkeit der Ersatzvornahme durch ein anderes Organ i n Beracht, das als oberstes Organ eventuell sogar m i t einer umfassenden Kompetenzkompetenz ausgestattet sein kann. Zum anderen besteht die Möglichkeit, durch eine Einschaltung gesellschaftsexterner Institutionen die Rechtmäßigkeit oder sogar die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen der Gesellschaftsorgane zu kontrollieren und durchzusetzen. Insoweit kann man sich unterschiedliche Verfahrensarten vorstellen, wie ζ. B. eine zivilprozessuale Klage, deren Zulässigkeit Gegenstand dieser Untersuchung ist, ein hoheitliches Erzwingungs- oder Strafverfahren oder auch eine allgemeine staatliche Aufsicht durch eine besondere Behörde 1 . Das geltende Aktienrecht weist hinsichtlich der vorgesehenen Sanktionen keine einheitliche Linie auf. Es steht i m Spannungsfeld zweier Prinzipien. A u f der einen Seite ist der Grundsatz zu sehen, daß die Aktiengesellschaft eine privatrechtliche Körperschaft ist, die entsprechend der diesen grundsätzlich zugebilligten Autonomie ihre inneren Angelegenheiten soll selbständig regeln können 2 . Dieses Prinzip der Selbststeuerung w i r d für die Aktiengesellschaft insbesondere deshalb für geeignet gehalten, weil die gesellschaftsinternen Institutionen am besten befähigt seien, Entscheidungen i n einem i n den marktwirtschaftlichen Prozeß eingebetteten Unternehmen zu treffen 3 . Andererseits findet sich aber gerade i m Aktienrecht auch eine Reihe von externen Eingriffsmöglichkeiten. Die Geschichte des Aktienrechts ist gekennzeichnet durch die infolge mehrerer schwerer Krisen i m Aktienwesen immer wieder notwendig gewordene Suche des Gesetzgebers sowohl nach einem optimalen inneren Organisationsmodell für die Aktiengesellschaft wie auch nach externen Sanktionsmöglichkeiten zur Gewährleistung eines diesem Modell entsprechenden Verhaltens der Organmitglieder. Beides zusammen soll 1
Eine andere Weise der Auffächerung der denkbaren Maßnahmen findet sich bei Rittner, der nach dem Grad des öffentlichen Charakters vorgeht; vgl. Rittner, i n Planung V, 1971, S. 59 ff. 2 Fischer, AcP 154, S. 109; G. Müller, S. 75. 3 Vgl. Coing , i n Planung V, S. 12 f.; H. Krüger, i n Planung V, S. 56 f.; Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 95 Rdn. 1.
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gewährleisten, daß das Institut der Aktiengesellschaft nicht mißbraucht werden kann, daß es dabei aber auch funktionsfähig bleibt 4 . I m Laufe der Entwicklung des Aktienrechts wurde so das Verhältnis der Organe zueinander mehrere Male verändert. A u f der anderen Seite wurden die Publizitätsvorschriften und die Haftungsregelungen verschärft. E i n allgemeines Aufsichtsamt für Aktiengesellschaften als weitestgehende externe Eingriffsmöiglichkeit wurde allerdings i m deutschen Aktienrecht nicht eingeführt 5 . Die Staatsaufsicht bei Banken und Versicherungen ist insoweit als Sonderregelung anzusehen. Hervorzuheben ist i n diesem Zusammenhang aber das aktienrechtliche Zwangsgeldverfahren nach §§ 407 AktG i. V. m. 132 ff. FGG, i n dem das Registergericht von Amts wegen Zwangsgelder androhen und festsetzen kannn, um Vorstandsmitglieder und Abwickler zur Befolgung bestimmter aktienrechtlicher Vorschriften anzuhalten. Dieses Verfahren interessiert hier besonders deshalb, w e i l zu den auf diese Weise durchsetzbaren Pflichten auch die Berichtspflichten des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat aus § 90 A k t G gehören. Neben dem Zwangsgeldverfahren gemäß § 407 A k t G sind als gesetzlich vorgesehene Rechtsbehelfe die Schadensersatzklage auf der Grundlage der §§ 93, 116 A k t G und die Möglichkeit der Einleitung eines Strafverfahrens nach § 400 A k t G auf ihre Eignung zur Durchsetzung der Informationsrechte zu untersuchen. I m folgenden werden die zur Durchsetzung einer den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Information des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder i m Gesetz vorgesehenen gesellschaftsinternen und gesellschaftsexternen Druckmittel dargestellt. Dabei w i r d sich zeigen, daß der Umfang und die Wirksamkeit der rechtlichen Mittel, die dem jeweils Informationsberechtigten zur Verfügung stehen, sehr verschieden sind, je nachdem, ob es sich u m die Durchsetzung des Berichts Verlangens des Gesamtaufsichtsrats oder eines der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Vorstand oder um die Informationsrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden aus § 90 Abs. 5 A k t G handelt. Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Rechtsstellung der zum Empfang der Berichte Berechtigten sollen die unterschiedlichen i n Betracht kommenden internen Reaktionsmöglichkeiten und die externen Sanktionen Schadensersatzklage, Strafverfahren und Zwangsgeldverfahren getrennt für die drei i n Frage kommenden Fallgruppen untersucht werden.
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Vgl. Reich, i n JuS Commune, Band 2, S. 239 ff., 266, 275; Eckardt, i n Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, Vorbem., A n m . 16. 5 Vgl. zu den Vorschlägen zur Einführung einer Aufsichtsbehörde die Nachweise bei Pflüger, S. 94 ff.; Rittner, i n Planung V, S. 86; H. Krüger, i n Planung V, S. 56 u n d H. Westermann, i n Freundesgabe für Vits, S. 275 unter Fußn. 36.
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2. Gesellschaftsinterne Reaktionen
a) Berichtspflicht
des Vorstandes gegenüber dem Gesamtaufsichtsrat
Falls der Vorstand seinen Berichtspflichten gegenüber dem Gesamtaufsichtsrat nicht nachkommt, kann der Aufsichtsrat dies durch Beschluß 6 beanstanden und den Vorstand auffordern, an der nächsten Aufsichtsratssitzung teilzunehmen, u m dort entweder Bericht zu erstatten oder die Gründe des Aufsichtsrats anzuhören, auf die dieser sein Berichtsverlangen stützt, und sein Verhalten zu rechtfertigen. Der Vorstand ist grundsätzlich verpflichtet, einem solchen Verlangen des A u f sichtsrats, an seiner Sitzung teilzunehmen, nachzukommen 7 . Die Pflicht zur Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen und zur Begründung der Ablehnung des Berichtsverlangens ergibt sich aus der Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat und aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht. Der Aufsichtsrat kann dem Vorstand die Gründe für das Berichtsverlangen auch schriftliche mitteilen und i h n auffordern, gegebenenfalls schriftlich dazu Stellung zu nehmen. Der A u f sichtsrat hat dagegen nicht das Recht, an den Vorstandssitzungen selbst teilzunehmen, i n denen über das Berichtsverlangen verhandelt werden soll. Ein solches Teilnahmerecht, das auch umgekehrt für Vorstandsmitglieder an Aufsichtsratssitzungen nicht besteht 8 , würde die Fähigkeit des Organs zur Wahrnehmung seiner Organbefugnisse beeinträchtigen. Die Kontrollmittel des Aufsichtsrats beschränken sich insoweit auf das Berichtsverlangen nach § 90 A k t G und auf die i n § 111 Abs. 2 A k t G aufgeführten Möglichkeiten. Nach § 111 Abs. 2 A k t G hat der A u f sichtsrat das Recht, selbst die Bücher und Schriften der Gesellschaft usw. einzusehen und zu prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Diese „Selbsthilfe" vermag allerdings einen Bericht des Vorstandes nicht zu ersetzen. Beharrt der Vorstand auf seiner ablehnenden Haltung, so kommt ein Widerruf der Bestellung der Vorstandsmitglieder aus wichtigem Grund i n Betracht (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG). Ob die Weigerung, Bericht zu erstatten, einen wichtigen Grund i m Sinne dieser Vorschrift darstellt, ist nach der Lage des Einzelfalles zu entscheiden 9 . Wegen der Bedeutung der Erfüllung der Berichtspflicht des Vorstandes für die Uberwachungstätigkeit w i r d man dies jedenfalls dann annehmen müssen, wenn diese gefährdet erscheint. β
Vgl. Hoff mann, i n Handbuch des Aufsichtsrats, Rdn. 233. Vgl. Mertens, i n Kölner K o m m . § 109 Rdn. 11; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 109 A n m . 3; einschränkend Godin ί Wilhelmi, § 109 A n m . 3. 8 Vgl. Mertens, i n K ö l n e r K o m m . Rdn. 10; Godin / Wilhelmi, § 109 A n m . 3. 9 Vgl. Baumbach / Hueck, § 84 Rdn. 14. 7
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Aber selbst dann, wenn i n der Verweigerung der Berichterstattung i m Einzelfall kein wichtiger Grund zum Widerruf der Bestellung liegen sollte, ist der Widerruf bis zur gerichtlichen Feststellung seiner U n w i r k samkeit vorläufig wirksam (§ 84 Abs. 3 Satz 4 AktG). Der Aufsichtsrat muß bei einer Abberufung von Vorstandsmitgliedern allerdings immer berücksichtigen, daß die Abberufung regelmäßig erhebliche Auswirkungen auf das Unternehmen hat. Er muß deshalb eine sorgfältige Interessenabwägung vornehmen, um sich nicht eventuell selbst der Gefahr einer Sorgfaltspflichtverletzung m i t der Folge einer eigenen Haftung nach §§ 116, 93 A k t G auszusetzen. Ist i m Einzelfall unsicher, ob das Verhalten des Vorstandes einen wichtigen Grund zu seiner Abberufung darstellt, kannn es für den Aufsichtsrat zweckmäßig sein, den Vorfall der Hauptversammlung zur Entscheidung vorzulegen und einen Vertrauensentzug durch diese zu beantragen. Dieser stellt dann grundsätzlich einen wichtigen Grund für einen Widerruf der Bestellung dar, sofern er nicht aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt (§ 84 Abs. 3 Satz 2 AktG) 1 0 . Widerruft der Aufsichtsrat die Bestellung von Vorstandsmitgliedern, so besteht darüber hinaus für den Aufsichtsrat die Möglichkeit, gemäß §105 Abs. 2 A k t G einzelne Aufsichtsratsmitglieder als Stellvertreter der aus dem Vorstand durch den Widerruf der Bestellung ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder zu bestellen, um so die Erfüllung der Berichtspflicht zu gewährleisten 11 . Das ist allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum und höchstens für ein Jahr möglich (§ 105 Abs. 2 Satz 1 AktG). Der Aufsichtsr at muß bei der Einschaltung der Hauptversammlung in seine Auseinandersetzungen m i t dem Vorstand um die Erfüllung der Berichtspflicht nicht sofort einen Vertrauensentzug beantragen, sondern kann dabei sehr abgestuft vorgehen. Als mildeste Maßnahme kann er das Verhalten des Vorstandes i n dem schriftlichen Bericht an die Hauptversammlung zum Jahresabschluß rügen (§ 171 Abs. 2 AktG) 1 2 . Eine bloße Rüge zwingt die Hauptversammlung allerdings noch nicht, irgendwie zu den Differenzen zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstand Stellung zu nehmen. Sie kann aber von sich aus dem Vorstand das Mißtrauen aussprechen. Doch auch wenn die Hauptversammlung keinen ausdrücklichen Beschluß faßt, ist eine Mitteilung i m Bericht des Aufsichtsrats wegen ihrer Publizitätswirkung von erheblicher praktischer Bedeutung. Bei schwerwiegenden Verstößen des Vorstandes gegen seine Berichtspflicht kann der Aufsichtsrat auch den anstehenden Meinungsstreit ent10 11 12
Vgl. dazu Duden, B B 1961, S. 225 ff. Vgl. Hoffmann, i n Handbuch des Aufsichtsrats, Rdn. 233. Vgl. Werth, S. 33.
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weder auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Hauptversammlung setzen oder sogar von sich aus nur aus diesem Anlaß eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, wenn er es für das Wohl der Gesellschaft für erforderlich hält (§111 Abs. 3 AktG) 1 3 . I n diesem Fall w i r d die Hauptversammlung irgendwie zu dem anstehenden Problem Stellung nehmen. Der Aufsichtsrat kann auf der Hauptversammlung auch — wie bereits erwähnt — den ausdrücklichen Antrag stellen, dem Vorstand das Mißtrauen auszusprechen, um auf diese Weise dessen Abberufung vorzubereiten. Es erscheint allerdings fraglich, ob die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung allein aus diesem Grunde überhaupt jemals interessengemäß und damit pflichtgemäß ist, da durch sie erhebliche Kosten entstehen. Regelmäßig w i r d der A u f sichtsrat andere Maßnahmen wie ζ. B. den Widerruf der Bestellung oder die Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens gemäß §§ 407 i. V. m. 90 A k t G wählen müssen. Eine Einschätzung der dem Aufsichtsrat an die Hand gegebenen gesellschaftsintern wirkenden Regelungen zeigt, daß insbesondere m i t der Möglichkeit der Abberufung und schließlich der Ersatzbestellung recht gravierende Druckmittel i m Gesetz vorgesehen sind. Zu bedenken ist allerdings, daß die personellen Konsequenzen für die Gesellschaft regelmäßig einen erheblichen Eingriff darstellen und deshalb unverhältnismäßig sein können. Ungeeignet erscheinen sie insbesondere dann, wenn die Berichtsverweigerung des Vorstandes nicht i n eigennütziger und gegen die Gesellschaft gerichteter Absicht erfolgt, sondern i n der Uberzeugung, aus bestimmten Gründen dazu berechtigt oder gar verpflichtet zu sein 14 . E i n Mangel ist auch, daß ein neu bestellter Vorstand regelmäßig nicht i n dem gleichen Maße über Vorgänge der Vergangenheit berichten kann, wie dies der alte Vorstand hätte t u n können. b) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied stehen anders als dem Gesamtaufsichtsrat alle diese gesellschaftsinternen organisationsrechtlichen Maßnahmen wie ζ. B. Aufforderung zur Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung und letztlich Widerruf der Bestellung und Ersatzbestellung nicht zur Verfügung, wenn der Vorstand seinem Berichtsverlangen nach § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G nicht Folge leistet. Für sie ist jeweils ein Mehrheitsbeschluß des Aufsichtsrats erforderlich. I m Gesetz sind auch keine sonstigen organisationsrechtlichen Befugnisse vorgesehen, die das ein18
Vgl. Werth, S. 34. Z u m Recht des Vorstandes, die Berichterstattung unter Umständen verweigern zu dürfen, vgl. oben § 2 1,1 a. E. 14
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zelne Aufsichtsratsmitglied selbst gegenüber dem Vorstand einsetzen kann, um seine Berichtsrechte durchzusetzen. So kann das einzelne A u f sichtsratsmitglied auch nicht aus eigener Amtsbefugnis über § 111 Abs. 2 A k t G die Bücher und Schriften der Gesellschaft einsehen und prüfen, da dieses Prüfungsrecht ebenfalls nur dem Gesamtaufsichtsrat zusteht und ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied es nur aufgrund eines Beschlusses des Aufsichtsrats für diesen ausüben kann. Der Weg über den Gesamtaufsichtsrat entspricht aber nicht dem gesetzgeberischen Zweck des § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG, der die Durchsetzung eines Berichtsverlangens gerade auch gegen die Mehrheit des Aufsichtsrats ermöglichen soll. Eine Einschaltung der Hauptversammlung i n den Konflikt mit dem Vorstand durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied ist nur beschränkt möglich. Denkbar wäre insoweit ζ. B. eine Rüge der Nichterfüllung seines Berichtsverlangens gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G i n dem Bericht des A u f sichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 171 Abs. 2 A k t G über die Prüfung des Jahresabschlusses, des Geschäftsberichts und des Vorschlags für die Verwendung des Bilanzgewinns. Gemäß § 171 Abs. 2 Satz 2 A k t G ist vom Aufsichtsrat i n diesem Bericht auch mitzuteilen, i n welcher A r t und i n welchem Umfang er die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahres geprüft hat. I n diesem Zusammenhang kann der Aufsichtsrat auch Mitteilung davon machen, daß der Vorstand einem Berichts verlangen pflichtwidrig nicht nachgekommen ist. Gemäß § 171 Abs. 2 A k t G kommt dieser Bericht aber durch Beschluß des Gesamtaufsichtsrats zustande 15 . Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann damit nicht gegen den Willen der Mehrheit erreichen, daß darin eine Nichterfüllung eines von i h m ausgehenden Berichtsverlangens gerügt wird. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied kann die Verweigerung der Berichterstattung aber auf der Hauptversammlung selbst zur Sprache bringen. Alle Aufsichtsratsmitglieder haben ein Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung 1 6 . Dieses Teilnahmerecht umfaßt auch die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden und ζ. B. zum Prüfungsbericht des Gesamtaufsichtsrats eine eigene Stellungnahme abzugeben, i n der das Verhalten des Vorstandes mitgeteilt w i r d 1 7 . Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied ist i m Gegensatz zum Gesamtaufsichtsrat weiterhin nicht i n der Lage, sein Anliegen als besonderen Ta-
15
Vgl. Kropff, i n Geßler / Hefermehl / Eckhardt / Kropff, § 171 Rdn. 42. Vgl. Baumbach / Hueck, § 118 Rdn. 11. 17 Vgl. Schnorr, i n A u R 1953, S. 132, der eine Mitteilungspflicht der A u f sichtsratsmitglieder jedenfalls bei offensichtlichen Verstößen des Vorstandes gegen seine Berichtspflichten annimmt. 16
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gesordnungspunkt selbst auf die Tagesordnung zu bringen, da die Hauptversammlung nur entweder vom Vorstand (§ 121 Abs. 2 AktG) oder vom Aufsichtsrat (§111 Abs. 3 AktG) einberufen wird, nicht aber von einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied, so daß dieses als einzelnes auch nicht einen bestimmten Vorschlag zur Tagesordnung durchsetzen kannn. E i n einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann i n seiner Funktion als Organmitglied auch nicht gemäß §§ 125, 126 A k t G Anträge zur Tagesordnung stellen. Es kann sich allerdings helfen, indem es durch den Kauf von A k t i e n selbst Aktionär w i r d und i n dieser Eigenschaft einen Antrag wegen der Verletzung der Berichtspflicht durch den Vorstand einbringt. Ein solches Verfahren stellt keine unzulässige Umgehung der bestehenden aktienrechtlichen Vorschriften über die Hauptversammlung dar. Man w i r d auch nicht sagen können, daß ein solches Vorgehen eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gegen seine Sorgfaltspflicht als Organmitglied verstößt. A u f diese Weise w i r d eher einem objektiven Bedürfnis i n bezug auf eine Stärkung der Hechtsstellung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder Genüge getan. Wie bei jeder Stellungnahme eines Aufsichtsratsmitglieds i n der Hauptversammlung ergibt sich aus seiner Organstellung aber die Pflicht, solche Mitteilungen zu unterlassen, durch die der Gesellschaft ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen kann 1 8 . Andererseits ist die Wirksamkeit einer Anrufung der Hauptversammlung durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied deshalb fraglich, w e i l der Gesamtaufsichtsrat nicht gehalten ist, einem Mißtrauensvotum der Hauptversammlung zu entsprechen. Weiterhin ist die Anrufung der Hauptversammlung durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied dann kein angemessener Weg, wenn es sich bei diesem um einen Arbeitnehmervertreter handelt. Denn es ist zumindest zweifelhaft, ob die Hauptversammlung einem Arbeitnehmervertreter gegenüber der von ihr selbst gewählten Mehrheit i m Aufsichtsrat und dem von dieser gewählten Vorstand unterstützen wird. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die gesellschaftsinternen Sanktionen des einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes zur V e r w i r k lichung der i n § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G i m Jahre 1965 eingeführten Einzelrechte weit hinter denen des Gesamtaufsichtsrats zurückbleiben und keinesfalls als geeignet angesehen werden können, u m eine Durchsetzung der Berichtspflicht des Vorstandes zu gewährleisten.
18 Daß alle Sanktionen n u r dann eingesetzt werden dürfen, w e n n die damit verbundenen negativen Auswirkungen nicht unverhältnismäßig sind, betont auch Werth, S. 37.
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c) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des Auf sichtsrats Wenn der Aufsichtsratsvorsitzende einzelne Aufsichtsratsmitglieder i n ihrem Recht auf Kenntnisnahme von Berichten des Vorstandes (§ 90 Abs. 5 Satz 1 AktG) behindert oder sie nicht entsprechend seiner Verpflichtung gemäß § 90 Abs. 5 Satz 3 A k t G von Berichten des Vorstandes nach § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G unterrichtet, so haben die einzelnen A u f sichtsratsmitglieder wie bei ihrem Recht aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G keine wirksamen unmittelbaren gesellschaftsinternen Sanktionsmöglichkeiten. Eine Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden, die insoweit i n Betracht kommt, ist zwar jederzeit möglich und bedarf keines besonderen Grundes 19 , sie kann aber nur durch Beschluß des Gesamtaufsichtsrats erfolgen. Ein Selbstinformationsrecht, wie es dem Gesamtaufsichtsrat gemäß §111 Abs. 2 A k t G gegenüber dem Vorstand zusteht, gibt es gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden weder für das einzelne Aufsichtsratsmitglied noch für den Gesamtaufsichtsrat. Die Hauptversammlung, um deren Unterstützung sich das einzelne Aufsichtsratsmitglied i n seinem Konflikt m i t dem Aufsichtsratsvorsitzenden bemühen könnte, kann die Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden nicht widerrufen. Sie kann allerdings m i t einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen Aufsichtsratsmitglieder, die von i h r ohne Bindung an einen Wahl Vorschlag gewählt worden sind, jederzeit abberufen (§ 103 Abs. 1 AktG). Handelt es sich dabei um den Aufsichtsratsvorsitzenden, so endet damit zugleich dieses A m t 2 0 . Wie bereits i m Zusammenhang m i t § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G dargelegt worden ist, hat das einzelne Aufsichtsratsmitglied aber als solches keine Möglichkeit, eine Hauptversammlung zu diesem Zweck einzuberufen. Einen entsprechenden Tagesordnungspunkt kann es nur als Aktionär, nicht aber i n seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied durchsetzen. Auch hinsichtlich der Wirksamkeit der Einschaltung der Hauptversammlung i n einen Konflikt m i t dem Aufsichtsratsvorsitzenden wegen einer Verletzung der Pflichten aus § 90 Abs. 5 A k t G bestehen die gleichen Bedenken, wie bei der Nichterfüllung eines Berichts Verlangens eines einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G durch den Vorstand. I m Ergebnis müßte sich die Hauptversammlung wieder gegen die von ihr selbst gewählte Mehrheit i m Aufsichtsrat wenden. Eine Einschaltung der Hauptversammlung ist insbesondere dann kein geeignetes Mittel, den Konflikt zwischen dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied und dem 19 Vgl. Baumbach / Hueck, § 107 Rdn. 7; Godin / Wilhelmi, Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 107 A n m . 7. 20 Vgl. Godin / Wilhelmi, § 107 A n m . 2.
§ 107 A n m . 2;
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Aufsichtsratsvorsitzenden zu klären, wenn es sich bei dem ersteren um einen Arbeitnehmervertreter handelt. Die gesellschaftsinternen Sanktionen gewährleisten somit i n keiner Weise, daß das einzelne Aufsichtsratsmitglied entsprechend der Regelung des § 90 Abs. 5 A k t G vom Aufsichtsratsvorsitzenden über Vorstandsberichte informiert w i r d bzw. die schriftlichen Berichte ausgehändigt erhält. d) Zwischenergebnis Als erstes Zwischenergebnis kann festgestellt werden, daß nur dem Gesamtauf sichtsrat gesellschaftsinterne Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um auf den Vorstand Druck auszuüben, damit dieser seine gesetzlichen Berichtspflichten erfüllt. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied kann weder gegenüber dem Vorstand noch gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden wirkungsvolle gesellschaftsinterne Maßnahmen ergreifen. Die Sanktionsmöglichkeiten des Gesamtaufsichtsrats, von denen i m Konfliktsfall eigentlich nur die Abberufung wirklich wirksam ist, erscheinen andererseits zu undifferenziert, um i n allen Fällen der Interessenlage wirklich gerecht zu werden. 3. Klage auf Schadensersatz
a) Berichtspflicht
des Vorstandes gegenüber dem Gesamtauf sichtsrat
Die Berichtspflichten des Vorstandes gemäß § 90 A k t G gehören zu den Geschäftsführungspflichten des Vorstandes. Bei einer pflichtwidrigen Weigerung und einer Verletzung der Grundsätze einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft bei ihrer Erstattung 2 1 haften die Mitglieder des Vorstandes gemäß § 93 Abs. 1 A k t G für einen der Gesellschaft dadurch entstandenen Schaden 22 . Bei der Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruchs vertritt gemäß § 112 A k t G der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern. Z u beachten ist aber, daß durch die Nichterfüllung der Berichtspflicht allein der Gesellschaft noch kein Schaden entsteht. Eine Schadensersatzpflicht der Vorstandsmitglieder wegen Verletzung ihrer Berichtspflichten entsteht erst dann, wenn der Gesellschaft infolge der mangelhaften Aufsichtsmöglichkeiten ein sonst vermeidbarer Schaden erwachsen ist 2 3 . Wenn der Vorstand eine Berichterstattung verweigert, so w i r d er aber regelmäßig davon ausgehen, daß der Gesellschaft hierdurch gerade kein Schaden entstehen kann. Er w i r d sich vielmehr eventuell i m Interesse 21 22 25
Vgl. BGH, U r t . v. 26. 3. 1956, i n B G H Z 20, S. 246. Vgl. Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 11. Vgl. Rump ff, S. 21.
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der Gesellschaft dazu für verpflichtet halten. Bereits aus diesem Grunde erscheint die Androhung einer Schadensersatzklage durch den A u f sichtsrat kein taugliches Mittel, um den Vorstand zu einer Einhaltung seiner Berichtspflicht zu bewegen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß die Berichtspflichten des Vorstandes nicht allein dazu dienen, i m Einzelfall Schäden von der Gesellschaft abzuwenden. Sie sollen vielmehr ganz allgemein eine Beteiligung des Aufsichtsrats am Entscheidungsprozeß innerhalb der Gesellschaft sicherstellen. Dies w i r d besonders deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß der Aufsichtsrat gerade das Organ ist, bei dem die Mitbestimmung durch die Arbeitnehmer institutionalisiert worden ist. b) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern Auch wenn der Gesellschaft ein Schaden entsteht, der nicht eingetreten wäre, wenn der Vorstand entsprechend einem Berichtsverlangen eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds dem Gesamtaufsichtsrat gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G Bericht erstattet hätte, müssen die verantwortlichen Vorstandsmitglieder diesen Schaden der Gesellschaft gemäß § 93 A k t G ersetzen. Bereits bei der Berichtspflicht gegenüber dem Gesamtaufsichtsrat ist aber festgestellt worden, daß die Androhung von Schadensersatzklagen keine sehr geeignete Sanktion ist, um den Vorstand zur Erfüllung seiner Berichtspflichten anzuhalten. Bei der Frage der Durchsetzung des Berichtsverlangens eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G m i t Hilfe der Androhung einer Schadensersatzklage besteht noch folgende zusätzliche Schwierigkeit. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied, dessen Berichtsverlangen nicht erfüllt wurde, ist selbst nicht i n der Lage, den Schadensersatzanspruch der Gesellschaft selbständig geltend zu machen. Zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand ist gemäß § 112 A k t G nämlich grundsätzlich der Gesamtaufsichtsrat berufen, so daß ein Aufsichtsratsbeschluß erforderlich ist. Gemäß § 147 A k t G können daneben nur noch die Hauptversammlung oder eine Aktionärsminderheit eine Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen die Vorstandsmitglieder entgegen dem Willen des Gesamtaufsichtsrats erreichen, indem sie dies vom Aufsichtsrat verlangen oder notfalls besondere Vertreter berufen bzw. vom Gericht bestellen lassen. Uber diese Möglichkeiten hinaus erscheint es nicht zulässig, i n A n lehnung an die actio-pro-socio i m Recht der Personengesellschaften 24 hier eine Einzelklagebefugnis einzelner Aufsichtsratsmitglieder für zulässig zu halten, selbst wenn Vorstand und Aufsichtsratsmehrheit kollu24
Vgl. Mattik,
3 Lewerenz
S. 5 ff., 105 f. m i t umfangreichen Literaturnachweisen.
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siv zusammenarbeiten und sich keine entsprechende Mehrheit oder M i n derheit i n der Hauptversammlung findet, um Schadenersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder geltend zu machen. I n der Literatur w i r d zu dieser Frage allerdings, soweit ersichtlich, nicht Stellung genommen. Obwohl grundsätzlich ein Bedürfnis für eine entsprechende Klagemöglichkeit i n bestimmten Fällen nicht von der Hand zu weisen ist, w i r d man sie ebenso ablehnen müssen, wie nach allgemeiner Meinung die Klagebefugnis eines einzelnen Aktionärs de lege lata ausscheidet 25 . A n ders als i m Personengesellschaftsrecht 26 w i r d man hier keine ausfüllbare Gesetzeslücke annehmen können. Die Regelung des § 147 A k t G ist neben der Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat gemäß § 112 A k t G als abschließende Regelung für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder anzusehen. c) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des Aufsichtsrats Zur Geltendmachung von eventuellen Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden gemäß §§ 116, 93 A k t G wegen Verletzung der Informationspflichten aus § 90 Abs. 5 A k t G ist das einzelne Aufsichtsratsmitglied ebenso nicht befugt wie i m Falle der Verletzung der Pflichten aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G durch den Vorstand. Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist hier gemäß § 78 A k t G der Vorstand zuständig. Auch i m übrigen kann hinsichtlich der Tauglichkeit der Androhung eine Schadensersatzklage zur Durchsetzung der Informationspflichten des Aufsichtsratsvorsitzenden auf die entsprechenden Ausführungen zu den Berichtspflichten des Vorstandes verwiesen werden. 4. Strafverfahren gemäß § 400 A k t G
a) Berichtspflichten
des Vorstandes
Durch einen unwahren oder verschleierten Bericht an den A u f sichtsrat macht sich der Vorstand gemäß § 400 Nr. 1 oder Nr. 2 A k t G strafbar, wenn es sich um eine Ubersicht über den Vermögensstand der Gesellschaft oder eines Konzerns bzw. Teilkonzerns handelt, für den die Gesellschaft einen Konzern- bzw. Teilkonzernabschluß aufzustellen hat. Der Tatbestand des § 400 Nr. 1 und Nr. 2 A k t G umfaßt auch Darstel25 Vgl. dazu Pflüger, S. 58 ff. Ausführlich zur Klagebefugnis des einzelnen Aktionärs de lege ferenda auch Großfeld, S. 224 ff. Z u r A n w e n d u n g der G r u n d sätze der actio-pro-socio auf mehrgliedrige Organe vgl. auch Nitschke, S. 319. Auch er k o m m t zu dem Ergebnis, daß f ü r nichtmitgliedschaftliche Organmitglieder eine actio-pro-socio ausscheidet; vgl. S. 333. D a m i t müßte er sie auch f ü r einzelne Aufsichtsratsmitglieder ablehnen. 26 Vgl. hierzu Mattik, S. 79 ff.
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lungen und Ubersichten, die gemäß § 90 A k t G i n Berichten an den A u f sichtsrat erstattet werden 2 7 . Dies gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um einen periodischen Bericht oder um einen Bericht auf Verlangen des Aufsichtsrats oder auch eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds handelt. Nicht strafbar gemäß § 400 Nr. 1 und Nr. 2 A k t G ist es allerdings, wenn der Vorstand sich weigert, überhaupt einen Bericht an den A u f sichtsrat zu erstatten, da der Tatbestand des § 400 Nr. 1 und Nr. 2 A k t G irgendeine Berichterstattung voraussetzt 28 . Ein Schweigen kann nur dann zu einer Verletzung dieser Vorschrift führen, wenn hierdurch eine erfolgte Gesamtdarstellung verfälscht w i r d 2 9 . Zur Erzwingung von Berichten des Vorstandes ist die Strafvorschrift des § 400 A k t G damit regelmäßig bereits von der tatbestandlichen Eingrenzung her nicht geeignet. b) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder innnerhalb des Auf sichtsrats Als tauglicher Täter i. S. von § 400 Nr. 1 und Nr. 2 A k t G kommen zwar auch einzelne Aufsichtsratsmitglieder und damit auch der Aufsichtsratsvorsitzende bei einer Berichterstattung an den Aufsichtsr at i n Betracht. Es gilt hier aber wieder die gleiche Einschränkung, wie sie bereits bei Vorstandsberichten gemacht werden mußte. E i n pflichtwidriges Unterlassen einer Berichterstattung ist regelmäßig nicht tatbestandsmäßig i. S. dieser Vorschrift, so daß sie i m Falle der Verweigerung einer Information als Sanktionsgrundlage ausscheidet. 5. Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 407, 90 A k t G
Bei den gesetzlich vorgesehenen Sanktionen zur Durchsetzung der Berichtspflichten aus § 90 A k t G lassen sich nach der A r t ihrer Wirkung grundsätzlich zwei Gruppen unterscheiden. Die einen dienen der Verwirklichung eines gesetzmäßigen Verhaltens der Organmitglieder, indem sie bei einem Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften nachträglich ein Übel zufügen. Die anderen sind unmittelbar auf die Durchsetzung der Berichtspflichten gerichtet. I n die erste Gruppe gehören die bereits dargestellten M i t t e l einer Schadenersatzklage aufgrund einer Ersatzpflicht gemäß §§ 116, 93 A k t G und eines Strafverfahrens gemäß § 400 AktG. Die abstrakte gesetzliche Androhung dieser Folgen dient natürlich auch und sogar primär der präventiven Verhütung des rechtswidrigen Verhaltens. I m echten Konfliktsfall, i n dem jeder der Beteiligten i m Recht zu sein glaubt, vermögen diese Sanktionen aber die 27
Vgl. Baumbach / Hueck, § 400 Rdn. 5; Klussmann, A G 1974, S. 233. Vgl. Baumbach / Hueck, § 400 Rdn. 13. Diese A n m e r k u n g bezieht sich zwar auf § 400 Nr. 3, g i l t aber für § 400 Nr. 1 u n d Nr. 2 gleichermaßen. 29 Vgl. Baumbach / Hueck, § 400 Rdn. 8 a. E. 28
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berichtspflichtigen Organmitglieder nicht daran zu hindern, ihre Pflichten zu verletzen. Durch eine Schadenersatzklage kann dann nur noch versucht werden, den Schaden, sofern ein solcher eingetreten ist, wieder abzugleichen oder zu lindern. Ein Strafverfahren vermag insofern für die Gesellschaft gar nichts zu leisten. Diese Sanktionen unterscheiden sich nach ihrer Wirkung deshalb letztlich deutlich von Maßnahmen, die auf eine unmittelbare Durchsetzung der Berichtspflichten durch gerichtliche Zwangs- bzw. Vollstreckungsmaßnahmen gerichtet sind. Hier ist einmal die zivilprozessuale Leistungsklage auf Berichterstattung bzw. Aushändigung von Berichten zu nennen, die i m Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist und deren Zulässigkeit i n dieser Untersuchung geklärt werden soll. Ein Verfahren zur Erzwingung der Berichtspflichten des Vorstandes ist i m Aktiengesetz aber ausdrücklich normiert, nämlich das Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 407 i. V. m. 90 AktG. Danach kann das Registergericht von Amts wegen durch Androhung von Zwangsgeldern die Erfüllung der Berichtspflichten des Vorstandes gemäß § 90 A k t G erzwingen. Dieses Verfahren muß wegen der m i t der zivilprozessualen Leistungsklage identischen Zielrichtung deshalb i m folgenden besonders gründlich daraufhin untersucht werden, ob nicht wegen seiner Existenz eine zivilprozessuale Leistungsklage ausgeschlossen ist. a) Berichtspflicht
des Vorstandes gegenüber dem Gesamtauf sichtsrat aa) Charakter des Verfahrens
I m Gegensatz zu den §§ 399 bis 404 A k t G enthält § 407 A k t G keinen Straftatbestand. Die i m Gesetz als Zwangsgeld bezeichnete Sanktion ist keine Kriminalstrafe und auch keine eigentliche Ordnungsstrafe. Sie dient nicht der Ahndung begangenen Unrechts, sondern ausschließlich der Erzwingung der i n § 407 A k t G aufgeführten gesetzlich normierten Verhaltensweisen. Die Zwangsgelder gemäß § 407 A k t G sind somit reine Zwangs- und Beugemaßnahmen 80 . Das zeigt sich besonders darin, daß das Zwangsgeld zunächst nur unter Fristsetzung angedroht w i r d und daß es selbst dann nicht mehr verhängt werden darf, wenn das verlangte Tun erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist erfolgt 3 1 . bb) Gang des Verfahrens und Rechtsbehelfe der Vorstandsmitglieder Zuständig für das Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 407 A k t G i. V. m. 132 ff. FGG ist das Registergericht und gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 d RpflG der Rechtspfleger. Wenn dieser von einem sein Einschreiten nach § 407 30 Vgl. Klug, i n Großkomm., 2. Auflage, § 303 A k t G 1937 A n m . 1; Jansen, § 132 A n m . 1; Bärmann, § 36 I I 1 a, S. 226. 31 Vgl. Klug, i n Großkomm., 2. Auflage, § 303 A k t G 1937 A n m . 11; Godin! Wilhelmi, § 407 A n m . 4.
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A k t G rechtfertigenden Sachverhalt glaubhaft Kenntnis erhält, so muß er von Amts wegen tätig werden (§ 132 FGG). Er hat insoweit keinen Ermessensspielraum 32 . Ein Antrag ist nicht erforderlich. Anträge auf Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens sind nur Anregungen an das Registergericht. Der Rechtspfleger hat den säumigen Vorstandsmitgliedern unter A n drohung eines Zwangsgeldes aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen. Wenn die säumigen Vorstandsmitglieder innerhalb der bestimmten Frist weder ihrer gesetzlichen Verpflichtung genügen noch Einspruch erheben, so hat der Rechtspfleger das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen und zugleich die frühere Verfügung unter Androhung eines erneuten Zwangsgeldes zu wiederholen (§ 133 Abs. 1 FGG). Uber einen Einspruch entscheidet grundsätzlich ebenfalls der Rechtspfleger 33 . cc) Rechtsbehelfe des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder Für die Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens gemäß § 407 A k t G ist es gleichgültig, auf welchem Wege das Registergericht glaubhaft Kenntnis von Tatsachen erhält, aufgrund derer es zum Einschreiten verpflichtet ist. Insoweit kommen insbesondere der Aufsichtsrat und einzelne Aufsichtsratsmitglieder, daneben aber auch einzelne Vorstandsmitglieder i n Betracht 34 . Die Ablehnung der Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens durch das Registergericht ist grundsätzlich eine gemäß § 19 FGG beschwerdefähige Verfügung, gegen die wegen der Zuständigkeit des Rechtspflegers die unbefristete Erinnerung stattfindet ( § 1 1 Abs. 1 RpflG) 35 . Das gleiche gilt auch, wenn der Rechtspfleger auf einen Einspruch der Vorstandsmitglieder eine nach § 132 FGG erlassene Verfügung aufhebt 36 . 32
Vgl. Keidel / Winkler, § 132 A n m . 22. Vgl. Keidel / Winkler, § 132 A n m . 35, 36; Jansen, § 133 Rdn. 58. Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist befristete Erinnerung zulässig (§§ 139 FGG, 11 Abs. 1 RpflG). Über die Erinnerung entscheidet der Richter, w e n n er sie für zulässig u n d begründet hält (§11 Abs. 2 Satz 1 RpflG). Anderenfalls legt der Richter die Erinnerung dem Rechtsmittelgericht vor u n d unterrichtet die Beteiligten (§11 Abs. 3 Satz 4 RpflG). Die Erinnerung g i l t dann als Beschwerde (§11 Abs. 3 Satz 5 RpflG). Zuständig zur Verbescheidung der Beschwerde ist die K a m m e r für Handelssachen, w e n n eine solche bei dem übergeordneten Landgericht gebildet ist, sonst die Z i v i l k a m m e r (§ 30 FGG). 34 Falls einzelne Vorstandsmitglieder Maßnahmen nach § 407 einleiten w o l len, w i r d man aufgrund der organschaftlichen Treuepflicht annehmen müssen, daß sie zuvor den Gesamtvorstand u n d w o h l auch den Aufsichtsrat informieren müssen. Das gleiche g i l t für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder. Vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14. 7. 1966, i n W M 1966, S. 968 ff. 35 Vgl. Jansen, § 132 A n m . 56, 58; Godin I Wilhelmi, § 90 A n m . 11, der allerdings von Beschwerde spricht; vgl. dazu Fn. 36 zu § 2 I I . 33
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Die Frage, wem das Recht zur Beschwerde zusteht, w i r d i n der Literat u r kaum behandelt. Schlegelberger / Quassowski / Schmölder 37 nehmen an, daß i n dem Verfahren der Gesamtaufsichtsrat, wenn das Verlangen von diesem ausgeht, und wenn ein Individualverlangen eines Aufsichtsratsmitglieds abgelehnt ist, dieses beschwerdeberechtigt sei. Nicht klar w i r d dabei, ob die Beschwerde i m Namen der Gesellschaft oder i m eigenen Namen einzulegen ist. Godin / Wilhelmi 38 stellen nur fest, daß jedes Aufsichtsratsmitglied die Einleitung des Zwangsgeld Verfahrens beantragen könne und daß gegen einen ablehnenden Beschluß die Beschwerde zulässig sei, ohne zu sagen, wer i n wessen Namen die Beschwerde einlegen kann. Die Berechtigung zur Erinnerung oder Beschwerde m i t dem Ziel einer Erzwingung des Zwangsgeldverfahrens bestimmt sich nach § 20 FGG. Danach steht die Beschwerde jedem zu, dessen „Recht" durch die Verfügung beeinträchtigt wird. Nach überwiegender Meinung ist dabei unter Hecht i m Sinne des § 20 FGG ein vom Gesetz anerkanntes, von der Staatsordnung geschütztes subjektives Recht zu verstehen 39 . Der Anspruch auf Berichterstattung selbst scheidet als das durch die ablehnende Verfügung beeinträchtigte Recht aus. Denn über diesen w i r d i m Zwangsgeldverfahren gar nicht entschieden. Gegenstand des Zwangsgeldverfahrens ist vielmehr das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen den Vorstandsmitgliedern und dem Registergericht und i m Rahmen des hier interessierenden Β eschwerde Verfahrens das zwischen Beschwerdeführer und Registergericht 40 . Es handelt sich bei dem Ver41 fahren nach §§ 132 ff. FGG um materielle Verwaltungsgerichtsbarkeit . 36 Wenn der Richter auf die Erinnerung h i n die dem Einspruch des V o r standes stattgebende Entscheidung des Rechtspflegers nicht aufheben w i l l , dann hat er die Erinnerung dem Landgericht als Beschwerdegericht zur E n t scheidung vorzulegen. Die Erinnerung g i l t dann als Beschwerde ( § 1 1 Abs. 2 Satz 4 u n d 5 RpflG). Erachtet der Richter oder das Beschwerdegericht die Erinnerung bzw. die Beschwerde für begründet, so haben sie nach § 153 Abs. 2 F G G den Einspruch der Vorstandsmitglieder zu verwerfen. Der Richter k a n n außerdem das Verfahren auf die Erinnerung h i n selbst übernehmen u n d das Zwangsgeld festsetzen. E r k a n n es aber auch zur weiteren Entscheidung an den Rechtspfleger zurückgeben. Das Landgericht als Beschwerdegericht darf das Registergericht n u r zur Einleitung des Verfahrens anweisen; zum selbständigen Erlaß einer Verfügung nach § 132 F G G ist es nicht befugt; vgl. Jansen, § 132 A n m . 56. 87 § 246 H G B A n m . 8. 38 Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 11. 39 Vgl. Jansen, § 20 A n m . 4; Baur, § 29 A I I I 2 a, S. 320; Kamm, i n JuS 1961, S. 146 unter I I . 3; a. A . Kollhosser, S. 339, der ein rechtlich zu schützendes Interesse genügen läßt. 40 M i t Einschränkungen ebenso Kollhosser, S. 341 ff. m. w. Nachw. 41 Vgl. Jansen, § 132 A n m . 1; vgl. dazu auch Bötticher, i n Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages, Band 1, S. 520: „Der Beschwerdezug der F r e i w i l l i g e n Gerichtsbarkeit ü b e r n i m m t gleichzeitig die F u n k t i o n der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle."
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Allerdings ist die zivilrechtliche Verpflichtung zur Berichterstattung Voraussetzung für die Berechtigung des Registergerichts zur Durchführung des Zwangsgeldverfahrens. Da die Entscheidungen des Registergerichts aber keine materielle Rechtskraft besitzen 42 , w i r d durch die A b lehnung eines Zwangsgeldverfahrens ein eventuell Anspruchsberechtigter nicht gehindert, gegen die Vorstandsmitglieder i n einem zivilprozessualen Verfahren eine Klage auf Berichterstattung zu erheben, soweit eine solche nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Bei dem durch die Ablehnung des Zwangsgeldverfahrens betroffenen Recht handelt es sich somit um das subjektive öffentliche Recht auf pflichtgemäßes Einschreiten des Registergerichts gegen die Vorstandsmitglieder bei Verletzung der Berichtspflichten aus § 90 AktG, d. h. um ein öffentliches subjektives Recht 43 . Bei der Beantwortung der Frage, ob und wem ein solches subjektives öffentliches Recht zusteht, kannn allerdings unmittelbar an einen eventuellen privatrechtlichen Anspruch auf Berichterstattung angeknüpft werden. Denn falls hier ein solcher privatrechtlicher Anspruch zu bejahen ist, bleibt für die Beschwerdebefugnis des Anspruchsberechtigten nur noch zu entscheiden, ob das Zwangsgeldverfahren auch dem Schutze dieses Anspruchs dienen soll oder ob ausschließlich ein öffentliches I n teresse an der Einhaltung der Berichtspflichten durchgesetzt werden soll. Besteht ein solcher privatrechtlicher Anspruch aber nicht, so ist unmittelbar zu prüfen, ob das Zwangsgeldverfahren auch einem rechtlich zu schützenden Interesse eines Dritten an der Durchsetzung der Berichtspflicht dient, d. h. ob ein öffentliches subjektives Recht auf Einschreiten des Registergerichts besteht. I n der Literatur w i r d angenommen, daß die Gesellschaft gemäß § 112 A k t G vertreten durch den Aufsichtsrat gegen die Vorstandsmitglieder auf Berichterstattung klagen kann 4 4 . Ausgehend von dieser Auffassung müßte man annehmen, daß der Pflicht des Vorstandes, dem Aufsichtsrat auf sein Verlangen h i n zu berichten und i h m auch ohne Verlangen periodisch Berichte abzustatten, ein subjektives Recht der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Berichterstattung entspricht. Es bliebe dann für die Frage der Beschwerdebefugnis entsprechend den obigen Ausführungen zu entscheiden, ob das Zwangsgeldverfahren auch dem individuellen Interesse der Gesellschaft an der Erfüllung dieses Anspruchs auf Berichterstattung zu dienen bestimmt ist. Da die Rechtsnatur und zivilprozessuale Durchsetzbarkeit des Berichtsrechts aber 42 Vgl. Keidel / Winkler, § 31 A n m . 21; H. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 372. 43 Vgl. Kollhosser, S. 342. 44 Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 90 Rdn. 33; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 11; H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 378.
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erst noch geprüft werden soll, soll hier ein eventuell bestehender privatrechtlicher Anspruch auf Berichterstattung zunächst außer Betracht bleiben. Es soll vielmehr unmittelbar geprüft werden, ob das Zwangsgeldverfahren zur Erzwingung der Berichtspflichten des Vorstandes auch einem rechtlich geschützten Interesse der Gesellschaft dient. Entsprechend den obigen Ausführungen würde dies für eine Bejahung der Beschwerdebefugnis genügen. Primär handelt es sich bei dem Zwangsgeldverfahren um ein i m öffentlichen Interesse geschaffenes Verfahren 4 5 . Das gilt zunächst einmal für die Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten der Vorstandsmitglieder zur Anmeldung, zur Zeichnung der Unterschrift, usw., die sogar selbst als Verpflichtungen öffentlich-rechtlicher A r t qualifiziert werden 46 . Daß die Berichtspflichten des Vorstandes einer Aktiengesellschaft gemäß § 90 A k t G i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens erzwungen werden können und zwar von Amts wegen, erklärt sich aus dem öffentlichen Interesse an einem Funktionieren der Kontrolle innerhalb der Aktiengesellschaften, um Mißbräuchen der Macht des Vorstandes und w i r t schaftlichen Fehlentscheidungen vorzubeugen. Dieses öffentliche Interesse ergibt sich aus der grundlegenden Bedeutung der Aktiengesellschaften für die moderne Industriegesellschaft. Durch das Institut der Aktiengesellschaft ist die Finanzierung großer wirtschaftlicher Vorhaben möglich geworden. Das Aktienrecht eröffnet zusammen m i t dem Konzernrecht Wege zur Konzentration. Ohne das Vertrauen der Allgemeinheit und der beteiligten wirtschaftlichen Kreise i n die Tauglichkeit des Instituts Aktiengesellschaft würde es zu erheblichen Störungen der Wirtschaft kommen. Dem Schutz dieses Vertrauens dient unter anderem auch die Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat. I m mer wenn es zu Krisen i m Zusammenhang m i t dem Aktienwesen gekommen ist, wurde die Frage nach der Funktion und der Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats gestellt. Hier ist einmal an die Krise i n den Jahren kurz nach der Jahrhundertwende zu erinnern, die allerdings ohne gesetzgeberische Folgen blieb 4 7 . Bei der Novellierung des Aktienrechts infolge der Wirtschaftskrise 1931 war dann ein wesentlicher Bestandteil der Neuerungen die Verstärkung der Stellung des Aufsichtsrats und seiner einzelnen Mitglieder durch eine Verbesserung des Informationsrechts 48 . Das Informationsrecht des Aufsichtsrats und das Zwangsgeldverfahren zu seiner Durchsetzung dienen damit einem öffentlichen I n teresse. 45
Vgl. Jansen, § 132 A n m . 1. Vgl. Jansen, § 132 A n m . 1. 47 Vgl. Eckardt, i n Geßler / Hefermehl / Eckhardt / Kropff, Vorbem., Rdn. 12 m. w. Nachw. 48 Vgl. V o r w o r t zu Schlegelberg er / Quassowski / Schmölder. 48
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Es kann aber nicht übersehen werden, daß das Zwangsgeldverfahren zur Erzwingung der Berichtspflichten des Vorstandes zugleich auch dem Einzelinteresse der Gesellschaft dient und dienen soll. Denn nur über ihren Nutzen ist der Nutzen für die Allgemeinheit zu erreichen. Damit ist ein subjektives öffentliches Recht der Gesellschaft auf ein gesetzmäßiges Eingreifen des Registergerichts zur Gewährleistung der Berichtspflichten und folglich auch die Beschwerdeberechtigung der Gesellschaft nach § 20 FGG bei der Ablehnung eines solchen Verfahrens zu bejahen. Zuständig für die Einlegung der Beschwerde ist der Aufsichtsrat. Die Einlegung erfolgt i n Rechtsanalogie zu den Regelungen der §§ 112 und 404 Abs. 3 Satz 3 A k t G i m Namen der Gesellschaft. Denn die Interessenlage ist hier die gleiche wie bei der rechtsgeschäftlichen Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern bzw. der Stellung eines Strafantrags bei Verstößen von Vorstandsmitgliedern gegen die Verschwiegenheitspflicht des § 404 AktG. dd) Verhältnis vom Zwangsgeldverfahren und zivilprozessualer Leistungsklage Nachdem dargestellt worden ist, daß der Vorstand i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens gemäß §§ 407 A k t G i. V. m. 132 ff. FGG angehalten werden kann, seiner Pflicht zur Berichterstattung zu genügen, stellt sich die Frage, ob m i t der Möglichkeit des Zwangsgeldverfahrens nicht das Bedürfnis für die Zulässigkeit einer zivilprozessualen Klage entfällt. Falls ein solches Bedürfnis neben dem Zwangsgeldverfahren zu bejahen ist, bleibt zu prüfen, ob nicht trotzdem eine zivilprozessuale Klage ausscheidet, weil ein Nebeneinander beider Verfahren von vornherein ausgeschlossen ist. Beide Verfahren unterscheiden sich bereits nach dem Schwergewicht der von ihnen geschützten Interessen. Zwar ist den Verfahren gemeinsam, daß sie der Verwirklichung einer eigenständigen Information des Aufsichtsrats zum Zwecke der besseren Kontrolle des Vorstandes dienen. Da diese Kontrolle außer i m Interesse der Gesellschaft immer auch i m öffentlichen Interesse liegt, dient somit auch eine zivilprozessuale Leistungsklage letztlich zugleich diesem Interesse. Entscheidend ist aber, daß der Gesetzgeber das Zwangsgeldverfahren nach § 407 A k t G i n einer Weise ausgestaltet hat, die ganz überwiegend auf eine Wahrung der öffentlichen Interessen zugeschnitten ist 4 9 . Dem entspricht auch der insbesondere i n den Motiven zu der älteren Gesetzgebung 50 und der Litera49
So auch H. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 372. Vgl. hierzu die Entstehung der Aktienrechtsnovelle von 1884, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 5. Legislaturperiode, I V . Session, 3. Band, S. 245. 50
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t u r 5 1 hervorgehobene Zweck des Berichtsrechts des Aufsichtsrats. Diese Einschätzung geht zum Teil so weit, daß das Recht auf Berichterstattung als „öffentlich-rechtlich" bezeichnet w i r d 5 2 . Entsprechend dieser Einschätzung der Berichtspflicht des Vorstandes ist das Zwangsgeldverfahren als Amtsverfahren ausgestaltet, das auch ohne und sogar gegen den Willen der materiell Beteiligten eingeleitet und durchgeführt werden kann 5 3 . Daß es beim Zwangsgeldverfahren primär um öffentliche Interessen geht, macht auch verständlich, warum dem Richter ein Ermessensspielraum zugestanden worden ist (§ 135 Abs. 2 FFG) und daß der Entscheidung keine materielle Rechtskraft zukommt 5 4 . So kann eine Verfügung i m Rahmen der §§ 132 ff. FGG durch das Gericht geändert und zurückgenommen werden, § 18 FGG 5 5 . Es kann aber gerade i m Interesse der Gesellschaft liegen, daß der Meinungsstreit zwischen den Organen Vorstand und Aufsichtsrat durch ein m i t Rechtskraft ausgestattetes Urteil beendet wird. Es ist i m Einzelfall auch denkbar, daß es den Beteiligten außer um die Durchsetzung der Berichtsrechte auch oder sogar überwiegend um eine Klärung der Rechtslage gehen kann. Z u diesem Zweck erscheint aber das Zwangsgeldverfahren m i t seiner Zwangsgeldandrohung als unverhältnismäßig. Denn zwar kann das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch machen und auf die Festsetzung eines Zwangsgeldes verzichten. Die Parteien haben hierauf aber keinen unmittelbaren Einfluß. Hier zeigt sich, daß die Rechtsstellung der Beteiligten i m Zwangsgeld verfahr en der Freiwilgen Gerichtsbarkeit doch erheblich anders ist als die einer Partei i m zivilprozessualen Erkenntnisverfahren 5 6 . Die Möglichkeit des Zwangsgeldverfahrens vermag somit nicht das Bedürfnis für die Zulässigkeit einer Leistungsklage zu beseitigen. Trotzdem findet sich i n der Literatur vereinzelt die Auffassung, daß die Möglichkeit des Zwangsgeldverfahrens eine Klage grundsätzlich ausschließe, ohne daß dieses Ergebnis genauer begründet würde 5 7 . Diese 51
Vgl. hierzu die Nachweise unten Fn. 52 bis 54. Vgl. Horrwitz / Ulmer, § 246 H G B A n m . 3; Schlegelb erger / Quassowski / Schmölder, § 239 a A n m . 4; diese Kennzeichnung der Berichtspflicht ist f ü r das Innenverhältnis der Gesellschaft allerdings verfehlt, da diese Rechtsbeziehungen dem Privatrecht zuzuordnen sind; so bereits Ritter, § 81 A n m . 8. ö f f e n t lich-rechtlicher N a t u r ist n u r das Rechtsverhältnis zwischen den Organmitgliedern u n d dem Registergericht; vgl. dazu oben Seite 38. 63 Auch Bärmann, § 4 I 2 d, sieht als Gradmesser für die Stärke des öffentlichen Interesses an, daß das Ordnungsstrafverfahren ein Amtsverfahren ist. 54 Vgl. Keidel / Winkler, § 31 A n m . 21; H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 372. 55 Vgl. H. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 372. 56 I m Ergebnis ebenso H. Westermann (Fußn. 55), S. 373. 57 Vgl. Horrwitz / Ulmer, § 246 H G B A n m . 3 a. E. 52
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Schlußfolgerung ist aber nicht zwingend 5 8 . Bei einer K l ä r u n g dieser Frage ist vielmehr davon auszugehen, daß eine gesetzliche Regelung des Verhältnisses der Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 132 ff. FGG, die m i t Bötticher 59 als Regelungsstreitigkeiten des FGG gekennzeichnet werden können, zu den streitigen Verfahren der ZPO fehlt. Deshalb ist, wenn man zunächst einmal unterstellt, daß sich ein materiellrechtlicher A n spruch auf Berichterstattung begründen läßt, davon auszugehen, daß die Zulässigkeit einer entsprechenden Leistungsklage neben dem Verfahren nach §§ 407 A k t G i. V. m. 132 ff. FGG allein durch eine Interessenabwägung zu ermitteln ist. Wegen des Fehlens entgegenstehender Anhaltspunkte i m Gesetz bedarf es dann für die Annahme eines Ausschlusses einer Leistungsklage starker Anhaltspunkte insbesondere rechtspolitischer A r t 6 0 . Daß die Möglichkeit einer gerichtlichen Durchsetzbarkeit grundsätzlich den Interessen der Gesellschaft dienen würde, haben w i r bereits dargelegt 61 . Als Argument für die ausschließliche Zulässigkeit des FGGVerfahrens könnte aber angeführt werden, daß das Registergericht geeigneter sei, Streitfragen aus § 90 A k t G zu entscheiden, und daß das FGG-Verfahren die notwendige Zusammenarbeit der Organe doch weniger gefährden könnte als das zivilprozessuale Verfahren 6 2 . Dieser Gesichtspunkt t r i f f t für das FGG-Verfahren i n der Ausgestaltung als Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 132 ff. FGG aber nicht so eindeutig zu, als daß er einen Ausschluß eines zivilprozessualen Verfahrens tragen könnte. Das ergibt sich schon aus den voranstehenden Ausführungen, die zeigen, daß das Zwangsgeldverfahren des FGG zur Entscheidung unterschiedliche Rechtsauffassungen über die Berichtspflicht ein wenig geeignetes M i t t e l ist. Für die Annahme einer abschließenden Regelung bedürfte es schon eines Verfahrens, das ähnlich wie das der §§ 99, 132, 169, 260, 306, 320, 375, 388 A k t G beschaffen ist. Für diese überwiegend erst m i t dem Aktiengesetz 1965 eingeführten FGG-Verfahren zur Regelung von echten privatrechtlichen Streitigkeiten 6 3 gilt die ausschließliche Zuständigkeit der Freiwilligen Gerichtsbarkeit 64 . Diese Verfahren stehen aber auch zivilprozessualen Streitigkeiten wesentlich näher als das 58 Vgl. zu den folgenden Ausführungen insbesondere H. Westermann, in Festschrift f ü r Bötticher, S. 371 ff. 50 Bötticher, i n Festschrift f ü r Lent, S. 89 ff. 80 So auch ff. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 372. 61 Vgl. oben § 2 I I , 5, a, cc, S. 37. 82 Vgl. H. Westermann (Fußn. 60), S. 373, der als Beispiel f ü r eine solche Argumentation das OLG Kassel heranzieht, das i n einer i n Z Z P 38, S. 240, 245 abgedruckten Entscheidung ausführt, daß ausschließlich das Vormundschaftsgericht angerufen werden könne, w e n n es u m die Ersetzung der Zustimmung der F r a u nach §§ 1379, 1447 B G B a. F. gehe. 88 Vgl. Bärmann, § 4 I I 1 a, S. 23. 84 Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., §§ 97 - 99 Rdn. 1.
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Zwangsgeldverfahren. Wie dort haben die Beteiligten die Herrschaft über den Verfahrensbeginn (Antrag), den Verfahrensgegenstand (meist verzichtbare subjektive Rechte, daher ζ. B. Prozeßvergleich möglich) und i n gewissem Sinne auch über das Verfahrensende (Antragsrücknahme, gemeinsame bindende Erledigungserklärung). Wie i m Zivilprozeß erwächst auch die Entscheidung in materieller Rechtskraft 65 . Für das Ergebnis, daß wegen der Zulässigkeit des Zwangsgeldverfahrens eine zivilprozessuale Leistungsklage nicht von vornherein ausgeschlossen ist, spricht auch die Tatsache, daß das Gesetz selbst i n einer ganzen Reihe von Fällen die beiden Verfahren nebeneinander vorsieht 6 8 , so ζ. B. bei Firmenmißbrauch die Klage aus § 37 Abs. 2 HGB und das Ordnungsgeld des Registergerichts (§ 140 FGG), bei Nichtigkeit einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft m i t beschränkter Haftung und einer Genossenschaft die Klage aus §§ 275, 276 AktG, 76 GmbH und 94, 95, 96 GenG neben dem Löschungsverfahren der §§ 144, 147 FGG usw. 6 7 . Es ist somit festzustellen, daß wegen der unterschiedlichen Ziele der beiden Verfahren und der Unterschiede i n der Rechtsstellung der Beteiligten und i n der Wirkung der Entscheidung weder das Bedürfnis für die Zulässigkeit einer zivilprozessualen Leistungsklage entfällt noch durch das Zwangsgeldverfahren eine zivilprozessuale Leistungsklage über die i n Frage stehenden Rechte von vornherein ausgeschlossen ist 6 8 . b) Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern Erfüllt der Vorstand ein gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G von einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied gestelltes Berichts verlangen nicht, so kann dieses beim Registergericht die Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens anregen. Da das Zwangsgeldverfahren ein Amtsverfahren ist, muß das Registergericht Maßnahmen gegen den Vorstand ergreifen, sobald es von einem entsprechenden Sachverhalt glaubhaft Kenntnis erhält. Daß die Ablehnung der Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens eine beschwerdefähige Verfügung ist, wurde bereits festgestellt 69 . Fraglich ist, ob das einzelne Aufsichtsratsmitglied Beschwerde einlegen kann und gegebenenfalls ob es dies i m eigenen Namen oder i m Namen der Gesellschaft t u n muß. 85
Vgl. Bärmann, S. 24. Ebenso ff. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 373. 87 Weitere Beispiele finden sich bei Rosenberg / Schwab, § 11 I I 3. 88 I m Ergebnis ebenso: ff. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 373; Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 33; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 11. Z u m Aktiengesetz 1937: Ritter, 2. Auflage, § 75 A n m . 3 c; Schmidt / Meyer-Landrut, i n Großkomm., 2. Auflage, § 81 A n m . 9; Schlegelberger / Quassowski, § 81 A n m . 10/11; a. A . Horrwitz / Ulmer, § 239 a zu Anm. 5 u n d § 246 A n m . 3. 89 Vgl. oben § 2 I I , 5, a, cc. 88
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Wie bereits erwähnt, w i r d zu diesem Problem i n der Literatur nur vereinzelt Stellung genommen 70 . Gemäß § 20 FGG ist zu entscheiden, wem ein subjektives öffentliches Recht auf gesetzmäßiges Einschreiten des Registergerichts zusteht. Oben wurde festgestellt, daß bei der Entscheidung dieser Frage zu berücksichtigen ist, wem der entsprechende privatrechtliche Anspruch auf Berichterstattung zusteht 71 . Die Frage, ob ein solcher Anspruch besteht und ob er der Gesellschaft oder dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zusteht, ist aber gerade zweifelhaft und soll erst i m weiteren Verlauf dieser Arbeit geklärt werden. Es kann hier aber auch offen bleiben, ob das einzelne Aufsichtsratmitglied i m Falle der Berichts ver Weigerung bei einem Berichtsverlangen gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G i m eigenen Namen oder auch i m Namen der Gesellschaft Beschwerde beim Registergericht einlegen kann. Die voranstehenden Ausführungen zum Informationsrecht des Gesamtaufsichtsrats haben gezeigt, daß bei Bestehen eines subjektiven Rechts auf Berichterstattung dessen zivilprozessuale Durchsetzung jedenfalls nicht wegen einer Rechtsmittelbefugnis i m Zwangsgeldverfahren ausgeschlossen ist. c) Informationsrechte einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des Aufsichtsrats Das Zwangsgeldverfahren gemäß §§ 407 A k t G i. V. m. 132 FGG ist nur gegen Vorstandsmitglieder zulässig, nicht aber gegen den Aufsichtsratsv or sitzenden oder sonstige Aufsichtsratsmitglieder. Dies ergibt sich zwingend aus dem Wortlaut des § 407 A k t G 7 2 . Das Zwangsgeldverfahren kann dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied bei der Durchsetzung seiner Informationsrechte aus § 90 Abs. 5 A k t G deshalb nur dann nützen, wenn diese Rechte auch Wirkung i m Verhältnis zum Vorstand entfalten und nicht nur innerhalb des Aufsichtsrats. Eine solche Wirkung könnte z. B. so aussehen, daß der Vorstand wegen § 90 Abs. 5 A k t G trotz vorangegangener Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden erneut und ohne Zwischenschaltung des Aufsichtsratsvorsitzenden einen Bericht an den Gesamtaufsichtsrat erstatten muß, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende seiner Informationspflicht aus § 90 Abs. 5 A k t G nicht nachkommt. Diese Pflicht könnte das einzelne A u f sichtsratsmitglied dann eventuell i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens durchsetzen. 70
Vgl. oben § 2 I I , 5, a, cc. Vgl. oben § 2 I I , 5, a, cc. 72 Vgl. Beschluß des BayObLG v. 25. 4. 1968 i n A G 1968, S. 330 a. E.; Baumbach I Hueck, § 407 Rdn. 2; Godin / Wilhelmi, § 407 A n m . 2; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 14; H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 374. 71
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Wenn sich dagegen aus dem Recht auf Kenntnisnahme durch jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied keine besonderen Pflichten für den Vorstand ergeben, können auch aus § 90 Abs. 5 A k t G keine Sanktionen i m Wege des Zwangsgeldverfahrens gegen den Vorstand eingeleitet werden. Bei mündlichen Berichten des Vorstandes könnte eine Verletzung des Rechts des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auf Kenntnisnahme der Berichte aus § 90 Abs. 5 A k t G ζ. B. i n der Weise erfolgen, daß der A u f sichtsratsvorsitzende nicht alle Aufsichtsratsmitglieder zur Sitzung einlädt oder daß der Bericht i n der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung nicht hinreichend deutlich aufgeführt ist. M i t einem Bericht vor einer i n dieser Weise fehlerhaft einberufenen Aufsichtsratssitzung w i r d der Vorstand nicht von seiner Berichtspflicht frei. Der Grund hierfür liegt aber nicht i n der Verletzung des sich aus § 90 Abs. 5 Satz 1 A k t G ergebenden Rechts jedes einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auf Kenntnisnahme von den Vorstandsberichten. Vielmehr genügt ein Bericht von einer fehlerhaft einberufenen Aufsichtsratssitzung bereits nicht dem Erfordernis eines Berichts an den Aufsichtsr at. Zur Beurteilung dieser Sachlage können weitgehend die gleichen Grundsätze herangezogen werden, wie sie für die Fehlerhaftigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen entwickelt worden sind 7 3 . Die wegen des formellen Mangels nicht erschienenen Aufsichtsratsmitglieder brauchen sich nicht damit zufriedenzugeben, daß sie nun vom Aufsichtsratsvorsitzenden oder anderen Aufsichtsratsmitgliedern über den Bericht des Vorstandes unterrichtet werden. Anders als i m Falle des § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G kann eine solche Berichterstattung den Bericht des Vorstandes selbst nicht ersetzen. Andererseits können sie aber auf einen erneuten Bericht verzichten. Sie setzen sich allerdings hierdurch dem Risiko aus, daß sie gemäß §§ 116, 93 A k t G haftbar werden, falls sie hierdurch nur unzureichend informiert werden und sie damit rechnen konnten. Für die mündliche Berichterstattung läßt sich somit feststellen, daß das Recht auf Kenntnisnahme der Berichte durch das Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auf Teilnahme an den Sitzungen des A u f sichtsrats geschützt wird. W i r d es an diesem Teilnahmerecht durch fehlende oder nicht ordnungsgemäße Einladung oder ein anderer Weise gehindert, so kann es erneute Berichterstattung vom Vorstand verlangen, da dann keine dem Vorstand von seiner Berichtspflicht befreiende Berichterstattung an den Aufsichtsrat erfolgt ist. I n diesem Fall kann somit auch i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens gegen den Vorstand vorgegangen werden. Sollte der Aufsichtsratsvorsitzende sich i n diesem Falle 73
Vgl. Scheuffler,
S. 10 ff.; Meilicke, i n Festschrift für Schmidt, S. 77 ff.
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weigern, eine erneute Aufsichtsratssitzung einzuberufen, so w i r d man den Vorstand für verpflichtet halten müssen, den Bericht schriftlich abzustatten. Hinsichtlich der Durchsetzung der Kenntnisnahme von diesem Bericht gelten dann die gleich zu erörternden Grundgesetze bei schriftlicher Berichterstattung. Ist der Bericht vom Vorstand dagegen i n einer ordnungsgemäßen Aufsichtsratssitzung erstattet worden, so hat der Vorstand seine Pflicht erfüllt und eine Erzwingung i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens gegen den Vorstand scheidet aus, auch wenn nicht alle Aufsichtsratsmitglieder an der Sitzung teilgenommen haben. Bei schriftlicher Berichterstattung geht die Literatur allgemein davon aus, daß der Vorstand seiner Berichtspflicht Genüge getan hat, wenn er den schriftlichen Bericht dem A u f sichtsrats Vorsitzenden übersandt hat 7 4 . I n der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es dazu, daß der Vorstand i n der Regel seine Pflicht erfüllt habe, wenn er dem Vorsitzenden einen schriftlichen Bericht zuleitet 75 . Diese Auffassung vertritt auch das BayObLG i n seiner Entscheidung vom 25. A p r i l 196876. Der Vorstand darf danach i m allgemeinen darauf vertrauen, daß der Vorsitzende den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern i n geeigneter Weise den Bericht übermittelt. Ausgangspunkt der dargestellten Auffassungen i n der Literatur und Rechtsprechung ist offensichtlich die auch vom BayObLG vertretene Auffassung, daß es sich i n den fraglichen Fällen um einen Streit zwischen den Mitgliedern des Aufsichtsrats und dessen Vorsitzenden bzw. der Mehrheit des Aufsichtsrats handele. Die Entscheidung solcher Streitigkeiten sei aber nicht Aufgabe des Registergerichts 77 . Das BayObLG begründet diese Auffassung damit, daß dem Registergericht i m Gesetz nicht die Möglichkeit eingeräumt sei, Aufsichtsratsmitglieder oder auch den Aufsichtsratsvorsitzenden durch Zwangsgelder gemäß § 407 A k t G zu einem bestimmten Handeln zu zwingen. Das Zwangsgeldverfahren des Registergerichts richtete sich lediglich gegen die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft, die Vorstandsmitglieder und die Abwickler. Dieser Argumentation hat sich Meyer-Landrut i m wesentlichen angeschlossen 78 . Mertens stimmt ihr jedenfalls insoweit zu, als § 90 Abs. 5 A k t G das Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auf Unterrichtung nicht gegenüber dem Vorstand, sondern innerhalb des Aufsichtsrats selbst regele 79 . Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus dem unmittel74 Vgl. Baumbach / Hueck, § 90 Rdn. 3; Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 28; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 6. 75 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs bei Kropff, S. 119. 76 I n A G 1968, S. 329 f.; vgl. auch die Besprechung dieser Entscheidung von Kunze, Mitbestimmungsgespräch 1969, S. 13. 77 Beschluß des BayObLG v. 25. 4.1968 i n A G 1968, S. 330. 78 Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 Anm. 6 a. E. 79 Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 28.
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baren Zusammenhang, i n den die Generalklausel des Abs. 5 Satz 1 durch die Zusammenfassung mit den Sätzen 2 und 3 i n einem einzigen Absatz gebracht worden ist. Andererseits fragt Rechts des einzelnen doch bewirken kann, an den Aufsichtsrat kann.
es sich aber trotzdem, ob eine Verletzung des Aufsichtsratsmitglieds auf Kenntnisnahme nicht daß auch ein schriftlicher Bericht des Vorstandes nicht als wirksamer Bericht angesehen werden
Das BayObLG hat i n der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, ob der Berichtsanspruch des Aufsichtsrats dann, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende den übrigen Mitgliedern die Kenntnisnahme mißbräuchlich verwehrt, nicht doch unmittelbar gegenüber den Mitgliedern des Vorstandes geltend gemacht werden kann oder ob der Vorstand i n einem solchen Fall zumindest berechtigt ist, den A u f sichtsratsmitgliedern von sich aus den Bericht zur Kenntnis zu geben 80 . Nach Mertens 81 darf der Vorstand den Bericht dann entgegen der Stellungnahme des Aufsichtsratsvorsitzenden den Aufsichtsratsmitgliedern direkt zuleiten, wenn der Gesamtaufsichtsrat dies beschlossen hat. Begründet w i r d dieses Ergebnis von Mertens nicht. Meyer-Landrut 82 läßt insoweit genügen, daß keine entgegenstehende Weisung des Aufsichtsratsvorsitzenden und wohl auch kein entgegengesetzter Beschluß des Aufsichtsrats vorliegt. Er begründet dies damit, daß schriftliche Berichte ohnehin grundsätzlich jedem Mitglied auszuhändigen seien. Daß der Vorstand eine Weisung des Aufsichtsratsvorsitzenden, die schriftlichen Berichte nur an i h n zu übermitteln, befolgen müsse, ergebe sich daraus, daß der Aufsichtsrat etwas anderes beschließen könne. Nicht deutlich w i r d bei beiden, ob einem Recht des Vorstandes zur unmittelbaren Zusendung der Berichte dann auch die Pflicht entspricht, von diesem Recht Gebrauch zu machen. I n der Literatur w i r d — soweit ersichtlich — auch nicht die Frage erörtert, ob der Vorstand nicht verpflichtet ist, den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern den Bericht i n den Geschäftsräumen zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, selbst wenn eine Weisung des Aufsichtsratsvorsitzenden oder ein Beschluß des Aufsichtsrats der Aushändigung entgegensteht. Zuzustimmen ist der Auffassung, daß der Aufsichtsratsvorsitzende grundsätzlich der zum Empfang der Berichte Berechtigte ist. Das ergibt sich bereits daraus, daß er die Möglichkeit haben muß, über den Ausschluß der Aushändigung der Berichte gemäß § 90 Abs. 5 Satz 2 A k t G beschließen zu lassen 83 , und ein solches Vorgehen entspricht auch der 80 81 82 83
Beschluß des BayObLG v. 25. 4.1968 i n A G 1968, S. 330. Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 28 a. E. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 11. Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 11.
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Praxis 8 4 . Eine gesetzliche Bestätigung dieser bevorzugten Stellung i m Informationsfluß vom Vorstand zum Aufsichtsrat ist i n der i m Gesetz ausdrücklich geregelten Empfangszuständigkeit für Berichte aus sonstigem wichtigen Anlaß gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G zu sehen. Damit hat der Vorstand grundsätzlich seiner Berichtspflicht Genüge getan, wenn er den Bericht dem A u f sichtsrats Vorsitzenden zugeleitet hat. Wenn der Aufsichtsratsvorsitzende den Bericht dem Aufsichtsrat vorenthält, so kann dieser i h n einmal durch Beschluß abwählen und einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden bestimmen, der seiner Pflicht zur Weiterleitung der Berichte nachkommt. Eine A b w a h l ist jederzeit möglich und bedarf keines besonderen Grundes 85 . Man w i r d es aber als weniger weitgehende Maßnahme auch für möglich halten müssen, daß der A u f sichtsrat nur durch Beschluß die für gewöhnlich gegebene Empfangszuständigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden für die schriftlichen Vorstandberichte aufhebt und entweder einen anderen Empfangsberechtigten bestimmt oder Ubersendung an alle Aufsichtsratsmitglieder verlangt 8 6 . Nach einem solchen Beschluß kann sich der Vorstand nicht mehr darauf berufen, daß er seine Berichtspflicht bereits erfüllt habe. Zwar kann für gewöhnlich eine einmal gegebene Empfangszuständigkeit nicht beliebig rückwirkend beseitigt werden und durch eine andere ersetzt werden. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft kann sich i n einem Fall wie dem vorliegenden aber nicht darauf berufen, daß er den Bericht dem Empfangsberechtigten bereits zugesandt habe. Aus seiner organschaftlichen Treuepflicht folgt, daß er einem sachlich gerechtfertigten Verlangen auf erneute Ubersendung des Berichts nachzukommen hat. Da die Empfangszuständigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden aber nur durch Mehrheitsbeschluß des Aufsichtsrats aufgehoben werden kann, steht das Zwangsgeldverfahren Minderheiten des Aufsichtsrats oder einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern nicht zur Verfügung, um Einsicht i n die Berichte bzw. ihrer Aushändigung zu erlangen, wenn sie nicht von der Mehrheit des Aufsichtsrats unterstützt werden. Ein unmitelbares Vorgehen gegen den Vorstand scheidet i n diesem Fall aus, da dieser m i t der Übersendung an den Aufsichtsratsvorsitzenden seine Berichtspflicht erfüllt hat. Die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder können sich i n einem solchen Fall aufgrund ihres Rechts auf Kenntnisnahme der Berichte gemäß § 90 Abs. 5 Satz 1 A k t G nur unmittelbar an den Aufsichtsratsvor84
Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 28. Vgl. Baumbach / Hueck, § 107 Rdn. 7. 86 Entsprechend v e r t r i t t Mertens die Auffassung, daß der Aufsichtsratsvorsitzende zwar grundsätzlich k r a f t Amtes dazu berufen u n d auch ermächtigt sei, einen Beschluß des Aufsichtsrats dem Adressaten mitzuteilen, daß der Aufsichtsrat i m Einzelfall aber nicht gehindert sei, für die Äußerung ein anderes Verfahren vorzusehen; vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 107 Rdn. 34. 85
4 Lewerenz
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sitzenden halten. E i n Zwangsgeldverfahren gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden ist aber nicht zulässig, wie bereits dargestellt worden ist 8 7 . Z u erörtern bleibt, ob sich Besonderheiten bei Berichten gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG ergeben, die der Vorstand aus wichtigem Anlaß unmittelbar an den Aufsichtsratsvorsitzenden erstattet hat, wenn dieser seiner Pflicht zur Unterrichtung der übrigen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 5 Satz 3 A k t G nicht nachkommt. Bei den Berichten des Vorstandes an den Aufsichtsratsvorsitzenden gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G liegt es nahe, dem Aufsichtsrat wie auch sonst bei schriftlichen Berichten das Recht zuzugestehen, durch Beschluß die Empfangszuständigkeit des Aufsichtsratvorsitzenden zu beseitigen und den Bericht an sich selbst zu verlangen, wenn der AufsichtsratsVorsitzende die Weiterleitung der Berichte an den Aufsichtsrat verweigert. Bedenken hiergegen könnten sich daraus ergeben, daß bei Berichten gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G der Aufsichtsratsvorsitzende vom Gesetz ausdrücklich zum Empfangsberechtigten bestimmt wird. Es ist zu prüfen, ob sich aus Sinn und Zweck dieser Regelung ergibt, daß i n diesem Fall die Empfangszuständigkeit des Aufsichtsrats zwingend sein soll. Das könnte dann der Fall sein, wenn der Gesetzgeber dem Aufsichtsratsvorsitzenden auf diese Weise i n den Besitz von Informationen bringen wollte, die dieser nicht unbedingt auch an alle weiteren Aufsichtsratsmitglieder weiterleiten muß, sondern unter denen er nach seinem pflichtgemäßen Ermessen eine Auswahl treffen kann. Für § 81 A k t G 1937 wurde teilweise die Ansicht vertreten, es sei Sache des Aufsichtsratsvorsitzenden, nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob er den Inhalt des Berichts dem gesamten Aufsichtsrat zur Kenntnis bringen wolle oder nicht 8 8 . I n § 90 Abs. 5 Satz 3 A k t G hat nun der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt, daß der Aufsichtsratsvorsitzende den Gesamtaufsichtsrat über alle Berichte des Vorstandes zu unterrichten hat. Damit ist klargestellt, daß die ausdrückliche Empfangszuständigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden nur den Zweck hat, den Informationsfluß zu beschleunigen 89 . Der Gesetzgeber geht davon aus, daß der A u f sichtsratsvorsitzende am besten die geeigneten Maßnahmen treffen kann, um den gesamten Aufsichtsrat i n einer der Bedeutung und Eilbedürftigkeit der Sache angemessenen Weise zu unterrichten. Insoweit kommen ζ. B. die unmittelbare Zusendung eines schriftlichen Berichts oder auch die sofortige Einberufung einer Aufsichtsratssitzung i n Betracht. 87
Vgl. oben § 2 I I , 5, c. Schmidt, i n Großkomm., 2. Auflage, § 81 A k t G 1937 A n m . 7; Schlegelberger / Quassowski, § 81 A k t G 1937 A n m . 8. 89 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs bei Kröpf f, S. 117. 88
I I I . Lücken i m Sanktionensystem
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Entsprechend dieser Funktion der Empfangsberechtigung gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G erscheint es zulässig, daß der Gesamtaufsichtsrat für den Fall einer rechtswidrigen Nichtweiterleitung der Berichte an den Aufsichtsrat erneute Berichterstattung nun an sich selbst verlangen kann, d.h. daß der Aufsichtsrat durch Beschluß die Empfangszuständigkeit auch i m Fall des § 90 Abs. 1 Satz 2 A k t G ändern kann. Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann andererseits ohne einen entsprechenden Aufsichtsratsbeschluß keine erneute Berichterstattung an den Aufsichtsrat oder an sich verlangen. Die Änderung der gesetzlichen Empfangszuständigkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden ist nur durch Aufsichtsratsbeschluß möglich. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied muß sich unmittelbar an den Aufsichtsratsvorsitzenden wenden und von diesem nach § 90 Abs. 5 A k t G Berichterstattung verlangen. Zur Erzwingung dieses Anspruchs steht i h m aber das Zwangsgeldverfahren nicht zur Verfügung 9 0 . I I I . Zwischenergebnis: Lücken im Sanktionensystem Die Untersuchung der Durchsetzbarkeit der verschiedenen Rechte des Gesamtaufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G hat gezeigt, daß dem jeweils Berechtigten sehr unterschiedliche Sanktionen zu ihrer Durchsetzung zur Verfügung stehen. Ungeachtet ihrer Unterschiedlichkeit könnnen sie aber in keinem Fall als hinreichend angesehen werden, u m ein Bedürfnis für eine zivilprozessuale Leistungsklage auszuschließen. A m deutlichsten zeigt sich dies bei dem Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds, vom Vorsitzenden gemäß § 90 Abs. 5 Satz 3 AktG über Vorstandsberichte nach Abs. 1 Satz 2 unterrichtet zu werden und gemäß Abs. 5 Satz 2 schriftliche Berichte des Vorstands ausgehändigt zu erhalten. Ein Zwangsgeldverfahren gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden gibt es nicht. Die Geltendmachung einer Schadenersatzpflicht setzt einen Beschluß des Gesamtaufsichtsrats voraus. Das gilt auch für die gesellschaftsinterne Sanktion der A b w a h l vom A m t des Aufsichtsrastvorsitzenden. E i n Rückgriff auf das Gesamtorgan entspricht aber gerade nicht dem Sinn der gesetzlichen Regelung, die die Stellung des einzelnen A u f sichtsratsmitglieds gegenüber dem Gesamtorgan stärken w i l l . Es besteht hier somit mangels anderer Sanktionsmöglichkeiten grundsätzlich ein Bedürfnis für die Zulässigkeit einer Durchsetzung der Rechte des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds aus § 90 Abs. 5 A k t G i m Wege einer zivilprozessualen Leistungsklage. I n einer ähnlichen Lage sieht sich das einzelne Aufsichtsratsmitglied, wenn es gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG m i t Unterstützung eines weiteren 90
4·
Vgl. oben § 2 I I , 5, c.
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Mitglieds einen Bericht an den Aufsichtsrat verlangt. Für die Androhung einer Klage auf Schadensersatz wie auch für denkbare gesellschaftsinterne Reaktionen fehlt i h m wieder die organisationsrechtliche Einzelzuständigkeit. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied hat hier allerdings anders als bei § 90 Abs. 5 A k t G die Möglichkeit, sein Berichts verlangen i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens gemäß §§ 407 A k t G i. V. m. 132 ff. FGG durchzusetzen. Es ist i n diesem Verfahren auch rechtsmittelbefugt. Es wurde aber dargelegt, daß das Zwangsgeldverfahren weder grundsätzlich die Zulässigkeit einer zivilprozessualen Klage ausschließt noch m i t i h m das Bedürfnis für eine solche entfällt. Dem Gesamtauf sichtsrat stehen i m Gegensatz zu den einzelnen A u f sichtsratsmitgliedern hinsichtlich der Durchsetzung seiner Berichtsrechte aus § 90 A k t G eine Reihe recht wirksamer Druckmittel zur Seite. Als wirksamste gesellschaftsinterne Reaktion kann er den sich weigernden Vorstandsmitgliedern ihre Abberufung androhen. Darüber hinaus kommt für den Fall der Abberufung eine Ersatzbestellung einzelner Aufsichtsratsmitglieder zu Stellvertretern von Vorstandsmitgliedern i n Betracht, § 105 Abs. 2 AktG. Als gesellschaftsexterne Sanktion kann er dem Vorstand m i t einer Schadenersatzklage drohen oder gegen i h n ein Zwangsgeldverfahren einleiten. Trotzdem ist festzustellen, daß alle diese Möglichkeiten nicht voll zu befriedigen vermögen. Eine Abberufung von an sich befähigten Vorstandsmitgliedern wegen Verletzung der Berichtspflichten erscheint wegen der Folgenschwere dieser Maßnahme nur i n extremen Fällen zur Lösung des Konflikts geeignet. Die bis zur Perfektion fortentwickelten Normen über die Schadenersatzpflicht von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern i m Aktiengesetz haben sich i n der Praxis als nur beschränkt wirksam erwiesen 1 . Z u solchen Schadenersatzklagen gegen Vorstandsmitglieder ist es bisher kaum jemals gekommen 2 . Es lassen sich hierfür eine Reihe von Gründen anführen. Die Organmitglieder scheuen i m Interesse der Gesellschaft die Publizitätswirkung solcher Prozesse 3. Auch w i r d der Schadensnachweis häufig schwerfallen 4 . Unabhängig von der Praktikabilität der Schadenersatzklage ist zu bedenken, daß es bei den Berichtspflichten des Vorstands nicht allein darum geht, Schaden von der Gesellschaft abzuwen1 Z u r Unzulänglichkeit der bestehenden Möglichkeiten zur Durchsetzung der verbandsinternen H a f t u n g bei der Aktiengesellschaft vgl. Großfeld, S. 220 ff. 2 Vgl. Saage, D B 1973, S. 119. 3 Vgl. Saage, D B 1973, S. 118; vgl. hierzu auch Werth, S. 94, der i n einer empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, daß die Aufsichtsräte als Machtmittel m i t Publizitätswirkung n u r die Abberufung einsetzen. 4 Vgl. Saage, i n D B 1973, S. 119.
I I I . Lücken i m Sanktionensystem
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den, sondern auch bezweckt wird, einen ganz bestimmten Entscheidungsprozeß sicherzustellen, i n den der Aufsichtsr at eingeschaltet sein soll. Ein Ubergehen des Aufsichtsrats trägt nicht immer die Gefahr i n sich, daß der Gesellschaft ein Schaden entsteht. Die Einhaltung der gesetzlichen Organisationsvorschriften über die Beteiligung des A u f sichtsrats an der Willensbildung i n der Gesellschaft kann aber nicht von der Möglichkeit eines Schadenseintritts abhängig sein. Besonders deutlich w i r d dies für die der Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaften. Daß wegen der Zulässigkeit des Zwangsgeldverfahrens das Bedürfnis für die Erzwingbarkeit i m Wege einer zivilprozessualen Leistungsklage nicht entfallen ist, wurde i n einem Vergleich beider Verfahren aufgezeigt.
§ 3. Zulässigkeit von Leistungsklagen zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 AktG Nachdem dargestellt worden ist, daß grundsätzlich ein Bedürfnis für die Zulässigkeit einer zivilprozessualen Leistungsklage zur Durchsetzung der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner einzelnen M i t glieder aus § 90 A k t G besteht, soll i m folgenden untersucht werden, ob und wie materiell-rechtlich eine solche Klagemöglichkeit begründet werden kann. I . Kritische Analyse der unterschiedlichen Lösungsansätze 1. Leistungsklage nnd subjektives Recht
Die Leistungsklage der Zivilprozeßordnung dient i m allgemeinen der Durchsetzung subjektiver Rechte des Klägers 5. Daneben ist eine prozeßstandschaftliche Geltendmachung der Rechte eines Dritten im eigenen Namen für den wirklichen Rechtsinhaber denkbar 6 . N i m m t man an, daß die verschiedenen Informationsrechte aus § 90 A k t G alle der Gesellschaft selbst als Ansprüche i m Sinne von § 194 BGB gegen die jeweils zur Information Verpflichteten zustehen, so könnten der Aufsichtsrat bzw. die Aufsichtsratsmitglieder entweder als gesetzliche Vertreter der Gesellschaft in deren Namen oder als Prozeßstandschafter im eigenen Namen auf die gewünschte Information klagen. Eine Klage im eigenen Namen wäre weiterhin dann möglich, wenn die Aufsichtsratsmitglieder selbst als Träger der Informationsrechte anzusehen sind. 2. Die Gesellschaft als Trägerin der Informationsrechte
a) Klage im Namen der Gesellschaft Soweit i n der Literatur eine gerichtliche Durchsetzbarkeit der Berichtsrechte des Gesamtaufsichtsrats aus § 90 Abs. 1 A k t G überhaupt bejaht wird, w i r d ganz allgemein angenommen, daß die entsprechende Klage im Namen der Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, zu erfolgen hat 7 . Diese Auffassung geht davon aus, daß der Anspruch auf 6
Vgl. Stein / Jonas / Pohle, Einl. C 1. Vgl. allgemein zur Prozeßstandschaft Rosenberg / Schwab, § 46 I I u n d I I I m. zahlr. Nachw. 7 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 33; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 6
11.
I. Kritische Analyse der unterschiedlichen Lösungsansätze
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Berichterstattung an den Aufsichtsrat der Gesellschaft selbst zusteht. Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Geltendmachung ergibt sich dann unproblematisch aus § 112 AktG. Z u untersuchen bleibt das Problem, wie eine solche Klagemöglichkeit m i t der zwingenden gesetzlichen Kompetenzverteilung i n der Aktiengesellschaft und dabei insbesondere m i t dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand zu vereinbaren ist und ob eine solche Klage nicht eventuell durch die gesetzlich vorgesehenen Sanktionen ausgeschlossen ist. Für Informationsrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G wie auch gemäß § 90 Abs. 5 A k t G besteht i n der Literatur keine Einigkeit, i n wessen Namen und gegenüber wem sie gerichtlich geltend gemacht werden können. Z u § 246 HGB, der eine dem heutigen § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G entsprechende Regelung enthielt, findet sich die Auffassung, das einzelne Aufsichtsratsmitglied könne i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Berichterstattung klagen 8 . I m neueren Schrifttum w i r d demgegenüber mehrfach angenommen, daß das Aufsichtsratsmitglied selbst Träger der Informationsrechte aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G sei und deshalb i m eigenen Namen klagen könne 9 . Gegen die Möglichkeit einer Vertretung der Gesellschaft durch das einzelne i n seiner Kompetenz betroffene Aufsichtsratsmitglied, deren Zulässigkeit — soweit ersichtlich — nur von Lehmann / Hirsch 10 vertreten wird, bestehen Bedenken wegen der gesetzlichen Regelung der Vertretung der Aktiengesellschaft. Gemäß § 78 A k t G w i r d sie grundsätzlich vom Vorstand vertreten. N u r gegenüber Vorstandsmitgliedern ist gemäß § 112 A k t G der Auf sichtsrat zur Vertretung der Gesellschaft berufen. Eine Vertretung der Gesellschaft durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder ist i m Gesetz überhaupt nicht vorgesehen. Bei einer Klage der Gesellschaft aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G wäre demnach gemäß § 112 A k t G das Gesamtorgan Auf sichtsrat zur Vertretung berufen, bei einer Klage aus § 90 Abs. 5 A k t G gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden auf Berichterstattung oder Aushändigung eines Vorstandsberichts an ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied der Vorstand, § 78 AktG. Diese gesetzliche Zuständigkeit für die Vertretung der Gesellschaft wäre sowohl bei einer Klage aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G wie auch aus 8
Vgl. Lehmann / Hirsch, § 246 H G B A n m . 3. Vgl. H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 379; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 12; Mertens, i n Kölner Komm., § 76 Rdn. 6; Wilhelmi, i n Handbuch des Aufsichtsrats, Rdn. 487. 10 § 246 H G B A n m . 3. 9
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
§ 90 Abs. 5 A k t G aber i n keiner Weise sachgerecht. Der Aufsichtsrat ist für die Durchsetzung eines Berichtsverlangens eines einzelnen A u f sichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G nicht geeignet, weil sie gerade auch ohne die Zustimmung und sogar gegen den Willen des Aufsichtsrats möglich sein soll. Eine Vertretung der Gesellschaft durch den Vorstand bei einem Streit zwischen einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied und dem Aufsichtsratsvorsitzenden aus § 90 Abs. 5 A k t G erscheint nicht zweckmäßig, da der Vorstand dann als Sachwalter des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds fungieren müßte. Es entspräche nicht der gesetzlichen Kompetensverteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand, wenn dieser als vom Aufsichtsrat zu überwachendes Organ bei Streitigkeiten innerhalb des Aufsichtsrats als Schlichter soll eingreifen können 1 1 . Bedenken bestehen insoweit auch deshalb, weil außerordentlich zweifelhaft ist, ob der Vorstand sich das Interesse eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu eigen machen wird. Es bleibt zu prüfen, ob nicht eine Vertretung der Gesellschaft durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder für die hier anstehenden Fälle möglich ist, obwohl eine entsprechende Regelung i m Gesetz fehlt. Zur Begründung einer solchen Vertretungsmöglichkeit kommt eine Analogie zu § 112 AktG i n Betracht. Man kann dieser Vorschrift den Grundsatz entnehmen, daß eine Vertretung der Gesellschaft gegenüber Organmitgliedern i n der Weise erfolgen soll, daß Interessenkonflikte bei den Vertretern der Gesellschaft möglichst vermieden werden und daß die Vertretung der grundsätzlichen Funktionsverteilung i n der Gesellschaft entspricht 12 . Übertragen auf die Informationsrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G würde sich daraus ergeben, daß bei einer gerichtlichen Geltendmachung i m Namen der Gesellschaft die jeweils betroffenen Aufsichtsratsmitglieder für die Vertretung der Gesellschaft zuständig sein müßten. I m Ergebnis entspricht dies der Auffassung von Lehmann / Hirsch zu dem Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gegenüber dem Vorstand auf Berichterstattung 18 . Bedenken gegen diesen Lösungsansatz ergeben sich aber i n zweierlei Hinsicht. Einmal könnte eine Analogie zu § 112 A k t G ausgeschlossen sein, weil die Vertretung der Aktiengesellschaft i m Aktiengesetz abschließend geregelt ist und bereits aus diesem Grunde keine ausfüllungsfähige Lücke 1 4 i m Gesetz besteht. Aber selbst wenn man dies nicht für 11 Vgl. Beschluß des BayObLG v. 25. 4. 1968 i n A G 1968, S. 330; H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 380 f. 12 Vgl. dazu auch Mertens, i n Kölner Komm., § 112 Rdn. 6. 13 Vgl. oben Fn. 8. 14 Vgl. zur Lücke als Voraussetzung f ü r eine Analogie Larenz, Methodenlehre, S. 357 ff. m. w . Nachw.
I. Kritische Analyse der unterschiedlichen Lösungsansätze
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zwingend hält, ist zu prüfen, ob eine Lückenausfüllung i m Wege der Analogie zu § 112 A k t G nicht deshalb ausscheidet, weil das einzelne Aufsichtsratsmitglied die Hechte aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G selbst i m eigenen Namen — sei es i m Wege einer Prozeßstandschaft für die Gesellschaft oder aus eigenem Recht — gerichtlich geltend machen kann. Die gesetzliche Regelung der Vertretung der Gesellschaft w i r d i n der Literatur als grundsätzlich abschließend angesehen 15 . Allerdings werden von diesem Grundsatz Ausnahmen für möglich gehalten. So soll es zulässig sein, daß der Aufsichtsr at i n Analogie zu § 112 A k t G entgegen der Regelung des § 78 A k t G i m Namen der Gesellschaft Verträge m i t Sachverständigen zu seiner Unterstützung bei der Überwachung des Vorstandes schließen kann 1 8 . Kann man für diesen Fall die Rechtsähnlichk e i t 1 7 m i t dem i n § 112 A k t G geregelten Tatbestand bejahen, so bestehen bei einer Klage eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zur Durchsetzung seiner Informationsrechte insoweit erhebliche Bedenken. Der Gesetzgeber geht sowohl i n § 78 A k t G wie i n § 112 A k t G davon aus, daß grundsätzlich nur das Gesamtorgan zur Vertretung der Gesellschaft befugt ist. Für § 112 A k t G gilt das ausnahmslos 18 . Diese Zurückhaltung gegenüber Einzelbefugnissen für Organmitglieder erklärt sich aus der Befürchtung eines möglichen Mißbrauchs 19 . Eine Rechtsähnlichkeit zwischen der Vertretung der Gesellschaft durch das Gesamtorgan A u f sichtsrat und durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder ist deshalb abzulehnen. Die Möglichkeit einer von den §§ 78, 112, 147 A k t G abweichenden Vertretung der Gesellschaft läßt sich auch nicht m i t der von Meyer-Landrut vertretenen Auffassung begründen, die ausschließliche Vertretungsbefugnis des Vorstandes gelte nur für das Verhältnis zu Dritten, aber nicht für innergesellschaftliche Angelegenheiten 20 . Meyer-Landrut vertritt diesen Standpunkt i m Zusammenhang m i t der Frage, ob bei der Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds dessen Annahmeerklärung auch gegenüber der Hauptversammlung und gegenüber dem Aufsichtsrat abgegeben werden kann. Die Annahme einer Wahl und die Abgabe sonstiger Erklärungen innerhalb der Gesellschaft sind aber gegenüber der gericht15 Vgl. Baumbach / Hueck, § 112 Rdn. 2; Mertens, i n Kölner Kommentar, § 112 Rdn. 6. 16 Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 112 Rdn. 14 ff. 17 Vgl. zur Rechtsähnlichkeit als Voraussetzung f ü r eine Analogie ζ. B. Larenz, Methodenlehre, S. 359 ff. m. w. Nachw. 18 Vgl. dazu Baumbach / Hueck, § 112 Rdn. 4; Mertens, i n Kölner K o m m e n tar, § 112 Rdn. 20; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 112 Anm. 3. 10 Vgl. hierzu die entsprechende Argumentation zum Berichtsrecht einzelner Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G i n der Begründung zum Regierungsentwurf bei Kropff, S. 118. 20 Vgl. Meyer / Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 101 A n m . 5.
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
liehen Geltendmachung von subjektiven Rechten der Gesellschaft etwas grundsätzlich Verschiedenes. Die interne M i t w i r k u n g der Organe bei körperschaftlichen Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft und ebenso die Konstitutierung der Organe betreffen, bilden gar keinen Fall der Vertretung 2 1 . Die Auffassung von Meyer-Landrut läßt sich deshalb nicht auf die hier zu untersuchende gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft übertragen. Zusammenfassend ist zu der Möglichkeit der Geltendmachung der Berichtsrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G durch diese i m Namen der Gesellschaft festzustellen, daß dieser Lösungsansetz bereits wegen der grundsätzlich abschließenden gesetzlichen Regelung der Vertretung der Gesellschaft zweifelhaft ist, die jedenfalls eine Vertretung der Gesellschaft durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder kaum möglich erscheinen läßt. Abgesehen hiervon ist — wie bereits festgestellt — weiter zu prüfen, ob nicht das einzelne Aufsichtsratsmitglied seine Informationsrechte i m eigenen Namen durchsetzen kann. Dabei kommt eine prozeßstandschaftliche Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs der Gesellschaft oder aber eine Klage aus eigenem Recht i n Betracht. b) Prozeßstandschaftliche
Geltendmachung
Zur Möglichkeit einer prozeßstandschaftlichen Durchsetzung von A n sprüchen der Gesellschaft durch nicht vertretungsbefugte Organmitglieder w i r d — soweit ersichtlich — i n der aktienrechtlichen Literatur nicht Stellung genommen. Diskutiert w i r d die Frage der prozeßstandschaftlichen Durchsetzung von Rechten der Gesellschaft nur i m Zusammenhang m i t der Geltendmachung von Forderungen der Gesellschaft gegen Dritte durch einzelne Aktionäre. I m Ergebnis w i r d diese Frage de lege lata verneint 2 2 . Die Frage der Durchsetzungs der Berichtsrechte i m Wege einer prozeßstandschaftlichen Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs der Gesellschaft durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder braucht dann aber nicht weiter verfolgt zu werden, wenn sich i m folgenden herausstellen sollte, daß ein eigenes subjektives Recht der Aufsichtsratsmitglieder besteht, welches diese selbst i m Wege einer Klage durchsetzen können. 3. Klage der Aufsichtsratsmitglieder aus eigenem Recht
I n der Literatur w i r d mehrfach die Auffassung vertreten, daß die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder selbst Träger der Informationsrechte aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G seien und deshalb im eigenen Namen 21 22
So ausdrücklich auch Mertens, i n Kölner Komm., § 78 Rdn. 4. Vgl. oben § 2 I I , 3, b. m. Nachw.
I. Kritische Analyse der unterschiedlichen Lösungsansätze
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klagen könnten 2 3 . Keine Einigkeit besteht dabei, ob die Klage aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G gegen die Vorstandsmitglieder 2 4 bzw. bei § 90 Abs. 5 A k t G gegen den AufsichtsratsVorsitzenden 25 oder aber i n jedem Fall ausschließlich gegen die Gesellschaft 26 zu richten ist. Westermann 27 nimmt an, daß dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied ein solches subjektives Recht als Recht auf Berichterstattung i n § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G und als Recht zur Kenntnisnahme der Berichte i n § 90 Abs. 5 A k t G zugewandt wird. Er begründet dies für § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G ausdrücklich damit, daß diese Regelung geschaffen worden sei, u m das spezielle Informationsinteresse des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zu fördern. Wenn auch diese Information den Interessen der Aktiengesellschaft dienen solle, dann gehe es doch dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied um eine speziell i h n interessierende Frage. Westermann geht bei seiner Begründung davon aus, daß die Annahme eines durchsetzbaren subjektiven Rechts der Aufsichtsratsmitglieder voraussetzt, daß ihre individuellen Interessen geschützt werden sollen. Dies entspricht der ganz herrschenden Meinung zu den Voraussetzungen subjektiver Rechte 2 8 . Als solches individuelles Interesse sieht Westermann dann das persönliche Informationsinteresse des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds an. Daß die Information auch dem Interesse der Gesellschaft dient, soll nach Westermann demgegenüber zurücktreten. I m Gegensatz zu Westermann ist aber festzuhalten, daß bei der Schaffung der Informationsrechte des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G wie auch bei dem Recht zur Kenntnisnahme gemäß § 90 Abs. 5 A k t G gerade das Interesse der Gesellschaft an der besseren Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat i m Vordergrund gestanden hat 2 9 . Durch die Novellierung des Aktienrechts i m Jahre 1931, bei der eine dem heutigen § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G entsprechende Regelung i n § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB zum ersten Mal eingeführt worden ist, sollte dem Aufsichtsratsmitglied nicht eine Rechtsmacht zur Befriedigung seiner persönlichen Interessen verliehen werden, sondern m i t der rechtlichen Möglichkeit des Berichts Verlangens wurde i h m zugleich eine 28
Vgl. oben Fußn. 9. H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 379; Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 33. 25 Vgl. H. Westermann (Fußn. 24); Mertens (Fn. 24); Meyer-Landrut, in Großkomm., 3. Auflage, § 90 Rdn. 12. 26 So Wilhelmi, i n Handbuch des Aufsichtsrats, Rdn. 487. 27 H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 379; unter Berufung auf Westermann ebenso Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 90 Rdn. 33. 28 Vgl. statt vieler Enneccerus / Nipperdey, § 72 S. 428 ff. m. w . Nachw. 29 So auch Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 90 Rdn. 7; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf bei Kröpf f, S. 118, w o ausdrücklich festgestellt w i r d , daß vermieden werden soll, daß einzelne Aufsichtsratsmitglieder die Berichterstattung zu persönlichen Zwecken ausnutzen. 24
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
entsprechende Pflicht auferlegt, davon auch Gebrauch zu machen, um nicht wegen Verletzung seiner Sorgfaltspflicht haftpflichtig zu werden. I h m sollte der Einwand abgeschnitten werden, er habe wegen des Einspruchs der übrigen Aufsichtsratsmitglieder nicht die Möglichkeit gehabt, sich über die Geschäftsführung des Vorstandes zu unterrichten und ein schädliches Geschäftsgebaren des Vorstandes zu erkennen 30 . M i t der gleichen Begründung wurde das Berichtsrecht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds m i t der Neufassung des Aktienrechts durch das Aktiengesetz 1965 wieder eingeführt und nur an dié Unterstützung durch ein beliebiges weiteres Aufsichtsratsmitglied gekoppelt 31 . Unter dem A k tiengesetz von 1937 galt als weitergehendes Erfordernis, daß das Verlangen vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterstützt werden mußte. Dem Recht der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder zur Kenntnisnahme bereits an den Aufsichtsratsvorsitzenden erstatteter Vorstandsberichte gemäß § 90 Abs. 5 A k t G liegt die gleiche Zielsetzung zugrunde. Auch dieses Recht dient der Stärkung ihrer Stellung i m Interesse der Gesellschaft, nicht i n ihrem eigenen Interesse. Diese Vorschrift bildet zusammen m i t der Regelung des § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G eine einheitliche Entwicklung. Nicht zu überzeugen vermag auch die Auffassung, ein subjektives Recht, von den Vorstandsberichten Kenntnis zu nehmen, sei jedem A u f sichtsratsmitglied deshalb zuzugestehen, weil es schadenersatzpflichtig werde, wenn es seiner Überwachungspflicht nicht ordnungsgemäß nachkomme 32 . Daher müsse es auch die Möglichkeit haben, diesen Anspruch durchzusetzen. Diese Argumentation enthält einen Zirkelschluß, indem behauptet wird, das einzelne Aufsichtsratsmitglied müsse klagen können, damit es eine persönliche Schadenersatzpflichtigkeit ausschließen könne. Die Haftung wegen Nichterhebung einer Klage zur Durchsetzung der Uberwachungsrechte ist aber von vornherein ausgeschlossen, wenn eine solche Klage gar nicht zulässig ist. Die Verantwortlichkeit eines jeden Organmitglieds endet an den Grenzen seiner Zuständigkeit 3 3 . Die Zulässigkeit der Klage ist deshalb Voraussetzung dafür, daß das A u f sichtsratsmitglied wegen ihrer Nitcherhebung und einer darin liegenden Verletzung der Überwachungspflicht schadenersatzpflichtig werden kann, nicht aber notwendige Folge der Haftung bei Sorgfaltspflichtverletzungen. Wenn i n den amtlichen Begründungen und i n den Kommentierungen für das Berichtsrecht des einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes der Begriff 30
Vgl. Klausing, S. 249. Vgl. Ausschußbericht zum Regierungsentwurf bei Kropff, S. 119; vgl. auch Mertens, Kölner Komm., § 90 Rdn. 2. 32 Vgl. Wilhelmi, i n Handbuch des Aufsichtsrats, Rdn. 472. 33 Vgl. hierzu H. Westermann, i n Festschrift für Vits, S. 253 f. ; Rumpff, S. 9 f.; Mertens, i n Kölner Komm., § 111 Rdn. 11. 31
I. Kritische Analyse der unterschiedlichen Lösungsansätze
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Individual- oder Einzelrecht verwandt wird, so kann das zunächst nur so zu verstehen sein, daß durch diese Bezeichnungen die Zuständigkeit des einzelnen Mitgliedes von dem Fall abgehoben wird, i n dem das Berichtsrecht dem gesamten Aufsichtsrat als Organ oder etwa einer Mehrzahl von Aufsichtsratsmitgliedern zusteht 34 . Nicht dagegen kann aus der Verwendung des Begriffs „Individualrecht" allein ohne weiteres gefolgert werden, daß dem einzelnen Organmitglied ein subjektives Recht zustehen soll. Es w i r d umgekehrt auch von niemandem angenommen, daß es sich bei dem Berichtsrecht des Gesamtaufsichtsrats gemäß § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G um ein subjektives Recht des Aufsichtsrats selbst handele. Für diesen Fall lehnt auch Westermann ein subjektives Recht des Aufsichtsrats mit der Begründung ab, das Berichtsrecht diene primär dem Interesse der Gesellschaft 35 . Es ist aber nicht ohne weiteres ersichtlich, warum das Recht i n dem einen Falle den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern als subjektives Recht zustehen soll und i n dem anderen nicht, je nachdem, ob das Berichtsverlangen von einem einzelnen A u f sichtsratsmitglied oder dem Gesamtaufsichtsrat ausgeht. Man kann diesen Unterschied auch nicht damit begründen, daß der Aufsichtsrat als solcher — ebenso wie der Vorstand der Aktiengesellschaft — nicht rechtsfähig ist 3 6 . Immerhin ist doch denkbar, daß das subjektive Recht auf Berichterstattung den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern kraft ihres Amtes zur gemeinschaftlichen Ausübung zusteht 87 . Daß der Gesamtaufsichtsrat das Berichtsrecht nur i m Interesse der Gesellschaft ausüben darf und soll, w i r d allgemein anerkannt und ist richtig. Das gleiche gilt aber auch für das einzelne Aufsichtsratsmitglied. Das Berichtsrecht ist i h m nicht um seiner selbst willen, sondern ausschließlich um der Gesellschaft willen verliehen 3 8 . Es ist von vornherein bedenklich, i m Verhältnis der Organe und Organmitglieder der Gesellschaft zueinander von subjektiven Rechten zu sprechen. Zwar benutzt der Gesetzgeber den Begriff „Recht" oder Umschreibungen wie „kann verlangen" und ähnliche, die die Annahme von subjektiven Rechten nahelegen 39 . Man darf aber nicht außer acht lassen, daß es sich bei den Beziehungen innerhalb der Aktiengesellschaft als 34 Rumpf f, S. 15, unterscheidet entsprechend I n d i v i d u a l - u n d K o l l e k t i v rechte. 35 Vgl. H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 378. 36 Vgl. Rumpff t S. 8; Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / Eckhardt / Kröpff, § 93 Rdn. 25. 37 Das gleiche Problem stellt sich umgekehrt auch für die Pflichtigkeit eines Organs; vgl. Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 4. 88 Vgl. für die Organrechte der Körperschaften des öffentlichen Rechts Rupp, Grundfragen, S. 70. 39 Vgl. oben § 1 Seite 15.
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
einer juristischen Person nicht um solche zwischen selbständigen Rechtspersonen, sondern u m solche innerhalb einer Rechtsperson handelt und daß deshalb die Institute und Begriffe der für Beziehungen zwischen selbständigen Rechtspersonen geschaffenen Rechtsordnung nur nach eingehender Prüfung der Rechts- und Interessenlage angewandt werden können. So findet sich ζ. B. i n der Literatur die Auffassung, eine Möglichkeit, den Bericht des Vorstandes i m Klagewege zu erzwingen, bestehe naturgemäß deshalb nicht, weil es sich u m das Verhältnis zweier Organe der Gesellschaft handele 40 . Es hat sich auch gezeigt, daß es nicht ohne weiteres möglich ist, die organschaftlichen Befugnisse den Organmitgliedern als eigene subjektive Rechte zuzugestehen, weil diese Befugnisse gerade nicht i m individuellen Interesse der Organmitglieder, sondern i m Gesamtinteresse der juristischen Person bestehen. I I . Nachweis körperschaftsinterner subjektiver Rechte 1. Innerkörperschaftliche Beziehungen als Rechtsbeziehungen
Ein subjektives Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds auf Berichterstattung gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G und zur Kenntnisnahme von Berichten gemäß § 90 Abs. 5 A k t G ist von vornherein ausgeschlossen, wenn innerhalb der juristischen Person überhaupt keine Rechtsbeziehungen denkbar sind. Z u m Teil w i r d i n der Literatur und i n der Rechtsprechung allen Akten, die sich innerhalb der juristischen Person abspielen und keine Außenwirkung haben, jede Rechtsqualität abgesprochen. So w i r d ζ. B. die Beschlußfassung i n einer Körperschaft m i t der rechtlich unerheblichen inneren Willensbildung einer natürlichen Person gleichgesetzt 1 . Die Auffassung, daß es innerhalb einer juristischen Person keine Rechtsbeziehungen geben könne, ist insbesondere auch i m öffentlichen Recht für die öffentlich-rechtlichen Körperschaften vertreten worden 2 . Nach heute überwiegender Auffassung handelt es sich jedoch bei dem körperschaftsinternen Beschluß um ein Rechtsgeschäft, das ganz bestimmten Rechtsnormen organisationsrechtlicher wie auch materiellrechtlicher A r t unterworfen ist. Das gilt auch für Beschlüsse nichtmitgliedschaftlicher Organe 3 . Darüber hinaus ist anerkannt, daß sämtliche 40
Vgl. Schmölder, J W 1931, S. 2929. Ebenso unter Berufung auf Schmölder auch Neufeld, § 246 H G B A n m . 4. Ä h n l i c h auch Godin / Wilhelmi, § 107 A n m . 19. 1 Vgl. hierzu RGZ 25, S. 195 (201); 65, S. 91 (93); K G i n N J W 1959, S. 1146 (1147); Schmidt, i n Hachenburg, § 45 A n m . 8; vgl. zu diesem Problem auch Baltzer, S. 177. 2 Vgl. die Nachweise bei Rupp, Grundfragen, S. 19. 3 Vgl. ζ. B. Larenz, Allgemeiner Teil, S. 260 ff.; Baltzer, S. 177 f.; speziell zu nichtmitgliedschaftlichen Beschlüssen vgl. Larenz, ebenda, S. 262.
I I . Nachweis körperschaftsinterner subjektiver Rechte
körperschaftsinternen Beziehungen unabhängig Struktur jedenfalls Rechtsbeziehungen sind 4 .
von ihrer
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genauen
2. Organ, Organwalter und Kompetenz als Grundbegriffe der innerkörperschaftlichen Rechtsstruktur
Die Grundbegriffe schaftlichen Struktur
für die rechtliche Beschreibung der innerkörpersind Organ, Organwalter und Kompetenz.
Die Körperschaft ist dadurch gekennzeichnet, daß sie als solche selbst nicht handlungsfähig ist. Denn ursprüngliche Handlungsfähigkeit besitzen nur natürliche Personen. U m auch die Körperschaft handlungsfähig zu machen, bedarf es einer besonderen rechtlichen Konstruktion, um ihr das Handeln natürlicher Personen als eigenes zuzurechnen. Diese Zurechnung ist bei der Körperschaft so ausgestaltet, daß die verschiedenen anfallenden Aufgaben wie ζ. B. Willensbildung, Ausführung der Willensentscheidung, Vertretung nach außen, Kontrolle usw. arbeitsteilig auf durch organisationsrechtliche Normen gebildete Organe verteilt werden. Diese Organe kann man sich einmal vorstellen als die Summe der zur Bewältigung des jeweiligen Aufgabenbereichs verpflichteten Personen5. Andererseits besteht die durch die organisationsrechtlichen Normen festgelegte Struktur der Körperschaft i m Sinne einer funktionalen Aufgabenteilung auch unabhängig von den zu ihrer Wahrnehmung verpflichteten konkreten Personen. So ist ζ. B. die Existenz des organisationsrechtlichen Strukturelements Vorstand der Aktengesellschaft nicht davon abhängig, daß immer mindestens ein Vorstandsmitglied i m A m t ist 6 . I n diesem Sinne ist mit Wolff Organ ein durch die Organisation eingeräumter, durch seine Bezogenheit auf ein oder mehrere organisatorisch verbundene Pflichtsubjekte (die Organwalter) geeinter, aber unter Abstraktion von deren Individualität (abstrakt, institutionell) bestimmter Komplex von Berechtigungen und Verpflichtungen i m weiteren Sinne, d. h. von gegenständlich und oft auch modal normierter Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht, für die durch die Organisation geeinte Vielheit. Es ist, wie Wolff auch kürzer formuliert, ein durch die Organisation begründeter Zuständigkeitskomplex. Die jeweiligen konkreten Personen, die die i n dem Organ zusammengefaßten Geschäfte der organisierten Vielheit besorgen, werden damit als Organwalter bezeichnet 8 . Kompetenz ist das, was entsprechend den organisato4
Vgl. Rupp, Grundfragen, S. 33 f. Vgl. Baltzer, S. 30. « Vgl. ζ. B. Ritter, § 70 A n m . 3; § 86 A n m . 3; § 92 A n m . 3 a. 7 Wolff , Organschaft u n d juristische Person, 2. Band, S. 236. 8 Wolff (Fn. 7). 5
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der
echte aus § 90 A k t G
rischen Rechtssätzen dem Organ zusteht, also die wahrzunehmende Aufgabe 9 . A m Beispiel des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft verdeutlicht, ist ein Teil seiner Kompetenzen die Kontrolle des Vorstandes i m Wege des Berichtsverlangens. 3. Herleitung eines klagbaren subjektiven Rechts der Organe aus ihren Kompetenzen
Nachdem die Grundelemente der innnerkörperschaftlichen Strukturen rechtlich definiert sind, läßt sich das hier zur Klärung anstehende Problem wie folgt umreißen: Können Organe, Organteile oder Organwalter ihre Kompetenzen i m Wege einer zivilprozessualen Klage durchsetzen? Wie bereits dargelegt, ist Voraussetzung einer zivilprozessualen Leistungsklage, daß subjektive Rechte durchgesetzt werden sollen. Nach herrschender Meinung ist das subjektive Recht seinem Zweck nach ein M i t t e l zur Befriedigung individueller Interessen, die durch eine Rechtsnorm begünstigt werden sollen, und zwar grundsätzlich der eigenen Interessen des Inhabers jener Rechtsmacht 10 . Es stellt sich somit die Frage, ob die Kompetenzen dem Organ oder Organwalter als subjektive Rechte i n diesem Sinne zustehen. Diese Frage ist i n neuerer Zeit insbesondere für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Körperschaften untersucht worden. Dabei handelt es sich einmal um die Rechtsnatur der Kompetenzen der obersten Staatsorgane 11 , andererseits aber auch um das Verhältnis der Behörden zueinander 12 . I n jüngerer Zeit ist die Rechtsnatur der Kompetenzen insbesondere i m Rahmen der Diskussion um das sogenannte Kommunalverfassungsstreitverfahren 13 und i n neuester Zeit auch für Streitigkeiten zwischen Organen der Universitätsverfassung aktuell geworden 14 . Da auch 9
Wolff , Verwaltungsrecht I I I , § 72 I c 1. Vgl. Enneccerus / Nipperdey, § 72 a m. w. Nachw. 11 Vgl. z. B. Goessl, S. 54 ff. 12 Vgl. ζ. B. Rasch, S. 138. 13 Vgl. oben § 1 Fußn. 8. Vgl. außerdem Arndt, Z u r Klagebefugnis i m K o m munalverfassungsstreitverfahren, D Ö V 1963, S. 571 ff.; Becker-Birck, Der I n sichprozeß i n der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1966; Bonk, Kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeiten innerhalb der Gemeinden Schleswig-Holsteins, 1966; Deng, Gemeindeverfassungsstreitigkeiten i n Bayern, 1966; Ewald, Z u r Beteiligtenfähigkeit i m Kommunalverfassungsstreitverfahren, DVB1 1970, S. 237 ff. ; Henrichs, Kommunalverfassungsstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten, DVB1 1959, S. 548 ff.; Kisker, Insichprozeß u n d Einheit der V e r w a l tung, 1968; Tsatsos, Der verwaltungsrechtliche Organstreit, 1969. 14 Vgl. oben § 1 Fußn. 9. Vgl. außerdem Ewald, Die prozessuale Behandlung des inneruniversitären Verfassungsstreits, i n WissR 1970, S. 35 ff.; Franzke, Die Rechtsstellung der Fakultäten i m verwaltungsgerichtlichen Verfahren, i n D Ö V 1972, S. 851 ff.; Ho ff mann-Becking, Die Beteiligtenfähigkeit u n d passive Prozeßführungsbefugnis nichtrechtsfähiger Gliedkörperschaften der Universitäten i m Verwaltungsprozeßrecht, i n DVB1 1972, S. 293 ff.; Ewald, Z u r prozeßrechtlichen Stellung des Dekans, i n WissR 1971, S. 269 ff. 10
I I . Nachweis körperschaftsinterner subjektiver Rechte
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das subjektive öffentliche Recht nach seiner Definition grundsätzlich individuellen Interessen dient 1 5 , besteht hier bei der rechtlichen Erfassung der Kompetenz grundsätzlich die gleiche Problematik wie bei den privatrechtlichen Körperschaften. Das Spektrum der i n der öffentlich-rechtlichen Literatur zu dem. entsprechenden Problem vertretenen Auffassungen reicht von der völligen Ablehnung einer Klagemöglichkeit über die Annahme eines subjektiven Rechts der Körperschaft, das von den Organen prozeßstandschaftlich wahrgenommen werden kann, bis h i n zu eigenen subjektiven Rechten der Organe an ihren Kompetenzen. Soweit eigene subjektive Rechte der Organe angenommen werden, ist wieder umstritten, wie diese zu begründen sind. I m folgenden werden diese unterschiedlichen Lösungsansätze dargestellt und daraufhin untersucht, inwieweit sie für das Problem der Klagbarkeit von Kompetenzen von Organen der Aktiengesellschaft fruchtbar gemacht werden können. Dabei soll versucht werden, Grundsätze für die Lösung zu finden, die für beide Rechtsbereiche gelten. a) Klagbarkeit
nur bei besonderer gesetzlicher Zulassung
Nach einer i m öffentlichen Recht weit verbreiteten Auffassung 16 sind Organkompetenz und subjektives Recht einander ausschließende Begriffe. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erfülle die ihr übertragenen Aufgaben ausschließlich i m öffentlichen Interesse. A l l e ihre Organe und Organmitglieder hätten damit allein und ausschließlich dieses öffentliche Interesse zu verfolgen 17 . M i t Rupp läßt sich dieser Standpunkt auf die Formel bringen: „Wo sollte auch der Grund zur Entstehung organeigener subjektiver Rechte liegen, wenn der Gesamtorganismus seine Funktion auf bestimmte Organe arbeitsteilig verteilt 1 8 ?" M i t der gleichen Begründung, die Organe hätten nur das Gesamtinteresse der Körperschaft und keine individuellen Interessen zu wahren, könnte man auch für das Privatrecht annehmen, es gebe keine subjektiven Rechte der Organe oder Organwalter an ihren Kompetenzen. Soweit ein Bedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung von Streitigkeiten um Organkompetenzen derselben Verbandsperson dennoch besteht, ist es nach diesen Auffassungen Sache des Prozeßrechts, insoweit einen „ I n sich-Prozeß" zuzulassen, ohne daß damit um subjektive Rechte gestrit15 Vgl. Jellinek, S. 42; Bachof, i n Jellinek-Gedächtnisschrift, S. 292; Hoppe, DVB1 1970, S. 846. 16 Vgl. Wolff , Organschaft u n d juristische Person, 2. Band, S. 274 ff. (276); Bettermann, S. 787 Fußn. 31; Rupp, Grundfragen, S. 100; Fuß, WissR 1972, S. 110. 17 Fuß, WissR 1972, S. 111. 18 Vgl. Rupp, Grundfragen, S. 100.
5 Lewerenz
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der
echte aus § 90 A k t G
ten werde. Eine gerichtliche Klärung von Streitigkeiten der Organe um Kompetenzen würde danach immer eine besondere gesetzliche Zulassung erfordern, wie Rupp ausdrücklich feststellt 19 . Fuß 20 kommt bei seiner Untersuchung zu Organstreitigkeiten i m Universitätsverfassungsrecht allerdings zu dem Ergebnis, daß Klagen zwischen Universitätsorganen auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Zulassung von solchen „In-sich-Prozessen" i m Verwaltungsgerichtsgesetz zulässig seien. Er begründet dies damit, daß ein allgemeiner Rechtsgedanke bestehe, daß i m öffentlichen Recht Funktionsträger bei gerichtlichen Streitigkeiten i m Innenbereich keine Verletzung subjektiver Rechte geltend zu machen brauchten 21 . Er entnimmt diesen allgemeinen Rechtsgedanken einzelnen gesetzlichen Regelungen, i n denen entsprechend dem Vorbehalt i n § 42 Abs. 2 VwGO bestimmt ist, daß der Kläger bei einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nicht geltend zu machen brauche, i n einem subjektiven Recht verletzt zu sein 22 . Er führt hier als Beispiel § 35 Abs. 2 Wehrpflichtgesetz an, der es dem Behördenleiter der Wehrbereichsverwaltung ermöglicht, Bescheide der Prüfungsausschüsse für Kriegsdienstverweigerer anzufechten. Auch hier gründe sich die Beteiligtenfähigkeit und die Klagebefugnis allein auf eine bestimmte öffentliche Funktion und die Behauptung, diese sei von dem Beklagten rechtswidrig beeinträchtigt worden. Weiterhin verzichte die Verwaltungsgerichtsordnung auch i m Normenkontrollverfahren gemäß § 47 VwGO bei Normenkontrollanträgen, die von Behörden gestellt würden, auf die Voraussetzung, daß diese durch die Anwendung der Vorschrift einen Nachteil erlitten oder i n absehbarer Zeit zu erwarten hätten. Die Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses sei bereits gegeben, wenn der Vollzug der Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit Zweifeln unterliege, zu dem Geschäftsbereich der antragstellenden Behörde zähle 23 . I m Ergebnis ist nach Fuß allerdings nur eine Feststellungsklage zulässig, da eine Leistimgsklage immer einen subjektiven Leistungsanspruch voraussetze, der nach seiner Auffassung gerade nicht gegeben sei 24 . Eine Feststellungsklage sei andererseits aber auch für die Austragung universitätsinterner Streitigkeiten einer Leistungsklage vorzuziehen, um einer übermäßigen Einmischung der Gerichte i n das inneruniversitäre Geschehen zu begegnen 25 . Auch sei eine Vollstreckbarkeit 19 Vgl. Rupp, Buchbesprechung i n DVB1 1970, S. 595 a. E.; vgl. auch Rupp, Grundfragen, S. 100; H. J. Wolff, Organschaft u n d juristische Person, 2. Band, S. 276. 20 Fuß f WissR 1972, S. 116. 21 Fuß, WissR 1972, S. 116. 22 Vgl. Fuß, WissR 1972, S. 115. 23 Fuß (Fußn. 22); vgl. auch Eyermann / Fröhler, § 47 Rdn. 26. 24 Vgl. Fuß t WissR 1972, S. 120. 25 Vgl. Fuß, WissR 1972, S. 122.
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von Leistungsurteilen nicht sinnvoll vorstellbar, da das Zwangsgeld immer nur der Gesamtkorporation zum Nachteil gereichen würde, da die Einzelorgane keinen eigenen Etat hätten 2 6 . Die von den Besonderheiten des Verwaltungsprozeßrechts ausgehende Lösung des Problems der Klagbarkeit von Organkompetenzen von Fuß kann nicht auf den Bereich der privatrechtlichen Körperschaften übertragen werden. Da sich gezeigt hat 2 7 , daß sich das Problem der Organstreitigkeiten auch für privatrechtliche Körperschaften stellt, scheint es sinnvoll, nach einem Lösungsansatz zu suchen, der für beide Rechtsbereiche Gültigkeit besitzt. Abgesehen hiervon vermögen die Argumente von Fuß gegen die Praktikabilität eines Leistungsurteils auch nicht zu überzeugen. Weder w ü r den vollstreckbare Leistungsurteile gegen Universitätsorgane oder Organe sonstiger Körperschaften zu einer unerwünschten Einmischung der Gerichte i n die inneren Angelegenheiten der Körperschaft führen; vielmehr könnten sie vielleicht besser als bloße Feststellungsurteile zur inneren Befriedung beitragen. Noch erscheint eine Vollstreckbarkeit ausgeschlossen, da der Wille der Organwalter, auf den es ja letztlich ankommt, zumindest durch einen drohenden Regreß der Körperschaft gebeugt werden könnte, wenn man nicht ohnehin eine unmittelbare Vollstreckung gegen die Organwalter für zulässig hält 2 8 . b) Klagbares subjektives Recht der Körperschaft selbst und prozeßstandschaftliche Wahrnehmung durch die Organe Hoppe geht i n seiner Monographie zu Organstreitigkeiten bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften ebenfalls davon aus, daß die Kompetenzen ausschließlich im Gesamtinteresse ihrer Körperschaft verliehen sind 2 9 , und lehnt deshalb gleichfalls ein subjektives Recht der Organe an ihren Kompetenzen ab 30 . Er versucht aber i m Wege einer anderen Beurteilung der materiell-rechtlichen Lage innerhalb der Körperschaft gleichwohl zu klagefähigen subjektiven Rechten i n bezug auf die Kompetenzen zu gelangen. Hoppe geht dabei von der herrschenden Definition der subjektiven Rechte aus 31 . Er entwickelt dann, daß eine Begründung innerorganisatorischer Störungsbeseitigungs- und Erfüllungsansprüche nicht daran scheitere, daß es i m Innenrechtsbereich der juristischen Person an 26 27 28 29 30 31
5*
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Fuß, WissR 1972, S. 120. oben § 2 I I I . unten § 5 I. Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 185; dergl. i n DVB1 1970, S. 847. Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 175 f. Hoppe, i n DVB1 1970, S. 846.
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Rechtsnormen fehlen könne, die die objektiv-rechtliche Grundlage für ein subjektives Recht liefern könnten. Denn auch die Regelungen der innerorganisatorischen Beziehungen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts — hinzuzufügen wäre für unsere Untersuchung: und auch des Privatrechts — seien Rechtssätze und keine Regelungen i n einem rechtlich nicht regelbaren Raum 8 2 . Es sei jedoch nicht möglich, den Organen eigene subjektive Rechte i m Sinne einer Rechtsmacht zum Schutze von Individualinteressen zuzuordnen, da sie nicht eigene Interessen wahrnähmen, sondern ihnen nur die fremden Interessen der Gesamtorganisation arbeitsteilig anvertraut seien. Statt dessen sei anzunehmen, daß der juristischen Person als organisatorischer Einheit ein intrapersonales, nach innen gerichtetes subjektives Recht zustehe, dem die Pflichten der Organe und Organteile zu ungestörter funktionsmäßiger Aufgabenverteilung entsprächen 88 . Das einem subjektiven Recht des Innenbereichs einer juristischen Person zugrundeliegende Interesse könne nicht partikular i n den Organen angesiedelt werden als persönliches und organeigenes Interesse, sondern müsse seinen Ort i n dem einheitlichen zentralen, den Organinteressen übergeordneten Ordnungsinteresse der juristischen Person am ordnungsgemäßen Funktionsablauf haben. Es könne nur konzentriert gedacht werden auf den gesamten Organismus als solchen, es sei aus dem „Bildungsprinzip" des korporativen Verbandes, dem „Gemeinzweck" ableitbar 8 4 . U m den „Gemeinzweck" wirksam verfolgen zu können, besitze die Gesamtorganisation ein Interesse an dem „gemeinschaftlichen Zusammenwirken aller Beteiligten" und einer „planmäßigen Verteilung der zur Durchführung des Gemeinzweckes regulierten Rechte und Pflichten unter die verschiedenen Organe" 8 5 . Die inner organisatorischen Erfüllungsund Störungsbeseitigungsansprüche hinsichtlich der Kompetenzen sind nach Hoppe damit Ansprüche der juristischen Person als Gesamtorganisation. Da die juristische Person als solche aber nicht handlungsfähig ist, werde das intrapersonale subjektive Recht aufgrund einer besonderen organisationsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit von dem Organ geltend gemacht, dessen Funktionsbereich durch das organisationswidrige Verhalten eines anderen Organs oder Organteils gestört wird 8e. Der materiell-organisationsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit entspräche eine organschaftliche Prozeßstandschaft i m Prozeß 87 . 32 33 34 35 36
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Hoppe, Hoppe, Hoppe, Hoppe, Hoppe
i n DVB1 1970, S. 847; der gl., Organstreitigkeiten, S. 161 ff. i n DVB1 1970, S. 847. i n DVB1 1970, S. 847. i n DVB1 1970, S. 848. (Fußn. 35); dergl., Organstreitigkeiten, S. 195 ff.
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Diese kunstvolle juristische Konstruktion Hoppes w i r k t auf den ersten Blick überzeugend. Alle organisationsrechtlichen Streitigkeiten ließen sich m i t ihr ohne weiteres gerichtlich klären. Aber bereits dieses Ergebnis gibt Anlaß zu Bedenken. Denn ob die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung überhaupt erforderlich ist, hängt von der jeweiligen Gesamtverfassung der Körperschaft ab. W i r d ζ. B. bei einem mehrköpfigen Vorstand eines eingetragenen bürgerlichrechtlichen Vereins eines der Vorstandsmitglieder von den übrigen von den Vorstandssitzungen rechtswidrig ausgeschlossen, so müßte man m i t Hoppe einen organisationsrechtlichen Anspruch des Vereins gegen die übrigen Vorstandsmitglieder auf Zulassung des ausgeschlossenen M i t gliedes annehmen, den dieses i m Wege der Prozeßstandschaft geltend machen könnte. Berücksichtigt man aber, daß beim bürgerlich-rechtlichen Verein die Mitgliederversammlung befugt ist, über alle vereinsinternen Streitigkeiten zu entscheiden, so erscheint eine solche Klage unzulässig 38 . U m Hoppes Lösung aufrechterhalten zu können, müßte man i n einem solchen Fall entweder ein subjektives Recht annehmen, dessen Klagbarkeit ausgeschlossen ist, oder aber die Prozeßführungsbefugnis der Organe unter besonderen Umständen ausschließen. M i t Rupp 3 9 muß weiterhin kritisch angemerkt werden, daß eigentlich nicht begründbar ist, warum das klagende Organ, nicht aber das beklagte die juristische Person repräsentieren soll. Die Organkompetenz zur prozeßstandschaftlichen Geltendmachung ließe sich i m Ergebnis auch kaum von einem eigenen subjektiven Recht des Organs unterscheiden. Es soll deshalb i m folgenden zunächst untersucht werden, ob sich nicht doch ein subjektives Recht der Organe an den Kompetenzen begründen läßt 4 0 . c) Eigenes subjektives Recht der Organe aufgrund eines Interessenpluralismus in der Körperschaft Das wesentliche Problem bei der Begründung von subjektiven Rechten der Organe an ihren Kompetenzen ist, wenn man von der herrschenden Definition des subjektiven Rechts ausgeht, der Nachweis eines individuel len Interesses der Organe bzw. Organwalter i n bezug auf die Kompetenzen. I m folgenden soll zunächst untersucht werden, ob sich ein solches individuelles Interesse nicht aus einem Interessenpluralismus innerhalb der Körperschaft herleiten läßt. 37
Vgl. Hoppe, i n DVB1. 1970, S. 848. Vgl. hierzu auch Β G H Z 45, S. 396. 39 Vgl. Rupp, Buchbesprechung i n DVB1 1970, S. 595. 40 Z u m Verhältnis von einem subjektiven Recht der Organe selbst zum subj e k t i v e n Recht der Gesamtkörperschaft u n d prozeßstandschaftliche Wahrnehm u n g durch die Organe vgl. unten § 3 I I , 3, d, bb. 38
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aa) Interessenpluralismus auf der Grundlage unterschiedlicher Mitgliederinteressen Daß die Körperschaft bereits von ihrer Grundkonzeption her nicht interessenmonistisch, sondern inter essenpluralistisch gedacht ist, ergibt sich daraus, daß Träger grundsätzlich eine Mehrzahl oder auch Vielzahl von Einzelpersonen ist. Diese Mitglieder der Körperschaft bilden m i t der Mitgliederversammlung i n der Regel das Hauptwillensbildungs- und Kreationsorgan 41 . Innerhalb dieses Organs ist ein Interessenpluralismus allein durch die Vielzahl der beteiligten Personen gegeben. Dementsprechend werden die Interessen der Mitglieder auch von Rechts wegen anerkannt, indem die Mitgliedschaft i n der Körperschaft als subjektives Recht geschützt w i r d 4 2 . Fraglich ist jedoch, ob sich dieser Interessenpluralismus auch außerhalb des Organs Mitgliederversammlung i m Verhältnis der nichtmigliedschaftlichen Organe zueinander bzw. innerhalb dieser Organe fortsetzt und gegebenenfalls, ob er rechtlich i n Gestalt von subjektiven Rechten der Organe oder Organmitglieder an ihren Kompetenzen anzuerkennen ist. (1) Die Auffassung von Tsatsos zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften Für die öffentlich-rechtlichen Körperschaften vertritt insbesondere Tsatsos 43 die Auffassung, daß der Interessenpluralismus bei den Trägern der Körperschaft, den Mitgliedern, seine Entsprechung auch i n den übrigen Organen der Körperschaft finde. Dies könne einmal dergestalt geschehen, daß bestimmten Interessenlagen auch besondere Organe entsprächen. Als Beispiel führt er für die Gesamtkörperschaft Universität den A S t A und das Studentenparlament an. Eine solche Ausgestaltung sei andererseits aber nicht immer gegeben. Für den kommunalinternen Bereich ζ. B. könne man nicht sagen, daß der Gemeindedirektor oder der Bürgermeister immer andere Interessenkreise verkörperte als die Gemeindevertretung. Aber auch i n dem Fall, i n dem die Korrespondenz zwischen Organ und Interessenkreis nicht immer sichtbar ist, stellen nach Tsatsos die Auseinanderetzungen zwischen den Körperschaftsorganen nicht nur einen Meinungsstreit darüber dar, was das Recht und das Interesse des Gesamtverbandes i n einer bestimmten Situation erfordert, sondern sie spiegeln zugleich einen Interessengegensatz wider. Das ergebe sich schon daraus, daß wegen der M i t wirkungsrechte aller Verbandsmitglieder unterschiedliche gesellschafts41 42 43
Tsatsos, S. 27; Rittner, i n Planung V, S. 79. Vgl. Larenz, Allgemeiner Teil, 2. Auflage, § 10 I I I a S. 130 ff. Vgl. Tsatsos, S. 28 f.
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politische Bezogenheiten die körperschaftsinterne Haltung der Personen bestimmen können, die an der Willensbildung der Organe mitwirken 4 4 . Der Nachweis besonderer Interessen und Interessengegensätze i n den Organen führt nach Tsatsos dann unmittelbar zur Anerkennung von subjektiven Rechten der körperschaftlichen Organe und Organmitglieder an ihren Kompetenzen 45 . (2) Die Interessenlage bei der Aktiengesellschaft Ohne daß zu dem Schluß Tsatsos' von der Existenz interessenpluralistischer Strukturen i n den nichtmitgliedschaftlichen Organen der Körperschaft auf subjektive Rechte dieser Organe oder von Teilen dieser bereits Stellung genommen werden soll, wollen w i r für den hier interessierenden Fall der Aktiengesellschaft zunächst untersuchen, ob und inwieweit sich ein auf einen Interessenpluralismus unter den Aktionären zurückzuführender Interessenpluralismus auch i m Bereich von Vorstand und Aufsichtsrat nachweisen läßt. Da w i r zunächst nur einen eventuellen Interessenpluralismus infolge unterschiedlicher Interessenlagen bei den Aktionären untersuchen wollen, soll hier von den Besonderheiten m i t bestimmter Aktiengesellschaften noch abgesehen werden. Es wurde bereits festgestellt, daß grundsätzlich für die Mitgliederversammlung der Körperschaft ein Interessenpluralismus typisch ist. I n der aktienrechtlichen Literatur besteht demgegenüber allerdings keine Einigkeit darüber, ob die Grundstruktur der Aktiengesellschaft interessenpluralistisch oder nicht vielmehr interessenmonistisch ist. Zum Teil w i r d bei dieser Frage zwischen Gesellschaftsrecht und Unternehmensverfassungsrecht 46 unterschieden. Nur die Unternehmensverfassung sei interessenpluralistisch, während das Gesellschaftsrecht vom Gesetz des einheitlichen Zurechnungsgrundes ausgehe und deshalb interessenmonistisch sei 47 . Es soll hier auf die Frage der Berechtigung der Trennung von Gesellschafts- und Unternehmensrecht nicht eingegangen werden 4 8 . Für unsere Fragestellung kommt es nur auf die Richtigkeit der Behauptung an, daß für die Organisation der Aktiengesellschaft der Grundsatz eines Interessenmonismus gelte. Zuzustimmen ist der Auffassung, daß die aktienrechtliche Organisation grundsätzlich von dem einheitlichen Zurechnungsgrund des privatautonomen Interesses der zusammengeschlossenen Gesellschafter aus44 45 48 47 48
Vgl. Tsatsos, S. 28 f.; vgl. auch Deng, S. 146. Vgl. Tsatsos, S. 42 f.; vgl. auch Deng, S. 147. Kritisch zu diesem Begriff Rittner, i n Planung V, S. 67 ff. Vgl. Köhler, i n JZ 1956, S. 137 ff. m. w. Nachw. Ablehnend Mestmäcker, S. 35 f.; Wiethölter, S. 29 f.
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geht 4 9 . Damit ist die Aktiengesellschaft aber noch nicht interessenmonistisch strukturiert. Zwar ist die Aktionärschaft eine ihrer A r t nach einheitliche Kategorie. Aber auch innerhalb dieser Einheit gibt es eine Vielzahl von divergierenden Interessen. Es gibt keinen grundsätzlichen Gleichlauf der Interessen der Aktionäre, auch wenn der Gesetzgeber einmal von diesem Prinzip ausgegangen sein mag 5 0 . Für das Organ Hauptversammlung ist somit von einem prinzipiellen Interessenpluralismus auszugehen. Er besteht nur ausnahmsweise dann nicht, wenn alle A k t i e n i n einer Hand vereinigt sind. Der Interessenpluralismus i n der Hauptversammlung spiegelt sich bei dem bestehenden Wahlrecht für die Bildung des Aufsichtsrats aber nur beschränkt, wenn überhaupt i m Aufsichtsrat wider. Da eine homogene Mehrheit der Hauptversammlung etwa i n Gestalt eines Mehrheitsaktionärs alle Aufsichtsratsmitglieder bestimmen kann, kann es sein, daß auch größere Minderheiten überhaupt nicht i m Aufsichtsrat repräsentiert sind. Dabei kann außer Betracht gelassen werden, daß es bei einigen Gesellschaften vorgekommen ist, daß Mehrheitsgesellschafter selbst auch Vertreter der Minderheit m i t i n den Aufsichtsrat gewählt haben 51 . Nur bei wechselnden Mehrheiten bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder oder weil mangels einer homogenen Mehrheit „Koalitionsabsprachen" über Kandidaten erforderlich sind, ist es wahrscheinlich, daß auch unterschiedliche Gruppen durch „ i h r " Aufsichtsratsmitglied i m Aufsichtsrat vertreten sind. Diese Reduzierung des Interessenpluralismus im Aufsichtsrat ist schon häufig als Mangel empfunden worden. Von K r i t i k e r n des bestehenden Wahlrechts ist eine Hineinnahme auch von Minderheitenvertretern i m Wege eines Verhältniswahlrechts empfohlen worden 5 2 . Für das bestehende Wahlrecht läßt sich aber feststellen, daß eine Beseitigung oder jedenfalls Verminderung des i n der Mitgliederversammlung bestehende Interessenpluralismus erfolgen kann 5 3 . Diese Tendenz verstärkt sich noch bei der Wahl des Vorstandes, indem auch dieser wieder durch Mehrheitsbeschluß, jetzt des A u f sichtsrats, be49
Vgl. Köhler, i n J Z 1956, S. 138. Ebenso Wiethölter, S. 32; vgl. auch Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / Eckhardt / Kropff, § 76 Rdn. 22; Mestmäcker, S. 82. 51 Vgl. Beispiele bei Wiethölter, S. 311 Fußn. 154; vgl. auch Kruse, S. 58; Overrath, i n A G 1970, S. 220. 52 Vgl. hierzu ausführlich Wiethölter, S. 310 ff. m. zahlr. Nachw.; vgl. auch die ablehnende Stellungnahme vom Bundesjustizministerium zur E i n f ü h r u n g eines Verhältniswahlrechts i n Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 4. Wahlperiode, Band 58, 184. Sitzung, S. 9223. 53 Vgl. aber Mestmäcker, S. 241 ff., zur Möglichkeit von Interessenkonflikten i m Aufsichtsrat bei wirtschaftlich selbständigen, aber personell verflochtenen Unternehmen. Ä h n l i c h Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 8. 50
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stellt w i r d 5 4 . I m Hinblick auf den Vorstand der Aktiengesellschaft als Leistungsorgan w i r d die so erreichte Homogenität des Organs allerdings allgemein als ein sinnvolles Ergebnis angesehen 55 . Soweit ein Interessenpluralismus innerhalb der beiden Organe A u f sichtsrat und Vorstand bei einer nichtmitbestimmten Aktiengesellschaft als Folge des Interessenpluralismus i n der Hauptversammlung i n Frage steht, ist als Ergebnis somit festzustellen, daß ein solcher für den A u f sichtsrat i m Sinne einer Repräsentanz unterschiedlicher Gruppen der Hauptversammlung nur eingeschränkt möglich ist. Für den Vorstand gilt die Tendenz zum Interessenmonismus h i n norh verstärkt. Wegen des Fehlens einer Weisungsgebundenheit des Aufsichtsrats und des Vorstandes gegenüber der Hauptversammlung und auch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ist es allerdings doch i n gewissem Umfange denkbar, daß der Interessenpluralismus der Hauptversammlung bei der Entscheidung i m Aufsichtsrat stärker zum Tragen kommt, als man es nach dem Wahlverfahren meinen sollte, weil sich der Aufsichtsrat oder einzelne Aufsichtsratsmitglieder doch als Vertreter aller A k t i o näre und nicht nur ihrer Wähler verstehen. Dies gilt auch für den Vorstand 56 , der, i m Gegensatz zum Aufsichtsrat, dessen Mitglieder von der Hauptversammlung jederzeit abgewählt werden können, vor einem unmittelbaren Einfluß der Hauptversammlung mehr geschützt ist. Eine solche Tendenz kann noch verstärkt werden durch die verhältnismäßig starke Stellung der einzelnen Organmitglieder. I m Aufsichtsrat findet diese ihre Ausdruck unter anderem gerade i n dem hier zu untersuchenden Auskunftsrecht der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 AktG. Für die Vorstandsmitglieder ergibt sie sich für die vom Gesetz i n § 77 A k t G als Regelfall vorgesehene Gesamtgeschäftsführung aus der Möglichkeit, jede i n die Gesamtgeschäftsführung fallende Maßnahme zu verhindern. Allerdings ist einschränkend festzustellen, daß vom Prinzip der Gesamtgeschäftsführung i n der Praxis fast immer abgewichen w i r d 5 7 . Insgesamt ergibt sich aber, daß auch dieser Gesichtspunkt nichts an dem Ergebnis ändert, daß sich der Interessenpluralismus der Hauptversammlung nach den gesetzlichen Organisationsregeln nur i n beschränk64 Auch Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 8, stellt fest, daß der Vorstand sich normalerweise m i t dem Unternehmen identifiziere, während der A u f sichtsrat nicht selten von einem gewissen Interessenpluralismus beherrscht werde. 55 Vgl. Kruse, S. 29, der den Vorstand als „homogene K e r n t r u p p e " bezeichnet. Vgl. auch Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 95 Rdn. 4; Mitbestimmungsbericht, S. 187; Raisch, Unternehmensrecht 2, S. 115. 56 Z u r Ausgleichsfunktion des Vorstandes vgl. Mestmäcker, S. 82. 57 Z u den Möglichkeiten, die Vertretung abweichend v o m gesetzlich vorgesehenen Regelfall zu regeln, vgl. ζ. B. Mertens, i n Kölner Komm., § 78 Rdn. 22 ff.
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tem Maße i n den nichtmitgliedschaftlichen Organen Aufsichtsrat und Vorstand widerspiegelt. Es ist deshalb zumindest fraglich, ob dieses Strukturmerkmal zur Begründung subjektiver Rechte der Organe an ihren Kompetenzen geeignet ist. bb) Interessenpluralismus i n der nichtmitbestimmten Aktiengesellschaft durch die rechtliche Anerkennung weiterer Interessen neben dem Aktionärsinteresse Die Aktiengesellschaft ist nach ihrem heutigen Verständnis nicht nur ein Instrument zur Verwirklichung der Mitglieder-, d. h. der Aktionärsinteressen 58. Einmal sind hier die — allerdings problematischen — Begriffe des Gesellschafts- bzw. des Unternehmensinteresses zu nennen. Zum anderen sind die Interesse der Gläubiger und der Arbeitnehmer und das Gemeinwohl zu berücksichtigen, die man aber auch als integrale Bestandteile des Unternehmensinteresses verstehen kann 5 9 . Allerdings gibt es zur Wahrnehmung dieser Interessen i n der Organisation der Aktiengesellschaft keine besonderen Organe oder besondere Organmitglieder, wenn vorläufig wieder die Arbeitnehmer i m Aufsichtsrat und auch der Arbeitsdirektor nach den unterschiedlichen Mitbestimmungsregelungen außer Betracht gelassen werden. E i n „Vertreter des öffentlichen Interesses" i m Aufsichtsr at, wie er zum Teil gefordert worden ist 6 0 , ist bisher gesetzlich ebenfalls nicht vorgesehen. Nach dem augenblicklichen Stand der Diskussion ist eine solche Regelung auch nicht zu erwarten 6 1 . Es lassen sich aber ganz bestimmte Kompetenzverteilungen i m Hinblick auf einige dieser i m Rahmen der Institution Aktiengesellschaft geschützten Interessen erklären. So diente ζ. B. die Entmachtung der Hauptversammlung zugunsten des Vorstandes i n Fragen der Geschäftsführung und die Neuregelung der Feststellung des Jahresabschlusses durch das Aktiengesetz 1937 dem Interesse an der Erhaltung und Förderung des Unternehmens 62 . Unabhängig davon, ob man dem „Unterneh58 Vgl. Zöllner, S. 17 ff.; v. Stebut, S. 41 m . w . N a c h w . ; Kittner, Z H R 136 (1972), S. 226 ff. m. w. Nachw. 59 Vgl. hierzu auch Mertens, i n Kölner Komm., § 76 Rdn. 5 f.; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 76 Rdn. 9 ff. 60 Vgl. Biedenkopf, S. 30 f., 59 f.; Schilling, i n Festschrift für Geßler, S. 167; Teichmann, i n Z H R 1972, S. 169; Mitbestimmungsbericht, S. 191; ablehnend Köhler, i n J Z 1956, S. 141. 61 Eine v ö l l i g neuartige Konzeption f ü r die Repräsentanz des Gemeinwohls i m Unternehmen durch sog. „Staatsrepräsentanten" hat Herbert Krüger i n Paritätische Mitbestimmung — Unternehmensverfassung — Mitbestimmung der Allgemeinheit, S. 76 ff., unterbreitet; vgl. dazu die Besprechung von Rittner, i n R d A 1975, S. 135 ff. 62 Vgl. Schmidt, i n Großkomm., 2. Auflage, § 70 A k t G 1937, Rdn. 10; vgl. auch Mertens, i n Kölner Komm., § 76 Rdn. 6.
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men an sich" einen bestimmten eigenen Stellenwert einräumen w i l l 6 3 , w i r d auf diese Weise unter anderem sowohl einem volkswirtschaftlichen Interesse und damit dem Gemeinwohl als auch den Gläubigerinteressen gegenüber eventuell anders ausgerichteten Aktionärsinteressen i m Wege einer bestimmten Kompetenzverteilung der Vorrang gegeben 64 . I n der gleichen Richtung w i r k t auch die Regelung, daß der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied nicht beliebig abberufen kann, sondern hierzu eines Grundes bedarf, § 84 Abs. 2 AktG. Eine Verstärkung der Möglichkeit konkurrierender Interessen erfolgt auch durch die bereits erwähnte Stärkung der Rechtsstellung der einzelnen Mitglieder i n den Gesamtorganen Aufsichtsrat und Vorstand. Die Erweiterung des unternehmerischen Ermessensspielraums durch die Hineinnahme auch weiterer Interessen fördert einen entsprechenden Interessenpluralismus i n diesen Organen. Andererseits besteht auch bei diesen Interessen wie bei dem Interessenpluralismus auf der Grundlage der Interessenvielfalt i n der Hauptversammlung die Schwierigkeit, daß eine eindeutige Zurechnung bestimmter Interessen zu bestimmten Organen bzw. Organteilen nicht möglich ist. Wollte man trotzdem subjektive Rechte an den Kompetenzen annehmen, so müßte man das individuelle Interesse als wesentlichen Bestandteil des Begriffs subjektives Recht völlig aufgeben und einen gänzlich neuen Begriff des subjektiven Rechts entwickeln. Ein solcher Weg erscheint nicht gangbar 65 . Als Anknüpfungspunkt für die Annahme eines subjektiven Rechts ist wenigstens ein vom Recht bezweckter, dem individuellen Interesse psychologisch vergleichbarer Tatbestand zu fordern. Für diesen dürfte Voraussetzung sein, daß nach der Gesamtstruktur der Körperschaft das Organ oder die einzelnen Organmitglieder aufgefordert sind, bestimmte Interesse i n einem stärkeren Maße zu ihren eigenen zu machen, als es für gewöhnlich bei einem Tätigwerden i n fremdem Interesse der Fall ist. 63 Vgl. Mertens (Fußn. 62) ; Mestmäcker, S. 13 ff. m. w. Nachw. ; vgl. weiterh i n Netter, i n Festschrift f ü r Pinner, S. 507 ff. 64 I n bezug auf den Aufsichtsrat ist eine Stärkung des Unternehmensinteresses durch den Vorschlag der FDP aktuell geworden, Vertreter der leitenden Angestellten i n den A u f sichtsrat wählen zu lassen; vgl. Mitbestimmung, S. 72 ff. Dieser Vorschlag ist i m Mitbestimmungsgesetz v. 8. 5. 1976 Gesetz geworden. Ebenfalls eine Stärkung des Unternehmensinteresses strebt auch Schilling an, indem er eine drittelparitätische Beteiligung von „Vertretern des U n t e r nehmensinteresses" i m Aufsichtsrat vorschlägt, die auf Vorschlag des Vorstandes von der Mehrheit jeder der beiden anderen Gruppen (Anteilseigner, Arbeitnehmer) kooptiert werden sollten; vgl. Schilling, i n Festschrift für Geßler, S. 159 ff.; zur Kooptation vgl. auch Mitbestimmungsbericht, S. 164 f. 85 M i t dieser Begründung lehnt auch Fuß, WissR 1972, S. 111 ff., die A u f fassung von Tsatsos ab.
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Es besteht bei den hier i n Frage stehenden Interessen aber noch ein weiteres Bedenken, sie als Grundlage von subjektiven Rechten einzelner Organe oder Organteile an ihren Kompetenzen anzusehen. Die Anerkennung dieser Interessen i m Rahmen der Aktengesellschaft ist, wie Rittner 06 nachgewiesen hat, nichts anderes als die jedes Rechtssubjekt treffende Sozialbindung. Entsprechend der Bedeutung der Aktiengesellschaft i n unserer heutigen Wirtschaftsordnung ist sie hier nur besonders ausgeprägt 67 . Diese Sozialbindung t r i f f t bei der juristischen Person letztlich das jeweils zuständige Organ, bei der Aktiengesellschaft also regelmäßig den Vorstand. Es erscheint nicht zweckmäßig, diese von außen i n die Aktiengesellschaft und ihre Organe hineingetragenen Interessen zu subjektiven Interessen der Organe oder Organteile zu erklären, da nicht anzunehmen ist, daß sich die Mitglieder der Organe m i t diesen Interessen i n einem so starken Maße identifizieren, daß man zumindest von einem quasi-subjektiven Interesse sprechen könnte 6 8 . cc) Interessenpluralismus i n den Organen der mitbestimmten Aktiengesellschaft Z u prüfen bleibt, ob sich aus der Interessenvertretung der Arbeitnehmer i n der mitbestimmten Aktiengesellschaft andere Folgerungen für die Rechtslage ergeben. Hier sind die Arbeitnehmer durch besondere eigene Vertreter i m Aufsichtsrat und bei den der Montanmitbestimmung unterliegenden Gesellschaften zusätzlich i m Vorstand durch den Arbeitsdirektor vertreten. Diese organisationsrechtliche Berücksichtigung des Faktors Arbeit könnte eine so weitgehende rechtliche Anerkennung eines Interessenpluralismus darstellen, daß daraus subjektive Rechte an ihren Kompetenzen jedenfalls für die Arbeitnehmervertreter hergeleitet werden könnten. Als Repräsentanten des besonderen Interesses der Arbeitnehmerschaft könnten eventuell zumindest ihnen die Kompetenzen als eigene subjektive Rechte zustehen, damit sie die Interessen der Arbeitnehmerschaft repräsentativ wahrnehmen können 6 0 . ββ Vgl. Rittner, i n Festschrift für Geßler, S. 139 ff.; vgl. auch Godin ! Wilhelmi, § 76 A n m . 5 ff. 87 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 76 Rdn. 5 m. w. Nachw. 68 Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Biedenkopf, S. 30, 59 f., zur Zweckmäßigkeit der Hineinnahme eines Vertreters des öffentlichen Interesses i n den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft. Er v e r t r i t t die Auffassung, daß selbst bei einem solchen Vertreter nicht gewährleistet sei, daß er t a t sächlich das öffentliche Interesse vertreten werde, da er sich über kurz oder lang wahrscheinlich m i t dem Interesse des Unternehmens identifizieren werde. Ebenso auch aus betont organisationssoziologischer Sicht Raiser, Thomas, Das Unternehmen als Organisation, Seite 158. Bedenken auch bei Köhler, i n JZ 1956, Seite 142. Vgl. auch Löwisch, i n Planung V, S. 211 ff.; Krüger, i n Planung V, S. 56. 69 Vgl. Claussen, i n A G 1971, S. 389, der insofern rechtliche Konsequenzen aus der unterschiedlichen Interessenlage zieht, als er n u r jeweils typische
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Bedenken gegen eine solche Beurteilung der rechtlichen Situation i n der mitbestimmten Aktiengesellschaft können sich aus dem Grundsatz der rechtlichen Gleichstellung aller Mitglieder des Kollegialorgans A u f sichtsrat ergeben. Dieser Grundsatz wurde vom historischen Gesetzgeber vertreten 7 0 und ist auch i n der L i t e r a t u r 7 1 und Rechtsprechung 72 ganz herrschende Meinung. Danach haben die Arbeitnehmervertreter grundsätzlich die gleichen Pflichten und auch Rechte wie die Anteilseignervertreter. M i t diesem Grundsatz wäre eine Zuweisung von subjektiven Rechten an den Kompetenzen nur für die Arbeitnehmervertreter i m A u f sichtsrat nicht vereinbar. Eine Annahme von klagbaren subjektiven Rechten der Arbeitnehmervertreter würde i m Ergebnis trotzdem nicht scheitern müssen. Man müßte als Reflex nur annehmen, daß auch die Kompetenzen der Anteilseignervertreter zu subjektiven Rechten erstarken 73 . Der Grundsatz der rechtlichen Gleichstellung könnte andererseits von vornherein ausschließen, daß die Arbeitnehmervertreter überhaupt als Vertreter der spezifischen Arbeitnehmerinteressen anzusehen sind. Es fragt sich, ob die gleiche Pflichtigkeit aller Aufsichtsratsmitglieder unabhängig von ihrer Gruppenzugehörigkeit überhaupt eine spezielle Interessenvertretung, vielleicht sogar eine Pflicht zu einer speziellen Interessenvertretung ihrer Gruppe gegenüber zuläßt. Claussen nimmt an, daß m i t der gesetzlichen Einführung des Fraktionssystems 74 durch die Hineinnahme eines bestimmten Anteils von A r beitnehmervertretern den Aufsichtsratsmitgliedern über die Pflichten des § 111 A k t G hinaus eine Interessenwahrnehmungspflicht zugewiesen sei, deren Zielsetzung sich aus der jeweiligen Fraktionszugehörigkeit ergebe 75 . Unter Berufung auf den Mitbestimmungsbericht der sogenannten Biedenkopf-Kommission meint er, daß dieses für die ArbeitnehmerverGruppenvertreter von der jeweiligen Wählergruppe für Wähler hält; a. A . BGH, U r t . v. 3. 7. 1975, i n N J W 1975, S. 1657 u n d Raiser , Th., i n Ζ GR 1976, S. 105 ff., 107 ff. m. w . Nachw. 70 Vgl. Bericht des Rechtsausschusses bei Kröpf f, S. 118; vgl. dazu auch § 4 Abs. 3 Satz 1 MontanMitbestG. 71 Vgl. Baumbach / Hueck, Anhang nach § 96 Rdn. 35; Mertens, i n Kölner Komm., Anhang § 96 Rdn. 72; Godin / Wilhelmi, § 96 A n m . 2; v. Stebut, S. 137; a. A. Blümer, S. 114 ff. 72 Vgl. B A G , Urt. v. 27. 9. 1957, i n D B 1957, S. 1155. 73 Vgl. Claussen, i n A G 1971, S. 388. Er begründet auf diese Weise die Z u lässigkeit der gegensätzlichen Interessenwahrnehmungsrechte u n d -pflichten. 74 Kritisch zur Fraktionsbildung Jagenburg, i n A G 1965, S. 165; Schröder, i n Festschrift für Geßler, S. 182; Prühs, i n A G 1970, S. 193; vgl. zur Fraktionsbildung auch Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 95 Rdn. 4; Hensche, M i t bestimmungsgespräch 1971, S. 113; Kruse, S. 86 f. 75 Vgl. Claussen, i n A G 1971, S. 388.
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treter anerkannt sei 76 . Für die Anteilseignervertreter ergebe sich die Pflicht, die speziellen Interessen der Anteilseigner zu vertreten, als Reflex der Mandatsträgerschaft der Arbeitnehmervertreter. Eine Entscheidung der Frage, ob für die Arbeitnehmervertreter ein Recht und eventuell sogar eine Pflicht zur Wahrnehmung der besonderen Interessen der von ihnen repräsentierten Gruppe besteht, macht es erforderlich, wenigstens kurz und ohne Anspruch auf Vollständigkeit auf Sinn und Zweck der Mitbestimmung i m Unternehmen durch Vertreter der Arbeitnehmer i m Aufsichtsrat einzugehen. Es w i r d die Auffassung vertreten, die M i t w i r k u n g der Arbeitnehmer i n der Unternehmensleitung habe ihren Grund i n der Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit, die es notwendig mache, daß auch der Faktor A r beit an der i m Unternehmen verkörperten wirtschaftlichen Macht teil hat und sie kontrollieren kann 7 7 . Nach anderer Ansicht ist eine bloße Fremdbestimmung des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz m i t der Würde des Menschen nicht vereinbar 7 8 . Das mache es erforderlich, daß die Arbeitnehmer an der Leitung des Unternehmens beteiligt würden, u m so die Fremdbestimmung zu überwinden. Bei rein formaler Betrachtungsweise wäre es grundsätzlich denkbar, die Ziele beider Auffassungen bereits allein durch die Mitentscheidung über die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu erreichen, ohne daß daneben das Recht zu einer besonderen Interessenvertretung durch die Vertreter der Arbeitnehmerschaft i m Aufsichtsrat geschweige denn eine entsprechende Pflichtigkeit erforderlich wäre. Eine solche formale Betrachtungsweise vermag aber nicht zu befriedigen. Ihre Notwendigkeit und Rechtfertigung der Mitbestimmung i m Unternehmen ergibt sich aus einer Mehrzahl von Gründen, von denen die angeführten nur zwei sind. Die Hineinnahme von vom Vertrauen der Arbeitnehmerschaft getragenen Persönlichkeiten i n den Aufsichtsrat soll auch gewährleisten, daß den anerkanntermaßen i m Unternehmen zu berücksichtigenden Interessen der Arbeitnehmer an einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und Sicherung ihrer Arbeitsplätze auch i n den Organen Personen entsprechen, von denen die betroffenen Arbeitnehmer erwarten können, daß diese ihre Interessen besonders vertreten werden, und die deshalb hierzu auch berechtigt sein müssen. Andererseits ist dieses Recht zur Interessenwahrnehmung nach geltendem Recht begrenzt durch die alle Aufsichtsratsmitglieder gleicher76
Vgl. Claussen, i n A G 1971, S. 389; vgl. auch Mitbestimmungsbericht, S. 199. Vgl. Schulte-Wissermann, S. 9 ff. m. w. Nachw.; Mitbestimmungsbericht, S. 29 f. 78 Vgl. Schulte-Wissermann, S. 16 ff. m. w. Nachw.; Mitbestimmungsbericht, S. 31 ff. 77
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maßen treffende Pflichtigkeit gemäß §§ 116, 93 A k t G 7 9 . Eine spezielle Wahrnehmung der Interesse der Arbeitnehmer ist begrenzt durch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Wohl des Unternehmens 80 . Hieraus w i r d unter anderem abgeleitet, eine Förderung der Interessen der A r beitnehmer dürfe nicht außer Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit des Unternehmens stehen 81 . Es ist hierbei aber zu berücksichtigen, daß das Unternehmenswohl keine feste Größe ist, sondern erst durch die Integration der unterschiedlichen i m Unternehmen zu berücksichtigenden Interessen der Aktionäre, Arbeitnehmer und der Allgemeinheit konkretisiert w i r d 8 2 . I m Rahmen dieser Aufgabe handeln die Arbeitnehmervertreter deshalb legitim, wenn sie i m besonderen Maße die Arbeitnehmerinteressen vertreten 8 8 . Die äußerste objektive Grenze stellt dabei der Fortbestand des Unternehmens dar 8 4 . Dem Recht zur Wahrnehmung der besonderen Interessen der Arbeitnehmer i n dem beschriebenen für alle Aufsichtsratsmitglieder geltenden gemeinsamen Rahmen entspricht allerdings keine Pflicht i m Sinne eines durch Klage durchsetzbaren Anspruchs der Arbeitnehmerschaft gemäß § 194 BGB 8 5 . Es fehlt an einem unmittelbaren rechtlichen Band zwischen den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern und ihrem jeweiligen Wahlkörper 8 6 . Eine Pflichtverletzung gegenüber der jeweils repräsentierten Interessengruppe wäre auch schwer nachzuweisen, da der Rahmen, i n dem das Gesetz eine spezielle Interessenwahrnehmung zuläßt, begrenzt ist und i n diesem Rahmen häufig eine Qualifizierung einer Maßnahme als arbeitnehmer- oder anteilseignerfeindlich nicht möglich sein wird. Das Gesetz sichert deshalb die Wahrnehmung der Interessen der jeweiligen Gruppe auf eine andere Weise. Es sieht eine jederzeitige Ab Wählbarkeit durch den jeweiligen Wahlkörper vor, ohne daß ein Grund dargelegt zu werden brauchte. Unter der Einschränkung, daß die spezielle Interessenwahrnehmung gemeinsamen Grenzen unterliegt, sind damit die Aufsichtsratsmitglieder als Mandatsträger ihres jeweiligen Wahlkörpers ansehen 87 . M i t dem 79 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., Anhang § 96 Rdn. 72; Zempelin, i n A c P 155, S. 236. 80 Baumbach / Hueck, Anhang § 96 Rdn. 35; Mertens (Fußn. 79), Rdn. 31 m. w . Nachw. 81 Vgl. Müller, S. 79. 82 Vgl. Mertens (Fußn. 79), Rdn. 92. 83 Vgl. Mertens (Fußn. 82). 84 Vgl. dazu ausführlich für das MitbestG v. 4. 5. 1976 Reich / Lewerenz, i n A u R 1976, S. 356 ff. m. w . Nachw. 85 Kittner, i n Z H R 136 (1972), S. 216. 88 Schmedes, S. 35 f. 87 Vgl. Kittner, i n Z H R 136 (1972), S. 220 f.; Müller, S. 30 f., 77 ff.; Claussen,
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
Nachweis eines zwar eingeschränkten aber doch rechtlich anerkannten Interessenpluralismus i m Aufsichtsrat der mitbestimmten Aktiengesellschaft haben w i r somit einen Ansatzpunkt für die Annahme subjektiver Rechte der Organmitglieder an ihren Kompetenzen gefunden. Trotzdem ergeben sich Bedenken, allein auf dieser Grundlage das Problem der Durchsetzbarkeit der Organkompetenzen zu lösen. Einmal würde sich dann die Zulässigkeit von Organstreitigkeiten bei Aktiengesellschaften auf die unter die Mitbestimmungsregelungen fallenden Gesellschaften beschränken. Ein Bedürfnis zur Durchsetzung etwa der hier zur Diskussion stehenden Informationsrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder sowohl gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 als auch gemäß Abs. 5 A k t G besteht aber für das gesamte Aktienrecht 8 8 . I m Verhältnis Gesamtaufsichtsrat gegenüber Vorstand vermag der Lösungsansatz über die besonderen Interessen der Arbeitnehmervertreter überhaupt nicht weiterzuhelfen, da der Gesamtaufsichtsrat jedenfalls nicht als Interessenrepräsentant nur einer bestimmten Gruppe anzusehen ist. Es gibt aber noch ein weiteres grundsätzliches Bedenken. Eine Interessenrepräsentation allein vermag noch keine durchsetzbaren subjektiven Rechte der Organe an ihren Kompetenzen zu rechtfertigen, sofern die eigentlichen Inter essenträger selbst gegen eine Verletzung der Kompetenzen des sie repräsentierenden Organs bzw. Organmitglieds vorgehen können. I n diesem Fall genügt es, wenn das subjektive Recht und die entsprechende Rechtsmacht bei diesen liegen. Hinzu kommen muß noch eine besondere Gestaltung der Körperschaftsverfassung, durch die die Eingriffsmöglichkeiten der eigentlichen Interessenträger eingeschränkt werden und statt dessen einander kontrollierende Organe bzw. Organmitglieder für die Wahrung der Interessen der Mitglieder existieren. Erst dann entsteht ein Bedürfnis, die Organe bzw. Organmitglieder selbst mit den zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Organen notwendigen Rechtsmacht auszustatten. Es soll deshalb geprüft werden, ob nicht unabhängig vom Nachweis einer bestimmten spezifiischen Interessenrepräsentation i n den Organen der mitbestimmten Aktiengesellschaft bereits die Verfassungsgestaltung der Aktiengesellschaft als solche die Annahme von subjektiven Rechten der Organe bzw. Organmitglieder an ihren Kompetenzen rechtfertigt. Als entscheidender Ansatzpunkt dient dabei die gewaltenteilende Struktur der Aktiengesellschaft. Erst i m Anschluß an die Entwicklung dieses Lösungsweges soll noch einmal auf den bereits dargestellten Ausgangspunkt eines Interessenpluralismus eingegangen und aufgezeigt werden, i n A G 1971, S. 389; vgl. auch Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 86 A n m . 1; vgl. dagegen B A G , Urt. v. 27. 9. 1957, i n D B 1957, S. 1155. 88 Vgl. oben § 2 I I I .
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daß eine Repräsentation unterschiedlicher Interessen i m Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, wie sie i n den Mitbestimmungsregelungen gesetzlich verankert ist, eine gewaltenteilende Verfassungsgestaltung m i t der Folge klagbarer subjektiver Rechte an den Kompetenzen geradezu voraussetzt 89 . d) Gewaltenteilungsprinzip als Grundlage subjektiver Rechte der Organe Für das öffentliche Recht 90 und insbesondere für das Kommunalverfassungsrecht 91 w i r d ζ. T. die Auffassung vertreten, die Grundlage für ein subjektives Recht der Organe an ihren Kompetenzen sei i m Gewaltenteilungsprinzip zu sehen. aa) Geltung des Gewaltenteilungsprinzips i m Privatrecht Ehe auf diese Überlegungen näher eingegangen werden kann, stellt sich die Frage, ob das Grundprinzip der Gewaltenteilung für die privatrechtlichen Körperschaften und insbesondere die Aktiengesellschaft überhaupt Geltung haben kann. Anderenfalls scheidet eine Übertragung dieser Grundsätze i n das Privatrecht von vornherein aus. Das Prinzip der Gewalt enteilung entstammt dem Bereich des Staatsverfassungsrechts. Man muß sich aber von der Vorstellung lösen, es gehe bei der Frage der Gewaltenteilung nur um die bekannte Aufteilung der Staatsmacht i n das Schema Jurisdiktion, Legislative und Exekutive. Es geht vielmehr bei einem umfassenderen Verständnis dieses Begriffes darum, ganz grundsätzlich zum Schutz der Freiheit des Bürgers jede Machtanhäufung zu begrenzen 92 . N u n bedarf es des Schutzes von Gewaltunterworfenen aber nicht nur i m Verhältnis zur öffentlichen Gewalt, sondern auch innerhalb privatrechtlicher Organisationsformen, i n denen Macht ausgeübt wird. Dabei geht es hier nicht primär um den Schutz des einzelnen Mitgliedes bzw. einer Minderheit einer privatrechtlichen Körperschaft gegenüber Beeinträchtigungen ihrer anerkannten Interessen durch die Mehrheit der Mitglieder der Organisation durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung. Dieser Minderheitenschutz w i r d regelmäßig durch unmittelbare Zuweisung von subjektiven Rechten an die einzelnen Mitglieder oder Minderheiten gewährleistet, gegen deren Beeinträchtigung sich 89
Vgl. unten § 3 I I , 3, d, cc. Vgl. Kisker, S. 38 ff. 91 Vgl. Bleutge, S. 98 ff., 107; Kiock, S. 64 ff., 67; Knöppel, S. 94 ff., 98; für das Universitätsverfassungsrecht ähnlich Ewald, i n WissR 1970, S. 35 ff., 39 f. 92 Vgl. Bleutge, S. 98; Peters, i n Festschrift f ü r Laforet, S. 32 ff.; der gl., Grundfragen der Verfassung, S. 193; vgl. auch Wiethölter, S. 101. 90
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dann diese selbst gegenüber der Mehrheit zur Wehr setzen können. I n diesem Zusammenhang ist auf die umfangreiche Literatur zur Begrenzung der mitgliedschaftlichen Stimmrechtsmacht hinzuweisen 93 . Es steht hier auch nicht der Schutz des einzelnen Mitgliedes gegen i h n persönlich belastende Maßnahmen der nichtmitgliedschaftlichen K ö r perschaftsorgane wie ζ. B. den Ausschluß aus der Körperschaft durch den Vorstand oder sonstige Strafmaßnahmen zur Diskussion. Allerdings werden auch insoweit bei privatrechtlichen Körperschaften die auftretenden Probleme zum Teil i n Anlehnung an den Schutz des Staatsbürgers gegen rechtswidrige Akte der Staatsverwaltung gelöst 94 . Es besteht i n diesen Fällen aber kein Bedürfnis für eine repräsentative Wahrnehmung der Interessen des betroffenen Mitgliedes durch ein Organ der Körperschaft. Das Mitglied kann sich gegen solche Maßnahmen aufgrund der i h m zustehenden, aus der Mitgliedschaft fließenden subjektiven Rechte selbst zur Wehr setzen. Es geht hier vielmehr ausschließlich um die Verhinderung von Machtmißbrauch durch die zur Verwaltung eingesetzten Organe zum Schaden der Gesamtkörperschaft. Daneben hat der Schutz der internen Kompetenzverteilung eine neue zusätzliche Bedeutung durch die Mitbestimmung der Arbeitnehmer über Vertreter i n den Aufsichtsräten der m i t bestimmten Gesellschaften erhalten. Das Ziel der Verhinderung von Machtmißbrauch durch die zur Verwaltung eingesetzten Organe zum Schaden der Gesamtkörperschaft läßt sich bei privatrechtlichen wie auch öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf verschiedenartige Weise erreichen. Einmal kommt hierzu eine Verschärfung der Haftung der Organmitglieder und die Schaffung besonderer Straftatbestände i n Betracht. Als wichtige organisationsrechtliche Möglichkeit ist insoweit die strenge Bindung der Organe an die Beschlüsse der Mitgliederversammlung und eine Kontrolle durch diese anzusehen. Die Mitgliederversammlung handelt dann als das Organ, das zur Konkretisierung des Gesamtinteresses berechtigt ist. Sie ist das oberste Organ der Körperschaft, das bei allen Kompetenzkonflikten zwischen den Organen und Organwaltern eine verbindliche Entscheidung treffen kann. Bei einer solchen Organisation der Körperschaft besteht für die Eröffnung des Rechtsweges zur Klärung von Kompetenzkonflikten etwa durch eine Einräumung von subjektiven Rechten der Organe oder einzelner Organmitglieder an ihren Kompetenzen kein Bedürfnis. Eine solche Verfassungsgestaltung findet sich i m Privatrecht ζ. B. beim ein93 Vgl. insbesondere Zöllner, S. 7, 8 f., der i n diesem Zusammenhang ausdrücklich zwischen der Begrenzung der mitgliedschaftlichen u n d der bloß organschaftlichen Stimmrechtsmacht unterscheidet. 94 Vgl. Schlosser, i n M D R 1967, S. 884 ff., 961 ff.; zur Betriebsstrafe vgl. Löwisch, i n JuS 1970, S. 261 ff., 266.
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getragenen Verein. Die Mitgliederversammlung ist hier oberstes Organ, das m i t einer umfassenden Kompetenzkompetenz ausgestattet ist. So können ζ. B. Streitigkeiten zwischen Vorstandsmitgliedern eines mehrköpflgen Vorstandes von ihr verbindlich und endgültig entschieden werden. Für die Anerkennung subjektiver Rechte der Vorstandsmitglieder an ihren Kompetenzen m i t dem Ziel, den Rechtsweg zu eröffnen, ist deshalb kein Raum 9 5 . Die Einschaltung der Mitgliederversammlung ist aber nicht die einzige organisationsrechtliche Möglichkeit der Kontrolle der Verwaltungsorgane einer privatrechtlichen Körperschaft. Auch bei i h r ist es denkbar, ein organisationsrechtliches System einzurichten, bei dem die Kontrolle nicht oder jedenfalls nicht primär den Mitgliedern obliegt, sondern i n dem die Organe bzw. Organwalter einander selbst kontrollieren. Ein Schritt i n diese Richtung ist bereits die Einrichtung eines Kollegialorgans, i n dem sich die einzelnen Mitglieder gegenseitig überwachen 96 . Darüber hinaus kann man insbesondere aber auch mehrere Organe vorsehen, zwischen denen man bestimmte Abhängigkeiten vorschreibt, etwa indem das eine Organ für die Körperschaft handeln kann, während das andere diese Handlungen kontrolliert 9 7 . Ein solches Kontrollsystem kann aus mehreren Gründen einer Kontrolle der Organe durch die Mitglieder i m Rahmen der Mitgliederversammlung vorzuziehen sein. Einmal kann die Praktikabilität eine Kontrolle durch dieses Organ wegen der großen Zahl der Mitglieder ausgeschlossen sein 98 . Auch kann es den Mitgliedern an der erforderlichen Sachkompetenz fehlen. Bei einer entsprechend großen gesamtwirtschaftlichen und sozialen Bedeutung der Körperschaft kann eine von der M i t gliederversammlung zumindest teilweise unabhängige Kontrolle der Organe auch i m Interesse der Allgemeinheit erforderlich sein. Die innere Organisation der Aktiengesellschaft weist eindeutig gewaltenteilige Strukturen i n dem soeben dargestellten Sinne auf. Dies w i r d besonders deutlich, wenn man sich die historische Entwicklung der Rechtsstellung von Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat vor Augen führt. 95
Vgl. BGH, Urt. v. 14. 3.1968, i n Β GHZ 49 S. 396. Vgl. Dagtoglou, S. 21 f. 97 Nitschke, S. 324, k o m m t entsprechend für die Frage der Einzelbefugnisse der Mitglieder einer körperschaftlich strukturierten Personengesellschaft zu dem Ergebnis, daß ein Bedürfnis f ü r eine solche Einzelbefugnis u m so geringer sei, je stärker die Kompetenzen differenziert u n d auf einander überwachende Kompetenzträger verteilt seien. 98 Vgl. Nitschke, S. 20, der anführt, daß eine große Gesellschafterzahl eine Übernahme körperschaftlicher Strukturen m i t Organbildung sogar bei Personengesellschaften zweckmäßig werden läßt. 96
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Den entscheidenden Einschnitt brachte insoweit das Aktiengesetz 1937, dessen diesbezügliche Regelungen vom Gesetzgeber i m wesentlichen i n das A k t G 1965 übernommen worden sind. Die bis 1937 für die innere Organisation der Aktiengesellschaft geltenden Regelungen der §§ 231 ff. HGB sahen keinen zwingenden Charakter der Kompetenzverteilung zwischen den Organen vor. Die Generalversammlung konnte damit als anerkanntermaßen oberstes Organ der Aktiengesellschaft alle Kompetenzen an sich ziehen 09 . Sie konnte sich die Bestellung und Abberufung des Vorstandes vorbehalten und konnte dem Vorstand i n allen Geschäftsführungsfragen Weisungen erteilen. Die Satzung konnte i n allen diesen Beziehungen jede gewünschte Regelung vorsehen und diese auch jederzeit m i t der nach der Satzung hierfür erforderlichen Mehrheit wieder abändern 100 . Die rechtliche Situation war damit grundsätzlich m i t der i n einem bürgerlich-rechtlichen Verein vergleichbar. Die freie Gestaltungsmöglichkeit der Aktionäre wurde durch das Aktiengesetz von 1937 weitgehend beseitigt und die Verteilung der Kompetenzen zwischen den Organen Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat zwingend ausgestaltet 101 . Die neue Regelung beinhaltete dabei i m wesentlichen eine Entmachtung der Hauptversammlung und eine entsprechende Stärkung der Stellung des Vorstandes. Die Kompetenz-Kompetenz der Hauptversammlung wurde beseitigt. Die Hauptversammlung konnte nun nicht mehr unmittelbar i n die Geschäftsführung eingreifen. Den Vorstand bindende Beschlüsse über Geschäftsführungsmaßnahmen konnnte sie nach § 103 Abs. 2 A k t G 1937 nur noch auf Verlangen des Vorstandes fassen. Nach der neuen zwingenden Kompetenzverteilung war die Bestellung des Vorstandes jetzt allein Aufgabe des Aufsichtsrats. Dieser Entmachtung der Stellung der Hauptversammlung entsprach eine Neugestaltung der Stellung des Vorstandes, für die § 70 A k t G 1937 zwingend bestimmt, daß er das Unternehmen selbständig unter eigener Verantwortung zu leiten hat. Für diese zwingende Ausgestaltung der Kompetenzverteilung war der Gedanke maßgebend gewesen, daß angesichts der wachsenden Bedeutung der großen i n der Rechtsform der Aktiengesellschaft betriebenen Unternehmen die grundsätzlichen Entscheidungen nicht bei der nicht persönlich verantwortlichen Mehrheit der Geldgeber liegen dürfe, denen meistens der genaue und sachkundige Einblick i n die Geschäfte und i n den Stand der Gesellschaft fehlt und die i m wesentlichen darauf bedacht 99 Vgl. z.B. Brodmann, A n m . 1 zu § 250 H G B m . w . N a c h w . ; vgl. auch Schmidt / Meyer-Landrut, i n Großkomm., 2. Auflage, § 70 A k t G 1937 Vorbem. 100 Vgl. z. B. RG, U r t . v. 3. 6.1927, i n RGZ 117 S. 203 (206 f.). 101 Vgl. Schmidt / Meyer-Landrut, i n Großkomm., 2. Auflage, § 70 A k t G 1937 Vorbem.
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sind, die Belange des Kapitals i n den Vordergrund zu stellen 1 0 2 . Aus dieser Grundkonzeption ergab sich andererseits von selbst die Notwendigkeit einer ebenfalls zwingenden Regelung der Kompetenzen des A u f sichtsrats zur Überwachung des Vorstandes, da diesen jetzt i n jedem Fall die primäre Pflicht zur Überwachung traf. Danach konnte er zwar — ebensowenig wie die Hauptversammlung — nicht i n die Geschäftsführung initiativ eingreifen. Nach § 95 Abs. 5 A k t G 1937 waren Weisungen des Aufsichtsrats an den Vorstand ausdrücklich ausgeschlossen. Dem Aufsichtsrat konnte aber durch die Satzung zum Zwecke w i r k samer Überwachung die Genehmigung bestimmter A r t e n von Rechtsgeschäften vorbehalten bleiben; auch er selbst konnte jederzeit eine Genehmigungspflicht beschließen. I m wesentlichen übernommen w u r den die Regelungen des § 246 HGB über die Berichtspflichten des Vorstandes. Diese nun gesetzlich zwingend festgelegte Kompetenzverteilung m i t dem Vorstand als selbständigem Leitungsorgan und dem Aufsichtsrat als dem Organ, das primär für die Überwachung zuständig ist, wurde i n das Aktiengesetz vom 6. 9. 1965 übernommen. Die für eine solche Kompetenzverteilung schon i n der amtlichen Begründung des Aktiengesetzes vom 30. 1. 1937 angeführten Gründe finden sich i m wesentlichen auch i n der Begründung des Regierungsentwurfs für das Aktiengesetz von 1965 wieder 1 0 3 . Der Gesetzgeber hat sich damit der ganz herrschenden A u f fassung i n der wissenschaftlichen Diskussion angeschlossen, daß sich die Kompetenzaufteilung des Aktiengesetzes von 1937 i m Grunde bewährt hat 1 0 4 . Die Verlagerung der Entscheidung über offene Rücklagen und von Unternehmensverträgen i n die Hauptversammlung und die hierin liegende Stärkung der Stellung der Aktionäre ändert an dieser Gesamtkonzeption nichts. Die rechtlich von einem unmittelbaren Einfluß des Mitgliederorgans Hauptversammlung weitgehend unabhängige Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand und deren ebenfalls von der Hauptversammlung unabhängige Kontrolle durch den Aufsichtsrat ist damit eindeutig ein Beispiel für ein System der Machtverteilung i m Sinne einer echten Gewalt enteilung im Privatrecht. Daß der Aufsichtsrat nach dem Gesetz ζ. T. auch Leitungsfunktionen innehat 1 0 5 , ändert hieran nichts. Es ist schließlich nicht ersichtlich, warum allein die Tatsache, daß alle Organe der Gesellschaft einheitlich auf die Unternehmensleitung 102 Vgl. amtliche Begründung zu § 70 A k t G 1937 bei Schmidt / Meyer-Landrut, i n Großkomm., 2. Auflage, A n m . 10 zu § 70 A k t G 1937. 103 Vgl. Kröpff, Aktiengesetz, S. 95 ff. 104 Vgl. ζ. B. Schmidt / Meyer-Landrut, i n Großkomm., 2. Auflage, § 70 A k t G 1937 A n m . 10 m. w. Nachw. 105 Vgl. ζ. B. Zustimmungsvorbehalt gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 A k t G : Baumbach / Hueck, § 111 Rdn. 10; vgl. auch Mestmäcker, S. 86; Hoff mann, i n H a n d buch des Aufsichtsrats, Rdn. 227.
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ausgerichtet sind, ausschließen soll, daß ein Gewaltenteilungssystem besteht, um Mißbräuche und Fehler bei der Unternehmensführung möglichst zu vermeiden 1 0 6 . Aber nicht nur das Verhältnis von Vorstand und Aufsichtsrat, sondern auch die Ausbildung dieser Organe selbst als Kollegialorgane beinhaltet g ew altenteilig e Elemente 107. Insbesondere beim Vorstand t r i t t neben die Funktion der Kontrolle i m Sinne einer Gewaltenteilung allerdings auch die Funktion der Arbeitsteilung 1 0 8 , und auch beim Aufsichtsrat ist i m Einzelfall zu prüfen, ob dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied eine bestimmte Kompetenz als Einzelzuständigkeit i n dem Sinne zugewiesen werden kann, daß er diese auch gegen einen Beschluß des Gesamtaufsichtsrats geltend machen darf. Ein gewaltenteiliges System, wie w i r es bei der Aktiengesellschaft nachgewiesen haben, ist i m Privatrecht nun nicht auf diesen Bereich beschränkt. Zwar existieren keine vergleichbaren gesetzlichen Regelungen für sonstige Körperschaften des Privatrechts. A u f der Grundlage privatautonomer Satzungsgestaltung lassen sich entsprechende Konstruktionen aber z. B. auch bei der GmbH oder bei bürgerlich-rechtlichen Vereinen vorstellen. bb) Ableitung subjektiver körperschaftlicher Rechte der Organe aus dem Gewaltenteilungsprinzip Nachdem aufgezeigt worden ist, daß i m Privatrecht jedenfalls i m Aktienrecht ein dem öffentlichen Recht vergleichbares System der Gewaltenteilung besteht, können w i r uns den Auffassungen zuwenden, die für das öffentliche Recht die Rechtsnatur der Kompetenzen bestimmter Organe als subjektive Rechte aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz herleiten. Bleutge 100 und Kiock 110 meinen i m Anschluß an Goessl m, man müsse für den Bereich der Kompetenzen der obersten Staatsorgane wie auch entsprechend der obersten Kommunalorgane die herkömmliche Definition des subjektiven öffentlichen Rechts einschränken. Man könne i m öffentlichen Recht darauf verzichten, daß die subjektiven Rechte dem Schutz individueller Interessen dienen müssen. Es genüge, wenn das Interesse einer Institution betroffen sei, nämlich das der Organe an der 108 107 108 109 110 111
Vgl. aber Wiethölter, S. 100 f., 103. Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf Vgl. Baumbach / Hueck, § 76 Rdn. 10. Bleutge, S. 93. KiocK S. 66. Goessl, S. 57.
bei Kropff,
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Ausübung ihrer Kompetenzen 112 . Man müsse sich insoweit von zivilistischen Maßstäben lösen 113 . Wenn von den angeführten Autoren i n diesem Zusammenhang wiederholt vorgetragen wird, man müsse sich i m öffentlichen Recht bei der Bestimmung der Rechtsnatur der Organkompetenzen von „zivilistischen Denkvorstellungen" lösen, so verkennen sie, daß sich, wie bereits aufgezeigt, das Problem bei privatrechtlichen Körperschaften wie ζ. B. der Aktiengesellschaft gleichermaßen stellt. Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zu der Entwicklung des Schutzes einzelner Mitglieder gegen A k t e der Vereinsorgane, der insbesondere von Schlosser 114 i n Analogie zum Rechtsschutz des Bürgers gegen den Staat entwickelt worden ist. Es zeigt sich auch hier, daß die Rechtsschutzprobleme gegenüber dem Staat sich nicht grundsätzlich von denen gegenüber privatrechtlichen Verbänden unterscheiden oder sich jedenfalls nicht immer unterscheiden müssen. Es stellt sich die Frage, ob Kompetenzen subjektive Rechte sein können, somit grundsätzlich i m Privatrecht gleichermaßen wie i m öffentlichen Recht. Andererseits gilt für beide Rechtskreise, daß es nach der jeweils herrschenden Meinung begriffliches Merkmal sowohl des privaten als des öffentlichen subjektiven Rechts ist, daß es jeweils individuellen Interessen dienen muß 1 1 5 . Es soll deshalb für beide Rechtskreise gleichermaßen untersucht werden, ob diese Definition nicht zu eng ist und dahingehend einer Ausweitung bedarf, daß unter der Voraussetzung einer bestimmten Organisation einer Körperschaft auch Kompetenzen von Organen bzw. Organwaltern zu subjektiven Rechten erstarken können. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei das Strukturelement der Gewaltenteilung. I n einer gewaltenteiligen Organisation, sei es ein Staat, seien es sonstige öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Körperschaften, erscheint es zur Aufrechterhaltung der i m Interesse aller Träger der Körperschaft geschaffenen verfassungsmäßigen Ordnung notwendig, die einzelnen Organe m i t der erforderlichen Rechtsmacht auszustatten, um die ihnen i m Rahmen dieses Gewaltenteilungssystems zugewiesenen Kompetenzen gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen verteidigen zu können 1 1 6 . Insoweit erscheint es zweckmäßig, die jeweiligen verfassungsrechtlichen 112
Bleutge, S. 99. Bleutge, S. 98; Kiock, S. 66; Hoppe, Organstreitigkeiten, S. 154. 114 Vgl. Schlosser, i n M D R 1967, S. 884ff. 961 ff.; zustimmend auch Nikiisch, i n JZ 1976, S. 105 ff., 113. 115 Vgl. zum Privatrecht Enneccerus / Nipperdey, § 72 S. 428 f. m. w. Nachw. u n d zum öffentlichen Recht Hoppe, DVB1 1970, S. 846 m. w. Nachw. ne v g l . Bleutge, S. 98; Ä h n l i c h Ewald, i n WissR 1970, S. 40. 113
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Beziehungen 117 , soweit sie dieser Zielsetzung dienen, den Organen als subjektive Rechte zuzuweisen, wenn i m Streitfalle eine Streitentscheidung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. N u n haben die Organe bzw. die Organwalter allerdings an der Bewahrung ihrer Kompetenzen nicht das gleiche ursprüngliche, letztlich eigennützige Interesse, wie es i m öffentlichen Recht ein Bürger i m Hinblick auf seine öffentlichen subjektiven Rechte sowie i m Privatrecht ein Rechtsgenosse auf seine privaten subjektiven Rechte hat. Das Interesse w i r d vielmehr m i t der Einrichtung der Organe durch die bestimmte verfassungsmäßige Zielsetzung der Gewaltenteilung fingiert. Andererseits finden w i r bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie des Privatrechts hinsichtlich der diesen unstreitig zustehenden subjektiven Rechte eine ähnliche rechtliche und tatsächliche Situation. Wenn man hier von „eigenen" Interessen der juristischen Personen spricht, so handelt es sich dabei i n Wirklichkeit um die gemeinsamen Interessen der dahinterstehenden Menschen. Diese erscheinen dadurch, daß sie vereinigt und i n den Dienst eines gemeinsamen Zieles gestellt sind und daß man u m ihrer Verfolgung w i l l e n eine Organisation geschaffen, Geschäftsführer bestellt und Sachmittel bereitgestellt hat, i n einer derartigen Weise verselbständigt, daß man, wie Wolff es ausdrückt, „denkökonomisch zweckmäßig von eigenen Interessen und Zwecken der Verbände sprechen, d. h. solche abbreviativ fingieren oder doch zu konstruktiven Zwecken annehmen k a n n " 1 1 8 . Für die Rechtswirklichkeit w i r d dann vorausgesetzt, daß die Organe die Interessen des Verbandes wie die eigenen Interessen wahrnehmen. Es liegt nahe, bei dem i n der Verfassung der Körperschaft zum Ausdruck kommenden Willen der Mitglieder oder des Gesetzgebers, daß ein ganz bestimmtes Ordnungsgefüge zwischen den Organen bestehen soll, ähnlich vorzugehen. Man kann das Interesse an der Erhaltung des Ordnungsgefüges auf diejenigen Institutionen beziehen, denen die jeweiligen Kompetenzen zum Zwecke der Gewaltenteilung zugewiesen sind und von „eigenen" Interessen dieser Organe sprechen 119 . Man muß sich dabei allerdings darüber i m klaren sein, daß sich dieses „eigene" Interesse prinzipiell von dem individuellen Interesse der herkömmlichen Definition des subjektiven Rechts unterscheidet, da es i m Grundsatz zunächst einmal fremdnützig ist. Bei dem so abgeleiteten „eigenen" Interesse der Organe i n einer Organisation mit einer gewaltenteiligen Verfassung handelt es sich anderer117 Z u r Benutzung des Begriffs Verfassung f ü r den Inbegriff der Normen über Errichtung, Zweck, Organisation etc. auch bei privatrechtlichen K ö r p e r schaften vgl. ζ. B. Reichert / Dannecker / Kühr, S. 57 m. w. Nachw. 118 Vgl. Wolff, Organschaft u n d Juristische Person, 2. Band, S. 158. 119 Vgl. Bleutge, S. 99.
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seits aber auch nicht um eine bloße juristische Fiktion, die von einem eigenen Interesse eines Menschen i m ursprünglichen Sinne so verschieden wäre, daß sie deshalb als tragendes Merkmal eines subjektiven Rechts an den Kompetenzen fragwürdig erscheinen müßte. Wer ein A m t i n einem gewaltenteiligen System übernimmt, von dem w i r d geradezu erwartet, daß er die Wahrung seiner Kompetenzen zu seinem eigenen Interesse macht. Anderenfalls könnte das System auf Dauer nicht entsprechend dem Willen seines Verfassungsgebers arbeiten. Wie man aus dem politischen Alltag sowohl der „großen" Politik wie auch der K o m munalpolitik weiß, aber auch i n jüngerer Zeit aus dem Geschehen i m Rahmen der Selbstverwaltung der Universitäten, ist eine Identifizierung der Organträger m i t ihrem A m t auch typisch. Zweifel an der Ausgestaltung der Kompetenzen als subjektive Rechte der Organe könnten sich noch daraus ergeben, daß die Organe auf die Kompetenzen nicht verzichten können, sondern vielmehr verpflichtet sind, sie wahrzunehmen 1 2 0 . Ausnahmen von der freien Verfügbarkeit über ein subjektives Recht gibt es aber auch sonst selbst i m Zivilrecht, wie ζ. B. i m Familienrecht beim Elternrecht 1 2 1 oder dem Recht des Ehegatten und der Kinder. Die elterliche Gewalt und die aus ihr abgeleiteten Rechte sind zugleich ein Beispiel dafür, daß die Zuwendung von Rechten, zu deren Ausübung der Begünstigte zugleich verpflichtet ist, damit bestimmte Funktionen erfüllt werden, nichts Außergewöhnliches ist. Solche Rechte kann man m i t Westermann 122 als „Pflichtrechte" bezeichnen. Eine genauere Analyse des hier entwickelten „Pflichtrechts" der Organe bzw. Organmitglieder an ihren Kompetenzen zeigt, daß es eine gewisse Ähnlichkeit mit der organisationsrechtlichen Wahrnehmungszuständigkeit und der entsprechenden Befugnis zur prozeßstandschaftliehen Geltendmachung Hoppes aufweist 1 2 3 . Wie bei Hoppe 124 w i r d auch hier davon ausgegangen, daß das eigentlich geschützte Interesse das der Gesamtkörperschaft ist. I m Gegensatz zu Hoppe w i r d hier allerdings für möglich gehalten, dieses fremde Interesse bei einer gewaltengeteilten Körperschaftsstruktur einem eigenen Interesse der Organe bzw. Organwalter gleichzusetzen. Die hier entwickelte Lösung und die Auffassung Hoppes stellen aber keine echten Gegensätze dar. Prozeßstandschaftliche Geltendmachung eines fremden Rechts und Geltendmachung eines eigenen Rechts weisen 120
Vgl. Bleutge, S. 96 oben. Vgl. A r t . 6 Abs. 2 Satz 1 GG. 122 Vgl. H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 378; Vgl. zum Pflichtrecht außerdem Bleutge, S. 96 u n d Rupp, Grundfragen, S. 69 f. 123 Vgl. oben § 3 I I , 3, b. 124 Vgl. oben § 3 I I , 3, b. 121
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auch sonst hinsichtlich der jeweils zugrundeliegenden Interessenlage gewisse Parallelen auf. So entspricht es der herrschenden Meinung, daß eine gewillkürte Prozeßstandschaft nur zulässig ist, wenn ein eigenes schützenswertes Interesse des Prozeßstandschafters besteht 125 . Umgekehrt w i r d ζ. B. die Einzelbefugnis eines GmbH-Gesellschafters oder eines Mitglieds i n einem nichtrechtsfähigen Verein zur Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft bzw. des Vereins einerseits aus einem eigenen subjektiven Recht i n Gestalt einer mitgliedschaftlichen Verwaltungsbefugnis abgeleitet, andererseits aber als eine A r t Prozeßstandschaft angesehen 126 . Allgemein ergibt sich, daß subjektive Rechte, deren Geltendmachung zumindest auch den Interessen eines Dritten dient, eine gewisse Ähnlichkeit mit einer bloßen Befugnis zur prozeßstandschaftlichen Wahrnehmung eines Rechts des Dritten aufweisen. Lehnt man den hier vertretenen Lösungsansatz ab, so kann man die entwickelten Überlegungen zur Begründung von klagbaren subjektiven Rechten der Organe bzw. Organwalter auf der Grundlage des Gewaltenteilungsprinzips jedenfalls für Hoppes Lösung über eine Befugnis zur prozeßstandschaftlichen Geltendmachung des entsprechenden subjektiven Rechts der Körperschaft fruchtbar machen. Hoppes Lösung ist insofern problematisch, als sie keine Kriterien liefert, die eine Begrenzung der Prozeßstandschaft auf die Fälle möglich machen, i n denen ein echtes Bedürfnis besteht 127 . Dieser Mangel könnte i m Anschluß an den hier entwickelten Lösungsansatz behoben werden. Zusammenfassend ist als Ergebnis festzustellen, daß Kompetenzen dann zu subjektiven Rechten der Organe bzw. Organwalter erstarken können, wenn die Verfassung der Körperschaft m i t der Zuständigkeitsverteilung die Bildung von unabhängigen Entscheidungs- und Kontrollzentren bezweckt, die sich zum Schutz der Gesamtkörperschaft bzw. ihrer Mitglieder oder sonstiger Betroffener gegenseitig mäßigen und i m Streitfalle einander gegenübertreten sollen 1 2 8 . cc) Verhältnis von Gewaltenteilungsprinzip und Mitbestimmung i m Aktienrecht Nachdem sich das Gewaltenteilungsprinzip als taugliche Grundlage für die Begründung von subjektiven Rechten der Organe bzw. Organwalter an ihren Kompetenzen erwiesen hat, können w i r jetzt noch einmal auf die sich aus der Vertretung der Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat der mitbestimmten Aktiengesellschaft ergebenden Besonderheiten zurückkommen. 125 128 127 128
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Rosenberg / Schwab, § 46 I I I 1. Nitschke, S. 327 f. oben § 3 I I , 3, b, S. 80. auch Bleutge, S. 99.
I I . Nachweis körperschaftsinterner subjektiver Rechte
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Es wurde bereits festgestellt, daß hinsichtlich der Arbeitnehmervertreter eine rechtlich anerkannte repräsentative Interessenwahrnehmung nachweisbar ist 1 2 9 . Diese Interessenrepräsentation bot sich ebenfalls als Anknüpfungspunkt für die Annahme durchsetzbarer subjektiver Rechte an. Die weitere Untersuchung hat aber gezeigt, daß sich die Ausgestaltung bestimmter Kompetenzen der Organe und Organmitglieder der Aktiengesellschaft als subjektive Rechte bereits aus der Verfassung der Aktiengesellschaft als einem g ew altenteilig en System ergibt. Eine rechtlich abgesicherte Mitbestimmung der Arbeitnehmer über ihre Vertreter i m Aufsichtsrat hätte es andererseits erforderlich gemacht, m i t ihrer Einführung ein entsprechendes Organisationsmodell zu schaffen, wenn die Verfassung der Aktiengesellschaft nicht bereits unabhängig von der Vertretung des Faktors Arbeit eine solche Ausgestaltung aufgewiesen hätte. Denn die i n der Hineinnahme der Arbeitnehmervertreter liegende Wertung des Gesetzgebers verstärkt das Erfordernis, daß das einzelne Aufsichtsratsmitglied seine Kompetenzen gegenüber Beeinträchtigungen selbst wirksam verteidigen kann, und zwar letztlich auch m i t Hilfe einer Klage. Bei einer nichtmitbestimmten A k tiengesellschaft besteht bei Streitigkeiten innerhalb des Aufsichtsrats immerhin jedenfalls grundsätzlich noch die Möglichkeit, sich an die Hauptversammlung zu wenden, die i m Extremfall zur Schlichtung des Streites einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder auch alle abberufen kann. Bei Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer Vertretern und Anteilseignervertretern i n einer mitbestimmten Aktiengesellschaft ist der Weg i n die Hauptversammlung nicht zur Lösung des Konfliktes geeignet. Es ist aber nicht nur festzustellen, daß die gesetzliche Einführung der Mitbestimmung über den Aufsichtsrat eine gewaltenteilige Struktur voraussetzte, um jedenfalls ein Mindestmaß an Wirksamkeit entfalten zu können. Darüber hinaus hat die Mitbestimmung das Bedürfnis für eine Erweiterung der Kompetenzen der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder und damit für eine Weiterentwicklung der gewaltenteiligen Struktur mit sich gebracht und auch tatsächlich eine legislatorische Änderung i n dieser Richtung insoweit nach sich gezogen, als i m Aktiengesetz von 1965 die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder i n § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G gestärkt worden sind. Eine unterparitätische Beteiligung der Arbeitnehmer i m Aufsichtsrat ohne unabhängig von einem Mehrheitsbeschluß durchsetzbare Informationsrechte gegenüber dem Vorstand oder dem Aufsichtsratsvorsitzenden stände i n ihrer Wirksamkeit i m Konfliktfall rechtlich weitgehend zur Disposition der Anteilseignerseite. Selbst bei einer wirklich paritätischen Beteiligung, die allerdings auch das Mitbestimmungsgesetz vom 8. 5.1976 129
Vgl. oben § 3 I I , 3, c, cc.
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nicht gebracht hat, entfiele nicht das Bedürfnis für von Mehrheitsbeschlüssen unabhängige Kontrollkompetenzen. Allerdings würde i n diesem Fall der bei jeder positiven Maßnahme bestehende Einigungszwang eine grundsätzliche Änderung des Abstimmungsverhaltens der beiden Fraktionen nach sich ziehen, die ein gezieltes Boykottieren einer gesamten Fraktion ausschließen würde. Völlig unzulänglich war unter diesem Gesichtspunkt der Rechtszustand bei Einführung der drittelparitätischen Mitbestimmung durch das Betriebsverfassungsgesetz vom 10. 11. 1952. Gemäß §76 BetrVG 1952 bestand der Aufsichtsrat zwar zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern. Das damals noch geltende Aktiengesetz vom 30. 1. 1937 knüpfte die Verbindlichkeit eines Berichtsverlangens eines einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes oder auch einer Minderheit an die Zustimmung des A u f sichtsratsvorsitzenden. Rückblickend erscheint es erstaunlich, daß i n diesem Zusammenhang — soweit ersichtlich — nie die Frage aufgeworfen worden ist, ob nicht der offensichtliche Wertungswiderspruch zwischen der Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer und der noch vom Führerprinzip geprägten Abhängigkeit eines Minderheitsbegehrens von der Billigung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden es erforderlich macht, für die Verbindlichkeit eines Berichtsverlangens für den Vorstand jedenfalls ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder genügen zu lassen. Nach allem ergibt sich, daß zur Verwirklichung der angestrebten Gleichstellung aller Aufsichtsratsmitglieder ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Arbeitnehmer- oder Kapitaleignervertreter handelt, eine bloße Angleichung der Rechte und Pflichten der Arbeitnehmervertreter an die der Kapitaleignervertreter nicht genügte, sondern eine Verstärkung von Minderheitenrechten notwendig machte. Tatsächlich wurden m i t der Novellierung des Aktiengesetzes i m Jahre 1965 die Einzelrechte der Aufsichtsratsmitglieder erheblich verstärkt, indem die Auskunftsrechte gegenüber dem Vorstand (§ 93 Abs. 3 Satz 2 AktG) und gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden (§ 90 Abs. 5 AktG) verbessert wurden. Bei der Neufassung der Minderheitenrente wurde von den am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten allerdings konsequent vermieden, auch nur den Anschein zu erwecken, die Minderheitenrechte seien m i t Rücksicht auf die Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat verstärkt worden. Das liegt m. E. wesentlich daran, daß man glaubte, eine solche Begründung m i t dem Grundsatz der völligen rechtlichen Gleichstellung nicht vereinbaren zu können. So wurde bezeichnenderweise bei der Festsetzung der Mindestzahl der Aufsichtsratsmitglieder, die ein verbindliches Berichtsverlangen an den Vorstand richten können (§ 90 Abs. 3 Satz 2 AktG), i m Rechts- und Wirtschaftsausschuß der Vorschlag des Regierungsentwurfs, der ein Drittel vorsah, ausdrücklich deshalb abgelehnt, weil er den A n -
I I . Nachweis körperschaftsinterner subjektiver Rechte
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schein erwecken könnte, er sei auf die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter abgestellt 130 . Immerhin wurde aber i n den Ausschüssen der Antrag, das Minderheitenrecht gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G nur zu geben, wenn das Berichtsverlangen von mehr als einem Drittel der vorhandenen Aufsichtsratsmitglieder gestützt wird, m i t der Begründung abgelehnt, diese Fassung erwecke den Anschein, als sollten die nach dem Betriebsverfassungsgesetz gewählten Aufsichtsratsmitglieder von dem Recht auf Berichterstattung ausgeschlossen werden 1 3 1 . Dieser Gang des Gesetzgebungsverfahrens spricht m. E. für die These, daß die Stärkung der M i n derheitenrechte i n § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G eine notwendige Folge der Minderheitsbeteiligung der Arbeitnehmervertreter i m A u f sichtsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 1952 darstellt. Es soll damit allerdings nicht behauptet werden, daß die Mitbestimmungsregelung den alleinigen Beweggrund für eine Verstärkung der Minderheiten- und Einzelrechte der Aufsichtsratsmitglieder i m Aktiengesetz von 1965 darstellt. E i n ganz wesentliches weiteres Motiv war sicherlich das allgemeine Bestreben einer Stärkung der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats durch teilweise Uberwindung des Mehrheitsprinzips, wie der Begründung des Regierungsentwurfs unmittelbar zu entnehmen ist 1 3 2 . Dies stellt sich zugleich als Stärkung des i n der Verfassung der Aktiengesellschaft enthaltenen Gewaltenteilungsprinzips dar. Andererseits ist die Tatsache, daß diese Stärkung der Einzelrechte nach der Einführung der Mitbestimmung über den Aufsichtsrat durchgeführt wurde, ohne daß gravierende Verletzungen der Aufsichtspflicht des A u f sichtsrats gerade i n der vorangegangenen Zeit dazu genötigt hätten, ein weiteres starkes Indiz dafür, daß die Einzelrechte zumindest auch i m Zusammenhang m i t der Mitbestimmungsregelung zu sehen sind. Diesem Schluß steht nicht entgegen, daß zwischen der Schaffung der Mitbestimmungsregelungen und der Novellierung des Aktiengesetzes i m Jahre 1965 ein erheblicher Zeitraum liegt. Einer vorgezogenen Einführung von Minderheitenrechten stand das „Dogma" der völligen Gleichstellung der Aufsichtsratsmitglieder entgegen, das auf den ersten Blick auch die Schaffung von Minderheitenrechten allein i m Hinblick auf die Mitbestimmung ausschloß. Es ist aber für die Annahme subjektiver Rechte an diesen Kompetenzen bei Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung letztlich auch nicht entscheidend, ob die Schaffung der Einzelrechte unmittelbar auf der Mitbestimmungsregelung beruht. I n jedem Fall haben diese gewal180
Vgl. Bericht des Rechtsausschusses bei Kröpf f, S. 119. Vgl. Bericht des Rechtsausschusses bei Kropff, S. 90. 132 y gi Begründung des Regierungsentwurfs bei Kropff, S. 119.
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der
echte aus § 90 A k t G
tenteilende Funktion, und dies ist, wie die voranstehenden Überlegungen gezeigt haben, der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Frage, ob sie den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern als subjektive Rechte zustehen können. Die Berücksichtigung der Sonderinteressen der Arbeitnehmer durch ihre Vertreter kann allerdings zu einer Absicherung dieses Ergebnisses herangezogen werden. dd) Exkurs: Einfluß des Mitbestimmungsgesetzes vom 8. 5.1976 auf die Organisationsstruktur der GmbH Die voranstehenden Ausführungen werfen die Frage auf, ob nicht unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit der Mitbestimmung i n bestimmten Fällen auch ohne gesetzgeberische Anpassung Modifikationen der internen organisationsrechtlichen Struktur der Aktiengesellschaft angenommen werden müssen. Für das Mitbestimmungsgesetz vom 8. 5. 1976 stellt sich diese Frage mit weitaus größerer Relevanz für die GmbH und hier für das Verhältnis der Organe „Geschäftsführung", Aufsichtsr at und Gesellschafterversammlung zueinander. Sollen die Teilhaberechte der Arbeitnehmer i n Gestalt der nominal paritätischen Vertretung i m Aufsichtsrat bei der GmbH nicht weitgehend leer laufen, so muß man für die mitbestimmte GmbH eine Verselbständigung der Kompetenzen der nichtmitgliedschaftlichen Organe „Geschäftsführung" und Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschafterversammlung und damit ein der Aktiengesellschaft ähnliches Gewaltenteilungssystem annehmen. Konkret bedeutet dies eine Einschränkung der Satzungsautonomie der Gesellschafter und eine Beschränkung der sonst bestehenden Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung i n Fragen der Geschäftsführung, §§ 45 ff. GmbHG 1 3 3 . Dieses zunächst nur auf dem Grundgedanken der Wirksamkeit der Mitbestimmung abgeleitete Ergebnis läßt sich rechtsdogmatisch für die Frage der Zuständigkeit i n Fragen der Geschäftsführung durch die i n § 25 Abs. 1 Ziff. 2 M i t b G für die GmbH enthaltenen Verweisung auf § 111 A k t G absichern. § 111 Abs. 4 A k t G erhält für die GmbH erst dann einen Sinn, wenn man gleichzeitig entsprechend der inhaltlich m i t dieser Norm unmittelbar zusammenhängenden Regelung des § 119 Abs. 2 A k t G bei der mitbestimmten GmbH eine eigene Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Geschäftsführung ausschließt 134 . I n diesem gewaltenteiligen Organisationssystem der mitbestimmten GmbH können dann auch für die Frage der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der Kompetenzen einzelner Aufsichtsratsmitglieder wieder die für 133 Vgl. dazu auch Reich u n d der Verfasser i n Reich / Lewerenz, A u R 1976, S. 272 f. u. 355 f.; a. A . Wlotzke / Wißmann, D B 1976, S. 960. 134 Weniger weitgehend Th. Raiser, B B 1976, S. 150 f., nach dessen Auffassung diese Frage nicht durch Gesetzesauslegung, sondern n u r i m Wege richterlicher Gesetzesergänzung beantwortet werden kann.
I I I . Die subjektiven Rechte aus § 90 A k t G i m einzelnen
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die Aktiengesellschaft bereits entwickelten und i m folgenden noch weiter zu präzisierenden Grundsätze Anwendung finden. I I I . Die subjektiven Rechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 AktG im einzelnen Nachdem dargelegt worden ist, daß Organen und Organmitgliedern einer Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen körperschaftsinterne subjektive Rechte gegenüber anderen Organen und Organmitgliedern zustehen können, ist zu prüfen, wie insoweit die Rechtslage bei der Aktiengesellschaft hinsichtlich der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G zu beurteilen ist. Hierbei ist zunächst zu untersuchen, ob die für diesen Fall i m Gesetz enthaltenen Regelungen eine i m weiteren Sinne g ew altenteilig e Struktur aufweisen. Danach ist zu entscheiden, ob unter Außerachtlassung eines klagbaren subjektiven Rechts der Organe bzw. Organmitglieder an den Kompetenzen die sonstigen vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten bereits als hinreichend anzusehen sind, um das Organisationssystem zu gewährleisten 1 . Abschließend ist zu prüfen, ob aus der Gesamtstruktur der Körperschaft unter Abwägung der beteiligten Interessen der durch das Gesetz vorgenommenen Regelung der Kompetenzverteilung tatsächlich eine Zuweisung von klagbaren subjektiven Rechten an den i n Frage stehenden Kompetenzen zu entnehmen ist. 1. Das Recht auf Kenntnisnahme gemäß § 90 Abs. 5 A k t G gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden
Wie bereits dargestellt, umfassen die Rechte des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds aus § 90 Abs. 5 A k t G einmal das allgemeine Recht auf Kenntnisnahme von Berichten an den Aufsichtsrat gemäß § 90 Abs. 5 Satz 1 A k t G und zum anderen das Recht auf Aushändigung der dem A u f sichtsratsvorsitzenden schriftlich zugeleiteten Berichte unabhängig von dem Rechtsgrund der Berichterstattung gemäß § 90 Abs. 5 Satz 2 AktG. § 90 Abs. 5 Satz 3 A k t G betrifft den Sonderfall der Berichterstattung durch den Vorstand nur an den Aufsichtsratsvorsitzenden aus wichtigem Grund gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 AktG. a) § 90 Abs. 5 AktG als Teil des g ew altenteilig en Systems der Aktiengesellschaft Daß der Aufsichtsrat als Kollegialorgan konzipiert ist, dient nicht nur der internen Arbeitsteilung. Insbesondere die Informationsrechte der 1 Vgl. hierzu z. B. Baumbach / Hueck, § 171 A k t G Rdn. 14. Danach ist eine Klage der Gesellschaft gegen den Aufsichtsrat auf Vorlage des Berichts gemäß § 171 Abs. 3 A k t G durch die besondere Regelung i n Abs. 3 Satz 3 ausgeschlossen. Gleiches würde auch f ü r ein entsprechendes subjektives Recht des Aufsichtsrats gelten.
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
einzelnen Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG, aber auch die hier i n Frage stehende Regelung des § 90 Abs. 5 A k t G dienen der Schaffung entsprechend vieler insoweit eigenständiger Organe i m Rahmen der Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat. Die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder sind i n dem Umfang selbständige Einzelorgane, i n dem ihnen das Gesetz Kompetenzen zur eigenständigen Wahrnehmung zuweist. Sie sind i n dieser Funktion wesentlicher Bestandteil des i n der Verfassung der Aktiengesellschaft verwirklichten Gewaltenteilung ssy stems. Entsprechend den oben entwickelten Grundsätzen kommt damit die Annahme eines eigenen subjektiven Rechts der A u f sichtsratsmitglieder an ihren Kompetenzen aus § 90 Abs. 5 A k t G i n Betracht. b) Klagbares subjektives Recht und gesetzlich normiertes Durchsetzungssystem Das gesetzlich normierte Durchsetzungssystem kann nach Sinn und Zweck der Pflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden zur Berichterstattung gegenüber den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern auch nicht als abschließende Regelung angesehen werden, so daß deshalb eine Annahme eines klagbaren eigenen subjektiven Rechts daneben ausscheiden würde. Daß das gesetzlich normierte Durchsetzungssystem für die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 5 A k t G die Erfüllung der entsprechenden Unterrichtspflichten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden i n keiner Weise gewährleisten kann, wurde bereits dargestellt. Dies gilt sowohl für rein gesellschaftsinterne Maßnahmen wie ζ. B. eine Abberufung, für die das einzelne Aufsichtsratsmitglied nicht zuständig ist 2 , wie auch für die sonst i n Betracht kommenden Möglichkeiten der Androhung einer Schadensersatzklage 3 oder eines Straf- 4 bzw. Zwangsgeldverfahrens 5 . Es kann dem Gesetz auch nicht entnommen werden, daß aus bestimmten Gründen, etwa zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Körperschaft, hier eine zivilprozessuale Klage ausgeschlossen sein soll, obwohl damit eine Lücke i m Sanktionssystem zur Gewährleistung der Kompetenzverteilung bestehen bliebe. I m kodifizierten Aktienrecht wie auch i n den sonstigen gesetzlichen Vorschriften zum privatrechtlichen und auch zum öffentlich-rechtlichen Körperschaftsrecht w i r d zwar die Möglichkeit einer Klage innerhalb der Körperschaft zwischen den Organen zur Regelung interner Streitig2 3 4 5
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
oben oben oben oben
§ 2 II, § 2 II, § 2 II, § 2 II,
2, c. 3, c. 4, b. 5, c.
I I I . Die subjektiven Rechte aus § 90 A k t G i m einzelnen
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keiten für gewöhnlich nicht berücksichtigt. Eine — allerdings wichtige — Ausnahme findet sich für Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen des Mitgliederorgans, d.h. bei der Aktiengesellschaft der Hauptversammlung, die uns hier allerdings nicht unmittelbar interessiert, da es sich dabei nicht u m eine Leistungsklage handelt und w i r hier außerdem das Verhältnis nichtmitgliedschaftlicher Organe untereinander untersuchen. Wie bereits oben ausgeführt, bevorzugt unsere Rechtsordnung für den hier anstehenden Bereich vielmehr körperschaftsinterne Sanktionsmöglichkeiten wie ζ. B. das Recht zur Abberufung von Organmitgliedern, u m ein organisationsrechtlich richtiges Verhalten der Organwalter zu gewährleisten 6 . Andererseits kann allein aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung einer Leistungsklage zur Durchsetzung von Organkompetenzen i m Aktiengesetz nicht geschlossen werden, daß eine solche grundsätzlich ausgeschlossen sein soll. Die Möglichkeit eines Ordnungsstrafverfahrens gemäß §§ 407, 90 A k t G zeigt, daß den Informationsrechten der Aufsichtsratsmitglieder und der Sicherstellung ihrer Durchsetzung auch vom Gesetzgeber eine wesentliche Bedeutung beigemessen worden ist. Daraus, daß ein solches Ordnungsstrafverfahren gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden zur Durchsetzung der Rechte der Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 5 A k t G nicht möglich ist, kann nicht gefolgert werden, daß diese Rechte für den Gesetzgeber von geringerer Bedeutung sind. Eine solche Schlußfolgerung ist schon wegen des unmittelbaren inneren Zusammenhanges der Pflichten des Vorstandes zur Berichterstattung und der Pflichten des Aufsichtsratsvorsitzenden zur Einsichtsgewährung bzw. Unterrichtung gemäß § 90 Abs. 5 A k t G ausgeschlossen. I n Anbetracht der auch dem Aktiengesetz selbst zu entnehmenden Bedeutung der Informationsrechte der Aufsichtsratsmitglieder und der Lückenhaftigkeit des gesetzlich normierten Durchsetzungssystems bedürfte die Ablehnung einer Leistungsklage zu ihrer Durchsetzung außer dem Fehlen ihrer Regelung i m Aktiengesetz weiterer tragender Gründe. Insoweit kommt insbesondere das rechtspolitische Argument i n Betracht, daß ein Zivilprozeß zwischen Organmitgliedern um Kompetenzen zu einer unerwünschten Störung der zu fordernden vertrauensvollen Zusammenarbeit führen würde und daß ein solcher Prozeß außerdem wegen seiner regelmäßig sehr langen Dauer für die Klärung von Streitigkeiten i n einem i m W i r t schaftsprozeß stehenden Unternehmen nicht geeignet ist. Zum ersten Punkt muß aber gefragt werden, ob sich nicht die ohne die Möglichkeit einer Klage bestehende weitgehende Wehrlosigkeit der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber rechtswidrigen Entscheidungen des Aufsichtsratsvorsitzenden sehr viel negativer auswirken muß. Und zur Praktikabilität des Zivilprozesses kann nur soviel festgestellt werden, daß auch ein unter 6
Vgl. oben § 2 I I , 1.
7 Lewerenz
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
Umständen schwerfälliger und zeitraubender Rechtsbehelf besser ist als überhaupt keiner. Der Gesamtstruktur der Aktiengesellschaft können somit keine Gründe für einen grundsätzlichen Ausschluß einer Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 5 A k t G entnommen werden. I m Ergebnis kann damit festgestellt werden, daß die Kompetenz des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds, vom Aufsichtsratsvorsitzenden gemäß § 90 Abs. 5 A k t G Berichterstattung bzw. Aushändigung der Berichte verlangen zu können, als subjektives Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds ausgestaltet ist, das m i t einer zivilprozessuale Leistungsklage geltend gemacht werden kann, weil die entsprechende Kompetenz gewaltenteilende Funktion hat und w e i l sie wegen der Lückenhaftigkeit des gesetzlich normierten Durchsetzungssystems zur Gewährleistung der Kompetenzverteilung erforderlich ist 7 . c) Der Aufsichtsratsvorsitzende
als Beklagter
Wilhelmi 8 nimmt an, daß dieses Informationsrecht des einzelnen A u f sichtsratsmitglieds i m Wege einer Klage gegen die Gesellschaft durchzusetzen ist. Er geht dabei davon aus, daß dem Aufsichtsratsvorsitzenden die Pflicht, dem einzelnen Mitglied des Aufsichtsrats Kenntnis über die Berichte zu geben, i n seiner Funktion als Organwalter übertragen wurde und folgert daraus, daß es sich bei dieser Pflicht deshalb um eine solche Gesellschaft handele. Für derartige Verbindlichkeiten Dritten gegenüber habe die Gesellschaft grundsätzlich selbst einzustehen und nicht etwa die einzelnen Personen, die i m Namen der Gesellschaft handeln. Eine Klage gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden selbst sei deshalb ausgeschlossen. Wilhelmi übersieht hier den grundsätzlichen Unterschied, der zwischen Rechtsbeziehungen i m Innenbereich der Gesellschaft einerseits und Außenbeziehungen der Gesellschaft i n Form von Pflichten gegenüber Dritten andererseits besteht. Bei Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten ergibt sich zwingend aus der rechtlichen Konstruktion der rechtsfähigen Körperschaft als juristischer Person, daß diese allein Pflichtsubjekt ist, auch wenn die Erfüllungshandlungen nur durch die Organe bzw. Organwalter vorgenommen werden können. Die Kunstform 7 I m Ergebnis ebenso aber m i t abweichender oder ohne Begründung: Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 6; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 90 A n m . 12; H. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 380; Wilhelmi, i n Handbuch des Aufsichtsrats, Ziff. 487, der aber eine Klage gegen die Gesellschaft f ü r zulässig hält. 8 Wilhelmi, i n Handbuch des A u f sichtsrats, Ziff. 487; der gl., i n G o d i n / W i l helmi, § 90 A n m . 13.
I I I . Die subjektiven Rechte aus § 90 A k t G i m einzelnen
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der juristischen Person ist gerade dadurch gekennzeichnet, daß i m Außenverhältnis sie selbst Träger der Rechte und Pflichten ist und nicht ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihrer Organe. Dieser Grundsatz gilt aber nicht i m Innenbereich der Körperschaft bei Kompetenzkonflikten zwischen ihren Organen. Der Kompetenz eines Organs, von einem anderen ein bestimmtes Verhalten verlangen zu können, entspricht keine Pflicht der Gesellschaft. Jedenfalls insoweit ist der Auffassung von Rupp 9 zuzustimmen, daß kein Grund zur Annahme organeigener subjektiver Rechte ersichtlich sei, wenn der Gesamtorganismus seine Funktion auf bestimmte Organe arbeitsteilig verteile. I n diesem Bereich gibt es zunächst nur eine Pflicht der Organe bzw. Organwalter gegenüber der Gesamtkörperschaft zu organisationsgemäßem Verhalten. Darüber hinaus kann zwar, wie oben dargestellt worden ist, bei Bestehen einer gewaltenteiligen Organisation der Körperschaft und wenn dies zur Gewährleistung der Gesamtorganisation erforderlich ist, ein organeigenes subjektives Recht gegenüber anderen Organen bzw. Organwaltern auf Einhaltung der Kompetenzverteilung angenommen werden. Für die Annahme eines entsprechenden organeigenen subjektiven Rechts gegenüber der Gesamtkörperschaft selbst ergibt sich aber weder aus Sinn und Zweck der juristischen Person ein Grund, noch lassen sich sonstige Gründe dafür finden. Subjektive Rechte der Organwalter gegenüber der juristischen Person kommen nur i n Betracht, wenn sie ihr nicht i n ihrer Funktion als Organwalter i m körperschaftsinternen Rechtskreis, sondern als selbständige Personen des allgemeinen Rechtskreises gegenüberstehen und etwa ihre Bezüge verlangen oder Aufwendungsersatzansprüche gemäß § 670 BGB geltend machen. Bei der hier i n Frage stehenden Berichtspflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden handelt es sich u m eine auf einer bestimmten Kompetenzverteilung beruhenden Pflicht i m Innenbereich der Gesellschaft. Damit hat zunächst allein diese aufgrund des zwischen ihr und dem Aufsichtsratsvorsitzenden bestehenden Rechtsverhältnisses ein subjektives Recht auf Erfüllung der Organpflichten 10 . Wegen der gesetzlichen Regelung der 9
Vgl. Rupp, Grundfragen, S. 100 u n d oben S. 65. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsratsmitglied u n d Gesellschaft entsprechend der h. M. u m einen körperschaftsrechtlichen oder schuldrechtlichen Vertrag oder ausschließlich u m ein durch Bestellung u n d i h r Annahme entstehendes gesetzlich ausgestaltetes körperschaftsrechtliches Amtsverhältnis handelt, w i e insbesondere von Natzel, i n D B 1959, S. 171 ff.; ders. f Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder, S. 34 ff., vertreten w i r d . Auch nach der letzteren Auffassung w i r d man annehmen müssen, daß den v o m Gesetz vorgesehenen körperschaftlichen Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder subjektive Rechte der Gesellschaft entsprechen, soweit die gesetzliche Regelung den Interessen der Gesellschaft dient. 10
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Vertretung der Gesellschaft ist es aber ausgeschlossen, daß das betreffende einzelne Aufsichtsratsmitglied i m Namen der Gesellschaft gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden auf Erstattung des Berichts klagen kann 1 1 . Es ist aber nachgewiesen worden, daß ein subjektives Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes selbst aus der gewaltenteiligen Organisation der Aktiengesellschaft abgeleitet werden kann. Dieses subjektive Recht kann aber entsprechend den obigen Ausführungen nur gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden und nicht gegenüber der Gesellschaft bestehen 12 . Fraglich könnte noch sein, ob die Klage allgemein gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden der X - A G zu richten ist, oder gegen den bestimmten Aufsichtsratsvorsitzenden Y der X - A G . Grundsätzlich wäre es rechtstechnisch denkbar, daß Beklagter nicht der konkrete Amtswalter, sondern abstrakt der Inhaber dieses Amtes ist. Dazu müßte das A m t als solches — nicht der Amtswalter — rechtsfähig sein (§ 50 ZPO), oder die Parteifähigkeit des Amtes müßte für diesen Fall durch das Gesetz ausdrücklich anerkannt sein, wie es nach herrschender Meinung für das Organ Vorstand bei § 245 Ziff. 4 A k t G der Fall ist 1 3 . Für diese Regelung ist anerkannt, daß eine Änderung der Zusammensetzung des Vorstandes auf den Prozeß keinen Einfluß hat, da das Organ als solches Partei ist. Für das A m t Aufsichtsratsvorsitzender fehlt aber jeder Anhaltspunkt für eine entsprechende Annahme. Eine solche gesetzliche Regelung ist auch für eine sachgerechte Lösung des Problems nicht unbedingt erforderlich. Die Pflicht zur Berichterstattung des Aufsichtsratsvorsitzenden gemäß § 90 Abs. 5 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 A k t G kann von vornherein nur von dem Aufsichtsratsvorsitzenden erfüllt werden, dem der Vorstand berichtet hat. Eine kraft Gesetzes erfolgende Fortsetzung des Prozesses oder eine Fortgeltung eines rechtskräftigen Urteils gegenüber einem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden — das wäre die Folge der Parteifähigkeit des Amtes selbst — wäre deshalb jedenfalls für diesen Fall nicht sinnvoll. Bei der Anfechtungsklage gemäß § 245 Ziff. 4 AktG, bei der das Urteil gemäß § 248 11
Vgl. oben § 3 I , 2, a. Wilhelmi übersieht bei seinem Lösungsvorschlag auch, daß bei einer Klage des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gegen die Gesellschaft diese v o m Vorstand vertreten würde, d. h. daß der Vorstand als Sachwalter des A u f sichtsratsvorsitzenden fungieren müßte. Es entspräche aber nicht der gesetzlichen Kompetenzverteilung zwischen Aufsichtsrat u n d Vorstand, daß dieser als v o m Aufsichtsrat zu überwachendes Organ bei Streitigkeiten innerhalb des Aufsichtsrats als Schlichter soll eingreifen können; vgl. BayObLG, Beschluß v. 25. 4. 1968, i n A G 1968, S. 330; H. Westermann, i n Festschrift für Bötticher, S. 380 f. Wilhelmi müßte hier somit zumindest eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vertretung der Gesellschaft verlangen. 13 Vgl. Godin / Wilhelmi, § 245 A n m . 5; Baumbach / Hueck, § 245 Rdn. 6. 12
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A k t G sowieso für und gegen alle Aktionäre, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder w i r k t , ist die Interessenlage eine ganz andere. Soweit es sich um einen schriftlichen Bericht des Vorstandes handelt, dessen Aushändigung von einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied verlangt wird, muß dieses allerdings die Klage umstellen und nun den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden verklagen. Eine solche Umstellung ist als Klagänderung zu behandeln und nach ganz h. M. jedenfalls i m ersten Rechtszug ohne Zustimmung des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden zulässig 14 . Die Klage ist somit immer nur gegen das konkrete Aufsichtsratsmitglied, gegen den Organwalter zu richten. Es handelt sich bei den Pflichten des Aufsichtsratsvorsitzenden aus § 90 Abs. 5 AkaG um Amtspflichten des jeweiligen Amtswalters, die m i t seinem Ausscheiden aus dem Amte grundsätzlich erlöschen und i n der Person des nächsten Aufsichtsratsvorsitzenden neu entstehen. Entsprechendes gilt für die Rechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 5 AktG. Auch sie sind an die Amtsträgerschaft gebunden und erlöschen mit dem Ausscheiden aus dem Amt. Denkbar ist allerdings, daß sich i n besonders gelagerten Fällen aus dem Amtsverhältnis des Aufsichtsratsvorsitzenden Nachwirkungen ergeben, die i h n ausnahmsweise auch nach seinem Ausscheiden noch zur Weitergabe bestimmter Informationen an die Aufsichtsratsmitglieder verpflichten. Eine solche Sachlage könnnte ζ. B. dann anzunehmen sein, wenn der ausgeschiedene Aufsichtsratsvorsitzende über ganz wesentliche Informationen verfügt, die auf anderem Wege für die Aufsichtsratsmitglieder nicht mehr zu erlangen sind. Eine Vertiefung dieser Frage soll hier aber unterbleiben, da es sich dabei um ein Sonderproblem handelt. 2. Die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G
Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G ist der Vorstand zur Berichterstattung an den Aufsichtsrat verpflichtet, wenn ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied den Bericht verlangt und dieses Verlangen von einem weiteren Aufsichtsratsmitglied unterstützt wird. Dieser organisationsrechtlichen Pflicht des Vorstandes entspricht grundsätzlich ein subjektives Recht der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern aus dem Anstellungsverhältnis 1 5 . Wie bei der Pflicht des Aufsichtsratsvorsitzenden aus § 90 Abs. 5 A k t G bestehen auch bei diesem Recht der Gesellschaft jedoch Bedenken hinsichtlich seiner Durchsetzbarkeit i m Wege einer zivilpro14
Vgl. dazu Thomas / Putzo, § 50 Vorbem. I V . Daß die Vorstandsmitglieder zur Gesellschaft i n einem Anstellungsverhältnis stehen, das v o n der Bestellung zu unterscheiden ist, entspricht der ganz h. M . ; vgl. Baumbach / Hueck, § 84 Rdn. 6 m. w. Nachw. 15
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
zessualen Klage i m Namen der Gesellschaft 16 . Denn das insoweit vertretungsbefugte Organ Gesamtaufsichtsrat (§112 AktG) kann für eine solche Klage nicht zuständig sein, da die Durchsetzung der Berichtspflicht gerade auch ohne seine Zustimmung und sogar gegen seinen Willen möglich sein soll. Andererseits bestehen gegen eine Vertretung der Gesellschaft durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied aus den bereits i m Zusammenhang m i t der Klage aus § 90 Abs. 5 A k t G angeführten Gründe Bedenken 17 . Es ist deshalb wieder zu überlegen, ob nicht eine Klage des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds aus eigenem Recht zulässig ist. a) § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG als Bestandteil des gewaltenteiligen Systems der Aktiengesellschaft Es wurde bereits i m Zusammenhang m i t § 90 Abs. 5 A k t G dargelegt, daß das Berichtsrecht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G Element einer Kompetenzverteilung bei der Aktiengesellschaft m i t deutlich gewaltenteiligen Strukturen ist 1 8 . Das einzelne A u f sichtsratsmitglied soll hierdurch i n die Lage versetzt werden, als eigenständiges Kontrollorgan zu fungieren. Damit ist es nach dem Ergebnis unserer Untersuchung 19 grundsätzlich möglich, daß auch diese Kompetenz als subjektives Recht des Aufsichtsratsmitglieds selbst ausgestaltet ist und daß es sein Berichtsrecht i m Wege einer zivilprozessualen Leistungsklage selbständig i m eigenen Namen durchsetzen kann. Es könnte aber sein, daß die gewaltenteilende Funktion der Regelung des § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G überlagert und verdrängt w i r d durch die sich aus § 76 Abs. 1 AktG ergebende Kompetenz des Vorstandes zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft m i t der Folge, daß eine Durchsetzung des Rechts aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G i m Wege einer zivilprozessualen Klage deshalb ausscheidet. So könnte das unternehmerische Ermessen des Vorstandes, das diesem gemäß § 76 Abs. 1 A k t G grundsätzlich zusteht 20 , sich auch darauf erstrekken, ob und wie er dem Aufsichtsrat Bericht erstattet. Sollte es sich bei der Erfüllung der Pflicht zur Berichterstattung um eine Ermessensentscheidung handeln, so käme allenfalls eine Klage des einzelnen A u f sichtsratsmitglieds auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens i n Betracht. Aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G ergibt sich aber bereits unmittelbar, daß die Erfüllung der Berichtspflicht nicht i n das Ermessen des Vorstan18
Vgl. oben über Fußn. 11 zu § 3 I I I . Vgl. oben § 3 I I I , 1, c; vgl. auch oben § 3 I, 2, a. 18 Vgl. oben § 3 I I I , 1, a. 19 Vgl. oben § 3 I I , 3, d, bb a. E. 20 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 76 Rdn. 5; Hefermehl, m e h l / Eckhardt / Kropff, § 76 Rdn. 14. 17
i n Geßler / Hefer-
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des gestellt ist. Die Berichtspflicht des Vorstandes gehört auch von vornherein gar nicht zum Kernbereich der Leitungsfunktion des Vorstandes. Denn Leitung bedeutet i m wesentlichen die Durchführung der unternehmerischen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft. Sie umfaßt vor allem die Aufstellung von Plänen und Grundsatzentscheidungen für einen längeren Zeitraum, die Koordinierung der einzelnen Unternehmensaufgaben 21 . Hierzu gehören aber die organisationsrechtlichen Pflichten des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat und seinen Mitgliedern wie ζ. B. die Berichtspflicht nicht. Deshalb scheitert ein klagbares subjektives Recht des einzelnen A u f sichtsratsmitglieds auf Berichterstattung gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G auch nicht an dem zweiten Grundsatz, den man für Leitungsmaßnahmen aus § 76 Abs. 1 A k t G ableiten kann, daß sich der Vorstand nämlich grundsätzlich erst nachträglich für die Vornahme oder Nichtvornahme einer bestimmten Maßnahme verantworten muß 2 2 . Auch dieser Grundsatz kann wieder nicht bei organisationsrechtlichen Pflichten des Vorstandes wie der Berichtspflicht eingreifen, da es sich dabei um keine echten Leitungsmaßnahmen handelt. Dieses Ergebnis w i r d auch dadurch bestätigt, daß die Berichtspflicht gemäß § 407 A k t G i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens durchsetzbar ist. Es ist somit festzustellen, daß die Pflicht des Vorstandes zur Berichterstattung auf Verlangen eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G Bestandteil des gewaltenteiligen Systems der Aktiengesellschaft ist und daß eine Ausgestaltung als durchsetzbares subjektives Recht auch nicht durch die Leitungsfunktion des Vorstandes ausgeschlossen ist. b) Klagbares subjektives Recht und gesetzlich normiertes Durchsetzungssystem Voraussetzung für die Annahme innerorganisatorischer subjektiver Rechte der Aufsichtsratsmitglieder an ihren Kompetenzen aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G ist weiterhin, daß sie für die Funktionsfähigkeit der gewaltenteilenden Verfassung der Aktiengesellschaft erforderlich sind. Nun ist das Berichtsverlangen des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G anders als das aus § 90 Abs. 5 A k t G i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens gemäß §§ 407 A k t G i. V. m. 132 ff. FGG durchsetzbar 23 . I n diesem Verfahren ist das einzelne Aufsichtsratsmitglied auch rechtsmittelbefugt 24 . Es wurde aber bereits dargestellt 25 , daß 21 22 23 24 25
So Dose, S. 54. Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5. Vgl. oben § 2 I I , 5, b. Vgl. oben § 2 I I , 5, b. Vgl. oben § 2 I I , 5, a, dd.
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der
echte aus § 90 A k t G
das Zwangsgeldverfahren eine zivilprozessuale Leistungsklage nicht ausschließt. Zugleich ergab sich aus der i m Rahmen dieser Untersuchung vorgenommenen Interessenabwägung, daß trotz der Möglichkeit des Zwangsgeldverfahrens ein Bedürfnis für die Aufrechterhaltung der gewaltenteilenden Ordnungsstruktur der Aktiengesellschaft i m Wege der Annahme innerorganisatorischer subjektiver Rechte der Aufsichtsratsmitglieder an ihrer Kompetenz aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G besteht, die i m Wege der Leistungsklage durchsetzbar sind. Es ist auch nachgewiesen worden, daß alle anderen gesetzlich vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten dieses Bedürfnis nicht befriedigen 26 . Ausgehend von den hier entwickelten Grundsätzen ist damit ein subjektives Recht der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder auf Berichterstattung anzunehmen, welches diese i m Wege einer zivilprozessualen Klage durchsetzen können 2 7 . c) Das einzelne Aufsichtsratsmitglied
als Kläger
Der Rechtsinhaberschaft des einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes steht nicht entgegen, daß gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz A k t G Voraussetzung für die Verbindlichkeit eines Berichtsverlangens ist, daß dieses von einem weiteren Aufsichtsratsmitglied unterstützt wird. Es ist zwar grundsätzlich eine rechtliche Ausgestaltung denkbar, bei der das Recht beiden Aufsichtsratsmitgliedern zur gemeinsamen Ausübung zustände. Gegebenenfalls läge ein Fall notwendiger Streitgenossenschaft i m Sinne einer notwendig gemeinschaftlichen Klage vor, § 62 Abs. 1 1. Alternative ZPO. Das Gesetz spricht aber nicht von einem Berichtsverlangen zweier Aufsichtsratsmitglieder, sondern ausdrücklich nur von einer Unterstützung durch ein weiteres Mitglied. Es geht damit ersichtlich von der Zuständigkeit des einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes aus. Eine Auslegung i m Sinne einer gemeinsamen Rechtsinhaberschaft ist auch abzulehnen, w e i l sie m i t der Notwendigkeit einer gemeinsamen Klage eine sachlich nicht gerechtfertigte Erschwerung der Durchsetzbarkeit m i t sich brächte. Das Unterstützungserfordernis ist damit allein Anspruchs Voraussetzung für den Anspruch auf Berichterstattung. Wie bei dem Recht der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 5 A k t G ist Grundlage auch des Rechts aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G das A m t als Aufsichtsratsmitglied 28 . Das einzelne Aufsichtsratsmitglied 26
Vgl. oben, § 2 I I , 2, b a. E.; 3, b ; 4, a. I m Ergebnis ebenso: H. Westermann, i n Festschrift f ü r Bötticher, S. 373; Mertens, i n Kölner Komm., § 90 A n m . 85; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 11. Z u m Aktiengesetz 1937: Ritter, § 95 A n m . 3 c; Schlegelberger / Quassowski, § 81 A n m . 10; a. A . für die entsprechende Regelung i m H G B vor der Novellierung des Aktienrechts durch das Aktiengesetz 1937 Horrwitz / TJlmer, § 239 H G B A n m . 5 u n d § 246 H G B A n m . 3; Lehmann / Hirsch, § 246 H G B A n m . 3. 28 Vgl. oben § 3 I I I , 1, c. 27
I I I . Die subjektiven Rechte aus § 90 A k t G i m einzelnen
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ist aus seiner Amtsstellung heraus deshalb auch verpflichtet, von diesem Recht einen pflichtgemäßen Gebrauch zu machen 29 . M i t dem Ausscheiden aus dem A m t erlischt das Recht. d) Die einzelnen Vorstandsmitglieder
als Beklagte
Mertens hat i m Zusammenhang m i t der Frage der Zulässigkeit von Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand auf Ausübung seiner Organfunktion das Bedenken, daß es i n den Fällen, i n denen die Geschäftsführungsmaßnahme dem Vorstand i n seiner Gesamtheit obliegt, genau genommen an einem passenden Beklagten fehle, denn der Vorstand als solcher, der hier handeln müsse, sei nicht parteifähig 3 0 . Dieses Bedenken greift i m Ergebnis jedoch nicht durch. Einerseits ist es zwar grundsätzlich denkbar, daß i n einem solchen Verfahren die Organe als solche Partei sind. W i r kennen dies ζ. B. von Organstreitigkeiten i m öffentlichen Recht und auch i m Betriebsverfassungsrecht. So können i n Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ζ. B. die Bundesregierung, der Bundesrat, der Bundestag und sogar Fraktionen des Bundestages Partei sein 31 . Bei betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten kann der Betriebsrat Partei sein 32 . Für das Aktienrecht w i r d für die Klage des Vorstandes gemäß § 245 Ziff. 4 A k t G gegen Hauptversammlungsbeschlüsse die Parteifähigkeit des Vorstandes angenommen 33 . Da der Vorstand nicht rechtsfähig ist 3 4 , bedarf es für die Annahme seiner Parteifähigkeit aber einer besonderen gesetzlichen Regelung. Die Regelung des § 245 Ziff. 4 A k t G läßt sich aber nicht auf die Stellung des Vorstandes als Beklagter i n einer Leistungsklage auf Ausübung einer Organfunktion übertragen. Es ist somit richtig, daß der Vorstand als solcher nicht Partei bei einer Klage nach § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G sein kann. Es ist andererseits zur Erreichung des hier angestrebten Zweckes nicht unbedingt erforderlich, daß der Prozeß gegen den Vorstand als Organ geführt wird. Es genügt, wenn die einzelnen Vorstandsmitglieder verklagt werden. Die Folge davon ist allerdings, daß gegen während des Prozesses neu i n den Vorstand eintretende Mitglieder gegebenenfalls ebenfalls Klage erhoben werden muß. Auch erstreckt sich die Rechtskraft eines Urteils nicht gegen nicht verklagte Vorstandsmitglieder. Praktisch dürfte das aber keine schwerwiegenden Konsequenzen haben. 29
Vgl. oben § 3 I , 3. Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 A n m . 5. 31 Vgl. § 13 BVerfGG. 32 Vgl. § 10 A r b G G . 33 Vgl. Baumbach / Hueck, § 245 Rdn. 6; Godin / Wilhelmi, § 245 A n m . 5. 34 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 4; Hefermehl, in G e ß l e r / H e f e r m e h l / Eckhardt / K r ö p f f , § 93 Rdn. 23; Würdinger, § 3 III; Rumpf f, S. 23. 30
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
Da Berichte des Vorstandes an den Aufsichtsrat durch Vorstandsbeschluß Zustandekommen 35 , können auch Vorstandsmitglieder verklagt werden, i n deren Ressort die fraglichen Angelegenheit zwar nicht gehört, die aber i m Vorstand gegen eine Berichterstattung gestimmt haben. Andererseits genügt es aus diesem Grunde zur Erzwingung eines Vorstandsberichts i m Sinne von § 90 A k t G nicht, allein die Vorstandsmitglieder zu verklagen, die die gewünschte Auskunft tatsächlich erteilen können. Denn diese Auskunft eines einzelnen Vorstandsmitgliedes ist etwas grundsätzlich anderes als ein Vorstandsbericht, selbst wenn sie inhaltlich mit diesem identisch sein sollte. Die Klage ist gegen alle widerstrebenden Vorstandsmitglieder zu richten 3 6 . Es handelt sich um einen Fall notwendiger Streitgenossenschaft wegen notwendiger gemeinschaftlicher Klage 3 7 . Dies gilt unabhängig davon, ob die Beschlußfassung über den Bericht nach Satzung oder Geschäftsordnung einstimmig oder durch Mehrheitsbeschluß zu erfolgen hat. I m ersten Fall ergibt sich die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen Klage gegen alle Vorstandsmitglieder unmittelbar. Aber auch bei Geltung des Mehrheitsprinzips besteht ein so weitgehender innerlicher Zusammenhang der Pflicht aller Vorstandsmitglieder zur Berichterstattung, daß allein eine gemeinschaftliche Klage gegen alle Vorstandsmitglieder interessengemäß erscheint. Für den Fall, daß der Vorstand rechtswidrig die Berichterstattung verweigert, steht dem Aufsichtsrat neben der Möglichkeit, gegen alle Vorstandsmitglieder vorzugehen und einen „Bericht des Vorstandes" zu erzwingen, auch der Weg offen, gezielt diejenigen Vorstandsmitglieder zu verklagen, die über die gewünschte Information verfügen. Denn für den Fall, daß der Vorstandsbeschluß über die Unterlassung einer Berichterstattung rechtswidrig ist, ist jedes einzelne Vorstandsmitglied verpflichtet, den Aufsichtsrat auch entgegen einem Vorstandsbeschluß zu unterrichten. Das gleiche gilt auch dann, wenn unter Geltung des Mehrheitsgrundsatzes zwar von der Mehrheit ein Bericht beschlossen worden ist, dieser aber nicht den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft entspricht. Die Pflicht zur Beachtung der gesetzlichen Zuständigkeitverteilung kann und muß jedenfalls für den Fall der nur gesellschaftsintern wirkenden Berichterstattung an den Aufsichtsrat hinter die Pflicht zur Bewahrung der Gesellschaft vor Schaden zurücktreten 38 . Z u beachten ist jedoch, daß i n diesem Fall Gegenstand des Prozesses nicht ein „Bericht des Vorstandes", sondern die Auskunft eines einzelnen Vorstandsmitgliedes ist. 35 36 37 38
Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 16 ff. I m Ergebnis ebenso Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5. Vgl. dazu Thomas / Putzo, § 62 A n m . 2. Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 18 m. w. Nachw.
I I I . Die subjektiven Rechte aus § 90 A k t G i m einzelnen
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3. Die Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat gemäß § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G
Ein eigenes subjektives Recht des Gesamtaufsichtsrats oder seiner M i t glieder an der Kompetenz aus § 90 Abs. 1 und Abs. 3 A k t G und damit eine zivilprozessuale Klage auf Berichterstattung i m eigenen Namen ist dagegen ausgeschlossen. a) § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AktG als Bestandteil des g ew altenteilig en Systems der Aktiengesellschaft Die Informationsrechte des Aufsichtsrats gemäß § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G sind wesentliche Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat 39 . Diese Kontrollfunktion des Aufsichtsrats gegenüber dem Leitungsorgan Vorstand ist der Hauptansatzpunkt für eine Charakterisierung der Aktiengesellschaft als gewaltenteiliges Organisationssystem. Damit sind auch die Rechte aus § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G diesem System zuzurechnen. Es ist damit an sich grundsätzlich denkbar, diese Rechte dem Aufsichtsrat bzw. seinen Mitgliedern als subjektive Rechte zuzuordnen, wenn es die Sicherung des Verfassungssystems der Aktiengesellschaft erfordern würde. b) Klagbares subjektives Recht des Auf sichtsrats und das gesetzliche normierte Durchsetzungssystem E i n solches subjektives Recht des A u f sichtsrats ist auch nicht deshalb abzulehnen, weil er i m Wege des Zwangsgeldverfahrens gegen den Vorstand vorgehen kann. Daß es sich bei diesem Verfahren nicht um einen gleichwertigen Rechtsbehelf handelt, wurde bereits dargelegt 40 . I n der Literatur w i r d auch überwiegend angenommen, daß eine Klage des Gesamtaufsichtsrats auf Berichterstattung neben dem Zwangsgeldverfahren zulässig ist 4 1 . Eine Klage des Aufsichtsrats oder auch der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus eigenem Recht scheidet weiterhin nicht deshalb aus, weil dem Aufsichtsrat noch andere ζ. T. recht gravierende Maßnahmen an die Hand gegeben sind, um den Vorstand jedenfalls mittelbar zur Berichterstattung zwingen zu können 4 2 . So kann der Aufsichtsrat unter anderem insbesondere einen widerstrebenden Vorstand durch Widerruf seiner Bestellung aus dem A m t entfernen. Daß diese Maßnahme zu 39
Vgl. oben § 2 1,1. Vgl. oben § 2 I I , 5, a, dd. 41 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 90 Rdn. 33; Godin / Wilhelmi, § 90 A n m . 11. 42 Z u den Durchsetzungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats i m einzelnen vgl. oben § 2 I I , 2, a; 3, a; 4. 40
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
undifferenziert ist und nicht immer den Interessen der Beteiligten gerecht wird, wurde bereits dargelegt. Auch alle sonst i n Betracht kommenden Sanktionsmöglichkeiten haben sich nicht als hinreichend erwiesen, um das Bedürfnis für eine zivilprozessuale Leistungsklage zur Durchsetzung der Berichtsrechte auszuschließen 43 . c) Klage des Auf sichtsrats im Namen der Gesellschaft Ein eigenes klagbares subjektives Recht des Gesamtaufsichtsrats an den Kompetenzen aus § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G und damit eine Klage des Aufsichtsrats i m eigenen Namen ist aber ausgeschlossen, weil der Aufsichtsrat gemäß § 112 A k t G im Namen der Aktiengesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Berichterstattung klagen kann. Deshalb fehlt es an einem Bedürfnis, dem A u f sichtsrat ein eigenes organisationsrechtliches subjektives Recht zuzugestehen. Der Gesellschaft steht grundsätzlich aus dem Anstellungsverhältnis gegen alle Vorstandsmitglieder ein Anspruch auf ein ihren organisationsrechtlichen Pflichten entsprechendes Verhalten zu. Gemäß § 112 A k t G vertritt auch grundsätzlich der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern. Nach dem Wortlaut des § 112 A k t G ist die gesetzliche Vertretungsmacht des Aufsichtsrats gegenüber Vorstandsmitgliedern nicht eingeschränkt. Der Aufsichtsrat könnte damit bereits deshalb befugt sein, alle Ansprüche der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder i m Namen der Gesellschaft geltend zu machen, d. h. auch den Anspruch auf Berichterstattung an den Aufsichtsr at. W i r haben aber bereits i m Zusammenhang m i t den Berichtspflichten sowohl des Vorstandes gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G als auch des A u f sichtsratsvorsitzenden gemäß § 90 Abs. 5 A k t G jeweils gegenüber dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied gesehen, daß die gesetzliche Regelung der Vertretung der Gesellschaft durch den A u f sichtsrat i n § 112 A k t G und auch des Vorstandes i n § 78 A k t G für den körperschaftsinternen Bereich entgegen ihrem Wortlaut nicht uneingeschränkt g i l t 4 4 . Nach der gesetzlichen Regelung wäre i m ersten Fall gemäß § 112 A k t G der Gesamtaufsichtsrat und i m zweiten gemäß § 78 A k t G der Vorstand zur Vertretung der Gesellschaft bei der Geltendmachung des entsprechenden Anspruchs der Gesellschaft auf pflichtgemäße Berichterstattung befugt. Eine entsprechende Vertretung der Gesellschaft bei diesen A n sprüchen stände aber i m Gegensatz zu der der besonderen Kompetenzverteilung zugrundeliegenden ratio des Gesetzes 4 5 . Sie ist deshalb nicht zulässig. 43 44 45
Vgl. oben § 2 I I I . Vgl. oben § 3 I, 2, a. Vgl. oben § 3 I, 2, a.
I V . Zwischenergebnis
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Es ist deshalb hier zu prüfen, ob nicht infolge der Kompetenzverteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand eine noch weitergehende einengende Auslegung des § 112 A k t G dahingegend vorzunehmen ist, daß auch eine Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen den Vorstand auf Berichterstattung gemäß § 90 Abs. 1 oder Abs. 3 Satz 1 A k t G ausgeschlossen ist. Bedenken könnten sich insoweit wieder daraus ergeben, daß der Vorstand die Gesellschaft gemäß § 76 Abs. 1 A k t G unter eigener Verantwortung leitet. Es handelt sich dabei um die gleiche Problematik, die bereits bei § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G bei der Untersuchung des Verhältnisses von Gewaltenteilungsprinzip und Leitungsfunktion des Vorstandes aufgetaucht ist 4 6 . Es hatte sich dort gezeigt, daß die Kompetenz des Vorstandes zur Leitung der Gesellschaft unter eigener Verantwortung der Durchsetzung der Berichtsrechte aus § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G i m Wege einer Klage nicht entgegensteht. Aus den gleichen Gründen steht § 76 Abs. 1 A k t G auch einer Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Berichterstattung gemäß § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G nicht entgegen. Da somit der Aufsichtsrat gemäß § 112 A k t G i m Namen der Gesellschaft die Vorstandsmitglieder auf Erstattung der Berichte gemäß § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G klagen kann, scheidet eine Klage aus eigenem Recht aus. Da es sich u m die Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft aus dem Anstellungsverhältnis der Vorstandsmitglieder handelt 4 7 , ist die Klage gegen die einzelnen widerstrebenden Vorstandsmitglieder zu richten 4 8 . IV. Zwischenergebnis Ausgangspunkt für die Untersuchung der Frage, ob eine Leistungsklage zur Durchsetzung der Informationsrechte des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G zulässig ist, war die Feststellung, daß das gesetzlich vorgesehene Durchsetzungssystem Lücken aufweist. Danach wurde dargestellt, daß jedenfalls für die vom Gesetz ausdrücklich den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern zugewiesenen Informationsrechte aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G eine Geltendmachung eines entsprechenden subjektiven Rechts der Gesellschaft gegen die durch diese Vorschriften verpflichteten Organwalter durch die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder wegen der gesetzlichen vorgesehenen Vertretungsregelung ausgeschlossen ist. Es wurde deshalb untersucht, ob nicht ein eigenes subjektives Recht der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder an ihren Informationsrechten angenommen werden kann. 46 47 48
Vgl. oben § 3 I I I , 2, a. Vgl. oben § 3 I I I , 3, c. Vgl. oben § 3 I I I , 2, d.
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§ 3. Leistungsklage zur Durchsetzung der Rechte aus § 90 A k t G
Die Klärung dieser Frage erforderte eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Rechtsnatur der Kompetenzen von Organen bzw. Organwaltern. Bedenken gegen die Annahme eines subjektiven Rechts der Organe bzw. Organwalter an ihren Kompetenzen bestanden insbesondere deshalb, weil subjektive Rechte nach allgemeiner Auffassung ein individuelles Interesse des Rechtsinhabers voraussetzen, die Kompetenzen den Organen bzw. Organwaltern aber nicht zur Befriedigung individueller Interessen, sondern i m Interesse der Gesamtkörperschaft verliehen sind. Eine nähere Betrachtung zeigte aber, daß ausnahmsweise dann ein subjektives Recht der Organe bzw. Organwalter an ihren Kompetenzen zu bejahen ist, wenn die Körperschaft ein gewaltenteiliges Organisationssystem aufweist und eine Klagbarkeit der Kompetenzen zur Gewährleistung dieses Organisationssystems notwendig ist. Denn ein solches System setzt voraus, daß die Organe bzw. Organwalter ihre Kompetenzen wie ein individuelles Interesse gegen Beeinträchtigungen verteidigen wollen und auch können. Eine sich an dieses Zwischenergebnis anschließende Analyse der Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft ergab, daß diese ein gewaltengeteiltes Organisationssystem aufweist. Wegen der weitgehenden Entmachtung der Hauptversammlung ist kein Organ vorhanden, das zur verbindlichen Entscheidung von Kompetenzkonflikten befugt ist. Da auch sonst keine hinreichenden gesetzlichen Vorkehrungen bestehen, die eine Durchsetzung der Informationsrechte der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G i n angemessener Weise gewährleisten könnten, diese Rechte aber wesentliche Elemente der gewaltenteilige Organisation der Aktiengesellschaft sind, konnte auf der Grundlage der zuvor erzielten Ergebnisse begründet werden, daß diese Rechte den Aufsichtsratsmitgliedern als eigene subjektive Rechte zustehen und von ihnen i m Wege einer zivilprozessualen Leistungsklage durchgesetzt werden können. Bei den Informationsrechten des Gesamtaufsichtsrats war demgegenüber die Besonderheit zu berücksichtigen, daß die Vertretungsregelung des § 112 A k t G grundsätzlich die Möglichkeit einer Klage des A u f sichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder eröffnet. Diese Vertretungsregelung gilt i m Innenverhältnis der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern zwar nicht uneingeschränkt. Da aber eine Durchsetzung der Information des Aufsichtsrats gegenüber den Vorstandsmitgliedern durch den Aufsichtsrat gerade der gesetzlichen Kompetenzverteilung entspricht und der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand bei einer entsprechenden Klage nicht berührt wird, ergaben sich keine Bedenken, eine solche Klage zuzulassen.
I V . Zwischenergebnis
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Hier zeigte sich, daß ein innerer Zusammenhang zwischen der A n nahme eigener subjektiver Rechte der Organwalter an ihren Kompetenzen und der gesetzlichen Regelung der Vertretung der Gesellschaft besteht. Eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, daß die i n ihren Kompetenzen beeinträchtigten Organwalter i m Namen der Körperschaft deren grundsätzlich bestehenden Anspruch gegen ihre Organmitglieder auf organisationsgemäßes Verhalten i m Namen der Gesellschaft geltend machen können, so entfällt das Bedürfnis für die Annahme eigener subjektiver Rechte der Organwalter an ihren Kompetenzen. Auch bei Bestehen einer entsprechenden allgemeinen gesetzlichen Vertretungsregelung muß jedoch i m Einzelfall geprüft werden, ob eine gerichtliche Durchsetzung der Kompetenzen m i t der Gesamtorganisation der Körperschaft i m Einklang steht. Ist dagegen eine Klage der betroffenen Organwalter i m Namen der Körperschaft wegen der gesetzlichen Vertretungsregelung von vornherein versperrt, so kommen eigene subjektive Rechte der Organwalter i n Betracht. Voraussetzung für i h r Bestehen ist, daß die i n Frage stehende Kompetenz Bestandteil einer gewaltengeteilten Organisationsstruktur der Körperschaft ist und weiterhin, daß ohne die A n nahme eines solchen Rechts und die damit gegebene Klagemöglichkeit die gesetzliche Organisationsstruktur nicht gewährleistet ist. I m folgenden gilt es, ausgehend von diesen Grundsätzen weitere i n Betracht kommende Kompetenzkonflikte innerhalb der Aktiengesellschaft daraufhin zu untersuchen, ob und wie ihre Klärung i m Wege einer Leistungsklage möglich ist. Gegliedert ist dieser Teil der Arbeit zum einen nach den verschiedenen Organen bzw. Organwaltern, die einander gegenübertreten können. I n Betracht kommen insoweit Klagen des A u f sichtsrats gegen den Vorstand, Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder entweder gegen den Vorstand oder gegen andere Aufsichtsratsmitglieder und schließlich Klagen innerhalb des Vorstandes. Außerdem erfolgt eine Unterscheidung danach, ob die Kompetenzkonflikte rein organisationsrechtliche Befugnisse zum Gegenstand haben oder ob es dabei um die Vornahme bzw. Unterlassung von echten Geschäftsführungsmaßnahmen i m Sinne von unternehmerischen Entscheidungen und deren Durchführung handelt. Diese Unterscheidung erscheint deshalb sinnvoll, weil der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand ein grundlegendes Merkmal des geltenden Aktienrechts ist und dieser insbesondere i m letzten Fall tangiert wird.
§ 4. Sonstige Leistungsklagen I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand im Namen der Aktiengesellschaft Der vorangehende Teil der Untersuchung hat ergeben, daß eine Klage des Aufsichtsrats im Namen der Gesellschaft gegen den Vorstand zur Durchsetzung der Berichtspflichten aus § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G zulässig ist. I n der Literatur werden — soweit ersichtlich — als Gegenstand von zivilprozessualen Klagen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand noch folgende Organfunktionen für möglich gehalten: die Pflicht des Vorstandes zur Duldung von Prüfungsmaßnahmen des A u sichtsrats gemäß § 111 Abs. 2 A k t G 1 , die Pflicht zur Aufstellung der Jahresbilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung, des Geschäftsberichts und deren Vorlage an die Prüfer gemäß § 148 A k t G 2 sowie nach erfolgter Prüfung die Vorlage dieser Unterlagen an den Aufsichtsrat gemäß § 170 A k t G 3 , die Pflicht zur Erstellung des Abhängigkeitsberichts gemäß § 312 A k t G und seine Vorlage samt Bericht der Prüfer an den Aufsichtsrat gemäß § 314 A k t G 4 und die Erstellung des Konzernabschlusses und des Konzernberichts und deren Vorlage zusammen m i t dem Bericht der Prüfer gemäß §§ 329, 330, 337 Abs. 1 A k t G 5 . Bei diesen Pflichten handelt es sich um organisationsrechtliche Pflichten der inneren Organisation der Aktiengesellschaft. Darüber hinaus w i r d jedenfalls für bestimmte Fälle eine Klage auch auf Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen i m Sinne von echten Leitungsmaßnahmen für möglich gehalten 6 . 1 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 111 A n m . 10; zum alten Recht vgl. auch Ritter, 95 A k t G 1937 A n m . 3 c; Staub, § 246 A n m . 7. 2 Baumbach / Hueck, § 148 Rdn. 1, die insoweit auf die Kommentierung zu § 170 verweisen; vgl. auch Godin / Wilhelmi, A n m . zu § 148, die allerdings einen Hauptversammlungsbeschluß als Voraussetzung verlangen, was sich aber w o h l aus einer Nichtberücksichtigung der Änderung der Vertretungsregelung der Gesellschaft i n § 112 A k t G gegenüber § 97 Abs. 1 A k t G 1937 ergibt. 8 Baumbach / Hueck, § 170 Rdn. 4; Claussen, i n Kölner Komm., § 170 Rdn. 14; Adler / Düring / Schmaltz, § 170 A n m . 3. 4 Baumbach / Hueck, § 314 Rdn. 1 unter Verweisung auf die Kommentierung zu § 170. 5 Baumbach / Hueck, § 337 Rdn. 3. 6 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5; Meyer-Landrut, in Großkomm., 3. Auflage, § 82 A n m . 18; Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 82 Rdn. 14.
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand
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1. Organisationsrechtliche Maßnahmen
I m Zusammenhang mit dem Recht des Aufsichtsrats, vom Vorstand Berichterstattung verlangen zu können, wurde bereits dargelegt, daß eine zivilprozessuale Durchsetzung nicht daran scheitert, daß dem A u f sichtsrat andere Sanktionen wie die Abberufung oder auch die Einleitung eines Zwangsgeldverfahrens gemäß § 407 A k t G zur Verfügung stehen 7 . Diese Sanktionen vermögen das Bedürfnis für die Zulässigkeit einer zivilprozessualen Leistungsklage nicht zu beseitigen. Für die hier zu untersuchenden organisationsrechtlichen Pflichten ergibt sich insoweit nichts anderes. Bedenken ergeben sich bei einer Leistungsklage gegen die Vorstandsmitglieder hier aber wie auch bei § 90 A k t G aus der Kompetenz des Vorstandes zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft. I m Zusammenhang m i t der Berichtspflicht des Vorstandes aus § 90 A k t G sind w i r bei dieser Frage zu dem Ergebnis gekommen, daß diese Bedenken dann nicht durchgreifen, wenn das Recht des Aufsichtsrats, dessen zivilprozessuale Durchführung zu prüfen ist, gerade zur Verwirklichung der allgemeinen Uberwachungskompetenz des Aufsichtsrats vom Gesetzgeber zugestanden worden ist und damit der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Gewaltenteilung i n der Aktiengesellschaft dienen soll und wenn diese Funktion nicht durch die Leitungsfunktion des Vorstandes verdrängt w i r d 8 . Es ist somit zu prüfen, ob dies auch für die hier i n Frage stehenden Pflichten zutrifft. a) Duldung von Prüfungsmaßnahmen
gemäß §111 Abs. 2 AktG
Das eigene Prüfungsrecht des A u f sichtsrats gemäß § 111 Abs. 2 A k t G dient der Sicherstellung der Kontrolle des Vorstandes durch den A u f sichtsrat. Es steht i n engem Zusammenhang m i t den Rechten auf Berichterstattung durch den Vorstand gemäß § 90 AktG. Wie dieses soll es gewährleisten, daß das System der Aktiengesellschaft als gewaltenteiliger Organisation, deren Organe sich gegenseitig kontrollieren und hierdurch die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit ihrer Maßnahmen sicherstellen sollen, funktionsfähig bleibt. Wie bei den Berichtsrechten aus § 90 A k t G w i r d diese Funktion auch nicht durch die Leitungsfunktion des Vorstandes verdrängt 9 . Die gesetzliche Kompetenzverteilung steht damit einer zivilprozessualen Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft auf Duldung der Prüfungsmaßnahmen gemäß § 111 Abs. 2 A k t G nicht entgegen. 7 8 9
Vgl. oben § 3 I I I , 3, b. Vgl. oben § 3 I I I , 2, a. Vgl. oben § 3 I I I , 2, a.
8 Lewerenz
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
b) Jahresabschluß, Abhängigkeitsbericht
und Konzernabschluß
Die Pflicht zur Aufstellung der Jahresbilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung, des Geschäftsberichts und deren Vorlage an die Prüfer (§ 148 AktG) sowie nach erfolgter Prüfung die Vorlage dieser Unterlagen samt Prüfungsbericht an den Aufsichtsrat (§ 170 AktG) ist Teil der allgemeinen Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat, damit dieser den Geschäftsgang und die Lage der Gesellschaft beurteilen kann. Zwar ist die Aufstellung der Jahresbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zugleich eine Leitungsmaßnahme, die eine wirtschaftliche Entscheidung beinhaltet. Hier geht es aber nicht darum, ob der Vorstand hinsichtlich des Wie, sondern nur ob er hinsichtlich des Ob ihrer Aufstellung durch eine Klage zum Tätigwerden gezwungen werden kann. Insoweit steht dem Vorstand aber gerade keine unternehmerisches Ermessen zu. Da die Prüfung der gemäß § 148 A k t G vom Vorstand zu erstellenden Berichte Teil der allgemeinen Uberwachungspflicht des A u f sichtsrats ist, die i n den §§ 111, 90 A k t G ihre gesetzliche Regelung gefunden hat 1 0 , gilt für die hier i n Frage stehenden Rechte damit das gleiche wie für die aus den §§ 111 Abs. 2 und 90 AktG. Sie sind i m Wege einer Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder durchsetzbar. Die umfassende Prüfung des Abhängigkeitsberichts (§312 AktG) durch den Aufsichtsrat entspricht der Stellung dieses Organs als eines allgemeinen Uberwachungsorgans der Gesellschaft 11 . Für die Verpflichtung des Vorstandes zur Erstellung dieses Berichts und zu seiner Vorlage zusammen mit dem entsprechenden Prüfungsbericht gilt deshalb das gleiche wie für die Vorlage sonstiger Berichte. Der Konzernabschluß ist eine wichtige Unterlage für die Uberwachungstätigkeit des Aufsichtsrats der Obergesellschaft 12 . Sein Zweck ist es, einen möglichst sicheren Einblick i n die Vermögens- und Ertragslage des Konzerns als wirtschaftliche Einheit zu geben 13 . Denn ein solcher Einblick i n die Vermögens- und Ertragslage des Konzerns läßt sich aus den Einzelbilanzen der Konzernunternehmen nicht gewinnen. Seine Erstellung dient zwar auch der Befriedigung eines Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Daneben erfordert aber auch das Organisationsgefüge der Gesellschaft selbst m i t dem Aufsichtsrat als Kontrollorgan, daß diese Berichte aufgestellt und vorgelegt werden 1 4 . Deshalb ist die Publizitäts10
Vgl. Adler / Düring / Schmaltz , § 171 Rdn. 2. Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs bei Kropff, S. 416. 12 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs bei Kropff, S. 453; Adler / Düring / Schmaltz, § 337 Rdn. 2. 13 Vgl. Kronstein / Kirchner, i n Kölner Komm., Vorbem. § 329 Rdn. 6. 14 Vgl. Kronstein / Kirchner (Fußn. 13), Rdn. 7. 11
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand
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Verpflichtung nach dem Aktiengesetz auch nicht wie die nach dem Publizitätsgesetz an eine bestimmte Größenordnung des Unternehmens geknüpft. Eine Klage auf Vorlage dieser Berichte durch den Aufsichtsrat i m Namen der Gesellschaft ist deshalb aus den gleichen Überlegungen heraus zuzulassen, wie sie für die bisher erörterten Verpflichtungen des Vorstandes gegenüber dem A u f sichtsrat bejaht worden ist. 2. Vornahme und Unterlassung von echten Geschäftsführungsmaßnahmen
Wie bereits erwähnt 1 5 , w i r d i n der Kommentarliteratur zum Aktiengesetz von 196516 jedenfalls i n bestimmten Fällen eine Klage des A u f sichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen den Vorstand auf Vornahme bzw. Unterlassung von Geschäftsführungsmaßnahmen i m Sinne unternehmerischer Entscheidungen für zulässig gehalten. Die Literatur zum Aktienrecht zu dieser Frage vor der Neufassung durch das A k t G 1937 soll hier außer Betracht bleiben, da die hier wesentliche Kompetenzverteilung zwischen den Organen noch nicht ihre heutige zwingende Ausgestaltung hatte. Nach der damaligen Fassung stand der Hauptversammlung noch eine umfassende Kompetenzkompetenz zu, so daß bei Streitigkeiten zwischen den Organen Vorstand und Aufsichtsrat diese als höchstes Gesellschaftsorgan verbindlich entscheiden konnte. A u f die Literatur zum A k t G 1937 soll hier ebenfalls nicht näher eingegangen werden, da sich für dieses Besonderheiten daraus ergaben, daß nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 97 Abs. 1 und Abs. 2 A k t G 1937 die Vertretungsbefugnis des A u f sichtsrats für Klagen gegen Vorstandsmitglieder nur für den Fall gegeben war, daß eine Klage von der Hauptversammlung beschlossen worden war oder daß die Verantwortlichkeit eines seiner Mitglieder i n Betracht kam. Nach dem Aktiengesetz von 1965 ergeben sich Bedenken gegen eine solche Klagemöglichkeit, wie auch i n der Literatur gesehen w i r d 1 7 , aus der zwingenden Kompetenzverteilung des Aktiengesetzes zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Gemäß § 76 Abs. 1 A k t G leitet der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung. Dem Aufsichtsrat können Maßnahmen der Geschäftsführung nach dem Gesetz grundsätzlich nicht übertragen werden, § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG. Die Hauptversammlung schließlich kann gemäß § 119 Abs. 2 A k t G über Geschäftsführungsmaßnahmen nur entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt. Nach dem geltenden Aktien15
Vgl. oben über Fußn. 6 zu § 4 I. Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5; Meyer-Landrut, in Großkomm., 3. Auflage, § 82 A n m . 18; Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 93 Rdn. 14. 17 Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5. 16
8*
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
recht liegt die unternehmerische Entscheidungsbefugnis damit grundsätzlich beim Vorstand, er ist der „Unternehmer" 1 8 . Bei der Ausübung dieser Organfunktion steht i h m ein unternehmerisches Ermessen zu 1 9 . Wenn man fragt, welchen Anspruch die Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, gegenüber den Vorstandsmitgliedern durch eine Klage i n bezug auf die Ausführung ihrer Organfunktion als Mitglieder des Leitungsorgans Vorstand geltend machen kann, so besteht einmal allgemein ein Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der durch den Dienstvertrag m i t der Gesellschaft versprochenen Dienste bzw. auf Wahrnehmung der m i t Annahme der Bestellung zum Vorstandsmitglied übernommenen Organfunktion. Dieser Anspruch ist grundsätzlich auch klagbar 2 0 . Hier soll aber nicht die Frage untersucht werden, ob die Vorstandsmitglieder ganz allgemein auf Ausübung ihrer Organfunktion verklagt werden können, sondern ob sie i n einer ganz bestimmten Situation gerichtlich zur Vornahme einer ganz bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme bzw. ihrer Unterlassung gezwungen werden können. Voraussetzung einer solchen Klage ist ein entsprechender Anspruch der Gesellschaft. Es besteht aber grundsätzlich als Folge der Zuweisung der unternehmerischen Entscheidungskompetenz an den Vorstand nur ein Anspruch der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf pflichtgemäße Betätigung ihres unternehmerischen Ermessens. Solange dieses Ermessen des Vorstandes besteht, ist damit eine Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Aktiengesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Vornahme oder Unterlassen einer bestimmten Maßnahme mangels eines entsprechenden A n spruchs von vornherein ausgeschlossen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn dem Vorstand ausnahmsweise gar kein Ermessensspielraum zusteht. Insoweit kommen grundsätzlich folgende drei Konstellationen i n Betracht: 1. Die unternehmerische Entscheidungskompetenz liegt entgegen der Regel doch beim Aufsichtsrat oder bei der Hauptversammlung, und diese Organe haben durch ihre Entscheidung den Vorstand dahingehend ge18
Vgl. Godin / Wilhelmi, § 76 A n m . 2; v. Stebut, S. 98. Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 76 Rdn. 5 ; Hefermehl, i n Geßler / Heferm e h l / Eckardt / Kropff, § 76 Rdn. 14; Rumpf f, S. 34. 20 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 93 A n m . 13 für den Dienstvertrag. Aber auch w e n n man die Pflichten der Vorstandsmitglieder p r i m ä r aus dem körperschaftlichen Bestellungsakt herleitet u n d sie als k ö r perschaftsrechtliche Pflichten ansieht, so steht dies einer prozessualen Durchsetzung nicht entgegen. So w i r d ζ. B. auch angenommen, daß die Ersatzpflicht der Vorstandsmitglieder gemäß § 93 A k t G nicht auf dem Dienstvertrag beruhe, sondern auf einer entsprechenden Ausgestaltung der körperschaftsrechtlichen Pflichten der Vorstandsmitglieder, vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 93 Rdn. 2. Es ist aber klar, daß die Ersatzpflicht aus § 93 A k t G i m Wege einer zivilprozessualen Leistungsklage durchsetzbar ist. 19
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand
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bunden, daß er eine bestimmte Maßnahme vornehmen oder unterlassen muß. 2. Das unternehmerische Ermessen liegt zwar weiterhin beim Vorstand, die von i h m beabsichtigte Maßnahme ist aber i m Sinne von § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G pflichtwidrig, oder aber die Besonderheit der Situation läßt nur eine ganz bestimmte Maßnahme als pflichtgemäß i m Sinne dieser Vorschrift erscheinen. Allgemein lassen sich diese Fälle dahingehend beschreiben, daß der Vorstand die Grenzen seines unternehmerischen Ermessens, die durch die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G gesetzt sind, überschreiten w i l l . 3. Das unternehmerische Ermessen des Vorstands kann schließlich außer durch die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G auch durch spezielle gesetzliche Handlungsgebote oder -verböte eingeschränkt sein. I m folgenden ist zu prüfen, ob i n diesen Fällen der Ermessensbeschränkung eine Klage der Gesellschaft vertreten durch den Aufsichtsrat gegen die Vorstandsmitglieder auf Vornahme bzw. Unterlassung einer bestimmten Leitungsmaßnahme zuzulassen ist. a) Verlagerung
der unternehmerischen
Entscheidungskompetenz
Daß bei der Aktiengesellschaft nach geltendem Recht die unternehmerische Entscheidungskompetenz grundsätzlich dem Vorstand zusteht, wurde bereits festgestellt. Nur ausnahmsweise sieht das Gesetz 21 eine andere Kompetenzverteilung vor, indem es die Entscheidungskompetenz entweder beim Aufsichtsrat oder aber i n der Hauptversammlung ansiedelt. Der bereits angeführte § 119 Abs. 2 A k t G bestimmt, daß die Hauptversammlung entgegen der grundsätzlichen Regelung dann über Geschäftsführungsfragen entscheiden kann, wenn der Vorstand eine Beschlußfassung durch die Hauptversammlung selbst verlangt. Von sich aus kann die Hauptversammlung damit nicht über Geschäftsführungsfragen entscheiden. Eine solche umfassende Kompetenz für Geschäftsführungsentscheidungen, wie sie der Hauptversammlung vor der Neuregelung des Aktienrechts durch das Aktiengesetz von 1937 als Teil einer allgemeinen Kompetenzkompetenz noch zugestanden hatte, ist bereits durch § 103 Abs. 2 A k t G 1937, der dem heutigen § 119 Abs. 2 A k t G entspricht, vom 21
Daß rechtstatsächlich auch über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus eine Kompetenzverlagerung v o m Vorstand zum Aufsichtsrat oder zu einem Mehrheitsaktionär i m Sinne einer tatsächlich anders gestalteten Machtverteilung nicht selten ist (vgl. Baumbach / Hueck, Vorbem. § 76 Rdn. 3; Mertens, i n Kölner Komm., § 93 Rdn. 33), k a n n hier außer Betracht bleiben. Diese Machtverschiebungen können keine Folgen i n Gestalt von klagbaren Rechten nach sich ziehen, da sie selbst extra legem erfolgen.
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
Gesetzgeber beseitigt worden. Wenn aber die Hauptversammlung gemäß § 119 Abs. 2 A k t G auf Antrag des Vorstandes über eine Geschäftsführungsmaßnahme entschieden hat, so ist der Vorstand grundsätzlich an den Beschluß gebunden 22 . Das gilt auch dann, wenn der Antrag des Vorstandes auf Billigung einer bestimmten Maßnahme durch die Hauptversammlung abgelehnt worden ist. Der Aufsichtsrat kann dagegen anders als die Hauptversammlung den Vorstand i n keinem Falle zur Vornahme einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme verpflichten 2 3 . Das gilt auch dann, wenn sich der Vorstand selbst an den Aufsichtsrat wendet. Insoweit gilt das Verbot der Geschäftsführung durch den Auf sichtsrat gemäß § 111 Abs. 4 Satz 1 A k t G uneingeschränkt. § 111 Abs. 4 Satz 2 A k t G gibt dem A u f sichtsrat aber ein besonders ausgestaltetes „Vetorecht" gegenüber Geschäftsführungsmaßnahmen 24 . Danach kann durch Beschluß des Aufsichtsrats oder durch die Satzung bestimmt werden, daß bestimmte A r t e n von Geschäften nur m i t Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Versagt der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so muß der Vorstand die geplante Maßnahme unterlassen. Der Vorstand kann diese Bindung seines unternehmerischen Ermessens nur dadurch wieder aufheben, daß es i h m gelingt, i n der Hauptversammlung eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen für die Maßnahme zu gewinnen, § 111 Abs. 4 Satz 3 und 4 AktG. Sobald die Hauptversammlung einer Geschäftsführungsmaßnahme gemäß § 119 Abs. 2 A k t G zugestimmt hat, entsteht ein Anspruch der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Durchführung dieser Maßnahme 2 5 . Entsprechend entsteht ein Unterlassungsanspruch 26 , wenn die Hauptversammlung der beabsichtigten Maßnahme gemäß § 119 Abs. 2 A k t G nicht zugestimmt hat, bzw. der Aufsichtsrat eine Maßnahme ge22 H. M.; vgl. Begründung des Regierungsentwurfs bei Kropff, S. 165; Schilling, i n Großkomm., 3. Auflage, § 93 Rdn. 36 m. w. Nachw. Das gilt aber n u r f ü r gesetzmäßig zustandegekommene Beschlüsse. Z u der schwierigen Frage, ob anfechtbare Beschlüsse bei Unterbleiben der Anfechtung als gesetzmäßig i m Sinne dieser Regelung anzusehen sind u n d i n w i e w e i t der Vorstand an gesellschaftsschädliche Beschlüsse gebunden ist, vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 93 A n m . 58 f. u n d 61 ff. m. w . Nachw. 28 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 111 Rdn. 47. 24 Vgl. Wilhelmi, i n Handbuch des A u f sichtsrats, S. 289 f.; Werth, S. 27; Jagenburg, i n A G 1965, S. 163 f. 25 Z u Einzelheiten vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 119 Rdn. 37. 26 Bei Unterlassungsansprüchen ist grundsätzlich der allgemeine Gesichtsp u n k t zu prüfen, ob eine prozessuale Durchsetzbarkeit nicht daran scheitert, w e i l es sich entweder bei der Unterlassungspflicht u m eine unselbständige Nebenpflicht handelt oder w e i l sie n u r die Kehrseite des entsprechenden posit i v e n Leistungsanspruchs ist; Enneccer us ! Lehmann, § 4 I u n d I I , 2. Hier \st das Unterlassen primäre Pflicht des Vorstandes.
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mäß § 111 Abs. 4 Satz 2 A k t G nicht oder noch nicht gebilligt hat. Grundlage der entsprechenden Ansprüche ist entweder das Anstellungsverhältnis oder die körperschaftliche Organstellung oder beides, je nachdem, was man als Grundlage der Pflichten der Vorstandsmitglieder ansieht 27 . Z u prüfen ist, ob eine prozessuale Durchsetzung dieses Anspruchs mit der gesetzlichen Kompetenzverteilung des Aktienrechts i n Einklang steht, und zum anderen, ob nicht die i m Gesetz vorgesehenen Sanktionen gegen Vorstandsmitglieder jedenfalls für diesen Bereich abschließend sind und eine Klage auf Erfüllung ausschließen. Aus den voranstehenden Ausführungen ergibt sich bereits unmittelbar, daß jedenfalls i m Falle eines Zustimmungsvorbehalts des Auf sichtsrats gegenüber Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 A k t G die grundsätzliche Kompetenzverteilung hinsichtlich der Geschäftsführung vom Gesetz selbst zugunsten des A u f sichtsrats durchbrochen ist. Der Aufsichtsrat besitzt i n diesem Fall eine partielle Geschäftsführungskompetenz. Eine Klagemöglichkeit des A u f sichtsrats i m Namen der Gesellschaft würde damit gerade der Sicherstellung der vom Gesetz bezweckten Kompetenzverteilung dienen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Entscheidungsbefugnisse der Hauptversammlung i n Geschäftsführungsfragen gemäß § 119 Abs. 2 AktG. Es besteht hier allerdings eine Besonderheit. Zur Geltendmachung des Anspruchs der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Einhaltung der Hauptversammlungsbeschlüsse müßte entsprechend der gesetzlichen Kompetenzverteilung eigentlich die Hauptversammlung selbst berechtigt sein. Es sind aber weder die Hauptversammlung als solche noch bestimmte Aktionärsminderheiten oder einzelne Aktionäre zur Geltendmachung dieses Anspruchs i n der Lage. Gemäß § 147 Abs. 3 A k t G kann die Hauptversammlung zwar besondere Vertreter zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen bestellen. Auch eine Minderheit kann einen Antrag auf Bestellung solcher Vertreter an das Gericht stellen, wenn sie die Geltendmachung gemäß § 147 Abs. 1 A k t G verlangt. Diese Regelung gilt aber als Ausnahmebestand nur für Ersatzansprüche. Sie kann nicht auf sonstige Ansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder ausgedehnt werden 2 8 . Es w i r d deshalb angenommen, daß der Aufsichtsrat anstelle der Hauptversammlung für die Durchsetzung der Beschlüsse gemäß § 119 Abs. 2 A k t G zuständig und hierzu auch verpflichtet sei 29 . Daß die Haupt27
Vgl. oben § 4 I Fußn. 19. Ebenso Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 6; § 83 Rdn. 2, 7. 29 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 83 Rdn. 7 u n d Vorbem. § 76 Rdn. 6; Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 83 Rdn. 14; MeyerLandrut, i n Großkomm., 3. Aufl., § 83 Rdn. 18. 28
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
Versammlung nicht selbst den entsprechenden Anspruch geltend machen kann, ist grundsätzlich unbefriedigend. Eine Durchsetzungszuständigkeit des Aufsichtsrats vermag diese Lücke aber insoweit abzugleichen, als die Aufsichtsratsmitglieder durch das jederzeitige Abberufungsrecht der Hauptversammlung zu dieser i n einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Damit muß die Geltendmachung durch den Aufsichtsrat letztlich als eine Lösung angesehen werden, die der Kompetenzverteilung noch am besten gerecht wird, wenn man von dem grundsätzlichen Ausschluß der Hauptversammlung von der Vertretung der Aktiengesellschaft ausgeht. Z u klären bleibt die Frage, ob eine klageweise Durchsetzung der Weisungsrechte des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung i n Geschäftsführungsfragen gemäß §§111 Abs. 4 und 119 Abs. 2 A k t G trotz der grundsätzlichen Vereinbarkeit m i t der Kompetenzverteilung i n der Aktiengesellschaft nicht ausgeschlossen ist, w e i l die sonstigen Sanktionsmöglichkeiten insoweit als abschließend anzusehen sind 3 0 . Z u r Durchsetzung seiner Kompetenz aus § 111 Abs. 4 A k t G stehen dem Aufsichtsrat i m Falle der Zuwiderhandlung durch den Vorstand als wesentlichste gesellschaftsinterne Sanktionsmöglichkeit die Abberufung der Vorstandsmitglieder und als gesellschaftsexterne die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zur Verfügung 3 1 . M i t diesen Maßnahmen kann der Aufsichtsrat drohen, wenn der Vorstand zu erkennen gibt, daß er sich nicht an die gesetzliche Regelung der Entscheidungsbefugnis halten w i l l . Die Drohung m i t einer Schadenersatzklage erscheint jedoch nicht sehr erfolgversprechend. Denn der Vorstand w i r d sich i n der Regel w o h l gerade dann über ein Veto des Aufsichtsrats hinwegsetzen wollen, wenn er meint, daß seine Entscheidung für die Gesellschaft vorteilhafter ist. Er w i r d deshalb auch davon ausgehen, daß ein Schaden gar nicht entstehen wird. Die Androhung der Abberufung allerdings dürfte tatsächlich geeignet sein, den Vorstand zur Beachtung des ablehnenden Aufsichtsratsbeschlusses zu veranlassen. Eine Mißachtung der Entscheidung des Aufsichtsrats würde auch dann einen wichtigen Grund zur Abberufung der Vorstandsmitglieder liefern, wenn die Entscheidung des Aufsichtsrats wirtschaftlich für die Gesellschaft ungünstig sein sollte. Denn die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Kompetenzverteilung ist insoweit als vorrangig anzusehen. W i l l der Vorstand sich nicht dem Einspruch des Aufsichtsrats fügen, so muß er sich gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 A k t G an die Hauptversammlung wenden. 30
So w o h l Rumpff, S. 23 a. E., 25, der darauf hinweist, daß bestimmte Pflichten mangels wirksamer Sanktionen evtl. mehr oder weniger unverbindlicher Natur bleiben können. 31
Vgl. Werth, S. 29.
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand
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Es stellt sich aber die Frage, ob es tatsächlich interessengemäß ist, wenn dem Aufsichtsrat zur Durchsetzung seines Vetorechts praktisch nur die Abberufung der Vorstandsmitglieder bleibt. Dieses M i t t e l ist zu undifferenziert und deshalb unverhältnismäßig, wenn man bedenkt, daß die Entscheidung der Frage, ob ein Geschäft zustimmungsbedürftig ist, nicht immer einfach zu beantworten ist. Die Zugehörigkeit einer Maßnahme zu den zustimmungsbedürftigen Geschäften gemäß § 111 Abs. 4 A k t G kann rechtliche Probleme beinhalten 3 2 . Dabei ist auch zu beachten, daß es sich bei dem Zustimmungserfordernis nicht um eine Ausnahmeerscheinung, sondern um einen i n der Praxis sehr häufigen Tatbestand handelt 3 3 . Wenn der Aufsichtsrat bei einer Abberufung von Vorstandsmitgliedern wegen der Schwere der Maßnahme m i t der gebotenen Zurückhaltung vorgeht, kann es auch leicht sein, daß sie zu spät erfolgt. Eine Rückgängigmachung der Ausführung eines Vorstandsbeschlusses durch einen neuen Vorstand w i r d dann aber regelmäßig wegen der nachteiligen Folgen für die Gesellschaft ausgeschlossen sein 34 . Zusammenfassend ist festzustellen, daß die gerichtliche Durchsetzbarkeit der Bindung des Vorstandes an gemäß § 119 Abs. 2 A k t G gefaßte Hauptversammlungsbeschlüsse und an das Erfordernis der Zustimmung des Aufsichtsrats zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen gemäß § 111 Abs. 4 Satz 4 A k t G der Verwirklichung der vom Gesetz vorgesehenen Kompetenzverteilung entspricht. Da die gesetzlich vorgesehenen Sanktionen, wie insbesondere die Androhung der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und der Abberufung häufig entweder nicht erfolgsversprechend oder aber unverhältnismäßig erscheinen, besteht ein Bedürfnis für eine gerichtliche Durchsetzbarkeit dieser partiellen Geschäftsführungskompetenzen der Organe Aufsichtsrat und Hauptversammlung. Es ist als Ergebnis deshalb festzuhalten, daß der A u f sichtsrat sowohl bei § 119 Abs. 2 wie auch bei § 111 Abs. 4 Satz 3 A k t G die Vorstandsmitglieder i m Wege einer zivilprozessualen Klage i m Namen der Gesellschaft zur Beachtung der gesetzlichen Kompetenzverteilung zwingen kann. b) Allgemeine Sorgfaltspflicht Die zweite hier zu behandelnde Fallgruppe ist dadurch gekennzeichnet, daß das unternehmerische Ermessen zwar entsprechend der grundsätzlichen Regelung beim Vorstand liegt, daß der Ermessensspielraum i m konkreten Fall aber durch die allgemeine Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G eingeschränkt ist. 32 33 34
Vgl. die ähnliche Problematik bei § 90 A k t G oben Seite 22. Vgl. Werth, S. 69 ff. Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 111 A n m . 16.
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
Dabei kann es entweder so sein, daß die Durchführung einer beabsichtigten Maßnahme sorgfaltswidrig i m Sinne dieser Vorschrift wäre oder aber auch daß aufgrund der besonderen Situation nur eine einzige Verhaltensweise pflichtgemäß wäre. Den letzten Fall kann man entsprechend der ähnlichen Problemlage bei der Frage der Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage bei Ermessensentscheidungen i m öffentlichen Recht dahingehend charakterisieren, daß das Ermessen „auf N u l l reduziert" ist 3 5 . Während für die erste Fallgruppe eine Unterlassungsklage zu erheben ist, kommt i m zweiten Fall sogar eine Klage auf Vornahme der Handlung i n Betracht. I n beiden Fällen hat die Gesellschaft grundsätzlich aus dem Anstellungs- bzw. Bestellungsverhältnis einen A n spruch auf Unterlassen bzw. Vornahme der entsprechenden Maßnahme 36 . Gegen die Zulässigkeit einer Klage auf Unterlassung bestehen allerdings bereits aus allgemeinen Gründen Bedenken. E i n Unterlassungsanspruch ist nach herrschender Meinung nur dann selbständig einklagbar, wenn er nicht nur der Sicherung einer positiven Leistungspflicht dient, sondern eigene, zusätzliche Zwecke verfolgt, die über das I n teresse an der Erfüllung der positiven Pflicht hinausgehen 37 . Die Pflicht des Vorstandes, sorgfaltswidrige Maßnahmen zu unterlassen, ist aber nur die Kehrseite der positiven Handlungspflicht, das Wohl des Unternehmens zur Richtschnur seines Verhaltens zu machen 38 . Abgesehen von diesen allgemeinen Bedenken gegen die Zulässigkeit speziell der Unterlassungsklage stünde eine Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Durchsetzung der Ansprüche der Gesellschaft sowohl auf Vornahme als auch auf Unterlassen einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme i m Wege einer Klage gegen die Vorstandsmitglieder zur gesetzlichen Kompetenzverteilung bei der Aktiengesellschaft i m Widerspruch. Gemäß § 76 Abs. 1 A k t G leitet der Vorstand die Aktiengesellschaft abgesehen von den bereits untersuchten Ausnahmefällen der §§ 111 Abs. 4 Satz 3 und 119 Abs. 2 A k t G unter eigener Verantwortung. Wenn der Aufsichtsrat den Vorstand auf Vornahme bzw. Unterlassen einer Maßnahme unter Berufung auf § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G verklagen könnte, so würde er damit zwar rein rechtlich nicht sein Ermessen an 85
Vgl. hierzu Wolff , V e r w R I, § 31 I I e 2; B V w G E 16, S. 218 m. w . Nachw. Das übersieht Zempelin, i n AcP 155, S. 219 f., w e n n er einen Unterlassungsanspruch n u r dann f ü r gegeben hält, w e n n ein Recht der Gesellschaft i m Sinne von § 823 Abs. 1 B G B bedroht ist. E r k o m m t deshalb gar nicht zu dem hier f ü r wesentlich erachteten Ansatzpunkt der Kompetenzverteilung. 87 Vgl. Enneccerus / Lehmann, S. 21; Koenigs, i n D B 1955, S. 1065; Luft, i n R d A 1962, S. 263; RGZ 72, S. 393 (394). 88 M i t dieser Begründung lehnt Müller, S. 134 f., die selbständige Durchsetzung eines Anspruchs der Gesellschaft gegen Aufsichtsratsmitglieder auf Unterlassung von allgemein pflichtwidrigen Handlungen ab. 86
I. Klagen des A u f sichtsrats gegen den Vorstand
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die Stelle des Ermessens des Vorstandes setzen. Denn ob die Vornahme bzw. das Unterlassen einer Maßnahme pflichtwidrig ist, ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage. Tatsächlich würde aber die Bejahung eines solchen Rechtsbehelfs doch zumindest i m faktischen Ergebnis zu einer Verlagerung der unternehmerischen Entscheidungsbefugnis zum Aufsichtsrat führen, die man zwar für wünschenswert halten kann 3 9 , die aber nicht dem geltenden Aktienrecht entspräche. Die Regelung i n § 76 Abs. 1 A k t G ist zudem nicht nur dahin zu verstehen, daß die unternehmerische Entscheidungspompetenz allein beim Vorstand liegt. Die Zuständigkeit zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft schließt vielmehr ein, daß sich der Vorstand grundsätzlich erst nachträglich für die Vornahme und Nichtvornahme einer Geschäftsführungsmaßnahme verantworten muß 4 0 . Es ist sein Risiko, ob er bei der Geschäftsleitung pflichtwidrig handelt oder nicht. Z u erwägen ist noch, ob man trotz der grundsätzlich entgegenstehenden Kompetenzverteilung des Aktiengesetzes zumindest i n extremen Fällen dem Aufsichtsrat nicht doch als eine A r t „Notgeschäftsführer" das Recht zugestehen w i l l , den Vorstand auf Vornahme oder Nichtvornahme einer Maßnahme zu verklagen. Denkbar ist ζ. B. der Fall, daß der Vorstand i n kollusivem Zusammenwirken m i t einem Schuldner der Gesellschaft eine Forderung verjähren lassen w i l l 4 1 . Eine eigene Geltendmachung gegenüber dem Schuldner durch den Aufsichtsrat i m Namen der Gesellschaft scheitert an der zwingenden Vertretungsregelung des Aktienrechts 4 2 . Z u prüfen bleibt deshalb, ob nicht ähnlich der internen Gesamthänderklage bei Personengesellschaften 43 wenigstens eine Klage des Aufsichtsrats gegen den Vorstand auf Geltendmachung der Forderung möglich ist. W i r haben eine Leistungsklage zwischen Organen der Aktiengesellschaft zur Durchsetzung von Organkompetenzen bisher für zwei Fallgruppen bejaht. Einmal haben w i r Klagen für zulässig gehalten, die die Erfüllung von solchen organisationsrechtlichen Pflichten zum Gegenstand hatten, die wesentlicher Bestandteil der gewaltenteiligen Or39
So ζ. B. Schmidt, S. 58. Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5. 41 M i t diesem Beispiel w i r d an die ähnliche Problematik i m Personengesellschaftsrecht angeknüpft. H i e r w i r d es für möglich gehalten, daß i n entsprechenden Fällen ausnahmsweise sogar ein nicht vertretungs- u n d geschäftsführungsbefugter Gesellschafter eine Gesellschaftsforderung gegenüber D r i t t e n geltend machen k a n n ; vgl. Mattik, S. 106. Eine Klage des nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschafters gegen die geschäftsführungsbefugten auf Betreibung der Forderung w i r d allgemein für zulässig gehalten; vgl. Nitschke, i n Z H R 128, S. 49 ff., 84 ff. 42 Vgl. oben § 3 I , 2, a. 43 Vgl. Hadding, S. 1 ff. m. w. Nachw.; Mattik, S. 1; zum Begriff der internen Gesamthänderklage vgl. Nitschke, i n Z H R 128, S. 49 ff. 40
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ganisation der Aktiengesellschaft sind. Bei der anderen Fallgruppe handelt es sich um die Durchsetzung der außerordentlichen Entscheidungskompetenz des Aufsichtsrats bzw. der Hauptversammlung i n Geschäftsführungsfragen gemäß §§111 Abs. 4 und 119 Abs. 2 AktG. Beide Klagemöglichkeiten stehen m i t der Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft i n Einklang. I n beiden Fällen zeigte sich weiterhin, daß die sonstigen Sanktionsmöglichkeiten wie insbesondere die Androhung von Schadenersatzklagen und der Abberufung der Vorstandsmitglieder das Bedürfnis für eine zivilprozessuale Leistungsklage nicht ausschließen 44 . Es wurde bereits aufgezeigt, daß eine Klage auf Vornahme oder Unterlassen einer Geschäftsführungsmaßnahme i m Widerspruch zum Prinzip der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand steht, wenn der Aufsichtsrat nur deshalb gegen den Vorstand vorgehen w i l l , weil er der Meinung ist, der Vorstand handele bei einer Geschäftsführungsmaßnahme pflichtwidrig i m Sinne von § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG. Es besteht i n einem solchen Fall regelmäßig auch gar kein Bedürfnis für einen Rechtsbehelf i m Wege einer zivilprozessualen Klage des Aufsichtsrats gegen den Vorstand. Wenn der Vorstand sich offensichtlich gesellschaftsschädlich verhalten w i l l , so erscheint eine gerichtliche Unterbindung dieses Verhaltens und ein Belassen des Vorstandes i m A m t nicht interessengemäß. Wenn der Vorstand derartig bei seinen unternehmerischen Entscheidungen versagt, so ist die angemessene Reaktion die Abberufung aus dem Amt. Handelt es sich dagegen nicht um ein offensichtliches Fehlverhalten des Vorstandes, so ist der Erhaltung der Kompetenzverteilung des Aktienrechts m i t dem Prinzip der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft durch den Vorstand gegenüber der eventuellen Schadensverhütung i m Wege einer Durchsetzung der dem Vorstand entgegenstehenden Auffassung des A u f sichtsrats der Vorzug zu geben. Nach der Abberufung der Vorstandsmitglieder wegen eines gesellschaftsschädlichen Vorhabens ist dann allerdings eine Klage m i t dem Ziel möglich, den abberufenen Vorstandsmitgliedern jegliches Tätigwerden als Vorstandsmitglied zu untersagen. Anspruchsgrundlage wäre dabei § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes. Bei einer solchen Klage wäre der Aufsichtsrat immer dann zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem abberufenen Vorstandsmitglied berechtigt, wenn es die Organfunktion deshalb wahrnehmen w i l l , weil es der A u f fassung ist, noch i m A m t zu sein. Bei einer Klage gegen ausgeschiedene Vorstandsmitglieder ist zwar grundsätzlich der Vorstand zur Vertretung der Gesellschaft berufen 45 . Entsprechend der Auffassung, daß die Ver44 45
Vgl. oben § 4 I, 2, a. Vgl. Baumbach / Hueck, § 112 Rdn. 3.
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand
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tretungsbefugnis gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern bis zum endgültigen Verlust des Amtes und auch für einen Prozeß um die Wirksamkeit der Abberufung gegeben ist 4 6 , w i r d man aber auch hier annehmen können, daß der Aufsichtsrat bei einer Klage auf Unterlassung von Organfunktionen gegen abberufene Vorstandsmitglieder befugt ist. Das Ergebnis, daß der Aufsichtsrat nicht allein wegen einer Pflichtwidrigkeit des Vorstandes gegen diesen auf Vornahme oder Unterlassung einer Maßnahme klagen kann, w i r d auch noch durch folgende Überlegung gestützt. I n den beiden Fallgruppen, für die w i r eine Klagemöglichkeit gegen den Vorstand bejaht haben, hat das Gericht primär die Rechtsfrage zu entscheiden, ob eine bestimmte organisationsrechtliche Pflicht besteht, bzw. ob eine wirksame Bindung des Vorstandes durch einen Beschluß der Hauptversammlung oder des Aufsichtsrats vorliegt. Bei der Entscheidung dieser Fragen können zwar auch wirtschaftliche Zweckmäßigkeitserwägungen eine Rolle spielen, primär ist aber zu entscheiden, ob ganz konkret gefaßte gesetzliche Bestimmungen wie etwa § 90 Abs. 1 oder § 119 Abs. 2 A k t G verletzt sind. Bei einer Entscheidung über die hier anstehenden Klagemöglichkeiten müßte das Gericht eine Maßnahme allein an dem unbestimmten Rechtsbegriff der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG messen. Vor dieser Schwierigkeit steht das Gericht zwar auch, wenn es i n einem Schadenersatzprozeß gemäß § 93 Abs. 2 A k t G entscheiden muß. Jedoch darf nicht verkannt werden, daß zwar kein dogmatischer aber doch ein praktischer Unterschied dabei besteht, ob über die Schädlichkeit einer geplanten Maßnahme i m vorhinein oder erst nachträglich zu urteilen ist. I m Ergebnis ist deshalb wegen der Besonderheit der aktienrechtlichen Regelung die Zulässigkeit einer Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder i m Falle der Einschränkung ihres unternehmerischen Ermessens allein durch die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G abzulehnen 47 .
46 Vgl. Mertens, i n K ö l n e r Komm., § 112 Rdn. 7; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 112 A n m . 3; a. A . Würdinger, S. 129. 47 I m Ergebnis ebenso Zempelin, i n A c P 155, S. 219 f. ; Wilhelmi, i n H a n d buch des Aufsichtsrats, Rdn. 490; a. A . Mertens, i n Kölner Komm., Vorbem. § 76 Rdn. 5, der ganz allgemein i n Ausnahmefällen entsprechende Klagen des Aufsichtsrats zulassen w i l l , u n d w o h l auch Neuhaus, S. 63. Neuhaus hält eine vorbeugende Unterlassungsklage einer beherrschten Gesellschaft gegen die eigenen Vorstandsmitglieder auf Unterlassung nachteiliger Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen i m Sinne von § 93 A k t G f ü r zulässig, ohne allerdings die hier behandelten organisationsrechtlichen Bedenken zu sehen.
126
§ 4. Sonstige Leistungsklagen
c) Besondere Gebots- und Verbotsnormen Der Vorstand ist i n seinem Ermessen bei den unternehmerischen Entscheidungen außer durch die allgemeine Pflicht zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 A k t G auch durch eine ganze Reihe von speziellen Gebots- und Verbotsnormen eingeschränkt. W i l l man untersuchen, ob diesen sehr unterschiedlichen Pflichten des Vorstandes ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch der Gesellschaft entspricht, so erscheint es sinnvoll, die gesetzlichen Vorschriften danach i n Gruppen aufzugliedern, gegenüber wem die jeweilige Pflicht nach Sinn und Zweck des Gesetzes besteht 48 . Die Pflichten, die aufgrund der Verfassung der Aktiengesellschaft für den Vorstand gegenüber den beiden anderen Organen der Gesellschaft, der Hauptversammlung und dem Aufsichtsrat, bestehen, sind bereits abschließend behandelt worden und können hier deshalb außer Betracht bleiben. Soweit es sich dabei um Bindungen i m Hinblick auf echte Geschäftsführungsmaßnahmen handelt, wurden sie unter dem besonderen Gliederungspunkt der Bindung durch Kompetenzverlagerung untersucht 49 . Bindungen i n bezug auf organisationsrechtliche Regelungen sind bereits zuvor als eigenständige Gruppe abgehandelt worden 5 0 . Soweit die Schutzrichtung einer Norm schon nach ihrem Wortlaut oder ihrem eindeutigen Sinn der Schutz der Gesellschaft ist, ergibt sich unmittelbar, daß ihr auch ein entsprechender Anspruch auf Erfüllung zusteht. Das gilt ζ. B. für die Verschwiegenheitspflicht gemäß §93 Abs. 1 Satz 2 A k t G und das Wettbewerbsverbot gem. § 88 AktG. Damit ist aber noch nicht entschieden, ob diese Ansprüche der Gesellschaft auch i n jedem Fall i m Wege einer Klage des A u f sichtsrats gegen den Vorstand durchsetzbar sind. Man muß dabei vielmehr wie folgt differenzieren: 1. Wenn diese Pflichten im Zusammenhang mit einer Geschäftsführungsmaßnahme verletzt werden, scheidet eine klageweise Durchsetzung der Pflicht wegen der Kompetenz des Vorstandes zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft aus 51 . So kann ζ. B. der Aufsichtsr at den Vorstand nicht gerichtlich zur Geheimhaltung eines Betriebs- oder 48
Vgl. hierzu die Ausführungen bei Rumpff, S. 14 ff. Vgl. oben § 4 I , 2, a. 50 Vgl. oben, § 4 1,1. 51 Anders Zempelin, i n AcP 155, S. 219 ff., der ausschließlich auf § 823 Abs. 1 u n d Abs. 2 B G B abstellt. M a n w i r d i h m hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlagen allerdings insoweit zustimmen können, als diese Normen regelmäßig schon tatbestandsmäßig nicht erfüllt sind, w e n n die fragliche Maßnahme i m Rahmen der Geschäftsführung vorgenommen w i r d . 49
I. Klagen des Aufsichtsrats gegen den Vorstand
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Geschäftsgeheimnisses zwingen, wenn dieser dessen Weitergabe i m Rahmen eines geschäftlichen Vorhabens für erforderlich hält, auch wenn objektiv die Weitergabe für die Gesellschaft schädlich sein sollte. Die funktionale Zuständigkeit des Vorstandes schließt insoweit ein Eingreifen des Aufsichtsrats aus 52 . 2. Anders gestaltet sich die Rechtslage, wenn Vorstandsmitglieder völlig unabhängig von einer Leistungsmaßnahme ζ. B. ein Geheimnis an Dritte weitergeben wollen. Gegen eine solche Maßnahme ist eine Unterlassungsklage der Gesellschaft vertreten durch den Aufsichtsrat gegen die Vorstandsmitglieder auf der Grundlage von § 93 Abs. 1 Satz 2 A k t G möglich. Diese Auffassung findet ihre Bestätigung darin, daß ζ. B. eine Unterlassungsklage bei Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot des § 88 A k t G allgemein für zulässig gehalten w i r d 5 3 . Unzulässiger Wettbewerb von Vorstandsmitgliedern fällt gerade i n den Bereich, i n dem die Kompetenzwirkung nicht mehr zugungsten des Vorstandes w i r k e n kann, weil diese Tätigkeiten keine Beziehung zur Geschäftsführung haben. I m Ergebnis handelt es sich damit hier allerdings gar nicht um eine Klage auf Vornahme oder Unterlassen einer Geschäftsführungsmaßnahme. Es w i r d vielmehr ein Anspruch der Gesellschaft geltend gemacht, der ein Verhalten der Vorstandsmitglieder zum Gegenstand hat, zu dem sie aufgrund ihrer Anstellung oder aufgrund einer dem Schutz der Gesellschaft bezweckenden Norm verpflichtet sind, ohne daß es sich dabei um eine Geschäftsführungsmaßnahme handelt. 3. Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage, ob die Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder einen eigenen Anspruch auf Beachtung bestimmter Normen hat, ergeben sich bei solchen Vorschriften, die nicht dem Interesse der Gesellschaft, sondern dem der Allgemeinheit oder bestimmter Dritter dienen. Die Gesellschaft unterliegt i m Außenverhältnis gesetzlichen Verpflichtungen, wie ζ. B. den Steuergesetzen und den gesetzlichen Vorschriften über unerlaubte Wettbewerbsbeschränkungen, aber auch Vorschriften zum Schutze bestimmter Dritter wie z. B. § 823 Abs. 1 BGB. I n der Literatur w i r d die Auffassung vertreten, daß diesen Pflichten der Gesellschaft eine Pflicht der Vorstandsmitglieder i m I n nenverhältnis gegenüber der Gesellschaft entspricht 54 . Erörtert w i r d diese Frage regelmäßig i m Zusammenhang damit, ob die Vorstandsmit52 Vgl. v. Stebut, S. 97 ff., der bei der Frage, w e r über eine Offenbarung befinden kann, nach der jeweiligen F u n k t i o n des Organs entscheidet. 53 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 88 Rdn. 15 a. E.; Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / Eckardt / Kropff, § 88 Rdn. 21; Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 88 A n m . 8. 54 Vgl. Hefermehl, i n Geßler / Hefermehl / E c k a r d t / K r o p f f , § 93 Rdn. 25; Mertens, i n Kölner Komm., § 93 Rdn. 29; Rumpf f, S. 20.
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
glieder gemäß § 93 Abs. 2 A k t G der Gesellschaft zum Schadenersatz verpflichtet sind, wenn dieser infolge der Verletzung solcher Bestimmungen ein Nachteil entstanden ist. Als Schaden der Gesellschaft kommen insoweit die diese treffenden Bußgelder und insbesondere die Schadensersatzpflichten i n Betracht. Denkbar ist darüber hinaus auch, daß die Gesellschaft unmittelbar selbst einen Schaden durch Verletzung solcher Normen erleidet, so ζ. B. wenn wegen der Verletzung umweltschützender Normen eine Betriebseinstellung verfügt wird. Den hierdurch entstehenden Schaden müssen die Vorstandsmitglieder gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 A k t G ersetzen, da ihre Sorgfaltspflicht sie dazu verpflichtet, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Daraus folgt aber nicht, daß die i m Interesse der Allgemeinheit bzw. bestimmter Dritter geschaffenen Normen, denen i m letzten Fall sogar auch ein eigener Anspruch der Dritten entspricht, i m Innenverhältnis einen auf Einhaltung gerichteten und i m Wege einer Klage durchsetzbaren Anspruch der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder begründen. I m Ergebnis hiese dies, daß man den Aufsichtsrat, der gemäß § 112 A k t G zur Durchsetzung dieses Anspruchs berufen wäre, zum Hüter der Interessen der Allgemeinheit oder Dritter machen würde. W i r haben aber bereits i m Zusammenhang m i t dem Problem eines Vertreters des öffentlichen Interesses i m Aufsichtsrat dargelegt 55 , daß man kaum davon ausgehen kann, daß die Aufsichtsratsmitglieder solche Erwartungen erfüllen können. Als Voraussetzung für eine so ausgestaltete Interessenwahrungspflicht der Gesellschaft und letztlich der Aufsichtsratsmitglieder bedürfe es auch einer ausdrücklichen gesetzlichen Verankerung. Eine Bindung des Vorstandes gegenüber der Gesellschaft t r i t t nur über die allgemeine Sorgfaltspflicht ein, wenn das Verhalten des Vorstandes die Gefahr einer Schädigung der Gesellschaft durch drohende Regreßansprüche, Bußgelder oder unmittelbare eigene Schäden der Gesellschaft beinhaltet. Die allgemeine Sorgfaltspflicht verpflichtet die Vorstandsmitglieder zu einem Verhalten, das solche Schäden der Gesellschaft ausschließt. Daß aber die Einhaltung dieser allgemeinen Sorgfaltspflicht nicht i m Wege einer zivilprozessualen Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft durchsetzbar ist, wurde bereits nachgewiesen 56 . Zusammenfassend ergibt sich, daß eine Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft auf Vornahme oder Unterlassen von echten Geschäftsführungsmaßnahmen nur i n zwei Fällen zuzulassen ist. Der Aufsichtsrat kann die gesetzmäßigen Entscheidungen der Hauptver55 Vgl. oben § 3 I I , 3, c, bb u n d Raiser , Th., Das Unternehmen als Organisation, S. 158. 58 Vgl. oben § 4 I, 2, b.
I I . Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder
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Sammlung gemäß § 119 Abs. 2 A k t G und die Entscheidungen des A u f sichtsrats gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 A k t G über Geschäftsführungsmaßnahmen unmittelbar i m Wege einer Klage gegen die Vorstandmitglieder durchsetzen. Daneben kann der Aufsichtsrat i m Namen der Aktiengesellschaft gegen Vorstandsmitglieder abgesehen von den bereits behandelten organisationsrechtlichen Pflichten nur noch auf Vornahme oder Unterlassen von Maßnahmen klagen, die keine Geschäftsführungsmaßnahmen darstellen, wie ζ. B. auf Einhaltung des Wettbewerbsverbots gemäß § 88 AktG. I I . Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb der Aktiengesellschaft auf Ausübung von Organfunktionen können sich gegen die Vorstandsmitglieder und innerhalb des Aufsichtsrats gegen andere A u f sichtsratsmitglieder und insbesondere gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden richten. 1. Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder gegen Vorstandsmitglieder
Wie bei den Klagen des Gesamtsaufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft soll auch hier danach unterschieden werden, ob eine Klage auf Vornahme organisationsrechtlicher Maßnahme oder auf echte Geschäftsführungsmaßnahmen gerichtet ist. a) Organisationsrechtliche
Maßnahmen
aa) § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G Die wichtigste i n Betracht kommende Klage einzelner Aufsichtsratsmitglieder auf eine organisationsrechtliche Maßnahme des Vorstandes ist die bereits ausführlich behandelte Klage auf Berichterstattung an den Aufsichtsrat auf Verlangen eines einzelnen Mitgliedes gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G 1 . W i r waren dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Klage des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds i m Namen der Gesellschaft wegen der abschließenden gesetzlichen Regelung der Vertretung der Gesellschaft ausscheidet, daß aber eine Klage trotz der sonst vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten erforderlich ist. Die Befugnis zur Geltendmachung des Berichtsrechts i m eigenen Namen haben w i r dann aus dem Organisationsprinzip der Aktiengesellschaft abgeleitet. Als Wesensmerkmal dieser Organisation haben w i r herausgestellt, daß es sich um eine gewaltenteilige Organisation handelt, i n der die Interessen der Aktionäre und auch die der über die Mitbestimmung i n die Unterneh1
Vgl. oben § 3 I I I , 2.
9 Lewerenz
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
mensverfassung integrierten Arbeitnehmer nicht nur durch eigene Rechte der Unternehmensträger, sondern insbesondere auch durch ein genau geregeltes Zusammenspiel der Organe Aufsichtsrat und Vorstand gewahrt werden. Dieses System der Gewaltenteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ist noch dadurch modifiziert, daß zur Stärkung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats nicht nur dem Gesamtorgan Kompetenzen zustehen, sondern auch einzelnen Mitgliedern, wie ζ. B. das Berichtsrecht gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G . I n einem solchen System können Kompetenzen dann zu klagbaren subjektiven Rechten der Organmitglieder erstarken, wenn sie Bestandteil des Gewaltenteilungssystems sind und wenn die anderen zur Durchsetzung der Kompetenz vorgesehenen Sanktionen nicht hinreichen. Für das Berichts verlangen des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G haben w i r dies trotz der Möglichkeit eines Zwangsgeldverfahrens gemäß § 407 A k t G bejaht. bb) § 125 Abs. 3 und Abs. 4 A k t G Eine weitere Einzelbefugnis der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder, deren klageweise Durchsetzung zu prüfen ist, findet sich i n § 125 Abs. 3 und Abs. 4 A k t G . Gemäß § 125 Abs. 3 A k t G kann jedes Aufsichtsratsmitglied verlangen, daß i h m der Vorstand binnen zwölf Tagen nach der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung i m Bundesanzeiger die Einberufung der Hauptversammlung, die Bekanntmachung der Tagesordnung und etwaiger Anträge und Wahlvorschläge von Aktionären einschließlich des Namens der Aktionäre, der Begründung und einer etwaigen Stellungnahme der Verwaltung mitteilt. Die Mitteilung hat nach allgemeiner Meinung schriftlich zu erfolgen 2 . Gemäß § 125 Abs. 4 A k t G kann jedes Aufsichtsratsmitglied weiterhin verlangen, daß i h m der Vorstand die i n der Hauptversammlung gefaßten Beschlüsse schriftlich mitteilt. Diese Informationsrechte sind wie das Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G keine Kompetenz des Gesamtorgans Aufsichtsrat, sondern sind als Individualkompetenz ausgestaltet. Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied soll auf diese Weise die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die Hauptversammlung vorzubereiten und nach der Hauptversammlung deren Ergebnisse eingehend zu prüfen. Dieses Recht dient der Stärkung seiner Funktion als selbständiges Willensbildungs- und Entscheidungsorgan i n der Gesamtorganisation Aktiengesellschaft. Andererseits stehen den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern nach dem Aktiengesetz keine wirksamen Sanktionen zur Durchsetzung dieses I n 2
Vgl. Mertens, in Kölner Komm., §§ 125 - 127 Rdn. 44.
I I . Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder
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formationsrechts zur Verfügung. Seine aktienrechtlichen Befugnisse sind hier ebenso schwach ausgebildet, wie bei seinem Individualrecht aus § 90 Abs. 5 A k t G gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden. Wie dort und i m Gegensatz zum Berichts verlangen gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G ist hier nicht einmal ein Zwangsgeldverfahren gemäß § 407 A k t G zulässig. Entsprechend den hier entwickelten Grundsätzen ist deshalb ein subjektives Recht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds an seiner Kompetenz aus § 125 Abs. 3 und Abs. 4 A k t G anzunehmen, das es i m Wege einer zivilprozessualen Leistungsklage gegen die Vorstandsmitglieder durchsetzen kann 3 . cc) Durchsetzung von Kompetenzen des Gesamtaufsichtsrats durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder Z u prüfen ist, ob i n besonderen Fällen bei pflichtwidriger Untätigkeit des Gesamtorgans auch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied anstelle des an sich zuständigen Gesamtaufsichtsrats etwa das Prüfungsrecht gemäß § 111 Abs. 2 A k t G oder andere Kompetenzen durchsetzen kann. Organisationsrechtliche Einzelbefugnisse der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Vorstand sind i m geltenden Aktienrecht selten. Regelmäßig stehen die Kompetenzen dem Gesamtorgan Aufsichtsrat zu, so daß zu ihrer Geltendmachung ein Aufsichtsratsbeschluß erforderlich ist. Die Zurückhaltung des Gesetzgebers gegenüber Einzelrechten für A u f sichtsratsmitglieder erklärt sich aus der Befürchtung, daß solche Befugnisse mißbraucht werden könnten. So hat der Gesetzgeber ζ. B. die Einzelbefugnis der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G dadurch eingeschränkt, daß er für ihre Durchsetzbarkeit die Unterstützung durch ein weiteres Aufsichtsratsmitglied verlangt 4 . Die Durchsetzbarkeit von Kompetenzen durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder kommt deshalb nur dann i n Betracht, wenn das Gesetz einen deutlichen Anhaltspunkt für eine Einzelbefugnis enthält, wie es ζ. B. bei §§ 90 Abs. 3 Satz 2 und 125 Abs. 3 und Abs. 4 A k t G der Fall ist. Eine Durchsetzung von Kompetenzen des Gesamtorgans Aufsichtsrat durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied gegen den Willen des Gesamtorgans ist damit von vornherein auszuschließen. b) Vornahme oder Unterlassung von Geschäftsführungsmaßnahmen Eine Klage des Gesamtaufsichtsrats gegen die Vorstandsmitglieder auf Vornahme bzw. Unterlassen von Geschäftsführungsmaßnahmen ist 3
Vgl. Barz, i n Großkomm., 3. Auflage, § 125 A n m . 10 u n d 12. Vgl. ζ. B. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G bei Kropff, S. 118. 4
9»
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
nur i m Rahmen der §§ 119 Abs. 2 und 111 Abs. 4 A k t G möglich 5 . I n diesen Fällen steht dem Gesamtaufsichtsrat bzw. der Hauptversammlung eine partielle Geschäftsführungskompetenz zu, die der Aufsichtsrat auch gerichtlich durchsetzen kann. Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied steht eine solche Kompetenz i n keinem Falle zu. Es ist auch nicht möglich, ihm eine solche Befugnis i n Ausnahmefällen, etwa bei pflichtwidrigem Unterlassen des Gesamtauf sichtsrats, einzuräumen. Die Gründe hierfür sind die gleichen, die es auch ausschließen, daß ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied organisationsrechtliche Kompetenzen des Gesamtorgans Aufsichtsrat selbständig durchsetzen kann. 2. Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des Aufsichtsrats
a) § 90 Abs. 5 AktG und verwandte
Regelungen
Bei der Untersuchung der Durchsetzbarkeit der Rechte des A u f sichtsrats und seiner Mitglieder aus § 90 A k t G sind w i r zu dem Ergebnis gekommen, daß die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder ihr Recht auf Information und Kenntnisnahme gemäß § 90 Abs. 5 A k t G i m Wege einer Klage gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden durchsetzen können. Diese Klage kann das einzelne Aufsichtsratsmitglied i m eigenen Namen erheben 6 . Aufgrund der organisationsrechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes steht i h m ein eigenes subjektives Recht auf Information und Kenntnisnahme zu. Dieses eigene Recht besitzt es aber nicht um seiner selbst willen, sondern i m Interesse der Gesellschaft. Die Notwendigkeit der Anerkennung solcher atypischen subjektiven Rechte ergab sich aus der Gesamtorganisation der Aktiengesellschaft, die einerseits eine Klage des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds i m Namen der Aktiengesellschaft ausschließt, andererseits eine klageweise Durchsetzbarkeit durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied erfordert, um die gewaltenteilige Organisation der Aktiengesellschaft zu gewährleisten. Parallel zur Regelung des § 90 Abs. 5 A k t G finden sich i m Gesetz eine Reihe von völlig gleichlautenden Bestimmungen für andere besondere Berichte. § 163 Abs. 5 Satz 8 und 9 A k t G betrifft die Teilberichte der Abschlußprüfer, § 170 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 A k t G den Jahresabschluß, den Geschäftsbericht, den Prüfungsbericht und den Vorschlag des Vorstandes über die Gewinnverwendung, § 314 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 A k t G den Bericht über Beziehungen zu verbundenen Unternehmen und den entsprechenden Abschlußprüferbericht und § 337 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 A k t G den Konzernabschluß, den Konzerngeschäftsbericht und den entsprechenden Prüfungsbericht. 5 β
Vgl. oben § 4 I, 2, a. Vgl. oben § 3 I I I , 1, b a. E.
I I . Klagen einzelner Aufsichtsratsmitglieder
133
Bei allen diesen Rechten auf Kenntnisnahme und Aushändigung handelt es sich um spezielle Ausprägungen des i n § 90 Abs. 5 A k t G enthaltenen Grundsatzes, daß unbedingt sichergestellt sein soll, daß jedes Aufsichtsratsmitglied sich die für eine sachgemäße Kontrolle und Entscheidung erforderlichen Informationen beschaffen kann. Es gelten deshalb hier die gleichen Grundsätze wie bei § 90 Abs. 5 AktG. I n allen genannten Fällen ist eine klageweise Durchsetzung i n gleicher Weise wie bei § 90 Abs. 5 A k t G möglich. b) Aushändigung einer Abschrift der Sitzungsniederschrift des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 4 A k t G ist allen Mitglieder des Aufsichtsrats auf Verlangen eine Protokollabschrift auszuhändigen. Auch Aufsichtsratsmitglieder, die einem bestimmten Ausschuß angehören, können die Aushändigung einer Protokollabschrift über eine Sitzung dieses Ausschusses beanspruchen 7 . Ist ein Aufsichtsratsmitglied von der Teilnahme an einer Ausschußsitzung ausgeschlossen, so hat es nach herrschender Meinung allerdings auch kein Recht auf Aushändigung der entsprechenden Protokolle 8 . Das gilt aber nur dann, wenn das Aufsichtsratsmitglied aus Geheimhaltungsgründen nicht an den Sitzungen teilnehmen darf und nur solange, wie die Notwendigkeit der Geheimhaltung fortbesteht 9 . Das Aushändigungsverlangen ist an den Aufsichtsratsvorsitzenden zu richten, zu dessen Aufgabe die Verwaltung der Protokolle gehört. Der Aufsichtsratsvorsitzende entscheidet dann über das Aushändigungsverlangen 10 . Es besteht nun keine Einigkeit darüber, welche Rechtsbehelfe dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zur Verfügung stehen, wenn der A u f sichtsratsvorsitzende sein Verlangen auf Aushändigung einer Protokollabschrift ablehnt. Meyer-Landrut nimmt an, das einzelne Aufsichtsratsmitglied könne einen Beschluß des Aufsichtsrats beantragen 11 . Dringe es auch hier nicht m i t seinem Verlangen durch, so soll es v o l l entlastet sein. Es habe aber auch die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses i m Wege einer Feststellungsklage prüfen zu lassen. 7
Vgl. Meyer-Landrut y i n Großkomm., 3. Auflage, § 109 A n m . 6. Vgl. Baumbach / Hueck, § 109 Rdn. 5; Mertens, i n Kölner Komm., § 107 Rdn. 62; Godin ! Wilhelmi, § 109 A n m . 7; Meyer-Landrut (Fußn. 7), § 109 A n m . 4. 9 Mertens (Fußn. 8). 10 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 107 Rdn. 62. 11 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 109 Rdn. 5, 6. 8
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
Meyer-Landrut bezieht m i t der Anerkennung der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs einer Feststellungsklage Stellung gegen die Auffassung von Godin / Wilhelmi 12, die hier einen gerichtlichen Rechtsschutz für ausgeschlossen halten. Godin / Wilhelmi lehnen ein Klage gegen die Gesellschaft auf Zulassung zur Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung wie auch auf Einsicht i n Sitzungprotokolle ab, weil gegenüber der dienstberechtigten Gesellschaft kein Recht des einzelnen Organmitglieds auf Abnahme seiner Dienste bestehe. Eine Klage gegen die übrigen Organmitglieder scheide deshalb aus, weil das einzelne Aufsichtsratsmitglied zu den übrigen Mitgliedern überhaupt i n keinem Rechtsverhältnis stehe. Godin / Wilhelmi können sich bei der letzten Begründung zwar auf das Reichsgericht berufen 13 . Die jede Klagemöglichkeit ablehnende Auffassung von Godin / Wilhelmi ist aber wegen ihres unrichtigen Ausgangspunktes abzulehnen. Ausgehend von unserem Ergebnis, daß es i m innerkörperlichen Bereich organisationsrechtliche subjektive Rechte zwischen den Organen und Organmitgliedern geben kann, ist vielmehr über die Auffassung Meyer-Landruts hinaus zu fragen, ob nicht statt einer bloßen Feststellungsklage eine Leistungsklage auf Aushändigung zuzulassen ist. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied ist, wie bereits mehrfach festgestellt, als eigenständiges Willensbildungs- und Entscheidungssubjekt Bestandteil der gewaltenteiligen Organisation der Aktiengesellschaft. Das Recht aus § 107 Abs. 2 A k t G dient der Gewährleistung dieser Funktion. Da es nicht durch andere Sanktionen erzwungen werden kann, ist es dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied als eigenes subjektives Recht zuzuweisen, daß es i m Wege einer zivilprozessualen Klage durchsetzen kann. Entsprechend ist die Rechtslage i m Hinblick auf die Einsicht i n Unterlagen und Protokolle von Ausschüssen. Dieses Einsichtsrecht gilt grundsätzlich auch für Aufsichtsratsmitglieder, die nicht Ausschußmitglieder sind, es sei denn, sie sind gemäß § 109 Abs. 2 A k t G rechtmäßig von der Teilnahme an den Ausschußsitzungen ausgeschlossen14. Unberührt von einem solchen Ausschluß bleibt das Recht auf Kenntnisnahme der Berichte des Ausschusses an den Gesamtaufsichtsrat und auf Auskunft über Beschlüsse der Ausschüsse 15 .
12 Vgl. Godin / Wilhelmi, § 107 A n m . 10; ebenso bereits Brodmann, H G B A n m . 3 d. 13 Vgl. RGZ 158, S. 248 ff., 256. 14 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 109 A n m . 4. 15 Vgl. Meyer-Landrut (Fußn. 14).
§ 246
I I I . Klagen des Vorstands gegen den Aufsichtsrat
c) Teilnahmerecht
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an den Auf sichtsrats- und Ausschußsitzungen
Das Recht des Aufsichtsratsmitglieds, an den Sitzungen des Aufsichtsrats und denen der Ausschüsse, denen es angehört, teilzunehmen, ist grundsätzlich unentziehbar 16 . Für Aufsichtsratssitzungen können jedoch der Aufsichtsratsvorsitzende und durch Beschluß auch der Aufsichtsrat entscheiden, daß i m Einzelfall, wenn wichtige Belange der Gesellschaft gefährdet würden, ein Aufsichtsratsmitglied von der Teilnahme ausgeschlossen ist 1 7 . Für Ausschußsitzungen steht ein solches Ausschlußrecht allein dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu 1 8 . Uber die Rechtsmittel des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds bei einem rechtswidrigen Ausschluß besteht hier der gleiche Meinungsstreit wie bei der Frage, ob einem Aufsichtsratsmitglied die Einsicht i n Sitzungsprotokolle verwehrt werden kann und wie es sich gegebenenfalls dagegen zur Wehr setzen kann 1 9 . Das Teilnahmerecht des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse ist wie die sonstigen Individualbefugnisse der Aufsichtsratsmitglieder infolge der gewaltenteiligen Struktur der Aktiengesellschaft den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern als eigenes subjektives Recht zuzugestehen. Es kann dieses Recht gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden i m Wege einer Leistungsklage auf Einladung durchsetzen und durch eine Unterlassungsklage gegen Beeinträchtigungen verteidigen. Gegen sein Teilnahmerecht berührende Beschlüsse des Aufsichtsrats kann es auch m i t einer Feststellungsklage vorgehen 20 . I I I . Klagen des Vorstandes gegen den Auf sichtsrat oder einzelne Aufsichtsratsmitglieder Wie die Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder einen Anspruch auf Wahrnehmung ihrer Organfunktion hat, so besteht ein solcher Anspruch der Gesellschaft grundsätzlich auch gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern. Verletzen Aufsichtsratsmitglieder ihre Pflichten und entsteht der Gesellschaft hierdurch ein Schaden, so kann der Vorstand diesen Anspruch gemäß § 76 Abs. 1 A k t G i m Namen der Gesellschaft 16
Vgl. Baumbach / Hueck, § 109 Rdn. 4. Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 109 Rdn. 8. 18 So Mertens, i n Kölner Komm., § 109 Rdn. 20 ff. m. w. Nachw. 19 Vgl. oben § 4 I I , 2, b. 20 Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 109 A n m . 5. Eine gerichtliche K l ä r u n g der Streitigkeiten u m einen Ausschluß halten w o h l auch Baumbach-Hueck f ü r möglich, indem sie feststellen, daß der Aufsichtsratsvorsitzende den Ausschluß begründen u n d m i t Streitfall die Gefährdung der Gesellschaft beweisen müsse; vgl. Baumbach / Hueck, § 109 Rdn. 4. 17
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
gegen die Aufsichtsratsmitglieder durchsetzen. Es fragt sich aber, ob der Vorstand den Auf sichtsrat bzw. die Aufsichtsratsmitglieder auch zur vorbeugenden Abwendung eines Schadens und unabhängig von der Möglichkeit der Entstehung eines Schadens auf Vornahme oder Unterlassung bestimmter Maßnahmen verklagen kann. E i n eigener Anspruch des Vorstandes selbst bzw. wegen dessen fehlender Rechtsfähigkeit der Vorstandsmitglieder und damit eine Klage i m eigenen Namen scheidet von vornherein aus, da der Vorstand gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist. Es besteht daher kein Bedürfnis für ein eigenes Klagerecht der Vorstandsmitglieder. Aber auch eine Klage des Vorstandes i m Namen der Gesellschaft gegen die Aufsichtsratsmitglieder auf Ausübung ihrer Organfunktion ist regelmäßig ausgeschlossen. Entsprechend der Hauptfunktion des Aufsichtsrats könnte man ζ. B. an eine Klage des Vorstandes gegen die Aufsichtsratsmitglieder auf Vornahme bestimmter Uberwachungsmaßnahmen i m Sinne von § 111 A k t G denken. Ein Anspruch der Gesellschaft auf pflichtgemäße Uberwachung des Vorstandes ist ohne weiteres gegeben. Es erscheint aber verfehlt, wenn das nach dem Gesetz zu kontrollierende Organ Vorstand berechtigt und eventuell sogar verpflichtet sein sollte, das Kontrollorgan Aufsichtsrat zur pflichtgemäßen Überwachung der eigenen Tätigkeit anzuhalten 1 . Ähnlich wie der Vorstand grundsätzlich das Unternehmen eigenverantwortlich leitet und deshalb vom Aufsichtsrat nicht durch eine Klage zu einer bestimmten Leitungsmaßnahme gezwungen werden kann, ist auch der Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand i n der Gestaltung seiner Uberwachungstätigkeit frei. Für eine solche Klagemöglichkeit des Vorstandes besteht auch kein Bedürfnis, weil andere Sanktionen zur Verhütung von Pflichtwidrigkeiten der Aufsichtsratsmitglieder bei der Ausübung ihrer Überwachungsfunktion zur Verfügung stehen. Abgesehen von der Schadenersatzpflicht der Aufsichtsratsmitglieder gemäß §§ 116, 93 A k t G ist dies insbesondere die Möglichkeit ihrer Abberufung. Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Vorstand die Aufsichtsratsmitglieder nicht durch eine Klage i m Namen der Gesellschaft zur Ausübung ihrer Uberwachungsfunktion zwingen kann. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, daß der Vorstand überhaupt i m Namen der Gesellschaft gegen Aufsichtsratsmitglieder auf Vornahme 1
Vgl. Beschluß des BayObLG
v. 25. 4. 1968 i n A G 1968 S. 330.
I V . Klagen innerhalb des Vorstandes
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oder Unterlassen von Handlungen klagen kann. Soweit es sich um Pflichtverletzungen handelt, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Üb erwachung s funktion des Auj sichtsrats stehen, erscheint eine Klage des Vorstandes i m Namen der Gesellschaft grundsätzlich gleichermaßen möglich wie umgekehrt auch eine Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder 2 . Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Die Aufsichtsratsmitglieder sind grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Soweit es für die Durchführung der Überwachung des Vorstandes erforderlich ist, dürfen sie aber auch Dritte i n Betriebsgeheimnisse einweihen 3 . Der Vorstand kann ein Aufsichtsratsmitglied auch dann nicht auf Unterlassung verklagen, wenn die konkrete Gefahr besteht, daß die Weitergabe der Information dem Unternehmen schaden kann. Etwas anderes gilt aber, wenn die beabsichtigte Weitergabe eines Geheimnisses nicht i n Ausübung der Überwachungsfunktion erfolgen soll. So sind Aufsichtsratsmitglieder ζ. B. grundsätzlich nicht berechtigt, von sich aus der Belegschaft 4 oder sonstigen Dritten außerhalb der Überwachungsfunktion 5 Geheimnisse mitzuteilen. Z u beachten ist dabei allerdings, daß bei mitbestimmten Gesellschaften der Begriff des Geheimnisses aufgrund der Mitbestimmung zur Belegschaft und zum Betriebsrat eine inhaltliche Einschränkung erfährt 6 . Erfährt nun der Vorstand, daß ein Aufsichtsratsmitglied ein Geheimnis der Gesellschaft weitergeben w i l l , ohne daß es sich dabei um eine Maßnahme i m Rahmen seiner Uberwachungsfunktion handelt und ohne daß es dazu berechtigt wäre, so ist eine Unterlassungsklage des Vorstandes i m Namen der Gesellschaft möglich. IV. Klagen innerhalb des Vorstandes Anknüpfungspunkt für die Anerkennung von Klagemöglichkeiten einzelner Aufsichtsratsmitglieder innerhalb des Aufsichtsrats waren organisationsrechtliche Vorschriften, die ausdrücklich dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied Einzelbefugnisse zugestehen, wie es ζ. B. i n §§ 90 Abs. 5 und 107 Abs. 2 A k t G der Fall ist. Aus der gesetzlichen Organisation des Aufsichtsrats sind w i r zu dem Schluß gekommen, daß die Funktion der Kontrolle nicht nur dem Organ Gesamtaufsichtsrat zugewiesen ist, sondern daß die Stellung des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds 2
Vgl. Vgl. 4 Vgl. 5 Vgl. β Vgl. Nachw. 3
oben § 4 I, 2, b. v. Stebut, S. 98 ff. m. w. Nachw. υ. Stebut, S. 136 ff. m. w. Nachw. υ. Stebut, S. 132 ff., 134 m. w. Nachw. dazu der Verfasser i n Reich / Lewerenz,
A u R 1976, S. 356 ff. m. w.
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
gegenüber dem Gesamtorgan durch eine gewisse Eigenständigkeit gekennzeichnet ist. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied soll nach dem Willen des Gesetzes auch ohne und sogar gegen den Willen des Gesamtorgans zumindest i n einem gewissen Umfang seine Kontrollfunktion ausüben können. Es ist insoweit selbständiger Bestandteil des gewaltenteiligen Systems der Aktiengesellschaft. Für den Vorstand fehlen entsprechende gesetzliche Vorschriften. Die Zuständigkeit zur Leitung der Gesellschaft steht grundsätzlich dem Vorstand als Gesamtorgan zu 1 . Zwar kann dieser die Aufgaben i m Wege einer Geschäftsverteilung unter seine Mitglieder aufteilen. Eine solche Aufteilung ist aber durch Vorstandsbeschluß jederzeit abänderbar, und auch i m Einzelfall kann der Vorstand die Entscheidung jeder Frage durch Beschluß wieder an sich ziehen und damit die Zuständigkeit des einzelnen Vorstandsmitgliedes aufheben. Anders als beim Aufsichtsrat fehlen damit ausdrückliche organisationsrechtliche Vorschriften als Ansatzpunkt für die Annahme entsprechender subjektiver Rechte der Vorstandsmitglieder. Es ist aber zu erwägen, ob nicht aus der auch i n Fällen der Geschäftsverteilung alle Vorstandsmitglieder treffenden allgemeinen Überwachungspflicht 2 durchsetzbare Rechte auf Einsichtnahme i n Unterlagen und auf Teilnahme an den Vorstandssitzungen abzuleiten sind, wie w i r es für die Aufsichtsratsmitglieder bejaht haben. Für die Annahme solcher Rechte i m Sinne von klagbaren Ansprüchen besteht aber kein Bedürfnis. Wenn ein einzelnes Vorstandsmitglied sich durch ein anderes i n der Ausübung seiner Uberwachungstätigkeit beeinträchtigt fühlt, so kann und muß es zunächst den Gesamtvorstand einschalten. H i l f t auch dieser nicht ab, so kann sich das einzelne Vorstandsmitglied an den Aufsichtsrat wenden. Dieser kann dann i n den Umständen angepaßter Weise auf die pflichtwidrig handelnden Vorstandsmitglieder einwirken und sie i m Extremfall abberufen. Anders als i m Verhältnis eines einzelnen Aufsichtsratsmitglieds zum Gesamtvorstand entspricht es der Gesamtkonzeption der Aktiengesellschaft, daß hier der Gesamtvorstand und der Aufsichtsrat über Streitigkeiten zwischen Vorstandsmitgliedern i n für die Beteiligten verbindlicherweise entscheiden können. Der Vorstand stellt damit kein echtes gewaltenteiliges System dar. Es fehlt insoweit an der Voraussetzung, daß die einzelnen Vorstandsmitglieder als Träger eigener Kompetenzen nach der Gesamtverfassung der Aktiengesellschaft notwendig selbst zur Durchsetzung der ihnen zugewiesenen Kompetenzen i n der Lage sein müssen, 1
(2). 2
Vgl. zum Grundsatz der Homogenität des Vorstandes oben § 3 I I , 3, c, aa,
Vgl. Baumbach / Hueck, § 77 Rdn. 4; Mertens, in Kölner Komm., § 77 Rdn.
14 ff.
V. Rechtsstreitigkeiten u m Kompetenzen des Arbeitsdirektors
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weil kein zur Regelung des Konfliktes berechtigtes Organ vorhanden wäre. Dies entspricht auch dem Grundsatz der Homogenität des Vorstandes, der wesentliche Voraussetzung für eine effektive Leitung des Unternehmens ist 3 . Klagen innerhalb des Vorstandes der Aktiengesellschaft sind somit ausgeschlossen, weil der hier für die Annahme subjektiver Rechte der Organmitglieder für wesentlich erachtete Ansatzpunkte einer echten Gewaltenteilung i m Sinne einer Aufteilung der Kompetenzen ohne ein zur verbindlichen Regelung von Kompetenzkonflikten berechtigtes Organ fehlt. V. Rechtsstreitigkeiten um Kompetenzen des Arbeitsdirektors Z u prüfen bleibt, ob nicht für den Arbeitsdirektor nach dem MontanMitbestG und dem MitbestG vom 8. 5. 1976 etwas anderes gilt. K a n n der Arbeitsdirektor um seine besonderen Kompetenzen einen Rechtstreit führen? Oder können dies vielleicht die Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat oder ein Teil von ihnen? Oder gilt auch hier der Grundsatz, daß entsprechende Kompetenzkonflikte nur gesellschaftsintern durch Mehrheitsbeschlüsse zunächst des Vorstandes und letztendlich des Aufsichtsrates entschieden werden? 1. Zwingende gesetzliche Kompetenzabgrenzung
Voraussetzung für die Möglichkeit eines Rechtsstreites um die Kompetenz des Arbeitsdirektors ist zunächst, daß es für diesen überhaupt rechtlich bindende Kompetenzabgrenzungen gibt, die nicht zur Disposition der Mehrheit des Vorstandes oder des Aufsichtsrates stehen. Für das MontanmitbestG herrscht i m wesentlichen Einigkeit darüber, daß trotz des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung für den Arbeitsdirektor eine zwingende auch durch eine vom Vorstand oder A u f sichtsrat erlassene Geschäftsordnung nicht abänderbare Kompetenzabgrenzung besteht. Zum einen gibt es eine unabdingbare Mindestzuständigkeit des Arbeitsdirektors für den Personal- und Sozialbereich und zum anderen dürfen i h m andere Funktionen außerhalb dieses Ressorts allenfalls vorübergehend oder vertretungsweise zugewiesen werden 1 . Das Mitbestimmungsgesetz vom 8. 5. 1976 enthält i n § 33 MitbestG anders als noch der § 30 RegE MitbestG 2 keine ausdrückliche Definition der Kompetenzen des Arbeitsdirektors. Während i n § 30 RegE MitbestG 8
Vgl. Vgl. Eisen, § 2 Vgl. 1
oben § 3 I I , 3, c, aa, (2). Müller / Lehmann, K o m m . z. Mitbestimmungsgesetz Bergbau u n d 13 A n m . 7; der Verfasser i n Reich ! Lewerenz, i n A u R 1976,S. 367 f. BT-Drucks. 7/2172.
140
§ 4. Sonstige Leistungsklagen
ausdrücklich bestimmt war, daß ein Mitglied des Vorstandes vorwiegend für Personal- und Sozialangelegenheiten zuständig sein sollte, regelt § 33 MitbestG nur, daß als gleichberechtigtes Mitglied des Vorstandes ein Arbeitsdirektor zu bestellen ist, daß dieser seine Funktion wie die übrigen Mitglieder des Vorstandes i m engsten Einvernehmen m i t dem Gesamtorgan auszuüben hat und daß das Nähere die Geschäftsordnung bestimmt. Der § 33 MitbestG stimmt insoweit wörtlich m i t § 13 MontanMitbestG überein. Trotz des gegenüber § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 MontanMitbestG grundsätzlich anderen Bestellungsverfahrens, nach dem gemäß § 31 MitbestG eine Bestellung auch gegen den Willen der Arbeitnehmerfraktion erfolgen kann 3 , bestehen keine Bedenken, für den Arbeitsdirektor des MitbestG die gleiche unabdingbare Mindestzuständigkeit für den Personal· und Sozialbereich anzunehmen, wie dies für das Montanmitbestimmungsgesetz unbestritten der Fall ist 4 . Diese Mindestzuständigkeit umfaßt auch die Personalangelegenheiten der außertariflichen und der leitenden Angestellten 5 . Wegen der besonderen Bedeutung der leitenden Angestellten für die Unternehmensführung w i r d man allerdings für diese eine durch die Geschäftsordnung näher zu regelnde gemeinsame Zuständigkeit des Arbeitsdirektors und des vom Ressort her zuständigen Vorstandsmitgliedes mit einem Letztentscheidungsrecht des Gesamtvorstandes annehmen müssen. Dagegen ist es unzulässig, diesen Bereich von vornherein völlig aus der besonderen Zutändigkeit des Arbeitsdirektors herauszunehmen. Die Personalangelegenheiten der außertariflichen Angestellten gehören uneingeschränkt i n die Mindestzuständigkeit des Arbeitsdirektors. Diese Zuständigkeit ist aus sachlichen Gründen i n enger Kooperation m i t dem fachlich jeweils zuständigen Vorstandsmitglied auszuüben. Hoffmann 6 w i l l demgegenüber den gesamten Faktor Disposition, der nach seiner Definition zudem über den Bereich der leitenden Angestellten i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG hinausgeht, aus dem Mindestzuständigkeitsbereich des Arbeitsdirektors herausnehmen. Er hält es allerdings für rechtlich zulässig i n der Geschäftsordnung eine entsprechend weitere Zuständigkeit zu begründen. Ho ff mann begründet seine restriktive Bestimmung des Mindestzuständigkeitsbereichs des Arbeitsdirektors i m 3 Vgl. zum Bestellungsverfahren ausführlich der Verfasser i n Reich / Lewerenz, i n A u R 1976, S. 366 f. m. w. Nachw. 4 Ebenso w o h l auch Th. Raiser , B B 1976, S. 148; vgl. zum folgenden der Verfasser i n Reich / Lewerenz, i n A u R 1976, S. 367 f. 5 a. A . jedenfalls f ü r die G m b H Ho ff mann / Neumann, GmbH-Rdsch. 1976, S. 186. Unzulässigerweise besteht für die leitenden Angestellten anscheinend zum T e i l eine abweichende Praxis i m Montanbereich; vgl. dazu Spieker, B B 1968, S. 1090. 8 Vgl. Dietrich Hoffmann, B B 1976, S. 1233 ff.
V. Rechtsstreitigkeiten u m Kompetenzen des A r b e i t s d i r e k t o r s 1 4 1
wesentlichen i m Wege einer Wortinterpretation. Die Tätigkeit des Faktors Disposition sei nicht Arbeit i m üblichen Sprachgebrauch. Deshalb scheide eine unabdingbare Mindestzuständigkeit des Arbeitsdirektors für diesen Bereich aus. Dieses Ergebnis werde zudem dadurch bestätigt, daß der Faktor Disposition i m Mitbestimmungsgesetz durch die Schaffung einer entsprechenden Gruppe politische Realität geworden sei. Zunächst ist bereits zweifelhaft, ob Hoffmanns Ausgangsthesen hinsichtlich des üblichen Sprachgebrauchs einer empirischen Untersuchung standhalten würde. I m übrigen berücksichtigt Hoffmann nicht, daß die leitenden Angestellten nach dem Mitbestimmungsgesetz gerade der Arbeitnehmerbank zugerechnet werden. Für die Ausklammerung eines über die leitenden Angestellten i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG hinausgehenden Bereichs von Arbeitnehmern fehlt i m Mitbestimmungsgesetz jeder Ansatzpunkt. Umstritten ist weiterhin, ob dem Arbeitsdirektor nach dem Mitbestimmungsgesetz i m Gegensatz zum Arbeitsdirektor nach dem MontanmitbestG durch Geschäftsordnung noch andere Funktionen zusätzlich zugewiesen werden können 7 . Martens bejaht diese Frage wegen des anderen Bestellungsverfahrens bei dem es i m Gegensatz zur Montanmitbestimmung keine Sperrminorität der Arbeitnehmerseite gibt. Er sieht nämlich den Grund für die Unzulässigkeit der Zuweisung anderer Ressorts an den Arbeitsdirektor nach dem MontanmitbestG allein i n dessen besonderer Legitimationsbasis. Wegen des Entscheidungsprimats der A r beitnehmervertreter bei seiner Bestellung sei die Beschränkung der Zuständigkeit eine notwendige Konsequenz, weil sonst der Arbeitsdirektor mit Organbefugnissen betraut würde, über deren personalpolitische Voraussetzung der Aufsichtsrat i n seiner Gesamtheit zuständig ist. Da dieses Legitimationsproblem für das MitbestG wegen des einheitlichen Bestellungsverfahrens für alle Vorstandsmitglieder nicht bestehe, fehle auch der Grund für eine Beschränkung der Ressortzuständigkeit der Arbeitsdirektors. Entgegen der Auffassung von Martens handelt es sich bei der Frage der Beschränkung der Ressortzuständigkeit des Arbeitsdirektors aber jedenfalls nicht primär um ein Legitimationsproblem. Die Frage der Legitimation des Arbeitsdirektors nach dem MontanmitbestG zur Führung auch anderer Ressorts w i r d bereits dadurch relativiert, daß der Erlaß einer entsprechenden Geschäftsordnung durch den Aufsichtsrat nur m i t Zustimmung zum mindesten des von beiden Seiten legitimierten Neutralen möglich wäre. Zusätzlich w i r d die Bedeutung des Legitimationsproblems noch dadurch abgeschwächt, daß nach allgemeinen aktien7 So Martens, A G 1976, S. 116 f.; ablehnend der Verfasser Lewerenz, A u R 1976, S. 368.
auch i n Reich /
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§ 4. Sonstige Leistungsklagen
rechtlichen Grundsätzen jedem anderen Vorstandsmitglied das Recht zusteht, auch Angelegenheiten aus der Zuständigkeit des Arbeitsdirektors vor den Gesamtvorstand zu bringen und damit einer verbindlichen Kollektiventscheidung zu unterwerfen 8 . Eigentlicher Grund für die Beschränkung des Arbeitsdirektors auf den Personal- und Sozialbereich ist nach richtiger Auffassung vielmehr die m i t der Schaffung dieser Institution Gesetz gewordene Wertung, daß dieser Bereich bei Unternehmen der dem Gesetz unterfallenden Größenordnung eine solche Bedeutung zukommt, daß für i h n die ausschließliche Zuständigkeit einer Person auf der Führungsebene erforderlich ist 9 . Hierdurch soll sichergestellt werden, daß die sozialen und personellen Fragen m i t hinreichender Intensität bearbeitet werden können und daß den Arbeitnehmervertretern i m Aufsichtsrat ein kompetenter Ansprechpartner für diesen sie besonders berührenden Problembereich zur Verfügung steht. Durch die Möglichkeit der Zuweisung anderer Geschäftsführungsbereiche würde diese Zielsetzung aber i n Frage gestellt. Insoweit entspricht die Wertungsgrundlage des MontanmitbestG aber völlig der des MitbestG, so daß auch die entsprechenden Einschränkungen hier Platz greifen müssen. Auch dem Arbeitsdirektor nach dem MitbestG dürfen neben seiner Zuständigkeit für das Personal- und Sozialressort keine weiteren A u f gaben zugewiesen werden. 2. Klagebefugnis
Zur Verteidigung dieser zwingenden Kompetenzverteilung gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen bietet sich auf den ersten Blick eine Zuständigkeit des Arbeitsdirektors selbst an. Eine genauere Analyse zeigt jedoch, daß die dafür erforderliche Rechtsmacht ausschließlich bei der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat anzusiedeln ist. Eigene i m Wege einer Klage durchsetzbare subjektive Rechte von Organen oder Teilorganen einer Körperschaft an ihren Kompetenzen kommen nach der hier vertretenen Konzeption nur dann i n Betracht, wenn nicht andere Organe existieren, die — unter Berücksichtigung der durch die Kompetenzverteilung geschützten Interessen — zur Entscheidung über die Kompetenzverletzung legitimerweise zuständig sind und außerdem die insoweit erforderliche Rechtsmacht besitzen. Die organisationsrechtliche Verselbständigung des Arbeitsdirektors gegenüber dem Gesamtvorstand dient, wie bereits dargestellt, ganz spe8 Vgl. Mertens, i n Kölner Komm., § 77 Rn. 15; eine Grenze stellt dabei n a t ü r lich die rechtsmißbräuchliche Umgehung der gesetzlichen Kompetenzabgrenzung dar. 9 Vgl. Müller / Lehmann, § 13 Anm. 7; der Verfasser i n Reich / Lewerenz, i n A u R 1976, S. 368.
V. Rechtsstreitigkeiten u m Kompetenzen des A r b e i t s d i r e k t o r s 1 4 3
zifisch Arbeitnehmerinteressen. Es bietet sich deshalb an, eine Zuständigkeit der Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat für die Verteidigung der Kompetenzen des Arbeitsdirektors gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen anzunehmen. Diese Zuständigkeit erscheint als eine notwendige Ergänzung ihrer Beteiligungsrechte bei der personellen Auswahl des Arbeitsdirektors, die beim MontanMitbestG mit der Sperrminorität bei der Bestellung und Abberufung gemäß § 13 Abs. 1 besonders ausgeprägt sind. Da die Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat keine Mehrheitsbeschlüsse des Aufsichtsrats durchsetzen können, muß ihnen die Rechtsmacht eingeräumt werden, i m Wege eine Klage eine der gesetzlichen Kompetenzverteilung entsprechende Geschäftsverteilung i m Vorstand durchsetzen zu können. Z u klären bleibt, welcher Anzahl von Arbeitnehmervertretern die entsprechende Klagebefugnis zustehen soll. I n Anbetracht der Zurückhaltung, die der Gesetzgeber gegenüber Einzelbefugnissen von Aufsichtsratsmitgliedern zeigt, erscheint es bedenklich, jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied für klagebefugt zu halten. Die Klagebefugnis nur sämtlichen Arbeitnehmervertretern gemeinsam zuzugestehen, würde andererseits eine unverhältnismäßige Erschwerung der Durchsetzung einer dem Gesetz entsprechenden Kompetenzverteilung i m Vorstand bedeuten. I n Anlehnung an die Regelung für die Bestellung und Abberufung i n § 13 Abs. 1 MontanMitbestG erscheint eine Klagebefugnis der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter am ehesten gesetzeskonform. Entsprechendes ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte i m MitbestG auch für dessen Geltungsbereich anzunehmen. Hinsichtlich der Klageart kommt bei einer gesetzwidrig die Kompetenzen beeinträchtigenden Geschäftsordnung eine Klage gegen die Gesellschaft vertreten durch den Vorstand auf Feststellung i n Betracht, daß die Geschäftsordnung insoweit nichtig ist. Praktisch relevant dürfte weiterhin die Möglichkeit einer Unterlassungsklage gegen den Arbeitsdirektor wegen eines Tätigwerdens außerhalb seines Ressorts und gegen andere Vorstandsmitglieder wegen eines rechtswidrigen Eingriffs i n den Kompetenzbereich des Arbeitsdirektors sein.
§ 5· Vollstreckbarkeit und Kosten I. Vollstreckbarkeit W i r sind zu dem Ergebnis gekommen, daß i n einer Reihe von Fällen eine Leistungsklage gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder auf Erfüllung bestimmter Organpflichten zulässig ist. Für die praktische Bedeutung dieser Klagemöglichkeit ist wesentlich, ob die Urteile auch vollstreckbar sind. Schmidt 1 und Schlegelberger / Quassowski 2 sind der Auffassung, die Vollstreckbarkeit sei gemäß § 888 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, soweit der Titel auf die Pflicht zur Vornahme oder Unterlassung einer unvertretbaren Handlung gerichtet ist. Gegen diese Auffassung spricht bereits, daß das begehrte Verhalten i n einer Reihe von Fällen wie ζ. B. bei den Berichtspflichten des Vorstandes gemäß § 90 A k t G i m Wege eines Zwangsgeldverfahrens gemäß § 407 Abs. 1 A k t G i. V. m. §§ 132 ff. FGG erzwungen werden kann. Bei der Zulässigkeit der Zwangsmittel gemäß 407 Abs. 1 A k t G erscheint es naheliegend, daß dann auch eine Vollstreckung gemäß § 888 Abs. 1 ZPO jedenfalls i m Wege der Festsetzung von Zwangsgeld zulässig ist 3 . Für sich allein genommen würde dieser Gesichtspunkt aber nicht ausreichen, um die Vollstreckbarkeit entgegen § 888 Abs. 2 A k t G schlüssig zu begründen. Denn es muß berücksichtigt werden, daß das Zwangsgeldverfahren gemäß § 407 A k t G primär i m öffentlichen Interesse geschaffen worden ist. Ein Ausschluß der Zwangsvollstreckung gemäß § 888 Abs. 2 ZPO ist aber auch deshalb abzulehnen, weil es sich bei den Organpflichten der Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder nicht um Pflichten aus einem Dienstverhältnis i m Sinne von § 888 Abs. 2 ZPO handelt. Der Ausschluß der Zwangsvollstreckung bei Pflichten aus Dienstverhältnissen gemäß § 888 Abs. 2 ZPO erfolgte m i t der Begründung, es sei m i t dem Grundsatz der persönlichen Freiheit des einzelnen nicht vereinbar, daß der Dienstverpflichtete von dem Dienstherrn, zu dem er sich bereits m i t dem Abschluß des Dienstvertrages i n ein persönliches und 1
Schmidt, i n Großkomm., 2. Auflage, § 74 A k t G 1937 A n m . 4 a. Schlegelberger / Quassowski, § 74 A k t G 1937 A n m . 7. 3 So auch Baumbach / Hueck, § 170 A n m . 4 und bereits ebenso Hirsch, 95, S. 86 f. 2
ZHR
I I . Kosten
145
wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis begeben hat, zu der Dienstleistung m i t Vollstreckungsmaßnahmen gezwungen werden könnte 4 . Diese sozialpolitischen Bedenken bestehen i m Verhältnis Aktiengesellschaft und Vorstand bzw. Aufsichtsratsmitglied aber nicht. Bei beiden fehlt das sonst für Dienstverhältnisse typische umfassende Abhängigkeitsverhältnis. Ein weiterer Grund dafür, die Anwendbarkeit des § 888 Abs. 2 ZPO auf die Vollstreckbarkeit der Organpflichten der Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder abzulehnen, ergibt sich daraus, daß Grundlagen dieser Pflichten nicht primär der Dienstvertrag, sondern das organschaftliche Bestellungsverhältnis ist 5 . Wesentlich für ihre organschaftliche Stellung ist nicht die Eingehung eines Dienstvertrages, sondern die Eingliederung i n die Organisation als Teil des Gesamtgefüges der Aktengesellschaft durch Annahme der Bestellung. Wegen dieses Unterschiedes erscheint es gerechtfertigt, für diesen Bereich i m Gegensatz zum Dienstvertragsrecht eine Vollstreckbarkeit nicht wegen § 888 Abs. 2 ZPO abzulehnen. I I . Kosten
Gemäß § 91 ZPO gehen i m Zivilprozeß die Kosten zu Lasten der unterliegenden Partei. Wenn die Gesellschaft vertreten durch den Aufsichtsrat gegen Vorstandsmitglieder auf Vornahme oder Unterlassen einer Organhandlung klagt und dabei unterliegt, so trägt sie, unterliegen die Vorstandsmitglieder, so tragen diese die Kosten. Klagen Aufsichtsratsmitglieder gegeneinander, so sind es immer Organmitglieder, die die Kosten tragen. Daß Organmitglieder die Kosten aus Rechtsstreitigkeiten um Organpflichten bei ihrem Unterliegen selbst tragen müssen, gibt Anlaß zu Bedenken. Sie werden bei solchen Prozessen i n der Regel der Auffassung sein, daß sie sich zu Recht der Forderung der anderen Organmitglieder widersetzen und ihre Weigerung i m Interesse der Gesellschaft erforderlich ist. Dieser Tatsache ist deshalb dadurch Rechnung zu tragen, daß man ihnen hinsichtlich der Prozeßkosten i m Falle des Unterliegens einen Aufwendung s er satzanspruch zugestehen muß, wenn ihr Verhalten nicht als ein Pflichtverstoß anzusehen ist 1 . Es ist darüber hinaus zu erwägen, ob nicht bereits de lege lata bei solchen Organstreitigkeiten die Gesellschaft grundsätzlich auch Kostenschuldner für die Kosten etwa unterliegender Organmitglieder ist. 4
Vgl. Kröger, S. 14. Das betont auch Hirsch, Z H R 95, S. 86. 1 Ä h n l i c h Baumbach / Hueck, § 245 A n m . 5 für Anfechtungsklagen des V o r standes gegen Hauptversammlungsbeschlüsse. 5
10 Lewerenz
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§ 5. Vollstreckbarkeit und Kosten
Godin / Wilhelmi 2 nehmen bei der Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses durch den Vorstand gemäß § 245 A k t G an, daß die Gesellschaft auch bei Abweisung der Klage Kostenschuldnerin sei. Für diese Auffassung spricht, daß bei einer Anfechtung durch den Vorstand dieser als Organ Partei ist und über die Prozeßführung durch Mehrheitsbeschluß entschieden wird. Eine Veränderung der Zusammensetzung des Vorstandes hat auf den Prozeß keinen unmittelbaren Einfluß. Der Vorstand als Organ kann aber nicht Kostenschuldner sein, da er kein eigenes Vermögen besitzt. Er würde andererseits aber einen Widerspruch darstellen, wenn zwar der Gesamtvorstand als Partei i n dem Rechtsstreit anzusehen ist, aber nur die die Klage unterstützenden Vorstandsmitglieder Kostenschuldner wären. Bei der gesetzlichen Konstruktion i n § 245 Ziff. 4 A k t G m i t dem Vorstand als Klagebefugtem erscheint es deshalb gerechtfertigt, als Folge dieser Regelung eine allgemeine Kostenpflicht der Gesellschaft anzunehmen, obwohl dies zu den Grundsätzen des zivilprozessualen Kostenrechts i m Gegensatz steht. Dieses Ergebnis ist eine Folge der Tatsache, daß w i r es hier materiell m i t einem Insichprozeß zu t u n haben und der Gesetzgeber nur durch die Konstruktion des Vorstandes als Partei vermieden hat, daß die Gesellschaft i m Prozeß zugleich als Klägerin und Beklagte auftreten muß 3 . Auch die i n dieser Untersuchung behandelten Organstreitigkeiten sind materiell Insichprozesse, da die Organmitglieder als Teile der Gesamtorganisation verklagt werden. W i r sind aber zu dem Ergebnis gekommen, daß i n keinem Fall ein Gesamtorgan Partei ist, da § 245 Ziff. 4 A k t G hier nicht entsprechend angewandt werden kann 4 . Da immer nur einzelne Organmitglieder Partei sind, ist die Problemlage eine andere als i m Falle des § 245 Ziff. 4 AktG. Es erscheint deshalb nicht möglich, ohne sonstige gesetzliche Anhaltspunkte hier eine grundsätzliche Kostentragungspflicht der Gesellschaft anzunehmen. Es bleibt damit de-legelata bei einem Aufrundungsersatzanspruch der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft.
2 Godin / Wilhelmi, § 245 A n m . 5; einschränkend Baumbach / Hueck, § 245 Rdn. 6, die n u r eine k u m u l a t i v e Haftung der Gesellschaft gegenüber der Gerichtskasse annehmen. 3 Vgl. Godin / Wilhelmi, § 245 A n m . 5. 4 Vgl. oben § 3 I I I , 2, d.
§ 6. Ergebnis der Untersuchung I . Zusammenfassung
Als Ergebnis der Untersuchung ist festzustellen, daß i m Aktienrecht i n einer ganzen Reihe von Fällen Leistungsklagen zur Durchsetzung von Organkompetenzen zulässig sind. Bei den Informationsrechten aus § 90 AktG ist zwischen Gesamtbefugnissen des Aufsichtsrats und Einzelbefugnissen von Aufsichtsratsmitgliedern zu unterscheiden. Der Gesamtaufsichtsrat kann seine Rechte aus § 90 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 A k t G gemäß § 112 A k t G durch eine Klage i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder durchsetzen. Eine solche Klagemöglichkeit ist zur Verwirklichung des Gewaltenteilungsprinzips i n der gesetzlichen Organisation der Aktiengesellschaft erforderlich und steht zur Leistungsfunktion des Vorstandes nicht i m Widerspruch. Den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern steht hinsichtlich ihrer Kompetenzen aus § 90 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 A k t G ein eigenes subjektives Recht gegenüber den Vorstandsmitgliedern bzw. dem A u f sichtsrats Vorsitzenden zu. Grundlage dieses subjektiven Rechts ist die gewaltenteilige Organisation der Aktiengesellschaft, die die Zuweisung solcher Rechte erforderlich macht, soweit nicht durch andere Sanktionen die Aufrechterhaltung der Organisationsstruktur gewährleistet ist. Weitere organisationsrechtliche Pflichten, die der Aufsichtsrat gemäß § 112 A k t G im Namen der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern durchsetzen kann, sind die Pflicht des Vorstandes zur Duldung von Prüfungsmaßnahmen des A u f sichtsrats gemäß § 111 Abs. 2 AktG, die Pflicht zur Aufstellung der Jahresbilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung, des Geschäftsberichts und deren Vorlage an die Prüfer gemäß § 148 A k t G sowie nach erfolgter Prüfung die Vorlage dieser Unterlagen an den A u f sichtsrat gemäß § 170 AktG, die Pflicht zur Erstellung des A b hängigkeitsberichts gemäß § 312 A k t G und seine Vorlage samt Bericht der Prüfer an den A u f sichtsrat gemäß § 314 A k t G und die Erstellung des Konzernabschlusses und des Konzernberichts und deren Vorlage zusammen m i t dem Bericht der Prüfer gemäß §§ 329, 330, 337 Abs. 1 AktG. Eine Klage des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen die Vorstandsmitglieder auf Vornahme bzw. Unterlassen von unternehmerischer Leistungsmaßnahmen ist nur i m Rahmen von § 111 Abs. 4 Satz 2 10·
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§ 6. Ergebnis der Untersuchung
und § 119 Abs. 2 A k t G möglich. I n diesen Fällen steht dem A u f sichtsrat bzw. der Hauptversammlung eine partielle Geschäftsführungskompetenz zu, die i m Wege einer Leistungsklage des Aufsichtsrats durchgesetzt werden kann. Darüber hinaus sind Klagen des Aufsichtsrats i m Namen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder auch dann nicht zulässig, wenn der Vorstand sich pflichtwidrig verhalten w i l l . Der Grundsatz, daß der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung leitet, schließt solche Klagen aus. Nach allgemeinen Grundsätzen ist eine Klage der Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, gegen Vorstandsmitglieder allerdings möglich, wenn es sich um die Geltendmachung von Ansprüchen handelt, die ein Verhalten zum Gegenstand haben, das nicht i m Zusammenhang mit der Ausübung der Organfunktion der Vorstandsmitglieder steht. Einzelne Aufsichtsratsmitglieder können außer i n dem bereits genannten Fall des § 90 Abs. 3 Satz 2 A k t G aus eigenem Recht gegen die Vorstandsmitglieder noch ihre Rechte aus § 125 Abs. 3 und Abs. 4 A k t G i m Zusammenhang m i t der Einberufung der Hauptversammlung und der Mitteilung ihrer Ergebnisse i m Wege einer Klage durchsetzen. Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann aber i n keinem Fall aus eigener Rechtsmacht eine Kompetenz gegenüber dem Vorstand durchsetzen. Gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden kann ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied sein Recht auf Kenntnisnahme und Aushändigung unterschiedlicher Berichte gerichtlich geltend machen, §§ 90 Abs. 5 AktG, 163 Abs. 5 Satz 8 und 9, 170 Abs. 3 Satz 1 und 2, 314 Abs. 1 Satz 2 und 3 und 337 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG. Außerdem kann es gegen den A u f sichtsratsvorsitzenden auf Aushändigung von Aufsichtsrats- und Ausschußprotokollen und auf Einladung und Zulassung zu den Aufsichtsratssitzungen klagen. Klagen des Vorstandes gegen Aufsichtsratsmitglieder auf Ausübung von Organfunktionen sind grundsätzlich nicht möglich. Die Aufsichtsratsmitglieder werden durch die sie bestellenden Wahlkörper kontrolliert, indem sie jederzeit abberufen werden können. Der Vorstand kann aber Aufsichtsratsmitglieder bei Vorliegen eines entsprechenden Anspruchs der Gesellschaft auf Vornahme oder Unterlassen von Maßnahmen verklagen, die nicht die Ausübung einer Organfunktion beinhalten. Innerhalb des Vorstandes als grundsätzlich homogenem Leitungsorgan sind keine Rechtsstreitigkeiten um Kompetenzen möglich. Etwas anderes gilt nur für den Arbeitsdirektor nach dem Montanmitbestimmungsgesetz und nach dem Mitbestimmungsgesetz vom 8. Mai 1976. Die dem Arbeitsdirektor zwingend zugewiesenen Kompetenzen können i m
I I . Überlegungen de lege ferenda
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Wege einer zivilprozessualen Klage durch die Mehrheit der Arbeitnehmervertreter i m Aufsichtsrat gegen Beeinträchtigungen verteidigt werden. Die Kosten der hier für zulässig gehaltenen Organstreitigkeiten trägt de lege lata entsprechend der allgemeinen Regelung die unterliegende Partei. Soweit es sich dabei um Organmitglieder handelt, steht diesem gegen die Gesellschaft ein Aufwendungsersatzanspruch zu, wenn die Durchführung des Rechtsstreits für sie keine Pflichtverletzung darstellt. Urteile gegen die Organmitglieder sind entgegen § 888 Abs. 2 ZPO immer vollstreckbar, da die Organstreitigkeiten keine Pflichten aus einem Dienstvertrag i m Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand haben. I I . Überlegungen de lege ferenda Ergebnis der vorangegangenen Untersuchung ist, daß bereits nach geltedem Recht alle wesentlichen Streitigkeiten zwischen Organen und Organmitgliedern der Aktiengesellschaft um organschaftliche Kompetenzen einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden können. Es hat sich jedoch gezeigt, daß dabei erhebliche dogmatische Schwierigkeiten auftreten. Dies gilt jedenfalls für Streitigkeiten innerhalb des Aufsichtsrats und zwischen einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern und dem Vorstand, da hier eine Geltendmachung der i m Streit befindlichen Kompetenzen i m Namen der Gesellschaft nicht möglich ist. Die Lösung erfolgte i m Wege der Annahme eigener subjektiver Rechte der Organmitglieder an ihren Kompetenzen. Die entwickelte Lösung weist hinsichtlich ihrer Praktikabilität aber gewisse Schwächen auf. Einmal ist das zivilprozessuale Verfahren m i t seinem Instanzenzug sehr langwierig. Gerade Streitigkeiten innerhalb einer i m Wirtschaftsprozeß stehenden Aktiengesellschaft bedürfen einer möglichst schnellen Klärung, u m Schäden zu vermeiden oder wenigstens gering zu halten. Auch hinsichtlich der Kostenverteilung ist der zivilprozessuale Weg für die Organstreitigkeiten nicht immer angemessen. Da die Organmitglieder die Rechtsstreitigkeiten letztlich i m Interesse der Gesellschaft austragen, erscheint es interessengemäß, wenn diese auch die Kosten zu tragen hat. Bei dem hier entwickelten Weg ist dieses Ziel aber erst über den Umweg eines Kostenerstattungsanspruchs gegen die Gesellschaft zu erreichen. Daß das zivilprozessuale Verfahren der Interessenlage bei aktienrechtlichen Streitigkeiten i n vielen Fällen nicht gerecht wird, hat bereits i m geltenden Recht seinen Niederschlag gefunden. Das Aktiengesetz vom 6. September 1965 schreibt für eine Reihe solcher Streitigkeiten deshalb zwingend ein besonderes Verfahren nach dem Gesetz über die Frei-
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§ 6. Ergebnis der Untersuchung
willige Gerichtsbarkeit vor 1 . Es geht dabei um fünf verschiedene Gruppen von Streitigkeiten: 1. Streit über die für die Zusammensetzung des A u f sichtsrats geltenden Gesetzesbestimmungen (§§ 98, 99 AktG); 2. Streit, ob einem Aktionär eine i n der Hauptversammlung verlangte Auskunft, die der Vorstand verweigert hat, gegeben werden muß (§ 132 AktG); 3. Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gesellschaft und ihren A b schlußprüfern über die Auslegung der Bestimmungen über den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht (§ 169 AktG); 4. Einwendungen der Gesellschaft oder von Aktionärsgruppen gegen die abschließende Feststellung der zur Uberprüfung behaupteter Unterbewertungen i m Jahresabschluß oder unzureichender Angaben i m Geschäftsbericht eingesetzten Sonderprüfer (§ 260 AktG); und schließlich 5. Fortsetzung des Ausgleichs und/oder der Abfindung außenstehender Aktionäre bei Gewinnabführungs- und/oder Beherrschungsverträgen (§§ 304 bis 306 AktG, vgl. weiterhin §§ 320 Abs. 5, 375, 388 AktG, §§ 13, 30 bis 39 U m w G i n der Neufassung durch § 39 EGAktG). M i t der Verweisung dieser Streitigkeiten an die Freiwillige Gerichtsbarkeit ist der Gesetzgeber i m Aktiengesetz von 1965 einen neuen Weg gegangen. Zuvor gab es eine vergleichbare Regelung nur für die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vorstand und den Abschlußprüfern, die i n den §§ 27 bis 32 der 1. DfVO zum Aktiengesetz 1937 eingeführt worden war. Es ist zu prüfen, ob es delege ferenda nicht anstrebenswert ist, das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bei aktienrechtlichen Streitigkeiten auch auf die hier untersuchten Organstreitigkeiten auszudehnen. Das Verfahren gemäß § 99 A k t G weist eine Reihe von wesentlichen Unterschieden gegenüber einem zivilprozessualen Verfahren auf. Entsprechend den Grundsätzen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit hat das Gericht die maßgebenden Verhältnisse von Amts wegen aufzuklären und i h m erforderlich erscheinende Beweise zu erheben. Es darf der Entscheidung auch Tatsachen zugrunde legen, welche die Beteiligten nicht vorgetragen haben. Eine Entscheidung durch Anerkenntnis- oder Versäumnis-Urteil ist ausgeschlossen2. Eine Beschränkung der Stellung der Parteien erscheint auch für die hier untersuchten Organstreitigkeiten sinnvoll. Das ergibt sich einmal 1 Eine zusammenfassende Darstellung gibt v. Falkenhausen, i n A G 1967, S. 309 ff. 2 A u f diese Unterschiede w i r d i n der Begründung zu § 96 RefE hingewiesen, der dem § 99 A k t G entspricht; vgl. Begründung zu § 96 RefE bei Kropff, S. 133.
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aus dem öffentlichen Interesse an einem der gesetzlichen Kompetenzverteilung entsprechenden Verhalten der Organe der Aktiengesellschaft. Eine Ermittlung von Amts wegen kann sich auf das Verhältnis der Beteiligten zueinander nur entschärfend auswirken, was i m Interesse einer weiteren Zusammenarbeit innerhalb der Gesellschaft wünschenswert ist. Eine nicht sachdienliche Prozeßführung eines der Beteiligten würde eine Pflichtverletzung darstellen und könnte zu einem neuen Verfahren i n Gestalt einer Schadensersatzklage führen. Positiv ist auch zu werten, daß das Verfahren grundsätzlich nicht öffentlich ist 3 . Da es sich bei dem Streit um Interna einer i m Wirtschaftsleben stehenden Aktiengesellschaft handelt, ist die NichtÖffentlichkeit geeignet, Schäden für die Gesellschaft zu vermeiden. Ein weiterer deutlicher Vorteil des Verfahrens gemäß § 99 A k t G ist, daß der Instanzenzug verkürzt ist. I n erster Instanz entscheidet das Landgericht. Gegen diese Entscheidung findet nur eine sofortige Beschwerde statt. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen (§ 99 Abs. 3 Satz 1, 2 und 6 AktG). Diese Beschleunigung war für den Gesetzgeber ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Gestaltung des Verfahrens 4 . Sie ist nicht nur für die bereits i m Aktiengesetz geregelten Verfahren, sondern i n besonders starkem Maße gerade auch für die hier behandelten Organstreitigkeiten von Bedeutung. Den Organmitgliedern und auch der Aktiengesellschaft ist regelmäßig nicht damit gedient, wenn erst nach einem mehrjährigen Prozeß festgestellt wird, welches Verhalten der gesetzlichen Regelung entspricht. Dann w i r d i n der Regel der Streit, der der Klage zugrundeliegt, sich erledigt haben. Interessengemäß erscheint auch eine dem § 99 Abs. 6 Satz 8 A k t G entsprechende Kostenregelung. Danach ist grundsätzlich die Gesellschaft Schuldner der Kosten. Ähnlich wie i n § 99 Abs. 6 Satz 9 A k t G wäre eine Kostentragung eines Organmitglieds nur für den Fall vorzusehen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies w i r d regelmäßig insbesondere bei schuldhaften Pflichtverletzungen von beteiligten Organmitgliedern der Fall sein 5 . I n allen wesentlichen Punkten ergibt sich somit, daß eine Ausdehnung der bereits im Aktiengesetz vom 6. September 1965 enthaltenen FGGVerfahren auf die hier untersuchten Organstreitigkeiten zweckmäßig wäre. Es bleibt zu entscheiden, ob eine baldige gesetzliche Regelung der Klagen um die hier untersuchten Organkompetenzen zu fordern ist. 3 4 5
Vgl. Keidel / Winkler, § § 8 - 1 8 Vorb. 7. Vgl. Begründung zu § 132 RegE bei Kropff, S. 189. Vgl. Meyer-Landrut, i n Großkomm., 3. Auflage, § 99 A n m . 8.
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Soweit es sich u m die Rechtsstellung einzelner Aufsichtsratsmitglieder gegenüber dem Vorstand und innerhalb des Aufsichtsrats handelt, erscheint es besonders dringlich, die entsprechenden Klagemöglichkeiten durch eine Novellierung des Aktiengesetzes zu regeln. Für sie besteht wegen der erheblichen dogmatischen Schwierigkeiten und wegen der sonst kaum gegebenen Sanktionsmöglichkeiten de lege lata das größte praktische Bedürfnis. Dies gilt insbesondere für Arbeitnehmervertreter i n den Aufsichtsräten mitbestimmter Gesellschaften. Für das Mitbestimmungsgesetz vom 8. M a i 1976e ist i n diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die Fraktion der Arbeitnehmervertreter wegen des „Stichentscheids" des Aufsichtsratsvorsitzenden gemäß § 29 Abs. 2 MitbestG, der gemäß § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG letzlich allein von der Arbeitgeberseite abhängig ist, keine wirksamen innerkörperschaftlichen Durchsetzungsmöglichkeiten gegeben ist. Bei Streitigkeiten um Kompetenzen des Gesamtaufsichtsrats gegenüber dem Vorstand stehen immerhin recht wirksame Sanktionen zur Verfügung. Auch sind die entsprechenden Klagemöglichkeiten i m Rahmen von § 112 A k t G dogmatisch einfacher zu begründen. Trotzdem besteht auch hier ein starkes Bedürfnis für eine praktikablere Ausgestaltung des Verfahrens. Dieses grundsätzliche Bedürfnis kann praktisch durch die Ausweitung der Mitbestimmung durch das Mitbestimmungsgesetz vom 8. M a i 1976 an Bedeutung gewinnen, da trotz der nur nominellen Parität, die insbesondere i m „Stichentscheid" des Aufsichtsratsvorsitzenden bei Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder gemäß § 31 Abs. 4 MitbestG und bei sonstigen Abstimmungen gemäß § 29 Abs. 2 MitbestG deutlich wird, eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, daß die Pluralisierung der Unternehmensorgane zunehmen wird. Bei realistischer Betrachtung muß allerdings die Wahrscheinlichkeit, daß der Gesetzgeber i n diesem Bereich tatsächlich regelnd tätig werden wird, als gering bezeichnet werden. Wie bereits mehrfach hervorgehoben, erhält die gerichtliche Durchsetzbarkeit von Organkompetenzen ihre eigentliche rechtspolitische Bedeutung durch die institutionelle M i t bestimmung auf Unternehmensebene. Gesetzgeberische Maßnahmen i n diesem Bereich zeichnen sich aber bisher insbesondere dadurch aus, daß auch notwendige Detailregelungen regelmäßig fehlen 7 .
6
7
B G B l . I S. 1153.
Vgl. dazu ζ. B. Raiser , Th., in BB 1976, S. 145 ff. und Naendrup, in
BIStSozArbR 1976, S. 168 ff.
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