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German Pages [808] Year 2005
Gerhard von Scharnhorst Private und dienstliche Schriften Band 3
VERÖFFENTLICHUNGEN AUS DEN ARCHIVEN PREUSSISCHER KULTURBESITZ
Herausgegeben von Jürgen Kloosterhuis und Dieter Heckmann
Band 52,3
Preußens Heer empfängt ihn den 1. Mai 1801" Relief vom Grabdenkmal Scharnhorsts auf dem Invalidenfriedhof in Berlin. Der Fries mit seinen Lebensstationen wurde nach Entwürfen Karl Friedrich Schinkels (1781-1841) von Christian Friedrich Tieck (1776-1851) ausgeführt und 1833 vollendet.
Gerhard von Scharnhorst Private und dienstliche Schriften Band 3 Lehrer, Artillerist, Wegbereiter (Preußen 1801 - 1804)
Herausgegeben von
Johannes Klinisch in Verbindung mit
Michael Sikora Bearbeitet von
Tilman Stieve
§ 2005 B Ö H L A U VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Die Drucklegung wurde durch Mittel der Dr. Helmuth Leusch-Stiftung ermöglicht.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2005 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Ursulaplatz 1, D-50668 Köln Tel. (0221) 91 39 00, Fax (0221) 91 39 011 [email protected] Alle Rechte vorbehalten
Satz: Punkt für Punkt GmbH, Düsseldorf Druck und Bindung: Druckerei Runge GmbH, Cloppenburg Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 3-412-25005-8
Inhalt Vorwort Einführende Bemerkungen Abkürzungen und Siglen Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
VII IX XIII XVII
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) 1. Privatbriefe und Dienstgeschäfte in chronologischer Folge
1
2. Divisionstaktik und Vorschläge zur Reorganisation der Artillerie
166
3. Scharnhorst in der militärischen Ausbildung a. Denkschriften und Vorträge zur Ausbildung
300
b. Unterricht an der Akademie für junge Offiziere
340
c. Artilleristische Ausbildung 4. Militärische Gesellschaft und Fachpublizistik
592 645
Anhang 1: Lebensläufe
705
Anhang 2: Glossar militärischer und ziviler Fachbegriffe
719
Personen- und Formationsindex
746
Ortsindex
763
Stückeverzeichnis
773
Vorwort Wie seit langem geplant war, ist es gelungen, rechtzeitig zur zweihunderfünfzigsten Wiederkehr des Geburtstages von Scharnhorst am 12. November und zugleich zum fünfzigsten Gründungsjubiläum der Bundeswehr einen weiteren Band der kritischen Edition des Scharnhorst-Nachlasses vorzulegen. Er umfaßt - wiederum in chronologischer Reihenfolge - die Zeit von 1801 bis 1804 und dokumentiert damit die privaten und dienstlichen Schriften aus den ersten Jahren in preußischen Diensten. Es ist die Zeit intensiver militärtheoretischer und heeresorganisatorischer Studien, die ihren Niederschlag nicht nur in seinen Unterrichtsveranstaltungen an der Berliner „Lehranstalt für junge Offiziere in den Militärwissenschaften" gefunden haben, sondern auch in zahlreichen Denkschriften, die er zur Reform und Modernisierung der preußischen Armee verfaßt hat. Die Einrichtung der in diesem Band veröffentlichten Texte erfolgte nach den im ersten Band dargelegten Richtlinien. Nach der langjährigen Förderung der Scharnhorst-Ausgabe durch das Bundesministerium der Verteidigung, vertreten durch das Militärgeschichtliche Forschungsamt Potsdam, bedurfte es eines Neubeginns. Als Helfer in der Not erwies sich die Gerda Henkel-Stiftung Düsseldorf. Sie hat einen namhaften Betrag zur Verfügung gestellt, mit dem die Weiterführung der Edition durch Herrn Dr. Tilman Stieve ermöglicht wurde. Es dürfte nach den Prioritäten heutiger Wissenschaftsförderung eine rühmenswerte Ausnahme sein, daß hier ein Editionsvorhaben und noch dazu eines mit einem militärgeschichtlichen Hintergrund die Unterstützung einer für die Geisteswissenschaften maßgeblichen Stiftung gefunden hat. Insofern gebührt der Gerda Henkel-Stiftung der Dank des Geheimen Staatsarchivs Berlin-Dahlem, des Böhlau-Verlages Köln, des Bearbeiters und des hier unterzeichnenden Herausgebers. Herr Dr. Stieve hat - beraten und unterstützt durch Herrn Privatdozent Dr. Michael Sikora die Hauptlast der Editionstätigkeit getragen und die Drucklegung dieses Bandes von den Archivrecherchen über die Datenerfassung bis zur Kommentierung der Texte begleitet. Sein Bestreben war es wiederum, die archivalische Uberlieferung so vollständig wie möglich zu erfassen und undatierte Dokumente in neue Zusammenhänge einzuordnen. Dabei hat sich als unumgänglich erwiesen, daß der Abschluß der Gesamtedition ein Nachtrags- und Ergänzungsband bilden muß, in dem neue Funde, neue Zuweisungen und auch einige Korrekturen dokumentiert werden können. So ist zu hoffen, daß sich auch in Zukunft Förderer finden werden, die sich für die Weiterführung und Vollendung dieses Editionsunternehmens zu engagieren bereit sind. Köln, im September 2005
Johannes Kunisch
Einführende Bemerkungen Just 250 Jahre nach der Geburt Gerhard Scharnhorsts kann die Edition seines handschriftlichen Nachlasses mit der Veröffentlichung des dritten Bandes fortgesetzt werden. Daß dieser Geburtstag in der politischen Öffentlichkeit der Gegenwart eine besondere Aufmerksamkeit genießt, verdankt er einem zweiten Jubiläum: Vor genau 50 Jahren ist er zum Anlaß genommen worden, mit der Ernennung ihrer ersten Soldaten die Bundeswehr zu gründen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund fügt sich das Buch somit als wissenschaftlicher Beitrag in die Reihe der Veranstaltungen und Publikationen, die in ganz unterschiedlicher Weise die Rezeptionsgeschichte Scharnhorsts, wie sie in der Einleitung zum ersten Band skizziert worden ist, beleben und fortschreiben. Gegenstand des vorliegenden Buches sind Scharnhorsts erste Jahre in Berlin, vom Eintritt in preußische Dienste im Frühjahr 1801 bis zur Versetzung in den Generalquartiermeisterstab im Frühjahr 1804. Er betrat damit den Wirkungskreis, dem er seinen späteren Ruhm zu verdanken hat. Erste Begegnungen mit Persönlichkeiten wie Dietrich von Bülow oder dem jungen Carl von Clausewitz, der selbst zu großer Bedeutung gelangte, weisen bereits auf die Zukunft voraus. Aber eben diese Zukunft war es auch, die die Jahre bis 1806, ähnlich wie Scharnhorsts Wirken in Kurhannover, weitgehend in den Schatten der öffentlichen und geschichtswissenschaftlichen Aufmerksamkeit gestellt hat. Im Lichte der späteren Reformen gelten die Jahre und Jahrzehnte vor 1806 als eine Zeit des Traditionalismus und Stillstands im preußischen Militär, beglaubigt durch die Niederlage von Jena und Auerstedt. Ihre Dunkelheit ließ die Ära der Reformen um so heller leuchten. Die Dokumente dieses Bandes erhellen damit eine Phase, die, wie immer man sie auch bewerten will, bisher trotz mancher Ansätze noch allzu sehr vernachlässigt worden ist. Und sie veranschaulichen, in welcher Weise auch in Preußen die neuen Entwicklungen der revolutionären Kriegführung rezipiert worden sind. Im Mittelpunkt all dessen stand Scharnhorst. Dieser Prozeß vollzog sich allerdings nicht ohne Einschränkungen und Widerstände. Beim Wechsel in die weit größere und im allgemeinen Urteil ruhmreichere preußische Armee sah sich Scharnhorst zunächst an eine Position gestellt, die in vielem an seine Hannoveraner Zeit vor 1793 erinnert. In den letzten Jahren in Kurhannover war er dagegen ein angesehener Offizier, der als Generalquartiermeister der Armee und enger Vertrauter des Grafen Wallmoden und des Herzogs von Cambridge starken Einfluß auf die Leitung und die Umstrukturierung aller Waffengattungen nehmen konnte. Nun, in Berlin, mußte er sich wieder auf den Unterricht junger Offiziere konzentrieren und sich auch wieder mit den Kleinigkeiten des Garnisonsalltags und den
χ
Einführende Bemerkungen
persönlichen Rivalitäten im Offizierkorps der Artillerie beschäftigen. Wie im Jahrzehnt vor dem ersten Koalitionskrieg bestand Scharnhorsts Haupttätigkeit bis 1804 im Lehramt und der Direktion eines neugegründeten Bildungsinstituts, der „Lehr-Anstalt für junge Infanterie- und Kavallerie-Offiziere in den militärischen Wissenschaften", der späteren „Akademie für junge Offiziere". Ein wesentlicher Zweck dieser Anstalt bestand in der Ausbildung und Selektion künftiger Generalstabsoffiziere, weshalb sie auch nicht dem Artilleriekorps, sondern dem Generalquartiermeister unterstand. Dieser Umstand verhalf Scharnhorst in eine für seine künftige Karriere aussichtsreiche Sonderstellung. Scharnhorst verfaßte in diesen Jahren eine Fülle teilweise sehr umfangreicher Denkschriften und Unterrichtstexte über die Artillerie und militärische Bildung im Speziellen und die Grundsätze der Kriegführung im Allgemeinen. Zum Teil führte er dabei Überlegungen weiter, die schon seit 1796 die Verhandlungen über seinen Wechsel nach Preußen begleitet hatten. Grundthema war die Verarbeitung der Lehren, die er aufgrund eigener Erfahrungen und der Auswertung mündlicher wie gedruckter Berichte aus den gerade beendeten ersten beiden Koalitionskriegen zog. Scharnhorst brachte sie auf den Nenner einer „neuen Fechtweise", gekennzeichnet durch ein neues Maß an Beweglichkeit und Flexibilität, geprägt vor allem durch das aufgelöste Tirailleurgefecht und das Zusammenwirken aller Waffengattungen in selbständig operierenden Divisionsverbänden. Als Artillerist folgerte er hieraus konkrete Vorschläge zur Vermehrung der preußischen reitenden Artillerie auf Kosten der schweren Geschütze. Artilleristische Themen durchzogen seine ganzen Aktivitäten und ziehen sich daher durch alle Kapitel des vorliegenden Buches. Scharnhorst setzte in Berlin auch seine Arbeit am „Handbuch der Artillerie" fort. Einige unveröffentlichte Vorstudien werden Bestandteil des nächsten Bandes sein. Besonders eingehend entfaltete er seine Einsichten aber im Rahmen seiner Lehrtätigkeit. Mehrere große Denkschriften und Vorträge über die Notwendigkeit und die Durchführung des Unterrichts in der Kriegskunst und den damit zusammenhängenden Wissenschaften, Aufzeichnungen aus seiner Unterrichtspraxis, vor allem aber mehrere erhaltene Vorlesungsmitschriften bilden den Schwerpunkt des vorliegenden Bandes und werden in seinem dritten Teil erstmals in vollem Umfang veröffentlicht. Sie dokumentieren nicht allein die didaktischen Anliegen Scharnhorsts. Sie bemühen sich zugleich um eine allgemeine Systematisierung insbesondere der Taktik und gehören damit zu den umfassendsten Reflexionen, die Scharnhorst hinterlassen hat. Unter quellenkritischen Gesichtspunkten ist allerdings zu berücksichtigen, daß sie nicht nur von Scharnhorsts Hand stammen und teilweise erst Jahre später angefertigt oder abschließend redigiert worden sind. Auch einige der Denkschriften sind nach dem Verlust der Originale im 2. Weltkrieg nur noch als späte Abschriften erhalten. Scharnhorst mußte sich in Berlin gegenüber vielem, was in Kurhannover machbar gewesen war, zurückgeworfen sehen. Das hannoversche Observationskorps hatte im Juni 1800 eine vorsichtig an Landesverhältnisse und tradi-
Einführende Bemerkungen
XI
tionelle Armeestruktur angepaßte Divisions- und Tirailleurtaktik im Manöver erprobt, nun mußte er seine Uberzeugungsarbeit von neuem beginnen. Viele führende preußische Generale hielten insbesondere Operationen in selbständigen Divisionen nicht nur für nutzlos, sondern für schädlich. Scharnhorst bemühte sich daher, über seine eigentlichen Dienstobliegenheiten hinaus für seine Auffassungen zu werben. Manche Denkschrift hat er anscheinend aus eigener Initiative nur zu dem Zweck geschrieben, einflußreichen Menschen jenseits der Dienstwege seine Ideen vorzustellen. An das militärische Fachpublikum wandte er sich mit dem in Hannover erscheinenden „Neuen militärischen Journal", das Scharnhorst von Berlin aus fortsetzte. Vor allem aber erwies sich die „Militärische Gesellschaft" oder, wie sie sich zunächst nannte, die „Gesellschaft der Kriegeswissenschaften" als ideales Forum. Sie hatte sich kurz nach Scharnhorsts Ubersiedlung ohne sein Zutun formiert; ihre Keimzelle bestand zunächst aus vier Hauptleuten vom Kadettenkorps und zwei zivilen Lehrern der Berliner militärischen Bildungsinstitute. Scharnhorst wurde aber bereits zur ersten formellen Sitzung am 2. Juli 1801 eingeladen und zum „Direktor" gewählt. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Militärische Gesellschaft zu einem Forum, in dem jüngere und ältere Offiziere verhältnismäßig formlos diskutieren und ihre eigenen Ideen vortragen konnten. Zum Erfolg der Gesellschaft und ihrem Ansehen im preußischen Offizierkorps trug neben dem hohen Standard ihres Diskurses nicht zuletzt bei, daß es schnell gelang, einen so prominenten General wie Ernst Philipp von Rüchel, den Generalinspekteur der Potsdamer Infanterieinspektion, als Präsidenten zu gewinnen. Zu den ersten 25 Mitgliedern zählten außerdem bereits ein Schwager und ein Onkel des Königs. In den ersten Jahren wirkte Scharnhorst gewissermaßen als Motor der Gesellschaft in Berlin. Auf ihren Sitzungen hielt er, vor allem bis 1803, mit Abstand mehr Vorträge als irgend ein anderes Mitglied. Ein großer Teil dieser Abhandlungen wurde in den „Denkwürdigkeiten der Militärischen Gesellschaft zu Berlin" abgedruckt und fällt daher aus dem Rahmen der Handschriftenedition; allerdings kann der vorliegende Band mit einigen bislang unveröffentlichten Vortragsmanuskripten das Gesamtbild der Aktivitäten Scharnhorsts in der Gesellschaft um wichtige Bestandteile vervollständigen. Durch die Aufnahme korrespondierender Mitglieder, die Herausgabe der „Denkwürdigkeiten" und die Auslobung von Preisaufgaben knüpfte die Gesellschaft allmählich ein Kommunikationsnetz, das aufgeschlossene, bildungsorientierte Offiziere aus dem ganzen Königreich miteinander verband. Gerade für Scharnhorsts weiteren Lebenslauf war es überdies von großer Bedeutung, daß sich in Potsdam ein zweiter Gesprächskreis der Militärischen Gesellschaft herausbildete, dem die meisten höheren Offiziere des Generalquartiermeisterstabs angehörten und der Scharnhorst Ende 1802 aufnahm. Im Frühjahr 1803 konnte er hier u. a. seine Konzeption der Offiziersausbildung zur Diskussion stellen. Gegenüber seinen vielfältigen militärischen Aktivitäten treten Scharnhorsts persönliche Lebensumstände weitgehend zurück. Aus der Zeit des Umzugs
XII
Einführende Bemerkungen
und der Eingewöhnung erlauben immerhin einige Notizen, Briefe und Quittungen ungewöhnliche Einsichten ins Alltägliche. Privatbriefe sind jedoch nur wenige erhalten; das Zusammenleben in Berlin erübrigte eine Korrespondenz mit Scharnhorsts Ehefrau und Kindern, die in anderen Lebensabschnitten doch so ergiebige Einsichten vermittelt. Die Briefwechsel mit seinen Geschwistern und Schwägern sind weitgehend verlorengegangen, und Scharnhorsts Briefe an seinen engen Freund Friedrich von der Decken sind erst ab Juli 1803, nach dessen eiliger Ubersiedlung nach England, überliefert. Selbst die privaten Wendepunkte dieser Jahre, die Nobilitierung im Dezember 1802 und der Tod Klara von Scharnhorsts am 12. Februar 1803, haben nur ganz am Rande Spuren hinterlassen. Daß überdies aber ein so gravierendes Ereignis wie die vorübergehende Präsenz einer preußischen Besatzungsarmee in seiner alten Heimat Kurhannover (1801) in den Schreiben nicht angesprochen wird, hängt wohl nicht nur mit den Zufällen der Uberlieferung zusammen. Den schon vorher in politischen Fragen recht zurückhaltenden Scharnhorst dürften die Unwägbarkeiten des noch sehr fremden Berliner Umfelds zu noch größerer Umsicht veranlaßt haben. Erst nach seiner Versetzung in den Generalstab sollte er diese Zurückhaltung nach und nach ablegen. Die Zusammensetzung der Uberlieferung spiegelt sich in der Komposition des vorliegenden Bandes. Es überwiegen Entwürfe und Aufzeichnungen, die nur selten datiert sind. Dadurch gewinnen die systematischen Abschnitte, in denen die Texte meist nur nach Sachzusammenhängen einander zugeordnet werden können, stark an Gewicht gegenüber der chronologischen Dokumentation. Zudem brachten es einige sehr umfangreiche Manuskripte mit sich, daß schon das Material für einen relativ kurzen Zeitraum einen eigenen Band erforderte. Da sich kein Kriterium anbot, diese Spanne von drei Jahren weiter zu untergliedern, andererseits aber die Abfolge der Lebensabschnitte als oberstes Gliederungsprinzip beibehalten werden sollte, umfaßt dieser Band formal gesehen nur ein Oberkapitel. In diesen drei Jahren vollzog sich freilich im Lebenslauf Scharnhorsts die entscheidende Transformation, und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen reiften seine Reflexionen über die militärische Praxis in dieser Phase äußerer Ruhe und intensiven Austausche zu einem umfassenden Modell dynamischer Kriegskunst, in deren Zentrum ein fachlich fundiertes Urteilsvermögen stehen sollte, das flexibel auf Zufälle, wechselnde Voraussetzungen und den ständigen Fortschritt der militärischen Taktik und Methoden eingehen konnte. Zum anderen kam Scharnhorst in Preußen an. Im Laufe dieser drei Jahre etablierte er sich fachlich, sozial und auch ständisch so weit, daß ihm in seiner neuen Heimat die Türen zu den Zentren der militärischen Führung offenstanden. Der vierte Band wird verfolgen, wie er sich in höchster Verantwortung zu bewähren hatte, zuerst in den letzten Jahren preußischer Neutralität, dann im Krieg. Tilman Stieve, Michael Sikora
Abkürzungen und Siglen
•' •Meile 7br. 8br. 9br. а. c. A° B. Bat., Batl., Battl. Batt., Battr. Bout. brit. bückeb. Centn, Ct., Ctr. Crt. d. DMGB d. Mts. do., d° dt. Ε. E., Ew. Ex. Ε. H., Ew. H. E. Hochf. Durchlaucht, Ew. Hochf. Durchlaucht Ε. К. H . Ε. К. M. Ew. Ew. G. F. f. F. Art. ff. fl. F.M.
Fuß Zoll Quadratfuß Quadratmeile September Oktober November anni currentis (des laufenden Jahres) Anno (im Jahre) Bataillon Bataillon Batterie Bouteille britisch bückeburgisch (schaumburg-lippisch) Zentner (Centner) Courant (Kurantmünze) 1. Pfennig (denarius); 2. ditto; 3. dieses (Monats) Denkwürdigkeiten der Militärischen Gesellschaft zu Berlin dieses Monats ditto deutsch Eure Exzellenz Eure Hoheit, Eurer Hoheit, Euer Hochwohlgeboren Eure Hochfürstliche Durchlaucht Eure Königliche Hoheit Eure Königliche Majestät Eure(n), Euer Eure Gnaden Fähnrich (bei Literaturangaben): und folgende Seite Fußartillerie (bei Literaturangaben): und folgende zwei Seiten Gulden (Florin) Feldmarschall
XIV fol. Frd., Frdor. frz. G. geb. gen. Genlt. gg·. ggrG.L. gl· G.M. G.Q.M. G.Q.M.L. G.Q.M.S., G.Q.M.St. G.R. Gr. gr· Gr. Bat. GStA GStA PK Η. h. hann. H.G.Q. holl. H.Q. HStAH H. V. I. K. H. Jg· K. k.,kgl. K. H. k.k. K.M. ко Komb. Komm.
и
L. Ld'or Leut. Lit. Louisd.
Abkürzungen und Siglen
folium (Blatt) Friedrichd'or französisch 1. General; 2. Graf geborene genannt Generalleutnant gute Groschen (Gutegroschen) Generalleutnant Groschen Generalmajor Generalquartiermeister Generalquartiermeisterleutnant Generalquartiermeisterstab Geheimrat Graf Groschen Grenadierbataillon Geheimes Staatsarchiv (bei Signaturen vor 1945) Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz 1. Herr; 2. Hauptmann; 3. Herzog hommes (in frz. Texten) hannoversch Hauptgeneralquartier holländisch Hauptquartier Hauptstaatsarchiv Hannover Herr Verfasser Ihre Königliche Hoheit Jäger Kapitän königlich Königliche Hoheit kaiserlich königlich (österreichisch) Kassenmünze Kabinettsorder Kombattanten Kommandant Pfund (libra) Lieutenant, Leutnant Louisd'or Leutnant littera (Buchstabe) Louisd'or
Abkürzungen und Siglen
Lt. M. m. g. H. mgr. Mr., Msr. Mrs. Msgr. N. B. ndl. NMJ N. S. O. OKK O.L. Pp., pp. p.C. P.M. poln. Pr. pr. praest. preuß. P.S. Q.M.L. R. r r. Art. Rat. Reg., Regt. rh., rt., Rthlr. russ. S. ß Sa S.D. Se. Se. Exz. Sek. S. Exc. S. K. H. S. Maj. Sr.
XV
Lieutenant 1. Major; 2. marechal; 3. monsieur; 4. Mann mein gnädiger Herr Mariengroschen monsieur messieurs monseigneur nota bene niederländisch Neues militärisches Journal Nachschrift Oberst Oberkriegskollegium Oberstleutnant per, pro und so weiter Prozent (pro cento) pro memoria (zur Erinnerung) bzw. Promemoria (Denkschrift, Eingabe) polnisch Prinz 1. pro; 2. Paar; 3. preußisch praesentatum (vorgelegt) preußisch post scriptum Quartiermeisterleutnant Regiment (bei Folienangaben): recto (Vorderseite) reitende Artillerie Ration Regiment Reichstaler russisch 1. Seite; 2. Schritt Summe Summa Seine Durchlaucht Seine Seine Exzellenz Sekunde Seine Exzellenz Seine Königliche Hoheit Seine Majestät Seiner
XVI Sr. D. Sr. Ex. Sr. Κ. Η. Sr. Maj. StadtAH th. u.d.g.m., u. dgl. m. und s. w. usw., u.s.w. ν vac., vak. verh. verw. v.J. v.M. westph. ζ. E.
Abkürzungen und Siglen
Seiner Durchlaucht Seiner Exzellenz Seiner Königlichen Hoheit Seiner Majestät Stadtarchiv Hannover Taler (Thaler) und dergleichen mehr und so weiter und so weiter (Bei Folienangaben): verso (Rückseite) vacat verheiratete verwitwete vorigen Jahres vorigen Monats (königlich) westphälisch zum Exempel
Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur Adreß-Kalender der Königlich Preußischen Haupt- und Residenz-Städte Berlin und Potsdam, besonders der daselbst befindlichen hohen und niederen Collegien, Instanzien und Expeditionen, auf das Jahr [1801-1806]. Mit Genehmigung der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin (1800-1805). Aus Rüchel's Nachlaß. Ein Beitrag zur Geschichte seiner Zeit, in: Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine 27 (1878), S. 181-214, 312-325. Georg Heinrich von Berenhorst: Betrachtungen über die Kriegskunst, über ihre Fortschritte, ihre Widersprüche und ihre Zuverlässigkeit, Leipzig 31827 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1978 (Bibliotheca Rerum Militarium, Bd. X X V I I I , 1)). Franz Bertram (Hrsg.): Aus der Korrespondenz des Generalleutnants v. Scharnhorst mit der Helwingschen Buchhandlung in Hannover, in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 77 (1910), S. 52-54. Hans Bleckwenn: Unter dem Preußen-Adler. Das brandenburg-preußische Heer 1640-1807, München 1978. Pierre-Joseph Bourcet: Memoires historiques sur la guerre en Allemagne depuis 1757 jusqu'en 1762, Paris 1792. Dietrich von Bülow: Geist des neuern Kriegssystems, Hamburg 1798. Dietrich von Bülow: Der Feldzug von 1800, militärisch-politisch betrachtet, Berlin 1801. David G. Chandler: The Campaigns of Napoleon, New York (4966).
4
1974
[Jakob de Cognazo]: Geständnisse eines österreichischer Veteranen in polit.militär. Hinsicht auf die interessantesten Verhältnisse zwischen Osterreich und Preußen während der Regierung des großen Königs der Preußen, Friedrichs des zweyten, mit historischen Anmerkungen gewidmet den kgl. preußischen Veteranen von dem Verf. des freymüthigen Beytrags zur Geschichte des österreichischen Militärdienstes, Breslau 1781-1791.
XVIII
Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
Pierre David: Histoire chronologique des operations de l'armee du Nord et de celle de Sambre-et-Meuse depuis germinal de l'an II jusqu'au meme mois de l'an III, tiree des livres d'ordre de ces deux armees par le citoyen David, Paris 1796. Johann Friedrich von der Decken: Betrachtung über das Verhältnis des Kriegsstandes zu dem Zwecke der Staaten, Hannover 1800 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1982 (Bibliotheca Rerum Militarium, Bd. XLVI)). Denkwürdigkeiten der Militärischen Gesellschaft zu Berlin, 5 Bde., Berlin 1802-1805. (Faksimilenachdruck Osnabrück 1985 (Bibliotheca Rerum Militarium XXXVII)). Deutsches Biographisches Archiv. Eine Kumulation aus 254 der wichtigsten biographischen Nachschlagewerke für den deutschen Bereich bis zum Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts, hrsg. von Bernhard Fabian, 1431 Mikrofiches und 2 Beilagen, München, New York, London und Paris 1982. Deutsches Geschlechterbuch, hrsg. von Bernard Koerner, 30. Band, Görlitz 1918. Augustin comte de l'Espinasse: Essai sur l'Organisation de l'Artillerie (Dresden 1801) Siegfried Fiedler: Scharnhorst. Geist und Tat, Herford und Bonn 1958. Richard Wayne Fox: Conservative Accomodation to Revolution: Friedrich von der Decken and the Hanoverian Military Reform, 1789-1820. An Inquiry into the Role of the Military in State and Society, Dissertation, Yale 1972. Ursula von Gersdorff (Hrsg.): Gerhard von Scharnhorst. Ausgewählte Schriften, Osnabrück 1983 (Biblitheca Rerum Militarium, Bd. XLIX). Colmar Freiherr von der Goltz (Hrsg.): Militärische Schriften von Scharnhorst, Berlin 1881 (Militärische Klassiker des In- und Auslandes). Colmar Freiherr von der Goltz: Von Roßbach bis Jena und Auerstedt. Ein Beitrag zur Geschichte des preußischen Heeres, Berlin 2 1906. Olaf Groehler: Die Kriege Friedrichs II., Berlin (Ost) 6 1990 (Erstausgabe: Berlin (Ost) 1966)). Martin Guddat: Kanoniere, Bombardiere, Pontoniere. Die Artillerie Friedrichs des Großen, Hamburg 1992.
Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
XIX
Werner Hahlweg: Preußische Reformzeit und revolutionärer Krieg, Berlin und Frankfurt a. M. 1962 (Beiheft 18 der Wehrwissenschaftlichen Rundschau). Werner Hahlweg (Hrsg.): Carl von Clausewitz: Schriften - Aufsätze - Studien - Briefe. Dokumente aus dem Clausewitz-, Scharnhorst- und GneisenauNachlaß sowie aus öffentlichen und privaten Sammlungen, 1. Band, Göttingen 1966 (Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts. Herausgegeben von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45). Georg Christoph Hamberger und Johann Georg Meusel (Hrsg.): Das gelehrte Teutschland oder Lexikon der jetzt lebenden teutschen Schriftsteller, 19 Bde., Lemgo 51796-1823. Handbuch über den königlich preußischen Hof und Staat für das Jahr [18011806], Berlin o . J . Otto Heuscheie (Hrsg.): Deutsche Soldatenbriefe aus zwei Jahrhunderten, Leipzig (1935). Reinhard Höhn: Scharnhorsts Vermächtnis, Bonn 1952 (3. Auflage unter dem Titel: Scharnhorst. Soldat - Staatsmann - Erzieher, München und Bad Harzburg 1981). Michael Holzmann und Hanns Bohatta: Deutsches Anonymen-Lexikon. Aus den Quellen bearbeitet, 7 Bde., Weimar 1902-1911 (Faksimilenachdruck Hildesheim 1961). Eduard v. Höpfner: Der Krieg von 1806 und 1807. Ein Beitrag zur Geschichte der Preußischen Armee nach den Quellen des Kriegs-Archivs bearbeitet, 4 Bde., Berlin 1850-1851, 2. Auflage 1855. Max Jähns: Geschichte der Kriegswissenschaften, vornehmlich in Deutschland, 3 Bde., München und Leipzig 1891 (Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit, 21. Band). Curt Jany: Geschichte der Königlich Preußischen Armee bis zum Jahre 1807, 3 Bde., Berlin 1928-1929. Georg Heinrich Klippel: Das Leben des Generals von Scharnhorst. Nach größtentheils bisher unbenutzten Quellen, 3 Bücher in 2 Teilen, Leipzig 1869,1871. Richard Knötel: Handbuch der Uniformkunde. Die militärische Tracht in ihrer Entwicklung bis zur Gegenwart. Grundlegend überarbeitet, fortgeführt
XX
Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
und erweitert von Herbert Knötel d. J. und Herbert Sieg. Hamburg (1. Auflage 1937).
10
1971
Königlich Groß-Britannisch- und Chur-Fürstl. Braunschweig-Lüneburgischer Staats-Kalender auf das Jahr [1760-1803], 44 Bde., Lauenburg 17591802. Otto Christian Friedrich Kuhfahl: Programm zur Feyer des ersten Stiftungstages der militärischen Gesellschaft in Berlin, den 24sten Januar 1803, in: DMGB, Bd. 2 (1803), S. 64-72. Johannes Kunisch: Fürst - Gesellschaft - Krieg. Studien zur bellizistischen Disposition des absoluten Fürstenstaates, Köln, Weimar und Wien 1992. Johannes Kunisch und Herfried Münkler (Hrsg.): Die Wiedergeburt des Krieges aus dem Geist der Revolution. Studien zum bellizistischen Diskurs des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, Berlin 1999 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft, Bd. 110). Joachim Lampe: Aristokratie, Hofadel und Staatspatriziat in Kurhannover. Die Lebenskreise der höheren Beamten an den kurhannoverschen Zentralund Hofbehörden 1714-1760, 2 Bde., Göttingen 1963. Max Lehmann: Scharnhorst, 2 Bde., Leipzig 1886-1887. Oscar von Lettow-Vorbeck: Der Krieg von 1806 und 1807, 4 Bde., Berlin 1891-1896. Thomas Lindner: Ergebnis der Sichtung, Erfassung und Beurteilung von Archivalien, Büchern und anderen persönlichen Besitztümern Scharnhorsts in seinem Geburtshaus in Bordenau a. d. Leine, unveröffentlichtes Manuskript, Bonn 1987. Karl Linnebach (Hrsg.): Scharnhorsts Briefe, Bd. 1: Privatbriefe, München und Leipzig 1914 (Neudruck mit einem Kommentar und Anhang von Heinz Stübig, München 1980). Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten und der umliegenden Gegend, 3 Bde., Berlin 3 1786 (Faksimilenachdruck Berlin 1968). Joachim Niemeyer: Scharnhorst-Briefe an Friedrich von der Decken 18031813, Bonn 1987.
Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
XXI
Heinz G. Nitschke: Die Preußischen Militärreformen 1807-1813, Berlin 1983 (Kleinere Beiträge zur Geschichte Preußens, Bd. 2). Curd Ochwadt (Hrsg.): Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe: Militärische Schriften, Frankfurt a. M. 1977 (Veröffentlichungen des Leibniz-Archivs Band 7: Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe: Schriften und Briefe Band II). Friedrich von Ompteda: Die Überwältigung Hannovers durch die Franzosen, Hannover 1862 (2. Auflage Hannover 1866). Friedrich von Ompteda (Hrsg.): Politischer Nachlaß des hannoverschen Staats- und Kabinetts-Minister Ludwig von Ompteda aus den Jahren 1804 bis 1813,3 Bde., Jena 1869. Ludwig Freiherr von Ompteda: Ein hannoversch-englischer Offizier vor hundert Jahren. Christian Friedrich Wilhelm Freiherr von Ompteda, Oberst und Brigadier in der Königlich Deutschen Legion. 26. November 1765 bis 18. Juni 1815, Leipzig 1892. Eckardt Opitz (Hrsg.): Gerhard von Scharnhorst. Vom Wesen und Wirken der preußischen Heeresreform. Ein Tagungsband, Bremen 1998. (Schriften des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit e.V. (WIFIS) Bd. 12). Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum, 10 Teile, Hamburg (1937-1942). Rangliste der Königl. preußischen Armee für das Jahr [1794-1806], Berlin o. J. Heinrich Wilhelm Rotermund (Hrsg.): Das gelehrte Hannover oder Lexikon von Schriftstellern und Schriftstellerinnen, gelehrten Staatsmännern und Künstlern [...], 2 Bde., Bremen 1823. Gerhard Scharnhorst (Hrsg.): Militair-Bibliothek, 4 Stücke, Hannover 1782-1784. Gerhard Scharnhorst (Hrsg.): Bibliothek für Offiziere, 4 Stücke, Göttingen 1785. Gerhard Scharnhorst: Handbuch für Offiziere in den anwendbaren Theilen der Krieges-Wissenschaften, 3 Teile, Hannover 1787-1790. Gerhard Scharnhorst (Hrsg.): Neues militärisches Journal, Bd. 1 - 7 (1.14. Stück), Hannover 1788-1793. Gerhard Scharnhorst: Militärisches Taschenbuch zum Gebrauch im Felde, Hannover 3 1794 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1980 (Bibliotheca Rerum Militarium, Bd. X X X I ) ) .
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Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
Gerhard Scharnhorst (Hrsg.): Unterricht des Königs von Preußen an die Generale seiner Armee. Vermehrt mit den Instructionen, welche der König nach der ersten Ausgabe des obengenannten Unterrichts für seine Armee nach und nach bis an seinen Tod aufgesetzt hat und erläutert durch acht Pläne und durch viele Beispiele aus dem siebenjährigen Kriege, Hannover 1794. Gerhard Scharnhorst (Hrsg.): Militärische Denkwürdigkeiten unserer Zeiten, insbesondere des französischen Revolutions-Krieges, Bd. 1-6 (= Neues militärisches Journal, Bd. 8-13), Hannover 1797-1805 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1985 (Bibliotheca Rerum Militarium, Bd. XXXVII)). Gerhard Scharnhorst: Entwickelung der allgemeinen Ursachen des Glücks der Franzosen, in dem Revolutions-Kriege, und insbesondere in dem Feldzug von 1794, in: Militärische Denkwürdigkeiten, Bd. 1 (1797, = N M J , Bd. 8), S.l-154. Gerhard Scharnhorst: Stärke, innerer Zustand, und Krieges-Theater der verbundenen Armeen, in den Niederlanden im Jahre 1794, in: Militärische Denkwürdigkeiten, Bd. 1 (1797, = N M J , Bd. 8), S. 274-326. Gerhard Scharnhorst: Feldzug der verbundenen Armeen in Flandern, im Jahre 1794, in: Militärische Denkwürdigkeiten, Bd. 2 (1798, = N M J , Bd. 9), S. 169-369, Bd. 3 (1801, = N M J , Bd. 10), S.134-383. Gerhard Scharnhorst: Ueber die Schlacht bei Marengo. Auf Veranlassung der in dem Werke des Herrn v. Bülow: Uber den Feldzug von 1800 enthaltenen Relation, In: D M G B , Bd. 1 (1802), S.52-59. Gerhard Scharnhorst: Etat militaire de la Republique frangoise, pour Гап Χ (1802). Par l'Adjutant Commandant Champeaux, employe ä l'Etat-Major general de la premiere Division militaire, in: D M G B , Bd. 1 (1802), S. 123— 133. Gerhard von Scharnhorst: Die Verteidigung der Stadt Menin und die Selbstbefreiung der Garnison unter dem Kgl. Großbrittann.-Kur-Hannöverschen Generalmajor von Hammerstein im April 1794. Hannover 1803. Gerhard von Scharnhorst: Bemerkungen über die Veranlassung und den Zweck der Militärischen Gesellschaft, und über die Mittel zur Erreichung derselben; bei Gelegenheit des Schlusses der Gesetz-Revision im Januar 1803, in: D M G B , Bd. 2, 1. Stück (1803), S. 73-83. Gerhard von Scharnhorst: Beweis, daß die im Revolutionskriege bei den französischen Armeen eingeführte Abteilung einer Armee in Divisionen von
Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
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allen Waffen, schon im siebenjährigen Kriege in der Armee des Herzogs Ferdinand statt gefunden habe, in: D M G B , Bd. 2 , 1 . Stück (1803) S. 91-96. Gerhard von Scharnhorst: Ueber die Schlacht bei Lowositz den lsten Oktober 1756, in: D M G B , Bd. 2, 2. Stück (1803), S. 280-292. Gerhard von Scharnhorst: Beantwortung der Anfrage No. I X , folgenden Inhalts: Worin bestehen die sichersten Mittel, eine Armee im Kriege immer vollzählig zu erhalten; welche Anstalten müssen dazu getroffen werden; greift dieser wichtige Gegenstand in das ganze militärische System, oder läßt sich im Kriege durch augenblickliche Anordnung der große Endzweck noch erhalten? In: D M G B , Bd. 2, 2. Stück (1803), S. 364-374. Gerhard von Scharnhorst: Ueber die Schlacht bei Prag, den 6ten Mai 1757, in: D M G B , Bd. 3 , 1 . Stück (1803), S. 45-59. Gerhard von Scharnhorst: Ueber die Schlacht bei Collin, den 18ten Junius 1757, in: D M G B , Bd. 3 , 2 . Stück (1803), S. 237-244. Gerhard von Scharnhorst: Ueber die Schlacht bei Roßbach, den 5. November 1757, in: D M G B , Bd. 3, 2. Stück (1803), S. 245-253. Gerhard von Scharnhorst: Bemerkungen über die Nothwendigkeit, auf Mittel zu denken, welche die Fortdauer der militärischen Gesellschaft sichern können. Bei Gelegenheit der Feier des Stiftungstages, in: D M G B , Bd. 4 (1803), S. 1-8). Gerhard von Scharnhorst: Über die Schlacht bei Breslau, den 22. November 1757, in: D M G B , Bd. 4 (1803), S. 67-77. Gerhard von Scharnhorst: Über die Schlacht bei Leuthen, den 5. November [sie!] 1757, in: D M G B , Bd. 4 (1804), S. 78-88. Gerhard von Scharnhorst: Nothwendige Randglossen zu den Betrachtungen über einige Unrichtigkeiten in den Betrachtungen über die Kriegeskunst, über ihre Fortschritte, ihre Widersprüche und ihre Zuverlässigkeit, in: Militärische Denkwürdigkeiten, Bd. 5 (1804, = N M J , Bd. 12), S.344-358. Gerhard von Scharnhorst: Handbuch der Artillerie, 3 Bde., Hannover 1804-1814. Gerhard von Scharnhorst: Über die Wirkung des Feuergewehrs, Berlin 1813. Caspar Hinrich Schreiber (Hrsg.): Neues Bremisches Addreß-Buch auf das Jahr 1801, о. O . u . J .
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Verzeichnis ausgewählter Hilfsmittel und Literatur
Bernhard Schwertfeger: Geschichte der Königlich Deutschen Legion 18031816, 2 Bde., Hannover und Leipzig 1907. Louis von Sichart: Geschichte der Königlich-Hannoverschen Armee, 3. Band (2 Halbbände) und 4. Band, Hannover 1870,1871. Rudolf Stadelmann: Scharnhorst. Schicksal und Geistige Welt. Ein Fragment, Wiesbaden 1952. Stammliste aller Regimenter und Corps der Königlich-Preussischen Armee für das Jahr 1806, Berlin 1806 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1975 (Altpreussischer Kommiss, Heft 28)). Christian August Stützer (Hrsg.): Militairischer Kalender auf das Gemeinjahr 1804, Berlin 1803. Georg Friedrich von Tempelhoff: Geschichte des Siebenjährigen Krieges in Deutschland zwischen dem Könige von Preußen und der Kaiserin-Königin mit ihren Alliirten. Vom General Lloyd. Aus dem Englischen aufs neue übersetzt mit verbesserten Planen und Anmerkungen von G. F. v. Tempelhof, kgl. preuß. Oberst bei dem Feldartillerie-Corps, 6 Bde., Berlin 1783-1801 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1986 (Bibliotheca Rerum Militarium, Bd. XXIX)). Georg Tessin: Die Regimenter der europäischen Staaten im Ancien Regime des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts, Teil 1: Die Stammlisten, Osnabrück 1986. Friedrich-Karl Tharau: Die geistige Kultur des preußischen Offiziers von 1640 bis 1806, Mainz 1968. Hansjürgen Usczeck: Scharnhorst. Theoretiker, Reformer, Patriot. Sein Werk und seine Wirkung in seiner und für unsere Zeit, Berlin (Ost) 1972. Hansjürgen Usczeck und Christa Gudzent (Hrsg.): Gerhard von Scharnhorst. Ausgewählte militärische Schriften, Berlin 1986 (Schriften des Militärgeschichtlichen Instituts der DDR). Verfassung und Lehreinrichtung der Akademie für junge Offiziere und des Instituts für die Berlinische Inspektion, Berlin 1805. Charles Emanuel von Warnery: Des Herrn Generalmajor von Warnery sämtliche Schriften. Aus dem Französischen übersetzt und mit Planen und Erläuterungen vermehrt, 9 Teile, Hannover 1785-1791. Charles Edward White: The Enlightened Soldier. Scharnhorst and the Militärische Gesellschaft in Berlin, 1801-1805, New York, Westport und London 1989.
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) 1. Privatbriefe und Dienstgeschäfte in chronologischer Folge
1. Notizbuch
[Hannover und Berlin], Februar 1801 bis [mindestens] August 1802
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 285 fol. 2r-68r (124 S.): Konzept, eigenhändig. [1.] Gedanken Friedrichs von Braunschweig, Artillerieübungen. [2.] Preußische Infanterie, Patronenwagen und Gewehre. [3.J Preußische Artillerie: Dreipfünder; Notwendigkeit, Kosten und Beschaffung guter Pferde, zur Not auf Kosten der Kavallerie. [4.] Einstellung zum Verlust von Geschützen im Gefecht. [5.] Logistik, Ausstattung einer Armee mit Artillerie. [6.] Weitere Ausführungen zu Kosten der Artilleriepferde. [7.] Historische Beispiele zur Wirksamkeit der Artillerie. Ausstattung und Gebrauch der reitenden Artillerie. Vergleich von Sechs- und Zwölfpfündem. Wünschenswerte artilleristische Ausstattung der preußischen Armee. [8.] Etat französischer Parkkolonnen. [9.] Weiteres zur artilleristischen Ausstattung der preußischen Armee, Modalitäten zur praktischen Durchführung der Vorschläge. Vorteile des vorgeschlagenen Systems: größere Beweglichkeit, besserer Ersatz. Alternatives Projekt zur Überwindung der Nachteile des bisherigen Systems der Regimentsartillerie. [10.] Wirksamkeit und Treffsicherheit verschiedener Kaliber auf verschiedene Distanzen. [11.] Einsatz von Reserven. [12.] Französische Versuche zum Kartätschschuß. [13.] Regionale Verteilung der preußischen Artillerie. Die Artillerie betreffende Veränderungen seit 1795. [14.] Kostenund Gewichtsfragen zum Artilleriematerial. Artillerieeinsatz auf Vorposten. [15.] Militärische Gesellschaft zu Potsdam. [16.] Aufzeichnung von Einnahmen und Ausgaben. [17.] Gliederung der preußischen Kavallerie. [18.] Liste verliehener Bücher.
Aide-Memoire Februar 1801 bis.... G. Scharnhorst"
[...]
"
Titel und Unterschrift auf fol. 2r. Die ersten 29 Blätter (53 S.) des zwischen Sperrholzdeckel gebundenen Buches, die noch aus der Zeit vor dem Übertritt in preußische Dienste stammen, sind als Nr. 215 des zweiten Bandes ediert. Nach der Auslassung folgt der Text von fol. 29v (Mitte) bis zum Schluß (71 S.).
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Den 17ten May 1801 1 [1.] K.K. 2 Gedanken des Herzogs Frieder[ic]h von Braunschweig 3 große Reserve. Besetze ich eine Position, sagt er: so setze ich nur wenig Truppen ihn entgegen. Die andern rükwärts verstekt, damit sie nicht zusammen geshoßen werden und damit [ich] hernach nach Umständen sie gebrauchen kann. So mit Artillerie, Inf. etc. Artillerie Eine Artillerie b , die nichts thut, als daß sie Laden u. Schießen lernt, ist nichts beßer als eine Infanterie, die nie in Trups, viel weniger noch in Bataillonen u. Regimentern exercirt hat. Eine solche Artillerie11 ist auf einer Stelle, aber nicht in Manoeuver zu gebrauchen. Mit Pferden muß man eine Batterie exerciren, alle Terrains passiren, das Geshütz placiren etc. Γ2.1 dDen lstm Juni 1801. 4 Bataillon Garden 28 Bataillon Grenadier 112 " Mousquetier 24 " Füselier. Summa 168 Bataillone f Curasi.
Drag. Hus.
-
7 Brigaden ä 4 B. e 28 Br. ä 4 B.
65 Es. 75 105 245
Folgt gestrichen: „zu Fuß". Folgt gestrichen: „kostet das Königreich viel und ist". d Abschnitt [2.] bezeichnet zwei Seiten (fol. 30v-31r) in Reinschrift von Schreiberhand mit eigenhändigen Zusätzen. Die Hand des Schreibers ist hier durch Kursivdruck wiedergegeben. ' Statt „ Br.es sind Bataillone, nicht Brigaden gemeint. f Die hier einsetzende eigenhändige Addition der Kavallerie in der Vorlage mit Bleistift neben die vorangehende Addition der Infanterie gesetzt. h c
1
2 3
Scharnhorst t r a f am 6. Mai in Berlin ein, vgl. Nr. 9. E r wurde am 12. Mai als Oberstleutnant im preußischen 3. Artillerieregiment eingestellt, nachdem er am 8. vorläufig aus hannoverschen Diensten entlassen worden war. Der förmliche Abschied erfolgte am 19. Mai 1801. Kriegeskunst. Friedrich August von Braunschweig-Öls (1740-1805), jüngerer Bruder des regierenden Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig und wie dieser preußischer Offizier. Der bereits im zweiten Band erwähnte Herzog hatte 1794 als General der Infanterie seinen Abschied genommen. Scharnhorst bezieht sich möglicherweise auf das Werk: Militärische Geschichte des Prinzen Friedrich August von Braunschweig, Öls 1797.
Nr. 1
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Ein Bataillon-Patron-Wage ladet 15,360 Stück alte und 17,920 neue. Jedes Bataillon hat einen solchen Wagen, ein Terrain-Wagen4 ladet 21,000 Stück alte und 25,000 neue. Ein Patron Wage kostet ca. 190 thr. Kleidung der Knechte 44 " 6 Pferde a 9 Friedrichs d'or 288 " Summa 522. Jährliche Erhaltung des Wagens: 1.) Huf-Beschlag, kleine Reparaturen, Schmir laut Reglement 12 Rthr. 2.) Zum Etablissement..... 36 " 44 " 3.) Knechte zu kleiden 4. Tractement und Fleishgeld für 3Knechte 100 " 3 gl. 5. Jeden Knecht täglich 2 Ü Brodt ä Ü 2 gl. 182 " 12 gl. 626 Rthr. 720 thr. 6.) 6 Pferde-Rationen ä 10 Rthr. — 1088 thr. Die jährliche Ersparniß ist auf 145,965 thr. für die Campagne gerechnet. Das Centner Bley auf 7'/2thr. " Centner Pulver auf 40 thr. Die Erleichterung des Soldaten inclusive der Munition 3 Ü 23 Lth. Auf 20 Schuß 1 Stein, nach den gemachten Beobachtungen. Der Lauf des alten im Durchschnitt 5 Ü, das neue 4 U. Die Dicke des Laufs des neuen an der Mündung 7 !wothl., im Pulver-Sack 27 bis30/too*1 Rheinenshe Zoll. Der Lauf 8ekig 9 Zoll lang. Die ganze Länge gleich der Länge des alten. Gewicht: 11 U. Ladung: 7/s Loth. Kugel: 16/26"Loth. Wasser-Pfannen von Metall, Spielraum V100" Rheinensche Zoll, die alten 10/ "5 ' 100-· Bey 1 Loth Ladung stoßten die alten Gewehre so stark, daß6 den Hauptmann v. Knesebek6 die Backe blutete.
8 4 5
6
Folgt ein überflüssiges „sie". Gemeint ist wohl „Train-Wagen". Mit dem neuen Gewehr ist das Nothardtsche Infanteriegewehr gemeint, welches ab 1801 bei der preußischen Armee eingeführt werden sollte. U. a. durch sein kleineres Kaliber vereinigte es eine größere Treffsicherheit mit bedeutender Gewichtsersparnis gegenüber seinem Vorgängermodell (ca. 4,2 statt 5,3 kg). Durch Probleme bei der Umstellung der Gewehrfabrik in Potsdam auf das neue Modell konnten bis 1806 lediglich 40.000 Stück geliefert und sieben Feldbataillone damit ausgerüstet werden. Zu Karl Friedrich Freiherr von dem Knesebeck (1768-1848) vgl. Anhang 1.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
[3.] Artillerie Die leichte Inf. 3 U der, die b[e]rittn, dazu nur 1 Unteroffic. beritten. Od. für die Vorposten einer Armee 2 Batterien, jede zu 12 Stük 3 i i d e r = 24 St. 1 Unteroffic. beritten. Er giebt das Pferd an den mitlern Knecht, der es an der linken Seite hält. Dann sind die Leute also vertheilt N . 1 rechts zu setzen, N . 2 links einsetzen, N . 3 Lunte und Baum, N . 4 Patron hertragen, Unterofficier richten11, Schlagröhrche. Die 3 U der sind hinlänglich hierzu, weil 1. die Franzosen auch nur 4 Ü der nehmen 2. die kay[s]erlichen 6 Ü der sehr leicht sind u. nichts mehr thun als die hiesigen 3 Ü der. Man darf aber nur 80 Schuß nehmen. Dazu kömmt noch zum Vortheile der 3 Ü der, 1. daß sie die Bewegbarkeit der 6 Ü der haben 2. daß sie nicht viel von ihnen in Effect verschieden sind. Ein Grund dieses Vorschlags ist noch, daß wir sonst nicht reit. Artiii. genug haben. Will man 2 Haubitzen zu einer Batterie geben, desto beßer. Dann 10 Canonen u. 2 Haub., jede halbe Batterie 1 Haub. u. 5 Canon, jede V4 Batt. 1 3 Stük. Art. Man müßte dem Könige 7 eine Vorstellung thun, daß die Artillerie schwächer seyn könnte, aber die Pferde beßer u. theurer bezahlt. Daß der theuere Einkauf der Pferde wenig mache, in dem die Erhaltung hernach doch die Haupt Sache wäre. Den ein Pferd kostete jährlich, geri[n]g angeschlagen, 1 2 X 1 0 = 120 rh. Mit Geshirr und Erhaltung des Knechts, der auf 2 Pferde erfordert wird, gewiß 150; rechnet man nun, daß das Pferd 9 Pistolen kostet, so sind die ganzen Kosten in 2 Jahren 345 rh.; rechnet man es dagegen zu 13 Pistolen, so sind sie 365. Dies ist ein kleiner Untershied in den Total Kosten und wie groß ist der Vortheil, den man dadurch erhält? 'Hat man Pferde bei den wohlfeilen Entwurf, welche nicht zu gebrauchen sind, welche nicht viel ziehen können und welche dennoch alles kosten, was brauchbare kosten. 2. hat man vielen Abgang und in der Noth ist alles verlohren, bei den andern, beßern Pferden ist der Abgang nicht so groß u. bei großen Anstrengungen nicht so nachtheilig.
Folgt gestrichen: „ Stopine u. Abfeuren ". • Statt„47 Batt." > Davor gestrichen: „ 1." 7 Zu Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) vgl. Anhang 1. h
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Eigentlich müßte der Gang der Abhandlung so seyn: daß man sagte, daß durch den vielen Abgang ein großer Schade entstünde, in dem von den schlechten Pferde bei weiten nicht so la[n]ge aushielten als die beßern. Daß aber, wenn beide auch gleich gut sich hielten u. beide in Durchschnitt 2 Jahre dienten, doch der Unterschied der Kosten, wenn man die Erhaltung dazu rechnete, sehr gering in Absicht des Ganzen wäre. Nun müßte das übrige folgen. U m die Betrügerei vorzubeugen, müßte der Modus der Anschaffung angegeben werden. Wie Heise. 8 Dann müßte ferner der Modus der Ausrüstung bestimmt und nicht die Sache übereilt werden. Wenn die Regimenter ihre Canonen haben, so kann man eine Schlacht liefern, zumal, wenn man einige mobile Batterien reit. Art. bei der Armee hat. Nachh[e]r müßen zu erst die Hälfte der schweren marschiren, damit ist schon die Armee hinlänglich für die V2 Campagne mit Artillerie versehen. Wenn die andere auch 2 bis 3 Monate später nach u. nach marshirt, so macht das nichts. In dieser Sache das Intereße des Königs. Man muß hierin äußerst rigeureus seyn. Es muß der Vortheil guter Artillerie Pferde gemahlt werden. Es muß nicht der ganze Etat marschiren, wo dann eine Reserve, wenn in einer Schlacht so viel verlohren gehen[?] Ein Theil muß in Lande bleiben, die Pferde dazu müßen in den District, wo erk liegt, von den Baurn geliefert u. eingeschrieben seyn. Man muß sie allenfalls den Bauren mit den Beding schicken, daß man sich ihrer bedienen kann, wenn man es gut findet. Man muß die Methode der Franzosen darin befolgen, daß sie zuerst für die Artillerie Pferde sorgen. Der Reuter ziehet, wenn es nicht anders ist, sein Pferd am Zügel1, dann hat es wenig zu tragen, das Art. Pferd muß ziehen, wenn auch der Mann zu Fuß gehet. Kann das Artillerie Pferd nichts, so bleibt die Kanone stehen! Kann das Reuter Pferd nicht, so ziehet es der Reuter am Zügel. Man kann nach Erfahrungen mehr auf die Protze, die vordem Wagenräder hoch. Man muß aber durchaus die Einrichtung treffen, ein Theil beßer bespannen u. den andern zurük lassen zu können, wenn die Noth drä[n]gt. Dazu müßen Einrichtungen so wohl bey der shwerfen] als leichten seyn, damit man sich bei shlechten Wegen, shleunigen Expeditionen etc. helfen kann. m
k 1 m 8
Statt „sie". Verändert aus „Stricke". Folgt gestrichen: „ G[ ] in Polen Gemeint ist mutmaßlich der hannoversche Amtmann und Feldkriegskommissarius Otto Christoph Heise, mit dem Scharnhorst in seiner Zeit beim Stabe Wallmodens zu tun gehabt hatte.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Die Pferde werden von dem Officier gekauft. Es gehet 3 bis 4 n ins Ausland, Meklenburgsche, Hannövrische, jeder hat ein paar Pferde Kenner bei sich. Er läßet gleich in den Aemtern bekannt machen, daß er 4 bis 6jährige Pferde kaufen wolle, u. zwar zu den Preise von 8 bis 16 Louisd'or. Daß er dieje[ni]gen aus Amt N . den Tag" in N sehen wolle, u. sie gleich auf der Stelle bezahle. E r muß die Ausforderung gedrukt haben. Der Officier thut alles auf Rechnu[n]g, er setzt den Namen, wo von er jedes Pferd hat, nebst den Preißen. p Läßt sie aber gleich brennen, mit einem geringen Zeichen. Der Officier braucht kein großer Pferdekenner zu seyn, aber ein ehrlicher Mann. Es muß aber ein jeder Pferde Kenner bei sich haben und Leute zum Transport miethen, dazu aber e[i]nige Aufseher gleich nachkommen lassen. [4.] Art. Der Feldher u. der andre General muß sich nichts darausmachen, wenn eine Batterie verlohren gehet, vorausgesetzt, daß er beweißen kann, daß sie auf eine Art gebraucht wurde, die zu großen Zweken führte. Dies muß der hershende Geist bei den Generalen u. Befehlshabern der Divisionen, Brigaden u. Corps seyn. Die Infanterie u. Cavalerie aber muß es für ihren größten Schade halten, wenn sie ein Geshütz verliehrt, dies muß ihr hershender Geist seyn. Es müßen daher, wo ein Geschütz verlohren gehet, die Befehlshaber der Truppen, welche unmittelbar es deckten, zur Rechenshaft gezogen werden, u. können sie beweisen, daß sie es nicht haben retten können, so sind sie gerechtfertigt. Dazu aber gehört die Aussage von mehrer[en] Gemeinen u. Unterofficieren. Nie darf aber über den Verlußt eines Geschützes der Brigade General oder der General, der den ganzen Posten comandirt u. nicht unmittelbar die Bataillone oder Escadronen bei dem Geschütze comandirt, zur Rechenschaft gezogen werden. Geschiehet dies, so wird es immer zu oft dahin gestellt, wo es nichts thun kann, aber sicher ist. [5.]
" ° p
Kr.K. Ich werde einen Vorschlag thun, wie über ein[i]ge die Erhaltung der Armee in Felde betreffende Punkte Erfahrungen zu machen. 1. Ueber die Erhaltung der Armeen in den Winterquartieren - u. in Sommer. 2. Ueber die Erhaltung des niedrigen Preises in den Magazinen. 3. Weniger marshirn zu lassen, die aber complet zu erhalten. Das hannövrische Corps in den Niederlanden wurde auf 12.000 orga-
Verändert aus „ 4 bis 5 Folgt, vermutlich versehentlich: „ die aus Amt N. den Tag". Folgt gestrichen: „Er macht die Bedingung, daß den andern Tag, nach der 2ten Besichtigung erst die Pferde bezahlt werden."
Nr. 1
4.
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6.
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nisirt u. immer complet erhalten, eben so viel Feurgewehr gestellt haben als zu 22.000, ohne diese Bedingung und den Unterschied der Kosten. Artillerie. 4 Munition auf der Protze, auch bei dem 12feder u. 7Ü dig[e]n Haubitze, dann die Wagen vorn höhere Räder u. statt 300 $4 auf jedes Pferd 400. (Es wäre gewiß bey jeder Brigade nur V2 Batterie, 3 Stück 12U u. 1 10&dige Haubitze, we[n]igstens anfangs.)r Für die leichten Truppen, Füseliere u. Husaren, 3 Ü dige r. Batterien. Unterschied mit den 6Ü dern - 16 Pferde 3feder - 6 - " Res. -312 300 Sch. 3 Anshaffung u. Erhaltung der Artillerie Pferde. Ein[e] große Aufmerksamkeit hierauf verwand. Das hier shon anderswo bemerkte System, keine Pferde ganz zu ruiniren. Sie zum Theil in Winter zurükschiken, bei den Frühlings Expedition nur einen Theil der Artillerie zu nehmen etc.
[6.] Art. Jährliche Kosten von 2 Pferden Hufbeshlag 3 rh. Knecht zu kleiden 14V2 Tractament u. Fleischgeld für 1 Knecht 33V2 64Brod ä U 2 gr. 2 Rationen täglich ä 10 rh. 240 Pferdegeschirr u. Ersetz[un]g der Pferde, Pferde Arzney 35 390 Dazu die Kosten ä 10 Pistolen - 110 500 Anschaffung des Pferdegeschirrs ist noch nicht gerechnet, auch nicht des Wagens. Kaufte man sie aber neu ein zu 13 Pistolen, so kamen noch 33 rh. dazu u. die Summe wäre 533 - Welche unbedeutende Erhöhung, wenn man bedenkt, daß ich nun Pferde erhalte, welche viel mehr thun können, welche man nicht gleich zu ersetzen braucht! Schon der Vortheil, daß diese beßern Pferde nicht gleich ersetzt zu werden brauchen, ersetzt shon den größern ·? Folgt gestrieben: „ Erstlich: Nicht zu große Kaliber". ' Folgen gestrichen einige Berechnungen.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) anfänglichen A u f w a n d z w e i u. mehrfach, w e n n m a n das wichtigste, daß man in ersten Fall brauchbar u. in 2t[e]n Fall s[on]st unbrauchbare P f e r de hat, gar n[i]cht in Betracht zöge.
[7.] Julie den 2 1 ten 1 8 0 1 Artillerie. Beispiele v o n d e m G e b r a u c h u n d der W i r k u n g der A r t . D a z u schikt sich v o r z ü g l i c h die Schlacht bei Fleurus 9 und Kesselsdorf. V o n der W i r k u n g der A r t . auf die W e g n a h m e der Batt. in der Schlacht bei Soor, w o die n ä h r n U m s t ä n d e n in Hist, de la dern. G u e r r e de B o h e m e T. III. S. 296. 1 0 A m besten k a n n man den G e b r a u c h der reit. A r t . in den Schlachten v o n Fleurus u. v o n M i n d e n zeigen. A u ß e r Kesselsdorf u n d Fleurus sind auch M i n d e n u. Torgau sehr gute Beyspiele v o n dem G e b r a u c h der A r t . in Schlachten u n d dann B u n z e l w i t z . Prag v o n der W i r k u n g . A r t i l l e r i e W o sie große entscheidende W i r k u n g gezeigt. Kesselsdorf (Fontenoi entshieden) Prag, Z o r n d o r f , Minden, Torgau Prag Friedrich des 2 t e n Beri[c]ht u. L l o y d - Torgau Frieder, der 2te u. Veteran Z o r n d o r f Tielke II S. 96, 97, 98, 9 9 u. 1 0 0 , 1 1 0 , 1 0 3 . G o s t i n 1 1 große W i r k u n g z w e i e r C a n o n e n , Tielk I l l t r Ba[n]d S. 172. 1 2
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Da es, wie die Folge zeigt, u. a. um einen hypothetischen Einsatz reitender Artillerie geht, ist nicht klar zu erkennen, ob Scharnhorst hier die Schlacht am 1. Juli 1690 oder die am 26. Juni 1794 meint. In der ersten besiegte ein französisches Heer unter dem Marschall von Luxemburg ein alliiertes Heer unter dem Fürsten Georg Friedrich von Waldeck, in der zweiten eine französische Armee unter Jourdan die österreichische des Prinzen von Coburg. fileazar Mauvillon: Histoire de la derniere guerre de Boheme, 3 Bände, Frankfurt a. M. 1745-1747, Neuauflage in zwei Bänden Amsterdam 1756. Der Autor (1712-1779), Vater des aus dem ersten Band bekannten Jakob Mauvillon, unterrichtete als Privatlehrer Französisch an der Universität Leipzig und übersiedelte 1758 nach Braunschweig. Bei Gostyn südlich von Posen zerstörte am 15. September 1761 ein preußischer Verband unter Generalleutnant Dubislaf Friedrich von Platen eine russische Wagenburg. Die Verweise beziehen sich auf: [Jacob de Cognazo]: Geständnisse eines österreichischen Veteranen in polit.-militär. Hinsicht auf die interessantesten Verhältnisse zwischen Österreich una Preußen während der Regierung des großen Königs der Preußen, Friedrichs des zweyten, Breslau 1781-1791, zit. Cognazo, Veteran; Johann Gottlieb Tielke: Beyträge zur Kriegskunst und Geschichte des Krieges von 1756-1763, Freiberg 1775-1786, zit. Tielke, Beyträge; Henry Humphrey Evans Lloyd: The History of the Late War in Germany between the King of Prussia and the Empress of Germany and Her Allies, London 1781, und die deutsche Ubersetzung und Fortsetzung Georg Friedrich von Tempelhoff: Geschichte des Siebenjährigen Krieges in Deutschland zwischen dem Könige von Preußen und der Kaiserin-Königin mit ihren Alliirten, Berlin
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Reit. Artillrie 1 Batt. 3 Ü der von 8 Can. s 8 Canonen, jedes 6 Pferde 48 P. 3 Mann zu Pferde 24" 4 Patron Wagen, jeden zu 4 Pferde _16 Jede Canone 88 Pf. 140 Schuß, giebt auf 2 280, erfordert 1 Wagen 1 Batt. 6 U der von 8 Canon 8 Canonen 8 Canonen, jedes mit 11 berittenen Art. 8 Patronwagen, jeden zu jede zu 140 Schuß 4 Pferde Leute bei den 3 Ü der "
fr
£
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48 Pf. 88
32 158
48 88
Also ungefähr das doppelte oder 1 Batt. reit. Art. von 8 St. 6Ü u. 2 Haub. kostet soviel als 2 Battrien 3iider, jede zu 8 Stük Can. u. 1 Haubitze. R. Art. Man kann die r. Art. auch vorzüglich gebrauchen, um damit einen nicht angegriffenen Flügel zu beschäftigen, sie gehet dann ohne Cavalerie vor, stellt sich weit auseinander, feurt in die Linie, will der Fei[n]d sie mit d[e]r Cav. angreiffen, so gehet sie nach ihr[e]r Cavalerie zurük. Sie kann auf diese Weise auch die feindl. Cav. zu Bewegungen bringen, entweder vor oder zurük zu gehen. Auch kann dies mit der Prolo[n]ge geschehen. Prag hatte es geshehen können. R. Art. Wenn der Feind einen wichtigen Posten angreift, ζ. B. den bei Reichenberg in Holze, und siegt, so fällt man ihn mit d[e]r r. Art. in Flank u. feurt auf seinen Flanke. Eine Haupt Sache der reit. Art. bestehet darin, daß man mit ihr die feindliche Cav. oder ganze Linie beschießt u., wenn er mit Cav. ankömmt, davon jägt. Daß muß sie können. 1783-1801, zit. Tempelhoff, Geschichte. Mit dem Bericht Friedrichs II. ist mutmaßlich die Darstellung in seiner Geschichte des Siebenjährigen Krieges (Histoire de la guerre de sept ans, verfaßt 1763/1764) gemeint. s
Verändert aus „ 6 Сап. и. 2 Haubitzen
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Art. Eine Batterie 6 ίέ dr zu 12 Stük erfordert 144 Can. [sic!], also eine C o m pagnie, 139 Pferde in allen. Eine Batterie 12£f>dr zu 6 Can. u. 21 Haub. erfodert 196 Pferde. Mithin erfodern 16 Stük 6ϊέ dr nicht mehr Pferde als 8 Stük 12ίέ der u. ΙΟΐέ dige Haubitz[e]n. Eben die Verhältniße finden bei der Reserve statt. N u n aber ist die Schuß weite der 12 Й der 2500, der 6 ΐέ der 2000. Wenn man daher eine Batterie 12 Ü der von 8 Stük gegen eine von 6U d[er]n zu 16 St. ansieht, so findet sich, daß der Vortheil der 12ίέ der ist, 500 Schritt weit[e]r zu schießen. Dagegen aber haben die 6 Ii dr folgende Vortheile, 1. auf 2000 Schritt u. näher hat man doppelt so viel Kugel bei ihnen als bei den 12fctdrn. 2. die Kartätshen der 16 Stük 6 i i d r sind auf 800 Schritt wirksamer als die der 8 Stük 12ίέ der, zwar ist die Anzahl der 12lothigen Kartätschkugeln, welche 16 Stük 6ίέ der in einer Salve den Feind zushicken, nicht größer als die Anzahl der [Kugeln in den] Kartätsh[e]n von 8 Stük 12Ü der, aber die 6ΐέ dr feuren geschwinder als die 12 ΐέ der, jene thun 6 Schuß in der Minute w[e]nn diese nur 4 thun, also sind 2 Stük 6 i i d r in Kartätshuß wirk[a]m[e]r als 1 12fedr. 3. Die 6ίέ dr kann man in allen Terrain mit kriegen, sie wiegen mit der Laffete u. den beidn Laffet[e]nr[ä]d[er]n nicht mehr als 2000 U , die 12 U dr mit d[e]r Laffete aber we[n]igst[e]ns 3600; mithin können die erstem noch in einen Terrain [sie!], über Brücken, welche 2000 ίέ tragen, die letztern aber nur über die, welche 3600 Ü tragen, gebraucht werden, also nicht immer den Brigaden folgen. 4. Die 12 ίέ der können nicht in den Angriffe in feindl. Feur manoeuvrirt werden, nicht geschwind aufgeprotzt, als in Feldl[a]nde, Sande, Koth, Kleilande, weichen Wiesen u. s. w. Sie können, da sie keine Munition auf den Protz[e]n hab[e]n [und] immer die Wage[n]s hint[e]r sich haben müßen, nicht in feindl. Feur u. zwishen den Truppen manoeuvriren. Aus allen diesen ziehet man den Schluß, man muß zw[a]r 12 ίέ dr haben, um auf große Distanzen agiren u. den Feind gleiche Kaliber entg[e]g[e]n setzen zu können, aber nur sehr wenige. Mein Plan wäre: bei jeder Division von 2 Brigaden 1 Battrie 12Ü dr von 6 Stük 12Ϊέ dr, 2 Haub. 1 Battrie 8 Stük 6 i i d r u . ' "
Statt „8". Verändert aus „ 6 Stük 6Udr u. 2 Stük Haub. zu führen."
Nr. 1
11
Die letztere Batterie wäre zur Reserve bestimmt und zum einbrechenden Angriff. Eine jede Brigade hätte also 1 Batt. Jede Batt. würde durch 1 Comp, besetzt, welche 1 Offic. u. 4 Unt.offic. bei den Regiments Canonen gebe u. diese mit unter sich hätte. Bei die 12U dr müßten 7U Haub. Dies sind Geshütze zum Gebrauch in freien Felde, diese müßen 30 Schuß u. die 1 2 i i d e r 12v auf d[e]r Protze haben. Hierdurch erspart man wenigstens 24 Pferde. Die 8 Canonen 6 Η der haben nur 74 Pferde. Mithin eine Division 172 Pferde 74 " 246 w Nach den Etat von 2 Batterie 12&dr 392, das ist also 2 / 3 der Anzahl, welche sonst erfordert werd[e]n, mithin würde bei d[e]r ganzen Armee, da dies auf alle Munition gehet, von der ganzen Anzahl der A n . Pferde V3 ersparrt, ohne das etwas wesendliches verlohren ginge und in mancher Hinsicht die Einrichtung noch zwekmäßiger würde. Hier wären aber die beiden Battr[ie]n immer als Reserve, die 1 2 i i d r würden zu den Canonaden auf beträchtliche Distanze, die 6 Ii dr gar nicht anders als zum nahen Angriff oder zur Reserve auf befohlen. Eigentlich müßte die 6 t t d r Batterie eine reitende seyn, von 10х Stük. Dann würde doch der Etat nicht stärk[e]r seyn als bey den 12U drn. Da wäre es eine wahre Reserve. Dies gebe aber für die Armee von 140 Bataillonen u. 18 Divisionen 18 Comp, schwere Art. 8 " reit. Nun noch 8 Cav. Reserven, machte noch 4 Comp. reit. Artillerie, also in Ganzen 12 Comp. reit. Dazu noch zu den 18 zu Fuß 6 Reserve Batt., machte 24 Comp. in allen 36 Compagnien, wir haben aber 50, geben wir dah[e]r bei jede Div. y '/ 2 Comp, so machte dies noch 9, also 44, wenn alles marschirte. Dann hette jede Brigade 1 Officier, 3 Unt., 5 Bomb. u. 40 Canoniere bei den Regim. Canonen, also bei jed[e]r Canon ein[en] Unt.offic. oder Bomb. u. 5 Canonier, dazu 4 Zimm[e]rleute, so wär die Art. besetzt u. die Bataillone behielten ihre Feurgewehre.
"
w
'
y
Mehrfach verändert aus „40" und „48". Am Rande gestrichen weitere Berechnungen. Verändert, schwer entzifferbar. Verändert aus: „ Brigade bei die Regim. Art."
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
[8.] Art. Eine französische Parkkolonne 13 Fahrzeuge Anzahl 1 - 4spaniger mit 3 Ü digen Cart. 11-6 " " " 6Udige Cart. 8-6 " " " 12Üdge. " 2 - 7 Ü Granatw. 5 - 1 0 & Haub. Granatw. 8 - Inf. Patr. Wag[e]n 2-Cav. " " " 1 - Inf. Gew.stein Wagen 1 - 6 & d g e Vorrathslafete 2 - Schanzzeugwagen 1 - Trainwagen 1 - Wagenschmierwagen 2 - Trainbrodtw[a]gen
Jedes Knechte 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 -
Pf. 4Z 6 6 6 6 6 6 4 4 4 4 4 4
1 Wagenbauer jeder 1 Pferd 1 " " meister 6 Schirmeister Zum Packen von Train zu den Campagne 12 u. Train Zeltern 3 Vorrath 4 9 4spänige Fahrzeuge 36 6 " " " "
Summa 95 Knechte
45 Fahrzeuge 36 36 18 18 18 18 18
95 Knechte 273 Pferde
11 Canonierzelter 18 Train Zelter
Flaschen für den Trän Zeltdeckn Feldkassen Kastrolle Kesselbeutel Beile Zelt breit Futrals
z Statt „2". "" Statt „Conpgne". 13 Scharnhorst substituierte hier anscheinend die preußischen Standardkaliber; das französische Feldartilleriesystem verwendete tatsächlich vier-, acht- und zwölfpfündige Kanonen sowie sechs- und achtzöllige Haubitzen.
13
Nr. 1
Wagen Ein 3 U diger Cartush. 185 Kugel
Ein 6 "
"
"
160
-
Schüße 45 drei 25 Sechslöthige löth. Cart. Cart. 25 6loth. 15 12löthige Cart. Cart. 30 15 " -
Ein 1 2 " " " 45 Ein 1 2 " " " 105 lOiidge Unter den 8 Wagen mit 12iidigen sind 5 mit Kugeln u. Cart. Schüßen 3 bloß mit Kugelsh. Ein 7 U Gran. Wagen der r. Art. 60 Gr. 20 Cart. Ein 7 U Gr. zu ord. Art. 60 Ein 10 Й Haub.W.
36 Gr.
20 8 Cart.
3 2 3 2 2 2
Brandk. LeuchtK. Brand L. Brand Kugeln L.
Inf. Patr. Wagen
21.100 Patr. 600 Steine für Inf. Gewehre 100 " " Carab. u. Schützen Cav. Patr. Wagen 30,000 250 Inf. Gew. Stein 500 Cav. Gew. Steine oder Schützen 1 Inf.-Gewehrsteinwagen 27,000 Inf. G. St. 3.000 Cav. Gew. St. Auf 255 Schuß 281 Schi. Rörchen, 25 Zündlichtr, 5 1 / 2 U Mehlpulver V4 Centner Lunte, '/ 2 Centn. Werk Schanzeug Vorrathsaffüte 1 - Schanzeugwagen
Schippen 1 130 -
Vorraths Räder Auf jede Vorrathsaffüte 1 2 Zu 10 Wagen 1 " 20 " 2
Hacke 1 50 - 24 Beile 24 Axte 24 Faschinenmesser 1 Korbsäge 2 Handsägen 80 Stück Batt. Nagel
Protz Affüten Rad Vorder Hinter Räder
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Auf die Vorrathsaffete 1 Nothaxe für die Laffete u. Protze Auf 10 Wagen 1 Eben so viel an ausgearbeitete Axen als an Nothachsen. Deisseln auf die Vorrathsaffüte 1 Auf 20 Wagen 1 Felgen auf 10 Wagen 1 Stük Speichen " 1 Felge 2 " Protznägel p. Trainwagen 1 Stük Das Wagenshmier bei den Train wird nur dann an die Batt. gegeben, wenn keines zu haben. Die Trainwagen enthalten das Handwerkszeug, die Nagel, die Ziehebänder etc. Es sind da 1 1 6 2 1 1 95 273
Wagenbauer Wagenmeister Schirmeister Reitshmiedegesellen Sattler Geselle Trainchirurgus Knechte Pferde
[9.] Art. Artillerie für die preussishe Armee Bei jeder Brigade ist 1 Batterie HÜder u. 1 Park Colonne gerechnet. Man nehme statt dieser zu d[e]r Batterie 1 2 i i d r 3 Stück 12 U der u. 1 Haubitze und dann noch 6 Stük GUder, statt der Regiments Artillerie und gebe der Parkkolonne 6 Stük 6 ft derab zur Reserve. Um diese Stüke zu besetzen" [sie!]. Auf diese Weise bestehet die Batterie einer jeden Brigade aus einer bisherigen halben Battrie 12 u. einer bisherigen halben Batterie 6Ü der. Die Parkkolonne bleibt so, bekommt nur statt 6 6spännigen Wagen 6 6spännige 6Ϊ4 dige Canonen, welche in jed[e]r Protze 100 Schuß haben. Die 6sp[ä]nnig[e]n Wagen würden 200 Schuß gehabt haben, es fehlen daher 600 Schuß, wozu noch 3 6spänige Wagen erfordert werden, da aber nun wenigere 12 ί£ dige Munition erfordert wird, indem statt 1 nur '/2 Batterie da ist und auf der ganzen 8 Wagen da sind, also 4 abgehen, so bleiben doch noch 2 Wagen übrig, die man aber mit 6 U dger Munition beladen kann, um dran niead Mangel zu leiden.
"h Folgt ein überflüssiges „ Stük Folgt gestrichen: „ so gebe man "J Das Wort gestrichen, mußmatlich aus Versehen.
Nr. 1
15
Die Parkkolonne wird nun haben: statt 11 6sp[ä]nnige Wag[e]n mit dige Munition 9 sechssp[änni]ge Wagen u. 6 6sp[än]nige Canonen, statt 8 6sp[än]nige W[a]g[e]n mit 12Ü Munit. 4 solch[e]r W[a]gen. Der Etat der Parkolonn Bei dieser Einrichtung wird erspart 1.) die Regiments Art. Pferde u. Train, denn die 6 Stük, welche die halbe Batterie ausmachen, sind auch für die Bat. Regiment. 2. werden nur 48 Canonier von den 4 Bat. ein[e]r Brigade, 24 bei die 6 U der der V2 Batt. u. 24 in Park gegeben, mithin 48 für die Bataillone erspart. Es sind jetzt 16 Stük bei einer Brigade, nach der obigen Einricht[un]g eben so viel, nur das 6 Stük en Reserve sind. Diese Einrichtung hat folgende Vortheile 1. Große Ersparung, der ganzen Regim. Art. an Pferden u. Knechten u. der halben an Canonieren. 2. Kann die 12Üdr[batterie] in Frühjahr u. Herbst nicht mitkommen, so nimmt man die '/ 2 Batterie 6 i i d r von Park u. läßt die 12 Ii der dahin gehen u. nun hat man bei den beiden Bataillons eines jeden Regiments der Brigade '/ 2 Battrie 6 f e d r oder 6 Stük derselben. 3. Ist dies nicht nöthig, so hat die Brigade V 2 Batterie 1 2 i i d r u. '/ 2 6Üdr, diese machen 1 Batt. von 10 Stük aus, von den auf jeden Regiment in der Action 2 Stük 6 U dr geschikt werden, so daß also in der Batterie noch 6 Stük zurükbleiben. 4. Gehet durch einen Unglüksfall die Art. einer Brigade verlohren, so hat man doch noch 6 Stük 6 Ή dr en Reserve, mit den man sich wieder helfen kann. Auch von dies[e]n werden die einzelnen verl o h n t e n ] , die unbrauchbaren u.s.w. ersetzt. Schlacht bei Cunersdorf ae u.s.w. 5. Will man ein oder andr[e] Brigade wegen der besondern Lage, in der sie sich befindet, mit Art. verstärken, so läßt man die 6 Stüke aus der Park Colonne kommen. 6. N u n stehet die ganze Artillerie d[e]r Brigade unt[e]r einem Art. Capitain, der auf alles sehen u. für den zwekmäßigen Gebrauch in Actionen, für die Conservation u. Ersetzung der Munition, Pferde, Geshirre u. s. w. sehen kann. Die Geschütze werden von geübt. Artillristen bedient und alle die Nachtheile, welche die Regiments Art. hat, fallen jetzt weg.
"
Folgt gestrichen: „5. Körnt die Brigaden in einen Ort".
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Art. 2tes Project Man nehme nur bei jede Brigade V2 Batterie 12fi der, besetze aber mit der andern Hälfte der Manshaft die 8 Regiments Canonen, nehme die fehlende[n] von der Regiments Inf., so wird jede Canone af 1 Art. Unt.offic. u. 6 Artiii. von Corps u. 6 Regiments Artillristen haben. Man sparet dann die Hälfte des ganzen Artillerie Trains und die Hälfte der Regiments Artillristen, so daß das18 Regiment dadurch um 24 Effective untern Gewehr stärker wird u. behält 2 Unterofficiere u. mehrere Bombardier en Reserve bei der Battr., welches gut ist. Dann können diese 8 Stüke immer als Battrie geführt und nur wo es in Actionen nöthig ist bei den Regim. vertheilt werden. Ein Art. Officier comandirt sie, sie stehen dabei unmittelbar unter den Batterie Comandeur, denn sie werden als V2 Batterie betrachtet, dieser dirigirt sie in Actionen etc. Es würde ein großer Vortheil seyn, wenn in der selben Batt. 12ίέdr statt der 1 lOiidg. Haubitze 2 Stük 7Üdige Haubitzen geführt würden; sie würden besser mit durch kommen, nicht mehr als 1 lOiidge kosten u. doch weit wirksam[e]r seyn. ah Da aber die ganze Welt wieder die 7U dige Haub. ist, so ist hier nichts zu thun. Bei dieser Bedingung muß aber die reit. Art. verstärkt werden. Man hat hier eine Batterie von 12 Stük stark, wenn man auf einem Flek agirtDer Haupt Nachtheil der Regiments Artillrie bestehet darin, daß sie immer feurt, so bald sie den Fei[n]d siehet, weil niemand sie in Beziehung der ganzen Anordnung dirigirt, und immer alles ohne Nutzen verplatzt wird. Der Vorschlag ist der beste u. dies giebt Art. genug. Nicht die Menge, sondern die Bewegbarkeit macht die Sache aus, u. die erhelt man durch gute Pferde u. gute Aufsicht. Nun bleibt für jede Brigade V2 Batterie 1 2 i i d r en Reserve mit der dazugehörigen Munition übrig. Sie machen einen Theil der Festungsart. aus. Sie haben ihr Pferde Geschirr etc. bei sich u. es sind in der Provinz die Pferde aufgeschrieben, damit sie in 1,2 u. 3 Tagen mobil gemacht werden können. Sie sind immer hinter der Armee en Depot. Man bedient sich ihrer dann 1. beim Verlußt and[re]r Art., 2. bei Belageru[n]gen, 3. da, wo Corps befestigte Punkte besetzen. Muß man zurük, so werden sie vorher zurükgeschikt. Die Anstallt wird vorher von den Comand[a]nt[e]n getroffen. Die Canonen aus Glogau bei Leuthen.
"f Folgt, versehentlich nicht gestrichen: „12 Art., ag Das Wort in der Vorlage versehentlich doppelt. "h Der hier folgende Satz zwischen die Zeilen gequetscht, mutmaßlich später hier nachgetragen.
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Nr. 1
[10.] Art. Die 12fe> der müßen Munitionskasten, jeden mit 40 Schuß beladen, haben. 30 Kugel, 10 Cartätshshuß haben. Man kan sie dann zur Noth brauchen, we[n]igstens auf 3 Canonen nur 1 Wag[e]n folgen lassen. Bei der 7ί£ dig[e]n Haub. kann man 20 Bomben u. 5 Cartätshen mit sich führen. Art. Wirksamkeit 14 V2 lothige bis auf 1 2 4
8
250 Schritt 500 700 850
1000
Eigentlich erstrekt sich die Wirkung der 3löth. nur auf 700, da schlägt nur von 41 Kugeln 3/5 durch ein Bret bei 1V4 U bei dem 3ttdr. Die stärkere Ladung thut etwas mehr. 3 U dr
Schußweiten 3/ 4
3&der 3ίέ 2 3ίέ 3V 4 3Ü 5V 4 5V 4
Zoll Ζ. Ζ. Ζ. Zoll
Haben erreicht
'/, -v2 -v4
1V4 U Pulv. 15 Schuß - 1800 - 1 6 7 0 lV4fa>10 " - 1980 - 1 9 3 0 V/4Ü10 " - 2100 - 1889 1V4fc10 " - 2020 - 1 9 8 8 ist = 6 Grad
6 U dr leichter 2 V4 Ü 1 Gr. 8 Schuß lV4Zoll 10 Sch. 3V410 " 5V410 " 5'/4 Zoll = 5 Grad
- 1969 - 1960 - 2110 - 2 0 3 5 - 2306 - 2 2 6 7 - 2450 - 2 3 7 5
-1600 -1780 -1850 - 1840 - 1940 -1980 -2200 -2300
Der Unterschied der Schuß weite des 3 u. 6Ü ders = 350 Schritt. 3fedr 1 6 0 0 - 1 8 5 0 6 " " 1900-2250 Schwer6fader3 U. 0 Gr. V.S.15 - 10 lV 2 Zoll - 12 3° 33/4 " - 10 3V 2 ° 4 Zoll - 10 14 15
Von Kartätschkugeln. Visierschuß.
Schuß -
-
V3 2100 2300 2300 2420
V2 -2020 -2230 -2228 -2300
3/ 4
-2060 -2130 -2100 -2250
18
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Leichtr 12fcdr 4 U. 1 Zoll 10 Schuß 3'/ 2 " 105 Gr. 6 Zoll 10-
- 2 5 0 0 - 2 4 8 8 - 2320 - 2 6 9 0 - 2 5 0 0 - 2430 - 2 6 5 0 - 2 5 0 6 - 2450
Schwer[e]r 12ftdr 5 Ü. 1 Zoll 10 Schuß 3V 2 " 104 Gr. 6 Zoll 10 -
v3 - 2400- 2540- 2730-
3Ü
-
6"
-
12Ü
-
1. 3U 6Й 1. GU s.
V.S. 1670 bis 1988 - 1650 1960 - 2375 - 1950 2488 - 2506 - 2450
6Й 6 ft 12 ft 12ft 3U 6Ü 6Ü
V2
v4
3
V2 240025002690-
/4 2400 2450 2570
5 bis 6° 2000 2350 2550
Wahrsheinlichkeit des Treffens Nach einer brettern Wand 6' hoch 80' breit in ersten Aufshlag 800 Schritt 30 Schuß tref. v5 ^ " II 2 800 " /3 800 " 10 " V2
12&m. 1800 12" s. 1000 3h
v3
" "
10 10
1200 " 1200 " 1200 " 1500 Sch. 1500 1500 1. 1500 " s. 1500 "
" "
10 10 100 10 Schuß 10 Shuß 10 Sch. 10 " 10 "
1. s. m. s.
-
2
0 /5
-
v5 V2 3 /10 3 /5 V5 V10 0 V5
Ricochettirende Schüße 0 Grad 1.
in unebenen Terrain, aus der Tiefe nach der Höhe eines 101 F. hohen Berges, auf den ein[e] Wand 200ai F. la[n]g u. 6' hoch war.
3iidr 6Ü 1. 6Ü s.
30 Schuß Vis. Schuß 1600 Schritt II II II II 30 1600 II II II И 30 1600
12ίέ m. 30 12Ü s. 30
"
Zahl etwas
η
η
II
II
II
II
verschmiert.
1800 1800
--
7,0 vls 2
/15
2
/15
2
/l5
-
II -
II
-
19
Nr. 1
ЗЙ 6Ü 1.
30 30
" "
" "
" "
1200 Schritt 1200 "
-
3
Vs /10
6Ü s.
30
"
"
"
1400
"
-
7,5
12 m.
30
"
"
"
2200
"
-
V15
Von 270 Schuß also 38 getroffen, also - f - = V 7 " Von 36 Schuß bei 5 u. 6 Ü bei den 12fedr treffen auf 900 Schritt bei 1 Gr. Elev. 25 Schuß, also mehr als 3/4. Bei 3 h Ladung, welche 730 zur mitler[n] We[i]te gab, treffen von 30 Schuß 11, also V3. Bei 2 U aber, welche 560 mitlere Schußweite geben, treffen von 24 Schuß nur 2. Da war die Wirku[n]g also V12. [11.] Jan. 1802 K.K. Reserven Große Reserven ist die Hauptsache. Der erste Angriff oder Aufmarsch muß nur eine Tentative seyn. So auch in der Defensiv Stellung. In der Schlacht bei Ramilies hätte Villeroy seinen rechten Flügel verstärken sollen.17 Die Allirten brachten nach ihren linken alle Cav. Dies ist die einfachste der schiefen Stellungen, eigentlich nicht schief in der Form, aber doch in der Wirkung. Reserven Man muß sich in Acht nehmen, sie nicht gleich gegen die falshe Attaque zu gebrauchen. Dies ist meistens der Fall, bei Ramilie wurde sie nicht gebraucht, bei Leuthen gegen den falschen Angriff; mit der reit. Art gehet es ebenso. [12.] ^Aus den im Jahre 1795 in Frankreich angestellten Versuchen mit Cartätsh-Schüßen ergiebt sich, daß eine 12Ud Canon, mit 18 Stk. 1UKugeln geladen, auf 1100 Schritt, mit 3 Zoll [Elevation], 4 Kugeln in die Wand brachte.
16
17
Die hier einsetzende Passage von Schreiberhand mit eigenhändigen Zusätzen reicht von fol. 54r bis 55r. Gemeint ist, daß das Verhältnis von 38 Treffern zu 270 Schüßen etwa einem Verhältnis von 1 zu 7 entspräche. A m 23. Mai 1706 unterlag bei Ramillies eine französisch-bayrische Armee unter dem Herzog von Villeroi einer alliierten Armee unter dem Herzog von Marlborough.
20
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
", mit 18 Stk. 1U dlg Kugeln geladen, auf 1000 Schritt, mit 2 Zoll, 6 Kugeln in die Wand brachte. " mit 41 St. Hlöthige Kugeln geladen, auf 1000 Sch., mit 2 Zoll, 13 Kugeln in die Wand brachte. " mit 41 St. 12löthige Kugeln geladen, auf900 Sch., mit 1 Zoll, 16 Kugeln in die Wand brachte. " тц 4i St. 12löthige Kugeln geladen, auf 800 Sh. horizontal 17 Kugeln in die Wand brachte. Auf700 Schritt wurden keine Versuche gemacht,ak Eine 12 Ü d,ge Canon mit 78 St. 6löth. Kugeln geladen, auf 600 Schritt horizontal 31 Kugeln in die Wand. Nähere Distanzen wurden nicht beschossen. Eine 10b>d Haubitze, mit 56 St. 12löth. Kug. gel., auf 800 Schritt, mit 2 Zoll, 16 Kugeln in die Wand. " -—" , mit 56 St. 12löth. Kug. gel., auf 700 Sh., mit 2 Zoll, 17 Kugl. in die Wand. " " , mit 56 St. 12löth. Kug. gel., auf600 Sh., mit 1 Zoll, 18 Kug. in die Wand. Auf nähere Distanzen wurden keine Versuche gemacht."1 "
Von einer 12tt digen Battrie 6 Can. u. 2 H. ist die Wirkung gegen eine sich bewegende Wand, von 1000 Schritt bis zu 100, 2756 Kugeln; von einer 6Ϊ4, die 12 Stck. 6%, von 1000 Schritt bis zu 100, 3344 Kugeln. "k Zu Beginn der folgenden Seite folgt von Scharnhorsts Hand die gestrichene Überschrift -Französische Geschütz". Folgt gestrichen von Schreiberhand: „ Ein 6 Ü dig. leichtes Canon mit 20 St. 12löth. Kug. gel. auf 1000 Sch. mit 2 Zoll 7 Kugeln in die Wand. — "- 900-"1 —
—6
ff
...6-
—"- 800-"-
"It
•41 St.
6löth.
Kug-
- "-
700 -
1 -"-
"—horizontal
. . . 9
—12
"-
— 9
"-
— 9
"-
..10
"...
—600-"—500-"—400-"—"-
Eine 7 it dige Haubitze
—12 ..η -24
"... ff
"-
mit 70 St.
6löth. Kug. geladen "
300-"700 Sh. mit 2 Zoll
"
600-"-
"-
400
1-"-
-"—horizontal
Nr. 1
21
[13.] Art. Pontanus 18 setzt die Wirksamkeit der Kugeln der 1U d[ige]n 1200 Schritt " 12lothigen 1000 " " der 6 " " 800 " " " 3 " " 600 " " Ostpreussische 10 12'tA dige Batterien 3 reit. Batt. " 2 6 Ü dige 1 7 & d g e H. Batt. 2 Stück 3 Ь> dige Reservecanon 100 Pontons 1 9 Südpreußische Corps 8 Stück 12 ft dige Batt. 3 " r. 2 " 6Ud. Batt. 1 " 7Üd. H . B a t t . 2 " 3 U dge Resr. Can. 53 Pontons Schlesishe Corps 1 4 - 12 Ü dige Batt. 2 - 10 Ü dige Mort. Batt. 2 - 7 Й dige Mort. Batt. 4 - 6 ft. reit. 3 - 6 ft. leicht. Batt. 2-7Ür. H.Batt. 4 Stük 3 ft dige Res. Can. 100 Pontons Reserve Corps -
18
"
8 - 12 ft. Batt. 1 - 6 " Batt.
Der 1801 geadelte Oberstleutnant Johann Christian von Pontanus (1742-1813) hatte 1762 als einfacher Artillerist an der Schlacht von Freiberg teilgenommen, sich danach zum Offizier hochgedient und kam 1792 ins Oberkriegskollegium. 1794 wurde er zum Stabe König Friedrich Wilhelms II. versetzt, 1794/95 zeichnete er sich beim Feldzug in Polen aus. 1804 wurde er zum Obersten und Kommandeur des 1. Artillerieregiments befördert, nach dem Kriege wurde er 1809 zum Vorsitzenden der Artillerieprüfungskommission ernannt, 1811 zum Generalmajor. Pontanus galt als einer der Hauptverantwortlichen für die starke Ausstattung der preußischen Armee mit Zwölfpfündern. Die Pontoniere gehörten in Preußen seit 1773 zum Artilleriekorps und trugen Artillerieuniformen. Es bestanden zwei Kompanien, je eine in Berlin und Königsberg, sowie ein Kommando in Glogau.
22
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Nachher sind noch 2 r. Comp, angeworben, fern[e]r sind nach her 4 12Ü dige Batt. eingegangen u. dagegen 4 reit, errichtet, wo zu 2 Co[m]p[a]gn[i]en word[en]. Mithin jetzt 12&dige
10 Batterien 8 " 14 " 8 " 40 weniger 4 also 36
6 Η dige -
2 Batt. 7 U Haub. - 4 Batt. 2 " 3 " 4 Mort. Batt., wovon 2 10fe u. 2 7Ü dige 1 " 8
Reit.
14 22 Stük 6 Ü dige
Veränderung in der Artillerie I.
Abshaffung der 12 U Brumer u. 6itdigen schweren auf Pontanus Vorshlag; er trug bei den Ober-Kriegescollegium 20 darauf an, es veranlassete Versuche im Jahr 1795 am , zugleich wurde festgesetzt, das statt der 20 Cartätschen mit 12lothigen Kugeln beim 12 fi dr jetzt 10 Kart, mit 1Ü dige Kugeln 5 " " 12löth. 30 " " 6löth. Statt der 20 Stük 6löth. Kartätschen bei den 6Uder jetzt 15 St. mit 12löth. 25 " " 6 " Statt der 20 Stük mit 6löthigen bey 3 Ü der jetzt 15 St. mit 6loth. 25 " " 3 " Es fand sich beim 6 Ü dr, daß die 6löthigen auf 800 Schritt fast doppelt so viel Wirkung als die 12loth[ige]n, u. beim 3 U der die 3lothign auf 600 Schritt doppelt so viel Wirkung als die 6lothigen hatten.
am
Folgt, versehentlich nicht gestrichen: „ unter". Danach gestrichen: „ 1 General, 2 Ob". Die 1787 gegründete Verwaltungsbehörde der Armee, deren 1. Departement, dem Pontanus als Assessor angehörte, u. a. für die Belange der Artillerie zuständig war.
20
Nr. 1
23
Zugleich auch alle 3 U dr bei den Feldbat. abgeschaft. Nach den Cabinets Befehl vom 25. Dec. 1795 erhielten alle Feldbat. 6Üdr.
Nach den Cabinetsbefehl von l l t n Mrz. 1796 geshah die Abshaffung der 12iidigen u. 6 i i d g . schw. Canons u. die obige Veränder[un]g der Cartätshen. II.
Veränderung der Bepackung, von Futterlade, Krippe, Picketpfähle, Schanzeug u. Bespannung. Hierüber die Cabinetsordre von 8ten Jun. 1796.
III. Veränderu[n]g der Stellung der Battrie betreff[en]d in Divisionen. Cabinnetsordre von 8ten Jun. 1796. IV.
700 Gewehrsteine in den Bataillon Patronwagen
V.
Verändru[n]g der Pontons, statt der vorn platten spitze. Cabinetsordre, den 24. Nov. 1796. 70 Centner trug ein Ponton.
VI.
Es wurde ein Plan zu den Bestände des Geschützes der Festungen den 30tn Oct. 1800 genehmigt, sondern [sie!] auszuführen befohlen, u. danach die Munition zu reguliren.
VII. Belagerungstrain in Magdeburg zu lassen, den in Neisse aber in Glatz, Silberb[e]rg, Schweitnitz u. Neisse zum Theil zu vertheilen, den andern weiter rükwärts zu schicken. Wurde den 30tn Oct. 1800 befohlen. VIII. Neue Formirung der Festungscompagnien 21 , die neuen Etats nahmn mit Jun. 1801 ihm Anfang." [14.] Walllafete Die 12 Ü Laffete von Gribeauvall 22 372 rh. Von Boumann 23 209 "
*" Folgt eine fast ganz leere Seite (fol. 57v). 21 Die preußische Festungsartillerie umfaßte 15 Kompanien und zwei abgesonderte Kommandos. 22 Der französische Ingenieur und Artillerist Jean Baptiste Vaquette de Gribeauval (1715— 1789) diente im Siebenjährigen Krieg bei der österreichischen Armee und wurde danach zum Generalinspekteur der Artillerie und Gouverneur des großen Arsenals ernannt. Unter seiner Federführung wurde das seit 1776 eingeführte Standardsystem des französischen Artilleriematerials entwickelt. 23 Georg Friedrich Boumann wurde 1804 als Oberst beim preußischen 9. Artilleriebataillon bei einer Revue mit dem Pour le merite ausgezeichnet. Der spätere Kommandeur des 3. Feldartillerieregiments wurde 1809 wegen seiner Rolle bei der Ubergabe von Küstrin zu lebenslanger Festungshaft verurteilt, der König milderte das Urteil auf zehn Jahre ab.
24
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Bei der Gribeauvalschen sind an der Laffete, Axe u. Räde[rn] 6 C. 74 U Eisen Protze 3 " 15 " überhaupt 11 Cent. 79 U gebr[a]ucht Die ganze französishe Laffete wigt für den 12 ίέ dr 17 C. 7 U u. kostet ohne Protze 474 Liv.24 Das Chasis wiegt 479 Ü u. kostet 103. Dies macht aber 143 + 24, also 167 rh. Die Feldlafete des 12 ίέ dr. wiegt 1435 u. kostet 212 rh. Also die erste zur 2ten wie 143 : 212. ao Art. Die nach dem Kriege gegoßenen l2Ur wogen 33 Cent[n]er oder 3630 Ü . Die Brumer 29 Cent, odr 3200 U ; die alten 24 U der 65 Centnr, 7150 Ü . Mann kann die ersten 2400 U u. die letztn 4800 Ü schwer machen. Vergleichung des neues Brumer alten Project Preussish Frzösish
Engl, neu
12Ü 2400 24 " 4800 24 ίί 16 12 24
3200 -
3600 Ü 7100 U 5626 4111 3180 2170 4100
-8UL.
Ersparung - V3 Metall, dann V3 weniger Menshen, dann die Canonen fast allerwärts hin zu bringen. Mann kann bei dieser Einrichtung also mit der Masse von Metall, mit der 2 Festungen versehen, nun 3 versehen, man kann bei dieser Einrichtung die 12fidigen Canonen, wenn es erfordert wird, in Felde gebrauchen, man kann bei dieser Einrichtung die 24 Ü digen Canonen, wenn
24
Folgt gestrichen: „ Die Boumanshe Laffete hat Der Beschlag zur Protze hei Bouman 3 C. 100 Ü. bei Scheel 3 " I i Die Gribauvalsche Laffete." Mit Scheel ist Generalmajor Heinrich Otto von Scheel (1745-1808), der Inspekteur der Ingenieurakademie in Potsdam, gemeint bzw. sein in seiner Zeit als dänischer Artillerieoffizier geschriebenes Werk: Memoires d'artillerie, contenant l'artillerie nouvelle; ou, Les changemens faits dans l'artillerie franqaise en 1765 avec I'expose et l'analyse des objections, qui ont ite faits a ces changemens, Kopenhagen 1777, 2. Auflage Paris 1795. Livres; Scharnhorsts Quelle benutzte offenbar noch die alte Währung.
Nr. 1
25
sie doppelte Zapfenlager und Protzen mit hohen Rädern haben, ohne Sattelwagen transportiren, ap welches in Rüksicht des Belagerungsgeschützes wichtig ist. Die Haupt Sache ist in der Vorstellung, daß man ehemals starke Ladung gehabt und daß deswegen damals die Kanonen so stark waren, daß man jetzt weiß, daß man mit geringerer eben so weit kömt u. des wegen die Geschütze schwächer seyn können. Ein ander Grund, daß die Stärke nichts hielft, wenn das Metall nicht taugt. Dann das 18 Ii der gut seyn wird, welche 3600 Ü wögen, fast nicht mehr als die jetzigen Brumer. Zum Geschütz in der Festung sind 16feder fast eben so gut als 24 Ü dr, denn diese sind gegen die Schießscharten fast eben so wirksam als 24!ider. Man kann 1 8 i i d e r zu 3200 Ü nehmen, diese sind also nicht schwer als die jetzigen 12iidr. Bei den 18fider hat man den Vortheil, daß man die französischen 16i£digen Kugeln brauchen kann, bei 16&der würden sie unsr[e], wir aber nicht ihre Kugeln brauchen können. Art. Wir haben gegen 6000 Geschütze in den Festungen u. 20.000 Centner Metall, also zu 1000 Canonen, jede von 20 Centner. Art. Vorposten. Der Gebrauch der Artillrie auf Vorposten. 1. bei Patrouillen. 2. Auf einen Posten, ζ. B. Wedding a. Soutien der Wache b. Gebrauch beim Posten selbst c. Gebrauch beim Rükzuge 3. Auf einem Posten, ζ. B. Thiergarten 4. Beim Angriff oder Allarmirung eines Postens, ζ. B. Charlottenburg Aus dem letz[t]en Kriege - die Posten [15.] Gesellschaft in Potsdam 25 G L . v. G. 2 6 v. Rüchl
ap 25
26
Statt „ transportirt werden können Die Mitglieder der Militärischen Gesellschaft in Potsdam gehörten zwar auch der in Berlin an, doch wählten sie ihre eigenen Funktionäre und hielten eigene Versammlungen ab. N u r sie durften über die Aufnahme von in Potsdam ansässigen Offizieren entscheiden und der in Berlin wohnhafte Scharnhorst wurde von ihr besonders zum Mitglied gewählt, vgl. Nr. 41, 42 und 43. Generalleutnant von Geusau, der Generalquartiermeister der Armee. Zu ihm, Rüchel, Massenbach und Phull vgl. Anhang 1.
26
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
O. v. Massenbach, v. Lecoq 27 M. v. Bergen 28 " Gr. v. Götzen 29 M. v. Knesebek Cap. ν. Lossow 30 Ob. v. Phul31 OL. Scharnhorst M. v. Kampth 32 Zwek Insbesondere die Anwend[un]g der Kriegeskunst auf den preussish[e]n Staat. Von allen Abhandlung u. Co[n]v[e]rsation wird in der übrigen Welt Stillschweigen verla[n]gt. 27
28
29
30
31 32
Karl Ludwig Jakob Edler von Lecoq (oder Le Coq, 1754-1829) hatte seit 1796 im Wesentlichen die Unterhandlungen mit Scharnhorst zu dessen Ubertritt in preußische Dienste geführt, vgl. den zweiten Band dieser Edition und den dortigen Anhang 1. Lecoq war 1801 zum Kommandeur en Chef des in Potsdam stationierten Grenadiergardebataillons (No. 6 nach der Stammliste von 1806) ernannt worden. Der aus Anhalt-Kothen stammende Karl Ludwig August von Bergen (1769-1826) diente beim Generalquartiermeisterstab und trat 1803 auch der Militärischen Gesellschaft zu Berlin bei. Er war 1793 für sein Verhalten im Gefecht bei Limbach mit dem Pour le merite ausgezeichnet worden, im Oktober 1806 fungierte er als Stabschef des Herzogs Eugen von Württemberg, 1807 nahm er seinen Abschied. Vgl. seinen Vortrag: Fragemente über den Feldzug von 1800. (Geschrieben im August des nämlichen Jahres), in: D M G B 3 (1803), S. 60-79. Der Kavallerieoffizier Friedrich Wilhelm Graf von Götzen (1767-1820) wurde im Dezember 1803 zum Quartiermeister, im Mai 1804 zum Flügeladjutanten des Königs ernannt. Er wurde vor allem bekannt als Leiter der preußischen Verteidigungsbemühungen in Schlesien nach Jena und Auerstedt, wobei er im März 1807 zum Generalgouverneur der Provinz ernannt wurde, welche Funktion er bis 1814 ausübte. Ende 1807 wurde er zum Mitglied der Militärreorganisationskommission ernannt, 1809 wurde er zu geheimen Unterhandlungen mit Osterreich entsandt, doch konnte er wegen Kränklichkeit nicht mehr im Felde eingesetzt werden. Er erhielt 1816 seinen Abschied als Generalleutnant. Johann Friedrich Konstantin von Lossau (1767-1848) hatte zwei Wochen vor dem Tode Friedrichs II. als Fähnrich beim Mindener Infanterieregiment Woldeck (No. 41) seinen Abschied genommen, war aber bereits im folgenden Jahr beim Regiment Wendessen (No. 29) in Breslau wieder angestellt worden. 1799 kam er vom Füsilierbataillon Stutterheim (No. 21) zum Generalquartiermeisterstab. Als Major diente er 1805 und 1806 im Stabe des Grafen Kalckreuth, 1807 in dem Blüchers. Nach Tilsit wurde er mit Geheimaufträgen betraut und verfaßte eine Reihe von Reformdenkschriften. Während des Rußlandfeldzugs 1812 wurde er mit der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet, in den Befreiungskriegen kämpfte er als Brigadechef. Nach seiner Verabscniedung 1833 wurde ihm 1848 noch der Charakter eines Generals der Infanterie verliehen. Vgl. seine Abhandlung: Versuch über das Kriegssystem König Friedrich des Zweiten, in: D M G B 3 (1803), S. 80-110. Karl Ludwig August Friedrich von Phull (auch Pfuel, Pfuhl und Pfull geschrieben) fungierte 1803 auch als Direktor der Militärischen Gesellschaft in Berlin. Der gebürtige Mecklenburger August von Kamptz (1761-1806), der 1793 bei Pirmasens mit dem Pour le merite ausgezeichnet wurde, trat 1803 auch der Berliner Militärischen Gesellschaft bei und kam 1805 zu Scharnhorsts 3. Brigade des Generalquartiermeisterstabes. Er wurde bei Auerstedt tödlich verwundet.
27
Nr. 1
Die Bemerkungen werden in einer der nächstfolgenden Sitzu[n]g[en] über eine vorhergeh[en]de Abh[a]ndl[un]g gemacht. Es wird niemand zu einem Mitgliede erwählt, von den man auf die entfernteste Art zu vermuthen Ursach hätte, daß er den preußischen Dienst verlaßen könnte/ 4 [16.] ar Den 9ten August 1801 Einnahme Bestand meiner Kasse in Golde in Münze noch tr
den 9ten August Davon in Geldbeutel Jul. den { Schneider Rechnung lOtn Für Reparation in der Caserne an den Capitän Harmes Für mein Essen etc. — Den 13ten an Canzler 33 zur Ausgabe Für einen Recruten an Bölcher aus Cotbus Heinrich 34 für Lohn — 15tn Canzler Kostgeld Regiments Tambour — 21. Aug. Canzler auf Rechnung 26. Hafer für Scheffel ä Scheffel 1 rh. 3 gr.
" 33 34
Ausgabe
100 200 20 15 335 15 13
—
17 31
—
8
10 11 10 6 2 1
—
12 12 —
17
3
136
11
Folgt eine fast ganz leere Seite (fol. 61r). Der Abschnitt steht in der Vorlage gegenüber dem Übrigen „auf dem Kopf, beginnt auf fol. 65v und endet auf fol. 63r. Dabei auf fol. 66r-67v weitere Berechnungen mit Bleistift. Bediensteter Scharnhorsts, vgl. Nr. 22. Möglicherweise handelt es sich um den im ersten Band mehrfach erwähnten Heinrich, der Scharnhorst schon 1793 in Flandern begleitet hatte. In Nr. 22 erscheint er als „Hinrich".
28
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Einnahme
Den 28. Aug. Den 30. Servies — Den lsten Sept. Oberfeurwerker Capitulantengeld —
43 —
Ausgabe 10 rh.
2"
9 387
12 136
387
148
Von der ander Seite
bleibt
239
Den lten Sept. Heinrich 2 Haufen Torf 1 Haufen Elsen Holz 3 5 6ten Sept. an Canzler Ausgabe 7 " " fürPappier 8 " " Holzhauer 8 " an Canzler zum Ausgeben
— — —
— — —
— — —
— — —
5 17 14 9 6 " 18 1" 8 50 - 1 8
bleibt
—
189 rh.
— —
165 rh. 76 " 176
September Den lOten Sept. Ueberschuß " 10 " " erhalten
Den 30ten Sept. eingenomen Brodt u. Servies An Leichert Ausgaben 36 An den Obersten von Lecoq Für Wein an Mitsher 37 Für 35 Cent. Heu ä 20V 4 gr.38
35 36 37 38
417 rh. 67
26 56
8
Erlenholz. Zu dieser und den folgenden Zahlungen an Leichert vgl. Nr. 10, Anm. 5. Vgl. Nr. 11. Vgl. Nr. 18.
Nr. 1
18tn Sept. Für meine 3te Neu Montirung u. einen Ueberrok für Heinrich 39 18tn An den Oberfeurwerkr Düri[n]g An Kanzler zum Ausgeben " " Kostgeld etc. von 15ten Sept. bis 15. Oct. Heu zu fahren 30ten Sept. an Canzler Oct. 1801
4623 -
7 —
12
61 10
12 16
rh.
gr-
Einnahme in Cassa
d.
Ausgabe 17.
8. 9. 10. 13.
Heinrich" Miethe40 an Seidel" Büchershrank 12 Stühle — Eßtisch andern Tish41 Friseur bis 21. Sept. 14 Scheffel Hafer Canz[l]er Ausgaben Leichert Canzler Ausgaben — tt
η
η
fr tf
Sonst noch für mich Oct. Nov. C. F. Löring
—
5 27 25 20 8 3 5 18 6 26 10 10 12
12 8 20 12 — —
4
Nov. Oberf. bis den 18. April Inform, bezahlt D. Jan. F. M. Apr. Zulage " "
39 40
41
9 10
Folgt gestrichen: „ Kostgeld". Darunter gestrichen: „An Kanzler Koste Zu dieser und den folgenden Zahlungen an Heiner vgl. Nr. 5, Anm. 7. Die dazugehörige Quittung (Berlin, 1. Oktober 1801, GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 25r) vermerkt, daß „von den Königlich Obrist Herrn von Scharnhorst" 25 Taler in Gold (Friedrichsd'or) als Hausmiete vom 17. Mai bis einschließlich 1. Oktober 1801 bezahlt wurden. In GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 7r (1 S.), befindet sich eine auf den 29. Mai 1801 datierte Rechnung des lten Möbel-Magazins in der Spandauer Straße über insgesamt 47 Reichstaler und 10 Groschen. Geliefert wurden damals u. a. zwei Zutische (7 Taler), sechs Stühle (12 Taler, 12 Groschen) und ein eiserner Tisch (3 Taler, 6 Groschen).
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
30 Den lOten Julie
A n den Schneider H e i n e r t
13
10
1802
A n den Capit. A r m e s
24
10
8
6
—
A n Wilhelm 4 2 A n den Schneider für Wilhelm seinen R o k u. H o s e — A n den Regimentschreiber Schreibtafel 17. Jul.
27. 28.
—
—
—
—
75
u. A n den B o m b . R e n n e r
2 10
12
A n H e r M e y r für Wein 4 5 -
60 3
18 15
3
8
5 24 5
9
- F ü r eine Mandel 4 6 Stroh 3 0 0 U a Tag 10 U also 3 0 Tage Buchbind[u]ng F ü r Betten Vorschuß au
8te
5 2
10 a t Schok 4 3 H e u ä 1 rh. 14 gr. - - - - A n M a d a m Gravenstein 4 4 Miethe
n o c h sonst 21.
13
—
Mechanikus der A c a d e m .
August -
12
16
23
Heu
2
8
Haber
3
10
" Folgt gestrichen: „ Scheffel Haber ". "" Davor gestrichen: „ Für". 42 Da im folgenden Eintrag von Wilhelms Bekleidung die Rede ist, war mutmaßlich eher der damals 16jährige Sohn Scharnhorsts gemeint als sein Bruder, der Hoffischer in Hannover. Zu beiden vgl. Anhang 1. 43 Ein Schock umfaßte 60 Stück. Das hier zugrunde liegende Mengenmaß ist nicht angegeben. Bezieht man sich auf den unten zum 21. notierten Ankauf, so hätte ein Schock Stroh 1200 Pfund (= 560 kg) gewogen. 44 Adreß-Kalender der Königlich Preußischen Haupt- und Residenz-Städte Berlin und Potsdam, besonders der daselbst befindlichen hohen und niederen Collegien, Instanzien und Expeditionen, auf das Jahr 1802, Berlin [1801], zit. Adreß-Kalender, gibt als Scharnhorsts Wohnung an: „in der neuen Münzstraße im Hause des Kaufm. Gravenstein Nr. 21". Er dürfte im Herbst 1801 hier eingezogen sein - im Oktober 1801 hatte er die Miete noch an Seidel bezahlt (s. o.) - und wurde im Adreß-Kalender auch für 1803 und 1804 mit Wohnsitz in der Münzstraße Nr. 21 geführt. Übrigens gab der Adreß-Kalender bis zur Ausgabe für 1807 Scharnhorsts Vornamen beharrlich als „Georg" an. Vgl. auch Nr. 44. 45 Vgl. Nr. 32. 46 Viertel eines Schocks, also 15 Stück.
31
Nr. 1
Cap. Armes Lecoq Studnitz47 Extra Extra An den Schuster48 An den Tischler An Heinrich Schneider Panke Buchhändler Maurer 49 -
16 10 5 7 7 8 5 5 8 30
18 14 7 —
16 9
[17.]av Cav.50 G. d. C. 5 5 G. d'A. 51 Cur. 2 5 Drag. 1 5 52 10 H. 3 5 C. -3 5 11 7 5 6 5 5 5 D. -5 10 5 C. 4 D. 3 5
47
48 49 50
51
52
Die folgende Aufstellung (fol. 62v) wurde mit Bleistift eingetragen. Möglicherweise Sekondeleutnant Hans Friedrich von Studnitz (1774-1848) vom Dragonerregiment Prittwitz (No. 2), ein Mitglied der Militärischen Gesellschaft. Vgl. Nr. 34. Friedrich Maurer, vgl. Nr. 19. In der Folge werden die preußischen Kürassier-, Dragoner- und Husarenregimenter unter ihren Stammnummern aufgelistet, und zwar grob nach Inspektionen angeordnet. Es folgen aufeinander die der Mark-Brandenburgischen (Märkischen), Magdeburgischen, Pommerschen, Preußischen, Oberschlesiscnen und Niederschlesischen KavalTerieinspektion. Das Regiment Garde du Corps und das Garderegiment Gensdarmes führten die Stammnummer No. 13 bzw. 10 unter den Kürassieren. Daß sie hier mit einer Abkürzung ihres Namens und nicht unter Nummern erscheinen, dürfte an ihrem herausgehobenen Rang liegen: Wachtmeister der Gensdarmes waren gleichrangig mit Kornetts anderer Regimenter, die der von Friedrich II. gegründeten Garde du Corps sogar mit Premierleutnants. Gemeint ist offenbar „2", da weiter unten noch ein Husarenregiment „3" folgt, das Leibhusarenregiment Göckingk (No. 2) aber, wie die vorangehenden Kürassier- und Dragonerregimenter, zur Märkischen Kavallerieinspektion gehörte.
32
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
H.
8 4
D. D.
H.
D.5
6 7 8 12 9 10 13" -7
10 5 10 5 5 5 5 5 5 10
5 10 9 12
10 10 5 5 aw
H.
4 3 6 1 8 2 11 1 9
C.
D. D. H. T. 55
10 10 10 5 5 5 5 10 10 5 49 2 4 5 / 62
" 53
54
55
In der Vorlage endet hier die erste von zwei Spalten auf fol. 62v. Das 1802 in Neu-Ostpreußen errichtete Dragonerregiment Rouquette (No. 13) ist die jüngste hier aufgelistete Einheit, das ab März 1803 in den neuerworbenen Gebieten Münster und Hildesheim errichtete Regiment Wobeser (No. 14) fehlt dagegen. Gemeint sind Kürassiere, da die Dragonerregimenter 9 und 12 bereits weiter oben mit den anderen Regimentern der Preußischen Inspektion aufgelistet wurden. Das Korps Towarczys (Regiment Towarczys zu 10 Eskadronen und Bataillon Towarczys zu 5) bildete eine eigene Inspektion und wurde in der Liste der Husarenregimenter als N o . 9 geführt. In dieser Liste erschien an 11. Stelle noch das fränkische Husarenbataillon Bila, das in Scharnhorsts Aufstellung jedoch fehlt.
Nr. 1
[18.]
ax
33
Bücher
Menu 56 - Berlin. Mil. Mon. Shrift57 Textor 58 - Pel litle Bombard. 59 Reitzenstein60 - Puysegur Esprit v. Decken61
"
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57
58
59
60
Das Folgende auf der Innenseite des hinteren Deckels des Notizbuchs. Es handelt sich offenbar um eine Liste von an Bekannte und Kollegen verliehenen Büchern, Zeitschriften und Manuskripten. Ein Teil der Titel wurde durchstrichen, mutmaßlich bei der Rückgabe. Derart gestrichene Wörter werden hier in fettem Kursivdruck wiedergegeben. Der in Genf geborene Johann Heinrich Karl Freiherr von Menu (1820: Menu von Minutoli) (1772-1846) war 1786 in das preußische Artilleriekorps eingetreten, ließ sich aber nach zwei Jahren zu den Füsilieren versetzen. Durch eine Verwundung in den Reihen des Bataillons Ernest (No. 19) beim mißlungenen Sturm auf Bitsch (16. November 1793) trug er eine lebenslange Behinderung des rechten Arms davon. Er wurde deshalb 1794 zum Kadettenkorps versetzt und setzte dort seine Karriere fort, bis er 1823 seinen Abschied als Generalleutnant erhielt. Als Kapitän hatte er 1801 Anteil an der Gründung der Militärischen Gesellschaft zu Berlin. Menu war schriftstellerisch sehr produktiv, wobei er neben militärischen und historischen auch archäolgische Themen behandelte und Reisen beschrieb. Zu seinen Werken gehören u. a.: Taschenbuch für Offiziere der leichten Infanterie, Warschau 1797; Reise eines preußischen Officiers von Berlin nach Lausanne im Herbst 1795, Warschau 1797; Belehrung des Offiziers über die Kriegsbaukunst und den Angriff auf feste Plätze, Berlin 1799 (weitere Auflagen 1808 una 1816, auch unter dem Titel: Betrachtungen über die Kriegsbaukunst); Vom Festungskrieg, Art und Weise, feste Plätze zu berennen und zu belagern, Berlin 1801; Darstellung der neuesten Verordnungen im Türkischen Reiche von Mahmud Reif Effendi, Berlin 1804; Reise durch einen Theil von Deutschland, Helvetien und Oberitalien, im Sommer 1803. In Briefen an einen Freund, 3 Bde., Berlin 1804-1808; Reise zum Tempel des Jupiter Ammon in der Libyschen Wüste und nach OberAegypten, Berlin 1824; Beiträge zu einer künftigen Biographie Friedrich Wilhelms III. so wie einiger Staatsdiener und Beamten seiner nächsten Umgebung, Berlin 1843; Militärische Erinnerungen, Berlin 1845; Feldzug der Verbündeten im Jahre 1792, Berlin 1847. Die Militärische Monatsschrift erschien 1785-1787 als Ergänzung zur 1783 begründeten Berlinischen Monatsschrift. Sekondeleutnant Johann Christoph von Textor vom 4. Artillerieregiment, der bereits seit 1801 der Militärischen Gesellschaft angehörte, wurde bald darauf zum Premierleutnant befördert. Seit 1804 lehrte er Mathematik an der Akademie für junge Offiziere, er starb 1811 als Kapitän. Ralph Willett Adye: The Little Bombardier and Pocket Gunner, London 1801. Es handelte sich hierbei offenbar um eine gekürzte Fassung des 1798 erstmals verlegten Handbuchs „The Bombardier and Pocket Gunner" des 1801 zum Hauptmann beförderten britischen Artilleristen Adye (1764-1804); zu Lebzeiten des Autoren erschienen drei Auflagen des letzteren Werkes (dazu 1804 ein amerikanischer Nachdruck), nach seinem Tode noch vier weitere. Mutmaßlich Friedrich Freiherr von Reitzenstein (1775-1831), Kapitän im Schweidnitzer Infanterieregiment Steinwehr (No. 40) und Mitglied der Militärischen Gesellschaft seit 1801. Er starb als Oberst.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Maj. v. Hake62 - Thibaut63 Maj. Hoepfner64 - 3 Bände Sergel 1 " Schütz Fr. der 2t^5 1 Lespinasse66, L. Falkenhayn - Shützen Reglemente67
61
62
63
64
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66
67
Mit dem ersten Werk ist mutmaßlich Puysegurs „Art de la guerre par principes et par regies" (Erstausgabe Paris 1748) gemeint. Bei dem zweiten könnte es sich um Montesquieus „De l'esprit des lois" (Erstausgabe Genf 1748) oder um Helvetius' „De l'esprit" (Erstausgabe Paris 1758) handeln; Scharnhorst hatte beide Werke 1795 erworben, vgl. Rudolf Stadelmann: Scharnhorst. Schicksal und Geistige Welt, Wiesbaden 1952, S. 105, zit. Stadelmann. Scharnhorsts Freund Johann Friedrich von der Decken (vgl. Anhang 1) hatte eine Vielzahl von Zeitschriftenartikeln verfaßt, hier dürfte es sich aber um sein Scharnhorst gewidmetes Buch handeln: Betrachtung über das Verhältnis des Kriegsstandes zu dem Zwecke der Staaten, Hannover 1800 (Faksimilenachdruck Osnabrück 1982), zit.: Decken, Betrachtung. Der für sein Verhalten als Generalstabsoffizier bei der Schlacht von Pirmasens mit dem Pour le merite ausgezeichnete Albrecht Georg Ernst Karl von Hake (1768-1835) war 1799 zum Inspektionsadjutanten bei der Berliner Infanterieinspektion ernannt worden. 1801 gehörte er zu den Gründern der Militärischen Gesellschaft zu Berlin, 1804 wurde er zum Adjutanten des Prinzen Heinrich ernannt. Im Frühjahr 1807 war er bei der Aufstellung der Reservebataillone in Ostpreußen angestellt, 1810 wurde er als Oberst zum Chef aes Militärökonomiedepartements und Interimschef des Allgemeinen Kriegsdepartements bestellt. Nach Kommandos beim Hauptquartier Schwarzenbergs 18 Π Ι 814 und als Brigadechef im Feldzug von 1815 fungierte er 1819-33 als Kriegsminister. E r starb als General der Infanterie. Gemeint ist mutmaßlich: Paul Thiebault: Manuel des adjudants-generaux et des adjoints employes dans les etats-majors divisionnaires des armees, Paris 1800; Scharnhorst hatte das Buch 1800 erworben und kaufte 1801 ein zweites Exemplar, vgl. Nr. 234 im zweiten Band und Nr. 19 in diesem. Der Autor war als Sohn eines Schriftstellers und Grammatiklehrers in Berlin geboren und hatte sein Jurastudium abgebrochen, um als Freiwilliger zur französischen Nationalgarde zu stoßen. Er diente im Stab verschiedener Generäle, ζ. B. 1800 bei Massena in Genua. Unter Napoleon wurde er bei Austerlitz verwundet und später zum Baron ernannt. Von ihm stammt auch: Vues sur la reorganisation des quartiers generaux et des etats-majors, Paris 1800. Gotthilf August von Hoepfner (1747-1807), Major im 3. Feldartillerieregiment, kommandierte auf dem Rückzug von Jena und Auerstedt die von Scharnhorst und Blücher dirigierte Artilleriekolonne. Seine Kapitulation bei Boldekow am 30. Oktober 1806 gab Anlaß zu Kritik, doch starb er noch vor Beginn der offiziellen Untersuchung. Vielleicht gemeint: Friedrich Wilhelm von Schütz: Auszug aus Friedrich's II. hinterlassenen Werk en. Der Verfasser war ein bekannter aufklärerischer Publizist, Herausgeber des mehrfach verbotenen und unter neuem Titel fortgesetzten revolutionsfreundhchen „Niedersächsischen Merkurs" und auch Autor freimaurerischer Schriften. Augustin Graf de l'Espinasse: Essai sur l'Organisation de l'Artillerie (Dresden 1801, im gleichen Jahr auf Deutsch), vgl. Nr. 125. Möglicherweise sind hiermit die hannoverschen Instruktionen für Scharfschützen gemeint, vgl. ζ. B. Nr. 269 im zweiten Band.
Nr. 1
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Perlitz68 - St. Paul, u. Tielke, u. mein Tashnbuch69 Hoffmann70 - 3 B. Bourct.71 Schölten72 - 6 Karten Braun73 - Denkwürdigkeit,74
68
69
70
71
72
73
74
Johann Ferdinand von Perlitz, Sekondeleutnant beim 3. Feldartillerieregiment, las in der Akademie für junge Offiziere Kriegeswissenschaften und Planzeichnen, daneben auch noch Zeichnen an der Adligen Militärakademie (Academie militaire). 1805 wurde er nach Begutachtung seines Aufsatzes „Ideen zur V e r t e i d i g u n g von Verschanzungen und fester Plätze gegen den Angriff mit Schützen" in die Militärische Gesellschaft aufgenommen (vgl. D M G B 5 (1805), S. 209-212), 1806 diente er im Reitenden Artillerieregiment. Perlitz starb 1814 als Major. Gerhard Scharnhorst: Militairisches Taschenbuch zum Gebrauch im Felde, Erstauflage Hannover 1793, zit. Scharnhorst, Taschenbuch. Mit St. Paul ist mutmaßlich gemeint: Gaspard Noizet-Saint-Paul: Traite complet de fortification, 1792. Mutmaßlich Georg Wilhelm von Hofmann (1777-1860), Leutnant im Infanterieregiment Alt-Larisch (No. 26), Mitglied der Militärischen Gesellschaft seit 1801 und Schüler Scharnhorsts. Er kam 1805 in Phulls 1. Brigade des Generalquartiermeisterstabs und diente während der Mobilmachung in Ostpreußen. 1806 erlebte er im Stabe der Hauptarmee die Schlacht von Auerstedt und entkam nach Ostpreußen. Hier diente er in verschiedenen Divisionsstäben des Feldkorps und wurde bei Braunsberg verwundet. Ende 1807 erhielt er seinen Abschied als Kapitän und trat in russische Dienste, in denen er an den Kriegen von 1812 und 1813-1814 teilnahm. 1814 kehrte er als Oberst in preußische Dienste zurück, bei Ligny und Belle-Alliance kommandierte er eine Brigade. Nach seiner Verabschiedung 1833 wurde ihm 1850 der Charakter eines Generals der Infanterie verliehen. Pierre-Joseph Bourcet: Memoires historiques sur la guerre en Allemagne depuis 1757 jusqu'en 1762, Paris 1792. Mutmaßlich Kapitän Friedrich Wilhelm von Schölten (1755-1819), der im Feldzug von 1806 als Kapitän eine Batterie kommandierte und als Oberst a. D. starb. Mutmaßlich Johann Karl Ludwig Braun (1771-1835), der nach seinem Dienst im Krieg gegen Frankreich 1795 zum 3. Feldartillerieregiment versetzt worden war. E r diente ab 1799 als Adjutant der reitenden Artillerie und wurde 1804 zum Inspektionsadjutanten der Artillerie ernannt. Er diente 1806 in verschiedenen Stäben, 1807 wurde er im Verlaufe der Verteidigung von Danzig kriegsgefangen. Als Artilleriebefehlshaber während der Befreiungskriege, zuletzt als Kommandeur der Artillerie des IV. Armeekorps 1815, wurde er mehrfach befördert und dekoriert. Er starb als Generalleutnant. Gemeint sind möglicherweise die „Militärischen Denkwürdigkeiten unserer Zeiten", also das N M J , das 1797-1805 mit diesem Alternativtitel erschien, vielleicht aber auch die D M G B .
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Kiesewetter75 - Betrachtungen über die Kriegeskunst Unterberger Strunsee.76 Lieutenant v. Voss.77 8 Bücher Freiheitskrieg78 F 2 Bände, Krieg der Franken, Memoires de Custinen Schöler*0 - Schaumburg 10 Bände (Der Veteran) Manuscript Maj. v. Oppen81 - Anzahl des Geschützes Manuscript.82
75
76
77 78
79
80
81
82
Johann Gottfried Christian Kiesewetter (1766-1819), ein Schüler Kants, hatte die drei jüngsten Kinder Friedrich Wilhelms II. in Mathematik und Philosophie unterrichtet, bevor er 1793 als Professor der Philosophie an die Pepiniere, die Schule der preußischen Militärärzte, berufen wurde. Auch an Scharnhorsts Akademie für junge Offiziere und später an der Allgemeinen Kriegsschule las er Mathematik und Logik, bevor er sich 1813 als Kriegsfreiwilliger meldete. Während seines Dienstes beim Hauptquartier Wittgensteins zog er sich eine schwere Erkrankung zu, von der er sich nicht mehr erholen sollte. Gemeint sind mutmaßlich drei aus den ersten zwei Bänden bekannte Werke: Georg Heinrich von Berenhorst: Betrachtungen über die Kriegskunst, ihre Fortschritte, ihre Widersprüche und ihre Zuverlässigkeit, 3 Bde., Leipzig 1797-1798; Leopold Freiherr von Unterberger: Tagebuch der Belagerung und Bombardierung von Valenciennes durch die k.k., kön. englischen und chur-hannoverschen Truppen im Monate Juny und July des Jahres 1793, Augsburg 1796; Karl Gustav von Struensee: Anfangsgrünae der Kriegsbaukunst, 3 Bde., Leipzig und Liegnitz 1771-1778 (2. Auflage 1786). Mutmaßlich Sekondeleutnant von Voß vom 3. Artillerieregiment. Mutmaßlich: Der französische Freyheitskrieg am Ober-Rhein, an der Saar und der Mosel in den Jahren 1792, 1793 und 1794, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1795-1796. Memoires posthumes du general frangais comte de Custine, redigees par un des ses aides de camp, 2 Teile, Hamburg und Frankfurt a. M. 1794. Als Verfasser galt General Baraguay-d'Hilliers. Mutmaßlich einer der Brüder Moritz und Friedrich von Schöler (1771-1855 bzw. 1772-1840), beide Stabskapitäne beim Adligen Kadettenkorps und Gründungsmitglieder der Militärischen Gesellschaft. Mutmaßlich der am 7. August 1802 zum Major beförderte Joachim Friedrich Wilhelm von Oppen (1747-1815), aer seit 1794 als Professor der Mathematik an der Artillerieschule lehrte und 1802 der Militärischen Gesellschaft beitrat. Er befehligte 1807 die Artillerie bei der Verteidigung von Danzig, 1809 erhielt er das Kommando der Preußischen Artilleriebrigade, doch in den Befreiungskriegen kein Feldkommando mehr. Er starb als Generalmajor. Das Thema des verliehenen Manuskripts paßt eher zu ihm als zum Kavalleristen Adolf Friedrich von Oppen (1762-1834) vom Regiment Garde du Corps, der 1803 zum Kommandeur des Dragonerregiments Wobeser (No. 14) ernannt wurde und der Militärischen Gesellschaft beitrat. Vermutlich eine der verschiedenen Denkschriften Scharnhorsts zu diesem Thema, vgl. Nr. 69-80.
Nr. 3
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2. Rechnung
Berlin, 20. Mai 1801
GStA P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 12 fol. 3r (1 S.): Reibes H a n d . Rechnung für ein Paar Hosen.
2 242 6 V2
Nota Pahr Beinkleider gemacht Elle Leinwandt а 6 g. Elle Schanet а 12 g. Seide u. Halbseide
Berlin d. 20^ May 1801.
rh. 1
H
g· 4 15 6 6
5
7
3
Summa erhalten Reibe1
3. Lieferschein*1
d. n n 11 11 11
Hannover, 28. Mai 1801
G S t A P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 12 fol. 6r (1 S.): Vorgedrucktes Formular, ausgefüllt von unbekannter H a n d . b Transport von fünf Kisten für
Umzug.
Hannover, den 28. May 1801 Durch Fuhrmann Bührig von Braunschweig haben Sie zu empfangen folgende Güter, wofür Sie nach untadelhafter Liefec rung in rechter Zeit von Tagen bey Verlust der Fracht den dabey geschriebenen Lohn vergüten und damit nach unsern Bericht verfahren. Johann Christian Heine & Comp.
1
Am gleichen Ort, fol. 4r, befindet sich eine weitere Rechnung Reibes (Berlin, 27. Mai 1801), die weitgehend der vorliegenden gleicht. Es ist hier lediglich als vierter Posten statt „Seide u. Halbseide" zu zwei Groschen verbucht: „Ein Matin [Morgenrock] ausgebessert". Die Gesamtsumme betrug hier 5 Reichstaler, 3 Groschen. Ebenfalls in diesem Faszikel, fol. 5r, befindet sich eine Rechnung (Berlin, 27. Mai 1801) eines Levin Bütow f ü r 3 3 / 8 Ellen feinen Kattun und 9 2 / 4 Ellen Nesseltuch im Gesamtwert von 6 Reichstalern, 15 Groschen. Dabei der Vermerk: „zu Dank bezahlt."
"
Auf der Umschlagseite (fol. 6v) adressiert: „Se. Hochwohl, dem Herrn Oberst Scharnhorst. Bey der Artillerie. Berlin ". Das handschriftlich Eingetragene hier in Kursivdruck wiedergegeben. Diese Lücke nicht ausgefüllt.
ь c
Lieuten.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
HOSd
5 Kisten № 1 a 5 gewogen Ct. 7 sagen sieben Centner. In ganzer Fracht rh. 27. 4 gg. shreiben zwanzig sieben Rthl. vier Guteg. in Louisd'or a 5 rh}
4. Aufzeichnungen
[Berlin?, nicht v o r Juni 1801]
G S t A P K , V I . H A N1 Scharnhorst N r . 197 fol. 2 2 r - 3 0 r (11V 2 S.): Eigenhändig. 1
[1.J Verteilung, Vereidigung und erstes Exerzieren neuer Artillerierekruten, Berlin, 1.-4. Juni 1801. [2.] Kommandos beim Manövrieren von Geschützen mit Menschenkraft. [3.] Kommandos heim Manövrieren einer Batterie mit Pferden. [4.] Kritik der preußischen Vorschriften zur Bedienung von Mörsern und Haubitzen. [5.] Durchführung einer Regimentsrevue. [1.
(S. 4 3 - 4 6 (fol. 22r-23v))] Bemerkungen zu dem Exercize im Jahre 1801.
Den lsten Junius fing die Uebung an. Den ersten Tag wurden die Recruten vertheilt, dies geschah bei den G . L . v. Meerkatz, 1 ein Staabsofficier vom 3ten Regiment war mit dabei. Der Insp. Adjudant 2 dirigirte die Vertheilung nach den angenommenen Grundsätzen. Der Stabsofficier war nur dabei, um zu sehen, daß alles der Regel nach geshah. 3
d
In fetten Antiquabuchstaben. Bei dieser Abkürzung, die wahrscheinlich „H[errn] Oberstleutnant] Scharnhorst]" aufzulösen ist, handelt es sich offenbar um die auf den Kisten angebrachte Markierung.
1
Zu einem weiteren durch Heine besorgten Transport vgl. Nr. 22.
"
Die Aufzeichnungen stehen auf den bereits vorher paginierten und mit einem Rahmen versehenen Seiten 43-52 eines Hefts im Oktavformart. Der größte Teil stammt von fremder Hand und umfaßt Exerzierreglements für dreipfündige Bataillonskanonen (S. 1-33, fol. lr-17r) und für Batteriegeschütz (S. 35-42, fol. 18r-21r) in Reinschrift mit handgezeichneten Diagrammen.
1
Der 1770 geadelte Johann Friedrich Ludolf von Merkatz (1729-1815), seit 1792 Chef des 1. Artillerieregiments, war 1795 zum Generalinspekteur der Artillerie ernannt worden. Er hatte bei Valmy und Mainz gedient und wurde am 24. Dezember 1806 vom Dienst entbunden. Merkatz wohnte auf dem Schiffbauerdamm Nr. 6, vgl. Adreß-Kalender. Stabskapitän Karl Wilhelm Rudolf Pfendner von Merkatz, vgl. Nr. 8. In Preußen bestanden 1801 an Feldartillerie zu Fuß vier Regimenter, jedes zu zwei Bataillonen, sowie ein neuntes Bataillon von drei Kompanien. Von diesen hatte das 2. Artillerieregiment seine Garnison in Breslau, das 4. in Königsberg und die beiden anderen Regimenter und das 9. Bataillon ihre in Berlin. An reitender Artillerie bestanden damals sieben Kompanien, von denen drei in Berlin, zwei in Königsberg und je eine in Breslau und Warschau standen. Zur Artillerieinspektion gehörten weiterhin die Festungsartillerie und die Pontoniere.
2 3
Nr. 4
39
Nach b der Caserne des 3ten Regiments4 wurden die Recruten geführt und hier nach der Größe und denc Provinzen gestellt.5 Dabei war eine Liste vorher gemacht, wie viel jede Compagnie Leute von einer gewißen Größe hatte, nemlich Cantonisten. Der G. v. T.6 machte nun die Verkeilung, so daß jede Compagnie solche Leute bekam, daß sie nachh[e]r alle gleich große Compagnien bekamen. Es wurde aber bei Leuten von gleicher Größe um die Recruten zwischen den Compagnien geloset. Den 2ten Tag wurden die Recruten eingekleidet, den 3ten Tag, den 3ten, dem G.v.T. presentirt. Dies geschah im Zeughause.7 Erst schworen sie, hernach wurden sie compagnieweise gestellt u. von dem G. besehen. d Der Gen. befahl diesen Tag, daß alle Freiwächter gestellt und daß bei den Exerciren alle Leute gegnwärtig seyn sollten. An diesen Tage wurde auch meine Compagnie rangirt.8
b
' d 4
5
6 7
8
Verändert aus „Auf, davor gestrichen: „Den 2ten Tag". Folgt gestrichen: „ Landschaften Davor gestrichen: Den 4ten T". Die Kaserne und ihr H o f nahmen die westliche Hälfte des Vierecks ein, das von den Straßen Jakobstraße (bis ca. 1800: Große Scheunengasse, heutige Kleine Alexanderstraße), Hirtengasse (heutige Hirtenstraße), Prenzlauer Straße (dieser Abschnitt gehört zur heutigen Karl-Liebknecht-Straße) und Auf der Konterskarpe am Stelzenkrug (heutige Memhardstraße) gebildet wurde. Vgl. Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten und der umliegenden Gegend, Berlin 3 1786, S. 54, zit. Nicolai. Die Berliner Artilleriegarnison (1. und 3. Regiment, 9. Bataillon, drei reitenden Kompanien, eine Pontonierkompanie), zu der auch die Magdeburgische und Pommersche Festungsartillerie gehörte, erhielt ihre kantonpflichtigen inländischen Rekruten aus 21 kleineren Städten in Brandenburg und angrenzenden Teilen Pommerns (vor allem in der Mittel- und Neumark und im Oberbarnim), 20 Städten und Teilen von vier Kreisen im Netzedistrikt Westpreußens, sowie sechs Städten und Teilen von zwei Kreisen bei Posen in Südpreußen. Der Berlin am nächsten liegende Ort, der zum Kanton gehörte, war Charlottenburg, der westlichste Fehrbellin, die östlichsten und entferntesten Schulitz an der Weichsel und der Kreis Inowrozlaw. Vgl. Stammliste 1806, S. 174. Generalmajor von Tempelhoff, Chef des 3. Artillerieregiments. Zu ihm vgl. Anhang 1. Stand man 1801 Unter den Linden vor dem Zeughaus, so befand sich links davon die Hauptwache des Artilleriekorps (an der Stelle der 1816-1818 erbauten Schinkelschen Neuen Wache), rechts der Paradeplatz der Artillerie (Straße Am Zeughaus zwischen Zeughaus und Kupfergraben) und dahinter das Gießhaus mit der Bibliothek des Artilleriekorps (wo heute I. M. Peis Erweiterungsbau des Deutschen Historischen Museums steht). Vgl. Nicolai I, S. 164f. Scharnhorsts Stelle als Oberstleutnant des 3. Regiments war mit der eines Kompaniechefs verbunden.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1 8 0 1 - M ä r z 1804)
Den 4ten Tag wurde exercirt auf den Casernen Hofe, die Officier waren in Schärfen, die Capit. u. Lieutenants in unbesetztr Uniform. 9 Zu dem Exerciez waren Geschütze: 1 Stük 50fidigr Mortier 1 " 10 " " « " Tempelhofsche. 2 " 10 » " Haubitze η 2 " 7 // // 6"
"
!- Canonen
Zuerst revidirten die Compagnien ihre Leute für sich; hernach traten die Bombardiere zusammen und dann wieder die Canoniere. Die ersten vor das Kammergeschütz, die letztern vor die Canonen. Die Bombardiere comandirte 1 Capitain und einige Lieutenants, die Canoniere exercirten compagnieweise und gaben einander Leute ab, damit auf eine gleiche Weise die Canonen besetzt wurden. Als alles abgetheilt war, wo bei die Officiere und Unterofficiere bei dem Kammergeshütz vor die Fronte kamen, wurde rechts kehrt gemacht. Die Bedienung stellte sich hinter das Geshütz in 2 Glieder, in Ganzen gerichtet. Hier wurden sie von jeden Comandeur eines Geschützes, Offic. oder Unterofficier, nach ihren Nummern abgetheilt und fingen nun an zu exerciren, doch fragten sie erst bei den Staabsofficieren (welches nicht nöthig war). Man fing 7 Uhr an zu exerciren. Man ruhete nach einer Stunde ein bißchen und darauf marschirte man. Der Capitän des Kammergeschützes ließ seine Leute vortreten, theilte sie ab in Züge, ließ jeden von 1 Officier führen u. nun marschirte er ab. Die übrigen Capitäns nahmen ihre Mannschaft für einen Zug an und marschirten alle hinter einander. Auch die Bombardiere formirten damit eine C o lonne. Der 2te Adjoudant exercirte die Unterofficiere, er marschirte damit. Zu den Exerciren der Recruten waren zwei Officiere comandirt. Sie exercirten den Morgen in Marschiren, Gewehr heraus etc. u. den Nachmittag in den Canon exerciren von 5 bis 7 Uhr. Vor der Special Revue wurden die Compagnien auf dem Casernen Hofe e marquirt durch die Unteroffic. Es geschah hier alles bataillonsweise. Vor den Bataillonen standen die Recruten u. avancirten von die'
Folgt gestrichen: „gestellt u."
9
Preußische Offiziere trugen als Zeichen ihres Ranges eine silberne, schwarz durchwirkte Schärpe um den Bauch, zur Paradeuniform noch einen mit dem preußischen Adler verzierten Ringkragen. Die Kapitäne und Leutnants trugen hier die zum kleinen Dienst vorgesehene Interimsuniform ohne die kostspieligen goldenen Schleifen (vgl. N r . 5).
Nr. 4
41
sen u. vorigen Jahre nach den Gliedern und denf Compagnien, d. h. jedr stand in dem Gliede, in das8 er gehörte, dieh Bombardiere etc. für sich. Nach dem supponirt, daß sie von dem General gesehen worden, wurde comandirt von dem Comandeur: 10 Recruten rechts um - (gerükt) Geschwindschritt - Marsch. Nun gingn alle in die Intervalle ihrer Compagnien auf den Platz, wohin sie rangirt waren. Nach der S. 58 von der Revue mehr.11 [2.
(S. 47ff. (fol. 24r-25r))] Bei dem Manoeuvriren mit Menschen hieß es erst bei den 4 Canonen: Batterie rieht euch - ladet - avancirt - Marsch. Der Unterofficier ist bei den Avanciren neben den vordem Ziehern wie in der nebenstehenden Figur die Kreutze.1 Nach den beiden mitlern wird sich gerichtet.1 Einr der mitlern giebt eigentlich die Direction u. das Allignement an. Batterie Halt - Hierauf lauffen die Unterofficiere nach den äußern Seiten ihr[er] Canone[n] u. sehen, ob sie gerichtet stehen. Char girt - Die Unterofficiere bleiben wo sie sind. Halt. Retirirt - Nun treten die Unterofficiere neben die 4 Leute an den Baum, alle nach der Mitte zu, wie eben beim Avanciren. Marsch - Batterie Halt - Die Unteroffic. wie beim Halt nach dem k Avanciren. Batterie avancirt - Rechts shwenkt Die Unteroffic. treten links neben die Zieher, Marsch - Die erste Canone giebt das Allignement an, der Commandeur stellt sie u. bleibt bis das 2te Halt gemacht.1 Die Comandeur der Canonen comandiren hier Halt, chargirt. Man kann vorher en Skelet mit Unterofficieren in der gehörigen Distanz exerciren. Dies ist wichtig.
f
Statt „dem". Statt „den". h Folgt die gestrichene Einfügung: „ Unteroffic." ' Daneben eine kleine Skizze von vier Kanonen, die in einer Linie nebeneinander von ihren Bedienungen gezogen werden. Die mit Kreuzen bezeichneten Unteroffiziere stehen jeweils neben dem von der äußeren Flanke entferntesten Flügelmann, so daß in der Mitte der Formation zwei Unteroffiziere nebeneinander stehen und gehen. > Folgt gestrichen: „ Die zur Seite nicht k Folgt gestrichen: „Retirfijren ". I Daneben eine kleine Skizze der Schwenkung einer Batterie. Bei der ersten Kanone handelt es sich um die äußere, die den längsten Weg zurückzulegen hat. Die Kanonen sind durchnumeriert, so daß Nummer 4 dem Drehpunkt der Schwenkung am nächsten ist. 10 Kommandeur des 3. Artillerieregiments war damals Oberstleutnant Heinrich Christoph Ernst von Hüser (1741-1821), zu diesem vgl. Anm. 1 zu Nr. 17. II Vgl. Teil [5.] ί
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Halt - rechts kehrt - Hier rücken die ungraden Canonen vor u. kehren sich, die graden kehren sich auf der Stelle."1 In Avanciren treten die Unteroffic. mitten zwischen die Leute an Baum, in Retiriren hinter die Canone. Marsch - " Ziehet euch rechts - Ziehet euch links - Die Unterofficiere treten in Avanciren neben die ziehenden Leute, in Retiriren neben die an Baum, immer nach der Seite, nach der sich gezogen wird. Bei dem Avanciren und Retiriren tritt [der Unteroffizier?] vor dem rechten Flügelmann auf 4 Schritt auf das Comando avancirt oder retirirt vor. Der in der Mitte siehet grade aus, die rechts sehen links u. die links sehen recht[s] u. richten sich nach dem mittelsten. Auf Halt nehmen die Unteroffic. alle die Augen rechts und der Officier richtet vom rechten Flügel so, daß der mittelste Unterofficier nicht verrükt wird. Auf das Comando Rieht rücken die Canonen mit der Achse an die linke Seite ihrer Unteroffic. Chargirt u.s.w. - Also Halt - Rieht - Chargirt. 0 [3. p
(S. 50ff. (fol. 25v-26v))]
Halt. in Retiriren abgeprotzt No. 1 - vor Ans Geschütz getreten Rieht euch [ fair in Avancirn - aufgeprotzt wenn es geschehen; Marsch.
Zu eins rechts abmarshirt - Marsch 4 Links aufmarschirt - Marsch Mit halben Batterien links shwenkt - Marsch Halt rieht euch. dier V2 Batt. Com. Marsch. Halt m
" 0
f
4
'
Folgt gestrichen: - Marsch ". Folgt gestrichen eine Auflistung von Kommandos zum Chargieren (Laden) der Kanone. Die untere Hälfte dieser Seite (S. 49, fol. 25r) blieb unbeschrieben, Auf S. 50 (fol. 25v) wurden die Aufstellungen .Im Marsche" (mit dem Vermerk: „Andere bei den Wagens"), - Im Retiriren mit der Prolonge" und..Im Avanciren" skizziert. Vor den hier einsetzenden Kommandos steht zunächst gestrichen: „ Es soll abgeprotzt". Zu diesem und dem folgenden Kommando auf S. 51 und 52 (fol. 26r-v) jeweils eine Skizze. Folgt gestrichen: „einzelnen".
Nr. 4
43
Mit 5 V2 Batterie links aufmarshi[r]t sollte eigentlich heißen links schwenkt. Batterie links um kehrt. Marsch. Batterie ziehet euch rechts grade aus Batterie rechts shwenkt. Marsch Mit V2 Batterie in Retiriren chargirt " " » Avanciren « (Jede Hälfte hat ihren Commandeur) Mit eins rechts aufmarshirt [4.
(S. 55 (fol. 28r))]
10 fadige Monier" Exercize stimmt mit den der Haubitze überein, N. 3 hat was N . 2 haben sollte u. umgekehrt, N. 1 und 4 müßen so weit nach ihren Functionen lauffen, N. 5 u. 6 sind ihnen dabei" mit den Bäumen im Wege u.s.w. Auch das Abladen ist viel zu combinirt. Das Avanciren mit Anhängen taugt nichts. Das Ab u. Aufladen ist viel zu combinirt. Wenn ein Canonier an einer Seite u. ein 2ter an der andern Seite einhackte, drehete u. 2W Gehülfen hätte, die andern abr den Wagen wegshöben, so würde alles mit Ordnung geshehen. Die jetzige Anordn u n g ist viel zu künstlich, als daß sie im Kriege ausgeführt würde. Hier wird nichts, was nicht ganz einfach ist, executirt, dies ist ein bleibender Grundsatz. 10fadige Haubitze Stimmt ganz u. gar nicht mit der 7fadigen überein. Bei der 7fadigen höhlt 6 die Granate, bei der lOfadign 10, bei der lOfadign hat 5 u. 6 den Baum, bei der 7fa dign 9 u. 10х u. s. w. Die y Gleichheit der Exercize ist sehr wichtig bei der preussishn Art., da sie nur kurze Zeit sich übt. 2 ' '
Folgt gestrichen: „ Division ". Hierzu auf S. 52 (fol. 26v) eine Skizze. Auf S. 53 (fol. 27r) folgt ein eingeklebter Zettel von unbekannter Hand mit den Kommandos zum Laden mit Kugeln und Kartätschen. S. 54 (fol. 27v) blieb unbeschrieben. " Verändert aus „ Haubitz v Dieses Wort nachträglich eingefügt, allerdings so, daß es nach „ mit den " käme. w Verändert aus „ ein paar", wobei „ ein " versehentlich nicht gestrichen wurde. * Verändert aus „ lOUdign " und zwei nicht mehr lesbaren Zahlen, entsprechend wurde das vorangehende „lOUdign" aus „7b>dign" geändert. y Folgt gestrichen: „Einheit". г S. 56 und 57 (fol. 28v-29r) blieben unbeschrieben.
44 [5.
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1 8 0 1 - M ä r z 1804)
(S. 58f. (fol. 29v-30r))]
Revue Die Avancirten u. Recruten traten vor den rechten Flügel der Front so wie sie in den Gliedern stehen, die Unterofficiere am Flügel, dann die Bombard. etc. Die Lücken für sie bleiben im Regiment. Der Comandeur gehet den Chef entgegen, gibt ihn die Liste von denselben, sagt ihn die summarishe Anzahl. Der Chef besiehet, frägt etc. Nachh[e]r comand. der Comandeur Ree. - links um (an beiden Flügel tritt ein Mann auf Ree, vor) Geschwindshrit - Marsch. Nun gehen sie durch die Intervallen d[e]r Comp. (3 Shritt) an ihren Platz. Jetz[t] besiehet der Chef die Compagnie. Nun kömt ihn der Chef 12 mit der Rangier Liste entgegen u. sagt ihn die Anzahl der Compagnie etc. Er durchgehet die Glieder. Wenn er weg ist, comandirt der Chef der Comp. H. Ob. u. Unt. Offic. auf eure Posten. Diese machen rechts u. links um etc. Dann Das Gewehr in Arm. Hernach, wenn alles vorbei ist, comandiert der Comandeur Das Gewehr an Hintre Glieder vorwärts schließt - Marsch Mit Zügen rechts schwenkt - Marsch. Er gehet bei dem Chef. Bei der Revue eines andern stehet nur der Chef bei dem, der die Revue hält. Eigentlich muß der Comandeur in der Mitte vor dem Regim." stehen und die Bat. Comandeurs ihn nach comandiren. 5. Rechnung
Berlin, 2. Juni 1801
G S t A P K , V I . H A N1 S c h a r n h o r s t N r . 12 fol. 8 r (1 S.): H e i n e r s H a n d .
Anfertigung von Uniformröcken und Westen.
Vor des Herrn Obrist Lieutenant Scharnhorst Hochwohlgebohren Ein Mondirungsrok und 2 Westen gemacht1 3 242 Ell Tuch --a 4 rh. 10 5V2 « Ettamin 2 -18 gl. 4 3 1 4 3V2 " Leinwand -8 "" Verändert aus „ Bataillon 12
Gemeint ist der Kompaniechef.
1
Stammliste aller Regimenter und Corps der Königlich-Preussischen Armee für das Jahr 1806, Berlin 1806, S. 173, zit. Stammliste 1806, beschreibt die Uniform der Fußartillerie folgendermaßen: „Schwarzsammetne (die Gemeinen schwarztuchene) Aufschläge, Klappen und Kragen. Die Officiere haben schmale goldne Huthtressen, auf dem Rocke 18 geschlungene goldne Schleifen mit losen Puscheln, nämlich 3 über dem Aufschlage, 3 auf jeder Tasche, 2 unter den Rabatten, und 2 hinten. Auf jeder Rabatte befinden sich 10 gleich weit auseinander gesetzte, etwas erhabene vergoldete Knöpfe; lange Hosen und Stiefeln."
2
Etamin: dünnes, leinwandartiges, glänzendes Kammwollgewebe, vor allem als Futterstoff benutzt.
Nr 5 1 " Par[c]hen 3 1 Loth Seide Vor Cameigarn und steiff Leinwand Vor 2 Westen Hintertheil 7 7 / 8 Ell shwarzen Manshester 4 6 Dutzen[d] 8 Stück Knöpffe Vor Watte, Haaken und Ößen Vor die Schleiffen
— -
12--
Ein Interimsrock 5 gemacht 7 / 8 Ell shwarzen Manshester 12-3 Dützen 4 Stück Knöpffe Vor roth Tuch Vor Seide, steiff Leinwand und Cameigarn Vor Tuch zu Vorter Shöß Ein Mondirungsrok und Weste gemacht --4 242 Ell Tuch 4-V2 " weiß Tuch 11 - 1V4 " Chalong 6 2 " Leinwand 7 / 8 El. Manshester 125 Dützen Knöpffe 1 Loth Seide Vor Cameigarn und steiffe Leinwand Vor ein Westen Hintertheil Vor Wartte, Haaken und Ößen Vor die Shlauffen Eine Weste gewandt 20 Stük Knöpffe Vor Seyde und Cameigarn Berlin d. 2. Juny
Suma Hierauf empfangen
1801
zu Dank bezahl. Heiner 7
3
4 5
6 7
45
2 3 -
10 8 12 14 4 8 4
6 6 6
16 1 2 1 -
13 1 2 10 2 -
2 2 -
12 4 16 10 6 14 12
14 11 4 12 8 17 7 4
6
6
6
16 -
-
4 20 4
6
89 rh. 10 gl. 62 »
Barchent: fest gewebter Stoff aus reiner Baumwolle oder Baumwolle und Leinen, benutzt insbesondere für Unterkleider, Futter und Uberzüge. Manchester: Baumwollsamt. Frackartiger Leibrock, der von preußischen Offizieren außerhalb des Dienstes getragen wurde. Er wurde 1808 abgeschafft, durfte aber noch bis 1814 aufgebraucht werden. Chalon, ein feinerer Rasch. Am gleichen Ort befinden sich vier weitere Rechnungen Heiners, die gleich detailliert aufgeschlüsselt sind: fol. 17r (Berlin, 10. August 1801) für einen Überrock und zwei
46
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
6. Rechnung
[Berlin], 20. Juni 1801
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 12r (1 S.): Unbekannte Hand. 3 pr. Beinkleider 4 Binden 2 Handtücher 1 Servette 4 p. Strimpfe Für Wohl Für Stoppen
3gl. 2" 1« -
II
6d.
2 "
1 » 1" Summa
6"
10 gl.1
7. Rechnung
[Berlin?, nicht vor 24. Juni 1801]
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 13r (1 S.): Marschs Hand. Nota Verschiedene gemachten Auslagen.
Westen über insgesamt 13 Reichstaler, 9 Groschen; fol. 21r (Berlin, 17. September 1801) für einen „Mondirungsrok" und einen Überrock für den Reitknecht über insgesamt 46 Reichstaler, 4 Groschen; fol. 29r (Berlin, 12. November 1801) für ein „Nacht Camisohl", das Wenden der Schöße und die Anfertigung eines Kragens für einen Rock und die zwei Beinkleider über insgesamt 16 Reichstaler, 4 Groschen; fol. 32r (Berlin, 11. Juni 1802) für die Ausbesserung einer Chenille und die Anfertigung von einem „Mateng" (Morgenrock) für einen von Scharnhorsts Söhnen, einem blauen Rock, einem Paar Tuchhosen, einem „Paar Strumpff Hosen" (damit sind möglicherweise Kniehosen gemeint), einem Rock und einer Weste für den „Bedienden" und einer Jacke und einer Weste für den Kutscher über insgesamt 13 Reichstaler und 9 Groschen. 1
Zwei weitere Wäscherechnungen, anscheinend von gleicher Hand, befinden sich im selben Faszikel als fol. Юг (undatiert) und l l r (13. Juni 1801). Erstere verbucht bei einem Gesamtbetrag von 23 Groschen und 6 Pfennigen die Ausbesserung eines Hemdes und das Säumen einer Binde (gemeint ist wohl die zur Uniform gehörende rote Halsbinde), letztere bei einem Betrag von 7 Groschen und 6 Pfennigen auch „Strimpfstoppen".
47
Nr. 8
Der Waschfrau 1 do.-do.--
23 gl. 6 d. 7610-
12 Elle Oettinger ä 17 gl. Miethsgeld fürs Bette D. 24 Juy ein Paar weiß Handschu eine Stammliste2
Für die
8 thr.
12-
1 .
. . .
9 1
.
Summe
12 thr. 14 gl. 2 12-
Summe
15 thr.
Hexelade 3
---
2Marsch 4
bezahlt.
8. Scharnhorst an seine F r a u Klara Scharnhorst
Berlin, 4. Juli [1801]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 21 fol. 9r-10v (4 S.): Eigenhändig. D r u c k : Klippel I I I , S. 9 - 1 2 ; Linnebach, S. 2 3 0 - 2 3 4 ; nach L i n n e b a c h Gersdorff, S. 125-130. 1
Wohnungssuche. Gesellschaftliches Leben. Parteiungen innerhalb der Berliner Artilleriegarnison. Charakterisierung von Merkatz, Tempelhoff, Pontanus. Stiftung der Militärischen Gesellschaft. Bekämpfung einer Pockenepidemie. Berlin den 4ten Julie Liebe Kläre, 2 Du hast einen andern Posttag verlangt, ich erfülle gern Deinen Wunsch, denn ich schreibe Dir, sowie ich nur eine Minute Müsse habe daß wirst Du an meinen Briefen gemerkt haben. Ich bin eben, es ist morgens 10 Uhr, wieder nach einen Logis gewesen, denn noch balanciere ich zwischen zwei Logis, welche beide sehr ruhig liegen und nicht sehr in Preise verschie1 2
3 4
1 2
Vgl. Nr. 6. Die jährlich publizierte „Stammliste aller Regimenter und Corps der KöniglichPreußischen Armee" verzeichnete die Einheiten (theoretisch innerhalb einer Waffengattung nach der Reihenfolge der Errichtung) mit der Inspektion, zu der sie gehörten, ihrer Garnison, Uniform, dem Kanton, aus dem sie ihre inländischen Rekruten erhielten, einer kurzgefaßten Formations- und Feldzugsgeschichte und der Liste ihrer Chefs. Im selben Verlag, der Himburgschen Buchhandlung, erschien ebenfalls jährlich die gedruckte Rangliste der preußischen Offiziere. Häcksellade bzw. Schneidelade. Mutmaßlich der 1802 zum Premierleutnant beförderte Adjutant des 3. Artillerieregiments. Alle unter dem Datum 24. Juli 1801. Zu Scharnhorsts Familie vgl. Anhang 1.
48
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
den sind. Das eine liegt an einer größer[n] Straße und ist eleganter, aber auch enger; daß andere liegt an einer kleinern, ist recht gut und räumiger, und hat manche besondere Bequemlichkeiten. Ich kenne jetzt hier ziemlich den gesellschaftlichen Umgang und bin fest entschloßen, daß wir gar keinen haben wollen, dagegen aber in Wirtshäusern in kleinen geschloßenen Gesellschaften, wie dies hier Mode ist, zu Zeiten uns divertiren wollen. Dies geschieht von vielen, man ist dabei ganz frei, ganz sein eigener Herr und angenehm. Ich habe noch vorigen Mittwochen auf einen Garten auf diese Weise in einer Art Freimaur Gesellschaft gegeßen, wo aber auch Damen waren, die zu keine Freimaur Familie gehörten. Ein Officier von Artillerie Regimente hatte sie entreprenirt. Man kam da den Mittag in Garten zusammen, die Weiber lieffen herum, nun gings zum Essen, jeder hatte seinen angewiesenen Platz. Beym Essen wurde von einigen Esmitgliedern Musik gemacht. Nach den Essen hielt der berühmte Oberconsistorialrath Zöllner 3 eine Vorlesung über die Naturlehre mitten in Garten, es wurde Koffee getrunken; viele gingen nach Haus, andere blieben den Abend und assen noch einmal, alles für baar Geld, Mittag für 24 gr., den Abend für V2 Gulden. So ist das hier manichfaltig. Daß ist gar nicht genant u. sehr angenehm, wenn man erst bekannt ist, bis dahin aber freilich oft fatal. Ich bin nun dadurch. Der erste Artillerie General kömmt in dergleichen Gesellschaften mit seiner Familie, aber der General v. Tempelhof nicht oder nur seilten. E r hält sich sehr zu den angesehenen Adel und wenig oder gar nicht zu den Gesellshaften des Artillerie Corps; die Feindschaft mit den ersten General, Stolz und andere Ursachen haben diese Absonderung veranlasset. Ich habe die Partie ergriffen, mit jeden gut zu seyn und ich werde mich durchaus zu keiner Partei schlagen, mit keiner einlassen, sondern immer neutral bleiben. Dies hat zwar sein Unangenehmes, aber man kömmt damit auf die Zukunft doch am weitesten. Der älteste General der Artillerie ist Generallieutenant, er nennt sich Meerkatz. Er* ist die Güte des Herzens, aber es fehlt ihn gänzlich an Einsicht und an Kentnissen. Sein Sohn, der Titulär Hauptman ist, leitet und regiert ihn. Dieser ist verschlagener und listiger, hat aber auch nur sehr wenige wissenschaftliche Kentnisse. Da der Generallieutenant ein alter Mann ist, der seinen Posten nicht recht vorstehen kann, so hat der G. v. T. gehoft, er würde abgehen, und dazu vielleicht einen Wink erhalten. Dies ist aber nicht geschehen, u. so ist nach und nach eine große Disharmonie entstanden, die um so viel bitterer von Tempelhofs Seite ist, je mehr er täglich siehet, daß alles, was « 3
Statt „Es". Johann Friedrich Zöllner ( 1 7 5 3 - 1 8 0 4 ) , seit 1788 Propst an der Nikolaikirche und Oberkonsistorialrat, war eine prominente Figur der Berliner Aufklärung und betätigte sich vor allem auf dem Gebiete der Volksbildung. E r wurde 1800 ins Oberschulkollegium berufen und verfaßte: Lesebuch für alle Stände, 10. Bde., Berlin 1 7 8 2 - 1 8 0 4 ; Ueber Nationalerziehung, 1. (und einziger) Band, Berlin 1804.
Nr. 8
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der General Meerkatz thut, eigentlich von seinem Sohn her kömmt, welches sein Stiefsohn ist, den er als rechten Sohn adoptirt hat.4 Nur seilten sprechen diese beiden Generale mit einander, nie kommen sie in Gesellschaft beieinander oder bei dem dritten. Außer den beiden Generalen ist hier noch ein Oberstlieutenant von Pontanus, der grade mein Vordermann ist.5 Dieser ist der erklärteste öffentlichste Feind von dem General v. Tempelhof und viel zu stark Egoist, als daß er sich mit irgend jemand vertragen könnte. Ich habe wirklich keine Eingebildetheit gesehen, die ihn gleich käme. Er hat ganz die Gunst des verstorbenen Königs6 beseßen und dieser hat ihm ein sehr großes Gut in Polen geschenkt. Er hält Equipage und ist sehr reich. Er thut jetzt keinen Dienst, sondern ist bei den Kriegeskollegium angesetzt, um die oeconomischen Anstallten der Artillerie zu leiten. Er ist nicht geliebt, Tempelhof ist aber eben so verhaßt. Er ist despotisch u. hart gegen die Artillerie Officiere und überhaupt den Artilleristen nicht geneigt, aber ein grader u. rechtschaffener Mann. Es scheint mir, daß die Merkatzesche Partie mich an sich ziehen will. Ich glaube ich würde ihr durch meine Kentnisse sehr nützlich seyn können. Der alte gute General hat mir gesagt, ich würde in der Folge durch meine Kentnisse der Artillerie, wenn ich wollte, noch nützlich seyn können. Er ist gegen mich so vertraut, daß er mich als ein Vater räth, wie ich mit den G. v. T. umgehen müßte, daß ich in Beiseyn des G. T. mich um ihn wenig bekümern möchte u.s.w. Bisher war der G. v. T. in ziemlichen Ansehen bei dem Könige u. ist es auch noch. Aber durch den Abgang von Zastrow 7 hat er viel verlohren. Zastrow sein Nachfolger 8 ist nicht so Tempelhofs Freund, wie 4
5
6 7
8
Karl Wilhelm Rudolf Pfendner (1759-1823), Sohn der seit 1765 mit Merkatz verheirateten Susanna Katharina Finger und ihres verstorbenen Ehemanns, des Breslauer Kaufmanns Pfendner, erhielt durch ein 1797 erteiltes Adelsdiplom den Namen Pfendner von Merkatz. Er trat 1773 ins Artilleriekorps ein, wurde 1804 zum Kapitän bei der reitenden Artillerie ernannt. Als Kommandeur einer reitenden Batterie wurde er bei Auerstedt siebenfach verwundet. 1807 diente er bei der Verteidigung von Danzig. Infolge einer weiteren Verwundung bei Großgörschen wurde er im Sommer 1813 aus dem Felddienst genommen; 1820 erhielt er seinen Abschied als Generalmajor. Er kam also in der Rangliste, die der Datierung der Offizierspatente folgte, genau vor Scharnhorst. Daß Scharnhorst bei seinem Übertritt unter Berücksichtigung seines hannoverschen Patents in die Rangfolge der Oberstleutnants der Artillerie eingeschoben und nicht an ihr Ende gestellt wurde, war für damalige Verhältnisse außergewöhnlich und verschaffte dem „Eindringling" unter älteren Offizieren durchaus Neider, vgl. Klippel III, S. 12f. Friedrich Wilhelm 11.(1744-1797), König von Preußen seit 1786. Friedrich Wilhelm Christian von Zastrow (1752-1830) war am 20. Mai 1801 unter Beförderung zum Generalmajor aus seiner einflußreichen Stellung als 1. Generaladjutant der Infanterie entlassen worden. Er war im Jahre davor an den Verhandlungen zum Ubertritt Scharnhorsts in preußische Dienste beteiligt gewesen (vgl. den zweiten Band), ging nun aber nach Posen, der Garnisonsstadt des ihm im Jahre zuvor verliehenen Infanterieregiments N o . 39. Der bisherige 2. Generaladjutant der Infanterie, Karl Leopold von Köckritz (1744— 1821), gehörte seit 1794 zum Gefolge Friedrich Wilhelms III. Er diente von dessen
50
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Zastrow es war, und stehet mit dem General v. Merkatz seit lange in sehr guter Verbindung. Schon bei dieser Revue glaubt man auf eine ganz unverkenbare Weise diese Veränderung bemerkt zu haben. Was soll ich nun in dieser Lage thun? Der Entschluß ist nicht schwer. Aber ein ganz anders ist es für mich, mit dem General v. Tempelhof fertig zu werden. Es würde gar keine Schwierigkeiten haben, wenn ich nicht selbstständig wäre, wenn ich nicht etwas thun wollte, was mich Zutrauen u. Achtung verschaffen könnte. In der Lage aber, in der ich bin, ist es allzuleicht zu befürchten, daß er gegen mich nicht ganz von Neide befreit bleibt. Alle sagen mir zwar, daß, so lange ich hier wäre, eine solche Ruhe u. Friede geherrscht hätte, wie sie lange nicht gehabt hätten. Das aber sichert nicht auf die Zukunft. Ich habe nun die Partei genommen, gegen ihn in Dienst ganz submiß zu seyn, in Meinungen mir aber nichts zu vergeben. Wenn er daher eine Sache ganz bestimmt gleich verwarf und ich ihn dann sagte, er hätte noch wohl nicht seine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand gewand, oder ich begriffe wahrscheinlich nicht, wie er es eigentlich meinte, oder ich könnte mich nicht überzeugen, so sah er mich groß an; aber ich kann nicht sagen, daß er darüber empfindlich gewesen wäre, sondern ich bin schon jetzt so weit mit ihn, daß ich in allen Stücken ganz frei ihn jede Meinung sagen kann. Dazu unterhält er sich gern mit mir. Ich kenne ihn genau, wie ich glaube, aber [er] kennt mich nicht, es wird auch wohl noch lange dauren bis er erst b erfährt, daß ich mehr wie er manche Zweige des Krieges durchlaufen habe, wie ζ. B. die Artillerie. Hiermit will ich nicht sagen, daß er nicht eine große Geschiklichkeit besäße, die ich nie mir erwerben kann, aber ich habe meine eignen Fächer, die niemand von allen, die ich hier kenne, so als ich durchgearbeitet hat. Nun, meine Kläre, habe ich Dir doch viel geschrieben, und unser hiesigen Statsverhältniße bekannt gemacht. Du mußt sie dir nur merken, so wird dir in der Folge manches erklärbar werden, was dir sonst dunkel seyn würde. Bis jetzt ist mir kein Schritt meines Benehmens gereuet, ich wüßte auf keine andere Art, wie ich mich hier hätte betragen sollen. O b ich hier Freunde habe u. bekomme, weiß ich nicht, man versichert es mir aber. Wir haben hier eine militärische gelehrte Gesellschaft gestiftet, ich wurde aufgefordert, daran Theil zu nehmen und bei der ersten Zusammenkunft zum Directeur derselben ernannt. Daß ich alle Gelegenheiten, die mich hier bekannt mache können, ergreiffe, kann mir niemand verdenken, zumal wenn es eine Sache nach meinen Geschmak, wie die eben genannte, ist.
Thronbesteigung 1797 bis 1814 als Generaladjutant und wurde 1803 zum Generalmajor, 1809 zum Generalleutnant befördert. Der enge Vertraute des Monarchen trat zunehmend als Gegner der politischen und militärischen Reformer in Erscheinung. b
Das Folgende ist aus Platzmangel am Rand geschrieben (über alle vier Seiten).
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Nr. 9
Was machen denn meine lieben Kinder? In unser Caserne haben 63 Kinder in dieser Zeit die Blattern gehabt, davon sind 16 gestorben. Der G. v. T. will nicht die Kuhpocken mit Gewalt inoculiren lassen, ich thue es vielleicht, denn er gehet den 16ten auf 14 Tage weg, u. dann dependirt alls von mir allein.9 Adieu, meine liebe Kläre, ich bitte auch, schreibt viel aber klein, denn das Postgeld ist allzuhoch. Adieu, schreibt mir auch etwas von den Garten. Dein dich zärtlich liebender S. 9. Scharnhorst an seinen Bruder Heinrich Scharnhorst
[Berlin, vor 29. September 1801 1 ]
N a c h der Edition bei Linnebach, S. 237f., ergänzt und korrigiert anhand einer Abschrift Gerhard Oestreichs. 3 Umzug nach Berlin. Empfehlung
des Überbringers.
Familiennachrichten.
Lieber Bruder, ich mache es mir zum Vorwurf, daß ich Dich von meiner Dienstveränderung nicht benachrichtigt habe; ich weiß aber auch wohl, daß Du von meine Liebe überzeugt bist und diese kleine Vernachlässigung mir nicht übel auslegst. Ich bin schon seit dem 6ten Mai hier und Obristleutnant bei dem 3ten Artillerie-Regimente. Ich habe mich in meiner Einnahme hier zwar verbessert, indes sind dagegen meine Ausgaben stärker. Michaelis kommt meine Familie hierher. Meine Haushaltung in Bordenau bleibt dennoch auf dem alten Fuß, und künftigen Sommer gehet meine Frau im Mai zurück und im Juli und August bin auch ich auf Urlaub, wenn wir solange leben. Was macht Deine liebe Frau? Empfiehl mich ihrer Liebe und Freundschaft und umarme sie und Deine Kinder in meinem Namen. 2 Der Haupt9
Die neue Impfung gegen Pocken mit Kuhpockenlymphe war 1796 vom Arzt Edward Jenner (1749-1823) erprobt worden. Ihren Siegeszug trat sie an nach der Veröffentlichung seiner Schrift: An Inquiry into the Causes and Effects of the Cow-Pox, or variolae vaccinae, London 1798 (deutsch: Hannover 1799).
"
Linnebachs Vorlage befand sich damals im Besitz von Frau Major Kahle, Bordenau. Oestreich transkribierte eine Abschrift desselben Briefes in HStAH, Ms. N. 30. Zu Beginn kündigt Scharnhorst den Umzug seiner Familie zum Michaelistag (29. September) an. Heinrich Scharnhorst war 1796 zum Stabskapitän im 1. Bataillon des hessen-darmstädtischen Infanterieregiments Landgraf ernannt worden und hatte im gleichen Jahr Karoline Thilemann (1771-1826), die Tochter eines 1794 verstorbenen Obersten der Armee der Vereinigten Niederlande, geheiratet. Zur Zeit des vorliegenden Briefes hatte das Paar zwei Kinder, Wilhelm Gerhard August (1799-1815) und Theodora (1800-1826). Wilhelm sollte als Sekondeleutnant beim Infanterieregiment Groß- und Erbprinz in einem der letzten Gefechte der Napoleonischen Kriege (Mundolsheim, 29. Juni 1815) fallen, Theodora heiratete 1821 den hessen-darmstädtischen Landoberschultheiß Georg Usener.
1
2
52
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
mann Seemann, welcher Dir diesen Brief überbringt, will sich ein bißchen Darmstadt besehen, gib ihm dazu Anleitung b , ohne Dich deswegen in Kosten zu setzen, denn ich stehe mit demselben in keiner sehr nahen Liaison. Ich hoffe hier in der Folge recht zufrieden und vergnügt zu leben. Der Anfang ist hier mit einigen Unannehmlichkeiten und besonders in Ansicht der Kosten verbunden gewesen. Ich bin von meinen Kameraden im Ganzen gut aufgenommen und sehr mit ihnen zufrieden, ich habe sie zum Theil als sehr edel und schätzenswerth gefunden. Meine Aussicht auf die Zukunft ist ein Regiment; es kann freilich noch 10-12 Jahre entfernt sein, aber mein jüngster Vordermann ist 14, der 2. 16 und die übrigen 20 Jahre älter als ich; auch habe ich noch andere Aussicht zur Vermehrung meiner Besoldung. Der König hat für mich 1000 Rthr., wenn ich abgehe, und für meine Frau, wenn ich sterben sollte, oder für meine Kinder, bis das jüngste 25 Jahre alt ist, 500 Rthr. jährlich mir schriftlich versprochen. Wilhelm wird nun hier ferner die Schule besuchen und demnächst nach Königsberg gehen und Jura studieren. 3 Er ist ein herzlich guter Junge, von Herzen, er gleicht Dir. Julchen ist mein Ebenbild, ebenso verlegen und timide als ich, aber auch ebenso rastlos und ehrgeizig. August, 0 der Holländer, ist mehr materiell, Emilie, die jüngste, ist ein schönes Kind, ganz in Aeußern und Innern als die Schwiegermutter. 4 Nun, mein guter, mein innigst geliebter Bruder, weißt Du einige Außenlinien von meinem Zustand und meiner Familie. Schreib mir nun auch, wie es Dir geht, und versichere Deiner lieben Frau meine brüderliche herzliche Liebe und Hochachtung und sei versichert, daß ich sehr oft mit der innigsten Sehnsucht an Dich denke, und daß Dich zu sehen für mich die größte Freude auf der Welt sein würde. Dein Dich zärtlich liebender Bruder G. Scharnhorst. In dem 3. Bande der Denkwürdigkeiten des Revolutionskrieges habe ich Eure Taten bey Courtrey, Igelmünster etc. sehr gepriesen. 5 Vielleicht könn[te]st Du das Buch Euerem guten Landesherrn 6 geben.
h
'
3 4 5
6
Bei Linnebach steht für den hier einsetzenden Rest des Satzes lediglich „u.s.w." Die folgenden zwei Wörter, eine Anspielung auf die Zeugung des jüngeren Sohnes während des Feldzuges an der Maas im Herbst 1794, wurden von Linnebach weggelassen. Wilhelm besuchte damals das Gymnasium zum Grauen Kloster. Clara Justine Luise Scharlock, geb. Völckenig, verw. Schmalz, vgl. Anhang 1. Seit der Wiederaufnahme des Neuen militärischen Journals nach dem Frieden von Basel hatte dieses den alternativen Titel „Militärische Denkwürdigkeiten unserer Zeiten, insbesondere des französischen Revolutions-Krieges". Scharnhorst bezieht sich hier auf den Teil des „Feldzugs der verbundenen Armeen in Flandern, im Jahr 1794" in NMJ, Bd. 10, S. 134-383. Landgraf Ludwig X . von Hessen-Darmstadt, der spätere Großherzog Ludwig I.
Nr. 10
53
10. R e c h n u n g
B e r l i n , 8. J u l i 1 8 0 1
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 15r (1 S.): Leicherts Hand. Weinrecbnung
Juni/Juli
1801.
H e r r O b r i s t Leutenant Scharnhorst Rthr. Juny
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20" 22«
Ein Quart entspricht etwa 1,15 Liter. Medoc. „Ein Bischof ist, wie ich denke,/Ein sehr angenehmes Getränke/Aus rotem Wein, Zucker und Pomeranzensaft/Und wärmet und stärket mit großer Kraft." (Carl Arnold Kortum: Leben, Meinungen und Taten von Hieronymus Jobs (1784), Sechstes Kapitel.) D. h. 20 Reichstaler per Friedrichd'ors inclusive Agio (Aufgeld) von 10 Prozent. Der Nennwert eines Friedrichsd'or betrug fünf Taler, als Goldmünze besaß er aber einen (in dieser Rechnung um 10 Prozent) höheren Kurantwert. Vier weitere gleichartige Monatsrechnungen Leicherts befinden sich im gleichen Faszikel als fol. 18r (Berlin, 8. September 1801, Gesamtbetrag 26 Reichstaler, 4 Groschen), 26r (Berlin, 8. Oktober 1801,26 Taler, 5 Groschen, 6 Pfennige), 28r (Berlin, 8. November 1801,25 Taler, 21 Groschen) und 30r (Berlin, 8. [und 15.] Dezember 1801,30 Reichstaler, 19 Groschen, 3 Pfennige). Über das nicht erläuterte „Abonnement" zu 10 Reichs-
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
11. Rechnung
Berlin, 28. Juli 1801
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 16r (1 S.): Unbekannte Hand. Weinrechnung
Mai-Juli 1801.
Nota über Es empfingen des Obrist Leutenandt Herren von Scharnost Hochwohlgebohren d. 29m May 2 Quardt Medoc 16 gl. ß 1. 8 gl. 1801
" 4 dito Franzw. 16 gl. July 1801 d. 28t. 6 dito ditto 16 gl.
2. 4
16 gl.
ß 8
12 Stuk Bout. rest. Berlin d. 2 8 м July 1801 Mitscher & Caspary 1 12. Quittung
Berlin, 14. August 1801
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 46r (1 S.): Vorgedrucktes Formular, handschriftliche Angaben von unbekannter Hand. 3 Auszahlung
von Gage und Servisgeldern
an
Scharnhorst.
Mit einen hiesigen 3 mgr. Stempelbogen zu belegen Formular einer Quitung auf Gage und Servies. talern hinaus listet die Rechnung vom 8. September insgesamt 12'Λ Quart und 5 Bouteillen Medoc (dem Preise von einem Quart zu 16 Groschen nach zu schließen, enthielt eine Bouteille 3/4 Quart), 2 Bouteillen Champagner (zusammen 3 Taler, 16 Groschen) und zwei „Geiste" auf; die vom 8. Oktober 14'/4 Quart Medoc, 3 Bouteillen Margaux, zwei Quart Malaga (von zwei Sorten zu verschiedenen Preisen), 5 der Herkunft nach nicht bezeichnete Bouteillen, 3 Geiste und eine Bouteille „Bischoff"; die vom 8. Dezember 14 Quart und 2 Bouteillen Medoc, 4 Quart nicht näher bezeichneter französischer Weine (zwei Sorten), 27 8 Quart Malaga (mindestens zwei Sorten), „6 Stük Butt" und ein Viertelpfund „Hayssan Thee" (d. i. Haysan bzw. Hyson, eine ins Bläuliche spielende grüne Chinateesorte); die vom Dezember 11 Quart Medoc, 3 Quart Malaga, 1 Quart Rheinwein, 3 Bouteillen Bischof, „1 Brod Zucker" (123/4 Pfund), 3 Butte und 13 Austern. 1
Im gleichen Faszikel befindet sich als fol. 20r eine weitere Rechnung von Mitscher & Caspary (Berlin, 12. September 1801, Gesamtbetrag 8 Taler, 18 Groschen) über die Bezahlung von 2 Quart Medoc und 4 Quart „Franzwein" am 21. Mai, sowie 6 Quart „Franzwein" am 28. Juli, dazu 12 Bouteillen (ungerechnet den Inhalt). Die handschriftlichen
Ergänzungen
sind kursiv
gesetzt.
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Nr. 13
Pro May 1801h habe ich aus Königlicher Krieges-Casse die mir beigelegte Gage mit 52 Rthlr. 30 mgr pf. 6 Rats. Four age a 2VÄ rh. 17 » » » an Servies 5 « 18 « » und an Zulage 45 " 30 « » also überhaupt 121 » 6 » in Cassemüntze durch den Herrn Oberkriegscommissair fangen, so hiedurch quitirend bescheinige.
» Soest richtig emp-
Berlin,0 den 14ten Aug. 1801. = 121 Rthlr. 6 mgr. Cassemünze
Nähme und Carackter des Empfängers.
13. Quittung
Berlin, 15. August 1801
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 12 fol. 47r (1 S.): Conradis Hand. Auszahlung einer Erbschaft für einen minderjährigen
Trommler.
Die dem minorainen1 Tambour Jacob Schwanek von des Capitaine von Hahn2 Compagnie zustehenden fünf und zwantzig Rthlr. Vatererbe sind mir am heutigen dato von den Königl. Obrist Lieutenants und Interims-Comandeur Artillerie Regiments3 Herrn Scharnhorst Hochwohlgebohren baar und richtig ausgezahlet und quittire über den richtigen Empfang der gedachten fünf und zwanzig Rthlr. Berlin d. 15101 August 1801. Lieut. Conradi4 = 25 rthlr. In Abwesenheit des Capt. v. Hahn
4 c
1 2
3
4
Für die Jahreszahlen im Vordruck immer „ 17". Darunter gestrichen das vorgedruckte: „(Ort des Aufenthalts)". Minderjährigen. Kapitän Carl Ludwig von Hahn vom 3. Feldartillerieregiment (in der Rangliste der Feldartillerie Kapitän Hahn I). Scharnhorst befehligte das Regiment in Abwesenheit des Kommandeurs, Obersten von Hüser. Sekondeleutnant Conradi wurde 1806 zum Adjutanten ernannt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
14. Scharnhorst an Ludowieg
[?, Mai/August 1801P1]
N a c h der Edition bei Klippel III, S. 16f. a Weiterer Druck: N a c h Klippel Linnebach, S. 234. Freundschaftsbekundung.
Bitte um Versuchsergebnisse zu Schlagröhren.
Mein lieber Ludowig! 2 Ich empfehle mich hierdurch ihrer ferneren Freundschaft und Liebe. Sie wissen wohl, daß ich immer eine große Achtung für den Eifer, mit dem Sie dienen, gehabt habe, und daß ich mir sehr glücklich würde gehalten haben, wenn es hätte sein können, daß wir in einer nähern Verbindung gestanden hätten. Der Himmel erhalte Ihnen gesund, alsdann werden Sie gewiß eine sehr gute Laufbahn haben, denn man erkennt allgemein Ihre Verdienste. Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft und seyn Sie versichert, daß mir nichts angenehmer seyn würde, als wenn ich Ihnen von der meinigen thätige Beweise geben könnte. Haben sie die Güte und lassen Sie mir eine Abschrift von Ihren Versuchen von den Schlagröhren zukommen. Schicken Sie dieselben an den Mittwochen zu den Doctor Stieglitz,3 so erhalte ich sie gelegentlich. Ihr Freund G. Scharnhorst.
15. Scharnhorst an Ludowieg
Berlin, 24. August 1801
N a c h der Edition bei Klippel III, S. 17ff.a Weiterer Druck: Nach Klippel Linnebach, S. 234ff. Erklärung der späten Beförderung Ludowiegs. Gewicht des Sechspfünders. Richten von Geschützen.
" 1
2
3
"
Radgrößen.
„Für die Mittheilung der Briefe sind wir dem Herrn Obergerichtsrath Ludowieg in Hannover zu Dank verpflichtet." Nach Ansicht Klippels „ohne Angabe des Datums unmittelbar vor seiner Abreise von Hannover" geschrieben, nach der Linnebachs dagegen schon in Berlin. Auf jeden Fall entstand das Schreiben vor dem Brief an Ludowieg vom 24. August 1801. Der aus den ersten beiden Bänden bekannte Titularkapitän Daniel Ludowieg (17681847) befehligte die 1. Geschwinde Batterie der hannoverschen Artillerie. Dr. Johann Stieglitz (1767-1840), königlicher Leibmedikus in Hannover. „Für die Mittheilung der Briefe sind wir dem Herrn Obergerichtsrath Hannover zu Dank verpflichtet."
Ludowieg
in
Nr. 15
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Berlin, den 24sten August 1801. Mein lieber Ludewig, ich habe Ihren mir sehr werthen Brief mit vielen und herzlichen Vergnügen gelesen und danke Ihnen für diesen Beweis Ihrer Freundschaft von ganzer Seele. Meine Geschäfte lassen es nicht zu, daß ich Ihnen so weitläuftig antworte, als ich es thun würde, wenn ich bloß den Gefühlen der Freundschaft und Anhänglichkeit folgte. Ihre späte Beförderung 1 hat allein darin ihren b Grund, daß der Feldmarschall 2 zu der Zeit durchaus keine Capitaine machen wollte, weil er, wenn er einige machte, andere zu sehr dadurch zurücksetzte. Er wurde mir einmal ganz böse, als ich mich zu warm für das Avancement der Artillerie intereßirte; ich kann Ihnen aber, mein lieber Ludewig, versichern, daß er Ihre Person und Ihre Verdienste als Artillerie-Officier erkennt und schätzt und großes Zutrauen zu Ihnen hat. Sie können nicht glauben, wie sehr es mir freut, daß Sie doch wenigstens bei der Batterie die Pferde behalten haben. 3 Das übrige wird sich jetzt wohl finden. Der Organisationsplan mit dem Compagnie-Chef c der reitenden Compagnie taugt nichts, in jeder Rücksicht nichts, wiewohl die zeitigen persönlichen Verhältnisse ihm Eingang verschaffen werden. Ich freilich war dafür, daß der 6Üder 1050 Ü wiegen müßte. Machte man ihn nur 900 U schwer, so würde man ihm nicht mehr als 2 U Ladung geben können, da man ihm bei 1050 Ü doch noch 2V 2 fa> Ladung geben kann. Könnte man ihm aber nur 2 U Ladung geben, so würde er gegen den französischen 8itder, dem man 2V 2 und bei Kartätschen 2 3 / 4 Η Ladung giebt, sehr zurückstehen. Dazu findet sich in den Versuchen, daß bei dem Visir-Schuß die gänz-
b c 1 2 3
Statt „seinen". Statt „ Compagnie- Chefs Ludowieg war mit Wirkung vom 30. April 1801 zum Titularkapitän befördert worden. Der aus den ersten beiden Bänden bekannte Graf von Wallmoden-Gimborn. Das bezieht sich mutmaßlich auf Demobilisierungsmaßnahmen im Gefolge des Friedens von Luneville und im Zuge der Besetzung Kurhannovers durch preußische Truppen seit April 1801. Angesichts britischer Ubergriffe auf die neutrale Handelsschiffahrt hatte sich im Frühjahr eine nördliche Allianz aus Rußland, Dänemark-Norwegen und Schweden gebildet, der sich Preußen anschloß. Im Zuge dieser „bewaffneten Neutralität" wurden nun Maßnahmen gegen den britischen Seehandel ergriffen, etwa durch die preußische Besetzung Hannovers (angekündigt in einer Deklaration des Grafen Haugwitz am 30. März) und die dänische Besetzung Hamburgs. Großbritannien antwortete mit dem Angriff auf Kopenhagen (2. April 1801). Dieser Seesieg und die bald darauf eintreffende Nachricht von der Ermordung Pauls I. in St. Petersburg führte zu einem baldigen Ende der Nordallianz; im Juni anerkannte der neue russische Kaiser Alexander I. das britische Recht auf Untersuchung neutraler Schiffe. Auch Preußen zog im November sein Besatzungskorps aus Hannover ab, eine Entscheidung, die durch den Abschluß der Friedenspräliminarien zwischen Frankreich und Großbritannien, Spanien, Rußland und der Türkei (1.-9. Oktober 1801) erleichtert wurde.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
liehe Schußweite ungefähr um 200 Schritt bei 27 2 Η Ladung größer als bei 2 U ist; dies ist um so glaublicher, da bei dem 12£ider die Schuß weite im ersten Anschlage immer bei 5 U um 100 Schritt größer als bei 4 U ist. 200 Schritt größere Schußweite ist keine unbedeutende Sache, aber eben so wichtig ist noch der Vortheil der größeren Ladungen bei dem Gebrauche der Kartätschen, und vorzüglich der 3löthigen, wenn die ganze Büchse beinahe l'/ 2 mal so schwer als die Kugel ist. Man hat hier sehr viele Versuche mit Kartätschen gemacht; aber solche Sachen sind hier immer Geheimnisse, und ich kann also nichts weiter davon schreiben. Es ist für die Fortbringung der Geschütze sehr wichtig, wenn die Räder der Laffeten hoch sind; 5 Fuß 9 Zoll gehet schon an, aber warum nicht gerade 6 Fuß? Von der andern Seite ist es allerdings ein Vortheil, bei den hohen Rädern die Last niedrig zu placiren, denn je höher sie liegt, um desto eher wirft man um, um desto eher kommt der Schwerpunkt über den Unterstützungspunkt, der im Gleise sich befindet. Das Rasiren der niedrigem Geschütze ist wohl wenig von dem der etwas höhern verschieden; denn es kömmt immer auf den Winkel an, den der Aufschlagspunkt der Kugel mit der Höhe des Geschützes macht.d Der Winkel a b с ist immer sehr klein, wenn die Distanz klein ist; soll die Distanz aber größer werden, so muß der Winkel auch größer werden, und stehet die Kanone nicht so hoch, daß der Winkel in horizontalen Herausfahren der Kugel größer wird, so muß man die Kanone eleviren; dann e gehet die Kugel in die Höhe, und so erhält man den Nachtheil in Absicht des Rasirens, den man erhalten würde, wenn das Geschütz höher stände.4 Die Stürzung der Räder wurde aus Gefälligkeit gegen den Hrn. O.B. 5 allerdings perpendikulär auf den Schenkel genommen; ich meine aber doch dabei gesetzt zu haben, daß man indeß die Einrichtung der Frachtfuhrwerke hierbei in Betracht ziehen sollte, indem man hier nicht sehr merklich von
d
e 4
5
Folgt die Skizze einer im Visierschuß (d. h. mit horizontalem Rohr) feuernden Kanone. Hierbei bezeichnet der Buchstabe „a" die Drehachse des Kanonenrohrs (in Höhe der Zentrallinie seiner Seele), welche offenbar nur unwesentlich über der Achse der Räder liegt; „b" bezeichnet die Linie der Aufsatzpunkte der Räder auf dem Boden und „c" den Ort, wo die Kanonenkugel einschlägt. Statt „denn". Es sieht so aus, als ob mit „Winkel" hier tatsächlich der von der parabolischen Geschoßbahn bestrichene Raum gemeint ist und nicht, wie man nach der Skizze annehmen könnte, der Einschlagswinkel der Kugel. Es kam darauf an, eine möglichst flache Geschoßbahn zu erzielen; um die größte Wirkung gegen feindliche Truppen zu erzielen war es wünschenswert, daß die Flugbahn der Kugel möglichst auf der ganzen Strecke nicht höher als der Kopf eines stehenden Menschen war. Oberst [Georg Gustav] Braun, bekannt aus den ersten beiden Bänden.
Nr. 16
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a b g e h e n dürfte. Stehet dies n i c h t in d e r I n s t r u c t i o n , s o k ö m m t es s o n s t w o in unseren Deliberationen vor.6 M i t den Schuß w i n d e n ist es überall L u m p e r e i ; die Keile lassen sich z w a r leicht u n t e n a u s , a b e r n i c h t h e r u n t e r ( u m die K a n o n e z u d e p r i m i r e n ) w i n den, o h n e m i t einer H a n d s p e i c h e die C u l a s s e z u h e b e n . M a n hat hier einige f r a n z ö s i s c h e C a n o n e n , bei d e n e n es m i r v o r k o m m t , als w e n n die R i c h t u n g g e s c h w i n d e r als bei d e r h a n n o v e r s c h e n v o r sich ginge. S c h r e i b e n Sie mir, lieber L u d e w i g , w i e lange m a n bei d e n 3 , 6 u n d 12&>dern z u b r i n g t , u m 5 G r a d z u eleviren o d e r d e p r i m i r e n ; ich will die n e m l i c h e n V e r s u c h e bei den f r a n z ö s i s c h e n 8 u n d 1 2 Ü d e r n m a c h e n u n d I h n e n die R e s u l t a t e mittheilen. A d i e u , m e i n lieber bester L u d e w i g , ich bin I h r innigster u n d h e r z l i c h ster F r e u n d G . S c h a r n h o r s t .
16. Scharnhorst an Knesebeck
Berlin, 8. September 1801
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs." Empfehlung
Venturinis. Aussicht auf Gespräch
hei den
Herbstmanövern. Berlin, 8. Sept. 1 8 0 1 .
Sehr w e r t g e s c h ä t z t e r F r e u n d , u n s e r S c h r i f t s t e l l e r - K o l l e g e Venturini 1 s u c h t p r e u ß i s c h e D i e n s t e u n d , w i e d e r m i r sagt, i n s b e s o n d e r e eine L e h r e r stelle an i r g e n d einen militärischen Institut. E r w ü n s c h t d e n H e r r n G e n e r a l v o n R ü c h e l in dieser R ü c k s i c h t e m p f o h l e n z u w e r d e n , 2 ich bitte Sie, liebster
6
Scharnhorst bezieht sich auf die Beratungen der Kommission zu Reform der hannoverschen Artillerie, der er bis zu seinem Ubertritt in preußische Dienste angehört hatte, vgl. den zweiten Band.
"
Die damals im Heeresarchiv Potsdam befindliche Vorlage („eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. Johann Georg Julius Venturini (1772-1802) hatte als braunschweigischer Ingenieuroffizier im Revolutionskrieg gedient und fungierte danach als Landbaumeister im Harzund Weserdistrikt. Er setzte aber auch seine Tätigkeit als militärischer Fachschriftsteller und Ubersetzer fort. Für die Offiziersausbildung in Deutschland ist er auch als Erfinder eines der ersten Kriegsspiele von Bedeutung. Zu seinen Schriften zählen: Beschreibung und Regeln eines neuen Kriegsspiels, Schleswig 1798-1801; Lehrbuch der angewandten Taktik oder eigentlichen Kriegswissenschaften, Schleswig 1798ff.; Kritische Betrachtung des letzten und wichtigsten Feldzuges im 18. Jahrhundert und der dem öster. Staate angemessenen Kriegsführung gegen West und Südwest, Braunschweig 1800; Lehrbuch des dtsch. Schutz- und Angriffskrieges in Westphalen gegen die batavische Republik, Schleswig 1800; Lehrbuch der Militär-Geographie der östlichen Rheinländer, Kopenhagen 1801; Mathematisches System der reinen Taktik, Braunschweig 1802. Vgl. auch Nr. 19 und 133. Rüchel nahm als Inspekteur der Militärerziehunganstalten und Chef des Kadettenkorps eine Schlüsselstellung im preußischen Militärbildungswesen ein.
1
2
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Freund, dies zu tun. Sein dickes Buch kennen Sie, es ist darin sehr viel ganz leidlich zusammengeschrieben; wenn er es kürzer seinen Schülern in den K o p f bringen könnte, möchte es immer gut genug sein. In den Herbstmanövern werde ich das Vergnügen haben, Sie zu sehen, und dann werde ich auch die Versuche mit dem kleinen Gewehr mitbringen. Würdigen Sie mich Ihrer Freundschaft und sein Sie versichert, daß ich mit der größten Aufrichtigkeit der Ihrige bin. Scharnhorst
17. Q u i t t u n g
Berlin, 14. September 1801
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 48r (V2 S.): Harts Hand. Auszahlung von Zinsen an einen Unteroffizier. 9 rthl. 10 gl. 3 d. schreibe neun rh. 10 gl. 3 d. Courant Zinsen pro April, May und Juny für den Unter-Officier Löber von der Compagnie des Obrist von Hüser 1 3"° Artillerie Regiments sind mir von den Herrn Obrist Lieutenant Scharnhorst H o c h wohlgebohrn dato baar gezahlt worden, über deren Empfang hiemit quittire. Berlin d. 14® September 1801. = 9 rthlr. 10 gl. 3 d.
18. Rechnung
Hart 2 Pr. Lieut, der Artillerie
Berlin, 15. September 1801
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 19r (1 S.): Brotz' Hand. Lieferung von Heu. Des Herren Obrist.l. Scharnhorst Hochwohlgeboh. haben an Oder Heu erhalten 36 Centr. a Ctr. mit Rathswagegeldt 20V 4 gl.
1
2
Heinrich Christoph Ernst von Hüser (1741-1821) hatte ursprünglich bei der Infanterie gedient, bevor er 1762 als Sekondeleutnant zur Artillerie wechselte. Er wurde 1800 zum Kommandeur des 3. Feldartillerieregiments ernannt, 1805 zum Chef des neuformierten Reitenden Artillerieregiments. Das wegen seiner Rolle bei der Kapitulation von Prenzlau gegen ihn angestrengte Verfahren wurde 1814 niedergeschlagen. Premierleutnant Hart stand zu Beginn des Krieges 1806 als Stabskapitän im Königsberger 4. Feldartillerieregiment.
61
Nr. 19
besagt die Summa — 29 rh. 12 gl. 9 d. Berlin den 1 S e p t b r . 1801. A. Brotz Bezahlt bei Abgabe der Rechnung.1
a
19. Rechnung
Berlin, 18. September 1801
G S t A P K , V I . H A N1 Scharnhorst N r . 12 fol. 22r (1 S.): Maurers Hand. Von Scharnhorst Juni-September
1801 erworbene
Bücher.
Sr. Hochwohlgebohren der Herr Obriste Lieutenant v. Scharnhorst beliebten in geneigten Empfang zu nehmen. 1801. Juny 4. 1 1 6. 1 Jul. 1. 1
Venturini System der angew. Tactik1 den Feldzug von 1800 2 strategetische Instruction Friedrich II.3 Fischers physikal. Wörterbuch 4 4 Thlr.
tt ff ff
-
2 18 12
12 12 -
"
Das Folgende
1
Eine zweite Rechnung über die Lieferung von Heu, unterschrieben von einem Herrn Portz, datiert Berlin, 24. August 1802, und versehen mit dem Vermerk „Zu Dank bezahlt", befindet sich im gleichen Faszikel, fol. 33r. Hier wurden 30 Zentner Heu zum Gesamtpreis von 32 Reichstalern, 19 Groschen und 6 Pfennigen geliefert (ein Zentner kostete 1 Reichstaler, 2 Groschen, dazu kamen 3 Pfennige Waagegeld).
1
Johann Georg Julius Venturini: Mathematisches System der angewandten Taktik oder eigentlichen Kriegeswissenschaft. Zur Uebersicht und zum Gebrauch für Lehrer dieser Wissenschaft, Schleswig 1800. Das Werk erschien 1802 in Braunschweig in zweiter Auflage. Mutmaßlich: Johann Georg Julius Venturini: Uber die wahrscheinlichen Operationen sowohl deutscher- als fränkischer Seits im bevorstehenden Feldzuge 1800, Braunschweig 1800. Geheime strategische Instructionen Friedrichs des Zweyten an seine General-Inspecteurs. Mit 31 illum. Plans, Leipzig 1800. Es handelte sich dabei um einen verstümmelten Nachdruck von Friedrichs offizieller Schrift: Grundsätze der Lagerkunst und Taktik, о. O . 1771. Zur Verwertung des Werks vgl. Nr. 26. Johann Karl Fischer: Physikalisches Wörterbuch oder Erklärung der vornehmsten zur Physik gehörigen Begriffe und Kunstwörter, 7 Bde., Göttingen 1793-1805. Fischer, der auch eine achtbändige Geschichte der Physik (1801-1808) schrieb, war seit 1792 außerordentlicher Professor an der Universität Jena. Er ging 1807 an das Akademische Gymnasium zu Dortmund, 1818 als Professor für Mathematik und Astronomie an die Universität Greifswald. 1823-1827 verfaßte Fischer noch drei Supplementbände zu seinem Wörterbuch.
2
3
4
in einer anderen
rh.
Handschrift.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
4. 1 1 6. 1 13. 1 31. 1 Aug. 22. 1 1 1 Sept. 11. 1 - " 14. 1
Legners Arithmetik Clairauts Anfangsgründe d. Algebra5 Meyers Anfangsgründe d. Naturlehre 6 Ihrings Handwörterbuch 7 milit. Taschenbuch 1801 8 Tableau historiques des Campagnes I Cap. 9 Hoyers militär. Magazin10 8', 9' h. Betrachtungen über d. Schießen11 Manuel des adjudans-generaux12 Kiesewetters neue Mathematik13
ff η
tr ff tr tr tr tr tt tr
rh. Berlin den 18. Septbr. 1801
5
6
7
8
9
-
1 1
20 -
20 20
1 3 1 1 1 1
12
46
8
-
-
-
-
-
8
-
-
-
-
-
-
pr. Friedr. Maurer 14
Alexis-Claude Clairault: Des Herrn Clairaut, der Königl. Französ. und Königl. Preuss. Akademien der Wissenschaften, der Königl. Gesellschaften zu London, Upsal und Edinburg, und der Akademie zu Bologna Mitglieds, Anfangsgründe der Algebra. Aus dem Französischen übersetzt von C. Mylius. Zweyte Auflage mit Zusätzen vermehrt von G. H. Tempelhoff, Berlin 1778. Johann Tobias Mayer: Anfangsgründe der Naturlehre zum Behuf der Vorlesungen über Experimental-Physik, Göttingen 1801. Das Werk des Göttinger Mathematikers und Physikers Mayer (1752-1830) erschien bis 1827 in fünf weiteren Auflagen. Friedrich Heinrich Wilhelm Ihring: Deutsches Hand- und Wörterbuch, als guter Ratgeber zur Vermeidung der beim Schreiben und Sprechen gewöhnlichen Fehler gegen den Dativ und Accusativ oder selbst leichtfaßlicher Unterricht, jedes deutsche Wort recht schreiben zu lernen, nebst den sichersten Regeln, die Wörter: mir und mich, dem und den, ihm, ihn und ihr; Sie und Ihnen etc. niemals falsch, sondern jederzeit richtig zu gebrauchen, Berlin 1801 (Neuausgabe Berlin 1830). Zu den anderen Werken des Verfassers, eines Kaufmanns in Berlin, gehörte: Der praktische Kaufmann, 2 Teile, Berlin 1798-1800. Militärisches Taschenbuch für das Jahr 1801, Berlin [1801]. Der anonyme Herausgeber, Heinrich Knoblauch, arbeitete als Expedient bei der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer und wurde 1817 zum Hofrat beim Finanzministerium ernannt. Zu seinen weiteren Werken gehören: Ueber die sittliche und wissenschaftliche Bildung junger Edelleute, welche sich dem Militär widmen, Berlin 1800; Die Höllenmaschine. Eine romantische Geschichte aus den letzten Tagen der französischen Revolution, 1802. Der Inhalt des „Taschenbuchs" bestand größtenteils aus exzerpiertem Material aus aktuellen Büchern und Zeitschriften, darunter dem Abschnitt „Ueber die militärischen Uebungen im Frieden" (S. 216-240) aus Decken, Betrachtung. Der Verleger, Christian Friedrich Himburg (1733-1801) ist der Literaturgeschichte als Raubdrucker bekannt, vor allem durch seine Goethe-Ausgabe von 1775-1776. Für den Druck der preußischen Stamm- und Ranglisten, den er seit 1785 zunächst als Plagiat eines Breslauer Unternehmens betrieb, erlangte der findige Unternehmer 1789 sogar ein exklusives Druckprivileg. Allem Anschein nach eine frühere Ausgabe von: Tableaux historiques des campagnes d'Italie depuis l'an IV jusqu'ä la bataille de Marengo, suivis du precis de Farmee d'Orient, des details sur les ceremonies du sacre, des bulletins officiels de la Grande Armee
63
Nr. 20
Berlin, 19. September 1801
20. Rechnung
GStA P K , VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 23r (1 S.): Noacks Hand. Reparatur und Neuanfertigung von Hüten.
Nota. Rthr. - 1 0 gl. - d. Von 151 Aug . 1 Huth zurechte gemacht, Treße u. Drath zu näh. 8 " " 1 Huth gefärbt, Treße u. Drath zu näh[e]n 4 8 " 161 Sept. 1 neuer Huth, Treße und Drath 1 Livreihuth mit silbern Litzen geputzt1 Cocarde 1 2 Berlin den 19 Sept.
Summa 6 thr.
4 gl.
1
1801
10
11
12 13
14 1
2
Noack sen.2
et de l'armee d'Italie dans tout le cours de la derniere guerre d'Allemagne, jusqu'ä la paix de Presbourg, tires des rapports officiels et de la correspondance de Napoleon le Grand, Paris 1806. Illustrator dieses Prachtwerks war der bekannte Schlachtenmaler Carle Vernet, als Verfasser der Texte wird Pierre-Auguste-Marie Miger vermutet. Das von dem sächsischen Pontonieroffizier Johann Gottfried von Hoyer (1767-1848) herausgegebene „Neue militärische Magazin historischen und scientifischen Inhalts" erschien 1798-1808 in insgesamt 27 Stücken. Der Herausgeber wurde 1809 nach der Verteidigung Wittenbergs gegen Schill zum Major befördert und trat im Dezember 1813 als Ingenieuroberst in preußische Dienste. Nachdem er 1825 als Generalmajor verabschiedet wurde, las er über Kriegskunst und Kriegsgeschichte an der Universität Halle. Zu seinen Werken gehören: Handbuch der Pontonierwissenschaft zum Feldgebrauch, 2 Bde., Leipzig 1793-1794; Geschichte der Kriegskunst seit der ersten Anwendung des Schießpulvers zum Kriegsgebrauch bis an das Ende des 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Göttingen 1797-1800; Allgemeines Wörterbuch der Artillerie, 2 Bde., Tübingen 1804-1812; Französisch-deutsch und deutsch-französisches Handwörterbuch aller Kunstausdrücke der Kriegswissenschaft, Paris, Straßburg und Dresden 1812. Möglicherweise das von Hoyer übersetzte englische Werk: Betrachtungen über das Schießen mit der Schrotflinte, Leipzig 1800. Vgl. Nr. 1, Anm. 63. Gemeint ist mutmaßlich: Johann Gottfried Christian Kiesewetter: Erste Anfangsgründe der reinen Mathematik, Berlin 1799, da die Fortsetzung (Erläuterung der ersten Anfangsgründe der reinen Mathematik, zum Gebrauch beim Unterricht, Berlin 1802) erst im folgenden Jahr erschien. Beide Werke wurden bis 1819 viermal aufgelegt. Die Maurersche Buchhandlung verlegte 1822 Heinrich Heines ersten Gedichtband. Daß dieser Hut mit silberner Litze ausgestattet war, spricht dafür, daß er nicht zu einer Uniform gehörte (im Artilleriekorps trugen Offiziere Goldlitze), sondern vielleicht zur Livree eines Bedienten. Im gleichen Faszikel, fol. 9r, befindet sich eine frühere Rechnung Noacks (Berlin, 10. Juni 1801) über 8 Taler und 16 Groschen für „2 ff. Hüthe" mit Tresse.
64
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
21. Caesar und Sohn an Scharnhorst
Bremen, 26. September 1801
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 24r-v (2 S.): Unbekannte Hand. Lieferung von Margaux-Wein
nach Berlin und Bordenau.
Bremen am 26ten September 1801. Sr. Hochwohlgeboren der Herr Obrist Lieutenant Scharnhorst in Berlin geruhen Zufolge Hochderoselben gütigen Befehl sandten wir heute in Franco Fracht nach Hamburg an die Herren Schwere und Lorentz daselbst zur baldigen Beförderung ab rh. 32 36 H O S a An '/ 2 Oxhoft 1 Margeaux Franco Hamburg tt für das Faß, Futtrahl und Emballage 2 2 42 CAC Ferner mit Fuhrmann Johann Block von Leeste in Fracht 1 rh. Conventions Müntze in allen nach Bordenau an Ihro Wohlgebohren die Frau Obrist Lieutenantinn Scharnhorst daselbst abgesandt! η F O S b - " 1 Ancker 3 Margeaux ab hier 10 ft für das Faß und die Emballage 66 CAC in Louisd'or a 5 Rthlr. 46 Höflichst ersuchen wir, uns für diesen Betrag gleichförmig zu erkennen, wünshen von dem Wein guten Empfang und angenehmen Verbrauch. Zur Bequemlichkeit derjenigen Herren, mit denen wir dort und in dortiger Gegend in Verbindung zu stehen die Ehre haben, haben wir die Verfügung getroffen, daß ein dortiger Banquir, Herr Friedr. Oeding 4 & Comp., die Zahlungen für uns gegen Schein in Empfang nimt, wir bitten Ew. Hochwohlgebohren sich Hochgewogentlich seiner Zeit diese Zahlungsweise zu bedienen, wenn nemlich Hochdenenselben dieses so gefällig ist.
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Marke: Großes HOS („Herrn Oberstleutnant Scharnhorst"), darunter kleines CAC („ С. A. Caesar"). Marke: Großes FOS („Frau Oberstleutnant Scharnhorst"), darunter kleines CAC. Nach Bremer Maß 106,3 Liter. Verpackung. Nach Bremer Maß 35,4 Liter. Vermutlich Friedrich Heinrich Oeding, 1806 Berliner Stadtrat und Kämmerer, der im Adreß-Kalender mit der Anschrift Französische Straße Nr. 44 geführt wird.
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Nr. 22
Schließlich halten wir uns und unsere Handlung bestens empfohlen und haben die Ehre, mit vorzüglichster Hochachtung und Respect zu verbleiben. Ew. Hochwohlgebohren ergebenste Diener С. A. Caesar & Sohn. 5
22. Scharnhorst an seine Frau Klara Scharnhorst
Berlin, 2. November [1801]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 21 fol. 1 2 r - 1 3 r (3 S.): Eigenhändig. Druck: Klippel III, S. 15f.; Linnebach, S. 238f. Kritik am Transport von Hausrat aus Hannover und Bordenau nach Berlin. Kostenfragen. Bevorstehender Umzug der Familie.
Meine liebe beste Kläre, Ihr bösen Menschen, was habt Ihr nicht alle geschikt, so viel Betten? 1 Unsere Töpfe u. Braadpfannen, Bradspieße? Dergleichen ist hier mehr, als das, was daran gehört. Hinrich hat mir über diese Sachen so viel wahres gesagt, daß ich oft gewünscht habe, Ihr hättet ihn um Rath gefragt, übrigens gefällt es Hinrich hier nicht sehr. Ich kann es gar nicht sagen, was es mir fatal ist, daß Ihr alles von der Bordenau weg nehmet, mein Plan war, dort so viel zu lassen, daß man eine Zeitlang in Sommer alles hatte, was so ordinär hin erforderlich wäre; überdem kostet der Transport weit mehr, als die Sachen werth sind. Hinrich hat 17 rh. verzehrt, ich gebe ihn 6 Scheffel Haber mit, 2 hat er hier verzehrt, daß sind 8, die 10V2 rh. kosten, dazu noch 9 rh. baar, macht in allen 36 rh. Die Schinken und die Aepfel von Julchen sind noch das beste. Ich hatte gehoft, das Wilhelm 2 mit gekommen wäre, seine Bücher sind schon auf seiner Stube aufgestellt, die eine wahre Studirstube untern Dache ist. Uebrigens ist nichts verdorben, die Betten sind wohl verwahrt, das Spiegel ist schon auf-
5
Das Handelshaus befand sich in der Hakenstraße unweit des Bremer Rathauses. Beide Gesellschafter waren in der Bremer Politik aktiv, der Vater Clemens Albert Caesar als Mitglied des Kollegiums der Elterleute der Kaufmannschaft, der Sohn Siegmund Tobias Caesar im Rat (Senat).
1
In diesen Zusammenhang gehört wohl ein Lieferschein in GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 14r (1 S.). Unter dem Datum „Hannover, den 2. July 1801" kündigte hier Johann Christian Heine & Comp, auf einem gleichen Formular wie in Nr. 3 den Transport von „1 Tonne Betten No. 103: gewogen 2'/ 8 Ct." durch den Fuhrmann Bührig aus Braunschweig an, und unten wurde mit der Unterschrift „Schulz" die Zahlung der Kosten von 12 Reichstalern quittiert. Der damals 15jährige ältere Sohn Scharnhorsts.
2
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
gehangen, und alles Küchengeräth, Tassen u.s.w. wird jetzt in die Speise Kammer gepakt. Engegen kommen, meine innigst geliebte Kläre, kann ich Dir nicht, schreib aber welchen Weg Du nimst, alsdann komme ich Dir auf eine kurze Distanz entgegen. Ich schicke Dir hier 60 rh. in Golde und 50 rh. in preussischen Gelde, von den Du das grobe allerwärts ausgeben kannst, so bald du aus den Hannövrischen bist.3 Das Geld ist auf der Post an den Bruder 4 gesch[i]ckt.a Nach dem, was mir Hinrich sagt, halte ich den Weg, welchen er gekommen ist, beßer als den über Braunschweig, Helmstädt, Magdeburg u. Potsdam; vielleicht wäre es am besten, wenn er Euch herführe. Ueberleg das mit dem Bruder. Canzler will ich hier, ob ich ihn gleich nicht leiden kann, diesen Winter noch behalten. Ein Pferd soll wieder mit zurück, indem die Fourage hier entsetzlich theuer ist. Ihr braucht hier indes auch nicht für Mangel zu fürchten, ich habe von allen, freilich nicht viel, eingekauft. Dies Jahr ist für uns nur allzuhart. Den einen Leuchter schik ich zurük, ich habe schon 4 gekauft, und außerdem einen zum ordinären Gebrauch. Wie freue ich mich auf Eure Hierkunft, seid mir vorsichtig, damit Ihr auf der Reise kein Unglük habt. Adieu meine innigst geliebte Kläre und meine lieben Kinder, komt nun bald in meine Arme. Eur S. Berlin den 2ten Nov. Dienstag Morgen.
23. Rechnung
Berlin, 7. November 1801
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 27r (1 S.): Bernbecks Hand. Installation einer Glocke.
Nota. Sr. Hochwohlgeborn den H[e]rrn Obristlieutenant v. Scharnhorst Habe an Schloßerarbeit verfertigt
* 3 4
Dieser Satz in der Vorlage am Rand hinzugefügt. Wegen seines geringeren Silbergehalts wurde es in Hannover nicht gern angenommen. Gemeint ist Wilhelm Scharnhorst, der Hoffischer, vgl. Anhang 1.
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Nr. 24
rthl. 1) Ein Klockenzuch verfertigt, dazu eine neue Klocke mit eine neue gebogn Feder u. gekrupten Zappen gemacht 2) dazu sechs Stük neue gekrupte Winkel gemacht a Stük 5 gr. 3) Drey Stük Osenstehten gemacht 4) Vor 6 Grosschen Draht 5) Den Klockenzuch anzumachen 6) Zwey Kasten aufgemacht Summa Berlin dn 7tn Novb. 1801 Bernbeck 1 Schloßer Meister aZu Dank richtig bezahlt Bernbeck
24. Scharnhorst an [Prinz August von Preußen]
gr.
d.
-
-
-
1
22 6
-
1 3 rthl.
3 6 3 16 gr.
Berlin, 1. Dezember 1801
GStA PK, Brandenburgisch-Preußisches Hausarchiv, Rep. 57 II N r . J 2, fol. 2 r - ^ v (6 S.): Abschrift, unbekannte Hand. 1 Druck: Linnebach, S. 239ff.
Rücksendung von Aufsätzen über verschiedenen Arten des Angriffs und Uber Karrees. Ew. Königlichen Hoheit 1 schicke ich hier ganz unterthänigst die Aufsätze, welche Sie die Gnade gehabt haben mir zu comuniciren, zurück. Ich habe sieb nicht allein mit sehr großen Intereße, sondern auch mit Belehrung gelesen, " Das Folgende mit hellerer Tinte, in der Vorlage zwischen Datum und Unterschrift Rechnung. 1
der
Diese Arbeiten dürften kurz nach Scharnhorsts Umzug in die neue Wohnung im Gravensteinschen Hause (Münzstraße 21, vgl. Nr. 1, Anm. 44) ausgeführt worden sein.
" Die Abschrift wurde 1884 vom Kronprinzen, dem späteren Kaiser Friedrich III., dem Geheimen Staatsarchiv übergeben und dort in den Nachlaß des Prinzen Louis Ferdinand eingeordnet. Das Original befand sich damals im Besitz der Familie Radziwill (Nachkommen von Luise Friederike, Schwester der Prinzen Louis Ferdinand und August von Preußen). h Statt „Sie". 1
Aufgrund seiner archivalischen Zuordnung (vgl. Anm. a) nahm Linnebach an, daß dieses Schreiben an Prinz Louis Ferdinand gerichtet war. Inhalt und Ton des Briefes sprechen jedoch dagegen, denn es ist unwahrscheinlich, daß Scharnhorst im Dezember 1801 den 29jährigen, im Krieg gegen Frankreich ausgezeichneten Prinzen derart als vielversprechenden „Jüngling" angesprochen hätte, davon abgesehen, daß Louis
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
und was die Precision im Vortrage betrift, so glaube ich, daß Ew. Königliche 0 Hoheit viele militairische Schriftsteller übertreffen. Dies alles ist meine ungeheu[che]lte Beurtheilung und mein Gefühl der Freude darüber, daß das Preußische Haus einen Prinzen hat, der so viel auf die Zukunft verspricht und sich schon als Jüngling einen so großen Fond von gründlichen Kentnißen erworben hat, den sich unsere erfahrensten Krieger nur selten rühmen können. Der Aufsatz über die verschiedenen Arten des Angriffs 2 würde mit Vergnügen in jedem milit. Journale gelesen werden; ich nehme mir die Freiheit bei demselben d zu bemerken, daß beim obliken Angriff dem Feinde es immer schwer fällt, dem Uberflügeln zuvor zu kommen. Es ist schon zu spät, wenn er es entdeckt. Mit einer ganzen Armee oder nur beträchtlichen Corps hat es viele Schwierigkeit, ohne Vorbereitung eine Bewegung mit Ordnung auszuführen. Bei Collin war von Daun vorher die Disposition gegeben, und der König hatte auf keine Weise die Aufmerksamkeit auf die Front der oesterreichschen Armee erregt. Bei Prag zerriß die Linie, und der König fiel bey Kyge in die Lücke. Ferdinand als Generalleutnant damals drei Dienstgrade über ihm stand. Dagegen deutet der Verweis auf einen im folgenden Jahr offenbar publizierten Aufsatz des Adressaten (vgl. Anm. 2) darauf hin, daß es sich bei diesem um Louis Ferdinands jüngeren Bruder August handelte. Friedrich Wilhelm Heinrich August von Preußen ( 1 7 7 9 1843), der jüngste Sohn des Prinzen Ferdinand, des jüngsten Bruders Friedrichs II., war 1796 als Kapitän beim Regiment Larisch (No. 26) eingetreten und wurde später zum Regiment Arnim (No. 13) versetzt. Als Major erhielt er 1803 das Kommando über das aus Kompanien seines und des Regiments Graf Kunheim (No. 1) gebildete Grenadierbataillon, dessen drittes Glied er zum Tirailleurgefecht ausbildete. E r geriet 1806 im Gefecht bei Prenzlau in Gefangenschaft. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich wurde er zum Generalmajor und Chef der Artillerie ernannt, 1813/14 kommandierte er als Generalleutnant eine Brigade im II. Armeekorps und 1815 als General der Infanterie den Belagerungskrieg in Nordfrankreich. In der Friedenszeit danach lebte der Generalinspekteur der Artillerie in den Schlössern Rheinsberg und Bellevue. Er starb auf seiner letzten Inspektionsreise in Bromberg als der reichste Grundbesitzer in Preußen. Sein Vermögen fiel zum größten Teil an das königliche Haus, denn Friedrich Wilhelm III. hatte ihm (wie schon zuvor seinem Bruder Louis Ferdinand) die Genehmigung zur Ehe verweigert, wobei vielleicht die hartnäckigen Gerüchte eine Rolle spielten, nicht Prinz Ferdinand, sondern sein Adjutant Graf Schmettau sei der Vater der Kinder von Augusts Mutter, Prinzessin Anna Luise, gewesen. Prinz August hinterließ allerdings eine große Zahl illegitimer Erben; aus drei Liebesbeziehungen gingen insgesamt zwölf Kinder hervor, von denen zehn ihren Vater überlebten. c d
2
Statt „ Königlichen ". Das Wort vom Kopisten und ihm folgend Linnebach verändert zu „derselben", offenbar in der Annahme, daß Scharnhorst sich hier nicht auf den Aufsatz, sondern auf die königliche Hoheit seines Verfassers bezieht. Hierbei handelte es sich anscheinend um eine frühere Fassung des mit der durchsichtigen Abkürzung „P. A. v. P." unterzeichneten Aufsatzes: Ueber die verschiedenen Arten des Angriffs, in: D M G B 1 (1802), S. 3 6 - 5 1 .
Nr. 24
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Hätte St. Germain mit der Reserve den König bei Rosbach von vorn angegriffen, während Soubise ihn in Rücken ging, so wäre diese Schlacht vielleicht anders ausgefallen.3 Und dann focht sie eine kleine, in Manoeuvriren geschickte Armee mit einem großen Heerführer gegen eine sehr wenig geübte, von mehreren Nationen zusammengesetzte, von einem schlechten General commandirte in den offensten Terrein. Eine hieraus abstrahirte Regel möchte nur auf wenige Fälle anwendbar seyn. Sehr gründlich ist der Aufsatz über die Quarrees; diese Materie ist hier so auseinandergesetzt, daß ihn jeder Infanterie Officier nicht ohne großen Nutzen lesen wird. Wenn eine ganze Brigade die Quarree Stellung wählt, so verändert die Artillerie hier vieles. In solchen Fällen muß man die Artillerie nicht auf die Ecken der einzelnen Quarrees, sondern zwischen dieselben nehmen. Auf den Ecken machen die Kanonen nur Unordnungen. Befinden sie sich aber zwischen den Quarrees in А, В, С u. D, so können sie rasch und frei vorgehen und beim Einbruch in ihre Lücken zurückkehren und nach der Linie E F sich stellen/ Der Haupt-Vortheil der Artillerie bei allen Rückzügen bestehet ohne Zweifel darin, daß sie den Feind in einer großen Entfernung hält und verhindert, von den glücklichen Augenblick zu profitiren. Indem ich mir Ew. Königlichen Hoheit Gnade gehorsamst empfehle, habe ich die Ehre mit dem tiefsten Respect zu seyn Ew. Königl. Hoheit unterthäniger Berlin den I 14 " Dec. (gez.) Scharnhorst. 1801.
e
3
Neben diesem Absatz befindet sich die Skizze einer Anordnung von vier Karrees (bezeichnet „1Ш Quarr." (oben), „2Ш Quarree" (links), „3^ Quarree" (rechts) und 4Ш Quarree" (unten) in Form eines Karos, wobei jeweils eine der vier Seiten eines jeden Karrees dem Mittelpunkt der Anordnung gegenübersteht. А, В, С und D bezeichnen Positionen zwischen zwei benachbarten Karrees; hier sind jeweils drei Kanonen in Stellung. Die gestrichelte Linie EF verbindet bei dem ersten und dritten Karree die kürzeste Verbindung zwischen den einander am nächsten liegenden Ecken. Claude-Louis, Graf de Saint-Germain (1707-1778) hatte in den kurpfälzischen, österreichischen und bayrischen Armeen gedient, ehe er im Verlaufe des Osterreichischen Erbfolgekrieges zur französischen zurückkehrte. In der Armee des Grafen von Sachsen wurde er zum Generalleutnant befördert. 1760 ging er nach Dänemark, wo er zum Generalfeldmarschall ernannt und mit der Reform der Armee beauftragt wurde, 1766 quittierte er den Dienst. Aus seinem Ruhestand im Elsaß wurde er 1775 zum französischen Kriegsminister ernannt, demissionierte aber im September 1777, da er mit seinen Reformplänen scheiterte. Er hinterließ: Memoires de Mr. le Comte de Saint-Germain, Amsterdam 1779 (deutsch: Frankfurt a. M. 1780). Der Prinz von Soubise ist bereits aus dem ersten und zweiten Band bekannt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
25. Bericht
[Berlin?, Dezember 1801 ?']
G S t A P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 149 fol. 5 1 r - 5 2 v (3V 2 S.): Reinschrift, Schreiberhand. Druck: H ö h n , S. 1 4 8 , 1 5 1 f . (Zitate).
Nachricht von der Entstehung und Einrichtung einer Gesellschaft der Kriegeswissenschaften in Berlin. Im Julius dieses Jahrs vereinigten sich mehrere Freunde der militärischen Litteratur zu einer wöchentlichen Zusammenkunft; sie hatten dabei die Absicht, in derselben durch Ausarbeitungen über solche Gegenstände der Kriegeskunst, welche ein besonderes Interesse in unserer Zeit haben, sich wechselseitig zu belehren. Um diesen Zweck desto gewisser zu erreichen und die ursprüngliche Bestimmung der Gesellschaft in der Folge nicht aus dem Gesichte zu verliehren, wurde festgesetzt, daß keine Zusammenkunft ohne die Verlesung einer Ausarbeitung über einen rein militärischen Gegenstand oder einer mit einem kurzen Auszuge verbundenen Recension eines neuen militärishen Werks, von einem der Mitglieder aufgesetzt, statt finden sollte. Die Gesellschaft glaubte, auf diese Weise alle fremdartigen Untersuchungen zu entfernen, Stoff zu nützlichen Unterhaltungen zu finden und die gemeinschaftlichen Betrachtungen auf solche Gegenstände zu lenken, die eine vorzügliche Aufmerksamkeit verdienen möchten. Sie fand hier ihre Erwartung bestätigt, das Interesse der Zusammenkunft nahm zu und nun glaubte sie eine förmlichere Einrichtung als bisher treffen zu müssen. Es wurden jetzt in dem gemietheten Zimmer eine Samlung von Charten und Planen zusammengebracht, ein detaillirtes Protocoll von den wichtigsten, theils vorgetragenen, theils beiläufig geäußerten Meinungen über die vorgekommenen Gegenstände einer jeden Zusammenkunft aufgesetzt, in der nächsten Sitzung verlesen und also von neuen untersucht oder ins Gedächtniß zurückgerufen, für die oeconomische Einrichtung ein Regisseur, für die Leitung der Sitzungen und Vorlesungen ein Directeur und für die Besorgung der Correspondenz und Protocolle ein Secretair unter den Mitgliedern gewählt. Schon bei der ersten Zusammenkunft hatte die Gesellschaft ihre Augen auf den jetzigen Zustand der Kriegeskunst, auf die scheinbaren Widersprüche 1
Ein Entstehungszusammenhang mit dem anschließenden Verzeichnis der Themen der ersten Sitzungen der Militärischen Gesellschaft liegt nahe. Es fällt auch auf, daß der bei der offiziellen Gründung im Januar 1802 verwendete Name „Militärische Gesellschaft" hier nicht benutzt wird.
Nr. 26
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der Grundsätze derselben, auf die Verschiedenheit der Grundsätze, welche in dem Revolutions- und siebenjährigen Kriege beobachtet wurden, gerichtet. Ihren Wunsch, etwas zur Vereinigung und Berichtigung der sehr von einander abweichenden Meinungen derjenigen, welche den einen oder andern unbedingt zur Nachahmung empfehlen, beitragen zu können, mußte sie aber zu der Zeit noch unterdrüken. Als indeß nachher mehrere Männer von ausgezeichneten Kenntnissen in allen Zweigen der Kunst in die Gesellschaft traten, glaubte sie ihre entfernte Hoffnung vielleicht in einiger Rücksicht in der Folge erfüllt zu sehen und nahm sich vor, diesen Gegenstand mit aller Aufmerksamkeit zu bearbeiten. Nach der ersten Einrichtung war nichts über die Aufnahme von Mitgliedern in fremden Diensten bestimmt. Nachher beschloß die Gesellschaft aber, keine eigentliche Mitglieder in fremden Diensten, aber wohl corespondirende, unter der Bedingung, daß sie Aufsätze einschicken, aufzunehmen, ihnen jedoch weder die Protocolle noch Aufsätze der Gesellschaft zu communiciren, nur die ausgenommen, welche nachher gedruckt werden könnten, als ζ. B. einzelne Stücke der Geschichte eines Feldzugs. Auf diese Art hoffte man Vortheile von ihnen zu ziehen, ohne sich irgendeinem Nachtheile auszusetzen. Indem die Gesellschaft den Zweck ihrer Vereinigung hier eröffnet, so fühlt sie dennoch, daß ihre Kräfte nicht ihren Wünschen entsprechen und bey ihrer gemeinschaftlichen Bemühung liegt daher mehr die Absicht einer Aufforderung an diejenigen, welche die Kriegeskunst protegiren und bearbeiten können, als ein eigenes Wirken zu Grunde.
26. Bericht
[Berlin?, Dezember 1801 ?]
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 149 fol. 53r-54r (3 S.): Reinschrift, Schreiberhand.® Druck: Höhn, S. 152 (Zitate). Kurzer Abriß der bisherigen Verhandlungen der Gesellschaft der Kriegeswissenschaften. Den 2 1 July 1801 D. 91™ " "
*
Entwurf zur Einrichtung der Gesellschaft Revision dieses Entwurfs und Deliberation über die Herbeischaffung der Hülfsmittel, besonders der Charten.
Es handelt sich um dieselbe Hand wie bei dem vorangehenden Dokument, was, wie auch der Inhalt, einen Entstehungszusammenhang nahelegt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
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A b h a n d l u n g ü b e r das B e n e h m e n des f r a n z ö s i s c h e n G e n e r a l s M o r e a u u n m i t t e l b a r nach der U e b e r g a b e des C o m a n d o s der A r m e e in Italien im J a h r e 1 7 9 9 . 1 U e b e r den W e r t h der Schanzen, ü b e r die A n l e g u n g u n d Vertheidigung derselben. 2 Eine Fortsetzung der obigen A b h a n d l u n g . D u r c h s i c h t u n d B e m e r k u n g ü b e r die 1 8 0 1 in Leipzig gedruckten strategischen Instructionen Friedrichs des 21™ an seine General-Inspecteurs bis z u Plan 7. 3 U e b e r den Gang, w e l c h e n Friedrich der G r o ß e bei seinen kriegerishen O p e r a t i o n e n g e n o m m e n hat, mit Parallelen auf die des Revolutions-Krieges. 4 a. U e b e r die jetzige Einrichtung der französischen A r t i l lerie nach Lespinasse; 5 b. F o r t s e t z u n g der Betrachtungen der strategischen Instructionen Friedrichs des pp. bis zu Plan 1 1 . a. U e b e r die Soldaten-Post in England. b. N a c h r i c h t e n v o n der E r w e i t e r u n g v o n der Kassinischen C h a r t e v o n Frankreich; 6 c. Fortsetzung der Betrachtungen über die Instructionen pp. bis Plan 14.
1
2 3
4
5 6
Otto Christian Friedrich Kuhfahl: Programm zur Feyer des ersten Stiftungstages der militärischen Gesellschaft in Berlin, den 24sten Januar 1803, in: DMGB 2 (1803), S. 64-72, zit. Kuhfahl, Programm, listet auf S. 68 diesen Vortrag auf als: „Bemerkungen über Moreau's Feldzug in Italien im Jahr. 1799. Vom Prof. Stützer." Nachdem die französische Italienarmee am 5. April 1799 bei Magnano geschlagen worden war, mußte General Scherer ihr Kommando an den aus den ersten beiden Bänden bekannten Jean-Victor Moreau abtreten. Auch dieser konnte das weitere Vordringen der Österreicher und Russen nicht aufhalten, mußte am 27. April den Übergang der Armee Suvorovs über die Adda hinnehmen und wurde einen Monat später mit den Resten seiner Armee in Genua eingeschlossen. Kuhfahl, Programm, S. 66: „Ueber den Werth, die Grundsätze der Einrichtung, und die Vertheidigung der Schanzen. Vom Hrn. Oberstlieutenant Scharnhorst." Kuhfahl, Programm, S. 67: „Betrachtungen über die Instruktionen Friedrichs des Zweiten an seine General-Inspekteurs. Vom Hrn. Oberstlieutenant Scharnhorst." Vgl. hierzu Nr. 299 im zweiten Band und Nr. 19 in diesem. Sofern es sich nicht um einen Exkurs zum vorangehenden Vortrag handelt, paßt von den bei Kuhfahl, Programm, aufgelisteten Abhandlungen hierzu nur: „Ueber ältere und neuere Fechtarten. Vom Hrn. Oberstlieutenant Scharnhorst." Vgl. das in Nr. 1, Abschnitt [18.], aufgelistete Werk sowie Nr. 30 und 127. Kuhfahl, Programm, S. 69: „Nachricht von der Cassinischen Karte von Frankreich. Vom Hrn. Prof. Stützer." Der Astronom und Geograph Cesar-Frar^ois Cassini de Thury (1714-1784) veranlasste 1733 eine große trigonometrische Vermessung Frankreichs, die in die nach seinem Tode von seinem Sohn Jean-Dominique Graf de Cassini (1748-1845) vollendete „Carte topographique de la France" (Paris 1744-1793,180 Blätter) mündete. Da Frankreich nun durch die Erfolge in den Revolutionskriegen gewachsen war, wurde eine Erweiterung notwendig.
Nr. 26
73
Fortgesetzte Durchsicht der Instructionen pp. bis Plan 22. D. 3 ^ Septbr. Den l O ^ u n d 17 Ш Septbr. waren wegen des Herbstmanoeuvers bei Berlin keine Versammlungen. Unterhaltung über die vergebliche7 Veränderung der D. 2 4 ^ Septbr. Grundsätze des Krieges seit dem Revolutions-Kriege. Ueber die beiden Schlachten bey Kaiserslautern, den 281, D. l 101 October 29. und 301 Novbr. 1793 und den 2 3 м May 1794. 8 Ueber die Schlacht bey Hohenlinden. 9 D. » Fortschritte der Kriegeskunst in der letzten Hälfte des D. 1 5 ^ » 18101 Jahrhunderts. 10 m Fortsetzung dieser Materie. D. 22 October Fortsetzung. D. 29 " D. 5 " Novbr.
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Kritik über die Schrift des Verfassers des neuen Kriegessystems:11 Der letzte Feldzug der Franzosen von 1800. 12
Gemeint ist mutmaßlich „vorgebliche". Hohns Lesart „angebliche" ist falsch. Kuhfahl, Programm: „Ueber die Schlachten bei Kaiserslautern in den Jahren 1793 und 1794. V o m Hrn. Oberstlieut. Scharnhorst." Kuhfahl, Programm: „Ueber die Schlacht bei Hohenlinden. V o m Hrn. Prof. Stützer." Vgl. auch Scharnhorsts Ausführungen in Nr. 62, § 24. Vgl. Nr. 125 und 126. Kuhfahl, Programm, S. 68: „Die Fortschritte der neuern Kriegeskunst in der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. V o m Hrn. Oberstlieut. Scharnhorst." Dietrich von Bülow (1757-1807), ein Bruder des späteren Grafen Bülow von Dennewitz, war 1790 beim Aufstand der Osterreichischen Niederlande in österreichische Dienste getreten, nachdem er vorher 18 Jahre lang Offizier bei der preußischen Infanterie und Kavallerie gewesen war. Danach wanderte er in die U S A aus, verlor aber beim Versuch, dort als Geschäftsmann eine Existenz zu gründen, sein Geld. Zurück in Europa lebte er drei Jahre in Paris, bis er wegen angeblicher royalistischer Kontakte ausgewiesen wurde. Seine Gesuche um eine Anstellung beim preußischen Generalstab oder dem Departement der Auswärtigen Angelegenheiten wurden abgelehnt, dagegen machte er sich einen Namen als freier Schriftsteller. Insbesondere als Militärtheoretiker und Kritiker der überkommenen Kriegskunst wirkte er prägend (auf ihn wird ζ. B. die Unterscheidung von Strategie und Taktik zurückgeführt). Sein Hauptwerk, der „Geist des neuern Kriegessystems" (Hamburg 1798) verarbeitete die Erfahrungen der Revolutionskriege zu einer Theorie zukünftiger Massenheere. Zu seinen weiteren Werken gehören: Der Freistaat in Nordamerika in seinem neuesten Zustande, 2 Teile, Berlin 1797; Physisches Staatswohl, oder eine Finanzeinrichtung, vermöge welcher Reichtum stets die Belohnung gemeinnütziger Tugend seyn würde, Berlin 1800; Prinz Heinrich von Preußen. Kritische Geschichte seiner Feldzüge, 2 Teile, Berlin 1805; Nunc permissum est. Coup d'oeuil sur la doctrine de la nouvelle eglise chretienne ou le Swedenborgianisme, Philadelphia [d. i. Berlin] 1809. Bülow kehrte 1804 nach Berlin zurück, wo er ab 1805 eine Militärische Monatsschrift herausgab. Wegen seines Buches „Der Feldzug von 1805, militärisch und politisch beleuchtet" (Leipzig 1806) wurde er auf russisches Verlangen im August 1806 verhaftet; im Verlaufe des Krieges gelang ihm die Flucht aus Königsberg, doch wurde er von Kosaken wieder eingefangen und nach Riga gebracht, wo er starb. Dietrich von Bülow: D e r Feldzug von 1800, militärisch-politisch betrachtet, Berlin 1801. Kuhfahl, Programm, S. 67: „Kritik des Feldzuges von 1800. V o m Hrn. Oberstlieut. Scharnhorst."
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
74 ft и
D . 12 "
a. U e b e r Palisaden, 13 b. Vorschlag zur Vernagelung des Geschützes, 1 4 c. Nachrichten über die Kassinische C h a r te v o n Frankreich.
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D . 19 а
Bemerkungen über die natürliche Beshaffenheit
von
Neu-Preußen. 1 5 D. 26 а
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U e b e r das Studium der Kriegesgeschichte und A n w e n dung der aufgestellten Grundsätze auf die Schlacht bei Dettingen. 1166
D . 3 m Decbr.
U e b e r die A r t und Weise, das Andenken merkwürdiger 17 Krieger des preußischen Staats zu verewigen. 17
D . 10й11
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Fortgesetzte Kritik über den Feldzug von 1800.
D. 1 7 м
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U e b e r die Schlacht bey Marengo. 1188
27. Bericht
[Berlin?, D e z e m b e r 1801?]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 149 fol. 55r-v (1V 4 S.): Reinschrift, Schreiberhand.3 Verzeichniß der Mitglieder der Gesellschaft der Kriegeswissenschaften, nach der Zeitfolge ihres Zutritts. 1.
Oberstlieutenant Scharnhorst im Artillerie-Corps.
2.
Major
13 14
15
16 17
18
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v. Reinbaben im Regt. v. Larisch 1
Johann Heinrich von Menu: Ueber ein zur Sicherung der Palissaden dienliches Mittel, in: DMGB 1 (1802), S. 265-268. Kuhfahl, Programm, S. 69: „Ein Vorschlag, die Vernagelung des Geschützes betreffend. Vom Hrn. Major v. Menu." Kuhfahl, Programm, S. 69: „Geographische Bemerkungen über Neuostpreußen. Vom Hrn. Lieut, ν. Textor." Die Provinz Neu-Ostpreußen wurde 1795 aus den bei der zweiten und dritten Teilung Polens annektieren Gebieten zwischen Weichsel und Njemen errichtet. Karl Ludwig August Friedrich von Phull: Ueber den Nutzen der Kriegsgeschichte; nebst einer Anwendung auf die Schlacht bei Dettingen, in: DMGB 1 (1802), S. 167-203. Kuhfahl, Programm, S. 69: „Wie kann das Andenken großer Helden würdig und dauernd verewigt werden? Vom Hrn. Oberst von Massenbach." Vgl. Gerhard von Scharnhorst: Ueber die Schlacht bei Marengo. Auf Veranlassung der in dem Werke des Herrn v. Bülow: Über den Feldzug von 1800 enthaltenen Relation, in: DMGB 1 (1802), S. 52-59, nachgedruckt bei Usczeck/Gudzent, S. 186-190. Es bandelt sich um dieselbe Hand wie bei den beiden vorangehenden Dokumenten, was, wie auch der Inhalt, einen Entstehungszusammenhang nahelegt. Georg Ludwig von Reinbaben (1743-1809) vom Berliner Infanterieregiment AltLarisch (No. 26) erhielt 1803 das Kommando über das Grenadierbataillon, das aus Kompanien seines eigenen und des Regiments Winning (No. 23) bestand und 1806 bei Auerstedt kämpfte. Er starb als Oberstleutnant.
Nr. 27
3. 4. 5. 6. 7. 2
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5
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Major Capitän " » "
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v. Hacke, Inspections Adjudant.2 v. Menu3 v. Aderkas 4 beim adelichen Cadetten Corps in Berlin6 v. Schöler 5 1 1 v. Schöler7 2l
Georg Albrecht Ernst Karl von Hake nahm 1799-1804 diese Funktion beim Generalfeldmarschall von Möllendorff wahr, dem die Berlinische Infanterieinspektion unterstand. Im März 1804 wurde er zum Adjutanten des Prinzen Heinrich ernannt. Menu fungierte im Jahre 1805 als Regisseur der Gesellschaft. Zu seinen Abhandlungen aus dieser Zeit gehören: Der Feldzug in Nordholland, in D M G B 1 (1802), S. 220-244, 2 (1803), S. 172-208; Ueber den von den Franzosen am 25sten September 1799 bei Diticon vollführten Uebergang der Limath, in: D M G B 3 (1803), S. 296-301. Friedrich Wilhelm Karl Freiherr von Aderkas ( t 1843) erhielt 1803 als Major seinen Abschied und trat in braunschweigische Dienste. Bis dahin fungierte er als Redakteur der Militärischen Gesellschaft. Moritz Ludwig Wilhelm von Schöler (1771-1855) und sein jüngerer Bruder Friedrich (s. u.) hatten im Infanterieregiment Gaudi bzw. Kunitzki (No. 44) die Feldzüge in Holland 1787 und am Rhein 1793-1795 mitgemacht. Während ihrer Zeit in der Garnison in Wesel hatten sie der von Generalleutnant Martin Ernst von Schlieffen ( 1 7 3 2 1825) gegründeten „Patriotischen Gesellschaft von Kriegskunst-Verehrern" angehört. 1801 zählten sie zu den acht Gründern der Militärischen Gesellschaft und in der Folge zu den eifrigsten Mitgliedern. Der 1793 mit dem Pour le merite ausgezeichnete Moritz war 1800 als Stabskapitän zum Kadettenkorps nach Berlin gekommen; er fungierte 1803 als Regisseur und unterstützte Aderkas bei der Redaktion der „Denkwürdigkeiten". 1804 wurde er zum Kapitän befördert und zu Scharnhorsts 3. Brigade des Generalquartiermeisterstabes versetzt. Bei der Mobilmachung 1805 diente er in verschiedenen Stäben in Nordwestdeutschland, 1806 im Hauptquartier des Herzogs von Braunschweig. Kurz nach der Kapitulation von Prenzlau geriet er in französische Kriegsgefangenschaft, nach dem Frieden von Tilsit nahm er verschiedene Funktionen in der Armeeverwaltung und der Artillerie wahr und wurde 1814 zum Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements ernannt, nachdem er vorher schon seit 1810 dessen III. Division geleitet hatte. Er erhielt 1837 seinen Abschied als General der Infanterie. Bei den Preisaufgaben für das Jahr 1803 gewann Schöler I mit seinen Ausarbeitungen in den Bereichen Strategie (Wo liegt die Gränze zwischen dem Detaschements-Krieg und dem Cordon-System?), Fortifikation (Welches waren die wesentlichen Behauptungen unter denen, die das französische Ingenieur-Corps dem System des Montalemberts entgegensetzte? Welche Resultate ergeben sich aus dieser Untersuchung?) und Elementartaktik (Wie verhält sich die Infanterie gegen Infanterie in einer Schlacht, beim Angriff, bei der Vertheidigung, und bei einem unentschiedenen Gefecht? Es wird ein offenes Terrain vorausgesetzt), die drei Aufsätze sind abgedruckt in: D M G B 4 (1804), S. 2 7 3 - 3 4 0 , 360-374. Zu seinen weiteren Arbeiten aus dieser Zeit gehören: Ueber das Alter eines zum Unteroffizier zu avanzirenden Gemeinen. Ein Versuch der Beantwortung der fünften Anfrage, in: D M G B 2 (1803), S. 97-108; Ueber die Befestigung einer kleinen Stadt, unter gewissen gegebenen Bedingungen. Ein Versuch der Beantwortung der siebenten Anfrage, in: D M G B 2 (1803), S. 246-268; Lobrede auf den General Schwerin. Gehalten am Tage der Stiftungsfeier der militärischen Gesellschaft 1805, in: D M G B 5 (1805), S. 19-38. Das seit den Zeiten König Friedrichs I. bestehende Korps hatte neben seiner Hauptanstalt in Berlin (325 Kadetten, 48 Lehrer) noch weitere Häuser in Stolp (96 Kadetten), Kulm und Kaiisch (je 125), dazu eine Vorbereitungsanstalt in Potsdam (48 Eleven).
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
8. 9. 10. 11.
7
8
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11
Professor Gouverneur Capitän Lieutenant
Stützer, Lehrer der Mil. Geographie. 8 Kuhfahl Lehrer der Mil. Encyklopädie 9 v. Knesebeck, Inspections-Adjudant 10 v. Valentini im Jäger-Corps 11
Reinhold Otto Friedrich August von Schöler (1772-1840) wurde 1799 zum Infanterieregiment Arnim (No. 13) nach Berlin versetzt und im März 1801 zum Kadettenkorps. Im Jahr 1804 fungierte Friedrich von Schöler als Regisseur der Militärischen Gesellschaft, zu seinen Beiträgen gehörte: Ueber die Bogenschwenkung, und den Nutzen ihrer Anwendung im Colonnenmarsch, in: DMGB 1 (1802), S. 60-86. Bei der Mobilmachung 1805 diente er im Stabe des Herzogs von Braunschweig, 1806 und 1807 wurde er zu mehreren Missionen nach Rußland entsandt, 1808 wurde er zum Flügeladjutanten des Königs ernannt und der Botschaft in St. Petersburg zugeteilt, während der Befreiungskriege diente er im alliierten Hauptquartier. Er nahm an den Pariser Konferenzen und dem Wiener Kongreß teil, danach diente er insgesamt 27 Jahre als preußischer Gesandter in St. Petersburg, seit 1835 als Gesandter beim Bundestag in Frankfurt. Er starb als General der Infanterie. Christian August Stützer (1765-1824) lehrte Geographie und Militärgeschichte an der Adligen Militärakademie und der Militärakademie der Artillerie, später auch an der Akademie für junge Offiziere und am Lehrinstitut der Berlinischen Inspektion. Nach Scharnhorsts Tod gab er dessen hinterlassene Schrift „Über die Wirkung des Feuergewehrs" (Berlin 1813) heraus. Von ihm selbst stammt: Anleitung zum Studium der Geschichte der lehrreichsten Kriege. Stützer gab auch heraus: Militairischer Kalender auf das Gemeinjahr 1803, Berlin 1802, sowie die Folgebände bis zu dem für 1806. Scharnhorst steuerte hierzu eine Übersicht des Feldzugs von 1793 in den Niederlanden bei. In der Militärischen Gesellschaft trug Stützer, soweit sich aus den Protokollauszügen in den „Denkwürdigkeiten" rekonstruieren läßt, mehr Abhandlungen vor als irgend ein anderes Mitglied außer Scharnhorst; vgl. u. a.: Bemerkungen über die allgemeinen und einige specielle Lagenverhältnisse, unter welchen der siebenjährige Krieg überhaupt, und besonders der Feldzug von 1757, eröffnet und geführt wurde, in: DMGB 2 (1803), S. 209-245. Otto Christian Friedrich Kuhfahl (* 1768) lehrte beim Kadettenkorps und wurde 1802 zum Professor ernannt. Von 1801 bis 1805 führte er als Sekretär der Militärischen Gesellschaft u. a. das Protokoll ihrer Sitzungen. Bei den Preisfragen für das Jahr 1804 siegte seine Ausarbeitung im Bereich Hilfswissenschaften zum Thema: „Welches sind die Hindernisse einer militärischen Bildung?" Vgl. u. a. Karl Friedrich Freiherr von dem Knesebeck: Ueber die bis jetzt überhaupt und in der preußischen Armee besonders üblichen Methoden der Situationszeichnung der Berge, und die neuere darüber von dem sächsischen Hauptmann Lehmann bekannt gemachte Manier, in: DMGB 2 (1803), S. 315-328. Sekondeleutnant Georg Wilhelm Friedrich Freiherr von Valentini (1775-1834) trat 1791 in das Feldjägerregiment zu Fuß ein und wurde im Krieg gegen Frankreich bei Landau und Weissenburg verwundet. Angeregt durch seine Bekanntschaft mit Berenhorst wurde er schriftstellerisch tätig. 1804 wurde er in den Generalquartiermeisterstab versetzt, 1805 und 1806 diente er im Stabe des Fürsten Hohenlohe und stieß auf dem Rückzug nach Lübeck zum Hauptquartier Blüchers. Es gelang ihm, sich der Gefangenschaft zu entziehen und sich von Hamburg über Kopenhagen nach Königsberg durchzuschlagen, wo er zunächst bei der Aufstellung von Reservebataillonen und später bei Blüchers Stab angestellt wurde. Nachdem er im Frieden in verschiedenen Stabspositionen gedient hatte, trat er 1809 in österreichische Dienste, um am Krieg gegen Frankreich teilzunehmen, 1810-1811 diente er in der russischen Armee im Krieg gegen
Nr. 27
12. 13. 14. 15. 16.
Oberst Lieutenant Lieutenant Gen. Lieuten. Oberst
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v. Kleist, Directeur der Mil. Academie12 v. Grollmann im Regt. v. Möllendorff.13 v. Textor im Artillerie Corps 14 v. Rüchel. 15 v. Lecoq. 16
die Türkei. Als jüngster Oberstleutnant kehrte er 1812 zum preußischen Generalstab zurück, 1813-1814 diente er hochdekoriert im Stabe Yorcks und wurde im Mai 1814 zum Generalmajor befördert. Am Feldzug von 1815 nahm er als Stabschef Bülows teil, danach diente er bis 1828 als Kommandant von Glogau, dann bis 1834 als Generalinspekteur des Militärbildungwesens. Er starb als Generalleutnant. Zu seinen Werken gehören: Abhandlung über den kleinen Krieg und über den Gebrauch der leichten Truppen mit Rücksicht auf den Französischen Krieg, (2. Auflage 1802, 3. Auflage 1810); Versuch einer Geschichte des Feldzuges von 1809; Die Lehre vom Kriege, 3 Teile, 1820— 1822; Erinnerungen eines alten preußischen Offiziers aus den Jahren 1792 bis 1794. 12
Georg Friedrich O t t o von Kleist (1741-1809) hatte 1799 seinen Abschied vom aktiven Dienst beim Regiment Gensdarmes (Kürassierregiment No. 10) genommen. Die Adlige Militärakademie (Academie militaire) war 1765 von Friedrich II. als französischsprachige Eliteklasse des Kadettenkorps gegründet worden und unterstand zunächst dem Chef des Kadettenkorps. Die gewachsene Autonomie der Akademie wurde aber daran deutlich, daß Kleist nach dem Tode seines Vorgängers nicht mehr wie dieser zum Sousdirecteur, sondern zum wirklichen Direktor ernannt wurde. Neben den etatmäßigen 15 Eleven, die aus dem Berliner Kadettenkorps ausgewählt wurden, durfte die Akademie auch von in- und ausländischen Adelssöhnen bei Zahlung einer Pension von 400 Talern im Jahr besucht werden, wobei aber jeweils eine königliche Genehmigung einzuholen war.
13
Karl Wilhelm Georg von Grolman (1777-1843) war durch seinen 1786 geadelten Vater, den Juristen Heinrich Dietrich (1740-1840), einen der Redaktoren des Allgemeinen Landrechts, zu seinem Adelsprädikat gekommen. Er war 1791 in das Berliner Infanterieregiment Möllendorff (No. 25) eingetreten und fungierte 1803 und 1804 als Bibliothekar der Militärischen Gesellschaft. 1804 wurde er zum Premierleutnant und Inspektionsadjutanten unter Graf Möllendorff ernannt, mit dem er auch in den Krieg von 1806 zog. Nach seiner Verwundung bei Auerstedt wurde er als Kurier zum König entsandt, wodurch er einer Gefangennahme entging. Im anschließenden preußischen Feldzug diente er bei verschiedenen Divisionsstäben des Feldkorps, wurde bei Soldau verwundet und im Februar mit dem Pour le merite dekoriert. Als Major wurde er zum Direktor der 1. Division des Allgemeinen Kriegsdepartements ernannt, aber bereits nach zwei Monaten am 1. Mai 1809 verabschiedet. E r kehrte im Frühjahr 1813 zum Generalstab zurück, wurde 1814 zum Generalmajor und Direktor des 2. Departements des Kriegsministeriums ernannt und diente 1815 bei Blüchers Generalstab. 1837 wurde er zum General der Infanterie befördert.
14
Textor wurde 1804 zu einem der drei Redakteure gewählt. Zu seinen Abhandlungen im Rahmen der Militärischen Gesellschaft gehören u. a.: Bemerkungen über die topographischmilitärische Aufnahme einer ganzen Provinz, in: D M G B 1 (1802), S. 204-219; Ueber den katadioptrischen Sektor. Ein Messungsinstrument, in: D M G B 2 (1803), S. 440-444. In der gedruckten Mitgliederliste im 1. Band der D M G B wurde Rüchel als Präsident ehrenhalber an die Spitze gesetzt. Wie die Aufzeichnungen in Nr. 1, Abschnitt [15], zeigen, gehörten er und einige andere der hier aufgelisteten Offiziere auch der in vieler Hinsicht autonomen Militärischen Gesellschaft in Potsdam an. Vgl. Karl Ludwig Jakob Edler von Lecoq: Militärische Aphorismen, oder: Etwas über Angriffs- und Vertheidigungs-, Bewegungs-, Posten- und Kordonkrieg, in: D M G B 2 (1803), S. 275-279, D M G B 3 (1803), S. 1 - 7 .
15
16
78 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Capitän Lieutenant Lieutenant Prinz Carl Oberst Capitän Lieuten. Oberst Prinz August
v. Reitzenstein 17 im Regt. v. Steinwehr 18 v. Hoffmann im Regt. v. Larish (alt)19 v. Thiedemann im Regt. v. Manstein 20 v. Mecklenburg Strelitz Durchl. 21 v. Massenbach22 v. Nothard im Regt. Grävenitz 23 v. Schlottheim, Gouverneur beim Prinz Carl von Meckl. 24 v. Pfuel. 25 Ferdinand von Preußen Κ. H.26
Abgedruckt wurde sein Aufsatz: Ueber den wichtigen Einfluß des militärischen Geistes, der Disziplin und Subordination auf stehende Heere, in: DMGB 2 (1803), S. 329-358. 18 No. 40 nach der Stammliste von 1806, stationiert in Schweidnitz und Striegau. " Vgl. Georg Wilhelm von Hofmann: Bemerkungen über die Gegend von Maxen, und die dortigen Operationen, in: DMGB 2 (1803), S. 445^151. 20 Karl Ludwig von Tiedemann (1777-1812) von dem in Bromberg, Gnesen und Preußisch-Stargard stationierten Infanterieregiment No. 55, Verfasser der Preisschrift über die Artillerie für 1803. Dieser Schüler Scharnhorsts wurde während des Feldzugs von 1806 gefangengenommen. Nach seiner Auswechselung diente er im Juni 1807 als Verbindungsoffizier beim russischen General Kamenskij. Nach dem Frieden von Tilsit lehrte er an der Allgemeinen Kriegsschule, 1811 wurde er zum Adjutanten Scharnhorsts ernannt, 1812 ging er kurz nach seiner Beförderung zum Major in russische Dienste. Er fiel als Oberstleutnant im Gefecht bei Dahlenkirchen. 21 Karl Friedrich August von Mecklenburg-Strelitz (1785-1837), Halbbruder der Königin Luise und wie diese in Hannover geboren, trat nach Abschluß seiner militärischen Ausbildung in Berlin 1805 in die preußische Garde. Er kämpfte 1806 bei Auerstedt und 1813 bei Großgörschen und Bautzen, danach als Brigadekommandeur des Yorckschen Korps. Als Kommandeur der Garde (seit 1825 General der Infanterie), Mitglied des Staatsrats (seit 1817, ab 1827 sein Präsident) und enger Vertrauter Friedrich Wilhelms III. übte er nach 1815 großen Einfluß aus. Der entschiedene Absolutist verfaßte unter den Pseudonymen J. E. Mand und Weishaupt auch einige Theaterstücke. 22 Vgl. u. a. Christian Karl August Freiherr von Massenbach: Lobrede auf des Prinzen Heinrich Ludwig von Preußen Königl. Hoheit, gehalten am Tage der ersten Stiftungsfeier der militärischen Gesellschaft zu Berlin, in: DMGB 2 (1803), S. 17-61; Ueber die Feldzüge in den Jahren 1799 und 1800, in: DMGB 3 (1803), S. 8-44. 23 Friedrich Magnus von Nothardt vom Glogauer Infanterieregiment Graevenitz (No. 57) hatte das in Nr. 1, Abschnitt [2], beschriebene neue Infanteriegewehr entwickelt, wofür er mit dem Pour le merite und einer Prämie von 20.000 Reichstalern belohnt wurde. Nothardt quittierte 1804 als Major seinen Dienst, um Kammerdirektor in Kaiisch zu werden, starb aber noch im selben Jahr. 24 Günther Wilhelm von Schlotheim (1777-1829) diente 1804 in Scharnhorsts 3. Brigade des Generalquartiermeisterstabs und wurde im folgenden Jahre verabschiedet. 25 Vgl. u. a. Karl Ludwig August Friedrich von Phull: Ueber den Feldzug von 1799, in: DMGB 1 (1802), S. 1-8; Ueber den Gebrauch der reitenden Artillerie am Tage einer Schlacht, in: ebda., S. 14ff.; Ueber die Feldzüge der Franzosen und Spanier in den westlichen Pyrenäen, in ebda., S. 17-35. Phull wurde für 1803 zum Direktor der Militärischen Gesellschaft gewählt. 26 Vgl. Nr. 24. 17
Nr. 29 28. Aufzeichnung
79 [Berlin?], 21. J a n u a r 1802
G S t A P K , V I . H A N1 Scharnhorst N r . 147 fol. 12r (V 2 S.): Eigenhändig. Aufgabe
der Militärischen
Gesellschaft
am Beispiel des Donaufeldzuges
1800.
A u f g a b e in der militärischen Gesellschaft den 21 ten J a n . 1802. W a s m u ß t e i n d e m F e l d z u g e v o n 1 8 0 0 G e n e r a l K r a y t h u n , als M o r e a u u n t e r halb U l m ü b e r die D o n a u ging, sich i h m a m linken U f e r entgegenstellte u n d i h m h i e r d i e C o m u n i c a t i o n m i t I n g o l s t a d t u . s. w. a b s c h n i t t ? 1 W o N a c h r i c h ten v o n der L a g e , in der sich beide b e f u n d e n , fehlen, m u ß m a n
gewiße
U m s t ä n d e v o r a u s s e t z e n u n d die A u f l ö s u n g also b e d i n g w e i s e abfaßen.2
29. Scharnhorst an Knesebeck
Berlin, 14. M a i 1802
N a c h einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs.® Empfehlung
eines sächsischen
Leutnants.
Bevorstehendes
Treffen. B e r l i n , 14. M a i 1 8 0 2 .
U n s c h ä t z b a r e r Freund, ich empfehle Ihnen den sächsischen Leutnant von Erdmannsdorf, einen geschickten und im Sächsischen sehr geachteten O f f i z i e r . E r ist m i r v o n e i n e m m e i n e r J u g e n d f r e u n d e 1 als e i n s o l c h e r e m p f o h len u n d w e n n Sie i h m einige freundschaftlichen A n n a h m e n w ü r d i g t e n , so w ü r d e n Sie m i c h dadurch sehr verbinden.
1
2
" '
Feldzeugmeister Paul Kray, Freiherr von Krajowa (1735-1804), befehligte die österreichische Rheinarmee, die von der französischen unter Moreau bei Meßkirch und Biberach (5. bzw. 10. Mai 1800) geschlagen und in die Reichsstadt Ulm zurückgedrängt wurde. Nach verschiedenen mißlungenen Versuchen gelang der französischen Rheinarmee am 19. Juni 1800 bei Höchstädt der Ubergang über die Donau. Kray mußte sich daraufhin weiter nach Osten zurückziehen, und am 15. Juli kam es zum Waffenstillstand von Parsdorf. Die Formulierung erinnert etwas an die zweite der auf vier nicht numerierten Seiten am Ende von D M G B 1 (1802), 1. Stück, abgedruckten „Anfragen, welche in der militärischen Gesellschaft aufgeworfen sind." Hierin geht es um die Lage in Flandern beim Angriff Pichegrus 1794. In der eigenhändigen Aufzeichnung der ersten beiden Fragen (GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 148 fol. Юг) wurde auffälligerweise der Satzanfang verändert aus „Was mußte Kray thun" zu „Was mußte der Prinz von Koburg im April 1794 thun". Die damals im Heeresarchiv Potsdam befindliche Vorlage („eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. Gemeint ist mutmaßlich der bereits aus dem ersten Band bekannte Heinrich Wilhelm von Zeschau (1760-1832), damals Hauptmann in der kursächsischen Armee.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Ich freue mich, daß ich in diesen Tagen das Vergnügen haben werde, Sie zu sehen. Ihr aufrichtigster und treuester Freund und Diener Scharnhorst 30. Scharnhorst an Merkatz GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 26 fol. 2 r - 3 v
Berlin, 13. Juni 1802 (4
S.): Eigenhändig.
Merkatz' Ratschläge zur Erlangung der Nobilitierung. Übersendung von Aufsätzen. Risiken einer Reduktion der preußischen Artillerie. Verfassung der Militärischen Gesellschaft. Bitte um Verwendung für Projekte zum Offiziersunterricht.
Hochwohlgeborner Herr, Hochgebietender Herr General! 1 Ew. Hochwohlgeborn sehr gnädiges Schreiben vom 12ten May habe ich sehr richtig erhalten. Ich werde den mir gütigst ertheilten Rath in Absicht der Erhebung in dem Adelstand genau befolgen und mein Gesuch bei dem Herrn Obersten von Kökeritz anbringen. Auch sind die Aufsätze, welche ich an Se. Majestät übergeben wollte, bis dahin zurükgehalten. Ich überschicke sie hier Ew. Hochwohlgeborn und ich wünsche nichts mehr als daß sie Deroselben Beifall erhalten mögen. Durch die Aeußerungen des Herzogs von Braunschweig Durchl., 1 des H. Generals von Tempelhof und anderer habe ich erfahren, daß das Werk des französishen Art. Generals Lespinasse2 über die Organisation der Artillerie hier sehr große Sensation erregt hat, und daß die allgemeine Meinung jetzt dahin gehet, die Artillerie (nicht das Corps, sondern die Anzahl der Geschütze) zu verringern und vielleicht die Regiments-Artillerie ganz eingehen zu lassen. Dieses System scheint mir für die preussishen Armeen gefährlich zu seyn. Ich setze einen Aufsatz über diesen Gegenstand auf, worin ich zu beweisen suche, daß wir das System von Friederich den 2ten und Gribeauval nicht verlassen dürfen und daß wir daher unsern jetzigen Mobilmachungsplan in Ganzen beibehalten müßen. Diesen Aufsatz werde ich Ew. Hochwohlgeb. sobald er geendigt ist zuschicken.3 " 1 2
3
Folgt, von unbekannter Hand später hinzugefügt: „ (v. Merkatz) Zu Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig vgl. Anhang 1. Der Artillerist Augustin Graf de l'Espinasse (1736-1816) war u. a. für die Entwicklung des 1777 in Frankreich eingeführten Infanteriegewehrs verantwortlich. Während der Revolutionskriege diente er am Rhein und in den Pyrenäen, w o er auf dem Schlachtfeld zum General befördert wurde. Nachdem er noch unter Bonaparte in Italien gedient hatte, wurde er 1799 zum Senator gewählt. Dieser Aufsatz ging möglicherweise in Nr. 127 ein.
Nr. 31
81
Die Beilage von der Verfaßung einer militarishen Gesellschaft überschik ich Denenselben, um diese Unternehmung zur Verbreitung wissenshaftlicher Kentnisse Ihrer Güte und Wohlgewogenheit zu empfehlen. Es ist hierbei die Absicht, nur vorzüglich viel ältere, auch auswärtige Mitglieder zu haben, und von den Subaltern Officieren nur solche auf[zu]nehmen, welche sich ganz besonders mit wissenshaftlichen Arbeiten abgeben und darin mit Erfolg schon gearbeitet haben. Mit der Einrichtung eines systematishen Unterrichts bei den Regimentern für die jungen Officiere und Junker wird es schwerlich wozukommen, wenn Ew. Hochwohlgeborn sich nicht dieser Sache annehmen und sie bei Se. Majestät einleiten. Sollten Dieselben dies zu thun geneigt seyn, so würde ich nicht verfehlen, meine Gedanken hierüber Denenselben mitzutheilen, und nichts würde mir mehr Freude machen, als wenn ich im Stande wäre, etwas zu einen zwekmäßigen und fortshreitenden Unterricht durch angemeßene Lehrbücher beizutragen. Indem ich mich Ew. Hochwohlgeborn fernere Gewogenheit auf das angelegentlichste empfehle, sage ich noch die Versicherung der größten Hochachtung und innigsten Dankbarkeit hin zu, mit welcher ich bin Ew. Hochwohlgeborn Berlin den 13ten Jun. 1802.
gehorsamst[e]r Diener Scharnhorst
31. Scharnhorst an Christian Dietrich Helwing
Berlin, 16. Juli 1802
Nach der Edition bei Linnebach, S. 242f., mit den von Gerhard Oestreich vorgenommenen Korrekturen." Erledigung der gegenseitigen finanziellen Forderungen. Revision der Planungen zum Handbuch der Artillerie. Honorarfrage und Kosten der erforderlichen Stiche. Kommissionsgeschäft zum Verkauf des Militärischen Taschenbuchs.
Berlin, den 16. Juli 1802 Ew. Wohlgeboren Schreiben, worin Dieselben mir die Versicherung geben, daß unsere Rechnungen von beiden Seiten abgetan sind und daß wir an einander keine gegenseitigen Forderungen haben, habe ich richtig erhalten und bezeuge gleichfalls hierdurch, daß dies seine Richtigkeit hat. 1
"
1
Die Vorlage befand sich zur Zeit Linnebachs im Kriegsministerium, 1552, zur Zeit Oestreichs im Heeresarchiv, Rep. 4 Ζ 1 Nr. 1552. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie 1945 verbrannt. Der schon aus den vorangehenden Bänden vertraute Christian Dietrich Helwing (1764—1833), Geschäftsführer und seit 1800 Inhaber der Helwingschen Hofbuchhandlung in Hannover, bei der die meisten Druckwerke Scharnhorsts verlegt wurden.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Was nun mein Werk über die Artillerie betrifft, so verhält es sich mit demselben jetzt ganz anders als mein ehemaliger Plan war. Ich kann es nicht, ohne es umzuarbeiten, in die Welt schicken. Meine neuen Verhältnisse als Artillerist machen diese Veränderung meines Plans notwendig. Es wird nun zum Teil ein neues Werk und es macht jetzt 2 Bände aus, wovon der 2. auch den Gebrauch der Artillerie in Belagerungen neben der im freien Felde enthalten wird, ein Gegenstand, welcher noch gar nicht in meinem alten Werke behandelt war. Es wird daher jetzt ein vollständiges Werk über die Artillerie. Vielleicht muß man den 2. Band gar in 2 Bände wegen der Kosten, welche die Plane erfordern, separiren. Nur in dem 1. Bande wird ein großer Teil des alten Werkes benutzt, aber doch durchaus verbessert. Ew. Wohlgeboren sind zu billig, als daß Sie nicht geneigt sein sollten, mir für dies Werk ein angemessenes Honorar zu bewilligen, wobei ich aber bemerke, daß bei jedem Band leicht 10 bis 12 Plane kommen, von denen jeder 20 und einige vielleicht 30 rh. und darüber zu stechen kosten. Die Plane sind zum Teil fertig und es wird täglich daran gearbeitet; ich bin auch erbötig, sie zum Teil hier, so wohlfeil als möglich, stechen zu lassen, wobei ich nicht auf höchste Schönheit sehen werde, weil Jäk und einige andere hiesige Kupferstecher gar zu teuer sind. Ich möchte nicht gern, daß von meinem Vorhaben jemand etwas erführe, und ich erwarte Ihren Entschluß so bald als möglich. Mit größter Hochachtung bin ich Ew. Wohlgeboren dienstwilligster Diener Scharnhorst. N. S. Es hat hier immer an meinem Taschenbuche gefehlt. Schicken Sie dem Leutnant Perlitz beim 3. Artillerie-Regiment ein Dutzend Exemplare und bestimmen Sie ihm den Preis und einige Provision, die Sie ihm geben. Es ist ein sehr zuverlässiger Mann, er wird die Bezahlung pünktlich leisten, sobald sie abgesetzt, welches gewiß im Oktober geschiehet. S.
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Nr. 33
32. Rechnung
Frankfurt a. Μ. und Berlin, 6. April und 20. Juli 1802
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 31r (V2 S.): Zwei unbekannte Hände. Lieferung von Riidesheimer Wein.
Frankfurt, d. 6. April 1802 Hoch Wohlgeborn, 1 Herrn Obrist Lieutenant von Scharnhorst in Berlin Gelieben An Gebrüder Meyer
1801 Novb. 12/
für gesandte '/ 2 Ohm 1 17831 Rüdesheimer pr. Louisd. ä 5 Rh. 60 rh. 18 gr. b zu unterthänigen Dank bezahlt Berlin, den 201 July 1802. Gebrüder Meyer von Franckfurt a/M.
33. Scharnhorst an Rüchel
Berlin, 9. August 1802
Nach der Edition bei: Aus Riichel's Nachlaß. Ein Beitrag zur Geschichte seiner Zeit, in: Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine 27 (1878), S. 181-214, 312-325, hier S. 195f., zit. Jahrbücher, Rüchel. 3 Weiterer Druck: nach Jahrbücher, Rüchel: Linnebach, S. 243f. Übersendung von Aufsätzen.
Hochwohlgeborner Herr, Hochgebietender Herr General Lieutenant. Ew. Excellenz lege ich einige Aufsätze vor, welche, obgleich sie ins Artillerie Fach schlagen, doch eigendlich ein Gegenstand der angewandt[en Taktik] b sind. Ich suche in denselben zu beweisen, * h 1
" h
Verändert aus „ Sz Wohlgebohr." Ab hier von der zweiten Hand. In Rheinhessen enthielt ein Ohm etwa 160 Liter. Die in den „Jahrbüchern" durchgehend verwendete Form „sz" hier stillschweigend durch „ß" ersetzt. Das für den Editor nicht mehr lesbare Wort hier nach dem Vorschlag Linnebachs ergänzt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
1) dass die reitende Artillerie größere und wesentlicher Vorzüge vorc der zu Fuß habe, als man gewöhnlich glaubt; 2) dass die preußische Armee aus zu wenig reitender Artillerie bestehe, und wenn keine Vermehrung bei den neuen Acquisitionen stattfinden sollte, noch Fuß Artillerie in reitende Artillerie verwandelt werden muss.1 Ich habe diese Aufsätze Sr. Majestät dem Könige als eine Folge von andern, schon ehedem eingereichten, durch den Herrn Major von Holzmann2 übergeben. Es möchte aber sehr leicht sich zutragen, daß sie unter der Menge von Vorschlägen, die jetzt eingekommen, sich verlieren, wenn nicht günstige Umstände zu ihrer Untersuchung Veranlassung geben. Ich empfehle mich in dieser Hinsicht Ew. Excellenz besonderer Protektion ganz gehorsamst, wenn Dieselben finden sollten, dass sie einige Aufmerksamkeit verdienen. Ew. Excellenz können dies am besten beurtheilen; frei von der Vorliebe des Alten.d sind Sie kein Anhänger des Neuen. Sie haben den Vortheil, zwischen beiden in der Mitte zu stehn. Kleinliche Rücksichten, die sonst auch seltnen Männern ankleben, standen nie Ihrer scharfen Beurtheilung im Wege, gut gemeinte Vorschläge wurden daher von Ihnen mit Wohlwollen aufgenommen. Das ist nicht die Entschuldigung der Freiheit, welche ich durch Uberschickung der beigefügten Aufsätze genommen habe. Mit größtem Respect und der unbedingten Verehrung habe ich die Ehre zu sein Ew. Excellenz gehorsamster Diener Berlin, den 9. August 1802.e Scharnhorst. 34. Rechnung
Berlin, 13. August 1802
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 12 fol. 41r (1 S.): Eberts Hand. Neuanfertigung
und Reparatur von Stiefeln.
Nota. Für den Herrn Oberleütnant im Feld Attoleri Korbs Hoch Wohlgebohren.
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Statt „vrr". Die hier unterstrichene Passage in der Vorlage im Sperrdruck. Das Datum bei Linnebach wie üblich an den Anfang verschoben. Dieser Beschreibung nach handelte es sich mutmaßlich um Nr. 64 und eine oder mehrere Schriften von Nr. 66-74. Johann Hermann von Holtzmann war am 20. Mai 1801 zum Flügeladjutanten, 1802 zum 2. Generaladjutanten der Infanterie ernannt worden. Er starb im folgenden Jahr.
Nr. 35
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F ü r d e n S o h n ein pr. n e u e Stiepfeln 2 Paar Stiepfeln b e s o h l t u n d v e r p f l e c k t F ü r d e n H e r r n ein P a r Stiepfeln v e r p f e c k t F ü r d e n [ H e r r n ] ein P a r Stüpffel v e r s o h l t
Berlin d. 13 1802
gl. 12.
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16.
6. 1. Summa
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rh. 5-
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August Meister Ebertb Z u D a n k bezahlt.
Berlin, 15. A u g u s t 1802
35. S c h a r n h o r s t a n G e u s a u
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Rehses in GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 326, S. 133f. (2 S.).a Weitere Abschrift im Nachlaß Oestreich. b Druck: Höhn, S. 123,130 (Zitate). 1 Übersendung einer unvollendeten Denkschrift nach Geusaus Vorgaben. Notwendigkeit einer Verpflichtung der Offiziere zur Weiterbildung. Abnehmende Zahl kriegserfahrener Offiziere. c
praest. d e n 16.d A u g . 1802 v. R a u c h 2
E w . Excellenz lege ich hier g e h o r s a m s t einen T h e i l d e r m i r a u f g e t r a genen A r b e i t vor, ich w ü n s c h e nichts mehr, als dass ich d e r o I d e e n g e t r o f f e n ' к
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Verbessert aus „10." Daneben eine durchstrichene Berechnung. Die Faszikel Nr. 322-333 enthalten Photokopien maschinenschriftlich transkribierter Texte aus der „Sammlung Rehse", welche der Photograph Friedrich Josef Maria Rehse (1869-1952) 1929 an die NSDAP verkauft hatte und die 1945 durch US-Streitkräfte beschlagnahmt wurde. Die Vorlage befand sich im Heeresarchiv Potsdam, Rep. 92 Nachlaß v. Geusau Nr. 16, und ist dort 1945 verbrannt. Mutmaßlich von Linnebach angefertigt, die Vorlage befand sich damals noch im Kriegsministerium, Nachlasse G. 2 (ν. Geusau) Nr. 16. Die folgenden zwei Zeilen Eingangsvermerk Rauchs. Statt „ 10.korrigiert nach der Abschrift im Nachlaß Oestreich. Dort auf den 10. bzw. 16. August datiert. Der Ingenieuroffizier Johann Georg Gustav von Rauch (1774—1841) war nach seiner Teilnahme am Krieg in Polen Ende 1796 zum Adjutanten Geusaus bestimmt worden, dessen Tochter Karoline Christiane Amalie er 1802 heiratete. Rauch kam 1802 als Quartiermeisterleutnant zur 2. Brigade des Generalquartiermeisterstabs. In den folgenden Jahren diente er meist in der Umgebung Massenbachs sowie als Hilfsarbeiter des Generaladjutanten Kleist, als Major wurde er im August 1806 ins Hauptquartier des Königs versetzt. 1807 war er als Stabschef beim vergeblichen Versuch eines Entsat-
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
habe. 3 Die beiden letzte[n] Capitel fehlen noch, ich werde sie aber diese Woche einliefern^ sie sind schon im Brouillon fertig. Ich erlaube mir hierbei noch eine Bemerkung, welche Ew. Excellenz mir gewiss zu Gnaden halten. Sie bestehet darin, daß alles, was auch von denenselben zur Beförderung der Bildung der Officiere angewandt werden mag, immer doch Stukwerk bleiben wird, wenn nicht Sr. Majestät der König den Regimentern zur Pflicht macht, eben so sehr für die Bildung der Officiere als für die Exercize und Discipline zu sorgen. Was hilft der Unterricht in der Mathematik und den Kriegeswissenschaften in den Kadettenhäusern, wenn er nicht fort gesetzt wird? Er ist in den ersten Dienstjahren vergessen. In einer Armee, wo nach dem Dienstalter avancirt wird, in der jeder zu den höhern Stellen kömmt, ist das Bedürfnis der Bildung der Officiere so groß und von so wesentlichem Einfluss auf den guten Zustand derselben, daß es höchste Verantwortung nach sich ziehen müsste, wenn hierin etwas versäumt würde. Diese Sache verdient überdem jetzt mehr als jemals unsere ganze Aufmerksamkeit. Auf die Schüler des 7jährigen Krieges darf man nicht lange mehr rechnen, die des Revolutions Krieges sind nur in geringer Anzahl in der Armee, und dazu hat dieser Krieg nicht viel Gelegenheit dargeboten, sich durch Erfahrungen zu bilden, weil unsere Armee nur eine kurze Zeit Theil daran nahm. In den beiden ersten schlesischen Kriegen siegten wir durch die Uebung, Disciplin und Tapferkeit, ohne Bildung des Offiziers, das ist nicht zu leugnen. Der Feind war aber auch indisciplinirt und ungeübt. In den 7jährigen Kriege erschien die preussische Armee mit geübten und in den ersten schlesischen Kriegen gebildeten Officieren, mit einem grossen Mann an der Spitze. Der Erfolg entsprach der Wirkung, welche ihn hervorbrachte. Noch jetzt haben wir den Vorzug der Manoeuverfähigkeit' und der Bildung in den höhern Graden. Dürfen wir aber auch hoffen, ihn in Absicht des letzten Punkts in der Zukunft zu behaupten, wenn die jungen kayserlichen, durch 10 Feldzüge gebildete[n] zes von Danzig beteiligt, 1809 wurde er zum Direktor der 2. Division des Allgemeinen Kriegsdepartements ernannt. Im Frühjahr 1813 diente er als Stabschef Yorcks, nach Scharnhorsts Tod wurde er zu dessen Nachfolger als Chef des Ingenieurkorps ernannt und zum Stabe Blüchers versetzt. Später fungierte er als Inspekteur der Festungen, General der Infanterie und 1837-1841 als Kriegsminister. Rauch trat 1802 in die Militärische Gesellschaft ein, vgl. u. a.: Bemerkungen über ein Werk, betitelt: Vermischte Schriften über die Fortifikation und die Verschanzungskunst; von H. F. Cordes, in: DMGB 3 (1803), S. 111-128. e 1
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In der Abschrift im Nacblaß Oestreich steht: „ nachliefern In der Abschrift im Nachlaß Oestreich: „ Manövrirfähigkeit In der Abschrift im Nachlaß Oestreich: „ 2ten Scharnhorst war durch Kabinettsordre, Paretz, 5. September 1801, zum Gehilfen Geusaus bei der Leitung der Akademie für junge Offiziere in Berlin ernannt worden, die der Inspektion des Generalquartiermeisters unterstand. Geusaus Auftrag wurde ausgeführt in den Denkschriften Nr. 37 und 38.
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Nr. 36
Officiere zu den obersten Stellen kommen? Wenn die Zöglinge Friedrich des zweiten 8 aus den 7jährigen Kriege nicht mehr da sind? Wir können diesen Uebel nur durch die Bildung unserer Officiere entgegen arbeiten. Dies ist mein Geständniss, das ich gut Ew. Excellenz hierh niederlege. Dieselben sehen hier aus, wie sehr ich die Wichtigkeit Ihres Planes fühle; sollte er Eingang finden und wäre ich imstande, etwa durch ein militärisches Lehrbuch, zur Ausführung desselben etwas beizutragen, so würde ich mich dadurch äusserst glücklich schätzen. Mit der grössten Verehrung und mit steter Dankbarkeit bin ich Ew. Excellenz gehorsamster Diener Berlin, den 15. Aug. 1802" Scharnhorst
36. Scharnhorst an Geusau
Berlin, 23. August 1802
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Rehses in GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 326, S. 1 3 5 ( 1 S.). 1 Weitere Abschrift im Nachlaß Oestreich. b Übersendung schrift.
der beiden letzten Kapitel der von Geusau in Auftrag gegebenen
Denk-
24. Aug. 1802 Rauch c Hochwohlgeborener Herr Hochgebietender Herr General-Lieutenant! Ew. Excellenz lege ich hier die beiden letzten Capitel des mir aufgetragenen Aufsatzes vor.1 Das 4. Capitel ist weitläufig ausgeführt, es ist auf Erfahrungen gegründet, die ich bei 15jährigen Unterricht zu machen Gelegenheit hatte. Ich bitte Ew. Exzellenz gehorsamst, гшИ diejenigen Veränderungen, welche dieselben nöthig finden möchten, anzuzeigen; ich werde sie
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In der Abschrift im Nachlaß Oestreich: „ ich hier Ew. Exzellenz In der Abschrift im Nachlaß Oestreich wurde das Datum, wie bei Linnebach üblich, an den Anfang des Dokuments gesetzt, und zwar in der Form: „ Berlin, den 15. August 1802." Rehses Vorlage befand sich im Heeresarchiv Potsdam, Rep. 92 Nachlaß v. Geusau Nr. 16, und ist dort 1945 verbrannt. Mutmaßlich von Linnebach angefertigt, die Vorlage befand sich damals noch im Kriegsministerium, Nachlässe G. 2 (v. Geusau) Nr. 16. Eingangsvermerk Rauchs. In der Abschrift im Nachlaß Oestreich davor noch „praest." Statt „ nur"; verbessert nach der Abschrift im Nachlaß Oestreich. Kapitel IV und V von Nr. 38.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
so gleich ausführen; ich wünsche, dass ich nur im Ganzen die mir gegebenen Ideen ausgeführt habe[n] mag. Mit der grössten Hochachtung und Dankbarkeit bin ich Ew. Exzellenz gehorsamster Diener Scharnhorst Berlin, den 23. e August 1802.
3 7. Denkschrift
[?, nicht nach August 1802 P1]
N a c h einer maschinenschriftlichen Abschrift Rehses in GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 326, S. 136ff. (3 S.)· 1 Druck: Höhn, S. 117ff. (Zitate). Notwendigkeit eines Lehrplans für den Offiziersunterricbt bei den Regimentern. I. Fehler in der Praxis: Überbetonung der Spezialgebiete der Lehrer. II. Anleitung zum Selbstdenken, Arbeit auf dem Felde. Bisherige Unterrichtsmethoden dafür meist unzureichend. III. Zur Abhilfe Erstellung einer Instruktion.
Pro Memoria Die Nothwendigkeit einer Instruction für den Unterricht der Junker und jungen Officiere bei den Infanterie und Cavalerie-Regimentern betreffend. b I. Mangel der rechten Auswahl der Materialien. Nur seilten hat man Lehrer, welche das grosse Feld der militärischen Wissenschaften inne haben, die Erfahrung mit der Theorie verbinden und aus der Menge von Materialien, welche sich zu den militärischen Unterricht darbieten, diejenigen zu wählen wissen, welche dem Officier, sowohl in Rücksicht der wissenschaftlichen Bildung auf die Zukunft, als der Anwendung des Erlernten, am nützlichsten seyn können. Die meisten lehren das, was ihnen am geläufigsten ist, ohne den Zusammenhang, in dem es miteinander und mit der besonderen Bestimmung der Infanterie- und Cavalerie-Officiere stehet, vor Augen zu haben.
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Statt „ 29.in der Abschrift im Nachlaß Oestreich steht: „ 23."; die Datumszeile dort an den Anfang des Dokuments verschoben.
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Rehses (und Hohns) Vorlage befand sich im Heeresarchiv Potsdam, Rep. 92 Nachlaß v. Geusau Nr. 16, und ist dort mutmaßlich verbrannt. Offensichtliche Tippfehler wurden stillschweigend korrigiert. Statt „ betrachtend." Laut Höhn heißt es „ betreffend." Der Plan Nr. 38 ist offenbar die Ausführung des hier im Schlußabschnitt angesprochenen Entwurfs einer Instruktion und zugleich der in Nr. 35 und 36 angesprochene Aufsatz. Mutmaßlich handelt es sich beim hier vorliegenden Text um ein Begleitschreiben.
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Nr. 37
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Diejenigen, welche die Mathematik zu ihrem Haupt-Studium gemacht haben, gehen in dieser Wissenschaft zu weit, man sehe M e i n e m Lehrbuch der Mathematik für Officiere bei der Infanterie und Cavalerie. 2 Die jungen Ingenieur-Officiere lehren ihre Berufswissenschaft als wenn sie Ingenieure bilden wollten; andere richten sich nach ihren Lieblingsstudium; selbst der erfahrene, sehr geschickte und sehr einsichtsvolle Major Müller 3 lehrte bisher die Terrain-Lehre so, wie sie nur der Ingenieur und Geograph von Profession studiren sollte, ein ganzes halbes Jahr und überging dagegen mehrere Zweige der angewandten Theile der Krieges-Kunst, welche den Officier von der Infanterie oder Cavalerie unentbehrlich sind. Das Uebelste hierbei ist noch, dass es Lehrer giebt, welche in keinem' Fache gründliche Kenntnisse haben, in keinem die bessern Hülfsquellen kennen und daher auch überall ohne Nutzen ihre Schüler beschäftigen und dadurch bei ihnen eine Abneigung für die Wissenschaften erregen. Bei den Entwurf des Studierplans für die Junker und jungen Officier muss man ihre bisherige Bildung, ihre dereinstige Bestimmung, die Zeit zum Unterricht und die in ihren Händen habenden Unterrichts- und Antriebsmittel in Erwägung ziehen und nur allein diesen gemäss seine Einrichtungen treffen. Hat man erst einmal einen gewissen Cursus festgesetzt, die Materialien geordnet und bestimmt, so wird man bald durch die Erfahrungen auf Verbesserungen geführt werden. Ohne Bestimmung schwankt man hin und her und die gemachten Erfahrungen werden nur theilweise eine kurze Zeit benutzt und gehen am Ende ganz verloren.
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Das Wort in der Vorlage handschriftlich korrigiert. Friedrich Meinerts Werk (Halle 1789-1795) erschien auch unter dem Titel: Lehrbuch der gesammten Kriegswissenschaften für Offiziere bey der Infanterie und Cavallerie. Die drei Teile behandelten „Gemeine und Allgemeine Arithmetik", „Gemeine Geometrie und ebene Trigonometrie, Gemeine Analysis oder Algebra und analytische Geometrie" bzw. „Mechanische Wissenschaften, Hydrotechnik, Strassenbau". Ludwig Christian Müller (1734-1804) war durch Verwendung des Prinzen Heinrich als Ingenieurgeograph angestellt worden und hatte in der Umgebung Friedrichs II. an mehreren Schlachten des Siebenjährigen Krieges teilgenommen, bevor er bei Maxen in Gefangenschaft geriet. Nach dem Friedensschluß arbeitete er im Netzebruch, im Bayrischen Erbfolgekrieg wurde er dem Hauptquartier des Prinzen Heinrich attachiert. Seit 1779 wirkte er als Lehrer, insbesondere an der 1788 errichteten Ingenieurakademie in Potsdam. Sein bekanntestes Werk war wohl: Versuch über die Verschanzungskunst auf Winterpostirungen, Potsdam 1782; Gneisenau errichtete bei der Verteidigung Kolbergs 1806/07 nach einem hier dargestellten Muster die Wolfsbergschanze. Zu Müllers weiteren Werken gehören: Kurzgefaßte Beschreybung der drey Schlesischen Kriege zur Erklärung einer Kupfertafel, auf welcher 26 Schlachten und Hauptgefechte dargestellt sind, Berlin 1785; Nachgelassene Schriften, 1. Band Lagerkunst, 2. Band Terrainlehre, Berlin 1807.
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II.
Mangel einer zweckmässigen Methode des Unterrichts.
Aber nicht allein die Materialien zum Unterricht, sondern auch die Methode des Unterrichts muss bestimmt werden. Von ihr hängt sehr viel ab. Manche Lehrer kennen die Vortheile nicht, welche eine gute darbietet, andere machen es sich bequem und dictiren während der zum Unterricht bestimmten Stunde oder lassen ihre Schüler die Zeit mit Rechnen oder Zeichnen hinbringen, ohne ihnen ander[e] Kenntnisse beizubringen. Auf die beiden Hauptpunkte bei dem Unterricht der Junker und Officiere, 1) auf die Bildung der Beurtheilung, die Anleitung zum Selbstdenken, und 2) auf die Arbeit auf den Felde, die Uebertragung der erhaltenen Ideen auf das wirkliche Terrain, wird seilten und fast nie Rücksicht genommen. III.
Schluss
Alle die bisher genannten Umstände führen auf den Gedanken, eine Instruction für die Lehrer der Regimenter zu entwerfen, in der die Materialien und die Methode des Unterrichts bestimmt zur Befolgung so vorgeschrieben wird, dass der Unterricht, welcher in Berlin für die Infanterie- und CavalerieOfficiere ertheilt wird, mit dem bei den Regimentern in eine zweckmässige Folge kommt.
38. Denkschrift
[?, August 1802']
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Rehses in GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 326, S. 139-191 (50 S.).a Druck: Höhn, S. 117-120 (Zitate). Entwurf eines Lehrplans zum ersten Offiziersunterricht hei den Regimentern. I. Grundsätze. § 1. Beschränkung des Lehrstoffs auf das gründlich zu Erlernende. § 2. Anpassung des Unterrichts an den Durchschnitt der Schüler. § 3. Beschränkung des Lehrstoffs auf das für den Offiziersberuf und die Weiterbildung Nützliche. § 4—6. Methodik: Erhaltung der Aufmerksamkeit, Ausbildung der Beurteilung der Schüler, Zwang zur eigenen Arbeit und zum eigenen Denken. Dazu Vortrag historischer, praktischer Beispiele statt abstrakter Regeln. $ 7. Unterricht auf dem Felde für die fähigsten Schüler. J 8. Aufsicht, Prüfungen, Belohnungen und Strafen. II. Lehrstoff § 9-16. Schreibunterricht. Arithmetik und Geometrie. Plänezeichnen. Geographie. Logik. Kriegswissenschaften: Artillerie, Befestigungskunst, Taktik. III. Organisation der Schule. $ 17. Lehrer: Feld-
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Rehses (und Hohns) Vorlage befand sich im Heeresarchiv Potsdam, Rep. 92 Nachlaß v. Geusau Nr. 16, und ist dort 1945 verbrannt. Offenkundige Tippfehler wurden stillschweigend korrigiert. Es handelt sich offenbar um den in Nr. 35 und 36 angesprochenen „Aufsatz".
Nr. 38
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prediger und ein Offizier. Dreijähriger Kursus. Lehrzeiten und Stundenplan. §18. Weiterbildung nach Abschluß des Kurses. IV. Methode. 1. Allgemeines: § 19. Vollständiger Vortrag des Lehrstoffs. § 20. Angabe der Ziele zu Beginn der Stunde. § 21. Vorbereitung des Unterrichts zur Vermeidung von Abschweifungen. § 22. Längeres Verweilen auf wichtigen Gegenständen. 5 23. Anpassung des Tempos an das Vermögen der Schüler. § 24. Lebhafter Vortrag zur Erhaltung der Aufmerksamkeit. § 25-26. Zur Verwendung tabellarischer Entwürfe. § 27. Zum Unterricht von Gegenständen ohne Lehrbuch. § 28. Notizen der Schüler beim Unterricht, Hausarbeiten. Kontrolle. § 29. Methode zur taktvollen Befragung der Schüler. § 30. Zur aktiven Teilnahme der Schüler am Unterricht. § 31. Hausaufgaben zur Steigerung des Wetteifers. § 32. Vorträge an der Tafel. § 33. Lehrmittel: Pläne, Lehrbücher, Tafel. § 34. Zensur und Korrektur von Aufsätzen. 2. Methodik und empfohlene Lehrbücher der einzelnen Fächer. § 35. Schönschreiben. § 36. Orthographie und Stil. § 37. Arithmetik und Geometrie. § 38-39. Geographie und Statistik. § 40. Logik. § 41—46. Kriegswissenschaften: Allgemeines. Festungskrieg und Verschanzungskunst. Taktik. 5 47-51. Unterricht auf dem Felde. Beurteilung von Distanzen. Anordnung von Feldwachen und Posten. Patrouillen. Anordnung größerer Posten. Begriffe von Armeeoperationen. V. Prüfungen. § 52. Schriftliche und mündliche Prüfung zweimal im Jahr durch dazu bestellte Offiziere. Formalia. § 53. Beurteilung der Resultate, Berichterstattung an den Regimentschef. § 54. Monatliche Besuche des Unterrichts durch den Chef oder Kommandeur.
Plan einer Lehranstalt für die Junker u n d jungen O f f i c i e r e der Infanterieu n d Cavalerie-Regimenter, nebst einer Instruction für die Lehrer derselben.
Inhalt: I. II. III. IV. V.
Capitel: U e b e r die Grundsätze des Unterrichts für die Lehranstalten der Regimenter. Capitel: Z u lehrende Wissenschaften. Capitel: A n z a h l der Lehrer, Zeit des Cursus, Verzeichniss der Lehrstunden. Capitel: U e b e r die M e t h o d e des Unterrichts. Capitel: Prüfungen, B e l o h n u n g e n u n d Bestrafungen.
I. Capitel U e b e r die Grundlagen des Unterrichts für die Lehranstalten der Regimenter. § 1. M a n m u s s mehr auf die Gründlichkeit als auf die M e n g e des Erlernten sehen. Es ist b e y jeder Lehranstalt eine H a u p t s a c h e , nicht z u viel z u lehren, aber dahin z u sehen, dass die Schüler dasjenige, w a s sie lernen, auch mit Fertigkeit a n z u w e n d e n verstehen.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Es ist eine allgemeine Bemerkung, dass Ueberladung im Unterricht den Verstand erstickt und die eigene Beurtheilung zurückhält, statt tieferes Eindringen und strengere Untersuchung eines einzelnen Gegenstandes nicht allein ein bleibendes Gefühl für die Wahrheit und Richtigkeit erzeugt, sondern auch ein Unterricht für die Untersuchung anderer Gegenstände ist, und den Schüler in den Stand setzt, durch seine eigene Betrachtungen das heraus zu bringen, wozu er sonst sein Gedächtnis beschweren müsste. Es kann ζ. B. jemand alle Theile der Mathematik durch gearbeitet haben und zu Zeiten doch nicht in der Ausführung Gebrauch von der gemeinsten Wahrheit derselben zu machen wissen. Dazu gehört, dass man sich diese Wahrheiten zu eigen gemacht habe, dass sie bloss Sache der Vernunft geworden sind. Wenn der Lehrer nicht das schon einmal Vorgetragene unter andern Formen häufig wiederholt, wenn er die Regeln nicht auf manche Art anzuwenden lehrt und die ersten Begriffe in Gespräche oder durch Beispiele entwickelt, wenn er nicht durch tabellarische Nebeneinanderstellung die Ubersicht erleichtert und den Ubergang von den Bekannten zu den Unbekannten ins Licht stellt, so wird er wenig Nutzen stiften; die Schüler werden viel hören, nichts gründlich einsehen und was das Uebelste ist, sich angewöhnen, alles nur obenhin zu lernen, ohne ihren Verstand zu brauchen und zu üben. Ein Studium dieser Art wird nicht allein den Zweck verfehlen, sondern den Officier das nehmen, was ihm am unentbehrlichsten ist, gesunden Verstand. § 2. Es muß nur das gelehrt werden, was jeder Junker oder junger Offizier von gewöhnlichen Fähigkeiten zu begreifen im Stande ist. Man kann also bey dem Cursus nicht auf diejenigen Rücksicht nehmen, welche in den Cadettenhäusern Unterofficiere gewesen sind und hin und wieder schon ziemlich Fortschritte in den Wissenschaften gemacht haben, man muss hier die grössere Anzahl und vorzüglich diejenigen vor Augen haben, welche den Unterricht überhaupt am meisten bedürfen. Es wird daher durchaus erfordert, dass ein fester und begränzter Gang in den Unterricht sowohl in Rücksicht des Leichtern und Schweren, und der Menge der vorzutragenden Materialien, als der Geschwindigkeit des Fortschreitens statt finde, bey welchen auf Jünglinge von mittlem Fähigkeiten Rücksicht genommen werde.* Es ist sehr oft der Fehler, dass sich die Lehrer in ihren Vortrage nach den fähigsten Schülern richten. Diese reizen und befriedigen ihre Eigenliebe und geben ihnen Gelegenheit, sich hier selbst von der vortheilhaftesten Seite zu zeigen. sb
Bey dieser Anordnung wird auf die besten und schlechtesten Köpfe [f]reilich keine besondere Rücksicht genommen. Allein man wird in der Abhandlung über die Methoden des Unterrichts sehen, wie ein aufmerksamer Lehrer auch für sie ohne besondere dazu angesetzte Stunden sorgen kann.
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In der Vorlage „ Anmerkung
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§ 3. Man muss nur dies, was auf die Ausrichtung des Officiers eine nähere Beziehung hat, lehren, und was ihn in seiner weitern Ausbildung nützlich sein kann. Die Mathematik trägt man daher nicht weiter vor, als sie zum Verständniss der practischen Artillerie, Verschanzungskunst und der Elementar- und angewandten Taktik erforderlich ist. Man siehet jedoch hierbey darauf, dass der Schüler demnach eine solche Ubersicht bekömmt, dass ihn der Unterricht selbst an die mathematische Methode des Vortrags und die Strenge der Beweise gewöhne, und bey ihm ein bleibendes Gefühl für die logische Richtigkeit 0 und mathematische Strenge in den Schlüssen erzeuge. In den Kriegeswissenschaften bleibt die Kenntniss der Geschichte der Kunst und das den Artilleristen und Ingenieur betreffende Detail ganz weg. Von den höhern Theilen werden nur Begriffe gegeben, um die einzelnen Verrichtungen zu erläutern. Man hebt aus der grossen Masse des Stoffs, welcher sich in den Kriegeswissenschaften zum Unterricht darbietet, nur das heraus, was eine besondere Beziehung auf die Ausrichtung und Bildung des Officiers überhaupt hat, und läßt das Detail, welches eine jede Gattung*1 von Truppen besonders angehet, weg, weil dieses in den preussischen Dienst bey den Regimentern hinlänglich erlernt wird, und die Grundsätze desselben aus den obigen sich ergeben. §4. Von der Methode des Unterrichts hängt der Erfolg desselben eben so sehr ab als von der Geschicklichkeit der Lehrer und den Fähigkeiten und Fleiß der Schüler. Man muß daher hierauf 6 eine besondere Aufmerksamkeit verwenden. 1) muß der Lehrer dahin sehen, daß der Schüler während der Stunden in einer beständigen Aufmerksamkeit erhalten wird. 2) muß der Lehrer es sich zum Gesetz machen, mehr die Beurtheilung des Schülers zu bilden und den Verstand zu beschäftigen, als das Gedächtniß zu beschweren. Endlich 3) muß der Lehrer den Schüler zur häuslichen Arbeit und zum eigenen Denken zwingen und ihn dadurch Veranlaßung geben, eine gewiße Selbständigkeit zu erlangen.
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Bei Höhn: „ Folgerichtigkeit Statt „ einer jeden Gattung Statt „ hier auch korrigiert nachHöhn.
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§5. Fortsetzung. Eine Hauptsache bei dem Unterricht in den Krieges Wissenschaften bestehet darin, daß der Lehrer den Vortrag historisch' einrichtet, das heißt, das er nichts, oder doch sehr wenig in Regeln vorträgt, sondern erzählt, wie die Anordnungen u. s. w. gemeiniglich zu sein pflegen. Man hat hierzu mehrere Gründe: 1) zeigt man dadurch dem Schüler die Sache, wie sie ist, indem in der Kriegeskunst, wenigstens in den angewandten Theilen, sonst alle Verhaltungsregeln und Anordnungen von den Local und hundert anderen Umständen abhängen und daher nur unter gewißen Bedingungen stattfinden. 2) sind die meisten Regeln so, daß man ihre Unzulänglichkeit in Rücksicht einer allgemeinen Anwendung bald wahrnimt, oder daß man doch bald nachher entdeckt, daß bey ihnen eine sehr große Menge von Ausnahmen statt finden, oder daß Schriftsteller von ersten Range über sie sehr verschiedener Meinung sind. Trägt man sie nun als unfehlbar vor, so gewöhnt man die Schüler, halbwahre Sätze als wahre zu behandeln, und benimmt ihnen das Gefühl für logische Wahrheit und Genauigkeit. Endlich 3) verführt der wissenschaftliche Vortrag in Gegenständen, die nicht wissenschaftlich behandelt werden können, zu einem entscheidenden und wiedrigen Ton und verleitet dabey junge Leute, zu glauben, daß sie alles wüßten. Nichts hat einen nachtheiligeren Einfluß auf die wissenschaftliche Bildung des Officiers als der Eigendünkel des Lehrers; der junge Officier ist ohne hin zu diesem Fehler geneigt und nimmt sehr leicht den Ton der Unfehlbarkeit und der Verachtung gegen das, was nicht mit seinen Ideen übereinstimmt, an. Nirgend ist ein bescheidener Vortrag wichtiger als bey dem Unterricht für junge Officiere. §6. Bey den ersten Unterricht in der Kriegeskunst muß man sich überhaupt des Berichts einzelner Vorfälle des Krieges bedienen, diese erklären und kommentieren. Die gewöhnliche Methode, den Schüler die Verhaltungsregeln auf alle Fälle ohne bestimmte Anwendung vorzutragen, d. i. die halb wissenschaftliche und halb reglementsmäßige, entspricht nicht ihrem Endzweck. Sie wird Gedäch[t]nißsache, gewinnt kein Interesse für den jungen Mann und giebt ihm auch keine richtige Begriffe. ί
Statt „ hüstorisch
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Man laße ihn z . B . den Belagerungskrieg in unsere[n] besten Werken, welche für den Anfänger geschrieben sind, in dem 3ten Theil von [Struensees]6 Krieges Baukunst 2 studiren; man gehe hier die verschiedenen Arten von Begriffen und die Verhaltungsregeln bey jeder derselben durch und untersuche nun, ob er nicht das letz[t]e über das erste vergessen hat und ob seine Vorstellung nicht noch sehr irrig in dem, was bey der Belagerung eines Ortes vorfällt, ist? Man wähle aber bey einen anderen Schüler die vorhin genannte Methode: man lese mit ihm die Geschichte von ein paar merkwürdigen Belagerungen und gebe ihm die nöthigen Erklärungen, in dem man die Entwürfe von den Trancheen, re[gu]lairen Festungen und die umständlichen Zeichnungen von den Batterien, Sappen u.s.w. nur nimmt, die Lage, Größe und Entfernung der Parallelen, Batterien u.s.w. in den Beispielen, mit dem, was darüber in einem guten Lehrbuch als Regel vorgeschrieben ist, vergleicht, so wird man den Vortheil dieser letzten Unterrichtsmethoden gewiß sehr überzeugend wahrnehmen. Der Schüler, welcher den Unterricht nach ihr genoßen hat, wird das Bild der Trancheen, der beiden Belagerungen, welche man zu seinem Unterricht gewählt hat, deutlich vor Augen haben, und bey ihm die besonderen Umstände sich erinnern, statt der Schüler des ersten Unterrichts höchstens einige idealische Zeichnungen sich darstellt und weder etwas von der Benutzung des Terrains, noch der besondern Umstände weiß. §7Man muß den ältesten und fähigsten Schüler auch Unterricht auf den Felde ertheilen und dies als eine Hauptbestimmung der Lehranstalt betrachten. Wenn der Officier nicht lernt, seine Ideen in der wirklichen Natur anzuwenden, wenn er nicht seinen Unterricht im Hause mit Entwürfen auf dem Felde verbindet, so bleibt es immer noch ungewiß, ob er je Nutzen von demselben haben wird, denn die Kunst, das Terrain und die besonderen Umstände zu benutzen ist eben so schwer und noch schwerer als die Erlernung einiger in der der Vernunft gegründeten Sätze und aus der Erfahrung gezogener Lehren. Aller Unterricht in der Kriegeskunst bleibt denen, welche nicht im Kriege gedient haben oder im Kriege keine Gelegenheit gehabt haben, sich richtige Ideen von den Operationen einer Armee zu machen, dunkel, wenn sie nicht durch Beispiele auf dem Felde sehen, wie die auf dem Papier erklärten Sätze und Lehren angewendet werden können. s
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In der Vorlage steht hier eine bei der Transkription gelassene Lücke. Struensees Werk wurde von Scharnhorst vielfach verwendet und empfohlen undpaßt vom Titel und der Zahl der Bände her am besten. Karl Gustav von Struensee: Anfangsgründe der Kriegsbaukunst, 3 Bde., Leipzig und Liegnitz 1771-1778, 2. Auflage 1786.
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Nur erst, wenn sie bey ihren Ideen oder Entwürfen eine bekannte Gegend vor Augen haben, wenn sie bey dem Unterricht die Anwendung auf ein gewißes Terrain unter gewißen Umständen sich denken, wird ihnen die Sache deutlich. Der Unterricht auf dem Felde wird nur den ältesten und fähigsten Schülern des Instituts gegeben, gehet aber auch für diese nicht auf Operationen einer Armee, sondern wird bloß ihren Angriffen und Bestimmungen gemäß ertheilt. Es besteht z . B . in der Übung der Beurtheilung der Distanzen, der Zeichnung eines Postens nach dem Augenmaß, der Disposition zur Führung von Patrouillen, von Aussetzung von Feldwachen u.s.w. Damit aber die Begriffe, welche der Schüler von den Dingen, die sich aufs Große beziehen, den größten Grad der Deutlichkeit erhalten, so entwirft der Lehrer in den umliegenden Gegenden vom Standquartier einige Positionen, Märsche u.s.w. für ganze Armeen oder Corps, und zeigt nun seinen Entwurf den Schülern, indem er ihnen die Gründe, welche er bey der Wahl des Terrains befolgt hat, auseinandersetzt und die Disposition des Verhaltens der Truppen nach den verschiedenen möglichen Ereignissen erklärt. Es ist eine Hauptsache bey der Lehranstalt, von der hier die Rede ist, daß die Übersicht des Ganzen immer den Unterricht im Kleinen zur Seite gehet, damit die irrigen Vorstellungen, welche sehr in der Kriegeskunst statt finden, berichtigt werden. §8. Aufsicht, Prüfungen. Belohnungen und Bestrafungen. Die Hauptsache bey jedem Institut besteht darin, daß durch Aufsicht, durch Prüfungen die Schüler sowohl als die Lehrer in Aufmerksamkeit und Thätigkeit erhalten werden. Ein jedes Lehrinstitut schläft bald ein, wenn nicht der Fleiß der Lehrer oder Schüler belohnt oder doch wenigstens erkannt, und die Unthätigkeit bestraft wird. Angemeßene Prüfungen erzeugen Wetteifer und sind ein sehr gutes Aufmunterungsmittel für die Fleißigen, in ihrer Anstrengung fortzufahren. Den Schläf[r]igen wecken sie, wenn noch Ehrgefühl in ihm ist, und den Leichtsinnigen führen sie zu den Wissenschaften und nützlichen Arbeiten zurück. Sie müssen aber oft wiederholt werden, damit sie bei Zeiten wirken und die Schüler ihren wohlthätigen Einfluß nicht zu spät, nicht erst dann erfahren, wenn sie zu weit zurück geblieben sind und sich nicht mehr helfen können. Diese Prüfungen müssen nach einer bestimmten Form zu gewissen Zeiten geschehen, man ist sonst der Gefahr ausgesetzt, daß sie vernachläßigt oder partheilich vollzogen werden. Dabey muß man der Erlernung der Wissenschaften einen großen Werth beilegen und dadurch den Lehrern sowohl, wie den Schülern ihre Arbeit und Pflichten wichtig machen. Den fleißigen Schüler muß man distinguiren, den
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Faulen11 muß man dadurch bestrafen, daß er so lange der Lehranstalt beiwohnen muß, bis er etwas erlernt hat; und wenn der Fleißige mit 3 Jahren seinen Cursus endigt, so muß derjenige dadurch, daß er den Cursus 2mal macht, 6 Jahre beständig alle Stunden beiwohnen. Die Prüfungen, die Belohnungen und Bestrafungen sind von so großer Bedeutung, daß von ihnen der Nutzen, den der Unterricht in diesem Lehrinstitut leistet, größtentheils abhängt, und entschließt man sich nicht, in Absicht ihrer sehr thätig, unpartheiisch und strenge zu seyn, so stiftet man durch dasselbe garkeinen oder doch nur sehr geringen Nutzen. Utes Capitel. Zu lehrende Wissenschaften. §9. Die Junker und jungen Officiere bey den Regimentern erhalten Unterricht 1) 2) 3) 4) 5)
in den Schön- und Rechtschreiben und in Styl, in der Arithmetik und Geometrie, im Zeichnen der Situationsrisse, im Ausstecken der Schanzen und Aufnehmen der Gegenden, in der Geographie und Logik, in den Anfangsgründen der Kriegeswissenschaften. §10.
Der Unterricht im Rechtschreiben und Styl hat zur Absicht, den Schüler1 dahin zu bringen, daß er die gröbsten Fehler in der deutschen Sprache zu vermeiden und einen Brief, einen militairischen Bericht in Absicht der Form ohne allzu auffallende Sprachfehler aufzusetzen lernt. Von eigentlichen Sprachstudien kann hier wohl nicht die Rede seyn. §H. Der Unterricht in der Arithmetik begreift die 4 Rechnungsarten in ganzen, gebrochenen und benannten Zahlen, die Dezimalbrüche, die Proportionen und Quadratwurzeln in sich. Von den Progressionen 3 und Logarithmen wird bloß eine kurze Erklärung gegeben. h
' 3
Statt „Feilen". Statt „Schülern". Altere Bezeichnung für arithmetische und geometrische Reihen im Gegensatz zu anders gebildeten.
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Von der Geometrie wird nur die ebene vorgetragen. In der Trigonometrie werden die Auflösungen der Aufgaben und in der Stereomentrie die Benennung und Berechnung der Körper ohne Beweise gelehrt. Dagegen werden sowohl in den angeführten Capiteln der Arithmetik als der ebenen Geometrie die Lehren aus den ersten' Gründen entwickelt und die Beweise mit aller Schärfe geführt. §12.
Der Unterricht im Zeichnen bestehet a) in dem Vorzeichnen geometrischer Figuren, b) in dem Zeichnen von Situationsrissen, c) in dem Zeichnen von Schanzen und Fortificationsrißen. Das Aufnehmen der Gegenden wird nur von kleinen Districten gelehrt; theils um die Darstellungsart eines Situationsplans recht kennen zu lernen, theils aber auch, um eine kleine Zeichnung von einem Posten u.s.w. selbst entwerfen zu können.
1) 2) 3)
§13. Der Unterricht in der Geographie hat die Erklärung der Landcharten und ihren Gebrauch zum Gegenstand, die Kenntnisse von der phisicalischen Beschaffenheit der Länder der preußischen Monarchie und der angrenzenden Staaten, eine kurze Übersicht der Statistik der vornehmsten europäischen Staaten, und vorzüglich der angrenzenden. §14.
Die Logik, welche nur im letzten Jahre gelehrt wird, wird ganz nach den Begriffen der Schüler vorgetragen und mehr in Beispielen und Anwendungen als abstracten Erklärungen und Sätzen. §15. Der Unterricht in den militairischen Wissenschaften enthält zuförderst eine Hinleitung zur Übersicht des Ganzen als 1) eine Erklärung der verschiedenen Truppengattungen, als Linien- und leichte Infanterie, schwere und leichte Cavalerie, Feld und Belagerungs Artillerie, 2) eine Anzeige der Bedürfnisse, welche zur Mobilmachung einer Armee gehören, nur ganz im Allgemeinen,
'
Statt
„erstesten".
Nr. 38 3) 4) 5)
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eine Erklärung der Schlachtordnung der Infanterie und der Cavalerie im Besondern, dann in Verbindung mit einander und mit Artillerie, eine Erklärung der Fechtart jeder einzelnen Waffe und aller Waffen in Verbindung, einige Begriffe von den Bewegungen der Armeen.
§16. Der Unterricht in den Krieges Wissenschaften hat die Artillerie, Fortification, Verschanzungskunst, Taktik zum Gegenstand. 1) In der Artillerie wird einige Nachricht von der Einrichtung des Feuergewehrs (sowohl des kleinen als groben) und seiner Schußweite und Wirkung gegeben. 2) Von der Fortification werden die Benennung der Werke und Linien, die Bestimmung derselben und die Grundbegriffe der gegenseitigen Verteidigung der verschiedenen Werke und Linien gelehrt. Von dem Angriff werden die Benennung der verschiedenen Theile der Trancheen und Batterien erklärt, eine Erzählung von einer ausgeführten Belagerung und Vertheidigung einer Festung mit den nöthigen Erklärungen (ohne ein zu großes Detail) macht den Beschluß diese[s] Capitels. 3) In der Verschanzungskunst kommt hievon: a) das Profil einer Schanze, b) die Hindernisse des Zugangs zu derselben, c) die Anlegung einer Schanze in Rücksicht des Terrains, d) die wechselseitige Vertheidigung mehrerer, e) die Vertheidigung und der Angriff der Schanzen und der Verschanzungen. Von b) an wird der Unterricht durch ein paar Beispiele einer ausgeführten und wirklich angelegten Schanze und Verschanzung (von denen bey Colberg und Bunzelwiz k ) gegeben. 4) Unter der Taktik verstehet man hier a) eine mathematische Untersuchung der Elementar Evolutionen, die bildlichen Darstellungen hierzu werden in den Zeichenstunden gezeichnet, b) einen Unterricht in dem kleinen und Detaschementskriege, auf die Gegend, in der man sich befindet, angewandt, c) einen Begriff von den großen Operationen einer Armee, von den Lagern und Positionen, von den mechanischen Marsch Dispositionen, von den Übergängen über Flüße, von der Vertheidigung der Flüße, von den Fouragirungen, von den Schlachten und von den Rückzügen. Von jeder dieser Operation[en] hat der Lehrer einen Plan, welchen er den Schülern erklärt und welcher sich auf die Gegend beziehet, in der sich der Schüler befindet. Sie zeichnen diesen in k
Statt
„Bunzelwig".
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d)
den Zeichenstunden ab. Er darf daher nicht zu groß und zu detaillirt seyn. Den Beschluß macht die Vorlesung und Erklärung eines Feldzugs. Man kann den von 1757 in Böhmen u.s.w. wählen.
IHtes Capitel Anzahl der Lehrer. Zeit des Cursus. Verzeichniß der Lehrstunden. §17. Der Unterricht wird von 2 Lehrern ertheilt. Ein Lehrer (der Feldprediger des Regiments) giebt Unterricht im Schönschreiben, der deutschen Sprache und Geographie. 2) Ein anderer Lehrer (ein Officier) giebt Unterricht in der Mathematik, in den Kriegeswissenschaften und im Zeichnen. Der Cursus dauert 3 Jahr, jährlich 7 Monate, und jeder der beiden Lehrer giebt in dieser Zeit während der 4 ersten Tage1 in der Woche täglich 3 Stunden. Die 3 übrigen sind zum Dienst und zu häuslichen Arbeiten der Schüler bestimmt. Unterricht wird ertheilt 1) im Winter vom lten October bis lten März, 2) im Sommer in den beiden ersten Monaten nach der Revüe. Ites Jahr 1) Verzeichniß der Stunden in den Wintermonaten. Uhr Mathematik von 9 bis и Montag morgens tt tt η 12 Deutsche Sprache 11 η η tt 2 4 Schönschreiben nachmittags tt η 4m tt 5 Geographie η tt tt 9 11 Mathematik Dienstag morgens tt tt tt 12 Deutsche Sprache 11 tt tt tf 2 4 Zeichnen nachmittags rr tt tt 4 5 Geographie Mittwoch wie am Montage; Donnerstag wie am Dienstage. 1)
1 m
Statt „ geben in dieser Zeit wähend der 4 ersten Tagen Statt „5".
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2)
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Verzeichniß der Stunden in den beiden zum Unterricht bestimmten Sommermonaten. Montag morgens Unterricht auf dem Felde von 6 bis 12 Uhr 1t tt 9 11 Dienstag morgens " Kriegeswissenschaft η 11 tt 11 12 Deutsche Sprache 11 tt 2 nachmittags " 4 Zeichnen 11 11 tt 4 5 Schönschreiben Mittwoch wie am Montage; Donnerstag wie am Dienstage.
Utes Jahr In dem 2ten Jahre werden mehrere Stunden in den Kriegeswissenschaften als in dem lten ertheilt, dagegen aber weniger in der Mathematik. Der Unterricht in dieser Wissenschaft dient im 2ten Jahre theils zur Erweiterung desselben," was im lten erlernt ist, theils aber auch zur Repition. 1) Die Stundenabtheilung besteht in den 5 Wintermonaten in folgenden: 8 bis 9 Uhr Mathematik Montag morgens von η It 11 10 11 Kriegeswissenschaften tt It tr 11 12 Deutsche Sprache tt 11 11 nachmittags 2 4 Schönschreiben tt 11 It 4 5 Geographie tt It It Dienstag morgens 8 10 Kriegeswissenschaften tr ft tt 11 12 Deutsche Sprache tt ft It nachmittags 2 4 Zeichnen tt 11 11 4 5 Geographie Mittwoch wie am Montage; Donnerstag wie am Dienstage. 2) Stundenabtheilung in den beiden Sommermonaten. Montag, morgens Unterricht auf dem Felde nachmittags von 2 bis 4 Uhr Zeichnen " 4 " 5 " Schönschreiben Dienstag, morgens Unterricht auf dem Felde, nachmittags von 2 bis 4 Uhr Zeichnen " 4 " 5 " Deutsche Sprache Mittwoch wie am Montage Donnerstag wie am Dienstage. Illtes Jahr Wie das 2te Jahr, nur statt des Unterrichts in der deutschen Sprache Unterricht in der Logik.
"
Statt „derselben".
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§18. Der eigentliche Cursus dauert nur 3 Jahre, aber in den folgenden 5 Jahren 0 muß jeder nun ausgetretene Schüler während der Unterrichtsmonate in jedem derselben eine ihm aufgetragene Ausarbeitung liefern. Die Ausarbeitungen von den beiden Sommermonaten beziehen sich auf die umliegende Gegend. Von den 5 übrigen werden 2 auf der Stelle aufgelöset, 3 aber zu Hause. Hierüber wird an einer andern Stelle umständlicher geredet werden. Die Mathematik wird in dem 2ten, so wie in dem 3ten Jahr repitirt. Ohne diese Repition würde der Nutzen des Studiums dieser Wissenschaft, sowohl in Rücksicht der Bildung, der Beurtheilung, als der Anwendung sehr geringe seyn.
IVtes Capitel. Über die Methode des Unterrichts. Erste Abtheilung. Uber die Methode des Unterrichts im Allgemeinen. §19. Das Formale der Methode des Unterrichts bestehet darin, daß der Lehrer einen § des Compendiums langsam vorlieset und ihn nun erkläret und durch Beispiele erläutert. Nie schlägt er einen § über, nie läßt er einen Gegenstand unerklärt. Das zum Unterricht gewählte Compendium muß durchaus dem Schüler verständlich sein; er gewöhnt sich hierdurch, alles zu ergründen, was ihm in seinem Cursus vorkömmt, und nicht eher ruhig zu seyn, bis er seinen Zweck erreicht hat. §20. Eine Hauptsache bei dem Vortrage bestehet darin, daß der Schüler immer genau weiß, was man lehren will. In der Mathematik schreibt man die Aufgabe oder den zu beweisenden Lehrsatz jedesmal an die Tafel; bei Aufgaben in der Kriegeskunst kömmt es sehr auf die genaue Bestimmung der Verhältniße, unter welchen etwas geschiehet, und derp Voraussetzungenen an. Man muß auch diese an die Tafel schreiben oder so langsam vortragen, daß ° f
Statt „ Inden 5 Jahren folgenden ". Statt „den".
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der Schüler sie notiren kann, und dann sie ihm noch einmal übersichtlich ins Gedächtnis zurückrufen. Wie leicht hier Irrthümer und falsche Gesichtspunkte entstehen können, weis nur der Lehrer, der oft seine Schüler erforscht hat. §21. Der Lehrer muß vor der Stunde die vorzutragenden Gegenstände wohl überdenken und ordnen. Er muß sich ein Skelet des Vortrages und der Bemerkungen, welche er bey demselben machen will, vorher entworfen haben, worin er sorgfältig das Nothwendige von dem Entbehrlichen abgesondert hat. Auf diese Weise erhält sein Vortrag einen logischen Gang und verfällt nicht in Digreßionen eines oder andern Gegenstandes. Er darf nicht seine Vorlesung aufsetzen und ablesen, er darf aber auch nicht gerade das vortragen, was ihm einfällt. Im ersten Fall verliert der Zuhörer das Interesse am Vortrage, im zweiten wird der Zweck im Großen verfehlt. §22. Sind die Wahrheiten abstract und fürchtet man, daß sie die Schüler nicht faßen können, so bereitet man sie darauf vor und sucht ihre besondere Aufmerksamkeit zu erregen. Man verweilt alsdann länger bey den Gegenständen, damit sie mit denselben nach und nach bekannt werden. Einen größeren mathematischen Beweis trägt man zuerst historisch vor und zergliedert darauf die Hauptpunkte, ehe man ihn im Zusammenhange darstellt. Man ist aber hernach nicht zu umständlich, damit die Schüler nicht die Folge der Schlüsse verlieren. In angewandten Wissenschaften verweilt man bey einem wichtigen Gegenstand länger, wenn man die auf ihn Bezug habenden Versuche und Erfahrungen und die Meinung oder die Verfahrungsart einsichtsvoller Männer erzählt. Jedesmal repitirt man am Ende der Vorlesung ganz kurz den Inhalt derselben. Man hebt nämlich die Hauptpunkte und die vornehmsten Wahrheiten aus, und macht dabei den Schüler [auf] dieselben aufmerksam. Für diejenigen, welche sich Notizen machen, ist diese Repitition äußerst nothwendig. §23. Es ist nicht gut möglich, dem Lehrer das Maaß des Fortschreitens in den vorzutragenden Gegenständen zu bestimmen. Es wird in der Folge aber gezeigt werden, wie er die Kenntniße und Fortschritte seiner Schüler beurtheilen kann. Dies muß seinen Gang bestimmen. Es ist hier nur zu bemerken, daß es ein gewöhnlicher Fehler mancher Lehrer ist, daß sie deutlicher und
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umständlicher im Vortrage, oder aber auch kürzer und abstracter in demselben sind, als sie mit der Bildungsstufe ihrer Schüler seyn sollten. Beides führt zu großen Nachtheilen; in dem ersten Fall entwöhnen sich die Schüler aller Aufmerksamkeit und glauben ihre Zeit nicht gut anzuwenden; im andern aber verlieren sie das Zutrauen zu sich und fangen an, etwas zu erlernen, von dem sie keine klaren Begriffe haben. D e r Lehrer muß daher den Vortrag genau nach den Kenntnißen seiner Schüler einzurichten suchen, und hierauf eine ganz vorzügliche Aufmerksamkeit verwenden. §24. Ein lebhafter, natürlicher, sich dem Gespräch nähernder Vortrag ist am verständlichsten und erhält am besten die Aufmerksamkeit der Zuhörer. Die Lebhaftigkeit gehet sympathisch vom Lehrer auf die Zuhörer über. Aber der Lehrer kann sich diese Eigenschaften nicht geben, er muß indeß einen schläfrigen, eintönigen und declamatorischen Ton vermeiden. E r kann diesen durch sich selbst aufgegebene Fragen, durch vorläufige Ubersichten des ganzen Capitels, durch Abwechslung der historischen und wissenschaftlichen Darstellung, durch Unterredungen mit den besten Schülern, indem man durch eine Art Prüfung dazu Einleitung giebt, vermeiden. §25. B e y dem Vortrage der angewandten Wissenschaften, wo es oft auf 4 eine Reihe zusammenhängender Verhaltungsregeln oder auf in einander greifende Anordnungen ankömmt, macht man tabellarische Entwürfe. Man erleichtert dadurch die Ubersicht, kömmt dem Gedächtniß zur Hülfe und gewöhnt an Ordnung und logische Folge in der Darstellung. Zum Beispiel mag folgender tabellarischer Entwurf von den Anordnungen zur Sicherheit eines Postens dienen: A. Aeußere Anstalten a. Feldwachen b. Soutien der Feldwachen 1. ein dazu bestimmter Theil der Wache oder 2. ein Piquet oder 3. Cavalerie und reitende Artillerie (immer oder gegen Morgen in Bereitschaft) c. Patrouillen 1. kleinere von den Feldwachen 2. größere von den Hauptposten. d. Ausgestellte Bauern, Spione. 1
Statt „auch".
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Innere Bereitschaft a. Wenn der Feind auf einige 1000 Schritt oder wenn er auf V2 Stunde entfernt ist und den Posten umgehen kann. b. Wenn der Feind auf eine Stunde entfernt ist und den Posten nicht umgehen kann. c. Wenn der Feind über 2 Stunden entfernt ist. §26.
Man muß im Kriege sowohl vertheidigend, als angreifend, sowohl an der Spitze eines kleinen Detaschements und Postens, als der Armee, sich immer alle möglichen Fälle darstellen, um seine Maßregeln darnach zu nehmen. Dazu kann nun ein tabellarischer Entwurf ganz vorzüglich nützlich seyn. U m die Schüler an diese sehr zweckmäßige Methode der Darstellung der Lage, in der man sich befindet, bey Zeiten zu gewöhnen, legt man sie auch beim Unterricht, wo es nun die Materie erlaubt, zum Grunde. Ζ. B. bey der Bestimmung des Verhaltens eines Vorpostens. Ein Vorposten kann A. bey Tage und B. bey Nacht angegriffen werden. A. Der Feind zeigt sich a. in der Front b. in Flank c. in beiden zugleich. B. Der Feind, welcher sich in den obigen 3 Fällen zeigt, ist a. stark b. schwach c. er dringt durch d. er gehet zurück. C. Der Feind zeigt sich nicht, man hat aber Nachricht, daß [er] uns angreifen und überfallen will. D. Der Feind greift a. einen Nebenposten an und wirft b. ihn zurück. Wie verhält man sich in allen diesen Fällen 1. bey Tage und 2. bey Nacht? §27. In den Wissenschaften, wo man kein Lehrbuch zum Grunde gelegt hat, muß man doch ein klein Skelet der vorzutragenden Gegenstände den Schülern dictiren. Dies darf aber nur höchstens 5 bis 10 Minuten wegnehmen
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und nur den Umriß, die Folge und Ordnung der vorzutragenden Lehrgegenstände enthalten. §28.
Bei dem Unterricht notirt sich der Schüler die Maaßen, Namen und andere Gegenstände, welche der Lehrer zu dem Compendium (dies sey gedruckt oder dictirt) hinzusetzt, als auch alle tabellarischen Übersichten und arbeitet nachher zu Hause eine jede Lehrstunde weiter aus. Er führt nur darin auf, was er für sich nützlich hält, und läßt das weg, welches er nicht zu vergeßen befürchten darf. Jeden lten Lehrtag in einem neuen Monate revidirt der Lehrer diese Notizen. Er hat sie einige Tage vorher sich schon eingeben laßen. Hat sich ein Schüler sehr wenige Bemerkungen gemacht, so bemerkt es sich der Lehrer und sucht ihn nun besonders bey andern Gelegenheiten über die ausgelaßenen Punkte zu erforschen. Findet er, daß die Kenntnisse des Schülers nicht erlauben, dergleichen Notizen zu übergehen, so stellt er ihm dies allein vor. Durch die Ausarbeitung der Lehrstunden zwingt man den Schüler zum häuslichen Fleiß und giebt ihm Veranlaßung zum Nachdenken. Man muß daher auf diese Arbeit ein besonderes Augenmerk werfen. §29. Die Vorlesungen, Erklärungen und Demonstrationen des Lehrers und die Arbeiten der Schüler müssen beständig mit einander abwechseln. Das gewöhnliche Fragen ist die leichteste Methode des Examinirens der Lehrer. Es hat aber etwas unangenehmes und beleidigt die Delicatesse, wenn man nicht sehr vorsichtig dabey verfährt. Auf folgende Art kann man diesen Nachtheilen ausweichen. Der Lehrer versteht sich mit seinen Zuhörern dahin, daß er demjenigen, den er ansieht, eine Frage vorlegt, vorausgesetzt, daß er den Vortrag so gestellt hat, daß eine Frage leicht gegeben werden kann. Beantwortet der erste, den er ansiehet, nicht seine Frage, so siehet er einen andern an u.s.w. Hat z.B. der Lehrer die Vertheidigung einer Schanze vorgetragen, ist er die verschiedenen Arten, hinter der Brustwehr zu feuern, critisch durchgegangen, so kann er in einer der folgenden Stunden dies auf nachstehende Art repitiren: „Wir haben nur eine ganz einfache Methode, eine Brustwehr zu vertheidigen?" Hier siehet er ein[en] oder andern Schüler an, und dieser fährt nun fort: „Diese Methode bestehet darin, daß beide Glieder auf die Brustwehr treten, sobald der Feind sich auf 150 Schritt genähert hat, und dann wie im freien Felde feuern." - Jetzt greift der Lehrer ein: „Die Methode des Grafen von Sachsen läßt sich nicht ausführen," indem er einen andern Schüler ansiehet; dieser fährt fort, die Nachtheile dieser Methode anzuzeigen.
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Es macht hier nichts, wenn aus Versehen nicht gerade der antwortet, den man ansiehet, man sagt bald darauf: gut, ein ander. Auf gut schweigt der Antwortende, und ein andrer fährt nun da fort, w o der erste aufhörte. Zu Zeiten geschiehet auch diese Abwechslung von einer Seite des Auditoriums nach einer andern, um das Ganze beständig in gespannter Aufmerksamkeit zu erhalten. Hat man aber einmal diese Methode eingeführt, und verstehen sich Schüler und Lehrer, so hat sie sehr viel Interesse für die andern. Diejenigen, welche sich anfangs nicht getrauen zu antworten, kennt im Anfange nur der Lehrer. Die Ambition treibt sie aber bald an, sich auch einmal für ihre Cameraden hören zu laßen, und so gewinnt nach und nach die Wissenschaft Interesse und ein beständiger Wetteifer, sich in derselben auszuzeichnen, beseelt die Schüler. §30. Sowohl in der Art des Vortrages, als in der Methode, die Zuhörer zur Arbeit, zur Selbstthätigkeit zu reizen, ist die Abwechselung von sehr großem Nutzen, man kann daher in Absicht des letztern Punkts sich nachfolgende Mittel zur Erweckung und Erhaltung der Thätigkeit und Emulation bedienen. 1. Man läßt oft in den Vorlesungen einen Schüler vortreten und an der Tafel arbeiten, ein Exempel ausrechnen, einen Beweis führen u.s.w. Man beobachtet hierbey aber die Vorsicht, a) nur durchs Ansehen nach dem vorhergehenden § zu diesem Vortrage aufzufordern, und b. immer Aufgaben zu geben, die schon den vorhergehenden Lehrtag vorgetragen sind. Um in dieser Zeit die übrigen Schüler in Aufmerksamkeit zu erhalten, läßt man den Vortragenden, sobald er einen Fehler in der Ausrechnung der Demonstration macht, nicht weiter fortfahren, sondern frägt einen der übrigen nach der im vorigen § gegebenen Methode, ob ein Fehler gemacht, und worin er bestehe? 2. Ein andermal zeigt der Lehrer an, daß er einen Satz fehlerhaft vortragen wolle, und verlangt von den Schülern, daß sie ihm jeden Fehler bemerken. Damit nicht die Fähigem und Fleißigem dies allein thun, so setzt er fest, daß derjenige, welcher einmal den Fehler angezeigt, in dieser Stunde es nicht wieder thut. Zu Zeiten bestimmt er auch gewiße Schüler hierzu, bemerken diese aber einen gemachten Fehler, so frägt er [einen] andern, aber immer nach der Methode des vorigen §n. 3. Ist er erst etwas vorgerückt, so fordert er die Schüler auf, in der nächsten Lehrstunde ein ganzes Capitel im Zusammenhange vorzutragen. Finden sich hierzu mehrere Schüler, so läßt er von ihnen einen zum Vortrage und den andern giebt er auf, jeden Fehler, den dieser macht, anzuzeigen. Damit hierbey keine Unordnung entstehet, so läßt er den Vortragenden zu Zeiten sich ausruhen, und frägt nun die vorigen, worin er einen Fehler
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gemacht, wie der Beweis deutlicher und richtiger hätte geführt werden können u.s.w. Bey diesen Übungen hat der Lehrer Gelegenheit, den Schülern auf Genauigkeit im Vortrage und auf strenge mathematische Methode und Beweise r aufmerksam zu machen. §31. Ein ganz vorzügliches Mittel, die Schüler zum Wetteifer im Studiren zu reizen, bestehet noch in folgenden: Man giebt allen Anwesenden eine und dieselbe Aufgabe oder Beweis auf, und läßt jedem auf ein separirtes Blatt die Auflösung oder Demonstration schreiben und einreichen. Wenn dies gesche[he]n, s[o] zeigt mans nach der Folge der Einreichung die Namen derer an, welche die Auflösung richtig gemacht haben. U m die Einsicht der Schüler hierbey desto mehr zu prüfen, so zeichnet man die Figur zu dem etwa zu führenden Beweise in einer ander Lage, als sie im Lehrbuch sich befindet. Bey practischen Aufgaben stellt man das Ganze so, wie es gewöhnlich vorkömmt, ohne weitere Erleichterung zur Auflösung zu geben. §32. Zu Zeiten fordert man die Schüler auf, einen geometrischen Beweis oder eine Auflösung ohne eine aufgezeichnete Figur zu führen, um die Imagination und das Gedächtniß zugleich zu prüfen. Es ist sehr wichtig, besonders im 2ten und 3ten Jahre, von den besten Schülern oft synthetische Beweise an der Tafel, bloß zur Übung, den dem [sie!] Vortrage einer wichtigen und strengen Methode machen zu lassen. Man fordert hierzu die Schüler ein[en] nach dem andern, nach der im § 29 erwähnten Methode auf, ein und denselben Beweis zu führen, critisirt nun die Folge der Schlüsse, die Praecision der Darstellung u.s.w. Dabey sucht man das Vergnügen, welches die Folge richtiger Schlüsse und das Erforschen des Unbekannten mit sich führt, anzufachen und zu unterhalten. Nur dadurch wird die reine Mathematik erst recht nützlich. Kann der Lehrer mit ihr die Logik im 3ten Jahre verbinden, so wird dieser Unterricht noch nützlicher werden. §33. Bei dem Unterrichte in der Mathematik und den Kriegeswissenschaften ist die bildliche Darstellung eine Hauptsache und eine große Erleichterung. r
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Statt „Beweisen". Folgt „hecher".
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1) Man muß in dieser Rücksicht diejenigen Pläne, welche man oft braucht, auf Papp kleben lassen, sie seyen gestochen oder gezeichnet. In unserm Unterrichte würde man einige Plane von Bousmards Werke, 4 den Plan von der Verschanzung bei Kolberg und Bunzelwitz in dieser Absicht aufkleben lassen, man kann beide hier, ohne das Bousmardsche Werk zu kaufen, einzeln haben. Kann man es dahinbringen, eine Reihe von Zeichnungen für den ganzen Cursus auf Papp gezogen sich zu verschaffen, so ist dies eine große Erleichterung bei den Arbeiten der Schüler. Man giebt diese Zeichnungen den Schülern zwischen den Stunden mit nach Haus. In den Fall aber müssen sie mit Firnis überzogen seyn. 2. Ein der Absicht dieses Unterrichts angemeßenes Lehrbuch würde diese Zeichnungen zum Theil überflüßig machen und außerdem von sehr großen Nutzen seyn. Es fehlt uns aber noch. 3. In Ermangelung der oben erwähnten Hülfsmittel und in verschiedener anderer Rücksicht sind bei dem Unterrichte ein Paar sehr große schwarze Tafeln sehr unentbehrlich. Es ist von wesentlichen Nutzen, wenn sie in1 Vierecke, etwa von 4 Zoll groß, getheilt sind. Man läßt diese Vierecke durch rothe Striche bezeichnen. Einige Striche, etwa die geraden Nummern, würden merklich stärker als die übrigen gemacht. Beim Unterricht bemerkt man diese Striche, wenn es dunkel ist, durch Kreide; an den Seiten sind sie nummerirt. Auf so eingetheilte Tafeln läßt sich nicht allein eine jede Zeichnung besser und richtiger machen, sondern auch von dem Schüler genauer abtragen. §34. Methode, die von den Schülern gemachtefn] Aufsätze zu censiren und zu corrigiren. Jeder Entwurf wird dem Lehrer eingereicht und von ihm censirt. Außerdem würde die Ausarbeitung keinen Nutzen haben. Da aber wegen der Anzal der Schüler dies nicht füglich einzeln geschehen kann und einzeln der Schüler auch nur über seine eigenen Fehler Belehrung erhielte, so verfährt
' 4
Statt „im". Henri Jean-Baptiste de Bousmard: Essai general de fortification et d'attaque et defense des places, 4 Bände, Berlin und Paris 1 7 9 7 - 1 7 9 9 (deutsch: Allgemeiner Versuch über die Befestigungskunst und über den Angriff und die Verteidigung der Plätze, 2 Teile, Berlin 1800). Der Verfasser ( 1 7 4 9 - 1 8 0 7 ) war 1768 in das französische Ingenieurkorps eingetreten und wurde 1789 als adliger Repräsentant Mitglied der Nationalversammlung. 1792 wurde er in die Kapitulation von Verdun verwickelt, woraufhin er nach Wiesbaden auswanderte, um der Guillotine zu entgehen. N a c h der Übersendung des Manuskripts seines Hauptwerks an Friedrich Wilhelm II. wurde er als Major und Lehrer an der Ingenieurakademie in Potsdam angestellt. Bousmard wurde 1807 bei der Verteidigung von Danzig tödlich verwundet.
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der Lehrer auf folgende Art: Er lieset die ihn gegebenen Aufsätze durch und bemerkt sich alle gemachten Fehler. Nachher gehet er diese in einer besondern Stunde durch, ohne die Namen derer, welche sie gemacht haben, zu bemerken. Er zeigt den Unrechten Gesichtspunkt, welchen dieser oder jener Schüler beim Entwurf vor Augen gehabt hat; er bemerkt, wo hier die allgemeinen Regeln nicht recht angewandt sind u.s.w., um aber jeden Schüler zu zeigen, wie er hätte verfahren müssen, so dictirt er zuletzt eine selbst gemachte Ausarbeitung der von ihm gegebenen Aufgaben. Damit die Schüler sich alle mögliche Mühe geben, die Ausarbeitung gut zu machen, damit sie, wenn dieselben aufs Feld ziehen" die Gegend genau untersuchen, so zeigt der Lehrer die Namen derer an, 1) welche die Ausarbeitung sehr gut gemacht (und das Terrain sehr gut benutzt) haben, 2) welche sie im ganzen gut gemacht, aber im Einzelnen gefehlt haben, und 3) welche hin und wieder falsche Gesichtspunkte angenommen (nicht das Terrain genau genug benutzt), aber doch übrigens eine gute Ausarbeitung gemacht haben. Die übrigen, welche entweder sich keine Mühe gegeben oder welche nicht den Sinn der Aufgabe gefaßt haben, übergehet er ganz, beobachtet doch dabei die Delicatesse, daß er irgend eine Bemerkung hinzusetzt, welche eine Art Entschuldigung für dieses enthält, z.B. daß noch einige andere" Ausarbeitungen mehr oder weniger zu einer der 3 Classen gehörten, welche er aber diesmal überginge. Auch bei den kleinern Aufgaben, Antworten, Beweisen u.s.w., welche auf der Stelle aufgelöst werden, beobachtet der Lehrer die Methode, welche bei den größern vorgeschrieben ist. Er lieset die Namen derer vor, welche die Aufgabe gemacht oder die Antwort richtig gegeben haben, übergehet die übrigen mit w irgend einer Bemerkung, welche dahin deutet, daß in den meisten nur ein Versehen, ein Rechnungsfehler oder dergl. gemacht sey und daß keine Unwissenheit zum Grunde liege. Von allen diesen Ausarbeitungen, Aufgaben, Beantwortungen u.s.w. führt der Lehrer ein Verzeichniß, worin sich die Aufgabe und bei dem Namen eines jeden Schülers die Bemerkung, wie sie beantwortet ist, befindet. Die Arbeiten selbst dienen als Beleg dieser Listen und werden im Archiv aufbewahrt.
" " w
Statt „bezeihen". Statt „andern". Das Wort in der Vorlage
doppelt.
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Zweite Abtheilung, über die Methode des Unterrichts in den verschiedenen Wissenschaften. 1. Schönschreiben. §35. Bey dem Unterricht im Schönschreiben muß eine gestochene Vorschrift zum Grunde gelegt werden (die von Jäck" ist die beste unter den in Deutschland gestochenen, sie kostet aber auch 1 Dukaten). 5 N u r auf diese Weise kann man beständig in einem Lehrinstitut bey einer Hand bleiben, und dies ist sehr wichtig. 2. Orthographie, Styl. §36. Der Unterricht in der Orthographie und im Styl wird auf 2 Arten ertheilt: 1) dictirt der Lehrer den Schülern einen kurzen Brief oder militairischen Bericht und corrigirt die gemachten orthographischen Fehler nach § 34. 2) läßt er ihnen einen Brief oder militairischen Bericht aufsetzen, zu dem er den Inhalt angiebt, und corrigirt hernach sowohl die ortographieschen Fehler als die des Styls, § 34. Ein andermal dictirt er einen Brief oder einen Bericht, der voller Fehler, sowohl in Absicht der Orthographie als Wortfügung, als der Verworrenheit des Vortrags ist, und läßt nun denselben durch die Schüler corrigiren und censirt nachher diese Arbeit, § 34. Die Ausarbeitungen werden aber nicht immer im Hause der Schüler, sondern auch zu Zeiten im Lehrzimmer unter den Augen des Lehrers vorgenommen. Es kann bey diesem Unterricht kein Lehrbuch zum Grunde gelegt werden. Hayertz Handbuch zur richtigen Verfertigung der Briefe u.s.w. wird den Schüler aber doch in mancher Rücksicht bey seinen Ausarbeitungen und auch in der Folge nützlich seyn. Es kostet 1 rt. 12 gr. Dem Lehrer ist: Neue
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Statt „Jück". Karl J a c k : D e r Schreibmeister, o d e r A n w e i s u n g , wie ein jeder selbst seine K i n d e r lehren kann, s c h ö n u n d deutlich z u schreiben, 4 H e f t e , Berlin 1 7 9 2 - 1 8 0 1 . D i e H e f t e des Berliner K u p f e r s t e c h e r s , v o n denen jedes einzelne l 2 / 3 Taler kostete, illustrierten deutsche G e s c h ä f t s - , K a n z l e i - u n d Frakturschriften, d a z u u. a. englische u n d französische.
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Deutsche Sprachlehre von I. Heinsius 1801 6 ganz besonders zu empfehlen, kostet 1 rt. 16 ggr. U m den Unterricht im Schönschreiben mit dem in der Orthographie und im Styl zu verbinden, so werden bey dem ersten gute Beispiele von Briefen, militairischen Berichten und Rapporten abgeschrieben. Der Lehrer muß bey dem Corrigiren der orthographischen u.s.w. Fehler immer die Anzahl der gemachten Fehler einer jeden Lection von jedem Schüler bemerken, damit bey ihnen Aufmerksamkeit und Wetteifer erregt wird. Er muß auf die Gründe nur insoweit, als es die Begriffe der Schüler gestatten, zurückgehen. 3. Arithmetik und Geometrie. §37. In der Arithmetik und Geometrie muß man durchaus einen Leitfaden zum Grunde legen. Klügeis Anfangsgründe der Arithmetik, Geometrie und Trigonometrie 7 enthält das, was für den Unterricht unser Schüler im 2ten Capitel vorgeschrieben ist, und kostet nur 8 Groschen. In der Arithmetik ist es sehr wichtig, im Anfange das Zahlensystem recht deutlich zu entwickeln. Dieser Gegenstand ist in den meisten Lehrbüchern sehr unvollkommen abgehandelt. Der Lehrer kann sich hier verschiedener Hülfsmittel bedienen. Kästner über die Art, Kindern Arithmetik und Geometrie beizubringen, Braunschweigsche[s] Journal 1788 July, August und September. 8 Wenn man bis zu den Proportionen gekommen ist, übt man mitunter das Kopfrechnen. Der Lehrer zeigt zuerst, wie es geschiehet, und dann die Vortheile, welche man sich bey demselben bedienen kann. Darauf giebt er Exempel zum Ausrechnen auf. Wer zu erst ein aufgegebenes Exempel aufgelöset hat, beantwortet nun in der Stunde weiter keines, damit man auch die Fertigkeiten der übrigen bey den folgenden Exempeln erprobt.
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Gemeint ist wahrscheinlich die zweite Auflage von: Otto Friedrich Theodor Heinsius: Deutsche Sprachlehre, 3 Bde., Berlin 1795. Das Werk erschien 1835 in der fünften, die Kleine deutsche Sprachlehre, Berlin 1804,1834 in der 13. Auflage. Der Verfasser (17701849) lehrte an verschiedenen Gymnasien in Berlin, zuletzt als Rektor und Professor am Grauen Kloster. Georg Simon Klügel: Anfangsgründe der Arithmetik, Geometrie und Trigonometrie, nebst ihrer Anwendung auf practische Rechnungen, das Feldmessen und die Markscheidekunst, Berlin und Stettin 1782 (2. Auflage Berlin 1793, 6. Auflage 1819). Der Verfasser (1739-1812) unterrichtete als Professor der Mathematik seit 1766 an der Universität zu Helmstedt und seit 1788 an der zu Halle. Abraham Gotthelf Kästner: Ueber die Art, Kindern Arithmetik und Geometrie beizubringen, auf Veranlassung eines Schreibens des Hrn. v. Winterfeld, in: Braunschweigisches Journal, St. 5, S. 35, St. 7, S. 257f., St. 8, S. 385-390, St. 9, S. 1-6. Kästner und Winterfeld wurden bereits im ersten Band vorgestellt.
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Der Unterricht in der Ausrechnung muß beständig mit der Übung in der Anwendung abwechseln. Damit man aber auch erfährt, ob diejenigen, welche nie zur Beantwortung kommen, wirklich auch ihre Ausrechnung zu Stande bringen, so läßt man zu Zeiten die Exemple nach § 31 beantworten. Man gehet in jeder Lection von kleinen Exempeln zu größern und nimmt nie solche, welche viel Zeit wegnehmen. Man kann sich beim Unterricht im Kopfrechnen Biermanns Anleitung zum Rechnen im Kopfe, 1795, 16 Gr., 9 bedienen. 4. Geographie. §38. Caspari: Lehrbuch der Erdbeschreibung, zweiter Cursus. 10 1801, 1 rt., schickt sich zum Lehrbuch für den Unterricht, welcher in diesem Institut in der Geographie ertheilt wird, ganz vorzüglich. Da in der Geographie hier Statistik mit gelehrt wird, so muß der Lehrer beim Vortrage manches hinzusetzen. Meusels Lehrbuch der Statistik, 11 1 rt. 12 gr./ wird ihn dazu unter andern die erforderlichen Materialien liefern. In der Absicht des rechten Gebrauchs der Landcharten ist folgendes zu bemerken. Unter den Schulcharten zeichnen sich die Gussefeldschen12 und alle im Weimarschen Industrie-Contoir 13 und die in Nürnberg bey Schneider und Weigel herausgekommenen ganz vorzüglich aus; die Weymarschen kosten das Blatt 8 gr., die Schneider und Weigelschen aber das Blatt 10 bis 12 gr. 1) Man muß sich nicht damit begnügen, den Schülern die Signaturen der Landcharten zu erklären, man muß ihnen auch nachher aufgeben, sie ohne Hülfsmittel aufzuzeichnen, und sich diese Zeichnungen einreichen laßen. y 9
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Der Titel bis hier in der Vorlage eingeklammert. Georg Heinrich Biermann: Anleitung zum Rechnen im Kopfe ohne Gebrauch von Schreibmaterial, Hannover 1795. Die erste Auflage des bei Helwing verlegten Werkes war 1790 unter dem Titel „Anleitung zum Kopfrechnen, in Verbindung mit dem schriftlichen Rechnen" erschienen, eine dritte folgte 1812. Der Verfasser war Schreibund Rechenlehrer am Schulmeister-Seminarium in Hannover und wirkte auch als landschaftlicher Revisor. Adam Christian Gaspari: Lehrburch der Erdbeschreibung, I. und II. Cursus, Weimar 1792-1793. Der zweite Cursus wurde bis 1842 elf-, der erste sogar zwanzigmal neu aufgelegt. Gaspari (1752-1830) hatte sein Studium in Göttingen 1790 mit dem Magistergrad abgeschlossen und lehrte 1795-1803 in Jena, bevor er als Professor der Geographie und Statistik an die Universität Dorpat berufen wurde. 1810 wechselte er an die Universität Königsberg. Johann Georg Meusel: Lehrbuch der Statistik, Leipzig 1792; 1794, 1804 und 1817 folgten drei weitere Auflagen. Meusel lehrte seit 1779 als Hofrat und Professor der Geschichte an der Universität Erlangen. Also diejenigen des Kartographen und sachsen-weimarischen Forstrats Franz Ludwig Güssefeld (1744-1808). Bei diesem Verlag erschien auch das von Scharnhorst empfohlene Werk Gasparis.
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2) Man muß dem Schüler nach dem man ihm die Abweichung der Magnetnadel erklärt hat, die Char[t]en und die mit Magnetnadeln bezeichneten Situationsplane von der Gegend, in der man sich befindet, sowohl im Zimmer als im Freien orientiren laßen. Man läßt dies von denen thun, welche noch am meisten zurück sind. 3) U m versichert zu seyn, daß sich die Schüler mit den verschiedenen Maßstäben zu helfen wissen, so läßt man durch sie auf einer Charte, auf der nur ein Maaßstab von fremden Meilen, als z.B. (russischen) Versten oder (französischen) Lieues, 2 befindlich ist, die Weite zweier Oerter in preussischen Meilen bestimmen, d. i. man läßt von ein Paar der jüngsten Schüler die Weite in (russischen) Wersten oder (französischen) Lieues ausmessen, sagt den übrigen das Resultat und verlan[g]t nun die Verwandlung von Wersten oder Lieues in Preussische, in Geographische und andere Meilen. 4) Man muss bey der Erklärung der mathematischen Eintheilung des Erdbodens sich eines Globus bedienen und durch die Bewegung desselben um ein Licht die Jahres und Tageszeiten den Schülern erklären. Nur hierdurch bekommen sie richtige Begriffe vom Weltsystem und Geschmack an der mathematischen Geographie. Damit sie aber die mathematische Eintheilung des Bodens sich recht zu eigen machen, so lässt man die Grade der Länge in den verschiedenen Graden der Breiten berechnen. Ferner lässt man zu einer Charte, welche bloss mit einer Gradeintheilung versehen ist, einen Maassstab machen u.s.w. 5) Diejenigen geographischen Benennungen und Maasse," welche jeder wissen muss, lässt man denab Schüler aufschreiben, damit er sein Gedächtniss nicht mit Dingen beschwert, welche er entbehren kann. Die Benennungen bestehen in folgenden Kunstwörtern: Aequator, Erdachse, Durchmesser der Erde, Meridian, Polhöhe, ac Grade der geographischen Breite ad und Länge, Wendecirkel, Polarwinkel; die Maasse sind Grösse des Durchmessers der Erde, der Umfang des Aequators oder der Breite, die Anzahl der geographischen und Preussischen Meilen in Rheinländischen Füssen oder in ordinairen Schritten. § 39. Um den Schülern richtige Begriffe von der Lage und der Grösse der Länder zu geben, zeichnet man Europa nach einem Quarree-Netz, von welchen jedes einzelne Viereck 100 Meilen zur Seite hat, im Ganzen auf die Tafel und lässt die Schüler nach einem ähnlichen Netze auf dem
Statt „ Lievers bei den nächsten beiden Verwendungen statt „ Lieves "" Statt „ Maassen ", ebenso bei der folgenden Verwendung. ah Statt „dem". "c Statt „Polhöfe". ad Statt „Brücke". *e Statt „dieser". z
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Papiere es abzeichnen. Dies muss in einer Stunde geschehen, und nur die Hauptstaaten und grössten Länder werden im Umriss hineingezeichnet, als: Deutschland, Frankreich, Russland, Italien, Ungarn, die Türkei, Spanien, Portugal, Schweden, Dänemark, England, die Schweiz und die Vereinigten Niederlande. 14 Ihre Grösse in Quadratmeilen und ihre Volksmenge wird auf den Rand geschrieben. Man lässt darauf in der nächsten Stunde von jedem Schüler ohne alle Hülfsmittel aus dem Gedächtniss eine solche Charte entwerfen und in dieser Absicht ein Netz mitbringen. Man siehet nachher bey der Ausführung darauf, dass die Einzeichnung ohne alle Hülfsmittel geschiehet. Sobald die Zeichnung eingereicht, lässt man mehrere Schüler, ein[en] nach dem andern, nach § 29 aufgefordert, vor die Tafel treten und in ein hier gemachtes Netz den Entwurf noch einmal einzeichnen. Ein jeder zeichnet nur einen kleinen Theil, und der Folgende setzt das fort, was der Vorhergehende angefangen hat. Irrt einer sich sehr, so lässt man von einem andern § 30 den Irrtum verbessern. Ohne diese" Prüfung an der Tafel würden die Schüler sich heimlicher Mittel bedienen, und alsdann würde der Zweck des Unterrichts verfehlt. Dieser bestehet in folgendem: 1. durch denselben die Einbildungskraft in Verbindung mit dem Gedächtnis zu üben, 2. eine richtige Idee von der Lage und der Grösse der Länder dem Schüler zu imprimiren. In einer 3. Stunde lässt man in den ersten Entwurf die grössten Flüsse und Gebirgsketten einzeichnen, und einige der grössten Städte. Man darf hier nicht zu weit gehen; in Deutschland, w o ein grösseres Detail noch am zweckmässigsten seyn möchte, dürffen nur von den Flüssen die Oder, Elbe, Weser, der Rhein und Donau, und von den Städten Wien, Berlin, Hamburg, Bremen und Frankfurt, von den Gebirgen das Riesengebirge, der Schwarzwald, der Harz und das Erzgebirge bemerkt werden, aber immer ohne Namen. In der 4. Stunde werden diese neuen Gegenstände in die in der 3. Stunde aus der Imagination aufgezeichnete Länder Charte ohne alle Hülfsmittel eingetragen; zugleich wird der Entwurf an der Tafel auf die oben beschriebene Art weiter ausgeführt. Specieller führt man diese Arbeit mit Niedersachsen, Westphalen, Preussen, Schlesien, Böhmen und Obersachsen aus. Man macht hier aber nur die Netze in den Quarre 10 Meilen gross. Man muss hierbey den Schülern bemerken, dass das Netz ihnen nur dazu dient, die Länge und Breite ganzer Länder zu bestimmen, dass " Statt „dieser". 14
Die letzten beiden Staaten hießen zur Zeit der Niederschrift offiziell Helvetische bzw. Batavische Republik.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) sie es sich nicht weiter bedienen dürfen, damit sie nicht ihr Gedächtniss mit Dingen beschweren, welche ihnen entbehrlich sind. Es ist sehr angenehm, eine Idee im Allgemeinen von der Grösse und Volksmenge der Staaten zu haben. Man darf aber dergleichen nicht dem Gedächtnisse aufdringen. Es muss auf eine nützlichere A r t beschäftigt werden. U m dennoch seinen Zweck einigermassen zu erreichen, so classificirt man die Staaten auf folgende Art: zur 1. Klasse über 5.000 Q.M. und über 8 Mill. Menschen gehören: Russland Frankreich Türkei Oesterreich Spanien Preussen Grossbrittanien (Sicilien) 15 zur 2. Klasse, über 1000 Q.M. und über 2 Mill. Menschen gehören: Sicilien Schweden Dänemark 16 Portugal Pfalzbayern 1 7 zur 3. Classe, über 500 Q.M. und über 1 Mill. Menschen, gehören: die Schweiz Sachsen Batawische Republik Hannover der Kirchenstaat. 18
15
16 17
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Das Königreich beider Sizilien umfaßte seit dem Ende der Parthenopäischen Republik im Juni 1799 wieder das Königreich Sizilien im engeren Sinne und das festländische Königreich Neapel. Nachdem der Hafen von Neapel während des 3. Koalitionskrieges einer britisch-russischen Flotte geöffnet worden war, wurde das Königreich Neapel Anfang 1806 von französischen Truppen besetzt und dort Napoleons Bruder Joseph als neuer König eingesetzt. Einschließlich Norwegen. So genannt, weil in Bayern seit dem Bayrischen Erbfolgekrieg die kurpfälzische Linie der Wittelsbacher und seit deren Aussterben 1799 Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken regierte. Die 1798 unter dem Schutz französischer Truppen proklamierte Römische Republik war im 2. Koalitionskrieg von neapolitanischen Truppen erobert und dem neuen Papst Pius VII. übergeben worden. Dieser sicherte sich die Souveränität im Kirchenstaat durch das am 15. Juli 1801 mit Napoleon Bonaparte abgeschlossene Konkordat.
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5. Logik. § 40 Der Unterricht in der Logik besteht hier weniger in abstracten Erklärungen und Sätzen und in einer weitläuftigen Terminologie, als Beispielen von der Anwendung derjenigen logischen Kunstausdrücke, welche im gemeinen Leben und in Aufsätzen aller Art vorzukommen pflegen und oft unrecht gebraucht werden. Die Regeln, welche man beobachten muss, wenn man eine deutliche Definition geben, einen richtigen Schluss machen will u. s. w. werden zwar gelehrt, aber die Hauptsache bey diesem Unterricht bestehet darin, dass man dem Schüler eine Menge oft vorkommender Erklärungen und Sch[l]üsse vorleget, in welchen diese Regeln nicht beobachtet, und ihm zeigt, wodurch die Fehler entstanden sind und wie man ähnliche vermeidet. Ein ander wichtiger Unterricht bestehet in den Wahrscheinlichkeitsberechnungen und in den Erläuterungen der Irrthümer. in welche man sehr leicht fallen kann, wenn man aus der Erfahrung Schlüsse ziehen will. Ferner werden in dieser Stunde die logische Anordnung und Einrichtung eines guten Aufsatzes durchgegangen. Nachher nimmt man fehlerhafte, d. i. solche, welchen es an richtigen Schlüssen und Genauigkeit einer richtigen Erklärung u. s. w. fehlt, und zeigt nun, wie nach einer logischen Anordnung die Gedanken entwickelt und die Resultate dargestellt werden können. Übung in tabellarischen Dispositionen von Aufsätzen und Ausarbeitungen, Untersuchung der gut und fehlerhaft eingetheilten Aufsätze ist für jeden, besonders aber für den militairischen Schüler, von practischem Nutzen in allen seinen Geschäften und Ausrichtungen.
6.af Kriegeswissenschaften· § 4 1 . Uber die Methode des Unterrichts in den Kriegeswissenschaften ist schon Verschiedenes im 8., 15. und 16. § enthalten. Ein Haupt-Erforderniss dieses Unterrichts ist, wie schon erwähnt, der historische Vortrag. Dieser macht dem Lehrer und Schüler die Arbeit angenehm und hat noch andere schon § 5 erwähnte Vortheile. Ein der Absicht des Unterrichts und den Kenntnissen der hier vorausgesetzten Schüler angemessenes Lehrbuch fehlt uns hier gänzlich. Die meisten Notizen für die Schüler findet man noch einigermassen in Scharnhorsts Taschenbuch für Officiere zum Gebrauch im Felde. Der Lehrer muss sich anderer Werke bedieΊ
Statt
„b."
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nen; in mehr als einer Rücksicht sind ihn 1. (Stanfords) Entwurf einer Anweisung, dem Kavalleristen in Friedenszeiten den ganzen Kriegsdienst zu lehren (1794)19 2. La Fosches in Erfahrung gegründete Gedanken vom Gebrauch der Mannschaft bey Angriff und Vertheidigung kleiner Posten, aus dem Französischen von Krebs (1790)20 vorzüglich zu empfehlen. § 42. Um Begriffe von einer Festungs-Manier und der mechanischen Vertheidigung derselben zu geben, zeigt man dem Schüler beim ersten Unterricht die Verzeichnung der Haupt-Linien der Vaubanschen ersten Manier an der Tafel und lässt diese nach einem gewissen Maasstabe zu Haus auftragen und die Erklärung der Linien dabei schreiben. In der Folge erklärt man bey dem Unterricht in der Fortification dem Schüler eine wirklich verbaute Festung. Man gehet hier nicht bloss die Lage der Linien und Werke und ihre Bestimmung durch, sondern auch die Art, wie das Terrain, das Wasser u.s.w. benutzt, ist. Menin kann hier zum Beispiele dienen. Man sehe Belidors Hydraulik.21 Damit man aber auch überzeugt ist, dass die Schüler die Grundsätze des Systems der Bastions-Befestigung inn haben, so giebt man ihnen ein gewisses Terrain an der Tafel, in welchem die vornehmsten Entfernungen bestimmt sind, und lässt nun darin die Hauptlinien eines Polygons nach dem Terrain verzeichnen. Jetzt siehet man, ob noch wieder die ersten Grundsätze gefehlt wird, ob der Winkel, den die Flanke und Defens-Linie macht, viel von einem rechten abweicht, und ob diese Linie nach dem kleinen Gewehrschuss bestimmt ist. 19
20
21
Heinrich Wilhelm von Stamford: Entwurf einer Anweisung, den Cavaleristen in Friedenszeiten den ganzen Feld-Dienst zu lehren, Berlin 1794. Erstausgabe: Charles-Louis-Frangois Fosse: Idees d'un militaire pour la disposition des troupes confiees aux jeunes officiers pour la defense et l'attaque des petites postes et precis pour servir ä «presenter des plans militaires, Paris 1783. Fosse (1734-1812) hatte im Regiment du Roi den Siebenjährigen Krieg mitgemacht, war 1766 zum Unterleutnant befördert worden und leitete seit 1769 die Regimentsschule für junge Offiziere. 1793 wurde er zum Oberstleutnant seines nunmehr zum 105. Linieninfanterieregiment umbenannten Regiments befördert, doch wurde er im März 1794 aus gesundheitlichen Gründen pensioniert. Aus seiner Lehrtätigkeit stammt auch das Geometriewerk: Instruction militaire ou partie de la science de l'officier, ä l'usage du regiment d'infanterie du Roi, Nancy 1773 (Neuauflage 1810 unter dem Titel „Cours pratique militaire"). Scharnhorst hatte die „Idees" schon 1785 in der „Bibliothek für Offiziere" vorgestellt, bevor der aus dem ersten Band bekannte dänische Major Heinrich Johann von Krebs sie vollständig übersetzte (Kopenhagen und Leipzig 1790). Mutmaßlich: Bernard Foret de Belidor: Architecture hydraulique, 1737-1739, oder sein früheres Werk: Sommaire d'un Cours d'Architecture militaire et hydraulique, Paris 1720.
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Um richtige Begriffe von der Einrichtung des Profils einer Festung zu geben, muss man einen Theil des Walls mit dem Graben (von etwa 1 Fuss Länge) in Holz ausschneiden lassen. Dieses kleine Modell wird von den Schülern abgezeichnet. Man zeichnet in dieser Absicht die Linien an der Tafel, schreibt die Grösse in Füssen darauf und lässt das Profil zu Hause nach einem gewissen Maasstab aufzeichnen. Nichts ist wichtiger als die Hauptregeln von der Einrichtung eines Profils und der Lage der Linien aus der Natur der Sache herzuleiten; nur dann werden sie nie vergessen. Behält man Zeit übrig, noch weiter zu gehen, so lege man den Schülern eine andere berühmte Festung vor und erkläre ihm die Einrichtung derselben, z.B. Bergen op Zoom, welches auch*6 den Vortheil gewährt, dass man bey ihr die Anlegung der Minen Gallerien erklären kann. (Eggers Tage-Verzeichniss der Belagerung von Bergen op Zoom 1750).22 Den Beschluss der Fortification macht eine Aufgabe von der Beschreibung einer Festung, man wählt hierzu eine der erklärten, z.B. Menin.ah Man giebt zur Erleichterung der Arbeit die tabellarische Disposition der ganzen Arbeit und beschreibt ein paar Werke selbst. Man bestimmt ferner die Grösse der Beschreibung nach Bogen, censirt und corrigirt die Eingaben, wie es im § 34 angezeigt ist. § 43. In der Verschanzungskunst wird § 16 Nr. 3 befolgt. Man erklärt hier dem Schüler, nachdem er das Profil einer Schanze kennt, zuerst den Zusammenhang der Verschan[z]ungen bey Kolberg, gehet darauf die einzelnen Schanzen derselben, nemlich die am Meer, die grüne und endlich die bey Spie (Nr. 19, 28 und 36 in Tempelhofs und Tielks Planen) durch, zeigt ihre Einrichtung und erklärt dann das Detail der Einrichtung einzelner Schanzen im Allgemeinen.23 Nun gehet man zum Angriff und der Vertheidigung über. Zuerst erzählt man die Angriffe und die Vertheidigung der 3 oben erwähnten Schanzen. Dann geht man ins Detail dieses Gegenstandes und entwickelt die allgemeinen Regeln. Statt „Art". "h Statt „Menie". 21 Jakob von Eggers: Journal du siege de Bergopzoom, Leipzig 1750. D e r Verfasser, General Freiherr von Eggers (1704-1773), diente in den schwedischen, französischen, polnischen und sächsischen Armeen und wohnte 1747 als Volontär der Belagerung von Bergen op Z o o m bei. Er unterrichtete später die sächsischen Prinzen in den Kriegeswissenschaften und verfaßte: Neues Kriegs-, Ingenieur-, Artillerie-, See- und FlottenLexikon, 2 Bde., Dresden 1757. 23 Vgl. hierzu auch Scharnhorst, Taschenbuch, S. 347ff. und Plan II, N o . I. D i e grüne Schanze war ein vorgeschobenes Werk an der Südfront der Verschanzung, die von Spie befand sich südwestlich von Kolberg am Ubergang über den Spiebach.
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Nachher giebt man Aufgaben über die Entwerfung der Profile, mit der Angabe der Hindernisse des Zugangs u.s.w. Man gehet nun zum Detail des Entwurf einer ganzen Verschanzung und erzählt den Schülern die Einrichtung der be[y] Kolberg und Bunzelwitz so umständlich als möglich. Auf die Anordnung zur Vertheidigung der Verschanzung be[y] Colberg folgt die bey Bunzelwitz (Tempelhof's Geschichte des /jährigen Krieges, 5. Theil). Die Disposition des Generals Laudon31 zum Angriff der letztern giebt dem Schüler einen Begriff von Unternehmungen der Art. (Tielks Beiträge zur Kriegeskunst und Geschichte 3. Stück). Man verbindet hiermit den Angriff der Verschanzung bey Burkersdorf 1762 und gehet bey dieser Gelegenheit von neuen ins Detail der Einrichtung des Angriffs und der Vertheidigung einzelner Schanzen. Man findet im 3. Bande der Berlinschen militärischen Monatsschrift, Über den Angriff bey Burkersdorf, die erforderlichen Nachrichten und Zeichnungen. Hat der Schüler Ideen von dem Gebrauch der Schanzen, so kommt es nunmehr darauf an, auch diese aufs Feld anwenden zu können. Man giebt ihm daher jetzt auf, einen Posten in der umliegenden Gegend zu befestigen, nach dem man die Lage des Ganzen und die Besetzung desselben bestimmt hat. Man lässt ihn die Punkte, wo die Schanzen liegen sollen, ihre Grösse, ihr Profil und die Hindernisse des Zugangs, welche man vor denselben3' anbringt, einem gewissen Masstab gemäss aufzeichnen. Ein andermal giebt man ihm auf, einen Entwurf, bey dem diese Zeichnung nur in Umrisse bestehet, zu machen, als z.B. zu einer Brücken-Schanze oder zu einer Schanze, welche gegen den Übergang des Feindes über einen Fluss bestimmt ist, zu einer Schanze, welche zu Behauptung eines wichtigen Punkts nahe vor einer Festung angelegt wird u.s.w. Eine den Schülern aufgegebene Beschreibung der Kolberger Verschanzung dient zur Repitition und zur Übung in der Darstellung der Gedanken. Der Lehrer zeigt aber vorher, wie sie diesen Auftrag ausführen, d. i. er giebt die Beschreibung mündlich, nachdem er die Disposition dazu an der Tafel entworfen hat. Die Eingabe[n] censirt er demnächst nach § 34. § 44. Der Unterricht in der Vertheidigung und dem Angriff der Festungen theilt sich in 2 Theile, 1. in den,ak welcher keine förmliche Belagerung
" Statt „ Baudon "> Statt „derselben". "k Statt „ dem ebenso bei Punkt 2.
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zum Gegenstande hat, und 2. in den, bey welchen dies der Fall ist. Bey dem erstem geschiehet der Unterricht auf folgende Art: 1. erzählt man den Schülern den Uberfall einer Festung oder eines verschanzten Orts, Glatz, 24 Cremona (?),al Zierenberg, Marschienne.am 2. Hierauf erzählt man ein Beispiel von einem gewaltsamen Angriffe, mit dem oft ein Überfall verbunden ist; Schweidnitz durch Laudon. 25 Tilke Beiträge, 4. Stück. 3. Jetzt giebt man die allgemeinen Regeln, wie man sich gegen einen Uberfall sichert und gegen einen gewaltsamen Angriff vertheidigt. Über einen der beiden ersten Punkte giebt man den Schülern eine Arbeit auf, etwa die Beschreibung des gewaltsamen Angriffes von Schweidnitz, über den letzten Punkt legt man ihnen in den folgenden Stunde[n] einige Fragen schriftlich vor, die sie sogleich beantworten müssen. § 31 und 34. § 45. Der Unterricht in dem förmlichen Angriff und der Vertheidigung der Festung[en] wird auf nachstehende Art gegeben: Man nimmt eine Anweisung über den förmlichen Angriff auf ein regulaires Werk ohne Rücksicht des Terrains, in dem die Zeichnungen nach einem grossen Maassstabe gemacht sind, z.B. die von Bousmard, und stellt sie auf der Tafel so deutlich als möglich dar. Auf einer andern Tafel nebenüber stellt man den Angriff einer wirklich geführten förmlichen Belagerung, ζ. B. die von Schweidnitz 176226 (aus Tempelhofs 6. Theil der Geschichte des 7jährigen Krieges) oder die von Bergen op Zoom 1747 aus Eggers angeführten Tagebuche oder [die] von Valenciennes (nach Unterbergers Tagebuch der Belagerung von Valenciennes)27 vor und erzählt die wirkliche Ausführung und vergleicht sie mit den oben erwähnten Entwurf des Angriffs gegen eine regulaire Festung. U m die Übersicht zu erleichtern, giebt man erst eine allgemeine Idee von einer Belagerung, von der Bestimmung der Parallelen und den verschiedenen Batterien, und vergleicht immer das angeführte Beispiel mit dem Entwurf. Dann erklärt man diean, zeigt den Anfang derselben in der wirklich geführten Belagerung und in den entworfenen an. Hierzu können die Plane des Bousmardschen Werks vorzüglich dienen. Hat Anscheinend eine Anmerkung des Transkribenten. Möglicherweise stand in Rehses Vorlage schwer leserlich „ Crevecoeur"? "m Statt „ Marschienen". Gemeint ist mutmaßlich das Gefecht am 30. Oktober 1793. "" In der Vorlage folgt hier eine bei der Transkription gelassene Lücke. 24 Die Zitadelle wurde 1760 durch ein österreichisches Heer unter Feldzeugmeister Harsch in einem Uberfall genommen, woraufhin die Festung am 26. Juli kapitulierte. 25 In der Nacht zum 1. Oktober 1761. Vgl. auch Scharnhorsts Vortrag dazu im vierten Band. 26 7. August bis 9. Oktober 1762, preußischerseits befehligt von General Bogislaw Friedrich von Tauentzien. Vgl. hierzu auch Nr. 113-116. 27 Vgl. Nr. 1, Anm. 76.
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der Schüler nun eine Übersicht im Grossen, so schreitet man zum Detail der ausgeführten Belagerung, vergleicht aber noch immer mit dem, was bey dieser vorgekommen ist, die allgemeine Vorschrift. Damit der Schüler hier alle nur mögliche Aufmerksamkeit anwendet, so lässt man ihn von der wirklichen Belagerung eine kurze Beschreibung aufsetzen, und verfährt hiermit in Absicht der Censur und Correction nach § 34. Man gehet nach Vollendung des Angriffs die allgemeinen Regeln der Vertheidigung noch einmal durch; man vergleicht sie mit dem, was in wirklich geführten Belagerungen geschehen ist, und beschließt das Ganze mit einigen Fragen, die schriftlich beantwortet werden, § 31 und 34. § 46. Der Unterricht in der Tactik setzt mit Recht die ersten ElementarKenntnisse voraus. Er beschäftigt sich mit mathematischen Untersuchungen, der Lehre des Frontmarsches, des Abmarsches, des Aufmarsches und Deployirens, der Frontveränderungen, der Directionsänderungen in der Colonne u.s.w. Man giebt nachher den Schülern Aufgaben, die er auf der Stelle auflöst, §31 und 34. Ein Haupttheil der angewandten Taktik für die Schüler bestehet in der Erklärung des Fechtens, 1. der einzelnen Waffen und 2. der zusammengesetzten. Dieser Unterricht betrifft hier vorzüglich nur kleine Detachements von 25 bis zu einigen 100 Man. Man wird sich beim Unterricht in der Taktik Tempelhofs Geometrie für Soldaten und die es nicht sind, 28 und beim Mangel zweckmässigerer Materialien auch Scharnhorsts 3. Theil des Handbuchs für Officier 29 bedienen können, das erstere bloss für den Lehrer, das letztere für den Schüler.
7. Unterricht auf dem Felde. § 47. Unterricht auf dem Felde in der Beurtheilung der Distanzen. Man übt die Schüler vorzüglich in der Beurtheilung a) der Schussweite des kleinen Gewehrs, 300 Schritt, b) der wirksamen Cartätschschusseite, 600 Schritt, c) der wirksamen Canonschussweite, 1500 Schritt. 28 29
Berlin 1790. Handbuch für Offiziere in den anwendbaren Theilen der Krieges-Wissenschaften. Dritter Theil von der Tactik, worin von den Waffen, der Stellung und den Bewegungen der Cavalerie und Infanterie, von dem Verhalten derselben in Actionen etc. gehandelt wird, von G. Scharnhorst, Lieutenant im Königl. und Churfürstl. Artillerie-Regiment und Lehrer an der Militairschule zu Hannover, Hannover 1790, zit. Scharnhorst, Handbuch für Offiziere.
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Man stellt auf diese 3 verschiedene Distanzen 2 Soldaten und bemerkt nun den Schülern die Unterscheidungs-Zeichen, welche sich hier noch wahrnehmen lasse[n], auf 300 Schritt das Gesicht, auf 600 Schritt den Kopf, auf 1500 Schritt den einzelnen Mann, wenn er nicht in Reih und Gliedern steht. Diese Distanzen nimt man zum Maasstabe aller übrigen an. U m die Kennzeichen" 0 derselben aber desto besser den Schülern zu imprimiren, so stelle man 2 Soldaten auf 1500 Schritt und 2 andere auf einige 100 Schritt näher, noch 2 andere aber einige 100 Schritt weiter aus und zeigt nun den Unterschied der Deutlichkeit, in welcher man die Mannschaft auf 1500 in Vergleich der näheren oder entferntem siehet. Eben so macht man es mit der Distanz von 600 und von 300 Schritt. Haben hierdurch die Schüler eine Idee von den Unterscheidungszeichen dieser 3 Distanzen, so übt man sie hernach auf eine Weise, welche ihre Aufmerksamkeit reitzt und ihren Wetteifer erregt. Man stellt 2 Mann auf eine der 3 bestimmten Distanzen und dann 2 Mann einige 100 Schritt näher oder entfernter aus und giebt nunap den Schülern auf, die Distanz zu schätzen und die Schätzung auf ein Blättchen Papier zu schreiben und dem Lehrer einzureichen. Ist dies geschehen, so macht derselbe die Schätzung eines jeden bekannt und zeigt nachher die wahre an. In der Folge wiederholt man diese Ausstellung und Beurtheilung auf sehr verschiedene Distanzen, wobei man aber beobachtet, dass immer 2 Mann auf einer der 3 Haupt-Distanzen stehen. Man kann zu der ausgestellten Mannschaft zur Vermeidung111 der Kosten einige Schüler sich bedienen; die Distanzen müssen aber durch tief in die Erde geschlagene, mit Nummern versehene Pfähle schon vorher bezeichnet werden, damit der Lehrer nur der ausgestellten Mannschaft die Nummern zu bestimmen braucht, auf die sie sich stellen sollen. Sie schreiben sich die Folge auf und zur Veränderung des Standorts giebt er ihnen ein Signal mit einer Flagge. Neben der Beurtheilung der Entfernung der ausgestellten Mannschaft übt man die Schüler noch in der Beurtheilung der Entfernung natürlicher und anderer Gegenstände auf die angezeigte Art. Der Lehrer muss ihre Entfernung vorher wissen oder eine genaue Carte der Gegend haben.
"" Statt „ Kennszeichen *p Statt „nur". "1 Statt „Verzeidung".
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§ 48. Übung auf dem Felde in der Anordnung und Ausstellung der Feldwachen und Vorposten. Um diese Übung auf eine recht deutliche und zu den Begriffen der Schüler sich herablassende Art zu geben, nimmt man ein Lager für eine Armee in der Gegend, in der man sich befindet, an und zeigt 1. dem Schüler die Stellung, welche die Armee nimt, wenn der Feind sich ihr nähert, um sie anzugreifen, 2. die Feldwachen, welche sie aussetzt und 3. die Vorposten, welche von denselben noch weiter nach den Feinde zu sich befinden, und 4. den Ort, wo die Unterstützung der Vorposten sich lagert und beim Angriff des Feindes stellt. Man nimt hier 2 Fälle an: 1. setzt man voraus, dass der Feind noch einige Tage-Märsche weg, 2. dass er nur einen entfernt sey. Hat man den Schülern die gegenseitigen Stellungen beider Armeen nebst ihren Sicherheits-Anordnungen, d. i. Vorposten und Feldwachen im Ganzen bekannt gemacht, so schreitet man zum Detail einer der Feldwachen und Vorposten. Man zeigt hier, wohin man jede Schildwache und Vedette aussetzt, wo man die Wache placirt u.s.w. Man bestimmt die Dispositionen des Verhaltens auf verschiedene Fälle. Man giebt die Instructionen] den supponirten Schildwachen oder Vedetten und gehet auf diese Weise alles durch, was nur den Befehlshaber einer Feldwache bei Tage und Nacht vorkommen kann. Ist diese Instruction auf dem Felde ertheilt, so nimt man nunmehr in einer der folgenden Stunden zu Haus einen Aufsatz, welcher die allgemeinen Regeln der Ausstellung der Feldwachen und ihres Verhaltens enthält, vor und gehet diesen in Rücksicht der ausgestellten durch, um zu zeigen, wie die allgemeinen Regeln angewendet werden. Erst jetzt giebt man den Schülern auf, einen Entwurf von der Ausstellung einer Feldwache und der Instruction des Verhaltens derselben an einem andern Orte der bestimmten Vorposten Chaine zu machen. Man nimt einen solchen, welcher mit den gegebenen Beispiele Aehnlichkeit hat. Man bestimmt die Stärke der Wache, die Grösse des Entwurfs und allenfalls auch die äussere Form desselben in einem Umrisse. Ist erst eine Aufgabe gemacht, haben sich Lehrer und Schüler einverstanden, so giebt man eine 2. Aufgabe u.s.w.; man schreitet hier vom Leichtern zum Schwerern. Man nimt anfangs eine Truppen-Art und sehr kleine Posten, hernach mehrere Truppen-Arten und gefährlichere Posten. Hier wird sich die Fähigkeit des Schülers bald zeigen. Die geschickte Benutzung des Terrains bei den verschiedenen Truppen-Gattungen geben ihm Gelegenheit, seine Beurtheilungs- und Erfindungs-Kraft in vortheilhaften Zusammensetzungen an den Tag zu legen. Alle Ausarbeitungen werden nach § 34 beurtheilt.
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§ 49. Unterricht in der Führung der Patrouillen auf den Felde. Bei dem Unterricht von den Patrouillen verfährt man auf eben die Weise, wie bei den von den Feldwachen. Man behält hier die Lage beider gegenseitigen Armeen, zeigt nun auf dem Felde die Führung einer Patrouille und lässt dann die Schüler Entwürfe von der Führung und den Verhalten derselben in andern Gegenden unter ähnlichen Umständen machen. Man unterscheidet die verschiedenen Arten von Patrouillen und gehet auch hier erst von dem Leichtern zu dem Schwerern, vom Einfachen zu dem Zusammengesetzten über. Die Beurtheilung geschiehet nach § 34. § 50. Unterricht in der Anordnung der grössern Posten. Bei dem Unterrichte in der Disposition der Vorposten, der grössern der Posten u.s.w. gehet man so wie bei dem Unterrichte der Ausstellung und Instruction des Verhaltens der Feldwachen zu Werke und auch ihre Beurtheilung geschiehet nach § 34. § 51. Begriffe von den Operationen ganzer Corps oder Armeen denar Schülern auf dem Felde zu ertheilen. Dieser Unterricht wird nur für die Officiere, welche schon die vorgeschriebenen Wissenschaften durchgemacht haben, ertheilt. Er ist bloss historisch und die Schüler haben hierbei nichts zu thun, als dass sie die Dispositionen, welche der Lehrer giebt, sich bekannt machen. Ein sehr gutes Beispiel eines solchen Unterrichts findet sich im 5. Bande der Berlinschen Monatsschrift unter dem Titel: Entwicklung einiger Operationen, die bei einer Armee im Felde" vorkommen. Sie ist von dem Obersten von Phul. Die in § 48 angegebene Stellung gegenseitiger Armeen giebt dem Schüler schon einen Begriff von den Positionen der Armeen und ihren Sicherheits-Anordnungen in einem Lager. Jetzt macht der Lehrer nur noch Entwürfe zu einer Fouragirung u. einem Marsche rück-, vor- und seitwärts. Er findet eine sehr gute Anleitung über die Marsch-Dispositionen in dem 4. Bande der Berlinschen Monatsschrift unter der Überschrift: Uber die Märsche. Er giebt dem Schüler einen Begriff von der Erhaltung dieser Armeen mit Lebensmitteln; er bestimmt hierbei den Ort, wo sie ihre Bäckereyen, ihre Lazarethe, die schwere Bagage u.s.w. haben können. "r Statt „ der". " Das Wort in der Vorlage versehentlich doppelt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Wenn es die Gegend zulässt, so zeigt er ein Beispiel der Anordnung der Verteidigung eines Flusses und des Ueberganges desselben. Alle diese Entwürfe macht er erst den Schülern im Haue an der Tafel und in der Charte deutlich. Darauf erklärt er sie ihnen auf dem Felde. Er giebt ihnen hierbei auf, die gegebenen Dispositionen aufzusetzen und aufzuzeichnen, und lässt sich dieselben einreichen. Nachher censirt er sie, wie die vorhingenannten Ausarbeitungen, nach § 34.
V. Capitel. Prüfungen. § 52. Die Prüfungen geschehen theils von den Lehrern wöchentlich beim Unterricht, theils aber von den dazu angesetzten Officieren. N u r von den letzteren Prüfungen ist hier die Rede. Zu diesen wird eine Commission von 1 Stabsofficier, 1 Capitaine und 1 Premier-Lieutenant ernannt. Sieat geschehen unter der Direction dieser Officiere jährlich 2mal, das 1. mal in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr, und das 2. mal in den letzten Tagen des Februars. Es wird immer eine und dieselbe Methode bey den Prüfungen befolgt. Jede dauert 2 Vormittage; den ersten Tag werden die Junker und den 2. die Officiere, ohne Beisein der Junker, examinirt. Beim Anfange der Prüfung übergeben die Lehrer der Commission einen umständlichen Bericht von den Fortschritten, welche die Schüler gemacht haben. Sie fügen hier als Beilage ein tabellarisches Verzeichniss der Beantwortung von Anfragen und der Ausarbeitung von Aufgaben, welche ihre Lehrlinge gemacht haben, mit der Beurtheilung, wie es geschehen ist, bey. Dieser Bericht muss unpartheiisch, aber dennoch mit Schwung und Delikatesse abgefasst seyn. Er wird der Commission so laut vorgelesen, dass ihn der Schüler hören kann. Hierauf schreitet man zur Prüfung. 1) Bey der Prüfung im Schönschreiben, der Orthographie und den Styl wird auf nachstehende Art verfahren: Der Staabsofficier der Commission bestimmt dem Lehrer den Inhalt eines zu machenden kleinen Aufsatzes. Es kann ein Brief, kurzer RapStatt
„Die".
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port, Bericht u. s. w seyn. Dieser 3 " giebt nun den Schülern auf, den verlangten Aufsatz sogleich aufzusetzen. Es wird hierzu V4 Stunde (nachdem der Aufsatz kürzer oder länger ist) festgesetzt. Jeder av Aufsatz wird von dem Schüler bei der Überreichung der Commission vorgelesen und nachher der Commission übergeben. Der Lehrer sieht ihn jetzt durch und bemerkt die darin gemachten Fehler, wenn die Zeit es gestattet. 2) In der Geographie geschieht die Prüfung auf folgende Art: der Staabsofficier bestimmt das Capitel, über welches examinirt werden soll, d.h. den Staat oder das Capitel über die physische oder mathematische Geographie. Der Lehrer schreibt jetzt 3 bis 4 Fragen an die Tafel und lässt sie von den Schülern schriftlich beantworten. Es wird auch hierzu V4, höchstens '/ 2 Stunde bestimmt. Die Beantwortung wird von dem Schüler der Commission vorgelesen'™' und dann eingereicht. Nicht mehr als 2 Stunden darf das Examen des 1. Lehrers wegnehmen; das 2. erfordert eben diese Zeit. 3) Zuerst wird in der Mathematik examinirt. Der Staabsofficier stellt das Lehrbuch vor sich und sticht eine Nadel zwischen die Blätter: der Inhalt des aufgeschlagenen Blattes bestimmt die Aufgabe (oder den zu führenden Beweis). Der Lehrer giebt hierauf diese auf, indem er sie an die Tafel schreibt. Die Schü-ler machen die Berechnung oder den Beweis auf ein besonderes Blatt Papier und reichen sie dem Lehrer ein. Dieser übergiebt sie der Commission mit der Angabe, ob die Aufgabe richtig gelöset oder der Beweis richtig geführt ist. 4) Die Prüfung in den Kriegeswissenschaften geschiehet durch 2 Aufgaben, von welchen [die] letzte sich aufs Feld beziehet, welche aber hier im Hause auf der Stelle ausgearbeitet wird. Es darf aber dazu keine Gegend gewählt werden, welche den Schülern nicht genau bekannt ist. In Absicht der ersten legt der Lehrer der Commission ein Verzeichniss der Aufgaben vor, welche die bisher vorgetragenen Gegenstände zulassen. Dies Verzeichniss darf nicht unter 10 Aufgaben enthalten. Die Commission wählt aus diesen eine; der Lehrer giebt sie den Schülern auf, indem er sie an die Tafel schreibt. Sie wird von diesen sofort schriftlich beantwortet, vorgelesen und eingereicht. Bey der 2. Aufgabe, welche sich auf die umliegende Gegend beziehet, giebt der Lehrer ebenfalls ein Verzeichniss ein, worin die Aufgaben bestehen, die er in dieser glaubt geben zu können. Der Staabsofficier wählt hier unter eine, welche nun der Lehrer zur Beantwortung an die Tafel schreibt. Die Schüler lesen ihre Ausarbeitungen vor und übergeben sie der Comission. "" Statt „Diesen". " Statt „Inder". "" Statt „ vergleichen ".
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Zu der ersten Aufgabe wird V4 Stunde, zu der zweiten V2 Stunde oder / 4 Stunde bestimmt. Die Aufgaben müssen daher so eingerichtet seyn, dass ihre Beantwortungen in dieser Zeit gemacht werden können. Der 2. Aufgabe wird eine kleine Zeichnung, mit der ordinairen Schreibfeder gemacht, beigefügt, um die Fertigkeit der Darstellung im ordinairen Zeichnen und die" Einbildungskraft hier zu prüfen. 5)ay Zuletzt werden die gemachten Zeichnungen und dann die Arbeitsbücher vorgelegt. 3
§ 53. Den nächsten Tag nach der Prüfung versammelt sich die Commission und gehet die Arbeiten der Schüler von neuen durch, indem sie die Antworten und Ausarbeitungen vor sich nimmt. Aus dem Resultat ihrer Untersuchungen formirt sie ihren Bericht an den Chef des Regiments. Als Beilage dienen die Berichte der Lehrer, die in den Prüfungen gemachten Ausarbeitungen und die Zeichnungen. Der Regiments Chef lässt an einem andern Tage die Schüler nebst den Lehrern in Gegenwart aller Staabsofficiere und Capitains vor sich kommen, die gemachten Plane sich vorlegen und auf Probe eine Ausarbeitung von jeden Schüler sich vorlesen. Nach diesen lässt er die Berichte der Lehrer und der Commission vorlesen. Am Ende muntert er diejenigen auf, die fleissig gewesen sind, es ferner zu seyn, und ermahnt diejenigen, welche sich nachlässig gezeigt haben. § 54. Ausser diesen Examen besucht der Chef oder der Commandeur alle Monate einmal die Vorlesung einer jeden Wissenschaft, in unbestimmten Tagen, besonders aber geschiehet dies in den ersten Tagen der Vorlesungen. Er bezeugt bey dieser Gelegenheit dem Lehrer sowohl, als der ganzen Lehranstalt, eine gewisse Achtung, d. h. er unterbricht auf keine Weise den Vortrag, hört ihn sehr aufmerksam an, gehet nicht eher weg, bis die Stunde geendigt ist u.s.w. Diese ganz geringfügigen Umstände machen einen grossen Eindruck auf den Junker und jungen Officier, welche zum Theil die Erlernung wissenschaftlicher Gegenstände unter der Würde eines Militairs und Officiers halten.
** Statt "У Statt
„der". „b)a.
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Nr. 39
39. Scharnhorst an Christian Dietrich Helwing*
Berlin, 30. Oktober 1802
StadtAH, Autographensammlung, Sammlung Culemann: Scharnhorst Nr. 1936.146 (2 S.): Eigenhändig. Druck: Franz Bertram (Hrsg.): Aus der Korrespondenz des Generalleutnants v. Scharnhorst mit der Helwingschen Buchhandlung in Hannover, in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 77 (1910), S. 52ff., N r . VIII; Linnebach, S. 244f. Druck des neuesten Stücks der Militärischen Denkwürdigkeiten.
Zahlungsfragen.
Ew. Wohlgeb. Schreiben vom 23ten Oct. habe ich richtig erhalten. Daß der Kupfer diesmal ehr als der Druk der Denkwürdigkeiten fertig wird, ist sehr gut, indem man nun die genaue Uebereinstimmung erhalten kann. Sie werden in 8 Tagen das Manuscript zu den Denkwürdigkeiten und auch die Platte erhalten. Ich habe sieb schon bezahlt und werde demnächst Ihnen die Quitung zuschicken. Ich habe 7V2 Pistolen gegeben und zu den 24 rh. 12 gr., welche ich von dem Lieutenant Perlitz erhalten habe, noch 3 Pistolen zugelegt. Sie werden mir eine große Freundshaft erzeigen, wenn Sie den beigelegten Brief 1 mit 3 Pistolen begleitet an den Lieutenant Ziehen 2 schickten. Es wär mir aber äußerst daran gelegen, daß dies den ersten Tag geschehen möchte. Dabei ersuche ich Sie in Ihren Briefe an mich nichts von diesen 3 Pistolen zu erwähnen, vielweniger noch mir eine Quitung zu übershicken. Hiermit wär alsdann die Platte zu den Denkwürdigkeiten bezahlt. Von den übrigen sind jetzt schon 2 fertig und es werden in wenigen Tagen noch 4 bis 5 fertig. Diese vorläufige Arbeit ist wichtig für das Werk und ich kann also nicht um hin, Ew. Wohlgeborn zu ersuchen, mir auf 100 rh. eine Anweisung zur Bezahlung derselben zu geben. Ich werde indes bei den fertigen vorläufig bezahlen. Sie sehen hieraus, wie sehr mir das Werk am Herzen liegt. Ich wiederhole jetzt die Bitte, 3 Pistolen (Geld oder Cassenmünze) an den Lieutenant Ziehen sofort zu shicken und hiervon nichts wieder in Ihren Briefen an mich zu erwähnen. Mit vieler Hochachtung habe ich die Ehre zu seyn Ew. Wohlgebor. Berlin den 30tn Oct.
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dienstwilligstr Diner Scharnhorst 0
Auf dem Umschlag adressiert „An den Herrn Hofbuchhändler Helwing, frei bis Halberstadt, Hannover". Statt „Sie". Darunter ein Vermerk von Helmings Hand: „ Ein Wechsel von uns ist Ihnen d. 7. Novbr. 1802 zugeschickt! Auf 8tägige Sicht zahlbar." Dieser Brief liegt nicht bei. Der bereits aus den früheren Bänden bekannte Christian Ziehen, seit 1800 Lehrer an der Artillerieschule in Hannover.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
40. Scharnhorst an [Knesebeck]
Berlin, 2. November 1802
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Linnebachs im Nachlaß Gerhard Oestreichs.a Gratulation zur Beförderung. Dank für Aufsatz zur Anlage von Festungen. Unschätzbarer Freund, 1 ich komme sehr spät mit meiner Gratulation zu ihrem Avancement, aber ich gehöre gewiß unter diejenigen, welche innigen und herzlichen Anteil an demselbenb nehmen. Mag es nur zu einer Laufbahn führen, in der Sie Ihre Talente und Kenntnisse zum Nutzen des Staats ganz zeigen können. Dies ist mein aufrichtiger und ich möchte beinahe sagen, interessierter Wunsch. Nun ein paar Worte über Ihren Aufsatz über die Anlegung der Festungen. Der Prinz 2 schickt ihn nicht zurück und wir wünschen, daß er in dem 2ten Heft der Denkwürdigkeiten gedruckt werden möchte. 3 Haben Sie ihn noch im Konzept, so legen Sie ihn dem G. v. Rüchel zur Genehmigung des Drucks vor und schicken ihn dann baldigst ein. Wir wünschen dies aus mehr als einer Ursach. Kommen Sie doch bald ein mal in unsere Gesellschaft.4 Wir hätten so viel zu sprechen. Mit Verehrung und Hochachtung Ihr Freund Scharnhorst Berlin den 2ten Nov. 1802
" h 1
2
3
4
Die Vorlage befand sich 1937 im Heeresarchiv Potsdam, 4 Sch 90 Nr. 8, das Original ist mutmaßlich 1945 verbrannt. Statt „ derselben".
Mutmaßlich Knesebeck, da dieser am 24. September 1802 zum Major befördert worden war und einen Aufsatz zu dem unten vermerkten Thema verfaßt hatte, vgl. Anm. 3. Gemeint ist möglicherweise Prinz Louis Ferdinand von Preußen, der damals in Magdeburg und auf dem nahegelegenen Gut Schricke lebte. Die größere Entfernung würde auch plausibler erklären, warum sich die Rücksendung des Manuskripts verzögerte. Die beiden Prinzen, die damals der Militärischen Gesellschaft angehörten, August von Preußen und Karl von Mecklenburg-Strelitz, lebten in Berlin und dürften kaum dieselbe Expertise auf dem Gebiet der Fortifikation gehabt haben wie Louis Ferdinand, der nicht nur in der ersten Festung Preußens stationiert war, sondern sich auch bei der Erstürmung von Longwy (1792) und der Belagerung von Mainz (1793) ausgezeichnet hatte. Louis Ferdinand wurde zum 7. September 1803 in die Militärische Gesellschaft aufgenommen. Hierzu kam es dann aber nicht. Kuhfahl, Programm, S. 66, verzeichnet aber unter den vor dem 24. Januar 1803 in der Militärischen Gesellschaft verlesenen Abhandlungen einen Aufsatz Knesebecks, „Ueber die allgemeinen Grundsätze, nach denen die Anlegung fester Plätze bestimmt werden muß", sowie anonyme „Bemerkungen über denselben Gegenstand." Letztere könnten von dem oben erwähnten Prinzen herrühren, ebenso möglicherweise der von Kuhfahl, а. а. O . , getrennt aufgelistete anonyme Aufsatz: Ueber die Vertheidigung der Staaten durch die Befestigungskunst, in: D M G B 2 (1803), S. 84-90. Knesebeck lebte als Inspektionsadjutant Rücheis in Potsdam und nahm daher in der Regel nicht an den wöchentlichen Versammlungen der Militärischen Gesellschaft in Berlin, sondern an denen der Gesellschaft in Potsdam teil.
Nr. 41
41. Scharnhorst an Massenbach
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Berlin, 12. Dezember 1802
N a c h einer Abschrift Linnebachs im N a c h l a ß Gerhard Oestreichs." Dank für Aufnahme in die Potsdamer Aufsatzes zur Fechtart der Infanterie.
Militärische
Gesellschaft.
Übersendung
eines
B e r l i n , 12. D e z . 1 8 0 2 D u r c h das Z u t r a u e n , w e l c h e s die M i l i t ä r i s c h e G e s e l l s c h a f t in P o t s d a m in m i c h s e t z t , i n d e m sie m i c h z u i h r e m b o r d e n t l i c h e n M i t g l i e d e a u f n i m m t , finde i c h m i c h a u ß e r o r d e n t l i c h g e e h r t ; i c h w e r d e , s o b a l d i c h die G e s e t z e n ä h e r k e n n e , sie a u f das s t r e n g s t e e r f ü l l e n u n d , s o w e i t i c h es i m S t a n d e bin, d e n thätigsten Antheil an den Arbeiten der Gesellschaft nehmen.1 D e r A u f s a t z ü b e r die F e c h t a r t d e r I n f a n t e r i e e r f o l g t hierbei; 2 er ist n i c h t z u m D r u c k b e s t i m m t , a u c h n i c h t aus m e i n e n H ä n d e n g e k o m m e n u n d a u c h selbst n i c h t e i n m a l g a n z gelesen, m a n c h e Stellen sind ü b e r g a n g e n u n d v o n d e r I d e e , das 3 t e G l i e d a b g e s o n d e r t z u g e b r a u c h e n , ist n i c h t s e r w ä h n t . 3 Ü b r i g e n s
"
b 1
Die Vorlage befand sich zum Zeitpunkt der Transkription im Geheimen Staatsarchiv, I. HA Rep. 92 Massenbach, deposit. Mskr. 20, der Verbleib ist nicht bekannt. Ein Teil des Bestandes gelangte später ins Heeresarchiv Potsdam, wo er 1945 verbrannt ist; im Restbestand GStA PK, VI. HA Nl Massenbach, befindet sich das Dokument nicht. Statt: „Ihrem". Scharnhorst beantwortet hier ein Schreiben Massenbachs (Potsdam, 8. Dezember 1802, Konzept am gleichen O r t archiviert und mutmaßlich verbrannt, überliefert in einer Abschrift, anscheinend von Linnebach), in dem dieser in seiner Eigenschaft als 1. Sekretär der Militärischen Gesellschaft zu Potsdam mitteilte, „daß diese Gesellschaft es sich zu einer besondern Ehre rechnen wird, wenn Sie die Stelle eines wirklichen Mitgliede derselben annehmen wollen." Der Bearbeiter verweist in diesem Zusammenhang auf das Protokoll der 2. Versammlung der Militärischen Gesellschaft zu Potsdam am 4. Dezember 1802, das sich ebenfalls im Nachlaß Massenbachs befand und demzufolge Rüchel den Briefentwurf verlas, der Scharnhorst seine Aufnahme als auswärtiges wirkliches Mitglied mitteilen sollte. Massenbach hatte in seinem Schreiben auch die Übermittlung der Gesetze der Potsdamer Gesellschaft durch Oberst von Phull angekündigt.
2
Massenbach hatte Scharnhorst um die Übersendung von vier Aufsätzen gebeten, nämlich Phulls „Versuch einer Theorie für die Entfernung der Defensif-Festungen von der Grentze" sowie um Scharnhorsts eigene Abhandlungen „a.) worin bestehen die sichersten Mittel, eine Armee im Kriege immer vollzählig zu erhalten, b.) über ältere und neuere Fechtarten und die Lottumsche Anzeige des Reynierschen Werks Sur l'Egypte - wenn nämlich diese drei Abhandlungen in den Denkwürdigkeiten der Gesellschaft nicht abgedruckt werden sollten." Der erste und dritte der erwähnten Aufsätze wurden in den D M G B nicht abgedruckt, sie werden aber erwähnt bei Kuhfahl, Programm, S. 67, Phulls unter dem Titel: Versuch einer Theorie für die Entfernung der Defensiv-Festungen von der Grenze und unter sich selbst. Zum zweiten Aufsatz vgl. Nr. 42, beim vierten handelt es sich um: Friedrich Graf von Lottum: Ueber die neuesten Feldzüge in Egypten, in: D M G B 2 (1803), S. 115-171, er bezieht sich auf Jean-Louis-fibenezer Reynier: De l'figypte apres la bataille d'Heliopolis, et Considerations generales sur l'organisation physique et politique de ce pays, Paris 1802.
3
Hiermit ist gemeint, wie diese Abhandlung in der Militärischen Gesellschaft zu Berlin vorgetragen wurde.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
ist dieser Aufsatz vor 2 Jahren an den Herrn General von Zastrow eingeschickt, um ihn an Se. Majestät den König, nebst verschiedenen andern, zu übergeben. Mit diesem Aufsatze stehen noch 2 andere Aufsätze in der nähesten Verbindung, der eine handelt von der Übung und dem Gebrauch der Scharfschützen und der andere von dem Gebrauch des 3ten Gliedes und der Scharfschützen in Verbindung mit einander.4 Beide stehen der Gesellschaft zu Befehl. Den 2ten verlangten Aufsatz, den von Kompleterhaltung der Armee, habe ich verlegt. Sobald ich ihn wiederfinde, werde ich ihn überschicken. Indem ich der Gesellschaft meine unbegrenzte Hochachtung und Verehrung hierdurch ganz gehorsamst versichere, habe ich die Ehre zu seyn Ew. Hochwohlgeb. gehorsamer Diener Scharnhorst
42. Scharnhorst an Massenbach
Berlin, 16. Dezember 1802
N a c h einer Abschrift Linnebachs im Nachlaß Gerhard Oestreichs. 1 Übersendung eines Aufsatzes zur Komplettierung einer Armee im Kriege.
Berlin, 16. Dez. 1802 Ew. Hochwohlgeborn überschicke ich hier den verlangten Aufsatz von Kompletirung einer Armee in Kriegeszeiten. Ich hatte ihn zum Druck bestimmt, aber noch nicht der Committee und dem Präses1 zur Entscheidung übergeben. 2 Sollte die Gesellschaft in Potsdam aber glauben, daß die Absicht, in der [ich] ihn aufgesetzt habe und dem Druck übergeben wollte, ohne diesen erreicht werden könnte, so stehe ich schon gern von diesem Vorhaben ab. Da ich keine Abschrift von diesem Aufsatz habe, so bitte ich gelegentlich um die Zurücksendung des Originals. Scharnhorst.
4
Vgl. Nr. 270-277 im zweiten Band.
"
Die Vorlage befand sich zum Zeitpunkt der Transkription im Geheimen Staatsarchiv, I. HA Rep. 92 Massenbach, deposit. Mskr. 20, der Verbleib ist nicht bekannt, mutmaßlich ging sie im 2. Weltkrieg verloren. Rüchel. Vgl. Gerhard von Scharnhorst: Beantwortung der Anfrage No. IX, folgenden Inhalts: Worin bestehen die sichersten Mittel, eine Armee im Kriege immer vollzählig zu erhalten; welche Anstalten müssen dazu getroffen werden; greift dieser wichtige Gegenstand in das ganze militärische System, oder läßt sich im Kriege durch augenblickliche Anordnung der große Endzweck noch erhalten?, in: DMGB 2 (1803), S. 364-374.
1 2
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Nr. 44
43. Scharnhorst an Massenbach
Berlin, 23. Dezember 1802
Nach einer Abschrift Linnebachs im Nachlaß Gerhard Oestreichs." Rücksendung der Statuten der Potsdamer Militärischen Gesellschaft. Bitte um Übersendung von Aufsätzen. Ankündigung des Besuchs der nächsten Sitzung in Potsdam.
Berlin, 23. Dez. 1802 Ew. Hochwohlgeborn überschicke ich hier die Gesetze der Potsdamschen militärischen Gesellschaft unterschrieben zurück, ich finde die Verbindung mit der Berlinschen, in so weit es die innern Einrichtunge zulassen, vortrefflich. Den Aufsatz über die Fechtart überlasse ich der Gesellschaft sehr gerne. Sehr angenehm soll es mir seyn, wenn ich dort vorgelesene Aufsätze zum Durchlesen erhalten könnte und sehr gern würde ich die Kosten, welche das Uberschicken des Protocols oder das Abschreiben desselben erforderten, stehen. In der nächsten Sitzung werde ich nicht verhehlen, der Gesellschaft persönlich meinen Dank für ihrb mir bezeigtes Zutrauen abzustatten und ihr meine unbegrenzte Hochachtung zu bezeugen.1 Scharnhorst.
44. Quittung
Berlin, 4. Januar 1803
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 12 fol. 34r (1 S.): Gravensteins Hand. Miete für letztes Quartal 1802.
Fünf und siebenzig Thaler in Golde und zwei Thaler zwölf Groschen Courant viertheljährige Miethe vom lsten October bis 31sten December 1802 sind mir von dem Herrn Obrist Lieutnant v. Scharnhorst Hochwohlgebohrn baar und richtig bezahlet worden, welches ich hiermit bescheinige. 15 St.Frd° r 2'Λ rh. Crt. Berlin d. 4ten Januar 1803. Charlotte Gravenstein.1
"
h 1
1
Die Vorlage befand sich zum Zeitpunkt der Transkription im Geheimen Staatsarchiv, 1. HA Rep. 92 Massenbach, deposit. Mskr. 20, der Verbleib ist nicht bekannt, mutmaßlich ging sie im 2. Weltkrieg verloren. Statt „ Ihr", so auch bei der nächsten Verwendung des Wortes. Scharnhorst verlas auf der Sitzung der Militärischen Gesellschaft in Potsdam am 26. März 1803 zwei Abhandlungen, vgl. Nr. 84, Anm. 1. Ob er bereits an einer früheren Sitzung teilnahm, war nicht nachzuweisen. Eine weitere gleichartige Quittung Gravensteins (Berlin, 13. Oktober 1803) über die Zahlung von 75 Talern in Friedrichdors und 2 Taler, 12 Groschen Kurant für ein Quartal Miete befindet sich im gleichen Faszikel, fol. 35r.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
45. Scharnhorst an Friderici
Berlin, 12. Februar 1803
Nach der Edition bei Klippel III, S. 79f. a Weiterer Druck: N a c h Klippel Linnebach, S. 245. Tod der Ehefrau. Eigene Gefühle, Bitte um Vorbereitung des Bruders Wilhelm auf die Nachricht.
Berlin, den 12ten Februar 1803. Mein werthgeschätzter alter und langjähriger treuer Freund! 1 Meine mir innigstgeliebte Frau ist nicht mehr; ein hier grassirendes Entzündungsfieber überfiel zuerst Wilhelm und darauf meine Frau. Ein Nervenfieber gesellte sich bald dazu und aller Sorgfalt und Mühe ungeachtet starb sie dennoch am 17ten Tage der Krankheit, sanft, ohne daß sie es ahnete. Wenn es auf innere Güte des Herzens ankam, aufs Gefühl für Leiden anderer, so übertraf sie ihre Nebenmenschen, aber sie war selbst dabei nicht glücklich; von trauriger Gemüthsart floh sie alle Freuden. Begegnen sich die Geister nach dem Tode, so wird Linchens 2 Geist sie zuerst empfangen haben. Nun, mein Freund, eine Bitte. Bringen sie diesen einliegenden Brief 5 an meinen Bruder; 3 bereiten Sie ihn aber erst vor, ehe Sie ihm den Brief zeigen. Er wird sich sehr betrüben. Außer ihren Kindern und mir hatte sie zu niemand mehr Liebe und Zutrauen als zu ihm, und daß wußte und schätzte er. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin, Herrn Sohn und Mamsell Tochter, und sagen Sie ihnen diesen Sie gewiß rührenden Todesfall, der uns um so unerwarteter kam, da sie von ihrer langjährigen Krankheit fast gänzlich hergestellet war; habe Sie auch die Gütigkeit, Beckendorfs in meinem Namen alles das zu sagen, was ich Ihnen, mein liebster Freund, hier geschrieben habe. Adieu, mein bester alter Freund Scharnhorst. Mein Wunsch ist, 1) meinen Bruder auf die Nachricht vorzubereiten, ohne zu sagen, daß Sie einen Brief von mir hätten; 2) dann ihm meinen Brief zu geben, und hernach zu sagen, was ich geschrieben. S.
* h 1
2 3
„Der Verfasser verdankt die Mittheilung dieses Briefes dem allgemein verehrten, vor zwei fahren in Hannover hochbetagt verstorbenen Archivrath Kestner [...]." Nicht überliefert. Der aus dem ersten Band bekannte Registrator an der Kriegskanzlei zu Hannover, Johann Conrad Friderici. Mutmaßlich eine Verwandte Fridericis. Den Hoffischer Wilhelm Scharnhorst.
Nr. 46
46. Scharnhorst an Knesebeck
135 Berlin, 16. April 1803
Nach der Edition bei Linnebach, S. 246f. a Maschinenschriftliche Abschrift Rehses: GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 324, S. 4 ('/ 2 S.): Auszug, ungenau. Weiterer Druck: Höhn, S. 334f. (Zitate). 1 Knesebecks Aufsatz zur Generaladjutantur.
Vertraulichkeit bei Verfolgung der Sache.
Berlin, den 16. April 1803. Verehrungswürdigerster Freund, Ihr Aufsatz 2 ist sehr wichtig für unseren Staat - bei der bisherigen Einrichtung waren Verwirrungen aller Art, wenn ein Krieg entstand, unvermeidlich. Ihre Organisation ist so einfach, daß jeder davon den Nutzen einsehen muß. Es ist aber sehr zu befürchten, daß er mit vielleicht eingeforderten Gutachten von Männern, zu denen man großes Zutrauen hat, nicht übereinstimmt. Gewöhnlich wird bei der Wahl eines Mannes zu einer wichtigen Stelle mehr auf persönliche Verhältnisse als auf die Geschicklichkeit und Brauchbarkeit Rücksicht genommen. Auf meine Verschwiegenheit können Sie sich verlassen. Phull darf von allem nichts wissen, damit er sich überzeugt hält, die Sache käme unmittelbar, ohne alle Verwendung, vom Könige. Er ist in solchen Angelegenheiten wunderlich, und man muß daher bei ihm sehr behutsam sein. Er sagte mir vor wenigen Tagen, Sie, Köckeritz und Jagow 3 wärenb die einzigen, die ohne persönliche Rücksicht eine gute Besetzung der ersten Stelle der Generaladjutantur wünschten, er glaube aber, daß der König zu Vorschlägen von andern mehr Vertrauen haben würde. Auch zu mir hat er gesagt, daß er die Stelle eines Generaladjutanten nicht annehme - er fürchtete sich vor die damit verknüpften Unannehmlichkeiten und die vielen mechanischen Arbeiten - bei der vorgeschlagenen Einrichtung würden diese Gründe ihn nicht abhalten. Er glaubt übrigens nicht, daß er dazu gewählt wird, und ich vermute, daß er, "
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3
Linnebachs Vorlage befand sich im Kriegsarchiv, D I. (gelb) 36. Aller Wahrscheinlichkeit nach war sie identisch mit der Hohns und Rehses im Heeresarchiv Potsdam, Nachlaß Knesebeck Nr. 16 Bl. 57, und ist 1945 verbrannt. Laut Rehse: „Sie, Köckritz undJago wären". Höhn gibt als Datum den 26.4.1804 an. Karl Friedrich von dem Knesebeck: Ideen über Geschäftsverwaltung zum weiteren Nachdenken bei der erledigten Generaladjutantur; Linnebach fand sie im Kriegsarchiv, D I. (gelb) 36, Höhn im Heeresarchiv Potsdam, Nachlaß Knesebeck N. 16 Bl. 58ff. An letzter Stelle S. 62 befand sich auch ein Aufsatz Knesebecks „Einige Ideen über die Geschäfte des General Quartiermeister Staabes", den Rehse auf 1801-1802 datierte. Mit der „erledigten Generaladjutantur" ist mutmaßlich die des 1803 verstorbenen Majors von Holtzmann gemeint. Ludwig Friedrich Günther Andreas von Jagow (1770-1825) wurde 1792 zum Adjutanten des damaligen Kronprinzen und nach dessen Thronbesteigung 1798 zum Flügeladjutanten des Königs bestellt. Jagow, ein Mitglied der Militärischen Gesellschaft und ab 1810 Oberstallmeister, wurde 1813 zum Generalmajor mit Charakter als Generaladjutant ernannt.
136
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
wenn ihn ein Antrag geschiehet, nicht abgeneigt sein wird, denselben bei der veränderten Einrichtung anzunehmen. Ich werde unterdeß alles anwenden, ihn zu der Annahme zu überreden. Für die gute Meinung, die Sie von meinen Fähigkeiten haben, danke ich innigst und herzlichst. Da die Stabsoffiziere bei der Artillerie, wenn ich den Kommandeur ausnehme, nichts zu tun haben und auch nichts tun noch tun dürfen, so könnte man freilich, ohne alle Kosten, ebensogut einen bei dem Generalstabe als bei dem Kriegskollegio anstellen. Die Assessoren im Kriegskollegio, Pontanus und Neander 4 , haben ihre Besoldungen und Kompagnien in der Artillerie. Diese Einrichtung erlaubt überdies zu allen Zeiten eine beliebige Vertauschung oder andere willkürliche Anstellung. Halten Sie mich, mein unschätzbarer Freund, Ihres Zutrauens würdig, ich werde mich immer bemühen, es zu verdienen. Scharnhorst. Ihr Brief ist der Flamme geopfert.
47. Scharnhorst an Knesebeck
Berlin, 9. Mai 1803
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs.* Rücheis Verstimmung über Scharnhorsts Aufsatz zu Armeedivisionen. für Fortgang der Militärischen Gesellschaft.
Konsequenzen
Berlin, 9. Mai 1803. Sagen Sie mir, mein lieber Knesebeck, wie ist es möglich, daß Ihr H. General1 bei meinen unschuldigen Aufsatz über die Armee-Divisionen 2 so in Hitze gekommen ist und mich der Neuerungssucht, der Verbreitung des Mißtrauens gegen die jetzige Einrichtung beschuldigt? Mein unbedeutend kleiner Aufsatz erklärt sich ja nicht einmal bestimmt für diese Einrichtung, er konnte nur dazu dienen, eine Untersuchung zu veranlassen. Sie sehen leicht ein, 4
Johann Wilhelm Neander hatte sich seit seinem Eintritt in die preußische Armee 1760 vom Kanonier zum Oberstleutnant hochgedient, 1806 wurde er zum Obersten befördert und unter dem Namen Neander von Petersheiden geadelt. 1807-1810 fungierte er als Inspekteur der Artillerie, 1809-1810 auch als Direktor der 3. Division des Allgemeinen Kriegsdepartements. Nach 53 Jahren aktivem Dienst starb er 1817 als Generalmajor im Ruhestand.
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Die damals im Heeresarchiv Potsdam befindliche Vorlage („eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. In seiner Eigenschaft als Generalinspekteur der Potsdamschen Infanterieinspektion hatte Rüchel 1799 Knesebeck zu seinem Adjutanten ernannt. Allem Anschein nach: Gerhard von Scharnhorst: Beweis, daß die im Revolutionskriege bei den französischen Armeen eingeführte Abtheilung einer Armee in Divisionen von allen Waffen, schon im siebenjährigen Kriege in der Armee des Herzogs Ferdinand statt gefunden habe, in: DMGB 2 (1803), S. 91-96. Dieser Aufsatz wurde auf der Versammlung der Militärischen Gesellschaft am 30. März 1803 vorgetragen, vgl. DMGB 2 (1803), S. 429.
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wie bedenklich mir dies in der Folge bei Arbeiten für die Gesellschaft machen wird, und wenn auch daran nichts gelegen wäre, so werden doch andere mit mir in demselben Fall sein. Hätte der H . General meinen Aufsatz zurückgelegt, so hätte mich dies nicht compromittiert und ich würde gewiß diesen Wink in Absicht dieses Gegenstandes benutzt haben. Sie wissen, was mit dem Aufsatz von der Bogenschwenkung geschehen ist. Ich legte ihn gleich zurück und nie ist ein Wort von mir darüber gesprochen, ungeachtet nach meiner Einsicht er unter allen nur allein die Hilfsmittel der Ausführung enthielt, die sich auf Erfahrungen gründeten, in dem diese Schwenkung in Hannövrischen nach diesen Grundsätzen noch bei meinen Dasein eingeführt wurde. 3 Eine Sache, welche mich bei dem Aufsatz des H . G. v. Rüchel sehr beunruhigt, bestehet darin, daß ich schon vor 1V2 Jahren einen Aufsatz von den Vorteilen der Armee-Divisionen geschrieben habe, der einigen Freunden und auch zu der Zeit den Major von Holzmann mitgeteilt ist [und der] in größten Widerspruch mit dem des H . Generals stehet und, wenn man nicht auf die Zeit siehet, in der er geschrieben ist, mich sehr bei den H . G . heruntersetzen müßte. Sagen Sie doch gelegentlich, aber für sich, dem H . G., daß Sie wohl wüßten, daß ich schon vor l ' / 2 Jahr über diesen Gegenstand einen Aufsatz geschrieben hätte; suchen Sie es aber ja abzulehnen, daß er ihn nicht verlangt, denn Sie wissen wohl, lieber Knesebeck, auch die edelsten Menschen, worunter ich den General mit voller Uberzeugung rechne, können nicht ganz die Sache von der Person bei Widersprüchen absondern. Verzeihen Sie es mir, daß ich Ihnen noch nicht die Papiere von Lowositz zurückgeschickt habe, es soll nächstens geschehen. Ich empfehle mich Ihrer fernem Freundschaft und bin mit innigster Liebe und Verehrung Ihr aufrichtigster Freund Scharnhorst. 4 3
4
Vgl. Friedrich von Schöler: U e b e r die Bogenschwenkung, und den N u t z e n ihrer A n wendung im Colonnenmarsch, in: D M G B 1 (1802), S. 60-86. O f f e n b a r hatte Scharnhorst hierzu selbst weiterführende A u s f ü h r u n g e n gemacht, die dann nicht in den D M G B abgedruckt wurden. Vgl. auch: Beantwortung der Anfrage über die Schulterdrehung oder Bogenschwenkung, in: N M J 12 (1804), S. 195-207. Ein eigenhändiges K o n z e p t dazu befindet sich in G S t A P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 148 fol. 6r-9r, ein weiteres von H a n d eines anderen Schreibers (möglicherweise Schölers) mit Randbemerkungen eines Lesers „v. K . " ebda. fol. l l r - 1 4 v . D e r P r o t o k o l l a u s z u g zur Sitzung der Militärischen Gesellschaft am 11. Mai 1803 ( D M G B 3 (1803), S. 401f.) vermerkt die Verlesung einer Abhandlung Rücheis betitelt: „ U e b e r einige militärische Diversitäten"; dabei heißt es: „a) In Hinsicht der Formation permanenter Divisionen in einer A r m e e wurde bemerkt, daß strategische Rücksichten, so wie manche wechselnde Verhältnisse, sehr oft nöthigen können, von dieser Repartition abzugehen. - Mehrere ehemls stattfindende vortheilhafte Erfolge, die man dieser Eintheilung zuschrieb, resultiren von anderen U r s a c h e n . " D e s weiteren beschäftigte sich diese Abhandlung mit der Formierung der Infanterie in zwei Gliedern (die Rüchel zu Beginn eines Feldzugs, bei voller Stärke der Bataillone, für nachteilhaft erklärte) und l'Espinasses Vorschlag zur Schaffung einer Artilleriereserve ( „ D i e Freiheit einer den U m s t ä n d e n entsprechenden H a u p t - und Unter-Abtheilung der Artillerie wird durch dieses System mehr genirt, als befördert").
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
48. Scharnhorst an Ludwig Freiherr von Ompteda1
[Berlin?, Juni 1803?2]
Nach dem Zitat in: Ludwig Freiherr von Ompteda: Ein hannoversch-englischer Offizier vor hundert Jahren. Christian Friedrich Wilhelm Freiherr von Ompteda, Oberst und Brigadier in der Königlich Deutschen Legion. 26. November 1765 bis 18. Juni 1815, Leipzig 1892, S. 126. Weiterer Druck: Friedrich von Ompteda: Die Überwältigung Hannovers durch die Franzosen, Hannover 1862; danach Linnebach, S. 248. 3 U e b r i g e n s lege ich I h n e n b hier die G e s c h i c h t e des Ausfalls v o n M e n i n bei, der zeigt, was man kann, w e n n man nur will. Scharnhorst.
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Kontext ist laut Vorlage eine Aufstellung der in Hannover für einen „ Landsturm." verfügbaren Streitkräfte. Nach Friedrich von Ompteda (und ihm folgend Linnebach) befand sich dagegen in dem Brief zuvor eine Unterkunftsübersicht der in Kurhannover stationierten französischen Streitkräfte mit der Bemerkung: „ Man hofft aber in diesem Versuch noch Veränderungen machen zu können." Dieses Wort fehlt bei Friedrich von Ompteda und Linnebach, ebenso die Unterschrift am Schluß. Kriegsrat Ludwig Freiherr von Ompteda (1767-1854), der schon 1795-1800 hannoverscher Geschäftsträger in Berlin gewesen war, hielt sich schon länger zu Verhandlungen in Berlin auf, zunächst über die strittige Frage der Ubergabe des Bistums Hildesheim, dann wegen der Gefahr einer französischen Invasion. Er wurde im Juli 1803 zum Gesandten ernannt und übte diese Funktion bis zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen im Frühjahr 1806 aus, danach wurde er nach Dresden versetzt, von wo er nach der Schlacht bei Jena fliehen mußte. Seit der Jahreswende 1813/14 diente er wieder als Gesandter beim preußischen König, seit 1817 auch in Dresden, bis er 1823 zum Staats- und Kabinettsminister ernannt wurde. Er leistete die Gegenunterschrift zu der Wilhelms IV. unter dem Staatsgrundgesetz vom 26. September 1833. Mutmaßlich noch vor der Konvention von Artlenburg (5. Juli 1803), durch welche die kurhannoversche Armee aufgelöst wurde. Dort wird als Adressat Omptedas Bruder Major Christian von Ompteda (1765-1815) vom Infanterieregiment Garde angegeben. Es scheint sich aber um einen Fehler zu handeln. Das Zitat steht nicht in der zweiten Auflage, Friedrich von Ompteda: Die Uberwältigung Hannovers durch die Franzosen. Eine historisch-politische Studie, Hannover 1866 (Zur deutschen Geschichte in dem Jahrzehnt vor den Befreiungskriegen, Bd. I). Im übrigen scheint es auch im Lichte des Inhalts (vgl. Anm. a) plausibler, daß Scharnhorst ihn an einen offiziellen Vertreter der kurhannoverschen Regierung schickte, als an einen untergeordneten Offizier. Auch die Übersendung eines Exemplars der Geschichte des Ausfalls aus Menin erscheint bei Major von Ompteda weniger plausibel, da dieser als eine der glänzendsten kurhannoverschen Waffentaten des Krieges 1793/95 bei ihm eher als gut bekannt vorauszusetzen sein dürfte als bei dem Diplomaten Ludwig von Ompteda.
Nr. 49 49. Scharnhorst an Decken
139 Halle, 26. Juli 1803
Familienarchiv ν. der Decken, Hamburg, Nr. 1 (4 S.): Eigenhändig. Druck: Joachim Niemeyer (Hrsg.): Scharnhorst-Briefe an Friedrich von der Decken 1803-1813, Bonn 1987, S. 41-44, zit. Niemeyer. Trennung durch Deckens Weggang nach England. Verhalten der hannoverschen Armee bei der französischen Invasion. Kapitulation von Sulingen. Fortsetzung der Arbeit am Handbuch der Artillerie während des Aufenthalts in Hannover. Bekannte. Halle den 26ten Jul. 1803. Lieber bester einziger Deken, da sind wir nun auf ewig geschieden und wo finden wir in unsern Alter, wenigsten^] in meinen, noch einen nur schwachen Ersatz? Vergebens war hier alle Bemühung. Wo man selbst nichts mehr geben kann, wer giebt da? Tausend Dank für Ihren innigen u. herzlichen Brief. E r enthält die Gefühle des Abschieds eines treuen Freundes, und ich werde ihn als ein 1 Denkmal unser Freundschaft unter den wenigen Briefen, die für meine Kinder aufgehoben werden, niederlegen. Das Schiksal der Hannoveraner, die damit verbundenen Verhältniße von Norddeutschland haben mich diese Zeit sehr beunruhet. Möchte doch nun nicht weiter das in Erfüllung kommen, was wir vor vielen Jahren schon voraussahen? Aber was so tief in der Natur der Sache gegründet ist, können kaum aeußere Umstände abändern. Vielleicht eine Zeitlang aufhalten, mildern. Aber gleiche Ursachen erzeugen gleiche Wirkungen. Es freuet mich, mein inigst geliebter Fr[e]u[n]d, daß Sie nun in der englishen Armee angestellt sind; Sie mußten diesen Weg wählen. Ihre militärische Carriere kann jetzt vielleicht zu etwas führen. Ich aueßere mich so, als wenn wir wie gewöhnlich füh[l]ten. b Ich habe, so viel ich konnte, mich bemühet, das Betragen der hannövrischen Truppen in allen Gesellschaften von der rechten Seite darzustellen. Wo mit man aber entschuldigen will, daß man nicht früh genug sich in Wehrbarenstand setzte0 und daß man die Truppen zu späte zusammen zog? Wo mit man die Unthätigkeit in Lauenburgschen und die letzte schleunige Capitulation rechtfertigen d
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Folgt ein durch dichte Schraffur unlesbar gemachtes Wort. Niemeyer liest: „ dächten." Das folgende hinzugefügte Satzende ersetzt das gestrichene „womit man das zu späte Zusammenziehen der Truppen entschuldigen will?" Verändert aus „ entschuldigen
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
will? 1 Das ist mir ein Räthsel. Ehemals stand auf dergleichen der Kopf. Und ich sag es Ihnen, mein innigstr Freund, bei der letzten Capitulation hat der FeldmarschaP bloß an sich und einige bemittelte Leute gedacht und die ärmern, so wie das Intereße des Königs 3 und die Ehre der Truppen ganz aus den Augen gesetzt. Die Revolte der Regimenter hat nichts auf sich gehabt 4 u. man hat sie nur benutzt, um sich entschuldigen zu können, denn shon vorher ist die Abshickung e zur Annahme der entehr[en]d[e]n Punkte der Convention beschloßen gewesen. Wären die Officire als Gefangene nach Frankreich geschikt, so wären sie doch nicht den Elend ausgesetzt gewesen. Ich habe mich feste vorgenommen, mich durchaus nicht mehr um die politischen Angelegenheiten mehr zu bekümmern und mir f dem Schicksal ruhig zu ergeben, wie es auch ausfallen möge. Sie sheinen von neuen Trieb in sich zu fühlen, noch sich einmal in Kriege herumzutreiben, bei mir ist dieser Trieb nicht wirksam, nur wenn ich etwas commandiren könnte, würde er es seyn. Eine 8 Neben Rolle zu spielen, als Officier von Generalstabe oder alsh dirigirender Ingenieur einer Belagerung, hat für mich keinen Reiz mehr. Ich bin jetzt in der größten Thätigkeit, um mein Artillriebuch zu enden; ich gehe von hier nach Bordenau und bleibe dort bis den lOten Sept. u. in dieser Zeit hoffe ich mit der gröbsten Arbeit fertig zu seyn. Die Plane sind zum lsten Theil meistens gestochen oder doch gezeichnet. Bleibt alles in Ruhe, so wird der lte Theil nächsten1 Ostern, der 2te den darauf folgenden Michaeilie und der 3te nächsten Ostern übers Jahr gedrukt. 5 Diesen Plan kann ich' ausführen, wenn ich nicht unterbrochen
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Verändert aus „ Abfertigung Verändert aus „ mich Folgt gestrichen: „ andre ". Folgt gestrichen: „ Befehlshaber". Verändert aus „ diesen Diese zwei Wörter am Ende der vorletzten Seite werden zu Beginn der letzten Seite wiederholt, diesmal ohne Unterstreichung. Kurz nach der offiziellen Kriegserklärung an Großbritannien (16. Mai 1803) marschierte eine französische Armee unter General Mortier in Kurhannover ein. Durch die von hannoverschen landständischen Deputierten mit Mortier abgeschlossene Konvention von Sulingen am 3. Juni 1803 wurde Wallmoden verpflichtet, sich mit seiner Armee in das Herzogtum Lauenburg zurückzuziehen. Die Konvention wurde vom Ersten Konsul Bonaparte jedoch nicht anerkannt, so daß der französische Vormarsch wieder aufgenommen wurde. Am 5. Juli unterzeichnete Wallmoden dann die Konvention von Artlenburg, durch welche die hannoversche Armee aufgelöst und das gesamte Territorium des Kurfürstentums einer französischen Besatzung unterworfen wurde. Wallmoden. Georg III., König von Großbritannien und Irland, zugleich Kurfürst von Hannover. Die Vorfälle im Kavallerielager bei Lauenburg (Leibgarde, 1. und 2. Kavallerieregiment) wurden je nach Sichtweise als „Meuterei" oder bloße „Insubordination" bezeichnet. Der Michaelistag fällt auf den 29. September, der Ostersonntag fiel 1804 auf den 1., 1805 auf den 14. April.
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Nr. 50
werde, welches ich nicht wünsche. Mein Brief, mein innigst geliebter Freund, kann für Sie wenig Intereße haben. Von den, was uns intereßirt, was uns die Ruhe zu sanftem Gefühlen nimmt, dürfen wir nicht schreiben. Aber dennoch, mein lieber Decken, mein innigst geliebtr Freund, werde ich oft an Sie schreiben, um mich in Ihren Andenken zu erhalten. Ich bin hier erst 3 Tage undk wünsche doch schon wieder weg zu seyn. Die Gelehrten, welche mir in einer andrn Zeit sehr würden intereßirt haben, sind mir jetzt fast gleichgültig. Unterdes finde ich hier eine merkwürdige Vershiedenheit der Ansicht der Welthändler1 zwishen den Menschen in Halle u. in Berlin. Hier eine eigene und richtigere Beurtheilung der Zukunft, wenn sonst unsere richtig ist. Ziehen, Ende, Hassebroik u. mehrere Officier haben mir geschrieben, der erste denkt nicht an die Zukunft, der 2te u. 3. hat vor der Capitulation um seinen Abschied nachgesucht.6 Alle sind äußerst unzufrieden über die getroffenen Maaßregeln. Hierin herrscht in den Corps und überall bei unterrichteten Leuten nur eine Stimmung. Das Gedrukte, was wir hierüber gelesen"1, war doch von Ihnen. Adieu mein innigst geliebter und einzigr harmonishr Freund.
50. Scharnhorst an Decken
Hannover, 22. August 1803
Familienarchiv v. der Decken, Hamburg, Nr. 2 ( 2 7 2 S.): Eigenhändig, Fragment. Druck: Niemeyer, S. 45ff. Stimmung in Hannover. Aktuelle Flugschriften.
Kritik an Leitern der hannoverschen
Politik und
Armee.
entsheidender Schritt noch vermeiden würden. Wenn man einen Hannoveraner 1 spricht, so hat man alle gesprochen. Alle sind der Meinung, man hätte etwas für seine Erhaltung thun können. Ich sehe bei der herschenden Stimmung nicht ein, wie der Feldmarshal u. die Minister, außer Decken 1 , wieder auftreten können, wenn auch die alte Ordnung b der Dinge, wie ich sicher glaube, wieder statt finden sollte. Der Feldmarschal ist к 1 m 6
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Das Folgende verändert aus „bin es doch schon müde". Niemeyer liest: „ Weltsiedler". Gemeint sind wohl „ Welthändel". Das Wort in der Vorlage versehentlich doppelt hinzugefügt. Die drei Offiziere sind aus den ersten beiden Bänden bekannt. Friedrich Albrecht Gotthilf Freiherr von Ende (1765-1829), den Scharnhorst 1801 zusammen mit Decken als einen seiner vertrautesten Freunde bezeichnet hatte (vgl. Nr. 212 im zweiten Band), trat noch 1803 in preußische Dienste. Julius Hassebroick hatte 1796-1801 als Scharnhorsts Adjutant gedient. Verändert aus: „ Wenn man hier einen ". Davor gestrichen: „Anord." Klaus von der Decken (1742-1826) blieb als inoffizieller Leiter der kurfürstlichen Verwaltung in Hannover.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
sehr über Ihre Projecte c sich zu wehren aufgebracht. Ich verbreite dies, so viel ich kann, damit man d erfährt, daß Siee gewünsht haben, etwas zu thun. Selbst Lenthe 2 ist hier äußerst verachtet. Die hier verbrei[te]ten Broschüren, die Gedanken eines Hannoveraners 3 u. andere, sind bis in die niedern Klassen reißend gelesen. Nimmt man hierzu die gänzliche Erschöpfung' des Landes, den Mangel aller Kriegesbedürfnisse, die verhältnißmäßig große Schuldenlast, so sehe ich nicht ein, wie man hier an eine nur erträgliche neue Militär Einrichtung in der Zukunft denken kann. Ich billige daher sehr, daß Sie sich ganz dort 4 anbauen und wenigstens die Rükkehr in Ihr Vaterland jetzt nicht in Rechnung bringen. Der Himmel gebe Ihnen nur Recruten, dann wird Ihnen Ihr Plan wenigstens oeconomischen Vortheil bringen. In keiner der erschienenen Brochuren ist der Herzog 5 und noch weniger Sie angegriffen. Berlepsch 6 läßt jetzt in Braunschweig eine6 unter den Titel: Wie war Hannover und wie wird es werden, drucken. Man erwartet sie alle Tage.7 Diesen Morgen habe ich die Vertheidigung des Feldmarschals über sein
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Folgt gestrichen: „ aufgebracht, Plane ". Folgt gestrichen: „ siebet u." Statt „sie"; vgl. Anm. k. Verändert aus „ Entkräftung ". Niemeyer ergänzt hier ohne Kennzeichnung: „ Schrift", doch ist dies eigentlich unnötig, da man „eine" auch auf „Brochuren" im vorangehenden Satz beziehen kann. Der hannoversche Minister Ernst Ludwig Julius von Lenthe (1744-1814) leitete 1795 bis 1805 die Deutsche Kanzlei in London. Gedanken eines Hannoveraners über die, sein Vaterland im Monat Mai, Juni, Juli 1803 betreffenden Unfälle, Jena o. J . In Großbritannien. Adolph Friedrich, Herzog von Cambridge. Friedrich Ludwig von Berlepsch (1749-1818) war aufgrund seiner 1794/95 in der Landschaft und öffentlich erhobenen Forderung, das Fürstentum Calenberg solle sich selbst für neutral erklären, aus seinen Amtern als hannoverscher Hofrichter, Land- und Schatzrat entlassen worden. Hiergegen klagte er erfolgreich beim Reichskammergericht in Wetzlar, doch ignorierte die Regierung den Entscheid und verwies ihn des Landes. In dem hierauf folgenden mehrjährigen Federkrieg wurde er zu einer Symbolfigur für hannoversche oppositionelle Liberale. Berlepsch, der nach der Errichtung des Königreichs Westphalen zum Präfekten von Marburg ernannt wurde, nahm 1813 seine Bemühungen um Wiedereinsetzung wieder auf, blieb aber bis zu seinem Tode erfolglos. 1804 erschien tatsächlich eine Schrift ähnlichen Titels: Hannover wie es war, ist und werden wird, eine Gallerie der bey der Gelegenheit der Besitznahme durch die Franzosen merkwürdig gewordenen Personen und Sachen, in alphabetischer Ordnung, aus den Briefen des D. B. [Dr. Berlepsch?] an seinen Freund B. in London. 2 Hefte, о. O . 1804. Als ihr Verfasser bekannte sich jedoch der Advokat Johann Christian Heinrich Müller aus Hannover.
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Nr. 51
Betragen, während die Truppen1" in Lauenburgschen waren, gelesen.8 Es ist ein Schnikschnak, der ihn auf keine Weise bei Leuten, die wissen, was man in solchen Fällen thun muß, entschuldigen kann. In Ehren Sachen muß man sich den hergebrachten Vorurtheilen aufopfern, wenn man noch einen Plaz in der Gesellschaft1 einnehmen will. Den ersten Theil der Rechtfertigung soll er' zurükhalten, weil hierin die Minister sehr angegriffen sind. Bald, wenigstens in 3 Wochen, von Berlin einen weitläuftigern Brief von Ihren Siek innigst und herzlich liebenden Freund Hannover den 22sten Scharnhorst Aug. 1803.
51. Denkschrift
Berlin, 29. November 1803
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs. a Auflistung der besten Schüler an der Akademie für junge
Offiziere.
Berlin, 29. November 1803. Verzeichnis der Offiziere, welche sich in den hiesigen Lehrinstitut 1 durch Fähigkeiten und Kenntnisse ausgezeichnet haben. 1. Leutn. v. Clausewitz 2 Γ zeichnen sich durch Fähigkeiten u. • Beurteilung, Fleiß und Kenntnis 2. Leut. v. Tiedemann [ ganz besonders aus
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Verändert aus „ während er". Verändert aus „Plaz unter den M". Folgt gestrichen: „ weg Verändert aus „ sie Des Feldmarschalls Grafen Wallmoden-Gimborn kurze aber gründliche Vertheidigung gegen Lästerzungen, о. O. 1803. Die Vorlage befand sich damals im Heeresarchiv, Rep. 15 А Kap. 45 Nr. 52 Pak. 497, und dürfte 1945 verbrannt sein. Nach Angabe des damaligen Bearbeiters wurde die Denkschrift „ Überreicht durch Oberst v. Pfuel an Generali, v. Geusau." Gemeint ist die seit 1801 bestehende und von Scharnhorst geleitete „Lehr-Anstalt für junge Infanterie- und Kavallerie-Offiziere in den militärischen Wissenschaften" (Kabinettsorder vom 5. September 1801), die 1804 in „Akademie für junge Offiziere" umbenannt wurde. Sie unterstand der Inspektion des Generalquartiermeisters. Zu Carl von Clausewitz (1780-1831), Scharnhorsts berühmtestem Schüler, vgl. Anhang 1.
144 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 3 4
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Leut. Leut. Leut. Leut. Leut. Leut. Leut. Leut.
V. V. V. V. V. V. V.
Hofmann 3 Kleist4 Kyckepusch 5 Braun 6 Steinwehr7 Boyen 8 Rühle9 Freistedt10
zeichnen sich durch Fähigkeiten, Kenntnisse und Fleiß, ungefähr nach der Folge, nach der sie aufgeführt sind, aus. Ihre • Beurteilungskraft erreicht nicht die der ersten Abteilung
Georg Wilhelm von Hofmann diente seit März 1803 beim Generalquartiermeisterstab. Sekondeleutnant Friedrich Jakob von Kleist (1778-1848) war 1791 in das damalige Infanterieregiment Kleist (No. 12) eingetreten und hatte 1792-1794 im Krieg gegen Frankreich gekämpft. Bei den Preisaufgaben der Militärischen Gesellschaft für 1803 siegte seine Abhandlung über die Frage „Worin hat sich die mechanische Schlachtordnung einer Armee in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts geändert, und welche Umstände haben diese Veränderung herbeigeführt?" in der Kategorie Angewandte Taktik, sie ist abgedruckt in: D M G B 4 (1804), S. 375^111. Kleist wurde am 1804 zum Premierleutnant und Inspektionsadjutanten bei General von Rüchel ernannt, dessen jüngere Tochter Albertine Friederike Adelaide er 1808 heiratete; hierbei nahm er den Namen Rüchel-Kleist an. In den Befreiungskriegen führte er verschiedene Stabs- und Feldkommandos und erwarb sich bei Ligny 1815 das Eiserne Kreuz 1. Klasse. 1838 wurde er zum Gouverneur von Danzig ernannt, 1842 zum Ehrenbürger der Stadt, 1847 erhielt er seinen Abschied als Generalleutnant. Premierleutnant Ludwig Ernst Christian von Kyckpusch (1774-1827), Sohn eines schwarzburg-rudolstädtischen Hofrats, hatte 1793 als Fähnrich im preußischen Infanterieregiment Kalckstein (No. 5) u. a. an der Schlacht von Famars und den Gefechten in der Umgebung von Valenciennes teilgenommen, in denen auch Scharnhorst seine ersten Kriegseinsätze erlebt hatte. Kyckpusch, der 1801 zur Schulung nach Berlin kam, wurde im März 1804 in den Generaiquartiermeisterstab versetzt. Johann Karl Ludwig Braun wurde am 16. April 1804 zum Inspektionsadjutanten der Artillerie ernannt. Leutnant Wilhelm Ludwig Bogislav von Steinwehr (1774-1857) vom Regiment AltLarisch (No. 26) wurde am 30. März 1803 in die Militärische Gesellschaft gewählt, nachdem sein dazu eingereichter Aufsatz, Versuch über die Bildung des Kriegsstandes, in: D M G B 3 (1803), S. 225-236, für würdig befunden wurde. Er fungierte danach etwa ein Jahr als Gehilfe des Redakteurs; zu seinen weiteren Abhandlungen gehört: Betrachtungen über die Schlacht von Zorndorf, in: D M G B 5 (1805), S. 78-91. Steinwehr wurde 1804 in den Generalstab versetzt, wo er Massenbachs 2. Brigade zugeteilt wurde. 1805 stand er als Adjutant bei General Larisch und im Hauptquartier des Herzogs von Braunschweig, 1806 beim Hauptquartier des Fürsten Hohenlohe. Anfang 1807 diente er zeitweise unter Scharnhorst und wurde nach der Schlacht von Preußisch Eylau mit dem Pour le merite ausgezeichnet. Als er infolge einer Krankheit nicht mehr felddienstfähig war, wurde er 1811 zur Leitung der Infanterieangelegenheiten ans Allgemeine Kriegsdepartement versetzt, wo er 1813 für den Ersatz der Infanterie zuständig war. 1815 wurde er zum Direktor, 1832 zum Präses der Ober-Examinations-Kommission ernannt, 1834 erhielt er seinen Abschied als Generalleutnant. Ludwig Wilhelm Otto Karl von Boyen (1780-1845), ein Vetter des späteren Kriegsministers, hatte 1794/95 beim Infanterieregiment Goetze (No. 19) in Polen gedient. Er wurde 1804 zum Generaiquartiermeisterstab versetzt, wo er 1805 zu Scharnhorsts 3. Brigade kam und bei der Mobilmachung in der Armee des Herzogs von Braunschweig diente. 1806 diente er bei verschiedenen Stäben und geriet schließlich bei Ratekau in Gefangenschaft. Als Major im Generalstab wurde er 1813/14 mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Boyen wurde 1837 zum Kommandanten von Minden, 1842 zum Generalleutnant ernannt und erhielt 1845 seinen Abschied.
Nr. 51
1. 2. 3. 4.
Leut. Fähnr. Leutnant Leut.
v. v. v. v.
Steinäcker11 Reichenbach12 Schneehen13 Oppen 14
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zeichnen sich durch Fähigkeiten und Fleiß aus und stehen nur der 2. Abteilung in Kenntnissen nach
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Johann Jakob Otto August Rühle von Lilienstern (1780-1847), ein Leutnant im Regiment Garde (No. 15), war 1802 der Militärischen Gesellschaft beigetreten. Auch er wurde 1804 zum Generalquartiermeisterstab versetzt, wo Massenbach zu seinem Lehrer wurde. Er diente 1806 mit diesem beim Stab Hohenlohes und wurde bei der Kapitulation von Prenzlau gefangen. Danach wurde er in Dresden schriftstellerisch tätig und trat 1807 in weimarische Dienste. Als Kammerherr und Gouverneur des Prinzen Bernhard von Sachsen-Weimar diente er 1809 beim sächsischen Korps in Osterreich, 1808-1810 gab er die Zeitschrift „Pallas" heraus. Anfang 1813 kehrte er in preußische Dienste zurück und diente beim Stabe Blüchers, nach der Schlacht von Leipzig als Generalkommissar für die deutsche Bewaffnung. Nach seiner Teilnahme am Wiener Kongreß kam er 1815 zum Generalkommando am Niederrhein, nach Kriegsende ans Kriegsministerium. Nach seiner Beförderung zum Generalleutnant (1835) wurde er 1837 zum Direktor der Allgemeinen Kriegsschule und 1844 zum Generalinspekteur des Militärerziehungs- und -bildungswesens ernannt. Zu seinen Werken gehören: Ueber das Ziehen mit Pelotons, in: DMGB 2 (1803), S. 109-114; Bericht eines Augenzeugen von dem Feldzug des Fürsten von Hohenlohe-Ingelfingen im September und Oktober 1806, 2 Bde., Tübingen 1807 (2. Auflage 1809); Reise mit der Armee im Jahr 1809, 3 Bde., Rudolstadt 1809-1811; Kriegskatechismus für die Landwehr, Breslau 1813; Zur Geschichte der Pelasger und Etrusker, Berlin 1831; Historiogramm des preußischen Staates von 1280-1830, Berlin 1835.
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Karl Friedrich von Freystedt (1777-1851), Sohn eines badischen Generals, diente als Leutnant im preußischen Dragonerregiment Kurfürst von Pfalz-Bayern (No. 1). Er trat später in badische Dienste, w o er bis zum Generalleutnant befördert und nach seinem Dienst als Chef des Generalquartiermeisterstabs (1832-1836) und Generaladjutant (1836-1845) zum Freiherrn ernannt wurde.
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Karl Freiherr von Steinaecker (1781-1851) diente ab 1795 beim Infanterieregiment Prinz Louis Ferdinand (No. 20), später beim Regiment Pirch (No. 22). 1805 kam er zu Massenbachs 2. Brigade des Generalquartiermeisterstabs und diente während der Mobilmachung beim Reservekorps Möllendorffs, 1806 bei Auerstedt und 1807 bei Blüchers pommerschen Korps. Nach dem Frieden von Tilsit wurde er zur Linie zurückversetzt und diente mit Auszeichnung beim preußischen Hilfskorps in Rußland und in verschiedenen Einheiten während der Befreiungskriege. Nach verschiedenen weiteren Kommandos erhielt er 1850 seinen Abschied als General der Infanterie. Heinrich Philipp Andreas von Reichenbach (1783-1852) vom Infanterieregiment Prinz Wilhelm von Braunschweig (No. 12) geriet 1806 durch die Kapitulation von Erfurt in französische Gefangenschaft. Da er durch den Tilsiter Frieden zum westphälischen Untertanen geworden war, schied er 1808 aus preußischen Diensten, in die er erst nach der Schlacht von Leipzig zurückkehrte. Danach übernahm er verschiedene Stabsfunktionen und erhielt 1848 seinen Abschied mit dem Charakter als Generalleutnant. Sekondeleutnant von Schnehen vom Regiment Alt-Larisch wurde 1805 als Stabskapitän ins Kadettenkorps versetzt. Karl Friedrich Wilhelm von Oppen (1778-1814) vom Warschauer Infanterieregiment Thile (No. 46), Sohn des in Nr. 1 genannten Artilleriemajors. Er wurde später zur 3. Brigade des Generalquartiermeisterstabs versetzt und diente bei Auerstedt als Kurier Scharnhorsts. 1810-1812 kämpfte er in spanischen Diensten, nach seiner Rückkehr fiel er als Oberstleutnant im Stabe Blüchers bei Etoges.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
146 1. 2. 3. 4.
Leut. "
v. Klitzig 15 V. Pfuel 16 Gr. v. Einsiedel 17 V. Bülow
zeigen neben Fähigkeiten und Fleiß auch Beurteilungskraft. E s fehlt • ihnen aber noch an Kenntnissen. v. Scharnhorst
52. Scharnhorst an Geusau
Berlin, 11. Januar 1804
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs. 3 Übersendung einer Beurteilung der Schüler an der Akademie für junge Offiziere von vier Ausarbeitungen.
und
Berlin, 11. Januar 1804. E w . Exzellenz lege ich hier einen kurzen Bericht von den Fähigkeiten und Kenntnissen der Offiziere des hiesigen Instituts vor. Zugleich erfolgen hierbei die 4 Ausarbeitungen, welche in den letzten 14 Tagen aufgegeben sind. Ich habe diese nicht durchgelesen, meine Beurteilung ist m e h r ein Resultat der Arbeiten, welche seit 3 Jahren unter meiner Anleitung gemacht sind. E s kann aber dennoch leicht sein, daß ich mich in meinem Urteil geirrt habe. v. Scharnhorst.
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Sekondeleutnant von Klitzing vom Infanterieregiment Prinz Ludwig Ferdinand (No. 20) wurde 1805 zum Adjoint im Generalquartiermeisterstab ernannt. Bei der Mobilmachung 1805 diente er in Ostpreußen, 1806 beim Korps des Herzogs Eugen von Württemberg, 1807 als Verbindungsoffizier bei russischen Stäben. Heinrich von Pfuel (1781-1846) vom Brandenburger Infanterieregiment Puttkamer (No. 36) wurde 1806 verwundet und gemeinsam mit Scharnhorst bei der Erstürmung Lübecks gefangen. 1809 kam er in den Generalstab, 1811 erhielt er seinen Abschied, kehrte aber 1813 zur Armee zurück, um bei verschiedenen Stäben zu dienen. Der Träger des Eisernen Kreuzes 1. Klasse wurde 1842 zum Generalleutnant und Kommandanten von Stettin ernannt. Der Sekondeleutnant vom in Halle garnisonierten Infanterieregiment Renouard (No. 3) wurde 1805 zur 2. Brigade des Generalquartiermeisterstabs versetzt und diente 1805 und 1806 unter Hohenlohe. Die damals im Heeresarchiv, Rep. 15 А Kap. 45 Nr. 53 Pak. 498, befindliche („ganz eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt.
Vorlage
Nr. 53
53. Denkschrift
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[Berlin, 11. Januar 1804]
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs. 3 Druck: Lehmann I, S. 319 (Zitat). 1 Beurteilung von Schülern der Akademie für junge
Offiziere.
Leutnant v. Hofmann, R. Larisch, 2 - hat sehr viel Kenntnisse in den H i l f s wissenschaften, in der Mathematik und den Kriegeswissenschaften. Es fehlt ihm nicht an Beurteilung und eigentümlichen Ideen. Er zeichnet sehr gut und hat auch einige Fertigkeit in Aufnahmen. Er scheint in seinem Benehmen für sich eingenommen zu sein, er ist es aber in der Tat nicht. b Leutnant v. Buch, Reg. Ansbach Bayreuth. 3 - Hat mit Hofmann gleiche Kenntnisse aber nicht die Beurteilung desselben. Dabei hat er das Unglück schwache Augen zu haben, doch weiß ich nicht, in wie fern ihn dies zum Dienst des Generalstabes unfähig macht. Er gehört zu den anständigsten und bescheidensten Offizieren des Instituts.' Leutnant v. Freistädt, Reg. Pfalz-Bayern. 4 Hat in den angewandten militärischen Wissenschaften sehr gute Kenntnisse und eine lichtvolle und leichte Art der Darstellung. Er verbindet hiermit die Erfahrung einiger Feldzüge und ein bescheidenes prüdentes Benehmen. d Leutnant Braun von der Artillerie. - Besitzt einen großen Fond von praktischen Kenntnissen, Fertigkeit in der Darstellung, sowohl schriftlich als durch Zeichnungen. Seine Ausarbeitungen verraten einen richtigen Blick, eine gute Anwendung des Terrains und der wechselseitigen
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Die damals im Heeresarchiv, Rep. 15 А Kap. 45 Nr. 53 Pak. 498, befindliche Vorlage („ganz eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. Es handelt sich um die erste Anlage zum vorangehenden Schreiben an Geusau. Dazu am Rande eine Entscheidung von fremder Hand, mutmaßlich Geusaus (auch bei den folgenden): . P.N. Wird zum Examen beordert werden." Dazu am Rande: .P.N. Wegen Mangel des Gesichts nicht in die Liste mit aufgeführt." Dazu am Rande: .P.N. Wegen seines Verhältnisses mit Chur Baden nicht in die Liste aufgeführt." Lehmann zitiert hier aus der Beurteilung Clausewitz', weist sie jedoch irrtümlich der Liste vom 29. November 1803 (Nr. 51) zu. Gemeint ist das Berliner Infanterie-Regiment Alt-Larisch (No. 26), nicht das Thorner Regiment Jung-Larisch (No. 53). Sekondeleutnant Alexander Detlof von Buch (1773-1845) vom Pasewalker Dragonerregiment Markgraf von Ansbach-Bayreuth (No. 5) wurde 1805 zum Premierleutnant befördert. Er gehörte der Militärischen Gesellschaft an und wurde 1808 als Major verabschiedet. Dragonerregiment Kurfürst von Pfalz-Bayern (No. 1), dessen Stabsquartier sich in Schwedt befand.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Unterstützungen der verschiedenen Waffen. Er arbeitet dabei sehr geschwind und verbindet mit diesen Eigenschaften die Erfahrung der Rhein-Feldzüge und ein solides Benehmen/ Leutnant von Oppen vom Reg. Thiele. Er gehört zu den fleißigsten Offizieren des Instituts. Er hat sich in demselben viele Kenntnisse erworben. Er zeichnet sehr gut, hat auch einige Fertigkeit in Aufnehmen. Seine Aufsätze sind immer sehr sorgfältig ausgearbeitet. E r ist nicht immer glücklich in der Beurteilung des Ganzen. zeigt aber dennoch nicht selten im Detail viele natürliche Fähigkeiten. Von einem vortrefflichen Charakter/ Leutnant von Steinwehr v. Reg. v. Larisch. Er besitzt sehr viele gründliche Kenntnisse und die Fertigkeit, seine Gedanken aufs Papier zu übertragen, er zeichnet sehr gut und nimmt auf. Die Gabe, seine Kenntnisse andern mitzuteilen, und sein guter, sanfter und bescheidener Charakter qualifizieren ihn zu einem Offizier bei dem Kadetten-Korps ganz vorzüglich. 8 Leutnant v. Schneehen, Reg. v. Larisch Ein sehr bescheidener und fleißiger Offizier, der gut zeichnet, gut aufnimmt, in der Mathematik und Kriegeswissenschaft Kenntnisse besitzt und der mit allen die Erfahrung einiger Feldzüge verbindet, dem es aber noch in den Arbeiten, welche sich auf höhere taktische Gegenstände beziehen, an Fertigkeit fehlt. h Leutnant v. Boyen, R. Goetz. 5 Besitzt nicht allein viele Kenntnisse, sondern auch Fertigkeit in der Darstellung seiner Ideen, so wohl schriftlich, als durch Zeichnungen. Seine Aufsätze waren immer sehr ausgearbeitet und verrieten die genauesten Detail-Kenntnisse. Wenn zu Zeiten der rechte Gesichtspunkt darin verfehlt wurde, so lag dies mehr an seinem ersten Unterricht in der Taktik als an angebornen Fähigkeiten.' 'Leutnant v. Pfuel, R. Putkammer 6 ' f 8 h
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Dazu am Rande: _P.N. Wegen seiner Bestimmung zum Artillerie-Inspektions-Adjudanten nicht in die Liste aufgeführt." Dazu am Rande: ..P.N. Wird in die Liste aufgeführt." Dazu am Rande: „P.N. Wird in die Liste aufgeführt." Dazu am Rande: .P.N. Wird nicht in die Liste aufgenommen, weil er nur erst kurze Zeit im hiesigen Dienst ist und nicht 3 Personen von einem Regiment beim Generalstabe angestellt werden können." Dazu am Rande: .P.N. Wird in die Liste aufgenommen." Am Rande für die folgenden fünf Offiziere (bis einschließlich Leutnant Graf Einsiedel): „P.N. Werden in die Liste aufgenommen." Das Berliner Infanterieregiment Goetze (No. 19), dem auch der junge Adelbert von Chamisso angehörte. Ein am gleichen Ort archiviertes undatiertes Schreiben eines Leutnant Pfuel an Scharnhorst wurde ebenfalls maschinenschriftlich transkribiert. Es beantwortete die Aufforderung, sich zum Examen in Potsdam zu melden, ablehnend, denn „Familienver-
Nr. 53
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Fähnrich v. Reichenbach Dies sind zwei junge, sehr fleißige und talentvolle Offiziere, welche auf die Zukunft sehr viel versprechen. Ihre Arbeiten zeichneten sich immer unter den jüngern Offizieren durch wohlüberdachte und neue Zusammensetzungen aus. Leutnant v. Klitzing, R. P. L. Ferdinand 7 Leutnant v. Bülow, R. Zastrow. 8 Leutnant k Graf Einsiedel, R. Renouard. Sind erst eine kurze Zeit im Institut, ihre bewiesene Kenntnisse, ihr Fleiß und ihr[e] Beurteilung lassen hoffen, daß sie in dem nächsten Kursus alles leisten, was nur in diesen von den fleißigsten und fähigsten Individuen geleistet ist. 'Leutnant v. Steinäcker, Regim. v. Pirch 9 Ein fähiger, fleißiger und bescheidener junger Mann, den es nur noch an Kenntnisse in der Geschichte und den höheren Teilen der Taktik fehlt, der aber auch hierin schon einen guten Anfang gemacht hat. Leutnant v. Rühle von der Garde. 10 Der Leutnant von Rühle ist einer der fleißigsten Offiziere des Instituts. Er besitzt sehr gute Kenntnisse in der Mathematik und alle von ihm gelieferte Ausarbeitungen über die Kriegeswissenschaften zeigen, wenn gleich nicht seltene Talente, doch Überlegung und richtige Beurteilung. Er besitzt aber noch nicht die Kenntnisse in den Kriegeswissenschaften, welche mehrere seiner Kameraden sich eigen gemacht haben. Leutnant v. Kyckepusch, Reg. Kleist. 11 hältnisse und Kränklichkeit machen es notwendig, sehr bald meinen Platz unter den Streitern für den König und Vaterland gänzlich zu entsagen und eine andere Laufbahn zu beginnen. Jetzt unterstehe ich mich noch eine Bitte an Ew. Hochwohlgeboren zu wagen, nämlich den Ausbruch [statt „Ausbruchs"] meines Dankgefühls gegen Sie nicht ungnädig aufzunehmen, denn Ihr gütiger lehrreicher Unterricht ließ mich eine ganz andere Ansicht wie bisher von der ehrenvollen Bestimmung eines Kriegers fassen und machte [statt „machten"] mir den Entschluß, die preußischen Kriegesdienste zu verlassen zu müssen, außerordentlich schwer." Hierbei scheint es sich jedoch um ein Schreiben von Pfuels Bruder Ernst Adolph Heinrich (1779-1866) zu handeln, der 1803 als Leutnant beim Infanterieregiment König (No. 18) seinen Abschied nahm, um mit seinem Freund Heinrich von Kleist durch Italien, die Schweiz und Südfrankreich zu reisen. Heinrich von Pfuel wurde dagegen 1804 zum Generalquartiermeisterstab versetzt. k I
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Folgt ein überflüssiges „v." Am Rande für die folgenden vier Offiziere (bis einschließlich Leutnant v. Kleist): „P.N. Werden sämtlich in die Liste aufgenommen, um nach Potsdam beordert zu werden." Regiment Prinz Ludwig Ferdinand (No. 20). Nach der Rangliste für 1806 wurde Sekondeleutnant von Bülow 1805 zum Adjutanten des Posener Infanterieregiment Zastrow (No. 39) ernannt. Das Stargarder Infanterieregiment Pirch (No. 22). Das Potsdamer Infanterieregiment Garde (No. 15). Das Magdeburger Infanterieregiment Kleist (No. 5).
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Stehet sowohl in gründlicher Behandlung der wissenschaftlichen Gegenstände als der Fähigkeiten, des Fleißes und der Kenntnisse neben dem Leutnant v. Rühle. Dadurch, daß er den Feldzügen am Rheine beigewohnt, hat er sich eine sehr richtige Kenntnis in den angewandten Teilen erworben. Er gehört übrigens zu den solidesten und bescheidensten Offizieren des Instituts. Leutnant v. Kleist, R. Prinz Wilhelm12 Vereinigt mit ganz vorzüglichen angebornen Fähigkeiten sehr gute Kenntnisse der Mathematik und Kriegeswissenschaften. Seine Ausarbeitungen haben etwas Eigentümliches und Selbstgedachtes. Die praktischen, auf das Terrain um Berlin sich beziehenden Ausarbeitungen von den L. v. Kleist sind ein Beweis von richtiger Beurteilung des Terrains und der Umstände. Leutnant v. Clausewitz beim Prinz August v. Preußen.13 Eine seltene richtige Beurtheilung des Ganzen, eine bescheidene und gefällige Darstellung charakterisieren die Ausarbeitungen des L. v. Clausewitz. Dabei besitzt er gründliche Kenntnis der Mathematik und Kriegeswissenschaft."1 v. Scharnhorst.
54. Scharnhorst an Christian Dietrich Helwing Berlin, 28. Januar [1804] N a c h der Edition bei Linnebach, S. 248, mit den von Gerhard Oestreich vorgenommenen Korrekturen." Druck des ersten Bandes des Handbuchs der Artillerie.
Berlin, den 28. Jan. 18031 Der Buchdrucker in Königslutter hat mir geschrieben, daß ich ihm das Manuskript des Artillerie-Werks nicht schicken möchte, weil er mit Ew. Wohlgeb. wegen des Drucks nicht einig wäre und in jedem Fall denselben erst nach Ostern anfangen könnte. Er schreibt mir, daß Dieselben eine Auflage von 2500 Exemplaren machen wollen. Dies wünsche ich nicht. Es ist für m
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Am Rande: „PJL. Wird wegen seiner Verhältnisse beim Prinz August nicht in die Liste mit aufgenommen". Friedrich Jakob von Kleist vom Prenzlauer Infanterieregiment Prinz Wilhelm von Braunschweig (No. 12). Als dessen Chef, Prinz Friedrich Wilhelm, 1805 den Titel eines Herzogs von Öls erbte, erhielt es den Namen Regiment Braunschweig-Ols. Dieser befehligte seit 1803 als Major ein Berliner Grenadierbataillon, das aus Kompanien der Regimenter Graf Kunheim (No. 1) und Arnim (No. 13) bestand. Die Vorlage befand sich zur Zeit Linnebachs im Kriegsministerium, 1552, zur Zeit Oestreichs im Heeresarchiv, Rep. 4 Ζ 1 Nr. 1552. Aller Wahrscheinlickeit nach ist sie 1945 verbrannt. Es ist 1804 gemeint.
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mich nicht gut und auch selbst für Sie nicht. Ich arbeite in der Sache weiter, und ein Werk der Art wird immer verbessert. Die große Anzahl von Planen bleibt ja ohnehin. Ich ersuche Sie daher, die Auflage bei höchstens 1200 zu lassen. Ich habe hierüber zwar keine Bedingungen gemacht, ich habe aber auch vorausgesetzt, daß ein gewisser Mittelweg hierin genommen würde. Die Plane sind bis auf ein paar fertig; ich habe schon 300 rh. dafür vorgeschossen. Ich bitte recht dringend, mit dem Buchdrucker in Königslutter den Druck auf eine bestimmte Zeit zu ordnen. Mit aller Hochachtung bin ich Ew. Wohlgeboren dienstwilligster Diener Scharnhorst.
55. Scharnhorst an Knesebeck
Berlin, 3. Februar 1804
N a c h einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs. a
Schwierigkeiten bei Plazierung Ziehens nach dessen Ubertritt in preußische Dienste. Gespräch mit Generaladjutant Kleist und Rücheis Ansichten. Mögliche Stelle für Steinwehr beim Kadettenkorps. Berlin, 3. Febr. 1804. Mein lieber Knesebeck, ich bin diesen Morgen bei M. v. Kleist1 gewesen, der mir sagte, der König habe geglaubt, es sei vorgesehen, den Kapit. Ziehen ad interim bei das Kadetten Korps zu placieren, wenn der H . G. v. Rüchel nichts dagegen zu bemerken hätte; 2 dieser habe nichts dagegen, es sei schon mit ihm alles verabredet, ich möchte also Ziehen sondieren. Als ich zu Haus kam, fand ich Ihren Brief. Was kann ich nun dazu tun? Eben bekomme ich von den '
Die damals im Heeresarchiv Potsdam befindliche Vorlage („eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt.
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Friedrich Heinrich Ferdinand Emil von Kleist (1762-1823) war am 30. April 1803 zum vortragenden Generaladjutanten von der Infanterie ernannt worden. Kleist, ein ehemaliger Page des Prinzen Heinrich, hatte im Infanterieregiment Lettow (No. 46) den böhmischen Feldzug von 1778/79 mitgemacht und wurde unter Friedrich Wilhelm II. in den Generalquartiermeisterstab versetzt. Nachdem er bei der Erstürmung Frankfurts 1792 ausgezeichnet worden war, wurde er zum Inspektionsadjutanten der Berliner Infanterieinspektion und 1799 zum Kommandeur des später von Prinz August befehligten Grenadierbataillons ernannt. Zu dieser Zeit trat er als 30. Mitglied in die Militärische Gesellschaft ein. In seiner Schlüsselstellung als Generaladjutant verhielt er sich in der Zeit vor Jena und Auerstedt Scharnhorsts Reformvorschlägen gegenüber kühl. Während der Befreiungskriege führte er das preußische II. Armeekorps, das u. a. bei Kulm und Leipzig kämpfte; nach Beendigung des Krieges verlieh ihm der König den Titel eines Grafen Kleist von Nollendorf.
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Ziehen hatte nach der Kapitulation der hannoverschen Armee eine Zeitlang in Göttingen studiert und danach den bayrischen Kurprinzen (späteren König Ludwig I.) unterrichtet, ehe er Anfang 1804 in preußische Dienste trat.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
H. G. v. Rüchel eine Antwort auf ein Zeugnis, welches ich den L. v. Steinwehr wegen seiner Kenntnisse in den mathematischen und militärischen Elementar-Wissenschaften gegeben hatte, woraus ich sehe, daß den H. G. v. Rüchel die Sache mit Ziehen nicht angenehm sein kann. Ich habe aber nie daran gedacht, daß Ziehen suchen sollte, in das Kadetten Korps zu kommen, mein Antrag war in den Generalstab. Ich wußte zu der Zeit nicht, daß eine, geschweige denn mehrere Vakanzen in den Kadetten Korps entstehen würden. Lieber wäre mir es gewesen, wenn der H. G. v. Rüchel es ganz abgelehnt hätte. Ich habe Ziehen dem Major v. Kleist geschildert, so treu als möglich, ich habe hierin nichts versäumt, bin aber übrigens ihrer Meinung, daß Leute wie Ziehen sich nicht recht zu Kadetten Offizieren schicken; da er indes nur ad interim dabei gesetzt werden sollte, so läßt sich auch hier nicht so sehr viel einwenden. In den Brief, den ich diesen Morgen an den H. G. v. Rüchel schrieb, hatte ich gesagt, daß der Leut. von Steinwehr vielleicht das Glück hätte, daß der H. G. auf ihn bei der Besetzung der Offizierstellen reflectierte (ich wußte, als ich dies schrieb, noch nichts von der Idee, Ziehen hier zu placieren), ich hätte dies von den L. v. Steinwehr selbst erfahren. Hieraus hat der H. G. v. Rüchel geglaubt, daß Steinwehr mir gesagt, er hätte Versprechungen; dies hat er nicht gesagt und ich ersuche Sie mir die Freundschaft zu erzeugen, den H. G. v. Rüchel gelegentlich zu sagen, er möchte doch meinen unbestimmten Ausdruck mir verzeihen, der Leut. v. Steinwehr hätte nie sich große Hoffnungen gemacht, daß der H. G. ihn in Vorschlag bringen würden, und vielleicht wohl auf ihn in der Folge reflektieren möchte und daß also eine Empfehlung, soweit sie der Wahrheit gemäß wäre, ihn vielleicht nützlich sein könnte. Ihr Freund v. Scharnhorst.
56. Scharnhorst an Friedrich Wilhelm III.
Berlin, 27. Februar 1804
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs. a Übersendung einer Denkschrift zu den hannoverschen Maßnahmen zur Erprobung des Geschützmetalls. Vorschläge zu einer ähnlichen Erprobung des Metalls des preußischen Belagerungsgeschützes.
Allerdurchlauchtigster grossmächtigster König, Allergnädigster König und Herr! *
Berlin, 27. Februar 1804.
Die damals im Heeresarchiv, Rep. 3 OKK No. 22, 13 Pak. 423, befindliche Vorlage („eigenhändig") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. Es handelt sich um ein Begleitschreiben für die anschließende Denkschrift.
Nr. 56
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Als Ew. Königl. Majestät sich nach der hannövrischen Untersuchung des Geschütz-Metalls erkundigten, würdigten Höchstdieselben diesem Gegenstande eine besondere b Aufmerksamkeit und befahlen, von den gemachten Erfahrungen gelegentlich weitern Gebrauch zu machen. Da das Festungs und Belagerungs-Geschütz Ew. Majestät Festungen und Armeen noch nicht völlig reguliert ist, die vorherigen Untersuchungen Jahre erfordern, so halte ich mich verpflichtet, diesen Befehl alleruntertänigst durch das beigelegte Memoir auszuführen. Die Vorschläge, welche in demselben Ew. Majestät ehrfurchtsvoll vorgelegt werden, bestehen in folgenden: 1. Eine Untersuchung anzustellen, ob das aus alten Metall gegossene Belagerungs-Geschütz die erforderliche Dauer habe, und mit den hierzu erforderlichen Versuchen andere zu Vervollkommnung der Belagerungsartillerie abzweckende zu verbinden. 2. Eine Methode der Untersuchung des Geschützes bei dem Empfang desselben einzuführen, durch welche man die Beschaffenheit des Metalls einigermassen beurteilen könne. 3. Ein zur Untersuchung des Geschützes erfundenes Instrument einzuführen, mit welchen man die Genauigkeit der vorgeschriebenen Form des Geschützes bei der Ablieferung und die Veränderung desselben im Gebrauche erforschen könne. So geringfügig mein Anteil an diesen Vorschlägen ist, so darf ich dennoch nicht unterlassen hier anzuführen, dass meine ehemaligen Verhältnisse1 mich auf dieselben geführt haben und dass das königl. Artillerie-Korps bisher so glücklich gewesen ist, nicht durch unglückliche Ereignisse auf diesen Gegenstand geführt zu werden. Ich darf dies umsomehr ohne den Verdacht einer Schmeichelei sagen, da schon vor vielen Jahren bei demselben Versuche im Kleinen über das Geschütz-Metall angestellt sind und mein Vorschlag nur darauf hinausgehet, diesen Gegenstand eine neue und grössere Aufmerksamkeit zu gönnen. Möchte ich so glücklich sein, Ew. Majestät hierdurch einen Beweis meines unablässigen Bestrebens nützlich zu sein und meiner unbegrenzten Dankbarkeit zu geben! Mit der tiefsten Ehrfurcht und grössten Verehrung ersterbe ich Ew. Königl. Majestät alleruntertänigster G. v. Scharnhorst.
h 1
Statt „ einer besondern Als hannoverscher Artillerieoffizier und Mitglied der Kommission zur Reorganisation der hannoverschen Artillerie, vgl. die verschiedenen Dokumente aus dieser Tätigkeit im zweiten Band.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
57. Denkschrift
Berlin, 29. Dezember 1803 1
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs.3 1. Unzulänglichkeit der bisherigen Methode der Materialprobe bei Geschützen. Nichterkennen zu weichen Metalls. 2. Erkennen der dadurch entstandenen Mängel bei französischen Versuchen ab 1785. Fahre de Lamartillieres Vorschläge von 1796. 3. Hannoversche und britische Erfahrungen. Groß angelegte Untersuchung in Hannover. 4. Lamartillieres Ansicht zu Ursachen der Materialmängel. 5. Resultate der Versuche in Hannover. 6. Anwendung auf das Projekt des Umgießens des preußischen Festungs- und Belagerungsgeschützes. Notwendigkeit eigener Erprobung. 7. Physikalische Erprobung der Festigkeit von Geschützmetall. 8. Feuerprobe. Meßgeräte. 9. Abwägen der Kosten gegen Schaden durch Unterlassung der Erprobung. 10. Mögliche Resultate und dann zu ergreifende Maßnahmen. 11. Möglichkeit der Erleichterung der Stücke und Verringerung der Ladung. 12. Gleichzeitige Nutzung der Versuche für andere Untersuchungsgegenstände: Untersuchung der Wirkung auf Befestigungen. 13. Prüfung verschiedener Lafetten. 14. Selbst entwickeltes Gerät zur Messung der Erweiterung der Geschützseele. Memoir: Über das Metall und über das Probieren desselben beim Empfang neuer Geschütze. Berlin, 29. Dezember 1803 I. Abschnitt Uber die Untersuchung der Beschaffenheit des Metalls bei den neuen Geschützen. Gewöhnliche Art. die Güte des Kanonen-Metalls zu untersuchen. §1· Bisher probiert man das Geschütz in Rücksicht der Stärke des Metalls durch einige Probeschüsse, bei denen man eine etwas stärkere Ladung als bei den gewöhnlichen nimmt. Durch diese Probe sieht man wohl, ob das Metall eines Geschützes sehr spröde ist, weil in diesem Fall das Geschütz bei der starken Ladung zerspringen würde, ob es aber zu weich ist, davon wird man nicht durch die Probeschüsse belehrt. Denn ein weiches Metall hält die stärkste Ladung aus, ohne dass man äusserlich an der Kanonen irgend eine Beschädigung wahrnehmen kann. Beim fernem Gebrauch erweitert sich aber der Pulversack oder vielmehr die Seele in dem Teile, in welchem die Kugel liegt. Diese Erweiterung verursacht, dass dieselbe bald oben, bald unten an die "
Die damals im Heeresarchiv, Rep. 3 OKK No. 22, 13 Pak. 423, befindliche Vorlage („ Überschrift und Unterschrift eigenhändig; die Denkschrift selbst von Schreiberhand") ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt.
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Hier eingeordnet, da sie zusammen mit Nr. 56 eingereicht wurde.
Nr. 57
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Wände der Kanone schlägt und Eindrücke macht, welche durch ein wiederholtes Feuern immer tiefer werden, sodass am Ende durch das Anschlagen in den sehr grossen Vertiefungen die Kugeln zerspringen und in Stücken aus der Kanonen kommen. Schon ehe dies Zerschlagen der Kugeln eintritt, hat die Kanone ihre Direktion verloren und gibt dann nur ungewisse Schüsse. Der gewöhnliche Fehler des Metalls bestehet jetzt in dem Mangel der erforderlichen Härte. Denn nachdem die Kanone[n] nicht mehr hohl oder über den Dorn gegossen werden, nehmen sich die Stückgiesser wohl in acht, sie zu hart zu giessen. Sie würden in dem Fall die massiven Geschütze nur mit vieler Mühe bohren können. Niemand hört aus diesem Grunde jetzt von zersprungenen metallnen Kanonen, aber von in der Seele beschädigten ist desto öfter die Rede.
Dass die obige Art das Geschütz zu probieren sehr unvollkommen ist, ergibt sich schon aus dem Angeführten und hat die Erfahrung bewiesen. Die französische Artillerie, welche das beste Geschütz zu haben glaubte, musste bei einem Versuche 1785 beiläufig erfahren, dass der grösste Teil der neuen 12,16 und 24 ί ί gen Kanonen von so schlechtem oder weichem Metall waren, dass man nur einen kurzen Gebrauch von ihnen machen konnte. Der General Lamartilliere 2 erhielt daher 1786 den Auftrag, die Brauchbarkeit des Metalls der neuen Geschütze im grossen zu untersuchen. Er erhielt dazu 29 Stück neu gegossene Geschütze. Seine Untersuchung kostete 120.000 Ü Pulver, 38.000 U verlorne Kugeln und 3 Kanoniere, welche dabei das Leben verloren. Das Resultat derselben war, dass den 4 und 8 U dem selten, den 12 U dern oft, noch öfter den 16 und 24 Ü dem die erforderliche Haltbarkeit des Metalls fehle, dass sogar die meisten der letztern von der Beschaffenheit waren, dass sie in einer Belagerung nur wenige Tage hätten gebraucht werden können. Die beiliegende Tabelle3 enthält einen kurzen tabellarischen Auszug aus dem erwähnten Werke. In dem französischen Revolutionskriege kamen keine langwierigen Belagerungen vor, und da nur die neueren Geschütze ein fehlerhaftes Metall hatten und die ältern, mit welchen die Festungen grösstenteils besetzt waren, eine weit grössere Brauchbarkeit bewiesen, so war die fehlerhafte Beschaffenheit des Metalls der ersteren nicht so nachteilig, als sie in der Folge durch mehreres Umgiessen der alten Geschütze hätte werden können. Dennoch hielt man die Sache 2
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Jean Fabre de Lamartilliere (1732-1819) hatte im Siebenjährigen Krieg bei der französischen Artillerie gedient, war 1779 als Kapitän zum Inspekteur der Gießerei in Douai ernannt worden und wurde 1788 zum Major befördert. 1793 befehligte er die Artillerie der Armee der Ostpyrenäen und wurde nach zwei Verwundungen 1795 zum Divisionsgeneral befördert. 1797 kommandierte er die Artillerie der Rheinarmee, 1799 die der Donauarmee, 1800 wurde er zum Generalinspekteur der Artillerie und Senator ernannt, 1810 zum Grafen. Anscheinend nicht überliefert.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
für so bedenklich, dass man ihnen keine Publizität gab, und Lamartilliere erzählt, dass man nur durch die grössere Anzahl und Abwechselung der Geschütze sich in den verschiedenen Vorfällen des Krieges geholfen habe. Er hielt die Sache so wichtig, dass er 1796 das Artillerie-Korps zu Vorschlägen, wie diesen Nachteilen abzuhelfen sei, öffentlich aufforderte und alle Untersuchungen unter folgendem Titel bekannt machte: Reflexions sur la Fabrication en general des bouches ä feu etc. par Lamartilliere, Chef de Division, Inspecteur general de l'Artillerie ä Paris 1796. 4 O b die französische Artillerie Mittel ausfindig gemacht hat, ihr Metall zu verbessern, und worin sie bestehen, ist nicht bekannt geworden. Die schlechte Beschaffenheit des Metalls bei den hannövrischen und englischen neuen Geschützen. §3. Eine besondere Aufmerksamkeit, welche in Hannover auf die Artillerie verwendet war, hatte vor und nach dem Revolutionskriege grössere Versuche veranlasst, als die übrigen Verhältnisse dieses kleinen Militärs mit sich brachten. Bei diesen trat nun eben das ein, was bei der französischen Artillerie schon vorher eingetreten war, nämlich dies, dass das Metall bei den 3 und 6U dem immer der Gewalt der Ausdehnung des Pulvers und der Reibung der Kugel widerstand, dass aber bei den 12federn dies nicht der Fall war, indem diese zu Zeiten schon nach 100 Schüssen so erweiterte Seelen bekamen, dass sie nicht mehr Linie halten und bald darauf garnicht mehr gebraucht werden konnten. Als hiervon dem Könige von England Bericht abgestattet wurde, erhielt man die Nachricht, dass auch die englische Artillerie sich in diesem Falle befände. Zugleich wurde der Befehl gegeben, dass in Hannover dieser Gegenstand auf das genaueste untersucht werden sollte. Der Verfasser dieses Aufsatzes war ein Mitglied der UntersuchungsKommission. Man verschaffte sich von allen Artillerien die über diesen Gegenstand gemachten Erfahrungen, man wandte sich an die Giessereien des Hüttenwesens, man konsultierte die berühmtesten Chemiker und Hess selbst einige nach Hannover kommen, man machte während 1V2 Jahre eine Menge Versuche, sowohl im kleinen als im grossen und erreichte dennoch nur unvollkommen den vorgesetzten Endzweck, aus mehrmal umgegossenen Geschütz anderes von schwererem Kaliber giessen zu können, welches immer die erforderliche Dauerhaftigkeit zeigte. 3
4 5
Das Werk wurde 1817 neu aufgelegt. Vgl. hierzu die Sitzungsprotokolle aus dem Dezember 1800, N r . 209 im zweiten Band.
Nr. 57
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Aus den Versuchen gezogende Schlüsse. §4. Der General Lamartilliere gab mutmasslich folgende Ursachen der geringen Dauer der neuen Geschütze an: a.) Die grössere Stärke des jetzigen Pulvers. (Aber das alte Geschütz zeigt auch bei diesem die erforderliche Dauer, mithin ist im Pulver [nicht], wenigstens nicht allein, der Grund der geringen Dauer des neuen zu suchen). b.) Die jetzige Art, die Kanonen massiv zu giessen (die ältern Kanonen waren über einen Dorn gegossen. Man hat aber auch von den massiv gegossenen Geschützen anfangs die verlangte Dauer erhalten). c.) Der geringe Spielraum. d.) Der Mangel des Zinks in dem Metall der neueren Geschütze. §5.
a.)
b.)
c.)
Aus den in Hannover gemachten Versuchen scheint sich zu ergeben, dass das aus zuerst eingeschmolzenen, vorher noch nicht vermischten Metall gegossene Geschütz eine weit grössere Dauer als das von umgegossenen Kanonen-Metall auch bei der vorteilhaftesten Mischung hat und dass hierin zum Teil der Grund liege, warum das alte Geschütz eine grössere Dauer als das neue, von mehrmal eingeschmolzenen [Geschützen gegossene] zeige. Ferner folgt sowohl aus den französischen als hannoverschen Untersuchungen, dass zu Zeiten das umgegossene Geschütz die nötige Haltbarkeit wenigstens zu 12 und 16H dern hat, statt ihm dieselbe ein andermal unter fast gleichen Umständen mangelt, und dass man kein Verhältnis der Mischung ausfinden könne, in dem [man] auf eine sichere und gewisse Art brauchbares Geschütz von starkem Kaliber erhält, denn indem man ihm die erforderliche Härte durch Zusatz von Zinn verschaffen will, verliert man an Zähigkeit und Stärke. Endlich folgt noch aus den Untersuchungen, dass die Dicke der Kanone nicht dem Übel abhilft, welches durch zu weiches Metall entstehet, indem das Metall gemeiniglich in der Seele der Kanonen starke Eindrücke bekommt, ohne dass dadurch dasselbe bis an die äusseren Teile ausweicht. Und bei manchen ganz beschädigten Kanonen ist in den äusseren Teilen nichts wahrzunehmen, wenigstens erfolgen die Risse gewöhnlich erst, wenn die Beschädigung in der Seele einen hohen Grad erreicht hat. II. Abschnitt Anwendung der obigen Erfahrungen bei der Umgiessung des preussischen Belagerungs-Geschützes.
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§6. Die Umgiessung der Defensions- und Belagerungs-Artillerie ist wegen der ungleichen Einrichtung, des ungleichen Gewichtes und Kalibers der alten Stücke eine sehr zu wünschende Sache und für die Verteidigung und den Angriff der Festungen äusserst wichtig. Es kömmt indess hierbei darauf an, dass man nun recht brauchbares Geschütz nicht allein in Rücksicht der äussern Form, sondern auch in Rücksicht der Beschaffenheit des Metalls erhält. Es scheint daher eine Untersuchung, ob man auch in dem Fall der Franzosen, Engländer und Hannoveraner sich befinde, notwendig und für das Interesse Seiner Majestät des Königs wichtig zu sein. §7. Man untersucht in der Physik die Kohäsion des Metalls durch das Auseinanderreissen und die Härte durch den Eindruck, welchen harte Körper auf dasselbe machen, wenn sie von einer gewissen Höhe fallen. Diese und einige hieraus abgeleitete Methoden scheinen auch in der Artillerie nützlich zu sein und die Erfahrung hat den Verfasser gelehrt, dass man auf diese Weise die Brauchbarkeit des Kanonen-Metalls weit genauer erforschen kann, als es gewöhnlich bei dem Empfange neuer Kanonen zu geschehen pflegt. Ist die aus der Physik entlehnte Methode einmal bekannt, die Vorrichtung, welche nur einige hundert Taler kosten kann, einmal getroffen, so ist hernach die Untersuchung mit keinen grossen Schwierigkeiten verbunden. §8. Zu der physikalischen Probe muss bei jeden Geschütz die Feuerprobe kommen. Sie wird auf 2 Arten ausgeführt, bei der ersten Art geschehen 3 Schuß mit doppelter bis 3facher Ladung und hierauf untersucht man mit einem dazu eingerichteten Instrument, ob sich der Pulversack erweitert hat; ist dies geschehen, so ist das Metall zu weich. Die 2te Feuerprobe kann nur bei wenigen Geschützen ein für allemal stattfinden. Sie bestehet darin, dass man einige Geschütze so wie in Belagerungen gebraucht. Dadurch wird man sich einen Massstab für die im letzten angeführten Proben verschaffen und man wird alsdann mit grosser Wahrscheinlichkeit behaupten können, dass diejenigen Geschütze, welche nach der physikalischen Probe des Metalls gleiche Beschaffenheit des Metalls haben und bei den Probeschüssen mit mehr als doppelter Ladung genau ihre Gestalt behielten, brauchbar sind, wenn eins von ihnen in der 2ten Art von Feuerprobe bestanden hat. Dahingegen wird man die Kanone verwerfen, welche nach der physikalischen Probe mit einer andern nicht in der Feuerprobe bestanden, von gleicher Metall-Beschaffenheit ist oder deren Seele sich bei der ersten Art von Feuerprobe erweitert hat.
Nr. 57
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§9. Die 2te Feuerprobe läßt sich freilich nicht ohne einen bedeutenden Kostenaufwand von Pulver ausführen und man kann überdem gegen diese Probe einwenden, dass es wahrscheinlich sei, dass das Metall des preussischen Belagerungs- und Defensions-Geschützes noch nicht in dem Fall desb französischen sich befinde (welches durch das viele Umgiessen seine Härte verloren), indem das erstere bisher noch nicht umgegossen sei und also bei einem bevorstehenden Umguss noch die erforderliche Beschaffenheit haben werde. Aber bei dem allen ist doch keine völlige Sicherheit vorhanden und welch eine unglückliche Lage wäre es, wenn man mit sehr grossen Kosten die Geschütze hätte umgiessen und mit Lafetten versehen lassen und dass sie nun in dem Augenblick der N o t zum Teil nicht brauchbar oder nur halb brauchbar fände? Könnte hierdurch nicht die Monarchie in Gefahr kommen? Und wie gering, wie unbedeutend sind die Kosten der Untersuchung in Vergleich der obengenannten? Man würde einen grossen Fehler begehen, wenn man hier sich auf die Kunst des Stückgiessers und auf das Zutrauen zu demselben beziehen wollte. Der Stückgiesser kann auch nichts gegen die Natur der Sache ausrichten, Frankreich und England hatten immer die geschicktesten Künstler und glaubten sie auch in dem Augenblick zu haben, als sie den unglücklichen Zustand ihres neuen Geschützes entdeckten.
§10. Es können bei der Untersuchung mehr Fälle eintreten: Dass das Geschütz die erforderliche Dauer zeigt; dies ist der glücklichste und der wahrscheinlichste Falle. 2.) Dass das Geschütz nur zum Teil, nämlich nicht in jedem Guss, nicht von jedem alten Metall, brauchbar ist. 3.) Und endlich, dass ein sehr grosser Teil der Geschütze nicht die erforderliche Brauchbarkeit zeigt. In dem ersten Fall wird man nun mit Zuversicht sich auf sein Geschütz verlassen können und also die Untersuchung ihren Nutzen haben, wenn man auch nicht andere damit verbundene wichtige Absichten, welche im folgenden vorkommen, in Betracht ziehet. In dem zweiten Fall wird man diejenigen Geschütze erkennen, welche nicht brauchbar sind, und da wird der Vorteil der Untersuchung von nicht zu berechnenden Nutzen sein. Tritt der letzte unglückliche Fall ein, welches gar nicht wahrscheinlich, aber doch möglich ist, so wird man andere Mittel einschlagen müssen. Man wird dann seine Zuflucht zu geringem Ladungen und kleinern Kalibern nehmen. Man wird für die ganz grossen Kaliber Eisen wählen oder sie von ganz reinem, 1.)
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Statt „ der".
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zum erstenmal eingeschmolzenen Metall giessen lassen u.s.w. Es ist überflüssig über die Wichtigkeit der Untersuchung auf diesen Fall noch etwas zu sagen. §11. Ein anderer wichtiger Gegenstand, welcher bei dieser Untersuchung zugleich ausgemacht werden kann, besteht darin, dass man erforscht, ob nicht das Festungs-Geschütz, besonders das Defensionsgeschütz, 1. leichter sein könne, als es bisher war, und 2. mit einer geringem Ladung, als ihm bisher bestimmt war, den Effekt im wesentlichen leistet, den man sich bei stärkerer Ladung davon verspricht. Hierdurch würde teils ein grosser Kostenaufwand in Pulver sowohl, als in Metall stattfinden, teils aber auch der Vorteil entstehen, dass man das Geschütz nun leichter und besser, also mit weniger Mannschaft, behandeln könnte. Es scheint, als wenn dieser Gedanke mit dem, was über die schlechte Beschaffenheit des Metalls geäussert ist, in Widerspruch stände. Es muss aber hier erwogen werden, dass (wie schon 5 erwähnt worden ist) die Erfahrung ergeben hat, dass die Dicke des Metalls, wenn es einmal zu weich ist, nichts oder doch wenig zu der Erhaltung der Geschütze beitrage und dass die Geschütze, welche übergütig sind (viel Metall haben) fast ebenso geschwind als andere, welche nicht ganz vollgütig sind, ruiniert werden. §12. So sehr man die Wirksamkeit der verschiedenen Feldgeschütze bei verschiedner Ladung und Länge in Absicht der Schussweite erforscht hat, so wenig ist dies bei den Belagerungsgeschützen in Absicht der Wirkung gegen Werke, Brustwehren, Schiessscharten u.s.w. geschehen. Die obigen Versuche könnten hierzu dienen, ohne dass dadurch ihr Hauptzweck verfehlt würde, und sie würden also in dieser Rücksicht zu sicheren Grundsätzen bei dem Defensions-Geschütze führen. §13. Noch ein anderer Nutzen dieser Versuche könnte darin bestehen, dass man die verschiedenen Arten von Defensions-Lafetten dabei prüfte. Die Meinungen sind darüber geteilt, eine längere Erprobung zeigt erst die besondern Umstände, welche beim Gebrauch vorkommen. Ausserdem lassen sich noch mehrere nützliche und belehrende Anwendungen von diesen Versuchen machen, welche man hier übergehet. §14. Bei dieser Untersuchung muss man ein Instrument haben, mit welchem man die Beschaffenheit der Seele und die Erweiterung derselben genau bestimmen kann. Bei der sardinischen, französischen und englischen Artille-
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rie hat man dergleichen, wie aus öffenlichen Schriften bekannt ist. Der Verfasser dieses Aufsatzes hat in seinem Handbuche schon 1785 ein Instrument dieser Art beschrieben, welches von seiner Erfindung und in Hannover eingeführt ist.6 Es hat den Vorzug vor andern, dass es nicht viel kostet, geschwind gebraucht werden kann und dennoch der Absicht vollkommen entspricht. Man hat es in Hannover besser als das dasige sehr kostbare englische gefunden. Dieses Instrument ist nicht bloss zu dieser Untersuchung bestimmt, sondern noch zu folgendem Gebrauche in der Artillerie nützlich: 1.) werden mit demselben die aus der Giesserei abgelieferten Kanonen untersucht, ob ihre Seele in allen Teilen richtig und konzentrisch mit der äussern Oberfläche der Kanone gebohrt ist? Ob die Teile der Kanonen genau die vorgeschriebenen Dimensionen haben und das Metall allerwärts die gehörige Dicke hat? 2.) Bei den Kanonen, welche durch die Feuerprobe untersucht werden, wird es nach einer gewissen Anzahl Schüsse gebraucht, um zu sehen, wie diese Erweiterung zunimmt u. s. w. 3.) Bei altern Kanonen wird dies Instrument gebraucht, um zu sehen, ob die Seele schon gelitten, ob der Pulversack schon erweitert ist? Ist dies der Fall, so wird die Kanone nicht länger mehr gebraucht werden können. Alle Untersuchungen alter Kanonen sind ohne eine genaue Erforschung der Erweiterung der Seele in dem Punkte, wo die Kugel vor der Ladung liegt, unvollkommen, weil nur dies die Anzeige einer baldigen Unbrauchbarkeit ist. v. Scharnhorst. 58. Rechnung
Hannover, 2. März 1804
G S t A P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 12 fol. 37r (1 S.): Schreiberhand, mit Unterschriften Davids und Scharnhorsts.
Hannover d. 2ten Mertz 1804. Für rh. 102 in Ld'or a 5 th. Drey Tage nach Sicht zahlen der Herr Obrist Lieutenand von Scharnhorst Hochwohl, in Berlin an den Herrn Mendel Oppenheim die Summa von hun-
6
Vgl. Scharnhorst, Handbuch für Offiziere I (1787), S. 21f. Das Gerät bestand aus einem zur Seele passenden Metallhalbzylinder, dessen Flachseite mit Papier beklebt wurde, auf dem die Abweichungen von der Geraden mittels eines langen Lineals mit daran befestigten gefederten, mit Bleistiften verbundenen Tastern aufgezeichnet wurden.
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dertundzwey Thaler in Ldor a fünf rh. Wir stellen solche Rechnung laut heutigen Bericht. Salomon Mich. David und Söhne "Angenommen v. Scharnhorst.1
59. Scharnhorst an Wallmoden
Berlin, 11. März 1804
N a c h einer Abschrift Gerhard Oestreichs.® Verbundenheit. Absicht und Auftrag zu einer Rezension der zu den hannoverschen Ereignissen erschienenen Tagesschriften in der Allgemeinen Literaturzeitung. Bevorstehende Richtigstellung zu einer Darstellung des Übertritts Scharnhorsts in der Minerva. Dank für Denkschrift.
Hochgeborner Reichsgraf, Hochgebietender Herr Feldmarschall! Ew. Excellenz gnädiges Schreiben vom 2. Febr. habe ich erst den 24. erhalten. Nie habe ich die Dankbarkeit vergessen, nie sind die Gefühle der Hochachtung und Verehrung erlöscht, welche ich Denenselben ewig schuldig bin. Die unglückliche Lage, in welcher Ew. Excellenz und unser unglückliches Vaterland sich befunden haben, ist mir aus diesem Grunde doppelt schmerzhaft gewesen. Um meine Empfindung zu befriedigen, hatte ich mich vorgenommen, die über die hannövrischen Angelegenheiten herausgekommenen Schriften in der allgemeinen Literatur-Zeitung zu recensiren und einige falsche Gesichtspunkte zu berichtigen. Ich hatte in dieser Hinsicht an den Hofrat Schulz 1 , der erste Redakteur derselben, geschrieben, und dieser hatte nicht allein mein Anerbieten angenommen, sondern mich nachher dazu aufgefordert. Dennoch sehe ich eine sehr empörende Recension der historischen
" 1
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1
Das Folgende von Scharnhorsts Hand. Im gleichen Faszikel, fol. 38r, befindet sich ein undatiertes Schreiben von David und Söhne, das einen nicht überlieferten Brief Scharnhorsts vom 10. November 1804 beantwortet. Der Eingang von 329 Reichstalern 6 Groschen wird bestätigt, die zum Neujahrstag 1805 an Helwing gezahlt werden sollten und bis dahin auf Scharnhorsts Konto gutgeschrieben wurden. Weiter heißt es: „In der ernsten Voraussetzung, daß wir den Betrag, der uns noch gutkömmt, auf Ostern 1805 bestimmt erhalten werden, wollen wir bis zu diesen Zeitpunkt uns noch gedulden." Die Vorlage (»ganz eigenhändig") befand sich in HStAH, Dep. 14 (ν. Wallmoden), VI A Nr. 66, und ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1943 verbrannt. Am gleichen Ort war ein Konzept für einen Brief Wallmodens an Scharnhorst, Bückeburg, 2. Februar 1804, archiviert. Vermutlich Lesefehler Oestreichs, da anscheinend Christian Gottfried Schütz (17471832) gemeint ist. Der Herausgeber der Allgemeinen Litteraturzeitung, bis dahin Professor der Poesie und Beredsamkeit in Jena, folgte 1804 einem Ruf nach Halle, wo er den Lehrstuhl für Literaturgeschichte erhielt.
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Nr. 60
Berichtigungen in dieser gelehrten Zeitung vor etwa 14 Tagen eingerückt. Da der H. von Fink 2 mir vor einigen Tagen sagte, daß man mir für den Verf. ich weiß nicht welcher Broschüre hielt, so glaubte ich die obige umständliche Erzählung meines Vorhabens Ew. Excellenz und mir selbst schuldig zu sein, wobei ich noch die Versicherung hinzufüge, daß ich über diese Angelegenheiten, weder direkte noch indirekte, je eine Zeile habe drucken lassen. Die falschen Angaben über die Ursachen meines Abgangs aus den hannövrischen Dienst werde ich jetzt in der Minerva berichtigen.3 Wenn Ew. Excellenz nicht diesen Gegenstand in Ihrem Schreiben erwähnt hätten, so würde ich denselben viel zu klein u. geringfügig15 halten, als daß ich damit das Publikum belästigte. Das von Ew. Excellenz mir zugeschickte Memoir 4 finde ich in der Darstellung dieses Gegenstandes nicht allein richtig, sondern mit vieler Güte und Delicatesse gegen mich abgefaßt. Sollte ich im Stande sein, irgend etwas zu tun, wodurch ich in dieser und in jeder andern Sache meinen Gefühlen der Dankbarkeit gegen Ew. Excellenz ein Gnüge leisten könnte, so würde mich dies sehr glücklich machen. Mit größter Verehrung bin ich Ew. Excellenz gehorsamster Diener Berlin, den 11. März 1804. v. Scharnhorst
60. Scharnhorst an Pontanus
Berlin, 15. März 1804
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs." Fragen zur Untersuchung des Geschützmetalls.
Berlin, 15. März 1804 Billigen Sie, mein sehr unschätzbarer Freund, die beiliegende Antwort, so werde ich sie abschreiben und einschicken.1 Haben Sie die Güte und sagen Sie mir hierüber Ihre freundschaftliche Meinung. Mir scheint es, dass es bei h 2
3
4
* 1
Statt „ geringfühig Möglicherweise Wallmodens ehemaliger Adjutant Ernst Idel Jobst Friedrich Freiherr von Vincke oder einer seiner Verwandten. Die Zeitschrift „Minerva" erschien seit 1792 in Hamburg, redigiert von dem aus dem zweiten Band bekannten Johann Wilhelm von Archenholz (1743-1812). Im Jahrgang 1804 findet sich kein entsprechender Artikel. Gemeint ist möglicherweise Wallmodens undatierte gedruckte Verteidigungsschrift: Darstellung der Lage, worin sich das Hannövrische Militair in den Monathen May, Juny und July des Jahres 1803 befand. Die damals im Heeresarchiv, Rep. 3 OKK No. 22, 13 Pak. 423, befindliche Vorlage ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. Vgl. Nr. 61.
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diesem Gegenstande vorerst auf 2 Punkte ankömmt. 1. Ist die ganze Untersuchung nützlich? 2. Wie kann sie ausgeführt werden? Der erste Punkt ist ein Gegenstand, der für das Kriegeskollegium und die ernannte Kommission mit Ausnahme meiner gehört. Der 2. ist ein Gegenstand der Männer der Konferenz mit Einschluss des Kriegeskollegiums. Bei diesem bin ich nur ein Mitglied der Konferenz. Wird der lste Punkt verneint, so fällt der 2te von selbst weg. Doch dies ist nur meine Ansicht und da ich die Verhandlungen der Art nicht hinlänglich kenne, so bitte ich darauf keine Rücksicht zu nehmen, wenn Sie anderer Meinung sind. Sagen Sie mir alsdann nur, wie Sie es zu haben wünschen. v. Scharnhorst.
61. Scharnhorst an Geusau und das 1. Departement des Oberkriegskollegiums
Berlin, 17. März 1804
Nach einer maschinenschriftlichen Abschrift Gerhard Oestreichs. 3 Zusammensetzung der Untersuchungskommission methodischen Fragen.
zum Geschützmetall. Konferenz
zu
Berlin, 17. März 1804 b Ew. Excellenz und Eines hochlöblichen Ersten Departements des Königl. Ober-Krieges-Kolleg. verehrtes Schreiben vom 9ten März1 habe ich den 14ten erhalten. Die mir mitgeteilte Bestimmung der Untersuchungskommission der von mir Sr. Majestät eingereichten Vorschläge, ist nach meiner Beurteilung grade von den Männern zusammengesetzt, welche am meisten mit Gegenständen der Art bekannt sind, und stimmt völlig mit meinen Wünschen überein.2
* b
1
2
Die damals im Heeresarchiv, Rep. 3 OKK No. 22, 13 Pak. 423, befindliche Vorlage ist aller Wahrscheinlichkeit nach 1945 verbrannt. Randvermerk: „praes. den 19. März 1804 v. Pontanus, v. Diericke." Einen Offizier namens Diericke gab es beim Oberkriegskollegium nicht, mutmaßlich handelt es sich hier um einen Lesefehler bei der Abschrift und in Wirklichkeit hatte Dietherdt (vgl. Anm. 1) unterschrieben. Das von Generalmajor Philipp Georg von Dietherdt, Pontanus und Neander unterschriebene Schreiben des 1. Departements (Berlin, 9. März 1804) war am gleichen Ort archiviert; eine maschinenschriftliche Transkription befindet sich im Nachlaß Oestreich. Laut dem Schreiben vom 9. März sollten zu dieser Kommission hinzugezogen werden: Scharnhorst, Oberst Boumann, Major Schultze, Kapitän Heuser, Stabskapitän Ludwig (Feuerwerksmeister der Artillerie) und Sekondeleutnant Tiedecke (Feuerwerksleutnant im 1. Artillerieregiment). Als Fachleute wurden gleichzeitig vorgeschlagen zwei Chemiker, Medizinalrat Klaproth und Professor Hermbstädt, und der Direktor des Gießhauses Mankisch.
Nr. 61
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Was die Bestimmung der zu richtigen Resultaten führenden Versuche in dieser Sache betrifft, so gehet mein gehorsamstes 0 Gesuch dahin, dass dieselbe11 ein Gegenstand der Konferenz werden möchte. Dieser Gegenstand ist von so weitem Umfange und erfordert so mannigfaltige Rücksichten, dass ohne Vereinigung der Ansichten der Männer, welche die Konferenz ausmachen, vielleicht nicht der Zweck erreicht werden möchte. Dies ist indes nur ein Vorschlag, den ich Ew. Excellenz und E. hochlöbl. Departement vorzulegen wage, und der aus dem Gefühl meiner wenigen Einsichten und dere Schwierigkeiten des Gegenstandes fliesst. v. Scharnhorst.
c d e
Statt „ gehorsamster". Statt „derselbe". Statt „dem".
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2. Divisionstaktik und Vorschläge zur Reorganisation der Artillerie
62. Denkschrift
[?, nach 1800, vor 1806?1]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 137 fol. 3r-45r (81 S.): Abschrift, Hände verschiedener Schreiber, mit eigenhändigen Abänderungen. I. § 1. Einteilung einer Armee in Divisionen. § 2-3. Gewöhnliche und verstärkte Schlachtordnung einer Division. $ 4—5. Gewöhnliche und verstärkte Schlachtordnung zweier Divisionen. § 6. Kavalleriereserve zweier Divisionen. § 7-9. Schlachtordnungen von vier bzw. fünf Divisionen. II. Anwendung in offenem Terrain gegen Kavallerie. 5 Я Verhalten beim Avancieren. § 10-12. Abwehr von Angriffen feindlicher Kavallerie, Verfolgung. § 13. Feindliche Kavallerie in Wartestellung. § 14. Verhalten einer abgesonderten Division. III. Anwendung in offenem Terrain gegen feindliche Infanterie. §15. Abwehr feindlicher Infanterie. § 16. Angriff auf feindliche Infanterie. IV. Anwendungin durchschnittenem oder vermischtem Terrain, ξ 17. Auswirkungen des Terrains. § 18. Abwehr feindlicher Angriffe. § 19-21. Angriffe auf den Feind. V. Gebrauch der großen Kavalleriereserven. § 22-23. Aufgaben als Reserven der Armee. Angriffe auf Flanken und Rücken des Feindes. VI. Beispiele für den Einsatz einer in Divisionen unterteilten Armee. § 24. Einsatz der Divisionen der französischen Armee bei Hohenlinden 1800. 5 25-27. Hypothetischer Einsatz einer in Divisionen unterteilten preußischen Armee bei Zorndorf. VII. Einige allgemeine Regeln. § 28. Ständige Regeln. § 29. Regeln für besondere Fälle. VIII. Evolutionen und Stellungen einer Division. 5 30. Notwendigkeit der Einübung der Divisionsbewegungen in Friedenszeiten.
Von den Schlachtordnungen der Armee-Divisionen" § 1. Bestand einer Armee-Division in den hier folgenden Schlachtordnungen. Es ist hier angenommen, daß die Armee aus 40 Bataillonen, 80 Escadronen, 10 Batterien schwerer und 7 Batterien reitender Artillerie bestehe, und daß sie in 5 Divisionen und 2 Cavallerie-Reserven eingetheilt sey, deren Stärke in der nachstehenden Tabelle zu ersehen ist.
* Darunter mit Bleistift von fremder Hand: „ v. Scharnhorst." 1 Nach der Schlacht von Hohenlinden (3. Dezember 1800), vgl. das VI. Kapitel. Die Ausrüstung der Artilleriebatterien vornehmlich mit Zwölfpfündern, die zwei Bataillone der Infanterieregimenter und das Vorhandensein von Regimentsartillerie deuten auf eine Entstehung vor der Reformzeit.
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Nr. 62
Division der Avantgarde jäa Division der Haupt Armee 2I£ " " " " jte
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II
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Cavallerie-Reserve für die und 2 K Division Cavallerie-Reserve für die 3 K und 4 K Division Summa -
reitende Batterien Batterien zu Fuß
Bataillone.
Escadronen.
8 8 8 8 8
20 5 5 5 5
1 1 1 1 1
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20
1
-
20
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7
2 2 2 2 2
10-
Die Schlachtordnung dieser Armee ist in dem 2 Ш Plan abgebildet. Die beiden Fuß-Batterien bey der Avantgarde bestehen aus 6Udig Canonen und 7 U d i g Haubitzen, die übrigen 8 bey den 4 Divisionen der Hauptarmee aus 12 Ü dig Canonen und 10Й dig Haubitzen. In den Schlachtordnungen, welche in Plan III, I V u.s.w. dargestellt sind, ist nie von der Division der Avantgarde, sondern nur von denen, welche die Haupt-Armee ausmachen, die Rede. Es ist hier ferner vorausgesetzt, daß die Cavallerie-Reserven, wenn es die Umstände erfordern, eine oder andere der 4 Divisionen der Haupt-Armee mit 10 Escadronen verstärken, so daß sie dann aus 15 Escadrons Cavallerie, 8 Bataillons Infanterie, 2 Fuß. und 1V 2 Batterien reit. Artillerie bestehet. b I' es Capitel. Allgemeine Begriffe von den Schlachtordnungen der Armee 0 Divisionen. § 2. Gewöhnliche Schlachtordnung einer Division.*1 Plan III
Als Anschlußwort folgt am Ende dieser Seite (fol. 3v) und so wird es auch auf unteren Hälfte der folgenden Seite (fol. 4r) fortgesetzt. Oben auf fol. 4r befindet sich jedoch noch das Ende eines offenbar aus einer früheren Bearbeitungsstufe stammenden Abschnittes. Von Schreiberhand steht dort gestrichen: „bestimmt. Mithin hatte eine Armee von 5 Divisionen zwey Cavallerie-Reserven ohne die Cavallerie, welche zu jede Division gehörte." Daneben gestrichen eigenhändig: „ nach befindlichen Umständen eine oder andre der 4 letzten Division mit Cavalerie verstärken, so daß diese Division, wenn sie auf diese Art vermehrt wird, Ii Esc. Cavalerie hat." c Eigenhändig hinzugefügt. * Diese Zwischenüberschrift eigenhändig hinzugefügt, ebenso die folgenden. Die Paragraphennummern befanden sich ursprünglich am Beginn des ersten Absatzes, im vorliegenden Fall also erst nach „Plan III". b
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In dem dritten 6 der dieser Abhandlung beigefügten Plane ist eine Armee-Division von 2 Brigaden Infanterie, 2 Batterien Artillerie zu Fuß, 1 Batterie Artillerie zu Pferde und 5 Escadronen in gewöhnlicher Schlachtordnung dargestellt. Jede Brigade bestehet aus 4 Bataillonen oder 2 Infanterie-Regimentern und 1 Batterie Artillerie von 8 Stücken außer den beiden, welche jedes Bataillon mit sich führt. Im ersten Treffen stehen hier die Bataillone in 2 Gliedern mit dem Regiments- und Batterie Geschütz. Hinter den Flügeln der Bataillone befinden sich die Scharfschützen, und weiter rückwärts hinter der Mitte eines jeden Bataillons die Division, welche von dem З101 Gliede formirt ist. Mitten hinter den beiden Brigaden Infanterie befinden sich 5 Escadrone Cavalerie und 1 Batterie reitender Artillerie von 8 Stück; diese machen das 2 te Treffen aus oder dienen gewissermaßen den beiden Infanterie-Brigaden zur Reserve. Wenn der Bestand der reitenden Artillerie nicht erlaubt, eine ganze Batterie bei eine Division zu geben, so nimmt man dazu nur eine halbe. § 3. Verstärkte Schlachtordnung einer Division Plan IV. In dem 4 ^ Plane hat man eine Division von derselben Stärke in Schlachtordnung so wie im ersten dargestellt, nur mit dem Unterschied, daß von jeder Infanterie-Brigade 1 Bataillon zurück im 2 Ш Treffen stehet. Hierdurch ist die Schlachtordnung ungemein verstärkt. Denn erstlich stehen die Batterien im ersten Treffen nun um die Front zweyer Bataillone näher beieinander und 2 ^ hat jede Brigade außer dem Soutien von Cavalerie noch den von 1 Bataillon und 2 Bataillons-Canonen. Diese Bataillone können auf manche Art nützlich seyn: haben einige der ersten Linie im Feuer sehr gelitten, so lösen sie dieselben ab; werden die der ersten Linie zum Rükzuge genöthigt f , so stellen sie sich, von der Cavalerie unterstützt, dem Feinde entgegen, damit jene Zeit bekommen, sich wieder zu setzen; kömmt der Feind in Flank und Rücken, so gehen sie vereinigt mit der Cavalerie demselben entgegen; bricht der Feind in einer andern Division durch, so machen sie für die, zu der sie gehören, einen Haken 8 . Bey dem Angriff unterstützen sie die Cavalerie, welche den Feind in die Flanke fällt, oder sie bleiben zurück, um bey einem unglücklichen Erfolg den Rückzug zu decken.11 e
f 5 h
Eigenhändig verändert aus „ ersten ". Eigenhändig verändert aus: „ über den Haufen geworfen ". Eigenhändig verändert aus: „ eine Potence". Folgt gestrichen: „ oder sie dienen auf andere Art zur Verstärkung der ersten Schlachtordnung. Ein ander [folgt gestrichen: „großer"] Vortheil der Zurücknahme dieser Bataillone ins 2й Treffen bestehet noch darin, daß nun die Brigaden nur 3 Bataillone in Front haben und also noch mit Ordnung in den meisten Terrains geführt werden können, welches bey 4 schon große Schwierigkeiten hat."
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§ 4. Gewöhnliche Schlachtordnung von 2 Divisionen Plan V.1 In dem Plane siehet man 2 Divisionen, nebst einer Reserve von 20 Escadronen Cavalerie und 1 Batterie reitender Artillerie. Jede Division ist der in Plan III beschriebenen gleich und stehet auch auf eine gleiche Art in Schlachtordnung. Des kleineren Maasstabes wegen sind aber die Scharfschützen und die Divisionen des 3й11 Gliedes in dem δ101 so wie in den folgenden Planen nicht bemerkt, sie werden aber in allen diesen' vorausgesetzt. § 5. Verstärkte Schlachtordnung von 2 Divisionen Plan VI. k Der 6 K Plan stellt wieder 2 Divisionen mit einer Cavalerie-Reserve so wie der V й vor, nur mit dem Unterschiede, daß hier von jeder Brigade 1 Bataillon zur Reserve im 2^" Treffen zurückgeblieben ist und eine jede Division in der Schlachtordnung, welche im III™ Plane gegeben ist, stehet. Die Schlachtordnung des V I m Plans erhält hierdurch eine1 Verstärkung, wie dies schon § 3 weiter auseinander gesetzt ist. § 6. Cavalerie Reserve für 2 Divisionen. Plan V und VI. m Die Cavalerie-Reserve des und 6 Ш Plans dient nicht allein zur Unterstützung der Infanterie, sondern auch vorzüglich dazu, in Masse sich auf die Flanken des Feindes zu werfen oder in einem andern Puncte, wo derselbe irgend eine Blöße giebt, sich in denselben hinein zu stürzen. § 7. Gewöhnliche Schlachtordnung von 4 Divisionen Plan Vila." In Plan V i l a stehen 4 Divisionen in Schlachtordnung, es haben immer 2 und 2 eine Reserve von Cavallerie. Es besteht demnach die Armee aus 2 Corps, jedes Corps aus 2 Divisionen und 1 Cavallerie-Reserve.
' * k
1 m
"
Verändert aus „III". Entsprechend wurde auch in der Folge zweimal „Зт" zu geändert. Auch die Nummern der anderen Pläne in diesem Paragraphen wurden eigenhändig geändert. Folgt gestrichen „so wie in den III"" und IVm [verändert aus „ und 2m"]". Eigenhändig verändert aus „IV." Ebenso in den folgenden Absätzen „6U" aus „4й", „ aus „ im III"* Plane" und „ V/m" aus „ 4m". Folgt gestrichen: „ außerordentliche Verändert aus „III und IV", entprechend in der folgenden Zeile „ 5м und 6^" aus„3tsa und 4 Verändert aus „ V", entsprechend der Beginn des folgenden Satzes aus „ In dem Plane ".
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Betrachtet man das Ganze in Rücksicht der Linie, in der die Truppen stehen, so hat man erstlich das erste Treffen, welches die Infanterie ausmacht, die so wie im 3ten Plane0 in Schlachtordnung stehet, zweytens das 2 K Treffen, welches die Cavallerie und reitende Artillerie einer jeden Division enthält, und die Reserve, welche 2 große Brigaden Cavallerie, jede von 20 Escadronenp und 1 Batterie reitender Artillerie, formirt. 4
§ 8 Gewöhnliche Schlachtordnung von 5 Divisionen. Plan Vllb. In Plan VHb stehen 5 Divisionen in Schlachtordnung in der Absicht, mit dem rechten Flügel den feindlichen linken anzugreifen, die erste Division oder die Avantgarde mit mehrerer Artillerie versehen. Der linke Flügel wird refusirt, so ungefähr wie in der Schlacht bey Leuthen. II tes Capitel Anwendung der im ersten Capitel beschriebenen Schlachtordnungen der Armee-Divisionen im offenen Terrain gegen feindliche Cavallerie.
§ 9. Verhalten beim Avanciren der Division Plan III u. IV.r In dem III 150 und IVй11 Plan ist die Division in der Schlachtordnung vorgestellt, in der sie sich in einer Ebene befindet, wenn sie mit dem Angriffe der Cavallerie bedrohet wird; bewegt sich in dieser Lage die Linie, so dienen die Divisionen des Gliedes dazu, die hier und da entstandenen Lücken sogleich auszufüllen. Die Schützen vertreiben die Plänkerer und leichten Truppen, welche die Linie incomodiren wollen; sie werden hierbey von den RegimentsCanonen, wenn etwa Cavalerie-Trups nahe kämen, unterstützt, doch bleiben die Canonen nur mehr vor der Intervalle, damit sie geschwind in dieselbe einrücken können. § 10. Verhalten bevm Angriff der feindl. Cavalrie Kömmt es zu einer entscheidenden Action, greift die Cavallerie die Linie an, so agirt die Infanterie und Artillerie auf die gewöhnliche Weise. Stürzt irgendwo ein Trup bis in die Bataillone und entstehet dadurch eine Lücke in denselben, es sey daß die Soldaten zur Seite springen oder niedergeritten werden, so rückt die Division des З^11 Glie-
0 p 4
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Eigenhändig verändert aus „aus Infanterie bestehet, die so wie im ersten Plane". Verändert aus „ Cavallerie, von 20 bis 30 Escadronen " Der hier einsetzende Paragraph (nicht nur die Überschrift) von Schreiberhand hinzugefügt. Die folgenden Paragraphen wurden entsprechend eine Zahl höher umnumeriert. Verändert aus „Plan III", entsprechend im folgenden Satz „III1** und IVm" aus „III
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des vor, stellt sich in die Oeffnung und herstellt die etwa entstandene Unordnung. Gelingt ihr dies nicht, und wird auch sie mit fortgerissen, so stürzt sich die Cavallerie der Division in den einbrechenden Feind, der jetzt, da er nicht in Ordnung seyn kann, gewiß wieder zurückgeworfen wird. Die Divisionen des 3 101 Gliedes von den nebenstehenden Bataillonen formiren bey einem solchen Durchbruch Flanken, damit die feindliche Cavallerie sich rechts und links nicht weiter ausbreiten kann.5 Bricht der Feind bei der verstärkten Schlachtordnung Plan IV durch, so hat er außer der Division des 3ten Gliedes und der Cavalerie noch hinter jeder Brigade ein Bataillon gegen sich. Dieses formirt in diesem Augenblike ein Quarree, damit die zerstreute Inf. Zeit hat, sich hinter ihnen wieder zu formiren. § 1 1 . Wird die feindliche Cavallerie repoussirt, so wird sie von der Cavallerie der Division, wenn die Umstände es verstatten, verfolgt; doch erfordert diese Bewegung sehr viele Vorsicht. In jedem Fall kann nach einem fehlgeschlagenen feindlichen Angriff die reitende Artillerie, von der Cavallerie bedeckt, vorgehen, um den Feind zu beschießen und um ihn nicht Zeit und Ruhe zum Formiren zu lassen. Sie muß aber hier' sich wohl in Acht nehmen, nicht zu weit zu gehen; ihre Entfernung von der Linie muß nicht größer seyn. wie die vom Feinde. Alsdann wird sie, wenn der Feind sich etwa auf sie werfen wollte, Zeit haben, sich bis in die Linie herein zu ziehen, ehe er sie zu erreichen im Stande ist." § 1 2 . Dies Vorrücken sowol von der Cavallerie, als der reitenden Artillerie, geschiehet jedesmal in der Mitte zweyer Batterien, d. i. in der Mitte einer Brigade. Es ist hierbey erforderlich, daß die Bataillone, wo die Cavallerie durchgehet, 2 Compagnien zurücktreten lassen und daß diese während
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Der folgende Absatz eigenhändig hinzugefügt. Davor gestrichen die eigenhändige Ergänzung: „ Wie hier die Cavalerie Reserve von zwei Divisionen sich zu verhalten hat, wenn der Feind nicht durch die Cavalerie einer jeden Division In der verstärkten Schlachtordnung, Plan IV, dienen die Bataillone der 2ten Linie heim Durchbruch der feindlichen Cavalerie zur Unterstützung unserer sich nun auf den Feind gestürzten. Sie rücken in die Lücke, wenn ganze Bataillone in Unordnung kommen, damit diese Zeit haben, sich wieder zu ralliren. Bricht der Feind in einer nebenstehenden Brigade durch, so machen sie für die ihrige eine Flanke, damit derselbe sich nicht rechts und links ausbreiten kann." Verändert aus „ in solchen Fällen ". Folgt gestrichen der eigenhändig hinzugefügte Absatz: „Das Verhalten der Cavalerie Reserve für 2 Divisionen bei den obigen Ereignissen wird im Vten Capitel vorkommen."
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der Zeit Flanken formiren. Bey dieser Anordnung werden die schweren Batterien im übelsten Fall den Rückzug der Cavallerie protegiren können, und die zurückgeworfenen Flanken gegen den Feind, der etwa mit eindringen möchte, ein kreutzendes Feuer machen. Wie die großen Cavalerie Reserven in den Vorfällen, welche in den drei letzten §§ angenomen sind, angewendet werden, wird in einem andern Capitel gezeigt werden. § 13 Wie man sich gegen feindliche, außerhalb des Canonshus stehende Cavalerie verhält. Greift die der Division entgegenstehende feindliche Cavallerie nicht an und hält sie sich in einer solchen Entfernung, daß man sie nicht mit dem Geschütz, welches vor dem ersten Treffen sich befindet, v beschießen kann, so gehet, wenn nicht die Umstände es verbieten, die reitende Artillerie der Division, bedeckt von der Cavallerie, vor, protzt, sobald sie die feindliche Linie erreichen kann, ab, und feuert in dieselbe. Hierbey ist Folgendes zu beobachten: erstlich, daß die Geschütze der Batterie* weit von einander stehen, damit der Feind dieselben, wenn er eine überlegene Artillerie gegen sie auffährt, dennoch nicht vertreiben kann; zweytens, daß sie nicht zu weit gehet und, sobald die feindliche Cavallerie Mine zum Angriff macht, gleich aufprotzt und nach der Linie zurückkehrt. Auf diese Weise kann man einen sehr großen Vortheil von der reitenden Artillerie ziehen und den Feind unter manchen Umständen zum Rückzüge nöthigen oder sich auf eine für ihn vielleicht nachtheilige Art einzulassen. In der Gegend von Herzogenbusch machten die Franzosen im September 1794 dies Manoeuvre gegen einen Theil der Englischen Armee. x § 14. Verhalten einer abgesonderten Division in dem Angriff feindlicher Cavalerie bedrohet Plan XIII.'' Bisher ist vorausgesetzt, daß die Division Truppen stände oder doch nicht, ohne daß v w x
y
offenr Gegend, wo sie von wird. in Verbindung mit andern der Feind viel wagte, über-
Eigenhändig verändert aus „ Geschütz der Brigade Eigenhändig verändert aus „ Kanonen Folgt gestrichen: „ § 13. Verhalten der in verstärkter Schlachtordnung stehenden Division in den obigen Fällen Plan IV. [verändert aus „ VIT] Wenn eine Division in den hier angenommenen Fällen in der im 4Ш [verändert aus „7'-ш"] Plan angegebenen, § 3 beschriebenen Schlacht-Ordnung stehet, so kann sie von den verschiedenen Theilen, aus den sie zusammengesetzt ist, auf die nemliche Art, wie in der Schlachtordnung des Зш [verändert aus „ 2Ш"] Plans, Gebrauch machen. Sie hat dabey noch andere in § 3 beschriebene Vortheile." Eigenhändig hinzugefügt.
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flügelt werden könnte; ist dies aber nicht der Fall, ist eine Division in einer offenen Gegend dem Angriff der feindlichen Cavalerie bloß gestellt, so formirt die Infanterie 4 Quarrees, jedes Quarree bestehet dann aus V2 Brigade oder 1 Regimente. 2 Welche Stellung die Quarrees auch wählen mögen, so wird man immer wohl thun, ein Quarree etwas zurück, ein anderes etwas vorzulassen, und mit den beiden übrigen die Flanke, d. i. den Raum zwischen ihnen, zu decken, Plan X I I I , " die Batterien aber in die Intervallen zu stellen und die Cavallerie und reitende Artillerie als Reserve zwischen ihnen. Es versteht sich von selbst, daß die reitende Artillerie und Cavallerie alles anwenden wird, den Feind von den Quarrees entfernt zu halten, bis er zu einen ernstlichen Angriff heranrücket und nunmehr das CanonFeuer nicht weiter achtet. In den Quarrees stehen die Divisionen des 3й11 Gliedes hinter den Flanken, es befindet sich hinter jeder Flanke also '/2 Division. Wenn eine Lücke in der Flanke entsteht, so tritt sie gleich hinter dieselbe, um diese, wenn sie nicht wieder geshlossen wird, beym einbrechenden Angriff zu decken.' Dies ist ein äußerst wichtiger Gebrauch der Division des 3 M Gliedes, denn es ist bekannt, daß bey der Bewegung der Quarrees, selbst in Uebungs-Manoeuvren, sehr oft Lücken entstehen, und daß diese, wenn gleich gefeuert wird, gewöhnlich offen bleiben. Zwar soll das 3 - Glied bey der bisherigen Formirung sie ausfüllen, da dies aber nicht in Uebungsmanoeuvren geschiehet, wie kann man es denn im Kriege erwarten. Auch ist es viel zu umständlich, in diesem Augenblick noch das 3 K Glied in die Lücke hinein zu rangiren. Man kann daher auch in dem Quarree von den Divisionen des З1511 Gliedes einen zweckmäßigem Gebrauch als von dem З4™ Gliede, wenn es hinter den beyden ersten auf die gewöhnliche Art stehet, machen. Trete sie in dieselbe oder füllte sie dieselbe aus, so würde von nun an die Division des 3n Gliedes ein Theil der Flanke werden und bey der 2Ш Bewegung würde man die Lücken und Oeffnungen nicht decken können. Die Division des 3" Gliedes tritt also nur hinter die Oeffnung, um im Nothfall sie solange zu decken, bis die Flanke den gemachten Fehler redressirt hat.
IIP es Capitel. Anwendung der im l sten Capitel beschriebenen Schlachtordnungen der Armee-Division in offenen Terrain gegen feindliche Infanterie.
2
"
Folgt eine freigelassene Lücke von etwa einem Drittel einer Seite. Eigenhändig verändert aus „ die Flanke des Raumes zwischen ihnen zu decken
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§ 15 Erster Fall, man wird von feindlicher Infanterie angegriffen. Wenn man von feindlicher Infanterie in einem offenen Terrain angegriffen wird u. man die Gegend übersehen und sich überzeugen kann, daß man sicher vor den nahen Angriff feindlicher Cavallerie ist, so rücken die Regimentsgeschütze, bedeckt von den Scharfschützen, auf einige 100 Schritt vor die Linie. Hier fangen sie an, auf den Feind zu feuern, sobald er so nahe kömmt, daß es mit Wirkung geschehen kann. Der Feind wird nun seine schweren Batterien auffahren und die Canonade wird von beiden Seiten den Anfang nehmen, jedoch mit dem Unterschiede, daß nur unsere vorgerückten Canonen feuern und unsere Linie weiter zurück bedeckt stehet. Jetzt werden die Umstände es lehren, ob es nöthig ist, unsere schweren Batterien auffahren und spielen zu lassen. Man mache es sich aber zur Regel, sie so lange, als nur immer möglich ist, im Hinterhalte zu lassen. Die Erhöhungen des Terrains haben schon vorher bestimmt, wo sie am besten placirt werden können; die feindlichen Batterien, die Stärke des Feindes in diesem oder jenem Puncte, die Art des Angriffs wird zeigen, ob jene von der Natur ausgezeichneten Puncte auch bey den nun entdeckten Angriff mit Vortheil von den Batterien besetzt werden können. Der angreifende ab Feind, der nicht den Ort unserer Batterien weiß, kömmt, wenn sie jetzt auffahren, unerwartet in ihr Feuer und siehet dabey sich dem Feuer der Scharfschützen und der Regiments-Canonen ausgesetzt. Dies kann ohne Zuthun der geschloßenen Bataillone ihn aufhalten, zumal wenn man die Schützen durch die Divisionen des З1™ Gliedes unterstützt. Dringt der Feind aber dennoch in die Geschütz-Linie ein, so gehen ihn die geschlossenen Bataillone jetzt mit dem Bajonet auf den Hals und werfen ihn über den Haufen. Die reitende Artillerie und Cavallerie bleibt in einer Entfernung von 300 Schritt hinter der Linie; leidet aber irgendwo ein Theil derselben, wird ein Flügel umgangen oder ein ander Punct gefährlich gedrängt, so rückt sie hier schnell dem Feind entgegen und entreißt ihn auf diese Weise den vielleicht schon in Händen habenden Sieg. Wird der feindliche Angriff aber repoussirt, rückt die diesseitige Linie geschlossen vor, um den Feind gänzlich zu vertreiben, so verfolgt ihn jetzt die reitende Artillerie und Cavallerie. Die erstere vermehrt seine Unordnung durch ein beständiges Feuer, die zweyte aber sucht ihn, wo sie kann, gänzlich zu zerstreuen. ab
Dieses Wort eigenbändig
hinzugefügt.
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Beide Waffen können hier einander treflich die Hand bieten. Immer aber erfordert ein solches Verfahren sehr große Vorsicht, denn fällt, wie bei Kesselsdorf, jetzt die feindliche Cavallerie auf die in der Verfolgung begriffenen Truppen und wirft sie auf die Linie, 2 so ist dies, wenn man nicht vorbereitet ist, ein äußerst gefährlicher Augenblick. 30 § 16. Zwevter Fall, man greift die feindliche Infanterie und Artillerie an. 1. H a t man eine völlige Ebene, so geschiehet der Angriff in der auf dem Xjjun p i a n e abgebildeten Schlachtordnung. ac
Folgt auf fol. 15r-16v, 21r-v gestrichen von Schreiberhand mit einigen eigenhändigen Abänderungen: 16. Zweiter Fall. Man greift die feindliche Infanterie und Artillerie an. Plan XII. Soll unsere Infanterie die feindliche angreifen, so avanciren die schweren Batterien, bedeckt von den Scharfschützen, bis sie in das wirksame Geschütz-Feuer kommen; hier fahren sie auf u. verdoppeln die Lebhaftigkeit ihres Feuers, bis nach einiger Zeit einige Batterien reitende Artillerie schnell zwischen ihnen durch der feindlichen Linie sich bis in Cartätschschuß nahem und hier nun mit der größten Lebhaftigkeit feuren, während die zurükgelassenen [verändert aus „postirten "J schweren Batterien ihnen folgen und neben ihnen nach und nach auffahren. Nur auf diese Weise kann eine feindliche Infanterie-Linie, welche durch Artillerie [folgt gestrichen: „ nach dem jetzigen System "] verstärkt ist, mit der geringsten Aufopferung an Blut über'n Haufen geworfen werden. In dem 12m [verändert aus „ 10ш"] Plane ist ein Angriff einer Division auf die obige Art vorgestllt. Die erste Brigade Infanterie setzt sich in 2 Treffen, wovon das 1Α [verändert aus „AB"] aus dem i 1 ® Regiment (den 1. und 2Ш Bataillon) und das 2 й В [verändert aus „ВС"]aus dem 2tm (den 3. und 4Ш Bataillon) der Brigade bestehet. Die 2U Brigade D и. Ε folgt echelon-weise. Jedes Echelon bestehet aus 1 Regiment oder 2 Bataillonen. Die schweren Batterien F G sind gleich anfangs bis in den wirksamen Kanonenschuß vorgerückt und haben hier eine lebhafte Kanonade angefangen. Nachdem diese eine Zeitlang gedauert hat, ist eine Batterie reitender Artillerie Η schnell zwischen beiden Batterien durchgejagt und in dem Kartätschschuß des Feindes aufgefahren. So weit gehet die Zeichnung; wie die schwern Batterien jetzt neben die reitenden rücken, ist nicht in derselben angezeiget. Bey dieser Kanonade rücken die Bataillone immer näher, ohne jedoch die Stellung en echelon zu verlieren. Weicht der Feind, so verhält man sich, wie es auf eben den Fall in § 11 vorgeshrieben ist. VItes Capitel § 17. Gebrauch der großen Cavalerie Reserve, welche für die Divisionen bestimmt sind. Der Gebrauch der Cavallerie-Reserve, mit reitender Artillerie versehen, führt zu großen und wichtigen Resultaten. Siegt der Feind, so gehet sie ihn entgegen und setzt seiner Verfolgung Gränzen oder giebt gar dem Ausgange eine entgegengesetzte Wendung. Ist aber die feindliche Linie gebrochen, so stürzt sie sich in dieselbe und macht den Sieg vollständig. Sie kann schnell sich dahin bewegen, wo der Feind Blößen giebt oder die Umstände ihre Hülfe fordern; sie kann sowol durchs Feuer als durch den geschloßenen Angriff ihre Wirksamkeit zeigen. Der in Ordnung befindliche Infanterie setzt sie das Kartätschfeuer entgegen und die übrige [verändert aus „andern "] zerstreuet sie durch den Ungestüm ihres Angriffs. [Das letzte Wort zwischen fol. 16v und 21r getrennt.]
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Es nehmen hier die beyden im 2 K n Treffen gesetzten Brigaden a b der angreifenden Division ad zwey schwere Batterien c, d zwischen sich, und die Cavallerie e der Division, mit zwey Batterien reitender Artillerie versehen, folgt auf 300 Schritt. In dieser Schlachtordnung kann die Division, wenn die Batterien с u. d zurückbleiben, das 4 K und 5 K Bataillon in die Lücke rücken lassen, in der die Batterien standen; alsdann hat man 6 Bataillone in Front und auf jeden Flügel 1 Bataillon rückwärts zur Deckung der Flanken, wenn dies etwa erfordert würde. Die große Cavallerie-Reserve f, g folgt der Division auf 600 Schritt. Sind mehrere Divisionen zur Unterstützung des Angriffs bestimmt, so folgen sie en echellon in Α und В auf 600 Sehr. Sie sind also noch außer dem Canonfeuer, wenn die angreifende hier gezeichnete Division schon darin ist, und sie sind noch außer dem Cartätschfeuer, wenn jene schon in das des kleinen Gewehrs kömmt. 2.
Wenn eine Division auf diese Weise geordnet sich dem Feinde nähert, so werden die Canonen noch außerhalb des Canonschusses abgeprotzt. Das Avanciren derselben geshiehet durch vorgehangene Pferde. Sobald die feindlichen Kugeln die Division erreichen, macht sie Halt, läßt aber die beyden Batterien von der schweren Artillerie, welche sie in der Mitte hatte, noch 2 bis 300 Schritt avanciren, damit man sicher ist, daß sie den Feind auf eine wirksame Art beschießen können. Hier läßt man sie nun auf denselben feuren.
3.
Hat dies Feuer V2 bis 3 / 4 Stunde ae gedauert und will man nun den Angriff weiter fortsetzen, so muß man bis in den wirksamen Cartätsch-
2
ai
ae
Greift der Feind die Armee unerwartet im Rücken oder in der Flanke an, so beugt sie durch die Geschwindigkeit ihrer Bewegung dem Unglück vor, welches daraus entstehen könnte. Es eignet sich demnach nur die Verbindung von reitender Artillerie und Cavallerie zu den Reserven, wenn beide Waffen nach ihrer ersten und wesendlichen Bestimmung angemessen zusammen gesetzt seyn sollen. Doch ist auf keine "Weise die gänzliche Bestimmung der Reserven, als Reserven zu agiren, ihr Hauptzweck gehet in offenen Gegenden dahin, den Feind unerwartet sich in die Flanke zu werfen, ihn zu umgehen, indem er uns in der Front angreift, ihn, ehe er sich entwickelt hat, unerwartet auf den Hals zu fallen u. s. w. Sie können zu allen diesen Zwecken um so freyer gebraucht werden, da die Schlachtordnung der Armee ohne sie alle Waffen vereinigt und ein in sich bestehendes Ganze[s] bildet." Gemeint ist mutmaßlich eine Episode am rechten preußischen Flügel, als fünf aus Kesselsdorf hervorbrechende sächsische und österreichische Grenadierbataillone bei der Verfolgung zurückgeschlagener preußischer Infanterie durch die Attacke des preußischen Dragonerregiments Bonin (No. 4) zurückgetrieben wurden. „ab der angreifenden Division" eigenhändig hinzugefügt, ebenso die Bezeichnungen „c, d", „e", „cu. d" und „f g " in der Folge. Eigenhändig verändert aus „ einige Zeit
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4.
5.
6.
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schuß heranrücken. Dies muß im Geschwind-Schritt geschehen. Da aber während demselben die schweren Batterien nicht feueren können und der Feind sein Feuer ohne alle Zerstreuung auf die Division concentriren möchte, so jagen auf den Flügeln die beiden Batterien reitender Artillerie i u. k, welche die Division hat, so weit vor bis in С u. D , so daß sie nur noch außer dem feindlichen Cartätschfeuer sich befinden,^ und feuren hier, um das feindliche Geschütz-Feuer auf sich zu ziehen. Unter diesem Schutz avancirt die Division zwischen ihnen durch bis auf 8 bis 400 ag Schritt vom Feinde^. Dann macht sie Halt und feuert mit Cartätshen. Die reitenden Batterien '"bleiben aber auf ihren ersten Platze, noch außerhalb des Cartätschußes, u. feuren mit Kugeln. Kömmt der Feind durch unser Cartätshfeuer in Unordnung, so wirft sich die Cavallerie auf ihn, wenn sonst keine Hindernisse ihres Angriffs vorhanden sind, als ζ. B. Brustwehren, Wolfsgruben, Hecken u.s.w. Ist dies aber der Fall, so gehet die Infanterie vor; das 4 й und 5 K Bataillon shließen die Lücke der Batterien, welche jetzt der Division in einiger Entfernung folgen. Sollte bei diesem Angriff das feindliche Feuer aber auf 4 bis 600 Schritt so stark seyn,a> daß die Truppen nicht vorzubringen wären, wie dies der Fall bey Prag, Zorndorf, Kunersdorf211 und Torgau war, so muß man ein paar3' Batterien reitender Artillerie von der Reserve vorrücken, in gestreckten Trott durch die Infanterie bis auf wenigstens 300 Schritt vom Feinde gehen und hier mit großen Zwischenräumen zwischen den Kanonen am auffahren und mit Cartätshen feuren lassen. Dies ist das letzte Hülfsmittel, das nie fehlschlagen wird, wenn die reitende Artillerie gut exercirt ist. Bey diesen Angriffen agiren die Neben-Divisionen nach den Umständen, sie sehen nur dahin, daß sie nicht zu weit vorkommen und sich engagiren. Um die feindlichen Batterien, die vor ihnen sich befinden, zu beschäftigen, schicken sie V2 oder auch ganze Batterie ihrer reitenden Artillerie in Ε und F vor; hier stellen diese Geschütze sich in großen
"f Eigenhändig verändert aus: „auf den Flügeln in С und D die beiden Batterien reitender Artillerie, welche die Division hat, so weit vor, daß sie nur noch außer dem feindlichen Cartätschfeuer bleiben". ag Eigenhändig verändert (zunächst auf „4 bis 600") aus „4 bis 500". ah Folgt gestrichen: „ (so, daß sie nicht bis in das kleine Gewehr-Feuer kömmt.) " Das Satzende ab hier eigenhändig verändert aus „ rücken jetzt nicht weiter vor." "i Eigenhändig verändert aus „Sollte in diesen Angriff der Fall sich ereignen, daß das feindliche Feuer auf 4 bis 500 Schritt so stark wäre". ak Eigenhändig korrigiert aus „ Königsdorf ". In der Vorlage: „Paar". am Eigenhändig verändert aus „mit Zwischenräumen von 15 bis 20 Schritt".
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Zwischenräumen, wo alsdann"11 das feindliche Feuer ihnen wenig schadet, und feuren auf die feindlichn Batterien. Man hat demnach bey dem obigen Angriff drey Perioden zum Avanciren und Feuren: Die l 5 ^, das Vorrücken und das Feuren auf etwa 1500 Schritt vom Feinde. Die 2 й , das Avanciren von jenem Puncte bis ins wirksame Cartätschfeuer und das Feuren auf dieser Weite. Die 3 E , der Angriff mit der Infanterie oder der Cavallerie oder das schnelle Avanciren mit der reitenden Artillerie bis auf wenigstens 300 Schritt vom Feinde und das Feuern derselben mit kleinen Cartätschen. ao Bei diesem Angriffe können sich manche Umstände ereignen, die Angriffs Colonne ist aber so organisirt, daß sie sich immer in einer angemeßenen Stellung den Feind wiedersetzen kann. 1. Angriffs-Colonne mit den Batterien.
2. Angriffs Colonne, welche Flanken gegen den etwa von der Seite angreifenden Feind formirt hat.ap
"" Eigenhändig verändert aus „stellen sie sich in großen Zwischenräumen so, daß". Der hier einsetzende eigenhändige Satz ersetzt die gestrichenen Absätze: „Bey diesem Angriffe kann es sich sehr leicht ereignen, daß die vorgerückte Cavallerie nicht glücklich im Angriff ist oder daß die (ohne Canonen) vorgerückte Infanterie von der feindlichen Cavallerie bedrohet wird; in bey den Fällen formirt jede Brigade ein Viereck.
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3. A n g r i f f s - C o l o n n e , w e l c h e d e n F e i n d m i t d e m B a j o n e t a n g r e i f t u n d die b e y d e n B a t t e r i e n z u r ü c k l ä ß t .
Xu Nr. 62: Drei Skizzen von Schreiberhand (fol. 19v). 4. D i e Angriffs C o l o n n e hat die Batterien a q zurückgelassen u n d folgt u n s e r angreifenden Cavalerie, diese aber s t o k t im Vorgehen u. m a n b e f ü r c h t e t , d a ß sie g e w o r f e n wird; jetzt f o r m i r t jede Brigade ein Vierek, damit sie d e n R ü k z u g unser Cavalerie in Fall der N o t h decken k a n n . "
ap
aq
Es schwenken die beyden Bataillone des 2Ш Treffens rechts und links und lassen die Divisionen des Gliedes auf dem Fleck, auf dem sie sich im 2aa [Treffen] befanden, zurück. Die Angnffs-Colonne nimt also nach den Umständen 4 [verändert aus „3"J verschiedene Formen an." Diese Überschrift eigenhändig hinzugefügt, die folgenden Nummern entsprechend um eine Zahl erhöht. Verändert aus „ Canonen Eigenhändig hinzugefügt anstelle des gestrichenen: „ 4. Stellung der Angriffs Colonne nachdem unsere Cavallerie vorgegangen oder nachdem sie von feindlicher Cavallerie bedrohet wird."
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"Zu Nr. 62: Eigenhändige Skizze (fol. 20r).
aa bb
Divisionen des 3ten Gliedes von den Bataillonen 5 u. 8 Divisionen des 3ten Gliedes von den Bataillonen 1 u. 4.äs
IVtes Capitel. Anwendung der im l sten Capitel beschriebenen Schlachtordnungen der Armee-Divisionen im durchschnittenen oder vermischten (bald offenen, bald durchschnittenen) Terrain, hohen Getreide u. s. w. § 17at Die meisten Vorfälle ereignen sich in diesem Terrain, der größte Theil der Länder Deutschlands ist mit Gräben, Gehölzen, Hecken u.s.w. durchschnitten, und wo auch offene Heiden oder Felder sich finden, wählt man doch fast immer Stellungen in dem durchschnittenen Theil.
as
at
Diese Legenden eigenhändig. Die anschließende Seite, fol. 20v, ist unbeschrieben, der Text wird fortgesetzt auf fol. 21v. Zweimal verändert, offenbar zuerst von „18" zu „16" wegen der großen Streichung im vorangehenden Kapitel (fol. 15r-16v, 21r-^v, vgl. Anm. ac), danach von „16" zu „17" wegen der Einfügung des neuen 5 8. Entsprechend wurden auch die folgenden Paragraphennummern zweimal umnumeriert.
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Mehrere Ursachen veranlassen diese Maaßregel; man stehet hier unentdeckt, man kann hier seine Stärke verbergen, den Feind Hinterhalte^ legen und sich ohne Gefahr aus der Affäre ziehen, wenn die Sachen nicht so gehen, als man es wünscht. Aus diesen Gründen muß unsere Fechtart ganz vorzüglich auf das durchschnittene und abwechselnde Terrain eingerichtet seyn. § 18 Man wird von dem Feinde in durchschnittenen Terrain angegriffen. Plan VIII und IX. a v In dem 8101 und Plane stehet eine Division in durchschnittenen Terrain in Schlachtordnung und erwartet den Feind. In А В befinden sich die geschlossenen Bataillone, in С D die Divisionen des 3 м и Gliedes mit einem Theil der Schützen und einer Regiments-Kanone von jedem Bataillon; sie haben in Ε F einige Schützen und Flanqeure von der Cavallerie vor sich, um die Plänkerer und Tirailleure zurückzuhalten. Die Linie С D ist zum Feuren gegen den angreifenden Feind bestimmt und nach dem Terrain, nach den vorliegenden Gräben, aw Hecken, Vertiefungen, Erhöhungen u. s. w. geordnet. Es ist daher keine grade Linie. Die Divisionen des 31™ Gliedes stehen in ihr hinter Hecken in Gliedern, in Gräben aber in einem; die Canonen befinden sich mit den Scharfschützen zwischen ihnen. Wenn der Feind diese Linie angreift, so rücket die Cavallerie mit der reitenden Artillerie in G H, um die feurende Linie С D zu unterstützen und sich schnell mit ein paar Stücken reitender Artillerie dahin zu begeben, wo es die Umstände nöthig machen. Die Cavallerie muß [sich] so viel [wie] möglich versteckt (hinter Gebüschen, Gehölzen, Anhöhen u. s. w.)" halten und nach allen Seiten hin durch die Hecken u. s.w. Oefnungen haben. Die Divisionen des 3 M Gliedes von der ersten Brigade, so wie die hinter ihr stehende Cavallerie hat einen gemeinschaftlichen Befehlshaber, und eben dies ly findet bey den Divisionen des 3™ Gliedes der Brigade und der dahinter stehenden Cavallerie statt. Der erste hält sich in J u. der 2te in К auf."
av
aw ax ay az
Eigenhändig verändert aus „ Fallstricke ". Eigenhändig verändert aus „ VI und VII", entsprechend im folgenden Satz „ 8Ш und 9tm" aus „ VI. und VII." und weiter unten „9Ш" und„8^" aus „ VII"*" bzw. „ WB" sowie „Plan 8 oder Plan 9" aus „Plan VI oder Plan VII". Verändert aus „ nach Gräben". Die Parenthese mit den Klammern eigenhändig hinzugefügt. Eigenhändig verbessert aus „ aber dies Der letzte Satz eigenhändig hinzugefügt.
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Bey dieser Art zu agiren wird man bald merken, ob der Feind den Theil der Position, in welcher die Division stehet, ernstlich und mit aller Aufopferung angreifen will, oder ob er nur hier eine Art Demonstration macht. In den ersten Fall läßt man, sobald man die Haupt-Stärke des Feindes entdeckt hat, einen Theil der schweren Batterien und der noch übrigen Hälfte der Regiments-Canonen vorrücken und sie so placiren, daß man ihn auf eine wirksame Art in den Augenblick des Eindringens beschießen kann. Im 2m Fall aber ist auch dies nicht nöthig. Es ist sehr vortheilhaft, auf diese Art die geschlossenen Bataillone und den größten Theil des schweren und einen Theil des BataillonsGeschützes aus dem feindlichen Feuer zu halten. Man ist nun sicher, daß die Munition nicht ohne Nutzen verschwendet wird, und auf den Fall eines unerwarteten feindlichen heftigen Angriffs ist dennoch die Cavallerie und reitende Artillerie immer bey der Hand. Bey dieser Anordnung verstärkt und erneuert man das Artillerieund kleine Gewehr-Feuer so oft man es gut findet und bleibt immer Meister von beiden. Befände man sich hier in der gewöhnlichen Stellung in 3 Gliedern, mit den Geschütz in den Intervallen, so würde vielleicht bey dem Vorrücken des Feindes das Ganze ins Feuer kommen und einen großen Theil seiner Patronen verschießen, ohne daß man dadurch mehr erreichte, als durch das Feuer der vorgerückten Scharfschützen und Divisionen des 3 m Gliedes. Die in den 9Kn Plan gegebene Anordnung weicht von der δ131 nur darin ab, daß dort 2 Bataillone mit ihrem Regiments-Geschütze, Schützen und Divisionen des З ш Gliedes zurückgeblieben sind und zur Reserve dienen. Die Vortheile dieser Reserve sind aber schon in § 3 angezeigt. Es ist hier nicht die Rede, wie man dem Feinde bey der oben beschriebenen Anordnung zum Gefecht Fallstricke legt, sich ihm unerwartet entgegen stellt, ihn mit verdeckten Batterien, wo er es nicht erwartet, in Flank nimmt oder ihm mit dem Bajonet entgegen geht und über den Haufen wirft. Alles dies hängt von dem Terrain ab und gehört in eine andere Abhandlung. Daß aber der wechselseitige Gebrauch der Scharfschützen, der Divisionen des 3™ Gliedes und der Artillerie und Cavallerie hierzu auf mancherley Weise Gelegenheit giebt, ist sehr einleuchtend. § 19 Man greift den Feind in durchshnittenen Terrain an. Wenn man den Feind im durchschnittenen Terrain angreifen will, so finden 2 Fälle statt; entweder man hat ihn nahe vor sich oder er ist weiter entfernt.
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Hat man ihn nahe vor sich, so gehet man, nachdem die Linie formirt ist, in der Plan 8 oder Plan 9 gegebenen Stellung vor. Hierbey ist aber dies zu bemerken, daß die Divisionen des 3ten Gliedes einer Brigade, so wie die ihnen folgenden Escadronen, sich als einen Körper betrachten, der nie außer Verbindung kommen, und daß der Stabs Officier, der sie commandirt, hierauf seine besondere Aufmerksamkeit wenden muß. So wie die Scharfschützen ins Feuer kommen, werden sie von den Divisionen des З1™ Gliedes unterstützt, bis die feindlichen Tirailleure auf ihre geschloßenen Truppen zurückgetrieben sind. Jetzt sucht man die Divisionen des 3е11 Gliedes verdeckt in Gräben, hinter Hecken u.s.w. zu stellen, die Kanonen aber so zu pla$iren, daß man den Feind wirksam beschießen kann. Die Schützen, welche schon im Feuer sind, werden durch einen Theil der Divisionen des 3 m Gliedes verstärkt, damit das kleine Gewehr Feuer nach befindlichen Umständen mit den erforderlichen Nachdruck fortdauren kann. Die Cavallerie und reitende Artillerie bleibt an einem Orte, wo sie der Feind nicht entdecken kann, zurück, dieser wird aber so gewählt, daß sie dennoch sogleich die Linie zu unterstützen im Stande ist. Hat man nun die Stellung des Feindes durch sein Feuer entdeckt, ist es jetzt die Absicht, weiter vorzudringen und ihn anzugreifen, so läßt man die schweren Batterien so nahe als möglich vor ihm auffahren und ihn heftig beschießen, während die Bataillone zum Angriff mit dem Bajonette herbei kommen. Dieser geschiehet, wenn es die Umstände erlauben, in der Flanke. Entschlossenheit führt in diesem Augenblick gewöhnlich zum Siege, wenn auch in den Maaßregeln, in der Meinung von der Stellung des Feindes und seiner Stärke Irrthümer vorgegangen sind. Die Cavallerie und reitende Artillerie ist hier bey der Hand, um von der augenblicklichen Unordnung des Feindes zu profitiren. Die Divisionen ba des Gliedes und die Canonen, welche sie bey sich haben, machen in dem Augenblick des Angriffs mit dem Bajonett die Reserve des Bataillons aus, um beym unglücklichen Ausgange bb in Verbindung mit der Cavallerie und reitenden Artillerie sich dem Feinde noch entgegenstellen zu können.
ba hb
Eigenhändig korrigiert aus „ Dispositionen Eigenhändig verändert aus „ Erfolg".
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§ 20. Plan X. b c Ist der Feind, den man mit der Armee-Division in einem durchschnittenen Terrain angreifen soll, so weit entfernt und in einem so durchschnittenen Terrain, daß man sich ihm nicht in Front nähern kann, so setzt man sich nach Beschaffenheit der Umstände in mehrern Colonnen, welche mit einander in gleicher Höhe bleiben, und läßt eine Reserve dem Ganzen folgen. In dem X м Plane siehet man eine Division in 3 Colonnen mit einer ihr folgenden Reserve gegen den Feind marschiren. Sie befindet sich nach der Voraussetzung in einem durchschnittenen Terrain. Die Colonnen sind einander bald entfernter, bald näher, nachdem die natürlichen Gegenstände, die Wege u. s. w. es nothwendig machen. So lange sie nicht auf den Feind treffen, marschiren sie mit Sectionen. Eine jede Colonne bestehet aus 1 Regimente Infanterie, V2 Batterie schwerer Artillerie, 1 Escadron Cavallerie und 2 Stück reitender Artillerie. Die Reserve ist der Stärke der übrigen Colonnen gleich, außer, daß sie 1 Escadron mehr hat. Die Tete einer jeden [Colonne] besteht aus den Scharfschützen, darauf folgen die Flanqeure der Cavallerie, darauf die Divisionen des 3101 Gliedes mit der Hälfte des Regimentsgeschützes (also mit 2 Canonen) und darauf die Bataillone, dann die V2 Batterie und endlich die Escadron und die 2 Stük reitender Artillerie. Die Scharfschützen und Flanqeure sind 4 bis 600 Schritt vor den Divisionen des 3 Μ Gliedes, diese wieder eben so weit vor den geschloßenen Bataillonen. Die Scharfschützen und Flanqeure haben eine kleine Avantgarde, Seiten-Patrouillen u.s.w. In Rücksicht des eigentlichen Angriffs beziehet man sich auf den vorhergehenden §. Sobald die Scharfschützen und Divisionen des 3м11 Gliedes ins Feuer kommen, gehet die Escadron und reitende Artillerie zu ihrer Unterstützung vor, wenn sonst das Terrain nicht allzu durchschnitten ist. Die Brigaden formiren sich nun während des Feuers der Divisionen des Gliedes, in soweit die Gegend und die Umstände eine zusammenhängende Stellung erlauben. Ist die Division von den andern Divisionen ganz abgesondert und rechts und links auf keine Art gedeckt, muß sie wegen ihres Rückens besorgt seyn, so bleibt die Reserve-Colonne zurück und nimmt eine
hc
Mehrfach verändert aus „Plan IX", dann „XII", dann „XI", entsprechend auch Plane " im übernächsten Abschnitt.
„Хш
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Stellung, wodurch sie den Rücken und die Flanke decken und den Angriff, wenn es erfordert wird, unterstützen kann. § 2 1 Plan XI. b d Wenn der Feind in einen bald offenen, bald durchschnittenen Terrain, in Dörfern und Feldern mit hohen Getreide, Wiesen (mit und ohne Hecken) u. s. w. sich befindet, und [man] ihn darin angreifen will, so formirt man, sobald man in die Nähe desselben kömmt, aus der Division mehrere kleine Angriffs Colonnen, behält aber immer eine Reserve zurück, damit man auf jedes Ereigniß gefaßt bleibt. In dem Χ Ι Μ Plane ist ein solcher Angriff abgebildet. Die Division bestehet hier in 4 Abtheilungen oder Colonnen, die 3 ersten greifen den Feind an und die 4 t t bleibt als Reserve zurück. Eine jede der 4 Abtheilungen bestehet aus 1 Infanterie-Regiment (2 Bataillonen), V2 Batterie, 1 Escadron und 2 Stück reitender Artillerie, nur die letztere bestehet aus 1 Escadron mehr als die übrigen. Die Tete einer jeden der drey ersten Abtheilungen bestehet aus den Scharfschützen der beiden Bataillone und den Flanqeuren der Escadrons. Auf diese folget die Escadron mit 2 Stück reitender Artillerie. Die Flanqeure und Scharfschützen durchsuchen das Terrain rechts und links, vertreiben die feindlichen Tirailleure und kleinen Posten. Sie werden hierin von der Escadron und reitender Artillerie unterstützt. Diese müssen daher jenen so nahe folgen, daß sie den vorgesetzten Zweck erfüllen können. Sie dürfen aber doch auch nicht so nahe seyn, daß sie unerwartet in ein nachtheiliges Gefecht verwickelt werden können. Auf die Escadron folgen die beiden Divisionen des 31"1 Gliedes von den Regimente. Sie haben 2 Regiments-Canonen bey sich. Finden die Scharfschützen und Flanqeure, da wo das Terrain durchschnitten ist, großen Widerstand, so werden sie von den Divisionen des 3ten Gliedes unterstützt, während die Escadron und reitende Artillerie wieder diesen zum Soutien dient. be Wird das Terrain offen und wird die Lage der Scharfschützen, Flanqeure und der Escadrons bedenklich, so nehmen die Divisionen und ihre Canonen eine Stellung, wodurch sie im Fall der Noth den Rückzug der Cavallerie decken können. Die beiden Bataillone mit der V2 Batterie folgen den Divisionen des З1™ Gliedes. Nachdem die vor ihnen befindlichen Schützen, Flanquere, Divisionen des 3™ Gliedes u. s. w. sich mit dem Feinde engagirt haben (und man nunmehr die Gegend übersehen [kann] und die vorhd he
Verändert aus „XII." Das Satzende eigenhändig verändert aus „ von den Divisionen unterstützt, während die Escadron und reitende Artillerie ihnen zum Soutien dient."
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theilhaftesten Angriffspuncte ausgemacht hat), so rücken auch sie bf mit ihren Geschütz, d.i. mit 2 Regiments Canonen und V 2 Batterie an. Unterdes dies Geschütz mit der größten Lebhaftigkeit den Feind beschießt, brechen die Bataillone von einer andern Seite mit gefälltem Bajonet ein, die Schützen, die Flanqeure und diebg Divisionen des 3й11 Gliedes mit dem Geschütz dienen jetzt den Bataillonen, welche im weitern Vordringen alles, was sich ihnen noch nachher widersetzt, geschloßen angreifen, zur Reserve. bh Vtes Capitel Gebrauch der großen Cavallerie-Reserven. § 22. bl Die Cavallerie-Reserven haben zwey Haupt-Bestimmungen. 1. dienen sie zu Reserven und also zur Unterstützung der beyden ersten Treffen. Siegt der Feind, durchbricht er unsere Schlachtordnung, so gehen sie ihm entgegen und setzen seiner Verfolgung Gränzen oder geben gar dem Ausgange eine entgegengesetzte Wendung. Ist aber die feindliche Schlachtordnung gebrochen, so stürzen sie sich in dieselbe und machen den Sieg vollständig. Greift der Feind die Armee unerwartet im Rücken oder in der Flanke an, so beugen sie durch die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen dem Unglück vor, welches daraus entstehen könnte. Sie können sowohl durchs Feuer als durch den geschloßenen Angriff ihre Wirksamkeit zeigen. Der in Ordnung befindlichen Infanterie setzen sie das KartätschFeuer ihrer reitenden Artillerie entgegen und die übrige zerstreuen sie durch den Ungestüm ihrer Angriffe. Es eignet sich demnach nur die Verbindung von reitender Artillerie und Cavallerie zu den eigentlichen Reserven, wenn beyde Waffen nach ihrer ersten wesendlichen Bestimmung angemessen zusammengesetzt sein sollen. 2. Die zwevte Bestimmung der Cavallerie-Reserve bestehet in Angriffen. die erst nach einen schnellen Marsch oder nach einer schnellen Hinbewegung ausgeführt werden können.
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Eigenhändig verändert aus „ rücken auch die bisher so viel als möglich verdeckt gestandenen geschloßenen Bataillone". Folgt gestrichen: „Escadron verfolgen darauf den Feind, indem die"; das nun folgende „ dienen " stand ursprünglich ganz am Ende des Satzes. Das untere Drittel dieser Seite (fol. 30r) und die ganze folgende (fol. 30v) wurden frei gelassen. Verändert aus „21." Ebenso wurden die folgenden Paragraphen um eine Zahl höher umnumeriert. Eine frühere Fassung des hier einsetzenden Paragraphen befindet sich in der in Anm. ac abgedruckten Streichung.
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Dies ist ihr Zweck, dem Feinde unerwartet sich in die Flanke zu werfen, ihn unerwartet zu umgehen, indem er uns angreift, oder wir ihn in der Front angreifen, ihn unerwartet, ehe er sich entwickelt hat, auf den Hals zu fallen, ihn, wenn er geschlagen ist, so shnell zu verfolgen, daß er nicht Zeit hat, eine neue Position zu nehmen. Sie können zu diesen Absichten um so freyer gebraucht werden, da die Schlachtordnung der Armee oder Divisionen ohne sie alle Waffen in sich vereinigt und ein in sich bestehendes Ganzes bildet, welches in jedem Terrain mit Vortheil fechten kann. § 23. Wiederholung und nähere Bestimmung des vorhergehenden §s.b| 1. Die Cavallerie Reserven greifen zwar den Feind, während er von vorn von den Divisionen beschossen und gedrängt wird, in Flank oder Rücken an, so oft eine Gelegenheit sich dazu darbietet, doch erfordert dieser Gebrauch einige Rücksicht auf die Lage, in der sich die Divisionen befinden. Stehen ζ. B. die Divisionen in der Schlachtordnung, welche im У ш und У 1 т Plan abgebildet ist, unbeweglich oder bewegen sie sich in derselben in einem durchschnittenen oder vermischten Terrain, so hat man keine Ursach, den Angriff des Feindes von vorne zu fürchten, und in diesen Falle können die Reserven ihn, wenn das Terrain es zuläßt, in die Flanke oder durch ein weites Umgehen in Rücken fallen. Bewegen sich aber die Divisionen während der Action im Angesichte des Feindes in einem ganz offenen oder größtentheils offenen Terrain, so müssen die großen Cavallerie Reserven nicht ihre Divisionen ohne ganz besondere Umstände verlassen oder sich doch nicht so weit von ihnen entfernen, denn bey diesen Bewegungen ereignet es sich nicht seilten, daß die Divisionen nicht in eine zusammenhängende Fronte zu stehen kommen, wie bey Minden 1759, oder daß sie nach dem Avanciren in einer sehr nachtheiligen Stellung sich befinden, wie bey Zorndorf 1758.bk Den Unglücksfällen, welche durch diese sich so oft und so leicht zu ereignenden Fehler entstehen könnten, kann nur eine gutgeführte Cavallerie-Reserve vorbeugen. 2. Wenn die Infanterie (von unsern Divisionen) den Feind angreift und derselbe anfängt, zu wanken oder gar sich zurückzuziehen, oder wenn ein feindlicher Angriff von unsern Divisionen repoussirt wird, so müßen die großen Cavallerie-Reserven vorgehen und die Cavallerie der Division, wenn sie in den Feind einhauet, unterstützen und selbst sich in ihn stürzen. Doch kann das Letztere nur dann unbedingt geshehen, wenn man feindliche Infanterie gegen sich hat (Dragoner-Regiment
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Diese Zwischenüberschrift Statt„1785."
ausnahmsweise von
Schreiberhand.
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Bayreuth bey Hohenfriedberg) oder der feindlichen Cavallerie von der Seite beyzukommen ist. Der Angriff desselben mit unsern CavallerieReserven in den Fällen, wo diese auf die Front unserer Infanterie zurückgeworfen werden könnten, erfordert eine große Vorsicht. 3. Wird der Angriff der Infanterie einer oder mehrer unserer Divisionen repoussirt und will der Feind davon profitiren und nun sie verfolgen, so stürzt sich die große Cavallerie-Reserve in denselben, wie bey Kesselsdorf und Zorndorf, jedoch geschiehet dieses nur zur Unterstützung der Cavallerie, welche bey jeder Division ist, und in jeden Fall bleibt ein Theil in geschlossener Linie, um der etwa nun hervorkommenden feindlichen Cavallerie die Spitze bieten zu können. 4. Ist der Feind gänzlich geshlagen, ziehet er sich zurück, so verfolgen ihn die Cavallerie-Reserven ohne die Cavallerie bey den Divisionen. Hier zeigen sich die Reserven in ihrer größten Thätigkeit; ihre reitende Artillerie ersetzt ihnen den Mangel der Infanterie. Diese fährt auf 400 Schritt vor den feindlichen Quarrees auf und bringt sie durch das Cartätschfeuer in Unordnung, ehe die Cavallerie sie angreift. Die Reserven müßen beym Verfolgen des Feindes alles wagen; die Armee formirt ohne sie immer noch ein Ganzes; sie haben hier die Wahrscheinlichkeit, große Dinge thun zu können, ohne daß das Ganze aufs Spiel gesetzt wird.bl VI tes Capitel. Bevspiele von den Anordnungen zur Schlacht bey einer in Divisionen getheilten Armee. § 24 Schlacht bey Hohen-Linden, den 3ten Dec. 18Q0.bm Der X V й Plan dient zum Verständniß der Schlacht bey Hohen-Linden, bnin der die französische Armee des Generals Moreau in Divisionen von allen Waffen agirte.
Der Text wird nun mit dem Rest eines anderen Konzepts fortgesetzt, das im Gegensatz zum bisherigen Text über die ganze Breite der Seiten geschrieben ist. Auf der zunächst folgenden Seite (fol. 34r) steht gestrichen der Rest des gerade abgeschlossenen V. Kapitels ab „ hervorkommenden feindlichen Cavallerie die Spitze bieten zu können." Das anschließende VI. Kapitel beginnt auf fol. 34v. hm Diese Überschrift von Schreiberhand, die Nummer verändert aus „§23." h" Der Rest des Satzes eigenhändig verändert aus „ und zeigt, wie die französische Armee des Generals Moreau sich der Abtheilungen der Armee oder Divisionen bediente." w
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Nachdem die Kayserliche Armee des Erzherzogs Johan 3 über den InnFluß vordrang, zog sich die französische, hinter diesem Fluße postirte, in nachstehende Positionen zurük, Plan XV. bo Rechter Flügel, Corps 4 des General Lecourbe. 5 a. Division Montrichard. 6 b. Division Goudin. 7 bo
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Eigenhändig verändert aus „ Nachdem die Kayserlichen über den Inn-Fluß vordrangen, zog sich die französische, hinter diesem Fluße (in größtentheils abgesonderten Divisionen) postirte Armee zurück in nachstehende Positionen; man sehe den XVs11 Plan." Erzherzog Johann von Osterreich (1782-1859), der sechste Sohn Kaiser Leopolds II., war 1800 als Nachfolger Krays an die Spitze der österreichisch-bayrischen Armee in Süddeutschland gestellt worden. Nach dem Kriege wurde er zum Generaldirektor der Ingenieurakademie in Wien ernannt, nach 1809 zum Direktor der militärischen Erziehungsinstitute. Im Felde kommandierte er 1805 ein Korps in Tirol, 1809 die Armee von Innerösterreich, dann erst wieder 1815 das Belagerungskorps vor Hüningen. Nach seiner Heirat im Jahre 1827 mit der Postmeisterstochter Anna Plochl von Aussee zog er sich nach Graz zurück. Die deutsche Nationalversammlung wählte ihn 1848 zum Reichsverweser, von welchem Amt er Ende 1849 zurücktrat. Die Rheinarmee war faktisch in vier Armeekorps unterteilt, die aber, da sich diese Bezeichnung noch nicht durchgesetzt hatte, als linker und rechter Flügel, Zentrum und Reserve bezeichnet wurden. Der 1796 zum Divisionsgeneral beförderte Claude-Joseph Lecourbe (1760-1815) hatte 1793/94 an der niederländischen Front gekämpft, u.a. bei Hondschoote, wo sein Bataillon zwei hannoversche Eskadronen zurückgeschlagen hatte, danach am Rhein und in der Schweiz. 1799 ermöglichte er den französischen Sieg bei Zürich, indem er mit seinem Korps die Armee Suvorovs aufhielt. Als enger Freund Moreaus wurde er nach dessen Prozeß kaltgestellt. Erst während der ersten Restauration erhielt er wieder ein Kommando sowie den Titel eines Grafen. Während der Hundert Tage befehligte er trotz seiner Opposition gegen Napoleon das Observationskorps im Jura, er starb kurz vor Ende der Feindseligkeiten an einer Krankheit. Er schrieb: Rapport au general en chef Moreau, contenant le precis des operations de l'aile droite de l'armee du Rhin pendant le mois de frimaire de l'an I X , Straßburg 1801. Der 1799 zum Divisionsgeneral beförderte Joseph-£lie-Desire Peruquet Montrichard (1760-1828), ein Schüler der Artillerieschulen von Metz und Besangon, hatte u. a. am Rhein und in Italien gekämpft. Bei Hohenlinden kommandierte er Lecourbes 3. Division. 1806 wurde er zum Kommandanten von Ancona ernannt, ab 1809 diente er im von Frankreich annektierten Illyrien. Cesar-Charles-£tienne Gudin (1768-1812), auch Gudin de la Sablonniere genannt, ein Mitschüler Napoleons in Brienne, hatte als Adjutant bzw. Stabschef verschiedener Generale die Feldzüge seit 1792 am Rhein und im Norden mitgemacht. 1799 wurde er zum Brigadegeneral ernannt und erhielt das Kommando einer Brigade, doch bald darauf fungierte er als Lecourbes Stabschef in der Schlacht bei Meßkirch. Im Verlaufe des Feldzugs von 1800 erhielt er das Kommando über Lecourbes 2. Division und bald darauf die Beförderung zum Divisionsgeneral. Seinen größten Ruhm erntete er als einer der drei „unsterblichen" Divisionäre von Davouts III. Armeekorps in den Feldzügen 1805-1809. Als Befehlshaber der bei Hassenhausen kämpfenden französischen Division war er in der Schlacht von Auerstedt gewissermaßen Scharnhorsts direkter Gegenspieler. Seine Division hatte am 14. Oktober 1806 die höchsten französischen Verluste, er selbst wurde verwundet. Gudin wurde 1808 zum Grafen, 1809 zum Gouverneur des Schlosses von Fontainebleau ernannt und fiel am 22. August 1812 im Gefecht bei Valutino nahe Smolensk.
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Hauptarmee unter unmittelbarem Befehl des Ober-Generals Moreau. c. Division Decaen 8 bey Zornolting. 9 d. Division Richepanse 10 bey Ebertsberg. e. Division Grouchy 11 bey Hohen-Linden. f. Division Ney 1 2 Der ehemalige Kanonier Charles-Matthieu-Isidore Decaen (1769-1832), der in mehreren Feldzügen am Rhein und in der Vendee gedient hatte, war 1800 gerade zum Divisionsgeneral befördert worden und befehligte die 3. Division von Moreaus Reservekorps. 1802 wurde er als Generalkapitän nach Isle-de-France (Mauritius) und Reunion versetzt, welche er bis 1810 gegen die Briten behauptete. Nach seiner Rückkehr erhielt er ein Kommando in Katalonien und erzwang die Aufgabe der Belagerung von Tarragona, wofür ihn Napoleon zum Grafen ernannte. Im Herbst 1813 war er als Befehlshaber in Holland weniger erfolgreich und wurde noch im Dezember seines Kommandos enthoben. 1815 Schloß er sich wieder Napoleon an, danach zog er sich ins Privatleben zurück. Zorneding. Ursprünglich von der leichten Kavallerie kommend, hatte Antoine Richepanse (oder Richepance, 1770-1802) Infanterieverbände in den Niederlanden, am Rhein und Italien kommandiert und wurde 1799 auf dem Schlachtfeld von Fossano zum Divisionsgeneral befördert. Bei Hohenlinden kommandierte er die 2. Division der Reserve. Wie viele andere Soldaten und Offiziere der Rheinarmee bekam er nach dem Siege die Ungnade des Ersten Konsuls zu spüren und wurde in die Kolonien verschifft. Er starb auf Guadeloupe an Gelbfieber. Emanuel Graf von Grouchy (1766-1847) hatte mit 14 Jahren die militärische Laufbahn angetreten und war schon mit 19 zum Kapitän der königlichen Garde ernannt worden. 1793 befehligte er die Kavallerie der Alpenarmee, 1795 wurde er zum Divisionsgeneral und Stabschef der Westarmee ernannt, 1798 nach Italien versetzt, wo er bei Novi verwundet in Gefangenschaft geriet. Nach seiner Befreiung kommandierte er bei Hohenlinden die 1. Division der Reserve. Im Kriege 1806/07 kämpfte er mit Auszeichnung, 1809 befehligte er bei Wagram die Kavallerie, wofür Napoleon ihn zum Generalobersten der Jäger ernannte. 1812 befehligte er ein Kavalleriekorps, dann auf dem Rückzug von Moskau das aus Offizieren gebildete „Bataillon sacre". Nachdem er 1813 kein Armeekorps erhalten hatte, trat er 1814 wieder als Kavallerieführer hervor. 1815 ernannte ihn Napoleon zum Marschall; bekannt wurde er besonders, weil es ihm bei der Verfolgung der preußischen Armee nach Ligny nicht gelang, deren entscheidendes Eingreifen bei Belle-Alliance (Waterloo) zu verhindern. Grouchy ging danach bis 1819 als Verbannter in die U S A , nach der Julirevolution wurde er zum Deputierten gewählt und 1832 zum Pair ernannt. Michel N e y (1769-1815) war 1787 in ein Husarenregiment eingetreten, wo er es bis 1791 lediglich zum Unteroffizier brachte. Im Revolutionskrieg begann eine schnelle Karriere: nach Valmy wurde er zum Leutnant befördert, nach der Belagerung von Maastricht 1794 zum Obersten, 1796 zum Brigade- und 1799 zum Divisionsgeneral. Bei Hohenlinden befehligte er die 2. Division des Zentrums. 1804 zu einem der ersten Marschälle des Kaiserreichs ernannt, befehligte er in den Feldzügen von 1805-1807 das VI. Korps mit Auszeichnung und wurde 1808 in Erinnerung an ein für die Kapitulation von Ulm entscheidendes Gefecht zum Herzog von Elchingen ernannt. 1808-10 wurden N e y verschiedene Kommandos in Spanien übertragen, 1812 befehligte er das III. Korps in Rußland und erhielt für seine besonders auf dem Rückzug bewiesene Tapferkeit den Titel eines Fürsten von der Moskwa. 1813 befehligte er das III. Korps u. a. bei Großgörschen und Bautzen, im Herbstfeldzug übernahm er die zur Eroberung Berlins bestimmte Armee, die aber bei Dennewitz geschlagen wurde. 1815 zog er im Auftrag Ludwigs XVIII. aus, um den von Elba zurückgekehrten Napoleon gefangenzu-
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Linker Flügel unter dem General Grenier. 1 g. h. i. k.
Division Hardy, 14 (Bastoul)15 " " " Legrand.16 große Cavallerie-Reserve 17 Division N. bey Aerdingen. 18
bey Hohen-Linden.
Kaum waren die französischen Divisionen in den obigen Positionen angekommen, so erfuhr der General Moreau, daß die kayserliche Armee auf Lendorf, Burkain und Haag19 marschire. Er gab hierauf noch in der
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nehmen, lief dann aber mit seinen Truppen zu diesem über. Im anschließenden Feldzug blieb er als Armeebefehlshaber bei Quatre Bras und В eile-Alliance glücklos und wurde nach dem erneuten Sturz Napoleons wegen Hochverrats verurteilt und erschossen. Der wie N e y in Saarlouis geborene Paul Grenier (1768-1827) hatte wie dieser vor der Revolution als einfacher Soldat gedient. 1794 stieg er zum Brigade- und wenige Monate später zum Divisionsgeneral auf. Er diente in den Niederlanden, am Rhein und in Italien, 1800 befehligte er das als Zentrum bezeichnete Korps. Nach dem Frieden von Luneville wurde er zunächst auf die Stelle eines Generalinspekteurs der Infanterie abgeschoben und erhielt erst 1809 wieder ein Feldkommando, als er ein Korps der Armee in Italien befehligte, das auch bei Wagram kämpfte. Der inzwischen zum Grafen ernannte Grenier diente 1812 in Rußland und 1813/14 wieder in Italien, während der Hundert Tage wurde er zum Deputierten des Departements Moselle gewählt. Der 1799 zum Divisionsgeneral beförderte Jean Hardy (1762-1802) befehligte die 3. Division des Zentrums bis zu seiner Verwundung am 1. Dezember, woraufhin sie an General Bastoul übergeben wurde. Hardy hatte u.a. bei Wattignies und Fleurus gekämpft und war im November 1796 schwer verwundet worden. 1798 geriet er bei der gescheiterten Expedition nach Irland auf See in Gefangenschaft, nach seiner Auswechselung wurde er 1799 an die Rheinfront geschickt. Nach dem Frieden von Amiens wurde er zur Unterdrückung der Schwarzen auf Saint-Domingue entsandt, wo er zwar im Felde erfolgreich war, aber wie die meisten seiner Truppen den dort grassierenden Tropenkrankheiten zum Opfer fiel. Der 1793 zum Brigadegeneral ernannte Louis Bastoul (1753-1800) hatte 1773-1789 als Soldat gedient, trat 1791 in die Nationalgarde eintrat und kämpfte in den Feldzügen im Norden und am Rhein. Er wurde in der Schlacht von Hohenlinden tödlich verwundet. Claude-Juste-Alexandre-Louis Legrand (1762-1815) hatte 1777-1789, zuletzt als Unteroffizier, bei der Infanterie gedient, kehrte 1792 zu den Fahnen zurück und wurde bereits 1793 zum Brigadegeneral befördert. Er diente an der Nordfront und am Rhein, bei Hohenlinden kommandierte er Greniers 1. Division. Er zeichnete sich in der Folge bei vielen Feldzügen Napoleons aus, besonders bei Austerlitz. Er wurde 1808 zum Grafen und nach seiner schweren Verwundung bei der Beresina, von der er sich nie mehr ganz erholte, zum Senator ernannt. Sie war für die Schlacht von Moreaus Reservekorps überwiesen worden und unterstand dem später bei Preußisch Eylau tödlich verwundeten Divisionsgeneral d'Hautpoul. Gemeint ist wohl die zur Kavalleriereserve gehörige Brigade des Generals Espagne, die mit vier Kompanien Infanterie zur Deckung der linken Flanke und der Verbindung nach München bei Erding stand. Lengdorf, Burgrain und Haag in Oberbayern.
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Nacht den Befehl, daß die Division Richepanse durch einen Bogen auf Matenpöt20 marschiren sollte, um die feindliche Colonne, die auf HohenLinden ihre Direction nehmen möchte, in die Flank' oder in den Rücken zu fallen. Die Division Decaen sollte ihr folgen und nach den Umständen mit ihr gemeinschaftliche Sache machen. Zugleich bekamen die beiden Divisionen Montrichard und Goudin unter dem General Lecourbe Ordre, auf Ebertsberg zu marschiren, und in ihren Positionen nur kleine Detaschements zur Beobachtung der Gegend zurückzulassen. Lecourbe nahm also den Feind, wenn er bey Hohen-Linden siegte, in die rechte Flanke. Die kayserliche Armee, welche in mehrern Colonnen auf Hohen-Linden während der Nacht marschirte, formirte sich des Morgens in Μ N b p und grif die französische zwischen Hohen-Linden und Harthofen an, in dem Augenblicke, in dem Richepanse bey Matenpöt im Rücken des kayserlichen linken Flügels ankam und Decaen bald nachher denselben in Flank' nahm. Sobald der General Moreau dieses an den Stocken des kayserlichen Angriffs bemerkte, gab er erst der Division Grouchy und bald darauf der von Ney Befehl, den Feind auf's Leib zu gehen. So wie diese Divisionen auf dem rechten Flügel der französischen Armee einige Fortschritte gemacht hatten, rückten auch die vom linken vor. Alle Vorrückungen geschahen divisionsweise und da jede derselben gleich Cavallerie bey der Hand hatte, so verlor der Feind fast alle sein schwere Geschütz[e]. bq Diese Schlacht zeigt die Art und Weise, wie die französischen Armeen in Divisionen agiren, wie sie bei dieser Abtheilung bald zusammenhängende Linien, bald in abgesonderten organisirten Haufen (Divisionen) nach dem augenbliklichen Erforderniß fechten. Denn obgleich die Divisionen zwischen Hohen-Linden und Harthofen im Anfange der Schlacht eine Linie ohne Intervalle formirten, so mußten sie doch in der Folge dieselbe brechen und von einander getrennt den Feind angreifen.
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Die Worte „in Μ N" eigenhändig hinzugefügt. Unten auf dieser Seite (fol. 36v) folgt gestrichen das eigenhändige Konzept zum Schluß dieses Paragraphen, das dann auf einem Extrablatt (fol. 37r) vom Schreiber ausgeführt wurde. Maitenbeth.
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Ferner siehet man hier, wie die Division-Eintheilung die Concentrirung der in ausgedehnten Positionen stehenden Armeen erleichtert und Gelegenheit giebt, ein großes Terrein einzunehmen, ohne sich sehr der Gefahr auszusetzen, einzeln geshlagen zu werden. br bs
§ 25 Gebrauch der verschiedenen Waffen in verschiedenen Terrain bev einer in Divisionen getheilten Armee. bl In dem XIV й 1 1 Plane ist gezeigt, wie eine Armee von 5 Divisionen den Feind im offenen Terrain angreift. Es ist hier das Schlachtfeld von Zorndorf gewählt. Der Feind stehet da, wo die russische Armee in der Schlacht stand. In № 1 des erwähnten Plans ist die Armee in А В in 5 Divisionen außer den feindlichen Canonen-Schuß so, wie vor der Schlacht die preußische aufmarschirt. Die Division der Avantgarde ist mit а a bezeichnet. Die l t e Division mit e e Die 2 te " mit g g Die 3 te " mit i i Die 4 te " mit 11. η bezeichnet die große Cavallerie-Reserve für die 1 K und 2 K Division, о bezeichnet die für die 3 й und 4 tt . Die und 2 K Division und ihre Cavallerie Reserve machen das Corps des linken Flügels der Armee und die 3 K und 4 K Division nebst ihrer Cavallerie-Reserve das des rechten aus. Die Avant Garde und das Corps des rechten Flügels der Armee stehen unter dem unmittelbaren Befehl des comandirenden Generals, das des linken Flügels unter dem Befehl des darauf folgenden, welcher zu dem Ende einige Adjudanten und andere Officiere vom Generalstabe bey sich hat und sich vor der З1™ Division befindet. 21
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Die Rückseite dieses Blattes (fol. 37v) blieb unbeschrieben. Im gestrichenen Konzept auf fol. 36v lautet der durch einen kleinen Einriß beschädigte letzte Absatz: „Ferner zeigt diese Schlacht, wie die einzelnen Hauffen in den sehr ausgedehnten Positionen sich dennoch [auf] den Feind concentriren können und wie es möglich ist, ein großes Terrain bei dieser Organisation zu besetzen u. dennoch der Gefahr auszuweichen, einzeln geschlagen zu werden." Der Text wird ab hier (fol. 38r) von der Hand eines anderen Schreibers fortgesetzt, nun wieder in Spalten. Zu Beginn gestrichen die Uberschrift: - VI. Capitel Beispiel von den Anwendungen zur Schlacht und dem Gebrauch der verschiedenen Waffen in verschiedenen Terrain bei einer in Divisionen getheilten Armee." Diese Überschrift eigenhändig hinzugefügt. Die ursprüngliche Nummer des Paragraphen geändert von „§23." über „§ 24." zu „§ 25". Hier ein Fehler, da nach dem vorangehenden Absatz und dem folgenden die 3. Division zum rechten Flügel gehört. Offenbar soll der Oberbefehlshaber tatsächlich den linken, nicht den rechten Flügel kommandieren.
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Die Disposition zur Schlacht, welche die Divisions-Generale auf der Stelle erhalten, bestehet in folgenden: „Die Avantgarde gehet den Feind in die rechte Flanke (Y), die 1 K Division greift ihn auf den rechten Flügel (X) an, die 2 K unterstützt diesen Angriff en echellon, die 3 K deckt die rechte Flanke der 2 M , bleibt aber so weit zurück, daß sie sich nicht engagiret. Die 4 K Division gehet gleich anfangs gegen den feindlichen linken Flügel (Z), bleibt aber außerhalb des Canonenschusses stehen, schickt indeß ihre reitende Artillerie von ihrer bu Cavallerie gedeckt vor und läßt mit dem Geschütz auf den Feind (Z) feuren, um hier die Aufmerksamkeit zu erregen. bv
§ 26 In № 1 des XIV 1 0 1 Plans ist diese Disposition bis zur ersten Canonade ausgeführt. Die 4 й Division 111 ist bis auf die Anhöhe G vorgerückt. Ihre reitende Artillerie stehet in F, wo sie durch die Cavallerie in h gedeckt wird; die Infanterie befindet sich in m m außer des Canonenschusses, hat aber vor ihrer Mitte eine Batterie 12Ü der in t vorgeschickt, welche der weiter vorgerückten reitenden die linke Flanke deckt und dabey beständig auf den Feind feuert. Käme der Feind hervor, um die vorgerückte Artillerie anzugreifen, so gehet die reitende Artillerie bis auf den rechten Flügel der Infanterie (bis bey m) und die schwere in die Mitte beider Brigaden bw zurück. Die 3te Division i i rückt in diesem Fall zugleich1"1 unerwartet bis in J vor, und die große Reserve о sucht von den Blößen, welche der Feind geben möchte, zu profitiren. Sobald die Canonade der reitenden Artillerie auf dem rechten Flügel in G anfängt, avanciren auf dem linken die beiden Batterien 12 Й der der I м Brigade so weit, bis sie ins feindliche Canonenfeuer kommen, hier in d d, und fangen dann an zu feuern, die 2 K Brigade der Avantgarde gehet zugleich bis in b und die 2 - Brigade der Ι™ Division bis vor Zorndorf vor, um die Batterien d d zu decken. Wenn diese im Feuer sind, so werden noch 2 andere Batterien 12ίέ der, welche die 3 K und 4 K Division hergeben, neben ihnen aufgefahren. Während nun diese 4 Batterien in dd (32 Stück Geschütze) gegen den Feind (in X ) agiren, gehen die beiden Batterien der Avantgarde (jede von 12 Stück Geschütze) bis in с vor und nehmen den Feind in Flank.
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Das Ende des Satzes ab hier gestrichen und dann von Hand des ersten Schreibers wieder neu geschrieben. 5 26 (vorher „§24", fol. 39r-v) wurde durch diagonale Linien gestrichen, diese Streichung aber mittels Durchstrichelung und den Randvermerk „ (NB. Dies alles gilt)" bzw. „(Dieses gilt)' wiederhergestellt. Eigenhändig verändert aus „ in der Mitte zwischen beide Brigaden ". Eigenhändig verändert aus „ rückt jetzt".
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§ 27. by Nachdem die obigen 6 Batterien bz V 2 Stunde gefeuert haben, setzt sich die 1 K Division in der im XII й11 Plan vorgestellten Angriffs Colonne in Bewegung, man sehe № 2 Plan XIV. Sie nimmt, so wie sie in d d kömmt, ihre beiden Batterien zwischen sich, die übrigen beiden bleiben aber stehen, um beim unglücklichen Angriff die reitende [Artillerie] zu decken. Die nun so formirte Angriffs Colonne e e bleibt im Dublir Schritt, bis sie sich den Feind cl so weit genähert hat, als es ohne alzu großen Verlußt geschehen kann, wo möglich bis zu 600 Schritt. Müßen aber schon auf 1000 Schritt von einer Batterie mehrere Canonen wegen todt geschoßener Pferde zurückbleiben, so machen die Batterien auf dieser Distanz Halt u. fangen ihr Feur von neuen an. Um diesen Vormarsch zu favorisiren, rückencb, noch ehe die Colonne sich in Bewegung setzte, 2 Batterien reitender Artillerie, die 1 K von der Avantgarde und die 2m von der I м Division, vor. Sie fahren hier in f f (in jeden Fall noch außer dem Cartätschschuß)" auf und feuern auf denselben mit der größten Lebhaftigkeit. Die beiden Batterien с der Avantgarde rücken nun ebenfalls gegen den feindlichen rechten Flügel vor.cd Die 2 K Division g g schwenkt links, um mit der ersten parallel zu kommen und ihr, wenn der Angriff reussirt, folgen zu können. Sie läßt unterdeß ihre Cavallerie und reitende Artillerie vorgehen und vorläufig agiren. Wenn jetzt der Feind durch das Geschütz Feuer in Unordnung gebracht ist, so stürtzt die Cavallerie Reserve" in ihn, indem sie durch die erweiterte Intervallen der Infanterie und der reitenden Artillerie durchgehet. Die Infanterie der Avantgarde aa passirt zugleich den Grund, 22 um den Angriff der Cavallerie zu begünstigen, und erst wenn sie sich an jener Seite in Y formirt hat, folgt ihr die Cavallerie aa, wenn dies sonst des Morastes wegen möglich ist.
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Ursprünglich Л 25.", danach „$ 26". Ebenso wurden die folgenden Paragraphen jeweils zweimal eine Zahl höher umnumeriert. Eigenhändig verändert aus „ die Batterien ". Das Ende dieses Satzes ah hier und der ganze folgende eigenhändig hinzugefügt. Dies ersetzt die gestrichene Fassung: „auf600 Schritt genähert hat. Hier feuern die Geschütze mit Cartätschen." Folgt gestrichen: „ in F". Eigenhändig verändert aus „Sie fahren hier noch außer dem wirksamen Cartätschfeuer des Feindes". Folgt gestrichen: „ und die Infanterie-Brigaden neben ihnen halten sich bereit, durch den Grund zu gehen und mit der Angriffs Colonne der lten Division den Feind in X und Y zugleich anzufallen." Folgt gestrichen: „13". Gemeint ist offenbar der Zaberngrund.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Die beiden Infanterie Brigaden der vorgerückten 1 Ш Division folgen jetzt der Cavallerie. Sehen sie, daß der Angriff derselben nicht glückt, so formiren sie 2 Vierecke § ... und erwarten, nachdem die Cavallerie sich zurückgezogen hat, das Anrücken einer andern Division. cf Bringt aber die Cavallerie den Feind in Unordnung, wie dies hier zu erwarten ist, so folgt die Division mit ihren Batterien in der anfänglichen Ordnung, um die Cavallerie zu unterstützen. 08 VII. Capitel ch Einige allgemeine Regeln über die Schlachtordnungen. § 28. Regeln auf alle Fälle." 1.) Die Bataillone haben an den Divisionen des З ш Gliedes, welche 60 Schritt hinter ihnen stehen, eine Reserve. Diese stellt sich hinter die Lücken, welche durch die Bewegung und durch andere Umstände entstehen, und deckt übrigens den Rücken und die Flanke. 2. Jede Brigade hat, sobald es nöthig ist, die Schlachtordnung zu verstärken, auf 300 Schritt eines seiner Bataillone mit seinen Regiments Kanonen hinter sich (und also nur 3 im ersten Treffen, wenn sie aus 4 bestehet). Dies Bataillon ist bestimmt, der Brigade zur Reserve zu dienen, die Flanken zu decken, wenn keine Bataillone rechts oder links weiter vorhanden sind,0' eines, welches in ersten Treffen sehr viel gelitten hat, abzulösen oder sich mit der Unterstützung der Cavallerie und reitenden Artillerie den Feind entgegen zu stellen, wenn die übrigen Bataillone nicht mehr Stand halten. 3. Zwei ok Brigaden formiren eine Division und haben 5 Escadrons und 1 Batterie reitender Artillerie zur Reserve. Diese befinden sich auf 300 Schritt hinter ihnen und machen mit den obenerwähnten ReserveBataillonen einer jeder Brigade das 2 K Treffen aus Plan VI. cl Diese Cavallerie und reitende Artillerie ist bestimmt, sich auf den wankenden oder fliehenden Feind zu stürzen oder den durch unsere Linie dringenden sich schnell entgegen zu stellen, die Flanke und den Rücken zu Ί cg
ch
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Eigenhändig korrigiert aus „ Brigade." Folgt gestrichen am Ende der Seite (fol. 40v): „Ans diesem Entwürfe zum Angriff siebet man 1. daß die Armee, obngeachtet sie in einzelne Divisionen getheilt ist, dennoch". Zu Beginn der folgenden Seite (fol. 41r) zunächst gestrichen: „dieser Tag glücklich ausgefallen." Dieser Teil der Überschrift eigenhändig hinzugesetzt, dabei die Zahl aus ursprünglich „ VIII." verändert. Diese eigenhändig hinzugefügte Überschrift wurde mehrfach verändert. Zuerst lautete sie „§ 26 Im Allgemeinen ", dann „ Ohne Rücksicht der besondern Umstände". Die folgenden elf Wörter bis einschließlich „oder" eigenhändig hinzugefügt, dafür am Ende des Satzes gestrichen: „ ein sehr gelittenes Bataillon u. s. w." Folgt gestrichen „ und zwei", ebenso zu Beginn von Punkt 6 bei „ Zwei Divisionen ". Verändert aus „ Plan IV".
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decken, mit den Schützen und den Divisionen des З ш Gliedes im durchschnittenen Terrain den ersten Angriff zu thun oder, wo man sich defensiv verhält, ihnen zum Soutien zu dienen. 4. Es bestehet also das 2 K Treffen bloß aus Cavallerie und reitender Artillerie, und wenn man die Schlachtordnung verstärken will, für jede Brigade noch aus 1 Bataillon Infanterie. 5. Jede Brigade hat ihren Brigadier, unter dessen Befehl auch das Reserve Bataillon im 2 ю 1 Treffen stehet. Die 5 Eskadrons Cavallerie und die reit. Artillerie stehen unter einem eigenen Befehlshaber, der bloß von dem Divisionsgeneral abhängt. 6. Zwei Divisionen haben eine große Cavallerie Reserve, welche 1 oder 2 Batterien reitender Artillerie bei sich hat. cm Diese Reserve stehet 600 Schritt hinter dem l m Treffen. Man sehe den Vten und VIten cn Plan. Die Bestimmung dieser Reserve ist, den Feind in Flank und Rücken zu gehen, unsere Flanke und unsern Rücken zu decken, in die feindliche Linie von vorn einzubrechen, wenn es die Umstände erfordern. 7. Zwei Divisionen und 1 Cavallerie Reserve formiren 1 Corps und haben alsdann einen eigenen Corps Befehlshaber und außerdem 3 Divisions Generale, zwei für die beiden Divisionen und einen für die Cavallerie Reserve. 8. Will man einer Armee eine größere Stärke auf einen Punkt geben, so stellt man hinter einer Division eine 2 U in co die Linie der Cavalleriereserve (also 600 Schritt hinter dem l 1 0 1 Treffen der erstem) und läßt die Cavallerie Reserve in Colonne mit Escadronen, damit es nicht an Platz fehlt. § 29. Regeln auf einige besondere Fälle. cp 1.) In der Ebene sowohl gegen Infanterie als Cavallerie, sowohl auf der Stelle als im Avanciren hat man die in Plan III u. IV gezeichnete Stellung, 04 wobei man jedoch einen den Umständen angemessenen Gebrauch, von seinen Schützen, Regiments und übrigen Geschütz nach den Ilten u. Illten Capitel" macht. Das Ende des Satzes eigenhändig verändert aus „ welche mit reitender Artillerie versehen ist." 01 Eigenhändig verändert aus „ und 6Ш". co Eigenhändig verändert aus „ stellt man eine Division in dabei auch in der folgenden Klammer die Wörter „ der erstem " eingefügt. cp Diese Überschrift eigenhändig hinzugefügt, sie ersetzt die von Schreiberhand gesetzte „§ ... Einige Regeln über die Schlachtordnungen in besondern Fällen"; dabei noch einige gestrichene Zwischenformen. Die eigenhändige Paragraphennummer wurde dabei von „27" über „28" zu „29" geändert. cq Eigenhändig verändert aus „ die allgemeine Stellung des letzten §s". " Eigenhändig verändert aus „ nach §4, 8". cm
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
2.) In durchschnittenen und in vermischten Terrain machen die Regiments Canonen, Schützen und Division des З1® Gliedes gewissermaßen das 1K Treffen und werden von der Cavallerie u. reit. Art. der Division soutenirt, "wie dies in Plan VIII und IX gezeichnet u. in IVten Capitel gelehrt ist. 3.) Die Angriffscolonnen haben im durchschnittenen Terrain die Schützen, Flankeurs und Divisionen des З ш Gliedes an der Spitze, Plan X. 4.) Die Angriffs Colonnen haben im vermischten Terrain die Schlachtordnung derer im durchschnittenen, außer daß ihre Schützen und Flanqueure von dem größten Theil der Cavallerie der Division unterstützt werden, Plan XI.ct 5.) Die Angriffs Colonnen einer Division in ebenen Terrain bestehen aus allen Waffen, jede Brigade formirt sich dabei in 2 Treffen, zwischen den Brigaden nimmt man die schwere Artillerie. Auf 1500 Schritt ist die erste Canonade, auf 600 die 2 tt . Während des Avancirens von 1500 bis 600 agirt die reitende Artillerie auf den Flügeln der Colonne. Macht auf 600 Schritt die schwere Artillerie kein Loch, so jagt die reitende Artillerie bis auf 300 Schritt vor und feuert mit Kartätschen. Plan XII § 16.cu 6.) Wenn eine Division sich im Angesicht von einer zahlreichen" Cavallerie über eine Ebene zurückziehen muß oder wenn eine Flügel Division keine Anlehnung und Flanken Deckung hat, so formirt sie 4 Quarrees, das eine vor, das 2K rükwärts, cw die beiden übrigen rechts und links, die Artillerie zwischen den Quarrees. Plan XIII. VIII 10 Capitel Über die eigenthümlichen Evolutionen und Stellungen einer Division. § 30. Eine Armee Division ist für den Feldherrn in der Schlacht das, was dem Brigadier ein Bataillon ist. Eben so wie jedes Bataillon in allen Lagen eine den Umständen und dem Terrain angemessene Anordnung in sich treffen muß, ohne daß der Brigadier die Art und Weise, wie es geschiehet (wie seine Züge sich bewegen, stellen u.s.w.) bestimmt, eben so muß dies auch die Armee-Division, dem Terrain angemessen ohne alle vorherige Disposition des Feldherrn, thun. cx
" "
Das Ende des Satzes eigenhändig verändert aus: „ Plan VIII und IX und j." Folgt gestrichen: „§..ebenso am Ende von Punkt 6. cu Die letzte Zahl verändert aus „ 15." m Statt „ zahlreicher". Das vorangehende „ einer" wurde eigenhändig hinzugefügt. ™ Eigenhändig verändert aus „ zurück ". α Das Satzende eigenhändig verändert aus „(wie seine Züge sich bewegen) bestimmt, eben so muß das auch die Armee-Division ohne alle vorherige Disposition thun."
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So wie ζ. В. das Bataillon seine Quarreestellung, wenn es in offenen Terrain von Cavallerie bedrohet wird, hat, eben so muß die Division auch auf diesen Fall eine gewisse bestimmte und eingeübte Stellung nehmen. Ist auf diese Weise eine Division, wie ein Bataillon, auf die wichtigsten ihr vorkommenden Bewegungen und Stellungen geübt, so wird sie in jeder Lage sich weit besser zu benehmen wissen als ohne diese Bestimmungen es möglich wäre. Man nehme nur, um sich hiervon zu überzeugen, in eben erwähnten Beispiel an, man hätte ein Bataillon, welches ein Quarre in dem Augenblick, in dem es angegriffen würde, formiren sollte, ohne daß es diese Evolution jemals ausgeführt hätte! Wie würde es nun damit zu stände kommen? cy Aber so wie ein geübtes Bataillon sich ohne alle Anweisung, ohne alle Disposition C2aufs Comando des Comandeurs gleich zu helfen weiß, eben so wird auch eine Division, welche eine gewisse bestimmte angemessene Stellung gegen den Angriff der Cavallerie kennt und geübt hat, auch auf den Befehl des Divisions Generals geschwind und ordnungsmäßig davon, wo es erfordert wird, Gebrauch machen können. Hätte wohl Friedrich der 2te die Formirung der Armee bey Leuthen auf die bewunderungswürdige Weise ausführen können, auf die sie geschah, wenn er nicht vorher diese Evolution geübt, wenn er nicht in Friedenszeiten eben diese Formirungsart bei seiner Armee eingeführt hätte ?da Hieraus folgt, daß die Divisionen auf die allgemeinsten dbim Kriege vorkommenden Fälle eine gewisse Anordnung kennen und üben müssen, z.B. a. wenn eine Division den Feind in der Ebene angreift, Plan XII; d c b. wenn sie hier sich angreifen läßt, Plan III, IV, V, VI, VII; c. wenn sie den Feind im durchschnittenen Terrain angreift, Plan VIII, I X , Χ , X I ; d. wenn sie hier von ihm angegriffen wird, Plan VIII, I X ; e. wenn sie mit einem Angriff von Cavallerie in der Ebene bedrohet wird, Plan X I I I ; f. wenn sie en echellon eine angreifende Division, welche neben ihr ist, unterstützet dd u. s. w. Eigenhändig verändert aus: „ Man nehme nur, in eben erwähntem Beispiel, [an,] man hätte ein Bataillon, welches ein Quarre formiren sollte, indem es angegriffen würde, ohne daß es diese Evolution jemals ausgeführt hätte! Wie würde es nun damit in diesen Augenblick zu stände kommen " Im Zuge der Revision wurden u. a. die hier folgenden vier Wörter eigenhändig hinzugefügt, ebenso weiter unten: „auf den Befehl des Divisions Generals ώ Das Satzende eigenhändig verändert aus „ mit seiner Armee hätte machen laßen?" dh Die folgenden drei Wörter eigenhändig hinzugefügt. dc Die Planbezeichnungen hier und in der Folge eigenhändig hinzugefügt. dd Folgt die gestrichene Hinzufügung: „ Plan XIV"; auch „ u. s. w." wurde eigenhändig hinzugefügt. cy
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Bey allen diesen muß bestimmt werden, was die verschiedenen Waffen der Division zu thun haben, deum die Stellungen, welche zu den vershiedenen Zwecken erfordert werden, auszuführen, und wie sie sich nachher darin verhalten.23
de
23
Das Satzende eigenhändig verändert aus „ um die hierzu angemessenen Stellungen auszuführen, und wie sie nachher sich weiter darin verhalten." In einer undatierten, fünfseitigen Denkschrift (Abschrift: GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 132 fol. 5r-7r, mit dazugehöriger Skizze, fol. 8r) äußerte sich Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig zu Scharnhorsts Reformvorschlägen. Zur Divisionstaktik schrieb er: „Allein wenn man nicht in den bedenklichen Fall der Zerstückelung der Armeen sich setzen will, wodurch der Erzherzog Carl im Jahr 1796 die großen Vortheile über den General Jourdan erhielt, nachdem er die Division des Generals Bernadotte geschlagen hatte, so scheint die Zusammenhaltung einer Armee, die zwar, wie es stets gewesen, in Divisionen abgetheilt ist, die aber eine Masse formiren und wo nur die Avant-Garde und Reserve als separirte Corps agiren, vor jenen Abtheilungen Vortheile zu haben." Im deutschen Feldzug von 1796 schlug die von Erzherzog Karl angeführte österreichische Armee zuerst Bernadottes Division bei Teining (22. August), dann die Hauptmacht Jourdans bei Amberg (24. August) und Würzburg (3. September), woraufhin die Sambre-und-Maasarmee sich unter großen Verlusten nach Düsseldorf zurückziehen mußte. Nachdem der Herzog dann seine Armeegliederung näher ausgeführt hatte, erklärte er weiter: „Es ist im Allgemeinen zu bemerken, daß, je mehr Abtheilungen in einer Armee statthaben, desto mehr dadurch Anlaß zum Parthey-Geist, zur Eifersucht und zum Neid gegeben wird. [...] Ist die Eintheilung nach Armee-Divisionen nach französischer Art gemacht, so wird entweder zu viel detachirt, wenn die ganze Division zusammen bleiben soll, oder die Division wird zerrißen." Auch die Abschaffung des zweiten Infanterietreffens lehnte der Herzog ab, sie sei im Siebenjährigen Kriege niemals Grundsatz gewesen, sondern nur durch Mangel an Truppen bedingt worden. Die Kavallerie sei demnach ins dritte Treffen zu stellen. Schließlich äußerte er sich knapp und insgesamt positiv zu Scharnhorsts Vorschlägen zur Verwendung des dritten Gliedes, zur Vermehrung der reitenden Artillerie und zur Reform der Regimentsartillerie, jedoch mit dem Vorbehalt: „daß in diesen Aufsätzen sich zusammengesetzte Gedanken des Prinzen de Ligne u. Generals Mack finden, die auf die königl. preuß. Armee mir nicht ganz anwendbar scheinen." Der aus dem Hennegau stammende Karl Joseph, Fürst von Ligne (1735-1814), hatte mit Auszeichnung im Siebenjährigen Krieg und unter Laudon 1778/79 in Böhmen und 1789 vor Belgrad gekämpft. Seine diplomatischen Sendungen nach St. Petersburg erwarben ihm die Gunst Katharinas II., die ihm den Titel eines russischen Feldmarschalls und ein Landgut auf der Krim verlieh. Der für seinen Geist und Witz berühmte Fürst stand u. a. mit Friedrich II., Rousseau und Voltaire in literarischem Verkehr und veröffentlichte: Melanges militaires, litteraires et sentimentaires, 34 Bde., Dresden 1795-1811. General Mack wurde bereits im ersten Band mehrfach erwähnt.
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63. Denkschrift
201 [?, vor 1804?1]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 220 fol. 5 9 r - 6 2 r (7 S.): Konzept, eigenhändig. § 1. Auswahlkriterien für Geschützkaliber. § 2. Reichweite. Erprobung der Wirkung von Kartätschen. § 3—4. Bewegbarkeit bei verschiedenen Bodenverhältnissen. § 5. Weitere Nachteile von Zwölfpfündem.
'Ueber die Wirku[n]g, Bewegbarkeit u. Erhaltu[n]gskosten der Geschütze verschiedener Caliber. b § 1. Bei der Auswahl der Caliber, welche man im Felde führen will,0 kömt es auf drei Haupt Punkte an: llich auf die verschiedene Wirkung, d 2tens auf die Bewegbarkeit und 3tens auf die Erhaltungs Kosten e derselben. § 2. Wirkung beim Canonen Die wirksame Schuß weite des 3ίέ ders in der Ebene beträgt 1600 f desord. 6 Ü ders « " 2200 s " " ord. 12H " " " " 2600 Schritt h Der Unterschied der Wirksamkeit der vershiedenen Caliber bei dem Gebrauche der Cartätshen läßt sich nicht genau bestimmen. Wenn jedes Caliber eine gleiche Anzahl Schüße thut, so ist die Wirkung beym 6ίέ der ohngefähr 3mal so groß1 als die beym 3 Ü der. Da aber die kleinen' Caliber geschwinder als die größern feuren können und da bei ihnen auch beßer gerichtet werden kann, so leidet das obige Verhältniß noch eine Veränderung zum Nachtheil der großen Kaliber, und man kann daher auf keine Weise behaupten, k daß zwei 3 U der nur den Effect von einem 6 Ь> der beim Gebrauch der Kartätschen leisten. Man wird nicht viel fehlen, wenn man den Effect, den 3 Stük 3 U der beym Kartät" b
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1
Davor gestrichen: „ 1. Capitel." Darüber gestrichen: „ Ueber die Organisation der Artillerie. " Folgt gestrichen: „§ 1. Erforderliche vorläufige Bestimmungen von Wirkung. Bewegbarkeit u. Erhaltungskosten Verändert aus „ Bei der Organisation der Artillerie ", zunächst zu „Bei der Bestimmung des Werths eines Geschützes und der". Folgt gestrichen: „ derselben ", verändert aus „ der verschiedenen Caliber". Verändert aus „ die Kosten ". Verändert aus „Ii bis 1600 Verändert aus „ 2100 bis 2200". Folgt gestrichen: „Die schweren 6b,der übertreffen die leichten ungefähr 100 und die schweren 12Uder die leichten ungefähr ISO Schritt in der wirksamen Schußweite." Verändert aus „ beinahe doppelt so stark ". Verändert aus „ geringen ", entsprechend später im Satz „ größern " aus „ stärkern ". Verändert aus: „so findet das obige Verhältniß um so weniger statt, und man kann daher nicht sagen". Es sieht so aus, als sei diese Denkschrift später zu einem Teil der Denkschriften über die Vermehrung der reitenden Artillerie und Verminderung der Zwölfpfünder verarbeitet worden.
202
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
sehen leisten, den von 2 Stük 6iidern gleich setzt; auch werden 2 Stük 12H der ohngefähr so wirksam als 3 Stük 6 Ü der im Kartätsch Feur seyn.1 § 3. Bewegbarkeit von aufgeprotzten Geschütz raIn
der Ebene auf harten Boden ist der 12ίέ der, wenn die Geschütze aufgeprotzt sind, eben so bewegbar als der 6 U der," denn ob gleich der erstere beinahe doppelt so schwer ist als der letztere, so hat auch dagegen jener mehrere Pferde. Eben so verhält es sich mit dem 3 u. 6&der. Der letztere wird durch 6 Pferde auf harten Boden eben so geschwind bewegt als der erstere durch 3.° p Diese
gleiche Geschwindigkeit in der Bewegung 4 findet aber nicht in allen anderen Fällen statt, 1. nicht in weichen Terrain, wo die größem r Caliber wegen des doppelten Gewichts tiefer eindringen"', 2. nicht an Bergen, s wo bei den kleinern Calibern durch Anfaßen der Canoniere das Umfallen und der zu starke Herunterschuß in so weit auf gehalten werden kann, daß keine besondere zeitraubende Vorkehrungen erfordert werden,** '3. nicht, wenn ein Geschütz umgeworfen oder festgefahren ist,*** 4. nicht, wenn Gräben, Vertiefungen, kleine Flüße u. Bäche mit hohen Ufern" paßirt werden müßen,**** 5. nicht im Walde, wo es an Wegen fehlt u. die Canonen bald rechts, bald links geworfen werden muß, und 6. nicht beim Hinaufbringen auf steilen Bergen, wo die Pferde kaum selbst stehen u. wenig ziehen können.
1
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Folgt gestrichen: „§ 3. Bewegbarkeit bei aufgeprotzten Geschütz Es ist sehr schwer, hier gewisse Grade anzugeben, es ist aber zu bemerken, 1. daß das Gewicht des 3 Ü ders 600 " 6 " " 1000 "12" " 1800 U betrage und daß ihre Laffeten ungefähr eben so schwer sind, daß 2. daß jedes Geschütz nach Verhältniß des Gewichts der Geshütze bespannt ist, der 6U der mit 6 und der 12Udr mit 8 Pferden.'" Dazu die gestrichene Fußnote: „ ' Eigentlich ist hier [der] 6% der in [das Wort versehentlich gestrichen] Verhältniß des Gewichts stärker als der 12 Ü der bespannt, allein der 6b> der hat auch Munition auf der Protze, welches nicht bei den 12Üder stattfindet." Davor gestrichen: „1." Folgt gestrichen: „und der 6 Ь> der eben so bewegbar als der 3 Ü dr; ob er gleich schwerer ist, so hat er dagegen mehrere Pferde." Verändert aus „ 3 oder 4." Davor gestrichen: „2." Verändert aus „Diese gleiche Bewegbarkeit", zunächst zu „Diese gleich geschwinde Bewegbarkeit". Verändert aus „ schwerern ", entsprechend später „ kleinern " verändert aus „ schwächern Statt „ am Bergen ". Davor gestrichen: „4. Ueberhaupt kann ein umgeworfenes oder festgefahrenes Geschütz von großen Caliber nicht so geschwind wieder in Bewegung gebracht werden als eines von kleinem." Folgt gestrichen: „ ein Stük Wald".
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*
Hier haben die" schwächern eine weit größere Geschwindigkeit und es giebt viele Gegenden, wo der Boden (und die Brücken) wohl dies Durchkommen mit den GH der aber durchaus nicht mit dem 12Ü der gestatten. ** w Welches bei den schwerern ganz anders ist, einentheils weil man bei diesen in Verhältniß ihres Gewichts weit weniger Leute hat, und anderntheils weil, wenn diese Leute da wären, sie doch nicht alle an den Theil der Laffete würden anfaßen können, wo sie würksam zu seyn im Stande sind. * * * Indem ein 6ίΑ dr weit leichter durch 12 Mann als ein 12£tdr durch 13 gehoben werden kann. * * * * \y/Q j a s Heben dem Ziehen der Pferde zur Unterstützung dienen muß.
§ 4. Bewegbarkeit im Manoeuver. In der Ebene und auf harten Boden kann der 12U der" beinahe eben so geschwind als der 6 Ü der auf und abgeprotzt werden, aber in hohen Getreide, auf weichen Boden, in gepflügten Land, in tiefen Sande u. s. w. isty die Zeit zum Auf und A[b]protzen schon sehr merklich verschieden. Den 6 Ü der können die Leute 2 in Fall der N o t h beym Aufprotzen der Protze entgegenführen, wenn diese etwa nicht gut vorgefahren ist; dies aber ist nicht mit dem 12U der möglich. In manchen" Boden, zumal in Frühling, shneiden sich die Räder beim 12 Ιέ der so tief ein, daß die Leute so wenig beym A b - als Aufprotzen das Geshütz ohne sehr viel Umstände herumdrehen können. Wenn in engen Oertern, auf und an Dämmen und Bergen abgeprotzt ist, so müßen nicht sellten ab nachher die Geschütze noch vor oder zurük gebracht werden; dies geschiehet mit dem 6 i i d r weit geschwinder^ als mit dem 1 2 i i d r . Ein ander" 1 Vorzug des 6Üdr bestehet darin, daß er nur mit 6 Pferden bespannt ist, statt der 1 2 i i d e r 8 erfordert. Dieser Unterschied an Pferden ac vermehrt nicht allein beim Umwenden im Abprotzen, sondern auch in af jeder andern Lage im lg feindlichen Canonfeur, die zufälligen Auffenthalt verursachenden Ereigniße. lh "
Folgt gestrichen: „ leichtn ". In der Vorlage „'", hier zur Unterscheidung von den anderen Fußnoten verändert, ebenso bei den folgenden. Alle vier Fußnoten Scharnhorsts gehörten ursprünglich zum Haupttext. * Verändert aus „6U der", entsprechen das folgende „6Ü der" aus „3Ü der". y Folgt gestrichen: „hierin der Unterschied schon sehr merklich 1 Folgt gestrichen: „dazu körnt noch, daß bei dem 12Ü der 8 Pferde immer die Wendungen machen müßen, statt bei dem 6Ü der nur 6 da sind". ** Folgt gestrichen: „ Terrain ". "h Verändert aus „ so müßen dafür nach Geschütze das Wort „ oft" gestrichen. " Verändert aus „leichter". "d Folgt gestrichen: „ Umstand". " Folgt gestrichen: „ erzeugt". "1 Statt „im". 4 Folgt gestrichen: „ Halten ". "h Verändert aus „ weit öfterer eintreten müßen." w
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
§ 5. Nimmt man zu allen diesen großem Beschwerlichkeiten bei den "12U digen Canonen noch, daß sie keine Munition auf der Protze haben, daß sie also immer Munitionswägen hinter sich haben müßen, aus denen3' die Munition geholet werden muß, welches nicht bei den 6 U dr erforderlich ist,ak daß die Chargirung, beso[n]ders das Richten in nicht ganz ebenen u. harten Boden bei 12 U der mehr1' Zeit als bei dem 6&der erfordert, soam folgt,an daß der 12Й dr wohl zu stehenden Canonaden und bei langsamen Bewegungen auf einen sehr guten Boden gebraucht werden kann, daß es aber inao manchen Gegenden garnicht oder nur äußerst beshwerlich fortkomme ap und daß es bei den Bewegungen, welche sich ergeben, nachdem die Affäre schon engagirt ist, vielleicht nur sehr seilten wird gebraucht werden können."4
64. Denkschrift
[?, September 1802/Mai 1804? 1 ]
G S t A PK, VI. H A N1 S c h a r n h o r s t N r . 200 fol. 1 4 r - 3 2 r (35 S.): Reinschrift, Schreiberhand/ Weitere Reinschrift, Schreiberhand: ebda., fol. 2 r - 1 3 r (22 S.); Konzept, eigenhändig: G S t A PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 220 fol. 2 r - 1 9 v (36 S.).b
" Statt „beim". "> Statt „dem". "k Verändert aus „ statt findet". Verändert aus „ Boden weit mehr". "m Folgt gestrichen: „scheint es fast ganz offenbar zu seyn, daß", dann „fühlt man sich sehr geneigt, den 12 b, der nur insbesondere zu stehenden Canonaden brauchba[rj". "" Folgt gestrichen: „1.", entsprechend „2." vor dem nächsten „daß". Folgt gestrichen: „ Frühjahr in fast allen [ f o l g t gestrichen: „ Boden "] Terrain schwer zu bewegen". "p Verändert aus „in manchen Gegenden nur seilten und äußerst beschwerlich gebraucht werden könne." "4 Das untere Viertel dieser Seite ( f o l . 62r) und die ganze folgende blieben unbeschrieben. * Diese Reinschrift wurde zur Vorlage gewählt, da sie sorgfältiger und mit weniger Abkürzungen ausgeführt wurde als die andere. h Das Konzept gibt einen früheren Zustand wieder, es fehlen dort u. a. die Paragraphen 10 und 11 der Endfassung. 1
Möglicherweise geht diese Denkschrift in ihren Anfängen noch auf die hannoversche Dienstzeit zurück; eine Reihe der hier anschließend eingeordneten Denkschriften zur Artilleriereorganisation nehmen direkt auf sie Bezug. Ebenfalls in Faszikel Nr. 200, fol. 33r-34v, befindet sich eine vierseitige Denkschrift eines unbekannten Verfassers zur reitenden Artillerie und den Theorien L'Espinasses, in der es u. a. heißt: „Die reitende Artillerie hat bey allen denen vom H. Obrstl. v. Scharnhorst angeführten Fällen einen großen Vorzug für die Fuß Artillerie; ich wünsche wohl, daß d. H . Obristl. auch ein Memoire von dem Gebrauch der Fußartillerie und den schweren Batterien insbesondere anfertigen mögte." Hiernach scheint die vorliegende Denkschrift nach der Nobilitierung Scharnhorsts (nach Kabinettsbefehl vom 14. September 1802), aber noch vor seiner Beförderung zum Oberst (20. Mai 1804) abgeschlossen worden zu sein.
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2 05
Vielfältiger Nutzen aus Geschwindigkeit der reitenden Artillerie. 1. Flexibler Einsatz aus der Reserve. Gebildete Führung als Voraussetzung. 2. Begrenzte Vorteile als Reserve kleiner Korps. 3. Als Reserve bei allen Korps. Probleme der Fußartillerie im Gelände. Beispiel. Geschwindigkeit als Ausgleich für Umwege. 4. Anschluß an die Kavallerie ohne Zeitverlust. Einsatz formen. Notwendigkeit der Kombination. У Schnelle Operationen. Beispiele. 6. Offensive Vorteile bei Aktionen der Vorhut. Als Nachhut schneller in Sicherheit. Eigene Erfahrung. Defensive Vorteile. 7. Schnelle Unterstützung für Vorposten. Geringere Verluste durch Beweglichkeit. 8. Schlachtentscheidende Wirkung bei konzentriertem Einsatz. Kombination mit Fußartillerie. Schema, Beispiele, eigene Erfahrungen. 9. Geringeres Risiko bei Scheinangriffen. Deckung eines zurückgehaltenen Flügels. 10. Bekämpfung von Durchbruchsversuchen in defensiven Stellungen. 11. Schnellere Uberflügelung. Deckung der angreifenden Kavallerie. 12. Vorteile in einer beweglichen Armee. Außer Geschwindigkeit: Kräfteschonung; Gesicherte Mobilität durch Einsatz der Mannschaftspferde als Reserve. Nach neuerer Kriegskunst Vorteile gegenüber größerer Zahl an Geschützen zu Fuß. Dadurch Ausgleich der Mehrkosten. U e b e r den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie.' § [l.] d D i e reitende Artillerie schickt sich w e i t besser z u Reserven als die z u Fuß. D i e reitende Artillerie b e w e g t sich in m a n c h e n Fällen 3mal, in j e d e m aber d o c h d o p p e l t so g e s c h w i n d als die z u Fuß. W e n n also reitende Artillerie und Artillerie z u F u ß hinter der Linie hält, u m den Theil der A r m e e , ' w e l c h e r am meisten b e y m feindlichen Angriff leidet, z u unterstützen, so braucht die reitende Artillerie, u m einen gewissen W e g zurückzulegen, in den meisten Fällen nur den 3™ Theil der Zeit, welche' die Artillerie z u F u ß dazu bedarf. 8 Dieser Vorzug ist u m so viel größer u n d wesendlicher, da es in der h ö h e r n Tactik ein Grundsatz ist, seine ganze Macht nicht gleich z u entwickeln, sondern nach d e m Beispiel der größten Feldherrn (Broglio in der Schlacht bei Bergen) 2 bis auf einen g e w i s s e n Zeitpunct concentrirt zurückzuhalten, u m bedrängte Theile unterstützen, v o n d e n Fehlern des Feindes Vortheile z i e h e n u n d unerwarteten, in Flank u n d R ü c k e n k o m m e n d e n , Angriffen sich entgegenstellen z u k ö n n e n . M a n kann aus diesem Grunde mit Zuversicht behaupten, daß die v o n reitender Artillerie u n d Cavalerie z u s a m m e n g e s e t z t e n Reserven
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Im Konzept lautet die Überschrift: „ Iter Abschnitt Verschiedenheit des Gebrauchs der Reitenden Artillerie und der zu Fuß." Die Nummer des Paragraphen („1.") fehlt im Konzept. Die folgenden sieben Wörter fehlen im Konzept. Statt „ welchen " (in allen drei Fassungen). Im Konzept folgt an dieser Stelle: „ Die Reit. Art. schikt sich daher weit beßer zu Reserven als die Art. zu Fuß." Vgl. dazu die verschiedenen Erwähnungen dieser Schlacht und des Herzogs von Broglie in den ersten beiden Bänden.
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Mittel an die Hand geben,h jene feinern Grundsätze der Kriegeskunst1 in Ausübung zu bringen, und den Unglücksfällen aller Art vorzubeugen.' Aber nur der gebildete Tactiker wird von diesen Vorzügen der reitenden Artillerie Nutzen ziehen können, nicht derjenige, welcher ohne alle Bewegung der verschiedenen Gattungen von Truppen, ohne die geschickte Benutzung des Terreins und der Fehler des Feindes, ohne eine glückliche Combination aller Umstände sich hin stellt und sich bloß leidend verhält. Jener erhöhet die Kräfte durch die Mechanik, dieser bedient sich ihrer ohne Hebel und Keil. § 2. Auch bey kleinen Corps schickt sich die reitende Artillerie weit besserk zu Reserven als die zu Fuß. Die Vorzüge der geschwinden Bewegung der reitenden Artillerie vor die zu Fuß, wenn man beide als Reserven1 gebraucht, sind bei einer ganzen Armee allerdings weit größer, als bei einen kleinen Corps von 6 bis 8000 Mann. Bei jener ist der Weg zu einem oder andern Theil, ζ. B. von der Mitte bis zu den Flügeln, viel größer als bey dieser, und die größere Geschwindigkeit ist bei letzterm also nicht so in die Augen fallend. Aber dem ohngeachtet"1 ist diese auch bei den kleinsten Corps von großen und wesendlichen Nutzen, z.B. wenn der Feind irgend wo durch die Linie bricht, wenn einige Bataillone anfangen zurückzuweichen, wenn der Feind in den Neben-Corps durchgebrochen ist, und er in der Flanke oder im Rücken erscheint; in allen diesen Fällen entscheidet bloß die Schnelligkeit oder der Augenblick. Es ist überdem hier zu bemerken, daß die Entfernung der Reserve immer dadurch vergrößert wird, daß sie bis 600" Schritt in der Action zurück seyn muß, indem sie sonst durch das feindliche Feuer leiden und nicht ihre ganze Wirksamkeit behalten würde. Vielleicht hat man aus diesen Gründen in den französischen Armeen einer jeden Division, d. h. jede 7 bis 8000 Mann, zwey Batterien reitender Artillerie, von denen immer eine in Reserve bleibt, gegeben.0
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Im Konzept steht hier: „ daß die R. A. Mittel an die Hand giebt". Im Konzept verändert am „ Tactik ". Im Konzept folgt noch: „statt die Art zu F. ihrer Ausführung große Hindemiße in den Weglegt." k In der zweiten Reinschrift fehlen die folgenden zwei "Wörter. 1 Im Konzept und in der zweiten Reinschrift: „Reserve m Im Konzept steht lediglich: „ Dennoch ". " Im Konzept steht: „ 4 [verändert aus „ um 3 "] bis 600 ". " Im Konzept: „ Vielleicht hat aus allen diesen Gründen in den französischen Armeen eine jede Division, d. h. jede 7 [verändert aus „ 6"] bis 8000 Mann eine Batterie Reit. Art. in Reserve."
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§ 3.p Bev einem jeden Theil der Schlachtordnung muß reitende Artillerie sevn. weil die Artillerie zu Fuß nicht immer der Infanterie folgen kann. Aus dem vorhergehenden § folgt, daß jeder Theil der Schlachtordnung (jedes Corps), in der die Armee abgetheilt ist, eine Reserve von reitender Artillerie haben müsse, wenn er vortheilhaft organisirt seyn soll. Diese Reserve von reitender Artillerie ist aber nicht bloß zu dem dort angeführten Gebrauch bestimmt, sondern auch in anderer Rücksicht fast unentbehrlich. Die Erfahrung im Kriege lehrt jedem Beobachter der Vorfälle sehr bald, daß die Artillerie zu Fuß bey geschwinden Bewegungen auch selbst hinter der Infanterie zurückbleibt. Die Sache ist auch sehr begreiflich, das Auf- und Abprotzen bey dem Feuern hält sehr auf, zumal wenn das Terrein nicht hart ist und die Räder einschneiden. Die vornehmste Ursach des Zurückbleibens liegt aber darin, daß die Infanterie, wenn sie auf Berge, auf Gehölze oder Wälder, auf mit Gräben und Hecken durchschnittene Terreins trifft, gerade zu gehet, die Artillerie aber immer nur auf gewissen Puncten, oft nur auf Wegen, durchkommen kann, und daher große Detours machen muß. Dabei hält sie noch das difficile Terrein, wenn sie auch grade zu gehen könnte, auf, weil man an Bergen sie nur sehr langsam bewegen kann und zwischen Hecken und Gräben immer etwas wegzuräumen ist, ehe man durchkömmt. Zu diesen Verhinderungen der geschwinden Bewegung kommen noch andere, welche bey jeden Fuhrwerken, die nicht auf ordinären Wegen fahren, unvermeidlich sind; es zerreißt und zerbricht an denselben4 oder dem Pferde-Geschirr etwas, die Pferde verwickeln sich, die Fuhrwerke kommen an einander, es wird ein oder anderes umgeworfen, u. s. w. Die Beobachtungen, welche man bei den Manoeuvern in der Ebene über die Bewegbarkeit der Artillerie zu Fuß r macht, können hier nicht zum Grunde gelegt werden; bei diesen herscht mehrere Regelmäßigkeit als im Kriege; die Bewegungen sind nicht so rasch, geschehen nicht so ruckweise, man richtet sich bei ihnen ohnehin so ein, daß die Artillerie nicht auf sehr große Hindernisse trift, weil man das Terrein vorher recognoscirt hat.s U m sich von der Schwierigkeit des Fortkommens der Fuß-Artillerie' zu überzeugen, so darf man sich nur an das erinnern, was uns die Geschichte hierüber lehrt: in der Schlacht bey Krefeld waren die auf dem rechten Flügel vorgerückten Infanterie-Regimenter bei dem Corps des Erbprinzen von Braunschweig 3 ohne Regiments-Geschütz, als sie p 4
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Im Konzept, wo einige Paragraphen umgestellt wurden, verändert aus „§ 4." Die folgenden drei Wörter fehlen im Konzept. Im Konzept: „ der Artillerie Im Konzept: -weil man das Terrein vorher bestehet u. s. w." Im Konzept: „ der Art." Der spätere regierende Herzog Karl Wilhelm Ferdinand.
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von der überlegenen Cavalerie angegriffen wurden; es war zwischen den Gräben, die sie vorher passirten, zurückgeblieben; in der Schlacht bei Minden waren die Regiments-Geschütze, als die englishe und hannoversche Infanterie vorrückte, wegen der ho[h]len (obwohl nicht sehr beschwerlichen) Wege zurückgeblieben, und bei dem ersten Angriff der feindlichen Cavalerie befanden sie sich noch hinter der Front, wodurch es sich denn ereignete, daß ganze Trups durch die Intervallen setzten; bey Kunersdorf zog der Umstand, daß die Artillerie nicht vorkommen konnte, den Verlust der Schlacht nach sich." Die Fälle, wo die Artillerie zu Fuß zurück bleibt, sind mannigfaltig. Man bemerkt dies nur seilten, weil jeder weiß, daß es nicht anders seyn kann, - auch kömmt sie meistens noch nach - aber was hilft dies, wenn der entscheidende Augenblick verstrichen ist?v In diesem ist es von größter Wichtigkeit, einige reitende Artillerie bei der Hand zu haben. Muß sie wegen Hindernisse des Terrains Umwege machen, passirt sie beschwerliche Terreins, Gräben, Hecken, welche einigen Aufenthalt verursachen, so holt sie in gestrecktem Trott dennoch gleich die Infanterie wieder ein. Die Artillerie zu Fuß braucht nicht allein einen 3 mal größern Zeitraum, um den Vorsprung, den die Infantrie hatte, zu durchlaufen, sondern auch eine größern Zeit-Aufwand, um die Beschwerlichkeit des Bodens zu überwinden. - " Kömmt unter solchen Umständen die reitende Artillerie auf dem Platz an, so ist die Mannschaft nicht fatiguirt, statt die zu Fuß sich erhitzt," ihre Kräfte erschöpfet hat, und jetzt nur sehr unvollkommen ihre Functionen bey der Bedienung des Geschützes verrichtet. § 4. Bey einem jeden abgesonderten Theil (oder Detaschement) y von Cavalerie muß reitende Artillerie seyn, weil er sonst nicht von der Geschwindigkeit seiner Bewegungen und von seiner eigenthümlichen Stärke Gebrauch machen kann. Ein geringes Terrein-Hinderniß, mit Infanterie oder Artillerie besetzt, hält oft die zahlreichste Cavalerie auf (wie dies in der Schlacht bei Collin, Torgau u.s.w. der Fall war), z einige Bataillone guter Linien"
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Im Konzept: „ bei den ersten Angriff der feindl. Cavalerie waren sie noch nicht da, wodurch es sich dann ereignete, das ein Theil derselben durch die Intervallen setzte; bey Kunersdorf zog der Mangel der Artillerie gegen das Ende der Schlacht den Verlußt derselben nach sich." Im Konzept: „Man bemerkt dies nur seilten, weil sie gewöhnlich bald nach kömmt u. weil man nicht bedenkt, daß sie in den ersten entscheidenden Augenblicke fehlte." Im Konzept folgt gestrichen: „ weil die R. A. nicht so schwer bepakt ist." Die folgenden vier Wörter fehlen im Konzept. Diese zwei Wörter im Konzept nicht eingeklammert. Die Klammer und ihr Inhalt fehlen im Konzept.
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Infanterie widerstehen zu Zeiten der größten Ueberlegenheit der Cavalerie, sogar in der Ebene eine Zeitlang. In allen diesen und vielen andern Fällen ist es äußerst vortheilhaft, wenn die Cavalerie reitende Artillerie bei sich hat. Diese jägt der feindlichen Infanterie dann bis zum Cartätshshuß auf den Hals," bringt sie durch ihr unerwartetes Feuer zur Bewegung, wovon nun unsere Cavalerie profitirt. Hat der Feind Artillerie bei sich, so fährt die unsrige vor sieab in großen Zwischen-Räumen auf, zieht ihr Feuer auf sich, damit unsere Cavallerie ohne viel zu leiden dem Feinde sich nähern und ihre Entwürfe ausführen kann. Hat die feindliche Cavalerie eine vortheilhafte Stellung, hat sie z . B . vor ihrer Front ein Hinderniß der Natur, welches der unsrigen nicht erlaubt, in Front anzurücken, oder wird unsere Cavalerie, wenn sie anrückt, überflügelt (wie in der Schlacht bei Prag,) weil das Terrain gegen uns enger wird, ac oder will man aus andern Gründen die feindliche nöthigen, eine Bewegung vor- oder rückwärts zu machen, ehe die unsrige etwas unternimmt, so ist die reitende Artillerie wieder dazu von größtem Nutzen. Treten aber auch diese Fälle nicht ein, und erfordern die Umstände, daß unsere Cavalerie die feindliche ohne Verzug angreifen muß, so fährt dennoch unsere reitende Artillerie auf einem Puncte rash auf, und feuert auf den Feind, es sey grade oder oblik, während unsere Cavalerie den Angriff ausführt.ad Ist diese" aber ohne Soutien, so placirt sich nun die reitende Artillerie rückwärts, damit sie beim unglücklichen Ausgang des Angriffs den Feind aufhalten und unserer Cavalerie Zeit geben kann, sich zu ralliren. Das Terrain wird dem Geschütz in den meisten Gegenden einen Punct anzeigen, wo es unter diesen Umständen ohne große Gefahr seine Bestimmung wird erfüllen können. Durchläuft man die Vorfälle des Krieges, so findet man, daß die Cavalerie darin eine Unvollkommenheit hat, daß sie nicht durchs Feuer agiren kann. So lange wie sie indes mit andern Waffen verbunden ist, ist dieser Nachtheil nicht sehr groß. Macht sie aber eine schnelle Bewegung, wird ein Theil detashirt, so erzeugt er nicht selten sehr empfindliche F o l g e n / Man hat sich hier durch das Absitzen der Dragoner helfen "
Im Konzept folgt hier noch: „protzt mit großen Zwischenräumen ab". Hier steht auch „dem Feind" bzw. „bringt ihn". "h Die folgenden drei Wörter fehlen im Konzept. "c Im Konzept: „ überflügelt, weil das Terrain nach unser Seite eng ist". aJ Im Konzept: „ es sey grade oder oblick, und unsere Cavalerie führt unterdes den Angriff aus." " Im Konzept: „sie". "i Im Konzept folgt gestrichen: „Man bemerkt dies erst, wenn man die Vorfälle des Krieges einzeln durch gehet."
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wollen, aber es ist mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden. Zeit-Verlust, Ungewißheit, ob man nicht von überlegener Cavalerie angegriffen werde und die Pferde verliere, und mehrere Hinderniße stehen gewöhnlich der Ausführung im Wege. Die Regel, daß man nie Cavalerie ohne reitende Artillerie lassen müsse, leidet daher keine Ausnahme und ist für den glücklichen Ausgang einer jeden Action äußerst wichtig.* 8 Man darf sich nicht fürchten, daß der Vortheil des schnellen und unerwarteten Angriffs bey der Cavalerie durch die reitende Artillerie verloren gehe. Die Cavalerie bedient sich ihrer nicht, wo sie angreifen kann, ah um die Action zu eröffnen - sie hat Gelegenheit genug, von ihr auf andere Weise, wie vorhin angezeigt ist, Gebrauch zu machen.11 Man kann daher behaupten, daß die reitende Artillerie die Cavalerie in den Stand setzte, mit weniger Gefahr jeden schnellen und gewagten Angriff auszuführen, und von ihrer eigenthümlichen Stärke einen bessern Gebrauch zu machen, als es unter andern Umständen möglich seyn würde. § 5.a> Die reitende Artillerie hat bei allen Unternehmungen, welche eine schnelle Ausführung erfordefrln, bei denen es auf Zurücklegung eines beträchtlichen Weges ankömmt, einen unwidersprechlichenak und großen Vorzug vor die zu Fuß. Der Vorzug, den die reitende Artillerie in der Geschwindigkeit der Bewegung vor die zu Fuß hat, ist auch ganz besonders bei Unternehmungen, welche eine schnelle Ausführung erfordern, bei den[en] es auf die Zurücklegung eines Weges von ein oder mehrern Stunden ankömmt, sehr wichtig: als bei der Recognoscirung, bey Ueberfällen von feindlichen Corps, feindlichen Winterquartieren, bei Unterstützung unserer abgesonderten Corps, Vertheidigung von Flüssen u. s. w. In solchen Fällen kömmt die reitende Artillerie in 1V2 Stunde an, wenn die zu Fuß 1 oder l ' / 2 Stunden auf eben diesem Wege zubringt. Hier stellt sich der Vortheil der reitenden Artillerie auch dem, der nicht mit der Kunst bekannt ist, dar, und es scheint, daß man bei der ersten Errichtung nur diesen Gebrauch bezweckte.
•*s Im Konzept wurde diese Passage nicht unterstrichen. Dort folgt gestrichen: „Es würde ein großes Ungliik seyn, wenn die Cav. die R. Art. so ansähe, als wenn sie ihr den Weg zum Sieg bahnen oder als wenn sie die Action eröfnen müßte; dadurch würde der Vortheil der Schnelligkeit der Cavalerie, das Unerwartete des". ah Im Konzept folgt noch: „ um ihr den Weg zum Siege zu bahnen Im Konzept folgt gestrichen: „ Ihr dient die Art. wohl angewand, die eigenthümliche Stärke der Cavalerie zur erhöhen und sie in den Stand zu setzen, in jeden Terrain durch Combinationen mit Vortheil agiren zu können." "ϊ Im Konzept stand dieser Paragraph ursprünglich an dritter Stelle. "k Im Konzept: -entshiedenen
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Man nannte ehemals die Affaire bei Reichenbach 1762 4 als einen Beweis von dem Nutzen der reitenden Artillerie, und hier wurde sie auf die oben angeführte Art zur Unterstützung des Corps unter Herzog von Bevern gebraucht. Der Revolutions-Krieg hat sie aber jetzt zu einem weit größern Wirkungskreise erhoben und sie so tief und innig mit den erhabenen Theilen der Kunst verflochten, daß diese Anwendung jetzt nur ein Zweig ihrer weit ausgedehnten vortheilhaften Bestimmung ist. § 6. Bei Avantgarden und Arrier-Garden hat die reitende Artillerie einen sehr großen Vorzug vor die zu Fuß. Bei den Avantgarden3' kömmt es sehr oft auf Geschwindigkeit der Occupirung eines Postens und des Angriffs eines rencontrirten am Feindes an. Sowohl im ersten als letztern Fall kann man von der Schnelligkeit der reitenden Artillerie sehr großen Nutzen ziehen. In dem ersten kann man mit ihr 3mal geshwinder ankommen als mit dem Geschütz, von dem die Mannshaft nicht beritten ist, und in den letztern wird man durch sie in den Stand gesetzt, einen raschen Angriff, ohne sehr viel zu wagen,3" unternehmen zu können. Denn wenn der Feind auch hernach zu sehr überlegen befunden werden sollte, wie dies unter den Umständen sich leicht ereignet, so kann man immer noch mit der reitenden Artillerie wegkommen und sich im übelsten Fall schnell zurückziehen und retten, welches bei der ordinären unausführbar seyn würde. Bei Rückzügen aber ist der Vorzug der reitenden Artillerie vor der ordinären noch weit wichtiger als bei den Avantgarden. Ich bin selbst Augenzeuge gewesen, daß bei einem Rückzüge eine Batterie reitender Artillerie sich rettete, statt die Fuß-Artillerie neben ihr ohne Ausnahme verloren ging. Der Feind hatte die Arriergarde beinahe abgeshnitten, die Infanterie ging grade zu, d.i. durch Hecken, Gräben u. s. w., zurück; die Artillerie mußte auf der Chaussee ihren Weg nehmen; 30 die reitende jug davon, als alles zerstreuet war, und kam durch, die zu Fuß ging verloren. ap Im Konzept „ Bei der [statt „ den "] Avantgarde es folgt dort gestrichen: „ welche vor der Armee vorausgehet, um ihren Marsch und ihre neue Position zu sichern "m Im Konzept verändert aus „ begegneten In der zweiten Reinschrift steht irrigerweise: „ concentrirten ". "" Im Konzept verändert aus „ ohne viel zu circumspect zu seyn Das Folgende im Konzept verändert aus „ dieser war aber shon von den Franzosen besetzt, als die Artillerie zu Fuß an kam "f Im Konzept folgt gestrichen: „ Ein andermal sah ich, daß bei einen Rükzuge 3 Stük R. Art. davon kamen, ohngeachtet sie von Feinde umgeben und die beiderseitigen Truppen vermischt waren, daß ist nicht bei der Art. zu Fuß möglich." 4 Am 16. August 1762 erlitt hier das österreichische Heer des Grafen Daun beim Versuch, Schweidnitz zu entsetzen, eine Niederlage gegen eine preußische Armee unter Herzog August Wilhelm von Braunschweig-Bevern.
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Bei der reitenden Artillerie kann man, wenn man ein offenes Terrain hinter sich hat und die Avantgarde gedrängt wird, es schnell passiren und dann da, wo es wieder durchschnitten wird, sich setzen. Durch einige Stücke, welche man bey den hintersten Escadronen hat, wird der Feind so entfernt gehalten, daß er nicht von dem glücklichen Augenblicke profitiren kann. Man kann bei der Arrier-Garde, wenn man reitende Artillerie bei sich hat, fast in jeder Lage und jedem Terrain, große offene Gegenden ausgenommen, die feindliche Cavalerie aq in Schwanken halten, ohne sehr viel zu riskiren. Zwey Batterien hannoversher reitender Artillerie, welche auf dem Rückzüge der Englishen Armee aus Flandern bis Osnabrück beständig bey der Arriergarde waren, immer bei den letzten Truppen derselben sich befanden, und mehrmalen vom Feinde umgeben wurden (wo sogar einem Unterofficier bei dem Abfeuern des Geschützes die Hand abgehauen wurde), verloren dennoch in einer Menge von kleinen Gefechten nur eine Canone. Als die französische, ganz decouragirte Nord-Armee aus dem Camp de Caesar 1793 sich nach Arras zurükzog, wurde die verbundene, ihr sehr überlegene Armee nur von der reitenden Artillerie mit der hinter ihr aufmarschirten Cavalerie aufgehalten.5 Man hoffte, sie noch am Ende zu nehmen, da sie aber beim Abzüge einen Vorsprung hatte und ein Soutien auf einer kleinen Stunde hinter sich fand, so rettete sie dennoch sich durch ihre Schnelligkeit. Ordinäre Artillerie wäre hier ohne Ausnahme verloren gewesen. Der angemessene Gebrauch der reitenden Artillerie, verbunden mit der Cavalerie, hat die Gefahr, in welcher eine Armee bei dem Rückzüge sich befindet, sehr vermindert." § 7. Bey Vorposten, sowohl zur Unterstützung derselben als zu dem Gebrauch auf dem Posten, kann nur reitende Artillerie mit sichern Vortheilen" gebraucht werden. Wenn die Vorposten in einem durchschnittenen Terrein stehen, und zwischen ihnen und der Armee sich ein offenes befindet, so kann nur Cavalerie verbunden mit reit. Artillerie beim Angriff des Feindes sie zur rechten Zeit unterstützen. Etwas avanturirte Vorposten kann man keine andere als reitende Artillerie geben, denn nur diese kann sich geschwind retten, wenn der Feind aufdringt. "1 Im Konzept: „fast in jeder Lage die feindl. Cav. in Schranken halten". " Im Konzept folgt gestrichen: „ Es ist keine Gegend, wo nicht die Reit. Art. irgendwo eine Position finde, in der sie eine Zeit lang sich den Feind wiedersetzen könnte, bis weiter rükwärts ein ander Theil derselben sich von neuen vorthe". " Im Konzept: - mit entschiedenen Vortheil". 5 Diese Operation wurde im August 1793 durchgeführt.
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Der Gebrauch der Franzosen, hinter die Feldwachen ihrer Vorposten ein paar Stücke reit. Artillerie zu placiren, hat einen großen Nutzen. Diese finden dadurch einen Soutien, der Feind wird auf- und entfernt gehalten, und unsere Nebenposten und Armee werden" von dem feindlichen Angriff avertirt. Ordinäre Artillerie kann man auf den Vorposten im Allgemeinen nur mit vieler Gefahr gebrauchen. Seilten kann und darf sich ein Posten halten, wenn er mit Uebermacht angegriffen wird, gewöhnlich wird er zugleich umgangen, und nun kann nur die Schnelligkeit die Artillerie retten. Kömmt auch der Feind bloß von vorn, so darf man dennoch nicht bei der ordinären Artillerie ihn nahe kommen lassen, ehe sie sich zurückziehet, weil sie sonst auch in diesen Falle verloren wäre. Man muß sie also vorher zurückschicken, d. h. man muß ihren wirksamen Gebrauch entbehren."" Die Bewegungen der Vorposten-Truppen geschehen überdem sehr rasch, es gehet bei ihnen ungebunden zu, sie durchstreichen, wo es möglich ist, sehr geshwind das durchschnittene Terrain, die ordinäre Artillerie legt ihnen daher Fesseln in ihren Manoeuvern an. Man hat dies gefühlt, und die Vorposten-Befehlshaber suchen sich von der ordinären Artillerie gewöhnlich so sehr zu entledigen, als sie können. Die Franzosen hatten bei der Nord-Armee 1793 und 94 eine sogenannte Artillerie volante zu dem Gebrauch auf Vorposten; es war reitende Artillerie, welche aus 4&dern bestand." Bei der Englischen Armee gab man den Canoniren bei der Artillerie der Emigranten-Corps Pferde, um sie nur einigermaßen zweckmäßig gebrauchen zu können. Die wenigen 3 U der, welche von der ordinären Artillerie bey den leichten Infanterie-Corps der kaiserlichen Truppen waren, verschwanden schon 1794 - die verlornen wurden nicht wieder ersetzt. § 8. Am wichtigsten ist der Gebrauch der reitenden Artillerie bey"" Angriffen in Schlachtordnung stehender Truppen. Die Erfahrung scheint in der Schlacht bei Kesselsdorf, Prag, Zorndorf und Torgau gelehrt zu haben, daß eine Linie Infanterie, welche ihr Regiments-Geschütz und ihre Batterien vor der Front hat, auch nicht durch den determinirtesten Angriff, auch selbst, wenn man mehrmal frische Truppen anrücken läßt, übern Haufen geworfen werden kann. Die angreifenden geshlossenen Bataillone leiden insgemein so viel, daß
" Im Konzept und der zweiten Reinschrift: „ wird". "" Dieser Satz im Konzept nicht unterstrichen. *v Im Konzept folgt gestrichen: „ nach her sollen die 4 Ü der hei ihnen allgemeiner gebraucht seyn." *w Im Konzept folgt gestrichen: „ durchdringenden ".
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sie schon auf 400, oft auf 300 Schritt von dem Geschütz" oder der feindlichen Linie in Unordnung kommen. Sie sind von 1500 Schritt an im wirksamen Canonfeuer und bringen bis zu dem Einbruch wenigstens '/ 4 Stunde zu, in der jedes Geschütz ganz bequem 40 bis 50 Schuß auf sie abfeuern kann. Will man den in geschloßener Schlachtordnung stehenden und mit Geschütz versehenen Feind angreifen, so kann dies mit der Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Erfolgs nur durch die Artillerie geschehen.2'' Diese muß erst die entgegenstehenden Truppen und Artillerie in Unordnung gebracht haben, ehe unsere geschlossenen Bataillone einbrechen können. Das kann aber nicht bloß durch die Artillerie zu Fuß geschehen. Sie bewegt sich so langsam, daß sie bei dem Heranrücken so viel leiden würde, daß auf ihre demnächstige Wirksamkeit unter manchen Umständen nicht viel mehr gerechnet werden könnte. Hier hat wieder die reitende Artillerie, welche den 3"® Theil der Zeit braucht, offenbar einen großen Vorzug vor die zu Fuß. Denn ihr Verlust ist in Absicht der Geschütz-Pferde nur '/ 3 so groß als der der ordinären.* Läßt man, wenn man einen Flügel oder Punct der feindlichen Linie durchbrechen will, auf 1500 Schritt einige Batterien der ordinären Artillerie auffahren, auf den Feind feuern, und also das Feuer desselben auf sich ziehen, so wird man nun mit der reitenden Artillerie neben diesen sich bis auf den Cartätschschuß nähern und auf eine entscheidend e " Art die feindliche Linie beschießen können. Man muß hier aber mehrere Batterien reitender Artillerie bei einander haben und die Geschütze 12 bis 15 Schritt von einander stellen, ba damit das feindliche Feuer nicht sehr wirksam gegen dieselben sein kann. Kömmt nun unsre Infanterie-Linie, nachdem jedes Geschütz 40 bis 60 Schuß gethan hat, heran, so wird sie höchst wahrscheinlich keinen großen Widerstand mehr finden. Der Verlust der Mannschaft und ihrer Pferde ist nicht sehr in Betracht zu ziehen, weil er keinen Aufenthalt verursacht und überdem nicht leicht so viel in Anmarsch bleiben können, daß dadurch es an der erforderlichen Bedienung fehlte. Wegen der Ersetzung und des Kosten-Aufwandes dieses Verlustes darf man nicht besorgt sein. Die 3 Batterien haben im Ganzen keine 200 Reitpferde, von denen in übelsten Fall doch nicht leicht die Hälfte ershossen werden möchten.
" Die folgenden vier Wörter fehlen im Konzept. "y Im Konzept folgt gestrichen: „ Man muß den Feind mit eben den Waffen schlagen, durch die er über uns die Ueberlegenheit erhält". " Im Konzept verändert aus „ wirksame ha Im Konzept: „ 12 bis 15 [verändert aus „15 bis 20"]Sehnt eines von den andern stellen".
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Zu Nr. 64: Die angreifende Armee schiebt „ 1 Batterie R. Art.„2 Batt. Reit. Art." und „J Batterien Artillerie zu Fuß" vor, um die feindliche Armee auf400, 600 bzw. 1500 Schritte zu beschießen. Eigenhändige Skizze. (Faszikel Nr. 220, fol. 16v).bh
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In beiden Reinschriften wurde an dieser Stelle fast eine ganze Seite (fol. 25r bzw. fol. 8v) für eine Zeichnung freigelassen, die aber nicht ausgeführt wurde. Sie wird hier durch eine Abbildung der entsprechenden Skizze im Konzept ergänzt.
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AA. BB. CC. DD.
feindliche Armee, diesseitige Armee, 24 Stück bc Artillerie zu Fuß, im Feuer 1500 Schritt vom Feinde eine Brigade Grenadiere, zum Angriff bestimmt. Ihr folgt eine Brigade Cavalerie als 2 1 0 Treffen, sobald sie an den Feind kömmt. EE. 20 Stück reitende Artillerie, 600 Schritt vom Feinde aufgefahren, wenn die Artillerie zu Fuß eine Zeitlang gefeuert hat. FF. 10 Stück reitende Artillerie, welche, nachdem die in E E sich befindlichen beiden Batterien eine Zeitlang gefeuert haben, aus G schnell bis zu 400 Schritt an den Feind heranrücken, um ihn durch das nahe Cartätsch-Feuer gänzlich in Unordnung1"1 zu bringen. Es liegt ganz in der Natur der Sache, daß die reitende Artillerie sich zu dem einbrechenden Angriff besser als die zu Fuß schickt. Sie bekömmt im Anrücken, wie erwähnt, nur den 3й11 Theil der feindlichen Schüsse, den die zu Fuß aushalten müßte, ihre schnelle Erscheinung läßt den Feind keine Zeit, gegen sie etwas zu unternehmen, und decontenancirt ihn. Ich bin Augenzeuge gewesen, daß eine Batterie reitender Artillerie bis zu 400 Schritt vor einer feindlichen Cavalerie-Linie auffuhr, abprotzte und sie sogleich zum Rückzüge nöthigte, ohngeachtet die feindliche Cavalerie 10fach be überlegen war. Das Unerwartete, das Ungewisse der Stärke des Gegentheils thut in solchen Fällen große Wirkung. Läßt der Angriff sich nicht ausführen, muß man die Artillerie zurücknehmen, weil der Feind selbst auf eine uns gefährliche Art offensiv agirt, so geschiehet auch dies mit der reitenden Artillerie bey ihrer großen Geschwindigkeit mit weit geringerer Gefahr, als bey der zu Fuß. § 9. Zu den falshen Angriffen (Demonstrationen) schickt sich die reitende Artillerie weit besser als die zu Fuß. Die reitende Artillerie fährt hier ohne Gefahr im Canon-Schuß b f auf, wenn sonst rückwärts Truppen zu ihrer Bedeckung sich befinden. Stehet sie in großen Zwischenräumen, so leidet sie durch das überlegene Feuer nicht so sehr, daß sie zum Schweigen gebracht werden könnte, vorausgesetzt, daß sie außer dem Cartätschschuß bleibt. Es ist falsch, daß sie gegen Fuß-Artillerie nicht bestehen könne oder sie gegen diese wegen der größeren Anzahl von Pferden zu sehr leide. Denn 1) bleiben die Reit-Pferde in solchen Fällen nicht hinter ihren Canonen; die eine Hälfte gehet rechts und die andere links zur hc hd he bf
Im Konzept verändert aus „ vorgerückte In der zweiten Reinschrift steht hier sinnentstellend: „ Ordnung". Im Konzept: „ gewiß ums lOfache ". In der zweiten Reinschrift steht hier sinnentstellend: „ Cartätschschuß".
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Seite, damit die auf die Batterie abgeschossenen Kugeln sie nicht treffen; 2) sind bei den 12ttdigen Canonen, da bey ihnen keine Munition auf der Protze ist und sie die Wagen hinter sich haben müssen, mehr Pferde als bei einer reitenden Batterie; 3) kann man bei den reitenden Batterien die Geschütze weiter aus einander stellen, weil man mit ihnen nie einen Angriff auf der Stelle erwartet. bg Kömmt die feindliche Cavalerie hervor, so protzt die reitende Artillerie аи^ ь und gehet nach den Truppen, welche zu ihrer Deckung postirt sind, d. i. den rückwärts stehenden Theil der Linie, zurück. Dies kann ohne Gefahr geschehen, denn stehet der refusirte Flügel außer dem Canon-Schuß, d. i. 2400 Schritt vom Feinde, und gehet die reitende Artillerie bloß zu 14 bis 1500 Schritt an den Feind heran, so hat sie 900 Schritt, wenn die feindliche Cavalerie hervorkömmt, zurückzugehen, bis sie gedeckt ist; die Cavalerie aber, um sie einzuholen, 2400; diese bedarf dazu 5 bis 6 Minuten,1" jene höchstens 4bj incl. des Auf- und Abprotzens. Die reitende Artillerie giebt also Gelegenheit, bei refüsirten Flügeln den Feind zu beschäftigen, ohne unsere Truppen dem Feuer auszusetzen oder in die Action zu verwickeln. Dies ist ein sehr wichtiger Gebrauch, der fast in jeder Action und jeder Schlacht vorkömmt. Denn immer hat man einen Theil der Armee, mit dem man sich nicht gern einlassen und dennoch den Feind beschäftigen will.bk Aber nicht allein bei refüsirten Flügeln, sondern auch bei andern Gelegenheiten muß man sich oft mit dem Feinde einlassen, ohne daß man seine Stärke und die Lage, in der man sich befindet, beurtheilen kann. Hier erfordert die Klugheit, seine Macht zurück und verdeckt zu halten, aber dennoch den Feind zu tentiren. 6 Dies kann aber nur mit der reitenden Artillerie ohne Gefahr geshehen.bl §10. Auch in defensiven Lagen, in Positionen, wo man den Feind erwartet, hat die reitende Artillerie Vorzüge vor die zu Fuß. Daß die reitende Artillerie auch in den Positionen, wo man sich auf der Stelle angreifen läßt, Vorzüge vor die zu Fuß habe, folgt schon aus dem, was im ersten von ihrer Anwendung zu Reserven gesagt ist. Ihr Vorzug ist aber in der angenommenen Lage nicht bloß auf den Ge-
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Dieser Absatz fehlt im Konzept. Im Konzept: „so protzt sie auf. h Im Konzept: „ ß Minuten k > Im Konzept folgt gestrichen: „bis fünf. u Im Konzept: „ einlassen will und der dennoch den Feind beschäftigen soll." hl Die folgenden zwei Paragraphen fehlen im Konzept. 6 D. h. herausfordern, in Versuchung führen. hh
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brauch der Reserven eingeschränkt, sondern allgemein. Hat b m man ζ. B. eine Position wie die des Herzogs von Bevern bei Breslau 1757 hinter einem Flusse, und will der Feind den Uebergang mit seinem überlegenen Geschütz forciren, so halten sich unsere reitenden Batterien in Vertiefungen, hinter Dämmen, Anhöhen u.s.w. verdeckt, bis der Feind anfängt, eine Brücke zu etabliren; alsdann jägt einiges Geschütz durch das feindliche Canonfeuer nahe an die Brücke und schießt alles in Grund und Boden. Ist schon feindliche Infanterie herüber, so jägt eine Batterie ihr entgegen, protzt auf 400 Schritt vor ihr ab und feuert nun mit Cartätschen. Diese Artillerie riskirt hierbei nichts, der Feind kann mit seinen Canonen an der andern Seite wegen seiner Infanterie nicht feuern, und werden die Kanonen gleich nach dem Abprotzen mit der Prolonge an die Protze gehangen, so kann man auch selbst dann, wenn man gezwungen würde, sich mit dem Geschütz zurückzuziehen, dennoch immer dem Feind schaden, und ihn vielleicht von vorn beschäftigen, während unsere Truppen ihn von der Seite anfallen. Die Artillerie zu Fuß kann dies nicht leisten; sie kann nicht schnell genug sich dem Feind entgegen stellen, sie leidet zu viel von dem feindlichen Geschütz in dem ersten Vorrücken, und sie vereinigt nicht die moralische Wirkung des Unerwarteten mit der phisischen. Hat unsere Armee detaschirte Schanzen oder ein durchschnittenes Terrain, Bäche u. s. w. vor sich, in dem sich die feindlichen geschlossenen Bataillone brechen müssen, so jägt unsere reitende Artillerie, wenn sie diese passiren, ihnen entgegen, protzt auf 400 Schritt vor ihnen ab und feuert nun unaufhörlich mit Cartätschen. Da sie sich bis diesen Augenblick verdeckt gehalten hat, so wird sie jetzt ihre ganze Wirksamkeit zeigen können. Auf diese Art greift man den Feind, ohngeachtet man sich defensiv verhält, selbst an. Nur ein Beispiel haben wir von dieser Art des Gebrauchs der reitenden Artillerie, und dies liefert die Schlacht bei Pyrmasens. 7 Dieser Gebrauch kömmt in jeder Stellung, in der man sich angreifen läßt, vor, wenn man nur die Anordnung dazu zweckmäßig trift. § 11. Wenn man den Feind von vorn angreift und ihn zugleich überflügeln will, so schickt sich zu der letzten Absicht ganz vorzüglich die Cavalerie und die reitende Artillerie. Wenn man den Feind von vorn angreift und während des Angriffs wahrnimt, daß bn man ihn überflügeln kann, so wird hierzu von TrupIn der zweiten Reinschrift steht hier: „Hallt". " Dieses Wort in der Vorlage (nicht aber in der zweiten Reinschrift) versehentlich doppelt. 7 Vgl. Scharnhorsts Aufzeichnungen zur Schlacht von Pirmasens, Nr. 83, Abschnitt [8], im zweiten Band. bm k
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pen, welche dies ausführen sollen, eine große Geschwindigkeit erfordert; theils weil der Feind sonst sich früh genug zur Seite ziehen und unsere Absicht vereiteln kann, theils aber auch deswegen, damit der Angriff in Flank früh genug und mit dem von vorn zugleich geschiehet. Nur die Cavalerie und reitende Artillerie kann diese Geschwindigkeit leisten. Hätte in der Schlacht bei Kollin der General von Ziethen und die übrige zahlreiche Cavalerie des preußischen linken Flügels mit 5 bis 6 Batterien reitender Artillerie sich in Trott nach den Höhen von Krzeczor begeben, als man wahrnahm, daß die oesterreichsche Armee sich, um nicht überflügelt zu werden, zur Seite zog, so wär' man ihr in der Besetzung dieser Höhen zuvor gekommen, und dann hätte man mit der reitenden Artillerie sich der feindlichen Artillerie und Infanterie entgegen stellen können, während die Cavallerie ihren Streich noch ferner ausführte und General von Hülsen mit der Avantgarde heranrückte. Alle nahe Überflügelungen, welche bei Tage, zumal in offenem Terrein, ausgeführt werden, können nur durch Schnelligkeit ausgeführt werden und also nur von Cavalerie und reitender Artillerie; bei langsamen Bewegungen wird der Feind Zeit genug haben, die Ausführung unsers Plans zu vereiteln. Die reitende Artillerie ist hier unentbehrlich, weil man mit ihr, wenn man erst den rechten Punct erreicht, ein durchschnittenes Terrein, als Gehölze u. s. w., besetzen und behaupten kann, bis unsere Infanterie ankömmt, welches mit der bloßen Cavalerie nicht würde geschehen können. Ferner kann man mit der reitenden Artillerie auch selbst die nicht zu starke feindliche Infanterie und Artillerie, welche unsere Cavalerie in einem durchschnittenen Terrein aufhalten könnte, angreifen und vertreiben und so mit ihr die Dienste der Infanterie in einiger Hinsicht leisten. Wenn man sagt, der Feind wird nun mit seiner Cavalerie und reitenden Artillerie aller dieser Vortheile uns berauben, so beweiset dies, daß er über uns, wenn wir keine zahlreiche reitende Artillerie hätten, große Vortheile haben würde, und daß, wenn er sie nicht hat, diese an unsrer Seite seyn werden; daß wir also in jeder Rücksicht Ursach haben, auf diesen Punkt unsere ganze Aufmerksamkeit zu verwenden. § 12. Die reitende Artillerie schickt sich überhaupt zu den besondern Lagen, in die bo eine Artillerie im freien Felde kömmt, weit besser als die Artillerie zu Fuß; vorzüglich aber findet dies bei den Armeen statt, wel-
" In der zweiten Reinschrift: „ denen
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che nur durch ihre Geschicklichkeit im Manoeuvriren bp , durch Kunst und nicht durch Ueberlegenheit den Sieg erfechten können.1"1 Armeen, welche manoeuvriren können, welche durch die wechselseitige Unterstützung der verschiedenen Waffen, durch einen geschickten Gebrauch des Terreins, durch augenblickliche Benutzung der Fehler des Feindes, das ersetzen müssen, was ihnen an der Zahl abgeht, br welche durch List den Feind in eine nachtheilige Lage verwickeln, und ihn dann unerwartet anfallen wollen, ist eine beträchtliche reitende Artillerie unentbehrlich. Alle bisherige Bemühungen, den Geschützen die zu der Ausführung der tactischen Entwürfe neuerer1" Zeiten erforderliche Bewegbarkeit zu geben, sind vergeblich gewesen.1" Durch die reitende Artillerie ist aber endlich das Problem, die Geschütz-Einrichtung so zu treffen, daß es immer allen Gattungen von Truppen folgen kann, aufgelöset, und vorzüglich dadurch, daß es den Aufenthalt, welcher in difficilen Terrein unvermeidlich ist, durch größere Geshwindigkeit wieder ersetzen kann. bu Die reitende Artillerie hat außer ihrer Schnelligkeit noch andere allgemeine und wesendliche Vorzüge vor die zu Fuß. 1.) ist ihre Mannschaft, wenn das Geschütz in Activität gesetzt wird und zu feuern anfängt, nicht durch Laufen, wie es schon anderwärts erwähnt ist, abgemattet, welches bei der Artillerie zu Fuß fast immer der Fall ist, so daß die Leute in den meisten Fällen, wo man nicht auf der Stelle sich angreifen läßt, nur sehr unvollkommen ihre Functionen verrichten können. Bei der reitenden Artillerie hingegen ruhen sich Pferde und Menschen wechselseitig aus, während dem Feuer die Pferde und während der Bewegung die Mannschaft.
In der zweiten Reinschrift: „ Manoeuvre i Im Konzept lautet die Überschrift: „§10. Die Reit. Art. ist in fast allen Vorfällen in freien Felde weit vortheilhafter zu gebrauchen als die Art. zu Fuß." Es folgt dort gestrichen: „Dieses ergiebt sich aus den vorhergehenden überzeugend. Nur in solchn Armeen, in welchen die Geschiklichkeit in Manoeuvriren nicht geachtet wird, in welchen die Kunst noch zuriik ". Letzteres wurde verändert aus „ Nur solche Armeen, welche den Geist der Defensive beobachten, welche sich ohne alle Kunst hinstellen u. nach alter Weise schlagen, können sie von geringen Nutzen finden." h' Im Konzept: „ durch augenblikliche Benutzung der Fehler des Feindes dann zu siegen denken". hs Im Konzept: „ neuer". ht Im Konzept steht hier ein Semikolon. h" Das Konzept endet hier, es folgt dort noch gestrichen: „ Die Reit. Art. hat etwas sich, daß die Mannschaft bei den Geschütze beritten ist Alle bisherigen Einrichtungen der Geschütze haben nicht zu den obigen Zwek geführt, welcher". hp b
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2. wird die reitende Artillerie bey großem Verlust oder bei heruntergekommenen Pferden nie ganz unbeweglich, denn immer hat man noch eine Reserve an den Pferden der Mannschaft, wenn man sie als Zugpferde braucht. Es kommen wirklich im Frühjahr und Winter nicht seilten die Fälle vor, daß die Wege, zumal auf anhaltenden Märschen, das Fortkommen der Artillerie beinahe unmöglich machen. Bey der reitenden Artillerie nimmt man dann 6 Pferde von der berittenen Mannschaft und spannt sie eine Zeitlang vor das Geschütz, damit die zu demselben gehörigen Pferde sich ausruhen können. Bei allen diesen großen Vorzügen der reitenden Artillerie kömmt es nur darauf an, ob die eigenthümlichen Vortheile den größern Kosten derselben entsprechen oder ob vielmehr eine geringe Anzahl Geschütze der reitenden Artillerie von 8 Stück den Nutzen einer größern Anzahl der Artillerie zu Fuß von 12'/ 2 Stück leisten?* Diese Frage kann aber nur der einigermaßen beantworten, der die jetzige Art, den Krieg zu führen, kennt und die größere Geschicklichkeit des preußischen Heeres für andern in dem Manoeuvriren in Erwägung zu ziehen weiß. Man gehet indeß vielleicht nicht zu weit, wenn man behauptet, daß auch bei andern Heeren die meisten bekannten und mit den neuern Grundsätzen der Kriegeskunst erfahrnen Befehlshaber der einzelnen Corps lieber eine Batterie reitender Artillerie von 8 Stück als eine zu Fuß von 12V 2 Stück nehmen werden, so lange die erstere Gattung nicht über die Hälfte des ganzen Geschütz-Bestandes kömmt, d. i. so lange die reitende Artillerie nicht in der Anzahl stärker als die ganze übrige ist.bv Wenn man alles, was auf die Geschütze, sowohl bey den Batterien, als bei den ParcColonnen u. s. w. geführt wird, genau berechnet, so findet man, daß bei völlig gleichen Umständen, gleicher Anzahl von Schüssen u.s.w. 8 Stück reitende 6Uder so hoch kommen, als 12'/ 2 Stück 6 it der zu Fuß. 8
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8
In der zweiten Reinschrift folgt, von Hand des Schreibers, als Unterschrift: „Scharnhorst". Die in Anm. 1 erwähnte Denkschrift (fol. 33r-34v) äußert sich zum Nutzen der reitenden Artillerie u. a. bei Fouragierungen, „Haupt-Recognoscirungen" und Überfällen, aber auch dazu, daß reitende Artillerie im Feld geschont werden müsse, und deshalb nicht auf jeder Patrouille eingesetzt und auf Winterpostierungen oft genug abgelöst werden müsse. Sie wendet sich insbesondere gegen die von L'Espinasse vertretene Aufstellung der Fußartillerie nur auf den Flügeln („seine Courtine wird zu lang, und man hat deswegen in der Befestigungs Kunst auch Ravelins et cet. für die Courtinen gelegt") und gegen L'Espinasses Forderung nach Abschaffung der Regimentsartillerie.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
65. Denkschrift
[?, 1801/1806? 1 ]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 2 2 0 fol. 20r-v (2 S.): Konzept, eigenhändig. Beispiele zum Gebrauch der reitenden
Artillerie.
Plane zu den Unterricht über die reit. Artillerie. I.
Gebrauch der reit. Artillerie auf Vorposten. Breda2 a. bei den Posten von Alphen; in der Nacht zwischen Alphen u. Gilsen, bei Tage hinter Alphen b. bei den Posten bei Strybek mußte sie hint[e]r Ulvenhout stehen, weil von der Seite der Mark alles zu befürchten war. c. bei den Soutien zu Gilse. Position bei Berlin' Hier wird gezeigt, daß unter den gefährlichsten Umständen dennoch durch die reit. Art. eine Vorposten Kette gesichert werden kann. a. Soutien der Aussenposten b. Dekung des Rükzugs des Haupt Postens c. Unterstützu[n]g von Soutien Corps.
II.
Gebrauch der reit. Artillerie in einer ausgedehnten Stellung. 1. Wilder3 In Reserve ohnweit Wilder - da, um die Vorposten aufzunehmen11 u. in Fall der Noth die linke Flanke aus allen Kräftn zu souteniren. 2. Vellinghausen4 Von0 rechten Flügel nach den linken 3 Stunde. Von Spörkschen bis nach d[e]n linken noch weiter, da died Fuß Art., selbst die 3 U dr nicht mit d[e]r Inf. 3. Pvrmasens - (nichts ausgezeichnet als der kleine Flek, auf den die Shlacht.[)]
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Folgt gestrichen: „ II. Gebrauch der r. Artillerie [folgt gestrichen: „ in den Fall"] bei einer ausgedehnten Posten Kette II. Posten bei Weissensee". Verändert aus „ um Rexpöde zu souteniren Folgt gestrichen: „ linken ". Folgt gestrichen: „ Inf. Canonen Das fiktive Beispiel bei Berlin spricht für eine Verwendung während der Lehrtätigkeit in Preußen, das Fehlen eines aktuelleren Beispiels als aus dem Jahre 1794 für eine Entstehung vor dem Kriege von 1806/07. Die Stellung entspricht den Verhältnissen beim Rückzug der Englischen Armee im August 1794, vgl. hierzu auch Nr. 183-191 im ersten Band. Gemeint ist Wylder und die Stellung des Observationskorps des Feldmarschalls Freytag Anfang September 1793. Zu dieser Schlacht vgl. u. a. Scharnhorsts Bemerkungen in Nr. 298 und 300 im zweiten Band.
Nr. 66
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III.
Gebrauch der r. Art. zur Unterstützu|"ng"|e eines ganz abgesonderten Corps/ Reichenbach.
IV.
Gebrauch der r. Art. 6 in ordinären Positionen. 1. Schlacht bei Famars. 5 Sie hielt hint[e]r Famars u. unterstützte schnell die vorlieg[en]de Verscha[n]zu[n]g, fuhr in den Augenblik gegen die umgehende Colonne auf, als sie nahe war. Sie jug hernach auf der Chaussee von Famars nach Cambrai schnell vor,h sobald die Allirten die Verschanzung bei Querenain angriff[e]n. Hint[e]r Famars war ihr Platz, wo sie jeden bedrängt[e]n Theil Hülfe schaffen konte. 2.
66. Notiz
Schlacht bei Hastenbek. 6 In Reserve bei der Cav. Erst hervor, so wie der Feind den Bach passirte, dann links u. rechts von Hastenbek u. bei Bisperode u. auf dem Wege von diesen nach Vormberg. 1
[?, ?]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 222 fol. 20r (1 S.): Eigenhändig, unvollendet.
'Wie muß das Verhältniß der 3. 6 u. 12 Ь der gegeneinander sevn. Wenn man den Werth eines Geschützes b beurtheilen will, so kömmt es dabei a. auf Rücksichten der physischen und b. der moralischen U m stände, welche bey seinen Gebrauch eintreten, an. Bey den Rüksichten der physishen Umstände kömt es auf das Verhältniß der Wirkung und der Kosten an. Hat man nemlich zwey verschiedene Caliber c
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Auf dieser Seite (fol. 20v) einiger Textverlust durch Abriß. Verändert aus .eines entfernten Corps", zunächst zu .eines entfernt stehenden Corps". Folgt gestrichen: „ bei versch[a]nzten Lägern ", dann „ in Positio Folgt gestrichen: „als die [Feinde?]". Das untere Fünftel der letzten Seite blieb unbeschrieben. Die erste Feldschlacht, an der Scharnhorst teilnahm, am 23. Mai 1793. Scharnhorst benutzte dieses Schlachtfeld, das er am 4. Juli 1797 besichtigt hatte, mehrfach für taktische Beispiele, z.B. in Nr. 276 im zweiten Band. Auf dem Oktavblatt steht darüber gestrichen:. Unterschied der Geschütze" und „ Ist es besser, 3 oder 6 oder 124 der im Felde". Verändert aus „ Wenn man den Werth der vershiedenen Geschütze gegeneinander". Das untere Drittel dieser Seite und die ganze folgende blieben unbeschrieben.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
67. Aufzeichnung
[?, 1801 ? a ]
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 118 fol. 18v (1 S.): Konzept, eigenhändig. Notizen zur Kritik an L'Espinasse. 1. Zur Regimentsartillerie. 3. Zur Stärke der Artillerie.
2. Zur
Artilleriereserve.
Ein paar b Erläuterungen über die Anzahl v. Lesp. 1 1.
Ueber die Regimentsart. a. Oestereichsch[e]r Erbfolgekrieg, Graf v. Sachsen b. 7j ähriger Krieg c. Griebeauval d. Revolutionsk. Fälle bei der Abschaffu[n]g a. Innere fehlerhafte Einrichtung, local[e] Fehler b. Fehler, welche allen Regiments Art. gemein ist - Ihre Isolirung, Verkeilung c. Weil Batterie Geshütz besser d. Mangel an Bedürfnissen, Pferden, Munition u.s.w. D e r letzte Fall, weil reit. Art. dafür errichtet wurde
2.
Ueber die großen Reserven. So stark als der Verlußt sey[n] kan, ehe ein Ersatz möglich ist. Man setzt hier die Reserve auf V3 der Art bei der Armee, wenn 3 Armee K. Wenn man aber die Reserve 2mal so stark nehme als den Etat in der Linie, so müßte man voraussetzen 1. daß man in einen Feldzuge die Art. 2 mal bei allen 3 Armeen ganz u. gar verliehren könte 2. daß man, wen sie die l t e Armee verloren, nicht Zeit hätte zu ersetzen, bevor das Unglük bei der 2ten sich zutrüge.
3.
Stärke der Artillerie Guibert, Turpin 2 Die Armee wird dadurch erleichtert - das ist wahr - aber noch mehr, wen sie ganz wegviele. Man erinre sich, was die zahlreiche Artillerie that-
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2
Diese Gliederung befindet sich auf der Rückseite der letzten Seite des Vortrages Nr. 124. Statt „Paar". Möglicherweise handelt es sich um eine Notiz zu dem Vortrag, der in Nr. 26 unter dem Titel „Ueber die jetzige Einrichtung der französischen Artillerie nach Lespinasse" für den 20. August 1801 verzeichnet ist. Die Militärtheoretiker Graf Guibert (1743-1790) und Graf Turpin de Crisse (17161795) wurden bereits im ersten Band vorgestellt.
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Nr. 68
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
bei " " " bei " " "
Kesselsdorf Prag Zordorf Kuhnersdorf Torgau Minden Pyrmasens [Kai]serslaut[er]nc
68. Aufzeichnung
[?, 1801/1806?']
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 203 fol. 25r-v (1V 4 S.): Eigenhändig. Eigenes System der artilleristischen Ausstattung einer Armee.
Bestand der Feldartillerie nach meinem System 1. 2.
3.
4.
Bei jedem Bataillon 2 Stük 3 Ü der Bei jeder Division Inf. oder bei 2 Brigaden Infanterie 2 Batterien, jede von 8 Stück. Die lste zu 6 Stük 12 Ii dem u. 2 Stük 7Ü dige Haubitzen, Die 2 " " 6 " 6&dernu. 2 » 7" " » Außerdem bei einer Armee [von] 48 Bataillonen 3 Batterien Reit. Artillerie hinter den Flügeln und der Mitte, 1 Batterie bei der Reserve, 1 Batterie bei der Avantgarde u. 1 Batterie bei den Vorposten-Truppen, also 6 Batterien reit. Art. Bei der Reserve 2 Batterien 12Й der als Reserve Geshütz und zu eben der Absicht 2 Batterien 1 ОЙ dige Haubitzen
Die Armee hat also 80 Stük 30 " 10 " 30 » 5 Batt. 12Üder 10 « 16 " 2 Batt. 12feder 2 Batt. 10 Ii dige Haub. 16 » 5 Batt. 6itder
3&der 6&der 7 U dige Haub. 12iider 7 U dige Haub. 12Й der 10 ίί> dige Haubitzn
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Textverlust durch Ausriß am unteren Rand des Blattes.
1
Scharnhorst geht von den damaligen Verhältnissen in Preußen aus, man beachte insbesondere die große Zahl von Zwölfpfündern.
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An Artillerie zu Fuß 80 Stük 30 » 46 « 20 " 16 "
3 U der 240 Pferde 6ii>der 180 " 12 Ü der 368 " 7U Haub. — - 80 10Ϊ4 Haub. 96 fürs Geschütz = 934
»
Jetzt haben 48 Bataillone Bataill.Kan. 96 Stük elbdige Canone —rt 12 Batt. 12 Й der 72 12iider -ff 24 lOÜdige Haub. tr 2 Batt. 6 & d r 24 6&der -tt 1 Haub.Batt. 8 7Üdige Haub. tt 1 Mort.Batt. 8 lOiidige Haub. 2 rt 2 1 Batt. 12ίί der 12 12feder tr 4 10 Haub.
576 576 144 144 32 32 96 24 1624
69. Denkschrift
[?, vor 23. April 1802? 1 ]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 196 fol. 41r-^9r (16 S.): Konzept, eigenhändig, Fragment? Artillerie einer Division. $ 1. Gegenwärtiger preußischer Etat. § 2. Zwölfpfünderbatterien. Vor- und Nachteile. § 3. Regimentsartillerie. Notwendige Verbesserungen. § 4. Notwendigkeit reitender Artillerie.
Ueber den Bestand der Artillerie einer Division oder eines Corps von 2 Brigaden Infanterie (8 Bataillonen) und 5 oder 10 Escadronen Cavalerie. § 1. Jetziger Etat Nach dem jetzigen Entwurf 1 oder den jetzigen Mobilmachungsplan würde dieses Corps folgende Artillerie bekommen:
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Verändert aus „4", entsprechend wurde in dieser Zeile auch die Anzahl der ZwölfpfUnder von „24" zu „12" halbiert. Gemeint sind offenbar „Mortiere". Verändert aus „Nach der jetzigen Einrichtung der". Diese Denkschrift, vor allem die Paragraphen 2 und 4, wurden offenbar zur Abfassung der späteren Denkschriften Nr. 70 und 73 benutzt.
Nr. 69
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16 Stück 6ί£ der bei den Regimentern in 2 Batterien; 12 " 12 Ü der bei jeder Brigade also 1 4 " lO&digeHaub. 4 oder 2 Stük reit. Artillerie; wenn nemlich 10 Escadrons da sind, 4 Stük, und wenn 5 da sind, 2 Stük. Hierzu kommen noch für die ganze Armee einige Haubitz u. Mortier Batterien. Die 16 Stük Regiments Artillerie werden von den Infanterie Regimentern bedient, das übrige Geschütz von dem Artillerie Corps. b § 2. Ueber die beiden schweren oder 12Ü digen Batterien Nach dem jetzigen Mobilmachungsplan bestehet 0 das Batterie Geschütz also bloß, oder doch bei weitem zum größten Theil, aus 12federn. Da dies eine äußerst wichtige Festsetzung ist, die in keiner Armee bisher statt fand,2 so verdient sie um so mehr aus mehreren Gesichtspuncten angesehen zu werden/ [•••]c
Nimmt man alle diese Umstände zusammen, dann den größern Embaras, den die stärkere Bespannung beim 1 2 i i d e r verursacht, und die Nothwendigkeit, bei ihn immer eine[n] Munitions-Wagen zu haben, so ergiebt sich, daß dies Geschütz sich nicht so gut zu den Batterien, welche bestimmt sind, im feindlichen Canon-Feuer zu manoeuvriren. schickt als die 6 Ü der, und daß eine Armee sowohl auf shlechten Boden, als auch bei geshwinden Be-
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Folgen gestrichen mehrere Kapitelüberschriften: „§ 2. Ein anderer Entwurf„§ 2. Vorschläge zu einiger Aenderung in diesem Etat" und .§2. Der jetzige Krieg und die etwas veränderte Fechtart giebt Veranlaßung zu ". Verändert aus „Nach dieser Einrichtung hat die", zunächst zu „Nach dem jetzigen Etat". Dieser eingefügte Satz ersetzt die Streichung „Diese Einrichtung hat ohne Zweifel den größern entscheidenden Effect." Der hier ausgelassene Text ist praktisch gleichlautend mit der entsprechenden Passage in Nr. 70, § 2. Die Unterschiede werden dort in den Fußnoten vermerkt. Das Gros der Feldartillerie der meisten Armeen war zu dieser Zeit mit sechspfündigen Kanonen ausgestattet, das der französischen mit achtpfündigen; in Großbritannien wurde gerade ein neues neunpfündiges Standardmodell eingeführt. Schwerere Kaliber wurden außerhalb Preußens in der Regel nur gegen Befestigungen oder bei Artilleriereserven größerer Verbände eingesetzt.
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wegungen auf guten, sich oft von den erstem wird verlassen sehen, wo dies nicht bei dem letztern der Fall seyn wird.f Es ist eine allgemeine Bemerkung, daß in Kriege es gewöhnlich dem Geshütze, selbst den kleinern Calibern, den 3 und 6ίί dern, an Geschwindigkeit in der Bewegung, in Auf- und Abprotzen u. s. w., fehlt. Nach der jetzigen Art Krieg zu führen kömt die Infanterie seilten in die Ebene; ihr Schlachtfeld sind mit Gräben, Hecken, durchschnittnen Kämpe, Gehölze, Gebüsche, Berge u. Hügel; ihre Bewegungen geschehen nicht so wie bei den Evolutionen und Manoeuvern, sondern zum Theil sehr rasch, und die Artillerie kann meistens nur durch Umwege (Detours) folgen. Die stärk[e]rn Caliber sind daher hier höchst beshwerlich, zumal bei shnellen Angriffen, bei Rückzügen u. s. w. Man kann aber doch sie nicht ganz entbehren. Im Kriege sind wir gezwungen, auch auf die moralische Wirkung Rücksicht zu nehmen, auf die Meinung u. so gar auf die Vorurtheile. Die Größe der Geschütze von stärkern Caliber, ihr stärkerer Knall und das merklichere Sausen ihrer Kugeln geben ihnen bei Menshen, die bloß nach sinnlichen Eindrücken urtheilen, einen sehr großen Vorzug vor die von kleinern. In dem Grade, wie man zu ihnen mehr Zutrauen hat, fürchtet man sie auch mehr. Sie wirken also mehr als die kleinern Kaliber auf das Gemüth, und hat sie der Feind allein, so genießt er ausshließend die Vortheile dieser Täuschu[n]g und unsere Truppen verliehren unter gewissen Umständen das Zutrauen zu unsern kleinern Calibern. Hierzu kömt noch, daß manche Befehlshaber darin einen Vorwand ihrer Fehler zu finden glauben, daß der Feind schwereres Geschütz gegen sie auffährt, als sie selbst hatten. Man muß daher in mehr als einer Rücksicht immer 12iidige Canonen bei sich führen, und zwar bey jeder Brigade, damit der dadurch bezweckte Vortheil allgemein seyn könne. Diese Anzahl braucht aber nur sehr gering zu seyn und nicht das in allen Lagen brauchbarere 6ίέ dige Batterie Geschütz [zu] verdrängen. Es muß also die Batterie einer Brigade nicht bloß aus 12ii dern, sondern auch zum großen Theil aus 6iidern bestehen. 8
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Folgt gestrichen (nach verschiedenen Abänderungen): „Dies ist aber kein geringer Nachtheil eines Feldgeshützes bei unser jetzigen Art zu fechten, denn so wohl der Theil, der angreift, als auch der, welcher angegriffen wird, muß sich in den feindlichen Canonfeur bewegen. Immer fehlt es hier noch der Artillrie an Geschwindigkeit in den Bewegungen, in Auf u. Abprotzen, und nicht selten bleibt sie grade da zurük, wo sie am wichtigsten ist. Eine Armee, welche nur bloß 12 Ü dige Canonen zu ihren Batterie-Geshutz hat u. sich daher oft wegen des Bodens, zumal im Frühlinge und u. Herbste, ganz von derselben verlassen sehen, und bei Bewegungen im feindlichen Geschützfeur, auch selbst in sehr guten Terrain, nicht immer durch dasselbe unterstützt werden. Es muß aber demohngeachtet doch eine gewiße Anzahl von diesem Geschütze bei einer Armee vorhanden seyn." Die untere Hälfte der Seite (fol. 44v) ist unbeschrieben, der Text wird fortgesetzt auf fol. 45r.
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§ 3. Ueber die Regimentsartillerie einer Division. Das Geshütz bei den Regimentern befindet sich im Kriege dadurch, daß es von der Infanterie bedient wird, in einer sehr nachtheiligen Lage und leistet das nicht, was man unter andern Umständen von ihr zu erwarten berechtigt wäre. Es stehet unter Männern, welche ganz und gar nicht diesen Zweig des Dienstes kennen, und die Conservation der Pferde, der Munition u.s.w. ist daher bloß einen Unterofficier überlaßen, der gemeiniglich in diesen Punk[t] unwissend ist und meistens nicht in Kriege gedient hat. Ein jeder weiß, was dieser Gegenstand für Mühe u. Sorgfalt von Seiten eines Batterie Comandeurs bei der shweren u. reitenden Artillerie erfordert, wie circomspect man bei der Wahl dieses Mannes zu Werke gehen muß, und wie verschieden dennoch die Batterien in Rücksicht ihrer Brauchbarkeit bei einer u. derselben Armee sind? Von der Einsicht u. Thätigkeit des Officiers und ersten Befehlshabers hängt überall, aber vorzüglich bei der Artillerie recht sehr viel ab. Die Verhältniße des Unterofficiers mit dem Gemeinen, sein Gesichtspunkt, sein Ehrgefühl11 u. seine Bildung in Friedenszeiten erlauben nicht, daß er die Stelle des abgesondert[e]n Befehlshaber[s] vertreten kann. Aber nicht allein wegen der Ordnung in Dienst und der Administration ist ein Officier bei der Regimentsartillerie einer Brigade erf[o]rd[e]rlich, sondern auch vorzüglich wegen des rechten Gebrauchs vor den Feinde. Hier kann sie nicht immer mit der Infanterie in einer Linie stehen, weil sie auf beträchtliche Weitten agirt; sie muß überdem so placirt werden, daß sie bei der Bahn, welche ihre Kugeln beshreiben, u. bei der jedesmaligen besondern Beschaffenheit des Terräns wirksam ist und daß man mit ihr in Nothfall zurük oder auch vorwärts kommen kann. Ihr Gebrauch muß überhaupt mit dem Zwek, welchen man in Großen sich vorgesetzt hat, in einer genauen Verbindung stehen. Dazu gehöret aber außer einer großen Thätigkeit auch eine richtige Beurtheilung der Distanzen, der Vorfälle, welche im Verlauf der Affäre nach und nach eintreten. Den Befehlshabern der Brigaden u. Bataillone fehlen gewöhnlich die" Kentnisse von der Anwendung des Geschützes in den mancherlei vorkommenden Verhältnißen und Terrain[s]; sie haben nur selten richtige Begriffe von der Wirkung desselben; hierzu kömt noch, daß sie genug mit der Führung und der Stellung der Infanterie beschäftigt sind und also um den rechten Gebrauch der Artillerie in manchen Augenblicken sich gar nicht bekümmern können. Ein thätiger und geshikter Artillerie Officier ist hier von sehr großem Nutzen; er dient den Brigadier auf manche Weise, zeigt ihn, wie er den größten Nutzen von seiner Waffe ziehen kann, und sorgt dafür, daß derselbe erhalten werde. Er kann das letztre aber freilich nicht, wenn er nicht Leute hat, die unter seinem unmittelbaren Comando stehen, die in allen, was zu der Bedienung h
1
Folgt gestrichen: „seine Begriffe von moralische und Bildung des Herzens u. Verstandes". Folgen die gestrichenen Einfügungen „ wissenschaftlichen " und „ nöthigen
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des Geshützes, zu dem Manoeuvriren mit demselben, gehört, wohl instruirt u. geübt sind und die besondern Hülfsmittel in den bei der Artillerie unvermeidlichen Zufällen mancher Art kennen, d. h. mit andern Worten, U n terofficire und Leute, die im Artillerie Corps nach einem gewißen System gebildet und beständig noch in Felde geübt werden.' Den k Zustand, in den sich die Regiments Artillerie in Hannovershen befindet, habe ich in einem Aufsatze geshildert, den ich Sr. Majestät zu übergeben die Gnade hatte. 3 Ich darf es nicht vershweigen, daß ich den der hiesigen Regimentsartillerie nicht beßer gefunden habe. Se. Majestät können sich hiervon üb[e]rzeugen, wenn sie geruhen, die Regimentsartillerie der mobilen Bataillons mit den beiden hiesigen Batterien reitender Artillerie zu vergleichen. Diese beiden Batterien haben bei Weitem nicht die Vollkommenheit erreicht, die sie erreichen würd[e]n und die sie in Warschau u. Westphalen schon erreicht haben. 4 Aber sie haben durch ein beständiges systematishes Arbeiten es doch in kurzer Zeit dahin gebracht, daß die Pferde vor den Schuß stehen, daß die Knechte sie regieren können, und daß sie jede Evolution mit dem Geschütz zu machen im Stande sind. Was aber hat dagegen die Regimentsartillerie der obigen Bataillons, welche nun seit April völlig bespannt ist, gethan?1 Sie hat weder ihre Pferde zum Schuß gewöhnt, noch ihren Knechten gelehrt, wie sie gut fahren, wie sie sich bei den Auf und Abprotzen, bei den Avanciren u. Reti[ri]ren mit Pferden verhalten müßen. Sie ist in dieser Zeit weder in den angewandten wissenshaftlichen Theilen, noch in den des ordinären Felddienstes, noch in den was zu den unentbehrlichsten Artillrie Manoeuvern gehört, geübt worden. Dies ist nicht den Regimentern zur Last zu legen, denn wer soll dies Uebung nach einem gewissen System dirigiren? Kann man das von den Unterofficiern fodern, die in den, was die Artillerie Verrichtungen betrifft, m selbst ohne Anleitung u. Aufsicht sind, die zum Theil nicht die geringste Bildung haben, die weder weiter avanciren, noch auf eine andr[e] > k 1
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Folgt gestrichen: „ Man irrt sich sehr, wenn man glaubt, daß durch die wenige Uebung, welche man mit der Regiments". Statt „Der". Folgt gestrichen: „Stehen ihre Pferde vor den Shußf Können sie geshwfinjd ab u. aufprotzen, mit Pf[e]rden avanciren u. retirirenf Können sie auf das Comando, wenn mehrere Kanonen bei einander sind, nur die unentbehrlichsten Bewegungen nach einem gewißen System machen f Von allen dem wissen sie nichts und doch haben sie in so vielen Monaten damit nichts zu thun gehabt. Nicht, so viel ich weiß, ein einziges Mal". Statt „die sich in den, was die Artillerie Verrichtungen betreffen". Eine Denkschrift Scharnhorsts zur Reform der hannoverschen Regimentsartillerie wird bei den Nachträgen erscheinen. In Berlin waren drei Kompanien (6 Batterien) reitender Artillerie in Garnison, doch befand sich zur Zeit der Abfassung dieser Denkschrift der größere Teil davon bei der Armee in Westfalen oder möglicherweise beim Besatzungskorps in Hannover (1801). In Warschau war 1797 eine Kompanie reitender Artillerie aufgestellt worden.
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Art belohnt werden? Dies wäre etwas gefordert, was die Menshen unter den Umständen nicht leisten, und wäre dies zu erwarten? Warum hält man denn bei allen and[e]rn Gattungen von Truppen so viel Officiere? Die Regiments Artillerie ist ein so wichtiges Object, kostet so große Summen während des Krieges, daß sie die größte Aufmerksamkeit verdient und ihrer Vollkommenheit so viel als möglich näher gebracht werde. § 4. Ueber die Reitende-Artillerie einer Division. Eine jede Division muß reitende Artillerie haben; 1. dient sie bei derselben zur Reserve und begiebt sich dann erst, wenn im Verlauf der Action der Feind unerwartet an irgend einem Puncte stark auf oder gar durchdringt, dorthin, um sich ihm schnell und unerwartet entgegen zu stellen. Wenn die Division angreift und die Batterien zu Fuß eine Zeit lang gefeurt haben und nun die Bataillone auf den Feind los gehen, so jägt die reitende Artillerie neben ihnen vor und unterstützet den entsheidenden Angriff. Sie kann wegen ihrer größern Geschwindigkeit dies weit beßer als die Artillerie zu Fuß ausführen. 2. Ferner ist die reitende Artillerie bei der Division unentbehrlich, wenn die Truppen shnell beträchtliche Weiten vorrücken, durch Gebüshe, über Berge u. s. w. gehen, wo das Geschütz einen andern u. weitern Weg nehmen u. defiliren muß. Hier kömmt die reitende Artillerie bald wieder bei den Truppen an, statt die zu Fuß zurückbleibt und hernach mit Leuten, die außer Athem sind, agiren muß. 3. Endlich ist die reit. Art. bei der Division auf dem Rükzuge von großen Nutzen; hier bleibt sie in Feuer, damit erst die Artillrie zu Fuß und die Infanterie zurückkömmt, u. dann jägt sie schnell ihnen nach, ohne von Feinde so leicht eingehollt oder abgeschnitten zu werden. Dieser Gebrauch ist sehr wichtig, indem nur Cavalerie u. reitende Artillerie sich ganz zu den Arriergarden eignen. Ein oder 2 der hier angeführten 3 Fälle des Gebrauchs der reitenden Artillerie kommen in jeder Affäre vor, und man kann daher sagen, daß einer jeden Division die reitende Artillerie unentbehrlich ist, daß in Verlauf der Affäre sie sehr in ihrer Stärke verlieren würde, wenn es sich derselben beraubt sähe. Es ergiebt sich übrigens hieraus, daß die reitende Artillerie nicht allein bei der Cavalerie von Nutzen, sondern ihr eigentlicher Gebrauch auch bei der Infanterie von großer Wichtigkeit ist. Aus diesem Grunde haben die französischen Armeen auf jede Division ebensoviel reitende als Artillerie zu Fuß gehabt." Uebrigens ist hier der besondre Gebrauch, den die Divisionen von der reit. Artillerie machen können, nicht angeführt und für einen andern Aufsatz bestimmt. 0 " °
Das Satzende verändert aus „ auf jede Division 3 Batterien Reitende Art. gerechnet, von den 2 immer bei derselben sich befinden." Die folgende Seite (fol. 49v) blieb unbeschrieben.
232 70. Denkschrift
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) [?, 1801/1802? 1 ]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 196 fol. 4r-16r (21 S.): Reinkonzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen. Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen, Fragment: ebda., fol. 18r-22v (10 S.);a weiteres Konzept, eigenhändig, Fragment: ebda. fol. 50r-56v (14 S.). Stärke und Organisation der Artillerie bei einer in Divisionen unterteilten Armee. § 1. Nach dem gegenwärtigen preußischen Etat. 5 2-3. Zwölfpfünderbatterien. Vor- und Nachteile. § 4. Notwendigkeit reitender Artillerie bei allen Unterabteilungen. § 5. Erfordernis einer beweglicheren Artillerie für das preußische taktische System. § 6. Das französische Beispiel. Gründe für Vermehrung der reitenden Artillerie. $ 7-8. Vorschlag zur Änderung des Mobilmachungsplans. § 9-10. Vergleich mit dem gegenwärtigen Plan. § 11-13. Organisation einer besonderen Artilleriereserve. Diskussion möglicher Einwände. § 14. Kosten- und Organisationsfragen. Inhalt. Uebersicht des Bestandes der Feld-Artillerie, welche die preußischen Armeen führen U e b e r die schweren oder 12 i i d i g e n Batterien Fortsetzung U e b e r die reitende Artillerie N o c h einige B e m e r k u n g e n ü b e r das Verhältniß der reitenden Artillerie zu der z u F u ß Fortsetzung Vorschlag zu einigen Veränderungen in d e m jetzigen M o b i l m a c h u n g s Plan, bei einer in Armee-Divisionen oder C o r p s getheilten A r m e e Fortsetzung Vergleichung der in der Tabelle № I aufgestellten beiden M o b i l machungs-Plane Fortsetzung Fortsetzung Fortsetzung Fortsetzung Fortsetzung ь
§ § § §
1. 2. 3. 4.
§ 5. § 6. § 7. § 8. § 9. § 10. §11. § 12. §13. §14.
* Diese Seiten wurden später in Nr. 73 eingearbeitet und dabei nochmals redigiert. b Nach dem Inhaltsverzeichnis (fol. ir) wird der Text auf einem neuen Blatt (fol. 6) fortgesetzt. 1 Daß in § 6 im Zusammenhang mit dem Gefecht von Mouscron von „uns" die Rede ist, spricht für einen Beginn der Arbeit in Hannover. Andererseits ist wegen der Kenntnis des preußischen Mobilisierungsplans und bei dem Verweis auf das Ende des 2. Koalitionskrieges doch eher von einem Abschluß nach dem Eintreffen in Berlin auszugehen.
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Ueber die Stärke und Vertheilung der Artillerie bev einer in Divisionen oder Corps getheilten Armee. § 1. Uebersicht des Bestandes der Feld-Artillerie, welche die preußischen Armeen führen. Wenn man sich eine preußische Armee in Corps getheilt vorstellt, von denen jedes 2 Brigaden Linien-Infanterie und 10 Escadronen stark ist, und von derer übriger Cavallerie Reserven formirt sind, jede zu 20 bis 25 Escadronen, so wird, wenn jede derselben 1 Batterie reitender Artillerie erhält, für jedes Corps bey unserm jetzigen Mobilmachungs-Etat kaum '/3 Batterie übrig bleiben. Dagegen wird jedes Corps 2 Batterien 12 h der außer den 16 Stücken Regiments-Artillerie, welche bei 2 Brigaden sich befinden, bekommen und es wird, wenn man das Verhältniß der reitenden Artillerie gegen die zu Fuß berechnet, sich finden, daß die letztere 5mal stärker als die erstere ist. § 2. Ueber die schweren oder 12Üdigen Batterien. Nach dem jetzigen Mobilmachungs-Plan bestehet das Batterie-Geschütz also bloß, außer einigen Reserve-Batterien, aus 12 federn. Da dies eine äußerst wichtige Festsetzung ist, die in keiner Armee bisher statt fand, so verdient sie um so mehr aus mehreren Gesichtspuncten angesehen zu werden. Es ist eine anerkannte Wahrheit, daß unter gewissen Umständen, vorzüglich bey Canonaden auf Distanzen über 2000 Schritt, die 12 Й der einigen Vorzug vor die 6 fe der haben. Auf mitlere Distanzen unter 2100 Schritt leisten aber diese bei gleichen Kosten eine größere Wirkung als die 12 Ii der, wenn man nemlich den Effect von 5 Stück 6federn mit den von 3 Stück 12 federn* vergleicht und die größere Geschwindigkeit im Cartätsh-Feuer** bey denc ersten in Betracht ziehet. Da nun der Gebrauch auf kleinere Distanzen nur entscheiden kann, so redet dieser Umstand schon für die 6fe der. Ihr wesendlichster Vorzug bestehet aber noch darin, 1) daß sie im Frühjahr und Herbst in den meisten Gegenden den Truppen immer folgen können, statt die doppelt so schweren 12 fe der oft des weichen Bodens wegen zurückbleiben müssen; 2) daß sie auf und von Bergen, durch Gräben und Bäche mit hohen Ufern, durch Waldungen u.s.w. leichter als die 12feder zu bringen sind, und 3) daß sie in allem nicht ganz ebenen Terrain nicht den Aufenthalt beim Auf- und Abprotc
Statt „ dem wie es in der Vorlage und an der gleichen Stelle in Nr. 69 heißt. In Nr. 69 wurden „gleichen Kosten" und „größere Geschwindigkeit im Cartätsch-Feuer" unterstrichen.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
zen, Vor- und Zurückbringen, Avanciren und Retiriren, der bey den 12 & dern unvermeidlich ist, verursachen. d Dieser Punct tritt auch sogar in einem sonst practicablen Terrain, in Sandgegenden, am Abhänge eines Berges, in tiefen Gleisen, in gepflügten Aeckern u. s. w. ein. Hier können oft die Leute mit der größten Mühe die 12 ϊί dig Laffete nicht beym Aufprotzen umdrehen, indem die Räder sich zu tief einschneiden. Nimt man alle diese Umstände zusammen, dann den größeren Embaras, den die stärkere Bespannung beim 12fe der verursacht, und die Nothwendigkeit, bei ihm immer einen Munitions-Wagen zu haben, so ergiebt sich, daß dies Geschütz sich nicht so gut zu den BatterienT welche bestimmt sind, im feindlichen Canon-Feuer zu manoeuvriren. schickt, als die 6it der, und daß eine Armee sowohl auf schlechten Boden, als auch bei geschwinden Bewegungen auf guten, sich oft von den erstem wird verlasset sehen, wo ihr noch die letztern zur Seite stehen. Es ist eine allgemeine Bemerkung, daß im Kriege es gewöhnlich dem Geschütze, selbst den kleinern Calibern, den 3 und 6federn, an Geschwindigkeit in der Bewegung, im Auf- und Abprotzen u. s.w. fehlt. Nach der jetzigen Art Krieg zu führen kömmt die Infanterie seilten in die Ebene; ihr Schlachtfeld bestehet gewöhnlich in mit Gräben, Hecken, Gebüschen, Hügeln und Bergen durchschnittenen Terrain, in Gehölzen, Kämpen u.s.w.; ihre Bewegungen geschehen nicht so wie bei den Evolutionen und Manoeuvern, sondern zum Theil sehr rasch, und die Artillerie kann meistens nur durch Umwege (Detours) ihre in dem durchschnittenen Terrain folgen. Die stärkern Caliber sind daher hier höchst beschwerlich, zumal bei schnellen Angriffen, bei Rückzügen u.s.w. § 3. Fortsetzung. Man kann ohngeachtet aller bisher genannten Vortheile, welche die 6U der vor den 12Ü dern haben, die letztern nicht ganz entbehren. Im Kriege sind wir gezwungen, auch auf die moralische Wirkung Rücksicht zu nehmen, auf die Meinung und sogar auf die Vorurtheile. Die Größe der 12li digen Canonen, ihr stärkerer Knall und das merklichere Sausen ihrer Kugeln geben ihnen bei Menschen, die bloß nach sinnlichen Eindrücken urtheilen, einen sehr großen Vorzug vor die 6 Ü digen.
d
'
In Nr. 69 folgt hier gestrichen: „und im feindlichen Canonfeur mit einiger Geschwindigkeit manoeuvriren können." Dort wurden auch die Nummern „!)", „2)" und „3)" gestrichen. Statt „ Umwege ihr (Detours)".
Nr. 70
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In dem Grade, wie man zu ihnen mehr Zutrauen hat, fürchtet man sie auch mehr, und hat sie der Feind allein, so genießt er ausschließend die Vortheile dieser Täuschung und unsere Truppen verlieren unter gewissen Umständen das Zutrauen zu unsern kleinern Calibern. Hierzu kömmt noch, daß manche Befehlshaber darin einen Vorwand ihrer Fehler zu finden glauben, daß der Feind schwereres Geschütz gegen sie auffährt, als sie selbst hatten. Man muß daher in mehr als einer Rücksicht immer 12lidige Canonen bey sich führen, und zwar bey jeder Brigade, damit der dadurch bezweckte Vortheil allgemein sein könne. Diese Anzahl braucht aber nur sehr gering zu sein um nicht das in allen Lagen brauchbare 6U dige Batterie-Geschütz zu verdrängen. Es muß also die Batterie einer Brigade nicht bloß aus 12lidern, sondern auch zum großen Theil aus 6 Ü dern, und womöglich von der reitenden Artillerie, bestehen. f
§ 4. Ueber die reitende Artillerie. Ein jedes Corps (eine jede Abtheilung der Armee, jeder Flügel und das Centrum) muß reitende Artillerie haben; 1. dient sie demselben zur Reserve und begiebt sich dann erst, wenn im Verlauf der Action der Feind unerwartet an irgend einem Puncte stark auf- oder gar durchdringt, dorthin, um sich ihm schnell und unerwartet entgegen zu stellen. Wenn das Corps angreift und die Batterien zu Fuß eine Zeitlang gefeuert haben und nun die Bataillone auf den Feind los gehen, so jägt die reitende Artillerie neben ihnen vor und unterstützt den entscheidenden Angriff. Sie kann wegen ihrer größern Geschwindigkeit dies weit besser als die Artillerie zu Fuß ausführen. 2. Ferner ist die reitende Artillerie bei dem Corps unentbehrlich, wenn die Truppen schnell beträchtliche Weiten vorrücken, durch Gebüsche, über Berge u.s.w. gehen, wo das Geschütz einen andern und weitern Weg nehmen und defiliren muß. Hier kömmt die reitende Artillerie bald wieder bei den Truppen an, statt sie zu Fuß zurückbleibt und hernach mit Leuten, die außer Athem sind, agiren muß. 3. Endlich ist die reitende Artillerie bey jedem Corps auf dem Rückzüge von großen Nutzen; hier bleibt sie im Feuer, damit erst die Artillerie zu Fuß und die Infanterie zurückkömmt, und dann jägt sie schnell ihnen nach, ohne von Feinde so leicht eingeholt oder abgeschnitten zu werden. Dieser Gebrauch ist sehr wichtig, indem nur Cavalerie und reitende Artillerie sich ganz zu den Arrier-Garden eignen. Hier beginnt das Konzeptfragment fol. 18r-22v, man vergleiche die entsprechenden Stellen in Nr. 73.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Ein oder zwey der hier angeführten drey Fälle des Gebrauchs der reitenden Artillerie kommen in jeder Affäre vor, und man kann daher sagen, daß einem jeden Corps die reitende Artillerie unentbehrlich ist, daß im Verlauf der Affaire es sehr in seiner Stärke verlieren würde, wenn es sich derselben beraubt sähe. § 5. Noch einige Betrachtungen über das Verhältnis der reitenden Artillerie zu der zu Fuß. Es ist äußerst wichtig zu bestimmen, ob das in den preußishen Armeen statt findende Verhältniß der Fuß-Artillerie zur reitenden von 5 zu 1 der jetzigen Art, den Krieg zu führen, und den Geist der Tactik, welcher in dieser Armee herrscht, angemessen sey? Niemand kann leugnen, daß bey einer sehr geübten Armee, welche durch ihre geschwinden Bewegungen, durch ihre Geschicklichkeit im Manoeuvriren und in der Benutzung der besondern Umstände den Sieg zu erhalten trachtet, die reitende Artillerie nicht sehr große und sehr wesendliche Vortheile vor die zu Fuß hat. Ich beziehe mich hier in Rücksicht des Beweises dieser Behauptung auf die kleine Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie, welche ich hierneben unterthänigst übergebe. 2 Die preußische Tactik, die Vorzüge der preußischen Armee, Bewegungen im Großen geschwind ausführen zu können, fordert eine größere Geschwindigkeit von der Artillerie, als die zu Fuß zu leisten vermag. Der Grundsatz der preußischen Armeen, entscheidende Angriffe auf gewissen Puncten schnell auszuführen, verlangt beym Einbrüche geschwinde und kraftvolle Beihülfe von der Artillerie, wozu nur die reitende dienen kann. Immer siegt die preußische Armee durch Kunst; in den ersten schlesischen Kriege durch die Disciplin und Elementar-Tactik, im 7jährigen durch die Geschicklichkeit im Manoeuvriren, durch die angewandte Tactik und den Geist des großen Königs, und noch in diesem Revolutions-Kriege war sie die einzige, welche durch schnelle Front-Veränderungen in der Schlacht bey Pyrmasens (1793) und durch ein geschicktes Zusammentreffen mehrerer Colonnen in der Schlacht bei Kaiserslautern (1794) da den Sieg erhielt, wo andere Armeen unter ähnlichen Umständen immer durch ihre Ungeschicklichkeit geschlagen wurden. Diese Armeen haben also einen unwidersprechlichen Vorzug in der Geschwindigkeit ihrer Manoeuvres und bedürfen also einer eigenthümlichen Einrichtung ihrer Artillerie, oder vielmehr sehr viele reitende. Andere, welche gewöhnlich auf der Stelle, wo sie aufmarschiren oder lagern, sich schlagen oder doch den Angriff nur langsam ausführen kön-
2
Vgl. Nr. 66.
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nen, welche nicht in großen Manoeuvren geübt sind, haben das Bedürfniß der reitenden Artillerie nicht in dem Grade wie die preußischen. Wer die einzelnen Umstände des 7jährigen Krieges studirt und sich bemühet hat, die ersten Quellen des glücklichen oder unglüklichen Erfolgs aufzusuchen, wird gestehen müssen, daß Friedrich der 2 K , sowohl bei seinen Angriffen selbst, als auch nach dem glüklichen Erfolg derselben, nur selten gut von seiner Artillerie unterstützt wurde; bey Kunersdorf kostete ihn dieser Mangel sogar den schon in Händen habenden Sieg. Nur von der reitenden Artillerie hätte er eine seiner Tactik angemessene Hülfe in der Ausführung seiner großen Plane erhalten können. Die zu Fuß konnte mit aller ihrer Tapferkeit und guten Willen dies nicht leisten. Die vornehmste Ursach der Verkennung des Werths und der großen Vorzüge der reitenden Artillerie liegt wohl mit darin, daß man sie nur als eine Unterstützung der Cavalerie ansah. Dieser Gesichtspunkt ist nicht allein, wie schon in § 4 gezeigt, falsch, sondern führt auch zu großen Fehlern, welche dem eigenthümlichen Gebrauche der Cavalerie sehr schaden können. Die reitende Artillerie wird, wenn man sie zweckmäßig anwendet, neben allen Gattungen von Truppen gebraucht, und mehr neben der Infanterie als Cavalerie. Die kleine, hier beigelegte, schon erwähnte Abhandlung über die eigenthümliche Anwendung derselben wird über diese Bemerkung nähere Auskunft geben. Die reitende Artillerie ist sehr innig mit den feinern Anordnungen der Tactik und Strategie verbunden und giebt diesen beiden Künsten Mittel an die Hand, viele wichtige Plane auszuführen, welche ohne ihre Hülfe unausführbar sein würden. Dies alles wird in einer Abhandlung über den Gebrauch der reitenden Artillerie, welche ich jetzt ausarbeite, ausführlich gezeigt werden. § 6.
3
Fortsetzung. Außer demjenigen, was die Natur der Sache lehrt, darf ich hier noch für die Vermehrung der reitenden Artillerie auf das Beispiel der französischen Armee anführen. Es fehlte ihnen bei dem Anfange des Revolutions-Krieges diese Gattung von Artillerie gänzlich. Gleichwohl brachten sie dieselbe bis auf 12 Regimenter. Schon in dem glüklichen Feldzuge, in dem Bonaparte das erste Mal Italien eroberte, 3 war der Etat bey jeder Division 3 Batterien reitender Artillerie, jede zu 6 Stücken, neben 3 gleich starken zu Fuß zu haben; außerdem hatten die großen
Napoleon Bonaparte (1796-1821) wurde Ende Februar 1796 zum Oberbefehlshaber der Italienarmee ernannt. Sein anschließender Feldzug gegen die sardische und österreichischen Armeen fand seinen Abschluß im Vorfrieden von Leoben am 18. April 1797.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Cavalerie-Reserven noch ihre Batterien. Wodurch dann die reitende Artillerie bei einer französishen Armee weit zahlreicher als die zu Fuß wurde. Wenngleich da, wo man selbst untersuchen und beurtheilen kann, die Autorität nie zum Argument aufgestellt werden darf, so verdient sie doch immer eine besondere Aufmerksamkeit, zumal bei einer Nation, die mit so vieler Geschicklichkeit und Glück Krieg führte und deren Geschütz-Einrichtung immer unter die bestefn] in Europa gezählt wurde. Auch ist es nicht zu leugnen, daß die französischen Armeen mit einer Schnelligkeit agirten, von der wir recht wenige Beispiele in der Geschichte haben; sie kamen uns bei Mouscron und in mehreren andern Schlachten immer mit dem Angriff zuvor; noch bei Hohenlinden war dies der Fall, man lese nur den schönen Bericht von Desolle. 4 Man kann also für eine zahlreiche reitende Artillerie bei der preußischen Armee 3 Gründe anführen. 1. Den, daß sie bei fast allen Vorfällen des Krieges einen großen und wesendlichen Vorzug vor die zu Fuß hat. Den Beweis enthält die schon mehrmal erwähnte beigelegte Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch derselben. 2. Ein anderer Grund für eine zahlreiche reitende Artillerie bei den preußischen Armeen fließt aus ihrem System der Tactik und Strategie. Sie kann nur durch die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen, nicht durch die Anzahl, den Sieg erhalten; sie hat diesen Vorzug vor ihren Nachbaren und bedarf, um rechten Gebrauch davon zu machen, von dem Geschütz eine rasche Unterstützung, welche nur die reitende Artillerie leisten kann. 4
[Jean-Joseph-Paul-Augustin Dessolles]: Armee du Rhin, fitat-major-general. Au quartier-general de Steyer, le 5 nivose an 9 de la Republique Fran^aise, une et indivisible. Le general de division, chef de l'fitat-major general, au ministre de la Guerre. Dessolles (oder Dessolle, 1767-1828) hatte seit 1792 an der Pyrenäenfront und 1796-1799 in Italien gedient und war nach dem Sieg seiner Abteilung über ein zahlenmäßig weit überlegenes österreichisches Korps am 25. März 1799 bei Glarus zum Divisionsgeneral befördert worden. Im Feldzug von 1800 fungierte er als Chef des Generalstabs der Rheinarmee, 1803 befehligte er eine Division der in Hannover einmarschierenden Armee. Im Februar 1804 führte er interimistisch das Kommando der Besatzungsarmee in Hannover. Nach seiner Ablösung durch Bernadotte wurde er einige Jahre kalt gestellt, vermutlich aufgrund seiner Freundschaft zu Moreau, und erhielt erst 1808 wieder ein Kommando. Er verbrachte einen großen Teil des spanischen Krieges als Kommandant von Cordoba. Bei den Verhandlungen mit Alexander I. in der Nacht zum 6. April 1814 sprach sich der damalige Kommandant der Nationalgarde von Paris gegen eine Regentschaft Marie Louises aus, da diese Napoleon zu viele Einflußmöglichkeiten ließ; während der Hundert Tage zog sich Dessolles auf ein Landgut zurück. Während der Restauration profilierte er sich in der Pairskammer als liberaler Monarchist und Verteidiger der Pressefreiheit und wurde zum Marquis ernannt. Seine Amtszeit als Ministerpräsident und Außenminister ab dem 28. Dezember 1818 endete nach weniger als einem Jahr mit seinem Rücktritt aus Protest gegen den nun einsetzenden reaktionären Kurs und insbesondere die Vorschläge zur Abänderung des Wahlrechts.
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3. Der dritte Grund, welcher für eine zahlreiche reitende Artillerie angeführt werden kann, ist der Gebrauch, den die Franzosen davon gemacht haben. Sie vermehrten sie bis über die Anzahl der zu Fuß, ohngeachtet es ihnen an Pferden fehlte, ohngeachtet ihr Kriegestheater nicht so viele offene Gegenden hat wie das, wo die preußischen Armeen dereinst Krieg führen möchten; sie fanden in den vielen Feldzügen, die sie machten, nicht, daß sie ihre Anzahl über die Gränzen ausgedehnt hatten, denn sie vermehrten sie noch immer, bis ans Ende des Krieges. 6 h
§ 7. Vorschlag zu einigen Veränderungen in dem jetzigen MobilmachungsPlane, bei einer in Armee-Divisionen oder Corps' getheilten Armee. Die Erfahrungssätze, welche im З ш § aufgestellt sind, zeigen, daß es die Bewegung der Armee gar sehr erschweren würde, wenn man zu den Batterie-Geschütz ausschließend 12Üder (und lOiidige Haubitzen) nehme; daß dieses Geschütz wegen der Wagen, welche ihm immer, da es keine Munition auf der Protze hat, folgen müssen, wegen der größern Anzahl der Pferde, mit denen es bespannt ist, und des beschwerlichen Auf- und Abprotzens nicht im feindlichen Feuern manoeuvriren könnte; daß man aber demohngeachtet eine kleine Anzahl von demselben in allen Theilen der Schlachtordnung bei sich führen müste. Es ist nun hier die Frage, worin das Geschütz bestehen müsse, welches die 1 2 i i d e r ersetzen könne? In dem 4*™, 5 м und 6 м §' ist sie beantwortet; hier ist, soweit es in Dingen der Art möglich ist, überzeugend dargethan, daß es vortheilhaft seyn würde, wenn man das Verhältniß der reitenden Artillerie zu der zu Fuß zum Vortheile der erstem veränderte und also wenigere Artillerie zu Fuß und mehrere reitende in der Folge hielte. Diese Veränderung würde zu wichtigen Resultaten führen; es würden nun die preußischen Armeen nicht der Gefahr ausgesetzt seyn, in ihren Bewegungen erschwert zu werden, sondern sie würden sich in einer vortheilhaftern Lage befinden als ehemals und sich in den Stand gesetzt sehen, ganz nach dem System ihrer Tactik agiren zu könnnen.
§ 8.
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' >
Fortsetzung. Ginge man den Vorschlag ein, die reitende Artillerie zu vermehren und die 12ίέ digen Batterien dagegen zu vermindern, so käme es alsdann
Hier endet das Konzeptfragment fol. 18r-22v. Hier beginnt das eigenhändige Konzeptfragment fol. 50r-56v, dessen erste Seite (fol. 50r) oben links mit „e±" bezeichnet ist. Die Paragraphen der Überschriften sind im Konzept immer eine Zahl niedriger numeriert. Der Anfang der Überschrift wurde im eigenhändigen Konzept verändert aus „§ 6. Vorschlag zur Veränderung des Etats der Artillerie bei einer". Im eigenhändigen Konzept verändert aus - einer in Corps Im eigenhändigen Konzept steht hier: „In den 4ten u. 5ten §".
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noch auf eine nähere Bestimmung des Verhältnisses beider an. Bei dieser wird aber erfordert, daß man sich den ganzen Bestand einer Armee darstellt und den jetzigen Etat der Artillerie und den in Vorschlag gebrachten mit einander vergleicht. Formirte die ganze preußische Macht 2 abgesonderte Armeen, so würde jede ohngefähr aus 72 Bataillonen Linien-Infanterie und 175 Escadronen bestehen, jede dieser würde nach der in 1 angeführten Eintheilung 9 Corps und 3 Cavalerie-Reserven formiren. 5 Die beiliegende Tabelle № 1 enthält für eine der obigen Armeen außer dem Bestand der Corps den der Artillerie, 1. nach unserm jetzigen und 2 K O S n a c h dem in Vorschlag gebrachten Mobilmachungs-Plan. k №1.
I. Corps zum Gebrauch in der Linie ltes Corps 2tes Corps 3'" Corps 4tes Corps 5tes Corps 6tes Corps 7'" Corps k
5
Brigaden Linieninfanterie, jede zu 4 Bataillons
2 2 2 2 2 2 2
FüselierBataillons
-
Escadrons
10 10 10 10 10 10 10
Nach unserm jetzigen Mobilmachungs-Plan.
Nach dem in Vorschlag gebrachten Mobilmachungsplan
12&ge Batterien, jede zu 6 Stück 12iige Canonen u. 2 Stück lO&ge Haubitzen
12fige Batter, jede zu 6 Stück 12Й ger und 2 Stück lO&ge Haubitzen
Reit. Batterien jede zu 8 Stck. 6&ge Canons und 2 Stück 7Üge Haubitzen
1 1 1 1 1 1 1
1 1 1 1 1 1 1
2 2 2 2 2 2 2
Reitende Batterien, jede zu 8 Stück 6&ge Canons u. 2 Stück 7Ь ge Haubitzen
-
Der Text der Vorlage reicht bis zur Mitte von fol. llr, danach geht es weiter mit der Tabelle auf fol. 12r. Die preußische Linieninfanterie bestand 1801 aus 58 Regimentern, die insgesamt 145 Musketier- und Grenadierbataillone stellten; dazu kamen noch die hier nicht berücksichtigten 27 Bataillone leichter Infanterie (24 Füsilierbataillone und das Feldjägerregiment zu Fuß). Die Kavallerie umfaßte 13 Kürassierregimenter (65 Eskadronen), 12 Dragonerregimenter (70 Eskadronen) und 11 Husarenregimenter (110 Eskadronen) mit insgesamt 245 Eskadronen, die bis 1803 durch die Aufstellung zweier neuer Dragonerregimenter auf 255 vermehrt wurden. Die Diskrepanz zwischen dieser Zahl und Scharnhorsts ist frappierend; letztere beruht mutmaßlich auf der im Notizbuch von 1801/1802 niedergeschriebenen und gestrichenen Aufstellung (vgl. Anm. ρ zu Nr. 215 im zweiten Band). Möglicherweise wurde Scharnhorst dabei teilweise durch die traditionelle Einteilung der Kürassierregimenter in 10 Kompanien (die 1789 zu fünf Eskadronen zusammengelegt wurden) in die Irre geführt.
Nr. 70 II. Corps zum Detaschiren oder zu AvantGarden u. Reserven 8,es Corps 9,es Corps III. Cav. Reserv. 1" Reserve 2" Reserve '3M Reserve IV. Leichte Infanterie Füseliere ReserveBatterie bey der Armee
'
2 2
-
-
-
-
-
-
-
-
12
20 20
2
2
25 20 20
-
241
1 1
1 1
1 1
1 1 1
-
1 1 1
-
—
12 Stück 3ftdr. 4 Batt.
-
-
6Йг,
jede zu 12 St. 2 Bat. 7Ü Haub. 1 Bat. 10Й Mort. zu 8 St. 1 Bat. 7it » zu 8°
3m
2 Batt. 7Ü Haub. 2 » 12 U der 1 » 6itder"
1-
Diese Zeile fehlt in der Vorlage, sie wird hier nach dem eigenhändigen Konzept ergänzt, da sonst die Gesamtsumme der Eskadronen nicht aufgeht. m Im eigenhändigen Konzept: „2". Möglicherweise müßte diese Zahl auch hier stehen, damit unter Berücksichtigung der Batterie der nachgetragenen 3. Kavalleriereserve die Gesamtsumme der reitenden Batterien 7 bleibt. " Das eigenhändige Konzept vermerkt an dieser Stelle lediglich: „ 1 Batt. 7h H." ° Das eigenhändige Konzept vermerkt an dieser Stelle: „2 Batt. 6Ür, jede zu 12 St., 1 [Batt.] 7Ü Haub. zu 8 St., 1 Bat. 10b, Mort. zu 8 St.die Gesamtsumme dieser Spalte macht dort entsprechend: „ 18 Batt. 12Ud., 2 [Batt.] 6Ü der, 1 [Batt.] 7U Η., 1 [Batt.] 10U M., 12 Stük ЗЬ>er".
242 ReserveBatterien mehrere Stunden rückwärts bei den den großen ParcColonnen
Summa
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
-
18
-
12
-
175
-
18 Batt. 12 Her 4 » 6Üer 2 " 7 it ig H. 1 " lOÜd. M. 1 " 7 n" 12 Stück ЗЬ, er
-
7
2 Batt. 12 & der 2 » 6 Ü der 1 « lO&dig Mort. 1 » 7Ü «ι 13 Batt. 12 & der 3 » 6itdr. 2 « 7U H. 1 " lOitd. M. 1 » 7 » „
1P-
13
Der Unterschied bey denr Etats bestehet darin, daß der jetzige 5 Batterien 12ίέ der u. 1 Batt. 6Ü der mehr und 6 Bat. reitender Artillerie wenigers als der vorgeschlagene hat, und daß der vorgeschlagene gar keine 3 U der bei den Füselier-Bataillons stattfinden läßt.' § 9. Vergleichung der in der Tabelle № I aufgestellten beide|~n] Mobilmachungs-Plane. 1. Die Anzahl der Batterien ist in beiden gleich, und da eine 12itdige Batterie ohngefähr soviel Pferde und Menschen als eine 6Üdige reitende erfordert, wenn beide eine gleiche Anzahl von Schüssen mit sich führen, so kann auch in Absicht der Menschen und Pferde kein bedeutender Unterschied statt finden. In jedem Falle kann man mit den Pferden und Menschen, welche bei einer 12Udig. Batterie und ihrer ParkColonne erfordert werden, eine 6ίέ d. reitende mit ihrer Park-Colonne ausrüsten.11 Hieraus folgte also, daß die Ausführung des Vorschlages, mehr reitende Artillerie zu führen, keine neue Kosten erfordert.
p
q
' ' ' "
Fehlt im eigenhändigen Konzept, entsprechend beträgt die Gesamtsumme der Spalte dort „12". Im eigenhändigen Konzept fehlt die siehenpfündige Mortierbatterie, die Gesamtsumme der Spalte beträgt dort: „11 Batt. 12b>, 2 [Batt.J 6Ь>, 1 [Batt.J7U Η., 1 [Batt.] 10U M." Im eigenhändigen Konzept steht: „Der Unterschied der beiden Eigenhändig verändert aus der im eigenhändigen Konzept vorliegenden Fassung „5 Batt. 12Ü der mehr u. 3 Bat. reit. Art weniger Die Rückseite des Blattes (fol. 12r) blieb unbeschrieben, der Text wird auffol. 13r fortgesetzt. Im eigenhändigen Konzept folgt hier: „ wenn auch einiges in dem jetzigen Etat der Batterie verändert würde."
Nr. 70
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2. Nach dem neuen Mobilmachungsplane würde bei jeder Brigade Infanterie V2 Batterie 12 Ii der und V2 Batterie reitender Artillerie seyn, oder vielmehr bei 2 Brigaden, d.i. bei jedem Corps, 1 Batterie 12fctder und 1 Batterie reitender Artillerie (außer dem Regiments-Geschütze). 3. Es wären also in allen Puncten der ganzen Schlachtordnung schwere Caliber, mit denen man auf große Distanzen feuren könnte, wenn dies erfordert werden solltet Litten die Umstände nicht, daß die 12Üdigen Batterien den Truppen folgen könnten, oder rückten die Truppen so geschwind vor, daß auch die Regiments-Stücke zurück blieben, so hätten sie dennoch die reitende Batterien bei sich und eine jede Brigade wäre mit 4 Stück 6 digen Canonen, 1 7 Η diger Haubitze, oder 2 Brigaden mit einer Batterie von 8 Stück вЬ> digen Canonen und 2 7Η digen Haubitzen versehen. Diese würden immer hinlänglich seyn, ihren ersten Angriff zu unterstützen oder eine Zeitlang das zurückgebliebene Geschütz zu ersetzen. 4. U m den Vorzug, den diese Batterie reitender Artillerie vor eine Batterie zu Fuß bei 2 Brigaden oder einem Corps haben würde, in allen den Fällen, welche im Kriege vorkommen, in Anschlag zu bringen, verweiset man hier auf die Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie und bemerkt nur dies: daß w durch den vorgeschlagenen Mobilmachungs-Plan ein Corps Truppen in Stand gesetzt ist, den Krieg nach der jetzigen Art und Weise zu führen, geschwinde und entscheidende Angriffe zu executiren, und also ganz nach dem System der preußischen Tactik [zu] agiren,* ohne bei stehenden entfernten Canonaden dadurch im Wesendlichen zu verliehren. § 10. Fortsetzung. Nach dem bisherigen Mobilmachungs-Plan waren gar keine 12feder in Reserve, nach dem neuen sind hier 2 Batterien vorhanden. Sie bekommen bei jedem Marsh die besten Wege und werden immer da placirt, wo ein großer Wirkungskreis von Nutzen sein kann, ζ. B. in der Schlacht bei Kesselsdorf wär ihr Platz vor dem Dorfe gewesen, in der Schlacht bei Zorndorf vor dem linken Flügel auf der kleinen Anhöhe u.s.w. Verbindet man mit ihrem Feuer das der beiden y 7 I i digen Hau-
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Folgt gestrichen: „§ .." Ebensolche Verweise wurden bei den zwei zu Beginn des folgenden Satzes erwähnten Eventualitäten gestrichen. Alle drei sind im eigenhändigen Konzept erhalten. Im eigenhändigen Konzept wurde der Rest des Satzes ah hier unterstrichen. Im eigenhändigen Konzept: „geschwinde u. entscheidende Bewegungen u. Angriffe auszuführen, und also ganz nach den System der preußishen Tactik agiren zu können a. Eigenhändig eingefügt, dabei auch die in der Folge erwähnte Gesamtzahl der Geschütze von „24° zu „32" verändert. Diese Änderung fehlt im eigenhändigen Konzept.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) bitzbatterie[n], so hat man 32 Stück bei einander, welche immer auf einen Fleck in einer beträchtlichen Distanz entsheiden können. 2
§ 11 .aa Fortsetzung. In dem vorgeschlagenen Mobilmachungs-Plane findet außer der ordinären Reserve eine mobile, von der Armee abgesonderte Reserve ab von 6 Batterien statt. Eine solche Reserve ist sehr wichtig und in den Revolutions-Krieg ac von den Franzosen zuerst eingeführt worden. 1. Ist durch sie die Armee in den Stand gesetzt, bei allen Vorfällen des Krieges die Artillerie (bei den Corps) mehr zu exponiren, als man es sonst würde thun können, indem man nun einigen Ersatz hat, auf den man greifen kann; und hat man gar das Unglück, fastad alles Geschütz, wie in der Schlacht bei Kunersdorf, 6 zu verliehren, so ist man durch sie doch einigermaßen wieder mit Artillerie versehen und kann sich nun den Feinde von neuen entgegenstellen." af 2. Hat man in einigen auf einander folgenden Affären die Munition verschossen, ehe andere aus den Depots herbeigeschaft werden kann, so hat man noch Ersatz an der, welche die abgesonderten Reserve-Batterien mit sich führen. Diese holen hierauf sich neue. ag z
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Im eigenhändigen Konzept folgt gestrichen: „Diese Einrichtung scheint übrigens auch der Erfahrung gemäß zu seyn, denn bei allen Armeen hat man immer einen Theil der shweren Caliber in Reserve gehabt, weil man nur dadurch im Stande ist, ihnen die besten Wege zu geben u. sie auf die Punkte, auf welch[e]n sie vorzüglich wirksam seyn können, zu bringen. Zu einen entsheidenden u. einbrechenden Angriff muß man sich der reit. Batterie bedienen." Im eigenhändigen Konzept wurde die Zahl von „ 9" auf „ 10" erhöht. Die folgenden drei Wörter eigenhändig hinzugefügt. Im eigenhändigen Konzept lautet das Satzende „von der Armee abgesonderte statt." Im eigenhändigen Konzept verändert aus „in diesem Kriege", was eine Entstehung kurz nach dem Friedensschluß nahelegt. Eigenhändig hinzugefügt, fehlt im eigenhändigen Konzept. Im eigenhändigen Konzept ist der Text auf ein wiederverwendetes Blatt geschrieben worden. Auffol. 54v steht noch gestrichen („auf dem Kopf", der erste Satz von Scharnhorsts Hand): „Dieser Auszug des Entwurf[s] ist von den anwesenden Mitgliedern der Berlinishen militärischen Gesellshaft in mehreren Sitzungen untersucht und zum Druk für die Mitglieder bestirnt. Der beiliegende Entwurf enthält einen Auszug aus dem Protocoll unserer Sitzungen der anwesenden Mitglieder der Berlinshen militärischen Gesellschaft. Diese wünschen, über diesen Entwurf die Meinung und Vorschläge ihrer auswärtigen Mitglieder zu erfahren und ihn demnächst für die Mitglieder der Gesellschaft drucken zu lass, wenn dies von ihren Präses, den Herrn Gen. Lieut, von Rüchel [folgt gestrichen: „ Excellenz "] genehmigt würde." Im eigenhändigen Konzept steht davor gestrichen: „ Eine sehr wichtige Sache in dieser Lage, weil bei einer geschlagenen Armee die Artillerie immer diejenige Waffe ist, welche den übermüthigen Feind [in] Schrecken setzt u. den muthlosen Truppen Zuversicht einflößt. Man erinnere sich hier an Im eigenhändigen Konzept folgt: „aus den nächsten Garnisonnen." Hier verlor die preußische Armee 172 von 160 schweren Geschützen und eine nicht ermittelte Zahl von Regimentsgeschützen.
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3. Haben in einer gelieferten Schlacht einige Batterien sehr gelitten, sind andere in Absicht der Pferde heruntergekommen, weil sie viel marschirt oder schlecht Futter erhalten oder Mangel daran hatten, so kann man sie durch die abgesonderten Reserve-Batterien ablösen lassen und gelittene und die heruntergekommenen retabliren sich nun wieder. 4. Werden bey einer Belagerung mehrere Canoniere erfordert, als man von den Park-Colonnen und sonst herbeishaffen könne, so greift man auf die Reserve-Batterien; man läßt dann nur den Theil der Mannshaft dabey und ersetzt die abgegangenen durch Infanterie, die man sogleich exercirt, damit sie im Nothfalle statt der Canoniere dienen können. 5. Kömmt die Artillerie bey der Armee herunter, fehlt es an Pferden, weiß man sich nicht mehr zu helfen, so schickt man das Geschütz und die Munition der abgesonderten Reserve-Batterien bei Zeiten nach sichern Festungen zurük und bedient sich nun ihrer Pferde und Knechte. § 12. Fortsetzung. Wären diese abgesonderten Reserve-Batterien unmittelbar bey der Armee, als gewöhnliche Reserve, und nicht 1 bis 3 Märshe weiter zurück, so könnten sie die obigen Zwecke nicht erfüllen. 1. würden sie bei einer verlorenen Schlacht mit verloren gehenah und also ihr Haupt-Entzweck verfehlt. 2. würden sie durch die vielen Märsche, Manoeuver u. s. w., welche bei einer Armee vorfallen, ebenso wie andere Batterien leiden und also nicht in dem Stande sich befinden, diejenigen, welche heruntergekommen sind, ablösen zu können. Bey ihren Märschen hinter der Armee leiden sie weniger, sie nehmen die besten Wege, sie marschiren nach ihrer Bequemlichkeit u. s. w. 3. würden sie bei der Armee den Magazinen derselben zur Last fallen, statt sie, wenn sie einige Tage-Märsche hinter ihr in einem Orte stehen, wo Fourage auf Flüßen herbeigeshafft werden kann oder sonst vorhanden ist, auf eine bequemere Art unterhalten werden können. § 13. Fortsetzung. Vielleicht wendet man gegen die abgesonderten Artillerie-Reserven ein, daß man für die Infanterie und Cavalerie dergleichen nicht habe und sie also auch nicht für die Artillerie bedürfe. Es ist hier aber zu erwegen, daß in einer unglücklichen Schlacht sehr leicht alle oder ein großer Theil der Artillerie verloren gehet, ohngeachtet die Truppen sich noch retten. Man erinnere sich der Schlacht bei Kunersdorf und an die bei Mouscron (den 29ten April) und die bei Mouveaux und Roubaix (den 18ten May
"h Im eigenhändigen Konzept endet der Satz mit diesem Wort.
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1794)/ wo" bei der letztern der General Clarfaye und Herzog von York 8 ihr sämtliches Geschütz verlohren, ohnerachtet der Verlust der Truppen nicht außerordentlich groß war. Wenig Geschütz und ein kühner Gebrauch desselben ist vielem, bey dem man immer ängstlich wegen seines Verlustes seyn muß, vorzuziehen. Das Geschütz äußert erst eine große und entscheidende Wirkung auf 300 bis 600 Schritt. Hier aber kann es auch leicht genommen werden. 3 ' Ziehet man sich mit ihm, wenn der Feind in den recht wirksamen Kartätshschuß kömmt, zurück, so wird man es freilich nie (es sey denn, daß die Armee in eine völlige Deroute käme) verliehren. Aber man wird auch mit 30 Stücken nicht so viel ausrichten als mit 10, mit den man den Einbruch erwartet. Eben so ist es bei dem Angriff. Nur durch ein kühnes Vorrücken bis auf 600 und oft bis auf 300 Schritt kann man die feindlichen Truppen übern Haufen werfen. ak § 14. Fortsetzung. Nichts stehet der Ausführung dieses Vorschlages mehr, als die Kosten, welche er in Friedenszeiten verursachen wird, entgegen. Denn es müßten 5 Batterien mehr als jetzt beritten seyn. Vielleicht könnte man aber hier auf die Weise helfen, wie es bei den jetzt berittenen Batterien geschehen ist, und bei jeder Escadron noch ein paaral Pferde eingehen lassen. Diese Veränderung könnte in den preußischen Armeen keine Bedenklichkeit haben, den[n] die Cavalerie derselben ist verhältnißmäßig sehr stark, sie verhält sich zum Ganzen beinahe wie 1 : 3. Bey den französishen Armeen hat das Verhältniß von 1 : 5 statt gefunden und dennoch vermehrte diese Nation die reitende Artillerie bis zu 12 Regimenter und ließ die Cavalerie bey ihrem alten Etat. O b die preußische Armee bei jedem Cavalerie-Regimente 10 oder 20 Pferde mehr oder weniger augmentiren muß, wenn ein Krieg ausbricht, wird nicht leicht auf den Gewinst oder Verlust einer Schlacht influiren. Dahingegen die Veränderungen von 10 Fuß-Batterien in reitende eine äußerst wichtige Sache seyn möchte. Ueberdem muß man hierbei noch bedenken, daß nun 5 reitendeam Batterien mehr [als] nach dem alten Etat "
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Die folgenden drei Wörter fehlen im eigenhändigen Konzept, ebenso das Satzende ab „ohnerachtet Im eigenhändigen Konzept: „ Hier aber riskirt es auch, genommen zu werden." Hier endet das eigenhändige Konzeptfragment fol. 50r-56v. Ein Fragment einer Abschrift, das mit dem gestrichenen Ende dieses Absatzes beginnt, wurde weiterverwendet in Nr. 73, vgl. die dortige Anm. bf. Statt,Paar". Statt „Beitende". Besser bekannt als Schlacht von Tourcoing. Der Herzog von York, 1793-1794 Oberbefehlshaber der Englischen Armee, und der ebenfalls in den Niederlanden dienende Graf Clerfait sind aus den ersten beiden Bänden bekannt.
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marschfertig sind und in dem Stande sich befinden, bei schleunigen Ereignissen gleich gebraucht werden zu können. Eine andere Schwierigkeit bei der Vermehrung der reitenden Artillerie würde darin bestehen, daß 5 Compagnien von der schweren Artillerie zur reitenden übergehen müssen, von den außer 3 von dem 91™ Bataillon 2 von einem der 4 Regimenter genommen werden müßten, so daß also dies in der Folge nur aus 8 Compagnien bestehen würde. 9 Die Stabsofficiere des 9 101 Bataillons würden auch bei der reitenden Artillerie erfordert werden, denn diese müßte nunmehr 2, 3 oder 4 Abtheilungen (Brigaden oder Divisions oder Escadrons) haben und für jede einen Stabsofficier zum Comandeur, welcher unter den gemeinshaftlichen Befehlshaber der ganzen reitenden Artillerie stände. Ohne dies würde weder Emulation noch die nöthige Aufsicht und Einheit statt finden. Auch muß im Kriege bei jeder Armee und beträchtlichen Corps einen Mann, der den Gebrauch dieser Waffe kennt, die gute Anwendung derselben anvertrauet werden. *
**
5 Stück 6itder kosten im Felde nicht mehr als 3 Stück 12tider und da die 12Uder nie ohne Wagen seyn können, indem sie keine Munition auf der Protze haben, so werden die 3 Stück 12 it der in der Action 3 Munitions-Wagen bey sich haben und also auch so viel Raum als die 6Uder einnehmen. Die gewöhnliche Meinung, daß die 12 it der im Cartätsch-Feuer wirksamer als die 6Ü der wären, setzt den Vergleich von einer gleichen Anzahl von Canonen voraus, und bey beyden Calibern gleiche Geschwindigkeit im Feuer. Beides findet bey der hier beabsichtigten Vergleichung nicht statt, denn hier kömmt es darauf an, was die Caliber bei gleichen Erhaltungs-Kosten leisten, wenn sie so geshwind, als es ihre Einrichtung zuläßt, feuren, und ob also 5 Stück 6ii der nicht eben so wirksam als 3 Stück 12h der in einem solchen Augenblicke sind?
71. Denkschrift
[?, 1802? 1 ]
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 220 fol. 21r-28v (16 S.): Reinschrift, Schreiberhand, Fragment. Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen, Fragmente: ebda., Nr. 196 fol. 59r-62r, 65r-v (9 S.).a Rest von § 2. Anwendbarkeit. § 3. Notwendigkeit der Vermehrung der reitenden Artillerie auf Kosten der schweren. § 4. Nutzen der Zwölfpfünder. § 5-6. Richtiges Verhält'
Bis 1805 war die preußische Feldartillerie in vier Regimenter von je zwei Bataillonen zu je 5 Kompanien unterteilt, die übrigen drei Kompanien zu Fuß bildeten das 9. Bataillon. 1805 wurden diese beritten gemacht und mit den bereits existierenden sieben reitenden Kompanien zum neuen Reitenden Artillerieregiment vereinigt.
"
Aufgrund der hier vorgenommenen bzw. bereits berücksichtigten Veränderungen ist diese Fassung nach Nr. 70 einzuordnen. Anscheinend nach Nr. 64 und 70 entstanden, vgl. Anm. a und 2.
1
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nis von reitender zu schwerer Artillerie. 7. Ausführung Artillerie.
der Vermehrung
der reitenden
Ein oder zwey der hier angeführten Fälle des Gebrauchs der reitenden Artillerie kommen in jeder Affaire vor und man kann daher sagen, daß einem jeden Corps die reitende Artillerie unentbehrlich ist, daß es im Verlauf der Affäre sehr in seiner Stärke verliehren würde, wenn es statt derselben bloß mit Artillerie zu Fuß versehen wäre. b c
§ 3. Ueber die Vermehrung der reitenden Artillerie und die Verminderung der schweren (oder der Anzahl der \2b> digen Batterien.) N a c h dem jetzigen Mobilmachungsplan bestehet das BatterieGeschütz der ersten und zweyten Linie aus 1 2 l t d e r n und die reitende Artillerie ist bey derselben sehr schwach, denn es wird bey der in § 1 erwähnten Armee für die Haupt-Armee, wenn die Avant-Garde und das Reserve-Corps, wie es nicht seilten der Fall ist, detashirt werden, nur eine Batterie bey der Cavalerie-Reserve übrig bleiben. Aus dem letzten § und der beigehenden Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie 2 folgt aber, daß diese Gattung von Artillerie bei jeder Armee, vorzüglich aber bey einer preußischen, wichtiger als irgend eine andere ist, und dies führt auf den Gedanken, ob es nicht vortheilhaft seyn möchte, die große Anzahl von 12 % digen Batterien zu vermindern und die der reitenden zu vermehren. Es ist zwar eine anerkannte Wahrheit, daß unter gewissen Umständen, vorzüglich bei Canonaden auf Distanzen über 2000 Schritt und dann auf nähere, in dem Cartätsh-Schuß, die 12 Ii der Vorzüge vor die 6 & d e r haben. Es ist hierbey aber zu bemerken, daß diese Vorzüge nicht so groß sind, als sie nach den Versuchen bey einer gleichen Anzahl von Schüssen zu seyn scheinen. 1. Weil man auf Distanzen über 2000 Shritt überall nur wenig von der Wirkung des Geschützes erwarten darf, und 2. weil der 6Ϊ4 der weit geschwinder als der 12 U der feuert, wenn beide gleich gut gerichtet werden, so daß bei den Cartätsh-Schüssen (wo eine augenblickliche Wirkung erfordert wird) der 6 Й der 3 Schuß thut, während mit dem HUder nur 2 geschehen. In jedem Falle ist aber dennoch die Wirkung der 12Üder größer als die der 6 Ü der. Diese haben aber dagegen auch in andern Rücksichten Vorzüge vor die 12 Ii der, ohne die eigenthümlichen Vortheile der
4 c
2
Dieser Absatz ist weitgehend identisch mit dem letzten Absatz des § 4 in Nr. 70. Hier setzt das erste Fragment des Konzepts (Faszikel Nr. 169 fol. 59r-62r) ein. Die Uberschrift dort eigenhändig verändert aus „ 3. Ueber die schweren oder 12b,digen Batterien." Zu diesem und dem folgenden Abschnitt vgl. § 2 und 3 in Nr. 70. Vgl. N r 64.
Nr. 71
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reitenden Artillerie in Betracht zu ziehen. Diese Vortheile bestehen darin, 1. daß sie im Frühjahr und Herbst in den meisten Gegenden den Truppen immer folgen können, statt die doppelt so schweren 12fe der oft des weichen Bodens wegen zurükbleiben müssen; 2. daß sie auf und von Berge[n], durch Gräben und Bäche mit hohen Ufern, durch Waldungen u. s. w. leichter als die 12Й der zu bringen sind, und 3., daß sie in allem nicht ganz ebenen Terrein nicht den Aufenthalt beim Auf- und Abprotzen, Vor- und Zurückbringen, Avanciren und Retiriren, der bei den 12federn unvermeidlich ist, verursachen. Dieser Punct tritt auch sogar in einem sonst practikabeln Terrain, in Sandgegenden, am Abhänge eines Berges, in tiefen Gleisen, in gepflügten Aeckern u. s. w. ein. Hier können oft die Leute mit der größten Mühe die 12ί£ dige Laffete nicht beim Aufprotzen umdrehen, indem die Räder sich zu tief einshneiden. Nimt man alle diese Umstände zusammen, dann den größern Embaras, den die stärkere Bespannung beim 12feder verursacht, und die Nothwendigkeit, bei ihm immer einen Munitions-Wagen zu haben/ weil er keine Munition auf der Protze hat, so ergiebt sich, daß dies Geschütz sich nicht so gut zu den Batterien, welche bestimmt sind, im feindlichen Feuer zu manoeuvriren. schickt als das 6fe dige, zumal wenn die Mannschaft desselben11 beritten ist, und daß eine Armee, sowohl auf schlechtem Boden, als auch bey geschwinden Bewegungen auf gutem, sich oft von dem erstem wird verlassen sehen, wo ihr noch das letztere zur Seite stehet. Es ist eine allgemeine Bemerkung, daß im Kriege es gewöhnlich dem Geshütze, selbst den kleinern Calibern, den 3 und 6federn, an Geschwindigkeit in der Bewegung, im Auf- und Abprotzen u.s.w. fehlt. Diese Bemerkung findet aber um so mehr Anwendung auf die 12feder. Nach der jetzigen Art und Weise Krieg zu führen kömmt die Infanterie seilten in die Ebene; ihr Schlachtfeld bestehet gewöhnlich in mit Gräben, Hecken, Gebüschen, Hügeln und Bergen durchschnittenem Terrein;' ihre Bewegungen geschehen nicht so wie bei den Evolutionen und Manoeuvern, sondern zum Theil sehr rasch, und die Artillerie kann meistens nur durch Umwege (Detours) ihr8 in den durchschnittenen Terrein folgen.
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' f 8
Der folgende Nebensatz im Konzept eigenhändig eingefügt. Statt „ derselben verbessert nach dem Konzept. Dort wurde dieser Nebensatz händig eingefügt. Im Konzept folgt (wie auch in Nr. 70): „in Gehölzen, Kämpen u. s. w." Statt „ihr (Detours)", auch im Konzept und bereits in Nr. 70.
eigen-
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Die stärkern Caliber sind aus diesen Gründen nicht seilten höchst beschwerlich, zumal bei schnellen Angriffen, bei Rückzügen u. s. w. § 4.
Fortsetzung Man kann ohngeachtet aller bisher genannten Vortheile, welche die 6Üder, besonders der reitenden Artillerie, vor den 12Ü dem haben, die letztern dennoch nicht ganz entbehren. Im Kriege sind wir gezwungen, auch auf die moralische Wirkung Rücksicht zu nehmen, auf die Meinung und sogar auf die Vorurtheile. Die Größe der 12Й digen Kanonen, ihr stärkerer Knall und das merklichere Sausen ihrer Kugeln geben ihnen bey Menschen, die bloß nach sinnlichen Eindrücken urtheilen, einen sehr großen Vorzug vor die 6Ü digen, ohne einmal ihre größere Wirkung in Betracht zu ziehen. In dem Grade, wie man zu ihnen mehr Zutrauen hat, fürchtet man sie auch mehr, und hat sie der Feind allein, so genießt er ausschließend die Vortheile dieser Täuschung und unsere Truppen verliehren unter gewissen Umständen das Zutrauen zu unsern kleinern Calibern. Hierzu kömmt noch, daß manche Befehlshaber darin einen Vorwand ihrer Fehler zu finden glauben, daß der Feind schwereres Geschütz gegen sie aufführt, als sie selbst hatten. Man muß daher in mehr als einer Rücksicht immer 12iidige Canonen bei sich führen, und zwar bei jeder Brigade oder doch bei jeder Division, damit der dadurch bezweckte Vortheil allgemein seyn könne. Die Anzahl derselben braucht aber nicht sehr groß zu seyn und wenn ein Corps von 2 Brigaden 1 Batterie 12ίέ der hat, so muß es auch wenigstens neben derselben eine von 6U dern haben, deren Mannschaft beritten ist.h
§ 5. Noch einige Betrachtungen über das Verhältniß der reitenden Artillerie zu der zu Fuß. Die Vermehrung der reitenden Artillerie und die Verminderung der 12iidigen Batterien scheint ein Gegenstand von der äußersten Wichtigkeit bei den preußischen Armeen zu seyn. [.··]'
Die reitende Artillerie wird, wenn man sie zweckmäßig anwendet, neben allen Gattungen von Truppen gebraucht, und mehr neben der h
'
Hier endet das erste Konzeptfragment; der letzte Satz ist dort gestrichen. Abgesehen von den hier abgedruckten ersten und letzten Absätzen ist § 5 praktisch gleichlautend mit $ 5 in Nr. 70. Es heißt hier lediglich im vorletzten Absatz (entspricht dem drittletzten in Nr. 70) „wie schon im § gezeigt" statt „wie schon in § 4 gezeigt".
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Infanterie als Cavalerie. Sie ist sehr innig mit den feinern Anordnungen der Tactik und Strategie verbunden und giebt diesen beiden Künsten Mittel an die Hand, viele wichtige Plane auszuführen, welche ohne ihre Hülfe unausführbar sein würden. Dies alles wird in einer Abhandlung über den Gebrauch der reitenden Artillerie, welche ich jetzt ausarbeite, ausführlich gezeigt werden. 3 § 6. Fortsetzung. [...]> k
§ 7. Ueber die Ausführung der Vermehrung der reitenden Artillerie und Verminderung derer zu Fuß. Das System, welches bei der Mobilmachung der Artillerie zum Grunde gelegt ist, wird auf keine Weise durch die Ausführung des Vorshlags, die reitende Artillerie zu vermehren und die zu Fuß zu vermindern, erschüttert. Dieser Vorschlag erfordert nur, daß statt einer gewissen Anzahl von 12iidigen Batterien eine eben so große von 6iidigen reitenden mobil gemacht werde,1 und da eine 12iidige Batterie ohngefähr so viel Pferde und Menschen als eine 6 ίέ dige reitende erfordert, wenn beide eine gleiche Anzahl von Schüssen mit sich führen, so kann auch in Absicht der Menschen und Pferde kein bedeutender Unterschied statt finden. In jedem Falle kann man mit den Pferden und Menschen, welche bei einer 12&>digen Batterie und ihrer Park-Colonne erfordert werden, eine 6 Ü dige reitende mit ihrer Park-Colonne ausrüsten.11" Hieraus folgte denn auch, daß die Ausführung des Vorschlages, mehr reitende Artillerie zu führen, keine neuen Kosten nothwendig macht. Setzte man feste, daß bei jeder Brigade Infanterie V2 Batterie 12iider und V2 Batterie reitender Artillerie seyn sollten, oder vielmehr
'
Der Abschnitt ist praktisch gleichlautend mit § 6 in Nr. 70 und wird deshalb ausgelassen. Als einziger nennenswerter Unterschied ist zu bemerken, daß bei der Erwähnung des Italienfeldzugs Bonapartes im ersten Absatz nach „bey jeder Division" noch steht: „ (das heißt bei 6 Bataillonen Linien-Infanterie nebst der verhältnißmäßigen Cavalerie und leichten Infanterie)". Hier beginnt das zweite Konzeptfragment, Faszikel Nr. 196 fol. 65r-v. Die Überschrift dort verändert aus „ 9. [verändert aus „8. "J Vergleich ung der in der Tabelle Ν" I auf gestellten beiden Mobilmachungs-Plane." Im Konzept folgt: „und daß man bei jeder Armee einige 12b, dige Batterien aus der Linie in die Reserve setze." Der folgende Nebensatz beginnt dort als eigener Satz mit „Da". Im Konzeptfragment folgt noch gestrichen: „wenn auch einiges in dem Munitionsbestande der reit. Batterien verändert würde." Der Rest des Absatzes ab hier und der gesamte folgende wurden dort ebenfalls gestrichen." Diese Abänderung scheint darauf zu deuten, daß Scharnhorst die bereits bei der früheren Fassung Nr. 70 berücksichtigte Denkschrift Nr. 66 noch einmal überarbeiten wollte. Mutmaßlich waren Nr. 70 und 71 für verschiedene Addressaten bestimmt.
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bei 2 Brigaden, d.i. bei jedem Corps 1 Batterie 12Uder und 1 Batterie reitender Artillerie (außer dem Regiments-Geschütz), so würden bey den preußischen Armeen noch 12 Batterien reitender Artillerie erfordert und dagegen 18 Batterien 12Й der aus der Schlachtordnung abgehen, von denen man also 6 Batterien en Reserve behalten würde, wenn man 12 gegen die reitende umtauschte. Durch diese Einrichtung wären also in allen Puncten der ganzen Schlachtordnung schwerere Caliber, mit denen man auf große Distanze feuren könnte, wenn dies erfordert werden sollte, § 3. Litten die Umstände nicht, daß die 12fe dige Batterien den Truppen folgen könnten, § 2, oder rückten die Truppen so geschwind vor, daß auch die Regiments-Stücke zurückblieben, § 3, so hätten sie dennoch die reitenden Batterien"
72. Scharnhorst an Friedrich Wilhelm III.
[Berlin?, 1802/1803? 1 ]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 196 fol. 3 r - v (1V 2 S.): Reinschrift von Schreiberhand." Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen: ebda., fol. l r - 2 r (2 S.). Druck: Linnebach, S. 241f. 2 Begleitschreiben.
Der hier folgende Aufsatz beschließt die Abhandlungen, welche ich über die Armee-Divisionen und die Fecht-Art derselben Euer Majestät zu übergeben die Gnade gehabt habe.3 Es ist hier bloß von der Einrichtung der Artillerie b
"
Dieser Absatz im Konzeptfragment gestrichen, es folgt dort noch gestrichen: „ bei sich und eine jede Brigade wäre mit 4 Stück 6Ü digen Canonen, 1 7U digen Haubitze, oder 2 Brigaden mit einer Batterie von 8 Stück 6% digen Canonen und 2 7b, digen Haubitzen versehen. Diese würden immer hinlänglich seyn, ihren ersten Angriff zu unterstützen oder eine Zeitlang das zurückgebliebene Geschütz zu ersetzen."
"
Es handelt sich offenbar um die Einführung zu einer längeren Denkschrift, von der mehrere Fassungen erhalten sind. Zu Beginn der späteren Fassung Nr. 73 findet sich der eigenhändige Vermerk: „Den 23ten April 1802. So wie es abgeschikt". Dieser Vermerk ähnelt dem beim Konzept zum vorliegenden Text, vgl. Anm. b. Die Unsicherheit der Datierung von Nr. 73 (vgl. dort die Anm. b) betrifft auch dieses Schreiben. Im Konzept davor der eigenhändige Vermerk: - Veränderter Aufsatz, so wie er abgeshikt." Dies ersetzt die gestrichene Überschrift -Nachricht." Aufgrund des Zusammenhangs mit der Denkschrift Nr. 73, vgl. Anm. a. Linnebach behandelt den Text als Privatschreiben Scharnhorsts an König Friedrich Wilhelm III. Scharnhorst bezieht sich hier auf eine Reihe von Denkschriften, die er - zum Teil bereits vor seinem Ubertritt in preußische Dienste - für den König verfaßt hatte und die in Scharnhorsts Nachlaß in Konzeptform überliefert sind, vgl. Nr. 241 und 313 im zweiten Band sowie Nr. 62 in diesem.
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1 2
3
Nr. 72
253
die Rede, und so wie in dem vorhergehenden4 von den vorgetragenen Grundsätzen5 eine Anwendung auf die Infanterie von Euer Majestät Armeen gemacht wurde, so ist hier auch bei der Artillerie verfahren. Es sind bey dieser Gelegenheit einige Veränderungen in dem jetzigen Mobilmachungsplan vorgeschlagen, welche die in dem nun geendigten Revolutions-Kriege6 veränderte Artc und Weise, den Krieg zu führen, herbeigeführt hat, und auf welche vorher niemand kommen konnte. Indem ich hier über diesen Gegenstand meine Meinung für Euer Majestät freimüthig niederzulegen mir die Freiheit nehme, darf ich noch hinzufügen, daß der Artillerie-Mobilmachungsplan für allerhöchst Dero Armeen nach dem geringen Maaß meiner Kenntnisse eine vortreffliche Einrichtung ist, welche keine andere Armee aufzuweisen hat, daß dieser Plan in allen seinem Detail mit beständiger Rücksicht auf die besondern Umstände mit einem tiefen Blick in die innern Verhältnisse der Verfassung des Artillerie-Corps und mit einem großen Fond von practischen Kenntnissen entworfen und nach den besondern Umständen der Monarchie eingerichtet ist. Die Vereinfachung der Geschütze in Euer Majestät Armeen, nemlich die Einführung der sogenannten mitlern 12Ü der und leichten 6Ü der und die Ausschließung aller andern Gattungen von diesen Calibern7 und mehrere Simplificirungen, welche in diesem Plane zuerst festgesetzt sind, haben Euer Majestät Artillerie der Vollkommenheit um ein Großesd näher gebracht, wiewohl diese Waffe in allen Armeen und also auch in allerhöchst Deroselben noch einer großen Vervollkommnung in anderer Rücksicht fähig ist und in der letztern leicht durch Benutzung der Einsichten der Officiere des Corps erhalten kann.6
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5
6
7
Die folgenden zwei Wörter im Konzept gestrichen. Im Konzept verändert aus „ Merkliches Im Konzept folgt hier die eigenhändige Unterschrift „Scharnhorst." Anscheinend wurde dieser Aufsatz nicht überliefert, sofern es sich nicht um eine Denkschrift speziell zum Einsatz der Scharfschützen handelt, etwa den „Unterricht für die Scharfschützen" oder „Einige allgemeine Ideen von der Anwendung der Scharfschützen und Divisionen des 3ten Gliedes in Beyspielen" (Nr. 270 bzw. 271 im zweiten Band). Das bezieht sich vielleicht auf die Denkschrift „Von den Vorzügen der Abtheilung einer Armee in Armee-Divisionen", Nr. 313 im zweiten Band. Mutmaßlich ein Bezug auf die Beendigung des 2. Koalitionskrieges durch die Friedensverträge von Luneville (9. Februar 1801) und Amiens (25. März 1802). Man vergleiche dagegen Scharnhorsts Beschreibung der preußischen Artillerie gegen Ende der Regierung Friedrichs II. (Nr. 23 im ersten Band). Damals waren bei der Feldartillerie ζ. B. drei verschiedene Zwölfpfündermodelle in Gebrauch.
254
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
73. Denkschrift
[Berlin?, 1802/1803? 1 ]
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 196 fol. 17r-40r (43V2 S.): Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen. Früheres Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen, Fragment: ebda., fol. 66r-67v (4 S.); Abschrift, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen, Fragmente: ebda. Nr. 216 fol. 56v-r, 57r-v, 58r-v (6 S.).a Stärke und Organisation der Artillerie einer in Divisionen unterteilten Armee. § 1. Gegenwärtiger preußischer Etat. § 2. Notwendigkeit reitender Artillerie bei allen Unterabteilungen. § 3. Erfordernis vermehrter reitender Artillerie für das preußische taktische System. § 4—6. Das französische Beispiel. Gründe für Vermehrung der reitenden Artillerie. Unzulänglichkeiten der Regiments- und Fußartillerie. § 7. Historischer Rückblick auf Versuche zur Erhöhung der Beweglichkeit der Artillerie. Verwirklichung nur durch reitende Artillerie. § 8-9. Durchführung der Vermehrung der reitenden Artillerie. $ 10. Resultate hei verschiedenen Reorganisationsplänen. Den 23sten April 1802 So wie es abgeshikt.b Ueber die Stärke und Vertheilung der Artillerie bey [vier?] c in Divisionen oder Corps getheilten Armeen. § 1. Uebersicht des Bestandes der Feldartillerie, welche die preußischen Armeen führen. Wenn man sich eine preußische Armee in Corps getheilt vorstellt, von denen jedes 2 Brigaden Linien-Infanterie und 5 Escadronen stark ist, und von derer übriger Cavallerie Reserven formirt sind, jede zu 20 bis 25 Escadronen, so wird, wenn jede derselben 1 Batterie reitender Artillerie erhält und hernach noch die Reserve-Corps, die Avantgarde und die Vorposten mitd dieser Gattung von Geschütz besetzt werden, für die Corps, welche die eigentliche Armee ausmachen, bei unserm jetzigen Mobilmachungs-Etat nichts übrig bleiben. Dagegen wird jedes Corps 2 Batterien 12 Й der außer den 16 Stücken Regiments-Artillerie, welche bey 2 Brigaden sich befinden, bekommen
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Offenbar jünger als die Vorlage, da einige der in dieser vorgenommenen Abänderungen hier bereits inkorporiert sind. Dazu gehört mutmaßlich das eigenhändige Titelblatt fol. 55r: „ Veränderungen in dem ersten Aufsatze." Dieser eigenhändige Vermerk paßt nicht mit der Präzisierung von „ letzten HerbstManoeuver" zu „Herbst-Manoeuver 1802" in § 5 (vgl. Anm ac) zusammen. Es liegt also nahe, daß es sich bei einer der beiden Jahreszahlen um einen Schreibfehler handelt. Mutmaßlich ist entweder hier der 23. April 1803 gemeint oder in § 5 wird das Herbstmanöver 1801 erwähnt. Das Wort ist durch Abrieb kaum noch lesbar. Statt „ mist". Aufgrund der Veränderung der Erwähnung des Herbstmanövers von 1802, vgl. Anm. b.
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und es wird, wenn man das Verhältniß der reitenden Artillerie gegen die zu Fuß berechnet, sich finden, daß die letztere 5mal stärker als die erstere ist. Wäre die preußische Macht in 4 Armeen getheilt, so würde jede 36 Bataillons Linien-Infanterie, 6 Bataillone Füseliere und 62 Escadronen Cavalerie ausmachen. 2 Die Linien-Infanterie würde 9 Brigaden, jede zu 4 Bataillonen, formiren. Bestände nun die Haupt-Armee aus 6 Brigaden, welche 3 Divisionen oder Corps formirten, wenn man jedem 5 Escadronen Cavalerie zugebe, so blieben noch 2 Brigaden zur Avant-Garde und 1 Brigade zur Reserve übrig. Bey diese Armee würden nach unserm Etat 3 2 / 3 Batterien reitende Artillerie kommen. Rechnete man 1 Batterie bei das Reserve-Corps, 1 Batterie bei die Avant-Garde, 1 bei die Cavalerie-Reserve und 2 / 3 Batterien bei die Vorposten, so bleibt für die Haupt-Armee, d. i. für die 3 Divisionen oder Corps, keine Reitende Artillerie übrig. e
§ 2. Ueber die Nothwendigkeit. in jeder Abtheilung der Schlachtordnung reitende Artillerie zu haben. f Ein jedes Corps 6 muß, wenn es auch nicht abgesondert stehet, sondern einen Theil der Haupt-Armee ausmacht, dennoch seine eigene reitende Artillerie haben. 1. dient sie demselben11 zur Reserve und begiebt sich dann erst, wenn im Verlauf der Action der Feind unerwartet an irgend einem Puncte stark auf- oder gar durchdringt, dorthin, um sich ihm schnell und unerwartet entgegen zu stellen.
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Zwischen dem Ende des § 1 (fol. 17v) und dem nun einsetzenden Text wurde offenbar mindestens ein Blatt Konzept entfernt. Zu Beginn von fol. 18r steht noch gestrichen der Rest des letzten bei der Redaktion entfallenen Paragraphen: „große Summen während des Krieges, daß sie die größte Aufmerksamkeit verdient und ihrer Vollkommenheit soviel als möglich näher gebracht werde." Der Titel verändert aus dem gestrichenen „§ 4. Ueber die reitende Artillerie einer Division. " Der anschließende Absatz wurde mehrmals umgeschrieben. Hierbei wurden die letzten beiden Wörter bereits zuvor gestrichen; diese und die folgenden zwei vermerkten Abänderungen (vgl. Anm. g und h) sind in der Reinschrift Nr. 70 bereits berücksichtigt (vgl. deren 4). Für die vorliegende Denkschrift hat Schamhorst hier, fol. 18r-22v, einen Teil des Konzepts von Nr. 70 wiederverwendet. Folgt gestrichen: „ oder jede Division (von 2 Infanterie-Brigaden und einiger Cavalerie) Verändert aus „ bei denselben
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Diese Werte entsprechen besser den tatsächlichen Gegebenheiten als die entsprechenden in der Denkschrift Nr. 70, da hier jeder Division (jedem „Corps") 5 statt 10 Eskadronen zugeteilt sind. Vgl. Anm. 5 zu Nr. 70. Die preußische Kavallerie bestand nach dem Etat von 1802 aus 13 Kürassierregimentern (65 Eskadronen), 13 Dragonerregimentern (75) und 11 Husarenregimentern (110), also insgesamt 250 Eskadronen.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Wenn das Corps 1 angreift und die Batterien zu Fuß eine Zeitlang gefeuert haben und nun die Bataillone auf den Feind los gehen, so jagt die reitende Artillerie neben ihnen vor und unterstützt den entscheidenden Angriff. Sie kann wegen ihrer größern Geschwindigkeit dies weit besser als die Artillerie zu Fuß ausführen. 2. Ferner ist die reitende Artillerie bei jedem Corps unentbehrlich, wenn die Truppen schnell beträchtliche Weiten vorrücken, durch Gebüsche, über Berge u. s. w. gehen, wo das Geschütz einen andern und weitern Weg nehmen und defiliren muß. Hier kömt die reitende Artillerie bald wieder bei den Truppen an, statt sie zu Fuß zurückbleibt und hernach mit Leuten, die außer Athem sind, agiren muß. 3. Endlich ist die reitende Artillerie bei jedem Corps auch auf dem Rückzüge von großen Nutzen; hier bleibt sie im Feuer, damit erst die Artillerie zu Fuß und die Infanterie zurückkömmt, und dann jägt sie schnell ihnen nach, ohne von Feinde so leicht eingeholt oder abgeschnitten zu werden. Dieser Gebrauch ist sehr wichtig, indem nur Cavalerie und reit. Artillerie sich ganz zu den Arrier-Garden eignen. Ein oder zwey der hier angeführten drey Fälle des Gebrauchs der reitenden Artillerie kommen in jeder Affaire vor, und man kann daher sagen, daß einem jeden Corps die reitende Artillerie unentbehrlich ist, daß es im Verlauf der Affaire sehr in seiner Stärke verlieren würde, wenn es' statt derselben bloß mit Artillerie zu Fuß versehenk wäre.1 § 3. Noch einige Betrachtungen über das Verhältniß der reitenden Artillerie zu der zu Fuß."1
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Verändert aus „ die Division entprechende Änderungen wurden auch in der Folge bei der Verwendungen von „ das Corps" oder „jedem Corps" vorgenommen. Der Rest des Satzes verändert aus „sich derselben beraubt sähe" (so noch in Nr. 70). Das Wort in der Vorlage versehentlich doppelt. Folgt ein Vermerk für den Kopisten: „(§ 3 folgt) danach noch vier Absätze, die bereits vor Anfertigung der Reinschrift Nr. 70 gestrichen wurden: „im Verlauf der Action es sehr in seiner Stärke verliehren würde, wenn es sich derselben beraubt sähe. Es ergiebt sich übrigens hieraus, daß die reitende Artillerie nicht allein bey der Cavalerie von Nutzen ist, sondern daß ihr eigenthümlicher Gebrauch auch auf die Infanterie sich erstrekt. Aus diesem Grunde haben die französischen Armeen auf jede Division eben soviel reitende als Artillerie zu Fuß. Uebrigens ist hier der besondere Gebrauch, den die Divisionen von der reitenden Artillerie machen können, nicht angeführt und für einen andern Aufsatz bestimmt." Noch vor Anfertigung der Reinschrift Nr. 70 verändert aus „§ У Einige Betrachtungen über das Verhältniß der reitenden Artillerie zu der zu Fuß im Allgemeinen." Entsprechend auch der folgende Paragraph umnumeriert von „§ 6" zu „§ 4."
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Die Vermehrung der reit. Art. scheint ein Gegenstand von der äußersten Wichtigkeit bei den preußishen Armeen zu seyn. Niemand kann leugnen, daß bey einer sehr geübten Armee, welche durch ihre geschwinden Bewegungen, durch ihre Geschicklichkeit im Manoeuvriren und in der Benutzung der besondern Umstände den Sieg zu erhalten trachtet, die reitende Artillerie nicht sehr große und sehr wesendliche Vortheile vor die zu Fuß habe. Ich beziehe mich hier in Rücksicht des Beweises dieser Behauptung auf die beigelegte kleine Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie. 3 Die preußische Tactik, die Vorzüge der preußischen Armee, Bewegungen im Großen geschwind ausführen zu können, fordert eine größere Geschwindigkeit von der Artillerie, als die zu Fuß zu leisten vermag. Der Grundsatz der preußischen Armeen, entscheidende Angriffe auf gewissen Puncten schnell auszuführen, verlangt beym Einbrüche geschwinde und kraftvolle Beihülfe von der Artillerie, wozu nur die reitende dienen kann. Immer siegt die preußische Armee durch Kunst; in den ersten schlesishen Kriegen durch die Disciplin und Elementar-Tactik, im 7jährigen durch die Geschicklichkeit im Manoeuvriren, durch die angewandte Tactik und den Geist des großen Königs, und noch in diesem Revolutions-Kriege war sie die einzige, welche durch schnelle Front-Veränderungen in der Schlacht bey Pyrmasens (1793) und durch ein geschicktes Zusammentreffen mehrerer Colonnen in der Schlacht bei Kaiserslautern (1794) da den Sieg erhielt, wo andere Armeen unter ähnlichen Umständen immer durch ihre Ungeschicklichkeit geschlagen wurden. Diese Armeen haben also einen unwidersprechlichen Vorzug in der Geshwindigkeit ihrer Manoeuver und bedürfen demnach einer eigenthümlichen Einrichtung ihrer Artillerie, oder vielmehr sehr viele reitende. Andere, welche gewöhnlich auf der Stelle, wo sie aufmarshiren oder lagern, sich schlagen oder doch den Angriff nur langsam ausführen können, welche nicht in großen Manoeuvren geübt sind, haben das" Bedürfniß der reitenden Artillerie nicht in dem Grade wie die preußischen. Wer die einzelnen Umstände des 7jährigen Krieges studirt und sich bemühet hat, die ersten Quellen des glücklichen oder unglücklichen Erfolgs aufzusuchen, wird gestehen müssen, daß Friedrich der 2 й , sowohl bei seinen Angriffen selbst, als auch nach dem glüklichen Erfolg derselben, nur seilten gut von seiner Artillerie unterstützt wurde; bey Kunersdorf kostete ihm dieser Mangel sogar den schon in Händen habenden Sieg. " 5
Eigenhändig verändert aus „ Andere, welche gewöhnlich auf der Stelle sich schlagen, welche nicht in großen Manoevren geübt sind, haben kein". Vgl. Nr. 64.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Nur von der reitenden Artillerie hätte er eine seiner Tactik angemessene Hülfe in der Ausführung seiner großen Plane erhalten können. Die zu Fuß konnte mit aller ihrer Tapferkeit und gutem Willen dies nicht leisten. Die vornehmste Ursach der Verkennung des Werths und der großen Vorzüge der reitenden Artillerie liegt wohl mit darin, daß man sie nur als eine Unterstützung der Cavalerie und nicht als eine leichte Artillerie fürs Ganze ansiehet.0 Sie ist sehr innig mit den feinern Anordnungen der Tactik und Strategie verbunden und giebt beiden p Mittel an die Hand, viele wichtige Plane auszuführen, welche ohne ihre Hülfe unausführbar sein würden. Dies alles wird in einer Abhandlung über den Gebrauch der reitenden Artillerie, welche ich jetzt ausarbeite, ausführlich gezeigt werden. § 4. Fortsetzung. Außer denjenigen, was die Natur der Sache lehrt, darf ich hier noch für die Vermehrung der reitenden Artillerie auf das Beispiel der französischen Armee anführen. Es fehlte ihnen bei dem Anfange des Revolutions-Krieges diese Gattung von Artillerie gänzlich. Gleichwohl brachten sie dieselbe bis auf 12 Regimenter. Schon in dem glüklichen Feldzuge, in dem Bonaparte das erste Mal Italien eroberte, war der Etat bey jeder Division (das heißt bei 6 Bataillonen Linien Inf. nebst der verhältnißmässigen Cavalerie u. leichter Infanterie) 3 Batterien reitender Artillerie, jede zu 6 Stücken, neben 3 gleich starken zu Fuß zu haben; außerdem hatten die großen Cavalerie-Reserven noch ihre Batterien. Wodurch dann die reitende Artillerie bei einer französishen Armee weit zahlreicher als die zu Fuß wurde. Wenngleich da, wo man selbst untersuchen und beurtheilen kann, die Autorität nie zum Argument aufgestellt werden darf, so verdient sie doch immer eine besondere Aufmerksamkeit, zumal bei einer Nation, die mit so vieler Geschicklichkeit und Glück Krieg führte und deren GeschützEinrichtung immer unter die beste[n] in Europa gezählt wurde. Auch ist es nicht zu leugnen, daß die französischen Armeen mit einer Schnelligkeit agirten, von der wir recht wenige Beispiele in der Geschichte haben; sie kamen uns 4bei Mouscron und in mehreren andern °
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Das Satzende eigenhändig verändert ans „eine Unterstützung der Cavalerie an sich ansah." Es folgt gestrichen: „Dieser Gesichtspunkt ist nicht allein, wie schon im § gezeigt, falsh, sondern führt auch zu großen Fehlern, welche dem eigenthümlichen Gebrauche der Cavalerie sehr schaden können. Die reitende Artillerie wird, wenn man sie zweckmäßig anwendet, neben allen Gattungen von Truppen gebraucht. Die kleine, hier beigelegte, schon erwähnte Abhandlung über die eigentümliche Anwendung derselben wird über diese Bemerkung nähere Auskunft geben." Verändert aus „ giebt diesen beiden Künsten Hier setzt ein im Fragment der Abschrift überlieferter Teil des Textes ein (Faszikel Nr. 216 fol. 56v-r). In der Vorlage wurde dieser Absatz von Scharnhorst eigenhändig hinzugefügt.
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Schlachten immer mit dem Angriff zuvor; noch bei Hohenlinden war dies der Fall, man lese nur den schönen Bericht von Dessolle. Man kann also für eine zahlreiche reitende Artillerie bei der preußischen Armee 4 r Gründe anführen. 1. Den, daß sie bei fast allen Vorfällen des Krieges einen großen und wesendlichen Vorzug vor die zu Fuß hat. Den Beweis enthält die schon einmals erwähnte beigelegte Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch derselben. 2. Ein anderer Grund für eine zahlreiche reitende Artillerie bei den preußischen Armeen fließt aus ihrem System der Tactik und Strategie. Sie können' nur durch die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen, nicht durch die Anzahl, den Sieg erhalten; sie haben diesen Vorzug vor ihren Nachbaren und bedürfen, um rechten Gebrauch davon zu machen, von dem Geschütz eine rasche Unterstützung, welche nur die reitende Artillerie leisten kann. u 3. Sie haben in Verhältniß ihrer Stärke weit mehrere Cavalerie als andere Armeen und ganz gewiß die mächtigste in Europa; selbst die französishe Cavalerie ist nicht viel zahlreicher als die preußische. Sie bedürfen also die Art von Artillerie, welche diese Waffe zu ihrer Unterstützung erfordert. 4. Der 4 K Grund, v welcher für eine starke" reitende Artillerie angeführt werden kann, ist der Gebrauch, den die Franzosen davon gemacht haben. Sie vermehrten sie bis über die Anzahl der zu Fuß, ohngeachtet es ihnen an Pferden fehlte, ohngeachtet ihr Kriegestheater nicht so viele offene Gegenden hat wie das, wo die preußischen Armeen dereinst Krieg führen möchten; sie fanden in den vielen Feldzügen, die sie machten, nicht, daß sie ihre Anzahl über die Gränzen ausgedehnt hatten, denn sie vermehrten sie noch immer, bis ans Ende des Krieges."
Verändert aus „3", als der unten mit „3" numerierte Absatz hinzugefügt wurde. Verändert aus „ mehrmahl", in der Abschrift steht unverändert „ mehrmahl". ' Verändert aus „Sie kann" (auch die folgenden Verben vom Singular zum Plural). In der Abschrift wurde der Absatzwechsel hier eigenhändig beseitigt. " Der hier einsetzende Absatz wurde hier und in der Abschrift eigenhändig hinzugesetzt, dabei wurden die in der Abschrift (fol. 56v) vorgenommenen Abänderungen in Faszikel Nr. 196 fol. 22v bereits berücksichtigt. Ώ Der Beginn des Absatzes verbessert aus „3. Der Grund," ebenso in der Abschrift. w Verändert aus „ zahlreiche ". * Bis zum Ende der Seite (fol. 22v) folgt noch ein Teil der ursprünglichen, bereits vor Erstellung der Reinschrift Nr. 70 gestrichenen Fortsetzung (von der sich aber in Faszikel Nr. 216 fol. 56r keine Spur mehr findet): „ Wie muß aber das Verhältniß der reitenden Artillerie zu der zu Fuß seyn, wenn es den besondern Umständen angemessen sein soll? Diese Frage enthält viel Problematisches und läßt sich nicht bestimmt beantworten; nur dies kann nicht in Zweifel gestellt werden, daß das Verhälntiß der Fuß-Artillerie zu der reitenden wie 5 zu 1 nicht der jetzigen". r
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
§ 5. Die preußischen Armeen bedürfen überhaupt, vorzüglich aber bei der jetzigen Organisation der Artillerie, einer Vermehrung' der reitenden Artillerie. Es ist schon oben erwähnt, daß der" Geist der Offensive, welcher in den preußischen Armeen herrscht, daß die Kühnheit und Geschwindigkeit ihrer Manoeuver, daß der bei ihr herschende Grundsatz, ab von jedem Fehler des Feindes, jedem günstigen Umstände im ersten Moment zu profitiren, eine schnelle Artillerie erfordern, welche selbst im feindlichen Feuer mit Ordnung und Geschwindigkeit manoeuvriren könne. Es ist zu erwarten, daß die Fuß-Artillerie, nemlich die Batterien, hierin, wenn erst bespannte Exercier-Batterien eingerichtet sind, alles leisten werden, was nur bei der Gattung des Geschützes, aus den sie bestehen, geleistet werden kann; die große Thätigkeit und der seltene Diensteifer, durch welche die Officiere des Artillerie-Corps sich auszeichnen, verbürgt diese Hoffnung. Hierbei ist aber zu bedenken, daß der größte Theil der Fuß-Artillerie (welcher aus 12ίέern und ΙΟΪέdigen Haubitzen bestehet) keine große Manoeuvrir-Fähigkeit zuläßt und daß dieselbe nur von den wenigen 6 Η digen Reserve-Batterien einigermaßen und von der Reitenden-Artillerie vollkommen zu erhalten ist. Diese Behauptung verdient aber eine nähere Auseinandersetzung. I. kömmt hier die Regiments-Artillerie in Betracht. Von ihr darf man keine Manoeuvrirfähigkeit erwarten, weil sie nicht in Friedenszeiten mit Pferden exerciren kann. Daß sie diesen Fehler, wenn sie mobil gemacht wird, durch fleißiges Exerciren abhülfe, hat viel Schwierigkeiten und ist nicht wahrscheinlich. Einen Beweis, daß es nicht geschiehet, kann die Artillerie der schlesischen Bataillone in dem Herbst-Manoeuver 1802ac geben. Welch eine Verschiedenheit zwischen ihr und den beiden Batterien Reitender-Artillerie, ohngeachtet diese nur erst (wegen der Kürze der Zeit) eine geringe Vollkommenheit in Vergleich der jetzigenad erhalten hatten! Man würde etwas unmögliches verlangen, wenn man von der Regiments-Artillerie bei ihrer jetzigen innern Einrichtung fordern wollte,
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Hier beginnt ein neues Blatt (fol. 23r), das nicht zum Konzept für die Reinschrift Nr. 70 gehört hat. 7 Verändert aus „ eine ansehliche Vermehrung" (so noch in der Abschrift). " Mit diesem Wort endet das erste Fragment der Abschrift (fol. 56v-r). "b Verändert aus „ daß der Geist, welcher in den preußischen Armeen herrscht, daß die Kühnheit ihrer Manoeuver, der bei herschende Grundsatz der Offensive, die Kunst". " Verändert aus „ dem letzten Herbst-Manoeuver". ad Verändert aus „ Batterie, welche nachher aus Westphalen kam ".
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daß sie im feindlichen Feuer (zumal in Batterien zusammengezogen) wie die reitende Artillerie mit Ordnung und Geschwindigkeit agiren sollte. Die reitende Artillerie hat daher vor der Regiments-Artillerie, ohne viele andere, zwey wesendliche Vorzüge: sie kann erstlich geschwinder einen Weg zurücklegen, d. i. geschwinder den Truppen folgen, und zweitens im feindlichen Feuer mit Ordnung und Geschwindigkeit manoeuvriren. II. Nun ist noch der Vergleich mit den Batterien zu Fuß anzustellen. Diese Batterien, welche von dem Artillerie-Corps besetzt sind, werden, wenn erst die Exercier-Batterien eingerichtet sind, den Vortheil haben, daß die Officiere und Mannschaft lernen, wie mit Pferden manoeuvrirt wird. Es wird aber dem ohngeachtet zwischen diesen Batterien und der reitenden Artillerie immer ein sehr großer Unterschied statt finden, denn 1) werden nicht ihre Knechte geübt, und nicht ihre Pferde an den Schuß gewöhnt seyn, weil sie in Frieden keine haben, wie dies bei der Hälfte der reitenden Artillerie der Fall ist; 2) wird die Schwere der 12fedgen Geschütze und die Art, sie mit Munition zu versehen," der Manoeuvrirfähigkeit große Hindernisse in den Weg legen, von welchen folgende vorzüglich in Betracht kommen; erstlich die größere Schwierigkeit des Auf- und Abprotzens, zumal in sandigten Terrein, auf tiefen Aeckern u.s.w., wo die Leute den e H d t r ^ der reit. Artillrie oft noch umdrehen können, wenn dies bei den 12ίέ dern ihnen unmöglich wird; zweitens der Embaras, welcher durch die größere Anzahl von Pferden, mit denen der 12f£ der bespannt ist, bei jeder Gelegenheit entstehet; drittens die Nothwendigkeit, beständig hinter jeder 12Üdigen Canone einen Wagen mit Munition zu haben, da das Canon auf der Protze keine führt; viertens die Unmöglichkeit, den 12U der auf weichen Boden da durchzubringen, wo der beinahe nur halb so schwere 6 h der der reit. Artillerie durchkömmt; fünftens der größere Aufenthalt, welcher bei Passirung von Gräben, steilen Bergen u. s. w. bei den 1 2 B der in Vergleich des Aufenthalts entstehet, welcher bei dem beinahe um die Hälfte leichtern 6ίέ d[e]r reit. Artillrie statt findet. III. Endlich hat die reitende Artillerie noch große und nicht zu berechnende Vorzüge in Absicht der Manoeuvrirfähigkeit dadurch vor die zu Fuß, daß die Mannschaft beritten ist. Vorzüglich diese Einrichtung,
Verändert aus „2) wird die Schwere des Geschützes und die Art, es mit Munition zu versehen, bei den 12Ü digen Batterien, welche doch hei weitem den größten Theil der Batterie zu Fuß ausmachen "f Die folgenden drei Wörter hinzuzugefiigt (ebenso bei den nächsten beiden Nennungen), mutmaßlich weil die reitende Artillerie ein anderes Modell führte als die mit Sechspfündern ausgestatteten Reservebatterien zu Fuß.
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welche erst der Artillerie diejenige Eigenshaft mittheilt, welche die jetzige Tactik von ihr fordert, sind in den beiliegenden Aufsatz über den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie überzeugend dargethan.*6 Aus diesen Betrachtungen folgt, daß selbst die wenigen vorhandenen 6 Ii digen Fuß-Batterien nicht die Manoeuvrirfähigkeit der reitenden Batterien erhalten können und daß bei 12 U digen aus den 5ah verschiedenen angeführten Ursachen dies noch weit weniger der Fall seyn kann.21 Will man von den eigenthümlichen Vortheilen der 12Ü der Nutzen ziehen, will man das Uebergewicht genießen, welches sie einer Armee in entfernten Canonaden überhaupt und dem Theil, welcher sich angreifen läßt, insbesondere gewähren, ohne sich dabei anderweitigen großen und wesendlichen Nachtheilen auszusetzen, so darf es weder bei den Angriffen noch in andern Punkten der Schlachtordnung, wo Bewegungen, wo Manoeuver im feindlichen Feuer gemacht werden müssen, an reitender Artillerie fehlen. Es würde bedenklich seyn, die ganze Linie nur bloß mit dem schwersten Geschütz, welches jetzt von irgend einer Armee in Europa ins Feld geführt wird,*' zu versehen, wenn man es nicht mit dem manoeuvrirfähigsten unterstützte, und das System, keine andere Batterien als 12fodige in der Linie zu haben, kann nur seinen großen Zweck entsprechen, wenn eine zahlreichere reitende Artillerie sie unterstützt. an ihre Stelle tritt, wo es auf Geschwindigkeit, auf Manoeuvrirfähigkeit im feindlichen Feuer, auf Bewegbarkeit in schlechtem Terrein u. s. w. ankömmt. § 6. Fortsetzung. Wenn man die Resultate der vorigen §§ zusammen nimt,ak so fällt es in die Augen, daß die preußische Armee aus 4al verschiedenen sehr wichtigen Gründen eine zahlreiche reitende Artillerie (d. i. eine Vermehrung derselben) bedarf.
Dieser Absatz eigenhändig hinzugefügt. Es folgt eigenhändig und gestrichen: „ Die Vorzüge, welche von der reit. Artillerie eben genannt sind, gehören nicht zu den Eigenthümlichkeiten der reit. Artillerie, sondern sind eine Folge der mechanishen Einrichtung des Geschützes und der Bespannung desselben in Friedenszeiten, und diese Vorzüge würden die 6b, digen Fußbatterien bekommen, wenn sie bis zur Hälfte bespannt wären." ah Verändert aus „ 7". Folgt gestrichen: „ indem bei ihnen es aus phisischen Ursachen unmöglich ist." "ι Eigenhändig verändert aus „ welches jetzt in Europa ins Feld geschickt wird". ak Mit einem Bruchstück dieses Verbs („sammennimt") beginnt das zweite Fragment der Abschrift (fol. 58r-v). Hier und in der Abschrift verändert aus „3", wegen des in der Folge als „3hinzugefügten Absatzes. ag
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1. Wegen des Geistes der Tactik, der in ihr herrscht. 2. Weil sie von ihren Fußbatterien, da sie größtentheils aus 12federn bestehen, keine große Manoeuvrirfähigkeit erwarten darf"" und die innere Verfassung der Regiments-Artillerie diese eben so wenig hoffen läßt. 3. Weil sie eine außerordentlich zahlreiche Cavalerie hat."1 4. Wegen der großen Vortheile des eigenthümlichen Gebrauchs der reitenden Artillerie, welche bisher nur die französischen Armeen ausschließend genossen haben und welche noch nicht allgemein anerkannt sind. Die Einwendung, welche man gegen den Gebrauch der reitenden Artillerie in der Linie beim Angriff wegen der größern Anzahl ihrer Pferde macht, ist schon in der beiliegenden Abhandlung über den eigenthümlichen Gebrauch der reitenden Artillerie § 9 widerlegt; wobei aber noch bemerket werden muß, daß nach den angegebenen Grundsätzen des Gebrauchs der reitenden Artillerie dieselbe beim Angriff auf keine Weise zu anhaltenden Canonaden, sondern zu schnellen Entscheidungen und kurzen Distanzen bestimmt ist.ao § 7. Versuche der größten Feldherrn, dem Geschütze eine größere Bewegbarkeit zu geben, endliche Erreichung des vorgesetzten Zweks durch Einführung der reitenden Artillerie.ap Um sich in den ersten Gesichtspunct zur Beurtheilung des Werths der reitenden Artillerie zu stellen, muß man sich die vielen Versuche, welche in der Artillerie überhaupt gemacht worden sind, um das Geschütz bewegbarer zu machen, ins Gedächtniß zurückrufen. Gustav Adolph, welcher zuerst eine Feldartillerie im eigentlichen Verstände einführte, fand bald, daß es höchst wichtig seyn würde, mit der bekannten Wirkung des Geschützes eine größere Bewegbarkeit zu vereinigen. Er ließ Kanonen von schwachem Metall, mit Tauen umwunden und Leder bedeckt, in dieser Absicht anfertigen und führte sie ins Feld, fand aber, daß der Versuch nicht*4 der Absicht entsprach. 4 Nach dieser Zeit wurden manche andere Wege zur Erreichung jenes Endzwecks eingeshlagen.
"m Statt „dürfen". "" Dieser Punkt eigenhändig hinzugefügt, der folgende entsprechend umnumeriert. Hier (auf fol. 28r) folgt ein eigenhändiger Hinweis für den Kopisten: „ (NB. hier muß § 7 folgen, welcher weiter zurük stehet). "§ 7 steht auf fol. 32r-36r. ap Verändert aus „§ 9. [zunächst „§ 8."] Ueher die Bewevbarkeit der Geschütze in Rücksicht der Einführung der reitenden Artillerie." "> Hier endet das zweite Fragment der Abschrift (fol. 58r-v). 4 Vgl. auch Nr. 47 im ersten Band.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Friederich der Große hatte in dieser Rücksicht vor dem 7jährigen Kriege Kanonen mit Kammern gießen lassen, welche bei einem verhältnißmäßig geringen Gewicht eine gute Wirkung leisteten; die Erfahrung zeigte aber dennoch, daß bey ihrem Gebrauch im Felde Schwierigkeiten entstanden, auf die man bei den Versuchen in Friedenszeiten nicht gekommen war.5 Der Graf von Sachsen hoffte durch leichte Amüsetten das schwerere Geschütz bis zu einem gewissen Grad entbehrlich zu machen; der Herzog von Broglio ließ in dieser Absicht die ordinären 8 it der zu ΙΟΪί der ausbohren; der Graf Wilhelm von der Bückeburg glaubte,ar durch die Verminderung des Calibers und eine zum Bewegen mit Menshen besser eingerichtete Laffete einen neuen und glücklichern Weg hier einzuschlagen.6 Das Resultat aller Erfindungen u. Versuche war indes am Ende dennoch, daß durch dieselben das Uebel nur vermindert, aber im wesendlichen nicht abgeholfen werden konnte*5. Die allgemeine Meinung, daß die Artillerie der geschwinden Bewegung der Truppen sehr oft unüberwindliche Hindernisse in den Weg lege, daß sie bei raschen Angriffen und forcirten Märschen zurückbleibe, daß sie oft nicht früh genug dahin gebracht werden könne, wo ihre Wirkung entscheidend seyn würde, blieb noch immer und fand sich nur zu sehr in der Erfahrung bestätigt. Selbst die Regiments-Geschütze, die 800 Ü schweren 3 Ü der, blieben bei der allirten Armee in der Schlacht bei Krefeld 1758 zurück, als die 3 Bataillone auf dem rechten Flügel zu rash vorgingen und nun den Anfall der ganzen Reserve-Cavalerie aushielten; eben dies Schicksal hatte die hannovershe Regiments-Artillerie in der Schlacht bei Minden, als die Infanterie von der französishen Cavalerie angegriffen wurde; auch in der Schlacht bei Vellinghausen fehlte vor dem Spörkschen Corps das Regiments-Geshütz, als dies Corps schnell von Herzefeld herbeieilte und zum Angriff neben der Heerstraße längs der Lippe vorrükte. Man behauptet, Friedrich der 2K sey bei keinem seiner Angriffe von der Artillerie kräftig unterstützt worden. Durch die reitende Artillerie ist aber nun endlich das Problem, dem Geschütz die erforderliche Bewegbarkeit vereinigt mit der möglichst größten Wirkung zu geben, aufgelöset.
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Verändert aus „ hofte ". Folgt gestrichen: „; daß der Nachtheil der geringem Wirkung der erleichterten Geschütze den Vortheil ihrer größeren Bewegbarkeit in einer gewissen Hinsicht überwog." Scharnhorsts frühere Denkschrift über die preußische Artillerie, Nr. 23 im ersten Band, erwähnt bereits diese von Ernst Friedrich von Holtzmann konstruierten Geschütze. Zu der von Wilhelm von Lippe-Schaumburg-Bückeburg entwickelten Falkonettslafette vgl. z.B. Nr. 85 im zweiten Band.
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Soll (man verzeihe hier einige Wiederholungen)" ein Theil der Linie unterstützt oder ein wichtiger Poste besetzt werden, so braucht die reitende Artillerie nur die Hälfte bis den 3 101 Theil der Zeit, um ihn zu erreichen, welchen die Artillerie zu Fuß dazu bedarf; greift man den stehenden Feind an und feuert man mit der Artillerie auf ihn, während unsere Truppen vorgehen, so holt die Fuß-Artillerie, wenn die Truppen einen bedeutenden Vorsprung haben, sie nie oder doch nur spät wieder ein. Ganz anders ist es aber mit der reitenden, sie braucht, um den zurückgebliebenen Weg nachzukommen, nur den З1™ Theil der Zeit, welcher bei jener erforderlich ist. Passiren unsere Truppen Hecken, Gräben, Berge, welche das Geschütz in der Bewegung aufhalten, oder gehen sie durch ein dem Geschütz ganz impractikabeles Terrein, durch Gehölze u.s.w., und muß dasselbe also andere Wege nehmen und Detours machen, so holt die reitende, sich 3mal geschwinder bewegende, Artillerie die Truppen bald wieder ein, statt die zu Fuß nun vielleicht in dem entscheidensten Augenblike nicht da ist, wo ihre Wirkung von der größten Wichtigkeit seyn würde. Man kann behaupten, daß fast kein Fall im Kriege statt findet, wo sich nicht der Vorzug der reitenden Artillerie vor die zu Fuß auf eine ganz in die Augen fallende Art zeigte, und ich verweise hier auf die beigelegte Abhandlung über den eigent ü m l i c h e n Gebrauch derselben. Diese Gattung von Artillerie muß daher aus einem neuen Gesichtspuncte betrachtet werden; sie ist nicht bloß zum Gebrauch bey der Cavalerie bestimmt, sondern ein allgemeiner Bestandtheil der Schlachtordnung; sie muß immer der Artillerie zu Fuß zur Seite stehen, um da eintreten zu können, wo es dieser an Bewegbarkeit fehlt. Die Absonderung der Feld- von der Belagerungs-Artillerie war der erste Schritt in unsern Tagen zu Vervollkommnung jener, die Einführung der zweckmäßigem Uebung und die Vermehrung der reitenden ist der 2 Ц . Die preußischen Armeen haben die Ehre, diese Waffe zu erst geführt und zweckmäßig eingerichtet zu haben; die französischen Armeen haben gezeigt, wie man bei allen übrigen Waffen von ihr einen großen, ihr eigenthümlichen Vortheil ziehen kann. Die Franzosen hielten es nicht unter ihrer Würde, diese den preußischen Armeen eigene Einrichtung zu entlehnen, sie decretirten dies öffentlich in ihrer National-Versammlung; die Klugheit erfordert, auf dies Verfahren, wodurch die Römer ihre Vorzüge in der Krieges-Kunst so lange behaupteten, höchst aufmerksam zu seyn. Auch die Franzosen glaubten im Anfange nicht, den Gebrauch von der reitenden Artillerie machen zu können, zu dem nachher die Umstände sie führten, man lese nur ihre ersten Conferenzen über die Bestimmung
"
Die Parenthese eigenhändig
hinzugefügt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) derselben in d e m Precis des E v e n e m e n s militaires v o n d e m General M . D u m a s . 7 D i e Imagination stellt sich die Vorfälle des Krieges i m m e r u n v o l l k o m m e n dar; der gebildetste Krieger k ö m m t nur erst in d e m Laufe der F e l d z ü g e auf d e n rechten Gebrauch seiner erlangten K e n n t nisse, s o w o h l in Rücksicht der Einrichtung der A r m e e n als des G e brauchs der verschiedenen Waffen. a u
§ 8. U e b e r die A u s f ü h r u n g dieser Vermehrung. Sollten diese Betrachtungen einiger A u f m e r k s a m k e i t für w e r t h geachtet w e r d e n , s o frägt es sich, w i e eine Vermehrung der reitenden Artillerie ausgeführt w e r d e n könnte? War es die h ö c h s t e A b s i c h t , das Artillerie- i V Corps überhaupt z u verm e h r e n / " s o w ü r d e m a n seinen Z w e c k s h o n z u m Theil erhalten, w e n n diese Vermehrung b l o ß in reitenden Batterien bestände. E i n ander nicht sehr schwieriger W e g w ü r d e darin bestehen, daß m a n ax eine g e w i s s e A n z a h l der 12Й digen Batterien eingehen ließe. H i e r durch w ü r d e man s o viel Artilleristen, Pferde u n d Knechte erhalten, als zur A u s r ü s t u n g mehrer reitender Artillerie erfordert würde. a y Es wäre z u w ü n s h e n , daß man die reitende Artillerie mit 6 az Batterien vermehren
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Der Rest dieses Blattes (fol. 36v und drei Viertel vonfol. 36r) blieb unbeschrieben. Der Text wird fortgesetzt auf fol. 28r. Hier setzt das dritte Fragment der Abschrift (fol. 57r-v) ein. In der Vorlage verändert aus „ Sollte das Artillerie-Corps überhaupt vermehrt werden Der Rest dieses Satzes verändert aus: „ von den jetzigen 36 Batterien 12 Ü der 6 Batterien und von jedem Bataillon eine Regiments-Canone eingehen ließe," in der Abschrift aus „ von den jetzigen 12b, digen Batterien 6 Batterien und von jedem Bataillon eine Regiments-Kanone eingehen ließe." Dieser Satz hier und in der Abschrift verändert aus dem konkreteren „Hierdurch würde man nicht allein so viel Artilleristen, Canonen, Pferde und Knechte erhalten, als zur Ausrüstung von 12 Batterien reitender Artillerie erfordert würden, sondern es würde auch noch hierbei eine Ersparung eintreten." Verändert aus „12", entsprechend die in der Folge auftretenden Batterie- und Geschützzahlen der reitenden Artillerie auf die Hälfte des vorherigen Werts. In der Abschrift steht dagegen weiter „12 Batterien " und „ 4 Batterien reitender Artillerie, also mit 40 Stücken Matthieu Graf Dumas (1753-1837) hatte nach seiner Teilnahme am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg das Direktorium des Kriegsdepots erhalten und organisierte ab 1789 zusammen mit Lafayette die Pariser Nationalgarde. 1791 wurde er Mitglied des Militärausschusses der Konstituierenden Versammlung. Als gemäßigter Royalist mußte er in die Schweiz fliehen, später ein zweites mal nach Hamburg. 1800 kehrte er nach Frankreich zurück, nach 1805 folgte er Joseph Bonaparte erst nach Neapel, dann nach Spanien. 1809 ernannte ihn Napoleon zu seinem Generaladjutanten, 1812 zum Generalintendanten der Armee. Zuletzt spielte Dumas als Kammerabgeordneter und Organisator der Nationalgarde bei der Julirevolution eine Rolle. Die letzte Ausgabe des von Scharnhorst zitierten Werkes war: Precis des evenements militaires, ou essai historique sur les campagnes de 1799 ä 1814, 19 Bde., Paris 1817-1826 (deutsch 5 Bde., Stuttgart 1820-1825).
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könnte. Alsdann würde, wenn die preußische Macht in 3 Armeen getheilt wäre, jede Armee durch diese Vermehrung mit 2 Batterien reitender Artillerie, also mit 20 Stücken vermehrt, dagegen mit 2 Batterien Fuß-Artillerie b a vermindert werden. Hier fehlten nun freilich 2 b b Brigaden von der Infanterie die 12&> digen Batterien; dieser Nachtheil würde aber nicht groß sein, wenn man diejenigen bc , welche vermöge der Lage des Terrains und ihrer Stellung keinen sehr großen Gebrauch von der Artillerie machen könnten, mit V2 Batterie versehen wollte; überdem würde man auch der Avant-Garde und Reserve den Abgang der 12Ü digen Batterien mit reitenden ersetzen. Die Armee würde im Ganzen nicht allein durch diese Veränderung erleichtert, sondern sie führte auch nun weit weniger Fahrzeuge, und da jetzt bei zwey Armeen bei jeder 7 bd Batterien, und bei einer 6 Batterien reitender Artillerie wären, so würde man auch im Stande seyn (nachdem die Avant-Garde, die große Reserve, die Cavalerie-Reserve und die Vorposten, jedes dieser 4 Corps eine Batterie reitender Artillerie erhalten hätte) jede Brigade der Linie mit V 2 Batterie reitender Artillerie zu versehen, welche ihr so lange zur Reserve diente, als die übrigen Batterien be und die Regiments-Canonen ihr zur Seite ständen und nur erst dann herausginge, wenn diese zurückblieben oder andere unerwartete Fälle sich ereigneten. bf
§ 9.bs Fortsetzung. Nichts stehet der Ausführung dieses Vorschlages mehr, als die Kosten, welche er in Friedenszeiten verursachen wird, entgegen. Denn es müßten 3 Batterien mehr bh als jetzt beritten seyn.
" Zwischenzeitlich zu „mehrern Batterien Fuß-Artillerie" verändert, so noch in der Abschrift. Es folgt gestrichen: „oder mit 16 Stücken, außer den Abgang der halben Regiments-Artillerie ". hh Zwischenzeitlich verändert zu „ einigen so noch in der Abschrift aus „ zweyen ". hc Zwischenzeitlich verändert zu „die 4 Brigaden"; diese Fassung in der Abschrift inkorporiert, dort aber wieder zu „ diejenigen " geändert. hd Verändert aus „9", ebenso die folgende „ 6" aus einer „ 8"; in der Abschrift stehen die älteren Zahlen. he Mit diesem Wort endet das dritte Fragment der Abschrift (fol. 57r-v). Die Formulierung in beiden Fassungen verändert aus „die 12Ü digen Batterien". bf Ab hier ist der Text über die ganze Breite der Seite geschrieben (fol. 30r~31r). Es handelt sich offenbar um das Fragment der Abschrift einer früheren Fassung, die im früheren Konzeptfragment, fol. 66r-67v, erhalten ist. Bei beiden Fassungen steht zunächst gestrichen das Ende des späteren § 13: „[Zie]het man sich mit ihm, wenn der Feind in den recht wirksamen Kartätschschuß kömmt". bs Verändert (mit „ NB.") aus „§ 8." Im früheren Konzeptfragment verändert von „§14." zu„§8." hh Verändert aus „ 5 Batterien mehr". Im früheren Konzeptfragment verändert aus „5" zu „ 6 Batterien mehr" und dann zu „ mehrere Batterien b
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Vielleicht könnte man aber hier auf die Weise helfen, wie es es bei den jetzt berittenen Batterien geschehen ist, und bei jeder Escadron noch ein paarbl Pferde eingehen lassen. Diese Veränderung könnte in den preußischen Armeen keine großeb' Bedenklichkeit haben, den[n] die Cavalerie derselben ist verhältnißmäßig sehr stark, sie verhält sich zum Ganzen beinahe wie 1 : 3 . Bey den französishen Armeen hat das Verhältniß von 1 : 5 statt gefunden und dennoch vermehrte diese Nation die reitende Artillerie bis zu 12, jetzt bestehet sie aus 8, Regimenterbk und ließ die Cavalerie bey ihrem alten Etat. Ob die preußische Armee bei jedem Cavalerie-Regimente 10ы Pferde mehr oder weniger augmentiren muß, wenn ein Krieg ausbricht, wird nicht leicht auf den Gewinn oder Verlust einer Schlacht influiren. Dahingegen die Veränderungen von 6bm Fuß-Batterien in reitende1"1 eine äußerst wichtige Sache hier seyn möchte. Ueberdem muß man hierbey noch bedenken, daß nun 3bo reitende Batterien mehr als nach dem alten Etat marschfertig sind und in dem Stande sich befinden, bei unerwarteten Ereignissen gleich gebraucht werden zu können. Eine andere Schwierigkeit bei der Vermehrung der reitenden Artillerie würde darin bestehen, daß 3bp Compagnien von der schweren Artillerie zur reitenden übergingen, bq welches das 9te, aus 3 Compagnien bestehnde, Bataillon treffen würde. Die Stabsofficiere des 9 Ш Bataillons würden auch bei der reitenden Artillerie erfordert werden, denn diese müßte nunmehr 3br Abtheilunbi
Statt „Paar". > Das Wort in der Vorlage eigenhändig hinzugefügt. bk In der Vorlage eigenhändig verändert aus „ bis zu 12 Regimenter nicht aber im früheren Konzeptfragment. bl Folgt gestrichen: „ oder 20", im früheren Konzeptfragment diese Wörter noch erhalten. bm Verändert aus „12", entsprechend auch im nächsten Satz „3" aus „6". b " Im früheren Konzeptfragment verändert aus „die Veränderung von 12 [verändert aus „10"]Fuß-Batterien in reitende" zu „die Vermehrung der reitenden Artillerie". b ° Verändert aus „6". Im Konzeptfragment verändert aus „drey" zu „6" und dann zu „eine gewisse Anzahl". Dort lautete der Satz ursprünglich: „ Ueberdem muß man hierbei noch bedenken, daß nun drey reitende Batterien immer in einer gewissen Hinsicht marschfertig sind und daß man also durch diese Einrichtung 5 Batterien in den Stand setzt, bei schleunigen Ereignissen gleich gebraucht werden zu können." h f Verändert aus „ 6". Im früheren Konzeptfragment zunächst aus einer nicht mehr klar lesbaren Zahl (wahrscheinlich „5") zu „6", dann zu „mehrere". Durch diese Veränderung wurde auch das ursprüngliche Ende des Satzes hinfällig, der die Frage betraf, daß weitere drei Kompanien aus einem der vier Artillerieregimenter genommen werden müßten. h i Das Satzende nachträglich verändert. Im Konzeptfragment lautete es ursprünglich: „von den[en] außer 3 von dem 9Ш Bataillon 3 [verändert aus „2"] von einem der 4 Regimenter genommen oder neu errichtet werden müßten, so daß also dies in der Folge nur aus 8 Compagnien bestehen würde." br Verändert aus „2,3 oder 4 ". Im Konzeptfragment stand zunächst „ 2 oder 3 oder 4", die ersten beiden Wörter wurden dann gestrichen. h
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gen (Brigaden oder Divisions oder Escadrons) haben und für jede einen Stabsofficier zum Comandeur, welcher unter den gemeinshaftlichen Befehlshaber der ganzen reitenden Artillerie stände. Ohne dies würde weder Emulation noch die nöthige Aufsicht und Einheit statt finden. Auch muß im Kriege bei jeder Armee und beträchtlichen Corps einen Mann, der den Gebrauch dieser Waffe kennte und sich auf diesen Zweig des Krieges gelegt hätte, die gute Anwendung derselben anvertrauet werden, damit der Geist, der diese Waffe beherschen muß, in ihr selbst erzeugt und bei den einzelnen Befehlshabern anderer Waffen verbreitet würde.bs § 9, bt Fortsetzung. Die ganze Artillerie würde nun aus 4 gewissermaßen abgesonderten Corps bestehen. 1. aus der Regiments-Artillerie, 2. aus der bei jedem Corps oder jeder Brigade eingetheilten reitenden und Positions-Artillerie und 3. aus der Reserve-Artillerie und 4. aus der Vorposten-Artillerie. Die bey jedem Corps eingetheilte Reitende-Artillerie würde bloß aus 6 Ü dern und 7 Ü digen Haubitzen bestehen, die eingetheilte PositionsArtillerie aus 12Üdern u. 10Й digen Haubitzen, die Reserve-Artillerie aber aus einigen Batterien 12- und 6 U digen Canonen und 10 und 7 U digen Haubitzen und die Vorposten Artillerie bloß aus 3 Ü dern. Die 12ϊέ digen Reserve-Batterien wird man, wie schon vorhin erwähnet ist, jedesmal da brauchen, wo das Terrein es erlaubt und die besondern Umstände es erfordern, wo man auf große Distanzen agiren kann, wo man durchzudringen sucht u.s.w.; bei dem weitern Vordringen wird man nachher sich der leichten 6Ü digen Batterien bedienen, deren bei jeder Armee auch 2 nach dem bisherigen Etat sich befinden. Man wird also durch die Vermehrung der Reserve mit 12 Ü dr jetzt mehr auf die besondern Umstände gefaßt seyn und sowohl da, wo man angegriffen wird, als auch da, wo man selbst angreift, diejenigen Puncte verstärken können, welche es am meisten bedürfen, und zwar mit derjenigen Gattung von Geschütz, welche die Lage der Sache, d.i. das Terrein, die Entfernung des Feindes u. s. w. vorzüglich erfordert, ohne die übrige Schlachtordnung und Vertheilung des Geschützes zu zerreißen.
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Hier enden die zwei über die gesamte Breite der Seite beschriebenen Blätter (fol. 30r31r) und das Konzeptfragment (fol. 66r-67v). Nach dem später nach vorne geschobenen § 7 beginnt die Fortsetzung auf fol. 37r. Ob die Überschrift „§ 9" bedeutet, daß es sich um die Fortsetzung des vorigen Paragraphen handelt oder das Folgende ein eigener Paragraph ist und dieser eigentlich „§ 10" (und dementsprechend der folgende „§11") heißen müßte, ist nicht klar ersichtlich.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
§ 10. Resultate der Veränderung in Absicht des Geschütz-Bestandes. Iter Fall Es würde durch diese Veränderung eine gewisse Anzahl 12 ίέ diger Batterien im Feld-Etat weniger und dagegen eine gewisse Anzahl Batterien reitender Artillerie mehr erfordert werden. Was die Kosten anbetrifft, so wird bei dieser Veränderung ein Plus für die Casse entstehen. Denn die 12i£der und 10Ϊ4 digen Haubitzen kosten weit mehr als die bU der und 7Ü digen Haubitzen. Auch wird man die 12ί£ der und 10Ϊ4 digen Haubitzen zu der Belagerungs- und Defensions-Artillerie, welche jetzt gegossen und eingerichtet werden soll, verwenden können und es wird also hierdurch nichts verloren gehen; denn es werden jetzt die Kosten, welche zu die 12iider und 10ii digen Haubitzen zur Instandsetzung der Belagerungs-Artillerie erfordert werden, auf die Geschütze, welche die vermehrte reitende Artillerie braucht, verwandt.1™ bv
2ter Fall Wäre es möglich, die reit. Artillerie zu vermehren und bw die 12ίί digen Batterien gar nicht oder doch nur wenig zu vermindern, es sey, das eine Vermehrung überhaupt statt fände oder daß auch zugleich die Vermehrung der reit. Art. auf Kosten der Verminderung der Regiments-Artillerie geschähe, so wie es bei den französischen Armeen in diesem Kriege, ehe sie gänzlich abgeschaft wurde, der Fall war, so würde dies zu sehr wichtigen Resultaten führen.1"1
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Folgt gestrichen: „In Rücksicht der Mannschaft werden bey Ausführung des Vorschlages einige Compagnien weniger als bisher erfordert, indem zu einer 12b, digen Batterie eine ganze Compagnie und zu einer 6U digen nur eine halbe erfordert wird. Diese Ersparung an Artilleristen ist aber auch eine äußerst wichtige Sache wegen der Belagerung und Vertheidigung der Festungen, für welche wir nach dem jetzigen Etat keine andere als die wenige Garnison-Artillerie-Mannschaft haben. Welche Nachtheile hierdurch für uns entstehen würden und in allen Kriegen, theils wegen des Mangels dieser Gattung von Truppen in dem Festungs-Kriege selbst, theils aber auch deswegen, weil dadurch, daß die Feld-Artillerie diesen Dienst thut, [diese?] zerrissen und unbrauchbar werden muß, entstanden sind, ist sehr leicht aus der Geschichte zu beweisen. Man übergehet es aber, da hierin keine Verschiedenheit der Meinung stattfinden kann. Kleine Hindernisse werden bei der Ausführung dieses Plans, so wie dies immer der Fall bei Veränderungen ist, eintreten und nur dann ohne große Schwierigkeit überwunden werden, wenn der feste Vorsatz der Ausführung derselben gefaßt ist." Das Folgende auf einem eigenen Blatt (fol. 40r) ganz eigenhändig. Statt „ ohne"; beim Konzipieren wurde übersehen, daß es nach der Einfügung von „gar nicht oder doch nur wenig" sinnentstellend wirkte. Folgt eine mehrmahls umgeschriebene Streichung zur Bildung einer größeren Reserve „ weiter rückwärts".
Nr. 74
74. Denkschrift
271
[?, 1802/1803?1]
GStA P K , VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 196 fol. 63r-64r (3 S.): Konzept, eigenhändig, Fragment? Vermehrung der reitenden Artillerie auf Kosten der Zwölfpfünder. Verschiebung eines Teils der Zwölfpfünder zur Reserve.
Man verkennt hier ganz und gar nicht die Vortheile des bei dem jetzigen Mobilmachungsplan zum Grunde gelegte[n] Systems, welches viele 12Й der verlangt; man ist auch der Meinung, daß in jeder Abtheilung der Schlachtord[n]ung diese Gattung von Geshütz vorhanden seyn müße; man behauptet aber, daß die Anzahl derselben nach den neuen Mobilmachungsplane zu groß und die der reit. Artillerie nach demselben zu schwach ist; daß man daher für einenb Theil der 12iidigen Batterien reitende Artillerie anschaffen und überdem noch einige Batterien 12fi der aus der Linie in die Reserve der Armee placiren müße. Hierbei setzt man aber dennoch voraus, daß man, um die Vorzüge der 12Й der nicht zu verliehren, doch in jede[m] Fall bei jeder Brigade V2 Batterie derselben haben müße. Bei Ausführung dieses Plans vereinigen sich 3 Vortheile. a
1. hat die Linie in allen Punkten 12&der u. lOfi dige Haubitzen, welche auf große Distanzen agiren können und durch ihr Caliber imponiren. 2. hat die Linie, wenn diese Geschütze wegen der Beshaffenheit des Terrains und der Geshwindigkeit der Bewegungen nicht mitkommen können, in allen Abtheilungen reit. Art., welche ihr folgen und sie in jeden Fall da, wo sie einen Vorsprung gewinnen sollte, einholen kann, ohne die vielen und großen Vorzüge, welche der eigenthümliche Gebrauch der reit. Artillerie gewährt, hier einmal in Betracht zu ziehen. 3. hat man durch die 12ttdigen Batterien, welche sich in Reserve befinden, ein Mittel, a. auf den Punkten, auf den man beim Angriff durch dringen will, sich dieses Geschützes in Masse bedienen zu können, b. die Punkte, auf den diese Geschütze auf eine große Distanz bei Defensiv Positionen agiren könnend zu verstärken, und c. bei nichts entsheidenden Canonaden einige Batterien derselben sich zu wichtigern Auftritten mit ihrer ganzen Munition auf zu ersparen. In allen diesen Fällen wird die ursrprüngliche Schlachtordnung und Eintheilung nicht dirangirt und das Ganze d bleibt in seiner gewohnten Form.
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1
Zuerst gestrichen: „ Aus allen diesen folgt: 1. daß". Statt „einem". Statt „kann". Dieses Wort gestrichen, offenbar aus Versehen zusammen mit dem daran anschließenden „behält". Das Dokument steht offenbar im Zusammenhang mit den verschiedenen Denkschriften zum Thema.
272
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
[?, 1801/1803?1]
75. Aufzeichnung
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 196 fol. 58r-v (1V 2 S.): Eigenhändig. Redaktion einer Denkschrift zur
Artillerieorganisation.
a
§ 2 wird als § 1 abgeschrieben. Hierauf folgt b § 2. In der Tabelle N. 1 sind zwei Mobilmachungsplane aufgestellt. Es ist hierbei angenommen, daß die Helfte der ganze[n] preussische[n] Macht eine Armee formirte u. in 9 Corps u. 2 große Cavalerie Reserven getheilt wäre. Bei dieser Armee ist nun das Geshütz nach den bisherigen Etat u. dann nach einen neuen projectirten aufgeführt. Bei beiden ist eine gleiche Anzahl von Batterien, nur die Eintheilung ist verschieden. Es wird bei beiden vorausgesetzt, daß die lOiidigen Haubitzen bei jeden Corps als Reserve Geschütz betrachtet werden und nie in die Linie geführt werden. Würde nicht die ganze innere Eintheilung des Mobilmachungsplans dadurch ershüttert, so würde man beßer thun, statt der 10iidige[n] Haubitzen bei denjenigen 12&dige[n] Batterien, welche den Corps folgen, 74 dige zu geben, und dagegen 2 Batterien 10& dige zu Reserve zu haben. Hierauf folgt die Tabelle, dann folgt § 9, statt § 9 wird aber hier § 3 geschrieben, und dann § 10 als § 4, § 11 als § 5, § 12 als § 6 und § 13 als § 7.
76. Denkschrift
[?, nicht nach 18051]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 196 fol. 68r-71v {74г S.): Konzept, eigenhändig. Artilleriereserven. $ 1-2. Anomalie des preußischen Etats gegenüber anderen Nationen. § 4. Notwendigkeit der Verschiebung schwerer Batterien zur Reserve und leichter zu den Brigaden. § 5. Notwendigkeit einer hinter der Armee marschierenden Artilleriereserve. § 8-10. Verteilung der Artillerie nach dem neuen Plan innerhalb einer Armee. Unterschiede zum bisherigen Etat.
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Fol. 58r ist oben links bezeichnet: „d.)". Folgt gestrichen: „ Vielleicht wäre es ein großer Vortheil für uns, wenn wir". Diese offenbar für Scharnhorsts Schreiber gedachte Aufzeichnung steht anscheinend im Zusammenhang mit der Entstehung und Weiterverwendung der Denkschriften Nr. 70 und 73. Die Denkschrift basiert, wie die vermerkte Weiterverwendung von Paragraphen zeigt, auf einer anderen großen Denkschrift zur Artilleriereform. Scharnhorst geht im § 1 und der dazugehörigen Anmerkung von einer Gesamtzahl von 14 Batterien (sieben Kompanien) reitender Artillerie aus, was dem Verhältnis vor der Errichtung des Reitenden Artillerieregiments 1805 entspricht, bei der die drei Kompanien des bisherigen 9. Bataillons der Artillerie zu Fuß zu reitenden umgewandelt wurden. Der Verweis auf den „Aufsatz über die Vermehrung der reitenden Artillerie" (vgl. Anm. a) könnte sich auch auf das Fragment Nr. 71 beziehen.
Nr. 76
273
Ueber die Notwendigkeit der Artillerie Reserven § 1. Der Bestand der Artillerie nach dem jetzigen Etat Nimt man den Fall an, daß die preussishe Macht in 3 Armeen vertheilt wäre, so würde jede Armee aus 12 Brigaden Inf., jede zu 4 Bataillone, bestehen u. nach dem jetzigen Etat der Artillerie würde bei jeder Brigade außer dem Regimentsgeshütz 1 Batterie 12Üder (6 Stük 12 U der und 2 Stük lOiidige Haubitzen) seyn. Die übrige Artillerie wü[r]de aus 5 (eigentlich 4 2/3) Batterien reit. Artillerie, 3 (eigentlich (2 2/3) Batterien 6 U der, 1 (eigentlich 1 V 3 ) Batterie 7Ü dige Haubitzen und 1 (eigentlich 1 V 3 ) Batterien Mortiere bestehen"', von welchen die 6fedge und die Haubitz u. Mortier Batterien als Reserve Geschütz angesehen werden.3 § 2. Bemerkungen über diesen Etat. In diesen Etat bestehet die Reserve aus 7Üdigen Haubitzen u. 6iidigen Canonen (auf die Mortiere ist gar als Feldgeshütz nicht zu rechnen) und daß der Brigaden aus 12Ϊ4 digen Canonen u. lOiidigen Haubitzen. In andern Armeen folgte man bisher in Absicht der Vertheilung der Caliber eine ganz dieser entgegenstehende Regel; man nahm zu den Reserve Geshütz die schwersten Caliber und zu den Batterien in der Linie die von mitlerer Größe. Da der Reserve immer die besten Wege angewiesen werden und die schweren Caliber nur dahin gebracht werden, wo sie von eigenthümlicher Wirkung seyn können und der Aufwand ihrer weit kostbare[re]n Munition eine verhältnißmäßige Wirkung h[e]rvorbringen kann, so sheint diese Regel auch wirklich der Natur der Sache angemessen zu seyn, obgleich es von der andern Seite auch wohl sehr vortheilhaft ist, in jeder Abtheilung der Linie, etwa bei 2 Brigaden, 1 Batterie (in besondern Fällen bei jeder Brigade V2 Batterie) 12 Ü der zu haben. § 3.
Fortsetzung. Hier § 3 des vorgestrichnen.
§ 4. Resultate der beiden vorhergehenden §§. Man muß nach Erwägung aller Gründe also bei jeder Brigade etwa V2 Batterie oder bei 2 Brigaden 1 Batterie 12Üder haben, damit diese Gattung von Geschütz auf allen Haupt-Abtheilungs-Punkten der Schlachtordn[un]g sich befinde b . Es muß aber neben diesen anderes, bewegbareres Geschütz seyn,
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Folgt gestrichen: „§. Bestand der Artillerie nach den in den Aufsatz Uber die Vermehrung der reit. Artillerie Ji 7projectirten Etat der Artillrie. In diesen Etat würde die". Folgt gestrichen: „ und man also zu den entferntem Canonaden nicht erst schwere Geshütz nothw".
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
damit, wenn das 12Udige zurükbleibt, jenes den Aufmarsch u. Angriff der Truppen unterstützen kann, und hierzu muß man reitende Artillrie wählen. Bei dieser Eintheilung wird auf keine Weise das Geshütz vertheilt, denn es bleibt dieselbe Anzahl, u. zwar vereint. Nur mit dem Unterschiede, daß schweres u. leichtes, immer einander durch die eigenthümliche Vorzüge, die jedes hat, die Hände bietet. Eine französische Division (Batterie) Artillrie bestehet aus 2 Stück 12Ϊ4 der 2 » 4&der 2 » Haubitzen. Zu den Reserve Geschütz schicken sich nach § 1 die schweren Caliber an besten.0 Es müßen bei jeder Armee mehrere Batterien von 12iidigen Canonen u. einige von lObfc dig[e]n Haubitzen zur Reserve bestimmt seyn, um auf den Punkten zu agiren, auf welchen ihre eigenthümliche Wirkung von Nutzen seyn kann. Auf diese Weise benutzt man die besondern Umstände auf ein[e] sehr vortheilhafte Art. 1. Hat nun das shwere Geschütz die besten Wege, 2. kömt es auf solche Punkte, auf welche[n] es auf große Distanzen agiren kann und auf welchen der Haupt Angriff geführt wird, 3. Wird ihre Munition, die schwer zu ersetzen ist, nun nicht so leicht bei Canonaden, die nichts entscheiden, verschwendet. § 5. Außer der Reserve bei der Armee muß man noch eine Reserve 2 bis 3 Tage Märsche hinter der Armee haben, welche den 4Ien bis 5ten Theil des Batterie Geschützes ausmacht. Solche Reserve Batterien sind von sehr großen Nutzen und in den Revolutionskriege zuerst von den Franzosen eingeführt worden. Hier folgt § 1 1 . wie vorgestrichen, dann § 12 als § 6, § 1 3 als § 7.2 § 8. Anwendung der bisherigen Grundsetze Nimmt man hier die in § 1 erwähnte Armee von 12 Brigaden Linien Inf., 8 Füselier Bataillonen mit 115 Escadrons Cav. an,3 so würded nach den obigen Grundsätzen bei derselben folgende Eintheilung stattfinden:
c
d 2
3
Folgt gestrichen: „Außer den in 1 angeführten Gründen war es nicht gut, wenn sie zu viel und da, wo man sie entbehren könnte, gehraucht würden" und „weil die Herbeishaffu[n]g ihrer Munition so äußerst difficil ist." Statt „würden". Diese Verweise passen, ebenso wie der Verweis auf § 3 weiter oben, zur Denkschrift Nr. 70. Wie schon in Nr. 70, § 8, wird die Kavallerie viel zu groß angesetzt, denn man kommt hier auf eine Gesamtzahl von 345 Eskadronen, während die preußische Armee vor 1806 tatsächlich nie über mehr als 255 verfügte.
275
Nr. 76
1.
In der Linie u. bei den Vorposten bei jeder Brigade V2 Batterie 12Ü der u. V2 Batterie reit. Art., d. i. bei 2 Brigaden oder ein[e]r Division 1 Batterie \2U d[e]r und 1 Batterie reit. Art. macht 6 Batterien 12Öder 6 " " reit. Art. Bei den Vorposten 1 » » reit. Art. Bei 2 Cav. Reserven 2 » » reit. Art. Summa
2.
15 Batterien'
In Reserve bei der Armee 2 Batt. 2 "
12 ί£ der lO&dge Haubitz.
4f Diese beiden Batterien lOfcidge Haubitzen werden von den 12Ö>ern bei den Inf. Brigaden u. den beiden 12ίέ dig[e]n Reservebatterien genommen. 3.
In Reserve, 2 bis 3 Tagemärsche hinter der Armee 2 Batterie 12Üder V2 " " WÜ dige Haubitzen, welche von den 12ίέ digen Batterien zusammengesetzt sind 1 " " Mortiere 1 »" 6Й der 5V2 Batterie (44 Stük)
Vergleicht man diesen Etat des Geschützes mit den in 1 oder mit den unsers Mobilmachungsplan[s], so findet keine weitere Abändru[n]g darin statt als die Verwechselu[n]g von 2 Batterien 12U der u. 2 Batterien 6ίέ der Fußartillerie in reitende. Das übrige ist, sowohl in Rücksicht der Formir[un]g der Batterien, als der übrigen Einrichtung so geblieben, als es nach dem jetzigen Mobilmachungsplan seyn soll. Die Reserve Batterien von den ΙΟίέ digen Haubitzen scheinen hier erst formirt zu seyn, dies aber ist nicht ganz der Fall, denn es ist in den jetzigen Mobilmachungsplan eine Organisation zu ihrer Zusammenziehung getroffen.
e
f
Daneben am Rand „12 5 [verändert aus 3 [verändert aus 1 [verändert aus 1 [verändert aus
eine weitere Addition: Batt. 12Uder „ 4 2/3"] » reit. Ar. „22/3"] » 6Ü der „ 1 %"] » 7U H. „ 1 % "] » Μ ort.
22 Batt." Neben diesem Absatz am Rande: „ 4 Batterien
276
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Vergleichungstabelle. Jetziger Etat
II Projectirter Etat
12i4der lOitdigd 7 U Haub.
6iter
Haub.
Mor-
12itder
tiere
lOitig
7 Й dige 6 St der
Haub.
Haub.
Mort.
1. In der Linie u. bei den Vorposten Artiii. zu
72-
24-
36
Fuß
4
16
2
8
8
36
4
16
reit. Art. Bei den
-
-
-
-
-
12
48
2
8
4
16
-
Vorposten 2. In Reserve bei der Armee Artillerie zu Fuß reit. Art. 2. Reserve 2
;
8
12
16
;
bis 3 Tagemärshe hinter der Armee Artillerie zu Fuß
_
_
_
_
_
12
4-
8
12
8
72
24
18
76
8
60
20
26
84
8
198
198
Man kann gegen diese Eintheilung nicht einwenden, daß dadurch der ganze jetzige Mobilmachungsplan übern Hauffen geworfen würde, dies ist ganz und gar nicht der Fall, denn das 4 Fußbatterien in reit, verwandelt werden hat auf die übrigen nicht den mindesten Einfluß und ist eine gar nicht schwer auszuführende Sache. Bei den projectirten 8 Plan werden 8 Stük 6[pfünder] u. 8 Stük 7Ü dige Haubitzen mehr als bei den bisherigen erfordert u. bei diesen 12 Stük 12Ϊ4 der u. 4 Stük 1 Oft dige Haubitzen weniger. Diese 16 Geschütze können in den Festungen als Reserve Geshütz für die Armeen u. als Defensionsgeschütz bleiben, weil es ohnehin an beiden noch fehlt.
8
Verändert aus „ neuen
277
Nr. 77
§ 9. Resultat. Das eigenthümlichste dieser veränderten Eintheilung bestehet darin, 1. daß bei der Armee in der Linie mehr leichtes Geschütz ist (mehr reitende Artillerie) u. weniger schweres, u. daß daher die Linie, ohne großen Mangel an Geschütz zu haben, sich bei raschen Angriffen nicht nach den letzteren auf zu halten braucht. 2. daß die Reserve aber dagegen aus schweren Geschütz bestehet. 3. daß die Armee nicht allein durch das leichtere Geschütz erleichtert ist, sondern auch dadurch, daß sie 44 Stück weniger als bei den bisherigen Mobilmachungsplan hat, welche eine 2 bis 3 Tagemärshe zurükstehende Reserve ausmachen und welche auf diese Weise der Armee mehr Nutzen schaffen als wenn sie unmittelbar bei ihr wären, wie aus § 5, 6 u. 7 abzunehmen ist. § 10. Bemerkung. Nach den bisherigen Mobilmachungsplan ist zwar vorausgesetzt, daß eine Art Reserve Armee statt finde, welche auch ihr Reserve Geshütz hat. Dies Geschütz ist aber kein Reserve Geschütz, denn die Reserve Armee ist bestimmt zu agiren, und zwar auf den Punkten, auf die der Haupt Schlag gehet, oder aber sich defensiv zu verhalten oder eine der agirenden Armeen zu verstärken. In allen 3 Fällen bedarf sie ihr Geschütz selbst. *
Die Brüche entstehen hier auf folgende Art. Die ganze preussishe reit. Artillrie bestehet aus 14 Batterien; an Reserve Batterien sind überh[a]upt 8 6&>dige Batterie[n], 4 7if> dige Haubitz Batterien u. 4 Mortierbatterien da. 14 durch 3 dividirt gibt 4 2 / 3 , 8 durch 3 dividirt ist gleich zu 2 2 / 3 u. s. w.
77. Denkschrift
[?, nicht vor Herbst 1803 ?]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 191 fol. lr-1 l v (21 S.): Reinschrift, Schreiberhand. Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen: ebda., fol. 14r-26r (23 S.).1 Organisation der Artillerie einer Armee. Anwendung der Grundsätze der preußischen Armee. Vergleich mit dem gegenwärtigen Etat.
"
auf ein Drittel
Das Konzept war offenbar ursprünglich eine Ausführung von Nr. 76 durch einen Schreiber. Schamhorst veränderte sie zur späteren Form. Nach Anfertigung der Reinschrift wurde sie weiter verarbeitet zu Nr. 78. Daß die Denkschriften „zum Circuliren in der M. G. zu Potsdam " bestimmt waren, wie es in der archivalischen Aufschrift des Faszikels 191 heißt, wird aus keiner der beiden Fassungen eindeutig erhärtet.
278
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Ueber die Vertheilung des Geschützes bei einer Armee und über die Notwendigkeit zweier Artillerie-Reserven. [..·]" § 1 l. c Anwendung der bisherigen Grundsätze d Nimmt man hier aus Gründen, welche im l1™ Aufsatze angefühlt sind, an, daß bei einer Armee, welche den Theil der preußischen Macht ausmacht und also aus 12 Brigaden Linien Infanterie, 8 Füselier Bataillone[n] und 115 Escadronen Cavallerie bestehet,1 die halbe Regiments Artillerie und 2 Batterien 12Й. der eingiengen und dagegen 4 Batterien reit. Artillerie an ihre Stelle treten, so würde man nach den in § 2, 5, 6 und 7 angeführten Grundsätzen von den übrigen folgende Einrichtung treffen können. e
l. In der Linie und bei den Vorposten Bey jeder Brigade V2 Batterie 12ί£ der u. V2 Batterie reitender Artillerie, d. i. bey 2 Brigaden oder einer Division 1 Batterie 12!id[e]r und 1 Batterie reitender Artillerie macht 6 Batt. 12i£der 6 « reit. Artiii. Zur Unterstützung der Vorposten' 1 Bey 2 Cavallerie Reserven 2 Summa
4
'
d
'
f 1
- 15 Batterien
Die ersten 10 Paragraphen sind weitgehend identisch mit §§ 1-4 und 6-11 der Denkschrift Nr. 78. Die Unterschiede sind dort vermerkt. Im Konzept ursprünglich „§ 10", wegen der Einfügung des vorangehenden Paragraphen zu „§ 11" umnumeriert, bei der Umarbeitung zur Denkschrift Nr. 78 danach wegen der Einfügung eines neuen § 5 zu „§ 12." Entsprechend wurde im Konzept später auch § 12 zu „§ 13" umnumeriert. Der einsetzende Absatz ersetzt im Konzept die frühere Fassung: „ Nimt man hier die in § 1 erwähnte Armee von 12 Brigaden Linien-Infanterie, 8 Füselier-Bataillonen mit IIS Escadrons Cavalerie an, so würde nach den obigen Grundsätzen bei derselben folgende Eintheilung statt finden." Ab hier in der Vorlage bis zum Ende der Tabelle alles durch einfache Buntstiftstriche gestrichen. Auch im Konzept wurde das meiste gestrichen (vgl. jedoch Nr. 78), dort aber mit Tinte. Im Konzept verändert aus „ Bey die Vorposten ". Wie auch in Nr. 70, § 8, wird die Kavallerie mit insgesamt 345 Eskadronen viel zu zahlreich angesetzt.
Nr. 77
279
2. In Reserven bei der Armee. 3 Batt. 12 Ü der 2 " 10&dge Haubitzen 1 " 6&der 6 Batterien 6 Diese beiden Batterien 10 Ii dige Haubitzen werden von den 1 2 & e r n bey den Infanterie Brigaden und den 3 12 Й digen Reserve-Batterien genommen. 3. In Reserve, 2 bis 3 Tage-Märsche hinter der Armee, d. i. in der 2 tn Reserve. 1 Batterie 12 Ü der '/2 Batt. 10Üdige Haubitzen, welche von den 2 12Udigen Batterien zusammengesetzt sind. 1 « 7 U dige Haubitzen 1 " Mortiere 2 " 6 ί ί der Summa 5V 2 Batterie (50 Stück) h 4. Regiments Artillerie Bey jedem Bataillon Linien Infanterie 1 Stück, macht 48 Stück. 5. Vorposten Artillerie Statt der bisherigen 3 & d e r bei jedem Bataillon 1 Batterie 3ΐ£ der reitender Artillerie von 16 Stück 3 U der und 4 Haubitzen, welche 4 Divisionen, jede von 5 Stück, ausmachen. Vergleicht man diesen Etat des Geschützes mit dem in § 1 oder mit dem unsers Mobilmachungsplans, so findet bei dem Batterie Geschütz keine weitere Abänderung darin statt als die Verwechselung von 2 Batterien 12ίέ der in reitende. Das übrige ist, so wohl in Rücksicht der Formirung der Batterien, als der übrigen Einrichtung so geblieben, als es nach dem jetzigen Mobilmachungs-Plan seyn soll. Die Reserve Batterien von den ΙΟίέ digen Haubitzen scheinen hier erst formirt zu seyn, dies aber ist
g
h
Diese Aufstellung im Konzept verändert; ursprünglich waren es je zwei Batterien Zwölfpfünder und zehnpfündige Haubitzen, also insgesamt vier Batterien. Auch diese Aufstellung im Konzept verändert, ursprünglich waren es zwei Batterien Zwölfpfünder, eine Batterie Sechspfünder und die Gesamtsumme betrug zuerst „S'/2 Batterien (44 Stück.)"
280
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
nicht ganz der Fall, denn es ist in d e m jetzigen Mobilmachungs-Plan eine Organisation zu ihrer Zusammenziehung getroffen. 1 Vergleichungs Tabelle. Jetziger Etat 12fcder 1. In der Linie und bev den Vorposten Artillerie zu Fuß reitende Artiii. Bei denVorposten 2. In Reserve bev der Armee Artillerie zu Fuß reit. Artiii.
72
lO&dige Haubitzen
7Ö>dige Haubitzen
6&>der
Mortiere u. 3fc>der
24
-
-
4. Regim. Artil.
-
-
5. Vorposten Artillerie
-
-
4 2
16 8
_
8 4
36 16
8 M.
3. In der 2,n Reserve. 2 bis 3 Tage Märsche hinter der Armee Artilleriezu Fuß
72
24
96
-
4 18
-
172'
-
83
der
16k
302'
'
' k
'
Die untere Hälfte dieser Seite, fol. 9v, blieb unbeschrieben, die folgende Tabelle beginnt auf fol. Юг. Im Konzept blieb das untere Drittel der zuletzt benutzten Seite (fol. 23r) leer, ursprünglich auch die ganze folgende Seite (fol. 23v); die Tabelle folgt dort auf fol. 24r. Auch die Rückseite der Tabelle (fol. 24v) blieb dort leer. Aus Platzgründen wird die Tabelle hier in zwei Hälften abgedruckt. Im Konzept verändert aus „76", da die letzten beiden Punkte (Regiments- und Vorpostenartillerie) erst nachträgleich eingefügt wurden. Im Konzept irrtümlich „ 8", da Scharnhorst die nachgetragenen acht Dreipfünder übersehen hatte. Im Konzept wurde die ursprüngliche Gesamtsumme „198" zu „294" verändert. Die Gesamtsumme wurde in der Reinschrift unter Berücksichtigung der im Konzept vergessenen acht Geschütze (vgl. Anm. k) korrigiert.
281
Nr. 77 Projectirter Etat 12iider 1. In der Linie und bev den Vorposten Artillerie zu Fuß reitende Artiii. Bei denVorposten 2. In Reserve bev der Armee Artillerie zu Fuß reit. Artiii.
36
18
3. In der 2tn Reserve. 2 bis 3 Tage Märsche hinter der Armee Artilleriezu Fuß
lOttdige Haubitzen
-
5. Vorposten Artillerie
-
48 8
4
12 16
8
24
4
-
60
12 2
16
-
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6&der
Moniere u. ЗЙ der
-
6
4. Regim. Artil.
7Ϊ4 dige Haubitzen
20
48
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4 30"
-
156°
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-
8 M. -
16 3 it der 24P
2904
Man kann gegen diese Eintheilung nicht einwenden, daß dadurch der jetzige Mobilmachungs-Plan übern H a u f e n geworfen würde, di[e]s ist ganz u n d gar nicht der Fall, denn es ist hier nur v o n einer andern tactischen Eintheilung die Rede, bei der in der innern Verfaßung nichts
m
Die Zahlen in dieser Kolonne im Konzept verändert, vgl. die in Anm. g und h erwähnten Veränderungen. " Im Konzept verändert aus „26° wegen der nachgetragenen vier Haubitzen der Vorpostenartillerie. ° Korrigiert gegenüber der im Konzept falsch berechneten Zahl „146" (die dort wegen der nachträglich eingetragenen Geschütze der Regiments- und Vorpostenartillerie in zwei Stufen aus dem ursprünglichen Wert „84" verändert wurde). p Im Konzept wegen der nachgetragenen 16 Dreipfünder verändert aus der ursprünglichen Zahl „8". ι Im Konzept mehrfach abgeändert wegen der unter Anm. I bis о vermerkten Änderungen zur falschen Gesamtsumme „280"; diese wurde bei der Erstellung der Reinschrift korrigiert.
282
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
verändert wird. r (Daß 2S Fuß Batterien in reitende verwandelt werden und die halbe Regiments-Artillerie eingehet, hat auf die übrigen Batterien nicht den mindesten Einfluß und ist eine gar nicht schwer auszuführende Sache. Bei dem projectirten Plan werden 12 Stück 7 t i dige Haubitzen und 8 Stück 3 U der mehr als bei dem bisherigen erfordert und bei diesen 12 Stück 12Ü der, 4 Stück 10Ü dige Haubitzen und 26 Stück 6ίέ der weniger.' Diese 12 12Й der und 4 10ii digen Haubitzen" können in den Festungen als Reserve-Geschütz f ü r die Armee und als Defensions Geschütz bleiben, weil es ohnehin an beiden noch fehlt. Die 6Ϊ* der aber sind als Depot Geschütz erforderlich und können auch in den Festungen angewandt werden. § 12. Resultat dieses Aufsatzes. Das eigenthümlichste dieses veränderten Mobilmachungs-Plans bestehet darin, 1. daß bei der Armee in der Linie mehr leichteres Geschütz ist und weniger schweres, und daß daher die Linie, ohne großen Mangel an Geschütz zu haben, sich bei raschen Angriffen nicht nach den letztern aufzuhalten braucht. 2. daß die Reserve aber dagegen aus schweren Geschütz bestehet, um es da, wo es die Umstände erfordern und erlauben, zu gebrauchen besonders zu entfernten Canonaden en Masse, um sich den Weg zum Durchdringen zu bahnen. 3. daß die Armee nicht allein durch das leichtere Geschütz erleichtert ist, sondern auch dadurch, daß sie weniger als bei den bisherigen Mobilmachungs Plan bei sich führt, von welchen 50 Stück eine 2 bis 3 Tage Märsche zurück stehende Reserve ausmachen und welche auf diese Weise der Armee mehr Nutzen schaffen, als wenn sie unmittelbar bei ihr wären, wie aus § 5, 6, 7, 8, 9 , 1 0 u. 1 l v abzunehmen ist.
r
In der Vorlage das Folgende bis zum Beginn des anschließenden Paragraphen mit Buntstift gestrichen. ' Im Konzept verändert aus „ 4 ' Im Konzept verändert aus „ 8 Stück 6[PfUnder] und 8 Stück 7U dige Haubitzen mehr" und „ 12 Stück 12 Ü der und 4 Stück 10U dige Haubitzen weniger." " Im Konzept verändert aus „Diese 16 Geschütze". " Im Konzept: „ aus § 6, 7, 8, 9 und 10".
Nr. 78
78. Denkschrift
283 [?, nicht nach 1805?1]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 191 fol. 14r-26r (23 S.): Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen. 3 Reinschrift, Schreiberhand: ebda. fol. l r - l l v (21 S.).b Organisation der Artillerie bei der Armee. $ 1. Jetziger Etat. §. 2. Anomalie des preußischen Etats gegenüber denen anderer Nationen. § 3. Psychologische Vorzüge der Zwölfpfünder. § 4-5. Notwendigkeit von Zwölfpfündem und reitender Artillerie bei der Reserve. § 6-8. Notwendigkeit einer weiter hinter der Armee marschierenden zweiten Artilleriereserve. Grundsätze zu ihrer Verwendung. § 9-10. Diskussion möglicher Einwände. §11. Resultat. § 12. Anwendung auf ein Drittel der preußischen Armee.
Ueber die Vertheilung c des Geschützes bey einer Armee und über die Nothwendigkeit zweier Artillerie Reserven. d § 1. Der Bestand der Artillerie nach dem jetzigen Etat. Nimt man den Fall an, daß die preußische Macht in 3 Armeen vertheilt wäre, so würde jede Armee aus 12 Brigaden Infanterie, jede zu 4 Bataillone, bestehen und nach dem jetzigen Etat der Artillerie würde bey jede Brigade, außer dem Regiments-Geschütz 1 Batterie 12Йder (6 Stück 12Ö>der und 2 Stück ΙΟίέ dige Haubitzen) seyn. Die übrige Artillerie würde aus 5 (eigentlich 4 2/3) Batterien reitender Artillerie, 3 (eigentlich 2 2/3) Batterien 6 U der, 1 (eigentlich' 1 V3) Batterie 7Ü dige Haubitzen und 1 (eigentlich 1 V3) Batterien Mortiere bestehen/" von welchen die 6Ü digen und die Haubitz- und Mortier-Batterien als Reserve-Geschütz angesehen werden. *
Die Brüche entstehen hier auf folgende Art. Die ganze preußische reitende Artillerie bestehet aus 14 Batterien; an Reserve-Batterien sind überhaupt 8 6 Ü dige Batterien, 4 7 Ü dige Haubitz-Batterien und 4 Mortier-Batterien da. 14 durch 3 dividirt giebt 4 2 /j, 8 durch 3 dividirt ist gleich zu 2 2 / 3 u. s. w.
§ 2. Bemerkung über diesen Etat. In diesem Etat bestehet die Reserve aus 7 Ü digen Haubitzen u. 6 Ü digen Canonen (auf die Mortiere ist gar als Feld-Geschütz nicht zu rechnen) und das Brigadegeschütz aus 12Ü digen Canonen und 10Ϊ4 digen Haubitzen. " h
c i
' 1
Das Konzept war offenbar ursprünglich eine Ausführung von Nr. 76 durch einen Schreiber. Schamhorst veränderte sie zur späteren Form. Vgl. Nr. 77. Diese Reinschrift gibt einen Zwischenstand wieder, sie berücksichtigt einige der von Schamhorst später gemachten Abänderungen noch nicht. Folgt gestrichen: „ und den Bestand Uberschrift eigenhändig verändert aus „ Ueber die Nothwendigkeit der ArtillerieReserven von großen Caliber". In der Reinschrift steht irrtümlich: „1.) eigentlich In seiner Anmerkung zu § 1 geht Scharnhorst von einer Gesamtzahl von 14 reitenden Batterien aus, der Text entstand also wohl noch vor der 1805 vorgenommenen Vermehrung der preußischen reitenden Artillerie auf 10 Kompanien bzw. 20 Batterien.
284
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
In andern Armeen folgte man bisher in Absicht der Vertheilung der Caliber eine ganz dieser entgegenstehende Regel; man nahm zu dem Reserve-Geschütz die schwersten Caliber und zu den Batterien in der Linie die von mittlerer Größe. Da der Reserve immer die besten Wege angewiesen werden und da die schweren Caliber nur dahin gebracht werden, wo sie von eigenthümlicher Wirkung seyn können und der Aufwand ihrer weit kostbarem' Munition eine verhältnißmäßige Wirkung hervorbringen kann, so scheint diese Regel auch wirklich der Natur der Sache angemessen zu seyn, obgleich es von der andern Seite auch wohl sehr vortheilhaft ist, in jeder Abtheilung der Linie wenigstens bei6 2 Brigaden 1 Batterie (in besondern Fällen bey jeder Brigade V2 Batterie) 12 U der zu haben. § 3. Fortsetzung. Denn im Kriege sind wir gezwungen, auch auf die Einwirkung des Gemüths Rücksicht zu nehmen, auf die Meinung und sogar auf die Vorurtheile. Die Größe der 12i£digen Canonen, ihr stärkerer Knall und das merklichere Sausen ihrer Kugeln geben ihnen bei Menschen, die bloß nach sinnlichen Eindrücken urtheilen, einen sehr großen Vorzug vor denh 6U digen. In dem Grade, wie man zu ihnen mehr Zutrauen hat, fürchtet man sie auch mehr, und hat sie der Feind in irgend einer beträchtlichen Armeeabtheilung allein, so genießt er ausschließend die Vortheile dieser Täuschung und unsere Truppen verlieren unter gewissen Umständen das Zutrauen zu unsern kleinern Calibern. Hierzu kömmt noch, daß manche Befehlshaber darin einen Vorwand ihrer Fehler zu finden glauben, daß der Feind schwereres Geschütz gegen sie auffährt, als sie selbst hatten. § 4. Resultat der beiden vorhergehenden §§. Man muß nach Erwägung dieser Gründe in allen beträchtlichen Frontabtheilungen wo möglich \2U der haben, damit diese Gattung von Geschütz den Feind in allen Punkten seiner Schlachto[r]dnung beshießen könne. Es muß aber neben diesem anderes, bewegbareres Geschütz seyn, damit, wenn das 12iidige' wegen des Terräns u.s.w. zurükbleibt, jenes den Aufmarsch und Angrif der Truppen unterstützen kann.' f s
h
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In der Reinschrift steht: „ kostbaren ".Auch in der Folge wurden dort mehrere Komparative unbemerkt beseitigt. Das Wort in der Vorlage (nicht aber in der Reinschrift) infolge einer Änderung versehentlich doppelt. Eigenhändig verändert aus „ die diese Änderung fehlt in der Reinschrift. Die folgenden eigenhändig hinzugefügten vier Wörter fehlen in der Reinschrift. Es folgt gestrichen die eigenhändige Hinzufügung: „Femer darf die Anzahl der 12Üdr nicht groß seyn, damit man sie zurüklassen kann, wenn [es] die Umstände erfordern, ohne alles aufs Spiel zu setzen." In der Reinschrift steht eine im Konzept vor der Streichung veränderte Form: „ damit man sie, ohne sehr viel dadurch aufs Spiel zu setzen, zurück laßen kann, wo man nicht ganz im Rücken sicher ist."
Nr. 78
285
Zu dem Reserve-Geschütz schicken sich nach § 1 die schwerern Caliber am besten. Es müssen daher bey jeder Armee mehrere Batterien von 12ii digen Canonen und einige von lOfi digen Haubitzen zur Reserve bestimmt seyn, um auf den Punkten zu agiren, auf welchen ihre eigenthümliche Wirkung von Nutzen seyn kann. Auf diese Weise braucht man die besondern Umstände auf eine sehr vortheilhafte Art. 1. hat nun das schwere Geschütz die besten Wege, 2. kömmt es auf solche Punkte, auf welche[n] es auf großen Distanzen agiren kann und auf welchen der Haupt-Angriff geführt wird, 3. wird ihre Munition, die sehr schwer zu ersetzen ist, nun nicht so leicht bei Canonaden, die nichts entscheiden, verschwendet. k
§ 5. Es scheint, daß bei der jetzigen Vertheilung, bei der man das Reserve Geschütz aus 6Й dem u. 7 ii digen Haubitzen zusammen gesetzt hat, die Absicht [war], solche Geshütze zu wählen, welche sich geschwind dahin bewegen können, wo augenblikliche Hülfe erfordert wird. Hierzu schikt sich aber allein die reit. Art. und von dieser muß daher ein Theil bei der Reserve seyn.
§ 6.1 Außer der obengenanntfeln Reserve muß m noch eine 2te Reserve 2 bis 5 Tage-Märsche hinter der Armee sich befinden. Diese 2te Reserve ist von sehr großen Nutzen und in dem Revolutions-Kriege zuerst von den Franzosen eingeführt worden. Sie bestehet 1. aus einem Theil des Geschützes, 2. aus der Reserve Munition, 3. aus den" Pontons, wenn sie nicht bei der Armee erforderlich sind. Das Geshütz d[e]r 2ten Reserve wird in der Armee nur dann gebraucht, wenn man von demselben 0 einen großen Vortheil ziehen kann; außerdem aber zurückgelassen, um nicht die Armee in ihren Bewegungen zu erschweren und ihren Unterhalt zu consumiren. Ferner ist durch diese Einrichtung die Armee in den Stand gesetzt, bey allen Vorfällen des Krieges die Artillerie mehr exponiren zu dürfen, als man es sonst würde thun können, indem man nun einigen Ersatz hat, auf den man greifen k
Der hier einsetzende eigenhändige Paragraph wurde offenbar nach der Anfertigung der Reinschrift hinzugefügt. In der Reinschrift steht stattdessen noch ein in der Vorlage eigenhändiger, dann aber gestrichener zusätzlicher Absatz zu § 4: „Da aber übrigens eine wesentliche Sache in der Schlachtordnung ist, jeden Theil geschwind unterstützen zu können, so muß auch ein beträchtlicher Theil der reitenden Artillerie bei der Reserve oder doch hinter den 2m Treffen sich befinden." ' Die Zahl eigenhändig verändert aus „§ 5.entsprechend wurden die folgenden Paragraphen umnumeriert. Da der vorangehende eingefügte Paragraph in der Reinschrift fehlt, behielt diese die ursprüngliche Numerierung bei. m In der Vorlage (nicht aber in der Reinschrift) folgt hier eine durch die Redaktion des Satzes überflüssig gewordenes „ man " Statt „ dem In der Reinschrift steht: „ den 0 Verändert aus „ dem Geschütz diese Veränderung fehlt in der Reinschrift.
286
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
kann; und hat man gar das Unglück, fast alles Geschütz, wie in der Schlacht bei Kunersdorf, zu verlieren, so ist man durch sie doch einigermaßen wieder mit Artillerie versehen und kann sich nun dem Feinde von neuen entgegenstellen. Ist viel Geschütz da, so wird viel und meistens zweklos bei jed[e]r Gelegenheit, wo es nicht entscheiden kann, canonirt und die Munition ohne Noth vershoßen. Hat man überdem in einigen auf einander folgenden Affären viel Munition consumirt, ehe andere aus den Depots herbeigeschafft werden kann, so hat man nun noch Ersatz an der, welche die 2te Reserve p mit sich führt. Diese holet hierauf sich neue. Haben in einer gelieferten Schlacht einige Batterien sehr gelitten, sind andere in Absicht der Pferde herunter gekommen, weil sie viel marschirt oder schlecht Futter erhalten oder Mangel daran hatten, so kann man sie durch Batterien aus der 2ten Reserve ablösen laßen und die, welche gelitten haben und heruntergekommen sind, retabliren sich nun wieder. Werden bey einer Belagerung mehrere Canoniere erfordert, so greift man auf die 2te Reserve 4 ; man läßt dann nur die Hälfte r der Mannschaft dabey und ersetzt die Abgegangenen durch Infanterie, die man sogleich exercirt, damit sie im Nothfalle statt der Canoniere dienen können. Kömmt die Artillerie bei der Armee herunter, fehlt es an Pferden, weiß man sich nicht mehr zu helfen, so schickt man das Geschütz und die Munition der 2ten s Reserve bey Zeiten nach sichern Festungen zurück und bedient sich nun ihrer Pferde und Knechte. Wollte man dies mit der einmal bei den Brigaden eingetheilten Artillerie thun, so würde dies sehr auf die Truppen würken' und in jeden Fall Aufsehen erregen. § 7. Fortsetzung Man läßt zwar die 2te Reserve mehrere Tage Märsche hinter der Armee, dies geshiehet aber nur dann, wenn man von ihr keine große und wesentliche Vortheile ziehen kann; wo dies aber der Fall ist, ziehet man sie, wie shon vorhin erwähnt ist, zur Armee. Als 1. beim Angriff einer Festung oder eines etwas befestigten Orts, wenn bei beiden keine förmliche Belagerung statt findet und kein Belager
ι
' ' '
Verändert aus „ 2te oder abgesonderte Reserve ", zuvor aus „ abgesonderte Reserve oder die 2te Reserve". Auch bei der nächsten Nennung erfolgte eine ähnliche mehrstufige Abänderung. Dazu in der Reinschrift die in der Vorlage eigenhändig hinzugefügte, dann aber wieder gestrichene Anmerkung: „Dies ist eine sehr wichtige Sache für die preußische Artillerie, weil sie [im Konzept verändert aus „ wir"] keine Mannschaft zu Belagerungen hat [statt „ haben "], indem die ganze Feld-Artillerie bei dem Feld-Geschütz eingetheilt ist." Verändert aus „ den Jm Theil". In der Reinschrift noch die frühere Fassung. Verändert aus „ 2ten oder abgesonderten ", zuvor aus „ abgesonderten Reserve Batterien ". Der anschließende Rest des Satzes fehlt in der Reinschrift.
N r . 78
287
rungsgeschütz vorhanden ist; wenn man nur durch ein Bombardement und eine Art von förmlichen Angrif dem Feind zu einer anständigen Uebergabe Gelegenheit geben will; 2. beim Angrif von Verschanzungen; 3. bei Besetzung einer Verschanzung oder eines befestigten Orts oder Postens, von dem der größte Theil der Armee sich eine kurze Zeit entfernen muß. Daß bei solchen Besetzungen große Vorsicht gebraucht werden muß und daß man sich nur eines Theils der Reserve dazu bedient, wenn die Gefahr des Verlustes groß ist, verstehet sich von selbst. 4. Hat eine Armee geschlagen und ist sie gezwungen, sich nach einer verschanzten Position zurückzuziehen, so ist diese durch die 2 a Artillerie-Reserve besetzt. Die Batterien, welche am meisten gelitten, gehen nun zurück, versehen sich von neuen mit Munition u. s. w. 5. Befindet eine Armee sich in der Lage, daß sie in eine Verschanzung sich gleichsam einschließen muß, hat die 2K Reserve keinen sichern Aufenthalt rückwärts, wie dies der Fall bey Buntzelwitz war, so nimt sie dieselbe zum Theil zu sich. Hier kann das Geshütz entscheiden. Einen andern Theil schickt sie nach rückwärts liegenden Festungen. § 8. Fortsetzung Es kann hier sehr leicht die Frage entstehen, wo die 2K Reserve bleibe, um nicht genommen zu werden? Die Antwort ist: wo die großen bespannten Munitions-Reserven zu seyn pflegen, wo sie sicher sind u. ihr Unterhalt an Flüßen oder bei Magazienen keine besondern Kosten verursacht. Das übrigens einige Bataillone u. Escadronen, welche sehr gelitten haben und sich wieder retabliren sollen, als Deckung bei dieser Reserve sich befinden," verstehet sich von selbst. Ein Beyspiel mag diesen Gegenstand noch mehr erläutern: man wählt hier die Englische Armee in dem Feldzuge von 1794.2
" " 2
Aufenthalt der Armee.
Ort, wo die Reserve seyn konnte.
Bey Tournay und Courtrai
Bey Gent hinter dem Canal.v
Bey Gent und Oudenarde
Bey Dendermonde.
Statt „ befindet" (in Konzept und Reinschrift). Danach in der Vorlage ein Seitenwechsel, zu Beginn der folgenden Seite (fol. 19v) werden die Spaltenköpfe „Aufenthalt der Armee" und „Ort, wo die Reserve seyn konnte" wiederholt. Z u r damaligen Lage vgl. A b s c h n i t t V im ersten Band, insbesondere die z u s a m m e n f a s s e n d e n B e s c h r e i b u n g e n N r . 449-454.
288
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Bey Alost
Bey Mecheln hinter dem Canale.
Bey Mecheln
Bey Wahlhem hinter der Neethe.
Bey Antwerpen und Lier.
Zwischen Bergenopzom und Steenbergen in den Verschanzungen.
Bey Breda
Zwishen Breda und Gertrudeberg in der Verschanzung.
Bey Herzogenbush hinter dem Aa-Fluß
Bey Grav hinter der Maas.
Hinter der Maas.
Bey Nimwegen hinter der Wahl.
Bey Osnabrük
Bey Diepholz od[e]r Nienburg.*
Wurde die Englishe Armee in den großen Ebenen zwishen der Maas und Scheide geshlagen, so hatte sie unter dem Feuer ihrer 2™ ArtillerieReserve in den vershanzten Lägern zwischen Bergenopzom und Steenbergen oder zwishen Breda und Gertrudeberg eine Stellung, in der sie sich wieder sammeln und setzen könnte."
"
In der Vorlage folgt gestrichen: „Die 2" Reserve des General Clarfaye konnte in der Schlacht bey Courtray (den 10m und 11ш May 1794) zu dem darmstädshen Corps, welches auf der großen Chaussee zwischen Brügge und Courtrai gegen den letzten Ort vorrückte, stoßen und ihn beschießen, während der übrige Theil der Clarfayeshen Armee über die Heule ging und den Feind bey Bisseghem angriff. In der Schlacht am 18ш und 19ш May 1794 [diese Zahl in der Vorlage versehentlich vor „May" eingefügt] konnte die 2a Reserve der Clarfayeschen Armee das Corps des Generals von Hammerstein, welches Menin angriff, verstärken und diesen Ort bombardiren, während die Armee bey Werwick über die Lis ging und bey Linselle und Bousbeck den Feind eine Schlacht lieferte." * In der Vorlage folgt gestrichen: „ Man siebet aus dem obigen, daß man der 2® ArtillerieReserve sich zu den Unternehmungen, bei denfen] es insbesondere auf schwer Geschütz ankömmt, bedienen kann, und daß man überdies noch große Vortheile von ihnen erwarten darf, als Erleichterung der Bewegungen der Armee, Ersatz an Geschütz, an Munition u. Pferden bei großen Unglüksfällen, Mittel, die Artillerie einer Armee in einem guten Zustande zu erhalten u. s. w." Das anschließende untere Drittel der letzten Seite (fol. 20v) blieb unbeschrieben.
Nr. 78
289
§ 9. Fortsetzung Wären diese abgesonderten Reserve-Batterien unmittelbar bey der Armee, als gewöhnliche Reserve, und nicht 2 bis 5 Märsche 7 weiter zurück, so könnten sie die obigen Zwecke nicht erfüllen. 1. würden sie bei einer verlornen Schlacht* unter manchen Umständen mit verloren gehen und also ihr Haupt-Endzweck verfehlt seyn. 2. würden sie durch die vielen Märsche, Manoeuver u. s. w., welche bei einer Armee vorfallen, eben so wie andere Batterien leiden und also nicht in dem Stande sich befinden, diejenigen, welche herunter gekommen sind, ablösen zu können. Bey ihren Märschen hinter der Armee leiden sie weniger, sie nehmen die besten Wege, sie marschiren nach ihrer Bequemlichkeit u.s.w. 3. würden sie bey der Armee den Magazienen derselben zur Last fallen, statt sie, wenn sie 2 bis 5 Tage-Märsche" hinter ihr in einem Orte stehen, wo Fourage auf Flüssen herbeigeschafft werden kann oder sonst vorhanden ist, auf eine bequeme Art unterhalten werden können. § 10. Fortsetzung. Vielleicht wendet man gegen die 2ten oder abgesonderten ArtillerieReserven ein, daß man für die Infanterie und Cavallerie dergleichen nicht habe und sie also auch nicht für die Artillerie bedürfe. Es ist hier aber zu erwegen, 1. daß in einer unglücklichen Schlacht sehr leicht alle oder doch ein großer^ Theil der Artillerie verloren gehet, ohngeachtet die Truppen sich noch retten. Man erinnere sich nur an die Schlacht bei Kunersdorf und an die bei Mouscron (den 2 9 ш April) und die bei Mouveaux und Roubäix (den 1 8 м May 1794) 3 , wo bey der letztern der General Clarfaye ac und Herzog von York ihr sämtliches Geschütz verloren, ohngeachtet der Verlust der Truppen nicht außerordentlich groß war. 2. daß bei vielen Gelegenheiten das Geschütz nur zum Theil gebraucht werden kann und der übrige Theil ohne Nutzen die Armee ershwert, daß man also, wenn man sich zwekmäßig einrichten willad, das Geshütz einer Armee nach den Umständen muß versterken können. In einer Verschanzu[n]g, wo man sich bei einer Armee auf gewissen Punkten und bei einen shwachen Corps in allen Punkten defensiv verhalten muß, hängt der Wiederstand größtentheils von der Artillerie ab. In vielen andern Fällen ist hingegen wenig Geschütz und ein kühner Gebrauch desselben einer Ueberhäufung, bei der man immer ängstlich wegen des Verlustes seyn muß, vorzuziehen. Verändert aus „1 bis 3 Märsche ". Die folgenden drei Wörter fehlen in der Reinschrift. "" Verändert aus „einige Tage-Märschein der Reinschrift die frühere Fassung. "k In der Reinschrift steht versehentlich: „ gewißer". In der Reinschrift: „ Clärfäye ". ad Das Wort fehlt in der Reinschrift. 3 Besser bekannt als Schlacht von Tourcoing. y z
290
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Das Geschütz äußert erst eine große und entscheidende Wirkung auf 5 bis 600ae Schritt. Hier aber kann es auch leicht genommen werden. Ziehet man sich mit ihm, ehe der Feind in den recht wirksamen Cartätsh-Schuß kömmt, zurück, so wird man es freilich nie (es sey denn, daß die Armee in eine völlige Deroute käme) verlieren. Aber man wird auch mit 30 Stücken nicht so viel ausrichten als mit 10, mit welchen man den Einbruch erwartet. Eben so ist es bey dem Angriff. N u r durch ein kühnes Vorrücken bis auf 600 und oft bis auf 400af Schritt kann man die feindlichen Truppen übern Haufen werfen. % 11. Resultat des 6.. 7.T 8.. 9. u. 10. §s Man siehet aus den Bisherigen, das die Armee sich des Geschütz[es] der 2ten Reserve bei den Unternehmungen, bei welchen es vorzüglich auf schweres ankömmt und wo man dasselbe nicht zu verlieren Gefahr läuft, bedienen kann und also von ihm im wesentlichen beinahe den Gebrauch macht, den sie von ihm, wenn es immer bei ihr wäre, machen könnte; daß aber auch zugleich durch diese Einrichtung eine Menge andere Vortheile erhalten werden, als Erleichterung der Bewegungen der Armee, Ersatz von Geschütz, Munition u. Pferden bei großen Unglücksfällen u. a. m. ah Nach dem bisherigen Mobilmachungs-Plane ist zwar vorausgesetzt, daß eine Art Reserve-Armee statt finde, welche auch ihr Geschütz hat. Dies Geschütz ist aber kein Reserve-Geschütz, denn die Reserve-Armee ist bestimmt, zu agiren und zwar auf den Punct, auf den der Haupt-Schlag gehet, oder aber sich defensiv zu verhalten oder eine der agirenden Armeen zu verstärken. In allen 3 Fällen bedarf sie ihr Geschütz selbst. § 12.ai Anwendung der bisherigen Grundsätze 3 ' Bestand und Eintheilung des Geshützes bei den 3ten Theil der preussischen Macht, d. i. bei 12 Brigaden Inf. und a k Escadrons Cavalerie. " Verändert am „400 bis 600". "f Verändert aus einer nicht mehr ganz zu entziffernden Zahl, mutmaßlich „300". "г Dieser Absatz wurde eigenhändig hinzugefügt, zunächst als „$ 10". Bei der durch die Hinzufügung des neuen § 5 erforderlichen Umnumerierung wurden auch die in der Überschrift angegebenen Paragraphennummern angepaßt. Letzteres geschah nicht in der Reinschrift. "h In der Vorlage ist der hier einsetzende Absatz mit dem Bemerk „ (No. 1 gehört hierher) " von fol. 26r an diesen Platz auf fol. 22r geholt. " Ursprünglich „$ 10", wegen der Einfügung des vorangehenden Paragraphen zu „§ 11" umnumeriert (so auch noch in der Reinschrift), danach wegen der Einfügung des neuen 5 5 zu „§12." Es folgt eine längere Streichung, der die untere Hälfte von fol. 22r und den größten Teil von fol. 22v-23r und 24r-26r umfaßt. Zum Inhalt vgl. Nr. 77. Der neue, in der Reinschrift nicht berücksichtigte Text geht weiterauf der ursprünglich freigelassenen Seite fol. 23v. *k Hier eine absichtliche Lücke.
291
Nr. 79
I. 1.
2. 3.
II. 1.
2.
3.
Nach der jetzigen Vertheilung In den Treffen"1 sind bei jeden Bataillon 2 Stuk 6 Η der und bei der ganzen Brigade 1 Batterie 12i£dr zu 6 Stück 12fidigen Canonen u. 2 Stük 10 Ii dige Haubitzen. Hinter den Flügeln des lsten Treffens 5am Batterien reit. Art. In Reserve 3 Batterien 6Η der, jede zu 12 Stük, 1 Batterie 7fodige Haubitzen zu 8 Stük, 1 Batterie Mortiere. Nach der vorgeshlagenen Vertheilung.1" In den Treffen sind: bei jeden Bataillon 2 Stük 6iider, bei zwei Brigaden oder einer Division Inf. 1 Batterie 1 2 i i d r zu 6 Stük u. 2 Batt. reit. Art. bei der Cavalerie, in allen 152 Stük. In der lsten Reserve (also bei der Armee): 3 Batterien 12Η dr, jede zu 6 Stük 12U u. 2 Stük lO&dige Haubitzn, 1V2 Batterie lOiidige Haubitzen (12 Stük), 3 Batterien reit. Artillerie, jede zu 8 Stük 6iidige Canon[e]n u. 2 Stük 7 Ü dige Haub. In allen 66 Stük. In der 2ten Reserve (einige Tage hinter der Armee) sind 3 Batterien 12iider (jede zu 6 Stük 12Ϊ4 u. 2 Stük lO&dige Haubitzn), 3 Batterien 6&der (jede zu 12 Stük), 1 Batterie 7Udige Haub. u. 1 Batt. Mortiere, in allen 76.
Man kann gegen diese Eintheilung nicht einwenden, daß dadurch der jetzige Mobilmachungs-Plan übern Haufen geworfen würde, dies ist ganz und gar nicht der Fall, denn es ist hier nur von einer andern tactischen Eintheilung die Rede, bei der in der innern Verfaßung nichts verändert wird.
79. Tabelle
[?, nicht vor Herbst 1803?]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 191 fol. 12r (1 S.): Reinschrift, Schreiberhand.' Vergleich des bisherigen und des vorgeschlagenen Etats der Artillerie.
Verändert aus „ In der Schlachtordnung hei den Brigaden "m Verändert aus „2". "" Am Rande gestrichen einige Berechnungen. "
Mutmaßlich handelt es sich um eine Anlage zu Nr. 78. Aus Platzgründen wird die Tabelle geteilt abgedruckt.
292
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) Jetziger Etat
In der Linie und bei den Vorposten Artillerie zu Fuß
7h ge Haub.
lOiige Haub.
12 Ü der
72
lOiige Mortier
6Üder
3Üder
24
8
Reitende Artillerie
-
-
10
40
-
-
Regiments Artillerie
-
-
-
96
-
-
36
8
In Reserve bei der Armee Artillerie zu Fuß
8
Reitende Artillerie-
-
-
-
-
-
Reitende Artillerie
-
-
-
-
-
-
Regiments Artillerie
-
-
-
-
-
-
8
8
Reserve. 2 bis 5 Tagemärsche hinter der Armee Artillerie zu Fuß
72
Summa
24
18
172 302
Projectirter Etat 12ilder In der Linie und bei den Vorposten Artillerie zu Fuß
lOiige Haub.
24
7Üge Haub.
6iider
8
36 8
-
-
64
-
-
-
-
-
-
Reitende Artillerie
-
-
2
Regiments Artillerie
-
-
-
In Reserve bei der Armee Artillerie zu Fuß Reitende Artillerie-
lOiige Mortier
3 i i der
8 • 150
•
24 76
12 -
-
-
8
-
32
• 76
Nr. 80
293
Projectirter Etat 12ttder
lO&ge Haub.
7Ü ge Haub.
lOitge 6&der Mortier
ЗЙ. der
Reserve. 2 bis 5 Tagesmärsche hinter der Armee Artillerie zu Fuß Reitende Artillerie Regiments Artillerie Summa
ι 24
12
-
-
8
-
-
-
-
-
-
-
-
72
24
32
18
172
-
-76
-
-
8
8
• 76
302
302
Erklärung: Die Bataillone der Avantgarde und l 1 Reserve haben ihre Canonen bei der Reserve.
80. Plan
[?, nicht vor Herbst 1803 ?]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 191 fol. 13r (1 S.): Reinschrift, Schreiberhand.' Schlachtordnung bei dem vorgeschlagenen Etat der Artillerie. Zu Nr. 80: Das erste Treffen der Avantgarde besteht aus der ersten und zweiten Brigade seiner Infanterie, mit einer Batterie („2 Stück 7 b, Haub." und „ 6 [Stück] 6[Ь>] Кап.") auf jedem Flügel; das zweite Treffen besteht aus Kavallerie mit einer Batterie reitender Artillerie. Die „Armee" verfügt im ersten Treffen über acht Brigaden Infanterie und sieben Batterien Artillerie: zwei „Flügel Batt." (2 siebenpfündige Haubitzen, 6 sechspfündige Kanonen), vier „Batt. 12Ü der" und im Zentrum „1 Batt. 6Üd. 12 Stück ". Das zweite Treffen besteht aus Kavallerie mit drei „ Batt. r. Artiii." Die „Reserve" ist wie die Avantgarde zusammengesetzt, nur stehen auf ihren Flügeln rechts „24 St. 12b, d." und links „ 12 Stück lOÜge Haub." „2 bis 5 Tagemärsche" weiter hinten steht die „Entfernte Reserve von Geschütz, Munition, Pontons etc." Ihre „76 Stück nebst aller Reserve Munition " umfassen „24 St. 124 der in 3 Batt. ",„12 Stück tätige Haub. in 3 Halb Batt.", „8 Stück lOUg. Mort." und „32 St. 64 der in 6 Batt." Auf jedem Flügel stehen „ 2 Depot Bataillons ", dahinter „ 5 Esquad." Kavallerie.
'
Mutmaßlich handelt es sich um eine Anlage zu Nr. 78.
294
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
295
Nr. 81
81. Denkschrift
[?, 1802/1806 1 ]
GStA P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 202 fol. l r - 4 v (8 S.): Abschrift, Schreiberhand, mit eigenhändigen Korrekturen, Fragment. Vorschläge zur Verbesserung der Kosten.
der Ausbildung
der Regimentsartillerie.
Rechtfertigung
§ 8. Ein anderer Vorschlag, welcher wenigere Schwierigkeit in der Ausführung findet, aber nicht das Uebel vollkommen heilt. Wäre es auf keine Art möglich, die übele Lage der Regiments-Artillerie auf einem der vorgeschlagenen Wege abzuhelfen; war' es nicht möglich, dieses Gebrechen der Armee von Grund aus zu heilen, so möchte vielleicht auf folgende Weise dasselbe wenigstens vermindert werden. 1. Man nehme von jedem Infanterie-Regimente einen jungen soliden Officier und gebe ihm das Comando über die Regiments-Artillerie. Das Comando von 4 Stück 6ti dem mit 60 Mann, incl. der Knechte, und mehr als 40 Pferden nebst 6 Fuhrwerken ist beinahe eben so wichtig, als das einer Compagnie und verdient also wohl der besondern Aufsicht eines Officiers. Würde er auch in Friedenszeiten nicht dem Regimente ersetzt, so wird dies demselben keinen großen Nachtheil zufügen. 2. Alle zu diesen Posten bestimmte Officiere lasse man nach Berlin kommen, um dort 3 Jahre zu bleiben. Man gebe sie unter das Comando eines Stabs-Officiers, eines wirklichen und eines Stabs-Capitäns von der Artillerie und unterrichte sie in der Artillerie, sowohl theoretisch als practisch. Man befreie aber die 3 obigen Artillerie-Officiere von allem übrigen Dienst, damit sie desto besser die Aufsicht führen und den Unterricht ausrichten und beiwohnen können. 3. Man lasse die zum Comando der Regiments-Artillerie bestimmten Officiere a. im Laboratorio alle Arbeiten machen und selbst mit Hand anlegen; b. man lasse sie bei der Aufführung einer Schanze die Arbeit selbst dirigiren, Faschinen binden, Schanz-Körbe flechten, Palisaden setzen, Flader-Minen anlegen u.s.w.; c. man lasse sie bei dem Schießen und Werfen die Functionen der Bombardiere und Unterofficiere verrichten, damit sie das Detail in allen Theilen kennen lernen; d. man setze fest, daß sie einen Tag in jeder Woche während des ganzen Sommers mit 4 bespanntem Geschütz manoeuvriren und mit demselben Berg und Thal, Gräben und Hecken u. s. w. passiren, es in gewisse Suppositionen und in allen Terrain-Gattungen und Combinationen placiren und das Da von einer Offiziersausbildung u. a. in Magdeburg die Rede ist, stammt der Text offenbar aus der Zeit vor dem Krieg von 1806/1807. § 8 spielt anscheinend auf die in Nr. 73 angesprochenen schlechten Leistungen der Regimentsartillerie schlesischer Regimenter bei den Herbstmanöver an, vgl. Anm. 2.
296
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Auf- und Abprotzen, die Chargirung und das Avanciren und Retiriren (in jeder Lage, als auf Dämmen, in engen Oertern u.s.w.) bis zu der erforderlichen Fertigkeit erlernen. Könnte die reitende Artillerie hierzu nicht alle Woche einmal 4 Gespanne hergeben (welches doch wohl keine Schwierigkeiten hätte, vorausgesetzt, daß die jetzigen Batterien bespannt bleiben), so müßte man 4 Gespanne zu der Absicht halten; ich bin versichert, daß die Kosten von diesen 26 Pferden und 13 Knechten reiche Zinsen tragen würden, zumal, da man auch nun zugleich den Officieren die Behandlung der Pferde zeigen könnte. Eine Sache, die für sie äußerst wichtig ist. 4. Neben den obigen practishen Arbeiten unterrichtete man die Officierie der Regiments-Artillerie im Winter theoretisch. Man lehre die Wissenschaften, welche in der Artillerie-Academie vorgetragen werden. Man lese jedoch für sie ein eigenes Collegium, weil sie nicht so weit als die eigentlichen Artilleristen in dieser Wissenshaft gehen können, da sie weniger Vorbereitung haben. Da aber der theoretische Unterricht ohne Prüfung, ohne eigene Ausarbeitungen gewöhnlich seinen Zweck verfehlt, so muß der StabsOfficier, welcher über sie die Aufsicht führt, sie 1. alle 14 Tage in dem, was gelehrt ist, prüfen; 2. ihnen alle 14 Tage eine Ausarbeitung oder Aufgabe geben, und diejenigen, welche sie nicht gemacht oder nicht gut gemacht, in ihrer Versammlung zum Fleiß ermahnen, diejenigen aber loben, welche sich ausgezeichnet haben. Diese Ausarbeitungen müssen sich bald auf die Gegend um Berlin, bald auf eine Festung, von der man den Plan hat, u. s. w. beziehen. 5. Bei dieser Ausbildung entwerfe man ein Reglement für die Regiments-Artillerie, über ihre innere Verfassung, ihre Verhältnisse mit den Regimentern und Artillerie-Corps und über ihr Verhalten im Felde und in und vor Festungen und theile es den Officieren mit. 6. Um eine völlige Gleichheit bei der Regiments-Artillerie zu bewirken, um eine Art Direction für dieselbe zu haben, welche für ihre zweckmäßigere Einrichtung und Uebung verantwortlich ist, ernenne man in Friedenzeiten einen Stabs-Officier von der Artillerie zum Inspecteur der ganzen Regiments-Artillerie. Man gebe diesem auf, den Unterricht und die Exercize, welche jetzt die Regiments-Artillerie unter der Aufsicht der Artillerie-Officiere in Magdeburg, Stettin u. s. w. erhält, auf einen gleichen und zweckmäßigen Fuß zu setzen, diese Uebungen von Zeit zu Zeit in den verschiedenen Provinzen zu inspiciren und darüber zu wachen, daß keine Mißbräuche einshleichen, daß etwa zu treffende Verbesserungen auf eine gleiche und zweckmäßige Art geshehen u. s. w. Durch die jetzige beiläufige und einstweilige Aufsicht der ArtillerieOfficiere wird dieser Zweck auf keine Weise erhalten. Ihr Interesse, ihre Ehre wird nicht durch den schlechten Zustand der Regiments-Artillerie
Nr. 81
297
compromittirt, sie hassen im Gegentheil diese Einrichtung ihrer Fehler wegen; dazu folgen sie bei dieser Aufsicht zum Theil nach ihrer Diensttour und nicht nach ihren Fähigkeiten. Einheit zu bewirken hängt gar nicht von ihnen ab, da weder Unterrichts-Plan, noch Exercier-Reglement statt findet. Ein Mangel, welcher den Ungebildetesten in Erstaunen setzen muß. Niemand nimt sich dieses Zweigs an und was daraus entstehet, davon habe ich schon ein Beispiel von den schlesishen mobilen Bataillons angeführt. 2 7. Kömmt es zum Kriege, so marschiren, wenn der obige Vorschlag ausgeführt wird, die 4 Regiments-Stücke immer unter der Aufsicht ihres Officiers beieinander. Bei jeder Armee befindet sich aber ein Stabsofficier oder Capitän von der Artillerie, der die Inspection über die Regiments-Artillerie der Armee hat und sie auf Märschen, in Lägern u. s. w. inspicirt, dadurch die Officiere bei derselben in Thätigkeit erhält und sie zwingt, auf die Conservation der Pferde, Munition u. s. w. zu sehen und ihren Reglements und Instructionen nachzukommen. Die beiläufige Aufsicht der Artillerie-Officiere im Kriege entspricht nicht der Absicht; die Artillerie-Officiers haben so viel zu thun, bei dem ihre Ehre und guter Name in Anspruch kömmt, daß sie einen Gegenstand, um den man sie nicht verantwortlich machen kann und der ihnen ohnehin verhaßt ist, außer Acht lassen. 8. Durch die nach Berlin geschickten Officiere von der Infanterie haben die Regimenter nun Männer, die von allen Artillerie-Arbeiten und Verrichtungen unterrichtet sind und sich in jeder Lage zu helfen wissen. Setzt man dabei feste, daß jeder Officier seine Leute in allem, was einem Canonier nützlich sein kann, beim Regimente unterrichten muß und inspicirt ihn hierüber der Inspecteur der Regiments-Artillerie, richtet man ferner die Exercize und den Unterricht der RegimentsArtillerie in Magdeburg, Stettin u. s. w. zweckmäßiger ein, so wird man sowohl in Friedenszeiten als im Kriege durch die Anstellung der obigen Officiere die Regiments-Artillerie in eine bessere Verfassung setzen, als die ist, in der sie sich jetzt befindet. Immer ist dies dennoch nur eine augenblikliche Hülfe; und will man einen sichern Nutzen davon haben, so muß man nach einiger Zeit, etwa nach 6 oder höchstens 9 Jahren, mit den Officieren von neuen einen 3 jährigen Cursus wiederholen.
2
Das bezieht sich wohl auf die in Nr. 73 erwähnten schlechten Leistungen in den Herbstmanövern 1802 (oder 1801).
298 § 9
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Fortsetzung. Diese Einrichtung würde freilich S r Majestät dem Könige in den ersten 3 Jahren jährlich einige 1000 rh. kosten, doch möchten, wenn alles wohl eingerichtet wird, sich hierin auch noch Ersparungen treffen lassen. In jedem Falle aber wäre diese ohnehin nur einstweilige Ausgabe, sehr unbedeutend in Rüksicht des wichtigen Zwecks. Es gilt hier die Hälfte der ganzen Artillerie, welche die Armeen führen. Die Officiere von den Infanterie-Regimentern treten, wenn sie zum Stabs-Capitän kommen, wieder in die Compagnie. Es wird hierdurch der Vortheil erhalten, daß Officiere in die Regimenter kommen, welche alle Zweige des Dienstes kennen. Als Gribeauval in Frankreich die französische Artillerie zum Unglük für die deutschen Armeen auf den Fuß setzte, auf dem sie jetzt in Absicht der mechanischen Einrichtungen stehet, zeigte er auch die Nachtheile der von Valliere 3 gemachten Einführung der RegimentsArtillerie; aber das Vorurtheil von Valliere und das Interesse der Regimenter hinderte damals eine andere Einrichtung. Im Revolutions-Kriege, wo aller Mechanismus aufhörte, und der grade Weg des Nützlichen in Dingen der Art befolgt werden konnte, verlohr sich die RegimentsArtillerie bald; man wandte dagegen eine große Aufmerksamkeit auf die übrige, und wie die kaiserliche zahlreichere (bei jeden Bataillon 3 Stück 6 i i der starke) Regiments-Artillerie gegen die weit schwächere französische vom Artillerie-Corps bediente Artillerie bestanden hat, davon haben wir eine große Menge von Beispielen.
82. Denkschrift
[?, nach Mai 1801 ?]
G S t A P K , VI. H A N1 Scharnhorst N r . 203 fol. 31r-v ( V / 2 S.): Reinschrift, Schreiberhand, Fragment.
Folgen einer Verminderung der Artillerie. § 14. Läßt sich durch die Verminderung der Artillerie die Vervollkomnung derselben bewirken? Kann man besser bedientes und bewegbareres Geschütz führen, wenn man die Anzahl der Geschütze einer Macht vermindert?"' Die Behauptung, daß weniger, aber besser bediente und bewegbarere Artillerie mehrer, nicht so bewegbarer, nicht so exercirter vorzuziehen sey, ist im Allgemeinen allerdings richtig.
3
General Jean-Florent de Valliere (1667-1759), Generaldirektor der französischen Artillerieschulen, verfaßte u.a. die Ordonnanz der Artillerie von 1732.
Nr. 82
299
Es kömmt hier aber darauf an, ob ein Grad des Bessern in einem und demselben Artillerie-Corps durch die Verminderung statt finden könne? Würde, wenn die preußischen Armeen weniger Batterie-Geschütz ins Feld führten, als nach dem jetzigen Mobilmachungs-Plan bestimmt ist, das Geschütz bewegbarer seyn und besser bedient werden, als im entgegengesetzten Falle? Wodurch sollte ein Unterschied entstehen? Man würde hier vergebens eine größere Vollkommenheit zu bewirken suchen, denn auch bey dem jetzigen Mobilmachungs-System hat man die Vollkommenheit zu erreichen gesucht, welche die Fortschritte der Kunst im Corps und die besondere Lage und innere Einrichtung desselben verstatten. Daß hier nur von gleichen Calibern und einer gleichen Gattung von Artillerie die Rede ist, verstehet sich von selbst. Denn nehme man kleinere Caliber, oder statt Fuß-Artillerie reitende, so würde man die obige Frage immer unbedingt mit Ja beantworten können.1
"
Das untere Drittel der letzten Seite blieb
unbeschrieben.
300
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
3. Scharnhorst in der militärischen Ausbildung a. Denkschriften und Vortrage zur Ausbildung 83. D e n k s c h r i f t
[?, u m 1801 ?']
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 58 fol. 67r-99r (62V4 S.): Reinschrift, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen. Unterricht für Offiziere in der Kriegskunst. I. Veranstaltungen für höhere Offiziere. § 1. Notwendigkeit und Hindernisse. § 2. Mittel: Kriegshistorische "Vortragsreihen. Voraussetzungen, Hilfsmittel, Durchführung. § 3. Mittel zur Sicherung der Teilnahme. § 4. Auswahl der Lehrer. Ehrgeiz als Motivation. § 5. Vorteilhafte Auswirkungen der Veranstaltungen. II. Unterricht im Felde für Offiziere im mittleren Alter. $ 6. Zweck. § 7. Feldoperationen nur durch praktische Beispiele zu erlernen. § 8. Methodik des Unterrichts. § 9. Antriebsmittel für Teilnehmer. §10. Organisation: Zulassung, Lehrmittel, Lokal und Zeiten. § 11. Lehrer aus Generalstab, Ingenieur- und Artilleriekorps. III. Nutzen für stehende Armeen. § 12. Besser gebildete Offiziere an der Spitze. Offiziere bei Beförderung nicht mehr unvorbereitet. Anreiz zum Studium. Fruchtbare Diskussionen. Erkennbarkeit tüchtiger Leute. Widerlegung von Vorurteilen gegen Bildung von Offizieren. Begrenzter Nutzen von Manövern. Notwendigkeit theoretischer Kenntnisse. Z w e v t e Abhandlung O h n e Bildung der Officiere in der Kriegeskunst kann der Staat keine gute Anführung v o n seinen A r m e e n erwarten/ I.
Unterricht im Hause für die höhern Officiere. §1· Wir haben über die Artillerie, die Ingenieur-Wissenschaften und auch selbst über die Elementar-Tactik Vorlesungen, aber über die KriegesKunst, über die Operationen der Armeen, über die Geschichte des Krieges
" 1
Dieser Titel auf einem eigenen Deckblatt, fol. 66r. Einige Bezüge sind klar hannoverisch, insbesondere scheint mit „unsern Corps" (fol. 95r) das hannoversche Artilleriekorps, das Feldkorps von 1793/95 oder das Observationskorps in Westfalen gemeint zu sein. Andere Bezüge - etwa die Erwähnung Tempelhoffs als möglicher Lehrer sowie der Plankammer, die besonderen Verhältnisse bei „beträchtlichen" Armeen und die zentrale Rolle des Königs - deuten allerdings auf einen preußischen Adressaten. Es ist nicht klar ersichtlich, ob diese Denkschrift kurz vor oder kurz nach dem Übertritt in preußische Dienste abgeschlossen wurde. Auffällig ist jedenfalls die Erwähnung Berthiers in einer Reihe mit Carnot und Michaud d'Arfon; da es sich bei diesen um die von Scharnhorst anerkannten Köpfe der revolutionären französischen Armeedirektion handelte, dürfte sich das eher auf Berthiers Tätigkeit als Kriegsminister ab Ende 1799 als auf die als Napoleon Bonapartes Stabschef seit 1796 beziehen. Es könnte sein, daß Scharnhorst diese Abhandlung auch in der Potsdamer Militärischen Gesellschaft vorgetragen hat, vgl. Nr. 84, Anm. 1.
Nr. 83
301
fehlen sie uns, und grade hier bedürfen w i r sie am meisten, weil dieser Theil bey den höhern Officieren gänzlich vernachläßigt ist und auch bey Studieren besondere Hülfsmittel erfordert. Sehr große Hinderniße liegen hier der Ausführung in Rüksicht der bejahrten Officiere im Wege und doch muß man auf sie hauptsächlich sein Augenmerk richten. Eine eigentliche wissenschaftliche Vorlesung wird und kann nicht ihre Aufmerksamkeit reitzen, vielleicht wäre es ihnen sogar anstößig, sie zu besuchen.
§2. Man muß daher einen andern Weg einschlagen, man muß sie zu der Geschichte einiger der interessantesten Feldzüge einladen und dabey die Grundsätze der Krieges-Kunst gelegentlich, gleichsam unvermerkt vortragen. U m diesen Zweck aber desto sicherer zu erreichen, müßen alle möglichen Mittel angewandft] werden, dem mündlichen Vortrage durch sinnliche Darstellungen zu Hülfe zu kommen. Hierzu gehören 1. sehr große und sehr stark gezeichnete Karten von dem Kriegestheater, 2. nach einen großen Masstabe entworfene Pläne von Schlachten, Belagerungen und Positionen, 3. große Zeichnungen der vorkommenden Evolutionen der Truppen, deutlich und einem gewißen Maastabe gemäß dargestellt, 4. ein Auditorium, in dem die Zuhörer die aufgehangenen großen Plane von ihren Sitze übersehen und die Situation, die Stellung der Truppen u. s. w. unterscheiden können. Je umständlicher, deutlicher und zwekmäßiger diese und andere Zeichnungen gemacht wird, u m desto unterrichtender und nützlicher wird auch die Vorlesung seyn. Man muß daher auf jene eine ganz besondere Aufmerksamkeit wenden und ein paar junge Leute während einige Monaten, bevor die Vorlesung angehet, zu denselben anstellen. Die Vorlesungen müßen nie über eine Stunde dauren, nie tiefer ins Detail und in das Innere des Gegenstandes dringen, als es die Faßung der Zuhörer zuläßt, aber doch besonders anfangs bey jeder Zusammenkunft irgend eine nicht allgemein bekannte oder nicht befolgte Verhaltungsregel aufstellen, jedoch solche, welche so deutlich entwickelt werden können, daß nicht der geringste Zweifel über ihre Anwendbarkeit übrig bleibt. Es ist besonders anfangs eine Haupt Sache, die Zuhörer von der Nützlichkeit dieser Art Vorlesungen zu überzeugen, ohne sie zu sehr zu ermüden und viel Anstrengung von ihnen zu fordern. S3· Aber alles dies wird dennoch nicht derselben einen regelmäßigen Besuch sichern. Der Mensch ist ohne Unterschied von Natur träge b und Verändert aus „ nachläßig
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unterläßt das, wozu ihn nicht Bedürfniß treibt, Neugier oder Ehrgeitz reitzt - alle Antriebsmittel, welche hier nicht eigentlich statt finden. Es ist daher wahrscheinlich, daß eine Vorlesung dieser Art, wenn sie auch gleich in den ersten 4 oder 8 Wochen zahlreiche Zuhörer hätte, doch nach und nach bald die meisten derselben verliehren würde. Die größte Kunst bestehet bey den Anordnungen dieser Vorlesungen daher ohne Zweifel darin, daß man ihr einen bleibenden und regelmäßigen Besuch verschaft. Mehrere Mittel können hier angewandt werden. Wenn man gleich ein für allemal festsetzt, daß derjenige, welcher die Vorlesung besuchen will, sich verbindlich macht, dies unausgesetzt zu thun, es sey denn, daß ihn Krankheit daran verhindere, so wird man schon einen Schritt gewonnen haben. Man kann, um sicherer zu gehen, eine schriftliche Versicherung fordern. Man hat dazu eine hinlängliche Ursach. Ohne diese Versicherung würden hin und wieder Neugierige, die nur einige Wochen die Vorlesungen besuchten, sich finden und den Platz besetzen, den die Fleißigem mit Nutzen einnehmen könnten. Ein anderes Antriebsmittel zum Besuch der Vorlesungen bestehet darin, daß man einen General von hohen Range die Inspection über dieselben aufträgt und ihn befiehlt, sie zu Zeiten beyzuwohnen und am Ende ein Verzeichniß derjenigen Zuhörer an S£ Maj. den König einzugeben, welche die Vorlesungen unausgesetzt besucht haben. Die Festsetzung, daß nur Capitains und Stabsofficiere als Zuhörer in diesen Vorlesungen aufgenommen werden, daß sie nur für höhere Officiere bestimmt sind0, hat für manche etwas Einladendes und zeigt an, daß hier von keinen gewöhnlichen Unterricht die Rede ist. Sie befördert überdies auf eine directe Art den eigentlichen Zweck derselben, nur durch sie insbesondere die Stabsofficiere zu unterrichten. Vielleicht möchte es auch der Vorlesung ein Ansehen von Wichtigkeit geben, wenn man zu ihren Gebrauch aus der Königlichen Plan-Cammer2 diejenigen Karten und Plane leihweise hergebe, welche zur Erläuterung der Feldzüge, über welche gelesen wird, dienen könnten. Damit Officiere aus mehrern Garnisonen von ihr ohne Nachtheil des Dienstes und ohne lange Abwesenheit von den Regimentern profitiren könnten, so müßte nur im Winter, in Monat Nov., Dec., Januar und Februar gelesen werden, aber dann alle Tage unausgesetzt/ ζ. B. den Morgen von 10 bis 11 und dann wieder von 12 bis l. e
c d 2
Statt „ist". Folgt gestrichen: Folgt gestrichen:
„ so wohl den Morgen als den Nachmittag". „und den Nachmittag von 6 bis 7."
Die Plankammer war 1742 zur Herstellung von Terrainaufnahmen und Kriegskarten gegründet worden. Sie war in Potsdam beheimatet und organisatorisch bis 1816 dem Ingenieurkorps verbunden.
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Aus mehrern Ursachen muß man die Anzahl der Zuhörer bestimmen, über 20 bis 25 wird man nicht bewilligen dürfen, weil eine größere Anzahl nicht leicht einen und denselben aufgehangenen Plan zugleich übersehen kann. Bestimmte man nicht die Anzahl, so wird man in ersten Jahr viele Zuhörer haben, und in den folgenden desto weniger, und diese Abnahme wird der ganzen Einrichtung das Ansehen geben, als könnte sie sich nicht halten. S4·. Das wichtigste zu der Erreichung des Zweks, welchen man sich bey diesen Vorlesungen vorgesetzt hat, ist ohne Zweifel der Lehrer. Von seiner Geschiklichkeit und Beurtheilung, seinem Fleiße und seiner Achtung in der Armee hänget die Achtung des Instituts ab. Wo man einen Tempelhof hat, ist die Wahl sehr leicht, ein so berühmter Mann kann auch nur einem Institut der Art Eingang verschaffen. Ihn würdige Zöglinge, die in der Folge den Platz des Lehrers vertreten, werden sich bald finden. Es wird aber immer demnächst schwer werden, unter diesen zu wählen; der öffentliche Ruf ist hierin nicht immer sicher; aus diesen und noch mehrerern Ursachen muß mit den Lehrern in der Folge abgewechselt werden. Es muß von höherer Hand den Officieren, von welchen man glaubt, daß sie dazu geschikt wären, angetragen werden, den Unterricht ein Jahr zu übernehmen; findet sich hernach, daß ein oder anderer eine besondere Geschiklichkeit in den Vorlesungen gezeigt hat, so wird er nachher von neuen wieder dazu aufgefordert. Oeconomische Vortheile mit dieser Vorlesung für den Lehrer zu verbinden, kann den Zwek derselben sehr schaden. Sie muß nicht ein Ziel des Habsüchtigen, sondern des Ehrgeitzigen werden. Sie muß den vorzüglichsten Köpfen Gelegenheit geben, hier ihre durchdringenden Beurtheilungen, ihren großen Fond von Kentnißen ans Licht zu bringen. Der Staat gewinnt auf diese Art in mehrer Hinsicht. Er erhält fürs Institut gute Lehrer und sehr geschikte und gebildete Officiere, durch die, welche gereitzt werden, sich zu Lehrern zu bilden, und alles dies, ohne das es ihn etwas kostet.
Dieses sind die vornehmsten Veranstalltungen, welche man zur zwekmäßigen Dauer der Vorlesungen dieser Art treffen kann; vielleicht lassen sich noch andere und kräftigere anwenden, welche sich dem Verfaßer dieses Aufsatzes nicht darstellen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes rechtfertigt gewiß hier jede auch selbst harte Masregel, welche sich mit der Gerechtigkeit und Billigkeit verträgt!
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Bey einer glüklichen Ausführung kann diese Vorlesung zu der allgemeinen Verbreitung der höhern Theile der Tactik und des Feld-Krieges sehr viel beytragen und durch alle Waffen ihre Wirkung verbreiten. Officiere von Generalstabe und Ingenieur Corps, Lehrer von der Ingenieur, der Artillerie und andern Schule können durch sie einen neuen Unterricht genießen, in andere Gesichtspuncte geführt werden als die, aus denen sie bisher manchen Gegenstand ansahen. Freundschaftliche Dispute, wechselseitige Mittheilungen, nähere Würdigung der aufgestellten Erfahrungssätze, Untersuchungen ihrer Widersprüche, ihrer Anwendung u. s. w. werden nebenher bey ihnen der vollkomnern Bildung zu Hülfe kommen. Man irrt sich sehr, wenn man glaubt, daß diese Klasse von Officieren (die Lehrer der Artillerie, Ingenieur u.s.w. Schulen)' ein Collegium dieser Art nicht bedürfte. Die besondere Lage der Kunst erfordert jetzt ein neues Studium, eine neue Anstrengung der besten Köpfe. Die Verschanzungskunst, die Fortification, der Belagerungs Krieg, die Artillerie und die Elementar-Tactik kann ein jeder, dem es nicht an mathematischen Kentnißen fehlt, aus den Büchern gründlich erlernen, aber so ist es nicht mit der Kriegeskunst, d.i. den Feldoperationen u.s.w. Die Kunst, die Erfahrungen zu benutzen, aus ihnen allgemeine Regeln zu ziehen, ist nie gelehrt und erfordert auch schon einen großen Vorrath von Erfahrungen und Kentnißen und eine sehr scharfe und richtige Beurtheilung. Dazu verlangen in der Kriegeskunst alle Regeln so viele Rüksichten, daß man ihre Anwendung fast nicht zu lehren im Stande ist und daß man hier weiter nichts thun kann, als durch critische Untersuchung der besten Beyspiele die Beurtheilungskraft der Lehrlinge in dieser Art von Gegenständen zu bilden und sie dann der eigenen Laufbahn zu überlassen. Dieser Zustand der Kunst erfordert also die Hülfe der einsichtsvollsten und erfahrensten Männer, und der Staat hat Ursach, diese zur Belehrung der Officiere von Generalstabe und der Lehrer der Militairschulen anzuwenden. Auf diesen Wege ist nur eine allgemeine Verbreitung, ein allgemeiner Nutze zu erhalten. Unter den Officieren von der Infanterie und Cavalerie wird man zwar nur wenige finden, welche durch diese Vorlesungen sich auf eine gründliche Art belehren können, aber diese wenigen werden schon für die Mühe, welche auf die übrigen nicht mit gleichen Erfolg verwendet ist, eine hinlängliche Belohnung gewähren. Sie werden dereinsten zu Officiere von Generalstabe und zu Commandeuren, Chefs, Befehlshaber der Detaschements, Corps und Armeen kommen, und da dem Staate vielleicht wichtige Dienste leisten; die übrigen werden, wenn sie auch nichts lernen, welches nur bey wenigen der Fall seyn kann, jetzt f
Diese Parenthese eigenhändig
hinzugefügt.
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überzeugt werden, daß gewiße Regeln und Grundsätze der Kriegeskunst zur Führung der Armeen, Corps und Detaschement unentbehrlich sind und daß sie dieselben nicht kennen. Dies wird sie entweder zum Nachdenken und zum ernstlichen Studium veranlassen, oder doch von der Notwendigkeit überzeugen, daß sie ohne einsichtsvollere Gehülfen zu consultiren, ihre und die Ehre der Truppen compromittiren. 6
II.
Unterricht in der Kriegeskunst auf dem Felde. §6. Zwek. Es ist die Absicht bey diesen Aufsatz, eine Anleitung zu geben, wie Officiere von mitlern Jahren, welche schon einige Kentniße der Kriegeswissenschaften haben, in kurzer Zeit einen Unterricht in den höhern Theilen der Tactik (der eigentlichen Kriegeskunst oder den Feldoperationen) erhalten können, wodurch sie hernach mittelst der Leetüre sich bald eine solche Bildung zu geben im Stande sind, daß sie so gleich in Felde als Officiere vom Generalstabe, als Rathgeber bey den Befehlshabern der Brigaden, Divisionen, Detaschement, Posten und Corps mit ihren Kentnißen und ihrer Geschiklichkeit wichtige Dienste leisten, und wenn sie hierzu nicht Gelegenheit haben, sich durch die Erfahrung nun weit vollkommener als vorher ausbilden, und dereinst einsichtsvolle und wohl geübte Befehlshaber abgesonderter Theile der Armee werden können. §7. Nur durch den Unterricht auf dem Felde kann man den jungen Officier klare Ideen von dem Feld-Kriege beibringen. Die höhern Theile der Kriegeskunst, die Feldoperationen, können nicht gut anders, als durch Beyspiele erlernt werden. Puysegur, der erste systematische h Lehrer in den Anordnungen der Operationen eines Feldzugs, glaubte schon die Führung der Armeen auf keine zwekmäßigere Art als durch einen um Paris entworfenen Krieg, von den sein Schüler jede Position, jeden Marsch u.s.w. in der Natur besehen könnte, lehren zu können.
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Das untere Drittel dieser Seite (fol. 75r) und die ganze folgende blieben unbeschrieben. Statt „systematischer".
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Der verstorbene Graf Wilhelm von Bückeburg war dieser Meinung, wie sein Memoire sur la Meditation militaire3 beweiset. Es ist sehr in die Augen fallend, daß diese Methode (wenn die Motive jeder Bewegung, jeder Unternehmung deutlich entwickelt sind) den Lehrling weit klarere Ideen von den Operationen eines Feldzuges giebt als der Krieg selbst."' Denn in diesen bleiben ihn die Ursachen der Handlungen meistens unbekannt, er hat weder eine genaue Zeichnung von der Gegend, noch von den Stellungen der Armeen und Corps; er kann weder eine noch andere auf dem Terrain mit einer die Uebersicht erleichternden Carte nachsehen, die Stellung und Entfernung des Feindes und so viel andere Dinge, welche zur Beurtheilung der zu treffenden Maasregeln gehören, sind ihn nicht bekannt. Alle diese zum Unterricht über die Operationen nöthigen Kentniße behält der commandirende General für sich und nur höchstens ein paar Officiere des Generalstabes sind sie anvertrauet. Ganz anders ist es aber in den zum Unterricht entworfenen Kriege, hier bekömmt der Lehrling auf den Pappier erst die nöthigen Kentniße von den Zusammenhange des Ganzen, von den Ursachen der verschiedenen Bewegungen und Unternehmungen; dann siehet er auf dem Terrain jede Stellung, jeden besetzten Posten u.s.w. theilweise, in dem er immer das Bild in Umrißen vor sich hat. Hier lernt er also, sich auf dem Terrain zu finden und die Entwürfe von den Pappier aufs Feld zu übertragen. Aller theoretischer Unterricht in der Kriegeskunst bleibt denen, welche nicht im Kriege gedient haben (oder hier keine Gelegenheit gehabt haben, sich richtige Begriffe von den Operationen einer Armee zu machen) dunkel, wenn nicht durch Beyspiele auf dem Felde ihnen eine richtige Idee von den Maasregeln, welche eine Armee in einigen der an wenigsten verwickeisten Lagen befolgen muß, gegeben wird. Nur erst dann, wenn sie bey den Stellungen und Bewegungen eine ihnen bekannte Gegend vor Augen haben, wenn sie bey den Unterricht ein gewißes Terrain und eine gewiße Lage der Dinge sich denken, wird ihnen die Sache deutlich.
Memoire sur les exercices de meditation militaire, Bückeburg 1773. Die für die portugiesische Armee bestimmte Schrift (datiert: Hagenburg, 21. September 1773) wurde 1782 zu Lissabon in portugiesischer Ubersetzung publiziert; sie diente auch als eine Grundlage zu einer von Scharnhorsts frühesten Veröffentlichungen: Anleitung zur Leetüre und zu den Feldübungen der Officiere. Von dem Nutzen wissenschaftlicher Kenntniss, den Vorurtheilen gegen dieselben und dem gewöhnlichen Studiren, in: Militair-Bibliothek, 1. Stück, Hannover 1782, S. 5-38, Nachdruck bei Usczeck/Gudzent, S. 45-63, die ersten Seiten auch bei Gersdorff, S. 1-7. Das „Memoire" sowie einige dazugehörige Entwürfe wurden ediert bei: Curd Ochwadt (Hrsg.): Wilhelm Graf zu Schaumburg-Lippe: Militärische Schriften, Frankfurt a. M. 1977, S. 119-129.
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Ich weiß dies aus Erfahrungen, die ich bey den Unterrichte über den kleinen Krieg 1 im Jahr 1791 ertheilt habe. 4 Alle Mühe und Arbeit war so lange ich ohne Beyspiele lehrte fast vergebens. Als ich aber ein Terrain, daß jeder besah, bestimmte und eine gewiße Lage für die Armeen, Corps, Detaschements oder Posten jedesmal dabey annahm, merkte ich bald, daß ihre Begriffe von Tage zu Tage klarer wurden, die Beurtheilung sich bildete und eigene Reflexionen an die Stelle der bloßen Gedächtniß Sache traten. Es ist hier von einem nicht instruirten jungen Officier die Rede. Der ältere, welche die Kriegeskunst studiert hat, wird einen größern Nutzen von dem Kriege selbst haben, wenn er sonst sich Mühe giebt, den Zusamenhang der Operationen zu erforschen, die Stellungen zu recognosciren u.s.w. 1
§8. Ausführung des Unterrichts. Die Ausführung eines Unterrichts dieser Art erfordert, auch nur als Versuch in Kleinen, außer einen geschikten Lehrer doch wenigstens zwey Gehülfen und einige Schreiber. Diese müßen vorher in die Gegend, welche man zum Kriegestheater wählen will, sich begeben, sie genau untersuchen und die Operationen der beiden gegenseitigen Corps oder Armeen bestimmen; die müßen k hier die Positionen, das Detail der Vorposten, der Stellung der Neben- und Avant-Corps, die Dispositionen des Verhaltens in den verschiedenen Fällen, welche sich hier ereignen können, die Märsche, um sich gegenseitig zu nähern oder entfernen, Recognoscirungen, Posten Gefechte, Schlachten u. s. w. entwerfen. Es ist unmöglich, hier einen ganzen Feldzug zum Gegenstande seiner Arbeit zu nehmen; eine gewisse Periode desselben unter angenommenen Umständen ist auch zum Unterricht hinlänglich. Man wird hierbey zu den Haupt Operationen (d. i. zu denen, welche auf der Stelle nachgesehen werden müßen) keinen über 3 bis 4 Meilen großen District nehmen, damit die Untersuchung des Terrains von den Ort, wo man sich aufhält, nicht zu unbequem fällt. Wenn die Officiere an Ort und Stelle ankommen, so wird ihn[en] erst die Gegend gezeigt; sie untersuchen dieselbe, sie sehen hier theils ' ' k 4
Folgt gestrichen: „ und die Kriegeskunst Diese Anmerkung eigenhändig hinzugefügt. Statt „muß". Vgl. dazu auch das aus dem Unterricht an der Militärschule der Artillerie in Hannover entstandene „Handbuch für Offiziere" sowie das „Militätische Taschenbuch".
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auf die Beschaffenheit der natürlichen Gegenstände,1 theils aber auf die Entfernungen und die Namen der Oerter, Flüße, Bäche, Gehölze, Moräste u.s.w. Wenn sie nach einigen Tagen diese Arbeit geendigt haben, erhalten sie Abschriften von den obengenannten Entwürfen, welche durch Zeichnungen in den gewöhnlichen Special-Carten und durch en Brouillon gezeichnete1" Plane von den Stellungen u. s. w. erläutert werden. Jeder der Officier, welcher Unterricht bekömmt, erhält ein Exem plar dieser Plane, damit er die Stellungen und Anordnungen für sich auf das genaueste auf dem Terrain nachsehen kann; es wird ihn aber auch dieselbe in Ganzen auf der Stelle angewiesen, damit er keine vergebliche Wege zu thun braucht. Diese Arbeit würde, so nützlich sie auch an sich ist, dennoch nicht zum Nachdenken, zum Studium, zu eigenen Untersuchungen reitzen und also auch nicht die Beurtheilung wecken und bilden, worauf doch am Ende alles ankömmt. Hierzu werden eigene Ausarbeitungen von den Lehrer den Officieren, welche den Unterricht genießen, aufgegeben, und so wie der Lehrer das Detail von seinen entworfenen Operationen den Officiren mittheilt, giebt er ihnen beständig nebenher Ausarbeitungen von ähnlichen Inhalte. Nachdem ζ. B. ein Lager (eine Position) für eine Armee oder ein Corps mit den verschiedenen Vorposten bestimmt ist, wird das Detail der Ausstellung der Vorposten nur von einem Posten gegeben, von einen andern arbeiten es eben die Officiere, welche den Unterricht genießen, selbst aus; sie haben hier einigen Unterricht durch das gegebene Beyspiel; man zeigt ihnen indes übrigens noch die Quellen, aus denen sie sich weiter bey der Ausarbeitung belehren können. Man bestimmt ihnen genau die Größe der Ausarbeitung." Der Lehrer schreitet bey der Erklärung des Details seines Entwurfs der Operationen, so wie bey den Aufgaben zu den Ausarbeitungen, erst nach und nach zu den schwerern. Von den Vorposten gehet er zu der Beschreibung großer Patrouillen und dann zu der von Recognoscirungen über. Darauf folgen Beyspiele von der Besetzung, Befestigung, Vertheidigung und den Angrif abgesonderter größerer Posten, so wie es die Gegend zuläßt. Nachdem die einfachem Gegenstände durchgegangen sind, kommen die Entwürfe, welche ganze Corps und Armeen betreffen, die Anordnung einer Vorposten-Kette bey einer angenommenen Position, die Wahl einer Position für die Armee und die Disposition der Vertheidigung derselben unter gewißen Umständen, die Befestigung der Position einer Armee und die Disposition der Vertheidigung derselben; die Dis' m
"
Verändert am „ der Berge, Flüße etc." Statt „ gezeichneten Folgt gestrichen: „ und die Folge des Inhalts."
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position des Angriffes einer gegenseitigen, in einer bestimmten Position stehenden Armee, die Anordnung eines Marsches von einen Lager in ein anders, die Anordnung der Vertheidigung eines Flusses, einer Schanze, die Berennung und Einschließung eines festen Orts, die Führung einer Belagerung, die allgemeine Anordnung in einer Festung vor und während der Belagerung u.s.w. Alle diese Ausarbeitungen werden größtentheils von den Officieren ohne Situations-Plan blos nach der geographischen Karte und der Gegend selbst gemacht. Da, wo keine Situations-Plane zur Erklärung der Ausarbeitungen erfordert werden, bestimmen sie die Position, die Märsche und s.w. nach dem Nahmen der Berge, Mühlen, Gebüsche, Kämpe u. andern Gegenstände oder sie machen eine Zeichnung nach dem Augenmaß mit Hülfe der Landkarten, so gut es ihnen die Zeit erlaubt.
§9. Antriebsmittel zum Arbeiten für die, welche den Unterricht genießen. Die Haupt Sache ist, die Officiere, welche sich diesen Unterricht widmen, zu zwingen, alle ihnen mögliche Mühe und Aufmerksamkeit anzuwenden. In dieser Hinsicht ist es nöthig, daß sie die gemachten Ausarbeitungen in Gegenwart des Lehrers und aller, welche den Unterricht genießen, vorlesen, und daß nachher der Lehrer dieselben beurtheilt und die darin gemachten wesendlichen Fehler aus einander setzt. Damit er dies aber desto gründlicher kann, so werden sie ihm einen Tag vorher zum Durchlesen übergeben. Es muß ein Gesetz seyn, daß alle Ausarbeitungen, so bald sie übergeben sind, nicht mehr corrigirt werden können, ins Archiv des Instituts niedergelegt werden müßen und daß beym Schluß des jährlichen Unterrichts ein Bericht über die Fortschritte, welche jeder in den Studium gemacht hat, an Sr Maj. den König von den Lehrer ergehet, den er aber, um aller Partheilichkeit Grenzen zu setzen, jeden zu communiciren verbunden ist. Es ist nicht zu leugnen, daß die Beurtheilung der Aufsätze und der obengenannte Bericht viele abhalten werde, an dem Unterrichte Theil zu nehmen, welche dies unter andern Umständen würden gethan haben. Wenn sie aber ohne diese Beurtheilungen und Berichte nicht mit Intereße arbeiten, wenn ohne dieselben nicht ihre Ambition gereitzt wird, wenn ohne dieselben alle Mühe und Arbeit vergebens geschehen würde? Was ist denn anders zu thun, als sich dieses Mittels zu bedienen.
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Aeusere Einrichtungen der Anstallt· Wer den Unterricht genießt? Die Anzahl der Studirenden: der Ort, die Zeit, die Kosten. Zu diesen Unterricht können nur schon instruirte, nicht zu alte Officiere zugelassen werden. Wer sich dazu meldet, muß anzeigen, ob er Unterricht in der Mathematik gehabt und welche militärische Bücher er gelesen und studirt hat. Ohne einige wenige mathematische Kentniße, ohne einige Notizen von dem Gebrauch der Artillerie, von der Verschanzungskunst und Tactik kann zu diesen Unterricht niemand gelaßen werden. Es muß hier keine Waffe ausgeschlossen seyn, der Infanterist, Artillerist, Cavalerist und Ingenieur muß dazu gleiche Rechte haben. Die Anzahl der lernenden Officiere darf indes nicht über 10 seyn. N u r erst nach 1 oder 2 Jahren, wenn man siehet, daß der Unterricht Eingang findet, daß Lehrer sich dazu bilden, daß eine gewiße Form festgesetzt ist, etablirt man mehrere Institute dieser Art, so daß jährlich 20 oder 30 Officiere an denselben Theil nehmen können. Jeder Officier genießt vorerst 0 nur den Unterricht eines Sommers, es sey denn, daß in den folgenden Jahren sich nicht so viel noch nicht unterrichtete finden, als aufgenommen werden können; in den Fall kann ein und derselbe zwey oder mehrere Sommern von dieser Anstallt profitiren. Der Ort, wo der Unterricht ertheilt wird, muß alle Jahr verändert, aber eine große Stadt so viel als möglich vermieden werden. Die Kosten, welche dieser Unterricht erfordert, können von keiner Bedeutung seyn, indem er von einen ohnehin besoldeten Officier ertheilt wird. Die Miethe für Logis auf einige Monathe, die Zulage von 3 bis 4 zu Schreibern dienenden Unterofficieren kann in Ganzen nicht von Belang seyn. Aber 10 bis 12 Exemplare von den vornehmsten Büchern, welche die Officiere zum Nachlesen bedürfen, mögten anfangs eine Auslage von ein paar Hundertthaler erfordern. Diese Bücher bleiben aber hernach immer beym Institut zum Gebrauch. Im Junius, Julius und August können die Officiere ohne großen Nachtheil des Dienstes von den Regimentern abwesend seyn; übrigens hat man in diesen Monathen auch die beste Witterung zu erwarten. Drey Monathe ist allerdings für den Unterricht eine sehr kurze Zeit, die übrigen Verhältniße müßen entscheiden, ob er während September und October noch fortdauren kann.
°
Dieses Wort nachträglich
hinzugesetzt.
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§11. Die Lehrer. Es ist von größter Wichtigkeit, bey diesen Instituten Officiere zu Lehrern einzusetzen, welche die nöthigen Kentniße haben und durch ihre weitere Ausbildung? der Armee in der Folge vorzüglich nützlich seyn können. Denn es ist ausgemacht, daß bey jeden Unterricht im Anfange niemand mehr als der Lehrer profitirt. Die Officiere von Generalquartiermeisterstabe sind in Felde zu den Verrichtungen, welche hier gelehrt werden, angesetzt. Man kann daher von ihnen erwarten, daß sie vorzüglich sich zu diesen Unterricht schicken und daß die Vervollkommung, welche ihre Bildung dadurch erhält, der Armee in der Folge von wesendlichen Nutzen seyn wird. Sie haben überdem in Friedenszeiten seilten einige Dienst-Verrichtungen, aus mehreren Ursachen muß ihnen also vorzugsweise dieser Unterricht übertragen werden. Wird von Anfang an bestimmt, daß alle Jahr mit den Lehrern gewechselt werden soll, so wird man nach und nach die vornehmsten Officiere 4 von G. Q . M. St. zwingen, ihre Verrichtungen auf eine sehr ernstliche Art von neuen zu studiren und sich in ihren practischen Arbeiten zu üben. Man muß nur die Vorsicht benutzen, daß man anfangs die geschiktesten dazu ansetzt, um erst eine zwekmäßige Form des Unterrichts einzuführen und andere, welche nicht die erforderlichen Fähigkeiten und Kentniße haben, dadurch eine Art Anleitung, wie sie verfahren müßen, zu ertheilen. Es ist ganz in den gewöhnlichen Lauf der Dinge, daß auf diese Weise die Lehrer einander übertreffen oder doch nicht gegen einander zurückstehen wollen und daher die größte Anstrengung in ihren Unterricht anwenden werden. Ihre Ausarbeitungen, ihre Aufgaben u.s.w. kommen in mehrere Hände, sie sind nun der Beurtheilung der Kenner ausgesetzt und fehlt es ihnen r an Wissenschaft, an Einsicht und Beurtheilung, so wird dies jetzt allgemein bekannt. Auf diese Art wird also der Unterricht, welcher den jungen Officieren der Armee ertheilt wird, in eigentlichen Verstände eine Uebungs und Prüfungsschule für die Officiere von Generalquartiermeisterstabe. Dies ist eine wichtige Sache für die Armee, da so sehr viel von dieser Klasse von Officieren abhängt und in der Wahl derselben so große Fehler gemacht werden. p
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Folgt gestrichen: „(zu welchen der Unterricht auf die sicherste Art Veranlassung giebt)". Verändert aus „ daß alle Jahre dazu ein ander angesetzt werden soll, so wird man nach und nach alle Officiere Statt „Ihnen".
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Auch die beiden Officiere, welche den von Generalquartiermeisterstabe als Gehülfen bey den Unterricht zugegeben sind, lernen bey dieser Gelegenheit alles das, was einer von den übrigen Officieren nur erlernen kann, denn sie werden, da sie zur Anweisung auf manche Art mit dienen, gezwungen, sich vorzüglich Mühe zu geben. Man wählt hierzu einen von Ingenieur und den andern von Artillerie Corps, damit der Lehrer Gehülfen hat, welche mit dem Detail der Artillerie und Ingenieur-Wissenschaften bekannt sind und ihn darin, wo es erforderlich seyn möchte, unterstützen und rathen können. 5
III.
Ueber den Nutzen der Bildung der Officiere in der Kriegeskunst für die stehenden Armeen.'
§12. Sind die eröfneten Institute zu den Unterricht in der Krieges kunst" erst auf einen bleibenden Fuß etablirt, so ist es unmöglich, daß die jetzige Unwissenheit in derselben noch lange fortdauren und auch hernach wieder eintreten kann. Dann ist zu hoffen, daß Männer an die Spitze der Armee und Corps kommen, welche durch die Feldzüge eines Turenne und Montecuculi, Luxenburg, Graf von Sachsen, Friedrichs des 2 Ш und Herzogs Ferdinand gebildet, dieselben auf eine Art führen, welche der Nation nicht zur Schande gereichet. Zwar finden sich in unser deutschen Armee jezt hin und wieder vielleicht Individuen, welche der großen Forderung eines Befehlshabers entsprechen, aber wenige einzelne Männer können einen Staat nicht sichern. Dieser kann nur erst dann eine gute Führung seiner Armee sich versprechen, wenn er eine große Menge gebildeter Männer dieser Klasse hat. Hätte das Wiener Cabinet und der Hof-Kriegesrath einen Carnot, Dar£on und Berthier, 5 die Armee einen Dumouriez, Pichegru, Moreau,
' ' " 5
Danach blieben die unteren vier Fünftel der letzten Seite (fol. 88v) unbeschrieben. Verändert aus.. III. Nutzen der Bildung der Officiere in der Kriegeskunst für die Armeen. Verändert aus „ Sind die Institute zu den Unterricht in der hohem Kriegeskunst". Lazare Carnot, der 1793-1797 im Wohlfahrtsausschuß und im Direktorium die militärischen Operationen der Französischen Republik leitete, und General Jean-ClaudeЁ1еопоге Le Michaud d'Argon, der dessen Commission de l'organisation et du mouvement des armees de terre angehörte, wurden bereits im ersten Band vorgestellt, ebenso die in der Folge genannten Generale. Alexandre Berthier (1753-1815) nahm als Ingenieuroffizier am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teil und trat danach in den Generalstab. Nachdem er 1789 die Nationalgarde von Versailles kommandiert hatte, wurde er 1792 zum Brigade- und 1795 zum Divisionsgeneral befördert. Seit 1796 fun-
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Bonaparte u. s. w. an der Spitze gehabt, wäre da Deutschland in der Lage, in der es sich jetzt befindet? Nur dann erst, wenn die Bildung bis zu einen gewißen Grad sich verbreitet hat, können in jeden Zweigen Männer von Einsicht, wenn der Staat in Noth ist, sich erheben. Wenn ein geschikter Heerführer keine geschikten Gehülfen um sich hat, wenn seine Unterbefehlshaber nicht die Umstände zu beurtheilen oder von den Augenblik zu profitiren wissen, wenn nicht in Cabinet und um den Monarchen Männer sind, welche jeden guten Plan beurtheilen können, welche die Vorbereitungen zu entfernten Ausrichtungen, die oft halbe Jahre vorher insgeheim eingeleitet werden müßen, treffen können? Was ist dann zu hoffen? Der Unterricht auf dem Felde hat einen eigenthümlichen und vielfachen Nutzen, welcher hier eine besondere Auseinandersetzung bedarf, ob gleich in § 7 auf denselben schon aufmerksam gemacht ist. 1.
Ein sehr wesendlicher Vortheil desselben bestehet darin, daß durch ihn der junge Officier (welchen es an Anlagen und Ausbildung oder auch an Fleiß fehlt) auf eine mechanische Art die vornehmsten Begriffe von den Operationen einer Armee erhält, sich nun, wenn er zu höhern Stellen kömmt, in allen seinen Verrichtungen in Felde, welche Bezug aufs Große haben, einigermaßen zu finden weiß und jetzt durch die Erfahrungen seinen Gesichtskreis noch mehr erweitert, statt er ohne jene Begriffe den Krieg wie der gemeine Soldat mitgemacht hätte, der gemeiniglich nichts von dem, was zu der Führung, zu den Anordnungen in Großen gehört, in denselben erlernt.
2.
lehrt der Unterricht auf dem Felde den jungen Officiern, die Kriegeskunst und die Geschichte der Feldzüge mit sehr großen Nutzen zu studiren, indem er ihnen die Anwendung der darin gegebenen Regeln, Grundsätze und Erfahrungen zeigt. Diejenigen, welche sie schon studirt haben, werden erst durch denselben sichern Nutzen von ihren Anstrengungen erwarten dürfen. Man kann behaupten, daß ohne einen solchen Unterricht es jungen Leuten sehr schwer und zum großen Theil unmöglich wird, sich rich-
gierte er ständig als Stabschef Napoleon Bonapartes, der ihn nach seinem Staatsstreich 1799 zum Kriegsminister ernannte. In diesen beiden Funktionen diente Berthier bis zur ersten Abdankung Napoleons 1814 und wurde entsprechend geehrt. 1804 erfolgte die Beförderung zum Marschall, nach dem Frieden von Schönbrunn die zum Fürsten des bis dahin preußischen Neuchätel, 1809 die zum Fürsten von Wagram. Nach Napoleons Rückkehr von Elba konnte er sich nicht entschließen, sich dem Kaiser wieder anzuschließen. Er starb durch einen vieldiskutierten Sturz vom Balkon des Bamberger Schlosses während des Durchmarsches russischer Truppen.
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tige Ideen von den Operationen der Armeen und den' Anordnungen derselben* zu machen; man erinnere sich nur an das, was hierüber schon in § 7 gesagt ist. 3.
Die Achtung, mit der dieser practische Unterricht behandelt wird, das Neue desselben reitzt manche Officiere, die sonst nicht diese Art Beschäftigung lieben, sie zu frequentieren - ihre Ambition zwingt sie, sich in derselben Mühe zu geben, den Unterricht zu faßen - unvermerkt kommen sie nun zum Studium, die Sache gewinnt für sie Reitz, die Geschichte der Feldzüge unterhält sie, und jetzt läßt die Zukunft in ihnen uns geschikte und brauchbare Officiere sehen, statt ohne diese Veranlassung sie zu den höhern Posten ungeschikt geblieben und am Ende der Armee zur Last gefallen wären. Die übrigen Officiere, welche bey diesen Unterricht" ihre Kentniße auf eine Art anwenden lernen, welche den allgemeinen practischen Nutzen derselben nicht bezweifeln läßt, welche zum großen Theil in den Garnisonen mit neuen Eifer und weiter um sich sehenden Blik ihre Studien wieder anfangen und nun ihre Cameraden (welche nicht die Vortheile jenes Unterrichts genoßen) in der wißenschaftlichen Laufbahn zurücklassen, erregen unter der gebildetesten Klasse ohne Zweifel Weteifer und lenken die Aufmerksamkeit auf den practischen Theil der Kunst, den man hier hervor zu bringen trachtet.
4.
Ein sehr großer Vortheil dieses Unterrichts auf den Felde ist noch der vorhin erwähnte Einfluß auf die Bildung der Officiere des Generalquartiermeisterstabes, nicht allein in Rüksicht der größern Dienstvollkommenheit derselben, sondern auch in Absicht der Fortschritte der Kunst bey der Armee. Man kann mit höchster Wahrscheinlichkeit voraussehen, daß diese jetzt bald eine größere Achtung erhält, mit mehren Eifer studirt wird und eine Vollkommenheit erreicht, die man vielleicht unter keinen andern Umständen erwarten dürfte. Nun erscheinen hierüber Schriften in Druk, es entstehen Streitigkeiten über einzelne Vorwürfe, und die Armee findet in sich bald Männer, die unter allen Umständen sie auf eine zwekmäßige und ehrenvolle Art, so wohl in Einzelnen, als Ganzen, führen, so wohl im Cabinette, als auf dem Felde, den Staat zu Stütze dienen können.
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*
Statt „dem". Folgt gestrichen: „ welche Beziehung aufs Terrain und die besondere Lage, in der man sich befindet, haben". Verändert aus „ welche in der Kriegesschule", wobei „ in " versehentlich stehengelassen wurde.
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5.
Dieser practische Unterricht wird die vielen jungen Officiere, welche der Leetüre und den Studium sich widmen, aber nicht eigentlich die Kriegeskunst zum Gegenstand ihrer Anstrengung genommen haben, zu derselben hinführen. Sie werden hier die höchste Zwekmäßigkeit der Arbeiten und den unmittelbaren Nuzen derselben nicht verkennen können. Das Neue der Sache wird ohnehin die Aufmerksamkeit reitzen, und so werden die Anlagen, welche sonst in den Gebiete der Gelehrsamkeit zerstreuet werden, nun zu einen gewißen, der Ehre und der Erhaltung des Militairs wichtigen Zwek gelenkt y und auf einen Punkt concentrirt.
6.
Ein sehr großer Vortheil des Unterrichts (der eigenen Ausarbeitungen) bestehet noch darin, daß er Gelegenheit giebt, die vorzüglichsten Köpfe der Armee, die Geschiklichkeit und Beurtheilung derer, welche sich auf eine auszeichnende Art appliciren, kennen zu lernen. Es ist ein großer Nachtheil, daß in beträchtlichen Armeen, deren Monarchen 2 keine andere Gelegenheit sich dazu darbietet, daß er hier nur auf die geringe Anzahl derer, welche Conexionen haben oder welche der Zufall oder günstige Umstände ihn bekannt machen, eingeschränkt ist und daß auch hier seine Nachrichten sehr unsicher sind. Es ist eine ältere allgemeine Bemerkung, daß die Officiere, welche sich den Studien widmen, welche vorzüglich Kentniße sich erworben haben, keine gute Soldaten sind, sich nicht der Subordination unterwerfen u.s.w. Dieser Punkt verdient hier eine nähere Untersuchung. Ist von der Philosophie, den schönen Künsten und Wissenschaften oder von irgend einer33 andern nicht zum Gebiete der Kriegeskunst gehörenden Wissenschaft die Rede, so mag die obige Bemerkung in einiger Hinsicht ihre Richtigkeit haben. Die ab Philosophie (die theoretische) und verschiedene andere Zweige der Gelehrsamkeit können den eingeschränkten Kopf allerdings eine Stimmung geben, welche sich nicht mit den Geist, der in den Militär herschen muß, verträgt. Aber ganz anders ist es mit dem, der die Kriegeswissenschaft und vorzüglich die Kriegeskunst studirt und sich practische Kentnisse erworben hat.
Verändert aus „ verwendet Das Wort und dieser Nebensatz vom Singular zum Plural geändert, nicht aber der folgende. " Statt „einen". "b Verändert aus „Unsere". y 1
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Die Vorzüge, die größere Achtung, die er hierdurch genießt (denn sehr klein wird die Anzahl dieser in jeden Fall nur seyn), ac spornt ihn noch mehr an, seinen Vorgesetzten nützlich zu seyn und erzeugt bey ihm eine Thätigkeit, die gewöhnlich den andernad fehlt. Ich darf mich hier auf die Erfahrung (die niemand in unsern Corps unbekannt ist) beziehen. Alle unsere jungen Artillerie-Officiere, welche sich in der Artillerie-Schule 6 durch Fähigkeiten und Fleiß auszeichneten, waren im Felde bey jeden Vorfalle die bravesten, thätigsten u. geschiktesten, und es ist eine anerkannte Wahrheit, daß die vorzügliche Achtung, in welcher die hannövrische Artillerie bey andern Nationen stand, diesen vorzüglich" zu verdanken ist. Ueberall bemerkt man, daß diejenigen, welche einige Beurtheilung von der Führung des Ganzen haben, welche den Gang des Krieges beobachten, auch gerade die sind, welche sich vorzüglich mit Eifer für den guten Erfolg der Unternehmungen intereßiren, ein lebhaftes Gefühl für die Ehre der Armee bey jeder Gelegenheit an den Tag legen und da, wo es erfordert wird, jeder Aufopferung af sich unterwerfen. Es ist natürlich, daß die höhern unwissenden Officiere gegen eine beßere Bildung eingenommen sind, daß sie den Werth des Officiers nach der Erfahrung beurtheilt haben wollen - nur hierdurch können sie ihren Stolz noch einigermaßen schmeicheln." 8 Behauptet man, der Officier müße sich auf nichts, als was der Dienst des Grades, in den er sich befindet, erfordere, appliciren, so giebt man auch ganz unwiedersprechlich zu, daß der höhere Officier keine weitere Kentniße als der Unterofficier bedürfe, denn in den Dienst bis incl. zum Capitän lernt der Officier nichts mehr als der Unterofficier. Will man, daß der Officier, wenn er zu höhern Stellen kömmt, erst die höhern Theile der eigentlichen Kriegeskunst studiren soll, so fordert man Dinge der Unmöglichkeit. Dies ist nicht das Alter, in demah man eine ununterbrochene Anstrengung des Geistes erwarten kann, in den man sich trokenen theoretischen Arbeiten unterwirft, dies ist die Zeit für die Anwendung der schon erlangten Kentniße und für die weitere Ausbildung derselben. Ueberdies hat jeder, wenn er zu spätem Jahren gekommen ist, eine gewisse Lebensweise, die er jetzt nicht mehr ändert; täglicher Dienst, Schwächlichkeit des Körpers, häußliche und viele andere Hinderniße halten ihn
"c Diese Parenthese nachträglich hinzugesetzt. "d Folgt gestrichen: „ Offideren " Verändert aus „ diesen (allein diesen jungem) Officieren ". Statt „ Aufopferungen ". "s Verändert aus „ können sie ihr Ansehen noch einigermaßen ah Statt „denen". 6 In Hannover.
erhalten."
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Nr. 83
ab, noch eine neue Laufbahn zu betreten, welche nur seilten ganz ausgeführt wird, wenn der Geist in seiner blühensten Periode ist. "Uebrigens hat man ganz und gar keine Ursach, sich zu fürchten, daß die Anzahl der Officiere, welche sehr ernstlich studiren und dadurch in Frieden in den Garnisondienst und der Manual Exercize vielleicht in Eifer etwas nachlaßen könnten, groß seyn wird. In einer gewißen Zeitperiode glaubte man, man könne den Officier allein durch die großen Manoeuver bilden, aber Friederich der Große, der hier in allen Armeen zum Vorbilde diente, war doch nicht der Meinung. *a' Gleichwohl sind diese Manoeuver doch für die Bildung der Officiere sehr wichtig, man hat während eines langen Friedens keine andere bildliche Darstellungen von unser Art den Krieg zu führen und Mittel, den kriegerischen Geist zu unterhalten. Sie veranlassen, daß der Officier bey der Führung der Truppen einen Blik auf die besondern Umstände und das Terrain wirft, dabey geben sie einige allgemeine Ideen von den Vorfällen des Krieges und besonders von den Schwierigkeiten und den Hülfsmitteln, die Truppen in großen Fronten in allen Arten von Terrain unter einen abwechselnden Feuer in Ordnung zu erhalten. Ohne sie würde eine Armee, wenn sie einige Zeit Frieden gehabt hätte, in Kriege die Ausführung mancher vortheilhafter Disposition nicht unternehmen dürfen. Diese und andere Vortheile kann man den Manoeuvern nicht absprechen, indes leisten sie dieselben doch nur in einem gewißen Grade und einsichtsvolle Officiere behaupten, daß man über die verwickeltesten Vorfälle im Kriege bey ihnen auf keine Art sich unterrichten könne; daß sie überhaupt weniger dazu dienten, den Officier mit Ideen von mancherley militärischen Entwürfen zu bereichern, als einige Begriffe von den Gefechten und eine gewiße Fertigkeit der Ausführung der Bewegungen zu geben; daß man durch sie wohl gute Anführer in der Linie, aber keine für die einzelnen Haufen bildete, wenn man mit ihnen nicht das Studium der Kriegeskunst und der Geschichte des Krieges verbände; daß sie keine Schule für den Officier wäre, der sich mit Hülfsmittel in jeder Lage im Kriege zu bereichern suchte, der sich in den Stand setzen wollte, ein abgesondertes Corps oder eine Armee nach den feinern Regeln der Kunst (dem Ueberlistungs-System) zu führen. Wer nicht die Physik als Wissenschaft studirt hat, den werden die Experimente dieser Wissenschaft wohl einige Ideen geben und einige Fertigkeit, sie selbst auszuführen, aber er wird dies immer nur mechanisch thun, und besondere Anwendungen derselben wird man von ihn Der hier einsetzende Satz eigenhändig hinzugefügt. Am Ende dieser Seite (fol. 97r) auch das Fußnotenzeichen „aber
kein Text.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804) nicht erwarten dürfen, weil er weder ihren Zwek, noch ihre innern Verhältniße mit der Wissenschaft in ganzen Umfange kennt. Die Geschichte des Krieges unser Zeit scheint ganz überzeugende Beweise darzustellen, daß von den theoretischen Kenntnissen, v o n dem Studium der Kriegeskunst und der Geschichte der Kriege am E n d e doch die Bildung der F ü h r e r der Armeen, der C o r p s u. s. w. abhänge. daß diese in Kriege bald die Fertigkeit der Ausführung erlangen und daß a k ohne jenes Studium weder der Krieg und noch viel weniger die großen Manoeuver den Officier," 1 der einzelne Abtheilungen der Armee, C o r p s . Detaschements u . s . w . commandiren soll, bilden.
84. D e n k s c h r i f t
[?, n a c h Mai 1801, v o r 2 6 . M ä r z 1803 1 ]
GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 145 fol. 4r-10v (14 S.): Reinschrift, Schreiberhand.3 ak
Folgt gestrichen: „ auser demselben ihnen die Manoeuver und die Ausarbeitungen den Felde einigermaßen statt des Krieges dienen könne [nl. und daß ohne". Verändert aus .Feldoff icier
"
Aus Linienführung und Orthographie ist ersichtlich, daß die als Vorlage benutzte Reinschrift von einem anderen Schreiber angefertigt wurde als die anderen, anscheinend früheren Konzepte (vgl. Anm. b und cj, allem Anschein nach auch jemand anderem als den sonst von Scharnhorst beschäftigten hannoverschen Schreibern. Dieses Exemplar wurde von einem Leser mit Bleistift mit Markierungen und einigen kurzen Bemerkungen versehen. Es dürfte sich um die im Protokoll der Militärischen Gesellschaft erwähnte Abschrift (vgl. Anm. 1) oder um eine von Scharnhorst zu deren Anfertigung hinterlegte Reinschrift handeln, vor deren Übergabe an den Schreiber oder Rückgabe an Scharnhorst ein Leser (möglicherweise der Protokollant) seine Anmerkungen notierte. Da von der preußischen Armee als „unserer" gesprochen wird, ist der Text offenbar an preußische Leser gerichtet. Das frühere Konzept Faszikel Nr. 145 fol. 12r-24r wurde noch im Dezember 1800 bearbeitet (vgl. Anm. c), der Verweis auf die „vor 10 Jahren" erschienenen „Patriotischen Gedanken eines Dänen" (1792) des Grafen Woldemar Friedrich von Schmettow (in einer gestrichenen Passage, vgl. Anm. aa) zeigt aber, daß die früheste Fassung dieser Denkschrift vermutlich nicht vor 1802 abgeschlossen wurde. Die als Vorlage benutzte Reinschrift stammt mutmaßlich von einem preußischen Schreiber, vgl. Anm. a. Nach der Abschrift eines Auszugs des Protokolls der Militärischen Gesellschaft zu Potsdam in GStA PK VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 337 (die Vorlage, damals Rep. 92, Deposit. Massenbach Manuskript 20, wurde mutmaßlich 1945 vernichtet) verlas Scharnhorst auf deren Sitzung am 26. März 1803 zwei Abhandlungen, als erste die vorliegende. Dazu heißt es: „Zuforderst zeigt der Vfssr. den Mangel eines solchen Feld-Unterrichts, den er in den allgemeinen und in den geheimen eintheilt, und gibt sodann die Mittel an, wie dieser Feld-Unterricht bearbeitet werden könnte. Es scheint, als dürfte die neue Organisation des Generalquartiermeisterstabes - wenn sie zu Stande kommen sollte - die Absicht des Herrn Vfssers., besonders was die Bearbeitung des geheimen Teils dieses Feld-Unterrichts betrifft, ungemein befördern. Da der Herr Vfsser. äußerte, daß er eine Skizze der zu bearbeitenden Materie entwerfen würde, so ersuchte ihn die Gesellschaft, ihr auch diese Skizze gütigst mitzuteilen. Diese Abhandlung hat Unterzeichneter bereits abschreiben lassen, sie circulirt." Bei dem Protokollanten dürfte es sich um Massenbach gehandelt haben. Die zweite von Scharnhorst
1
auf
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Reinschrift, H ä n d e mehrerer Schreiber, mit eigenhändigen Korrekturen und Zusätzen: ebda. N r . 146 fol. 7r-14v (14 S.);b Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Korrekturen und Zusätzen: ebda. N r . 145 fol. 12r-24r (22V2 S.).c Druck: H ö h n , S. 106,112f., 129,133, 305 (Zitate). Nutzen eines Unterrichts in der Kriegskunst für höhere Offiziere. [1.] Mangel von Instruktionen für den Felddienst. Versuche zur Überwindung der schädlichen Folgen in der Zeit Friedrichs II. [2.] Kunst der Überlistung in Operationen und in Schlachten. Durchführung theoretisch erdachter Stratageme im Felde. [3.] Allgemeine Instruktion für alle Offiziere, geheimer Unterricht in der Kunst der Überlistung für die höheren Befehlshaber. [4.] Notwendigkeit des allgemeinen Unterrichts. Vorschläge zur Durchführung. Sollte es nicht einer A r m e e v o n w e s e n t l i c h e n N u t z e n seyn, w e n n d e n O f f i zieren der obern d Classen ein Unterricht in der Kriegeskunst mitgetheilt w ü r d e , w e l c h e r die später entdekten u n d tiefer liegenden G r u n d s ä z z e u n d Regeln derselben enthielte?' U n d k ö n n t e nicht durch einen s o l c h e n U n t e r richt die mannigfaltigen A n o r d n u n g e n , w e l c h e bei einer A r m e e v o r k o m m e n , simplicirt u n d die A n f ü h r u n g ' derselben erleichtert werden? [1.] Wir haben in d e m Exerzier-Reglement aus der grossen M e n g e v o n m ö g l i c h e n E v o l u t i o n e n die unentbehrlichsten ausgewählt u n d zugleich festgesezt, unter w e l c h e n U m s t ä n d e n sie gebraucht w e r d e n sollen; wir haben dabei keine Hülfsmittel der A u s f ü h r u n g vergessen u n d auf diesem Wege eine V o l l k o m m e n h e i t in der Kunst, B e w e g u n g e n mit O r d n u n g z u machen, erreicht, die vielleicht nicht übertroffen wird.
vorgetragene Abhandlung ist aus dem überlieferten Auszug nicht ersichtlich, vielleicht handelte es sich dabei um die hier vorangehende „zweyte Abhandlung", Nr. 83. Nach dem archivalischen Titel des Faszikels Nr. 145 war die vorliegende Denkschrift „zum Cirkuliren in der M. G. zu Potsdam" bestimmt. Da viele der Spitzen (Geusau, Massenbach, Lecoq, Phull) und nachgeordneten Offiziere des Generalquartiermeisterstabes dieser angehörten (vgl. Nr. 1, Teil [15]), so stellte sie für Scharnhorst ein geeignetes Form dar, um seine Ideen auf informellem Wege in die laufende Debatte um die Reform des Generalstabs einzubringen. Ins Auge fallen auch die Parallelen zu der an den Generaladjutanten von Zastrow gerichteten Denkschrift Nr. 214 im zweiten Band. ь
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Der Titel der Denkschrift ist hier zusätzlich in gotischen Buchstaben auf einem gesonderten Titelblatt (fol. 6r) geschrieben. Das Papier trägt "Wasserzeichen einer offenbar niederländischen Firma (abwechselnd ein Löwe mit Schwert und Pfeilbündel mit der Devise „Pro patria" und der Name „D. & C. Blauw"). Bei einem der beiden Schreiber handelt es sich offenbar um denselben, der das Konzept (Faszikel Nr. 145 fol. 12r-24r) angefertigt hat. Mit dem von unbekannter Hand nachgetragenen Titel . Erste AbhandlungAuf der ersten Seite oben rechts die eigenhändigen Vermerke Scharnhorsts - nachgesehen " und „in Dec. 1800 corrigirt". Im Konzept eigenhändig verändert aus „ obersten Der erste Satz der Überschrift von der gleichen Schreiberhand steht auch auf dem gesonderten Titelblatt fol. 3r, dabei aber auffälligerweise mit der Schreibweise „Nuzzen". Im Konzept verändert aus „Aufführung".
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Wie unvollständig sind aber dagegen unsere Feld-Dienst-Reglements, wenn etwa dergleichen hin und wieder existiren! Ist es nicht fast 8 unerklärbar, daß die meisten Armeen gerade über die wichtigsten Theile der Taktik, über den mechanischen Theil der Marsch-Dispositionen, über die Schlachtordnungen, über die Fechtarten der verschiedenen Waffen u.s.w. keine Instruktionen haben, da doch für den Dienst und die Uibung in Friedenszeiten die unbedeutensten Dinge auf eine gleichförmige Art bestimmt sind?1" Daß dergleichen Instruktionen nicht Bedurfniß wären oder nicht gegeben werden könnten, ist eine nicht zu beweisende Behauptung, welche dem gewöhnlichen Menschen Verstände und den Erfahrungen der größten Heerführer wiederspricht. Schon in den Feldzuge 1757 und 58 fing der Herzog Ferdinand 2 an, weitläuftige Instruktionen zum Unterricht der abgesonderten Befehlshaber aufsezzen zu lassen und beim Anfange seines lezten Feldzugs bestimmte er einen immer zu befolgenden Mechanismus der Märsche seiner Armee. Der Marschall von Broglio bediente sich eben so wie Ferdinand einer bleibenden Anordnung der Bewegungen in der Armee, die er commandirte, wie seine gedrukte Instruktionen beweisen. Auch Friedrich der 2 й that etwas ähnliches, wenigstens für den Marsch von Sachsen nach Schlesien (1760). Bei einer Armee, bei welcher ein gewißer Mechanismus der Bewegungen, gewisse Regeln der Stellungen, des Gefechts u. s. w. festgesezt sind, wird man bald mehr Ubereinstimmung und Simplicität in den Anordnungen und der Ausführung derselben und weniger Misverständniße (der Feind aller Ordnung im Kriege) wahrnehmen, wenn auch selbst die Festsezzung nicht sehr zwekmäßig wäre. Der Mangel guter Instruktionen für die Armee verursacht, daß im Felde die meisten Offiziere, so bald sie etwas commandiren, nicht wissen, was sie zu thun haben. Sie sehen1 den Garnison-Dienst und die Exercize als ihre wesentlichste und vieleicht auch als ihre gänzliche Bestimmung an; sie hatten keinen Leitfaden unter der Menge von den größtentheils zum Unterricht sehr unzwekmässigen Schriften über die Kriegeskunst. Die meisten lasen überdem nie, wenn sie nicht Dienst und Pflicht zwang. Wie diese im Felde sich benehmen ist leicht vorauszusehen. Wer weiß nicht, daß die meisten Unglüksfälle immer ihren Grund in der schlechten Führung haben. Alle
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Statt „fast nicht" (verbessert nach beiden anderen Fassungen). Hierzu am Rande mit Bleistift die Anmerkung (eines Lesers?): „ nach bewährten Regeln [unleserliches Wort]". In Nr. 145 fol. 12-24: „ sahen Der bereits aus den ersten beiden Bänden bekannte Herzog Ferdinand von Braunschweig (1721-1792), 1757-1763 Oberbefehlshaber der aus hannoverschen, britischen, braunschweigischen und hessen-kasselschen Truppen bestehenden Alliierten Armee in Westdeutschland.
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angewandte Bravour, alle Geschiklichkeit der geübtesten Truppen werden durch einen Fehler irgend eines Unterbefehlshabers in einem Augenblick vernichtet. Der grosse König fühlte dies noch am Ende seiner Laufbahn bei dem Uiberfall von Dittersbach und Habelschwerd 3 (wie wir in seinen nachgelassenen Werken 4 lesen) und entschuldigte sich damit, daß in einer so grossen Armee als die preussische es unmöglich wäre, alle Menschen zu kennen, und daher hin und wieder unfähige zu höhern Posten unvermeidlich kommen müsten. Aber der seltene und grosse Mann kannte in diesen Punkt zu wenig die innern Verhältnisse unserer Armee. Es ist nicht die Sache übertrieben, wenn man behauptet, daß mancher Staabsoffizier nichts mehr von dem Feldkriege weiß als jeder gute' erfahrne Unteroffizier.11 Es kann auch nicht anders seyn, es wird von ihm dergleichen nicht in der Zeit, wenn er noch einiger Bildung fähig ist, gefordert; seine größte Lebenszeit bringet er in Frieden mit dem ordinären Dienst der Exerzize, dem mechanischen Manövre, der öconomischen Verwaltung der ihm anvertrauten Compagnien, Bataillons u. s. w. hin, und allein hiernach beurtheilt man ihn. Selbst sein Avensement und militäirische Ehre hängt nur hiervon ab. Denn daß sich seine Unkunde in den Kriegesvorfällen durch die Herbst und andern Manövres offenbare ist ein so seltener Fall, daß man nicht auf ihn rechnen kann1; er commandirt nie abgesondert, er befolgt eine ihn vorgeschriebene Disposition. Das traurigste dieser Laage für die Ehre der stehenden Armeen ist nun noch,™ daß nach dem Dienstalter gewöhnlich die unfähigsten zu den höhern Stellen kommen. Denn der Ehrgeiz (der im Kriege allein zu grossen Thaten ' к
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In der anderen Reinschrift (in Faszikel Nr. 146) folgt hier: „ und". In der anderen Reinschrift wurde dieser Satz eigenhändig verändert aus der auch im Konzept vorliegenden Fassung: „ Es ist nicht die Sache übertrieben, wenn man behauptet, daß unter 10 Staabsofficieren sich kaum einer findet, der von dem Feldkriege viel mehr weiß als jeder guter u. erfahrener Unteroffider, der ζ. B. in abgesonderten Posten die Sicherheits und Vertheidigungs-Anordnungen nach den verschiedenen Umständen zu treffen und auszuführen im Stande ist; und doch ist dies ein Gegenstand, der keine große Fähigkeiten und Beurtheilung erfordert." Die anschließenden Sätze sind in der anderen Abschrift vom Plural zum Singular abgeändert. Der Rest des Satzes fehlt im Konzept und wurde in der anderen Reinschrift eigenhändig hinzugefügt. Der Rest des Satzes lautet im Konzept: „ daß aus dieser Klasse größtentheils von bloß zum Friedensdienst gebildeten Officieren gewöhnlich (nach dem Dienstalter) die unfähigsten zu den hohem Stellen kommen." Diese Fassung wurde in der anderen Reinschrift mit auffällig dicht schraffierten Streichungen eigenhändig abgeändert. Bei diesem Gefecht am 18. Januar 1779 fiel der auf preußischer Seite dienende Landgraf von Hessen-Philippsthal in österreichische Gefangenschaft. Friedrich II. machte ihn für diese Schlappe in mehreren Briefen verantwortlich, woraufhin der Landgraf 1780 seinen Abschied nahm. Vgl. Friedrichs 1779 geschriebenen „Memoires de la guerre de 1778".
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reitzt) und die innere Kraft und Thätigkeit des Geistes schwächt und verzehrt den Körper, statt daß ein von Leidenschaften freies und ruhiges Leben ohne alle Anstrengungen ihn bis in die spätesten Jahre erhällt. Friedrich der 2 K hatte schon in frühern Zeiten die Nachtheile dieses Zustandes der stehenden Armeen durch unmittelbar denselben gegebene Belehrungen, so viel es für's erste möglich war, abzuhelfen gesucht, und dann sich der Nothhülfen durch die sogenannten" zugegebenen Generaladjutanten bedient. Der Feldmarschall Lascy 4 ist ihm gefolgt und hat durch die Verhältniße der Offiziere des kaiserlichen sehr zahlreichen Generalquartiermeisterstaabes auf eine gesezliche Weise den unfähigen Befehlshabern aller Art einige Gehülfen (größtentheils sehr mechanische Wegweiser) aufgedrungen. Wie es auch nun mit der Zwekmäßigkeit dieser Mittel sich verhalte, ein Beweis, daß diese Männer das Bedürfniß eines unmittelbaren Unterrichts für unsere Armee empfunden haben, liegt doch unwiedersprechlich drin. Der erste Unterricht des Königs an seine Generale 5 mag den Bedürfnissen und dem Zustande der Kriegeskunst damaliger Zeiten angemessen gewesen seyn, jetzt aber ist er es nicht mehr. In den spätem Instruktionen an seine Inspecteure, 6 über die Wahl eines Lagers, 0 bemerkt man mehr die Fortschritte der Kunst neuer Zeiten. Aber es scheint doch aus dieser sowie aus seiner Geschichte zu erhellen, daß er nach dem 7jährigen Kriege weder Geistes Ruhe, noch Zeit, noch Antrieb hatte, sich die Kunst in ihrer (zum Theil durch ihn) veränderten Gestalt wieder von neuem in allen Verhältnissen darzustellen und daraus Resultate und Lehren zu ziehen. Die Arbeit ist auch schwer; selbst die des mechanischen Theils, wenn die Zwekmässigkeit und Analogie, welche seit dem 7jährigen Kriege in die Elementar-Taktik gebracht ist, nicht auch in die höhere, wo sie erst rechte Früchte bringt, [gebracht] werden soll. [2.] Der wichtigste Theil der Kunst, Stratagems mit ganzen Armeen auszuführen, den nicht in den Geheimnißen der Kunst eingeweihten Feind in fast jeder Laage zu überlisten, liegt noch weit tiefer. Dieser Theil zerfällt in " 0 4
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Dieses Wort im Konzept gestrichen. Im Konzept verändert zu: „ Wahl der Positionen Franz Moritz Graf von Lacy (1725-1801), ebenfalls aus den ersten Bänden bekannt, fungierte im Siebenjährigen Kriege als Dauns Stabschef und wurde 1763 zum Generalinspekteur der Armee und 1766 zum Präsidenten des Hofkriegsrats ernannt. Vgl. Gerhard Scharnhorst (Hrsg.): Unterricht des Königs von Preußen an die Generale seiner Armeen, Hannover 1794. Friedrich II. schrieb das bereits im ersten Band mehrfach erwähnte Werk 1747 in seiner ersten Fassung auf Französisch (Les Principes generaux de la guerre), nach einer erweiterten Umarbeitung wurde es 1752 übersetzt und im folgenden Jahre unter dem Titel „General-Principia vom Kriege, appliciret auf die Tactique und auf die Disciplin der Preußischen Trouppen" gedruckt und an die Generale ausgegeben. Geheime strategische Instructionen Friedrichs des Zweyten an seine General-Inspecteurs, Leipzig 1800. Es handelt sich hierbei um einen verstümmelten Nachdruck der „Grundsätze der Lagerkunst und Taktik" von 1771.
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2 Abschnitte: 1.) in den der Uiberlistung durch den Plan der Operationen von verschiedenen Heerhaufen und 2.) in den der Uiberlistung in den Schlachten. Die Feldzüge von Türenne, Montecuculi und Luxemburg geben zu dem lten, und die Schlachten Ferdinands und Friedrichs des 2 m zu den letz[t]ern einigen Stoff. Immer mögen militärische Sceptiker behaubten, die Kunst sey den Zufällen unterworfen, dennoch können sie nicht leugnen, daß die seit dem Osterreichischen Erbfolge Kriege gelieferten Schlachten doch unwiedersprechlich beweisen, daß in der Geschicklichkeit der Einleitung eines vort e i l h a f t e n Mechanismus und in der Kunst der Herbeyführung des Unerwarteten gewöhnlich der Sieg liege, daß unter den Umständen, wie Noailles bei Dettingen, der Graf von Sachsen bei Recoux und Lafeld, Friedrich der 2 K bei Hohenfriedberg, Collin, Roßbach, Leuthen, Zorndorf, Torgau und Liegnitz, der Herzog Ferdinand bei Krefeld, Minden und Wilhelmsthal, der regierende Herzog von Braunschweig bei Pirmasens, die Verbundene p Armee den 2 6 й 0 Aprill 1794 bei Cateau 4 die Schlachten lieferte, nur eine verlohren gehet, wenn zehn gewonnen werden. 7 Wenn die angewandten Theile der Künste und Wissenschaften einen Schritt zur gr[ö]ßern Vollkommenheit thun sollen, so gehet gar oft eine abstrakte Idee von der Erhaltung irgend eines großen und wichtigen Entzweks voran. Dann versuchen die beßern Kopfe, sich ihrer in der Anwendung zu bedienen. Folards 8 Idee von schiefer Schlacht-Ordnung war blos ein theoretischer Satz der Taktik. Der Graf von Sachsen, Friedrich der 2 a und der Herzog Ferdinand suchten die Mittel, denselben anwenden zu können, ausfindig zu machen. Ihre Erfahrungen und Versuche, ihre angewandten Beobachtungen, ihre ausgefundenen Mittel, den großen Zwek in dieser oder jener Verbindung der Umstände zu erhalten, alles dies liegt jetzt vor uns. Wir wären unwürdige Nachfolger, wenn wir sie nicht benuzten und nun darauf ein System baueten. So ging es von jeher bei den Fortschritten in der Mechanik, Artillerie, Astronomie u. s. w. Galliläi hatte die Idee von der Bestimmung der Bahn geworfener und geschossener Körper, nach 1000 theoretischen und practischen Versuchen
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In der anderen Reinschrift verändert aus „ conlirte Dieses letzte Beispiel fehlt im Konzept. Bei den hier aufgelisteten Schlachten siegten zumeist die Armeen der von Scharnhorst genannten Feldherren, nur der Herzog von Noailles unterlag bei Dettingen der Pragmatischen Armee Georgs II. und Friedrich II. bei Kolin der österreichischen Dauns. Bei Le Cateau siegte ein vom Herzog von York befehligter britisch-österreichischer Verband. Der aus den ersten beiden Bänden bekannte Jean-Charles de Folard (1669-1752), der sich vor allem als Verfechter der Kolonnentaktik einen Namen gemacht hatte.
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gab erst im Jahr 1789 Tempelhof das Mittel an, diese Bahn so, wie es die Ausübung erfordert, zu bestimmen. 9 Freilich erfordert der Theil der Instruktion, r welcher die Stratagems der Armee zum Gegenstande hat, ausgebreitete Kenntniße und tiefe Einsichten, vorzüglich in dem Abschnitt über den Operations-Plan, in den Capiteln über die Positionen und Schlachten und den damit in Verbindung stehenden Gegenständen, und vieleicht nur in der preussischen Armee findet man Männer, die diese Abschnitte zwekmäßig zu bearbeiten im Stande sind. [3.] s Aus den angestellten Betrachtungen scheint sich zu ergeben, daß die ganze Instruktion in die allgemeine und die geheime zerfällt,1 daß die erste ungefehr das enthalten müße, was man in den besten praktischen Büchern über die Kriegeskunst findet, jedoch mit Rüksicht auf die individuelle Laage der Armee, für welche sie bestimmt ist, auf ihre besondern Einrichtungen und auf den jezigen Zustand der Kriegeskunst. Jeder Gegenstand würde bei der Ausarbeitung von neuem untersucht und auf feste Daten", so weit es durch Versuche und Nachforschungen möglich wäre, gebracht. Es würde oft im Text sich auf einige der vorzüglichsten Werke über die Krieges-Kunst und die Geschichte der instruktivsten Feldzüge bezogen, um dadurch unvermerkt zur weitern Leetüre Veranlaßung zu geben. Die geheime Instruktion, welche die Mittel enthielte, den Feind zu überlisten, müste, um nicht zu weitläuftig zu werden, Leser voraussezzen, welche nicht allein die allgemeine genau inne hätten, 'sondern auch die Geschichte der Feldzüge von Luxenburg, Türenne, Friedrich den 2 M und den Herzog Ferdinand kennten oder durch Werke und Plane, in denen sie enthalten sind, nachsehen könnten. Jene (die allgemeine) mögte allen Staabsoffizieren und Capitains ohne Unterschied, diese aber nur den Generals, Commandeurs und den Officieren vom Generalquartiermeisterstaabe w gegeben werden, jedoch mit
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Am Rande in Bleistift die Leseranmerkung:.. Instructionen zur höhern Taktik?" Im Konzept davor gestrichen: „Der Plan und die Einrichtung eines so wichtigen Werks erfordert aber auch in jeder Hinsicht die reiflichste Ueberlegung der einsichtsvollsten Männer." Dieser Satzteil am Rande mit Bleistift markiert und mit einem Ausrufezeichen hervorgehoben. Im Konzept verändert zu „ Data in der anderen Reinschrift zurück zu „ Daten ". In der anderen Reinschrift wechselt ab hier für eine Seite (fol. 12r) die Schreiberhand. In der anderen Reinschrift verändert aus „Generals und den Staabsofficieren von G.Q.M.St." Galileo Galilei (1564-1642) hatte die Bewegung geworfener Körper untersucht in: Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze, Leiden 1638. Mit Tempelhoffs „Mittel" ist vermutlich gemeint: Le Bombardier Prussien ou Du mouvement des projettiles en supposant la resistance de l'air proportioneile au quarre des vitesses par Mr. Tempelhof, Capitaine d'Artillerie, Berlin 1781.
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solchen Vorkehrungen, die ein weiteres B e k a n n t W e r d e n , wenigstens v o r s erste, hinderten." E s ist nicht zu leugnen, daß die der A r m e e gegebene allgemeine Instruktion mit der Zeit im D r u k erscheinen wird, aber es k ö m m t hier nur darauf an, o b sie auch zugleich in andern A r m e e n verbreitet seyn wird. Dies wird niem a n d bejahen, der weiß, wie wenig in den meisten, ζ. B. in den kaiserlichen, gelesen wird. U i b e r d e m m u ß es i m m e r im Frieden viele J a h r e dauern, ehe jener Fall eintretten kann, w e n n sonst zwekmässige Anstalten in dieser Absicht getroffen sind. y
N u r w ä h r e n d einer gewissen Zeitperiode nach dem 7jährigen Kriege imitirte m a n bei den meisten A r m e e n alle Einrichtungen der preussischen; auf den grossen M a n n und auf die grossen Siege w a r e n z u der Zeit aller A u g e n gerichtet. N a c h h e r hat sich das verlohren. D i e taktischen G r u n d s ä z z e v o n Saldern 1 0 haben nicht, 2 wie m a n es hätte erwarten sollen, in der kaiserlichen A r m e e E i n g a n g gefunden, vielweniger kann m a n dieß v o n den z u m Theil scientifischen Instructionen erwarten.
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Im Konzept folgt gestrichen: „ Um über den Plan und die Einrichtung sowohl der allgemeinen als geheimen Instruction sich bestirnt zu erklären, hat man hier einen kurzen Entwurf von derselben nebst der Ausarbeitung des Abschnitts über die Schanzen und verschanzten Läger beygelegt. Man findet in diesen eine Einleitung, welche nicht eigentlich zur Instruction gehört und nur ihre beygefügt ist, um den Zustand und die Anwendung der Verschanzungskunst aus dem rechten Gesichtspunkte darzustellen, die Vorurtheile gegen dieselbe zu bestreiten [ab hier eigenhändiger Zusatz:] und um vorzüglich die Grundsätze und Erfahrungen, auf welche man bey der Entwerfung der Instruction sich gegründet hat, anzuzeigen. Eine solche Einleitung muß jedem Abschnitte des Exemplars der Instruction, welches im Archive niedergelegt wird, beygefügt, überigens aber nicht ausgegeben werden. Dadurch wird der Vortheil erhalten, daß man bey in der Folge eintretenden Veränderungen der Instruction nicht die wahren, auf die Natur der Dinge und die Erfahrung gegründeten Grundsätze wieder verlasse, die Gründe und Beziehung der aufgestellten Regeln kenne und mit Gewißheit hier einen Weg zur größern Vollkommenheit der Kriegeskunst eröfne." In der anderen Reinschrift wechselt ab hier für eine Seite (fol. 12v) erneut die Schreiberhand. Diese Stelle am Rand mit Bleistift markiert und mit einem Ausrufezeichen hervorgehoben. Friedrich Christoph von Saldern: Taktische Grundsätze, Dresden 1786. Der bereits erwähnte Verfasser war berühmt für seine Verfeinerung der Bewegungen von Infanterieformationen.
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D i e Furcht, daß der Feind uns nachahme, darf nicht d e n W e g z u einer grössern V o l l k o m m e n h e i t bei s t e h e n d e n H e e r e n versperren." a b Dadurch k ö n n t e n wir sehr leicht e w i g e N a c h a h m e r des Feindes werden, u n d i m m e r in d e n vortheilhaftesten Einrichtungen zurük k o m m e n . U i b e r d e m k ö n n e n solche Instruktionen ja auch nur w e n i g e r in der feindlichen A r m e e bekannt w e r d e n , statt daß sie in der unsrigen nicht allein jedem bekannt, sondern v o n jedem auch studirt sind. H i e r ist auf einige Zeit ein gewißer u n d in der Z u k u n f t ein 100mal a c größerer Vortheil an unserer Seite. [4.] D a s Resultat der hier angestellten Betrachtungen bestehet darin, 1.) daß ein sehr gut ausgearbeiteter Unterricht für d e n Felddienst u n d die Feldoperationen z u m z w e k m ä s s i g e n Unterricht unserer A r m e e mehr
"
Das Folgende ist im Konzept eigenhändig auf einem zusätzlichen Doppelbogen hinzugefügt worden (fol. 21r-22r) und ersetzt die vorherige, eigenhändig redigierte Fassung von Schreiberhand, die offensichtlich auf dem Schluß der Denkschrift Nr. 216 im zweiten Band fußt: „ Alle haben Ursach, gemeinschaftlich für ihre Ehre und ihr Zutrauen zu arbeiten. Eine gewisse Klasse von Menschen scheint nichts weniger im Sinn zu haben, als die stehenden Heere sich selbst verächtlich zu machen und auf diese Weise sie zu vernichten. Ein sehr geschikter und bekannter Schriftsteller in Dänemark drang schon vor 10 [eigenhändig verändert aus „9"] Jahren öffentlich auf die Reduction des größten Theils des dänischen Militärs. [Gemeint ist: GrafWoldemar Friedrich von Schmettow: Patriotische Gedanken eines Dänen über stehende Heere, politisches Gleichgewicht und Staatsrevolution, Altona 1792.] Das vorzüglichste Journal damahliger Zeiten, Schlözers Staatsanzeigen, arbeitete] in allgemeinen zu eben dem Zweke. Wer verstehet nicht die Winke des Mannes, von dem die Welt sagt, er sey der größte theoretische Philosoph unser Zeit? [Gemeint ist: Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden, ein philosophischer Entwurf, Königsberg 1795.] Ein sehr gelehrter Soldat, der nach der gemeinen Sage noch vor kurzer Zeit eine Stelle [verändert aus „ der ersten Stellen"] in den preußischen Armeen bekleidete, sucht in seinen nun schon zu 3 Bänden angewachsenen Buche mit den feinsten Wendungen, den schönsten Witz, den intereßantesten Anecdoten die Verfaßung und Uebungen der preußischen Armee, die Kriegeskunst und selbst die Thaten des großen Königs lächerlich zu machen. [Gemeint ist: Georg Heinrich von Berenhorst: Betrachtungen über die Kriegskunst, ihre Fortschritte, ihre Widersprüche und ihre Zuverlässigkeit, 3 Bde., Leipzig 1797-98.] Kein Buch wird so gelesen wie seines und sein Recensent in unserm besten critischen Journal [Gemeint ist wohl Archenholz' „Minerva".] hält es schon für ausgemacht, daß das jetzige System der stehenden Heere (die stehenden Heere selbst) fallen müße.
So lange wie die Armeen Zutrauen in sich selbst und zu ihrer Kunst haben, verfehlen jene Aufsätze ihren Zwek und erzeugen eine gegenseitige Verachtung. Gründliche Kentniße in den Armeen zu verbreiten muß daher in allen Rüksichten unser Bestreben seyn. Belehrungen von höher Hand sind dazu das schnellste Mittel. Wer sich von denselben einen sehr großen Erfolg verspräche, mögte sich freilich irren, aber temporelle Vortheile kann, wie es scheint, ihr nur das Vorurtheil oder die Unwissenheit absprechen." "h In der anderen Reinschrift wechselt hierfür den Rest des Textes (fol. 13r-14r) erneut die Schreiberhand. "c In der anderen Reinschrift verändert aus „10 wo nicht lOOmal".
Nr. 84
2.)
3.)
Zur 1.)
2.) 3.)
4.)
5.)
6.)
7.)
327
und besser als die Werke, welche bisher über diesen Gegenstand geschrieben sind, dienen könnte. daß dieser Unterricht von grossen Nutzen seyn würde, wenn er auch nicht einmal zwekmässiger als die bekanntesten Werke wäread, weil er für etwas Besonderes gehalten und also mit größerer* Aufmerksamkeit gelesen würde. daß dieser Unterricht vorzüglich deswegen von sehr grossen Nuzzen seyn würde, weil er den grösten Theil der Armee, welcher sonst nicht lieset, zum Studium und zum Nachdenken über diese Gegenstände bringt. Ausführung schlägt man vor, daß eine Commission von mehreren Offizieren von allen Waffen ernannt wird, welche einen Entwurf von dem Inhalt eines solchen FeldUnterrichts macht, und die Stärke an Bogen (an Silben) für ein jedes Capitel bestimmt, damit die Instruktion nicht zu volumineus wird. daß die verschiedenen Abtheilungen dieses Unterrichts von einer Auswahl von Offizieren, welche man dazu fähig hielte, bearbeitet würde[n]. daß ein jeder dieser Offiziere diejenigen Abschnitte bearbeitet, welche er sich auswählt, und daß, wenn einige Abschnitte von mehreren Individuen bearbeitet werden sollten, die Commission unter ihnen die zwekmässigste Ausarbeitung auswählte. daß kein Ausarbeiter vorher weiß, daß ein anderer mit ihm einen Gegenstand zugleich bearbeitet, und daß überhaupt sich jeder auf Ehre verpflichtet, es nicht bekannt werden zu laßen, daß er mit an diesen Reglement arbeitet. daß die Commission die Ausarbeitungen aufmerksam durchgehet und bei denselben*' die nöthigen Bemerkungen macht, sie dem Verfasser zurükgiebt, und ihm es überläßt, ob er noch Änderungen zu treffen nöthig hällt. daß hierauf die Ausarbeitungen dem Könige vorgelegt werden und zwar, daß der Verfasser sie ihm selbst mit den von der Commission gemachten Bemerkungen vorlieset und da, wo es nöthig ist, die Grundsäzze, aus denen er seine Regeln abgeleitet hat, erklärt. daß der Verfaßer hierauf das, was der König nöthig findet, abändert und daß hierauf die Instruktion ohne weitere Veränderung und Auffenthalt gedrukt wird Hierbei ist noch zu bemerken, daß eine solche Instruktion nicht genug mit Planen versehen werden kann, theils weil eine bildliche Vorstellung die Uibersicht insgemein erleichtert, theils aber auch, weil dadurch,
Statt „wären". " In der anderen Reinschrift verändert aus „gewisser", "f Statt „derselben". ad
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
328
zumal wenn der Text so eingerichtet wird, daß man ihn nicht ohne Plan verstehen kann, der N a c h d r u k und die Bekanntwerdung verhindert wird. a g
85. D e n k s c h r i f t
[?, M a i 1 8 0 1 / J a n u a r 1 8 0 3 ? ' ]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 134 fol. 2r-4r (5 S.): Konzept, eigenhändig. I. Unterricht der Offiziere und Unteroffiziere der Schützen. Jährliche zentrale Herbstübungenу auch im Zusammenwirken mit Kavallerie. II. Unterricht der Mannschaften im Frühjahr bei den Regimentern.
I.
Die U e b u n g der Schützen zerfällt in 2 Theile, a 1. in die U e b u n g z u m Unterricht der Officiere u. Unterofficiere u. 2. in die jährliche U e b u n g bei den b Regimentern. U e b u n g z u m Unterricht der Officiere u. Unterofficiere U m eine allgemeine u. richtige Idee von dem Gebrauch der Shützen und des 3tn Gliedes den Regimenter[n] zu geben u. diesen neuen Zweig
"g In der anderen Reinschrift folgt hier (fol. 14v) die eigenhändige horst." " b 1
Unterschrift:
„Scharn-
Folgt gestrichen: „ 1. in die allgemeine, welche 1. Wird". Statt „dem". Es ist von Provinzen die Rede, die es in Preußen, nicht aber in Hannover gab. Es bestehen aber durchaus Parallelen zu Scharnhorsts Denkschriften zum Thema aus der hannoverschen Zeit, vgl. insbesondere Abschnitt II. 2. c. im zweiten Band. Zu diesem Komplex von Scharnhorsts Reformideen äußerte sich Zastrow in seinen „Bemerkungen Ueber die Vorschläge des Oberstlieutenants v. Scharnhorst zum beßern Gebrauch des 3ten Gliedes bey der Infanterie" (Abschrift: GStA PK, VI. HA N1 Scharnhorst Nr. 132 fol. lr-4r (6'/ 2 S.)) unter dem Datum Posen, 12. Januar 1803. Zastrow unterstützte Scharnhorsts Vorschlag zur Schaffung einer Reserve aus dem dritten Glied und schrieb u. a.: „Was hiernächst die eigentliche Bestimmung dieser Divisions anbetrift, so enthalten die Memoirs des Oberstlieutenant Scharnhorst darüber schon sehr zweckmäßige Vorschläge, indessen würde eine besondere reglementsmäßige Vorschrift zu entwerfen seyn, worin ihre Dienstverrichtung in iedem vorkommenden Falle, die Verbindung derselben mit den Schützen, ihr Einfluß auf den Gebrauch der RegimentsArtillerie und der bey den Infanteri[e] Brigaden befindlichen schweren Batterien, so wie endlich auch die daraus entstehende Abänderung in der Tactic der Linien-Infanterie ganz bestimmt aus einander gesetzt werden müßte. Bevor aber zum Entwurf dieser reglementsmäßigen Vorschrift geschritten wird, würde nothwendig, um keine unnötige oder doppelte Arbeit vorzunehmen, die allerhöchste Entscheidung Sr. Majestät des Königs vorausgehen müßen, ob nehmlich allerhöchstdieselben gewilligt sind, die Formirung des 31 Gliedes eines jeden Bataillons in einer besondern Division bey der Armee einzuführen, und ob Sie die diesfälligen Vorschläge des Oberstlieutenant im Allgemeinen zur Norm angenommen wißen oder noch besondere Grundregeln dabey festzusetzen geruhen wollen."
Nr. 85
1. 2. 3.
329
der Tactik c auf eine gleichförmige Art in Gang zu bringn, werden im Herbste in jeder Provinz wenigstens von jeden Regimente 2 Officiere und die Hälfte oder der 3te Theil der Schützen versamlet und in Verbindung eines Detaschements Cavalerie u. einiger bespannten Canonen in allen Terrain und in allen Manoeuvern geübt.d Diese Uebung gehet nach einem gewißen c System. Erstlich wird den Leuten gezeigt, wie sie einzeln das Terrain benutzen und in Gräben, auf der Erde u.s.w. laden u. zielen; f zweitens, wie sie aus der Intervalle vor das Bataillon gehen und sich da vertheilen, 6 um im offenen Terrain die feindlichen Tirailleurs ab zu halten, und wie sie sich wieder zurük zu den Canonen ziehen, wenn der Feind sie dazu zwingt. Drittens wird ihnen gezeigt, wie sieh ein durchshnitten Terrain durchsuchen, und wie dies mit und ohne Unterstützung des 3ten Gliedes' geshiehet. Viertens wird gelehrt, wie in ganz oder zum Theil durchshnittnen Terrain die Schützen eine Feurlinie' vor der Front*1 des Bataillons in Verbind[un]g des 3ten Gliedes u. der Canonen bilden, vielmehr [sich] bei einer guten Benutzung des Terrains vor dem Bataillon postiren können.1 Fünftens greiffen die Schützen in durchshnittenen Terrain den Feind in Verbindung des 3ten Gliedes u. der Regiments Canonen an. Man giebt davon mehrere Beispiele. Wenn auf diese Weise der Gebrauch der Schützen und des 3ten Gliedes ohne Cavalerie gelehrt ist, so folgt jetzt der in Verbindung der Cavalerie. Hier treten wieder vershiedene Fälle ein Man postirt die Feur Linie inm vermishten Terrain u. stellt die Cavalerie verdekt zu ihren Soutien. Man" durchsucht ein halb durchshnittenes u. halb offenes Terrain oder auch ein ganz durchshnittenes mit den Schützen u. der Cavalerie. Man vertreibt den Feind aus einen durchshnittenen Terrain in Verbindung der Canonen u. der Divisionen des 3ten Gliedes.
Folgt gestrichen: „ auf Grundsätze Folgt gestrichen: „ Sie lernen hier erst e Verändert aus „festen f Das Folgende verändert aus „ zweitens, wie sie sich von den Flek bei den Canonen des Bataillons vor u. zurük gehen". 8 Folgt gestrichen: „ (ohne die Mitte des Bataillons zu masquiren) ". h Folgt gestrichen: „ mit den u. ohne Canonen vorgehen u. wie zu ihren Soutien das 3te Glied ihnen folgt, wen[n] das Terrain ganz oder zum Theil durchshnitten ist, wie sie hier nach dem Terrain in Verbindung placirt werden, wenn man den Feind erwartet." ' Folgt gestrichen: „u. der Canonen". 1 Verändert aus „ Postirung ". k Verändert aus „ Linie ". 1 Folgt gestrichen: „ Wenn auf diese Weise die vornehmsten Fälle". m Folgt gestrichen: „ eben ". " Folgt gestrichen: „greift den Feind in diesen Terrain an, die". c
d
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
4.
Man plänkert u. tiraillirt mit dem Feinde vor der Front in einem Terrain, wo hin und wieder Hügel, Gebüshe, Hecken, Gräben u. Bäume sind, so daß aber doch noch allerwärts Cavalerie durch kommen kann. 5. Man plänkert mit dem Feinde 0 auf der Ebene. 6. Man greift den Feind, der hinter Hecken, Gräben etc. stehet, aus den offenen Terrain p mit unsern Schützen, Canonen, Divisionen des 3tn Gliedes an, in dem die Cavalerie Trupps zum Soutien folgen. 4 7. Man macht' bei den Schützen u. der Cavalerie die Anordnung zu einer Avantgarde u. marshirt in dieser Anordnung in gewissen bestimmten Fällen durch verschiedene Terrains. 8. Man läßt einige Schützen mit Cavalerie eine Patrouille durch ein abwechselndes Terrain machen. 9. Man macht eine Recognoscirung u. bedient sich dabei die Canonen u. Divisionen des 3ten Gliedes zum Soutien. So oft es möglich ist, muß bei allen diesen Uebungen der Feind marquirt werden, weil ohne dies der gemeine Soldat sehr selten einen richtigen Begriff von der Absicht des Manoeuvers bekömt. II. Unterricht u. Uebung der Shützen bei den Regimentern. 5 Im Frühjahr lernen die Shützen bei den Regimentern 1. ihre Büchse' stehend oder liegend laden u. abfeuren. 2. lernen sie durch öfteres Shießen nach dem Ziele, dieselbe recht zu gebrauchen. Hierbei muß man" ein Paar Jäger bei jedem Regimente zum Unterricht geben. Man muß aber dahin sehen, daß man Jäger bekömmt, welches geübtev Büchsenshützen sind. Ohne diese Uebung würde der Zwek der Einrichtung der Büchsen Schützen verfehlt. Sie muß daher alle Frühjahr geschehen. 3. Neben diesen Uebungen lernt man den Schützen, wie er vor das Bataillon u. hinter dasselbe zurük gehet, wie er von denw Gegenständen der Natur profitirt u. in durchshnittenen Terrain tiraillirt - wie hier die Cameratshaften in Verbindung bleiben, sich gegenseitig unterstützen müßen u. s. w.
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Folgt gestrichen: „ in ganz ". Folgt gestrichen: „an und bringt ihn zum Feuer." Dieser Absatz nachträglich eingefügt, die folgenden Nummern „ 7." und „ 8." entsprechend verändert aus „6." bzw. „7." Das Folgende verändert aus „ man marshirt in einer Avantgarde u. marshirt". Folgt gestrichen: „ während des Während die Schützen Folgt gestrichen: „ unter allen Umständen [statt „ Umdänden "J laden und". Verändert aus „ ein oder". Verändert aus „ wirkliche ". Folgt gestrichen: „ natürlichen ".
Nr. 86
4.
331
Noch lernt man ihn, wie er sich bei einer Feldwache als Schildwachex verhält u. wie 3 oder 6 Schützen eine Patrouille machen. Um seine Absicht hier zu erhalten, muß man kleine Posten ausstellen, sie durch feindliche Patrouillen allarmiren oder sie sonst angreiffen lassen u. hierbei die einzelnen Leute belehren. Dies alles sind die Elemente, auf die in Herbst, es sei bei dem Regimente, oder in der vorhin 7 erwähnten Vereinigung der Schützen mehrer Regimenter, fortgearbeitet wird. Sie enthalten die Vorbereitung zu ihrer wesendlichsten Bestimmung u. ohne Uebung darin haben die Schützen keine Vorzüge vor die andern Soldaten.
86. Denkschrift
[?, 1801/1802? 1 ]
GStA P K , VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 146 fol. 3r-4v (4 S.): Reinschrift, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen, Fragment. Erweiterung des Unterrichts für Infanterie- und Kavallerieoffiziere in den Wintermonaten. Zusätzlich zu bestehenden Kursen Unterricht in Arithmetik und Geometrie. Unterricht im Felde in Geometrie, Artillerie, Verschanzungskunst, Taktik. Scharnhorsts Aufgaben.
'Vorschlag zur Erweiterung des Unterrichts, welcher den Infanterie und Kavalerie Officieren inb der Kriegeskunst während des Winters ertheilt wird. Bisher las bloß der Major Müller 2 Collegia für die Officiere, welche jährlich während des Winters nach Berlin kommen, denn die des Professors Kiesewetter wurden nur sehr selten von ihnen besucht;0 auch waren sie für eine andere Classe von Zuhörern bestimmt. Die Vorlesungen des Major Müllers wurden 4mal in der Woche gehalten und der Cursus dauerte 3 Jahre. Es hörte also der Officier nur wöchentlich 4 Stunden die Kriegeswissenschaften und dazu ohne Vorbereitung in der Arithmetik und Geometrie/ Es ist sehr in die Augen fallend, daß dieser eine
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Verändert aus „ sich auf einer Feldwache auf den Posten Verändert aus „ eben Die Überschrift eigenhändig hinzugesetzt. Folgt gestrichen: „ Berlin Eigenhändig verändert aus „ von Officieren frequentirt Statt „ Geeometrie." Scharnhorst wird im drittletzten Absatz als Oberstleutnant und ohne „von" erwähnt. Friedrich Wilhelm III. verfügte am 14. September 1802 die Nobilitierung, das Adelsdiplom datiert vom 14. Dezember 1802. Dem Inhalt nach muß dieser Text der Gründung der Akademie für junge Offiziere vorangegangen sein. Ludwig Christian Müller.
332
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
sehr geringe Zeit die jungen Officiere beshäftigende Unterricht von keinen hervorstehenden wesendlichen Nutzen seyn konnte. Sollen die Officiere in den geringen Zeitraum von 3 Wintern oder 1V2 Jahren etwas erlernen, welches ihnen von reellen Nutzen in der Folge seyn kann, 6 so müßen sie während diser Zeit ununterbrochen beschäftigt werden. Einiger Unterricht in der Arithmetik und Geometrie ist bey dem Studio der Kriegeswissenschaften unentbehrlich, und es muß ein solcher/ wenn er von allgemeinen Nutzen seyn soll, so faßlich ertheilt werden, daß er von jedem begriffen werden kann. Die Vorlesungen des Professors Kiesewetter, welche schon eine gute Vorbereitung voraussetzen, können nur von denen im 2κη h i n t e r benutzt werden, welche schon jenen im l 5 ™ gehört oder anderweitigen Unterricht genossen haben. Es wäre demnach zu wünschen, daß in der Folge ein bisher nicht statt gehabtes Collegium 8 in der Arithmetik und Geometrie ganz nach den Begriffen des größten Theils der ankommenden Officiere gelesen würde. Bey der Bildung des Officiers ist es sehr wichtig, daß der Unterricht auf dem Felde mit dem im Hause verbunden wird. Der Unterricht auf dem Felde theilt sich aber in mehrere Zweige, a. in den der geometrischen Arbeiten, b. in den der Artillerie und der Ausführung einiger Erdarbeiten. c. in den der tactischen Anordnungen: hdie Führung der Patrouillen, der Avantgarden, der Recognoscirungen aller Art, die Aussetzung der Feldwachen und andern Vorposten, die Dispositionen zur Besetzung größerer Posten, die Dispositionen der Schlachtordnungen der verschiedenen Waffen in verschiedenem Terrain, die Anordnungen der Vorposten im Großen, 1 die Wahl der Positionen,' die Anordnungen der Winterquartiere und die Anstallten zu ihrer Sicherheit und viele andere strategische Anordnungen.11
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Ab hier zunächst vom Schreiber etwa eine Viertelseite freigelassen, das Rest des Satzes eigenhändig nachgetragen, Die folgende Parenthese (bis „soll") eigenhändig hinzugefügt. Der Satzanfang bis hier verändert aus „ Es muß demnach ein Collegium ". Das Folgende gestrichen und am Rande eigenhändig mit „zurük" bezeichnet; der Absatz außerdem stark redigiert, u. a. durch Streichungen, die durch gestrichelete Unterstreichung wieder aufgehoben wurden. Zuerst ging es nach „tactischen Anordnungen" mit Genitiv weiter („der Führung" usw.), in der nächsten Überarbeitung dann mit „als den Anordnungen zur Führung der Patrouillen". Verändert aus „ Ganzen ". Folgt gestrichen: „ und die darum zu nehmenden Maaßregeln ". Folgt versehentlich nicht gestrichen: „ zum Gegenstande."
Nr. 87
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'Von"1 diesem hier genannten Unterricht kann indes nicht jeder junge" Officier auf gleiche Weise profitiren; nur den unter a und b erwähnten kann jeder ohne Untershied genießen, der von с ist nur insbesondere für diejenigen, welche ihre Fähigkeiten und ihre vorherigen Studien dazu berechtigen, und dies wird immer nur ein kleiner Theil seyn. Der Unterricht, welcher unter a und b vorkömmt, würde unter der speciellen Leitung des Oberstlieutenants Scharnhorst von dem Officier, welcher die Arithmetik und Geometrie lehrte, ertheilt werden; den unter с vorkommenden0 würde der erstere selbst übernehmen. Da indes aller Unterricht auf dem Felde immer große Schwierigkeiten hat, wenn viele Lehrlinge da sind, so würde es von der größten Wichtigkeit seyn, wenn zu diesem Unterricht noch ein Gehülfe angesetzt werden könnte, a. Die geometrichen Arbeiten auf dem Felde haben dasp 87. [Scharnhorst an Geusau?]
[Berlin?, März 1803? 1 ]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst N r . 58 fol. 2 3 r - v (2 S.): Konzept, Schreiberhand, mit eigenhändigen Abänderungen. Adresse an Geusau zum Ende der Unterrichtszeit. Vorlage der schriftlichen Empfehlung der besten Schüler.
Arbeiten,
Sämtliche Lehrer und Mitglieder dieses Lehrinstituts haben mir den sehr angenehmen Auftrag gegeben, Euer Excellenz 2 ganz gehorsamst für die grosse Sorgfalt und Gütigkeit, mit der Sie unser Lehrinstitut* leiten, zu danken, und sie Ihrer ferneren Gewogenheit angelegentlichst zu empfehlen. Sie versichern hierbei Euer Excellenz, daß von ihrer Seite es nicht an Thätigkeit und gutem Willen fehlen soll und daß sie sich bestreben werden, Euer Excellenz erzeigten Gnade, so viel es ihnen möglich seyn wird, würdig zu machen.
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Die folgenden drei Absätze am Rande markiert und eigenhändig mit „ zurük " bezeichnet. Folgt gestrichen: „ allem ". Statt „junger". Statt „ der unter с vorkommende Das Fragment endet hier am Ende der letzten Seite (fol. 4r). Verändert aus „ Sie dasselbe Dem Inhalt nach zu urteilen wurde dieser Text, der vielleicht auch in Form einer Ansprache übermittelt wurde, zum Ende der Vorlesungszeit der Akademie für junge Offiziere verfaßt, die von September bis März dauerte. Unter den lobend Erwähnten befinden sich mehrere, die auch in den Beurteilungen zum Jahreswechsel 1803/1804 genannt wurden und von denen im Frühjahr 1804 einige von der Schule abgingen, daneben aber auch andere Namen, so daß es naheliegt, die Ansprache in das akademische Jahr davor einzuordnen. Die Adresse war mutmaßlich an Geusau gerichtet, der als Generalquartiermeister auch Inspekteur der Akademie für junge Offiziere und des angegliederten Lehrinstituts für die Berlinische Inspektion war.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Indem ich mich in diese Versicherung mit einschließe, bezeuge ich Euer Excellenz für mich und im Namen aller Lehrer, daß im Ganzen, von Seiten der übrigen Mitglieder unseres Instituts, uns unser Bestreben, Ihnen nützlich zu seyn, durch Fleiß, Aplication und Folgsamkeit sehr erleichtert ist und dass Euer Excellenz die angenehme Aussicht haben, durch Ihre Bemühungen, weise Leitung, und Protection der Armee, wenn auch nur im Kleinen, unfehlbaren Nutzen zu schaffen. b Wenn Ew. Excellenz auf die c Ausarbeitungen, welche ich denenselben vorzulegen die Ehre d habe, einen Blik werfen, so werden Sie6 finden, daß f keiner es an Mühe, Fleiß und guten Willen hat mangeln lassen; daß sie8 aber dennoch sehr verschieden in ihren innern Gehalte ausgefallen sind, kömmt daher, daß nur wenige zu dieser Art von Arbeiten vorbereitet waren, h daß sie nur denen gegeben wurden, welche diese Vorbereitu[n]gen hatten und also von den übrigen beiläufig, bloß 1 als ein Zeichen des Fleißes u. der unermüdeten Aplication gemacht sind. Diejenigen, welche in der Anwendu[n]g' der Grundsätze desk Detachements und Postenkriegs auf wirkliche Gegenden1 schon eine gewisse Fertigkeit erworben haben, werden sich aus den den Aufsätzen beigefügten Beurtheilungen ergeben, es sind der Lieutenant v. Boyen, 3 von m Hofmann, 4 von Steinwehr, 5 Braun, 6 v. Raison, 7 v. Tiedemann,
Ab hier wird der Text eigenhändig fortgesetzt. Verändert aus „ Wenn Ew. Excellenz die Gnade haben". d Verändert aus „ Gnade ". e Statt „sie". f Folgt gestrichen: „ es von Seiten derjenigen Herrn, welche « Statt „Sie". h Verändert aus „ sind". ' Verändert aus „ nur beiläufig, nur", ι Verändert aus „ in den Arbeiten ". k Folgt gestrichen: „Postenkriegs kleinen" 1 Verändert aus „auf bestimmte Terrains". m Das Wort nachträglich hinzugefügt, ebenso das „von" beim folgenden Namen und das „v." bei den Namen danach. 3 Ludwig Wilhelm Otto Karl von Boyen wurde im März 1804 in den Generalquartiermeisterstab versetzt. 4 Georg Wilhelm von Hofmann, seit März 1803 im Generalstab. 5 Wilhelm Ludwig Bogislav von Steinwehr, seit März 1803 Adjoint im Generalstab. 6 Johann Karl Ludwig Braun, 1804 zum Inspektionsadjutanten der Artillerie ernannt. 7 Leutnant von Raison vom Warschauer Infanterieregiment Thile (No. 46), der auch Mitglied der Militärischen Gesellschaft war, wird in der Rangliste für 1804 mit dem Vermerk „entwichen" zum letzten Mal geführt. k e
Nr. 88
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v. Kleist, 8 von Schlupetzky, 9 nv. Meuron, 10 v. Steinäcker,11 v. Haake, 12 v. Rühle u. andre.
88. V o r t r a g
[Berlin?, nicht nach 1804? 1 ]
G S t A P K , V I . H A N1 Scharnhorst N r . 58 fol. 2 4 r - 3 0 v (14 S.): K o n z e p t , eigenhändig.
Ansprache an Schüler. Kurz- und langfristiger Nutzen des Studiums der Kriegswissenschaften im Verlauf der Offizierskarriere. Vorbereitung auf höhere Stellen. Vorstellung des Lehrplans.
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Davor gestrich en: „ Mey
Friedrich Jakob von Kleist wurde 1804 zum Premierleutnant und Rücheis Inspektionsadjutanten ernannt. Gemeint ist mutmaßlich Sekondeleutnant von Schlupetzky vom Feldjägerregiment, der 1805/06 zum Premierleutnant befördert wurde. Es gab allerdings auch noch einen Sekondeleutnant von Slupetzky (in den Ranglisten für 1802 und 1803: Slubetzky) beim Regiment Jung-Larisch (No. 53), der im gleichen Jahr wie Schlupetzky befördert und dabei von den Grenadieren zum 3. Bataillon versetzt wurde. Die Ranglisten führen im fraglichen Zeitraum zwei Sekondeleutnants dieses Namens, einen beim Infanterieregiment Prinz Ferdinand (No. 34) und einen beim Feldjägerregiment; letzterer erhielt vor Drucklegung der Rangliste für 1805 den ersuchten Abschied. Weniger wahrscheinlich ist, daß einer von zwei Sekondeleutnants namens Graf von Meuron gemeint gewesen ist, da diese wahrscheinlich nicht ohne ihren Grafentitel erwähnt worden wären. Sie dienten bei den Infanterieregimentern Brünneck (No. 2) bzw. Schöning (No. 11), der letztere wurde ca. 1804 zum Regiment Fürst Hohenlohe (No. 32) versetzt. Karl Friedrich Christian Freiherr von Steinaecker, 1803-1805 Adjutant des Prinzen Louis Ferdinand. Mutmaßlich Adolph von Hake, der 1805 Scharnhorsts 3. Brigade des Generalquartiermeisterstabs angehörte und während der Mobilmachung beim Korps des Kurfürsten von Hessen diente. E r hinterließ ein ungedrucktes Werk: Beitrag zur Geschichte des Blücherschen Corps in der Campagne von 1806 von dessen Bildung bis zur Capitulation von Lübeck, von Adolph v. Hake, damaliger Lieutenant und Adjoint im Generalstabe des Blücherschen Corps. Major Ludwig Christian Müller, der als aktiver Lehrer erwähnt wird, starb 1804. Es handelt sich mutmaßlich um eine Ansprache zur Eröffnung einer Unterrichtszeit der Akademie für junge Offiziere.
I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
336 a
U e b e r das S t u d i u m der K r i e g e s w i s s e n s h a f t e n . b E s ist sehr schwer, eine v o l l k o m e n e U b e r z e u g u n g des N u t z e n s der KriegesW i s s e n s c h a f t e n z u erhalten, 1 s o lange m a n w e d e r die W i s s e n s h a f t i n i h r e m g a n z e n U m f a n g e , n o c h die A n w e n d u n g d e r s e l b e n k e n n t . A b e r es k a n n n i e m a n d e n t g e h e n , d a ß diejenigen, w e l c h e sich g r ü n d l i c h e K e n n t n i ß e d e r s e l b e n e r w o r b e n h a b e n , d e r e i n s t in d e n h ö h e r n P o s t e n s i c h in einer b e ß e r n L a g e b e f i n d e n als die, d e n [ e n ] es hieran fehlt, u n d d a ß es, d w e n n m a n z u h ö h e r n Stellen k ö m m t u n d m a n also g e w i ß e Jahre erreicht hat, i n d e n [ e n ] die S c h w ä c h l i c h k e i t e n des K ö r p e r s eintreten, F a m i l i e n A n g e l e g e n h e i t e n u n d das C o m a n d o v o n g a n z e n B a t a i l l o n e n u. R e g i m e n t e r n u n s b e s c h ä f t i g e n , n i c h t m e h r mögliche ist, sich diese K e n n t n i ß e z u e r w e r b e n . H i e r a u s g e h e t also hervor, d a ß derjenige, w e l c h e [ r ] die K r i e g e s k u n s t in der J u g e n d studirt, sich d a d u r c h z u d e n P o s t e n vorbereitet, n a c h d e n [ e n ] er in A l t e r trachtet, u n d sich g e g e n die U n a n n e h m l i c h k e i t e [ n ] sichert, w e l c h e i h n o h n e diese V o r b e r e i t u n g dereinst b e v o r s t e h e n . N . 1 u. 2. "
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Zunächst gestrichen auffol. 24r-25r (3 S.): „ In dem wir einige Betrachtungen über den Nutzen des Studiums der Kriegeswissenshaften für junge Officiere anstellen, mag es uns erlaubt seyn, zuförderst über die En[t]stehung [verändert aus „die besondere Einrichtung"] unsers Institus hier einige Nachricht zu ertheilen. Friedrich der [folgen gestrichen „2te" und„ Einzige"] Große ließ bald nach dem 7jährigen [Krieg] den jungen Offideren einigen Unterricht in der Geometrie u. Fortification geben, dies daurte eine geraume Zeit mit vershiedenen Abänderungen, ohne daß jedoch auf andere Zweige der Krieges Kunst ein[e] besondere Aufmerksamkeit gerichtet wäre. Erst nach den Einjährigen Kriege [gemeint ist der Bayerische Erbfolgekrieg] bemerkte der große König, daß es in seiner Armee erforderlich seyn mögte, die Krieges Kunst, [folgt gestrichen: „ im Großen lehren zu lassen "] d. h. den eigentlichen Feldkrieg, lehren zu lassen. Er schrieb selbst einen Unterricht über denselben, welchen die Inspecteure den höhern Off idem ihre[r] Inspection vorlesen mußten. Der jetzige Herr General von Tempelhof erhielt den Auftrag, einer gewißen Anzahl von jüngern Offidere hierin einigen Unterricht zu ertheilen und denselben auf dem Felde anzuwenden. Der Tod Friedrichs des Großen, der Revolutionskrieg und andere Umstände unterbrachen die völlige [verändert aus „weitere", zunächst zu „gänzliche"] Ausführung des Plans, den der Große König sich fortgesetzt [gemeint ist wohl „vorgenommen" oder „festgesetzt"] hatte; er wurde jedoch nicht gänzlich aufgehoben, denn der Herr Major Müller setzte seinen Unterricht mit [verändert aus „setzte ihn mit glücklichen Erfolg"] vieler Mühe und Einsicht fort. Se. Majestät, unser jetzige[r] König, wünschte jedoch, daß derselbe durch mehrere Lehrer nach den besondern Bedürfnißen der verschiedenen Lehrlinge [verändert aus „hier sich einfinden[den] jungen Offideren"] eingerichtet werden möchte, und Se. Excellenz, der Herr Generallieutenant von Geusau, welchen die Direction и. Leitung des ganzen Instituts aufgetragen ist, gaben ihn die jetzige erweiterte Einrichtung." Folgen einige gestrichene Satzanfänge, darunter: „ Unsere Lehranstallt ist also von Friedrich den Großen eingerichtet". Diese nachträglich eingefügte Überschrift zu Beginn von fol. 25v ersetzt die gestrichene unvollendete: „ Ueber den Nutzen des Studiums der Kriegeskun[n]st u. die Art u. Weise, es zu". Verändert aus „Nutzens der Wissenschaften den Offideren zu geben". Verändert aus „ im reifem Alter". Verändert aus „ im Stande ".
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In freien Felde kömmt der Commandeur einer Bataillonsdivision 2 schon in die Lage, einzelne Posten, Detaschements, Avantgarden und Escorten zu commandiren, Recognoscirung oder große Patrouillen zu machen u. s. w. Die Befehlshaber f der Bataillons u. Escadrons treffen weit größre Kommandos. Wer also nicht als Soubaltern Officier sich zu dergleichen Comandos vorbereitet hat, kann bei entstehenden Kriegen sehr 8 bald in die Lage kommen, diese Vernachläßigung zu bereuen. Ueberdem gehet es im Kriege mit dem Avancement oft rasch, nicht seilten comandiren Officiere in niedrigen Graden die Posten, die höheren gehören, weil diese krank, verwundet, gefangen oder sonst angestellt sind. Wer nicht in Frieden den Krieg studirt hat, gehet in Kriegen, die mehrere Jahre dauren, zu höh[e]rn Stellen herauf, ohne daß er Gelegenheit [hätte], sich die dazu nöthigen Kenntniße zu erwerben. Derjenige aber, welche[r] sich von allen Begriffen in voraus erworben, welche[r] sich in Entwürfen aller Art geübt, welcher sich die Erfahrungen anderer so weit es möglich zu eigen gemacht, macht sich durch wenige Erfahrung zu einem sehr brauchbaren oder geschikten Officier. Dagegen wird derjenige, welcher keine Kenntnisse der Krieges-Kunst vorher hatte, durch die Kriege keine große Fortschritte in der Erweiterung seiner Einsichten machen - die Erfahrung lehrt dies. Der gemeine Soldat macht viele Feldzüge, ohne daß er sich dadurch die tactishen Anordnungen11 erlernt, welche in Kriege erfordert werden. Der gewöhnliche Friedensdienst scheint das Studium des Krieges vorauszusetzen, denn auch selbst der Soubaltern Officier lernt durch dies allein noch die Verrichtu[n]gen, welche ihn in Felde aufgetragen werden. Sie, meine sämtliche Herrn, wissen, daß wir uns bisher mit solchen An[o]rd[n]u[n]gen' beshäftigt haben, welche gemeiniglich den Soubaltern Officier oder höchstens den Capitän treffen. Mit der Führung der verschiedenen Gattungen von Patrouillen, der Placirung, Aussetzung u. den Verhalten der Feldwachen, mit der A u f s t e l l u n g der Vedetten u. Schildwachen, der Instruction derselben, der Führung kleiner Recognoscirungen, der Recognoscirung u. Beschreibung eines Weges, Postens u.s.w. Ich führe nur die Gegenstände an, welche wir gehabt haben, und frage Sie, ob Sie dieselben nicht in Absicht der allgemeinen Grundsätze erst haben studiren müßen? O b es Ihnen' nicht schwer geworden ist, in den vorausgesetzten Lagen und Verhältnißen diese Grundsätze in wirklichen Terrain anzuwenden, und ob dies bei allen Fleiß u. guten Geistes Anlagen von Ihnen mitunter ohne wesentliche Fehler geschehen ist?
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Statt „ Den Befehlshabern Folgt gestrichen: „ leicht Folgt gestrichen: „mancher Art", wobei „Art" versehentlich stehengelassen wurde. Verändert aus „mit Verrichtungen des Officiers". Statt „ ihnen ebenso bei der nächsten Verwendung des Wortes. D. i. einer Unterabteilung eines Bataillons, ζ. B. einer Kompanie.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
Sie sehen hieraus, meine Herrn, die Wichtigkeit des Studiums der Kriegeskunst auch selbst für die Grade, die Sie k jetzt bekleiden u. die Sie1 zunächst erwarten. Sie sehen ferner, daß Sie hierauf sich nicht beshränken dürfen, daß Sie auf die Kenntniße, welche zu höhern Graden erfordert werden, sich bei Zeiten legen u. also die Kriegeskunst in ganzen Zusammenhange studiren müßen, weil die Zukunft Ihnen"1 dies Studium nur seilten aus vorhin angeführten Gründen gestattet. Die Meinung, daß die erworbenen Kentniße uns in den Verhältniße, in den der Officier in Friedenszeiten in Regiment stehet, zu nichts dienen und ihn zu seinem fernem Glük nicht beförderlich sey[en], ist, wie Sie schon aus den Vorhergehenden abnehmen können, aus mehr als einer Rüksicht falsch. Denn erstlich bildet sich der Officier dadurch zu höhern Stellen und versichert sich also derselben, wenn er durch den Gang des Dienstalters sie erreicht. Er sichert sich in ihn[en] gegen Unglücksfälle, denn einen Theils wird er nicht so leicht Fehler als ein anderfer] machen, andern Theils aber hält man ihn einen zufälligen Fehler eh[e]r als einen andern, von dem man weiß, daß es ihn Kentnisse aller Art fehlt, zu gute. Es ist aber noch ein ander Gesichtspunkt und dieser bestehet darin, daß in Ganzen nur einige Officiere die Kriegeskunst im ganzn Umfange studiren und daß es in Kriege daher an Officieren dieser Klasse besonders in den 2ten Feldzuge fehlt, und daß also für sie dann sich manche vortheilhafte Aussichten eröfnen. Ich habe hiervon in diesen Kriege so wohl bei der kayserlichen als Englishen Armee wahrgenommen, und wenn bei unsr[e]r dies sich nicht so ereignet hat, so kömmt dies daher, weil nur ein geringer Theil marschirte u. selbst dieser keinen sehr großen Verlust erlitten hat. Aber auch ohne diese Aussicht eröfnet sich noch eine andere für den, der den Krieg studirt hat, und diese bestehet darin, daß er sich in seinen Graden eh[e]r als seine Cameraten auszuzeichnen Gelegenheit hat. Seine Kenntnisse, seine Beurtheilu[n]g u. Thätigkeit geben ihn hier zu Veranlassu[n]g, zumal wenn er bei den leichten Truppen, den Ingenieuren, dem Generalstabe u. der Artillerie dient. Aber auch von den Linien Truppen werden in einem anhaltendn Kriege diese Subjecte bald hervorgesucht." Sie werden erst in die Regimenter zu Detachements außer ihrer Tour gebraucht u. so nach und nach in der Armee bekannt. Wenn der Nutzen des Studiums der Kriegskunst erwiesen ist, so frägt es sich jetzt, worin dieses Studium bestehe und wie es am zweckmäßigsten ausgeführt werde? k 1 m
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Statt „ sie so auch noch in der Folge mehrfach. Statt „ihn". Statt „ihnen". Folgt gestrichen: „ u. oft muß ein Regiment hier oder dazu ein Detaschement gehen, um nur diesen oder jenen Officier zum Comandeur desselben füglich nehmen."
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Die Gegenstände desselben sind" 1. die Vorbereitungskentnisse. Sie bestehen in der Arithemtik, Ebenen-Geometrie, Trigonometrie u. demp Feldmeßen. Das Studium dieser 4 Zweige der Mathematik kann aus einem doppelten Gesichtspunkte betrachtet werden, a. als practische Anweisu[n]g in den vershiedenen Calculs und geometrishen Arbeiten, welche den Officier vorkommen können, 1 und b. als Uebung der Verstandes Kräfte, als Mittel, die Beurtheilung zu schärfen und das Gefühl für Richtigkeit zu erwecken. In Absicht des ersten Punkts kömmt es auf einen gewissen Mechanismus u. Fertigkeit 5 im Rechnen, in der Anwendung der geometrischen Berechnungen auf die Tactik, Fortification u. s. w. an, in Absicht des 2ten aber auf Darstellungen der Beweise und ihre Folgen; 1 hier wird nur bloß der Verstand geübt u. beschäftigt, ohne durch fremdartige Gegenstände den reinen Faden der Schlüße" zu unterbrechen. Wir haben in unsern Institut aus diesen Gründen den Vortrag dieser Gegenstände in der ersten Absicht von den in der 2ten separirt. Der 2te Gegenstand des Unterrichts enthelt die Kriegeswissenschaften. In unsern Institut ließt der H. Major von Müller 3 eine zusammenhengenden Cours über dieselbe, in den die verschiedenen einzelnen Wissenschaften vorgetragen werden. Es ist einev schon oft gemachte Bemerkung, daß eigene Arbeiten erst das Nachdenken erwecken und dass ohne sie keine gründlichew Ausbildung statt finden kann. Aus dieser Ursach hat unser Institut" ein Collegium, welches allein hierzu bestimmt ist. U m daß diese Ausarbeitungen unmittelbar zur Ausübung führen und daß Auge auf dem Felde bilden, so beziehen sie sich auf die Gege[n]d von Berlin. Es wird dabei auf foIg[e]nde Art verfahren: 1. der Operationsplan eines Feldzugs entworfen, 2. die O p e r a t i o n e n einzelner Armeen u. Corps um Berlin, 3. die Detail[s] der Stel° p 4 r
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Verändert aus: „In Absicht des ersten Punkts, in Absicht der Gegenstände, welche zu[m] Studium gehören, ist zu bemerken". Statt „das". Verändert aus „ Diese Wissenshaften ". Folgt gestrichen: „ und in der Anwendung der Geometrie u. Trigonometrie auf das Feldmeßen, auf die Tactik, Fortification и. s. w. Zu der Ausführung dieses werden keine auszeichnende Fähigkeitn erfordert, aber eigene Handanlegu[n]g, Uebung in der Berechnu[n]g u. der Anwendung der Arithmetik u. Geometrie. Eine gewiße Fertigkeit in Rechnen, in Verzeichnen geometrischer Figuren, in der Anwendung der geometrischen Berechnungen auf die Tactik, Fortification u.s.w. ist jeden Officier durchaus erforderlich, aber er braucht sich hier nicht tief einzulassen." Folgt gestrichen: „an, in Absicht des 2ten stehet man nur bloß". Folgt gestrichen: „ der Sätze und der aus ihnen hergeleiteten Schlüße Statt „Schlüßen". Folgt gestrichen: „ ältere Bemerkung ". Statt „gründlichen". Folgt gestrichen: „ das 2te ". Major Müller wurde nicht geadelt.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
lungen u. Märshe und 4. die Vorposten und Detashementsvorfelle daraus abgeleitet. Alles dieses wird im allgemeinen historisch vorgetragen, gewiße Punkte aber werden aufgehoben, detaillirt u. zu Ausarbeitungen gewählt. Bei den Ausarbeitungen verfährt man auf folgende Weise: 1. giebt man die Aufgabe, nachd[e]m 2. die Auflösu[n]g eingeliefert, giebt der Lehrer'' eine eigene Auflösu[n]g, 3. nun gehet er in den eingegebnen Auflösu[n]gen die gemachten Fehler durch, ohne zu sagen, wer sie gemacht. Endlich giebt er ein Verzeichniß von denen, welche sie ohne Fehler gemacht haben. Auf diese Weise wird der Unterricht weit nützlichr als wenn eine jede Auflösung von Lehrer privatim corrigirt würde, ohne daß dadurch die Delicatesse auf irg[en]d eine Art leidet. Es ist nicht möglich, die Mittel alle anzuzeigen, welche bei den sich auf das Feld beziehenden Ausarbeitungen a[n]gew[a]nd[t] werden; ζ. B. der Lehrer giebt z auf den Felde analoge Dispositionen u. bereitet sie dadurch zu sein[e]r Ausarbeitung vor, etc."
b. Unterricht an der Akademie für junge Offiziere 89. Vorlesung
[Berlin?, nach Winter 1802]
GStA PK, VI. H A N1 Scharnhorst Nr. 149 fol. 3r-13r (20V2 S.): Abschrift, fremde Hände; ebda., fol. 14r—41r (54V2 S.): Konzept, fremde Hände mit eigenhändigen Abänderungen. 3 Weiteres Konzept, fremde Hände, mit eigenhändigen Abänderungen, Fragment: ebda., fol. 5(a)r, 42r-50r (15V2 S.).b y
Folgt gestrichen: „ die Disposition ". Verändert aus „ zeigt". " Danach noch etwa ein Fünftel der letzten Seite (fol. 30v) unbeschrieben. z
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Allem Anschein nach wurden die stark redigierten ersten 12 Seiten des Konzepts der besseren Lesbarkeit halber durch eine Abschrift ersetzt, der Rest des Konzepts aber nicht. Die Seiten des letzteren sind numeriert, beginnend mit „13" und endend mit „ 67." Vgl. auch Colmar von der Goltz (Hrsg.): Schamhorst: Ausgewählte militärische Schriften, erläutert und mit einer Einleitung versehen durch Freiherrn v. d. Goltz, Berlin 1881, S. 297-302, zit. Goltz, Militärische Schriften. Bei diesem Manuskript im Faszikel Nr. 149 handelt es sich offenbar um das dort als Nr. 1 bezeichnete Heft aus der Bibliothek der Königlichen Kriegsakademie. Es handelt sich hierbei um das durch die Abschrift (vgl. Anm. a) ersetzte frühere Konzept der Einführung und der ersten drei Kapitel. Das nicht numerierte kleinere Blatt zwischen fol. 5 und 6 wird hier als fol. 5(a)r-v bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Hälfte des senkrecht zerschnittenen Blattes fol. 43r-v; da fol. 5(a)r-v auch waagerecht verkürzt wurde, gingen die ursprünglichen Seitennummern „1" und „2" verloren; die Seiten auf fol. 44r-A8v sind numeriert von „3" bis „ 12".
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Angewandte Taktik. [Α.] Einleitung. [B.J Schlachtordnungen der Truppen. 1. Schlachtordnung eines Bataillons Infanterie. 2. Schlachtordnung einer Eskadron Kavallerie. 3. Schlachtordnung eines gemischten Detachements. Anordnung von Infanterie und Kavallerie in mehreren Treffen. 4. Schlachtordnung einer Brigade Infanterie. 5. Schlachtordnung einer Brigade Kavallerie. 6. Zusammenwirken einer Brigade Infanterie und einer Brigade Kavallerie. 7. Schlachtordnung eines Korps von zwei Divisionen. 8. Schlachtordnung einer Armee. [C.J Märsche. 1. Verschiedene Marscharten. 2. Geschwindigkeit. 3. Märsche weit vom Feinde. 4.-5. Märsche in der Nähe des Feindes mit Kantonierung. 6.7. Märsche in der Nähe des Feindes mit Lagern. 8.-9. Anordnung der Marschkolonnen. [D.] Schlachten. I. Angriff. 1.-2. Angriff in offener Gegend und auf Bergen. 3. Angriff in durchschnittenem Terrain. 4. Besondere Fälle. 5. Demonstrationen und falsche Angriffe. 6. Paralleler Angriff. 7. Angriff in schiefer Schlachtordnung. II. Verteidigung einer Stellung. 8. Allgemeines. 9.-11. Festhalten der Stellung. 12. Detachierung eines Teils der Armee. 13. Verlassen der Stellung. 14. Angriffe auf den Feind in ihm unbekannten Terrain. [E.J Flußübergänge. [1.] Verschiedene Fälle, je nach gegenseitiger Verteidigung. [2.J Methoden des Übergangs. [3.] Verteidigung von Flüssen. c
lstes Heft.
Fortsetzung der Krieges-Kunst enthaltend die angewandte Taktik. Vorgetragen im Winter 1802 durch den königl. preuß. Oberstlieut. des Artilleriekorps v. Scharnhorst. [Α.] d Kursus des zweiten Jahres. Angewandte Tactik In der angewandten Tactik wird die Stellung und Bewegung der Truppen mit Rücksicht auf Terrain und Umstände abgehandelt, in der reinen Tactik siehet e
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Dieser Vermerk (oben rechts) und der anschließende, omamental ausgeführte Titel stehen auf einem gesonderten Titelblatt, fol. 2r, im Konzept auffol. 42r. Später folgen Vermerke für das 2. und3. Heft (fol. 19r bzw. 31r). Diese sprechen dafür, daß es sich bei der Vorlage um eine Reinschrift anhand von Vorlesungsmitschriften in Heften handelt. Hierfür sprechen auch einige im Text auftauchende Schreibfehler. Mit der anschließenden Uberschrift setzt fol. 3r ein. Im Konzept folgt auf fol. 5(a)r gestrichen: „ Reine und angewandte Tactik sind mit einander sehr eng verbunden. Die erstere allein vorgetragen ist theils [z]u trocken, theils zu wenig belehrend. Es ist daher auch kein Lehrbuch von der existirt [sie!], worin nicht letztere mit eingemischt wäre, wie [ζ.] B. in den Abhandlungen über reine Taktik von Miller und Venturini." Mit letzteren Werken sind gemeint: Franz Georg Anton von Miller: Reine Taktik der Infanterie, Cavallerie und Artillerie, 2 Teile, Stuttgart 1787-1788; Johann Georg julius Venturini: Mathematisches System der reinen Taktik zur Uebersicht und zum Gebrauch für Lehrer dieser Wissenschaft in Militärschulen, Braunschweig 1802. Der Satzanfang mit Bleistift verändert aus -Die angewandte Tactik". Diese Änderung nicht im Konzept, wo der Satzanfang unvollkommen abgeändert ist aus „Die reine Taktik handelt von der Stellung und Bewegung der Truppen ohne Rücksicht auf Terrain und zu nehmen
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man nicht auf diese, hier handelt man von der Stellung und Bewegung der Truppen im Allgemeinen. Sie enthält daher in einiger Hinsicht die Elemente der angewandten und wird deshalb auch Elementar-Tactik genannt. Die Evolutionen sind ein Gegenstand der angewandten Tactik. Turpin ist der erste Schriftsteller, welcher einen f dem jetzigen Zustand der Kriegeskunst angemeßenen, ziemlich vollständigen Unterricht in der angewandten Tactik unter dem Titel: Essai sur l'art de la Guerre 1 geliefert hat. [В.] I. Abschnitt 6 Schlachtordnung der Truppen Der Zwek der Schlachtordnung ist, die Truppen so zu stellen, daß sie vortheilhaft schlagen können. Hierzu gehört: a. ein vortheilhafter Gebrauch der Waffen, b. Benutzung der Vortheile des Terrains, c. Benutzung der Vortheile, welche die Verbindung mehrer Gattungen] von Truppen hervorbringen kann, und endlich d. eigene Erhaltung.11 J e mehr eine Stellung diese Eigenschaften vereinigt, desto vollkommener ist sie.1 Wenn man den Werth einer Einrichtung, Erfindung, Regel u. s. w. der Krieges-Kunst untersuchen will, so muß man sich dieselben in der Anwendung vor dem Feinde denken - und nach der Erfahrung, welche man von ihnen oder von ähnlichen hat, ihren Nutzen bestimmen. Man muß hierbei nicht vergeßen, daß alles, was sich ausführen läßt, logisch oder mathematisch richtig seyn muß, daß aber nicht alles, was abstract oder mathematisch richtig zu seyn scheint, sich ausführen läßt. Wenn man ζ. B. die Regel giebt, daß beim Schwenken der l s££ und Mann des schwenkenden Flügels die Richtung seyn muß, so ist dies richtig. Wenn man aber bei der Ausführung darauf hieraus ableiten' wollte, daß nur auf diesem Wege die Richtung bei der Schwenkung erhalten werden sollte, so würde man schwerlich seinen Zweck erreichen. Wenn man mit dem Feinde parallel stehet und ihn umflügeln will, so wird er dies, wenn man die Sache
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Im Konzept (fol. 43(a)r) wurde der Satzanfang geändert aus „ Turpin [verändert aus: „Die alteren Schriftsteller"] ist der einzige Schriftsteller, welcher einen guten". Diese Zeile fehlt im früheren Konzept (fol. J(a)r). Im früheren Konzept (fol. 42v) verändert aus „ d. Entziehung der Vernichtung." Im früheren Konzept verändert aus „ Diejenige Stellung, bei der man den Feind mit den Waffen den größten Shaden zufügen und in allen Terrain vortheilhaft fechten kann, ist die Die folgenden zwei Absätze stehen dort auf einem zusätzlichen Blatt, fol. 49r-v. Statt „arbeiten". Lancelot, Graf Turpin de Crisse: Essai sur l'art de la guerre, Paris 1754 (deutsche Übersetzung: Potsdam 1756).
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mathematisch betrachtet, leicht durch einen F[l]ankenmarsch verhindern können. In der Ausführung ist es aber nicht so, der Angreifende hat einen zu großen Vorsprung k , ehe der sich Vertheidigende die Absicht seines Gegners entdeckt; dazu kommt noch, daß bey beträchtlichen Korps oder Armeen eine geraume Zeit erfordert wird, ehe er das Ganze in Bewegung setzen kann. 'lstes Capitel Schlachtordnung eines Bataillons a. 4 Glieder sind unzweckmäßig, weil das 4 K Glied nicht mehr feuren kann und dennoch sich dem feindlichen Feuer aussetzen muß. 3 Glieder geben das stärkste Feuer, obwohl das Feuer des 3 m Gliedes wegen der Unbequemlichkeit beim Anschlagen keine seiner Feuermasse angemessene Wirkung verspricht, und erfahrne Krieger behaupten, daß das Feuer von 2 Gliedern fast eben so wirksam als das von 3 Gliedern sey. b. Ein jedes Bataillon muß Leute haben, welche ä la debandade agiren können (Scharfschützen), um aa. die feindliche Tirailleurs abzuhalten, bb. in durchgeschnittenen Terrain und auch selbst in der Ebene in Verbindung mit den Regiments Kanonen das entferntere Feuergefecht zu unterhalten, während das Bataillon sich anschickt, durch das Bajonett oder ganz nahe Feuer das Gefecht zu entscheiden. c. Ein jedes Bataillon muß eine Reserve haben, aa. um im Nothfall im Rücken oder in der Flanke dem Feinde entgegengestellt zu werden, bb. die etwa entstehenden Lücken zu füllen, cc. einen Punct zu haben, hinter welchen das Bataillon nach einen unglücklichen Angrif sich wieder formiren kann, und endlich dd. damit nicht alles im Feuer kömmt, man sich wenigstens nicht ganz verfeure und immer eine Division habe, welche noch in vollkommster Ordnung ist. ее. U m damit die Schützen zu unterstützen." 1 2 tes Capitel Schlachtordnung einer Escadron a. Cavallerie wirkt nicht durchs Feuer, sondern durch den schnellen Anlauf, festen Schluß und das Seiten-Gewehr. Hierbei ist eigentlich nur das vorderste Glied thätig. Es sind aber dennoch 3 Glieder erforderlich, um eine zweite Reihe von Fechter zu haben, wenn die erste sich mit dem Feinde vermischt.*
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Ergänzt nach dem früheren Konzept; in der Abschrift wurde hier eine Lücke gelassen. Im früheren Konzept ist das Folgende bis einschließlich „in Verbindung mit den Regiments Kanonen " stark redigiert, es steht auf drei Seiten verteilt (fol. 5(a)r, 42v und 43r). Im früheren Konzept steht Punkt ее auf einem zusätzlichen Blatt, fol. Юг.
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"'"Essai sur la cavallerie p. le G. W. (Warnery)"2 und Balme: „Grundsätze der Tactik für die Cavallerie".3 Warnery ist für 3 Glieder. Zwei Glieder mit einer Reserve scheinen aber den Vorzug vor 3 Glieder ohne Reserve zu haben. b. Jede Escadron muß ihre einzelnen Flanquers hab[e]n. Sie halten die feindlich. Flanquers ab, in die Escadron zu feuern, sie ziehen von der Reserve unterstützt das feindliche Infanterie Feuer auf sich, während die geschloßene Escadron sich dem Feinde nähert und einbricht. c. 5 Escadrons brauchen wenigstens eine Reserve, sie muß aber so sich bewegen und stellen, daß sie nicht bei einer in den Escadronen entstehenden Unordnung mit fortgerissen werden kann. 3les Capitel Stellung der Infanterie. Cavalerie und Artillerie in schwachen Detachements a. In offenen Terrain ist die Cavalerie vorn, die Infanterie hinten mit Rücksicht der Distanz zwischen ihr und der Cavallerie und dem Terrain, wo sie die überlegene feindliche Cavallerie nicht fürchten darf."
7.u Nr. 89: Plan zur Stellung im offenen Terrain (foL 44r). " 2
3
Bei den hier faksimilierten Skizzen dienten diejenigen aus dem früheren Konzept (fol. 42r-50r) als Vorlage, da sie sauberer und detaillierter gezeichnet wurden. Charles Emanuel von Warnery: Remarques sur la cavalerie, Lublin 1781 (deutsch: Leipzig 1782). Eine von Scharnhorst selbst bearbeitete neue Ausgabe des ersten Werkes erschien 1785 unter dem Titel „Bemerkungen über die Cavalerie". Sie gehörte als erster Band zu der bereits im ersten Band erwähnten, von ihm angeregten deutschen Gesamtausgabe: Des Herrn Generalmajor von Warnery sämtliche Schriften. Aus dem Französischen übersetzt und mit Planen und Erläuterungen vermehrt, 9 Teile, Hannover 1785-1791. Dresden 1783, eine Übersetzung von: Mottin de la Balme: filements de tactique pour la cavalerie, Paris 1776. Der Verfasser war Kapitän bei den französischen Gendarmes.
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Die ordinaire Artillerie bei der Infanterie, die reitende bei der Cavalerie oder Infanterie nach den Umständen. b. In durchschnittenem Terrain: Die Infanterie in ersten, die Cavalerie in 2 m Treffen, bei einem Abstände, durch den sie nicht durchs Feuer leidet. Die ordinaire Artillerie folgt gleich auf die vorderste Infanterie, die reitende bleibt auf jeden Fall bei der Cavalerie, es sey denn, daß einige Stück davon den Mangel der ordinairen Artillerie ersetzen müßten. c. In gemischten Terrain findet eine gemischte Anwendung von dem statt, was unter a u. b gesagt worden ist. Schützen und Flanqueurs 0 a. In offenem Terrain sind die Flanquers vor und werden nach Umständen durch die Schützen unterstützt. b. In durchschnittenem Terrain gehen die Schützen vor und einzelne Flanqueurs folgen ihnen. Nie solten Schützen ganz ohne Flanqueurs seyn, weil aa. selten ein Terrain überall durchschnitten ist, bb. die Flanqueurs weiter um sich sehen, geschwinder Nachricht geben und zurücksprengen können, und endlich cc. die feindlichen Tirailleurs mehr auf einen sichern Rückzug als auf den Angriff denken, indem sie befürchten müßen, von der Cavalerie niedergehauen zu werden. c. In gemishten Terrain kann die Cavallerie entweder noch agiren oder nicht. Im ersten Fall, ζ. B. in hoher Frucht, zwischen Hügel, niedrigen Gebüschen u. s. w. sind die Flanqueurs vor und die Schützen suchen sich heran zu schleichen, um auf die feindlichen Tirailleure zu schießen. Im zweiten Fall, als in hohen Gebüschen, zwischen Hecken, Gräben u. s. w., gehen die Schützen vor, aber die Flanqueurs unterstützen sie in offnen Stellen als Kämpen, Wiesen u. s. w. Mechanische Disposition der Truppen zum Gefecht Allgemeine Regeln 1. Die Infanterie steht in lsten Treffen, die Cavalerie im 2 Ш . Friedrich der 2 K und Herzog Ferdinand beobachteten schon in den letzten Feldzügen des 7jährigen Krieges diesen Grundsatz. Nach der alten Methode stand die Infanterie in der Mitte und die Cavalerie auf den Flügeln, beide in 2 Treffen. 2. Wenigstens muß das 2 K Treffen zum Theil aus Cavalerie bestehen. Sie wird alsdann die durchs Treffen errungnen Vortheile bis zum entschiedenen Sieg verfolgen (wie bei Hohenfriedeberg das Dragoner Regt. Anspach p
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Im früheren Konzept folgt hier gestrichen: „Diese und die folgende Abhandlung sind eingeschaltet." Im früheren Konzept darüber der redaktionelle Vermerk: „Seite 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 hört nach Seite... zurückSeite „6" (fol. 45v).
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Beireuth) und in jedem Fall vermöge ihrer Schnelligkeit die vor ihr befindliche Infanterie beßer unterstützen als ein 2 й 5 Infanterie-Treffen. Dieses geräth nicht selten beim Rückzüge des lsten mit diesem zugleich in Unordnung und feuert auf dasselbe, wenn der Feind durch bricht. Man erinnere sich hier die 4 Sch[l] achten bei Gr. Jaegerndorf, Zorndorf, Prag u.s.w. 3. Da, wo kein 2 Ш Treffen ist, läßt man von jeder Brigade 1 Bataillon als Reserve zurück. 4. Wenn kein 2tes Treffen nach Nro. 1 u. 2 und keine Reserve nach Nro. 3 vorhanden sind, muß aus dem 3 m Gliede eine eigene Division unter einen Capitaine zur Reserve formirt werden. Hierbey frägt sich, ob zwey Glieder noch der Cavalerie widerstehen können. Die Sache war bisher problematisch, jedoch scheint die Erfahrung zu lehren, daß die Cavalerie nur da durch drang, wo durchs Zurückweichen der Leute Lücken entstanden. Dieses würde aber schwerlich ein 3tes Glied abhalten. Hinzu kommt noch, daß die Cavalerie, wenn sie die Reserve hinter dem Bataillon erblickt, die Hofnung eines glücklichen Erfolgs des Angrifs unter manchen Umständen aufgeben wird. Nähere Untersuchung der obigen Regeln r Bei der Cavallerie kann ein Treffen dann von großen Nutzen sein, wenn man dadurch dem Feinde anfangs seine Stärke verbirgt und dann unerwartet das 2 K Treffen rechts und links herauszieht, wie die Kayserlichen bei Marengo.4 Wenn aber diese Anwendung nicht statt findet, so wird das 2 K Treffen nur von Nutzen seyn, wenn das 1 K siegt, weil in entgegen gesetzten Fall auch hier, wie bei der Infanterie, die Flucht des l a Treffen die Unordnung des 2 Ш nach sich ziehet. Warnery führet mehrere Beispiele der Art an. Beßer scheint es zu seyn, daß ein Theil des 2 m Treffens hinter den lsten in Colonne folgt und den Feind auf den Flügel fällt, vorausgesezt, daß Terrain dazu vorhanden ist, wie bei Reichenberg, wo 10 Escadrons Dragoner von den Preußen angegriffen und zurückgeschlagen wurden, während 5 Escadrons Husaren als Reserve dem Feind in die Flanke fielen u. ihn in die Flucht trieben.
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Im früheren Konzept darunter: „ NB. Hier die 4 Fälle ". Im früheren Konzept zunächst gestrichen: „ Es ist Thatsache, daß wenn Infanterie im 2a Treffen steht, dieses 2U Treffen oft durch die Retirade des 1Ш Treffens in Unordnung gebracht worden ist, wie hei Prag, Zomdorf, Minden u. s. w. 'Aus diesem Grunde ist es rathsam, bei Ablösung eines Bataillons oder einer Batterie aus dem lsten Treffen die benachbahrten Truppen davon zu avertiren, damit diese nicht wankend gemacht werden, wie bei Minden geschah.' Man kann daher die allgemeine Regel aufstellen, daß wenigstens nicht in allen Fällen ein Treffen bei der Infanterie und Cavalerie gut [ist]." Diese Bewegung war bei Marengo möglicherweise ζ. T. dadurch bedingt, daß sich die österreichische Armee Melas' aus einem Brückenkopf heraus entwickelte.
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Fortsetzung Die Cavalerie scheint sich nicht zu der leidenden Lage, in welche 5 das lste Treffen oft kommen kann, zu schicken. Ist in diesem Fall Infanterie und Artillerie im lsten Treffen, so fängt die letztere zu feuren an, und beide können durch ihr Feuer in der Entfernung doch immer von Nutzen seyn. Wie ganz anders ist das bey der Cavalerie, die bloß in Verbindung glücklicher Ereigniße mit Vortheil agiren kann, d. i. wenn rder Feind a. seine Flanke preisgiebt, b. einen guten Posten verläßt, c. einen Theil seiner Truppen ablößt, d. in Unordnung oder in die Flucht kommt. Man erinnere sich hier an Minden, Laffeld, Rocoux u.s.w. u War und blieb die Cavallerie im ersten Treffen, so traf sie entweder auf Infanterie v oder auf beschwerliches Terrain, wie bei Czaslau 5 , Gr. Jaegerndorf, Torgau u. s. w. Bey Collin hätte Ziethen mit einen Theil der Cavalerie die Schlacht entschieden, wenn er ein paar Brigaden Infanterie bei sich gehabt hätte. Er fand einen unbedeutenden Bach vor sich, hinter den Nadasti 6 mit einer weit schwächern Cavalerie stand. Stehet die Cavalerie in lsten Treffen, so fehlt sie nicht selten am Ende der Schlacht da, wo sie an nützlichsten hätte seyn können."' Auffallend ist es, daß bey Mollwitz u. Czaslau das Unglück der Cavalerie keinen Einfluß auf den Ausgang der Schlacht hatte. Man wird in den neuern Zeiten nicht leicht ein Beyspiel finden, wo die Cavalerie ohne Hülfe der Infanterie eine Schlacht gewonnen hätte." Fortsetzung Wenn man gleich über die Frage, ob die Cavalerie in Anfange einer Schlacht immer als Reserve oder 2 1 0 Treffen anzusehen werden könne, nicht einig ist,
Statt „welcher". Ab hier (fol. 12r) wechselt die Linienführung, die Schrift wird kleiner. Der Rest dieses Abschnittes war im Konzept mit der redaktionellen Anmerkung „ Hier folgt auf S. 11 u. 12 vorgestrichene" an seinen neuen Platz auf Seite „9" (fol. 47r) geholt worden. Hierbei unterlief dem Kopisten aber der Fehler, auch die Erläuterung der Abbildung „Fig. 2" zur Schlacht bei Reichenberg mit nach vorne zu holen, s. u. Gegenüber dem Konzept fehlt in der Abschrift auch noch das Folgende, wobei nicht mit Sicherheit zu sagen ist, ob es sich um einen weiteren Fehler bei der Abschrift handelt: „Die Erfahrung lehrt, daß auch selbst wenn die Armeen angreiffen, die Cavalerie da, wo sie von entscheidender Wirkung war, gewöhnlich im 2й Treffen stand oder als Reserve zurükblieb. Man werfe einen Blik auf die Schlachten bei Hohenfriedberg und Kesselsdorf, bei Ro[ß]bach und Zomdorf." " Im Konzept folgt hier (fol. 48v) das gestrichene Beispiel: „ Bei Rocoux stand die holländische Cavalerie auf den linken Flügel neben den Dorf Anse. Infanterie rükte gegen das Dorf heran und brachte jene durch ihr Artillerie Feuer völlig in Unordnung." w Im Konzept geht die gestrichene ursprüngliche Fassung dieser Anmerkung noch weiter bisS. 13 (fol. 14r). 5 Besser bekannt als Schlacht von Chotusitz. 4 Der österreichische General Franz Leopold von Nädasdy (1708-1783). 1
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
so ist man doch darin miteinander einverstanden, daß sie in nachstehenden Fällen nicht ins I й Treffen gehöre: 1. in durchschnittenem Terrain, 2. wenn man nicht weiß, in welcher Lage oder in welchen Terrain man den Feind antreffen werde, 3. in jedem Lager. Bemerkung von offensiven oder defensiven Lagern. Fortsetzung Steht die Cavallerie in der Mitte des lsten Treffens und bekömmt Infanterie gegen sich, so leidet sie durch das Artillerie-Feuer und wird leicht geschlagen."
Zu Nr. 89: Stellung, den rechten Flügelan einen Sumpf angelehnt (fol. 48r).
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Im Konzept folgt hier (fol. 47v) ein gestrichenes Beispiel: „Dieser Fall trat in der Schlacht bei Laffeld 1747 mit der holländischen Cavalerie und in der Schlacht bei Minden 1759 mit der französischen ein: sie stand in der Mitte und saß ab, weil Infanterie auf sie traf und sie glaubte, dergestalt weniger vom Artilleriefeuer zu leiden, ward aber so in Unordnung gebracht, daß sie nicht wieder zu Pferde kommen konnte."
Nr. 89
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Steht sie größtenteils auf einen Flügel, z.B. auf den linken Flügel in В Fig. 1, ist der rechte Flügel gut angelehnt, und hat sie ein offenes Terrain vor sich, so kann sie in besondern Fällen zwar auch in lsten Treffen große Dinge thun, weil sie wahrscheinlich der feindlichen Cavallerie überlegen seyn wird, gleichwohl wäre es doch besser, sie ins 2te Treffen in Α zu stellen und so ihre Stärke und Absicht zu verbergen. Hat die Armee ganz u. gar keine Anlehnung, so würde die Cavalerie dennoch beßer ins 2te Treffen als auf den Flügeln plaziret seyn/ Fortsetzung Nur wo man die Stellung des Feindes in offenem Terrain genau kennt oder aus Mangel der Infanterie eine Position nicht ausfüllen kann, ereignen sich Fälle, wo Cavalerie gestellt werden darf. Man sehe z . B . die nebenstehende Zeichnung der Oesterreicher bey Reichenberg.
Zu Nr. 89: Österreichische Stellung bei Reichenberg (fol. 48r).
Die oestereichsche Cavallerie war vortheilhaft plazirt, sie beging aber den Fehler, ihre gute Position zu verlaßen, der preußischen attaquirenden Cavalerie entgegen zu gehen, und wurde geschlagen. z
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Im Konzept folgt: „ NB. Mollwitz." Der folgende Satz kam in der Abschrift durch einen Fehler des Schreibers mit nach vome, vgl. Anm. u.
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4tes Capitel Schlachtordnung einer Brigade Infanterie ab Zuerst kommen einzelne Schützen unterstüzt von Pelotons (Schützen oder aus dem 3 Μ Gliede) und den Regiments Kanonen. Diese erste Feuerlinie hat wenigstens einen Capitain zum Brigadier. Hierauf folgen die geschloßenen Bataillons. Zuletzt kömmt eine Reserve (etwa 1 Battl.). Dies gilt im Allgemeinen. Im Einzelnen sind 4 Hauptfälle zu betrachten, ebenes oder durchschnittenes Terrain, der Feind Cavalerie oder Infanterie, a. Gegen Cavalerie in der Ebene ist das Quarree die gewöhnliche Stellung. Es frägt sich, ist ein großes Quarree Α mehreren kleinern В vor zuziehen oder ist eine Absonderung der Bataillons C, ein offenes Quarree beßer. Die Stellung Α scheint die natürlichste zu seyn, wenn eine Linie Infanterie von den Flügeln gedrängt wird, die Stellung В mehr Vortheile darzubieten, weil kleine Quarrees sich leichter bewegen und weniger in Unordnung gerathen, die Stellung С die einfachste zu seyn.
"" Hier setzt der als zweiter Teil der Vorlage verwendete Teil des Konzepts ab Seite „13" ein. Zu Beginn gestrichen: „hätte, welches beweißt, daß der Nutzen jeder Art von Truppen von den Umständen abhängt." Es handelt sich um den Rest der ursprünglichen Fassung der Anmerkung zu Mollwitz und Czaslau, vgl. Anm. w. "h Verändert aus „ 4. Stellung einer Brigade Infanterie
Nr. 89
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In jedem Fall müßen die Protzen und Munitions Wagen in der Mitte bleiben und ringsum der geschloßenen Stellung herum muß von den Schützen und Regiments Kanonen ein Kreis formiert werden. Die Schützen werden bey den beiden Kanonen gleich vertheilt und bewegen sich mit ihnen wechselseitig, entweder rückwärts oder zur Seite. Hierdurch wird der Feind entfernt gehalten und die Bataillons können sich bewegen, ohne von den Plänkerern beschwert zu werden. Bei der Bewegung der Kanonen bedient man sich der Prolonged 0 Dringt der Feind gewaltsam ein, so geht erst das eine und nachher das andere Canon zurück, beide nach den Ecken des Quarrees; die Schützen ziehen sich ins Quarr6e hinein und die Bataillons halten. Ist der Feind gänzlich zurückgeworfen, so gehen die Schützen und Regts. Kanonen wieder vor und das Quarree setzt sich in Bewegung. Steht aber ein zweiter Angriff zu erwarten, so bleibt alles in derselben Stellung. b. Gegen Infanterie in der Ebene. Uebrigens ist noch anzumerken, daß auf jeden Fall eine Reserve nöthig ist, es sei denn, daß der Feind sehr schwach wäre. c. Gegen Cavalerie in durchschnittenen Terrain ist ein Gefecht mit geschloßenen Gliedern nicht wahrscheinlich. d. Gegen Infanterie in durchschnittenen Terrain hat man eine Feuerlinie von den Schützen und Regts. Kanonen vor sich, bald weiter, bald näher, nach Beschaffenheit des Terrains; die geschloßenen Bataillons stehen rückwärts, die Batterie hält sich hinter der Mitte und erwartet den Zeitpunkt, wo sie der vordem Feuerlinie zur Unterstützung mit Nutzen vorrücken kann. Dringt der Feind demohngeachtet ein, so gehen die geschloßenen Bataillons ihm entgegen oder ziehen sich mittelst einer Reserve zurück, so wie es die Umstände erfordern. Beigefügte Zeichnung eines Theils der Position von den Franzosen bei Crefeld liefert ein Beispiel der vorgeschriebenen Stellung. Die zweite Zeichnung stellt eine Brigade Infanterie im Marsch vor, um einen Feind, dessen Stärke u. Stellung man nicht kennt, anzugreiffen. Man sieht, daß die hier getroffene Anordnung, eine Feuerlinie vor sich zu haben, mancherley Vortheile gewährt. Die Brigade kann freier und schneller vorrücken. Die eigentliche Stellung des Feindes wird durch den angetroffenen Wiederstand früher entdeckt, die Brigade kann unentdeckt ihr Anordnungen treffen und vielleicht den Feind unerwartet angreifen.
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Der Satz verändert aus „Die Kanonen feuren mit der Prolonge." Hierbei „Die" versehentlich nicht gestrichen.
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Z« Nr. S9: Eine Brigade Infanterie auf dem Marsch in durchschnittenem (fol. 14r).
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Nr. 89
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5tes Capitel Schlachtordnung einer Brigade Cavalerie (bei uns 5 oder 10 Escadrons) a. Gegen Cavalerie Der Angrif der Cavalerie kann auf 4 Arten geschehen: 1. en muraille, 2. mit Intervallen, 3. en echiquier und 4. en echelon. Die Meinungen sind verschieden. Die preußische Cavalerie wird zum Angrif en muraille exercirt; Warnery zieht die Intervalle vor, stellt aber hinter jede derselben auf 30 Schritt ein einzelnes Glied, welches in der Attaque die Linie ausfüllen soll. Balme endlich ist für den Angriff en Echiquier. Die Attaque en echelon hat in neuern Zeiten viel Anhänger erhalten. Es ist schwer, hierin zu entscheiden. Der Angriff mit Intervallen ld verstattet mehr Leichtigkeit der Bewegung und hat gewissermaßen den Vortheil des en muraille. Der Angriff en echelon ist weniger schwierig in der Ausführung und scheint hauptsächlich nur gegen Infanterie einen guten Erfolg zu versprechen. Bei den Angriff en echiquier hat man bei Prag zu erst gesiegt, doch sind die Nachrichten hierüber unsicher. Im 7jährigen Kriege attaquirte die Cavalerie anfänglich en muraille, später aber mit Intervallen. Es ist ein allgemeiner Grundsatz: Cavalerie muß wie die Infanterie ihre Flanqueurs vor sich haben. Ist keine 2 K Linie vorhanden, so ist eine Reserve unentbehrlich. Ist aber eine 2 й Linie da, so muß dieselbe entweder in die Flanke rükwärts zur Ueberflügelung des Feindes oder rückwärts in mehreren Kolonnen gestellt"" werden, um die lste Linie vorbei zu laßen und sich dann dem Feinde entgegen zu stellen. b. Gegen Infanterie Hierbei kommen 4 Hauptpunkte vor. 1. Man muß die Infanterie vor der Ausführung des Hauptangriffs zum Feur bringen; dies geshiehet durch Flanqueurs und falsche Angriffe. 2. Wenn man reitende Artillerie bei sich hat, so jagt dieselbe bis im wirksamen Kartätschschuß heran, die Kanonen werden weit aus einander gestellt und nicht aufs Geschütz, sondern auf einen Punkt der Infanterie g[e]richtet. 3. Der rechte Zeitpunct zum Angriffe ist der, wenn die reitende Artillerie bald ihre Kartätschen verschoßen hat, wenn Lükken und Unordnung entstehen oder der Feind sich in Bewegung setzt. 4. Dem Angriffe muß es nicht an Nachdruck und hinlänglicher Unterstützung fehlen. Hierzu gehört vorzüglich, daß man nicht allzufrüh sich geschwind bewege.
** Der Anfang des Satzes verändert aus „ En muraille giebt die meiste Maße. Mit Intervallen " Verändert aus „ rükwärts en colonne gestellt".
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6tes Capitel Schlachtordnung einer Brigade Infanterie und einer Brigade Cavalerie in Verbindung mit einander, a. In offenem Terrain. Die allgemeine Disposition so wohl bei die Defensive als Offensive ist: vorn Flanqueurs; Schützen und Regiments Kanonen weiter zurük zu ihrer Unterstützung/' Durch diese Anordnung hält man einzelne Tirailleurs ab, in unsere Reih und Glieder zu schießen, hindert man den Feind, unsere Lage, Stärke und Schlachtordnung zu übersehen, verschafft man sich Gelegenheit, vom Feinde Kenntniße zu erhalten und darnach seine Disposition zu entwerfen, und verleitet man den Feind, sein Feuer gegen den 3ten Theil unsr[e]r Macht zu consumiren (nach 20 Schuß kann man annehmen, daß V3 der Gewehre versagt). Die geschloßenen Bataillons und Escadrons erwarten außer den Kartätshschuß ihre weitere Bestimmung; die Infanterie steht ins lste, die Cavallerie ins 2 K Treffen. " 6 Die Linien Batterie bleibt bis zur Action hinter der Mitte der Infanterie Brigade. Hat man reitende Artillerie bei sich, so bleibt dieselbe in der Regel als Reserve bei der Kavalerie zurük, indem es Grundsatz ist, nie dieselbe zu gebrauchen, wo man sich andere bedienen kann. Nur in offenem Terrain shikt man die reit. Artillrie dann vor, wenn andre der Gefahr, genommen zu werden, ausgesetzt würde. In diesen Fällen muß man aber vorsichtig sein und die Zeit in Anschlag bringen, welche die reit. Artillerie gebraucht, um in Sicherheit zu sein, und die feindliche Cavalerie sie zu erreichen. Man muß wenigstens V 2 Minute zum Aufprotzen rechnen; die reitende Artillerie kann in 1 Minute 300 Schritt zurücklegen, Cavalerie hingegen 5 bis 600 Schritt. Diese hier angegebene allgemeine Disposition für die 3 Gattungen von Truppen gilt besonders gegen Infanterie, hat man aber überlegene Cavalerie gegen sich, so ist die Frage, soll man seine schwächere Cavalerie zurückschicken oder nicht. So lange noch für die Erhaltung der Infanterie einiger Nutzen davon zu erwarten ist, scheint es dem Intereße und der Klugheit gemäß zu sein, sie bei sich zu behalten, ohne auf die Erhaltung der Pferde Rüksicht zu nehmen, weil die Erfahrung gezeigt hat, daß im Kriege leichter Pferde als geübte Soldaten wieder zu bekommen sind, geschweige, daß schon die Menschlichkeit dies Verfahren vorschreiben würde.
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Folgt gestrichen: „ Und weiter lehrt die Logistik oder beßer das natürliche Genie, wie ζ. B. eines Luckner". Der hier einsetzende eingerückte Absatz und der eingerückte Absatz weiter unten waren ursprünglich durch Anführungszeichen und einen Strich am linken Rand hervorgehoben. Möglicherweise sollte durch die Streichung dieser Hervorhebung auch die Einrückung beseitigt werden.
Nr. 89
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Eine zweite Frage ist, zu welcher Zeit soll man von seiner Cavalerie in solchen Falle Gebrauch machen? Die Antwort ist leicht: wenn die feindliche Cavalerie durch das Feuer der Artillerie und Infanterie geschwächt ist; aber die Anwendung davon ist schwer. Bis zu dem Augenblick, daß dies geschehen kann, ist wohl am besten, eine schwächere Cavalerie zwischen der Infanterie zu stellen, etwa nach beistehender Figur 1.
2» Nr. 89: Kavallerie im Karree einer Infanteriebrigade
( f o l . 18r).
b. In durchschnittenem Terrain. Die hier zwekmäßige Stellung zeigen die zweite und dritte Figur. Die zweite stellt eine Defensiv-, die dritte eine Offensiv-Stellung vor. Bei der Defensiv-Stellung sind: A. Einzelne Schützen. B. Schützen oder andere Infanterie Pelotons mit den Regts. Ka[no]nen zu ihrer Unterstützung. C. Halbe oder ganze Escadrons außer dem kleinen Gewehrfeuer, die vordem Trupps wieder aufzunehmen. D. Die Infanterie Brigade mit der schweren Batterie hinter ihrer Mitte. E. Die Brigade Cavalerie als 2 Ά Treffen. Bey der Offensiv-Stellung sind: A. Einzelne Schützen und Flanqueurs. Die letzteren, um bei Gelegenheit vorzusprengen, die Gegend zu recognosciren, die nöthigen Nachrichten geshwi[n]d zurükzubringen und die feindl. Tirailleure furchtsam zu machen. B. Infanterie und Cavalerie Trups mit den Regiments Kanonen zur Unterstützung der Schützen u. Flanqueure.
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I. Artillerieoffizier und Lehrer (Mai 1801-März 1804)
C. Die geschloßenen Bataillons u. Escadrons nebst der Batterie, welche den Trups in В nicht zu nahe kommen dürfen, um nicht die durch die Anordnung beabsichteten Vortheile zu verliehren.
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