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German Pages [406]
Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism, and the Reformation herausgegeben von Volker Leppin (Tübingen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Matthias Pohlig (Münster), Eva Schlotheuber (Düsseldorf)
105
Johann von Staupitz, Portrait eines unbekannten Malers um 1520 aus den Kunstsammlungen der Erzabtei St. Peter in Salzburg, Inv. Nr. M 863.
Lothar Graf zu Dohna Richard Wetzel
Staupitz, theologischer Lehrer Luthers Neue Quellen – bleibende Erkenntnisse
Mohr Siebeck
Lothar Graf zu Dohna, geboren 1924; Studium in Königsberg und Göttingen; Promotion in Geschichte und Theologie; verschiedene Lehr- und Forschungsaufträge; Projektleiter „Staupitz“ an der Universität Tübingen; Professor am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der TU Darmstadt; zugleich Honorarprofessor für Ev. Kirchengeschichte an der Universität Frankfurt/ Main; Emeritus. Richard Wetzel, geboren 1936; Studium in Tübingen, Wien und Paris; Promotion in ntl. Exegese; Wiss. Mitarbeiter im Institut für neutestamentliche Textforschung in Münster (Novum Testamentum Graece), im SFB Spätmittelalter und Reformation in Tübingen (StaupitzGesamtausgabe) und in der Melanchthon-Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (MBW Melanchthons Briefwechsel); seit 2001 im Ruhestand.
ISBN 978-3-16-156125-2 / eISBN 978-3-16-156126-9 DOI 10.1628/978-3-16-156126-9 ISSN 1865-2840 / eISBN 2569-4391 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Richard Wetzel mit TUSTEP gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.
Vorwort Nach drei Bänden der kritischen Edition des Johann von Staupitz, in welchen der Theologe selber zu Wort kommt, wollen wir Herausgeber in diesem Buch das Staupitz-Bild durch Dokumente anderer Herkunft verdeutlichen. Neue Quellen, die mehrheitlich unveröffentlichten, seit 1896 verschollenen Akten eines ausnehmend interessanten Häresie-Verfahrens1, liefern unerwartete neue Ergebnisse und beleuchten die Wirkung des späten Staupitz. Ergänzend legen wir als Beiträge zur historischen Einordnung dieser Schlüsselgestalt der beginnenden Reformation Studien aus unserer Feder vor. Diese Studien legen wir erneut vor, weil sie unseres Erachtens bleibende Erkenntnisse enthalten, aber bislang von der Forschung überwiegend nicht rezipiert wurden. Dies geschah hauptsächlich, da diese Studien meist an entlegenen, ja versteckten Orten erschienen sind2. Eine solche Rezeption könnte, wie wir meinen, gerade auch der heute blühenden Luther-Forschung einen wesentlichen Gewinn bringen. Gelegentlich spielt jedoch ein anderer Grund eine Rolle für die NichtRezeption: eine in der heutigen Wissenschaft erstaunliche konfessionelle Enge. Das hier vorgelegte Buch wird mit den neuen Quellen eröffnet. Danach folgen die Studien in der Reihenfolge ihrer Entstehung, weil der Zeitpunkt ihres Erscheinens öfter viel später liegt (im Fall des Aufsatzes „Von der Ordensreform zur Reformation“ sind es acht Jahre). Die erste, 1978 entstandene Studie enthält die stellenweise aktualisierten Teile aus der Einführung in die Gesamtausgabe: „Der Autor in seinen Werken“ und „Von der Wirkungsgeschichte zur Forschungsgeschichte“. Ein neuer, bis 2016 fortgeführter Bericht über „Edition und Forschung seit 1979“ folgt als achter auf sieben Beiträge aus den Jahren 1981 bis 1998, die unverändert abgedruckt werden, damit der Verlauf der Forschung nachvollziehbar bleibt. Ebenfalls neu verfasst wurde ein Kurzbeitrag über „Gesetz und Evangelium“. Notwendige Aktualisierungen erfolgen – durch ein vorgesetztes „N.B.“ gekennzeichnet – zu allermeist in den Fußnoten. Allgemein gilt, dass dieses Buch im Gedankenaustausch der Autoren entstanden ist. Die Hauptlast der Koordination und Redaktion lag auch im vorliegenden Sammelband auf Richard Wetzel. Allen, die unser Vorhaben gefördert und unterstützt haben, danken wir herzlich. Dies gilt für den freien Zugang zu den Agricola-Akten und den Sitzungsprotokollen des fürsterzbischöflichen Rats im Erzbischöflichen Konsistorialarchiv Salzburg unter seinem jetzigen Leiter Dr. Thomas Mitterecker und die bereitwillige Fertigung uns bisher fehlender Kopien durch Herrn Matthias Fuchs, sowie für die Reproduktion des Staupitz-Portraits aus den Kunstsammlungen der Erzabtei St. 1
Ein falsches Zitat daraus führt bis heute dazu, Staupitz in Salzburg als rigorosen KetzerVerfolger erscheinen zu lassen. 2 So konnte z. B. ein von der Erzabtei St. Peter zu Salzburg erbetener Beitrag („Die Reue Christi“) zur Festschrift 1982 aus Termingründen erst im Folgeband erscheinen und trug dann nur den Titel „Studien und Mitteilungen ... des Benediktinerordens“.
VI
Vorwort
Peter daselbst durch Mag. Wolfgang Wanko. Ferner danken wir den Herausgebern von „Spätmittelalter, Humanismus, Reformation“, die unser Buch in diese Reihe aufgenommen haben, in erster Linie Professor Dr. Volker Leppin. Einen sehr persönlichen Dank sagen wir Dr. Armgard Gräfin Dohna, die ihrem Mann, nicht zuletzt wegen dessen Augenkrankheit, wichtige Unterstützung leistete. Dr. Henning Ziebritzki, Frau Katharina Gutekunst, Frau Kendra Mäschke, Frau Jana Trispel und Frau Elizabeth Wener vom Verlag Mohr Siebeck danken wir für die gute Zusammenarbeit, Dr. Wilhelm Ott für rasche Hilfe beim Satz mit TUSTEP. Denen, die sich bei Einzelheiten in den Beiträgen, den früheren ebenso wie den neuen, als hilfreich erwiesen haben, wird der verdiente Dank an Ort und Stelle erstattet. 28. August, Festtag des hl. Augustinus, 2017. Lothar Graf zu Dohna Richard Wetzel
Inhalt Vorwort
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Verzeichnis der Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
X
Das Häresieverfahren gegen Stephan Agricola Gesamt-Einleitung, von Lothar Graf zu Dohna . . . . . . . . . . . . . 1 Texte, bearbeitet von Lothar Graf zu Dohna und Richard Wetzel . . . . 19
A 1–13. Agricola-Akten A 1. Agricola, Supplicatio, aus dem Gefängnis [in Mühldorf, spätestens Anf. April] 1523 . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
A 2. Staupitz, Consultatio super confessione [...] Agricolae, [Salzburg, Frühjahr] 1523 bearbeitet von Lothar Graf zu Dohna . . . . . . . . . . . . .
28
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text* . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28 36
A 3. Replica procuratoris fiscalis [...], [Salzburg, vor 16. August 1523] A 4. [...], Interrogatoria [...], [Salzburg], November [1523]
. . . . . . . . . . . . . . .
47
. . . . . . . . . . . . . . . .
52
A 5. Dr. Ribeisen an FEbf. Lang, Mühldorf, 2. Januar 1524 (1. Brief)
. . . . . . . . . . . . . .
58
A 6. Dr. Ribeisen an FEbf. Lang, Mühldorf, 2. Januar 1524 (2. Brief)
. . . . . . . . . . . . . .
60
A 7. [Landrichter Hirschauer an FEbf. Lang, Mühldorf, Mitte Dezember 1523]. Fragment
. . . . . . . . . .
66
A 8. Landrichter Hirschauer an FEbf. Lang, Mühldorf, 3. Januar 1524 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
A 9. [Kanzler Dr. Baldung] an Landrichter Hirschauer in Mühldorf, Salzburg nach [7. Januar 1524] . . . . . . . . . . . . . . . .
71
* Aktualisierte Reproduktion der Edition in JvS 5 (2001)
VIII
Inhalt
A 10. Zettel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
A 11. Landrichter Hirschauer an Kanzler Dr. Baldung in Salzburg, Mühldorf, 6. Mai 1524 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
A 12. Agricola aus dem Gefängnis [in Mühldorf] an [Landrichter] Hirschauer [in Mühldorf], [6.] Mai 1524. Erklärung
77
A 13. Revers und Urfehde. Entwurf für [...] Agricola im Gefängnis in Mühldorf, [Salzburg, Ende] Mai 1524 . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
B 1–11 und C. Ergänzende Quellen B: Ratsprotokolle und Beilagen B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523 (Auszug)
. . . . . . . . . . .
81
B 2. Denkschrift [Dr. Rem für FEbf. Lang], [Ende April 1523] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523 (Auszug)
. . . . . . . . . . .
88
B 4. Dr. Rem an FEbf. Lang [auf dem Innsbrucker Landtag], Salzburg 28. April 1523 (Auszug) . . . . . . . . . . . . . .
91
B 5. Dr. Rem an FEbf. Lang [auf dem Innsbrucker Landtag], Salzburg 29. April 1523 (Auszug) . . . . . . . . . . . . . .
93
B 6. Ratssitzung vom 16. August 1523 (Auszug) . . . . . . . . . . .
95
B 7. Ratssitzung vom 26. August 1523 . . . . . . . . . . . . . . .
98
B 8. Memoriale zur Ratssitzung vom 26. August 1523 (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 B 9. Impedimenta (Beilage zur Ratssitzung vom 26. August 1523) (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 B 10. Ratssitzung vom 7. Januar 1524 (Auszug) B 11. Ratssitzung vom 19. Februar 1524
. . . . . . . . . . . 103
. . . . . . . . . . . . . . 105
Inhalt
IX
C. Agricola, Antwort, Druck von 1523 . . . . . . . . . . . . . . . 111
Studien Johann von Staupitz – Leben, Werke, Wirkung und Forschungsgeschichte (bis 1978), von L.G.z.D. und R.W. Von der Ordensreform zur Reformation, von L.G.z.D.
. . . 125
. . . . . . . . 138
Die Reue Christi. Zum theologischen Ort der Buße bei Johann von Staupitz, von L.G.z.D und R.W. . . . . . . . . . 151 Staupitz und Luther. Kontinuität und Umbruch in den Anfängen der Reformation, von L.G.z.D. . . . . . . . . . 176 Staupitz und Luther, von R.W. .
. . . . . . . . . . . . . . . . . 190
Staupitz antibarbarus. Beobachtungen zur Rezeption heidnischer Antike in seinen Tübinger Predigten, von R.W. . . . . . . . . . . . . 204 Staupitz Augustinianus. Eine Bestandsaufnahme der Rezeption Augustins in seinen Tübinger Predigten, von R.W. . . . . . . . . . . . . 223 ,Meine Liebe zu Dir ist beständiger als Frauenliebe’. Johann von Staupitz († 1524) und Martin Luther, von R.W. Edition und Forschung seit 1979. Editionsstand von R.W. und L.G.z.D.
. . . . 266
. . . . . . . . . . . 283
Gesetz und Evangelium in Staupitz’ frühreformatorischer Theologie, von L.G.z.D. . . . . . 331
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen . . . . . . . . . . . . . 335 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . 338 Corrigenda in JvS 2, JvS 1 und JvS 5
. . . . . . . . . . . . . . . 348
Register der Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Historisches Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Register der modernen Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
Verzeichnis der Abkürzungen1 Abbr. Anal. Aug. App. ARC ARG Art., art. Autogr. AWA BBKL BHTh can. cap. CCath CChr, CCL col. CSEL DAT, DATT. DBE2 DMMRS DOH Dr. DThC DWB erg. Ex. Expl. FEbf.
1
Abbreviatur Analecta Augustiniana Apparat Acta Reformationis Catholicae Archiv für Reformationgeschichte Artikel, articulus Autograph Archiv zur Weimarer Ausgabe Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Beiträge zur historischen Theologie canon caput, capitulum Corpus Catholicorum Corpus Christianorum, series Latina columna, Kolumne Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum s. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen s. v. DATTERER Deutsche Biographische Enzyklopädie, 2. Aufl. Duke Monographs in Medieval and Renaissance Studies s. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen s. v. DOHNA Druck (im textkritischen Apparat bei Text C) Dictionnaire de the´ologie catholique Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm ergänze(n) Exemplar Explicit Fürst-Erzbischof
Allgemein übliche Abkürzungen wie f., ff., S., u., Z. – Bd., Bde., Bf., bfl., Bl., Bll., ca., dt., Ed., ed., edd., FS, Gf., Hd., Hg., Hgg., hg. v., Hs., Hss., hsl., Hz., Hzz., Jg., Kf., Kg., Ks., Nr., Nrr., St. – Abs., Abt., Anf., Anm., bes., bzw., Cod., ebd., Ebf., ebfl., Ehz., fol., gen., gez., Kap., sog., usw., vgl., vlg., zit. – Aufl., Ausg., betr., ders., Diss., evtl., Faks., gest., Marg., offb., scil. – Bearb., bearb. v., Mitarb. werden im Folgenden nicht aufgelöst. Die in der Edition der CONSULTATIO (2001) ohne Abkürzungspunkt geschriebenen Abkürzungen „Anm“, „art“, „c“, „d h“, „f“, „ff“, „Hs“, „s“, „scil“, „vgl“ u. a. werden in der aktualisierten Reproduktion der Edition (Text A 2) in ihrer Eigenart belassen. Bei allem, was neu hinzugekommen ist, wie die Angaben in den zahlreichen Stellenbelegen aus den neu edierten übrigen Akten, kehren wir zum allgemeinen Usus zurück. Das Nebeneinander wird in Kauf genommen.
Verzeichnis der Abkürzungen
GÄR ggb. ggf. GKW GV HAUTH. Inc. JvS JvS 1, 2, 5
KLK lib. LJ LThK2 LThK3 MBW MBW.T MGH MGSL MVGN N.B. NCE NDB Ndr. OESA, O.S.A. OFM OP PL QFRG QGTÖ qu. RE3 RGG3 RGG4 RHE RST RTA
XI
s. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen s. v. GÄRTNER gegenüber gegebenenfalls Gesamtkatalog der Wiegendrucke Generalvikar s. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen s. v. HAUTHALER Incipit oder Incunabula Johann von Staupitz Staupitz-Gesamtausgabe ,Sämtliche Schriften. Abhandlungen, Predigten, Zeugnisse‘, Bd. 1, 2 und 5; s. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen Katholisches Lehren und Kirchenreform liber Lutherjahrbuch Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Aufl., Freiburg 1957 ff. Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg 1993 ff. Melanchthons Briefwechsel (Regesten), Stuttgart-Bad Cannstatt 1977 ff. Melanchthons Briefwechsel. Texte, Stuttgart-Bad Cannstatt 1991 ff. Monumenta Germaniae Historica Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde Mitteilungen des Vereins für Geschichte Nürnberg nachträgliche Bemerkung New Catholic Encyclopedia Neue Deutsche Biographie Nachdruck Ordo (Eremitarum) Sancti Augustini Ordo Fratrum Minorum Ordo Praedicatorum Patrologiae cursus completus, series Latina Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte Quellen zur Geschichte der Täufer in Österreich quaestio Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 3. Aufl., Leipzig 1896 ff. Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957 ff. Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998 ff. Revue d’histoire eccle´siastique Reformationsgeschichtliche Studien und Texte Reichstagsakten
XII Sbd. SCJ sed co. SFB SM
Verzeichnis der Abkürzungen
Sammelband Sixteenth Century Journal sed contra Sonderforschungsbereich Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige SMFNZ Spätmittelalter und Frühe Neuzeit. Tübinger Beiträge zur Geschichtsforschung SMHR Spätmittelalter, Humanismus, Reformation (so ab Bd. 39, 2007; vorher Spätmittelalter und Reformation N.R.), Tübingen SMRT Studies in Medieval and Reformation Thought, Leiden Spr.-Anm. Sprach-Anmerkung SuR Spätmittelalter und Reformation, Berlin u.a. SuR NR Spätmittelalter und Reformation, N.R. (1990–2006; danach: Spätmittelalter, Humanismus, Reformation), Tübingen ThLZ Theologische Literaturzeitung tom. tomus TRE Theologische Realenzyklopädie, Berlin u. a. 1977 ff. Us., Üs. Unter-, Überschrift VD 16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts VIEG Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz VL Verfasserlexikon Deutscher Humanismus 1480–1520 WA D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausg., Weimar 1883 ff. WAB, WA.Br. Weimarer Luther-Ausgabe, Briefe WA TR, WA.TR Weimarer Luther-Ausgabe, Tischreden ZGO Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins Zlg. Zählung ZKG Zeitschrift für Kirchengeschichte ZThK Zeitschrift für Theologie und Kirche
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola Gesamt-Einleitung1 Neue Ergebnisse Die hier vorgelegte Edition des gesamten bisher unveröffentlichten Häresie-Verfahrens gegen Stephan Agricola erbringt neue, teils ungeahnte Ergebnisse. Mit einem Protokoll, das den Ratsbeschluss über die Freilassung Agricolas festhält, gehen sie weit hinaus über die Berichtigung des 70 Jahre lang unwidersprochen gebliebenen Forschungsirrtums von der Existenz eines zweites Gutachtens aus der Feder von Staupitz und dessen Wandlung zum Luthergegner und Ketzerverfolger. Schon die „Einführung in die Gesamtausgabe“ (JvS 2, 1979) hatte diese kleinste und am wenigsten bekannte Schrift Johanns von Staupitz von 1523 zweifelsfrei als das einzige Gutachten des Abtes von St. Peter in diesem Häresie-Verfahren erweisen können. Ein von HAUTHALER (1896) irreführend als „zweites Gutachten“ bezeichneter „viel schärfer(er)“, von CLEMEN (1906) dann fälschlich demselben Verfasser, Staupitz, zugeschriebener Text hatte sich als anders geartete Prozess-Schrift herausgestellt, die weder ein Gutachten, noch von Staupitz ist:2 die zur Vorbereitung der Anklage verfassten INTERROGATORIA (Text A 4). Diese entscheidende Erkenntnis ist freilich bis heute nicht von allen Staupitz-Forschern rezipiert worden.3
1
Diese Einleitung zum Häresie-Verfahren übernimmt die einschlägigen Teile aus JvS 5 (2001), S. 61–74 (wobei der dortige Abschnitt „Korrektur des Staupitz-Bildes“, S. 61, entfällt, dem hier der Abschnitt „Neue Ergebnisse“ entspricht). Berichtigungen werden annotiert. Seit 2001 erschienene Literatur ist an der Jahreszahl als Aktualisierung zu erkennen. Die durch Berichtigungen und Aktualisierungen zahlreicher gewordenen Fußnoten mussten neu durchgezählt werden. 2 Siehe DOHNA/WETZEL 1979, 8 f. mit Anm. 29 bis 31. 3 Die erstmals 1979, ausführlicher DOHNA 1989, 582 f. vorgetragene Richtigstellung (vgl. unten bei Anm. 67–73 sowie den Beitrag „JvS – Leben usw.“, in diesem Sammelband S. 125–137, hier 130) ist – überwiegend ausdrücklich – rezipiert oder zumindest erwähnt von ANGERER 1980, 89 f. mit Anm. 41 (S. 119), GÜNTER 1988, 28, ZUMKELLER 1994, 14 mit Anm. 36, HAMM TRE 2000, 122 Nr. 2.14 und HAMM ARG 2001, 23 Nr. 14 mit Anm. 60 sowie POSSET 2003, 317 f. mit Anm. 114. – Hingegen ignoriert sie WRIEDT 1991, S. 14: „Über den letzten Abschnitt des Lebens von Staupitz gibt es nur wenige Quellen, dafür umso mehr Spekulationen“. – Unter den Rezensenten der CONSULTATIO-Edition in JvS 5 nimmt nur JUNGHANS von ihr Notiz: Helmar JUNGHANS, in: Lutherjahrbuch 69 (2002), 141 f., nicht jedoch David Curtis STEINMETZ, in: Sixteenth Century Journal 36 (2005), 872 f., auch und abermals nicht Markus WRIEDT, in: Theologische Literaturzeitung 132 (2007), Sp. 670–672. Wenn WRIEDT (Sp. 671) von einem „Verhör durch seinen ehemaligen Mitbruder“ spricht, muss der Leser seiner Rezension ebenso zwingend wie irrtümlich annehmen, dass 1.) ein solches Verhör Agricolas durch Staupitz stattfand (und
2
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Ferner konnte die eingehende Heranziehung der Agricola-Akten in der Edition der CONSULTATIO (JvS 5, 2001) nicht nur entscheidende Erkenntnisse zum Verständnis dieser bis dahin weitgehend unverständlichen Staupitz-Schrift erbringen, sondern auch interessante Einblicke in einen ganz ungewöhnlichen Ketzerprozess der frühen Reformationszeit geben. Die nun vorgelegte Edition aller 13 Stücke dieses nach 1896 verschollenen Prozessakten-Konvoluts (Texte A 1–13), ergänzt durch die einschlägigen Protokolle des erzbischöflichen Rats in Salzburg (Texte B 1–11), eröffnet viele neue Einsichten. Nicht zu erahnen war vor allem diese: Aus einer bei HAUTHALER und PFEILSCHIFTER fehlenden – daher 2001 nicht herangezogenen – Passage des Ratsprotokolls vom 19. Februar 1524 (Text B 11) geht die erstaunliche Tatsache hervor, dass der Rat, bevollmächtigt vom Fürst-Erzbischof Matthäus Kardinal Lang, die Freilassung Agricolas beschlossen hat. Auch die Bedeutung der CONSULTATIO für den Verzicht auf die Erhebung der Anklage und auf eine Verurteilung wird nunmehr deutlicher. Die Legende des Cyriacus SPANGENBERG (1562)4, die noch in manchen Handbuch-Artikeln nachklingt,5 ist damit endgültig widerlegt.
dem Gutachten zugrunde liegt) und dass es 2.) in Salzburg stattfand; denn von Mühldorf am Inn als dem Ort, an dem Agricola gefangen gehalten wurde, ist in der Rezension nicht die Rede. Dafür wird Sp. 670 „St. Peter (Salzburg) am Inn“ lokalisiert. 4 SPANGENBERG, Vita Stephani Agricolae senioris, Exkurs in einer Streitschrift Sp.s gegen A.s Sohn: Wider den Gottlosen Apostaten Stephanum Agricolam [jun.] = Teil 3 in Sp.s siebenteiliger Polemik: Wider die böse[!] Sieben ins Teufels Karnöffelspiel, Eisleben, Urban Gaubisch 1562 (VD 16, Bd. 19 [1992], S 7728; Ex.: München SB, 4 o Polem. 2798 [Google Books]; weitere Ausgaben im selben Jahr in Frankfurt/M. und Jena), ab Bl. pi, bes. piiiv-qiiir, hier qiir: Als A. in Salzburg auf dem Weg zum Turm war, in dem die Baalspriester ihn in die Luft jagen wollten, das aufgehäufte Pulver sich aber vorzeitig entzündete, haben ihre Handlanger den unschuldigen Doctor aus furcht vor dem gemeinen Pöffel loß gelassen Anno 1524, so dass er fliehen konnte. 5 Während LThK 1, Bd. 1 (1929), Sp. 149 (gez. N. PAULUS) zutreffend schreibt: „Wie er [...] die Freiheit gewann, ist unbekannt“; ähnlich RGG 3, Bd. 1 (1957), Sp. 188 f. (gez. Matth. SIMON): „auf unbekannte Weise freigekommen“, variieren die Folgenden die Mär von der Flucht: NDB 1 (1953), S. 104 f. (gez. Gustav HAMMANN): „ließ ihn Kardinal M. Lang 1522 in Rattenberg gefangen nehmen, doch entging er der Hinrichtung durch Flucht aus dem Gefängnis“; LThK 2, Bd. 1 (1957), Sp. 208 f. (gez. D. ALBRECHT): „entging der Hinrichtung durch Flucht“; BBKL 1[1975], Sp. 62: „Lang ließ [A.] in Mühldorf gefangennehmen. A. entkam 1524“; LThK 3, Bd. 1 (1993), Sp. 251 (gez. Heribert SMOLINSKY): „1522 Gefangennahme auf Veranlassung Kard. M. Langs und Flucht“; RGG 4, Bd. 1 (1998), Sp. 192 (gez. Heinz SCHEIBLE): „1522 wegen evangelischer Lehre in Mühldorf (Inn) eingekerkert, Mai 1524 Flucht“, übernommen in DBE 2, Bd. 1 (2005), S. 72 und MBW 11 (2005), S. 45, Sp. 2, dies, obwohl JvS 5 in der Lit. aufgeführt wird.
Gesamt-Einleitung. Staupitz und Salzburg
3
Staupitz und Salzburg Die Übersiedelung nach Salzburg – nach seinem Rücktritt als Generalvikar der reformierten Augustiner im August 1520 – stellt im Leben Staupitz’ keinen Bruch dar.6 Mit Salzburg und seinem Fürst-Erzbischof Leonhard von Keutschach (†1519) war er seit mindestens 1510 verbunden, er hatte seitdem fast in jedem Jahr in der Salzburger Terminei seines Ordens einen längeren Aufenthalt genommen7, hatte seit 1512 regelmäßig sei es in der Stadtpfarrkirche sei es im Auftrag der Abtei St. Peter gepredigt8, so daß nichts für ihn näher lag, als an diesem wohlvertrauten Ort nach dem Amtsverzicht seinen ständigen Wohnsitz zu nehmen. Jedenfalls war es nicht ein Ruf von Leonhards Nachfolger, Kardinal Matthäus Lang, der Staupitz hierzu bewog, wie man aufgrund seiner fälschlich angenommenen Funktion als Dom- oder gar Hofprediger gemeint hatte9. Wenn man ferner bedenkt, daß schon 1516 anscheinend geplant war, den noch amtierenden Generalvikar der reformierten Augustinereremiten vom damaligen Salzburger FürstErzbischof zum Bischof von Chiemsee – mit Residenz in Salzburg – ernennen zu lassen, erscheint auch die von Matthäus Lang als neuem Fürst-Erzbischof durchgesetzte Wahl Staupitz’ zum Abt von St. Peter (1522) nicht mehr als so krasser Kontinuitätsbruch, wie sie verständlicherweise Luther erscheinen mußte10. Im Hinblick auf diese Wahl trat Staupitz auch in den Rat des Fürst-Erzbischofs ein11. Zu Leben und Werken Johanns von Staupitz (= JvS) sei auf den Überblick bei DOHNA/WETZEL 1979, 4–9, verwiesen, wo auch die wichtigste Literatur besprochen ist, fortgesetzt in WETZEL 1991, WETZEL 1998, JvS 5, 86–89 mit Anm. 103, WETZEL 2013 und in diesem Band. – Als Abriß zu empfehlen: GÜNTER (1988). – Die derzeit beste zusammenfassende Würdigung des Theologen Staupitz ist Berndt HAMM, Artikel Staupitz, in: TRE 32 (2000), 119–127; Langfassung ARG 92 (2001), 6–42. 7 Eine genauere Kenntnis der Aufenthalte JvS’, der Einrichtung der Stiftsprädikatur (einer von Bürgern gestifteten Predigerstelle) an der Stadtpfarrkirche (der heutigen „Franziskanerkirche”) und der bis dahin unbekannten Terminei der Augustiner-Eremiten verdanken wir SALLABERGER SM 1982. SALLABERGER 1978 ist damit vom Verfasser selbst teilweise überholt worden. – Die Frage, ob JvS eine Zeit lang die Stiftsprädikatur wahrnahm und vielleicht sogar auch im Stiftspredigerhaus wohnte, kann hier offen bleiben. 8 Zu den nachschriftlich erhaltenen Predigten (1512, 1518, 1519, 1520, 1523 und drei undatierte Zyklen) vgl. DOHNA/WETZEL 1979, Anm. 15 und 27 sowie die Einleitung von Wolfram SCHNEIDER-LASTIN zu SbPr (siehe Verzeichnis der Quellen). (Schneider-Lastin war es auch, der die Stiftungsurkunde der eben genannten Prädikatur wiederfand.) – Beschreibung der Handschriften in St. Peter (nicht jedoch der in der Abtei Nonnberg zu Salzburg), bei HAYER. – Weitere Aufenthalte von 1511/12, 1513, 1514/15 sowie eine von der Abtei St. Peter honorierte Predigttätigkeit konnte SALLABERGER SM 1982 nachweisen. 9 SALLABERGER SM 1982, 221 verweist darauf, daß Fürst-Erzbischof Matthäus Lang von Mai 1520 bis Juni 1521 nicht in Salzburg weilte. – POSSET 2003, 240 f. hält ein Interesse Langs an Staupitz schon auf dem Augsburger Reichstag 1518 für nicht unvorstellbar. 10 Vgl. Luther an Spalatin, 8. Juni 1516 (WA Br 1, Nr. 16); Luther an Staupitz, 27. Juni 1522 (WA Br 2, Nr. 512). 6
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Schließlich läßt sich auch in Staupitz’ theologischem Denken eine klare Kontinuität feststellen, wie eine Interpretation der Salzburger Predigten, einschließlich der von 1523, ergeben hat12. Der Fall Agricola13 Stephan Castenpawr (Kastenpauer)14, der sich nach Humanistenart auch Agricola nannte,15 gelegentlich mit dem Zusatz ex Aventino nach seinem Geburtsort Abensberg, war in jungen Jahren16 in Regensburg in den Augustiner-Eremitenorden eingetreten17 – weshalb er auch als Stephanus de Ratisbona erscheint – und hatte anscheinend dort auch studiert. Als weitere Stationen sind nachweisbar18: W i e n – Immatrikulation 1513; Baccalaureat 1514; Vorlesung über die Apokalypse; 1515 Promotion zum Lektor; Siehe SALLABERGER 1997, 262. Siehe DOHNA/WETZEL 1983. 13 Diese Überschrift ersetzt „Anlaß zur Entstehung der Schrift“, JvS 5, 63, vor Abs. 1. 14 Zu Stephan Agricola (der in der Literatur wiederholt mit Johann Agricola, dem „Doctor Islebius”, verwechselt wurde) sind neben HAUTHALER (1896) und KOLDE, Agricola (1896), besonders SIMON (1961) und SALLABERGER 1997 zu nennen. – Weiterführende Informationen und Aspekte bei MOELLER 1999 (wieder abgedruckt 2001). – Unerwähnt bleiben sowohl das Verfahren gegen Agricola wie auch das Staupitzische Gutachten bei KUNZELMANN VI (1976), 367–369; desgleichen in RGG 3 (1957), 4(1998), LThK 2 (1957), 3 (1993) und NDB 1 (1953). In TRE fehlt ein Artikel über diesen Agricola überhaupt. – Zum Namen: Kastenbauer = der auf einem kastengut sitzt, Untertan eines kastenamts (siehe DWB). 15 Mit dem humanistischen Namen nennt er sich schon in der ersten Schrift seiner Causa, der bald nach dem 10. März 1523 verfaßten SUPPLICATIO (Text A 1): Stephanus Agricola ex Aventino (Z. 163). Im übrigen spricht nichts dagegen, in dem Verfasser der reformatorischen Flugschrift Ein bedencken des agricola Boius wie der warhafftig Gottes dienst [...] möcht [...] auffgericht werden (VD 16, C 1487; KÖHLER 1,1, Nr. 65) den gleichen Autor zu sehen. Die Schrift ist allerdings nicht 1520(!), sondern vermutlich Anfang 1525 in Leipzig oder Eilenburg gedruckt worden (so SIMON 271, 273 f.). – SALLABERGER 1997, 269 f. hat – was mir 2001 nicht auffiel – diese Neudatierung nicht rezipiert. Hätte dieses eindeutig lutherische Bedencken (Resümee bei SIMON 271 f.) schon im Sommer 1523 Agricola zugeordnet werden können, hätte es jede weitere Befragung überflüssig gemacht. 16 Das gelegentlich genannte Geburtsjahr (RGG 3: 1491, LThK 2: ca. 1491) ist anscheinend nur erschlossen. 17 KUNZELMANN VI, 367 f. – So schon JvS 5, S. 63, Anm. 12; dazu ist als nunmehr früheste Bezeugung nachzutragen: Aegidii Viterbiensis O.S.A., Resgestae Generalatus, Bd. 1 (1506–1514), hg. v. Albericus de Meijer (Rom 1988), Doc. 417 (Rom, 14. nov. 1509): Data est facultas [...] fratri Stephano de Ratispona provincie Bavarie redeundi ad patriam (korr. aus partes), von wo aus, ist aus dem Kontext nicht zu entnehmen. 18 Die ältere Literatur folgt in einer Reihe von Einzelheiten der Vita Stephani Agricolae senioris des Cyriacus SPANGENBERG (wie Anm. 4). Die Vita kommt als Quelle kaum in 11 12
Gesamt-Einleitung. Der Fall Agricola
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Auslegung weiterer Bücher der Bibel; Predigten vor dem Volk; schließlich 1517 Vorlesungen über die Sentenzen. Im gleichen Jahre erschienen in Basel fünf Bände De religione christiana des Augustiners Simon Fidati von Cascia, herausgegeben vom Ordensbruder Stephan Sutor de Ratisbona, der als Wiener Prediger und Lektor der Theologie bezeichnet wird und möglicherweise mit Agricola identisch ist. Die von Stephan Kastenpauer selbst bezeugte Förderung seiner Studien durch Kardinal Matthäus Lang scheint in die Wiener Zeit zu fallen19. Knapp zwei Jahre verbrachte Agricola in Italien, in B o l o g n a und Ve n e d i g , wo er Definitor auf dem Generalkapitel war und anschließend (am 19. Juni 1519) zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Danach Lektor in R e g e n s b u r g , wo er seit 1520 „nach der Schrift” predigte. In die gleiche Zeit dürften seine Predigten in Passau gehören. Seit 1521 im Konvent zu R a t t e n b e r g am Inn, entfaltete er hier wie in anderen Städten Tirols – Schwaz, Innsbruck und Hall – eine eifrige, deutlich reformatorisch geprägte öffentliche Predigttätigkeit20. Wegen des Verdachts der Ketzerei angezeigt, wurde Agricola auf Anweisung der erzherzoglichen Regierung in Innsbruck im Herbst 1522 in Rattenberg in Haft genommen. Erst am 10./11. März 1523 wurde der Gefangene auf Befehl des Erzherzogs Ferdinand mit einem Schiff in das salzburgische Mühldorf am Inn überführt, damit der Fürst-Erzbischof als Ordinarius für Rattenberg21 gegen ihn vorgehe22. Hier blieb „der Mönch zu Mühldorf”, wie er in den Akten regelmäßig genannt wird, länger als ein Jahr in Gewahrsam, ohne daß es zu einem förmlichen Prozeß kam. Für die auffallende Verschleppung des Falles gab es mehrere Gründe. Vor allem ließen die Mitglieder des erzbischöflichen Rates die Entscheidung darüber offen, welches Verfahren man anwenden wolle, ob den „rigorosen Weg” einer förmlichen Inquisition23 mit anschließendem Prozeß nach „strengem Recht” oder den „milderen”, den Inkulpaten die festzustellenden Irrtümer abschwören zu las-
Betracht, da sie ausgesprochen legendarische Züge trägt und in entscheidenden Punkten nachweisbar Falsches berichtet. 19 Lang, der sich 1515 – zur Vorbereitung und Feier des Doppelverlöbnisses der Enkel Ks. Maximilians Maria und Ferdinand mit den ungarischen Jagiellonen Ludwig und Anna (am 22. Juli) (SALLABERGER 1997, 128) – in Wien aufhielt, wurde erst 1519 Fürst-Erzbischof von Salzburg, was KUNZELMANN VI, 367, übersieht. 20 Näheres bei HAUTHALER und MOELLER 1999. 21 KUNZELMANNS Angabe „im Salzburgischen” ist irreführend; Rattenberg (damals meist: Rot[t]enberg) gehörte seit dem Landshuter Erbfolgekrieg zur österreichischen Grafschaft Tirol. – KOLDES Angabe, der Fürst-Erzbischof habe Agricola verhaften lassen, ist der einzige Irrtum in seinem RE-Artikel über Agricola. 22 Die 1522 durch das Provinzialkapitel erfolgte Wahl zum Prior von Rattenberg wurde infolge dieser Vorgänge vom General nicht anerkannt. Entsprechend ist LThK 3 zu korrigieren. – Den ungefähren Zeitpunkt der Verhaftung sowie den der Überstellung nach Mühldorf konnte SALLABERGER 1997, 270 f. nach neuen Quellen bestimmen. 23 „in Rattenberg“, JvS 5, 65, Z. 2, nach „Inquisition“ getilgt.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
sen. Immer wieder versuchte man vergeblich, ihn zur Abschwörung24 zu bewegen, ohne allerdings mit dem alternativen Wege, dem rechtlichen Verfahren, letzten Ernst zu machen. Hemmend wirkte auch die häufige Abwesenheit des Fürst-Erzbischofs. Daneben spielte die Überlegung eine Rolle, daß ein regelrechter Prozeß ebenso wie eine erfolgreiche Überredung zur Abjuration nur in Salzburg stattfinden könne. Eine Überführung aber aus der Enklave Mühldorf konnte nur mit bayerischem Geleit erfolgen, was man als politisch inopportun, ja gefährlich25 erachtete. Außerdem fürchtete man das bei einer solchen Überführung unvermeidliche öffentliche Aufsehen, das die ohnehin aufgebrachte Bevölkerung zum Aufruhr reizen könnte. Schließlich hatte Stephan Agricola, wie wir sogar aus einem Schreiben des erzbischöflichen Kanzlers Dr. Baldung wissen,26 in Salzburg selbst Freunde und Gönner, die seine Freilassung wünschten, und, wie aus einem Brief des erzbischöflichen Rats Dr. Ribeisen hervorgeht,27 nicht zuletzt von Wien aus eine einflußreiche Fürbitterin, Erzherzogin Anna, die Gemahlin des auf Durchführung des Mühldorfer Rezesses bedachten28 Ferdinand. Wieweit der ausgesprochen behutsame „Ratschlag” des Abts von St. Peter dazu führte, daß man im Rat den Gedanken an ein strenges Verfahren mehr und mehr fallen ließ, ist den Akten nicht direkt zu entnehmen. Es liegt indes nahe, bei den vom Kanzler genannten „Vertrauten” auch an Staupitz zu denken.29 Die Agricola-Akten Grundlegend für die Rekonstruktion des „Falles Agricola” sind die zuletzt von HAUTHALER eingesehenen „Acten über Fr. Stephan Kastenpawer, vlg. Agricola” im Erzbischöflichen Konsistorial-Archiv (Texte A 1–13)30. Weil HAUTHALER sie noch ohne Signatur zitierte und weil sie weder in den Repertorien noch in der Schlagwort- und Namens-Kartei des Archivs auffindbar waren, wurden sie in der Literatur seither nicht mehr herangezogen. Erst bei den Vorarbeiten zur CONSULTATIO-Edition in JvS 5 konnte ich sie, unterstützt von meiner Frau, dank dem Entgegenkommen des Archivdirektors Dr. Hans Spatzenegger nach viertägiger Suche wieder auffinden.31 Zwei der dreizehn Stücke (Texte A 1 und A 3) sind sehr unvollständig und fehlerhaft gedruckt bei DATTERER. 24
„außergerichtlichen“, JvS 5, 65, Z. 6 f., vor „Abschwörung“ getilgt. „ja gefährlich“ ggb. JvS 5, 65, Z. 11 eingefügt. 26 KA, RA IV, II, 7: jetzt Text A 9. [Baldung] an Hirschauer, nach [7. Januar 1524], bes. Z. 3 f. Der Kanzler als Absender dieses Briefs kann erschlossen werden aus Text A 11. Hirschauer an Baldung, 6. Mai 1524, Z. 5. 27 KA, RA IV, II, 5, Brief 1: jetzt Text A 5. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 1. Brief, Z. 39 f. 28 „auf strenge Bestrafung dringenden“, JvS 5, 65, Abs. 1, Z. 5 v. u., vor „Ferdinand“ hier ersetzt durch „auf Durchführung des Mühldorfer Rezesses bedachten“. 29 POSSET 2003, 312 stellt seine Beschreibung des Falls Agricola geradezu unter den Zwischentitel „The evangelical abbot saves an evangelical friar (1523)“. 30 KA, RA IV, II. 25
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Eine wichtige Ergänzung stellen die Akten des erzbischöflichen Rats dar (Texte B 1–11)32. Nur die Texte B 1, B 3 und B 433 sind bei DATTERER (zudem ohne die wichtigen Marginalien) gedruckt. Einen Teil dieser Akten hat auch PFEILSCHIFTER in ARC veröffentlicht, wo freilich gerade die „den Mönch zu Mühldorf” betreffenden Passagen (immerhin nicht ohne Hinweis auf deren Betreff34) weggelassen sind. Die oben35 angesprochene Zweigleisigkeit des Vorgehens gegen Agricola tritt bei der Betrachtung der einzelnen Vorgänge und der jeweiligen Quellen noch stärker zutage. Sie macht es nicht leichter, die CONSULTATIO zeitlich und sachlich richtig einzuordnen. Von Mitte September 1522 bis Mitte Februar des folgenden Jahres war der Kardinal und Fürst-Erzbischof Matthäus Lang Teilnehmer des Reichstags zu Nürnberg36. Dort hat er vermutlich mit Erzherzog Ferdinand über die Verhaftung Agricolas und dessen Überführung nach Mühldorf gesprochen. Bald nach dem Eintreffen Bruder Stephans in der salzburgischen Enklave begab sich im Auftrage des Fürst-Erzbischofs dessen Rat Dr. Nicolaus Ribeisen – ungeachtet seines Propst-Titels ein verheirateter Laie – nach Mühldorf, allerdings nicht um Agricola zu vernehmen37, denn dazu hätte er Zeugen gebraucht und ein Protokoll veranlassen müssen. Er informierte den Gefangenen über die Anschuldigungen, die zu dessen Verhaftung geführt hatten, und gab ihm damit Anlaß, eine Bittschrift an den Fürst-Erzbischof zu verfassen, in der er sich zu rechtfertigen suchte und um Audienz bat: die SUPPLICATIO fratris Stephani (Text A 1)38. Diese wichtige Quelle ist leider nicht datiert; sie muß bald nach dem 11. März, spätestens Anfang April 1523 entstanden sein39. Am 16. März 1523 erscheint Agricola erstmals in einem amtlichen Schriftstück: in einem „Ratschlag”, dem Ergebnisprotokoll einer Sitzung des erzbischöflichen Rats (Text B 1)40. In Anwesenheit des Fürst-Erzbischofs, des Abtes von St. Peter 31
Zwar hatte Hauthaler ein Verzeichnis angefertigt, doch war dieses dem Aktenkonvolut beigepackt worden, so dass das verschnürte Konvolut keine Signatur erhalten hatte. 32 KA, RA II, Nrr. 9 und 9a, 10, 14 und 14a, 16, 17, 19, 19a, 20, 22, 23, 25. 33 KA, RA II, Nrr. 9 mit 9a, 14, 16 mit(?) 16a. 34 ARC 1, 211 Anm. 39 mit Rückverweis auf 140 Anm. 68. 35 Bei Anm. 23. 36 Er traf am 20. September 1522 dort ein und reiste kurz nach dem 8. Februar 1523 von dort ab. 37 Gegen den Wortlaut der Quelle (SUPPLICATIO, wie Anm. 38) spricht HAUTHALER 324 von „vernehmen”. 38 KA, RA IV, II, 1. Hinfort SUPPLICATIO zitiert. Die Aufschrift (Dorsalvermerk) lautet: Supplicatio fratris Stephani quam primum deductus fuit Muldorffium. Der Druck bei DAT L−LV ist durch Text A 1 überholt. 39 Das quam primum (siehe Anm. 38) spricht eher für eine frühe Entstehung. Jedenfalls ist 1524 (so MOELLER 1999, Anm. 17, 72, 80; 2002, Anm. 18, 73, 81) auszuschließen. Vgl. unten Anm. 89. 40 KA, RA II, 9 und 9a.
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und, neben anderen, auch Dr. Ribeisens wird im Rahmen eines eingeschränkten Programms zur Durchführung der Beschlüsse des Mühldorfer Konvents (vom Mai 1522)41 in der Luther-Sache die Einsetzung eines Fiskals gefordert, der gegen die Übertreter einschreiten soll. Denn wenn dieser Fiskal nicht tätig würde, gäbe es niemanden, der gegen den „Mönch von Rattenberg” und andere Gefangene ein Verfahren einleite. Hieran wird in der Ratssitzung vom 23. April 1523 und in den in ihr angekündigten Folgemaßnahmen (Text B 3)42 angeknüpft: Kommissare werden beauftragt, „den Mönch” eidlich zu verhören, und dies soll dem Erzherzog (Ferdinand) angezeigt werden zugleich mit der Entschuldigung für die bisherige Verzögerung. Sollte Agricola nitt formlich auf die Artikel antworten, so gäbe es zwei Wege, weiterhin gegen ihn vorzugehen, einen rigoris: weitere Inquisition und Prozeß, und den andern lenior: ihn zur Abjuration in dem so bey im erfunden würdet anzuhalten. Darüber solle nach dem Verhör beraten werden. Davon brauche43 man aber dem Erzherzog einstweilen nichts mitzuteilen. Da man dem Erzherzog mitteilt, daß der Prozeß stattfindet, der ja auf die Alternative Verurteilung oder förmlichen Widerruf zielt, kann sich die Nichtmitteilung nur auf einen Weg außerhalb des Prozesses beziehen. Dr. Eberhard (Englmar)44 hatte die Artikel aufgesetzt, begehrte jedoch daß ihm Notare und Zeugen zugeordnet würden, da er „den Mönch zu Mühldorf” examinieren sollte. Ein Fiskal ist noch am 29. April 1523 nicht bestellt. Dr. Rem schlägt an diesem Tag dem abwesenden Fürst-Erzbischof brieflich Herrn Ulrich Ehinger für das Amt vor, der bereits als procurator consistorii vorgesehen ist (Text B 5).45 Während diese beiden Ratssitzungen also Aktivitäten zeitigten, die sich in Richtung Prozeß bewegen – wiewohl man sich die endgültige Entscheidung zwischen den beiden „Wegen” offenhielt –, wird anscheinend zwischenzeitlich eine Denkschrift (ratslag, memoriale) zu Papier gebracht (Text B 2)46, in dem allein der 41
Vgl. ARC 1, Nr. 13 f., S. 62–75. KA, RA II, 14 und 14a. Dorsalvermerk jeweils Ratslag in causa cleri et lutherana mit den die Ausführung betreffenden (auf dem Original-Entwurf und auf der Kopie je verschiedenen) Randnotizen. – Der in JvS 5, 66, Anm. 26 an dieser Stelle folgende Satz „dazu die Schreiben von Dr. Rem vom 28. und 29. April (nur teilweise bei DAT, siehe dort S. XXV f. und XXIX)“ – gemeint war: 24 f., 29 Anm. 5 und XXIX – ist hinfällig. 43 Zur Ersetzung von „dürfe“, JvS 5, 66, Z. 4 v. u., durch „brauche ... zu “ siehe Text B 3, Sprach-Anm. zu Z. 17 f. 44 Die in JvS 5, 67, Z. 1 mit A. 27 vorsichtig, doch unwidersprochen aufgenommene Zuweisung des Fiskal-Amtes an Dr. Eberhard Englmar durch HAUTHALER, 328 ist durch Dr. Rems Schreiben vom 29. April (Text B 5) hinfällig, s. dort bes. Sach-Anm. zu Z. 10. 45 Mit den beiden vorstehenden Sätzen ist die in JvS 5, 67, Z. 3 ohne Beleg gelassene Aussage „Ulrich Ehinger wurde zum procurator consistorii bestellt“ korrigiert. 46 KA, RA II, 10. Zu Datierung, Vf. [Rem] und Charakter des Schriftstücks [Denkschrift] s. den Vorspann zu Text B 2. – SALLABERGER 1997, 274 mit Anm. 35 hält diesen Ratschlag für die Aufzeichnung einer Äußerung des abwesenden FEbf.s. – Ein dem hier 42
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andere Weg ins Auge gefaßt wird. Angesichts der Bereitschaft Agricolas, sich belehren zu lassen, wenn ihm aus der Schrift nachgewiesen werde, daß er irre47, wird dem abwesenden Fürst-Erzbischof vorgeschlagen: er möge den Mönch erst nach seiner (Langs) Rückkehr her- (d.h. nach Salzburg) bringen lassen, damit er durch den Abt zu St. Peter, als einen (in) der heiligen Schrift Erfahrenen, überwunden und zur Abjuration gebracht werden könne. Oder er (Lang) möge jemand zu ihm schicken, der solches mit ihm tue; aber es ist zu besorgen, er werde nicht leicht dahin zu bereden sein, außer durch Disputation. Von späterer Hand ist an den Rand geschrieben: Staupitius dessignatur ad Colloquium cum Aggricola(!). Hier wird also Staupitz erstmals in den Fall Agricola hineingezogen, und zwar zur Durchführung einer Aktion der via lenior. Weil Bruder Stephan aber nicht nach Salzburg überführt wurde und ein mündliches „Colloquium” nicht stattfinden konnte, hat man dann offenbar den Abt von St. Peter veranlaßt, eine schriftliche „Disputation” mit seinem ehemaligen Ordensbruder zu führen, um ihn aus der Schrift zu widerlegen. Dazu benötigte Staupitz natürlich eine Darlegung des Standpunkts Agricolas. So legte man ihm dann nach erfolgter Vernehmung dessen Responsiones zur Stellungnahme vor. Daraus entstand die CONSULTATIO super confessione fratris Stephani Agricolae (Text A 2)48. Zu dieser Vernehmung war es vermutlich im Mai gekommen. Leider sind die Articuli49, die Dr. Eberhard formuliert und auch dem Gefangenenen vorgehalten hat, ebensowenig im Wortlaut erhalten wie die offenbar von dem anwesenden Notar50 aufgezeichneten Responsiones51. Der Inhalt beider ist näherungsweise zu empfohlenen entsprechendes, vorsichtiges Vorgehen gegenüber der secta lutherana empfahl bereits ein Gutachten für den Mühldorfer Konvent vom April 1522, das wohl ebenfalls von Rem verfaßt war: Ein mit öffentlicher Beachtung und Verbot einhergehendes Bekämpfen würde das Volk eher aufbringen als besänftigen; besser sei ein Arbeiten im Stillen: Lutheranam sectam [...] non expedit publica uti animadversione seu generalem emanare prohibitionem, qua rudis populus potius exacerbaretur quam sedaretur. Ideo aestimo eandem sectam probabilius perituram edicto occulto et cura particulari [...]. (ARC 1 Nr. 10, S. 56 f., bes. S. 57, Z. 18 ff.). 47 Siehe seine gedruckte ANTWORT (wie Anm. 52), B IIIr-v (Text C, Z. 292 f.). Angedeutet hat er dies schon in der SUPPLICATIO (Text A 1, Z. 87 f.) und vermutlich auch mündlich gegenüber Ribeisen. 48 KA, RA IV, II, 2. Hinfort CONSULTATIO zitiert. Sie nennt im ersten Satz (Text A 2, Z. 1) ausdrücklich die Responsiones und nimmt dann weiterhin ständig auf sie Bezug. 49 Hinfort mit diesem Kurztitel, nämlich Articuli, genannt. 50 Die in JvS 5, 68, Anm. 32 vorsichtig, doch unwidersprochen aufgenommene Zuweisung der Notar-Funktion an Ulrich Ehinger durch HAUTHALER, 328 ist durch Dr. Rems Schreiben vom 29. April (Text B 5) hinfällig, s. dort bes. Sach-Anm. zu Z. 10. 51 Hinfort mit diesem Kurztitel, nämlich Responsiones, genannt. – Die Angabe bei SALLABERGER 1997, 274, „Seine (Englmars) Fragen [...] und die Antworten Agricolas sind im vollen Wortlaut erhalten geblieben”, ist unzutreffend. Da er Rem als Mitverfasser der „Fragen” erwähnt, scheint er hier die Agricola vorgelegten Articuli mit den viel späteren INTERROGATORIA (Text A 4) zu verwechseln.
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erschließen aus einer von Agricola im Gefängnis verfaßten und bald danach zum Druck beförderten Schrift, die der Kürze halber als ANTWORT (Text C) bezeichnet sei52. Aus ihr geht übrigens hervor, daß auch im förmlichen Verhör, dieser Grundlage des rigorosen Inquisitionsprozesses, der Versuch gemacht wurde, wenn auch nur ganz am Rande, den Fall auf den milderen Weg umzuleiten. Der „fromme” (d.h. rechtschaffene) Herr Notar habe heimlich zu Agricola gesagt, ich soll mich ergeben, so ich geyrrt het, das ich es wolt widerrüfen und die sach geleerten auffgeben. Dies habe er (Agricola) unter Hinweis darauf abgelehnt, daß niemand zu urteilen habe als die Schrift53. Gewiß war es die Aufgabe eines jeden Häresieprozesses, den Beschuldigten entweder zum Widerruf zu bringen oder zu verurteilen. Die formelle Revokation war aber als Schuldeingeständnis mit der öffentlichen Abschwörung und in der Regel schweren Bußen verbunden. Das „heimliche”, also ohne Wissen des Vernehmenden54 erfolgte, Angebot sollte den Gefangenen offenbar veranlassen, sich einer Belehrung zu stellen, die der im „Ratschlag” des Dr. Rem erwähnten „Disputation” mit Staupitz entsprechen dürfte. Das Ziel dürfte eine außergerichtliche Abschwörung gewesen sein, die eine geräuschlose Erledigung des Falles ermöglichen sollte. Staupitz hat seine CONSULTATIO aufgrund der Responsiones Agricolas verfaßt. Das könnte noch im Mai oder noch Anfang Juni erfolgt sein, aber kaum erst55 – nach den Wirren des sogenannten Lateinischen Krieges56 – in der zweiten Hälfte des Juli oder der ersten des August. Denn beim ersten Termin, an dem der erz-
So, nämlich ANTWORT, hinfort zitiert. Dieser Kurztitel wurde gewählt, weil das (auf dem Titelblatt mit übergroßen Lettern hervorgehobene) eigentlich sinntragende Hauptwort „Artickel” irreführend wäre und zur Verwechslung mit den Articuli des Dr. Eberhard Englmar Anlaß gäbe. Der eigentliche Zweck und Inhalt der Schrift sind ja nicht die gegen Agricola „eingelegten” Artikel, sondern seine A n t w o r t darauf (das, „was er darauf geantwortet hat”). Den vollen Titel siehe jetzt im Vorspann zum Text C. 53 ANTWORT, B IIIv (Text C, Z. 321). 54 Die Ersetzung von „des Fiskals“, JvS 5, 68, 2. Abs., Z. 5 v. u., durch „des Vernehmenden“ folgt zwingend aus der oben in Anm. 44 näher begründeten Korrektur. 55 „wahrscheinlicher aber“, JvS 5, 69, Z. 1 v. u., hier durch „aber kaum erst“ ersetzt. 56 Der Versuch des Fürst-Erzbischofs, eine „Reformation” in der Stadt Salzburg durchzusetzen, also die landesfürstlichen Rechte – besonders der Steuerhebung – auszudehnen und die lutherische Lehre zu verbieten, führte zum offenen Widerstand der Bürgerschaft. Ch(ristian) GREINZ, LThK 6, 1934, Artikel ,Lang, Matthäus’, führt den Aufruhr ausdrücklich auf „das strenge Vorgehen gegen die lutherischen Prädikanten” (namentlich Agricola) zurück. Der Fürst-Erzbischof entwich nach Tirol, kehrte mit Truppen des Erzherzogs zurück und zwang die Stadt zur Unterwerfung (11. Juli). Bischof Berthold von Chiemsee und Staupitz hatten den Frieden vermittelt. Nach diesem „Lateinischen Krieg” („lateinisch” erschienen dem Volk anscheinend sowohl die Juristen wie ein ebenfalls „römischer” Klerus) erließ der Fürst-Erzbischof alsbald eine neue, „alle Briefe, Freiheiten” und dergleichen aufhebende Stadtordnung sowie ein neues Mandat gegen „das ganze lutherische Wesen” (am 22. Juli). 52
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bischöfliche Rat nach längerer Pause, wenn nicht durch das Bekanntwerden57 von Agricolas ANTWORT veranlasst, so doch damit befasst, wieder über dessen Fall beriet, nämlich am 16. August 1523 (Text B 6)58, muss eine weitere Schrift bereits vorgelegen haben, in der die CONSULTATIO nachweislich benutzt ist59: die REPLICA procuratoris fiscalis (Text A 3)60, auf die ihrerseits Agricolas ANTWORT (Text C) anspielt61. Es ist schon eigentümlich zu sehen, wie der procurator fiscalis in seiner REPLICA ständig Formulierungen, Gedanken und Bibelanführungen der CONSULTATIO entlehnt und daraus dann doch einen nach Inhalt, Stil und Tendenz ganz andersartigen Schriftsatz macht. Als Entgegnung auf die Aussagen und Rechtfertigungen Agricolas erklärt sie ihn zum Anhänger Luthers, Verkünder häretischer, irriger und aufrührerischer Lehren, zum Zerstörer der christlichen Religion, der entsprechend zu bestrafen sei. Doch selbst die sich ganz auf der Prozeßschiene bewegende REPLICA endet bei der schon im April-Ratschlag ins Auge gefaßten Weichenstellung62: der Beschuldigte (reus) soll zum Widerruf getrieben und gezwungen werden (compelli atque cogi), weswegen ihm dieser Schriftsatz auszuhändigen ist, damit er sich ohne Umschweife entschuldige. Danach wird zu bedenken sein, ob auf dem gütlichen oder strengen Wege (benigna vel rigorosa via) weiterhin gegen ihn zu verfahren sei.63
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Die in JvS 5, 68, Z. 3–4 v. u. gestellte Frage, „Ob Agricolas sicher vor dem 26. August in Salzburg bekannt gewordene ANTWORT auch Staupitz zu Händen gekommen ist, wissen wir nicht.“, ist hinfällig. 58 KA, RA II, 19: Überschrift Ratslag was mit bruder Stephan zu Muldorff verrer gehandelt werden soll, jetzt Text B 6. Ratssitzung vom 16. August. HAUTHALERS Umdatierung folgend, ist das Schriftstück in JvS 5, 68, Z. 4 v. u. und 69, Z. 3, noch auf den 26. Aug. datiert; mehr dazu im Vorspann zu Text B 6. 59 HAUTHALER behandelt (328 f.) die REPLICA v o r der CONSULTATIO und hat sie entsprechend auf dem den Agricola-Akten (RA IV, II) beigelegten Verzeichnis (als Nr. 2) numeriert. Ob er die Akten bereits in dieser Reihenfolge vorgefunden hat, ist nicht mehr feststellbar. In der als Autograph mit vielen Korrekturen vorliegenden REPLICA hat der Verfasser gelegentlich m e h r aus der CONSULTATIO abgeschrieben, als in dem neuen Kontext sinnvoll war, und dementsprechend eigenhändig korrigiert. Dies beweist die Abhängigkeit der Ausarbeitung des Fiskals von der Staupitz-Schrift. 60 KA, RA IV, II, 3. Hinfort REPLICA zitiert. Die Aufschrift (Dorsalvermerk) von der Hand des Dr. Rem lautet: Replica procuratoris fiscalis adversus fratrem Stephanum quatenus iuridice procedendum sit. Der Druck bei DAT XXXXVII−L ist durch Text A 3 überholt. 61 ANTWORT (Text C), Z. 89. – Als Reihenfolge der zwischen Mitte März und Mitte August entstandenen Schriften ist festzuhalten: SUPPLICATIO, Articuli, Responsiones, CONSULTATIO, REPLICA, ANTWORT. 62 Vgl. auch die in Anm. 60 zitierte Aufschrift. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, daß quatenus nicht im klassischen Sinne als „wie weit” aufzufassen ist, sondern mittellateinisch als „daß”, „damit”. 63 REPLICA (Text A 3), Z. 113 f. 118 f. 121 f.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Daß die Vorbereitung des Prozesses und die gleichzeitigen Schritte auf dem milderen Weg einander ergänzen, zeigt sich auch in der Art, wie in der vorhin nur kurz als Termin erwähnten Ratssitzung vom 16. August (Text B 6) inhaltlich argumentiert wird: Nachdem Bruder Stephan aus dem Gefängnis heraus seine ANTWORT veröffentlichen lassen konnte, solle er nach Salzburg gebracht werden. Nur hier könne eine entliche handlung stattfinden. In Mühldorf sei er von Besuchern in seiner Hartnäckigkeit bestärkt worden64, während er in isolierter Haft sich selbst erkennen werde. Auf Revokation und Relegation sei hinzuarbeiten, oder auf anderem Wege weiter zu verfahren, so wie man im Rat nach Lage der Dinge beschließen werde. Nach einer Relegation könne man ihn in einem Kloster konfinieren und seinem Verhalten gemäß nach gnaden oder ungnaden mit ihm verfahren.65 In einer Sitzung am 26. August (Text B 7) wird dann ein und derselben Person, nämlich Dr. Rem, zweierlei aufgetragen: Er soll sowohl die forma abiurationis verfassen, die „dem Mönch” extraiudicialiter vorgelegt werden soll, als auch die forma processus iudicialis66. Die letztere liegt uns vor: die INTERROGATORIA (Text A 4)67. Diese offenbar von den Räten Rem und Englmar68 ausgearbeitete Prozeßschrift besteht aus zwei Teilen. Der erste stellt in fünf lapidaren Sätzen fest, aus welchen Gründen der Inkulpat ein zu bestrafender Ketzer ist und wie dies bewiesen werden kann69. Die folgenden Interrogatoria specialia üben Kritik an den Responsiones sowie anhangweise an der ANTWORT Agricolas und stellen neue Fragen auf, um ihn cum effectu zu examinieren70. Unverständlicher Weise hat HAUTHALER diesen Schriftsatz als 64
Hiermit ist insbesondere der Priester Wolfgang Ruß gemeint, der ihn im Gefängnis besucht und die Antwort zum Druck befördert hatte. Ruß entzog sich der drohenden Verhaftung und bekannte sich offen zu Luther. 65 Text B 6. Ratssitzung vom 16. Aug. 1523, Z. 19–22. 66 KA, RA II, 19a, fol. (1v), jetzt Text B 7. Ratssitzung vom 26. Aug. 1523, Z. 16–19 sowie RA II, 20, fol. (1v), jetzt Text B 8. Memoriale vom 26. Aug. 1523), Z. 5 f. (in diesem Memorial werden in der Marginalie neben der forma processus Eberhard und Rem als Ausführende genannt). – Zur nichtöffentlichen Abschwörung des „lutherischen Wesens” ohne Relegation vgl. SALLABERGER 1997, 252, wo unter anderem von einem Benediktiner berichtet wird, der 1525 vor vier Zeugen abschwor und später sogar noch Abt wurde. 67 KA, RA IV, II, 4. Hinfort INTERROGATORIA zitiert. Die Überschrift (von anderer Hand als der Text geschrieben) lautet: Interrogatoria contra fratrem Stephanum Kasstenpawr. – Das folgende in Novembri, nennt vielleicht das Datum der Fertigstellung; darauf zu beziehen ist die (Jahres-)Zahl 23 auf dem Rücken. Die (nachträglich geschriebene) Zahl 1524 über der Überschrift könnte sich allenfalls auf die Vorlage im Rat beziehen, oder sie wurde erst bei der Aktenablage geschrieben. 68 Die Tilgung von „dem Fiskal“, JvS 5, 70, 2. Abs., Z. 2, nach „Englmar“ folgt zwingend aus der oben in Anm. 44 näher begründeten Korrektur. 69 INTERROGATORIA, fol. 1v (Text A 4, Z. 1–13). 70 INTERROGATORIA, fol. 2r – fol. 6r (Text A 4, Z. 14–175; ex bzw. cum effectu Z. 62 und Z. 64). Die von gleicher Schreiberhand wie der Text ausgeführte Überschrift dieses zweiten Teils nennt den zu Verhörenden Stephanus Agricola (Z. 14).
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„Gutachten” bezeichnet, ja – ungeachtet der Chronologie – in umittelbarem Anschluß an das Staupitz-Gutachten als „das zweite Gutachten” behandelt71. So kam es zu dem folgenreichen Mißverständnis bei Otto CLEMEN 72, der annahm, es handele sich um ein zweites Gutachten des Abtes von St. Peter, ein Irrtum, in dem ihm die ganze Forschung folgte, wodurch das Bild Johanns von Staupitz erheblich verzerrt wurde73. Mit diesen Maßnahmen war nun der Prozeß völlig zureichend vorbereitet. In einem normal verlaufenden kanonischen Verfahren vor einem bischöflichen Gericht74 hätte der Informativprozeß, also die Voruntersuchung, als abgeschlossen erklärt und über die Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag des Fiskals gerichtlich entschieden werden können. Ja, mit der Vorlage von Fragstücken (Interrogatoria) und der Einschaltung eines Sachverständigen waren bereits Schritte getan, die im allgemeinen in der Spezialuntersuchung, also im Hauptverfahren, erfolgen. Warum es zu einem solchen nicht kam, läßt sich nicht eindeutig beantworten. Auf die verschiedenen Faktoren, die einem förmlichen Prozeß entgegenstanden, ist bereits hingewiesen worden.75 Offenbar überwog am Salzbuger Hof die Tendenz, den Fall auf dem „milderen Wege” zum Abschluß zu bringen. Daß dies keineswegs selbstverständlich war, wird bei einem Blick auf das habsburgische Brüssel deutlich, wo am 1. Juli 1523 zwei Augustiner-Mönche als erste evangelische Märtyrer verbrannt wurden. So wird die im erzbischöflichen Rat getroffene Absprache verständlich, die Überlegung, den Fall möglicherweise auf dem „milderen Weg” zu lösen, brauche76 man dem Erzherzog einstweilen nicht mitzuteilen. Aus seinem wenig strengen Gefängnis, dem Rathaus von Mühldorf, hatte Agricola im Sommer 1523 zwei Flugschriften in die Öffentlichkeit bringen können, einen köstlichen, guten, notwendigen Sermon vom Sterben77 und78 seine ANTWORT
HAUTHALER 328: „zwei Gutachten”; 330: „Viel schärfer (nämlich als das eben besprochene Gutachten von Staupitz) ist das zweite Gutachten”; merkwürdigerweise schreibt Hauthaler im Folgenden mehrfach „der Verfasser”, ohne einen Namen zu nennen, während er später Rem und Eberhard als Verfasser der INTERROGATORIA nennt (331, 337). Inhaltlich geht Hauthaler fast nur auf den ersten Teil (siehe oben bei Anm. 69) ein. 72 CLEMEN 1906, 781–786, hier 785. 73 Zur Rezeption der Richtigstellung siehe Anm. 3. 74 Im Unterschied zu dem andersgearteten Prozeß vor einem päpstlichen Inquisitor, in dem es unter anderem keinen Fiskal gab. 75 Siehe oben bei Anm. 23. 76 Zur Ersetzung von „dürfe“, JvS 5, 66, Z. 4 v. u., durch „brauche ... zu“ siehe Anm. 43. 77 Ain ko(e)stlicher / gu(e)tter notwendiger Sermon / vo(m) Sterbe(n) (VD 16, C 1489; KÖHLER Nr. 66). Den Druck in Augsburg hatte ebenfalls Wolfgang Ruß, Gesellpfaff zu (Neu-)Ötting, besorgt (vgl. oben Anm. 64). Die Vorrede ist auf den 21. Juli 1523 datiert. 78 Die in JvS 5, 71 bei und mit Anm. 51 unwidersprochen übernommene falsche Datierung des Sermo durch MOELLER 1999, 749, Anm. 64 und 755, Z. 4 v. u. (2001, 255, Anm. 65 und 260, Z. 2 v. u.) auf den 21. August sowie seine falsche Annahme von der Erschei71
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auf das Artikelverhör79. Bernd MOELLER, der diese Sterbetrostschrift in den historischen Zusammenhang des Ars-moriendi-Schrifttums stellt und als eindeutig „evangelisch” erweist80, betont zutreffend die große publizistische Wirksamkeit dieser Flugliteratur für die „reformatorische Öffentlichkeit”. Es kann nicht bestritten werden, daß der glimpfliche Ausgang des Falles Agricola „auch” auf die Wirkung seiner Flugschriften zurückgehen dürfte81. Vermutlich aber hätte MOELLER in Kenntnis der Akten des Salzburger Konsistorialarchivs die anderen Faktoren, die lange vor Erscheinen dieser Druckschriften auf die via lenior zielten, stärker in Rechnung gestellt und nicht ohne Einschränkung davon gesprochen, daß „die Affäre Kastenbauer [...] durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit aus ihrer Bahn gebracht wurde”82. In den Akten jedenfalls habe ich keinen Hinweis darauf gefunden, daß man am Salzburger Hof den Fall nach der Veröffentlichung der Flugschriften anders behandelt hätte als vorher. Man bedauert, daß der Priester Wolfgang Ruß durch seinen Besuch im Gefängnis den Gefangenen in seiner hartnäckigen Weigerung zu widerrufen bestärkt habe83. Davon, daß er durch die Veröffentlichung die Behandlung des Falles erschwert habe, ist, soweit ich sehe, nicht die Rede. Eine offensichtliche Folge der Außenkontakte des Gefangenenen jedenfalls war, daß er Anfang Dezember in den erzbischöflichen Pfleghof in Mühldorf verlegt wurde84. Dort sucht ihn am Neujahrstag der durchreisende Dr. Ribeisen auf, ohne Auftrag des Fürst-Erzbischofs, wie er betont. Der Besucher berichtet seinem Herrn (Text A 6) nach einem langen Gespräch mit „dem Mönch”, dieser vertraue auf Dr. Staupitz und den Bischof von Chiemsee, wenn diese ihm einiche schrifft anzeigten, daß er geirrt hätte, so wolle er dasselbe widerrufen85. Der Rat erwiderte darauf, er habe gehört, Seine Fürstliche Gnaden habe mit den hochverstendigen in der heiligen schrifft gesprochen und befunden, daß er (Agricola) erronee, scandalose und in viel orten widder die schrifft geprediget86, aber der Fürst-Erzbischof habe bisher die Strenge des Rechts auch gegen den Willen seiner Räte und anderer
nungsfolge der beiden Flugschriften sind hier berichtigt; mehr hierzu im Vorspann zu Text B 6. 79 Die Tilgung von „des Fiskals“, JvS 5, 71, letzter Abs., Z. 7 v. u., nach „Artikelverhör“ folgt zwingend aus der oben in Anm. 44 näher begründeten Korrektur. 80 Vgl. MOELLER 1999, 757 ff., bes. 763 (2001, 261 ff., bes. 267). – Zum Thema Märtyrertod in Flugschriften vgl. auch MOELLER 1992. 81 So MOELLER 1999, 756 (2001, 261). 82 So MOELLER 1999, 754 (2001, 259). 83 Siehe oben bei Anm. 64. 84 Ein Gefängnis, das vast woll verwart, aber nit sunders unlustig ist, so Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 2. Brief: KA, RA IV, II, 5, Brief 2 (Text A 6, Z. 26). Die Vermutung, Agricola sei „an eine Kette gelegt” worden (so, von der Haft im Rathaus, MOELLER 1999, 748; 2001, 254), dürfte mithin kaum zutreffen. 85 Ribeisen (wie vorhin) (Text A 6, Z. 76–79). 86 Ribeisen (wie vorhin) (Text A 6, Z. 81–83).
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aufgehalten. Offensichtlich war die CONSULTATIO, auf die hier angespielt wird,87 dem Inkulpaten nicht ausgehändigt worden. Ribeisen schlägt dann dem FürstErzbischof vor, weil Anderes (nämlich als88 die Annahme des von Ribeisen als „Bekenntnis und Urfehde” bezeichneten Reverses) von Agricola nicht zu erlangen sei, dessen langwierigen Kerker als angemessene Strafe anzusehen und ihn auf die vorgelegte Urfehde hin mit einem Predigtverbot zu entlassen. Falls er, der FürstErzbischof, dies ablehne, so sollten Staupitz, oder auch Staupitz und Pürstinger, aus Mitleid dem Mönch die Schriften anzeigen, so daß er zur Einsicht komme. Sollte auch dies nicht gefallen, müsse er, der Fürst-Erzbischof, das Recht ergehen und zu Mühldorf(!) gegen ihn, wie recht, procedieren lassen. Beiliegend übersendet der Berichterstatter dem Fürst-Erzbischof die bekantnies oder urfed, so der Munch gelesen und [...] des merern tails bewilligt hat89. Der an diesem Gespräch im Gefängnis beteiligte Statthalter (anwald), Vogt und Landrichter zu Mühldorf, Ruprecht Hirschauer, berichtet dem Fürst-Erzbischof in gleichem Sinne (Text A 8)90. In91 der Ratssitzung vom 19. Februar 1524 (Text B 11), deren Wortlaut erst jetzt, und dies dank dem Gespür und der Einsatzfreude von Richard Wetzel, vollständig vorliegt,92 fiel nicht nur der bemerkenswerte Satz des Dr. Volland, das Bekenntnis Agricolas sei nicht so ketzerisch. daß man ihm rechtlich ans Leben gehen könnte, man solle ihn daher ohne Widerruf loslassen, vielmehr dokumentiert das Protokoll – über das in der Einleitung zur CONSULTATIO-Edition 2001, S. 73 Gesagte hinaus – die Freilassung Agricolas aufgrund eines Ratsbeschlusses. Weil der Rat die Rückendeckung des Fürst-Erzbischofs hatte, hätte der gefangene „Mönch zu Mühldorf“ nunmehr freigelassen werden können. Das erfolgte indes nicht, offenbar, weil Agricola mit der Ausweisung aus der ganzen Kirchenprvinz (d.h. dem Metropolitanbezirk) Salzburg, wie sie die von Ribeisen formulierte „Urfehde und Revers“ ursprünglich vorgesehen hatte, nicht einverstanden war.93 Vermutlich
CONSULTATIO (Text A 2), Z. 15 u. 99. Nach „nämlich“, JvS 5, 72, Z. 11 v. u., fehlendes „als“ ergänzt. 89 Ribeisen (wie vorhin) (Text A 6, Z. 136 f.). Dieses von Ribeisen narrative (Z. 138) formulierte Bekenntnis ist nicht identisch mit der SUPPLICATIO (Text A 1), wie bei MOELLER 1999 (wie Anm. 39) vorausgesetzt ist. 90 Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524 (KA, RA IV, II, 6, Brief 2): Text A 8. Die Selbstbezeichnungen anwald usw. stehen in Hirschauer an Baldung, 6. Mai 1524 (KA, RA IV, II, 9): Text A 11, Z. 58 f. 91 Der hier beginnende Absatz ersetzt JvS 5, 73, Abs. 2, Z. 1–4. 92 KA, RA II, 25. HAUTHALER zitiert zwar sehr wohl einiges aus diesem Ratsprotokoll vom 19. Februar 1524 – so das Votum des Dr. Volland –, verschweigt aber auffallenderweise den entscheidenden Beschluss, auch gibt er gegen seine sonstige Übung keine nähere Beschreibung des Aktenstücks (wie Überschrift und/oder Dorsalvermerk; eine Signatur nennt er auch sonst nie). PFEILSCHIFTER spart die Agricola betreffenden Passagen in ARC prinzipiell aus. SALLABERGER 1997 gelangt S. 277, Anm. 57 nicht über Hauthaler hinaus: „man [...] erwog, Agricola [...] freizulassen“. 87 88
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wurde in der Folgezeit mit dem Häftling verhandelt. Jedenfalls lag im Mai 1524 ein veränderter REVERS-Text vor (Text A 13), der nur noch ein Verbot für das Bistum Salzburg94 sowie für die Grafschaft Tirol ausspricht. In95 den endgültigen REVERS-Text aufgenommen ist jedoch auch Agricolas Eingeständnis, mit unbeschaiden und hitzigen wortten ergernuß und irrsall bey den slechtn und klainmietigen cristen menschen erregt zu haben96. Zu dieser Einsicht – nämlich welchen Schaden er mit seinen Auftritten an einem Allerseelen- und an einem Himmelfahrtstag angerichtet hatte97 – hatte er freilich erst noch durch Ruprecht Hirschauer98 gedrängt werden müssen, ehe er sie sich zu eigen machte und dies auch durch eine entsprechende Erklärung (Text A 12)99 eigenhändig bekundete, nachdem er sich noch in seiner ANTWORT100 der Sache nach gerechtfertigt hatte. Auch Agricola hat sich also bewegt. Von101 dieser in einer Ratssitzung am 16. Mai 1524 beratenen102 offenbar endgültigen REVERS-Fassung liegen zwei Exemplare in den Agricola-Akten vor: ein Konzept mit dem Dorsalvermerk 22 Mai 1524 und eine undatierte Reinschrift103. Das Fehlen einer Unterschrift muss nicht, wie HAUTHALER meint, bedeuten, dass Agricola diese verweigert habe. Das Agricola-Konvolut enthält keineswegs alle wichtigen den Fall betreffenden Akten. Ein weiteres Konzept des in Frage stehenden Textes befindet sich in den Akten des Rats104. Ein unterschriebenes Original könnte an den Fürst-Erzbischof versandt worden sein. Die entscheidende Beanstandung Agricolas war berücksichtigt. So dürfte er dem Text zugestimmt, den Eid
Beides geht klar hervor aus Text A 6. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 2. Brief, Z. 110 und Z. 119–121, und Text A 8. Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524, Z. 43–45. 94 Die Aussage in JvS 5, 73, Z. 6–8 „Schließlich befaßte sich der Ratschlag am 16. Mai mit einem Revers, der inhaltlich offenbar mit der von Ribeisen verfaßten Urfehde übereinstimmt“, ein Irrtum schon bei HAUTHALER 347, ist hiemit korrigiert. 95 Der hier beginnende Absatz hat keine Entsprechung in JvS 5. 96 Text A 13. REVERS, [Ende] Mai 1524, Z. 4–6. Das Wort hitzig in selbstkritischem Gebrauch, aber auf die Lasterschelte bezogen, auch schon in ANTWORT (Text C, Z. 208, 248, 293). 97 JvS 5, 77, Z. 1–7 mit Anm. 75–77, jetzt Einl. zu A 2. CONSULTATIO bei u. mit Anm. 14–17 (in diesem Sammelband S. 31). 98 Text A 11. Hirschauer an Baldung, 6. Mai 1524, Z. 11–17. 99 Text A 12. Agricola an Hirschauer [Erklärung], [6.] Mai 1524, Z. 1 ff. 100 Text C. ANTWORT, Z. 171 ff. Z. 252 ff. 101 Der hier beginnende Absatz ersetzt JvS 5, 73, Abs. 2, Z. 4 bis zum Schluss und Abs. 3, Z. 1–3. 102 Einziger Beleg für eine Ratssitzung an diesem Tag und in dieser Sache ist der zeitgenössische Vermerk Copia iuxta consultationem 16 Maij 1524 am Kopf (Bl. 1r) des REVERSKonzeptes KA, RA IV, II, 11 A. 103 KA, RA IV, II, 11 B (das letzte Stück der Agricola-Akten). 104 KA, RA II, 31. Der Entwurf setzt ausholend ein, bricht aber nach 20 Zeilen mitten im Satz ab. 93
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oder die Unterschrift geleistet haben. Das scheint am 22. Mai oder kurz danach geschehen zu sein. Jedenfalls wurde Doctor Stephan dann in Freiheit gesetzt.105 So war es nun gelungen, den Fall geräuschlos zu beenden. Eine Nachricht von der Entlassung ist in den Akten nicht zu finden, ist auch nicht zu erwarten. Weil106 der Kardinal und Fürst-Erzbischof Matthäus Lang am 19. Febr. 1524 im Rat zunächst bekundet hatte107, er wolle den Fall gerichtlich entscheiden lassen, konnte er der Öffentlichkeit gegenüber durch den Ratsbeschluss, der die politische Unmöglichkeit feststellte, als teilweise entlastet gelten. Die Entscheidung entsprach auch der inneren Haltung des Kardinals, bei dem auch gegenüber dem „lutherischen Wesen” politische Motive überwogen.108 Gefährlich erschienen dem Humanistenfreund nicht in erster Linie eine reformatorische Theologie, sondern die politischen Konsequenzen, welche aufsässige Untertanen, aber auch weltliche Fürsten daraus zogen109. Ein reformkatholisches Denken spielte in Salzburg, gerade auch am Salzburger Hofe, eine Rolle. Der Gedanke lag nahe, im Zusammenhang mit moderaten Reformtheologen wie Staupitz oder auch Pürstinger vorhandene Reformtendenzen einzubinden beziehungsweise zu domestizieren. Zu beobachten ist auch hier die Breite der Reformation, eine Bewegung, die nicht nur auf Luther zurückgeht110. Vermutlich begab sich Agricola zunächst nach Sachsen111. Ein Jahr später, also während des „Bauernkriegs”, hat er in Innsbruck reformatorisch gepredigt112. Im Sommer 1525 holte ihn Urbanus Rhegius nach Augsburg113. Unter den lutheri105
Die Freilassung eines bayerischen Priesters, der lutherisch gepredigt haben sollte, nach Urfehde und Predigtverbot, in Salzburg im Spätherbst 1522 (SALLABERGER 1997, 269), stellt einen Präzedenzfall zum Fall Agricola nur dann dar, wenn man von der – politisch entscheidenden – Geleitfrage absieht. 106 Der folgende Satz ersetzt JvS 5, 73, Abs. 3, Z. 3 f. 107 Text B 11. Ratssitzung vom 19. Febr. 1524, Z. 7. 108 SALLABERGER 1997, 278 läßt sie auf „die gemäßigte Einstellung des Kardinals” zurückgehen. 109 Die Befürchtung, daß „lutherische” Predigten zum Aufruhr der Untertanen führen könnten, hat in den Akten mehrfach Niederschlag gefunden. Vgl. etwa die entscheidende Ratssitzung vom 19. Febr. 1524 (Text B 11, Z. 9–11) (bei HAUTHALER 344), sowie SALLABERGER 1997, 252/253. – Zu den Mandaten gegen das „lutherische Wesen” stellt ORTNER (1981), 55 fest: „Auffallend ist [...] der eher milde, versöhnliche Ton und die Unterscheidung zwischen guten gehorsamen und bösen Untertanen”. 110 Heiko A. OBERMAN rät „aus der Sicht der zeitgenössischen Quellen mit einer breitgefächerten, lebendigen, zum Teil stürmerischen, zum Teil konservativen evangelischen Katholizität zu rechnen, welche bis in die dreißiger Jahre [...] noch Denk- und Glaubensformen erlaubt, welche der späteren Konfessionalisierung nicht mehr standhalten konnten”. Zum Geleit IX. 111 Dort ist jedenfalls das bedencken des agricola Boius erschienen, das vermutlich von ihm verfaßt ist. Vgl. SIMON 171 ff., sowie oben Anm. 15. 112 HAUTHALER 349, Anm. 1; SIMON 171, Anm. 14. 113 Der Nachweis bei SIMON 168 ff. wurde in einem Teil der Literatur nicht rezipiert.
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schen Theologen nicht ersten, aber doch zweiten Ranges, war er 1529 Teilnehmer am Marburger Religionsgespräch. Spätere Wirkungsstätten wurden Hof (1531), Sulzbach (1543) und Eisleben, wo er 1547 starb. Fassen wir zusammen: Die Agricola-Akten sind die unvollständigen Akten eines unvollendeten Häresie-Verfahrens. Aber zusammen mit den Protokollen des fürsterzbischöflichen Rats geben sie ein faszinierendes Bild dieser einmaligen Causa Agricolae. Es zeigt, wie in den Anfangsjahren der Reformation in ganz verschiedener Weise auf die Herausforderung der reformatorischen Bewegung, auf ihre religiösen, politischen und sozialen Implikationen, reagiert werden konnte. Editorische Notiz Die Edition aller 13 Stücke der Agricola-Akten (Texte A 1–13), ergänzt durch Auszüge aus den einschlägigen Protokollen des erzbischöflichen Rats in Salzburg samt Beilagen (Texte B 1–11) und durch Agricolas gedruckte ANTWORT (Text C), ist – dies muss vorneweg deutlich gesagt werden – textkritisch und typographisch nicht einheitlich: Staupitz’ CONSULTATIO, 2001 in JvS 5 in schullateinischer Normalisierung nach GEORGES ediert, wird hier als Text A 2 zeilengleich reproduziert, wobei die editorischen Zutaten als Apparate und Fußnoten teils über zeilengesteuerte Lemmata, teils durch Ziffern-Exponenten auf den Text bezogen sind. Demgegenüber wird in allen anderen, großteils deutschen Texten die von Stück zu Stück wechselnde Orthographie bis auf wenige Ausnahmen – i/j, u/v dissimiliert, s/g gleichgesetzt – belassen, und die editorischen Zutaten werden allesamt über Lemmata mit dem Text verknüpft. Für das Gros der Texte wie für den Text A 2 gleichermaßen gilt: Kürzel und Abkürzungen werden – außer dem inflationären e. f. g.– aufgelöst, die Interpunktion lehnt sich an die heute für die deutsche Sprache geltenden Regeln an, Formulierungen der Herausgeber in den Zutaten sind zur Unterscheidung von Quellenworten und -stellen kursiv gesetzt. Umgekehrt dient Schrägschrift (Pseudokursive) im edierten Text der Hervorhebung von Bibelzitaten.
Texte
A 1. Stephan Agricola, Supplicatio an FEbf. Lang, aus dem Gefängnis [in Mühldorf, bald nach 11. März, spätestens Anf. April] 1523 Textvorlage: Autograph (2o, 8 Bll.; 5v–8r leer), KA (= Erzbischöfliches Konsistorialarchiv Salzburg), RA (= Reformationsakten) IV (Geistliche Personalien aus der Reformationszeit 1523–1556), II (Acten über Fr. Stephan Kastenpawer, vlg. Agricola), 1, Bl. 1r–5r. Ohne Überschrift des Verfassers. Dorsalvermerk (8v) (von der Hand des Dr. Aegidius Rem): ’Supp(licati)o fr(atr)is Stephani q(uam)primu(m) deductus fuit Muldorffiu(m)’. Überschrift (1r) von sehr viel späterer Hand: ’Anno 1523. Professio fidei Stephani Agricola[!] Presbiteri de haeresi suspecti’. Offensichtlich in Hast (’festinanter’ Z. 9 und 149) entstandene Niederschrift mit vielen Abbreviaturen. Auffällig sind Verschreibungen: ’aborganda’ Z. 60, ’cathecizandis’ Z. 89, ’spalterii’ Z. 121. Bairisch ’p’ für ’b’ in ’prespiter’ Z. 100 u. Z. 133 und ’prespiteralis’ Z. 97, sowie in ’deturpare’ Z. 110. Bei den Marginalien sind zu unterscheiden: Vom Verf. ist 1) die Angabe einer AugustinStelle (zu Z. 116) und sind 2) zahlreiche Ergänzungen zum Text; von zweiter Hand sind 3) zwei Randbemerkungen (zu Z. 43 und Z. 88). Die Marginalien zweiter und dritter Art werden im ersten Apparate-Block zusammengefasst. Die Seitenzahlen der Ausgabe von DATTERER (L−LV) werden in ’[...]’ im Text mitgeführt. Diejenigen seiner unzähligen Fehler, die ohne textkritisches Interesse sind, werden dem zweiten Apparate-Block zugewiesen. Für die Durchsicht des hier edierten Texts mit Blick auf das Autogr. sei Stephan E. Buckwalter, Heidelberg, und Ulrich Bubenheimer, Reutlingen, gedankt, letzterem besonders für die Lesung ’librum Trenorum’ Z. 62. Referat: HAUTHALER, S. 324–328 Nr. 4. Auf S. 325 unten müsste es statt „Wenn also seine Gegner sagen, er trage Aufrührerisches vor, und ihn (scil. Agricola) verschiedener Verbrechen wie Geiz, Wucher, Betrug, Hurerei u. s. w. anklagen“ heißen: „ ... , er trage Aufrührerisches vor, wenn er Geiz ... (scil. bei der Geistlichkeit) tadelt“. Diesen Fehler in Hauthalers Referat spinnt ANGERER (1980), S. 90 mit Anm. 42 (S. 119) weiter. Zur Datierung: Agricola traf am 10. oder 11. März in Mühldorf ein. Die SUPPLICATIO ist nach Ribeisens zweitem Besuch geschrieben (Z. 11 ff., 20 ff.). Der erste war doch wohl auch schon in Mühldorf (’paucis diebus ...’). Beim zweiten war Ribeisen vom Erzbischof beauftragt (das könnte am 16. März anlässlich der Ratssitzung geschehen sein, bei der dieser ausnahmsweise anwesend ist; vgl. Vorspann zu Text B 1).
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(Supplicatio fratris Stephani, quamprimum deductus fuit Muldorffium). [1r] Favoris dei per Iesum Christum eternam perseverantiam votis omnibus adoptat seque humillime ad pedes promtissima obedientia submittit. Reverendissime in Christo archipresul! Teneris ab annis monasticis angulis enutritus sum eloquentieque prescriptis parum instructus, asserentibus patribus monachis potius studendum vitare vitia 1 Supplicatio bis Muldorffium] Als Überschrift des edierten Textes ist der Wortlaut des Dorsalvermerks eingesetzt 2 adoptat] exoptat DAT 6 vitare bis verborum] Vgl. Augustinus, De catechizandis rudibus c. 9(13) (PL 40, Sp. 320, Z. 11; CChr 46, 135, Z. 9): morum vitia quam verborum amplius devitare.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
morum quam verborum. Ob id, si minus ornate illegibilive litera aures atque faciem vestre reverendissime paternitatis molestavero, dei intuitu veniam precor, diuturna enim carceris angustia vix semivivum relinquens hec festinanter dirigere coegit. Paucis elapsis diebus calamitati mee compatiens preclarissimus dominus doctor prepositus N〈icolaus〉 Rybeysen usque ad carceres dignatus est me accedere. Quem per viscera misericordie dei ac omnia sacra precabar et obtestabar, ut meam diuturnam calamitatem vestre reverendissime paternitati – in cuius ubique predicatam benignitatem unica post deum est fidutia – exponeret et gratiosam audientiam, ubiubi vestre reverendissime paternitati gratum videretur, impetraret meumque promptissimum animum in quibuscumque imponendis censuris, si errasse instructus fuerim, perferendis – in interitum carnis, quo spiritus salvus fiat – insinuaret. Ad hec benigna et gratuita affabilitate voluntarium se exhibens ob Christi charitatem valedicens abiit. Et regressus idem non sine honore debito nominandus vir iterum me accessit, asserens a vestra reverendissima paternitate [1v] sibi iniunctum me alloqui et insinuare, que et quanta adversus me reverendissime vestre paternitati proponerentur flagitia, precipue me heretica, seditiosa ac scandalosa dogmata predicasse librosque Lutheri De captivitate Babilonica et abroganda missa populo inscienti denunctiasse, in sedem Romanam et episcopos totumque clerum multas iniurias evomuisse, omnes ceremonias vi et impetu tolli precepisse, oblationes dare dixisse peccatum esse, et id generis multa, annectens compertum esse scandalose me vixisse. Que admodum afflictionem afflicto nimis adferebant, tum quia me omnium horum scio inmunem, tum etiam quia in tantis malis penes tantum principem, toto orbi celebratum – quem et studiorum meorum gratiosum habui aliquando adiutorem et patronum –, inmerito sim diffamatus. Pene inter tot foris et intro angustias desperarem, nisi scirem, quod semper spiritu dei dicente mentitur iniquitas sibi, et nisi firma fidutia michi persuaderem per tot vestre reverendissime paternitatis clementie exempla huiusmodi confictis nugis citra mee defensionis appositionem cum fide dignissimorum testimoniis fidem non sit datura. Idque per innocentiam Iesu Christi servatoris nostri – qua unica salvamur – precor, qui sibi reputat factum, quidquid innocenti irrogatur. 15 in cuius bis fidutia] vom Rand eingewiesen Autogr. 18 in interitum bis fiat] vom Rand 29 adferebant] eingewiesen Autogr. 25 inscienti] vom Rand eingewiesen Autogr., fehlt DAT adferebantt [sic] Autogr. 32 inmerito] in merito Autogr. 36 non sit datura] zu erwarten: non esse daturam (scil. vestram reverendissimam paternitatatem) 7 ornate] orante DAT (tantum) cautum[?] DAT
21 accessit] accesset DAT 29 Que] Quem DAT 30 tantum] 30 toto] toti DAT 35 appositionem] appositione DAT
35 citra] ’auch ohne’ 12 prepositus N. Rybeysen] Ribeisen war von 1519 bis zu seiner Heirat im Jahr 1524 Propst zu Völkermarkt; s. SALLABERGER 1997, S. 186 f., BAYR, S. 62. 13 per viscera misericordie dei] Lc 1,78. 18 in interitum carnis, quo spiritus salvus fiat] 1 Cor 5,5. 24 Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520); Luther, De abroganda missa privata sententia (1522). 26 evomuisse] Vgl. Consultatio, Z. 98. 33 mentitur iniquitas sibi] Vgl. Ps 26,12. 37 qui sibi reputat factum quidquid innocenti irrogatur] Ansp.? Mt 25, 40. 45.
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Iam dimidiam vitam squalore et pedore carcerum [2r] mentisque angustia perdidi, qui perditam dimidiam contemptu dei et veritatis abnegacione redimere nolo, sed potius opto deo dilecto mori quam ipso offenso vivere. Sicut ergo deo omnia nuda et aperta sunt, ita quidquid dogmatizavi, paratus sum profiteri. Sicubi vero repertus fuero errasse aut limites sancte matris eclesie transgresse, me ad pedes reverendissime vestre paternitatis humillime subicio pro gratia puniendum; nichil enim anxius semper omnibus sermonibus meis quesivi quam Christum et sancte eclesie unitatem atque [LII] pacem – extra quam non est salus –, nec patiar pro quacumque morte ab sancta eclesia me separari. Illa autem supradicta crimina michi iniuste imponi non modo testimonia omnium equorum ac bonorum hominum, qui me audierunt, sed etiam materia predicata convincebit. Preter purum enim textum evangelii Mathei, Iohannis, Petri, Pauli, Iacobi, idque ex codice legendo, hoc triennio in ambone nichil tractavi, licet necessitas exponendi solidam scripturam de variis ansam prebuerit loquendi. Libellos insuper Lutheri vix semel vacavit evolvere ad conspiciendum, quomodo scripturam tractaret, non ad ymitandum, nisi cum veritatem solidam agnoscerem; recollectissimos enim animos volunt Iohannes et Paulus Psalteriique scriptura, in quibus unum michi omnium antesignanum habui Augustinum. Testabuntur codices mei, hoc est Agustini opera manu mea ubique signata; [2v] testabitur scriptis sigillatis †...† totum dominium Rottenburgianum preter veram et evangelicam doctrinam a me nichil auditum asseverans. Et antequam Lutheri libri De captivitate Babilonica et abroganda missa in lucem venirent, habebam in manu Paulum et solidam scripturam, id quidem non novo more; Vienne enim Apokalipsim, Thobiam, Cantica canticorum, librum Trenorum ante septennium populo interpretatus sum. Sic canonicam Iohannis Ratispone, idque non novo modo, sed exemplo divi Agustini, qui ita populo solidam scripturam exposuit. Habui quoque et a cesareo capitaneo opidi supra dicti et civibus incommissis, ut preter solidam scripturam – impossibilem aliter se habere – nichil docerem hoc 39f. perdidi] perdidit Autogr. DAT 43 Am Rand von 2. Hand: discedere se nolle ab Ecclesiae unitate extra quam non est salus 43 transgresse [sic]] zu erwarten: transgressus esse, trans48 iniuste] in iuste Autogr. 54 Ohne Einweisungszeichen am Rand: ubi gressisse DAT Autogr., fehlt DAT 55 Psalteriique] spalteriique Autogr. 58 Nach sigillatis] ein unleserliches 59 asseverans] vom Rand eingewiesen Autogr. 59 libri] vom Rand Wort, Lücke DAT eingewiesen Autogr. 60 abroganda] aborganda Autogr. 65 opidi supra dicti] ohne Einweisungszeichen am Rand Autogr., fehlt DAT 39 pedore] pudore DAT 40 qui] qui[?] DAT 42 vero] fehlt DAT 47 morte] macte DAT 54 agnoscerem] agnoscere DAT 55 Iohannes et Paulus] Ioannis et Pauli DAT 57 est] fehlt 57 Vor Agustini] sancti DAT 58 Rottenburgianum] Rott(en)burgianum] Autogr., DAT 62 Cantica canticorum] fehlt DAT 62 librum Trenorum] fehlt DAT Rottburgianum DAT 63 canonicam] tam vitam DAT 63 Ratispone] Ratispon... DAT 65 incommissis] in commissis DAT 65 ut] = quod 42 nuda et aperta] Hbr 4,13. 46 extra quam non est salus] Cyprian, Ep. 73 (Ad Iubaium), 21; PL 3, 1169; CSEL 3/2, 795, Z. 3 f. 51 hoc triennio] In den drei Jahren zwischen seiner Rückkehr aus Italien und seiner Festnahme. 60 Siehe Anm. zu Z. 24. 63 canonicam 65 cesareo capitaneo] Christoph Philipp von Iohannis] 1 Io; vgl. HAUTHALER 322 mit Anm. 6. Liechtenstein-Castelcorno; s. SALLABERGER 1997, S. 271, Anm. 14 mit Hinweis auf QGTÖ 2, S. 92, Anm. 1.
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tumultuoso seculo. Numquam insuper a me auditum est, quod in opiniosis et indeterminatis materiis iudicium meum sancte matris eclesie iudicio preferrem, scandalum autem charitati adversum summo studio detestatus sum, sperans spiritum dei cognito evangelio per fidem suo tempore corda innovaturum. Si qui vero ex verbo dei scandalizati sunt, id extra meam est culpam. Nichil – sic testem invoco deum – ita semper cordi meo adversum est quam hominum inquietudo. Tantum abest, ut seditiosa predicaverim, sed evangelico spiritu semper ad pacem et unitatem hortatus sum, ut etiam multorum odia in me conciliarem, frequenter exclamans non esse licitum christianis adversus christianos arma ferre appetitu vindicte. Numquam item ab [3r] pulpito discessi, quin monuerim omnes ad iniuriarum condonationem. Nisi velint emuli mei seditiosam doctrinam dicere, que crimina arguit simonie, avaritie, usure, fraudis, scortationis et id generis vitiorum hoc seculo – proch dolor! – mirum in modum grassantium. Sic certe erit totus Agustinus opletus seditiosis doctrinis, idem et Ieronimus et Bernhardus, qui tamen longe feliciori seculo vixerunt, ut taceam interim de Christo, Iohanne Baptista, Petro et Paulo, qui ardentissime in vitia [LIII] stomachantur. Si sua potius querentes quam que sunt Iesu Christi dixerim ,dye tellerslecker’, multo pluris me peccavit Paulus ydololatras appellans quorum deus venter est, canes, malos operarios, pseudoapostolos, seductores, anathema maran atha eis imponens sive predicens. De crimine hereseos iniustissime michi imposito quid dicam? Exhibeant, queso, cum cottidie textum scripture interpretatus sim, quem passum pertinaciter erronee exposuerim. Errare potui et possum, sed errores pertinaciter eternaliter non tuebor. In manibus michi fuit crebro Augustinus De doctrina christiana, De catechizandis rudibus, cuius regulas in interpretando sacras literas ymitatus sum. Omnium sermonum meorum summa sunt †...† ille quinquaginta Agustini, sic qui viderit [3v] et iudicabit de sermonibus meis aut a me auditis. 76 appetitu vindicte] ohne Einweisungszeichen am Rand Autogr., fehlt DAT 77 Nisi] Ins... DAT 77 velint] velind Autogr., velin... DAT 84f. pseudoapostolos] speudoappostolos Autogr., spe ... appellans DAT 85 maran atha] amarantha Autogr., amara... DAT 85 imponens sive predicens] impponens [sic] suo loco und sive predicens ohne Einweisungszeichen am Rand Autogr., größere Lücke DAT 88 Am Rand von 2. Hand: errare potui et possum, sed errores pertinaciter non tuebor 89 catechizandis] cathecizandis Autogr. DAT 91 †...†] Lücke DAT 91 viderit] Lücke DAT 67 Nach seculo] Lücke DAT 67 Numquam] quoque DAT 70 dei] ibi DAT 70 evangelio] eu... DAT 74 conciliarem] concilliarem Autogr., conciliaram DAT 76f. Vor iniuriarum] omnium DAT 77 condonationem] condonare DAT 78 crimina] criminalia DAT 78 simonie] fehlt DAT 78 id] sunt DAT 79 proch] proh[?] DAT 80 Bernhardus] H... DAT 83 dye tellerslecker] Lücke DAT 84 canes] Lücke DAT 87 interpretatus] Lücke 88 Nach eternaliter] [que] DAT DAT 83 dye tellerslecker] ’Schmarotzer’
91 ille] Scil. homiliae
82 Petro et Paulo bis stomachantur] Vgl. Rm 1, 18–32, bes. 30–31. 13, 12–13; Gal 5, 19–21; Eph 5, 3–9; 1 Pt 4, 3–4; 2 Pt 4, 9–22. 82f. sua bis Christi] Vgl. Phil 2,21. 84 ydololatras] Vielmehr inimicos crucis Christi (Phil 3,19). 84 quorum deus venter est] Phil 3,19. 84 canes] Phil 3,2. 84 malos operarios] Phil 3,2. 84f. pseudoapostolos] 2 Cor 11,13. 85 seductores] Vgl. 2 Tim 3,13. 85 anathema maran atha] 1 Cor 16,22. 91 Augustinus, Quinquaginta homiliae; die jetzige Zlg. siehe PL 39, Sp. 2432, die Titel und Incipits siehe CCL 103 (1953), S. LXXV−LXXIX.
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De iniuriis in sedem Romanam et episcopos. Quonam pacto, reverendissime presul, ymmo presulum arx et antesignanus, probare poterunt acusatores mei me totum clerum et eclesiasticum ordinem dedecorasse, cum Paulum, Petrum, Iohannem, Matheum interpretatus sim ad mentem Agustini, Ieronimi et Ambrosii, qui veram prespiteralem et episcopalem prestabunt normam? Possem forte in vitia horum, qui eclesiastico statui detrimento sunt et dedecori, iuxta exigentiam intellectus scripture nonnunquam inclamasse, sed non ideo totum statum eclesiasticum flocci feci. Facit id hodie prespiter ibidem centies constantiori animo quam ego. Quis vero vitia vult tueri? Nam adversus vitia mihi gladio verbi dei bellum fuit, non adversus homines. Neque consonum est veritati me Romanam sedem dixisse sedem rapine, cum sciam ex Agustino per sedes et cathedras eclesiarum nil aliud intelligendum quam authoritatem docendi evangelium et potestatem ligandi atque solvendi. Quis ita insaniret, ut diceret illas sedes rapere, nisi velis dicere rapinam dyabolo abstrahere animas? Sic non erit iniuria. Sed si ea potestate abutantur homines in questum suumque commodum evangelio adversum, iam non ego, sed Agustinus, Paulus, servator noster Christus dire in eos invehit: Qui non intrat per ostium in ovile etc. Hoc autem non est deturpare sedes, sed vitia hominum, non homines aut prelatos; verbum enim dei super omnes est. [4r] Testem invoco deum celi, si vestra reverendissima paternitas astetisset aut quiscumque prelatorum, que ex Agustino et solido eloquio dei scivissem certa, attenta cum commoditate non expavissem dicere, cum sciam minime verbo dei reverendissimam vestram paternitatem offendi nec quemcumque prelatorum. De ceremoniis autem secus michi conscius non sum docuisse, quam dominice Aug. ep. 119 litere prescribunt, nec aliquid in eis reieci preter pertinacem in eis fidutiam, ut interim penitus obmittantur, que [LIV] ad veram pietatem pertinent; non passus sum eas esse de necessitate salutis, ut sine eis salus esse non possit. 94 antesignanus] zu erwarten: antesignane Autogr.
101f. Nam bis homines vom Rand eingewiesen
96 sim] sum DAT 97 in vitia] Lücke DAT 99 nonnunquam] 94 probare] profare DAT 99 ideo] per DAT 100 constantiori animo] cum und Lücke DAT non inquam DAT 101 tueri] Lücke DAT 105 authoritatem] authoritas DAT 105 potestatem] potestas DAT 106 abstrahere] distrahere DAT 107 abutantur] cantur[?] DAT 109 dire in eos invehit] dire 110 deturpare] = deturbare, depurpurare DAT 114 attenta cum] meos invehit DAT 114 commoditate] cum noditate[?] DAT 115 reverendissimam vestram attentatum DAT 118 obmittantur] abmittantur DAT paternitatem] reverendissima vestra paternitas DAT o
103 sedem rapine] Vgl. raubstul, Text C. Antwort, Z. 69 mit Sprach-Anm. 100 prespiter] Wer ist gemeint? 101 gladio verbi dei] Vgl. Eph 6,17. 104f. ex Agustino bis authoritatem docendi evangelium] So bei Augustinus nicht belegt gefunden, vgl. indes Mt 23,2–3 in EnarrPs 51,4 (PL 36, Sp. 602; CCL 39, 625, Z. 25 – 626, Z. 37); 100,10 (PL 37, Sp. 1291; CCL 39, 1415, Z. 10–17); 115,1 (PL 37, Sp. 1491; CCL 40, 1652, Z. 1 – 1653, Z. 31). 104f. ex Agustino bis potestatem ligandi atque solvendi] Augustinus, Sermo 295 (In natali SS. Petri et Pauli 1), 2(2) mit Mt 18, 15–18 (PL 38, Sp. 1349). 107 potestate abutantur] Ansp. 1 Cor 9,18. 109 Christus bis etc.] Io 10,1. 116 Aug(ustin)(us) ep(istula) 119 (am Rand)] Augustinus, Ep. 119] Jetzt Augustinus, Ep. 55 (Ad Ianuarium 2), 19 (35) (PL 33, Sp. 221 f.; CSEL 34, 209 f., bes. Z. 18 f.): Sed hoc nimis doleo, quod multa quae in divinis literis saluberrime praecepta sunt, minus curantur [...] und (210, Z. 9–12): ipsam tamen religionem, quam [...] misericordia dei esse liberam voluit, servilibus oneribus premunt [...]. 118 veram pietatem] Vgl. Consultatio, Z. 7.
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De oblacionibus christianorum secus non docui quam Petrus et Paulus atque Agustinus in mille quasi locis Psalterii sui, de illis pro mortuis non secus, quam docet Agustinus Epistola 64 et in Sermone cathedre Petri. Quod vero dixerim pro mortuis non orandum, figmentum est falsorum fratrum, sed infructuosas dixi, que fiunt propter pecunias citra fidem et cum dispendio atque impedimento verbi dei, et si qui alii occurrebant abusus. De non reddendis necessariis sacerdotibus, maxime archipresuli, quam iniuste accusatus sim, constat, cum eam scripturam tractarim publice, que in plerisque locis illius meminerit, scilicet Paulus, Petrus, Christus, [4v] ut evangelizantes de evangelio vivant. Voco autem non illud solum evangelizare, quod est in ecclesia e pulpito clamose denunctiare, sed si res publica ad evangelicum morem per principes eclesie gubernetur et instituatur, ut Agustino placet; sic princeps unus eclesie decem milibus clamosis monachis preferendus est. Inmunem me scio ab eo scelere, quod prespiteros ex eclesia fugaverim, immo valde displicuit, quod non audierint sermones meos, et tamen mira de me dicta et inaudita proclamarunt †...†. De missa nichil unquam novi docui, sed qualiter Christi sacramentum tractandum sit, ex Agustino assignavi in preclarissimo opere suo Super Iohannem super capitulum 6tum et Epistola 118, si bene recolo – libros enim michi nunc vel maxime necessarios habere non potui –, et Epistola 23 circa finem, et qualiter hoc sacramentum non sit vertendum in questum. Nec de oracionibus in missa secus sensi, nisi quod ex charitate sibi, non ob temporale commodum fieri debeant. Sed de evangelio constituit dominus alimenta ut mercedem requirere, quia dignus est operarius mercede sua. [5r] De scandalosa mea vita. Scio quidem me inter peccatores non minimum, non est autem qui cum equitate testari possit me vulgo mea vita scandalum prebuisse aut crimen aliquid admississe, licet pluris inmeriti evangelii insidiator michi multam imposuerit, quibus deus parcat eos, quos ad charitatis lucem reducet. Amen. 121 Psalterii] spalterii Autogr. DAT 127 constat] constatt [sic] vom Rand eingewiesen Autogr. 147 parcat] p(ar) catt [sic] 146 aliquid] ohne Einweisungszeichen am Rand Autogr., fehlt DAT Autogr., per... DAT 121 mortuis] meritis DAT 123 que] qui DAT 124 fiunt] fuerint DAT 126 necessariis] 127 sim] sum DAT 127 tractarim] tractaverim DAT 129 ecclesia] necessariis[?] DAT 134 displicuit] dispelitur DAT 135 †...†] Lücke DAT 138 6tum] 67 DAT teca DAT 138 nunc] inter DAT 141 sibi] subi DAT 142 ut] et DAT 146 crimen] Lücke DAT 146 inmeriti] in meriti DAT 147 multam] multa DAT 147 quos] qui DAT 120 Petrus, wo? 120 Paulus, wo? 121 Augustinus, Enarrationes in Psalmos, wo? 122 Agustinus Epistola 64] Jetzt Augustinus, Ep. 22 (Ad Aurelium), 1 (2–6, bes. 6): oblationes pro spiritibus dormientium (PL 33, Sp. 91 f.; CSEL 34/1, S. 55–59, bes. 58 f.). 122 Agustinus bis in Sermone cathedre Petri] Jetzt Ps-Augustin, Sermo 190 (In cathedra S. Petri 1), 2 (PL 39, Sp. 2101); Sermo 191 (In cathedra S. Petri 2), 2 f. (PL 39, Sp. 2101 f.). 128 Paulus und evangelizantes bis vivant] Vgl. 1 Cor 9,14. 128 Petrus, wo? 128 Christus, wie zu Z. 142 f.: constituit dominus. 131 Augustinus, wo? 137 ex Agustino bis super capitulum 6tum] Augustinus, In Io tract., bes. 26,10 – 27,6 (zu Io 6, 47–64) (PL 35, Sp. 1610–1619; CChr 36, 264–273). 138 ex Agustino bis Epistola 118] Jetzt Augustinus, Ep. 54 (Ad Ianuarium 1), 1–3 (1–4) (PL 33, Sp. 200–202; CSEL 34, 158–163). 139 ex Agustino bis Epistola 23] Jetzt Augustinus, Ep. 98 (Ad Bonifatium), 9 (PL 33, Sp. 363 f.; CSEL 34, S. 530 f.). 142f. dominus bis mercede sua] Vgl. Mt 10,10.
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Hec sunt, reverendissime archipresul, que †...† occurrerunt ad obiecta emulorum meorum dire in mediis angustiis et cruciatibus, et id quidem festinanter. Et si quid minus humiliter vel minus scite dixissem, calamitati et animi et corporis indulgendum obnixe et per viscera Iesu Christi obtestor. Ad pedes enim vestre reverendissime paternitatis suppliciter me prosterno petens misericordiam et benignam audientiam; nulli enim unquam vestra reverendissima paternitas misericordiam petenti et veniam solamine defuit. Peto insuper per misericordiam promissam a deo [LV] facienti misericordiam, vestra reverendissima paternitas non velit tam atrocibus accusatoribus meis ita fidem dare, ut non etiam audiantur fide digni prestantesque viri, non modo Rottenburgii sed et Sbacii, in Eniponte atque Hallis †...†, si necessitas exigeret; hii enim sciunt, quid dixerim cottidie in templo. Spiritus Iesu Christi vestre reverendissime paternitati nunquam desit et post hec terrea gubernacula evehat ad celestia. Amen. Vestre reverendissime paternitatis subiectissimum muncipium Stephanus Agricola ex Aventino captivus.
148 †...†] vielleicht nunc, Lücke DAT 156 velit] velid Autogr. 156 atrocibus] vom Rand eingewiesen Autogr. 156 eciam] vom Rand eingewiesen Autogr., fehlt DAT 149 dire] dare DAT 155 a deo] adeo DAT
150 humiliter] humuliter DAT 152 misericordiam] Lücke DAT 157 Zwischen non und modo] eciam DAT 160 terrea] terrena DAT
151 per viscera Iesu Christi] Vgl. Lc 1,78. 155 misericordiam promissam facienti misericordiam] Vgl. Mt 5,7. 158 Sbacii, in Eniponte atque Hallis] In Schwaz, Innsbruck und Hall in Tirol. 158 cottidie in templo] Ansp. Mt 26,55 parr.
A 2. Johann von Staupitz, Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae [Salzburg, Frühjahr] 1523 Einleitung1 Ertrag der Forschung2 Die 2001 erfolgte kritische Edition der CONSULTATIO konnte die fast ein Jahrhundert lang verschollenen Agricola-Akten – weil innerhalb der Staupitz-Gesamtausgabe erscheinend (JvS 5) – nicht mitedieren, sondern nur zur Verständnishilfe heranziehen. Schon dies war kein geringer Gewinn. Denn von den 33 Artikeln, zu denen Agricola sich verantworten musste, fertigt Staupitz in seiner Stellungnahme 1 bis 17 und noch einmal 18 bis 26 summarisch ab, ohne ihren Inhalt zu nennen; ja, er nennt diesen nicht einmal dort, wo er auf einzelne Antworten Agricolas eingeht. Das heißt: für sich genommen ist dieser wichtige Staupitz-Text weitgehend rätselhaft und war dies bis dahin auch geblieben. Wichtig ist dieser Text, weil er Auskunft darüber gibt, wie sich Staupitz zu dem stellt, was man gemeinhin als „die Reformation“ bezeichnet. Er wird nunmehr, wie 2001 angekündigt,3 im Rahmen der Edition der übrigen erhaltenen Akten des Verfahrens gegen Agricola, weil er ein genuiner Bestandteil desselben ist, erneut – mit kleinen Verbesserungen4 – veröffentlicht. Jetzt, wo die als Ratschlag (consultatio) bezeichnete Stellungnahme von Staupitz im Vergleich mit den Schriftsätzen der Kanonisten gelesen werden kann, tritt die Kontinuität in seinem theologischen Denken deutlicher hervor. Müssen bei einer Gelegenheitsschrift in viel stärkerem Maß Anlass und Umstände ihrer Entstehung berücksichtigt werden als bei Werken mit selbstgewähltem Inhalt und Aufbau, dann gilt das in besonderer Weise für dies im Oeuvre von Staupitz singuläre, so wenig spontan motivierte Gutachten im Verfahren gegen einen häresieverdächtigen ehemaligen Ordensbruder. Als Anlass für die CONSULTATIO war dieses Verfahren schon immer erkennbar, die Stellung, die sie darin einnimmt, wird durch
Diese besondere Einleitung zu Text A 2 übernimmt die einschlägigen Teile aus JvS 5 (2001), S. 74–82 samt den dortigen Anm. 66–100 (in neuer Zählung: 5–38). Berichtigungen und Aktualisierungen werden behandelt, wie dies in Anm. 1 zum Beitrag „HäresieVerfahren“, dort für die Gesamt-Einleitung, beschrieben ist. Dass der Vorspann zu Text A 2, der aus Gründen der Gleichmäßigkeit wie bei allen anderen Stücken dieser Edition (den Texten A 1 und 3–13, B 1–11 sowie C) auch hier dem Text unmittelbar voran steht, Details aus dieser besonderen Einleitung wiederholt, wird in Kauf genommen. 2 Der folgende Abschnitt hat keine Entsprechung in JvS 5. 3 Siehe JvS 5, S. 64, Anm. 18. 4 Siehe vor allem A 2. Consultatio, Einl, bei und mit Anm. 17 und Text, Z. 36, Z. 38, Z. 40 und Z. 41 (samt textkritischem App. und den Sach-Anm. 28 und 30), sowie Z. 62 f. (samt textkritischem App.). 1
A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Einleitung
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die Mit-Veröffentlichung der einschlägigen Akten und Ratsprotokolle überhaupt erst klar. Die CONSULTATIO So interessant die hier erstmals wirklich ausgewerteten Akten auch immer sind, das bedeutsamste Dokument dieses Quellenbestands ist zweifelsohne die CONSULTATIO super confessione fratris Steffani Agricole. Dies beruht nicht nur auf der herausragenden Bedeutung ihres Verfassers als Schlüsselfigur für die Kirchengeschichte im Übergang von der spätmittelalterlichen Reform zur Reformation. Hinzukommt, daß dieser eher unauffällige Text auch für die Beurteilung der inneren Lebensgeschichte des Johann von Staupitz und der Kontinuität seines Denkens und Handelns eine Schlüsselstellung einnimmt. Entzifferbar freilich wird die Aussage dieser dem Autor abverlangten Stellungnahme erst, wenn man den Fall Stephan Agricola einbezieht, wie er in den seit über hundert Jahren nicht benutzten Akten, wenn auch lückenhaft, dokumentiert ist. Fürs erste ist zu fragen, ob es sich bei dieser Ausarbeitung um ein normales Prozeß-Gutachten handelt. Eindeutig lassen die von den beteiligten Kanonisten vorgelegten Prozeß-Schriften – Replica und Interrogatoria (letztere von HAUTHALER als „Gutachten” betrachtet!) – den Zweck erkennen, den Prozeß, und zwar in einem bestimmten Sinne, zu beeinflussen beziehungsweise voranzutreiben. Demgegenüber stellt sich die CONSULTATIO als eine Überprüfung vorgelegter Äußerungen dar, die ebenso auch außerhalb eines rechtlichen Verfahrens erfolgt sein könnte. Im Gegensatz zu den beiden juristischen Schriftstücken kommt der Ratschlag des Abts von St Peter zu keiner prozessual verwertbaren abschließenden Beurteilung. Dementsprechend betonen die (nicht sehr zahlreichen) Historiker, die das „Gutachten” von Staupitz auch inhaltlich bewerten, daß es ausgesprochen „milde” sei. Einmal wird es sogar von dem „milden Charakter” seines Verfassers abgeleitet und als „sehr zart und nachsichtig” bezeichnet5. Mit dieser aus der Gefühlswelt stammenden Kennzeichnung ist jedoch das Wesen der Schrift, die immerhin auch herbe Kritik übt, nicht wirklich getroffen. Die Signatur der CONSULTATIO ist vielmehr darin zu sehen, daß Staupitz grundsätzlich die Bibel zum Maßstab seiner Beurteilung macht. Das entspricht vollkommen der Leitlinie seiner Theologie. Damit kommt er aber auch seinem Auftrag nach, als ein (in) der heiligen Schrift Erfahrener, den Häresie-Verdächtigen zu „überwinden” und zur Abjuration zu bringen6. Weil die vorgeschlagene Disputation, solange Agricola im Mühldorfer Gewahrsam blieb, mündlich nicht stattfinden konnte, hatte die CONSULTATIO ersichtlich das Ziel, die anfechtbaren Responsionen nunmehr schriftlich mit Argumenten aus der Bibel – und nicht aus Dogmen oder Tradition – zu widerlegen. 5 6
HAUTHALER 329. KA, RA II, 10 (Text B 2). Näheres siehe oben Gesamt-Einleitung bei und mit Anm 46 und 47.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Im Gegensatz zu den Schriftsätzen der Juristen, die den Inkulpaten als Anhänger Luthers und demnach als Ketzer zu erweisen suchen, kann man die von Staupitz geübte Kritik auch als seelsorgerlich ansehen. Er stellt nicht nur objektive Defizite fest, sondern erinnert Pater Stephan an die Lehre des Paulus7, daß der Prediger nicht zerstören, sondern erbauen, ermahnen und trösten soll. In diesem Sinne antwortet er auf die Bereitschaft Agricolas, sich aus der Schrift berichten (= zurechtweisen) zu lassen8. Hier ist an den altkirchlichen, in das Kirchenrecht aufgenommenen Satz zu denken: „Wer bereit ist, sich korrigieren zu lassen, ist kein Häretiker”9. Stephan Kastenpauer freilich hat diesen Rechtsgrundsatz auf die Korrektur durch die Bibel eingeengt. Um so bemerkenswerter ist es, daß der erzbischöfliche Rat in Salzburg einen solchen Auftrag erteilte, daß er sich insoweit auf den Standpunkt des Beschuldigten, ja den der Reformer überhaupt stellte. Das spricht dafür, daß im Rat reformerische Tendenzen Gewicht hatten, daß der Einfluß von Theologen wie Staupitz und Pürstinger, dem Verfasser von Onus ecclesiae, beträchtlich war. Sah man vielleicht, daß die – nicht allein von Luther ausgehende – Bewegung nur durch ein Eingehen auf berechtigte Anliegen in kirchlichen Bahnen zu halten war? Offenbar war man daran interessiert, den Fall Agricola angesichts der ohnehin vorhandenen Unruhe in der Bevölkerung möglichst geräuschlos durch eine außergerichtliche Abschwörung zu erledigen. Die von den Kanonisten entworfenen Formeln für eine Revokation haben sich demgegenüber nicht auf die biblisch begründete Widerlegung beschränkt, so daß der Gefangene sich mehrmals weigerte, sie zu unterschreiben. Nur je einmal geht Staupitz so weit, eine Aussage seines ehemaligen Ordensbruders als „irrig im Glauben” oder als „häretisch” zu bezeichnen. Vorab nennt er die Antworten auf Artikel 27 „verworren und konfus”10. Wenn Agricola meint, die Kirche habe zum Lobe Gottes und zum Troste der Verstorbenen unfromme Gebräuche eingeführt, so ist das erroneum in fide catholica. Und zu sagen, das im wahren Glauben erfolgende Darbringen von Opfergaben11 der Gläubigen auf dem
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Consultatio 91–98. Siehe oben Gesamt-Einleitung Anm 47. 9 DECR GRAT II 24, 3, 29 (c 29 C XXIV q 3) (FRIEDBERG I 998) (nach AUG De utilitate credendi in Anlehnung an Tit 310 f ) mit der dazugehörigen Glosse des Johannes Teutonicus (Basel 1512, fol 298a linke Spalte). Hierauf berief sich auch Meister Eckhart in seinem Prozeß; vgl TRUSEN 1988, 94 mit Anm 118 f. – Agricola hat offenbar diesen Grundsatz im Auge, wenn er schreibt: Errare potui et possum, sed errores pertinaciter eternaliter non tuebor. Supplicatio 3r (Text A 1, Z. 88); eine Marginalie von anderer Hand (nicht bei DAT LIII 8 f) wiederholt diese Worte außer eternaliter. 10 Consultatio 10–17. 11 Es geht um die Oblationen, nicht um das Meßopfer. Dies war für MOELLER 1999, 749 (2001, 254), der die Consultatio und die Agricola-Akten nur aus dem kurzen Bericht von N. PAULUS kennt, nicht deutlich erkennbar. – Übrigens hat der Schreiber der Marg 4 (zu Consultatio 46) die Ausführungen JvS’ zu den munera ad altare (nach Mt 523 f) bewußt oder unbewußt im Sinne einer „theological correctness” umgedeutet, wenn er den für 8
A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Einleitung
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Altar sei kein Gottesdienst (obsequium Dei), ist haereticum. Der folgende Gegenbeweis stützt sich vollständig auf die Bibel. Offensichtlich bezieht sich dann der „den Mönch” in Mühldorf aufsuchende erzbischöfliche Rat Dr Ribeisen auf die CONSULTATIO, wenn er dem Gefangenen vorhält, er habe – auch nach dem Dafürhalten der Schriftkundigen – erronee, scandalose und in viel orten widder die schrifft geprediget12, wobei Dr Ribeisen allerdings den Begriff „häretisch” vermeidet und das schwächere scandalose13 hinzufügt. Als Ärgernis erregend (skandalös) wurden wohl in erster Linie die ans Blasphemische grenzenden Ausfälle des Rattenberger Predigers angesehen, für die er als „hitzige und unbescheidene Worte” sich selbst mehrfach entschuldigt14. So das zur Kritik der Opfergaben am Allerseelentage gefallene Kraftwort: Essen die selen brot, so gesegne ins der teufel15. Oder, als beim Himmelfahrts-Gottesdienst eine hölzerne Christusfigur in die Höhe gezogen wurde, das „aus Zorn und Hitze” unter Ausspucken herausgestoßene Wort vom „hölzernen Götzen”16. Staupitz hingegen geht auf die erste dieser sonst als besonders anstößig empfundenen Entgleisungen mit nur einem Satz, auf die zweite, nur auf dem Umweg der Artikelzählung überhaupt erkennbar, indirekt ein.17. Wenn er indes bei mehreren Antworten „Anmaßung” (praesumptio) und „Unverfrorenheit” (temeritas)18 rügt, so meritorische Fürbitten und Totenoffizien üblichen Terminus verwendend sagt, JvS verurteile die Verwerfung von suffragia mortuorum. 12 Siehe oben Gesamt-Einleitung bei Anm 86. 13 Diesen Ausdruck hingegen benutzt der Fiskal in der Replica mehrfach, der im übrigen von schwererwiegenden Begriffen, wie haereticum, häufig Gebrauch macht. 14 RA IV, II, 10 und 11 (Text A 12, Z. 2 u. Z. 6, und Text A 13, Z. 4 f.). 15 Replica fol (2r/v) (Text A 3, Z. 44), dazu Consultatio Anm 13; siehe auch RA IV, II, 9 (Text A 11, Z. 13). In Agricolas eigenem Schreiben: wo dye seel im fegfyr wein und prott essen, das den armen wittwen und waysen zuegehört, so soll ins der teyffell gesengen (= segnen), RA IV, II, 10 (Text A 12, Z. 2–4) (vgl HAUTHALER 346 f). 16 Antwort B IIv (Text C, Z. 261); vgl Replica fol (3) (Text A 3, Z. 71) vgl Interrogatoria (siehe Anm 17). – Zu beachten ist, daß für götze sich erst seit Luther die Bedeutung „Abgott” (idolum) verbreitet. Bis dahin bedeutet es einerseits „Dummkopf” andererseits „Bildwerk, Heiligenbild”. Für eine aus „Abgott” und „Heiligenbild” (im reformatorisch ablehnenden Sinne) kombinierte Bedeutung werden ausgerechnet Belege aus Schriften von Wolfgang Ruß und Jacob Strauß (OESA) genannt (DWB IV, I,5, Artikel Götze, 1442), also von Weggenossen Stephan Kastenpauers (siehe oben, Gesamt-Einleitung Anm 77 sowie HAUTHALER 323 f). 17 Hiermit ist die Behauptung in JvS 5, S. 77, bei und mit Anm. 78 alt berichtigt: „Staupitz [..] geht auf diese [...] Entgleisungen überhaupt nicht ein“. Zum Seelenessen (esus animarum) siehe den ggb. JvS 5 (2001) berichtigten Text der Consultatio (Text A 2, Z. 40 f.) samt textkritischem App. dazu und Marg. zu Z. 41; zum Götzen siehe Consultatio, Z. 61–63. Demgegenüber voller Pathos Interrogatoria fol (4v) (Text A 4, Z. 117 f.): An omnes imagines abolende? Ex quo Christi imago ,ain götz’ quam contumeliosissime ab eo appellata, dazu als Marg. von anderer Hand: Imagines ab eo idola appellatae, sowie, zum Seelenessen, Interrogatoria, Z. 84–88. 18 Zum terminologischen Charakter dieser Ausdrücke vgl Consultatio Anm 3.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
weil er es als unbescheiden ansieht, wie Bruder Stephan es von seinem eigenen Urteil abhängig macht, ob kirchliche Gebräuche im Gegensatz zu der Frömmigkeit (pietas) oder dem Evangelium stünden. Er werfe sich zum Richter auf, gefalle sich selbst und suche dem wankelmütigen Volk zu gefallen. Als leichtfertig und nicht in der Bibel begründet mißbilligt Staupitz die Weisung, die Begräbnisse statt mit einem Requiem mit einem Gaudeamus zu begehen. Dabei verteidigt er bemerkenswerterweise auch die Apokryphen, welche die Kirche mit den heiligen Schriften verbunden habe19. Am meisten Beachtung verdient jedenfalls das, was der Abt von St Peter n i c h t sagt. So erwähnt er – im Unterschied zu der Antwort – niemals Luther. Im Gegensatz dazu versuchen die Replica und noch mehr die Interrogatoria, dem Angeklagten (reus) eine Übereinstimmung mit Luther nachzuweisen. Es war ja für Inquisitoren die wirksamste Methode, einen Beschuldigten als Häretiker zu erweisen, indem man ihn auf die Lehre eines notorischen Ketzers festlegte. Andererseits nennt die CONSULTATIO weder den Papst noch den „Stuhl zu Rom”, die in der Supplicatio und der Antwort eine nicht geringe Rolle spielen. Auffällig ist auch, daß Staupitz die Messe weder ausdrücklich nennt noch näher auf sie eingeht. Nur von den Inquisitoren wissen wir, daß Agricola, „dieser so kleine Mensch”, zu Artikel 30 sagt, das Evangelium sei tausend Messen vorzuziehen. Dies lasse, so ist der Fiskal überzeugt, auf die Absicht zur Abschaffung der Messe schließen20, wie sie in Rattenberg tatsächlich erfolgt war21. Hierzu bemerkt Staupitz lediglich, daß er die Weise (modus) tadelt, in der auf Artikel 30 geantwortet wird22. Und mit einer von ihm geschätzten Maxime mahnt er, daß Mißbrauch den Gebrauch nicht aufhebe. Auch hier, so wird man annehmen können, dürfte weiter gelten, was er schon zu Artikel 27 gesagt hat: Man darf in der Predigt die Christen nicht in ihrer Einfalt (simplicitas)23 verwirren, sondern soll sie lehren, dies alles (oblationes und ceremoniae ecclesiae) im Glauben an Christus und zum Lobe Gottes zu tun24. Mit dieser Hervorhebung der Notwendigkeit des Glaubens befindet sich der überprüfende Theologe gar nicht so weit entfernt von der Ansicht des Untersuchten25. Es 19
Consultatio 42–50 (–56). Replica fol (3r) (Text A 3, Z. 58–60. 62–64). Interrogatoria fol 4r (Text A 4, Z. 102. 107 f.). 21 Warumb aber die von Rotemberg(!) nit lassen meß haben [...], laß ich sy verantworten. Antwort A IVv (Text C, Z. 171 f.). 22 Consultatio 58–60 mit Anm 43. Dazu die Marginalie von anderer Hand: De missa impudenter locutus. 23 Die Einfalt als Tugend ist gemeint; vgl etwa 2 Cor 113. – Der Gedanke findet sich öfter bei JvS; siehe Consultatio Anm 22 f. 24 Consultatio 25–29 mit den in den Anm 19–24 angeführten Bibelstellen. 25 Für die Todten zu bitten halt ich, aber wie gottes lob und eer erayscht. Antwort A IVv (Text C, Z. 157). – Für die Gestorbenen brennen sie Kerzen, darnach soll dem gestorbnen geholffen sein, und setzen ir vertrauen also auff die geschechen werck, so sy die hülff allain sehen sollen in dem glauben. [...] andechtig gebeet im glauben [...]. Antwort Bv (Z. 217 f. 221 f.). 20
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geht um den Opfercharakter der Messe und um den satisfaktorischen Charakter der Seelenmessen26. Agricola faßt diese den Reformatoren anstößigen Traditionen unter den Begriff der Mißbräuche der Messe und beharrt darauf, nichts anderes als die Mißbräuche abgelehnt zu haben. Wenn Staupitz nun gegen diesen Begriff des Mißbrauchs nichts einwendet, jedoch gegenüber dem abusus für die Sache selbst (res qua abutimur) eintritt, also für die Messe als solche, das heißt für den normalen Hauptgottesdienst der Gemeinde27, so kann man daraus einen Gegensatz zu den Reformatoren nicht ableiten. In der CONSULTATIO ebenfalls nicht genannt wird die Beichte, während die Replica davon ausgeht, daß Bruder Stephan das sacramentum confessionis(!) abschaffen will, was zur Auslöschung der christlichen Religion führe28. Schließlich ist noch auf die Nichterwähnung der bona opera29 sowie der Heiligenbilder30 durch Staupitz hinzuweisen. Eine ganze Reihe weiterer zwischen den Reformatoren und der römischen Kirche umstrittener Grundbegriffe werden noch in den Interrogatoria aufgeführt, von denen nicht feststeht, ob sie in den Responsionen Agricolas direkt angesprochen worden sind. In ihrer Absicht, dem Inquisiten häretische Auffassungen nachzuweisen, versuchen die Verfasser dieser „Fragstücke” nämlich, aus seinen vorliegenden Aussagen weitergehende Schlüsse auf dahinter stehende Anschauungen zu ziehen Es ist also unsicher, ob diese Fragepunkte dem Gutachter bekannt waren. Gleichwohl seien diese Stichworte als in seiner Stellungnahme fehlend hier aufgezählt. Es handelt sich um das „allgemeine Priestertum” (zu (missae) ut in presentiarum celebrantur. Replica (wie Anm 20). Weil ihm die Agricola-Akten nicht bekannt waren, konnte ZUMKELLER 1994 (153, Anm 976) noch der von DOHNA 1985, 452–465, bes. 454 vorgetragenen Auffassung widersprechen, die Messe (es war von der römischen Messe als „Pfeiler der Anstaltskirche” die Rede) sei Staupitz „wenig wichtig” gewesen. So konnte er JvS’ Äußerung zur responsio 30 noch nicht auf die Messe beziehen und konnte noch nicht klar erkennen, daß mit offerre ad altare (zu 27) die oblationes der Gläubigen gemeint waren (siehe oben mit Anm 11). Der angefügte Hinweis auf die Decisio quaestionis de audientia missae von 1500 ist schon wegen der inzwischen erfolgten Entwicklung als Argument für die Reformationszeit untauglich. Vor allem aber handelt die Frühschrift ausdrücklich von dem „Besuch der Sonntagsmesse”, und d e n „hält” JvS auch 1523 noch „für selbstverständlich”. 28 Replica fol (3v) (Text A 3, Z. 76–85). Zu erwarten wäre sacramentum poenitentiae. Offenbar soll die Unverzichtbarkeit der Beichte als Teil des Bußsakraments betont werden. – Hiermit wird der Satz „Offenbar will Dr Englmar ... betonen“ in JvS 5, S. 79, Anm. 89 ersetzt. 29 Replica fol (1r. 4r) (Text A 3, Z. 12. 14. 103. 106). 30 Replica fol (3r/3v) (Text A 3, Z. 70–75). Der Fiskal behauptet, der Angeklagte folge hierin den Spuren Luthers, der nicht nur bestrebt gewesen sei, die Bilder in den Kirchen zu entehren, sondern sogar befohlen habe, sie zu verbrennen. Wie auch in anderen Fällen hat man den Bildersturm (und die Abschaffung der römischen Messe) in den Wittenberger Unruhen dem abwesenden Luther angelastet, während man seine Verwerfung dieser Ausschreitungen in den Invokavit-Predigten nicht zur Kenntnis nahm. 26
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Artikel 14), das Purgatorium (27), den Begriff „evangelische Priester” und die Priesterweihe (35), die von den Konzilien determinierten Glaubenssätze (35), die monastischen Gelübde (36), die Priesterehe (36) und die Exkommunikation (39). Dazu ist zu vermerken, daß die Artikel 34 bis 40 in der CONSULTATIO überhaupt nicht behandelt werden. Der „Ratschlag” des Abts von St Peter, der die Bibel zur Richtschnur seiner Beurteilung nimmt, ist also weit entfernt davon, ein Gefälligkeits-Gutachten zu sein, weder für die Auftraggeber noch für den eher übereifrigen Reformer. Auch in dieser, im Oeuvre ihres Autors einzigartigen, Schrift erkennt man den vielfach bewährten pacificator, der zwischen auseinanderstrebenden Positionen vermittelt. Dem reformatorischen Brausekopf erspart er den herben Tadel nicht. Am Schluß wirft er ihm sogar vor, ohne Bescheidenheit predige er das Evangelium gegen das Evangelium31. Eine strenge Zurechtweisung, ohne Zweifel. Es ist die Zurechtweisung eines über das Ziel hinausschießenden Erneuerers, der zu sehr darauf aus ist, die äußeren Gebräuche umzustürzen, und dabei die innere Erneuerung zu versäumen droht. Hat nicht Luther in den Invokavit-Predigten32 seine die Reformation durch Übereifer diskreditierenden umstürzlerischen Parteigänger ebenfalls mit Strenge zurechtgewiesen und dabei Rücksicht auf die schwachen Brüder eingefordert? Liegt nicht auch der Rüge Staupitz’ eine tiefe Enttäuschung zugrunde, daß die so notwendige Reform der Theologie durch ein Abgleiten in radikale Umwälzung Schaden nimmt? Wer das Evangelium, wer einzelne Aussagen daraus oder auch das Fehlen bestimmter Aussagen in ihr, in biblizistischem Rigorismus zum Verhaltenskodex macht und darüber Gefahr läuft, am Kern der evangelischen Botschaft, an der Liebe und am Glauben vorbeizugehen, der spielt das Evangelium gegen das Evangelium aus. Indes, der Seelsorger Staupitz verbindet die Zurechtweisung auch mit Anerkennung. Indem er ihm ausdrücklich zugesteht, er habe viel Wahres geredet33, spendet er selbst seinem Gegenüber, was er bei diesem vermißt: „Erbauung, Ermahnung und Tröstung”. Die Handschrift Einziger Textzeuge der CONSULTATIO ist die Handschrift des Erzbischöflichen Konsistorialarchivs Salzburg KA RA IV, II 3. Sie liegt als drittes Stück in einem Faszikel von 11 Aktenstücken. Der alte Papierumschlag dieses Konvoluts trägt die Aufschrift: Stephanum Kastenpawer ord(inis) S. Augustini, Prediger zue Rotenberg am yn34, in Tyrol Salzburger Bistumbs, welcher weg(en) seines etwas35 zu 31
Consultatio 99. WA 10/III, 1–64. 33 Multa vera locutus est. Consultatio 96 f. Das Folgende ebd 97 f nach 1 Cor 143. 34 Rattenberg am Inn. 35 etwas kann nicht nur einschränkende, sondern auch verstärkende Bedeutung haben (gar, ziemlich, sehr; vgl aliquid = einigermaßen). 32
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hizigen und uncatolischen Predigs gefenkhlich angenommen und nacher Müldorff gefürth worden, betr(effend). 1524. Die Handschrift der Consultatio liegt im Konvolut an dritter Stelle, wobei offen bleiben muß, ob diese – chronologisch falsche – Reihenfolge ursprünglich, oder erst von HAUTHALER hergestellt worden ist36. Die Blattgröße beträgt 325 x 222 mm. Die Handschrift besteht aus zwei Bogen. Der innere liegt andersherum, d h das Wasserzeichen befindet sich (auf dem Kopf stehend) auf dem zweiten Blatt statt auf dem ersten. Das Wasserzeichen stellt ein großes H dar mit einem kleineren Kreuz auf dem Mittelbalken. Es entspricht Nr 8235 bei BRIQUET, Les filigranes, wo (mit der Variante Nr 8236) Bayern und Salzburg ab 1525 als Verbreitungsgebiet genannt werden. Die Blätter sind nicht numeriert. Fol (1 r) leer (außer der Bleistift-Überschrift [Hand des 19. Jahrhunderts]: „1523. Gutachten des Abtes Joh. Staupitz.”), ebenso fol (1 v). Fol (2 r)–(3 v) Text. Incipit: Responsiones fr(atr)is Steffani Agricole. Explicit: predicans Evangeliu(m) contra Evangeliu(m). Fol (4 r) leer. Fol (4 v) Dorsalvermerk: Copia Consultationis super Confessione fr(atr)is Steffani Agricole (gleiche Hand wie der Text), darüber: Per D(ominum) Abbatem S(ancti) Petri 1523 (andere zeitgenössische Hand). Der Text ist, offenbar von Schreiberhand, in flüssiger gotischer Kursive ohne Verbesserungen in einem Zuge geschrieben. Einige Buchstaben sind einander so ähnlich, daß sie verwechselt werden können. Die Abkürzungen halten sich nach Anzahl und Gestaltung im üblichen Rahmen; nur in einzelnen Fällen sind sie nicht eindeutig auflösbar37. Fünf auf Bibelstellen verweisende Marginalien (von derselben Hand) gehen sicher auf den Autor zurück. Zehn nachträgliche Marginalien (von anderer zeitgenössischer Hand in humanistischer Kursive) bezeichnen in Stichworten solche Stellen, in denen Agricola gerügt wird38. Dabei wird dreimal ausdrücklich Staupitius als der Verfasser der Consultatio genannt.
Vgl oben Gesamt-Einleitung Anm 59. ZB cac(is) (Consultatio 42) ist von GÄR als ,catholicas’ statt canonicis aufgelöst worden (,-as’ ist nicht die Auflösung der Abkürzungsschleife, sondern wohl der Versuch einer Emendation). 38 Von derselben Hand stammen einige Marginalien zur Supplicatio (siehe Anm 9), alle Marginalien zu den Interrogatoria (siehe Anm 17). 36 37
Johann von Staupitz, Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae [Salzburg, Frühjahr] 1523*
Textvorlage: KA, RA IV, II, 3. Abschrift (2o, 4 Bl.), Bl. 2r–3v (Bl. 1r–1v und 4r leer). Ohne Datum. Ohne Überschrift. Ohne Unterschrift. Dorsalvermerk von der gleichen Hand wie der Text (Bl. 4v): ’Copia Consultationis sup(er) Confessione fr(atr)is Steffani Agricole’. Darüber von anderer zeitgenössischer Hand: ’Per D(ominum) Abbatem S(ancti) Petri [= Johann von Staupitz] 1523’. Fünf Bibelstellen am Rand des Textes (und von dessen Schreiber) sind zu unterscheiden von zehn Marginalien, die einzelne Aussagen aus dem Text hervorheben, in der Art und von derselben Hand wie bei den INTERROGATORIA. Zur Datierung siehe die Gesamt-Einleitung vor und bei Anm. 55 bis 61. Aus der Ausgabe von GÄRTNER werden einzelne Lesungen im textkritischen Apparat verzeichnet und die Seitenzahlen (S. 67–72) am Rand mitgeführt. Der Text der Ausgabe von DOHNA in JvS 5 (2001), S. 93–102 ist hinsichtlich Wortlaut, Zeilen-Fall und ZeilenZählung identisch reproduziert; die als Fußnoten gesetzten Anmerkungen haben ihre dortige Fassung und Zählung behalten, nur die Verweise auf die nunmehr mitedierten anderen Prozess-Schriften sind aktualisiert. Allfällige Berichtigungen in Text und Anmerkungen werden vermerkt. Referat: N. PAULUS, S. 775–777 (mit mehreren Zitaten in GÄRTNERs fehlerhaftem Wortlaut); HAUTHALER, S. 329 (mit einem Zitat).
(Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae). fol (2r)
Responsiones fratris Stephani Agricolae ad articulos contra se ex officio oblatos1 usque ad 17 inclusive in substantia sunt acceptandae2.
* 1
2
Aktualisierte Reproduktion der Edition in JvS 5 (2001). Weder die dem Agricola vorgehaltenen Articuli noch seine – vermutlich von dem beim Verhör anwesenden Notar schriftlich fixierten – Responsiones darauf sind erhalten. Ihr wesentlicher Inhalt, aber nicht der Wortlaut und die genaue Bezifferung, lassen sich indes teilweise erschließen; und zwar einerseits aus erhaltenen Schriftstücken zum Verfahren: der CONSULTATIO selber, der REPLICA des Fiskals, sowie den INTERROGATORIA; andererseits aus der von Agricola im Gefängnis verfaßten und dann gedruckten ANTWORT. Für einzelne Fragen heranzuziehen ist die von Agricola noch vor der Vorlage der Articuli geschriebene, später zu den Akten des Falles genommene, eigenhändige SUPPLICATIO an den Fürst-Erzbischof. Nach dieser zusammenfassenden Beurteilung der Responsiones zu art 1–17 kommt JvS
Überschrift aus dem Dorsalvermerk substantia] fehlt GÄR
1 contra se] con(tra) se Hs; GÄR: Consistorii
2 in
A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Text
5
37
Habent autem non parum temeritatis3 ex his quae crebre addit: „Dummodo contra pietatem non sint”4; „evangelio non adversante”5. In quibus sese iudicem facit et iudicium suum ecclesiae catholicae determinationibus6 anteponit7. Oritur iudicio meo talis praesumptio3 ex
3
4
5
noch einmal (Zeilen 91 ff) auf art 4 5 6 zurück. Zusammenfassend behandelt auch Agricola seine „Antworten auf die ersten Artikel“ (Antwort A IIv13f = Text C, Z. 60), unter welchen er die „ersten 20“ versteht (ebd Av21) (Z. 18). Folgende Gegenstände der Responsiones 1–17 sind zu erschließen: In 1 2 3 (die Bezifferung hier und im folgenden meist nach Interrogatoria) Gottes Wort als Kriterium von auctoritas und potestas des Papstes, der Bischöfe und der weltlichen Gewalt (vgl besonders Antwort Av3–6 24-A IIr2 = Text C, Z. 2 f., 20–25). In 4 5 – und vermutlich in den folgenden – Gottes Wort als Kriterium der Riten und Gewohnheiten der Kirche, unter anderem Totengedächtnis, Messe und Kerzen, sowie deren Mißbräuche (vgl besonders Antwort Av6–10, A IIr2–12 = Text C, Z. 4–7, 26–34). In 10 die guten Werke (die Interrogatoria fragen nach ihrer Verdienstlichkeit oder Sündhaftigkeit). In 14 das Priestertum (die Interrogatoria fragen nach dem allgemeinen Priestertum). In dieser oder einer benachbarten Responsio: Lehre und Leben gemäß der Heiligen Schrift als Bedingung, Papst, Bischöfe und die ganze Geistlichkeit zu ehren (vgl Antwort Av10f, A IIr13–18 = Text C, Z. 8, 35–39). In zwei weiteren Responsiones auf nicht genau zu beziffernde Articuli, vermutlich zwei aus 15 16 17: Das Evangelium als Maßstab für die Sitten der Menschen in allen Ständen, wobei die Laster – nicht aber einzelne Menschen – zu nennen sind; Pflicht des Predigers, „alles was Gottes Wort ist“, zu predigen (vgl Antwort Av12f, A IIr19–22 = Text C, Z. 9 f., 40–42). Pflicht des Predigers, die ainigkait zu predigen (nicht zu ihr hin- und vom Aufruhr abgezogen habe Agricola das Volk, unterstellt der betreffende Artikel), jedoch nur Einheit gemäß dem Willen Gottes, und nicht „in der Unehre Gottes oder in den Lastern“ (vgl Antwort Av14f, A IIr23–25 = Text C, Z. 11 f., 43–45). In den Begriffen temeritas und praesumptio spricht sich zwar eine wesentlich mildere Beurteilung aus als in den – je einmal getroffenen – Feststellungen erroneum (Z. 15) bzw haereticum est (Z. 18), sie lehnen sich indes ebenfalls an den Sprachgebrauch kirchlicher Verurteilungen an; vgl Dicere quod ... , praesumptuosum et temerarium iudicamus, Constitutio ,Exivi de paradiso’ (Concilium Viennense), CLEMENTINAE V 11,1 (FRIEDBERG II 1199). o Alt gewonhaiten sein zu halten, als fer und als vil sy nit wider den rechten gotteso dienst sein; wellicher muß gemessen werden nach dem wort gottes. Antwort A IIr 2–4 (= Text C, Z. 26 f.), ähnlich öfter. Die recht der bapst und kaisers sein auß got, wenn sy nit wider das evangeli seind und gottes wort. Antwort Av24f (= Text C, Z. 20 f.), ähnlich öfter.
4 adversante] so Hs; GÄR: -tur 3 Marg 1 Temeritatis arguit Agricolam, quod se iudicem faceret iudiciumque suum ecclesiae catholicae anteponeret.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
igno rantia terminorum; neque enim quid vera pietas sit, nec quid ecclesia catholica, recte intelligit. Alias in has nugas minime laberetur. Illa insuper quae respondit ad sequentes articulos usque ad 26 inclusive, an vera sint vel non8, novit scrutator cordium9 et idem iudicaturus10.
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Zum Begriff determinatio siehe De audientia missae art 2 notandum 1 (in Anlehnung an Duns Scotus). Vgl DECR GRAT I Dictum Gratiani ante D 20 (FRIEDBERG I 65). Anders als hier bei JvS – und in den übrigen Schriften des Verfahrens – erscheint in der Antwort die Zäsur nach art 20. Während die „ersten 20“ Artikel allgemeine Fragen zu Lehre und Disziplin stellen, enthalten die folgenden artickel, so in sonderhait wider mich eingelegt seinnd, spezielle Anschuldigungen, die meist mit „ich soll ... haben“ beginnen (A IIv21f, vgl A IIv13f Av21 = Text C, Z. 66. 60. 18). In den auf art 18 19 20 zu beziehenden Responsiones entschuldigt sich Agricola, er hätte von den Religionsmandaten des Papstes, des Kaisers und des Fürst-Erzbischofs von Salzburg nichts Genaues gewußt, da sie in Rattenberg nicht verkündet worden seien (vgl besonders Antwort Av15–20, A IIr26–30, A IIv3–5 = Text C, Z. 13–17. 46–50. 53–55). In den auf art 21 22 zu beziehenden Responsiones beteuert er, er habe Luthers oder eines anderen Lehre nie öffentlich gepredigt oder gerechtfertigt, „außer insoweit“ sie „mit dem Worte Gottes gerüstet seien“ (vgl besonders Antwort A IIIv24-A IVr4 = Text C, Z. 116–124). Diese, ihm offenbar besonders wichtige, Feststellung wiederholt Agricola in seiner Antwort noch zweimal mit ähnlichen Worten: vorgreifend schon bei der Beantwortung von art 18–20 (A IIr30-A IIv2 = Text C, Z. 50–52) und in einem zweiten Durchgang in gleichem Zusammenhang (B IIr1–5 = Text C, Z. 224–227). Im Gegensatz zu JvS, der sich, ohne Luther zu erwähnen, darauf zurückzieht, die Wahrheit dieser Aussagen in Frage zu stellen, halten die Interrogatoria dem Beschuldigten entgegen: Cur affirmet quemlibet teneri ad doctrinam Lutheri, ubi sibi videatur Lutherum sacris litteris bene usum? Quis enim ei dedit potestatem iudicandi? (Text A 4, Z. 162 f.) (zu art 40, der zu den von JvS übergangenen gehört). Und in den einleitenden Grundsätzen der Interrogatoria (Z. 8–10) wird festgestellt, daß Agricola als Anhänger Luthers, und somit Häretiker, auch aus seinem eigenen Geständnis – wenigstens implizit – überführt werden könne. Ebenfalls im Gegensatz zu JvS’ an vera sint vel non entgegnen die Interrogatoria auf art 18–22 insgesamt: Poterat informari debite, si quaesivisset, cum ubique locorum id esset divulgatum (Z. 59). Auch zu art 25 26 nageln die Interrogatoria den Inkulpaten fest: Ex effectu ... deprehendi potest (Z. 62). Der Inhalt von 25 ist nicht sicher zu bestimmen. Es könnte sich um die Zurückweisung des Vorwurfs handeln, „das Volk zu Aufruhr wider die Geistlichen erweckt (zu) haben“ (Antwort A IIIr14f, vgl B IIr27–31 = Text C, Z. 85. 243–246). Die Responsio zu 26 geht zweifelsfrei aus der zweiten, diesmal einzelnen, Behandlung dieses Artikels in den Interrogatoria hervor: Numquam reiecit decreta patrum, nisi quantum adversentur divinis praeceptis, et in destructionem non in aedificationem tendunt (A 4, Z. 74 f.) (vgl Antwort Br33-Bv3 = Text C, Z. 198–200). Vgl Sap 16B. Anklang an 2 Tim 41 Act 1731.
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A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Text
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Quae ad 27 articulum respondit11, intricata sunt et confusa; labitur autem in pluribus, p r i m o quod sentit, sanctam ecclesiam catholicam pro laude dei ac defunctorum consolatione impias introduxisse consuetudines, quod est erroneum in fide catholica12. P r a e t e r e a dicit, quod offerre ad altare non sit obsequium dei13, trahens Augustinum14 inique ad suas ineptias; dicere enim, oblationes christifidelium
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Über die von JvS im folgenden ausdrücklich behandelten Gegenstände hinaus geben die Interrogatoria Hinweise auf weitere in der Responsio 27 möglicherweise berührte Lehrstücke: sie fragen nach dem Glauben an das Purgatorium und der Möglichkeit eines Schriftbeweises dafür, sowie nach den Suffragia und ihrem Nutzen für die Toten (A 4, Z. 67–70). Siehe Anm 3. Sy opffereten wein und brot auff den altar und mainten, sy thetten den seelen und got darinn ain gefallen. Antwort A IVv34-Br2 = Text C, Z. 173 f. Inter alia in responsione per eum ad 27 articulum data asserit, se quadam die animarum dixisse, dum panis et vinum ad altare offerrentur: ,Essen die selen brot, so gesegne ins (d h: ihnen es) der teufel’. (Replica 2r/2v, Text A 3, Z. 44, wo DAT XXXXVIII 17–20 selenbrot und gesegnet liest). So doch sant Augustinus leernet (d h lehret), man soll es geben armen leutten, und o das auß lieb. ... Darzu aber hatt mich bewegt die groß kostung, auff solliche ding gelegt ... (Antwort Br2–6 = Text C, Z. 174–177, im Anschluß an die in der vorigen Anm zitierte Stelle). Nach Ausweis der Supplicatio (4r, Text A 1, Z. 122) ist Epistula 64 gemeint, nach neuerer Zählung: AUG Epistula 22,1(6) (CSEL 34/1, 58 f). Auf folgende Aussagen beruft sich Agricola offenbar: oblationes ... non sint sumptuosae, ... neque vendantur; sed si quis pro religione aliquid pecuniae offerre voluerit, in praesenti pauperibus eroget. Vielleicht hat ihn das Stichwort sumptuosae verleitet, die oblationes mit den luxuriosa convivia gleichzusetzen, von denen Aug bezweifelt, daß sie solacia mortuorum seien. Hingegen scheint Agricola zu übersehen, daß Aug die Opfergaben keineswegs ablehnt, ja sogar ausdrücklich glaubt, daß sie den Seelen Verstorbener zugute kommen: oblationes pro spiritibus dormientium, quas vere aliquid adiuvare credendum est. Insofern erklärt JvS, dem es hier nur um die Frage des obsequium dei geht, im folgenden die Berufung auf Aug mit Recht für abwegig. Als Quelle für den in der Supplicatio, ebd. gleichfalls genannten (pseudo-)augustinischen Sermo in cathedra Petri ist nicht – wie JvS 5, S. 96 in Anm. 14 – MORIN 343–345 anzugeben, sondern – wie zu Supplicatio (Text A 1), Z. 122 – Ps-Augustin, Sermo 190 (In cathedra S. Petri 1), 2 (PL 39, Sp. 2101); Sermo 191 (In cathedra S. Petri 2), 2 f. (PL 39, Sp. 2101 f.). Der in Anm. 14 alt anschließende Text „erwähnt“ bis „Auffassung“ ist hinfällig. Unklar ist allerdings, ob JvS überhaupt wußte, auf welche Aug-Stellen sich Agricola berief, sei es, daß ihm die Supplicatio vorlag, sei es, daß die Responsiones Stellenangaben enthielten. Für seine Feststellung hätte er auch auf AUG De cura pro mortuis
16 Marg 2 Damnabat oblationes ad altare, quod erroneum in fide catholica esse ait Staupitius.
40
Hbr 11(6A) (4B) Gn 4(4)
G 69 fol (2v)
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
in fide vera ad altare non esse obsequium dei15, haereticum est16. Etenim christiana sententia omnium infidelium opera displicent deo, quia displicet ipse operator deo. Omnium electorum et fidelium placent deo opera et munera, quia placet ipse17. Respicit nempe deus primo quidem ad eum qui offert, verum non solum ad eundem, sed ad munera quoque, placet itaque fidelis18, et universa quae fideliter facit19 obsequia sunt dei20. Displicet infidelis, et nihil horum quae absque fide Christi21 facit19 inter obsequia dei20 censetur. Cum itaque christianis praedicatur, non sunt turbandi22 in simplicitate23 sua, sed informandi potius. Non sunt oblationes atque ceremoniae ecclesiae reprobandae; docendi autem sunt simplices, ut haec omnia in Christi fide21 ad laudem dei faciant24. Certe, dum de munere offerendo ad altare Christus ipse disserat25, nequaquam munera dari reprehendebat, sed, ne
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gerenda, besonders 1(3) und 18(22) (CSEL 41 623 f 658 f), verweisen können oder auf Enchiridion 29(109f) (1081–10931), zitiert DECR GRAT II 13,2,23 (= c 23 C 13 q 2) (FRIEDBERG I 728). ? Schon hier Anspielung auf Rm 121: siehe Anm 20. Siehe Anm 3. – Zur Selbstverständlichkeit der Oblationen in Lehre und Kultus s THOMAS II-II q 86; WILH DURANDUS Rationale divinorum officiorum IV c 30 §§ 32–40 (225f) und c 27 §§ 3–4 (214f); DECR GRAT III 1,69 (= c 69 D 1 De cons) (FRIEDBERG I 1312f). – Die Verankerung der Opfergaben des Volks, deren fürbittender Charakter hervorzuheben ist, in der Messe ist im heutigen Missale nur noch in Resten sichtbar: so im Offertorium und in der – aus der Oratio super oblata hervorgegangenen – Secreta der Messe für Verstorbene, siehe JUNGMANN Bd 2. Hier kombiniert JvS Hbr 115f (vgl auch Prv 165B 7, zitiert Nachfolgung c 13: 842), vermittelt durch Rm 1423, mit Eph 2 8 10, wie ähnlich in De exsec § 50 (mit Verweis auf Aug in Anm 66); so kann er hier die opera den munera (noch Hbr 11(4B) und schon Gn 4(4)) parallel setzen. Vgl weiter Hbr 11(6A 4A). Vgl Col 317. Anspielung auf Rm 121; vgl die Erklärung von viventem (scil hostiam) durch per bona opera: GLOSSA interlinearis. Vgl Gal 216. Zur Sache vgl Rm 141ff. Vgl: Cur igitur turbantur simplicium corda ...? JvS an Martin Luther, 1. April 1524 (KOLDE, Staupitz-Briefe 446 f Nr. 22 = WA Br 3 263 Nr. 726). ? Anspielung auf 2 Cor 113f; vgl TüPr 20,2,2, Zeile 186 ff, wo Prv 109 zitiert ist. Anspielung auf 1 Pt 17 kombiniert mit 1 Cor 1031 und – wieder – Col 317, siehe DIONYS CART zu 1 Pt 17 (XIII 620 col I B−C); zum Opfer-Kontext vgl Eccli 351ff, besonders 8–10, Ps 5017–21. Zu erwarten wäre disserit.
25 fide Christi] so Hs; GÄR: Christi fide
30 reprehendebat] so Hs; GÄR: -bant
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A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Text
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displicentes deo, priusquam reconciliarentur, offerrent, docuit dicens: Si offers munus tuum ad altare, et ibi recordatus fueris, quia frater tuus habet aliquid adversum te, relinque ibi munus tuum ante altare et vade prius reconciliari fratri tuo, et tunc veniens offeres munus tuum26. Fac, placeas tu, et munus tuum placebit27. Ideoque non dicit: Tolle munus, abiice, noli offerre!, sed ait: Relinque munus ante altare, donec dignificeris fratri tuo reconciliatus26. Non dico tibi: Non offeras, sed: Instrue te, ne ingratus, infructuose, et frustra offeras, ne munera tua ipse ingrata reddas. Reliquum de animarum esu28 loquitur verba hominis sibimet placentis29 cupientisque placere indeclinabili30 vulgo etc. Quae ad 28 articulum respondit31, frivola iudico et absque scripturarum fundamento, contra illas scripturas quas ecclesia ab initio prae-
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Mt 523f. Vgl wieder Hbr 11 6 4. Zur Sache vgl: te quaerit deus magis quam munus tuum, AUG Sermo 82,5 (508, mit Mt 523f); sowie: non offerens a muneribus, sed munera ab offerente placuerunt, GREG Epistula 122 (PL 77 1053 B, mit Gn 44f); ferner: unusquisque prius se debet offere deo quam sua; nec placet deo, si sua offert et se deo subtrahat [sic], HUGO CARD zu Mt 523f, anknüpfend an Hbr 116A und auf Hbr 1038 verweisend. Zur Spruch-Form vgl zB: Fac numeres nummos, et mox numerabis amicos, WALTHER 2 Nr 8656; ähnlich Nr 8663a. Vgl auch das fälschlich Aug zugeschriebene, von JvS indes ihm abgesprochene dictum vulgare: Si non es praedestinatus, fac praedestineris, De exsec § 28 mit Anm 23. Entfällt; siehe textkritischen Apparat. Anspielung auf 2 Pt 210; bei AUG De civitate 14,13 (CChr 48, 43530f) und öfter, vgl De exsec § 45 mit Anm 15. Vgl. – mit O. CLEMEN und O. BRUNNER zu Luther, Widerruf vom Fegfeuer, c. 4 (WA 30/2, S. 381, Z. 29) – das verbreitete Lehrbuch Alexander de Villa Dei, Doctrinale totius grammatices (bearb. v. Dietrich Reichling, Monumenta Germaniae paedagogica, Bd. 12, Berlin 1893, S. 46), Vers 660: hoc vulgus pelagus indeclinabile virus. Das ursprünglich alle drei Vokabeln gleichermaßen schlicht grammatikalisch kennzeichnende indeclinabile ist inzwischen redensartlich fest, und nun moralisch, allein an dem vulgus haften geblieben; aus ’unregelmäßig’ ist ’unbeugsam’, ’halsstarrig’ geworden. – Anm. 30 alt (JvS 5, S. 67) ist hiermit ersetzt. Über die im folgenden behandelten Gegenstände hinaus lassen die Interrogatoria noch
38 Instrue] so Hs; Institue GÄR DOH 40 ani36 ait] so Hs; aut GÄR, autem DOH marum] a(n)i(m)ar(um) Hs; GÄR: carnium (aus der Marginalie entnommen), DOH: animantium (als vermeintliche Anspielung auf Lv 1146f vgl 2) 41 indeclinabili] so Hs, GÄR; DOH: in declinabili; siehe auch Anm. 30 41 etc] fehlt GÄR 44 praedicatae] so Hs; GÄR: praedicationis 41 Marg 3 Cupit se placere vulgo, concesso carnium esu.
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(1) Mcc 1
(26) G 70
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
dicatae fidei christianae veras asseruit, tenuit, credidit32; atque salubres sanctasque praedicari voluit ac disposuit; et sacrosanctis canonicis scripturis conseruit33; contra sanctissimorum patriarcharum, prophetarum et omnium deo placentium34 ritum ab initio mundi usque hodie, etiam cum Christo observatum probatumque35, siquidem omnes planctu mortuos suos sepelierunt36, quas37 frater Stephanus cum ,Gaudeamus’38 peragendas decrevit. Divus Paulus iudicia iustificationis et
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weitere Einzelheiten der Responsio 28 erkennen: sie beanstanden die immodestia verborum, zB ,tausent teufel namen’, ,dorfbeyrer’, und weisen den Vorwurf zurück, durch Seelgeräte würden den Armen Almosen entzogen (Text A 4, Z. 84–95). Vgl credat, teneat et asserat, MARTIN V. Bulla ,Inter cunctos’, DENZ 1247 1250. Gemeint sind offenbar die Apokryphen, insbesondere die beiden Makkabäerbücher. Vgl HIERONYMUS Prolog zu Mcc: licet non habeantur in canone Hebraeorum, tamen ab ecclesia inter divinorum voluminum annotantur historias. Für deren Einbeziehung in den Kanon durch die Kirche seit dem CONCILIUM ROMANUM 382 bis zum CONCILIUM FLORENTINUM 1442 s DENZ 179 186 213 1334f; siehe AUG De doctrina christiana 2,8f(12–14) (CChr 32, 38–41, besonders 3931). Neben dem von JvS zitierten 1 Mcc 126 hat Agricola möglicherweise auch 2 Mcc 1246 angegriffen, liturgisch in Lectio der Messe am Jahresgedächtnis für Verstorbene und Dictum probans für die suffragia pro mortuis (siehe Marginalie 4) sowie für die Existenz des Purgatoriums: so bei THOMAS Suppl q 71 art 2 sed co 1, Appendix Suppl q 1 art 1 sed co 1 und bei HUGO CARD zu 2 Mcc 1242B-46; ähnlich schon bei AUG De cura (wie Anm 14 Ende). Vgl wieder Hbr 11 6. Für die – trotz schwacher biblischer Bezeugung (Mc 1610) – verbreitete Vorstellung von einer Totenklage über Christus siehe den Abschnitt Planctus ... Beatae Mariae Virginis bei LUDOLF V SACHSEN Vita Christi 2,65,5 (IV 144a/b). Vgl auch: Dolorem quem Maria in exsequiis filii sui toleravit, olim David in exsequiis Abner praefiguravit (2 Rg 331–34), ebd 2,66,1 (IV 148a). Der Brauch eines officium funeris mit rituellem planctus ist vielfach belegt: Gn 232ff 5010–14 (Patriarchen), 2 Rg 331–34 3 Rg 1329ff (Propheten), Act 82 (Gottwohlgefällige). Zu ergänzen: exsequias, vgl Gn 5010 2 Rg 331, sowie Replica 2v (Text A 3, Z. 55). e So dorfften wir nit alweg (dh: ganz und gar nicht) ,Requiem’ singen, sonder ,Gaue o deamus’, wann (dh: denn) sy wurden frumm und frolich zu dem sterben. Antwort v A IV 27–28 = Text C, Z. 167 f. Wenn Agricola also die Begräbnisse nicht mit einer Mes-
45 sacrosanctis bis conseruit] sacrosanct(is) ca(noni)c(is) scriptur(is) co(n)seruit Hs; GÄR: sacrosanctas catholicas scripturas conservavit; vgl. Einleitung, Anm 37 46 Marg 4 Damnat Staupitius Agricolae temeritatem in reiiciendis quibusdam sacrae scripturae libris et suffragiis mortuorum.
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A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Text
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damnationis iussit suspendi, quoadusque veniat dominus, qui illuminaturus est abscondita tenebrarum et manifestaturus consilia cordium. Stephanus pro sua voluptate ante diem domini salvat et damnat, absolvit et solvit39, ambulans in mirabilibus supra se40, plus sapiens, quam oportebat sapere, contra doctrinam Pauli qui ad sobrietatem sapiendum41 doctrinat. In responsione ad 29 arguo praesumptionem et temeritatem42. Ad 30 redarguo modum, nam volens abusum exsecrari ac tollere, debet rem qua abutimur digne extollere ac commendare; tanto namque abusus est deterior, quanto dignius est quo abutimur43.
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se für Verstorbene (Introitus: ,Requiem aeternam’), sondern cum cantico ,Gaudeamus’ (so Replica 2v, Text A 3, Z. 54) begangen wissen will, zitiert er offenbar die Messe des Allerheiligenfestes nach ihrem Introitus ,Gaudeamus omnes in domino’ (kombiniert aus gaudeamus Apc 197A und exsultate, iusti, in domino Ps 321; letzteres liturgisch auch variiert: gaudete usw, Communio der Messe von mehreren heiligen Martyrern, vielleicht vermittelt durch Phil 44). Vielleicht dachte Agricola an Tobias, der nach Tb 1416 (Vulgata) cum gaudio begraben wurde. Er hatte sieben Jahre zuvor in Wien über das Buch Tobias gepredigt (Supplicatio 2v, Text A 1, Z. 61 f.). Die Berufung auf ein apokryphes Buch kam indes jetzt für ihn nicht mehr in betracht (siehe Anm 33). Ob ihm die Möglichkeit bewußt war, cum gaudio nicht (wie eindeutig LYRA) auf sepelierunt, sondern in Parallele zu Vers 4 auf completis annis zu beziehen (wie LUTHER), muß dahingestellt bleiben. Gemeint ist: Stephan (Agricola) nimmt in angemaßtem Richteramt das Urteil über das ewige Heil eines Verstorbenen vorweg, während eine solche Gewißheit nach Kirchenlehre nur im Fallle des Märtyrertodes besteht. Siehe Interrogatoria: (ecclesia) mortuos, de quibus non constet statim coelos petisse, plangendos docet nec cum gaudio transmittendos (Text A 4, Z. 96 f.). Daß hiermit Märtyrer gemeint sind, zeigt unter anderem eine Decretale INNOZENZ’ III.: iniuriam facit martyri qui orat pro martyre ... quia orationibus nostris non indigent (scil sancti) ..., cum sint perfecte beati. EXTRA III 41,6 (= c 6 X III De celebratione) (II 639 § 2). Siehe WILH DURANDUS VII 35,20 und 28 (703 704f). Vgl Ps 1301. Vgl Rm 123. Siehe Anm 3. – Nur aus einer summarischen Aussage der Interrogatoria geht hervor: art 29 wie art 4 5 32 handelten de ritu ac consuetudine in ecclesia diu observatis (Text A 4, Z. 30 f.). Vgl: Intervenit ... abusus ..., ideo non est rei substantia reprobanda propter accidens malum. JvS an Luther (wie oben Anm 22). Vgl schon TüPr 20,1,2, Zeile 96 ff, aus
59 commendare] co(m)mendare Hs; GÄR: recomendare 57 Marg 5 Temerarie ritus, pias consuetudines reiiciebat. denter loquutus.
58 Marg 6 De missa impu-
1 Cor 4(4–5)
fol (3r)
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Responsio ad 31 reddit Stephanum suspectum, quod doctrinam suam nimis extollat magnifaciatque44; unde cuilibet detrahit qui auditionem suam quacumque occasione minuat. Responsio ad 32 invalida est: quamvis enim timor servilis45 non perficit, est tamen impulsio ad sapientiam, quae perficit46. Initium, inquit Propheta, sapientiae timor Domini47, et iterum: Multiplicatae sunt infirmitates eorum, postea acceleraverunt48. Per timorem lex ducit
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Gerson. – Zu dem in verschiedenen Versionen verbreiteten Spruch abusus non tollit rei substantiam siehe WANDER 3 Nr 666 sub voce Misbrauch. JvS tadelt den modus, sagt aber nichts von der res. Es handelt sich um die Messe! Siehe Marginalie 6. Ausdrücklich bezeugt die Replica (3r, Text A 3, Z. 58–60) es stehe aufgrund der Responsio fest, daß der „Angeklagte“, wenn er könnte, die Messe abschaffen würde; das Evangelium sei tausend Messen, wie sie heute gefeiert würden, vorzuziehen. Agricola betont demgegenüber, er habe – wie in allen Bräuchen – nur die Mißbräuche getadelt, insbesondere, daß man (für die Toten) die Messe für Geld lese (Antwort AIVv6–8 18 = Text C, Z. 150–152. 159). Auch die Interrogatoria befassen sich ausführlich mit Fragen zur Messe, etwa ob sie ein Opfer für die Sünden sei, oder nur ein testamentum (Text A 4, Z. 109). – Damit ist testimonium am Schluss von Anm. 43 alt (JvS 5, S. 100) korrigiert. In 31 handelt es sich darum, daß Agricola eine Christus-Figur, die am Himmelfahrtstage in der Kirche in die Höhe gezogen wurde, „einen Götzen“ (Replica 3r, Text A 3, Z. 71; Interrogatoria ohne Nummer, aber unmittelbar auf 30 folgend) (Text A 4, Z. 117 f.), bzw „den hölzernen Götzen“ (Antwort BIIv4ff 15 = Text C, Z. 252 ff. 261) genannt habe. Vgl Einleitung, Anm 16. Vgl Rm 815. Zur Sache siehe TüPr 4 passim. Das Thema der Responsio 32 , aus der JvS die Frage nach dem timor servilis herausgreift, ist das Bußsakrament. Laut Replica lechzte der Beschuldigte danach es abzuschaffen; er habe gesagt quod non sit confitendum ex timore, sed iustitiae amore (3v, Text A 3, Z. 77 f.). Agricola indessen schreibt: „Beichten ... sei von Gott geboten, auß lieb der frommkait nicht aus Furcht – nur wegen des Gebots – vor den Menschen, denn das ist Abgötterei“ (Antwort Br26–32, hier: 28–30 = Text C, Z. 193–197. 196). Die Interrogatoria fragen nach den Sakramenten allgemein; nach ihrer Zahl und Einsetzung von Gott (Text A 4, Z. 124); nach dem sacramentum novi testamenti (dh Abendmahl) (Z. 125); nach den Teilen des Bußsakraments und ob sie alle zum Heil notwendig seien, oder ob sola fides genüge (Z. 127–129). Ps 11010A Eccli 116A. Ps 154A.
62 magnifaciatque] so Hs; GÄR: magnificatque 63 auditionem suam] auditorem suum Hs GÄR DOH
62 qui] q(ui) Hs; GÄR: quod
62 Marg 7 Doctrinam suam extollebat. 64 Marg 8 Timorem servilem male reiiciebat, qui etsi non perficiat, impellit tamen ad sapientiam.
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A 2. Consultatio super confessione Agricolae. Text
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ad Christum49; per timorem littera trahit ad spiritum50. Hinc Salomon in libro Proverbiorum, quae pro incipientibus scripsit, super omnia timorem51 commendavit; quemadmodum enim lex est necessaria ad evangelium52, ita timor ad amorem53. Ad 33 ubi dixit vicariatum Christi situm in evangelizando, non in opibus, minus dixit, quam oportuit54. Certe, vicariatus Christi situs est in docendo et miserando. Primum est praeferendum, quia aeternam vitam tribuit55; secundum non negligendum, quia miseriam praesentis vitae mitigat atque tollit. Hinc est, quod Salomon in Ecclesiaste dicit: Utilior est sapientia cum divitiis et magis prodest videntibus solem; sicut enim protegit sapientia, sic protegit pecunia56: sapientia a miseria aeterna, pecunia a miseria praesenti. Itaque qui vices Christi gerunt, tenentur evangelizare et misericordiam facere: ad evangelizandum opus habent sapientia, ad misericordiam faciendam divitiis. Christo adhuc agente inter mortales mortalis57, deus per ipsum sapientiam et misericordiam largissime dispensavit ad ministravitque; ascendente in coelum per apostolos et eorum successores id ipsum fieri demandavit.
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Anspielung auf Gal 324. Anspielung auf 2 Cor 36. Vgl Prv 17 910 1533. Vgl Gal 321 Mt 517. Anspielung auf Eccli 2516. Vgl De exsec § 130 mit Anm 42. Auch zur Responsio 33 spannen die Interrogatoria den Rahmen weiter. Sie fragen, ob Petrus aus göttlichem Recht zum Haupt der kämpfenden Kirche eingesetzt sei, ob seine Nachfolger ihm legitim nachgefolgt seien und ob zeitliche Reichtümer deren Autorität zerschlügen (A 4, Z. 133–141). Agricola sagt, der „Stuhl zu Rom“ sei „nichts anderes als das Predigtamt“; er habe aber „gegen den Mißbrauch des Amtes des Stuhls“ gepredigt, das nur mer geltsuchung (Antwort AIVr 21–25 = Text C, Z. 138–141). Die Replica (4r, Text A 3, Z. 86–95) wiederholt im wesentlichen nur die Consultatio (wobei DAT XXXXIX 26–37, jedesmal operibus(!) statt opibus schreibt). Zur Sache vgl TüPr 19,1,2, Zeile 171 ff. Schon hier Anspielung auf Eccle 713(C). Eccle 712–13A. Zu erwarten wäre: mortali.
70 commendavit] co(m)mendavit Hs; GÄR: recomendavit 70 enim] .n. Hs; GÄR: namque 75 negligendum] so Hs; GÄR: est negligendum 76 Ecclesiaste] so Hs; GÄR: Ecclesiastice(!) 77 utilior est] so Hs; GÄR: est utilior 82 mortalis] so Hs; fehlt GÄR 73 Marg 9 In evangelizando, non in opibus vicariatum Christi situm esse dicebat Agricola. Hoc refellit Staupitius Salomonis auctoritate. Nec damnandas esse censet divitias, nec iniquum homines hortari ad largiendum, quod et Paullus(!) fecit.
G 71
fol (3v)
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Neque defecerunt umquam qui inventi sunt fideles dispensatores58 tum sapientia, tum divitiis56. Propterea non fuerunt divitiae sacerdotum damnandae, sed nec iniquum erat exhortari homines ad largiendum, ad contribuendum, ad offerendum, quoniam haec omnia misericordiae serviunt. Dicere contrarium est damnare primitivam ecclesiam, et maxime Paulum59.
1 Cor 14 (6) (3) G 72 (26) (3)
Ad responsionem articulorum 4, 5, 660: Meminisse debuit pater Stephanus doctrinae Pauli, quod ne sacrae quidem litterae sine modestia61 docendae sunt. Modum accipit doctrina iuxta eiusdem sententiam ex tribus iustificationibus et moderantibus eam: primum, quod aedificet, non destruat62; secundum, quod exhortetur, non irritet; tertium, quod consoletur, non deiiciat. Neutrum in sua doctrina relucet. Multa vera locutus est, sed ad aedificationem, exhortationem et consolationem pauca, et utinam non nulla63. Ideo absque modestia evomuit etiam sacrosancta dei evangelia, praedicans evangelium contra evangelium64.
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Anspielung auf 1 Cor 41–2 und Lc 1242 (aus Lc ist die Wortstellung). Vgl 2 Cor 87ff 91ff. Siehe Anm 2, besonders Absatz 3. Vgl 2 Tim 225. Vgl 2 Cor 108 1310. Auf die Responsiones 34–40 geht JvS nicht, jedenfalls nicht erkennbar ein. Die Interrogatoria fragen: zu 35 (nach dem Begriff der „evangelischen Priester“, und dessen Kriterien: Weihe, Leben der Priester; nach der Verbindlichkeit von Konzilsbestimmungen (Text A 4, Z. 145–152). In 36 ist von den Mönchsgelübden und ihrer Verbindlichkeit gegenüber Gott sowie von der Priesterehe die Rede (Z. 154–156), sodann von Agricolas Bezeichnung der römischen Priester als „die Ölgötzen“ (Z. 46). In 39 wird nach der Exkommunikation gefragt (Z. 158 f.) und in 40 schließlich nach Luthers Lehre und Verurteilung (Z. 161–170) (siehe auch Anm 8, Absatz 3). Anklang an 2 Cor 114.
85 defecerunt] so Hs; GÄR: defuerunt 91 pater] p(ate)r Hs; GÄR: Presbyter
91 responsionem] responsione(m) Hs; GÄR: -nes 94 aedificet] edificat Hs; mit GÄR emendiert
96 Marg 10 Immodestiam notat; multa vera ab eo dicta esse, sed ad aedificationem et consolationem pauca.
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A 3. Replica procuratoris fiscalis [= Ulrich Ehinger] adversus fratrem Stephanum, quatenus iuridice procedendum sit, [Salzburg, vor 16. August 1523] Textvorlage: Konzept eines unbekannten Schreibers (der vom Procurator fiscalis konsequent in dritter Person spricht) mit eigenhändigen Korrekturen und Ergänzungen in blasserer Tinte (2o, 4 Bll.), KA, RA IV, II, 2, Bl. 1r–4v. Ursprünglich ohne Überschrift. Dorsalvermerk (4v) (von der Hand des Dr. Aegidius Rem): ’Replica p(ro)cur(ator)is fiscal(is) adv(er)s(u)s fr(atr)em Stephanu(m) quat(enu)s iuridice p(ro)cedend(um) sit’. Überschrift (1r) von sehr viel späterer Hand: ’1523. Replica procuratoris fiscaIis adversus fratrem Stephanum’, mit dem – unzutreffenden – erklärenden Zusatz: ’Dr. Eberhard Hiernheim’ (zu Hürnheim s. Sallaberger 1997, S. 18 Anm. 22 u. S. 174). Die Seitenzahlen der Ausgabe von DATTERER (XXXXVII−L) werden in ’[...]’ im Text mitgeführt. Offensichtliche Druckfehler wie ,da-’ statt ,demerita’ Z. 113 sind nicht in den textkritischen Apparat aufgenommen. Diejenigen seiner Fehler, die ohne textkritisches Interesse sind, werden dem zweiten Apparate-Block zugewiesen. Referat: HAUTHALER, S. 328 f. Zur Identifizierung des Procurator fiscalis siehe Text B 5. Rem an Lang, 29. April 1523, mit Sach-Anm. zu Z. 10. Zur Datierung: Von Hauthaler wird die REPLICA vor der CONSULTATIO eingeordnet. Die Einzelwörter, Wortfolgen, Satzteile und ganzen Sätze, die der Verf. aus der Consultatio übernimmt, beweisen indes eindeutig, dass ihm diese bereits vorlag. Im edierten Text sind sie unterstrichen und im Quellen-Apparat nachgewiesen.
(Replica procuratoris fiscalis adversus fratrem Stephanum, quatenus iuridice procedendum sit.)
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Ad convincendum reum, quod secte Luteriane sit immitator et contionatus sit publice in cancellis, que fidei catholice contraria sunt, detestatusque sit ceremoniales consuetudines laudabiliter a sancta matre ecclesia introductas, quodque se temere iudicem earum rerum, que ad iudicium universalis ecclesie et illius solam determinationem spectant, constituerit, ac quod etiam nonnulla heretica in concionibus et pretensis suis responsionibus disseruerit, sculpturasque ad similitudinem 1 Replica bis procedendum sit] Als Überschrift des edierten Textes ist der Wortlaut des Dorsalvermerks eingesetzt 3 contionatus] Lücke DAT 3 convincendum] ’zur Überführung’, vgl. Antwort (Text C), Z. 273 5 se] sese Cons. (Text A 2), Z. 5 6 temere] temeritatis Cons. Z. 3 6 iudicem] iudicem Cons. Z. 5 6 iudicium] iudicium Cons. Z. 5 6 universalis ecclesie] ecclesiae catholicae Cons. Z. 5 7 determinationem] determinationibus Cons. Z. 5 f. 8 responsionibus] Die – fast durchgängig durch das Epitheton pretensae abgewerteten – Responsiones sind ebensowenig wie die Articuli (siehe Z. 15), auf die sie antworten, erhalten. Vor allem dank der an die Öffentlichkeit geschmuggelten Antwort (Text C) lässt sich jedoch ein ziemlich klares Bild beider gewinnen. – Zum Verhältnis der Replica zu den übrigen in den Prozess-Akten erhaltenen Stücke, Supplicatio (Text A 1), Consultatio (Text A 2) und Interrogatoria (Text A 4), siehe die Gesamteinleitung.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
imaginum sanctorum sculptas seu pictas execratus sit et ludibria habuerit, necnon quod multa vana verba, quibus mediantibus fidelem populum a sacramento confessionis, oblationibus ad altare et defunctorum obsequiis, veluti Lutherus hactenus facere studuit, plerisque aliis bonis operibus retraxerit, quodque per suas scandalosas doctrinas multis cristifidelibus in opido Rettenberg et ceteris occasionem abstinendi a multis bonis operibus dederit, procurator fisci repetit pretensas rei responsiones ad articulos per fisci procuratorem reo obiectos datas, quid pro parte sua et contra reum faciunt seu quovis modo facere videntur. [1v] Ex quibus repetitur: Precipue ex responsione ad articulos xxvj et xxvij palam et publice constat, quod reus sibi iudicium et sacrorum canonum interpretationem – quod solum ad universalis ecclesie determinationem spectat –, quemadmodum Lutherus fecit, temere usurpavit. Qui quidem Lutherus non modo interpretationem sacrorum canonum sibi temere arrogavit, sed cum execratione libros sive codices de†...† descriptos seu impressos publice et ignominiose igni tradidit. Cuius vestigia reus in suis concionibus immitatus est, carpendo summorum pontificum et sanctorum patrum sanctionem. Preterea in responsione ad predictos articulos non est veritus asstruere, quod sancta mater ecclesia pro laude dei et defunctorum consolatione impias introduxerit consuetudines, aberrando in hoc a fide catholica, et – quod execrabilius est – in sua pretensa responsione ad prememoratos articulos non erubuit, heretica disserere, [XXXXVIII] dicit enim in responsione pretacta, quod offerre ad altare non sit obsequium dei, cuius contrarium verum est. [2r] Nam dicere oblaciones cristifidelium, que fiunt ad altare in vera fide, non esse obsequium dei, est hereticum eapropter, quia reus in sua pretacta responsione sine ulla formidine allegans verba Augustini, quibus pro sua parte hoc in loco inique utitur dicitque offerre ad altare non fore obsequium dei, de fide catholica male sentire deprehenditur. Interfuit etiam rei ut commonitoris simplices cristifideles in eorum simplicitate instruere et commonere, quo pacto se cum suis oblationibus deo gratificent, nec licuit reo sua interpretatione et immodesto sermone fideles ab oblationibus – veluti fecit – abstrahere.
9 necnon] Lücke DAT 13 ceteris] et cet. Konz. DAT 22 de†...†] des(u)p(er) Konz., de... DAT 23 carpendo] zuvor violando Konz. 28 pretensa] fehlt DAT 33 sua parte] ...pte DAT 13 Rettenberg] Retenberg DAT 15 pro] pro pro DAT 18 sibi] sit DAT 30 cuius] cum DAT 33 offerre] offerri DAT dicens DAT
29 dicit enim]
15 articulos] Siehe zu Z. 8. 26f. sancta mater ecclesia bis consuetudines] sanctam ecclesiam catholicam ... consuetudines Cons. Z. 13–15 27 aberrando in hoc a fide catholica] erroneum in fide catholica Cons. Z. 15 30f. Nam dicere bis hereticum] dicere enim ... haereticum est Cons. Z. 17 f. 32 eapropter] Cons. begründet den Häresievorwurf (Z. 18) im Gegensatz zur Replica nicht mit der unzutreffenden Berufung auf Augustin (Z. 16 f.), sondern mit der Nichtbeachtung der Worte Christi Mt 5,23 f. (Z. 29–39). 33 verba Augustini] Augustinum Cons. Z. 16 f. 33 inique utitur] trahens und inique Cons. Z. 16 f. 35 simplices cristifideles] simplices und in Christi fide Cons. Z. 28 f. 35 simplicitate] simplicitate Cons. Z. 26
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Text A 3. Replica procuratoris fiscalis
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Item dicit, quod concionator in suis concionibus debet esse temperatus et modestus, ab hiis quoque, que scandalum generant et potius in destructionem quam in edificationen cristifidelium tendunt, frequenter abstinere, cuius contrarium dictus reus exercuit. Nam inter alia in responsione per eum ad xxvij articulum data asserit, se quadam die animarum dixisse, dum panis et vinum ad altare offerrerentur: ,Essen [2v] die selen brot, so gesegne ins der teufel’. Ecce, quam indiscreta et scandalosa verborum effusio! Quis enim aliud ex huiusmodi responsione elicere potest, quam quod reus secte Lutheriane et erronearum suarum doctrinarum immitator existat et conatus fuerit, incondito suo sermone indeclinabili vulgo placere et eundem vulgum contra status ecclesiastici cultores concitare et in eorundem odium provocare. Item in responsione eiusdem rei ad xxviij articulum sibi obiectum asserit, se in concionibus effudisse, defunctos non luctu sive planctu, sed cum cantico Gaudeamus sepeliendos, quod ab evo non est auditum. Verum ex sacrosanctis prophetarum ceterorumque deo placentium scripturis descriptum reperitur, defunctos luctu et planctu et minime cum cantico Gaudeamus terre commendandos. Stante igitur predicta rei confessione manifestum est, quod reus exequias defunctorum oblationesque altaris non mediocriter reprehendit et fideles a laude divina non parum retraxerit. Illa enim omnia ex dicti rei confessione manifestissime eliciuntur. [3r] Quod autem reus missam abrogare, quantum in eo fuit, non postposuerit, constat ex responsione ad xxx articulum. Dicit enim, evangelium mille missis, ut impresentiarum celebrantur, anteferendum, constituens se iudicem secretorum et cordium celebrantium missas, quod quidem iudicium soli deo, qui est secretorum cognitor et discretor, competit. Ecce presumptionem tantilli hominis! Nonne plus quam liquide constat, reum ad misse abrogationem, volens evangelium mille missis anteferri, anhelasse? Si id est catholicum vel commendabile, iudicet quisque sane mentis et prudens! [XXXXIX] Ex responsionibus etiam prelibati rei ad xxx et xxxj articulos satis apparet, quod idem reus multos cristifideles a divina laude, missarum et exequiarun celebratione per suos inconditos sermones et verborurn effusionem in concionibus suis factam non parum abstinere fecerit quodque etiam ritus et consuetudines a sancta matre 43 offerrerentur] zu erwarten: offerrentur DAT 58 postposuerit] post...rit DAT 41 abstinere] abstruere DAT 53 scripturis] scriptorum DAT
44 selen brot] selenbrot DAT
57 retraxerit] retro...
44 gesegne] gesegnet DAT 47 incondito] in eodem DAT 55 reus] fehlt DAT 64 iudicet] indicet DAT
39f. modestus] modestia Cons. Z. 92 43f. panis bis teufel] Vgl. Antwort, Z. 173 f. 44 selen] ’Seele’ wird noch heute ein Gebäck genannt; zu Namen, Verbreitung, Form, Funktion und (volks)religiösem Hintergund vgl. Schwäb. Wb., Bd. 5 (1920), Sp. 1350 f.; Irene Krauß, Seelen, Brezeln, Hungerbrote. Brotgeschichte(n) aus Baden und Württemberg, Ostfildern 2007, S. 50 f.; Hermann Wax, Etymologie das Schwäbischen, 4. Aufl., hg. v. Kurt Widmaier und Wolfgang Schürle, o.O. 2011, S. 603 f. Für den Hinweis auf Wax Dank an Bernhard Wetzel, Saulgau-Braunenweiler. 47 indeclinabili bis placere] placere ... vulgo Cons. Z. 41 52f. sacrosanctis bis scripturis] sacrosanctis canonicis scripturis und prophetarum et omnium deo placentium Cons. Z. 45–47 54 planctu] planctu Cons. Z. 49. 54 cum cantico Gaudeamus] cum Gaudeamus Cons. Z. 49 f. 60 missis, ut impresentiarum celebrantur] Vgl. Antwort, Z. 159. 61f. iudicem und cordium bis cognitor] scrutator cordium und iudicaturus Cons. Z. 10 f.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
ecclesia introductas execratus sit. Appellavit enim effigiem sive figuram imaginis Cristi in die Ascensionis domini publice in cancellis ainen ,getzen’, [3v] secutus in hoc vestigia Lutheriana, qui non solum sculpturas ymaginum in ecclesiis diversis in locis collocatorum dehonestare seu ludibrio habere studuit, quinimmo easdem sculpturas igne cremari iussit, cuius criminis reus in concionibus suis per plerosque actus demonstrabiles se participem fecit. Preterea ex rei responsionc ad xxxij articulum patet, quod idem reus sacramentum confessionis abrogare conatus est. Dicit namque in suo responso, quod non sit confitendum ex timore sed iustitiae amore, non considerans, quod, licet timor non perficiat, est tamen quedam impulsio ad sapientiam que perficit, et quod per timorem lex ducit ad Cristum et per timorem litera trahit ad spiritum, et quemadmodum lex est necessaria ad evangelium, ita timor ad amorem. In summa satis constat, quod reus, quantum in eo fuit, non mediocriter anhelavit ad confessionis et ex consequenti ad cristiane religionis extinctionem. Cessante enim confessione cessabit religio cristifidelium, et quilibet operabitur pro sua voluptate et libidine, quod non est catolicum sentire. [4r] Insuper dicit procurator predictus, reum non minus errasse in responsione sua ad xxxiij articulum, ubi asseverare nititur, quod vicariatus Cristi in evangelisando et non in opibus consistat. Meminisse autem debuit, quod vicariatus Cristi non solum in evangelisando, verum etiam in miserando, hoc est in opibus consistere. Quoniam Ecclesiastes inquit, sapientiam cum divitiis utiliorem esse et videntibus solem prodesse, quoniam, quemadmodum sapientia protegit, sic et pecunia protegit. Tenentur siquidem, qui vices Cristi gerunt, evangelisare et misericordiam facere. Hinc est, quod reus erronee et scandalose in sua pretensa responsione asseverat, vicariatum Cristi solum in evangelisando consistere, cum etiam in opibus consistat, ut supra ostensum est. Item dicit, quod ex responsionibus rei ad xxxiiij, v et vi articulos luculenter apparet, quod idem reus multa inutilia ac ea magis in destructionem catholice religionis et cristifidelium, quam que ad edificationem et instructionem tetenderunt, suis in concionibus evomuit, non considerans, sacras literas cum modestia 71 domini] d(omi)ni Konz., dum DAT 77 Dicit namque] Lücke DAT 78 iustitiae] Lücke DAT 89f. consistere] nach quod zu erwarten consistat (wie Z. 88), consisterit (sic!) DAT 93 pretensa] pre... DAT 74 cuius] fehlt DAT 79 perficiat] proficiat DAT 88 opibus] operibus DAT 89 hoc est] hocce DAT 89 opibus] operibus DAT 94f. opibus] operibus DAT 96 dicit] dixit DAT 96 xxxiiij] xxxiij DAT 70f. Appellavit bis getzen] Vgl. Antwort, Z. 252 ff. 78 confitendum bis amore] Vgl. Antwort, Z. 194 f. 79 timor bis perficit] timor ... perficit Cons. Z. 64 f. 79f. per bis Cristum] per ... Christum Cons. Z. 67 f. 80 per bis spiritum] per ... spiritum Cons. Z. 68 80f. quemadmodum bis amorem] quemadmodum ... amorem Cons. Z. 70 f. 84f. pro sua voluptate] pro sua voluptate Cons. Z. 53. 87f. vicariatus Cristi bis non in opibus] vicariatum Christi ... opibus Cons. Z. 72 f. 88 Meminisse debuit] Meminisse debuit Cons. Z. 91. 89 vicariatus Cristi und in miserando] vicariatus Christi und in und miserando Cons. Z. 73 f. 90f. Ecclesiastes bis prodesse] in Ecclesiaste ... solem Cons. Z. 76 f. 91f. sapientia bis protegit] protegit sapientia ... protegit pecunia Cons. Z. 78. 97 multa] multa Cons. Z. 96. 98 ad edificationem] ad aedificationem Cons. Z. 97. 99 evomuit] evomuit Cons. Z. 98. 99–100 sacras bis docendas] sacrae ... docendae Cons. Z. 92 f.
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Text A 3. Replica procuratoris fiscalis 100
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docendas, ac concionatoris officium fore, sua doctrina edificare non destruere, exhortari non irritare cristifideles, consolari non deiicere. Quod autem reus hunc modum minime servaverit et [L] longe plus suo intemperato sermone offenderit et cristifideles multo plus irritaverit, quam quod ad bona opera eosdem fideles adhortatus sit, pretense circumscripte et fucate responsiones id plene et luculenter demonstrant. Et – quod horribilius est – suo perversa doctrina immodeste effusa plures a divina laude et bonis operibus abstinere fecit vel saltem ad id, ut ex responsionibus rei apparet, non modicam occasionem dedit, quod sibi facere minime licuit. [4v] Quare constituto de premissis, quantum sufficit, petit procurator fisci, reum tanquam talem, qui seductorias, falsas, vanas et vetidas doctrinas disseruit et predicavit ac qui secte Lutheriane multipliciter adhesit et sacrorum patrum decreta sua presumtione et temeritate diiudicare sive limitare ac nonnulla heretica seminare ausus est, iuxta sua demerita puniri, arceri et penis condignis affligi, necnon ad revocationem premissorum compelli atque cogi, vel saltem ut pure et sine ulla circumscriptione, quod in premissis obiectionibus sentiat, respondeat, ipsi reo iniungi et tandem declarata mente ipsius rei ipsi procuratori, quod iustum fuerit, decerni et declarari, officium commissariorum in hiis humiliter implorando. Salvo iure addendi etc. Hec descripta sunt fratri transmittenda, ut super illis se excuset aut, quid in premissis sentiat, sine omni circumscriptione scriptis sua manu exaratis committat atque transmittat. Visa responsione sive scriptura fratris, postea cogitandum erit, an benigna vel rigorosa via ad ulteriora contra eundem sit procedendum. Reverendissimus dominus cardinalis faciat edi literas suo sub secreto, et includantur premissa cum iniunctione, ut prenarratum est.
101 deiicere] de... DAT 104 pretense] Konj. (vgl. Z. 8, 14 u. oft), presense Konz. DAT 109 constituto] Konjektur, constito(?) DAT 118 addendi] add. Konz., ad. DAT 118 etc. fehlt DAT 124 iniunctione] in...ctione DAT 115 sentiat] fehlt DAT
119 Hec] Hic DAT
121 sive] sine DAT
104 circumscripte] ’weitschweifigen’ 115 sine ulla circumscriptione] ’ohne Umschweif’ 118 Salvo bis etc.] Zu ergänzen: Salvo iure addendi, augendi, corrigendi, minuendi, renunciandi, vel quidquid alias actori consultum videbitur o. ä. Für Rat bei Auflösung der Klausel ist Hermann Weber, Frankfurt, zu danken und Ulrich Bubenheimer, Reutlingen 120 sine omni circumscriptione] ’ohne Umschweif’ 100 doctrina] doctrina Cons. Z. 93. 100f. edificare bis deiicere] aedificet ... deiiciat Cons. Z. 94–96. 112 presumtione et temeritate] praesumptionem et temeritatem Cons. Z. 57.
A 4. [Dr. Ägidius Rem und Dr. Eberhard Englmar], Interrogatoria contra fratrem Stephanum Kastenpawr, [Salzburg], November [1523] Textvorlage: Schreiber-Reinschrift (2o, 6 Bll., 6v leer), KA, RA IV, II, 4, Bl. 1v–6r. Überschrift (Bl. 1r) von anderer zeitgenössischer Hand: ’Interrogatoria c(ontr)a fr(atr)em Stephanum Kastenpawr in Nove(m)bri’; darüber von wiederum anderer zeitgenössischer Hand: ’1524’. Auf dem Rücken der Hs.: ’[15]23’; danach auch Hauthalers korrigierender Zusatz zur Überschrift: „1523 Nov.“. Acht Marginalien, die einzelne Aussagen aus dem Text hervorheben, in der Art und von derselben Hand wie bei der CONSULTATIO, anscheinend derjenigen, von der auch die Überschrift stammt. Die Verfasserschaft von Rem und Englmar geht aus einer Marginalie in dem Memorial der Sitzung des bischöflichen Rates vom 26. August 1523 (RA II, Nr. 19, 19a und 20, hier Nr. 20, Bl. 1v) (Text B 8, Z. 6) hervor; vgl. die Gesamteinleitung bei und mit Anm. 66–70. Zur Person des Dr. Ägidius Rem und der des Dr. Eberhard Englmar siehe BAYR 1990, S. 59–61 bzw. 48 f.; SALLABERGER 1997, S. 181–184, 411–414 bzw. 191. Referat: HAUTHALER, S. 330 f. (irreführend: „das zweite Gutachten“).
[1r]
Interrogatoria contra fratrem Stephanum Kastenpawr, in Novembri.
[1v] Heretici puniendi sunt, immo extirpendi, ni resipuerint. Quoniam longe convenientius ovibus providetur quam lupo, ad quarum omnino pernitiem heretici conservantur. Luthero adherentes heretici atque scismatici censendi sunt teste bulla pontificis maximi, edicto cesaree maiestatis. Qui in uno articulo heresis deprehenditur, hereticus censetur. Iste in multis articulis deprehensus. Hoc constat evidentia facti, fama publica, testibus omni exceptione maioribus, ac propria confessione, saltem implicite, ut patebit ipsum examinando cum effectu. Unde hanc doctrinam acceperint? Qui eorum authores? Ubi hec didicerint? Sacras literas ostendant. Si se reputent sufficientes ad reddendum rationem fidei eorum ac spei iuxta dictum Petri? 1 Interrogatoria bis Novembri] Zur Überschrift vgl. den Vorspann 8 Iste] Gemeint: frater Stephanus Z. 1. 9 omni bis maioribus] ’über allen Zweifel erhaben’ 11 acceperint] und die folgenden Plurale nehmen Haeretici Z. 2 wieder auf; mindestens ein solcher aus dem einleitend allgemeinen in den speziell Agricola betreffenden Teil verirrter Plural ist impugnent (Z. 32), vielleicht auch emiserint (Z. 98) 5 Bannandrohungsbulle ›Exsurge Domine‹ und Bannbulle ›Decet Romanum Pontificem‹ (wie zu Antwort [Text C], Z. 13.) 6 Wormser Edikt (wie zu Antwort, Z. 13). 9 fama publica] Vgl. Antwort, Z. 88 (gemain geschrai). 9 omni bis maioribus] Vgl. e contrario Antwort, Z. 99 f. 13 dictum Petri] 1 Petr 3,15.
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Text A 4. Interrogatoria
[2r] 15
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Super articulis Fratri Stephano Agricola dudum obiectis et responsionibus eiusdem interrogatoria specialia.
Super 1., 2., 3. articulis Cur totiens inculcat ,dummodo contra pietatem’, ,contra evangelium’ et huiusmodi ’non sint’, que precipiunt superiores? Ostendat, ubi ubi id egerint pontifices maximi. Superiores in christiana religione, num ex evangelica institutione sint an sola humana? An omnium christianorum equalis authoritas cum pontifice maximo? An omnium presbyterorum cum episcopis equalis sit potestas? An superior ut papa aut episcopus in foro conscientie ligare possint precipiendo ea, que expressa non sunt in sacris literis, nec tamen contraria divine legi, puta de ieiunio, abstinentia cibi et huiusmodi, certo tempore confitendi ac percipiendi sacramentum eucharistie. Similiter de aliis superioribus respectu suorum subditorum. Potestas secularis, an teneatur defensare iuxta dei mandatum spiritualem potestatem et econtra iuxta possibilitatem cuiuslibet? [2v] Interrogatoria super 4., 5., 29., 32. articulis, in quibus agitur de ritu ac consuetudine in ecclesia diu observatis. Cur tantopere impugnent hoc ipsi i†...†is maxime ad devotionem conducentes in ecclesia dei? Notorium est vulgum maxime per hec spiritualia trahi in deum longe magis, quam si sine hiis vivendum esset. Maxime cum, quamdiu in hoc corpore peregrinandum est, in speculo atque enigmate videnda sunt divina.
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Super 10. articulo. An, quidquid bona intentione in ecclesia fiat pro vivis et defunctis, meritorium sit? Queritur prius, an opus detur bonum. An in quolibet opere iustus peccet, ita ut et S. Petrus in sua morte?
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Super 14., 36. articulis. Num detur sacerdotium extrinsecus in novo testamento preter Christi sacerdotium? Que sit illa prescripta apostolorum forma sacerdotibus, an ille ––– ? Quid illud sacerdotium verum et sincerum? An omnes baptisati sint sacerdotes? 15 specialia] spectantia HAUTH. 330 Anm. 2 ritus et consuetudines
32 impugnent] Am Rand von 2. Hand: Impugnabat
17 contra pietatem] Vgl. Antwort, Z. 26 f. (wider den rechten gottesdienst). 17 contra evangelium] Vgl. Antwort, Z. 20 (wider das evangeli und gottes wort). 17 huiusmodi] Vgl. Antwort, Z. 23 (wider gott); vgl. ferner Antwort, Z. 33 f. (dem wort gottes wider), 150 f. (der eer gottes wider), 169 f. (wider ... gottes eer), 198 f. (wider gottes wort), 199 f. (wider die lieb gottes), 200 f. (priesterlichem standt ... wider), 282 f. (gottes eer wider und dem wort gottes). 28f. Potestas secularis bis econtra] Vgl. e contrario Antwort, Z. 24 f. (doch mit underschaid ...). 28 dei mandatum] Gemeint? 36 speculo bis videnda] Vgl. 1 Cor 13, 12. 40 in bis peccet] Vgl. Luther, Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute (1518), concl. 2 (WA 2, 410–421, bes. 416); Assertio omnium articulorum per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (1520), art. 31 (WA 7, 136–138) und art. 32 (WA 7, 138 f.). 45 omnes bis sacerdotes] Vgl. Luther, An den christlichen Adel (WA 6, 407, Z. 11 f.).
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
An Romani presbyteri dicantur die ,öll götzen’ zu dem teuschen? [3r] An fictitium in ecclesia dei sacerdotium Romane ecclesie finem accipiet in vindicando sibi libertatem sacerdotii? An ordo susceptus sacramentum Christi sit ac ecclesie ex Christi institutione et discipulorum Christi? An bonum sit fieri sacerdotem iuxta ritum Romane ecclesie, ceteris paribus, id est cum bona intentione, bono modo, aut peius sit sacerdotem esse iuxta Romane ritum ecclesie quam ––– ? An bonum sibi visum, quod sacerdotes pene omnes ecclesie, item monasteria, fratres, sorores aut eiiciantur, expellantur seu interficiantur? An satis arbitretur in unaquaque civitate unam ecclesiam sufficere, seu etiam in uno miliari, cetera vero omnia ruinare? Super 18., 19., 20., 21., 22. articulis. Poterat informari debite, si quesivisset, cum ubique locorum id esset divulgatum, maxime cum Iacobus Spitzgaist ex Hall esset depulsus ob hoc. Super 25., 26. articulis. Ex effectu seu fructu deprehendi potest id ipsum fecisse, cum ante huiusce sermones longe aliter populus senserit, atque inpresentiarum et post suos sermones cum effectu sentire videtur. Super 27. articulo. Ex effectu patere potest. Testes quoque plures sint. [3v] Queratur, si purgatorium esse credat idque sacris literis probari possit? Suffragia mortuis prodesse possint? An minus beatificabuntur, qui aliorum suffragiis quam propria satisfactione dei iusticie satisfecerint? Purgatorium quid esse credat? Que illic pena? An in purgatorio credat animas adhuc posse mereri aut extra meriti statum esse? Super 26. articulo. Nunquam reiecit decreta patrum, nisi quantum adversentur divinis preceptis et in destructionem, non in edificationem tendunt. Quid hoc aliud dictum, quam quod sancti patres ac optimi pontifices et cesares in destructionem ecclesie mandarunt? Dicat, ubi id fecerint. Posito, quod aliqui id fecissent, num ob id reiicienda sancte matris ecclesie precepta, observationes pie, consuetudines non difformes a sacris literis? Hic virus maximum latet. 46 presbyteri] Am Rand von 2. Hand: Contumeliose de sacerdotio loquutus 62f. sermones] Am Rand von 2. Hand: post huius sermones longe aliter populus sentit 74 decreta] Am Rand von 2. Hand: Verba Agricolae de erroneis decretis 46 zu dem teuschen] ’auf deutsch’ 57 in uno miliari] ’im Umkreis einer Meile’, wörtl. ’eines Meilensteins’ 57 ruinare] ’abzureißen’ 63 aliter und atque] ’anders ... als’ 63 inpresentiarum] ’jetzt’, ’heuzutage’ 46 öll götzen] Luther (wie vorhin) (WA 6, 408, Z. 21). 59 si quesivisset] Vgl. e contrario Antwort,o Z. 50 (wenig nachgefragt). 59 ubique und divulgatum] Vgl. e contrario Antwort, 60 Iacobus Spitzgaist] Jakob Strauß; zur Sache siehe Z. 48 (zu Rotemberg ... nie verkünd). HAUTHALER, S. 323 f. 74 Nunquam bis patrum] Vgl. Antwort, Z. 198 (Gaistliche ... verworffen). 75 edificationem] Anspielung auf 1 Cor 14,3.
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Quid quod tot sancti patres defunctorum memorias commendarunt, laudarunt, approbarunt? Patet de S. Augustino ac Gregorio reliquisque pene omnibus. Super 28. articulo. [4r] Quanta immodestia verborum: ,Tausent teufel namen’. Ad quid hec immodestia, nisi ad summam populi subversionem? ,Dorfbeyrer’. Num hec modestia? Quis unquam dixit animabus hec cedere in cibum aut potum in ecclesia Romana? Ostendat autores. Quodsi quis ignorans huiusmodi dixisset, non erat coram populi multitudine contra nitendum. Pietatem vero quam hec non inminuant, plane constat. Que enim maior pietas quam animabus auxilio esse, quarum miseria longe maior quam cuiusvis hominis in terra positi. Item nec pauperibus omnia ob hoc abstrahuntur. Immo plures elemosine ob animarum liberationem tribuuntur teste nunc experientia, quam cessent elemosine per huiusmodi doctrinas. Nam nescio quid natura docebat pietatis ob parentum animas liberandas exercendum. Contra omnem ecclesie ritum, que mortuos, de quibus non constet statim celos petisse, plangendos docet nec cum gaudio transmittendos, †quis ei dicet, ut ex doctrina aut aliorum tales emiserint†. Item quid ille †no.† contemptus ritus ecclesie? Nihil sane nisi ad deridenda omnia antecessorum nostrorum. Super 30. articulo. Evangelium melius esse mille missis illis, ut modo habentur. An missa atque evangelium differant? Et in quibus, cum utrumque non nisi remissionem peccatorum, collationem gratie ac vite eterne tribuat, ob idque utrumque observetur [4v] datumque a Christo servatore, ut verum dicamus missa totum evangelium comprehendat. Item quid sibi velint hec verba ,ut modo habetur’? An id ad celebrantes missam, an ad oblationem, an ad modum celebrandi referat? Item an missam credat sacrificium pro peccatis vivorum aut testamentum solum? An et pro peccatis mortuorum, qui in purgatorio sunt? Item an solis sacerdotibus consecratis liceat celebrare missam? Item an canonem misse secundum Romane ecclesie ritum hactenus observatum credat bene institutum? An credat animas in purgatorio nescire, que hic pro eis per modum suffragiorum fiunt? 84 immodestia] Am Rand von 2. Hand: Immodestia in loquendo ad subversionem populi 98 quis bis emiserint] Sinn? 99 no.] vielleicht novus 102 missis] Am Rand von 2. Hand: Verba Agricolae in missarum contumeliam 85 Dorfbeyrer] Zur Bedeutung siehe zu Antwort, Z. 207; die Schreibung dorfleyrer in JvS 5, S. 98, Anm. 31 ist entsprechend zu korrigieren 82 S. Augustino] Siehe Cons. (Text A 2), Anm. 14 gegen Ende. 82 Gregorio] Gemeint sind die sog. Gregorianischen Messen, die auf Gregor d. Gr., Dialogi 4, 55 (PL 27, 420) zurückgehen; s. LThK 3, Bd. 4 (1995), Sp. 1030. 84 teufel] Vgl. Antwort, Z. 180. 85 Dorfbeyrer] Vgl. Antwort, Z. 207 (dorffpeirer). 86 cibum aut potum] Vgl. Antwort, Z. 173 (wein und brot). 89 pietas] Vgl. Cons., Z. 7 (vera pietas). 92 pauperibus] Vgl. Antwort, Z. 175 (armen leutten); Z. 181 (vil armer leut). 97 gaudio] Vgl. e contrario Antwort, Z. 167 f. 102 mille missis bis habentur] Vgl. Replica (Text A 3), Z. 58. 109 testamentum] Lc 22,20; 1 Cor 11,25; vgl. Mt 26,28; Mc 14,24; testimonium in JvS 5, S. 100, Anm. 43 am Schluss entsprechend zu korrigieren.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
〈Super 31. articulo.〉 An omnes imagines abolende? Ex quo Christi imago ,ain götz’ quam contumeliosissime ab eo appellata. Que ratio tam contumeliose appellationis? Num non spiritualia in universo orbe signa sunt sapientie, scientie et omnipotentie dei? Cur hec imagines non possint esse signa mirandorum dei operum in se ac sanctis suis, que et nos admonent ad imitandum opera Christi ac sanctorum non minus quam sacre litere, que et ipse spirituales sunt? Super 32. articulo. De sacramentis, quot sint divinitus instituta? [5r] Quid requiratur proprie ad sacramentum novi testamenti? Quid operetur in homine? An absque eis salus esse possit? De sacramento penitentie in specie, quid sit? Partes eius an omnes necessarie ad salutem post peccatum, scilicet contritio, confessio, satisfactio? An vero sola fides sufficiat? Ecclesia 〈an〉 iuste egerit precipiendo, ut tali tempore anni semel quis confiteatur in ecclesia, capitulo Omnis utriusque? An ei obediendum de necessitate salutis? Super 33. articulo. Quid per hec verba Christus tradiderit Petro: Tu es Petrus, et super hanc petram etc. Quicquid ligaveris super terram, erit ligatum in celis, et quod solveris super terram, erit solutum et in celis. Et porte inferi non prevalebunt adversus eam. Ego rogavi pro te, Petre, ut non deficiat fides tua. Pasce oves meas. Pasce agnos meos. Iam eris homines capiens. Quid, inquam, per hec verba Petro Christus donaverit? An divino iure Petrus caput sit ecclesie militantis constitutus? An successores Petri legittime succedentes itidem? An divitie temporales pia devotione ecclesie condonate diminuant authoritatem Petro et successoribus datam? An super animas in purgatorio existentes, ex quo membra sunt ecclesie non triumphantis, potestatem habeat pontifex maximus? Super 35. articulo. [5v] Quid per evangelicos sacerdotes intellexerit? Quid illic velit excipi, an consecrationem, an vitam sacerdotum, an celebrandi ritum? De concilio legittime congregato quid sentiat? De modo legittime concilium celebrando quid sentiat? Qui debeant interesse, qui vocem authoritatum habere? De determinatis a conciliis in rebus fidei usque in hunc diem quid sentiat? An vera an falsa? 117 götz] Am Rand von 2. Hand: Imagines ab eo idola appellatae celebrandi
148 celebrando] Zu erwarten:
145 excipi] ’verstanden werden’ 117 götz] Vgl. Antwort, Z. 261. 125 novi testamenti] Mt 26,28; Mc 14,24; vgl. Lc 22,20; 1 Cor 11,25. 131 Omnis utriusque] Vgl. Antwort, Z. 281; gemeint ist 4. Lateran-Konzil (1215), cap. 21 ›Omnis utriusque sexus‹ (DH 812) = Corpus Iuris Canonici, Extra (Decretalia Gregorii IX.), lib. 5, tit. 38, cap. 12 (Friedb. 2, Sp. 887 f.). 133 Tu bis etc] Mt 16, 18a. 134f. Quicquid bis et in celis] Vgl. Mt 16, 19b. 135 Et porte bis eam] Mt 16, 18b. 136 Ego bis tua] Lc 22, 32. 136 Pasce oves] Io 21, 17c. 136 Pasce agnos] Io 21, 15c. 16c. 137 Iam bis capiens] Lc 5, 10.
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An errare possit in rebus fidei? Quantum se extendat authoritas concilii? Super 36. articulo. De votis monasticis quid sentiat? An ligent coram deo? De matrimonio sacerdotum, qui hactenus contraxerunt quique deinceps absque dispensatione pontificis contrahent, quid sentiat? Super 39. articulo. Excommunicatio quid apud ipsum importet? Quando timenda sit? Pro qua causa iuste ferenda sit? Quid excludat excommunicatio secundum excommunicatum? Super 40. articulo. Quid de Lutheri doctrina sentiat? An iuste condemnata? Cur affirmet quemlibet teneri ad doctrinam Lutheri, ubi sibi videatur Lutherum sacris literis bene usum? Quis enim ei dedit potestatem iudicandi? [6r] Ubi videlicet legittime ipse utatur sacris literis, maxime post condemnationem pontificis maximi ut capitis sancte dei ecclesie cum consistorio universali, christianissimi cesaris Caroli, tot principum statuumque imperii, item post tot universitatum publicarum condemnationem manifestam, puta Parisiensem, Coloniensem, Lovaniensem, Ingolstadiensem, post denique tot tantorumque mendaciorum manifestam deprehensionem. Num non tota doctrina sua merito suspecta haberi debet? Extraordinaria in impresso libello ponit, quod nemo debet esse iudex ipsius in sacra scriptura, nec velit audire quenquam nisi convictus per sacras literas. Que sunt sacre litere? Qui libri? Quis authoritatem dat eis de tali censura? Quomodo iudicabit sacra scriptura tacens? Quid, si secundum verba non concordet? 162 Lutheri] Am Rand von 2. Hand: Videtur Agricola Lutherum laudasse 159 secundum excommunicatum] ’beim Exkommunizierten’ außerhalb der Articuli
171 Extraordinaria] gemeint:
154 votis monasticis] Vgl. Antwort, Z. 303 (weich der münich). 162 affirmet bis usum] Vgl. Antwort, Z. 50–52, Z. 116–119, Z. 224–227. 165 pontificis] Siehe zu Z. 5. 166 Caroli] Siehe zu Z. 6. 167 Parisiensem] Titel des Originaldrucks (WA 8, 258): Determinatio theologice¸ facultatis Parigiensis guper doctrina Lutheriana hactenus per eam viga. [Paris, Iodocus Badius] Ascensius, [1521]; Text der Determinatio, inseriert in Luthers Übersetzung: WA 8, S. 268–290; lat. Text: Du Plessis d’Argentre´, Collectio Iudiciorum de novis erroribus, tom. 1 (1728), S. 365–374 mit tom. 2 (1728), S. ii-iiii. 167f. Coloniensem] Titel des Originaldrucks der Kölner zusammen mit der Löwener Condemnatio (WA 6, 171): Epistola Rmi. Dni. card. Dertusen. ad facultatem theologiae Lovaniensem. Eiusdem facultatis doctrinalis condemnatio, qua condemnatur doctrina Martini Lutheri, doctoris theologiae universitatis Wittenbergn. Condemnatio facultatis theologie Colonien. adversus eiusdem Martini doctrinam. [Impressum:] Excusum Lovanii apud Theodoricum Martinum Alostensem. An. MDXX. Mens. februarii; Text der Kölner Condemnatio: WA 6, S. 178–180; Du Plessis, tom. 1, S. 358–359. 168 Lovaniensem] Titel des Originaldrucks der Löwener Condemnatio (wie vorhin); Text der Löwener Condemnatio: WA 6, S. 175–178; Du Plessis, tom. 1, S. 359–361. 168 Ingolstadiensem] Titel des Originaldrucks (WA 15, S. 98/99; VD 16, I 193; H. J. Köhler, Bibliogr. Nr. 1754): INGOLSTADII XI. A prilis anni pre¸gentis vicegimiquarti pu blica digputatione per Sacre¸ theologie¸ profeggores, examinabuntur. SEPTENdecim articuli per M. Ar= gatium Seehouer nuper reuocati. CENtum Conclugiones per D. Leo= nardum Margtaller [...]. SEPTVaginta quin(que) Aggertiones per D. Nicolaum Apell [...] [Impressum:] Ingolstadt, Andreas Lutz, 1524; Text der Ingolstädter Theologen, inseriert in Luthers Entgegnung ’Wider das blind und toll Verdamniß der giebenzehn Artikel von der elenden gchändlichen Univergität zu Ingolgtadt ausgangen’: WA 15, S. 112–125. 171 impresso libello] Gemeint Antwort. 172 Nemo bis scriptura] Antwort, Z. 321. 172 nisi convictus] Antwort, Z. 292 f., Z. 320.
A 5. Dr. Nikolaus Ribeisen an FEbf. Matthäus Lang, Mühldorf, 2. Januar 1524 (1. Brief). Fürbitte für Agricola Textvorlage: Autograph (2o, 1 Bl.), KA, RA IV, II, 5 (1. Brief), Bl. 1r-v Ohne Überschrift. Ohne Vermerk. Rechter Papier-Rand gestaucht, Schrift im Original gleichwohl bis auf wenige Ausnahmen lesbar; ergänzte Lesungen in 〈...〉. Zur Person des Dr. Nikolaus Ribeisen siehe BAYR 1990, S. 61–65; SALLABERGER 1997, S. 184–189. Referat: HAUTHALER, S. 341 Nr. 16.
[1r] Hochwirdigster furst, genedigister herr. Nach erbiettung meiner undertenigen schuldigen dienst fueg ich e. f. g. genediglich zu vernemmen, das an gestern, als ich ungewitters halben und auß ursachen, das die bech, und nemlich die Ysen, vast angeloffen gewesen, hir zu Muldorff verharren müssen, brueder Stephan, der gefangen prediger von Rottenburg, durch den, so inen verwart und ime das essen reicht, mein ankunfft erfaren, wievoll ausserhalb meins wissens oder befelchs, und alsbald vast bidlich begert hat, mit dem Hirsawer so vil zu handlen, damit derselb mich erbitt, zu ime zu kommen. Das also beschehen, dan ich ime und dem Hirsawer, wiewoll ich ewer f. g. vorwissen dorin nit gehabt, solch bidt nit verzeihen mügen. Und als ich zu ime in die gefencknies kumen, het er in beywesen bemeltes Hirsawers sein herte und langwirige fencknies mit weynenden augen kleglich geklagt und beweint und mich um gots willen hoch ermant und flelich angerufft und gebetten, bey e. f. g. sein trewer furbitter zu sein, da〈ß〉 dieselb umb gots willen sich uber inen erbarmen und inen seiner gefangknies genediglich erledigen well, oder, wo das ye nit gesein müg, so beger er doch entschafft des rechtens, er gelt ime gleich leib und leben. Dan, wo er geyrt haben soll, well er dasselb, wan ime einicher grundt der heiligen schrift darumb angezeigt werd, geren widderruffen und daneben die straff, so ime e. f. g. darumb aufflegen mug, gedult〈ig〉lich tragen.
16 er vor gelt] zu erwarten: es 4 u. ö. vast] ’sehr’ 9 dan] ’denn’ 10 verzeihen] ’versagen’, ’abschlagen’ 10 mügen] ’können’ 15 erledigen] ’(aus ...) freilassen’ 16 müg] ’könne’ 16 entschafft des rechtens] ’eine gerichtliche Entscheidung’ 17 Dan] ’Denn’ 4 die Ysen] Die Isen, linker Nebenfluss des Inns, bei Mühldorf etwa 6 km nördlich parallel zu diesem verlaufend. 4 angeloffen] Ausführlich über das Hochwasser der Isen Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524 (Text A 8, Z. 7–11). 5 brueder Stephan bis Rottenburg] Stephan Agricola bekam laut Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (2. Brief) (Text A 6, Z. 94–98 u. 106–108) diesen Fürbitt-Brief (A 5) zu lesen. 6 den bis reicht] Peter Weidacher; siehe Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524 (Text A 8, Z. 13–24).
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Genedigister fürst und herr. Dweil er den zu e. f. g. umb barmhertzigkait schreit und rufft und solch barmhertzigkait und gnad der strenge des rechtens fursetzt, sich auch, wie er sich vernemen leßt, e. f. g. barmhertzickait und guette, wie lang inen die vangklich halten lassen, nie gantz verziegen, so hat auch unser herr und seligmacher die barmherzickait gebotten und geprißt, und dweil dannoch solich vangknis lang gewert und woll ein zimlich straff geacht werden ma〈g〉, wiewoll ich ungezweifelt bin, er mocht ein merere verdient haben, u〈nd〉 nemlich hett e. f. g. inen so lang nit fenglich gehalten, wo 〈sie〉 nit befunden, das ers groblich verschult, als ich den zu mermalen vernommen, ime auch solichs unangezeigt nit gelassen – dagegen er sich aber dannoch allwegen entschuldigt –, und so ich ime dan auch zugesagt hab, inen seiner bidt zu geweren, so ist demnach an e. f. g. mein undertenigist hochfleissig bidt, die gerueth, sich genediglich uber inen zu erbarmen und inen seiner gefencknies mit einer †〈...〉†ligen urfed und andrer geburlicher verbindung zu erledigen, die er zu thon †〈...〉†, und alles, so ime e. f. g. aufflegen wirdet, das er an verletzung seiner gewissen thon mag, gedultiglich und mit undertenigem danck [1v] zu tragen und anzunemmen und got dem almechtigen ewiglich umb e. f. g. zu bitten, auch derselben und iren reten darumb allzeit er und guets zu verjehen sich erbeut. Hierauff will ich mich undertenigister hoffnung trostlich versehen, dieselb e. f. g. werd die furbedt, so vormals durch mein genedigist fraw, die ertzherzogin und andere für inen beschehen, sampt dieser meiner undertenigisten bidt genediglich behertzigen und inen derselben geniessen lassen und genediglich befolhen haben. Das will ich mit meinem andechtigen gebet gegen got dem almechtigen und sonst, wie mir ymmer müglich, umb e. f. g. zu verdienen allzeit geflissen sein. Thue mich derselben hiemiet gantz underteniglich befelhen. Datum Muldorff, 2a Januarii 1524. E. f. g. undertenigister diener N(icolaus) Ribeysen
29 dagegen bis entschuldigt] vom Rand eingewiesen 37 sich erbeut] vom Rand eingewiesen 39 mein genedigist] vom Rand eingewiesen 44 Muldorff] zuvor Salzburg Autogr. 20 den] ’denn’ (= ’also’) 23 verziegen] ’versagt’ 24 geprißt] ’gepriesen’ 25 mag] ’kann’ 28 als] ’wie’ 28 den] ’denn’ (= ’denn auch’) 31 gerueth] ’geruhet’ 32f. verbindung] ’Verpflichtung’ 33 zu erledigen] ’(aus ...) freizulassen’ 36 er] ’Ehre’ 37 verjehen] ’bekennen’, ’erklären’ 24 unser herr bis geprißt] Vgl. Mt 5,7. 39 furbedt bis die erzherzogin] Diese Fürbitte der Erzherzogin Anna (1503–1547), Gemahlin des Ehz.s Ferdinand, ist nicht erhalten. – Lang, der, noch (bis 1519) im Dienste Ks. Maximilians, 1515 das Doppelverlöbnis der Kinder des Jagiellonen Vladislav, Kg.s von Böhmen und Ungarn, Anna und Ludwig (1526 gefallen in Mohacs) mit den Habsburgern Ferdinand und Maria zustandegebracht hatte, hatte als FEbf. Anna mit Ferdinand 1521 in Linz vermählt.
A 6. Dr. Nikolaus Ribeisen an FEbf. Matthäus Lang, Mühldorf, 2. Januar 1524 (2. Brief) Textvorlage: Autograph (2o, 3 Bl.), KA, RA IV, II, 5 (2. Brief), Bl. 1r–3r. Anschrift von Verfasserhand (Bl. 3v): ’Dem hochwirdigisten fürsten meinem genedigisten herrn, Cardinall und Erzbischowen zu Salzburg etc. zu handen’. Darunter Eingangsvermerk von anderer früher Hand, wohl der des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung: ’Münch zu Muldorff. 5 Januarii 1524’. Einige wenige Marginalien von derselben frühen Hand (zu Z. 74, 77, 102, 120, 127, 132 und 134), die einzelne Aussagen aus dem Text hervorheben. Referat mit ausführlichen Zitaten: HAUTHALER, S. 338–341.
[1r] Dem hochwirdigisten fürsten, meinem genedigisten herrn, cardinall und erzbischowen zu Salzburg. Hochwirdigister furst, genedigister herr. Als ich vorgestern zu nacht gen Muldorff kommen, hab ich mein nachfragen, doch gantz unverdechtlich, des Münchs halben gehebt und befunden, das niemants zu ime kein zugang gehaben mag den der, so in dem pfleghoff wont. Es ist auch der Hirsawer in iiij wochen, das ist von der zeit, als er inen in diese new gefengnies gethon, zu ime nye kummen. Darumb so ich das verstanden, hab ich lawt e. f. g. befelch an gestern hie biß nach dem morgen mall verzogen. Und dwil sich on das zutragen hat, das ich uber die Ysen gewassers halben nit kummen mügen, hab ich mit dem Hirsawer von sachen geredt, wie es dem Münch gang und ob er rett, das ich zu ime gang, doch müßt solchs von dem Munch an mich gelangen, dan sonst wer mir das von e. f. g. verbotten. Also hielt ers für gewiß, so der im pfleghoff dem Münch mein ankunft anzaigen, er würd mein begeren, und befalch darauff demselben, so er ime zu dem abent das essen reichen würd, solt er vergebenlich sagen, ich wer hewt hie gewesen, und nit weitters etc. Das den derselb, so inen verwart, gethon. Und alsbald het der Münch gefragt, ob er nichts gehort, ob ich einichen befelch seinen halben hab. Darauff der geantwort, er hab nichts davon verstanden, er acht auch, mir sey deßhalben nichts befolhen, sunder er vermein, ich soll gen Nurmberg reitten und ich hab vast dohin geeylt und nur zu dem morgen mall wegreitten wollen. Er wies auch nit, ob ich
1f. Dem bis Salzburg] Überschrift aus der Anschrift 5 den] ’denn’ (= ’als’) 9 gewassers] ’Hochwassers’ ’denn’ 15 vergebenlich] ’zufällig’, ’von ungefähr’ 18 verstanden] ’erfahren’, ’gehört’ 19 u. ö. vast] ’sehr’
11 rett] ’rät’, ’rate’ 12 dan] 16 den] ’denn’ (= ’dann’)
3 vorgestern] Am 31. Dez. 1523. 5f. der bis wont] Peter Weidacher; siehe Text A 5, SachAnm. 6. 8 gestern] Am 1. Jan. 1524. 9 die Ysen] Siehe Text A 5, Sach-Anm. 4. 10 gewassers] Siehe Text A 5, Sach-Anm. 9. 19 gen Nurmberg] Zu dem auf 14. Jan. 1524 nach Nürnberg einberufenen (dritten Nürnberger) Reichstag.
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noch hie sey, doch sein die wasser, und nemlich der Ysen, so groß, das er acht, ich müg nit uber kummen, deßhalben mocht ich noch nit weg sein. Auff solchs hat der Münch begert, er soll den Hirsawer umb gots willen pitten, damit er mich vermüg und bered, das ich ein gang zu ime thue. Da nun Hirsawer und ich solchs verstanden, sein wir beid hinein in die fancknies zu ime gegangen, die dan vast woll verwart, aber nit sunders unlustig ist. Daselbst hab ich inen gegrüßt und nichts anders gesagt. Da hat er ein lange sermon angefangen, mit weinenden augen sein lange, herte gefencknies und sein unschult und das er doch umb recht schrei, welchs er ime woll und wee thon soll etc., angezaigt und doch im beschluß mich umb gots willen gebeten, sein trewer furbitter zu sein bey e. f. g., an der er noch nit gantz verzagt, wiewoll umb lenge der zeit und auffhaltung seiner fangknies großen zweiffel tragen miß, die well inen unverurteilt also erfawlen lassen. Darumb er all die, so schult daran haben, ad tribunall Ihesu Cristi berueffen, doch abermals zugelent, ob ime doch noch barmhertzickeit mocht widderfaren. Darauff sagt ich, het von seinen sachen seyt der zeit, als ich jungst von Muldorff von ime gescheiden wer, kein wissen, auch gantz kein befelch, zu ime zu gen oder ichts seinethalben zu fragen, aber an ietz hett ich von ime verstanden, wie er in diese gefencknies kummen, das müßt ich achten, es wer darumb beschehen, [1v] das er so verstopfft wer gewesen und darauff verhart, als hett er aller sachen recht. Als ich das lest mall bei ime gewesen und des best geraten het, sich zu erkennen. Darumb müßte er nur ime selbs die schult geben, hett er mir gefolgt, were ime das nit widderfaren. Darauff sagt er, wie ich ime deßmals vertrostung gethon, ich wolt inen schriftlich berichten, was ich bey e. f. g. seinen halben gehandelt oder erlangt hett, das aber nit beschehen und inen vast zweifeln gemacht hett. Das verantwort ich dergestalt, da e. f. g. mein anzeigen vernummen, hett die solchs im rat furtragen lassen und daselbst wer auß verursachung seiner pertinacia mir silentium imponiert worden und verrer ime zu schreiben oder mit ime ichts zu handlen oder handlen zu lassen, verbotten. Auff solchs wolt er sein pertinaciam purgieren und meint ye sich des nit schuldig, den es wer an inen begert worden, er solt sich erkennen, das er geyrt. Das kunt und welt er nit thon, sunder ehe 1000 mall sterben, den er müßte
27 gesagt] gesetzt HAUTH.
32 auffhaltung] Aufhebung HAUTH.
48 handlen] handle Autogr.
29 er und und] ’eher ... als’; siehe Joseph KEHREIN, Grammatik der deutschen Sprache des fünfzehnten bis siebzehnten Jahrhunderts, Leipzig 1856, Bd. 3 (Syntax), S. 188 § 332 31 Nach wiewoll] ergänze ’er’ 32 auffhaltung] ’Aufrechterhaltung’ 32 die] (mit HAUTH.) zu verstehen: e. f. g. 34 zugelent] (’zugeländet’), ’daraufhingezielt’, ’-gestrebt’ 35 Vor het] 37 an ietz] ’jetzt’ 40 Vor Als] ergänze ’ich’ 36 jungst] (mit HAUTH.) ’das letztemal’ ergänze ’Noch genau so wie damals’ 40 des] = ’das’ 43 inen] zur Form: von berichten regierter Akkusativ Singular 48 verrer] ’ferner’ 50 den] ’denn’ 51 den] ’denn’ 36 jungst bis gescheiden] Über Ribeisens zwei Besuche auf dem Rathaus in Mühldorf nach dem 16. März 1523 vgl. A 1. Supplicatio, Z. 11 ff., sowie die Datierungsbegründung im dortigen Vorspann. 46–49 rat bis verbotten] In den Ratsprotokollen findet sich darüber nichts.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
gottes wort und der warheit, das wer got selbs, verlaugnen. So er nun allain das wort gots geredt, wolt er das nymmer mehr widderruffen. Antwort ich, er wer drumb nit gefangen worden, sunder umb das, so er widder das wort gots und widder die bruderlich lieb predigt hette. Nemlich in dem, das er von der meß, beicht und anderen cerimonien verachtlich und sein predigen mit scheltworten gegen den bischoffen und priestern dermassen gespitzt hett, das die laien in verhassung gegen den geistlichen bewegt und durch sein predig verhetzt. Darumb ob schon die predig an ir selbs gut, so wer doch die maß und das auslegen anders durch inen beschehen. Wie woll das meiner profession nit, ich were auch nit darumb da, mich in einich disputation noch red gegen ime einzulassen, sunder er hett mich gebetten, sein furbitter zu sein, das wolt ich geren thon, doch hett ich kleine hoffnung, er erkente sich den. Dagegen sagt er, wißte sein predig gerecht, den wie Cristus geret und Paulus und sanctus Augustinus geschrieben, also het ers nachgeredt, auch in dem, als er die laster gescholten. Darumb wolt er die warheit, das ist Cristus, nit verlaugnen, liber all leidt und marter leiden. Dagegen sagt ich, hett ime vorangezaigt, das ich kein befelch, auch kein willen het, mich mit ime in einich disputation zu lassen, ich trüg aber fursorg, sein sach wer nit so gerecht, den ich vorlengst verstanden, das er auß seiner selbs bekantnis nit recht mocht uberwunden werden, das aber der zeit e. f. g. ime zu gut verzogen und fur und fur gehofft hett, es solt sich erkent [2r] haben, was aber seither meins wegzihens beschehen, wer mir, wie ich vorangezaigt, nit wissen. Darauff sagt er, hette fur und fur umb verhor und recht geschrien, villeicht hett er auch freundt gefunden, so ime des verholffen, aber das solt ime got verbieten, das er niemants ergern, noch zu widderwillen ursach geben, aber got, dem gerechten richter, wolt ers befelhen. Und in sunderheit hett er sich allwegen auff doctor Staupitz und mein gnedigen herren von Chiemsee geneigert, als er auch noch urbutig wer, wo ime dieselben oder yemants anderer einiche schrifft anzaigt, das er geyrt hette, dasselb zu widderruffen. Do sagt ich, er solt sich auff sein vormessenheit nit verlassen, den ich hett jungst hie gehort, das e. f. g. der schriftgelerten 52 das wer] Lücke HAUTH. 60 Nach nit] zu erwarten: were, were (offenbar voreilig) gestrichen Autogr. 63 gerecht] geweiht HAUTH. 65 laster gescholten] leste geschrieben HAUTH. 65 die vor warheit] der HAUTH. 66 leidt] widt HAUTH. 71 es] (mit HAUTH.) zu erwarten: er 74 Ohne Bezugszeichen am Rand, vielleicht zu freundt] von 2. Hand: eine nicht zu entziffernde Notiz 77 Staupitz] am Rand von 2. Hand: Staupitz 52 und der warheit] Zu verstehen: ’und das Wort der Wahrheit’ 56 Nach verachtlich] ergänze (mit HAUTH.) ’gesprochen’ 58 den geistlichen] zur Form: von gegen regierter Dativ Plural 63 den nach sich] ’denn’ (wie lat. ’nisi’) 58 Nach verhetzt] ergänze (mit HAUTH.) ’wurden’ 63 Vor wißte] ergänze: ’er’ 64 den vor wie] ’denn’ 65 gescholten] ’getadelt’ 66 Vor hett] ergänze ’ich’ 68 Nach gerecht] ergänze (mit HAUTH.) ’wie er meine’ 73 Vor hette] ergänze ’er’ 76f. auff bis geneigert] (’zu ... geneigt’), ’auf ... (seine Hoffnung) gerichtet’; zur Wortbildung siehe Kehrein, Bd. 2, S. 28 mit Ps 104 (103 Vg.), 5 aus Catholische Bibell, übersetzt von Joh. Dietenberger (Ex.: Köln 1571, Heidelberg UB, Bl. mmmv, Sp. 2) 78 urbutig] ’erbietig’, ’erbötig’ 64f. Cristus bis laster] Vgl. A 1. Supplicatio, Z. 81 f. 65 warheit bis Cristus] Vgl. Io 14,6. 67 vorangezaigt] Siehe Z. 36 f. 72 vorangezaigt] Siehe Z. 35 f. 77 herren von Chiemsee] Dr. Berthold Pürstinger.
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und hochverstendigen in der heiligen schrift uber sein bekentnis rat gehebt und so vil befunden, das er erronee, scandalose und in vil orten widder die schrift gepredigt, aber e. f. g. hette bißher die strenge des rechten auch widder irer rete und anderer willen auffgehalten, und er hette kein besseren freundt den e. f. g. der zeit gehebt, nit wißte, ob er seither sua pertinacia solch verwirkt hett, doch kent ich e. f. g. ein milten und barmhertzigen fursten, darumb solt er sich noch bekern und erkennen, so wolt ichs best thon. Do schrie er weinend, er wolt e. f. g. die gantz welt geben, wan sie sein wer, das er mocht ledig werden. Er wolt nit mer predigen, er wolt alles, so ime e. f. g. aufflegen mocht, gedulden, aber nichts widderruffen noch erkennen widder das wort gots, dan da verfurt er sein sell und verlaugnet sein gott etc. Aber wo er nit barmhertzikeit erlangen kunt, darumb er noch umb gots willen bedt, so wolt doch e. f. g. ime das recht gen lassen in namen gots. Würd er condempniert, wolt er geren nit ein zehen todt leiden. Also sagt ich in namen unseres herren, ich siehe noch ewer verstopfftkeit, das ist mir leid, doch wie ir mich gebeten habt, also will ich meinem gnedigisten herren fur euch trewlich schreiben, und damit ir sehet, das an mir nichts erwind, so will ich euch den brieff bey dem Hirsawer zuschiken und verlesen lassen, der soll den darnach sieglen und meinem gnedigisten herren fursten zuschiken. Bey diesen reden ist der Hirsawer fur und fur zugegen gewesen, hat auch zu zeiten mit bedachtlichen, fueglichen worten der sachen dienstlich darzu geredt und nemlich understanden, ime ein for〈c〉ht zu machen. Aber es hilfft nit, e. f. g. hab das fur gewiß als das evangelium, der Münch wirt ewiglich nichts widderruffen noch erkennen, es werd ime den die schrifft darum angezaigt, sunst erbeutt sich als dings etc. [2v] Genedigister herr. Auff solchs sein der Hirsawer und ich abgescheiden und haben uns underredt und sein so vil rettig worden, das ich ein brieff geschrieben hab an e. f. g., auch daneben ein copey einer urfed begriffen hab, die soll der Hirsawer dem Münch mit erstem fuegen anzeigen. Und hat uns für besser angesehen, das ich nit widder zu ime gang, sunder es bey der furschrifft bleiben laß. Darauff het ime der Hirsawer den brieff erstlich furgelesen, den er zu hohem dank vernummen und auf den knien gebetten het, mir zu danken. Darnach het Hirsawer 94 verstopffkeit Autogr. HAUTH. 101 for〈c〉ht] unsichere Lesung am Rand von 2. Hand: nicht widderruffen
102 nichts widderruffen]
83 des rechten] zur Form: Genitiv Singular; zeitgenössisch noch adjektivisch flektiert 84 er 85 Vor nit wißte] ergänze (mit HAUTH.): vor hette] (mit HAUTH.) zu verstehen: ’der Gefangene’ ’er’ (Ribeisen) 85 er vor seither] zu verstehen: ’der Gefangene’ 93 zehen] ’zähen’, ’langsamen’ 96 erwind] ’erwindet’, ’fehlt’ 103 den] ’denn’ (wie lat. ’nisi’) 103 Nach erbeutt] ergänze ’er’ 103 als] ’alles’ 106 rettig] (’rätig’), ’einig’ 107 begriffen] ’entworfen’ 108 mit erstem fuegen] ’sobald möglich’ 109 furschrifft] ’schriftlichen Fürbitte’, ’Fürbitt-Schrift’ 110 erstlich] ’alsbald’ 82 erronee, scandalose] Vgl. A 3. Replica, Z. 93. 82 in vil orten] Vgl. A 4. Interrogatoria, Z. 8 (in multis articulis). 82 widder die schrift gepredigt] Vgl. – mit der Gesamt-Einleitung zum Häresieverfahren bei und mit Anm. 87 – A 1. Consultatio, Z. 99 (praedicans evangelium contra evangelium). 106f. ich ein brieff bis e.f.g.] A 5. Ribeisen an Lang, Mühldorf, 2. Januar 1524 (1. Brief). 107 copey bis urfed] Nicht erhaltene Vorform zu A 13. Urfehde vom Mai 1524.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
gesagt, diweil er sich erbotten hab zu gedulden, was ime e. f. g. auffleg etc., und wie woll wir sorgen, e. f. g. wert hart zu bewegen sein, er beken den sein yrsall, so haben wir doch auff weg gedacht, wie er sonst geledigt werden und was ime e. f. g. zu straff aufflegen mocht. Damit den dise furschrifft nit an grundt bescheh, so müg er solchs auch vernemmen, das er gethon und sich ubel darob gestelt. Es haben auch der Hirsawer und er viel wort darob verloren, wie e. f. g. das und anderes auß des Hirsawers schreiben auch vernemmen wirdet, aber in summa die sach stet darauff, das der Münch diese bekantnies und urfed sampt der straff annemen würd, allain das er nit auß der gantzen provintz schweren derft, den er sagt, er kunt sich sonst nit erneren. Gnedigister furst und herr. Diweil annders bey dem Münch nit zu erhalten und dennoch diser langwiriger carcer ein zimlich straff, ist mein gutbeduncken, das e. f. g. auff diese urfechd den Münch erledige und der provintz halben auch ein gnad beweise, doch das er gen Rottenburg, Schwatz, Hall oder in das Yntall nit kum oder mocht man ime ein außzeigen thon, als etlich kloster in der provintz benennen, darin er wonen, aber nimmer mer predigen solt etc. Wo e. f. g. das nit gemeint, so were mein gutbeduncken, diweil er des von Chiemsee und abts von sant Peter zu richter begert, das sich doctor Staupitz oder sie beid in die sachen auß mitleiden des Münchs geschlagen hetten und wer der abt auff solchen des Münchs begeren und furschlag zu ime gezogen und hette ime schrifft angezeigt, on zweifel, so er die vernimpt, wirt er sich erkennen. Wo des e. f. g. auch nit gefelt, als es den sorglich, wo der Munch nit bekert wurd, so muß e. f. g. ime das recht auß der weit ergeen und zu Muldorff widder inen, wie recht, procedieren lassen. [3r] Dan so schik ich hiemit e. f. g. mein schreiben und die bekantnies oder urfed, so der Munch gelesen und wie obstet des mereren tails bewilligt hat. Die dan, allain so viel die erkantnies betriefft, narrative und nit bekantlich gestelt, dan es bey ime, er werd den uberwunden, nymmer anders zu erhalten ist. Wie auch e. f. g. furter gegen ime auff berürter schrifft zu erledigung handlen will, mag das durch den Hirsawer woll zu beschluß gehandelt werden. Darumb und bevorab auß der ursach, das ich besorgt, e. f. g. werd jäh ausserhalb seiner 120 auß der gantzen provintz] am Rand von 2. Hand: auß der gantzen provintz 127 nimmer mer predigen] am Rand von 2. Hand: nit mer predigen 132 schrifft angezeigt] am Rand von 2. Hand: schrifft erweysen 134 recht und zu Muldorff] am Rand von 2. Hand: recht zu Muldorff 113 hart] ’kaum’ 113 den] ’denn’ (wie lat. ’nisi’) 115 den] ’denn’ (= ’also’) 116 vernemmen] ’sich gesagt sein lassen’, ’akzeptieren’ 119 bekantnies und urfed] gleichbedeutend mit urfed Z. 107 120 allain das] ’mit der einen Einschränkung’ 120 nit bis derft] Zu verstehen: ’nicht zu schwören brauchte, sich der ganzen Provinz fern zu halten’ 120 u. ö. provintz] ’(Kirchen)provinz’ (hier: der die Suffragan-Bistümer umfassende Metropolitan-Bereich des FEbf.s) 120 den] ’denn’ 124 erledige] ’freilasse’ 133 des] = ’das’ 133 den] ’denn’ (= ’denn auch’) 133 sorglich] ’Besorgnis erregend’, ’gefährlich’, ’(rechtlich) bedenklich’ 133 wo] ’wenn’ 137 bekantnies oder urfed] gleichbedeutend mit bekantnies und urfed Z. 119 und urfed allein Z. 107 138 erkantnies] gleichbedeutend mit bekantnies oder urfed Z. 119 138 dan] ’denn’ 139 den] ’denn’ (wie lat. ’nisi’) 140 erledigung] ’Freilassung’ 142 jäh] ’plötzlich’ 118 des Hirsawers schreiben] A 8. Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524. 136 mein schreiben] Siehe Sach-Anm. zu Z. 106 f. 137 wie obstet] Siehe Z. 119 f. 140 berürter schrifft] Siehe Sach-Anm. zu Z. 106 f.
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erkantnies in richten lassen, hab ich nit lenger hie verziehen wellen. Doch hat der Hirsawer hewt ein knecht bey der Yesen gehabt, der sagt, ich werd hart hinuber kummen. Nitdestminder will ichs wagen, in einem schifflein oder zillen und die roß uberschwemmen lassen und heut mit hilff des almechtigen zu Biberg liegen. Die fursten von Bairen sein beid noch anheim, und ist die sag, sie wellen erst die wochen post Epiphaniam auffsein, doch will ich solchs von Landshut sampt andrem, so ich sonst daselbst erfaren mag, e. f. g. klerlichen zuschreiben, die ich mich in aller undertenigkeit thue befelhen. Datum Muldorff, 2a Januarii 1524. E. f. g. undertenigister diener N〈icolaus〉 Ribeysen
149 die] zu erwarten: der 143 erkantnies] gleichbedeutend mit bekantnies oder urfed Z. 136 f. und erkantnies Z. 138 144 hart] ’kaum’ 146 Biberg] An der Vils, daher heute: Vilsbiburg, auf halbem Weg zwischen Mühldorf und Landshut.
A 7. [Landrichter Ruprecht Hirschauer an FEbf. Matthäus Lang, Mühldorf, Mitte Dezember 1523]. Fragment Textvorlage: Autograph (2o, 1 Bl.), KA, RA IV, II, 6 (1. Brief), Bl. 1r-v. Unvollendet. Ohne Datum. Ohne Überschrift. Ohne Unterschrift. Zusatz Hauthalers: „Mühldorf nach 1523 Dec. 8 (1523 Dec. Mitte)“. Referat: HAUTHALER, S. 337 f. Nr. 14 (mit zwei längeren Zitaten).
[1r] Genedigister herr. Ich hab e. f. g. hievor in ainem brief, des datum steet an pfintztag von Nicolai, geschribn, mit anzaigung, wann und was massn ich den Munich aus dem rathaus alhie heraus in den pfleghof gebracht. Das er auch desselbemal, im feder und tingkhn hinein zu gebn, begert. In solhm schreibn ich von e. f. g., wie ich mich auf sein beger gegn im haltn sol, beschaids gebetn. Darauf mir e. f. g. widerumb geschribn und bevolhn, das ich im deshalbn inner vierzehn tagn kain anntwortt gebn sol, sonnder in damit aufziehe und besech umb, wen er mich weiter ersuechn wurd lassn, und so er mitlerzeit begern wurd, mit mir zu redn, so mog ich zu im geen und sein mainung vernemen und e. f. g. dasselb und annders, was sich dazwischn seinenthalb zuetragen wirdet, zueschreibn und darauf weiters beschaids von e. f. g. zu gewarttn. Solhs ich auch in underthenikhait vernomen. Nun hat der Münich sid der zeit, als ich in erstlich in den pfleghof gebracht und ich im auf sein beger mit feder und tingkhn zu gebn verzogen, nichts an mich begern lassn. Ich acht dafür, er hab, sind er in diser vännkhnuß und so ainig gehaltn wird, etwas ain scheich oder mistrauen zu mir gewunnen. Dann wo er mein zu ime zu geen begert, het ich das getan, sein mainung vernomen und solhs e. f. g. furtter annzaigtt. Dieweil er aber mein nit begertt, so hab ich mich pisher gegn im auch nit anpietn oder mit ainicherlai merkhn welln lassn. Ich hab aber dem Peter Weidacher, der itz sein wartt und das essn hinein gibt, bevolhn, sein fleissig aufmerkhn zu habn, wie und mit was gebärd er sich in der vannckhnuß halte. Derselb zaigt mir an, wie er ye herainst [1v] an der vännckhnuß loß, da hör er den Münich zu mermaln wainen, und so er ime zu essn hinein geb, so red oder frag er wenig. Dann ye, so sag er: ›wes zeich〈t〉 man mich mit solher meiner lanngn 25 zeich〈t〉] Ergänzung wegen Loch im Autogr. 2 pfintztag] ’Donnerstag 5 vor ich] ergänze: ’hab’ 7 im] zu verstehen: ’dem Gefangenen’ 8 aufziehe] ’hinhalte’, ’warten lasse’ 8 besech umb] ’acht darauf gebe’ 8 wen] wenn (= ’wann’) 13 sid] ’seit’ 13 als bis erstlich] ’gleich nachdem ...’, ’kaum dass ...’ 14 verzogen] ’gewartet (habe)’ 15 sind] ’seit’ 15 ainig] ’allein(ig)’, ’in Einzelhaft’ 16 ain scheich] ’eine Scheu’ 16 Dann] ’Denn’ 17 nach begert] ergänze: ’het’ 19 merkhn welln lassn] ’bemerkbar machen wollen’ 20 sein wartt] ’seiner wartet’, ’ihn bewacht’ 23 herainst] ’einmal’ 23 loß] ’lose’, ’lausche’ 25 zeich〈t〉] ’zeiht’, ’bezichtigt’ 2 e. f. g. bis Nicolai] Hirschauer an Lang, 8. Dezember 1523, fehlender Brief. 6f. e. f. g. bis geschribn] Lang an Hirschauer, nach 8. Dezember 1523, fehlender Brief. 13 sid bis gebracht] Seit Anf. Dez.
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vännckhnuß?‹, und het sich zu dem frummen ertzbischoff, davon er offt vil guetikhait sagn hörn, versehn, sein hochwirdigkheit wär im nit so strenng. Dann er hab das nit verschult, das man seiner hochwirdigkhait von im hab anzaigtt, und möcht gegn demselbn wol verhör und gegrunte unnderweisung leiden. Es werd ein mal got erparmmen etc. So laß er sich auch ye erhörn, er merkh wol, was die mainung, er müeß der enndn sterbn, und ob man in wurd erhungern, erreckhen oder auf aim eyß durch ein loch in den grabn schiebn, das well er gedultigklich leidn. Dann er pitt sein got tag und nacht, das er ine der vännkhnuß mit seinem sterbn erledige. Er verhoff auch, es werd in kürtzerer zeit beschehn, dann er pißher gefangen gelegn, und daselb vor got, dem gerechtn richter, gegn seinen widerwärtign aines jedn verschuldung und die warhait herfür komen –––
27 zu bis versehn] ’von ... erhofft’ 29 demselbn] gemeint: ’dessen man ihn bezichtigt’ 29 gegrunte] ’begründete’ 30 erhörn] ’hören’ 30 mainung] ’Absicht’ 31 der enndn] ’(der Enden’), ’am Ende’ 31 erhungern] ’verhungern (lassen)’ 31 erreckhen] ’verrecken (lassen)’ 33 der bis erledige] ’aus seinem ... befreie’, ’erlöse’ 35 widerwärtign] ’Widersachern’
A 8. Landrichter Ruprecht Hirschauer an FEbf. Matthäus Lang, Mühldorf, 3. Januar 1524 Textvorlage: Autograph (2o, 2 Bl.), KA, RA IV, II, 6 (2. Brief). Bl. 1r–2r. Anschrift (Bl. 2v): ’Dem hochwirdigen Fursten und Herrn Herrn Matheus der heiligen Römischen kirchen Car- dinal Ertzbischove zu Saltzburg, des Stuls zu Rom Legaten etc. meinem genedigisten Herrn’. Darunter Eingangsvermerk von anderer früher Hand, wohl der des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung: ’Munch zu Muldorff p(re)(sentatu)m 5 Ianuarii 1524’. Einige wenige Marginalien von derselben Hand (zu Z. 44, 49, 57 f.). Zusatz Hauthalers: „1524 Jän. 3“. Erwähnung: HAUTHALER, S. 341 bei Nr. 16.
[1r] Dem hochwirdigen fursten und herrn, herrn Matheus, der heiligen römischen kirchen cardinal, ertzbischove zu Saltzburg, des stuls zu Rom legaten etc., meinem genedigisten herrn. Hochwirdigister furst. Eurn f. g. mein undertenig, gehorsam dinst alzeit zuvoran berait. Genedigister herr, an negstverganngn pfintztag abennts ist e. f. g. rat, mein sonnder herr, doctor Niclaß Ribeisn alhieher komen und des willen gewest, am freitag verrer zu verrükhn. Nun ist hievor das wasser, die Isn, mit eiß uberfrorn, das man darüber reitn und farn hat mügn. Und an derselbn pfintztagnacht ist ain ungewiter mit regn und werm angefalln, das das schneewasser der enndn uber die gefrorn Isn und eiß aines mans hoch ganngn und niemand am freitag pis auf den sambstag mittntag darüber komen hat mügn. Deshalbn der doctor am freitag hiee belibn müsßn. Und wiewol zu dem gefanngn Münich, die zeit er in den pfleghof gelegn, kain mennsch zu redn oder in annder weg kommen, alain Peter Weidacher, der im das essn durch verslossne thür durch ein klains loch hinein gibt. Nun hat sich derselb Weidacher am freittag mittntag, als er dem Münich zu essn gebn, doch mit meinem wissn, merckhn lassn, wie er gehört, das doctor Ribeisn sol hie sein und des willn, verrer zu reitn. Hat Münich zu im gesagtt, ob er nit wiß, ob etwer mit im hie oder ob Ribeisn oder annder mit im ichts hanndln werdn. Hat Weidacher gesagtt, er hör von niemand und hab darumb kain wissn. Hat in Münich hoch gebetn, mich zu bittn, das ich den doctor von seinen wegn pitt, ain mal zu im zu komen. Des sich Weidacher auf sein pittn zu thun angenommen, und beschehn. Solh sein beger ich dem doctor anngezaigtt. Hat er gegn mir gesagtt, er hab des Münich halb kainen befelh. Jedoch habn wir darauf allerlai redn mit einander gehalten. 1–3 Dem bis herrn] Überschrift aus der Anschrift
9 schneewasser] scheewasser Autogr.
5 pfintztag] ’Donnerstag’ 9 der enndn] ’(der Enden’), ’am Ende’ ’weiter’ 18 etwer] ’jemand’ 5 negstverganngn pfintztag] Am 31. Dez. 1523.
18 verrer] ’ferner’,
7 die Ysen] Siehe Text A 5, Sach-Anm. 4.
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Und sovil, [1v] das wir baid zu dem Münich in die vännkhnuß komen. Hat doctor gegn im gesagtt, wie ich im angezaigtt, das sein des Munich hochfleissig pittn gewesn, das er ain ganng zu im thue, und wiewol er des oder ainicherlai mit ime zu hanndln kainen befelh, so sey er doch dannot aus mitleidn zu im komen. Darauf hat Münich in aufs hochst pei e. f. g. umb erledigung zu verhelffn gebetn. Und sich auch darnebn allerlai merer redn zwischn unnser zuegetragn. Und zu lest der doctor bewegtt, das er gesagtt, er well e. f. g. sein petlichs ansinnen mit dem pestn zuschreibn und ine diselbig copei hörn lassn. Das dann nachvolgend durch mich beschehn. Als Münich diselb copei gehört, hat er des ain gefalln gehabtt. Darauf ich gegn dem Münch gesagtt, wie Ribeisn oder ich kainen befelh habn, mit im ainicherlai zu hanndln, wie wir aber dannot seinenhalb das peest handln möchtn. Des wärn wir, sovil an unns gelegn, zu thun willig. Und weiter gegn im gesagtt, ich well in noch ain copei ainer verschreibung hörn lassn, doch sol er nit bedennckhn, das e. f. g. umb solh copei ainich wissn habn. Und ob im die gleich gefalln oder annemblich wurd, so wär es dannot nit die mainung, mit im darauf zu besliessn, sonnder wir alsdann gern für in pittn, ob wir pei e. f. g. erlanngn möchtn, die von im anzunemen. Und ich in darauf die copei der verschreibung hörn lassn, hat er sich darinn ettlicher arttigkl beswärt, und zum höchstn, das im e. f. g. pistumb und profintz verpotn sein sol, und sich entschuldigt, so beswärlich arttikl nit verdint zu habn. Hat auch darnebn von rechtferttigung und gründiger underweisung gesagtt. Wiewol ich gegn im geredt, er sol es nit dafür halten, [2r] das sein hanndl so gewiß, wie ers vor im hab, mit mer wordtn, und wiewol er hochß fleiß zu e. f. g. umb erledigung ruefft, jedoch hat er nit in all arttikl der copei helln oder annemen welln und begert, ich sol im die beihenndign, so well er sich darinn auch ersehn und, wes er sich beswärt bedünkh, dargegn aufzaichen. Des ich aber nit thuen welln und dazumal von im abgeschidn und solhs dem doctor mit mer wordtn, so sich darunnder zugetragen, anngezaiggt. Wie er dann an zweifel e. f. g. hienebn thut schreibn. 44 profintz] am Rand von 2. Hand: provintz verboten nit hellen wellen in all artt(ikl) der urfehdt
49 nit bis welln] am Rand von 2. Hand:
26 nach das] ergänze: ’es’ 28 u. ö. dannot] (’dannocht’), ’dennoch’ 29 u. ö. erledigung] ’Freilassung’ 30 nach Und] ergämze: ’es haben’ 31 petlichs] ’bittliches’ 32 mit dem pestn] ’mit dem Besten’, ’nach Kräften’ 32 zuschreibn] ’schriftlich mitteilen’ 36 das peest] ’das Beste’ 37 nach weiter] ergänze: ’habe ich’ 40 mainung] ’Absicht’ 40 vor wir] ergänze: ’dass’ 41 die] gemeint: die verschreibung 43 vor ich] ergänze: ’als’ 44 zum höchstn] ’zum höchsten’, ’am meisten’ 44 pistumb und profintz] ’Bistum’ (hier: die Diözese Salzburg) ’und (Kirchen)provinz’ (hier: der die Suffragan-Bistümer umfassende MetropolitanBereich des FEbf.s) 49 helln] ’zustimmen’, ’einwilligen’ 51 Des] = Das 53 hienebn] nicht (lokal) zu verstehen: ’nebenan’, sondern (modal): ’zusätzlich (zu diesem meinem Bericht)’ 32 zuschreibn bis copei] Gemeint ist das Fürbittschreiben A 5. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (1. Brief). 38 copei ainer verschreibung] Gemeint ist die nicht erhaltene Vorform zu A 13. Urfehde vom Mai 1524. 53 schreibn] Gemeint ist der ausführliche Bericht über die Mühldorfer Zwangsrast vom 1.–3. Jan. 1524, A 6. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (2. Brief), bes. Z. 105–121.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Ich merckh, das der Munich, sid der zeit, das ich in in dise vannkhnuß gebracht und er also ainig gehaltn wirdet und ich in den negstverschinen vierzehn wochn nur zwir zu im komen, zu mir auch ain mistrauen gewunnen. Und hat doch an gestern sambstag durch den Weidacher, der im das essn gibtt, an mich begert und pittn lassn, im feder, tinkhn und papir vergönnen hinein zu gebn, so wolt er mir, oder bevor e. f. g., sein will und mainung geschriftlich zuestelln. Ich hab aber solhs nit getan und im auf sein beger pisher nit anntwortt gebn. Solhs hab ich e. f. g. nebn anndern briefn, so e. f. g. von doctor Ribeisn zuegeschikht, unnderteniger mainung auch nit welln verhalten, der ich mich als meinem genedigistn herrn thue bevelhn. Datum Muldorff, sonntag nach der besneidung Cristi anno etc. xxiiijto. E. f. g.
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unnderteniger Ruprecht Hirschauer
54 ich] Konj., in Autogr. 55 vierzehn] vielleicht vierzig (vgl. Sach-Anm.) tinkhn] am Rand von 2. Hand: begert tinkhen und feder
57f. begert bis
55 ainig] ’allein(ig)’, ’in Einzelhaft’ 55 nach und] ergänze: ’da’ 55 negstverschinen] ’nächstvergangenen’ 56 zwir] ’zweimal’ 59 bevor] ’besonders’, ’zuvor’ 62 verhalten] ’vorenthalten’ 54 Munich] Ausführlicher über das Folgende A 7. Hirschauer an Lang, [Mitte Dez. 1523], Z. 13 ff. 54–55 sid bis wirdet] Laut der genaueren Angabe bei A 6. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 2. Brief, Z. 6 f. sind dies die seit Anf. Dez. 1523 vergangenen iiij wochen von Agricolas Einzelhaft, während der Hirschauer ihn nye aufgesucht haben soll. 55 negstverschinen bis wochn] Diese negstverschinen vierzehn (plene in Worten!) wochn, während der Hirschauer hier nach eigenem Bekunden nur zwir bei Agricola gewesen sein will, und die iiij wochen, während der er laut Ribeisen (s. vorige Anm.) ihn nye aufgesucht haben soll, meinen (gegen Hauthaler, S. 341) nicht ein- und denselben Zeitraum (Agricolas Einzelhaft) und stehen nicht in Widerspruch zu einander. Die Rückrechnung um vierzehn Wochen ab dato ergibt freilich keinen rechten Termin, während vierzig auf den Anfang von Agricolas Haft in Mühldorf (Mitte März) führen würde. 61 briefn bis Ribeisn] A 5. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (1. Brief); A 6. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 2. Brief. 64 sonntag bis Cristi] 1524 war dies der 3. Jan.
A 9. [Kanzler Dr. Hieronymus Pius Baldung] an Landrichter Ruprecht Hirschauer in Mühldorf, Salzburg nach [7. Januar 1524] Textvorlage: Autographes Konzept (2o, 1 Bl.), KA, RA IV, II, 7, Bl. 1r-v. Ohne Anschrift. Zu Beginn auf dem Rand von der Hand des Verfassers: ’An hyrsawer’. Einige wenige Korrekturen von anderer Hand. Zusatz Hauthalers: „1524 nach Jänner (5.) 7.“. Referat: HAUTHALER, S. 343 f. Nr. 18 (mit Zitation nahezu des ganzen Briefs). Zur Person des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung siehe BAYR, S. 84–86; SALLABERGER 1997, S. 174, 187, 190 (die dortige Aussage, er werde „zum ersten Mal zum 3. Juni 1524 genannt“ trifft offensichtlich nicht zu; er schrieb nicht nur schon nach [7. Januar 1524] den vorliegenden Brief, sondern nahm sogar schon an der Ratssitzung vom 16. Aug. 1523 teil, siehe B 6).
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[1r] Edler vester besonder, lieber her und freund. Auf ewer und des gefangen doctor Steffans schriftlich anzaigen, deren datum seien des funfften tags in diesem monat, hab ich mit ettlichn vertrawttn, welche des bemeldtn doctors sachn auch gern gue t sehen und sein halben getrewes mitleyden tragen, geredt. Und seyen darauf all gue tter hoffnung und zue versicht, dieweil er dannocht sich in bemeltem seim schreyben erkhennt, als dann auch an im selbs ist, das er unbeschaidenlich gepredigt hab, das nunmaln umb sein erledigung ausserhalb gestrenngs rechtn wol zu handln seye. Das ich auch fur ainen gern anbringen und verhelffn will, damit es bey meinem genedigistn hern zue m beldistn erlangt werde. Darumb und dieweil es an dem ist, das er sich ietz erkhennt und vormaln in ain verschreybung nach gestallt der sach, wie ime doctor Rybeysen furgehallten, e sich begebn habn wollt, so hab, ich zu furdrung seines erledigens und damit ich dannocht auch auf sein tail ain vorwissens und grundt habn mocht, worauf ich bey meinem genedigistn herrn gewislich handln müg, die beyligennd einer verschrei6 dannocht] dannacht HAUTH. wiesen
13 bey bis herrn] als Korrektur der 2. Hand vom Rand einge-
1 vester] (’fester’), ’ehrenhafter’, ’ehrenfester’ 1 besonder] ’besonderer’, für lat. ’eximie’, ’eminens’; drittes in der Reihe von Prädikaten, die in der kanzleimäßigen Anrede eines Adligen üblich sind 2 u. ö. seien, seyen] (’sein’), ’sind’ 5 nach Und] ergänze (mit HAUTH.): ’sie’ 6 u. ö. dannocht] (’dennoch’), ’doch noch’ 6 bemeltem seim schreyben] gemeint: schriftlich anzaigen (Z. 2) 8 rechtn] zur Form: Genitiv Singular; zeitgenössisch noch adjektivisch flektiert 8 ainen] = inen 11 u. ö. verschreybung, verschreibung] ’schriftliche Verpflichtung’ 12 sich begebn] ’eingewilligt’ 12 seines erledigens] ’seiner Freilassung’ 13 auf sein tail] ’in Bezug auf seine Seite’, ’... Partei’ 13 vorwissens] ’Vorherwissen’ 2 ewer und anzaigen] Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524 (Text A 8). Der 5. Jan. ist das Präsentationsdatum. 2 doctor bis anzaigen] Ein solches Schreiben Agricolas von Anf. Jan. fehlt, wenn es nicht identisch ist mit der von HAUTHALER aufgrund des Dorsalvermerks in Maio 1524 auf den 6. Mai 1524 datierten Erklärung in Form eines Briefs ohne Datum Agricola an Hirschauer (Text A 12). In Z. 7 zitiert Dr. Baldung dieses Geständnis wörtlich; und es ist doch wenig wahrscheinlich, dass Agricola zwei solche Erklärungen abgegeben haben sollte. 7 das er unbeschaidenlich gepredigt hab] Agricola an Hirschauer (wie zu Z. 2) (Text A 12, Z. 6 f.): unpschaydene werd in meinen predigen 11 verschreybung bis furgehallten] Gemeint ist Ribeisens Vorschlag der Freilassung auf Grundlage einer Urfehde, siehe Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (1. Brief) (Text A 5, Z. 30–37); Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (2. Brief) (Text A 6, Z. 119–121. 122–127). 14–15 beyligennd bis copey] E n t w e d e r fehlende Vorform zu A 13. Revers (Urfehde), Mai 1524; o d e r – wenn nicht physisch, so doch wenigstens im Wortlaut – identisch mit dem undatierten Konzept des Reverses v o r Eintragung der bei dessen Beratung am 16. Mai angebrachten Korrekturen, das HAUTHALER aufgrund des Randvermerks Copia iuxta consultationem 16 Maii 1524 und des Dorsalvermerks 22 Maii 1524 (beide von derselben Hand wie derjenige auf A 11. Hirsauer an Baldung, 6. Mai 1524) auf den 16. Mai 1524 datiert hat.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
bung copey gestellt, die er mit meim rat gern annemen sollt, sofer ich das hye also erlangen möcht. So er dann auf seim schreybn besteet, als ime das best und in der warhait gleich also ist, so mugt ir ime dise copei hiebeyligend furhalten oder die substantz darauß von mundt anzaigen. Will er darauf ledig und verrer handlung erlassen werden, so soll mich nichts bedawern noch verdriessn, ich wills bey meinm genedigistn herrn anzaigen und handln, damit sein f. g. solhs bewillige, unangesehen, das wol ettlich der maynung seyen, dieweil man augenscheinlich sicht, wie sich das volkh zue Ratenberg verkhert und gegen der priesterschafft e entbärtt, das wol zu vermutten auß sein doctor Steffans predigen ervolgt, man hette e gnugsam bewegnüß, mit strengm rechtn auf sein selbs bekhentnussn verrer gegen ime zue verfaren. Und so mein genedigister her uber sovil indicia und anzaigen solhes underlassen werde, möcht sein f. g. bey babstlicher heyligkait und dem legaten, so diser zeittn in teutschland ist und, als die red geet, in kurtz zu sein f. g. komn soll, vil verweisens und nachrede entsteen. Darumb dann ietz grosse zeit, ie lennger nit zu feyren, ist das [1v] zue thue n, was geschehn soll. Demnach so wisst ir e e e mit ime wol zu handln und mich seins gemuts durch sein aigen schrifft zu berichten, und ye belder ie besser, damit ir des gassts mit fuegen abkhomn und mein handlung ime zue gue ttn stattn komme. Dann ich hab dise zeit eben die lewt hie, welh mir darinn wol helffen mugen. Wellet auch hierinn mit solhen fuegen handln und mich des grundts, so ir bey ime vermerkht, in vertrawen berichten und, wes ir euch versehet, nichts verhallten, damit ich nit spott oder verwiß aufhebe Als deshalbn zue euch mein sonder vertrawen steet, damit allzeit der ewer. Datum Saltzburg –––
15f. sofer bis möcht] als Korrektur der 2. Hand vom Rand eingewiesen 24 strengm] strengn 25 und anzaigen] als Korrektur der 2. Hand vom Rand eingewiesen 26 werde] als HAUTH. Korrektur der 2. Hand am Zeilenanfang auf dem Rand 28 ie] so HAUTH. 28f. ie bis das] als 35 verwiß] Verwisch Korrektur der 2. Hand am Seitenende 33 fuegen] furgeen HAUTH. HAUTH. 35 aufhebe] aufschebe HAUTH. 16 seim schreyben] (wie Z. 6) gemeint: schriftlich anzaigen (Z. 2) 18 verrer] (’fernerer’), ’weiterer’ 23 entbärtt] ’empört’ 24 rechtn] zur Form: Dativ Singular; vgl. zu Z. 8 24 verrer] (’ferner’), ’weiter’ 25 zu uber] ergänze etwa: ’hinweggehend’ 28 verweisens] ’Tadelns’ 31 gassts] gemeint: ’der Gefangene’ 31 mit fuegen] (’mit Fug’), ’angemessen’, ’passend’ 31 abkhomn] ’ledig werden’ 33 mit solhen fuegen] ’auf diese Weise (mit Fug), ...’ (wie vorhin) 35 verwiß] ’Verweis’, ’Tadel’ 35 aufhebe] ’ernte’ 26 heyligkait] Papst ist seit 19. Nov. 1523 Clemens VII. Auf Agricolas Predigttätigkeit war schon Hadrian VI. (gest. 14. Sept. 1523) aufmerksam gemacht worden, und zwar durch Joh. Eck; siehe Johannes Eck, Denkschrift II, ARC 1, Nr. 30, (7,) 3, S. 140; vgl. Ratssitzung vom 7. Jan. 1524 (Text B 10, Z. 18 f. und 24 mit Sach-Anm. zu Z. 18 f. und zu Z. 25). 27 legaten] Lorenzo Campeggio (1474–1539), derzeit auf dem Weg zu dem auf 14. Jan. 1524 nach Nürnberg einberufenen (dritten Nürnberger) Reichstag. 28 zu sein f. g. komn soll] Campeggio besuchte Salzburg nicht; er traf Lang erst auf dem Regensburger Konvent (26. Juni – 7. Juli 1524), wo Eck die Eröffnungspredigt hielt.
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A 10. Zettel Zettel (4o, 1/2 Bl.), KA, RA IV, II, 8. Einseitig mit einem oberen Block von elf Zeilen und einem unteren von vier Zeilen durch zwei verschiedene Hände beschrieben. Deren obere, kaum leserliche, schrieb auch die lange Marginalie zu RA II, Nr. 23, Bl. 2v (entspricht Text B 10, Protokoll vom 7. Jan. 1524, Z. 15 ff., wo die Marginalie nicht mitediert ist). Die untere Hand ist die des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung. Ohne Überschrift, ohne Datum. Da indes der Inhalt des zweiten Blocks klar in die Zeit zwischen der Veröffentlichung der ANTWORT (vor dem 16. Aug. 1523) und der Verlegung Agricolas aus dem Rathaus Mühldorf in den dortigen erzbischöflichen Pfleghof (Anf. Dez.) weist, müsste der Zettel innerhalb des Aktenkonvoluts wesentlich früher eingeordnet sein. Im Folgenden wiedergegeben wird nur der zweite Block.
Impetret, ut R(everendissim)us possit et debeat eum in arcta custodia detinere, donec vel revocet vel secure possit eum huc traducere et iuridice contra eum procedere.
A 11. Landrichter Ruprecht Hirschauer an Kanzler Dr. Hieronymus Pius Baldung in Salzburg, Mühldorf 6. Mai 1524 Textvorlage: Autograph (2o, 2 Bl.), KA, RA IV, II, 9, Bl. 1r–2r. Anschrift (Bl. 2v): ’Dem Edln und hochgelerttn herrn Iheronimusn Baldung baider Rechtn doctor Saltzburgischm Canntzler etc meinem sonndern liebn herrn’. Quer dazu (Eingangs)vermerk von anderer Hand: ’Münch zu Muldorff 7 Maij 1524’. Zu Beginn des Briefs Zusatz Hauthalers: „Müldorf, 6. Mai 1524 praes. 7. Mai“. Referat: HAUTHALER, S. 345 f. Nr. 20. S. 345 unten müsste es statt „insbesonders bekannte aber der Mönch“ heißen: „insbesondere sei er (scil. Hirschauer) unterrichtet worden“. Normalisierung: ’zu’ von nachfolgendem Infinitiv getrennt.
Dem edln und hochgelerttn herrn Iheronimusn Baldung, baider rechtn doctor, Saltzburgischm Canntzler etc., meinem sonndern liebn herrn. [1r] Edler, hochgelerter, sonnder lieber herr. Mein gar willig dinst sein euch alzeit zuvoran berait. Euch ist unngezweiflt wissn, wie ich jungst zu Saltzburg in sachn, den gefanngn Münich betreffennt, von euch abgeschidn. Und wiewol ich mit im, dem Münich, kainerlay verwontnuß nie gehabtt und sein aller ding gern müessig steen wolt, auch ich ine seind des neuen jars tag, als ich mit doctor Ribeisn pei im gewesn, nie gesehn, so hab ich doch, als ich itz von Saltzburg anhaim komen, der redn, so durch euch und mich beschehn, bedacht und darauf zu dem Münich an die vänkhnuß ganngn und durch ain klains vennsterl mit im hinein allerlai red gehalten. Und in sonnder, wie ich bericht sey wordn, das er auf ain zeit an aller seeln tag auf dem predigstuel zu Rotnburg etwas unbeshaidn und hitzig geredtt, und unnder annderm, so all gelaubig ›seeln wein und prot essn, so sol ins der teufl gesegnen‹; desgleichn auch an ainem auffarttag gegn ainer pildnuß auch mit etwas ungeschikhtn wordtn erhörn lassn. Solhs im nit alain durch die geistlichn oder gelertn verargtt, sonnder pei eim und anndern layen für fräflich und im an kainem ortt veranntworttlich geachtt werde, mit mer beswärlichn wordtn, so ich im angezaigtt etc. Darauf hat sich Münich gegn mir mit vil disputierlichn worttn und sein enntschuldigung sambt ettlich heilign geschrift anzaigen. Ich hab aber die von im nit annemen oder hörn welln, sonnder, was ich mit im an itz geredt, das thue ich als 1f. Dem bis herrn] Überschrift aus der Anschrift
16 fräflich] sträflich HAUTH.
6 verwontnuß] (’verwandnis’), ’Verbindung’ 7 u. ö. seind] ’seit’ 9 Nach bedacht und] ergänze: ’bin’ 10 Nach ganngn und] ergänze: ’habe’ 12 u. ö. etwas] nicht abschwächend, sondern verstärkend: ’ziemlich’ 15 u. ö. erhörn] ’hören’ 17 veranntworttlich] ’vertretbar’, ’zu rechtfertigen’ 17 beswärlichn] (’Beschwerde führenden’), ’vorwurfsvollen’ 18 Nach worttn] ergänze: ’rechtfertigen wollen’ 20 Nach sonnder] ergänze: ’gesagt’ 20 an itz] ’ohne jeden’ 20 als] ’alles’ 8 ich bis gewesn] Ausführlich über diesen Besuch berichten Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 1. Brief (Text A 5, Z. 11 ff.); 2. Brief (Text A 6, Z. 25 ff.); Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524 (Text A 8, Z. 25 ff.). 11–13 an aller seeln bis gesegnen] Vgl. A 4. Interrogatoria, Z. 86 f. 14f. an ainem auffarttag bis lassn] Vgl. A 4. Interrogatoria, Z. 117 f..
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Text A 11. Hirschauer an Dr. Baldung, 6. Mai 1524
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für mich selb und an alln bevelh, deshalbn unnot er mit mir oder ich mit im ainicherlay zu disputieren. Aber er, Münich, von seinen mainungen nicht falln welln, sonnder sich sovil merkhn lassn, das ich verstanndn, das er vermaint, ich gee mit im [1v] mit verzikhlikhait umb. Deshalbn ich desselbemal von im etwas mit ungeduld abgeschidn. Und verrer mit im nit redn oder hanndln wellen. Nacher mal uber ain tag hat er dem richter, der im in die vännkhnuß zu essn gibtt, gebetn, mich zu pittn, das ich nochmal zu im kom. Das also von mir beschehn. Hat sich Münich abermals in allerlay redn und enntschuldigung einlassn welln. Und sonnderlich arttigkl annzaigtt, was in zu der handlung an aller seelen tag und auffarttag bewegtt hab. Darauf ich geredtt, er sag, was und er well, so habn im doch solh fräflich redn zu thun nit gebürt, mit mer wordtn etc., und hab abermal von im abschaidn welln. Als er das gemerkht, hat er angehebtt zu wainen, mich gebetn, euch von seinen wegn zu pittn, auf das ir pei meinem genedigistn herrn verhulfft, damit sich sein f. g. uber in erparmte und er seiner lanngn vännkhnuß enntledigtt. Darauf ich gegn im gesagtt, wie ir euch von seinen wegn gegn mir erhörn het lassn, das ir ime guets willens wärt und, wo er sich annders selb darein schikhn, damit im zu helffn wär, wolt ir alsdann, so vil euch müglich, seinen halbn kainen fleiß sparn. Darauf hat er sich etwas gediemuetigtt und mit wainendten augn gebetn, euch sein mainung, wie er mit mir geredt, zu schreiben, mich selb auch gebetn, das peest zu verhelffn. Hab ich gesagtt, mir well nit gezimen, das, so er mit mir geredt oder bevolhen, euch zu shreibn. Dann er möcht füran sagn, ich het mer oder weniger gshribn, dann er mir bevolhn. Wo er mir aber sein mainung in geshrift zuestellen wurd, die well ich euch alsdann gern zueschikhn und selb auch mit schreibn. Darauf er mir ainen verslossnen brief an euch und ain offne zetl an mich lauttendt zuegeshikht, wie ir dann hie [2r] innligenndt sehn und vernemen werdet, auch darnebn pettn lassn, ime widerumb ain genedige anntwort zu erlangen. Solhs hab ich euch auf sein, des Münchs, pittn und allerlai anndern ursachn pei dism aign potn nit welln unangezaigtt lassn. Ich bedennkh, das ich, seind der zeit, als ich den Münich gehabtt, weder ich oder mein leut, destweniger glükh, sonnder vil müe und darnebn allerlai verdechtlikhait, doch meinen halbn unvershuldt, daraus erfolgtt. Wil euch und annder gebetn habn, zu verhelffen, ob ich sein ain mal enntledigtt. Ich bedennkh, der Mü28 abermals] abermas Autogr. 24 verzikhlikhait] zu ’verzicken’ = ’bezichtigen’, ’verdächtigen’, ’unredlich behandeln’, ’gefährden’ 24 Nach Deshalbn] ergänze: ’bin’ 25 Nach Und] ergänze: ’habe’ 25 verrer] ’ferner’, ’weiter’ 26 richter] zu ’richten’ in der Bedeutung ’anrichten’ 30 und vor er well] pleonastisch; vgl. KEHREIN, Bd. 3 (wie A 6. Spr.-Anm. zu Z. 29), S. 188–190 § 333 Nr. 4 u. 5 35 Nach enntledigtt] ergänze: ’würde’ 37 Nach schikhn] ergänze: ’wollte’ 40 das peest] ’das Beste’ 41 füran] ’hernach’ 48 potn] ’Boten’ 27 richter bis essn gibtt] Peter Weidacher; siehe z. B. Hirschauer an Lang, Mitte Dez. 1523 (Text A 7, Z. 20). 36 guets willens] Vgl. Kanzler an Hirschauer, nach [7. Jan. 1524] (Text A 9, Z. 3–5). 36 sich und selb] Vgl. ebd. Z. 6. 38 kainen fleiß sparn] Vgl. ebd. Z. 19 (nichts bedawern noch verdriessn). 44 brief an euch] Agricola an Kanzler, 6. Mai 1524, fehlender Brief. 45 zetl an mich] Agricola an Hirschauer, 6. Mai 1524. 49 seind der zeit] Zur ersten Befassung Hirschauers mit Agricola s. Sallaberger 1997, S. 271 bei und mit Anm. 16.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
nich werd wenig tag feiern, mich widerumb vermonen lassn, ob mir was seinen halbn von euch zuekomen. Deshalbn wär mein beger, wann es die zeit gibtt oder euch gelegn, mich zu berichtn, was mass ich mich gegn im haltn solle. Thue mich euch bevelhn und alzeit in eurm dinst. Datum Muldorf, freitag vor sonntag Exaudi anno etc. XXiiijto. Ruprecht Hirshaur, anwald, voit und lanndtrichter zu Muldorff etc.
58 anwald] ’Gewaltträger’, ’Statthalter’
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A 12. Stephan Kastenpauer (gen. Agricola) aus dem Gefängnis [in Mühldorf] an [Landrichter Ruprecht] Hirschauer [in Mühldorf], [6.] Mai 1524. Erklärung Textvorlage: Autograph (2o, 1 Bl.), KA, RA IV, II, 10, Bl. 1r. Ohne Überschrift. Auf der Rückseite (Bl. 1v) Vermerk von derselben Hand wie bei A 11. Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524: ’Chyrographum D. Stephani in Maio 1524’. Zusatz Hauthalers: „1524 Mai 6“. Tagesdatum aus A 11. Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524, Z. 44 f. Früher gedruckt bei: HAUTHALER, S. 346 f. Nr. 21 (modernisiert). Diejenigen seiner Lesungen, die – modernisiert oder nicht – ohne textkritisches Interesse sind, werden dem zweiten Apparate-Block zugewiesen. Für die Kollation des hier edierten Texts mit dem Autogr. sei Ulrich Bubenheimer, Reutlingen, gedankt.
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[1r] Erenvester her Hyrsaur. Ich vergich, das ich aus zoren unnd hitz hab gered an aller selen tag, ›wo dye seel im fegfeyr wein unnd prott essen, das den armen wittwen unnd waysen zcugehört, so soll ins der teyffell gesengen‹. Auch vergich ich, das ich am auffertag hab, auch aus hitz unnd zoren, gered dye word, wye sy aus meinem piechten scheinen, unnd villeycht nur zcu hitzige unnd unpschaydene word in meinen predigen. Darum ich gnad unnd parmmherzikaitt lautterlich um gotz willen pitt. Hab mich auch nie enzogen, straff willikh zcu leyden, wye ich den itzunt pis in dye sexhunndrtt tag gros leyden trag. Pitt auch lautter um gottes willen, euher erenvest well meins elenz ingedenck sein, darmit auch unser ainiger fyrpitter Jesus Christus, der zcu der gerechten gottes sitzett, euch genedig sey. Euher erevest gefangner Stephan Kastenpaur. 2 dye] dise HAUTH. 5 dye word] dise werd (Wörter) HAUTH. 5 piechten] piechtem Autogr., 7 nie] nu HAUTH. 10 elenz] clenz (ein wenig) HAUTH. Piechtem (Beicht) HAUTH. 11 euch] auch HAUTH. 12 erevest] Ernvest HAUTH. 10 unser] fehlt HAUTH. 3 fegfeyr] Fegfeir HAUTH. 7 gotz] Goz HAUTH. 8 willikh] willigk HAUTH. 8 sexhunndrtt] sechshundert HAUTH. 10 fyrpitter] Furpitter HAUTH. 25 Kastenpaur] Kastenpauer HAUTH. 2 u. Z. 4 vergich] ’gestehe’, ’bekenne’; Infinitiv ’verjehen’ 4 ins] ’es ihnen’ 4 gesengen] (mit Hauth.) ’segnen’ 5 unnd] pleonastisch; vgl. KEHREIN (wie Sprach-Anm. zu A 6, Z. 29) 6 villeycht] ’sehr leicht’, ’sicherlich’; entspr. lat. facillime, nicht fortasse 6 unpschaydene] ’unbescheidene’ 8 den] ’denn’ 10 elenz] ’Elends’ 2–4 an aller selen tag bis gesengen] Vgl. A 11. Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524, Z. 11–13; der entscheidende Zusatz hier das den armen wittwen unnd waysen zuegehört hat dort freilich keine Entsprechung. 3 wittwen unnd waysen mit gesengen Z. 4] E contrario Ansp.? Deut 24,19. 4f. auffertag u. word] Vgl. A 11. Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524, Z. 14 f. 5 meinem piechten] Als Äquivalent für confessio meint ’Beicht’ hier wohl – wie confessio im Titel der Consultatio – die (nicht erhaltenen) Responsiones. 6 hitzige unnd unpschaydene word] Vgl. A 11. Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524, Z. 12. 8 itzunt bis tag] „600 Tage = 20 Monate, also seit August oder September 1522.“ (HAUTHALER, S. 347, Anm. 1). 10f. zcu bis sitzett] Vgl. Symbolum Apostolicum.
A 13. Revers und Urfehde. Entwurf für Stephan Kastenpauer (gen. Agricola) im Gefängnis in Mühldorf, [Salzburg, Ende] Mai 1524 Textvorlage: Reinschrift von Schreiberhand (2o, 2 Bl.), KA, RA IV, II, 11B, Bl. 1r–2v. Ohne Datum. Ohne Überschrift. Ohne Unterschrift. Auf Bl. 2v unten Registraturvermerk: ’Revers eines Münchs F. Stephani Kasten- paurs Ords Augustini No 84’. Zusatz Hauthalers: „B. Reinschrift“. Bei Z. 2, Z. 25, Z. 33, Z. 38 und Z. 47 moderne Abschnittszählung von 1 bis 5. Mit Ausnahme zweier belangloser Unterschiede (in Z. 21 u. Z. 39) wortgleich mit dem Konzept (wie folgt), aus dem vier kleinere Korrekturen hier eingearbeitet sind (Z. 13, Z. 25, Z. 29 f. u. Z. 41). Konzept: KA, RA IV, II, 11A (2o, 2 Bl.), Bl. 1r–2r. Von der Hand des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung. Ohne Datum. Ohne Überschrift. Am Kopf (Bl. 1r) Vermerk von derselben Hand wie bei Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524 (Text A 11): ’Copia iuxta consultationem 16 Maij 1524’ (einer Sitzung des ebfl. Rats, von der kein Protokoll erhalten und die überhaupt nur hier bezeugt ist). Auf Bl. 2v Dorsalvermerk von eben derselben Hand: ’22 Maii 1524 Munch zu Muldorff’. Zusatz Hauthalers: „A. Konzept“. Vorlage für die Reinschrift (siehe oben). Außer den dort übernommenen vier kleineren Korrekturen stehen hier in zwei Kolumnen mit weiten Zwischenräumen mehrere, kaum lesbare, z. T. lateinische Randbemerkungen zwei verschiedener Hände, die nicht als Korrekturen gedacht sind. Vorformen: Nicht erhalten ist die von Ribeisen entworfene Urform, die sowohl Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 1. Brief (Text A 5), Z. 32 f. und 2. Brief (Text A 6), Z. 107, Z. 119, Z. 124 u. Z. 136 f., als auch Hirschauer an Lang, 3. Jan. 1524 (Text A 8), Z. 38 (’copei ainer verschreibung’), Z. 43 (dito), Z. 49 (’copei’), und schließlich Kanzler an Hirschauer, nach 7. Jan. 1524 (Text A 9), Z. 11 (’verschreybung’) erwähnen. Nicht zu klären ist das Verhältnis des Konzepts zu der ’copei’, die derselbe ebd. Z. 14 f. u. Z. 17 als ’(hie)beyligend’ mitgeschickt erwähnt. Referat: HAUTHALER, S. 347 f. Nr. 22 (mit wenigen kurzen Zitaten). Normalisierung: ’zu’ von nachfolgendem Infinitiv getrennt. ’Dz’ und ’daz’ als ’das’ wiedergegeben. ’u’ neben ’u˘’ sowohl für ’u’ als auch für ’ü’ gemäß heutigem Gebrauch unterschieden. Diphthong ’ue’ als ’ue ’ wiedergegeben. e
[1r] Ich, bruder Steffan Kastenpawer, profess Augustiner ordenns, hievor prediger zu Ratenberg am Yne, Saltzburger bisstumbs, bekhenn: Als ich negstverschiner jaren in meinen predigen daselbs zue Ratemberg offennlich an der canntzl vor ainer e ganntzen kirchmenig mit unbeschaiden und hitzigen wortten mich zu mermalln hab hören lassen, daraus woll ergernuß und irrsall bey den slechtn und klainmietigen cristen menschen entstannden sein mögen. Darumben ich dann aus bevelch des durchleuchtigisten fürsten und herrn, herrn Ferdinanden, ertzhertzogen zue Ose terreich etc., vennkhlich angenomen und zu des hochwirdigisten fürsten und herrn, 2 Ratenberg] Rotenberg HAUTH. 3 an] mundartlich für ’auf’ ’schlichten’
5f. klainmietigen] klainmuetigen HAUTH.
4 kirchmenig] (’Kirchmenge’), ’Kirchengemeinde’
4 mit bis wortten] Vgl. A 12. Agricola an Hirschauer, [6.] Mai 1524 (Erklärung), Z. 6.
5 slechtn]
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Text A 13. Revers und Urfehde. Entwurf für Agricola, [Ende] Mai 1524
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herrn Matheusen, der heiligen römischen kirchen cardinalln, ertzbischoven zue Saltzburg etc., meines genedigisten herrn, als des ordinarien des orts hannden und gewaltsam vänncklich bin überanntwurt und ein zeit lang enthalten worden. Und derselb mein genedigister herr von Saltzburg aus mein selbs bekhanntnüsen und verharrigkhait, auch aus dem gerüch, so über mich ganngen ist, woll ursach het haben mügen, mit strenng des rechtn meinem verschulden verrer nachzufragen und annder straffen gegen mir fürzunemen, so ist dannocht sein f. g. durch mein diemue ttig bitt, auch annnderer fürstn fürstin und sonnst vil edler und ersamer personen hoch fürbethe und das ich mein schuld doch zue lesst erkhennt, als ich auch hiemit erkhenne, [1v] das mir noch yemandt annderm solher gestalt unbeschaidene lich und ergerlich zu predigen nit gepürt, und darauf umb gnad diemutigist gebetten hab, genedigklich bewegt worden, an solher meiner vannckhnüs für ain straff ain gnedigs genue gen zu haben und ich derselben vannckhnüs und auch verrer straff und rechtverttigung ganntz ledigklich zu erlassen. Darumb ich dann sein f. g. und allen, die solh mein erledigung befürdert haben, undertenigisten und hochfleissigen dannckh sag. Und hab demnach ainen freyen unbezwungen aydt leiblich zue got und auff die heiligen ewangelia gesworn, das ich mich yetz von stund an erheben und den e stragkhen weg auß seiner f. g. bisstumb, auch seiner f. g. und stiffts zu Saltzburg lannde ziehen und mich an khainem ort desselben bisstumbs und lannde über ain tag und nacht gefarlich sawmen, auch in desselben bistumb und lannde, darzue in die graffschafft Tiroll mit wesennlicher wonung mein leben lanng nimermer khomen noch darinn predigen soll und will, wie dann sein f. g. mir das aufgelegt und ich in erledigung meiner vannckhnüs zue underthenigem danckh angenomen hab. 13 und verharrigkhait] und verhärrikhait mit Einweisungszeichen am fürstlich gnad plene Konz. 17 nach erkhennt] gestrichen hab Konz. Konz. 25 demnach] mit Einweisungszeichen am Rand Konz. 26 Konz. Reinschr. 29f. darzue bis Tiroll] mit Einweisungszeichen am
Rand Konz. 15 f. g.] 21 ain vor gnedigs] fehlt von stund an] vonstundan Rand Konz.
11 enthalten] ’festgehalten’ 13 verharrigkhait] ’Verstocktheit’, ’Verbohrtheit’; für lat. ’pertinacia’, vgl. Sachanm. 13 gerüch] ’Gerücht’, ’Ruf’ 14 u. Z. 56 rechtn] zur Form: Genitiv Singular; zeitgenössisch noch adjektivisch flektiert wie A 9. [Kanzler] an Hirschauer, nach [7. Jan. 1524], Z. 8 14 u. ö. verrer] (’ferner’), ’weiter’ 15 u. ö. dannocht] ’dennoch’ 17 nach und] ergänze: ’dadurch’ 18 vor mir] ergänze: ’weder’ 22 rechtverttigung] ’Verurteilung’ 23 u. ö. erledigung] ’Freilassung’ 29 gefarlich] ’in böser’, ’in betrügerischer Absicht’ 29 sawmen] ’säumen’, ’verweilen’ 30 wesennlicher] ’häuslicher’; vgl. ’Hauswesen’ 10–11 ordinarien des orts bis überanntwurt] Entsprechend dem Rezess des Mühldorfer Reformkonvents, 31. Mai 1522 (ARC 1, Nr. 13, hier S. 65, Z. 22 ff.) in Kombination mit dem Generalmandat EH Ferdinands, Nürnberg 12. Febr. 1523 (ARC 1, S. 93 Nr. 23, bes. Z. 17–20). 11 ein zeit lang] Euphemistisch entsprechend der in der Ratssitzung vom 16. Aug. 1523 (Text B 6), Z. 9–12 (vgl. Z. 20) formulierten erzieherischen Absicht. – Dem stehen die Äußerungen beider Parteien gegenüber, die gerade die lange Zeit der Haft – in Mühldorf seit 10./11. März 1523 – betonen: A 1. Supplicatio, Z. 9 (diuturna); C. Antwort, Z. 97 (lange); A 5. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (1. Brief), Z. 12 (langwirige), Z. 25 (lang), Z. 27 (so lang), A 6 (2. Brief), Z. 31 (lenge der zeit), Z. 70 (zeit ... verzogen), Z. 123 (langwiriger carcer); A 7. Hirschauer an Lang, [Mitte Dez. 1523], Z. 25 (lanngn); A 11. Hirschauer an Kanzler, 6. Mai 1524, Z. 34 (lanngn). 13 verharrigkhait] Vgl. A 6. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (2. Brief), Z. 39 (verstopfft), Z. 85 (pertinacia), Z. 94 (verstopfftkeit). 16 fürstin] Erzherzogin Anna (wie Sach-Anm. zu A 5. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (1. Brief), Z. 39). 16f. ersamer bis fürbethe] Aktenkundig ist nur Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524 (1. Brief). 19 ergerlich zu predigen] Vgl. A 1. Supplicatio, Z. 23 (scandalosa dogmata), Z. 69 (scandalum); A 3. Replica, Z. 12 f. (scandalosas doctrinas), Z. 40 (scandalum), Z. 45 (scandalosa verborum effusio), Z. 93 (scandalose).
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
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Verrer hab ich auch gelobt und auf die heiligen ewangelia gesworn, das ich hinfüran in der heiligen cristenlichen kirchen ainigkhait beleiben, derselben gepottn und gesetzn als ain fromer crist gehorsam sein, [2r] auch nichts predigen noch leren soll noch will, das zue irrsall, ergernuß, verfue rung oder zu verhassung der cristen menschen geistlichs oder weltlichs stannds dienen möcht. e Und das ich die obberurt mein vännckhnüss und straff weder gegen der f. d. von Osterreich, noch seiner d. regenntn zue Ynnsprugg, auch weder gedachtem meinem genedigisten herrn von Saltzburg, seiner f. g. stifft und allen und yeden der beden fürsten lannden und leutten, underthonen, angehorigen und verwandtn, und wer darzue hilff, rat und fürschub gethan hat, durch mich selbs oder yemanndt anndern von meinen wegen nimermer, weder mit wortten, schrifftn, noch gethattn anden, affern, rechen, noch darumb irn f. g. etc., derselben rätn und underthonen übls e nachreden, schreiben oder thun, sonnder inen allzeitt umb berurte mein erledigung underthenigen dannckh und all eer und guts ewigklich verjehen soll und will. Wo ich aber – das got nit welle – hiewider thun oder zu geschehen bevelhen oder ursach geben würd, soll ich in die peen des mainayds und ebigen unlewntigkheit und infamia, auch in annder geistlich censuris und straffen, denen ich mich yetz als dann und dann als yetz unnderworffen und verpunden haben will, mit der that gefallen sein und soll mich hiewider kain absolution, restitucion, gnad, noch freyhait [2v] der babstn, kayser, khünig, noch anderer oberkhaittn, geistlich noch weltlich, ob die gleich aus obrister macht volkhomenhait, aigner bewegnuss und rechtm wissen geschehen, nit helffen noch fürtragen. Dann ich mich des alles und e yedes besonnder und sonnst all annder behelff hiewider zu werben, anzunemen und zu gebrauchen, auch des rechtn, so gemainer verzicht widersprechen thuet, hierin gentzlich und gar verzeich und ewigklich verzigen haben will. Das zue urkhunth ––––
38 u. ö. d.] aufzulösen durchlaucht 39 nach weder] ein unleserliches Wort Konz. und leutten] mit Einweisungszeichen am Rand Konz.
41 lannden
e
38 obberurt] ’oben berührte’, ’oben erwähnte’ 43 gethattn] ’Taten’ 43 anden] ’ahnden’ 44 affern] (’äfern’), ’vergelten’ 44 rechen] ’rächen’ 46 verjehen] ’versprechen’ 48f. unlewntigkheit] (’Unleum(un)digkeit’), ’Ehrlosigkeit’ 57 verzeich] ’verzichte’ 43f. anden bis rechen] Zur Reihung sinngleicher Verben vgl. Andreas BLAUERT, Das Urfehdewesen im deutschen Südwesten im SpMA und in der frühen NZ (Frühneuzeit-Forschungen 7), Tübingen 2000, S. 84, mit Hinweis auf Andrea BOOCKMANN, Urfehde und ewige Gefangenschaft im mal. Göttingen, Göttingen 1980, S. 76. 56 rechtn bis thuet] Entsprechend seinem Verzicht auf Absolution oder Begnadigung einer jeden Obrigkeit verzichtet Agricola auch darauf, sich auf einen Widerspruch im Recht zu stützen, etwa den Satz, dass erzwungene Verträge ungültig seien.
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B 1. Protokoll der Ratssitzung vom 16. März 1523 (Auszug) Erste, beiläufige Erwähnung des [in Mühldorf inhaftierten Stephan] Agricola (’Monachum de Rattenburg’, Z. 27) im Zusammenhang mit Bestimmungen zur Ausführung einer Visitation. Diese Visitation, vom Mühldorfer Konvent [am 31. Mai 1522 ursprünglich] beschlossen [als Generalvisitation des gesamten Klerus der bayerischen Kirchenprovinz, zu beginnen innerhalb von drei Monaten], ist [nach Beratungen des Metropoliten FEbf. Matthäus Kardinal Lang mit einigen seiner Suffragane] in Nürnberg [am Rande des Zweiten Nürnberger Reichstags, vor 12. Febr. 1523] mit Rücksicht auf die Zeitläufte [verschoben und auf die bfl.en Residenzstädte] beschränkt worden. Den Auftrag zur Abfassung des Visitationsdekrets erhält Dr. Eberhard [Englmar]. Eine Konvokation der Archidiakone der Diözese soll über das Ergebnis eines [schon vor dem Mühldorfer Konvent] erlassenen Mandats [= Salzburger Diözesanverordnung über die Reform der klerikalen Disziplin, Ende März 1522] berichten. Dringend notwendig ist die Bestellung eines Fiskals (Z. 22–28), der gegebenenfalls gegen Leute wie Agricola gerichtlich vorgehen kann. Wichtigster Exekutor neben dem Fiskal ist der Offizial. Beide können sich notfalls an den FEbf. wenden. Die Bayernherzöge müssen, wie ebenfalls in Nürnberg vereinbart, schriftlich [um Rechtshilfe] auf ihrem Territorium gebeten werden. Der FEbf. muss allererst vor seiner eigenen Tür kehren. Ein künftiges Mandat muss sich, im Einklang mit den Mandaten der Bayernherzöge [5. März 1522] und des Erzherzogs [12. Febr. 1523], deren Territorien das Erz-Stift Salzburg umschließen, expressis verbis gegen Luther [und die Lutheraner] richten. Textvorlage: RA II, Nr. 9. Entwurf. Ein Bogen. Von der Hand des Dr. Nikolaus Ribeisen (so auch ARC [wie unten], S. 94). Überschrift: ’Ratschlag gehalten zu Salz(burg) xvj Martii sup(er) materia concilii sive congregationis in Muldorff’. Dorsalvermerk (2v): ’Consulta(ti)o i(n) c(auss)a Lutherana et reformatione cleri h(ab)ita Saltzpurge p(ost) reditu(m) R(everendissi)mi d(omini) ex Nuernberg†a† Anno etc. XXIII’. Weitere Dorsalvermerke (2v, über Kopf): ’1523’ und zwei Wörter. Zusatz Hauthalers (am Kopf von Bl. 1r): ’1523 März 16. A.’ Unter den zahlreichen originalen Randnotizen Ribeisens sind diejenigen, die als Addenda gemeint sind, mit Ausnahme von Z. 43 eindeutig gekennzeichnet und vom Schreiber der Reinschrift auch als solche verstanden. Reinschrift (Sigle: Rs.): RA II, Nr. 9a. Ein Bogen. Von Schreiberhand. Überschrift: ’Ratschlag gehallten zu Saltzpurg xvj Martii 1523 super materia Concilii sive congregationis in Mulldorff’. Dorsalvermerk (2v): ’Ratslag zu Saltzpurg in c(auss)a cleri et Lutherana stati(m) p(ost) reditu(m) R(everendissi(mi) d(omi)ni ex Nuern- berga Anno XXIII’. Zusatz Hauthalers (am Kopf von Bl. 1r): ’1523 März 16. B.’ Bei den sehr zahlreichen Randnotizen sind ohne Mühe zwei Schichten zu unterscheiden: eine zeitgenössische (deutsche), offenbar wieder, mindestens z. T., von Ribeisen (wobei zwei in die Reinschrift eingearbeitete Addenda des Entwurfs zusätzlich als Randnotizen wiedererscheinen: Z. 14 und Z. 43), und eine deutlich spätere (lateinische) Schicht, grobschlächtig wie mit dem Zimmermannsstift. Beide dienen der Erläuterung oder der Inhaltsangabe.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Mit ’reditu(s) reverendissimi domini ex Nuernberga’ ist des FEbf.s Kardinal Lang Rückkehr vom 2. Nürnberger Reichstag (17. Nov. 1522 bis 9. Febr. 1523) gemeint. Lang weilte dort vom 20. Sept. 1522 bis 2. H. Jan. 1523, längstens bis 7. Febr., reiste also auf jeden Fall vorzeitig ab, und kehrte über Augsburg und Innsbruck nach Salzburg zurück (siehe ARC 1, Nr. 24, S. 94, Anm. 68; SALLABERGER 1997, S. 267 f. mit Anm. 23). Die Teilnehmer verzeichnet die Textvorlage (RA II, Nr. 9) nicht, sie können jedoch RA II, Nr. 15 entnommen werden. Laut HAUTH., S. 188 ist dies „ein Vormerkbogen, den (der Cardinal) selbst angefertigt hat,“ mit dem Titel ’Exequenda art(iculorum) q(ui) fuerunt c(on)clusi i(n) Muldorff et postea in Saltzburga. Anno 1523’, wobei Hauth.s Zusatz ’April 23’ am Schluss seiner verdeutlichenden Wiederholung des Titels schon deswegen nicht stimmen kann, weil der Erstgenannte der hiesigen Liste, der Kardinal selbst, am 23. April 1523 (siehe B 3) bereits wieder unterwegs war. Teilnehmer waren demnach: ’Cardi. Kiemsee Dechand staupitz rem ribeis(en) assessor hoffricht(er) Cam(m)erm(eist)er Custor Doctor Eb(er)h(art) herr Baltasar’. Im Klartext (weiter HAUTH.): „der Cardinal, der Bischof von Chiemsee Berthold Pürstinger, der Domdechant und Official Andreas von Trautmannsdorf, Abt Staupitz von St. Peter, die Doctoren Rem und Ribeisen, der Assessor, Hofrichter, Kämmerer, Doctor Steffan u.s.w., im Ganzen dreizehn Mitglieder“. Aus der Art ihrer Aufzählung hier im Unterschied zu der in B 3 geht klar hervor, dass der Assessor, der Kammermeister und der Custor drei verschiedene Personen sind; identifiziert ist von diesen dreien freilich nur der (sog. alte) Kammermeister (Martin Schaller). Mit ’Hofrichter’ könnte der Stadtrichter Hans Gold von Lampoding gemeint sein, in diesem Amt Aug. 1521 – 1527, † 1543 (siehe BAYR, S. 67 u. oft [Register S. 564], bes. 146–148). Die beiden in der Liste der Teilnehmer zuletzt Genannten, von HAUTH. nicht entziffert und deshalb auch nicht aufgeführt, sind Dr. Eberhard Englmar und Balthasar von Lamberg (beide s. vor B 3). Zu ’Doctor Steffan’ (Urban) s. Vorspann zu B 11. Zu Trautmannsdorf siehe BAYR (1900), bes. S. 55 f., SALLABERGER 1997, bes. 123–125 u. 166–168; zu Pürstinger siehe BAYR, bes. S. 50, SALLAB., bes. 162–166; zu Rem siehe BAYR, bes. S. 59–61, SALLAB., bes. 181–184 u. 411–414; zu Ribeisen siehe BAYR, S. 61–65, SALLAB., bes. S. 184–189; zu Englmar siehe BAYR, S. 48 f., SALLAB., bes. S. 191; zu Balthasar von Lamberg siehe BAYR, S. 56–58, SALLAB., bes. S. 168 f. Gedruckt: DATTERER, S. XXII−XXIV (Mischtext aus Entwurf und Reinschrift); ohne Nennung der Teilnehmer. Referiert: DATTERER, S. 22 f.; HAUTHALER, S. 188–190 Nr. 34; mit Nennung der Teilnehmer. Erwähnt: ARC 1, Nr. 24, S. 94, Z. 4–9, und Nr. 27, S. 99 f. Anm. 72, hier S. 99, Z. 49 u. 100, Z. 21–23.
[1r] Ratschlag, gehalten zu Salzburg xvi. Martii 1523 super materia concilii sive congregationis in Muldorff. Was zu Nurnberg beschlossen, das ist woll bedacht und gleicher weis wie zu
1 1523] mit Einweisungszeichen nachgetragen 3 zu Nurnberg beschlossen] Siehe zu Z. 5.
Text B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523
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Muldorff weißlich gehandelt und guet ordnung furgenumen, also ist solchs nach gestalt der zeit zu Nurnberg weißlich gemessiget. [neun Hs.-Zeilen in zwei Abschnitten ausgelassen]
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Damit aber der beschluß zu Nurnberg exequirt werd, soll mein genedigister herr solchen beschluß allen mitbischoffen mit zusendung des erzherzogen mandats verkunden und zuschicken, sich darnach haben zu richten; und sein gnaden sich darneben erbieten, die well dem also, so vil muglich und nach der zeit gelegenhait, geleben; begern des von inen auch zu beschehen. Sunst particulariter der visitation und ander sachen halben gibt derselb abschied zu Nurnberg die form der execution. Dan [XXIII] so ist forma †...† visitationis in gemainem rechten außgetruckt, mag darauff †doctor Eberhart in tempus† †...† gestelt werden, auch tempus visitationis angesagt etc. Item uber dem ausgangen mandat inhalten sollen die archidiaconi vociert werden, wie der recess vermag, mit inen gehandelt werden.
10 und bis gelegenhait] am ZA hinzugesetzt 13 †...† nach forma] fehlt Rs. DATT. 14 mag] und Rs. DATT. 14 doctor Eberhart in tempus] am Rd. mit Einweisungszeichen, jedoch nicht – wie dies in der Rs. und bei DATT. geschieht – einfach einsetzbar 14 in] ad Rs. DATT. 14 †...† vor gestelt] visitationis Rs. DATT., obwohl hier eindeutig etwas anderes steht als visitationis Z. 12 und Z. 15 16 dem] der Rs. 16 inhalten] innhallt Rs. DATT. 17 der recess vermag] der recess vermug DATT., die Recht vermugen Rs. 2 nach gestalt der zeit] ’mit Rücksicht auf die Zeitläufte’ 10 nach bis gelegenhait] ’entsprechend den Zeitumständen’ 11 des] = das 13f. in bis rechten] zur adjektivischen Flexion siehe A 13. Revers, Z. 14 16 inhalten] ’Einhaltung’, ’Befolgung’ 17 vermag] ’gebietet’ 4 zu Muldorff bis furgenumen] Rezess des Mühldorfer Reformationskonvents, 31. Mai 1522 (ARC 1, Nr. 13, S. 62–66, bes. 63, Z. 24 – 65, Z. 10); Die auf dem Mühldorfer Konvent beschlossenen Reformstatuten (Reformmandat), 31. Mai 1522 (ARC 1, Nr. 14, S. 67–75). 5 zu Nurnberg bis gemessiget] gemeint: Rezess über die während des 2. Nürnberger Reichstages gepflogenen Beratungen des EB Salzburg und der Suffragane Freising (... Regensburg) und Passau über die Durchführung der Mühldorfer Beschlüsse, [Nürnberg, vor 12. Febr. 1523] (ARC 1, Nr. 21, S. 86–89). Die im Mühldorfer Rezess (wie zu Z. 4) (ARC 1, Nr. 13, S. 63, Z. 26–28) vorgesehene generalis totius cleri visitatio, quae omnino et ad minus intra trium mensium spatium a die publicationis dicti mandati immediate sequentium incipiatur (nicht: „durchgeführt“, so SALLAB. 1997, S. 259 bei Anm. 40), maxime in provincia Bavariae, wird im Nürnberger Rezess aufgeschoben zugunsten einer kleinen Lösung, siehe ARC 1, Nr. 21, S. 86, Z. 26 f.; 87, Z. 7–17. – Im obigen Kopfregest ist JvS 5, S. 66, bes. die Worte „im Rahmen eines großen Programms zur Durchführung der Beschlüsse des Mühldorfer Konvents ... und des Nürnberger Reichstags“, entsprechend präzisiert. 7 genedigister herr] Wie Z. 26 und Z. 44 f. FEbf. Matthäus Kardinal Lang; hinfort nicht mehr erklärt. 8 mitbischoffen] Auf dem 2. Nürnberger Reichstag waren von den Suffraganen nur Freising, Regensburg und Passau, und auch diese nicht persönlich, vertreten, die übrigen, nämlich Brixen und die Eigenbistümer Gurk, Seckau, Chiemsee und Lavant, gar nicht. 8 ertzhertzogen] Erzherzog Ferdinand von Österreich (1503–1564; seit 1521 Regent der Erblande). 8 erzherzogen mandats] Ehz. Ferdinand, Generalmandat, Nürnberg, 12. Febr. 1523 (ARC 1, Nr. 23, S. 93). 12f. abschied bis execution] Nürnberger Rezess (wie zu Z. 5), S. 87, Z. 9 ff. 13f. forma bis ausgedruckt] Corpus iuris canonici, Decretum Gratiani, lib. 2, Causa 10, q. 1, can. 10–12 (Friedb. 1, Sp. 615 f.). 14 doctor Eberhart] Dr. Eberhard Englmar. 16 ausgangen mandat] Salzburger Diözesanverordnung über die Reform der klerikalen Disziplin, Salzburg [Ende] März 1522 (ARC 1, Nr. 8, S. 48–53), unter der Üs. „Erstes Reformationsmandat“ bei DATTERER, S. IV−XI. 17 recess] Nürnberger Rezess (wie zu Z. 5) (S. 87, Z. 25 ff.).
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
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[drei Hs.-Zeilen in einem Abschnitt ausgelassen] v
[1 ]
[zwei Hs.-Zeilen in einem Abschnitt ausgelassen]
Particularis visitatio soll auch in allweg hie in der stat volkumelich in toto clero beschehen. Darnach mag man dester statlicher straffen.
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Item in dem allen ist das notturfftigist ain fischall, qui in civitate precipue tam quoad transgredientes mandatum quam quoad librarios vel alios in re Lutheriana delinquentes attendat. Principales executores officialis et fiscalis, qui in casu necessitatis habeant recursum ad dominum reverendissimum.
25
Item idem fiscalis nisi agat, nullus est, qui etiam contra Monachum de Rattenburg vel alios captivos actum instituat. Scribatur cum tempore ad duces Bavarie, sicut consultatum Nurnberge, precipue postquam dominus reverendissimus habuerit aliquam occasionem puniendi aliquem presbiterum vel ecclesiasticum in dominiis eorundem ducum residentem. Item, wie der recess zu Muldorff vermag, hat mein genedigister herr mit seinem hoffgesind noch nie gehanndelt, darunder laien und pfaffen straffmessig; ir etlich haben das pfantlied helffen machen under den pfaffen in der stat. 22 notturfftigist] aller notturfftigst Rs. DATT. 23 alios] alias Rs. DATT. 25f. Principales bis reverendissimum] nachtr. intra lineas eingeschoben 25 habeant] habeat Rs. 33 nie] nutt Rs., nit DATT. 34 pfantlied] pfaffenlied Rs. DATT. 25f. recursum] Dt. Äquivalent: zuflucht, so B 6. Ratssitzung vom 16. Aug. 1523, Z. 7 mag] ’gebietet’
32 ver-
20 Particularis] Im Unterschied zu der aufgeschobenen generalis visitatio, siehe zu Z. 5. 22 fischall] Als Fiskal wird in B 5. Rem an Lang, 29. April 1523 Ulrich Ehinger vorgeschlagen. 25 officialis] Offizial ist (1520 – Okt. 1524) der Domdekan Andreas von Trautmannsdorf, gefolgt von Balthasar von Lamberg (1524–1525) und Ambrosius von Lamberg (? – 40er Jahre); s. Hans PAARHAMMER, Rechtsprechung und Verwaltung des Salzburger Offizialates (1300–1569) (Dissertationen der Universität Salzburg, Bd. 8), Wien 1977, S. 39. Die Ämter des Offizials und des Generalvikars sind in Salzburg zu Langs Zeit nicht getrennt; ebd. S. 23 ff., bes. 27 f. – Unter der Signatur RA II, Nr. 64 verwahrt das Erzbfl. Archiv Salzburg ein Gutachten zu ihrer Trennung aus der Feder von Johann Fabri, seit 1. Aug. 1523 Rat Ehz. Ferdinands, das weder Leo HELBLING, Dr. Johann Fabri, Generalvikar von Konstanz und Bischof von Wien, 1478–1541. Beiträge zu seiner Lebensgeschichte (RST 67/68), Münster / Westf. 1941, noch Christian RADEY, Dr. Johann Fabri. Bischof von Wien (1530–1541), Wegbereiter der katholischen Reform, Rat König Ferdinands, masch. Diss. phil., Wien 1976, verzeichnen: Pro r(everendissi)mo Domino D(omi)no Mattheo S(ancte) R(omane) E(cclesie) t(i)t(ulo) S(anc)ti Angeli p(res)b(ite)ro Cardinale et Archiepiscopo Saltzburgen(si) Io(annes) Fabri doctor officia vicariatus et officialatus quomodo tempore Matt hei Langii arch(iepisco)pi fuerunt assignata. 26 u. ö. dominum reverendissimum] Wie Z. 7 und Z. 44 f. 27 Monachum de Rattenburg] Stephan Kastenpauer (gen. Agricola), der am 10. oder 11. März 1523 in Mühldorf eintraf; entsprechend dem im Mühldorfer Rezess (wie zu Z. 4) (ARC 1, Nr. 13, S. 65, Z. 11–30) formulierten Auslieferungsverfahren. 29 ad duces Bavarie] Hzz. Wilhelm IV. (1493–1550, reg. seit 1508) und Ludwig X. (1495–1545, mitreg. seit 1514/1516). 29 consultatum Nurnberge] Nürnberger Rezess (wie zu Z. 5) (S. 89, Z. 18 ff.). 32 recess zu Muldorff] Mühldorfer Rezess (wie zu Z. 4) (ARC 1, Nr. 13, S. 63, Z. 33–38). 34 pfantlied] Häufiger ’Pfaffenlied’; einen Text siehe Ph. Max KÖRNER, Historische Volkslieder aus dem sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert nach den in der K. Hof- und Staatsbibliothek zu München vorhandenen Fliegenden Blättern, Stuttgart 1840, S. 239–242 Nr. 28; L. ERK / Fr. M. BÖHME, Deutscher Liederhort, Bd. 1 (1893), S. 493–495 Nr. 154.
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Text B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523 35
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Und generaliter sein sie vast all zu nichtig: vel concubinarii vel asueti tabernis, conpotationibus, orationis lascivi. [elf Hs.-Zeilen in zwei Abschnitten ausgelassen]
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[drei Hs.-Zeilen in zwei Abschnitten ausgelassen]
Si dominus reverendissimus non corrigit suos, non [XXIV] potest alienos reprehendere etc. Precipue nit fleisch essen, beichten und ander, der bucher gesez halten. Item generall mandat und edict im stifft Salzburg des Lutters halben, doch woll justificiert, außgen lassen, gleimessig und formirt, wie der von Bairn und des erzherzogen. Item exponere recessum in Nurnberga ab imperio conclusum.
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Und darnach darob halten, auch allen pflegern befelhen, quia dominatio sua reverendissima est in medio archiducis et Bavarie ducum, qui idem fecerunt et faciunt. Et visa una notabili executione multi postea desistent. [23 Hs.-Zeilen in vier Abschnitten u. eine einzelne Zeile ausgelassen] v
[2 ]
[restliche fümf Hs.-Zeilen in einem Abschnitt ausgelassen]
36 orationis] et alias Rs. DATT. 40 gesez] meß Rs. DATT. 41 Salzburg] fehlt Rs. 42 des] fehlt Rs. 43 Item] auch Rs. DATT. 43 Item bis conclusum] am Rd. 44 auch] und Rs. DATT. 35 nichtig] ’nichtsnutzig’, ’-würdig’
42 Nach wie] zu erg. ’das (Mandat)’
41 mandat bis Lutters halb] Zu dessen verzögerten Erscheinen siehe B 2. Denkschrift von [Ende April 1523], zu Z. 23. Zu unterscheiden von dem aussgangen mandat (Z. 16), der Salzburger Diözesanverordnung über die Reform der klerikalen Disziplin, Salzburg [Ende] März 1522 (ARC 1, Nr. 8). Weder diese noch der Mühldorfer Rezess (ARC 1, Nr. 13) nennen Luther oder die Lutheraner expressis verbis; was Johannes Eck in seiner Zusammenfassenden Denkschrift für Hadrian VI. (ARC 1, Nr. 28) bemängelt: ... contra Ludderanam haeresim bene fuit habita synodus Müldorffensis, ubi residet Salisburgensis, sed adeo tepida et ignava, quae non auderet nominare quidem Ludderum (S. 131, Z. 7–9). 42 (mandat) der von Bairn] Religionsmandat, 5. März 1522 (Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern, hg. v. Karl BOSL, Abt. 1: Altbayern vom Frühmittelalter bis 1800, München 1977, Nr. *168 S. 275–279). 42f. (mandat) des erzherzogen] Siehe zu Z. 8 dritter Eintrag; wohl kaum schon das aus Neustadt vom 12. März 1523, bei DATTERER, S. XX−XXII (unter der Üs. „Ehz. Ferdinand verbietet in einem Mandat an seine niederösterreichischen Länder jede Art der Weiterverbreitung Luther’scher Schriften ... “). 43 ab imperio] 2. Nürnberger Reichstag, Abschied vom 9. Febr. 1523 (RTA 3, bearb. v. Adolf 44f. dominatio sua WREDE, Gotha 1901, Nr. 117 S. 736–759, bes. 745, Z. 35 – 748, Z. 31). reverendissima] Wie Z. 7 und Z. 26.
B 2. Denkschrift [Rem für FEbf. Lang], [Ende April 1523] Erste Erwähnung des Johann von Staupitz (’abt zu Sant Peter’, Z. 11 mit App. zur Marg.) ’alls [eines] der heyligen geschryfft erfarnen’, durch den Agricola (’Munnich zu Muldorff’, Z. 9) muge ... zu der abiuration ... vermugt werden’ (Z. 11–12). Dazu müsste Agricola [nach Salzburg] überführt werden. Das hätte Zeit bis zur Rückkehr des FEbf.s [vom Tiroler Landtag]. ’Oder’ (Z. 12) man könnte auch jemand andern nach Mühldorf schicken. Agricola wird sich freilich nicht leicht überzeugen lassen. Gerahmt wird dieses Tractandum nach vorne durch den Vorschlag, das bisherige Vorgehen [gegen die Lutheraner] dem Papst [Hadrian VI.] gegenüber zu rechtfertigen, und nach hinten durch eine Reihe zu erledigender Einzelpunkte; deren wichtigster ist, [endlich] ein [explizit] gegen die Lutheraner gerichtetes Mandat zu erlassen. Textvorlage: RA II, Nr. 10. Ein Bogen, zu einem Viertel leer. Ohne Datum. Von der Hand des Dr. Ägidius Rem. Überschrift (1r): ’Ratslag der Inquisition halben wider die lutterischen’. Dorsalvermerk (2v): ’Ratslag super brevi Inquisitionis Item munnich zu Muldorff Memoriale rer(um) eccl(esiastic)a(rum) cogitandar(um) per R(everendissi)mum D(ominum)’. Zusatz Hauthalers (am Kopf von 1r) oberhalb einer zwar alten, aber zu recht gestrichenen Jahresangabe „1530“: „Ende April 1523!“, geändert in „Ende März oder April 1523!“. Referat: HAUTHALER, S. 329 mit Anm. 1. Zur Datierung: ’uff ir zukunn†..†’ Z. 10 dürfte sich auf die erwartete Rückkehr des FEbf.s Matthäus Kardinal Lang vom Innsbrucker (Tiroler) Landtag (ähnlich schon JvS 5, S. 67 mit Anm. 28) beziehen, der vom 16. April bis Mitte Mai 1523 dauerte (siehe ARC 1, Nr. 24, S. 94, Z. 24); Lang ist am 23. April dort (siehe SALLABERGER 1997, S. 274) und schon am 3. Mai wieder zurück (ebd. S. 281, Anm. 11, u. S. 282). Zu Verfasser und Charakter des Schriftstücks: Der ’Ratslag [...] wider die Lutterischen’ ist von der Hand des Dr. Ägidius Rem, eines der einflußreichsten Räte des FEbf.s, geschrieben. Der nur eine Seite lange Text enthält weder ein Datum noch die Namen von Anwesenden. Formulierungen wie sein f(urstliche) g(naden) schreybe (= möge schreiben) legen nahe, daß es sich hier nicht um das Protokoll einer förmlichen Ratssitzung, sondern um die Empfehlung von einigen Räten oder – eher noch – von einem einzigen, Rem selbst, handelt. Der Begriff Ratschlag, meist mit ’consultatio’ übersetzt, deckt beide Möglichkeiten. Dazu paßt auch ’Memoriale [...]’ im Dorsalvermerk.
[1r] Ratslag der inquisition halben wider die Lutterischen. Sein f. g. schreybe papstlicher heyligkheyt, wie sy vorhin in sollicher sach auß ordenlichem gewalt und furstlicher öberkhayt in irem bistumb und weltlicher öberkhayt fyl gehandlet hab, auch was ir begegnet sey. Welle sollichs auch hinfuran gern thon und seinr heyligkhayt willen gehorsamlich nachkhomen, sonder2 vorhin] ’früher’ 3 ordenlichem] zu verstehen: ’dem Bf. als Ordinarius loci zustehendem’; zur Form: gewalt im Fnhd. mask. 4 was bis sey] zu verstehen: ’welchem Widerstand sie begegnet sei’ 4 Vor Welle] zu ergänzen: ’Er (der FEbf.)’ 2 papstlicher heyligkeyt] Hadrian VI. (†14. Sept. 1523). Ratssitzung vom 23. April 1523, zu Z. 12.
4 was bis sey] Zur Sache s. B 3.
5
Text B 2. Denkschrift [Ende April 1523]
87
lich in disen landen, da sein f. g. etwas erschießlichs darinn handlen mag. Dan ausserhalb sey zu sorgen, es muge diser zeit auf die mainung nichs nutzlichs gehandlet werden. 10
15
Des Munnichs zu Muldorff halben. Sein f. g. lasse in allso uff ir zukunn†..† ligen und nachmalen herfieren, damit er durch den abt zu Sant Peter alls der heyligen geschryfft erfarnen muge uberwunden und zu der abiuration gehallten und vermugt werden. Oder schicke yemands zu im, der sollichs mit im handle. Aber es ist ze sorgen, er werde nitt leychtlich dahin zu bereden sein dann durch disputationem etc. [1 v vacat]
[2r] Memoriale rerum ecclesiasticarum per reverendissimum dominum cogitandarum. Officialat〈us〉 per totum ––– Fiscalat〈us〉 ––– 20
Capitulis antwurt ––– Hertzog Ernst Rößer zu rat aufnemen –– Quid contra publice scandalose delinquentes sacerdotes ––– Expedire mandatum contra Lutheranos –––
11f. Abt bis werden] Am Rand von jüngerer, und zwar von der in der Reinschrift von B 1 beobachteten grobschlächtigen späteren Hand, überdies schwarz nachgezogen: Staupitius deßignatur ad Colloquium cum Aggricola 7 ausserhalb] zu verstehen: ’ausserhalb der Lande, in denen der FEbf. geistliche und zugleich auch furstliche und weltliche öberkhayt ist’ 7 auf die mainung] ’in dieser Absicht’ 10 uff ir zukunn†..†] ’bis zu ihrer (f. g., d. h. des FEbf.s) Ankunft’; ähnlich Rem an Lang, 28. April 1523: ARC 1, Nr. 26, S. 98, Z. 27 f.: uff e. f. g. zukunfft ... auffgeschoben 12 vermugt] (’vermocht’), ’bewegt’ 14 dann] ’es sei denn’ 12 abiuration] Entsprechend dem im Rezess des Mühldorfer Reformkonvents, 31. Mai 1522 (ARC 1, Nr. 13, hier S. 65, Z. 25–27) formulierten Verfahrensziel: ad publicam revocationem vel saltem abiurationem haeresis. 21 Hertzog Ernst] Hz. Ernst von Bayern (1500–1560), Bruder der Hzz. Wilhelms IV. und Ludwigs X. (je wie B 1. Ratssitzung vom 16. März, zu Z. 29), Administrator des Bistums Passau und damit Suffragan des FEbf.s Lang; zuvor glückloser Konkurrent um Salzburg, seit 1525 widerwillig akzeptierter Koadjutor, 1540 Nachfolger (1554 resigniert, ohne je die Weihe genommen zu haben). 21 Rößer] Nicht identifiziert. 23 mandatum contra Lutheranos] Zu dessen – vor allem durch den sog. lateinischen Krieg – bis zum 22. Juli 1523 verzögertem Erscheinen siehe RTA 1, Nr. 27, S. 99, Z. 11 f. mit Anm. 72. – Text bei DATTERER, S. XXX−XXXII.
B 3. Protokoll der Ratssitzung vom 23. April 1523 (Auszug) Der FEbf. soll das Generalmandat gegen die Lutheraner erlassen, sobald er vom [Tiroler] Landtag zurück ist. Im Fall Agricola (’des Münnichs halben’, Z. 8), [inzwischen ein eigener], der dritte Tagesordnungspunkt [unter vieren, soll verfahren werden wie folgt]: Kommissare werden beauftragt, ihn eidlich zu ’verhören’. Dies soll dem Erzherzog durch Dr. Ribeisen angezeigt werden, zugleich mit der Entschuldigung für die bisherige Verzögerung durch Bayern. [Als Kommissare werden in den Randnotizen] der Marschall [Wigileus von Thurn] und Dr. Eberhard [Englmar] [genannt, Letzterer zudem] als Verfasser der Artikel [für das Verhör], die noch ’ubersehen’ werden müssen. Sollte Agricola ’nitt formlich’ auf die Artikel antworten, so gäbe es zwei Wege, weiterhin gegen ihn vorzugehen, einen ’rigoris’: weitere Nachforschungen ’und inquisition’ in Rattenberg und Prozeß, und den andern ’lenior’: ihn zur Abjuration, ’in dem so bey im erfunden würdet’, anzuhalten. Darüber soll nach dem Verhör (’der yetzigen inquisition’) weiter beraten werden. Davon braucht aber dem Erzherzog einstweilen nichts mitgeteilt zu werden. Textvorlage: RA II, Nr. 14. Ein Bogen. Entwurf. Von der Hand des Dr. Ägidius Rem. Am Rand des Kopfes von Bl. 1r (die Teilnehmer): ’Sand peter dechand H. Balthaser doctor Räm doctor Eberhardt Camerarius oder Cusstor [sic] assessor’. Ebenfalls am Kopf Zusatz Hauthalers: „A. 1523 April 23“. Überschrift (1r): ’Ratslag in den nachgeschribnen geystlichen sachen gehallten xxiij Aprilis Anno etc xxiij’. Dorsalvermerk (2v): ’Ratslag in c(aus)a cleri et Lutheranorum gehallten am xxiij Aprilis Anno etc xxiij’, und für sich allein stehend ’1523’. Von moderner Hand: ’Rathschlag †... ...† †... ...†’. Randbemerkungen verschiedener Hände (darunter auch der in der Reinschrift von B 1 beobachteten grobschlächtigen späteren Hand), die mit Ausnahme von Z. 17 nicht als Korrekturen zu verstehen und – auch deswegen – nicht immer eindeutig einer Textstelle zuzuordnen sind. Reinschrift (Sigle: Rs.): RA II, Nr. 14a. Ein Bogen. Von Schreiberhand. Am Rand des Kopfes von Bl. 1r von anderer Hand (die Teilnehmer): ’Sant peter dechandt H. balthasar doctor Räm [über der Grundlinie in derselben Zeile:] secretari [darunter:] executor doctor Eberhart Camerarius vel Custor Assessor’. Ebenfalls am Kopf Zusatz Hauthalers: „B. 1523 April 23“. Überschrift (1r): ’Ratschlag in den nachgeschribnen geistlichen sachen gehallten xxiij aprilis Anno etc xxiij’. Dorsalvermerk (2v): ’Copia des Ratslags xxiij Aprilis h(ab)iti in c(aus)a cleri etc Archidia(co)ni R(everendissi)mus d(omi)n(u)s loq(ua)t(ur) familie clero et civibus Monachus in Muldorf P(resbi)t(e)r qui occidit coquinam’. Randbemerkungen weniger zahlreich als im Entwurf, durchweg nicht als Korrekturen zu verstehen und – wie dort – nicht immer eindeutig zu beziehen (vgl. Z. 10 und Z. 11).
Text B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523
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Gedruckt: DATTERER, S. XXV f. (offb. aus dem Entwurf) unter der unzutreffend formulierten Üs. „Verhandlungen und Beschlüsse des geistlichen Rates von Salzburg betreffend die Reformation des Klerus und die Luther’sche Angelegenheit“; mit nur einem größeren Fehler (Z. 16). Referiert: DATTERER, S. 23 f.; HAUTHALER, S. 191–193 Nr. 36. Erwähnt: ARC 1, Nr. 27, S. 99 f. Anm. 72, hier S. 100, Z. 24–30. Die Teilnehmer im Klartext: Johann von Staupitz, Abt von St. Peter; Andreas von Trautmannsdorf, Domdekan (s. vor B 1); Balthasar von Lamberg, Domherr (s. vor B 1); Dr. Ägidius Rem, ebfl. Sekretär und Exekutor (s. vor B 1); Dr. Eberhard Englma(y)r (s. vor B 1; DATT.s Zusatz „(von Hirnhaim)“ ist mit HAUTHALER 318 Anm. 2 zu streichen); Mag. lic. decr. Martin Schaller, (sog. alter) Kammermeister (seit 1. H. 1520) und Domkustos (seit 1519/20) (BAYR 112 f.; DATT.s Zusatz „(Awer)“ ist ohne erkennbaren Anhaltspunkt; Schaller war laut PAARHAMMER 45 mit Anm. 189 und BAYR, ebd., 1518/19 auch Konsistorialassessor, hier kann mit ’Assessor’ jedoch nicht er gemeint sein).
[1r] Ratslag in den nachgeschribnen geystlichen sachen, gehallten xxiij. Aprilis anno etc. xxiij. [Rest der Seite = 14 + 13 + 4 Hss.-Zeilen in drei Abschnitten (davon der zweite original als ’2’ nummeriert) ausgelassen] 5
v
[1 ] Es soll auch sein f. g. general mandat wider die lutterischen leer außgeen lassen, doch erst nach dem landtag. [18 Hss.-Zeilen in einem Abschnitt (ohne originale Nummerierung) ausgelassen]
10
3. Des Münnichs halben sollen fürderlich comissari verordnet werden, die ine medio iuramento verhören. Es soll auch yetz dem ertzhertzogen durch doctor Rybeysen anzaygt werden, das sollichs fürgenomen sey, mitt entschuldigung, das
5 lutterischen] lutterisch Rs.
10 mitt] mit Rs. DATT.
8 Zu comissari am Rd.: Marschal(us) et d. Eberhardt Entw., Marschalk et doctor Eberhart Rs. 10 Zu anzaygt am Rd.: Item doctor Eberhardt anzaygen Entw. (jedoch bis auf doctor Eberhardt wieder gestr.), doctor Eberhart ansagen Rs. 10 Zu fürgenomen am Rd.: d(omi)n(us) Entw.; vgl. zu Z. 11 5 mandat wider die lutterischen leer] Siehe B 2. Denkschrift [Rem für Lang], [Ende April 1523], zu Z. 23. 6 landtag] Gemeint ist der Innsbrucker (Tiroler) Landtag (16. April bis Mitte Mai 1523); vgl. B 2. Denkschrift [Rem für Lang], [Ende April 1523], Datierungsbegründung. 8 Marg. Marschalen bzw. Marschalk] Marschall ist Wigileus von Thurn; siehe BAYR, S. 103 f. – Die Kommissare sind Stellvertreter des Offizial/Generalvikars, „die an seiner Statt den Gerichtssitzungen präsidierten“ (PAARHAMMER, S. 22). 9 Ertzhertzogen] Erzherzog Ferdinand von Österreich (1503–1564; seit 1521 Regent der Erblande); hinfort nicht mehr erklärt. 10 Rybeysen] Ribeisen hatte in der ersten Aprilhälfte 1523 – vergeblich – mit Hz. Wilhelm IV. verhandelt, „um eine reibungslose Überführung Agricolas nach Salzburg zu gewährleisten, ohne die bayerischen Ansprüche“ auf „das oberste Halsgericht über die Stadt Mühldorf“ „anerkennen zu müssen“; siehe SALLABERGER 1997, S. 272–274, bes. bei und mit Anm. 24, 26 und 32.
90
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
bisher nichs anders gehandlet hab mugen werden von wegen der entperung der beyrischen underthanen. Item so ferr er nitt formlich uff die artickl antwurten werde, [XXVI] [2r] so seyen zwen weg, ferrer gegen im ze handlen, der ain rigoris, das man zuo Ratenburg weytere kundtschafft und inquisition hallt und darauff ferrer procedier; der ander o lenior, das man in zu der abiuration in dem, so bey im erfunden würdet, hallte; sollichs würdet nach der yetzigen inquisition verrer beratslagt. Mitle zeyt darff man dem ertzhertzogen darvon nichs entpietten. [restliche 13 Hss.-Zeilen in einem Abschnitt, original als ’4’ nummeriert, ausgelassen]
11 nichs] nichts Rs. DATT. 15 weytere] weyter DATT. 16 lenior] levior DATT. 16 in dem bis würdet] vom Rd. eingewiesen Entw. 16 würdet] wirdt Rs. 17 Mitle] Mittler Rs. 18 darvon nichs] nichts davon Rs. 11 Zu nichs am Rd.: doctor Eberhart hat Artickl gemacht die mügen ubersehen werden fiat nur Entw. 11 Zu mugen am Rd.: d(omi)n(us) Rs.; vgl. zu Z. 10 11 entperung] ’Empörung’ 17 sollichs] Zu verstehen: welcher von den zwen weg einzuschlagen sei 17 würdet] wirdt Rs. 17 verrer] (’ferner’), ’weiter’ 17f. darff bis entpietten] (’bedarf ...’), ’braucht ... mitzuteilen’. – Im obigen Kopfregest entsprechend berichtigt ist JvS 5, S. 66, bes. die Worte „Davon dürfe aber dem Erzherzog einstweilen nichts mitgeteilt werden.“. 12 entperung bis underthanen] Gemeint ist nicht etwa ein Volksaufstand, sondern die – von Hz. Wilhelm IV. insgeheim gebilligte – Obstruktion durch das regiment in Burghausen (vgl. B 6. Ratssitzung vom 16. August 1523, Z. 31) gegen die Überführung Agricolas; siehe SALLABERGER (wie vorhin), S. 273 bei und mit Anm. 26. – Burghausen liegt ca. 30 km östlich von Mühldorf an der Salzach, der Weg nach Salzburg führt durch das Amt. – Zum Regiment in Burghausen siehe Claudia SCHWAAB, Altötting. Das Landgericht Neuötting, das Stadtgericht Burghausen und die Gerichte Wald und Leonberg-Marktl (Historischer Atlas von Bayern, Heft 63), München 2005, S. 293–361, hier 311 f., 346, 356 ff. 13 er] Gemeint: Agricola. 16 abiuration] Vgl. zuletzt B 2. Denkschrift [Rem für Lang], [Ende April 1523], Z. 12.
15
B 4. Rem an FEbf. Lang [auf dem Innsbrucker Landtag], Salzburg 28. April 1523 (Auszug) Bei der Konvokation der Archidiakone der Diözese haben der Dompropst [Rudolf von Khüenburg] und Staupitz wegen Aderlassens gefehlt. Des FEbf.s Absicht, Agricola [’den Munnich’, Z. 14] durch Dr. Eberhart [Englmar] ’examinirn’ zu lassen, hat er diesem mitgeteilt. Er hält sich bereit und begehrt, dass ihm Notare und Zeugen zugeordnet werden. Rem schickt dem FEbf. Protokoll der Ratssitzung vom 23. April 1523 (Text B 3). Textvorlage: RA II, Nr. 16. Zwei Bogen, der zweite zu einem Viertel leer. Autograph. Anschrift (4v): ’Dem hochwirdigsten fursten meinem Gnädigsten hernn Cardinal und Ertzbischoven zuo Saltzpurg etc.’. Darunter von anderer Hand: ’Actum cum archidiaconis in aprili 1523’. Am Kopf Zusatz Hauthalers: ’1523 A. Apr. 28. Reinschrift: RA II, Nr. 16a. Ein Bogen. Von Schreiberhand. Keine Überschrift. Dorsalvermerk (2v): ’Copia literarum ad R(everendissi)mum d(ominum) 28 April. 1523 De negotio archidia(co)nor(um)’. Am Kopf Zusatz Hauthalers: ’Littera ad Arch(iepisco)pum, B. 1523 Aprril 28’. Randbemerkungen von der in der Reinschrift von B 1 beobachteten grobschlächtigen späteren Hand. Gedruckt: DATTERER, S. XXVI−XXIX (unter der irreführenden Üs. „Der ebfl. Sekretär Rem berichtet Ebf. Matthäus Lang über die abgehaltene zweite Beratschlagung des geistlichen Rates in Salzburg, besonders über die allgemeine Visitation betreffend“). – ARC 1, Nr. 26, S. 97 f. (unter der zutreffenden Üs. „Bericht Dr. Ägid. Rem an den auf dem Innsbrucker Landtag abwesenden EB über die Salzburger Archidiakonenkonferenz. – 1523 April 28 Salzburg.“). Referiert: DATTERER, S. 24; HAUTHALER, S. 195 f.
Dem hochwirdigsten fursten, meinem gnädigsten hernn cardinal und ertzbischoven zuo Saltzpurg etc. [1r] Hochwirdigister furst, gnädigister herr. Die nachvolgenden ertzpriester synd hie erschinen: 5
[folgende 15 Hss.-Zeilen ausgelassen]
So ist e. f. g. dumprobst hie zu Saltzpurg von wegen, das er ain aderlässer ist gewesen, auch nitt erschinen. [übrige 9 1/2 Hss.-Zeilen dieser Seite ausgelassen]
1 Üs. aus der Anschrift 6 dumprobst] Dompropst ist laut HAUTHALER S. 195 Rudolf von Khüenburg († 1526; vgl. BAYR, bes. S. 121 u. 269 f.); laut SALLAB. 1997, S. 132 übte Rudolf von Khüenburg das Amt nur bis zur Säkularisierung des Domkapitels (1514) aus, zu deren Gegnern er zählte, resignierte, behielt aber bis zu seinem Tod den Titel und andere Vergünstigungen.
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
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[1v] Nachmalen ist durch uns alle, so e. f. g. dartzu verordnet hat, außgenommen dem abbt zu sant Peter, der auch ain aderlässer gewesen ist [...] .
10
[übrige 18 Hss.- Zeilen dieser Seite ausgelassen]
[2r–3r] v
[3 ]
[nachfolgende drei Hss.-Seiten ausgelassen]
[16 Hss.-Zeilen ausgelassen]
Ich hab auch e. f. g. mainung, den Munnich zu Muldorff zu examinirn, doctor Eberharten antzaygt, der wart uff verern beschaydt von e. f. g., doch begert er, im sollen notari und testes darzugeordnet werden. Ich schick e. f. g. den jungstgehallten ratslag auch hiemitt. [7 1/2 Hss.-Zeilen ausgelassen]
Datum Saltzpurge xxviij. Aprilis anno etc. xxiij. E. f. g. Rem.
16 notari] notarii Rs. DATT. p(ropria) DATT.
16 darzugeordnet] zugeordnet Rs. DATT.
12 Nach Rem] m(anu)
14 mainung] ’Absicht’ 10 abbt zu sant Peter] Staupitz. 14 munnich zu Muldorff] Agricola; vgl. B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, Z. 27. 15 doctor Eberharten] Dr. Eberhard Englmar; vgl. B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, Z. 14. 17 Gemeint ist B 3. Protokoll der Ratssitzung von 23. April 1523.
15
B 5. Rem an FEbf. Lang [auf dem Innsbrucker Landtag], Salzburg 29. April 1523 (Auszug) Die Artikel, die Agricola (’dem gefangen’, Z. 4) in Mühldorf vorgelegt werden sollen, sind beraten. Der FEbf. soll neben Dr. Eberhard [Englmar] noch einen Notar bestellen, sowie einen Fiskal zur Erhebung der Anklage. Was die Person eines Fiskals betrifft, so hat er, Rem, in Erfüllung des Auftrags, den ihm der FEbf. durch Dr. Ribeisen erteilen ließ, zusammen mit Balthasar von Lamberg den Herrn Ulrich Ehinger angesprochen, der ’ain procurator consistorii werden soll’, ob er dazu geeignet und bereit wäre. Dass Ehinger mit ihm, Rem, verwandt ist, ist dem FEbf. ja bekannt und kein Hinderungsgrund, ihn als erste Wahl für das Amt zu empfehlen. Textvorlage: RA II, Nr. 17. Ein Bogen, zu einem Viertel leer. Abschrift. Ohne Unterschrift, aber mit dem (Ausgangs-)Vermerk (1v am Fuß): ’Mißa XXIX ap(ri)lis 1523’. Ohne Adresse. Dorsalvermerk: ’Copia l(itte)rarum Ad Re(verendissi)mum d(ominum) dat(um) xxix April(is) Doctor Jacob Mangk Munch zu Muldorff fiscal Mandatu(m) (com)p(ar)itionis cora(m) Re(verendissi)mo’, daneben durch eine moderne Hd. sinnentstellend verkürzt: ’Copia Litterarum ad Re(verendissi)mum Doctor Jacob Mungk zu Muldorff’. Erwähnt: DATTERER, S. 24; HAUTHALER, S. 196.
[1r] Hochwirdigister furst, gnadigister herr. E. f. g. schreiben, an gestern außganngen, hab ich heut emphanngen. [20 1/4 Hss.-Zeilen und damit den Rest dieses Abschnitts ausgelassen.
5
10
So sind die Artickl, so zu Muldorff dem gefangen furgehallten werden sollen, auch beradtschlagt, doch soll e. f. g. neben doctor Eberharten noch ain notari und fiscal, der den gefanngen anklag, auch verordnen. Deßhalbn seyn wir zu rad worden ainß fiscals halben, und ist wol herrn Balthasaren von Lamberg und mir durch doctor Ribeisen an statt e. f. g. vor seinem abschid angesagt worden, wir sollen deßgedachten fiscals ampts halbn mit heren Ulrichen Ehinger, so ietz hie bey mir ist und ain procurator consistorii werden soll, hanndlen und umb seiner geschicklichait und willens erkunden.
2 E. f. g. bis außganngen] Lang an Rem, 28. April 1523, fehlendes Schreiben. 4 Artickl] Articuli. 5 doctor Eberharten] Diesem, Dr. Eberhard Englmar, hatte Rem laut seinem Brief vom Vortag (B 4. Rem an Lang, 28. April 1523, Z. 14) lediglich den Auftrag übermittelt, den munnich zu Muldorff zu examinirn. 10 Ulrichen Ehinger] In einer Weisung des EB Salzburg an seinen Rat Dr. Nik. Ribeisen (in Nürnberg), [Salzburg, ca. 10. März 1524] wird Mag. Udalricu(s) eindeutig als fiscal(is) bezeichnet, siehe ARC 1, S. 231, Z. 3. – Die Zuweisung des FiskalAmtes an Dr. Eberhard Englmar wie auch die der Rolle des Notars an Ulrich Ehinger durch HAUTHALER, S. 328 und diesem, obschon vorsichtig, folgend, auch JvS 5, S. 67, Z. 1 mit A. 27, S. 67, Z. 3 und S. 68 Anm. 32 ist damit hinfällig, ebenso die feste Verbindung von „Englmar“ und „Fiskal“ JvS 5, S. 70, Abs. 2, Z. 2, bei SALLABERGER, S. 275, Abs. 3, Z. 3 f. oder BAYR, S. 49 (in klarem Widerspruch zu S. 124).
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Mein gnadigister herr, wiewol er mir, wie e. f. g. guet wissen tregt, verwant ist, so mueß ich doch e. f. g. die warhait nit verhallten. Er ist furwar gelert und geschickt gnug darzu und zu ainem meren. Und ich khan nit wol gedenckhen, das e. f. g. umb das jehenig, darfon geredt ist worden, leichtlich ain gelegnern finden werd. Ich acht auch darfur, [1v] wan er e. f. g. auch darzu gefiele, er wurd volgen und sich sein understeeen und im recht außwarten. Aber wir habn nichts beschließlichs mit im handlen wollen, sendmaln wir nit andren bevelh habn. Mit im ist geredt worden, so setzt er die sach mir haim, im darin zu raten, dan der besoldung halb vermaint er, L gulden daß jars wol zu verdienen, aber er wurdt sich weisen und an dem jenen benuegen lassen, das e. f. g. ainem andern bewilligen hat wollen.
15
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Ich schick e. f. g. hiemitt ain Concept convocationis cleri, ist beratschlagt, es soll allso under e. f. g. namen unnd secret außgeen und angeschlagen werden. [2 3/4 Hss.-Zeilen ausgelassen, betr. gemeinsam mit Herrn Hanns Schenck zu erledigende, nicht näher bestimmte Aufgaben]
Datum Saltzpurge xxix aprilis Anno etc. xxiij. [1 Hss.-Zeile Überschrift und 14 1/4 Hss.-Zeilen mit dem Text des Concept convocationis cleri, sowie 4 Hss.-Zeilen mit näheren Anweisungen zur Verteilung an die Adressaten ausgelassen]
21 dem] den Hs. 17 im recht außwarten] zu verstehen: ’es’ (scil. deßgedachten fiscals ampt) ’richtig versehen’ 19 setzt und haim] ’stellt anheim’ 23 secret] Siegel 12 verwant] Zur Verwandtschaft s. BAYR, S. 123.
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B 6. Protokoll der Ratssitzung vom 16. August 1523 (Auszug) Da Agricola (’brueder Stephan’, Z. 1 u. 2), [erstmals an erster Stelle der Tagesordnung], [nach seinem ’Sermon vom Sterben’; Vorrede vom 21. Juli] aus dem Gefängnis heraus ’ain neues biechlin’ (Z. 2) [= Antwort] veröffentlichen lassen konnte, muss man mehr als bisher mit ihm ’handlen’. Der Aufenthalt in Mühldorf macht einerseits den Umgang (’zugang’) mit Leuten zu leicht, die ihn in seinem Starrsinn bestärken, und erschwert andererseits den Handlungs- und Beratungsspielraum der mit ihm Befassten (’verordnetten’). Er soll deshalb nach Salzburg überführt, an geheimem Ort und in Einzelhaft so lange ohne ’handlung’ festgehlten werden, ’bis er ain wenig in sich selbs geet’. Die näheren Umstände, die das ’jungstaußgangen biechlin’ (Z. 13) möglich gemacht haben, wie der Zugang zu ihm, sollen untersucht werden. Im übrigen bleibt das Ziel ’revocation oder relegation’ oder ein anderer Ausweg. Für den Fall der Relegation ist nach einem Kloster seines Ordens zu suchen, wo er zur Beobachtung ’konfiniert’ werden kann. Der Priester [Wolfgang Russ], ’der verdacht wurdet, alls hab er [...] das biechlin trucken lassen’ (Z. 23 f.) soll deshalb, und überhaupt wegen lutherischer Umtriebe in Mühldorf, gefangen genommen, nach Salzburg überführt und wegen Verstoßes gegen das fürstebfl. Mandat zur Abschreckung anderer bestraft werden. Wegen des Geleits [durch das Gebiet] der Bayernherzöge, sowohl für Agricola als auch für Russ, soll das ’regiment von Burgkhausen’ mündlich um Beistand an einem noch zu nennenden Tag gebeten werden. Textvorlage: RA II, Nr. 19. 1 1/2 Bogen bzw. ein Bogen mit Deckblatt (modern bis ’4’ paginiert). Von der Hand des Dr. Ägidius Rem. Am Rand des Kopfes von S. 1 (die Teilnehmer): ’Abt zu sant Peter dums dechendt doctor Eberhart doctor Baldung doctor Volandt Camermayster Custer assessor Rem’. Ebenfalls am Kopf Zusatz Hauthalers: „Salzburg, 1523 Aug. 16 od. wol Aug. 26“. Überschrift (S. 1): ’Ratslag, was mitt brueder Stephan zu Muldorff verrer gehandlt werden soll’. Dorsalvermerk (S. [6]): ’Ratslag xvj Augusti 1523 sup(er) fr(atr)e Stephano in Muldorf Item sup(er) executione reformationis cleri in civi(ta)te et archidia(cona)tu Saltzburgensi Item super brevibus inquisition(is) et c(ontra) infideles Item litere ad off(icia)lem super executione in cler(um).’ Zu den bei dem/n Protokoll(en) der Ratssitzung(en) vom (16. März [Text B 1] und/oder) 23. April 1523 (Text B 3) aufgeführten Teilnehmern Staupitz, Trautmannsdorf, Rem, Englmar und Schaller treten hier hinzu: der Kanzler Dr. Hieronymus Pius Baldung (siehe Vorspann zu Text A 9) und Dr. Ambrosius Volland (SALLAB. 1997, S. 192 f.; BAYR 65–68; wo jeweils die früheren Tübinger und Wittenberger Kontakte mit Staupitz erwähnt werden). Die Ämter ’Camermayster Custer assessor’ (ohne ’oder’ oder ’vel’ zwischen den ersten beiden) sind hier ebenso wenig alle eindeutig personell zuzuordnen wie bei den früheren Sitzungen. Zur Datierung: HAUTHALERs (Um)datierung vom 16. auf den 26. Aug. 1523 (S. 321 Anm. 1), weil „das Datum“ (des Dorsalvermerks) „mit anderer Tinte nachgetragen“ und wohl „verschrieben“ sei, ist – als nicht zwingend – hier nicht übernommen, auch nicht von SALLABERGER 1997 (S. 276 mit Anm. 47).
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Demgegenüber übernimmt MOELLER, Sterbekunst (1999), S. 755 f. (2001: 260 f.) – ohne Diskussion – die Umdatierung auf den 26. Aug. und kommt durch die zusätzliche Fehldeutung des ’neue(n) biechlin(s)’ (Z. 2) auf den ’Sermon vom Sterben’ (voller Titel ebd., S. 739, Anm. 1 B; 2001: 245, Anm. 2 B), dessen „Vorrede vom 21.8.1523 datiert“ sei, zu dem dramatischen Schluss, der Herausgeber „Russ“ habe „in dieser Schrift die bereits fünf Tage nach dem Druckdatum einberufene, entscheidende Salzburger Ratssitzung“ (am 26. Aug.) „provoziert“. Die Vorrede endet freilich mit der Angabe ’Datum 12. Calendas Augusti inn 1523’, aufzulösen als 21. Juli 1523 (so, richtig, schon bei HAUTH.). Die falsche Auflösung ist auch in JvS 5, S. 71, Anm. 51 gelangt und entsprechend zu berichtigen. Referat: HAUTHALER, S. 331–333 Nr. 9 (beginnend mit ausführlichem Zitat [331 f.]; modernisiert).
[1] Ratslag, was mitt brueder Stephan zu Muldorff verrer gehandlt werden soll. Nachdem brueder Stephan in seiner gefäncknus ain neues biechlin außgeen hat lassen, deßhalben weyter dann bisher mitt im ze handlen ist, und doch allso zu Muldorff vor dem zugang frembder leyt nit wol bewart und deßhalben uff seiner mainung und hertigkhayt zu verharren verursacht wurdet, und auch daselbs nach gelegenheyt der sachen nitt statlich gnug gehandlet werd, und die verordnetten ir zuflucht zu unserm gnedigisten herrn und seiner f. g. gelerten räten um entliche handlung nit alls wol alls hie zu Saltzburg haben mügen, und sonst mer ursachen, so ist beratslagt, man soll in her gen Saltzpurg uff das sloß fiern und in ainer gehaymen gefäncknus, darin er allain on männigklichs zugang bewart werde, gelegt und etlich tag allso on verrere handlung, bis er ain wenig in sich selbs geet und sich erkennen lernet, enthallten werden. Nachmalen [331] soll man weytere erfarnus des jungstaußgangen biechlins halben, auch des zugangs zu Muldorff und anders, was die notturft eraysscht, haben [2] und after weytter uff die revocation und relegation, wie vormalen beratslagt ist, oder in ander weg, wie man in rat finden wirdet, nach gelegenheyt der sachen handlen und fur sich faren. 3 deßhalben bis ist] vom Rd. eingewiesen 7 um] umb HAUTH. 8 um handlung] vom Rd. eingewiesen 8 alls1] anders HAUTH. 8 und bis ursachen] vom Rd. eingewiesen 9 ainer] aim 14 auch bis Muldorff] vom Rd. eingewiesen 15 after] affer HAUTH. 16 oder bis HAUTH. sachen] vom Rd. eingewiesen 1 verrer] (’ferner’), ’weiter’ 7 zuflucht] Lat. Äquivalent: recursum, so B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, Z. 25 f. 11 verrer] (’fernere’), ’weitere’ 12 enthallten] ’festgehalten’ 14 eraysscht] ’erheischt’ 2 ain neues biechlin] Gemeint: Antwort. MOELLERs Deutung auf den ’Sermon vom Sterben’ scheitert, abgesehen von der Datierung (s. Vorspann), auch daran, dass unten Z. 23 f. de(r) priester bisher lediglich verdacht wird, alls hab er [...] das biechlin trucken lassen, wo er doch “in der Vorrede“ (des ’Sermon vom Sterben’) “offen seinen Namen nennt“ (MOELLER 1999, S. 755 bei und mit Anm. 104: 2001: S. 260 bei u. mit Anm. 105). 6 die verordnetten] Vgl. commissari B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523, Z. 8. 11f. etlich tag bis enthallten] Fast wörtlich aufgenommen im A 13. Revers, [Ende] Mai 1524, Z. 11. 13 biechlins] Siehe zu Z. 2. 15 revocation bis ist] Vgl. abiuration in B 2. Denkschrift [Rem für Lang], [Ende April 1523], Z. 12, und B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523, Z. 16.
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Text B 6. Ratssitzung vom 16. August 1523
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Es wurdet auch fur guet angesehen, so ferr es etwan bey ainem closter seines ordens erhallten werden mag, das, wann die relegation fürgenomen wurde, das er in dasselb closter, ain zeytlang zu bleyben und sein pacientz zu versuechen, confiniert und nachmalen, wie er sich da halten wurdet, verrer nach gnaden oder ungnaden mit im gehandlet werde. Es ist auch fur guot bedacht worden, mann solle den priester, der verdacht wurdet, alls hab er in gesterckt und das biechlin trucken lassen und sich sonst auch understanden, zu Muldorff in winckeln und sonderlich bey der dorfwirtin dy lutterisc〈h〉 leer zu pflantzen, fäncklich annemen und in alls ain ubertetter unsers gnedigisten herren mandat und sonst alls den, der den gefangen wider seiner f. g. willen zu stercken und in seiner hertigkhayt zu verharren geraytzt habe, herzefieren und nach zimlichen dingen, andern zu ainem ebenbild, ze stroffen. [3] Dann der herren von Bayern und des glayts halben ist beratslagt, man soll ain potschafft zum regiment von Burgkhausen schicken und müntlich anzaygen lassen, sein f. g. seye willens, den Munch mittsambt dem priester uff .n. tag herzufieren, mitt beger, das sy darob hallten und fursehung thon wellen, damit sollichs on männicklichs verhinderung beschehen müge. [restliche 19+29 Hs.-Zeilen in fünf Abschnitten auf 1 1/2 Seiten ausgelassen]
25 zu Muldorff] vom Rd. eingewiesen 25f. lutterisc〈h〉] lutterist HAUTH. 28 geraytzt] 29 herzefieren und] vom Rd. eingewiesen 29 ainem] ainen HAUTH. geratslagt HAUTH. 33 und bis wellen] vom Rd. eingewiesen 34 on männicklichs] vom Rd. eingewiesen 21 verrer] (’ferner’), ’weiter’ 23 verdacht] ’verdächtigt’ (so auch HAUTH.) ’Gefangenen’ (so auch HAUTH.)
27 gefangen]
23 priester] Gemeint: Wolfgang Ruß; siehe B 7. Ratssitzung vom 26. Aug. 1523, Z. 23. 24 biechlin] Siehe zu Z. 2. 27 mandat] Gemeint: FEbfl. Mandat vom 22. Juli 1523. 29 andern zu ainem ebenbild] Wörtl. so auch FEbfl. Mandat vom 22. Juli 1523 (DATTERER, S. XXXII, Z. 25). 31 Burgkhausen] Siehe B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523, zu Z. 12.
B 7. Protokoll der Ratssitzung vom 26. August 1523 Was die Visitation und Reformation des Klerus in der Kirchenprovinz Salzburg angeht, soll es bei[m Ergebnis] der Beratung[en] in Nürnberg [am Rande des Zweiten Nürnberger Reichstags, vor 12. Febr. 1523] bleiben, in der Diözese Salzburg jedoch, und besonders im weltlichen Herrschaftbereich des FEbf.s, soll es beim Rezess der Salzburger Archidiakonenkonferenz, [26. April 1523] bleiben. Verteilung der Aufgabe auf Archidiakone, Offizial und Fiskal, FEbf. und Räte. Das Mandat gegen die Lutheraner soll durchgesetzt werden: [Gegen die Laien] ist dies innerhalb der Stadt Aufgabe des (Stadt)richters, außerhalb die des Landschreibers, gegen die Kleriker in der Stadt und im Archidiakonat Salzburg handelt der Offizial durch den Fiskal. Eine Instruktion für den Fiskal ist im Geschäftsgang. Was Agricola (’De Monacho captivo in Muldorff’, Z. 15) angeht, soll Dr. Rem ein Abschwörungsformular für ihn formulieren, aber ’nicht im Namen des FEbf.s’, sondern ’extraiudicialiter’ (Z. 17). Dr. Rem soll auch ein Formular für den gerichtlichen Prozess formulieren auf Grundlage von A.s Bekenntnis [= Responsiones]. Gerichtlich vorgegangen wird, falls er die außergerichtliche Abschwörung verweigert. Außerdem ist eine Instruktion an die Bayern[herzöge] zu formulieren für den Fall, dass ’der Mönch’ nach Salzburg überführt werden muss. [Hans] Pleyer schreibe(?) an [Ruprecht] Hirschauer. Der Priester Wolfgang Russ ist vor den Offizial zu zitieren. Textvorlage: RA II, Nr. 19a. Ein Bogen, zu einem Viertel leer. Laut ARC 1, Nr. 27, S. 99, Z. 12–14, von der Hand des Dr. Nikolaus Ribeisen. Überschrift (1r): ’Consultatum Salzburge [unleserliche Stelle] Augusti anno etc.’. Dorsalvermerk (2v) von der Hand des Dr. Ägidius Rem: ’Consulta(ti)o sup(er) p(ro)cessu adv(er)sus transgressores man(da)torum cleri i(n) civi(ta)te et ditio(ne) Salzburg(ensi) et Adversus fr(atr)em Stephanum in Muldorf Et alia xxvj Augusti Anno etc. xxiij’. Am Kopf (1r) Zusatz Hauthalers: „1523 Aug. 26 “ Referat: HAUTHALER, S. 333 f. Nr. 10, bes. Punkt 4–5.
[1r] Consultatum Salzburge 〈26.〉 Augusti anno etc. Quoad visitationem et reformationem cleri in provintia Salzburgensi, stetur consultationi Nurnbergensi, sed in diecesi Salz(burgensi), et precipue in dominio t(em)porali d(omin)i r(everendissi)mi stetur recessui archidiacono(rum). Et mittatur recessus talis ec(iam) off(icia)li Salz(burgensi). Tamen ultra hec off(icia)lis per fiscalem vel alias personas superintendat sup(er) archidiaconos, sic ec(iam) consultatum fuit Nurnberge. Et d(omi)nus r(everendissi)mus et consiliarii sui ecclesiastici sup(er)intendant sup(er) off(icia)li. 1 〈26.〉] Konj. (mit HAUTH.) aus dem Dorsalvermerk, unleserliche Stelle Hs.
1 etc.] 23. HAUTH.
3 consultationi Nurnbergensi] Nürnberger Rezess (wie B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, zu Z. 5). 4 recessui archidiaconorum] Rezess der Salzburger Archidiakonenkonferenz, [26. April 1523] (ARC 1, Nr. 25, S. 95–97). 5 officiali] Trautmannsdorf; vgl. B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, zu Z. 25. 6 fiscalem] Ulrich Ehinger; vgl. B 5. Rem an Lang, Salzburg 7 consultatum fuit 29. April 1523, zu Z. 10; HAUTHALER S. 334 unzutreffend: „Dr. Eberhart“. Nurnberge] Im Nürnberger Rezess (wie B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, zu Z. 5), ist davon nicht ausdrücklich die Rede, doch vgl. ARC 1, Nr. 21, S. 88, Z. 4–8.
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Text B 7. Ratssitzung vom 26. August 1523
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Contra Lutheranos manuteneatur mandatum, in civitate Salz(burgensi) per iud†icem† et ex(tra) 〈per〉 landschreiber. Et contra eccl(esia)sticos off(icia)lis per fiscalem intra civitatem et archidiaconatum Salz(burgensem). Et per †...† †...† †...† in †...† suo iux(ta) recessum, et offitialis sup(er)intendat. Instructio pro fiscali examinetur et videatur per d(ominum) r(everendissi)mum et expediatur. Et ipse ponat se in executorem.
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[1v] De Monacho captivo in Muldorff. Doctor Rem formet formam abiurationis, que proponatur Monacho, non nomine d(omini) r(everendissi)mi, sed per indictum, id est ex(tra)iudi(ci)al(ite)r. Doct(or) Rem formet formam processus iudicialis inscript(am) ,Super confessione’ etc.
20
Et procedetur in casu, quo negaverit ex(tra)iudicialem abiurationem. Item formetur instructio ad Bavaros in casu, quo Monachus esset ducendus Salzburgam. Pleyer †scribat† †...† †Hirsawr† in hoc casu et †...†. P(res)b(i)ter W〈olfgang〉 Ruß citetur per off(icia)lem ex officio, et videatur atque visitetur prius citatio per doctores et d(ominum) r(everendissi)mum. Et deferatur per pedellum.
12 et bis sup(er)intendat] offb. von anderer Hd. 16 non] ohne Entspr. in HAUTH.s Referat 18 inscript(am)] in script(am) Hs. 22 in bis †...†] offb. von anderer Hd. 9 Contra Lutheranos mandatum] Zu dessen spätem Erlass siehe B 2. Denkschrift [Rem für Lang], [Ende April 1523], zu Z. 23. 10 iud†icem†] Stadtrichter?; dann wäre Hans Gold von Lampoding gemeint, in diesem Amt Aug. 1521 – 1527; s. Vorspann zu Text B 1. 10 landschreiber] Landschreiber war damals Wolfgang Ebinger; zu ihm und dem Amt s. BAYR, S. 101. 16 formam abiurationis] Vgl. zuletzt revocation, so B 6. Ratssitzung vom 16. Aug. 1523, Z. 15; ein entsprechendes Schriftstück ist nicht erhalten. 18 formam bis inscriptam] Ergebnis: Interrogatoria (Text A 4). 18 processus iudicialis] Vgl. zuletzt den weg ... rigoris ... (zu) procedier(en), so B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523, Z. 14 f. 19 confessione etc.] Gemeint: Agricola, Responsiones, nicht erhalten. 22 Pleyer] Hans Pleyer, seit 1522 oberster Sekretär der Kanzlei 22 Hirsawr] Rupert Hirschauer, Landund apostolischer Protonotar; siehe BAYR, S. 87–89. richter von Mühldorf; vgl. Texte A 7, A 8, A 9 und A 11.
B 8. Memoriale zum Protokoll der Ratssitzung vom 26. August 1523 (Auszug) Das Abschwörungsformular für Agricola (’Munchs abiuration’), laut Randnotiz (zu Z. 5) [Dr.] Rems Auftrag, soll mit dem Rat abgestimmt werden. Das Formular für den gerichtlichen Prozess sollen laut Randnotiz Rem und [Dr.] Eberhard [Englmar] gemeinsam verfassen. Eine Instruktion an die Bayernherzöge über die Durchführung ..(?) ...(?) ...(?) in der Luthersache sollen laut Randnotiz Rem und [Hans] Pleyer oder andere verfassen. Der Priester Wolfgang Russ soll offiziell vorgeladen werden. Laut Randnotiz soll sich Rem auch darum kümmern. Textvorlage: RA II, Nr. 20. Zwei halbe Bogen. Von der Hand des Dr. Ägidius Rem. Überschrift (1r): ’Memorial was durch mein gn(edigis)ten herren uff den jungsten geystlichen Ratslag am xxvi. tag Augusti gehalten zu volziehen sey’. Dorsalvermerk (2v): ’Memoriale exigendorum iux(ta) cons(ultatione)m habit(am) xxvj Augusti anno etc. xxiij’. Am Kopf (1r) Moderne Wiederholung der Überschrift und Zusatz Hauthalers: „1523 Aug. 26 “. „In Randglossen beigefügte Notizen geben an, wer für das Betreffende zu sorgen hat“ (HAUTH., wie folgt). Referat: HAUTHALER, S. 334 f. Nr. 11, hier Punkt 9–12.
[1r] Memorial, was durch mein gnedigisten herren uff den jungsten geystlichen ratslag, am xxvi. tag Augusti gehalten, zu volziehen sey. [21 Hs.-Zeilen in vier Abschnitten ausgelassen] [1v] [neun Hs.-Zeilen in drei Abschnitten ausgelassen]
Des Munchs abiuration werde justificiert mit rat. Fiat forma processus iudicialis contra fratrem Stephanum etc. Ain instruction an die herren von Beyern ze machen super executione †.† †...† †...† in re Lutherana. Presbyter W〈olfgang〉 Rueß citetur ex officio et e†xe†q(ua)t(ur) per bedellum. [2r] [restliche 20 Hs.-Zeilen ausgelassen]
5 Munchs abiuration] am Rand: Rem faciet 6 forma processus iudicialis] am Rand: Eberhart et Rem facient 7 instruction bis Beyern] am Rand: Rem et Pleyer vel alii 9 Rueß] am Rand: Rem sollicitabit 5 abiuration] Vgl. zuletzt B 7. Ratssitzung vom 26. Aug. 1523, Z. 16. 6 forma processus iudicialis] Vgl. zuletzt B 7. (wie vorhin), Z. 18. 7 Marg. Pleyer] Zu Pleyer s. B 7. (wie vorhin), Z. 22.
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B 9. Impedimenta (Beilage zum Protokoll der Ratssitzung vom 26. August 1523) (Auszug) Im Fall des Agricola (’gefangen Münch zu Muldorff’, Z. 8), den der Erzherzog an den FEbf. ausgeliefert hat, sind es die Bayernherzöge, die seit langem seine Überführung nach Salzburg und seine Behandlung nach Maßgabe des Mühldorfer Rezesses verhindern. In Kitzbühel konnte der Chiemseer Bf. Berthold Pürstinger mangels weltlicher Unterstützung gegen lutherische Predigt nichts ausrichten und wurde, bisher ohne Folgen, durch eine Schmähschrift angegriffen. Textvorlage: RA II, Nr. 22. Ein Bogen, zu einem Viertel leer. Von der Hand des Dr. Ägidius Rem. Überschrift (1r): ’Wie und durch wen unser g(nedigis)ter h(err) Cardinal Ertzbischoff zu Saltzpurg verhindert ist worden das sein f. g. der visitation und Reformation der priesterschafft und undertruckung der lutherischen leer und sonst der voltziehung und execution des Muldor- fischen Receßs und Mandat nit volkummen- lich nachkhomen hat mugen’. Dorsalvermerk (2v): ’Impedimenta R(everendissi)mo d(omi)no f(a)cta ne possit exeq(ui) man(da)tum Muldorfense’. Am Kopf (1r) Zusatz Hauthalers: „1523 (Aug. 26)“. Am Fuß von 1v von anderer zeitgenössischer Hand: ’petere †b(e)n(ign)a(m)† Modificationem a Legato’. Referat mit drei längeren (modernisierten) Zitaten: HAUTHALER, S. 335 f. Nr. 12, hier Punkt 3–4.
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[1r] Wie und durch wen unser gnedigister herr cardinal, ertzbischoff zu Saltzpurg, verhindert ist worden, das sein f. g. der visitation und reformation der priesterschafft und undertruckung der lutherischen leer und sonst der voltziehung und execution des Muldorfischen Receßs und Mandat nit volkummenlich nachkhomen hat mugen. [22 Hs.-Zeilen in drei Abschnitten auf einer Seite ausgelassen]
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[1v] Es wurdet auch seine f. g. nun lange zeyt her durch die herren von Bayern verhindert, das sy den gefangen Münch zu Muldorff, der sein f. g. dahin durch den ertzherzogen zugesant ist worden, nit gen Saltzburg fueren und daselbs nach vermug des Receß zu Muldorff und der billicheyt die notturfft mit ime handlen hat mugen. 10 und der billicheyt] Lücke HAUTH. 9f. vermug] ’Vorschrift’ 4 Muldorfischen Receßs und Mandat] Mühldorfer Rezess und Reformationsmandat wie B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, zu Z. 3 f. 10 vermug bis Muldorff] D. h. entsprechend dem im Mühldorfer Rezess (wie zu B 1, Z. 3 f.) (ARC 1, Nr. 13, S. 65, Z. 11–30) formulierten Auslieferungsverfahren.
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
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Deßgleichen so hat sich zuo Kytzpuhel allerlay zuo tragen, dardurch lutterische leer gepredigt und außbrayt ist worden, des sich sein f. g. underzetrucken understanden hat. Es hat aber auß mangel des weltlichen bystandes nit beschehen nach verrers darby on sorg aines auffstands gehandlet werden mügen, sonder der bischoff zuo Chiemsee, der auß bischefflichem ambt und bevelch seiner f. g. sollichs gehandlet hat, ist durch ain lasterliche smachschrifft ubel angetast worden. Aber doch bis her khain wendung in nichten beschehen.
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12 zu Kytzpuhel usw.] Ausführlicher berichtet Bf. Pürstinger selbst in seiner Deutschen Theologie, siehe Johann SALLABERGER, Der Chiemseer Bischof Berthold Pürstinger (1464/65 – 1543). Biographische Daten zu seinem Leben und Werk, in: MSGL 130 (1990), S. 427–484, hier 452–454.
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B 10. Protokoll der Ratssitzung vom 7. Januar 1524 (Auszug) Agricola (’Captivus in Muldorff’, Z. 4) – ein eigener Punkt in der Tagesordnung –, muss entweder in Salzburg oder in Mühldorf vor Gericht gestellt oder er muss ins Exil entlassen werden. Nach Salzburg, den für Ersteres günstigsten Ort, müsste er zuvor überführt werden. Hierzu müsste man die Bayernherzöge schriftlich um Geleit bitten. In dem Schreiben wäre festzuhalten, dass der Erzherzog ihn ausgeliefert hat und dass der FEbf., der ihn bisher mit Milde behandelte, nunmehr Klarheit schaffen will, zumal nachdem die Erzherzogin [Anna] Fürbitte eingelegt hat. In der Diskussion sind [nur die Theologen] Pürstinger und Staupitz unbedingt für eine Überführung mit Geleit, bedingt dafür ist auch Englmar. Schlicht dagegen ist der (alte oder neue?) Kammermeister. Bedingt dagegen ist Lamberg. Volland hätte den Unruhestifter gern hier: Strafe hat er verdient. Strikt gegen eine Überführung ist Trautmannsdorf (’Decanus’, Z. 17), der vor diesen möglichen Folgen warnt: Man gäbe den Bayernherzögen recht, ihre Amtleute hätten korrekt gehandelt; man würde den [laufenden] Verhandlungen Rems in Rom um ein [neues] Indult, [diesmal] zugunsten des FEbf.s, vorgreifen; man würde riskieren, dass Agricola nicht widerruft, sich vielleicht aber auch kein Grund findet, ihn mit Recht zu verurteilen oder länger festzuhalten, und sich dann der FEbf. selbst dem Vorwurf der Strafvereitelung ausgesetzt sieht. Marquard von Stain (’Dominus Prepositus’, Z. 24) regt an, Rem solle bei den Kardinälen oder dem Papst [Clemens VII.] [Dr. Johannes] Eck der falschen Berichterstattung bezichtigen. Textvorlage: RA II, Nr. 23. Ein Bogen. Von der Hand des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung. Überschrift: ’Super r(espo)nsis coep(iscop)orum Quid et quomodo agendum ut tollantur gravamina ecclesiasticis per seculares imposita.’ Teilnehmer aufgrund der Voten: Bf. Pürstinger (Z. 16), Staupitz (Z. 16), Domdechant Trautmannsdorf (Z. 17), Balthasar von Lamberg (Z. 26), der Kammermeister (Z. 8), entweder (der sog. alte Kammermeister) Martin Schaller oder (der neue) Joh. Pietenberger, Dr. Eberhard Englmar (Z. 29), Dr. Volland (Z. 30), außerdem, bisher nicht genannt, Marquard von Stain (Z. 24 mit Anm.). Referat: HAUTHALER, S. 342 Nr. 17. Im Duck ARC 1, 211 f. Nr. 59 (Salzburger Ratschlag über die Erklärungen der Suffragane zu dem Rezess Nr. 55 [wie unten zu Z. 1], 7. Jan. 1524), sind sowohl der vorangestellte Tagesordungspunkt ’Captivus in Muldorff’ (1r) als auch die hierzu abgegebenen Voten (2v) übergangen; vgl. die dortige Anm. 39.
[1r] Super responsis coepiscoporum, quid et quomodo agendum, ut tollantur gravamina ecclesiasticis per seculares imposita. 1 responsis] Gemeint sind die Antworten der Suffragane auf den Zweiten von den Deputierten der Suffragane nur ad referendum angenommenen Rezess einer Salzburger Deputierten-Konferenz im Nov. 1523, vom 4. Dez. 1523 (ARC 1, Nr. 55, S. 203 f.). 1 coepiscoporum] Die Salzburger Suffragane siehe B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523, zu Z. 8. 1f. gravamina bis imposita] Gemeint sind vor allem 1.) „das finanzielle Zugeständnis Hadrians VI. an Erzherzog Ferdinand, durch das ein volles Drittel eines Jahreseinkommens der erbländischen Geistlichkeit für die Türkenabwehr zur Verfügung gestellt wurde“, die sog. „Türkenterz“ (ARC 1, S. 151 f.), 2.) „die Nachricht, daß Dr. Johannes Eck vom gleichen Hadrian VI. für seine bayerischen Landesherren die Erlaubnis erlangt hatte, in Fällen bischöflicher Saumseligkeit die Strafgerichtsbarkeit über häretische oder sonstwie kriminelle Geistliche innerhalb ihres Territoriums durch landeseigene Prälaten ausüben zu lassen“ (ebd. S. 152) und 3.) einzelne „Verletzungen der bischöflichen Jurisdiktion und der klerikalen Immunität“ (ebd. S. 153).
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
[16 Hs.-Zeilen in drei Abschnitten ausgelassen]
Captivus in Muldorff. Aut huc ducatur, aut illic agatur cum eo via iuris, aut dimittatur cum exsulatione. Si huc ducendus, scribatur ducibus Bavarie, qualiter archidux eum miserit infamatum de certis, et quia r(everendissi)mus d(ominus), volens veritatem inst†rui†, cum audiret eum a pluribus incusari et a nonnullis commendari, res fuerit †protinus† perturbata. Et actum semper clementibus mediis ipsum †detinendi†. Interim venerit Archiducissa, quae eciam pro eo oraverit. †..† †necesse† sit contra eum procedere. Quod quia commodissime in Saltzburga fieri posset, paratur committi officialibus, et si necesse fuerit, †.....†, ne ducturi impediantur, et salvum conductum concedant.
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[1v–2r] [1 1/2 Hs.-Seiten in elf Abschnitten ausgelassen] [2r–2v] [22 Hs.-Zeilen in fünf Abschnitten und 16 Hs.-Zeilen in drei Abschnitten ausgelassen]
D(octor) Stefanus in Muldorff captivus. Chie(mensi)s et s(ancti) Petri, ut ducatur huc cum v†..†o conductu ducum Bavarie. Decanus omnino contra, quia sic probabitur quod Bavari scripserunt suos officiales debito modo egisse. Et quia Rem potest interim impetrare indultum ap(osto)licum agendi contra Lutheranos. Qua authoritate habita †...† magis poterit Re(verendissim)us d(ominus) agere, quia est periculum, etiam si huc transferatur, quod non revocabit et forte non poterit iure condemnari et non erit †...† excusatio detinendi eum longius. Et posset criminari Re(verendissim)us, quod non rite processisset contra ipsum. D(ominus) Prepositus, ut Rem coram car(dina)libus vel papa incuset Ekhium de male nara†...†. Lambergus: Begeren versuchen, das sy kein irrung thuen, aber nit glait begeren. e Wo sy das abslahen, ine zu Muldorff lassen. o Cammermeister: Ine zu Muldorff lassen. D(octor) Eberhart wie Lambergus. Wo das versagt werdt, mit glait herein furen. D(octor) Volandt acht, er wer besser hie, dann davor sein predig sein ergerlich †sonder߆ gewesen †...† het einen lauff gehebt, das er gesehen, das von den †...† darumb ist er straffbar, mues hier gestrafft werden. 16 Chiemensis] Scil. episcopus, Berthold Pürstinger. 16 sancti Petri] Scil. abbas, Staupitz. 17 Decanus] Andreas von Trautmannsdorf. 17 officiales] Zu deren Obstruktion gegen die Überführung Agricolas siehe B 3. Ratssitzung vom 23. April 1523, zu Z. 10 und Z. 12. 18f. Rem bis Lutheranos] „Die erste Hälfte des Jahres 1524 reist er im Auftrag des Erzbischofs nach Rom, um dem neuen Papst Clemens VII. Medici (gewählt am 19. November 1523) zur Wahl zu gratulieren und die Angelegenheiten seines Herrn [...] zu betreiben. [...] Breven und Bullen, ausgestellt zwischen 25. Februar und 2. April 1524, zeigen den Erfolg dieser Intervention“ (BAYR, S. 60 mit Anm. 108 u. 109); eine Widerrufung der noch von Hadrian VI. den Bayern gewährten konkurrierenden geistlichen Iurisdiktion erreichte Rem nicht (im Einzelnen referiert von SALLABERGER 1997, S. 296–299 u. 411 f.). 24 D. Prepositus] Scil. Augustensis, Marquard von Stain, Dr. utr. iur., Domherr in Salzburg, u. a. (seit 1519) Dompropst in Augsburg; s. SALLABERGER 1997, S. 174 mit Anm. 154; zur Person ebd. 172–175 u. oft (s. Rg. S. 540). 25 Johannes Eck, Denkschrift II: ARC 1, Nr. 30, (7,) 3, S. 140 (mit Anm. 68): Cur patiatur [scil. archidux] [..] insanire Rotenbergenses a quodam Augustiniano iam triennio ferme seductos, dormitante cardinali Salisburgensi? 26 Lambergus] Balthasar von Lamberg; anders ARC 212, Z. 6: Ambros). 28 Cammermeister] Martin Schaller oder Joh. Pietenberger; ARC 212, Z. 33: Pietenberger.
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B 11. Protokoll der Ratssitzung vom 19. Februar 1524 Vorbemerkung: Die Bedeutung dieses Schlüsseldokuments, aus dem gerade die wesentlichen Aussagen bisher nicht veröffentlicht sind, liegt darin, dass – erstens – diese Ratssitzung ausnahmsweise mit einem Beschluss endet (Z. 88); dass – zweitens – der in Person anwesende Fürst-Erzbischof sich im Voraus daran gebunden hat (Z. 14–16); und dass – drittens – der Rat die Freilassung Agricolas beschließt (Z. 90). Für dieses Ergebnis sind drei Gründe zu erkennen: Politisch entscheidend sind die unzumutbaren Ansprüche, die Bayern mit seinem Recht auf Geleit für die Überführung Agricolas neuerdings verknüpft. Kirchenrechtlich entscheidend ist das Eingeständnis, dass die vorliegenden Äußerungen des Beschuldigten für eine Verurteilung zum Tod als Ketzer nicht ausreichen. [Dies deutet auf die ’Consultatio’ des Johann von Staupitz hin.] Der Rechtfertigung nach außen dient die Fürbitte der Erzherzogin. Regest: In der Proposition teilt der Fürst-Erzbischof den Räten mit, dass er den Fall endlich abschließen, Agricola (’den Munch’, Z. 2) zur Verhandlung nach Salzburg überführen lassen und jetzt wissen möchte, wer von ihnen (Z. 12 f.) angesichts der Gefahr eines Befreiungsversuchs durch ’das gemain volkh’ bereit wäre, diesen Auftrag zu übernehmen. Und, was mit Agricola geschehen solle, falls der Rat eine Überführung ’mit dem glait’ ablehnt. In der Diskussion votiert [nur der Theologe] Pürstinger dafür, Agricola nach Salzburg zu holen; das [bayerische] Geleit ist bei der lutherischen Unruhe im Land sogar hilfreich. Dass der FEbf. die Entscheidung dem Rat anheimstellen will, missbilligt er. Der Dompropst erklärt sich für überfragt. Alle übrigen Votanten halten eine Überführung für bedenklich oder gar schädlich, weil die Bedingungen Bayerns für ein Geleit nur allzu deutlich die Tendenz zur Ausdehnung seines Hoheitsgebietes erkennen lassen; mehrere Sprecher gestehen ihre Ratlosigkeit ein. [Die wichtigsten Argumente aus der großen Zahl weiterer Einzelvoten:] Lamberg verweist darauf, dass man den Gefangenen vor einem halben Jahr, [also ehe Dr. Johannes Eck jenes päpstliche Indult zugunsten Bayerns erwirkte,] noch problemlos hätte überführen können. Trenbach hält eine Überführung für unmöglich, weil das Geleit beim jetzigen Stand der Verhandlungen zwischen [dem Mühldorfer Landrichter Ruprecht] Hirschauer und den Verantwortlichen in Burghausen und München unvermeidlich sei, und rät, die Ankunft des Legaten [Lorenzo Campeggio] abzuwarten. Dr. Volland stellt klar, dass die Vermeidung des Geleits nach allem diplomatischen Hin und Her nur noch durch den Verzicht auf eine Überführung möglich ist. Er allein spricht die Konsequenz aus: die Freilassung Agricolas, benennt geradeheraus die Schwäche der Anklage (Z. 61 f. mit Anm.) und erinnert an die frühere Fürbitte der Erzherzogin. Damit bereitet er die ’Conclusio consilii’ vor. Textvorlage: RA II, Nr. 25. Ein Bogen. Von der Hand des Kanzlers Dr. Hieronymus Pius Baldung. Überschrift (1r): ’Proposita in (con)silio 19 febr(uarii) 1524 p(rese)nte Re(verendissim)o d(omi)no’. Dorsalvermerk (2v über Kopf): ’Munch zu Muldorff 19 febr(uarii) 1524’. Die anwesenden Ratsmitglieder können aus den Voten entnommen werden. Zu den aus den Protokollen mindestens einer der Ratssitzungen vom 16. März, 23. April und 16. August 1523 und vom 7. Jan. 1524 bekannten Personen Lang, Pürstinger, Balthasar von Lamberg (ARC 1, 212, Z. 6: ’Ambrosius’), Schaller, Volland treten hier hinzu: der Dompropst Rudolf von Khüenburg (auch Kienburg; BAYR, bes. S. 269 f.), der Hauptmann Hans von der Alm (BAYR, 97–100), Hans Schenk von Schenkenstein (SALLABERGER
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
1997, S. 173, 175–177; BAYR 98–100), Sigismund von Thurn (BAYR 50 f.), Bernhardin von Trenbach (BAYR 77), Hans Banichner (BAYR 71 f., 200 f., 338–341), der neue Kammermeister Joh. Pietenberger (BAYR 112 f.), Dr. Steffan (Urban) (BAYR 333, 335), Hans Pleyer (BAYR 87–89) und der Marschall Vigileus von Thurn (BAYR 103 f.). Es fehlen Staupitz, Trautmannsdorf, Englmar, Rem (derzeit in Rom) und Ribeisen (derzeit in Nürnberg). Referat: HAUTHALER, S. 344 f. Nr. 19 (ohne Signatur; zitiert nur Z. 2–13; im Übrigen unvollständig, bes. auffällig die Nichterwähnung von Z. 88).
[1r] Proposita in consilio 19 februarii 1524 presente reverendissimo domino. Der ertzhertzog hab den Munch meim genedigisten hern lassen uberantworten von seiner predigen wegen. Darumb sei bisher vil mit ime gehandlt worden in der güte, sein irrigkhait zu erkhennen, die er mundtlich und shrifftlich angetzaigt. Auch auf furbethe er bisher enthallten worden und all weg der gnaden gegen ime, zu lest per Ribeissen, versucht. So er aber verharrt und mein genedigister her befunden, das er straflich gehandlt, well not sein, rechtlich mit im zu handlen, das zu Muldorff gelegenlich nit beshehen mag. Darumb sei mein genedigister her entslossen, dißen Munch hieher zu fueren, das verkund mein genedigister her inen. Und dieweil das gemain volkh der lutterishen sect vil anhangt, damit diser Munch beshrien ist, und deshalben ettwas aufruer auf dem landt am heruberfueren entsteen möcht, so welt mein genedigister her inen heim setzen, ob si not oder gut bedacht yemand der iren darzu zu verorden. Reverendissimus dominus proposuit, so der ratslag dahin fiel, sein gnaden sollt den Munch mit dem glait nit herein fueren, so sei not, das darbei angetzaigt werd, wie man im dann thuen solle.
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Chiemensis: Das glait absolute nemen †..† †...†, das das volkh iez ist aufrue rig der lutterishen leer halben, damit diser Munch ist berue fft, und nit inen heim setzen, ob und wie es not, bedenken. Thumbbrobst weist nit, ob es nachtailig oder nit sei, das glait zu nemen, und so man es nit nimpt, weist er nit, was zu thun sei. 2 meim] mein HAUTH. 4 die er bis angetzaigt] vom Rd. eingewiesen 5 Nach furbethe] (sei) 5 Nach gnaden] (seien) HAUTH. 5 ime] ine HAUTH. 5 zu bis Ribeissen] am ZA HAUTH. hinzugesetzt 6 Nach versucht] (worden) HAUTH. 7 und bis gehandlt] intralinear hinzugesetzt 9 das bis inen] intralinear hinzugesetzt 10 gemain] ganz HAUTH. 10 und vor deshalben] unsicher, fehlt HAUTH. 11 aufruer] Aufru HAUTH. 12 heim] hin HAUTH. 12 yemand] gered HAUTH. 4 angetzaigt] ’gezeigt’ 5 enthallten] hier ’geschützt’, ’geschont’ 5 all weg] ’alle Wege’ 5 ime] zur Form: gegen im Fnhd. mit Dat. 8 gelegenlich] ’nach Lage der Dinge’ 11 ettwas] ’ziemlich’ 12 u. ö. heim setzen] ’anheimstellen’ 12 yemand bis verorden] zu verstehen: ’einen der iren zu dieser Überführung abzuordnen’ 20 u. ö. weist] ’weiß’ 4 die er bis angetzaigt] Nämlich durch die Responsiones und die Antwort. 5 bisher] wieder aufgenommmen durch nochmalen Z. 89 6 Ribeissen] Siehe dessen zwei Briefe an Lang, 2. Jan. 1524 (A 5. 1. Brief und A 6. 2. Brief). 17 Chiemensis] Pürstinger; vgl. B 10. Protokoll der Ratssitzung vom 7. Jan. 1524, Z. 16. 20 Thumbbrobst] Rudolf von Khüenburg; s. B 4, Anm. zu Z. 6.
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Text B 11. Ratssitzung vom 19. Februar 1524
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Co†...†: glait absolute on all ursach oder daussen lassen.
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Hauptman: Es sei verpfendtlich, dann es sei vormal nie beshehen, das man glait begert hab. Man hab die gefangen zu mermalen on glait heruber bracht, und solhes auß guter nachbarshafft also gedult und gebraucht worden. Und so man iez glait nimpbt, werden Peiern hinfur allweg biß an die prugk zu Muldorff ir furstenthumb strekhen und biß daselbs hin glaitten und in glait annemen wellen. Das werd ie dem stifft ein merkhlicher nachtail. Darumb rat ers nit, wie im aber zu thun sei, nihil concludit. [1v] Her Hans Shenkh idem ut Hauptman: Wann ainer im burgfried wurd nidergeworffen, werden die Peiern sagen, er gehort inen zu. Lamberg: Im misfellt nichts dann der verzug bißher. Was man vor ainem halben jar begert het, wer nit so verphendtlich gewesen, und der strit der grenitzen halben vileicht auch nit zugefallen. Man muß mit dem Munch handlen, hie oder zu Muldorff, sunst wurd meinem genedigsten hern nachgeret, sein gnaden thet dem Munch unrecht. Zu Muldorff mag es nit fuegklich beshehen. Nihil resolvit. Sig〈ismund〉 Turner: Es sei verpfendtlich, den Munch mit glait her zu fueren, werd vil landts auß dem burgfried damit hingen und ansprechig werden.
22 Co†(...)† oder Ca†(...)†] nicht aufgelöst 27 und in glait annemen] vom Rd. eingewiesen 30 Ohne Einweisungszeichen am Rd. bei Her usw.] well man aber glait nemen so werd slecht (= ’schlicht’) angezaigt den well sein g(naden) herein fueren beger glait 22 on all ursach] vielleicht ’ohne weitere Begründung’ 23 u. ö. verpfendtlich] ’zum Nachteil vorgreiflich’; lat. Äquivalent: praeiudicialis, so z. B. Benno von BUNDSCHUH, Das Wormser Religionsgespräch von 1557 (RST 124), Münster 1988, S. 150, Anm. 95 30 burgfried] ’befriedeten Bezirk um die Stadt’, ’Weichbild’ 30f. nidergeworffen] ’festgenommen’ 33 strit] (’Stritt’), ’Streit’ 34 zugefallen] ’entstanden’ 36 fuegklich] (’mit Fug’), ’angemessen’ 38 hingen] ’hingehen’ 38 ansprechig] ’(Ansprüchen ausgesetzt’), ’umstritten’ 23 Hauptman] Hans von der Alm. 26 biß an die prugk] Deutlicher Z. 56 f.: uber den burkhfriden biß an die bruckh. 30 Hans Shenkh] Hans Schenk von Schenkenstein. 30 burgfried] Der Burgfried(en) Mühldorf umfasste mehr Land als nur das Stadt-Gebiet, wie sich klar in Z. 38 und Z. 56 f. zeigt. Die Formel Stadt und Burgfriede Mühldorf ist noch heute geläufig, s. Mühldorf am Inn. Die Landgerichte Neumarkt, Kraiburg und Mörmosen und die Stadt Mühldorf, bearb. v. Helmuth STAHLEDER, ... (Historischer Atlas von Bayern, Bd. 36), München 1976, bes. S. 158, 161, 179 und Karte am Schluss des Bandes. 32 Lamberg] Eher Balthasar als Ambrosius von Lamberg; vgl. B 5. Rem an Lang, 29. April 1523, Z. 7 f. 33 vor ainem halben jar] Am 12. Juni 1523 hatte Hadrian VI. auf Vortrag von Joh. Eck hin acht bayerische Prälaten ermächtigt, in casu negligentiae des zuständigen Ortsordinarius an diesem vorbei gegen häretische oder kriminelle Kleriker einzuschreiten; s. ARC 1, S. 159 f. Clemens VII. hat dieses Recht am 5. Febr. 1526 durch Streichung der Negligenzklausel im Ketzergerichtsprivileg sogar noch erweitert; ebd. S. 160 (Z. 8 lies ’1526’ statt ’1524’), sowie Armin KOHNLE, Reichstag und Reformation. Kaiserliche und ständische Religionspolitik von den Anfängen der Causa Lutheri bis zum Nürnberger Religionsfrieden (QFRG 72), Gütersloh 2001, S. 142 und 309. 37 Sig〈ismund〉 Turner] Sigismund von Thurn.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Trenbekh: Er glaub, Hirsawers red und der regenten zu Burkhausen antwort seien †mer†mals †ein†geshriben und gen Munchen auch angetzaigt worden, darumb nichts mer darin zu wenden sei. Darumb, well mein genedigister her den Munch hie haben, muß das glait genomen werden. Und sei dem regiment zu B〈urkhausen〉 die handlung nit also entdekhen, man mocht desgleichen hernach auch haben wellen, sonder zaig allein an, der Munch beger rechtens, das well sein f. g. ime ergeen lassen. Sollen aber Beiern wellen glaitten biß an die prukh, das sei hoch nachtailig, und rat, mein genedigister her laß den Munch noch zu Muldorff, biß der legat kompt, und sehe, was †..†en derselbs handlen werd, die lutterish irung abzustellen. Da mochten vileicht weg funden werden, das sein gnaden des Munchs abkheme. Banichner: Das Peiern in diser sach die grentzen sich anmassen, sei bi im beswerlich. Rat, den Munch daussen zu lassen. Doctor Volant: Es wer besser gewesen im anfang. Der proceß werd swerlich zu Muldorff zu instituiren. Das glait mug man nit umbgeen, dann die shriften und antworten deshalben seien so lawter, das man gnug verstee, das Peiern iez und hernach vermaint, on glait nieman durchfueren zu lassen, und acht, es sei kein nachtail. Aber dis sei der großt irthumb. [2r] Das si wellen das glait strekhen uber den burkhfriden biß an die bruckh, das sei zu bedenkhen. Wie er aber ain bessern weg soll antzaigen, wiß er nit entsließlich. Aber er sehe, das der Munch nit will widerruffen, auch nit bekhenen, das er vershuldt hab, darumb man in mocht straffen. Ine bedunkht aber, er hab vershuldt, darumb man ine straffsweisse hab mogen enthallten. Aber sein bekhennen sei nit so ketzerish, das man im an das leben mocht rechtlich langen. Er mocht die warhait ungeshikhlich geredt haben. Darumb, so er gleich her bracht wurd, werd man nit vil mit im shaffen. So sei er von der sequela des burkhfriden nit her zu bringen. Darumb mocht er raten, man laß ine ledig on widerruff und onbekhennt, der er vershuldt hab, sonder sezet es allain auf die bit, so fur in beshehen, und angesehen die lang gefankhnuß. Oder man gee 50 bi] intralinear hinzugesetzt sungszeichen am Rd.
56 dis] di Hs.
62 Er mocht bis geredt haben] ohne Einwei-
40 †ein†geshriben] ’schriftlich festgehalten’ 43 Vor entdekhen] zu erg. ’zu’ 43 entdekhen] ’eröffnen’ 43 man mocht] zu verstehen: ’als möchte man’ 46 Vor rat] zu erg. ’er’ 51 Vor Rat] zu erg. ’er’ 53 mug] ’könne’ 54 lawter] (’lauter’), ’klar’ 60 Ine bedunkht] ’Ihn (scil. Dr. Volland) bedünkt’ 61 enthalten] ’festhalten’ 64 sequela] ’Gerichtsfolge’, ’Recht auf Verfolgung’ 65 der er] zu verstehen: ’der Dinge, die er’ 39 Trenbekh] Bernhardin von Trenbach. 39 Hirsawers red bis antwort] Von Verhandlungen des ebfl. Mühldorfer Landrichters Ruprecht Hirschauer mit den Regenten in Burghausen in Sachen Geleit ist bisher nichts bekannt; seine oben als A 7, A 8 und A 11 edierten Briefe berühren die Frage nicht. 47 legat] Lorenzo Campeggio, siehe A 9. [Kanzler] an Hirschauer, nach [7. Januar 1524], zu Z. 27, wo freilich eher Befürchtungen als Erwartungen mit dem Legaten verknüpft werden. 50 Banichner] Hans Banichner. 52 Volant] Volland. 57 uber den burkhfriden biß an die bruckh] Der Burgfrieden reicht also, von der Stadt aus gesehen, weiter nach Süd(ost)en als nur bis zur Brücke über den Inn. 61 sein bekhennen] Die von ihm in Responsiones und Antwort (wie zu Z. 4), vorliegenden Äußerungen, vielleicht aber auch allgemeiner: seine Überzeugung. 62 warhait ungeshikhlich geredt] Vgl. Staupitz, Cons. Z. 96–99, bes. das Fazit: Multa vera locutus est, sed [...] absque modestia [...]. 66 die bit bis beshehen] Erinnerung an die furbedt, so vormals durch mein genedigist fraw, die erzherzogin, und andere für inen beschehen (A 5. Ribeisen an Lang, 2. Jan. 1524, 1. Brief, Z. 39 f.), später aufgenommen in A 13. Revers, [Ende] Mai 1524, Z. 16 f.
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den weg, so Trenbekh hat angezaigt, ob man bei dem legaten mocht weg finden, das er mit weniger nachtail ledig wurd und des herfuerens und glaits nit bedörfft. 70
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Allter Camermeister: Es sei des glaits halben wol zu bedenkhen, das durch diß glait der gaistlichen iurisdiction damit ain einbruch beshehe, so mein genedigister her sollt anfahen, mit ainem gaistlichen glait zu nemen, et tanto magis, so Peiern das wellt biss an die prukhen erstrekhen. Er maint, mein genedigister her het zeit, solh der Beiern verendren zu anden. Und deucht ine, so mein genedigister her dem von †Got߆ †belh† thet, iuridice zu procediren, und der Munch wurd condemnirt, so wurd aber die irrung wie iez. Darum beslewßt er auf Trenbekhen und Volant rat. 〈Neuer〉 Camermeister: Man laß daussen procediren. Es werd nit sonders vil gesteen per commissionem und †orator† †herein† shikhen †.†die mocht mein genedigister her bei †...† †...† beratslagen lassen.
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Doctor Steffan: Wann der nachtail des glaits biß an die prukhen nit were, so welt er raten, ine herein zu fueren. Darum volget er Trenbekhen und Voland. Pleier acht: Wann mein genedigister her zu Burkhausen anfert, das sein gnaden mocht das glait nit an der brukhen annemen, si werden des absteen.
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[2v] Marshalh: Es solt niemant glauben, das es nit ain nachtail sollt geben, dann es sei den Beiern an dem Munch sunst nit so vil gelegen. Darumb rat er kains wegs zum glaiten, sonder sezt zu bedenkhen, ob dem stifft mer an der oberkhait oder an dem Munch gelegen sei. Und dieweil man sich noch der grenitzen nit vergleicht hat, das vorgeen müß so sein, des glaits noch nit zu gedenkhen. Consilii conclusio: Ine daussen zu lassen.
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Ob ain weg were, das die erzhertzogin nochmalen fur in bethe und werd alsdann darauf mit ainer urfehdt und verbettung des Saltzburgishen bisstumbs ausgelassen.
69 Allter] am ZA hinzugesetzt 72 her] fehlt Hs. 74 dem von †Got߆] Vielleicht dem von Golt 74 †belh†] Vielleicht bevelh 83 Ohne Einweisungszeichen am Rd. bei nit on nachtail: †...† off(ent)lich glait v(idelicet) an die prukh 68 Vor des] zu erg. ’es’ 70 einbruch] ’Abbruch’, ’Schaden’, ’Einbuße’ 73 anden] ’ahnden’ 75 aber] ’abermals’ 75 beslewßt] ’beschließt’ 76f. gesteen] ’kosten’ 81 anfert] (’anfährt’), zu verstehen: ’laut und deutlich sagt’ 90 verbettung] (’Verbietung’), ’Verbot’ 69 Allter Camermeister] Martin Schaller. 74 dem von †Got߆] Vielleicht der Salzburger Stadtrichter Hans Gold von Lampoding (s. Vorspann zu B 1). 76 Neuer Camermeister] Joh. Pietenberger. 79 Doctor Steffan] Dr. Stephan Urban. 81 Pleier] Hans Pleyer. 83 Marshalh] Wigileus von Thurn. 89 die erzhertzogin nochmalen fur in bethe] S. Anm. zu Z. 66.
C. Stephan Kastenpauer, gen. Agricola, Antwort auf die ihm vorgelegten Artikel, [zwischen 21. Juli und 16. August] 1523 Textvorlage: Druck von 1523: Artickel wider Doctor Stef= fan Cagtenpawr Eingelegt / auch was er darauf geant wort hat / auß geiner ge fencknus / Newlich von jm auß gangen. M. D. XXiij. [Augsburg, Heinrich Steiner]. Exemplar: Tübingen UB, Gh 174. Der zweite bekannte Druck, aus demselben Jahr, [Augsburg, Jörg Nadler], textidentisch und oft sogar zeilengleich, wird in Einzelfällen herangezogen; z. B. Z. 89. Das Ex. München, UB, 4 Theol. 53:2 ist unvollständig. Die Seitenzahlen der Ausgabe von DATTERER (XXXII−XXXXII) werden in ’[...]’ im Text mitgeführt. Früher gedruckt in: Christian August Salig, Vollständige Historie der Augspurgischen Confession, Dritter Theil: ... und derselben zugetanen Kirchen bis auf das Jahr 1563, Halle 1735, S. 148–154 (teils paraphrasiert, teils modernisiert wörtlich). Normalisierung wie folgt: u und v, sowie i, j und y – mit Ausnahme von ’sy’ (= ’sie’) – wie heute gebräuchlich; s und g wie s, Ligatur von g und s (in Form eines geschwänzten z) als ß wiedergegeben; ’dz’ und ’wz’ aufgelöst in ’das’ und ’was’. Großschreibung auf Namen beschränkt; ’zuo ’ von nachfolgendem Infinitiv getrennt. Von den zahlreichen Fehlern des Drucks erklären sich einige am besten als Hörfehler, wie sie beim Diktat, oder als Lesefehler (z. B. bei g und f), wie sie bei der Übernahme aus der Satzvorlage entstehen: ’sünd’ bzw. ’sind’ statt ’frid’ Z. 43 f., ’hab’ statt ’ab’ Z. 112, ’aber’ statt ’ab er’ Z. 129, ’nymmer’ statt ’immer’ Z. 130, ’keren’ statt ’eren’ Z. 133, ’wenn’ statt ’denn’ Z. 180, ’sich’ statt ’sy’ Z. 197, ’vor’ statt ’von’ Z. 234, ’vorzogen’ statt ’volzogen’ Z. 242, ’quid’ statt ’qui’ Z. 250, ’dabey’ statt ’da bei’ Z. 252, ’tauff’ statt ’lauff’ Z. 306.
[Av]
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Artickel wider doctor Steffan eingelegt.
Ob ich glaub, das die recht des bapsts und kaisers auß got sein. o Ob sy gewalt haben, die ungehorsamen zu straffen mit leibstraff. e o Ob alt loblich gewonhait und der christenlichen kirchen zu gotes eer auffgesetzt o sein und zu halten. [XXXIII] Ob für die todten zuo bitten sei, und was bißher der brauch ist gewesen mit o o meßlesen, kerzenn prennen, ob es inen zu hilff komm und gut sei. o Ob der bapst und die bischof, auch alle gaistlichen, zu eeren seien. Ob aim prediger nit gepür, vor allen lasterhafftigen und schantlichen wortten o e der menschen zu hutten. Ob aim prediger nit gepür, das volck von aller auffruo r zuo ziehen zuo der ainigkait.
7 komm] köm DATT. 9 aim] ’einem’
o
e
10 zu hutten] ’sich zu hüten’
11 aim] ’einem’
[art. 1,2,3]
[art. 4]
[art. 5,6?]
[art. 14]
[art. 25?]
112 [art. 18]
[art. 19]
[art. 20]
[art. 1,2,3]
[art. 4]
[art. 5]
[art. 14]
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Ob ich von des bapsts und kaisers bull und mandat wiß, die wider den Luther und seine anhenger außgangen sein. o Ob ich wiß von dem mandat des herren von Saltzburg zu den predigern des bistums. Ob die gesetz und gepot der hailigen christenlichen kirchen zuo halten sein. Und ander artickel meer, aber die summa der ersten 20 hielt dises innen. Darauff ich kurtzlich und in summa also geantwort: Die recht der bapst und kaisers sein auß got, wenn sy nit wider das evangeli seind und gottes wort; wann bapstrecht und kaiserlich gwalt leßt zuo , vom hundert o zu lehen, Christus aber spricht: Leicht ewrem nechsten und begert nichts davon. e Allen obern sol man gehorsam sein, wa sy nit wider gott bietten oder schaffen; o haben mithmacht, die ungehorsamen [AII] zu straffen, doch mit underschaid der e gaistlichen und weltlichen oberkait etc. Alt gewonhaiten sein zuo halten, als fer und als vil sy nit wider den rechten gottesdienst sein; wellicher muo ß gemessen werden nach dem wort gottes. Man laßt auch offt etwas zuo von wegen der schwachen, das nit alweg an im e o o e selbs von notten ist, und davon zu ainem bessern stettig zu furn sein, wie uns Paulus vermelt. o Für die gestorben halt ich zu biten sein, aber also, das der rechten gottes eer und lob, auch seinem willen kain abbruch beschech, und was biß hieher in zuo hilff gewonhait gehalten ist, straff ich nichts dann die mißbreuch darinn und was dem wort gottes wider ist. Bapst, bischoff unnd all gaistlichait seind zuo eeren als stathalter Christi, so sy nach der leer der hailigen geschrifft lernen und leben, wie Paulus und Christus offt davon redt und die, so darwider lernen unnd thuen, hertigklich straffen; haißt sy e e dieb und schacher, Paulus hunt unnd boß arbaitter, Christus haißt sy widerchristen etc. e
23 obern] ebern DATT. 24 mithmacht] mith macht Dr DATT. und sy und als vil (Dittographie) Dr DATT.
26 als fer und als vil] als fer
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21 wann] ’denn’ 22 vom hundert zu lehen] ’gegen Prozente zu leihen’, ’auf Zinsen ...’ 22 leicht] ’leiht’ 22 davon] ’dafür’ 23 wa] ’wo’ (= ’wenn’) 23 bietten] ’gebieten’ 23 schaffen] ’handeln’ 24 mithmacht] ’Anteil an der Macht’ 28 im] ’sich’ 32 in] ’ihnen’ 33 straff] ’tadle’ 33 dann] ’denn’ (= ’als’) 36 lernen] ’lehren’ 37 lernen] e ’lehren’ 37 straffen] ’tadeln’ 38 schacher] ’Räuber’ 13 Leo X., Bannandrohungsbulle ›Exsurge Domine‹, Rom 15. Juni 1520 (promulgiert am 24. Juli) (MIRBT/ALAND 6. Aufl., Bd. 1, S. 504–513; CAUSA LUTHERI, Bd. 2, 1991, Text 41, S. (317) 364–411 lat./dt.); Bannbulle ›Decet Romanum Pontificem‹, Rom 3. Jan. 1521 (ebd., S. 513–515 bzw. Text 46, S. (445) 457–467 lat.). 13 Karl V., Wormser Edikt, 8. Mai 1521 (unterzeichnet am 26.) (RTA 2, 643–661 Nr. 92; CAUSA LUTHERI, Bd. 2, 1991, Text 50, S. (484) 510–545 lat./dt.). 15 Matthäus Kardinal Lang, Fürst-Ebf. von Salzburg, Salzburger Diözesanverordnung über die Reform der klerikalen Disziplin, Salzburg [Ende] März 1522 (ARC 1, Nr. 8 S. 48–53), unter dem Titel Erstes Reformationsmandat bei DATTERER, S. IV−XI; bis zum Erlass eines expressis verbis contra Lutheranos gerichteten Mandatum sollte es – entgegen MOELLER 748 bei u. mit Anm. 57 (2001: 253 bei u. mit Anm. 58) – noch bis Juli 1523 dauern, s. B 1. Ratssitzung vom 16. März 1523,e zu Z. 41 und B 2. Denkschrift [Ende April 1523], zu Z. 23. 22 Vgl. Lc 6,35. 28–30 wegen der schwachen bis Paulus] Ansp. 23f. obern bis straffen] Ansp. Rm 13, 1–7. e e 38 hunt unnd boß arbaitter] 1 Cor 8,9; Rm 14, 1–3. 38 dieb und schacher] Io 10, bes. 1. 8. Phil 3,2. 38 Christus] Vielmehr 1 Io 2,18.
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Ainem prediger gepürt, die laster zuo straffen, aber nit die menschen in sonderhait, und das ewangelium anlegen an die sitten der menschen in der gemain gegen o allen stenden und alles, was gottes wort ist, zu predigen etc. [XXXIV] o Ainem prediger gepürt, die ainigkait und frid zu predigen in gottes willen, nit frid und ainigkait in der uneere gottes oder in den lastern, wie man offt lißt im Psalter etc. Von der bullen des bapsts Leonis, auch von dem kaiser edict, hab ich nit ferer wissen denn nach hoe ren sagen unnd was ich zuo zeitten bei den buo chfue rern gesehen hab. Sy seind auch, alslang ich zuo Rotemberg geprediget hab, nie verkünd worden, e wie man nach brauch des rechten schuldig war. So hab ich mich auch derselben wenig bekümert oder nachgefragt, dieweil ich mich nie unnderstanden hab, des o o Luthers sach zu predigen oder zu beschützen, dann alsweit er sich das [AIIv] hailigen gottesworts gepraucht und der warhait mit den leeren anhengig. Von des von Saltzburgs mandat hab ich nichts gewißt dann ain geschrai, hab auch offt begert, dasselb zuo hoe ren. Und so ichs gesehen hett, wer ich fro gewesen, dieweil ich ietzund sich, das ich dawider nie gethan hab; denn es vermag, man soll rechte grundtliche schrifft predigen der alten lerer. Des ich mich auffs hoe chsts e geflissen hab. Dann wer ist elter dann der zwolffpotten leer, sant Augustinus, Hieronimus, auch Ambrosi? Aber was der newen leerer sein von fünffhundert jaren her, hab ich in drei jaren nit vil darinn gelesen, auch nit sovill zeit gehebt etc. Dises ist die summa gewesen meiner antwort auf die ersten artickel, wiewol vil reden von der meß und andern sachen geredt warn. Aber auff disen grund, wie angezaigt, ich verharr und bestee in gotes namen; will mich des auf die gezeugen lassen und auff den hernn doctor und notari. Ich hett die artickel gern all gesetzt. 43 ainigkait und frid] Konj. analog frid unnd ainigkait Z. 244 f., ainigkait und sünd Dr DATT.; vgl. unitatem atque pacem, Supplicatio (Text A 1), Z. 46 und pacem et unitatem Z. 73 f. 44 frid und ainigkait] Konj. nach Z. 244 f., sind und ainigkait Dr DATT. 51 alsweit] als weyt Dr, alweyt DATT. 40 straffen] ’tadeln’ 40f. in sonderhait] ’als Einzelne’ 41 gegen] ’gegenüber’ 42 stenden ’Ständen’, ’Berufen’, ’Ämtern’ 46 ferer] ’ferner(es)’, ’weiter(es)’ 49 rechten] ’(Kirchen)rechts’; zur Form: Genitiv Singular; zeitgenössisch noch adjektivisch flektiert 51 dann] ’denn’ (= ’als’) 51 das] = ’des’ 53 dann] ’denn’ (= ’als’) 53 geschrai] ’Gerücht’ 55 sich] ’sehe’ 55 vermag] ’gebietet’ 56 grundtliche schrifft] Lat. Äquivalent in der Supplicatio (Text A 1) ist solida scriptura Z. 52, Z. 61, Z. 64 und Z. 66 e 57 der zwolffpotten leer] ’Acta und Apostelbriefe’ 62 gezeu57 dann2] ’denn’ (= ’als’) gen] ’Zeugen’ 63 lassen] ’verlassen’ 63 gesetzt] ergänze: ’hierher’ 45 Psalter] Wo? 46–48 bullen bis nie verkünd] Die Bulle ›Exsurge domine‹ wurde im Bistum Salzburg überhaupt nicht (siehe CAUSA LUTHERI, Bd. 2, 1991, S. 336 mit Anm. 184), das Wormser Edikt in Tirol erst zusammen mit den Beschlüssen des Regensburger Reformkonvents am 1. Sept. 49 brauch des rechten] Zur Sache siehe 1524 veröffentlicht (siehe SALLABERGER 1997, S. 305). Paul HINSCHIUS, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland, Bd. 3 (1883; Nachdr. Graz 1959), S. 774 ff. 56 predigen bis lerer] Diözesanverordnung bzw. Reformationsmandat (wie Z. 15, ARC 1, Nr. 8, S. 49, Z. 25–30; DATTERER S. VI): ... quibus predicandi munus incumbit, studeant evangelium et verbum dei sobrie et caute ac iuxta sanctorum ab ecclesia approbatorum doctorum sententias docere et interpretari, non tradendo nova vel ab ecclesia Romana reiecta et damnata dogmata, ex quibus hereses et scismata, scandala et seditiones innumere in populo verisimiliter suboriri possunt; am Anfang und am Schluss modifiziert wieder aufgenommen in Die auf dem Mühldorfer Konvent beschlossenen Reformstatuten (Reformmandat), 31. Mai 1522, in ARC 1, Nr. 14, S. 67–75, hier 70, Z. 12–18: Hi vero studeant ... interpretari, ne superstitiosa, apocrypha aut erronea vel ab eadem ecclesia reiecta et damnata dogmata tradant vel doceant nec ad convicia vel ad iniurias quovismodo descendant, ne, ubi causa dei agi debet, haereses, scismata, scandala, odia et seditiones seminentur et tractentur. 63 den hernn doctor] Dr. Eberhard Englmar; siehe Z. 126, Z. 272, Z. 277 u. ö. 63 notari] S. auch Z. 317.
[art. 25?]
[art. 18]
[art. 19]
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
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So hat man mir der herrn kain copei woe llen geben, waiß nit auß was ursach, sonder e gesagt, mann wol sich darüber bedencken.
[art. 21,22]
[art. 33]
[art. 30]
[art. 28]
[art. 32] [art. 26]
[art. 25?] [art. 31]
Hernach volgen die artickel, so in sonderhait wider mich eingelegt seinnd etc. Ich soll des Luthers leer lange zeit schandlich und lae sterlich dem volck gepree diget haben, mit verachtunng bapstlich pull und kaiserlich edict. o o Ich soll den stul zu Rhom ain raubstuo l gehaissen haben, bapst und alle gaistliche oberkait, als bischoff und andere, des teuffels junger genent haben. Ich soll wider den loblichen brauch und gotsdiennsts der meß und all ander ceremonien groe blich, schendlich und ketzerisch gepredigt haben. Ich soll allen loblichen brauch gotesdienst für die tod[AIII]ten abpracht haben und in des teuffels namen haissen halten, wer sy halten woe ll. Ich soll verpotten haben die beicht und vastenn. [XXXV] Ich soll alle gaistlich satzung der vae ter verspot haben. Ich soll von den priestern schendlich und groe blich geredt haben, sy ,gaißleder’ gehaissen haben. Ich soll kertzen prennen unnd, was lange zeit im brauch ist gehalten worden für guo tte werck zuo gotes eer, abpracht haben, also das niemants zuo Rotemberg mer lest meßlesen, jartag halten oder ander gotsdienst, wie vorhin gehalten. e Ich sei von der verachtung wegen bapstlicher pull in den pan gefallen, aber desselben nit geacht, frevenlich darüber meßs gelesen und verspoe tlich verharret etc. o o Ich soll das volck zu auffrur wider die gaistlichenn erweckt haben. Ich soll am auffartag schendtlich geredt haben wider die auffziechung der bildtnus in der kirchen und dawider außgespürtzt haben. Das und anders, so das gemain geschrai von mir allenthalben umb Rottemberg, o und des procurator, des vischgals, hat sich erbottenn, solch artickel wider mich zu beweißen. Wiewol der artickel mer seind gewesen, so ist doch das bei der warhait die gantz summa und inhaltung etc. 67 Nach soll] haben (Dittographie) Dr DATT. 87 außgespürtzt] aussgespurtzt DATT. 89 procurator] Konj., Progtor Dr, progtor 2. Dr, Proggor DATT.; Progtor ist der missglückte Versuch des Setzers, eine Abbreviatur für procurator wiederzugeben, ähnlich derjenigen, die im Text der Replica mehrfach in der Amtsbezeichnung procurator fiscalis gebraucht wird 89 vischgals] viscals 2. Dr o
66 in sonderhait] ’im Einzelnen’ 69 raubstul] ’räuberische, wucherische Bank’; vgl. GRIMM, DWB 20, Sp. 361–363 s. v. Stuhlräuber (zu verstehen: im Unterschied zum Strauch- oder Straßenräuber) 77 gaißleder] ’Geißleder’ (Ziegenfelle) 81 jartag] ’Jahrtag’ (liturgisch begangenes jährliches Gedenken am Todestag eines Verstorbenen) 81 vorhin] ’früher’ 82 Vor aber] ergänze: ’habe’ 83 zu darüber] ergänze etwa: ’hinweggehend’ 86 auffartag] ’(Christi) Himmelfahrt’ 87 außgespürtzt] ’ausgespuckt’ 88 geschrai] ’Gerücht’ 88 Nach Rottemberg] ergänze etwa: ’behauptet’ 89 des vischgals] ’des Fiskals’ 89 hat sich erbottenn] wohl zu verstehen: ’der sich erboten hat’ o
69 raubstul] Vgl. Luther, An den christlichen Adel (1520) (WA 6, 420, Z. 12): der Romisch geytz und raubstul und (Z. 18): des Romischen, ’reubischen’ stuls, sollt ich sagen. 89 des procurator, des vischgals] Procurator fiscalis war Ulrich Ehinger; siehe B 5. Rem an Lang, 29. April 1523, Z. 10 mit Sach-Anm. zu Z. 10. 89f. Procurator bis beweißen] Gemeint ist die Replica procuratoris fiscalis (Text A 3).
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Darauff ich bei meinem aid mit bewerung des ewangelium wie nachvolgt geantwurt hab etc.: e e Und in der antwort offt gewaint und zachert, so ich mein grosse treu arbait, bei e den von Rotemberg taglich beschehen, behertzigt hab, das ich also untrewen lon davon soll haben; den ich auch behertzigt, das mein guo tte und rechte mainung also lugenhafft sol gedeutet werden; auch offt behertzigt mein lange gelitnen schweren unnd schentlichen gefengknus; und das erst ietzund auff mich gelegt soe ll werden die laster des todts werdt; und das ich allain da [AIIIv] mue st steen on alles gezeugknus der frummen redlichen leut, die offt mein trewen arbait gespürt haben. Das ich auch wol abnimm, von wannen dise klag herkompt, von denen ich vorhin vil umb gottes willen und seins worts willen schmach, spot und schandt, lesternus der eeren gelitten hab. Auch gelt außgebotten haben, mich zuo schanden zuo pringen, e groß geklagt, in woll abgeen an irem einkommen, sy künnden sich nimmer neeren, mich offt außgeschrien vor aller welt für ain ketzer. Unnd ir kainer nie zuo mir kommen mit geschrifft oder brue derlicher trew und der lieb, mich irthum zuo beweißen, ja haimlich oft verjehen, ich predig die warhait, aber sy künden sich nimmer neren, und sy thae tten es auch gern, wa sy derfften. Ja ich hab mich offt behertzigt in diser meiner antwurt, die eer gotes wort uns es auff die predig gelegt, eben was auf Christus unnd sein zwelffpotten gelegt ist wordenn. [XXXVI] Ich hab mich auch wol selbs geschae met vonn wegenn meiner zae chern, so kan ichs doch nit lassen, so ich mein ellend bedenck. Und ab iemandt daraus wolt nemen, das ich mich beschuldigt het, als hett ich unrecht gethan oder geleerent oder gepredigt, der thuo t mir vor gott unnd der welt unrecht, wie ich mich verlaß auff mein antwurt und entschuldigung, so sy getrewlich wurd fürgebracht etc. Das erst. Auff das erst hab ich geantwurt: Ich hab mich des Luthers leer oder o o iemants nie angenommen offentlich zu predigen oder zu rechtverttigen, dann alsweit Luther oder ander mit dem wort gottes gefaßt sein; hab auch offentlich auff der kanntzel geredt, wer mich lutherisch haiß, der thuo mir gewalt. Ich verkünd und predig gottes wort tae glich auß dem buo ch und nach dem text der hailigen gschrifft; das vergich ich. Aber das ich des Luthers bue cher, wa ich sy gehaben moe cht, geleßen hab unnd, wa er die gschrifft rechtt findt, im [AIV] nachgevolgt, so es stat e und zeit gehabt, aber nie nichts auß seinen buchern genommen hab, das ich nitt 98 ietzund] Konj. yetz mit Dr DATT. DATT.
100 Nach frummen] und DATT.
e
112 ab] Konj., hab Dr
95 behertzigt] ’mir zu Herzen genommen’ 96 den] 94 zachert] ’Zähren, Tränen vergossen’ vielleicht ’denn’ (= ’dann’) 96 behertzigt] wie vorhin 96 mainung] ’Absicht’ e 97 behertzigt] wie vorhin 98 erst ietzund] ’jetzt auch noch’ 98 soll] Zu erwarten: sollen 99 die laster des todts werdt] ’die todeswürdigen Laster’ 101 Das ich auch wol abnimm] ’Woraus ... entnehme’, ’... folgere’ 101 vorhin] ’schon früher’ 104 in] ’ihnen’ 107 verjehen] ’gestanden’ 108 Wa] ’wo’ (= ’wenn’) 108 derfften] ’(es) wagten’ 109 mich bis behertzigt] ’mir ... zu Herzen genommen’ 109 die eer gotes wort uns es auff die predig gelegt] Syntax gestört; außerdem unklar, ob uns auffgelegt im Sinn von ’uns (von den Menschen) zur Last gelegt’ zu verstehen ist oder im Sinn von ’uns (von Gott) als Auftrag auferlegt’ e 112 ab] ’ob’ (= ’wenn’) 117 dann] ’denn’ (= ’als’) 111 zachern] ’Zähren’, ’Tränen’ 121 vergich] ’gestehe’ 121 wa] ’wo’ (= ’wenn’) 99f. on bis leut] Vgl. Supplicatio (Text A 1), Z. 156 f.
[art. 21,22]
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[art. 14,33]
[art. 33]
[art. 30]
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
vorhin beschawt hab mit hochem fleiß, ob es der gschrifft im grundt gleich sei, unnd darneben auch Augustinus, Ambrosius und Hieronimus gelesenn. Darauff hat der herr doctor Eberhart geantwort, warumb ich nitt vorhin auch also gepredigt hab. Antwort: Es ist mir hertzennlich laid, das ich mich nit also fleissig auff die hailig geschrifft gelegt hab, als ich ietzunder in drei jaren, geursacht von des Luthers wegen, ab er schreibe irtum oder nit, gethan hab. Vorhin hab ich immer die schuo llerer und, die wie sant Thomas schreiben, gelesen, als die sumisten, †Anthenisten† und †Pantho†, aber ietzund ain guo tte zeit, alls drei jaren, mit fleiß sant Augustin und all grundlich leerer gelesen etc. Bapst bischoff und all gaistlich hab ich angezogen zuo eren zweifeltig, wie Paulus leernet: Wa sy dem wort gotes gemeß leernen und leben; die sich aber sollichs standts mißbrauchen – wolt got das es nit gescheh –, wider die selbigen laster hab ich in der gemain geredt, wann die zeit unnd stat in der predig sich gegebenn hatt etc. Den stuo l zuo Rhom hab ich kain raubstuo l gehaissenn, dieweil er nichts anders ist e o den das predig ampt und gewalt, aufloßen und zu pinden, wie Augustinus lernet. Aber wol hab ich in der gemain geredt wider den mißbrauch des ampts des stuo ls, das nur mer geltsuo chung. Haben ain zeit von Rhom empfangen in den evangeli? Hab auch nie kain lebendigen bapst mit namen genent, sonder in der gemain wider e den mißbrauch geredt, denselben unnd ander standt, wann es die stat der hailigen geschrifft gegeben hat. [XXXVII] Hab auch niemandt des teuffels junger gehaissen denn die seine werck thuo en, e wie Christus saget. So hab ich auch an vil endt mussen predigen, da Christus, v Paulus, Hieronimus, [AIV ] Ezechiel, Esaias und Zacharias gue tig wider die gleichßner redet und die, so irem gaistlichen stand nit gemeß leben. So haben sy denn gesagt, ich schend die gaistlichen, so ich nur die laster gestrafft hab. In allen breuchen hab ich nichts gestrafft, dann was die recht eer gotes geringert und derselben wider war. Nemlich von der meß waiß ich nichts anders, das ich 125 Vor darneben] sy Dr DATT. 129 ab er] Konj., aber Dr DATT. 130 immer] Konj., nymmer Dr DATT. 131 Anthenisten] vielleicht Anathem(at)isten, ’Ketzerrichter’ (die Anatheme aussprechen); belegt bei Hans Christian BRANDY, Die späte Christologie des Johannes Brenz (Beiträge zur historischen Theologie 80), Tübingen 1991, S. 57 als Bezeichnung der Gnesiolutheraner 131 Pantho] vielleicht Panormitanus (= Nikolaus de Tudeschis, †1445, Kirchenrechtler) 149 denn] den Dr 133 eren] Konj. (vgl. Z. 35), keren Dr DATT. 124 vorhin] ’zuvor’ 126 vorhin] ’schon früher’ 129 ab] ’ob’ 129 vorhin] ’früher’ 131 sumisten] ’Summisten’ (Verfasser von Summen) 134 leernet] ’lehrt’ 134 Wa] ’wo’ (= ’wenn’) 134 leernen] ’lehren’ 139 lernet] ’lehrt’ 141 Haben bis evangeli?] vielleicht zu verstehen: ’Haben (wir) je (etwas) über Rom gesagt bekommen in den Evangelien?’ e e e 143 standt ’Stände’, ’Berufe’, ’Ämter’ 147 gutig] Vgl. guttig Z. 248, auch hertzlich Z. 210 148 gleichßner] ’Gleisner’, ’Heuchler’ 149 gestrafft] ’getadelt’ 150 gestrafft] ’getadelt’ 150 dann] ’denn’ (= ’als’) 151 Nemlich] ’Namentlich’ 134 Paulus] 1 Tim 3,1–13; Tit 1,7–9. 139 predig ampt bis Augustinus lernet] Augustinus, wo? 139 gewalt bis Augustinus lernet] Augustinus, Sermo 295 (In natali SS. Petri et Pauli 1), 2(2) mit Mt 18, 15–18 (PL 38, Sp. 1349). 146 Christus] Vgl. Io 8,31.41.44. 146 Christus] Mc 7,6; Mt 23,13 u. ö. 147 Paulus] Wo? 147 Hieronimus] Wo? 147 Ezechiel] Ez 33,31; 34,1 ff. 147 Esaias] Is 29,13. 147 Zacharias] Wo?
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gestrafft hab, dann die mißbreuch und die versaumnus goe tlicher gepot, wie man in grundtlicher geschrifft findt. Von den ceremonien auch nichts gestrafft den das unrecht anhangen on denselbigen, wie Augustinus und Paulus leernet, auch die verachtung dardurch warer und gepotner werck von got auß lieb, auch das falsch unnd unrecht eittel davon. Für die todten zuo bitten halt ich, aber wie gottes lob und eer eraischt, hab auch nichts in den begengknussen gestrafft denn den grossen aberglauben und hindernus rechten gottes eer, unnd das man umb gelt für sy meß lißt, das allain auß lieb soll beschehen. Darauff hatt ainer geantwort: Wie sollen wir uns dann ernern? Antwort, wie e Christus saget: Der arbaitter ist werdt seines lons. Die arbait ist und leernen taglich gotes wort; von meßlesen sich erneren findt man niendert inn der schrifft. Dann wir mue ssen tae glich widerstand thonn dem teuffel, welt und flaisch mit dem glauben. So ist der glawb mir auß dem wort gottes, das uns auch all stundt not wer zuo behertzigen und zuo leernen. Unnd wa wir das thetten, das wir stettigs unser volck leernetten die recht goe tlich schrifft, so doe rfften wir nit alweg Requiem singen sonder Gaudeamus, wann sy wurden frumm und froe lich zuo dem sterben. Aber inn summa ich hab nichts troffen in den unnd andern dingen, denn was wider rechte warhafftige gottes eer war. Warumb aber die von Rotemberg nit lassen meß haben, jartae g unnd annder gotsdienst, laß ich sy verantworten. Ich hab das mein gethan, gelerent, was recht wer. Sy opffereten [B] wein und brot auff den altar und mainten, sy thetten den seelen und got darinn ain gefallen. So doch sant Augustinus leernet, man soll es geben armen leutten, und das auß lieb. Gott will kain opffer meer dann unser hertz, o im und dem nechsten gegeben. Darzu aber hatt mich bewegt die groß kostung, auff solliche ding gelegt, von got nit gepotten, und, was von gott gepoten ist, klaine gedancken und offt gar kains haben. o Ich hab auch geredt, wenn man sollich ding thut und nit am ersten, was von got gebotten ist, so diene man meer darinn [XXXVIII] dem teuffel denn got. Auch seind 169 wider] Konj., fehlt Dr DATT.
174 es] fehlt DATT.
178 gedancken] gedencken DATT.
152 gestrafft] ’getadelt’ 152 dann] ’denn’ (= ’als’) 154 den ceremonien bis unrecht anhangen] Lat. Äquivalent: pertinacem in eis (scil. ceremoniis) fidutiam, Supplicatio (Text A 1), Z. 117 154 gestrafft] ’getadelt’ 154 on] ’an’ 155f. auch die verachtung bis auß lieb] zu verstehen: ’auch die dadurch (bewirkte, darin liegende) Verachtung wahrer und von Gott gebotener Werke aus Liebe’ 157 eraischt] erheischt 158 begengknussen] ’Begängnissen’ (liturgischen Grabbesuchen) 158 gestrafft] ’getadelt’ 161 ernern] ’ernähren’ 162 und] syntaktisch überflüssig 162 leernen] ’lehren’ 163 eniendert] ’nirgend(s)’ 166 wa] ’wo’ (= ’wenn’) 167 leernetten] ’lehrten’ 167 dorfften] ’bedürften’, ’brauchten (... zu)’ e 171 jartag] Vgl. Z. 81 174 leernet] ’lehrt’ 175 dann] ’denn’ (= ’als’) 177 Nach und] ergänze: ’dass sie’ 180 denn] denn Konj., wenn Dr DATT. 152 Z. B. das Kelchgebot Mt 26,27 (bibite ... omnes). 154f. den ceremonien unrecht anhangen und Augustinus] Augustinus, wie Supplicatio Z. 116 mit Sach-Anm. zur dortigen Marginalie Aug. ep. 119 154f. den ceremonien unrecht anhangen und Paulus] Gal 2. 162 Christus] Mt 10,10. 164 teuffel, welt und flaisch] Häufige Trias, vgl. z. B. Bernhard von Clairvaux, In dominica VI post pentecosten, sermo 2,5 (ed. Leclercq / Rochais 5, S. 211, Z. 24ff.); Tauler, Predigt 2 (ed. Vetter S. 13, Z. 16. 20. 29); Staupitz, Tübinger Predigten, Sermo 3, Z. 107ff. (JvS 1, S. 68 ff.; dort in Anm. 33 weitere Belege). 165 glawb bis gottes] Vgl. Rm 10,17. 167 Mit Requiem beginnt die Totenmesse; vgl. Consultatio (Text A 2), Anm. 38. 168 Mit Gaudeamus beginnt die Allerheiligenmesse; vgl. ebd. 174f. Augustinus bis leutten] Augustinus, Ep. 64 (jetzt 22) (Ad Aurelium), 1(6) (PL 33, Sp. 92; CSEL 34/1, S. 58 f., bes. 59, Z. 6 f.): aliquid pecuniae [...] pauperibus eroget.
[art. 28?]
[art. 30]
[art. 28]
[art. 27]
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[art. 28]
[art. 28]
[art. 32]
[art. 26]
[art. 35]
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
vil armer leut da zuo Ratfeld und anderßwa, auch im spittal, die grossen hunger und armuo t leiden. Nemlich das ich bericht bin, das sy in der vasten haben begeret das e o wasser von den gesaltznen haringen, damit zu saltzen ir kraut. Es ist auch an allerseelentag ain fraw niderkommen, die kain bissen brot gehabt hat. Die und ander der armen leut leiden vil haben mich bewegt hertzigklich, von dem mißbrauch zuo reden, das man vil an die ceremonien legt, die doch nur anzaigung geben und nit von got gepotten seind. Aber es ist kein punct in der geschrifft, er lernen uns dann, den nechsten zuo helffen willigklich. Und geben kostung auß, wa es got nit gepotten hatt, aber umb das, das uns gepotten ist, muo ß man nachlauffen und mit wainen von uns bringen; man fragt nit nach den armen. Was ich aber meer mißbrauch in den begengnussen von den todten hab anzaigt, wird ich wol anzaigen, so weitter davon geredt wirt werden etc. Beichten und fasten habe ich gelernt nach dem evangelium und gottes wort, wie Augustinus auch an vil enden anzaigt hatt. Beichten, sag ich, sei von gott gepotten auß lieb der frommkait, nicht auß forcht allain von gepott wegen der menschen; denn das ist ain abgoe tterei, dann alle forcht und lieb gehoe ren allain gottes eer zuo , und wee dem, der sy ainer creatur gibt etc. e Gaistliche satzung der vatter hab ich nit verworffen, [Bv] wa sy nit wider gottes o wort seind oder nit verhert werden von den geitzigen zu mißbrauchung wider die lieb gottes und des nechsten. Die rechten ordnung priesterlichs standts hab ich auß sant Paulus anzaigt und, was demselben wider ist, gestraffet. Das haben sich auch etlich priester offt understanden, mich offentlich auff den doe rffern ain ketzer zuo schelten mit vil schmachworten. Den ich zuo rettung der eer gotes voran hab mue ssen zuo gegen in der gemain widersprechen oder in dergleichen wort: Liebe kind, o sagt in, das sy zu mir kommen und mich weisen, wa ich irr. Leset und schawt selbs die bibel an, bittent got umb seinen gaist, und wa ir vor euch habt gottes wort, ja gehoe rt euch nichts an die dorffpeirer. Des haben sich meine mißginner understanden, alles was ich hitzig wider die laster geredt hab, auff die leut zuo deuten, so ich doch allweg geredt hab: Ich main die laster, aber die leut seind mir hertzlich lieb, auch die, so mir auff das üblest reden und feind send. 187 er lernen] erlernen DATT.
197 sy] Konj., sich Dr DATT.
205 selbs] selbst DATT.
182 Nemlich] ’Namentlich’ 184 allerseelentag] ’Allerseelen-Tag’ (2. November) 186 anzaigung geben] ’ein Zeichen darstellen’, ’Zeichencharakter haben’ 187 er lerne] ’er lehre’ 188 wa] ’wo’ (= ’wenn’) 190 von uns bringen] ’von uns erreichen’, ’uns abverlangen’ 191 begengnussen] wie Z. 158 193 gelernt] ’gelehrt’ 195 frommkait] ’Gerechtigkeit’ 196 dann] ’denn’ 198 wa] ’wo’ (= ’wenn’) 199 verhert] (’verheert’), ’verdorben’ 201 gestraffet] ’getadelt’ 203 Den] ’Denen’ 204 in dergleichen wort] Nachbildung des lat. in haec verba vor wörtl. Rede 205 in] ’ihnen’ 205 wa] ’wo’ e (= ’wenn’) 206 und] syntaktisch überflüssig 206 wa] ’wo’ (= ’wenn’) 207 gehort euch nichts an] ’hört nicht auf’ 207 dorffpeirer] = dorfbeyrer (so A 4. Interrogatoria, Z. 85); ’Beierer’, ’Küster’, hier verächtlich für ’Pfaffe’; ’beiern’ ist das kurze Anschlagen der ruhenden Glocke im Unterschied zum Läuten 193f. fasten und Augustinus] Augustinus, 181 spittal] Zum Spital s. ANGERER (1980), 80 ff. Ep. 55 (Ad Ianuarium 2) (früher Ep. 119 [so A 1. Supplicatio, Z. 116 am Rand), 15 (28) (PL 33, Sp. 217 f.; CSEL 34, 200–202). 194f. Beichten bis frommkait] Vgl. Luther an Staupitz, Begleitbrief zu den Resolutiones, 30. Mai 1518 (WA 1, 525, Z. 11 f.): poenitentia vera [...] ab amore iusticiae et dei incipit. 195 Gemeint ist das Kirchengebot in Gestalt des cap. ›Omnis utriusque‹ (wie zu Z. 281). 201 Paulus] 1 Tim 3,1–13; Tit 1,7–9.
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Text C. Agricola, Antwort
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Von kertzen brennen hab ich nichts gestrafft dann der alten weiber aberglauben und vergessen gottes gepot. Stecken sant Anna siben liecht auff, steet ains ain fierer, aber ainem armen menschen geben sy nit ain bissen brot. Sy erzaigen ir andacht in dem eusserlichen liecht, aber innwendig ist wenig liecht des glaubens und der lieb. Sy nemen von den gestorbnen [XXXIX] ain maß oder lenge von ainer kertzen, brennen es 30 tag, darnach soll dem gestorbnen geholffen sein, und setzen ir vertrauen also auff die geschechne werck, so sy die hülff allain sehen sollen in dem glauben. Die und ander mißbreuch hab ich gestrafft, so haben sy mich denn verstainen e wollen. Ich waiß nit, was den todten baß mag helffen dann andechtig gebeet im glauben auß lieb unnd das die hieigen ire freund in gotes willen auß seinen wort warnemen und vollbringen, wie im evangeli steet. [BIIr] Vonn dem bann waiß ich gar nichts, dieweill ich nie understanden hab, des Luthers geschrifft oder leer zuo predigen, die ich noch nit alle verstee. Sonder, wie oben gesagt, wa ich ain verstandenn hab, das er gottes wort recht gefue rt hat, hab ich dem wort gottes anhangen. Bin auch nie von gemelter oe berkait cittiert oder gefordert worden, rechnung zuo geben meiner predig; so ist kain verkündigung e baider gebott beschehen bei uns in der stat. So ist mir von notten gewesen, seine e o bucher zu lesen, so man sy stettigs in den henden umbgezogen hatt, das ich weßt, was recht oder unrecht wae r. Ich hab auch nur sant Paulus, Petrus, Jacobus Epistel, Evangeli Johannis, Würckung der zwelffpotten gepredigt. Das ist ain leer, die lang dahinden ist gelegen, und wer sy vorhin nicht gehoe rt hat, der maint, es sei etwas news. Auch dergestalt ist zum tail von mir gepredigt worden von wort zuo wort unnd ander grundtliche schrifft. Darumb ich on allen verdacht bae pstlicher bull tae glich und froe lich hab nach der predig meß gelesen, darvon geleernet, was ich von ir in dem wort gotes befunden hab gegrundt zuo sein. Hab auch warlich an den bann der bull nit gedacht und mich von der bull wegen über das klar lauter wort gottes gelindert. So ich davon hab hoe ren sagen weitleffig, so gedenck ich wol etlicher bull, von dem nechsten concili zuo Rom gehalten außgangen. Aber darumb so sy nit verkündt seind worden, offentlich nichts davon gehalten oder volzogen ist etc. Von wegen der auffruo r laß ich mich auf alle frummen menschen und auff die geschrifft, so ich in henden gehebt hab zuo predigen, das ich auff das hoe chst zuo frid unnd ainigkait gebetten hab und ob allen dingen, wie Johannes und ander leernen, 227 von] fehlt DATT.
234 von] Konj., vor Dr DATT.
242 volzogen] Konj., vorzogen Dr DATT.
212 gestrafft] ’getadelt’ 212 dann] ’denn’ (= ’als’) 213 steet] ’kostet’ 214 fierer] ’Vierer’ (Tiroler Silbermünze) 220 gestrafft] ’getadelt’ 220f. so haben sy mich denn e verstainen (= ’verstan’, ’verstehen’) wollen] zu verstehen: ’wenn sie mich denn hätten verstehen wollen’ 221 dann] ’denn’ (= ’als’) 222 unnd vor das] syntaktisch heute überfüssig 222 die hieigen ire freund] ’ihre Freunde hier’ (auf der Erde) 228 rechnung] ’Rechenschaft’ 232 Würckung] ’Acta’ 233 vorhin] ’früher’ 237 geleernet] ’gelehrt’ 238f. mich bis gelindert] zu verstehen: ’mich ob dem klaren Wort Gottes wegen der Bulle erleichtert gefühlt’ 243 laß] ’verlasse’ 245 leernen] ’lehren’ 223 evangeli] Im NT findet sich keine Aufforderung zum Fürbittgebet für die Verstorbenen. 224 bann] Siehe Z. 82. 226 oben gesagt] Siehe Z. 116 ff. 229 baider gebot] Bannandrohungsbulle und Wormser Edikt (wie zu Z. 13 erster und zweiter Eintrag). 240f. nechsten o concili zu Rom] Gemeint ist das 5. Lateran-Konzil, das am 3. Mai 1512 unter Julius II. begonnen und erst am 1. Dez. 1521 unter Leo X. geendet hatte (Denz. 1440–1446). 245–246 Johannes bis nechsten] 1 Io 3,11 u. ö.
[art. 28]
[art. 25?]
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[art. 31]
[art. 31]
Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
die lieb des nechsten gesuo cht und geleernet hab. So ich aber nach art der schrifft der sacrament laster gestrafft, haben meine mißgünner fürgeben, ich schend sy. e Warumb hitzig wider die laster, guttig gen aller welt schenndet nitt auch Chrise tus, so er sy dieb unnd morder haist, [BIIv] teuffels kinder und dergleichen? Ich gedenck an sant Augustinus red: Quod seditiones in ecclesia excitant, qui volunt in ea videri etc. Vom auffertag sag ich, das ich sach vil volcks da bei [XXXX] der non, da man wasser herab goß, das bild hinauff gezogen ward, das volck auß der kirchen lieff, rauffen und schlagen von den buo ben ward, das ich nit stat het zuo predigen. Und behertzigt den unverstandt des armen volcks, das von nutz der auffart nit mer o e o o genaigt wer zu horen, dann das bild zu sehen, unnd das das geschrai gepotten, zu e horen gottes wort, und so gar kain scham hat gegen dem krumpen gesang in der kirchen, unnd das es allain daher floß, das man sy von irer schwachait nit weißet, hab ich wol uber das schandlich geschrai und gelechter an dem hailigen tag außgespürtzt unnd gesagt, das es got klagt sei, das man also mit grossem proe gel mit dem hültzin goe tzen umbgeet unnd das volck ietzund, so es die recht himelfart lernen soll, die es hie haben muo ß, auß seiner narrhait und thorhait darvon laufft, setzen gleich das hinder herfür. O wee den, die das volck darinnen weisen sollen o und bestatten es selber mitt irem vorgang. Warum seind die buben ietzund nit im pann, so sy schlagen und rauffen in der kirchen? Item ich hab mich auch auff alle frumme erber burger, edlen und unedlen, unnd auff ain gantze gemain referiert, das ich mit denen auch meine dise entschuldigung beipringen woe l. So ich das auch vorhin drei malen von in gschrifftlich gezeugknus hab. Wie wol man spricht, ich hab mich damit bestercken woe llen. Aber Paulus hatt o e es auch gethan, wie man list in Actibus, da im die Juden zu todten ain aid geschworenn hetenn etc. 249 sy fehlt DATT. 250 in vor ecclesia fehlt Dr DATT. 250 qui] quid Dr DATT. 252 da bei] Konj., dabey Dr DATT. 257 dem] den DATT. 259 dem] den DATT. 266 auch] fehlt DATT. 246 geleernet] ’gelehrt’ 247 der sacrament laster] vielleicht zu verstehen: ’die Laster im Umgang mit den Sakramenten’ 247 gestrafft] ’getadelt’ 248 Warumb] ’Darum’ 248 gen] ’gegenüber’ 252 auffertag] ’Himmelfahrtstag’ 252 sach] ’sah’ 255 behertzigt] ’zu Herzen genommen’ 256 dann] ’denn’ (= ’als’) 256f. das geschrai gepotten bis scham hat] Zu verstehen: ’die laute Aufforderung ... so gar keinen Respekt findet’ 257 und] syntaktisch überflüssig 257 gegen] ’gegenüber’ 257 krumpen] ’krummen’, ’schlechten’ e 260 progel wohl zu schweizerisch ’brög(i)’ (= ’Fasnachtspuppe’), also etwa: ’Popanz’ e 261 hültzin gotzen] ’hölzernen Heiligenbild’; vgl. Einleitung zur Consultatio bei und mit Anm. 16 sowie Anm. 44 zum Text (A 2), Z. 61 f. (in diesem Sammelband S. 31 bzw. 44) 264 bestatten] ’gestatten’ 265 pann] ’Bann’, ’Interdikt’ 268 das] = ’des’ 268 vorhin] ’schon früher’ 268 in] ’ihnen’ 247 gestrafft] Vgl. Agricola, Schlußreden von der rechten Betrachtung des Leidens Christi (Salig, e S. 154–159), bes. §§ 20–25. 249 dieb unnd morder] Io 10,8, komb. mit Io 8,44. 249 teuffels kinder] Vgl. Io 8,37.44. 250 Augustinus] Vgl. Augustinus, Epist. 169,1(2) (PL 33, Sp. 743; CSEL 44, 613, Z. 7 f.): Illi ergo seditiones et perturbationes in ecclesia faciebant, qui videbantur esse in ecclesia quod non erant. 253 wasser herab goß] Zur Sache siehe z. B. 265 pann Friedrich HAIDER, Tiroler Volksbrauch im Jahreslauf, Innsbruck u. a. 1968, S. 260. bis kirchen] Derlei mindere sacrilegia wären mit dem interdictum ab ingressu ecclesiae zu ahnden; zur Sache siehe z. B. Stephanus SIPOS, Enchiridion iuris canonici, Rom 1954, S. 856. 268f. vorhin bis gezeugknus hab] Vielleicht gemeint die – sonst allerdings als zwei an der Zahl angegebenen – Eingaben des damaligen Bergrichters Pilgram Marpeck. Vgl. William KLASSEN, Pilgram Marpeck. Freiheit ohne Gewalt, in: Hans-Jürgen Goertz (Hg.), Radikale Reformatoren. 21 biographische Skizzen von Thomas Müntzer bis Paracelsus, München 1978, S. 146–154, hier 147. 270 Actibus] Act 23,12 ff., bes. 26–31.
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Nach dem hat der doctor geredt, ich soll gedencken, ob mich dise entschuldigung o helffen mag, und man werd nun weitter mit mir handlen, mich zu uberzeugen, das ich des Luthers leer gepredigt hab. [BIIIr] Antwort: Ich hab bei ainem grosse thom geredt und red es noch von Luthers leer wie oben. Doctor Eberhart: Warumb habt irs vorhin nicht auch gepredigt; man kann es nit alles mit ainem gwalt auffheben von stund an. Antwort: Unser ampt ist, zuo predigen die warhait und was zuo thon sei. Wer gnad o o hab zu thon, der thue es, wann in gottes wort facht. Doctor Eberhart: Ich merck woll, ir haltent nichts vom capitel ›Omnis utriusque‹. †Amit.† Si aliquit. So etwas darinn ist der rechten gottes eer wider unnd dem wort gottes, so ist es oben begriffen etc. e Doctor Eberhart: O gott vonn himel, es statt bekummerlich in der welt. Es kan o on grosse auffruwr nit ergeen. [XXXXI] Antwort: Es ist mir von hertzen laid, aber wer gott vertrauwet, wirt hie und dort e behut. Dann es ist gottes wort, wie Augustinus leernet, ain arch, darinn sich ain iedlicher verbergen sol in allem sündfluß, der laider sich ietzund anhebt. Es ist kain groe ssere sünd dann der unglawb etc. Ich hab zuo m letsten gepetten umb gots willen, er soll mich meinem gnedigen o herren von Saltzpurg mit gnaden zu bedencken bevolchen haben, angesehen mein grosse schwere gefengknus langezeit. Wer ich bericht auß der gschrifft, das ich geirrt hett, so wolt ich mich lassen weisenn. Oder ob ich zuo hitzig wider die laster geredt het, so beger ich gnad. Wolt auch gern die regel Christi halten: Wa sy euch an ainem ort nit hoe ren woe llen, so fliecht an ain anders. Drumb, wolt mich sein gnad nit im bistumb haben, wer ich willig, darauß zuo ziechen. Oder ob sein gnad sorg het der rach – darvor mich got behue t –, moe cht mich sein gnad zuo im nemen o e und lassen gottes [BIIIv] wort predigen, das sein gnad doch zuhoret, wie mein predig gestelt wer. Oder, dieweill ich noch mangel hab der kunst der zungen als hebreeisch, kriechisch und sunst noch vil mer zuo wissen not, so wer ich willig, zuo einer hochen schuo l zuo ziechen. Also ist man abgeschiden. Es seind auch etlich wort mer geredt worden von der weich der münich und den anndern dingen, die nonnhait betreffent. 282 Amit.] Entweder verdruckt für das – an dieser Stelle ja fehlende – Antwort; oder für Omitte, als Anweisung an den Setzer, das – an das lat. Initium anknüpfend – spontan lat. diktierte und mitgeschriebene si aliquit durch So etwas zu ersetzen 282 Si aliquit] Lat. Dublette zu So etwas 273 uberzeugen] ’überführen’ 275 thom] ’Dom’ 277 vorhin] ’früher’ 280 facht] ’fängt’ 288 sündfluß] ’Sintflut’ 293 ob] ’wenn’ 294 Wa] ’wo’ (= ’wenn’) 296 ob] ’wenn’ 297 rach] ’Rache’ 299 kunst der zungen] ’Kenntnis der Sprachen’ 303 weich] ’Weihe’ 276 oben] Siehe Z. 116 ff. 281 4. Lateran-Konzil (1215), cap. 21 ›Omnis utriusque sexus‹ (DH 812), das allen Gläubigen vorschreibt, zu österlicher Zeit (von Aschermittwoch bis Christi Himmelfahrt) nach vorheriger Beicht das Altarsakrament zu empfangen; vgl. Interrogatoria (Text A 4), Z. 131. 283 oben begriffen etc.] Siehe Z. 26 f. 287 gottes wort bis arch] Augustinus, Enarrationes in Psalmos 77,40 (zu V. 66) (PL 36, Sp. 1006; CCL 39, S. 1094, Z. 10–12). 294 Christi] Mt 10,23. 297 rach] Zur Sache siehe Text A 13. Revers (Urfehde) Mai 1524, Z. 43–45: weder [...] anden, affern, rechen, noch [...] übls nachreden, schreiben oder thun.
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Das Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola
Es hat auch ainer auß den zwaien geredt, man muo ß langsam mit dem ewangee lium umbgeen und nit mit gewalt die loblichen breuch auffheben. O wolt got, das er sant Paulus gelesen het, der die predig das ewangeli haist ain lauff, darumb das man in dem nit faul sein soll; und der Psalter spricht: Sermo eius. Unnd wie die zwelffpotten gethan haben, als man lißt in Actibus appostolorum. Also wardt ich, was man mit mir handlen wirt, in gottes namen. Es soll auch von mir niemandt innen werden, das ich etwas vernainen wil, das ich waiß in meinem gewissen gottes wort zuo sein. Wann so ich mit lugen mein leben retten wolt, so verdammet ich mein seel ewig; darvor mich und ainen ieden christenmenschen got behue t. Die ursach meines seifftzen unnd wainen seind oben anzaigt. Wolt got, ich moe cht pluo t wainen, und das es hülff, über die groß blinthait der welt, die die zeit des letsten tags nit behertzigen wil; es leit warlich die agst an der wurtzen. Es hat auch der fromm herr Notarii, des muo ter mir vil guo ts gethan hat, so ich zuo Passaw gepredigt, haimlich zuo mir gesagt, ich soll mich ergeben, ob ich geirrt het, e das ich es wolt widerruffen und die sach geleerten auffgeben. Antwort: So ich werd bericht auß der hailigen geschrifft, das ich geirt hab, woe l ich thon, was sich gebür, aber niemandt haben zuo urtailen dann die geschrifft. [XXXXII] Das evangelium wirt geprediget. Der sune des menschen [BIV] kompt, findet klainen glawben. Der knecht, der da waißt den willen seines herren unnd thuo t in nit, würdt geschlagen. Ain reich ist wider das ander. Der tag kompt. O ir aussere wolten kinder gottes, geet in die archen, das ist die hailig geschrifft, da mügt ir sicher sein allain etc. Geben in meiner ellenden gefencknus von mir, Steffan Castenpawr, ain armer diener aller christen.
306 lauff] Konj., tauff Dr DATT. 306 das] = ’des’ 318 ob] ’wenn’
e
318 ob] so DATT.
316 leit] ’liegt’ 315 mocht] (’vermöchte’,) ’könnte’ 323 sune des menschen] ’Menschensohn’
316 agst] ’Axt’
306 Paulus bis lauff] 1 Cor 9, 24–26. 307 Psalter] Ps 147,15 (velociter currit ...). 308 Actibus] Wo? 310–312 das ich etwas vernainen wil bis retten wolt] Vgl. Supplicatio (Text A 1), Z. 40. 314 oben anzaigt] Siehe Z. 94 ff. 316 agst bis wurtzen] Mt 3,10. 320 ich geirt hab] Vgl. Supplicatio (Text A 1), Z. 88 (errare potui). 323 evangelium bis geprediget] Vgl. Mc 16,15. 323f. Der sune bis glawben] Vgl. Lc 18,8. 324f. knecht bis geschlagen] Vgl. Lc 12,47. 325 Ain reich bis ander] Vgl. Mt 24,7. 325 Der tag kompt] Ansp. Lc 17,22. 24. e 326 geet in die archen] Ansp. Lc 326 ausserwolten kinder gottes] Ansp. Eph 1,4 f.; Col 3,12. 17,27.
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Studien
Johann von Staupitz – Leben, Werke, Wirkung und Forschungsgeschichte (bis 1978)* Von Lothar Graf zu Dohna und Richard Wetzel Das vielfältige öffentliche und private Wirken von Staupitz3 3a in seinen zahlreichen Ämtern und Aufgaben als Seelsorger, Prediger, Universitätslehrer, Ordensoberer und fürstlicher Rat – hat einen entsprechend vielfältigen schriftlichen Niederschlag in lateinischer und deutscher Sprache gefunden: in theologischen wie kirchenrechtlichen Abhandlungen und Gutachten, in gelehrten wie erbaulichen Predigten, in privaten wie amtlichen Briefen und Urkunden, in Nachschriften von Tischgesprächen, sowie schließlich in Zeugnissen anderer. Für die frühen Jahre liegen uns nur spärliche Aufzeichnungen vor: die Immatrikulationen an den Universitäten Köln (1483), Leipzig (1485) und Tübingen (1497), die Promotionen in Köln zum Baccalaureus (1484) und Magister artium (1489). Über die Wende im Leben des für eine Prälatenlaufbahn bestimmt schei* N.B. Erstdruck: „Der Autor in seinen Werken“ und „Von der Wirkungsgeschichte zur Forschungsgeschichte“ in der Einführung zu: Johann von Staupitz, Sämtliche Schriften, hg. v. Lothar Graf zu Dohna u. Richard Wetzel (hinfort: JvS), in: Bd. 2 (JvS 2), 1979, S. 4–15. Die dortigen Seitenzahlen werden hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen setzt zugunsten ihrer Übereinstimmung dort und hier mit 3 ein. Die überlangen Anm. 3 und 39 sind geteilt. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. Änderungen im zugehörigen Text ggb. dem Wortlaut in JvS 2 sind eigens vermerkt, Dank dem für diesen Sammelband insgesamt angelegten Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur können in den Literaturangaben Kurztitel verwendet werden. 3 Eine dem Forschungsstand entsprechende Biographie Staupitz’ hat gefehlt; N.B. Franz POSSET hat sie 2003 in engl. Sprache vorgelegt. Neben den Abrissen bei STEINMETZ, MD (1968), 3–15, N.B. und ZUMKELLER, Heilslehre (1994), 2–15, bleiben weiterhin unentbehrlich: (insbesondere für JvS als Ordensmann) KOLDE, Congregation (1879), KUNZELMANN V (1974), bes. 434 ff. 459 ff., N.B. dazuhin GÜNTER, Staupitz (1988), (für JvS’ Studiengang sowie sein Verhältnis zu Luther) WOLF, SuL (1927). Noch lesenswert ist das „Lebensbild“ von JEREMIAS (1926), mit WOLFs Besprechung, in: ThLZ 1927 Nr. 13, 301/302. Von den Handbuchartikeln sind CLEMEN (1906) zu nennen (s. indes unten bei und mit Anm. 30), Le´on CRISTIANI, in: DThC 14/II (1941), 2580–2583 (der WOLF nicht kennt!), N.B. ZUMKELLER, in: DSpir 14 (1990), 1184–1196 und – nunmehr – HAMM, TRE 2003 und WETZEL, VL 2013. 3a Die sich überschneidenden Bibliographien von GINDELE (1977) und Albe´ric de MEIJER in Augustiniana 26 (1976) N.B. samt Fortsetzungen (s. das Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur) lassen es leichter verschmerzen, dass der eine oder andere Titel in dieser Einführung fehlt, N.B. zumal MARKWALD / POSSET (1995) hinzukam. N.B. Ein Abgleich der hiesigen Angaben nach PANZER, STEIFF u. a. mit VD 16, Bd. 19 (1992), S 8697–8713 und – für die Wirkungsgeschichte wichtiger – VD 17, A 10 (1994), 7787–7796, bes. 7793, A 14 (1995), 11476 f., B02 (1982), 1315 f. und C02 (1988), 1246 ist nicht unternommen worden, auch nicht mit den Angaben im Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV) 1700–1910, Bd. 138 (1985), S. 450a.
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Staupitz – Leben, Werke, Wirkung und Forschungsgeschichte (bis 1978)
nenden jungen Adligen, über seinen Eintritt in einen Bettelorden also (1490 oder später), erfahren wir nichts, ebensowenig über die ersten Jahre im Kloster der Augustiner-Eremiten (in München?) und als Lektor an einem Generalstudium des Ordens. Erst der Prior des Konvents zu Tübingen4 (1497–1500) wird uns in dem umfangreichen Corpus gelehrter Predigten von 1498 (wohl kaum schon 1497) über Job 1,1–2,10 (im folgenden: TÜBINGER PREDIGTEN5) als in den Schriften Augustins und der Scholastik wohlbewanderter, dabei nicht unselbständiger Theologe greifbar. Nach Vorlesungen als Baccalaureus biblicus (ab Oktober 1498) und Baccalaureus sententiarius (1499) ließ er im Frühjahr 1500 bei Johann Otmar in Tübingen einen theologisch-kanonistischen Traktat drucken, das erfreulich unparteiische Gutachten DECISIO QUAESTIONIS DE AUDIENTIA MISSAE IN PAROCHIALI ECCLESIA DOMINICIS ET FESTIVIS DIEBUS6, das eine für das Interesse der Bettelmönche eintretende Gegenschrift des Franziskaners Schatzgeyer7 hervorrief. Den Tübinger Doktor der Theologie (7. Juli 1500) – inzwischen Prior des Münchner Klosters (1500–1503) – berief sein Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, zu maßgebender Mitwirkung an der Gründung der im Oktober 1502 eröffneten Universität Wittenberg, deren erster theologischer Dekan er wurde8. In den Jahren seiner Professur (Lectura in biblia; bis Herbst 1512) hat er kein Werk veröffentlicht. Hingegen hat der am 7. Mai 1503 zum Generalvikar der reformierten Kongregation der Augustiner-Eremiten in Deutschland9 Gewählte alsbald be4
Außer WOLF, SuL 33 vgl. Martin BRECHT, Das Augustiner-Eremiten-Kloster zu Tübingen in: Mittelalterliches Erbe – Evangelische Verantwortung. Vorträge und Ansprachen zum Gedenken der Gründung des Tübinger Augustinerklosters 1262, Tübingen 1962, 45–91, bes. 77; neuerdings KUNZELMANN II (1972), 131–149, bes. 144, 148. 5 N.B. Zu den Editionen der TÜBINGER PREDIGTEN durch Buchwald / Wolf (1927) und Wetzel (1987) s. den Beitrag „Edition und Forschung seit 1979“ (in diesem Sammelband S. 283–330, hier 293–295). 6 PANZER III 56 Nr. 12. STEIFF 61 Nr. 9, WOLF, SuL 11 Nr. 1. N.B. Durch GÜNTER ediert in JvS 5 (2001), S. (11) 24–41. Über die verschiedenen zeitgenössischen Ausgaben von DE AUDIENTIA MISSAE siehe die dortige Einleitung S. 17–20. 7 Tractatulus de audienda missa diebus festivis editus per v.p.f. Casp. Schatzgeyer [...] contra p.fr. Johannem Staubitz (ungedruckt), vgl. Nikolaus PAULUS, Kaspar Schatzgeyer, Freiburg 1898, 21 f. und 149; ZUMKELLER, Manuskripte 271 Nr. 597. Die Nennung des Gegners in der Streitschrift sichert die „umstrittene“ (WOLF, SuL) Verfasserschaft von DE AUDIENTIA MISSAE, die durch den vorgedruckten Brief JvS’ an den Verleger Johann Otmar ohnehin genügend deutlich war; vgl. STEIFF 61. 8 Zu Unrecht oft übersehen: 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg I, Halle 1952. Aus diesem Werk am wichtigsten: Max STEINMETZ, Die Universität Wittenberg und der Humanismus (1502–1511), 103–139, bes. 107. 111, durch neuere Arbeiten (zuletzt GROSSMANN) nicht ersetzt. Ebd. 155–237 ALAND, bes. 161. 164, dessen ungeachtet BAUER, bes. 4 f., unentbehrlich bleibt. Prägnant und perspektivenreich: Ernst WOLF, HalleWittenberg, in: Die Universitäten in Mittel- und Ostdeutschland, Bremen 1961, 58–82. 193 f., bes. 61–65. – Über die Augustiner in Wittenberg: KUNZELMANN V (1974), 494–503. 9 Als dichte Zusammenfassung vgl. Ernst WOLF, Die Augustiner-Eremiten in Deutschland
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sondere Konstitutionen für die deutsche Observanz erlassen und als CONSTITUTIONES FRATRUM EREMITARUM SANCTI AUGUSTINI AD APOSTOLICORUM PRIVILEGIORUM FORMAM PRO REFORMATIONE ALEMANNIAE10 1504 in Nürnberg in Druck gegeben. Sein persönlicher Anteil am Zustandekommen dieses Dokumentes ist ungeklärt, zumal nach einem Quellenfund des Bearbeiters Wolfgang Günter. Wenig später setzen die Briefe ein, welche – ergänzt durch urkundliche Quellen – seine Bemühungen um eine Ordensreform, insbesondere seine gewagten und schließlich gescheiterten Pläne einer Union der Observanten-Kongregation mit der (nichtreformierten) sächsischen Provinz widerspiegeln: Als 1509 vom Provinzialkapitel gewählter und im folgenden Jahre vom Ordensgeneral ernannter Provinzial (bis Mai 1512) publizierte er 1510 die schon 1507 ausgestellte Unions-Bulle des Kardinallegaten Carvajal zusammen mit fünf anderen Dokumenten in einem Wittenberger Druck des Johann Rhau-Grunenberg ’apud Augustinianos’11. Durch unmittelbare Aufzeichnungen überhaupt nicht belegt ist das beginnende Verhältnis von Staupitz und Luther12. Die nicht leicht zu überschätzende Bedeutung, die der Ordensobere, Seelsorger, theologische Anreger und Freund für den äußeren und inneren Lebensgang des Erfurter Mönchs, des Wittenberger Universitätslehrers und Reformators gehabt hat, kann erst im erhaltenen Teil des Briefwechsels zwischen ihnen (1518–1524)13 und vor allem in den höchst aussagekräftigen, wenngleich meist rückschauenden Äußerungen Luthers14 erfaßt werden. Im Jahre 1512 verzichtete der Generalvikar auf die Wittenberger Lehrkanzel zugunsten seines Nachfolgers Luther, gab seine Unionspläne auf und verlegte – ungeachtet weiter, bis in die Niederlande führender Visitationsreisen – den Schwerpunkt seiner Wirksamkeit wieder nach Süddeutschland. Im gleichen Jahr setzt – mit den von Benediktinerinnen aufgezeichneten SALZBURGER PREDIGTEN 151215 – eine Reihe von Predigten in deutscher Sprache ein, die teils in Nachbis zur Reformation, in: Mittelalterliches Erbe (wie Anm. 4), 25–44, bes. 35 ff. – Faktenreich: KUNZELMANN V (1974), 383–523. 10 PANZER IX 542 Nr. 28b, WOLF, SuL 12 Nr 2. N.B. Durch GÜNTER ediert in JvS 5 (2001), S. (119) 142–319. N.B. Über seinen Quellenfund s. die dortige Einleitung, bes. S. 127. 11 Maria GROSSMANN, Wittenberger Drucke (1971), Nr. 62. Ausführlich WEIJENBORG 151 f.; N.B. s. auch Anm. 61. 12 Die infragekommenden Daten hat WOLF, SuL 130–134 zusammengestellt. Eine wichtige Quelle kam hinzu, die nun auch für 1506 (Juli 3) einen Aufenthalt JvS’ in Erfurt bezeugt, die Urkunde Nr. 373 in: Urkundenbuch der Erfurter Stifter und Klöster, Teil 3: Die Urkunden des Augustiner-Eremitenklosters, bearb. von Alfred OVERMANN (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaats Anhalt, Bd. 16), Magdeburg 1934; vgl. Adolar ZUMKELLER, Luther und sein Orden, Analecta Augustiniana 25 (1962), 259 mit Anm. 14. 13 Von WOLF, SuL 123–124 verzeichnet. – Ergänzend sind Briefe JvS’ an Dritte heranzuziehen, so an Kurfürst Friedrich von Sachsen, Spalatin, Johannes Lang und Wenzeslaus Link; vgl. WOLF, SuL 15 Nr. 9a. 14 In Betracht kommen, neben Stellen in Predigten und Schriften Luthers, nach WOLFs (SuL 123) Zählung 68 Nennungen JvS’ in Tischreden und über 50 in Briefen. 15 (12) Fastenpredigten (über die Leidensgeschichte): Cod. St. Peter b V 8, fol. 2r–58v. Vgl.
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schriften von Zuhörern erhalten, teils in der Form ausgearbeiteter Abhandlungen im Druck erschienen sind. Die Zueignung an eine weltliche Dame, die Gräfin Agnes von Mansfeld, mag die Veranlassung für die erste Veröffentlichung in deutsch gewesen sein: EIN BUCHLEIN VON DER NACHFOLGUNG DES WILLIGEN STERBENS CHRISTI (Leipzig 1515)16, eine Sterbetrostschrift17, deren Entstehung aus Predigten indes nur vermutet werden kann. Eine zweite Ausgabe erschien 1523. Nur einmal noch ließ der gefeierte Kanzelredner eine in volkssprachlichen Predigten (vom Advent 1516) vorgetragene Abhandlung in der Sprache der Theologen – als LIBELLUS DE EXSECUTIONE AETERNAE PRAEDESTINATIONIS (Nürnberg 1517)18 – herausgehen, der allerdings sogleich Christoph Scheurls Übersetzung – EIN NUTZBARLICHES BÜCHLEIN VON DER ENTLICHEN VOLZIEHUNG EWIGER FÜRSEHUNG19 – zur Seite trat. In diesen Jahren ist er die Mittelpunktgestalt einer nach ihm benannten Sodalität20, offenbar 151721 werden seine Nürnberger Tischreden ohne sein Wissen von Lazarus Spengler aufgezeichnet. Weitere Niederschriften, wohl desselben Genossen der Staupitzgesellschaft, enthalten überwiegend Auszüge aus den Fastenpredigten von 1517: NÜRNBERGER PREDIGT- UND LEHRSTÜCKE22. Den aus Münchner Adventssermonen des gleichen Jahres hervorgegangenen Traktat widmete Bruder Johannes von Staupitz der Herzoginwitwe Kunigunde von Bayern: AIN SÄLIGS NEUES JAR VON DER LIEB GOTTES23, 1518 zunächst – wie die Nachforschungen von Albrecht Endriß ergaben – in München und danach in Leipzig gedruckt24, erlebte die von Luther besonders geschätzte Schrift noch zwei weitere Auflagen zu Lebzeiten ihres Autors. WOLF, SuL 275 f. N.B. Seit 1990 als Vorabdruck von JvS 3 vorliegend: Salzburger Predigten 1512, hg. v. Wolfram SCHNEIDER-LASTIN. 16 PANZER Nr. 809, WOLF, SuL 12 Nr. 3. 17 So mit guten Gründen (gegen STEINMETZ, MD 11. 168 und Ältere) ENDRISS, Nachfolgung (1978), 93 ff., 130 ff. 18 PANZER VII 459 Nr. 136: ausführlicher IX 546 Nr. 136. WOLF, SuL 13 Nr. 4. Näheres siehe in der Einleitung zu De exsecutione (JvS 2, bes. S. 25. 43–46 mit Anm. 123. 68. 304). – N.B. Im zugehörigen Text sind ggb. JvS 2, S. 6, Z. 3 f. von unten die Worte „auf ... beruhende“ in „in ... vorgetragene“ geändert. 19 PANZER Nr. 873, WOLF, SuL ebd. – Näheres siehe in der Einleitung zu De exsecutione (JvS 2, bes. S. 25 f. 39–43. 43–46 mit Anm. 123. 69. 305). 20 Vgl. ebd. S. 23–26. 21 KNAAKE 13–15, WOLF, SuL 15 Nr. 7: ’Etlich nutzlich leren und facecien, die der erwirdig und gaistlich herr Johann von Staupitz, doctor, vicarius Augustiner ordens, etlichen erbern personen, die mit ime die malzeit genomen, mundtlich also über tisch mitgetailt hat’. Daß dieser in einem Codex der Scheurl-Bibliothek erhaltene Text identisch ist mit den sermones convivales reverendi primatis nostri, die nach Scheurls Zeugnis (Briefbuch Nr. 160: II 43, 8. Jan. 1518) von Spengler niedergeschrieben worden sind, wird seit KNAAKE offenbar zurecht angenommen. 22 KNAAKE 13–15. 49 f., WOLF, SuL 15 Nr. 7. 23 PANZER Nr. 900, WOLF, SuL 13 Nr. 5 (der an zweiter Stelle genannte Druck). 24 KNAAKE (88–90) hielt den Leipziger Druck von 1518 für den ersten, weshalb er ihn auch seiner Ausgabe zugrunde legte.
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Nachdem der ’Vikar der Augustinerfamilie’ und Rat des Kurfürsten in diesem Jahr noch wiederholt als Förderer und Schützer des Bruder Martinus aufgetreten war – als Veranlasser der Heidelberger Disputation, als Adressat der dem Papst zu übermittelnden Resolutionen, als Fürsprecher beim Kardinallegaten Cajetan in Augsburg sowie durch die Entbindung seines Untergebenen vom Ordensgehorsam –, zog er sich mehr und mehr von den öffentlichen Auseinandersetzungen zurück, dem Jüngeren dieses Feld überlassend. Der Theologe der ’Gelassenheit’, welcher Leiden und Anfechtungen als Zeichen der Erwählung verstand, trat im August 1520 als Generalvikar zurück und begab sich, obwohl der mit ihm befreundete Fürst-Erzbischof Leonhard von Keutschach im Juni 1519 gestorben war, nach Salzburg, wo der Münchener Konvent ein Terminierhaus besaß25. Dort hatte er seit den Fasten 1518 wieder regelmäßig die Kanzel bestiegen; 1521/22 war er vielleicht für kurze Zeit ’Stiftsprediger’26. Drei Handschriftenbände bewahren die von Nonnen nachgeschriebenen Salzburger Predigten 1518–152327 auf. Indes, die äuN.B. Wie wir freilich erst seit SALLABERGER, SM 1982, 253 wisssen. – N.B. Die Anm. 25 alt, ursprünglich zu „Keutschach“ und mit dem Inhalt „Siehe hierzu SALLABERGER 1978, 128 ff.“, ist neu vergeben und belegt. N.B. Im zugehörigen Text sind ggb. JvS 2, S. 7, Z. 4 von unten die Worte „gleichsam ins Exil“ getilgt und der Satz „wo der Münchener Konvent ein Terminierhaus besaß“ hinzugesetzt. Ggb. ebd., Z. 1–3 von unten ist der Halbsatz „War es ursprünglich seine Freundschaft mit Fürst-Erzbischof Leonhard ... , die ihn dorthin gezogen hatte“ ersetzt durch „obwohl der mit ihm befreundete Fürst-Erzbischof Leonhard ... im Juni 1519 gestorben war“. 26 So ist die Bezeichnung „concionator cathedralis“ (siehe AUMÜLLER 1881 49, vgl. JEREMIAS 13) auf demjenigen der beiden Salzburger Staupitz-Porträts, das nicht zu Lebzeiten entstand, zu berichtigen, siehe WIDMANN III, S. 46 mit Anm. 3, 47 mit Anm. 1, N.B. eingeschränkt durch SALLABERGER, SM 1992, 166 ff., bes. 169–171. – N.B. Stiftsprediger war der Inhaber einer von der Bürgerschaft gestifteten Prädikatur an der Stadtpfarrkirche. N.B. Im unmittelbar zugehörigen Text sind ggb. JvS 2, S. 7, Z. 1 von unten vor „Stiftsprediger“ die Worte „1521/22 war er vielleicht für kurze Zeit“ hinzugesetzt; im entfernteren, mehrfach umgestellten Kontext zwischen Anm. 27 und 28 ist der ganze Satz „Dem stand ... Langs Absicht entgegen, den ... an Salzburg zu binden.“ sowie nach „Rat zu werden“ die Zeitangabe eingefügt. 27 (Auszüge aus drei) Adventspredigten 1518: Cod. St. Peter b V 8, fol. 61r–65r, (Auszüge aus) Fastenpredigten 1518 (über Ecclesiastes und die Leidensgeschichte): fol. 66r–72v, (Auszüge aus vier) Fastenpredigten 1519 (über die Abschiedsreden Jesu): fol. 73r–81r, (Auszüge aus sechs) Predigten der Kartage 1520 (über Job als Figur des Leidens Christi): fol. 83r–99r; vgl. je WOLF, SuL 275 f., speziell zum letzten Zyklus LINDNERs IncipitExplicit-Liste 245 f. nach der Abschrift Cod. Nonnberg 27 B 17, fol. 36r–79v. (Acht und zweimal sieben) Fastenpredigten ohne Jahr: Cod. Nonnberg 23 E 16 (früher 27 A 30), fol. 1r–128r, vgl. WOLF, SuL 276 f.: detaillierte Liste bei LINDNER 243–245. (23) Fastenpredigten 1523: Cod. St. Peter b II 11, fol. 1r–235r, vgl. WOLF, SuL 275; die ersten zwei + fünf hat AUMÜLLER 1881 und 1890 gedruckt (s. Anm. 49), von allen übrigen die Perikopen aufgelistet; letzteres tat auch LINDNER 241 f. (Eine) undatierte Adventspredigt: fol. 236–246, abgedruckt von KOLDE, Congregation 452–456. – N.B. Inzwischen (ge25
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ßere und innere Ruhe, die in Salzburg zu finden er hoffen mochte, war ihm – nach Ausweis der Briefe und Zeugnisse – nicht beschieden. Dem stand Fürsterzbischof Kardinal Matthäus Langs Absicht entgegen, den ursprünglich nicht zu seiner Klientel Gehörigen an Salzburg zu binden. Staupitz willigte ein, bei Lang, dem einst Leonhard von Keutschach aufgedrängten Koadjutor, Humanistenfreund und späteren Luthergegner, fürst-erzbischöflicher Rat zu werden (11. März 1522) und ließ sich – nach Dispens für den Ordenswechsel – zum Abt des Salzburger Benediktinerklosters St. Peter wählen (August 1522). Zwar hielt Lang seine Hand über ihn, als er unter Häresieverdacht sich weigerte, die verurteilten Sätze Luthers, wie vom Papst gefordert, zu verwerfen; nicht zu entziehen vermochte er sich jedoch dem Verlangen des Fürst-Erzbischofs, in Sachen eines der Ketzerei beschuldigten Augustiners Rat zu erteilen: niedergelegt in der abschriftlich erhaltenen CONSULTATIO SUPER CONFESSIONE FRATRIS STEPHANI AGRICOLAE, (Frühjahr) 152328. Ein späterer Schriftsatz (vom November) aus den Akten desselben Prozesses, der den Ratschlag des „Herrn Abts von St. Peter“, ohne ihn zu nennen, gelegentlich benutzt29, wird seit CLEMEN (1906) unwidersprochen ebenfalls ihm zugeschrieben und als „viel schärfer“ dem als „ziemlich mild und zurückhaltend“ bewerteten „ersten Gutachten“ (d. h. der CONSULTATIO) entgegengestellt30. In Wirklichkeit handelt es sich aber um eine offensichtlich juristische Deduktion, die keinesfalls von Staupitz verfaßt ist, wie eine Überprüfung durch den Bearbeiter der CONSULTATIO (Dohna) ergab. Somit sind alle lediglich auf dieser falschen Zuschreibung beruhenden Aussagen über den am Hofe des Salzburger ’Monstrums’ angeblich zum Luthergegner und Ketzerverfolger gewordenen Benediktinerabt31 hinfällig. druckt 1990) vorliegend: Salzburger Predigten 1520 in engl. Übersetzung durch Rudolf MARKWALD. – Zu neuesten Neufunden bisher unbekannter oder jedenfalls nicht Staupitz zugeordneter Texte durch Gerold HAYER s. Anm. 283 des Beitrags „Edition und Forschung seit 1979“ in diesem Sammelband S. 330. 28 Unkritischer Text bei GÄRTNER 67–72, vgl. N. PAULUS, Gutachten. N.B. Jetzt von Dohna ediert in JvS 5 (2001); aktualisierte Reproduktion in diesem Sammelband S. 36–46. – Stephan Kastenbauer (der Ältere), genannt Agricola, ist nicht zu verwechseln mit dem späteren ’Antinomer’ Johann Schneider (Islebius), genannt Agricola, wie z. B. bei STEINMETZ (MD 116. 191) geschehen. 29 Paraphrasiert bei HAUTHALER, der das Aktenstück zwar (330) als „zweites Gutachten“ bezeichnet, aber als dessen Verfasser keineswegs Staupitz betrachtet. 30 So CLEMEN 785, übernommen von WOLF, SuL 15 Nr. 9b, seither anscheinend nicht mehr überprüfte communis opinio (s. zuletzt SALLABERGER 1978, 148). Die hier vorgetragene Richtigstellung ist bei GINDELE 2197 schon berücksichtigt. – Wenn STEINMETZ, MD 18 sagt, N. Paulus (wie Anm. 28) habe z w e i Gutachten JvS’ herangezogen, so irrt er; Paulus spricht nur von e i n e m . 31 Vgl. etwa Walther KÖHLER in RGG2 oder Wilhelm August SCHULZE. Ein neues katholisches Staupitz-Bild?, Theologische Zeitschrift 13 (1957), 352. Sonst wird das Urteil meist abgemildert. JEREMIAS 69 erwägt, ob die – in Wirklichkeit gar nicht vorhandene – Unterschrift JvS’ vielleicht gefälscht sei.
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Wie Staupitz zu Luther in seinen späten Salzburger Jahren stand, wird man vor allem nach seinem letzten Brief (vom 1. April 1524) an den ’besten Freund’ Martinus32 beurteilen müssen: Seine Liebe zu Luther – als dessen ’Schüler’ er sich nun bezeichnet – und sein Glaube an das Evangelium stünden unangetastet fest, während er ihn bitte, die äußeren, für den Glauben nichts bedeutenden Dinge, wie das Mönchsgewand und die Gelübde, nicht zu verwerfen. Als solchermaßen kritischer ’Schüler’ Luthers zeigt sich der Prälat von St. Peter auch in dem letzten Werk, das erst nach seinem am 28. Dezember 1524 erfolgten Tod erscheinen sollte: VON DEM HEILIGEN RECHTEN CHRISTLICHEN GLAUBEN, 152533 (im folgenden: VOM RECHTEN GLAUBEN). Herausgegeben wurde es anscheinend von Wenzeslaus Link, 1520 sein Nachfolger als Generalvikar, seit 1523 Reformator von Altenburg, seit 1525 in Nürnberg. In einer die letzten drei Kapitel einleitenden Bemerkung erklärt der Herausgeber, diese habe Doktor Staupitz nicht aus eigenem Antrieb, wie die ersten zehn, sondern nur auf Drängen ’seiner mitverwanten’ geschrieben34. Ob der dem Verhältnis von Glaube und Werken gewidmete zweite Teil eine erzwungene, wenn auch „nur formale Restriktion“ darstellt (so KOLDE, Congregation 349), oder vielmehr „dem Denken Staupitzens“ durchaus „entspricht“, wie WOLF, SuL (14) meint, ist hier nicht zu untersuchen. Nicht zuletzt um „das Denken“ des Augustinertheologen, oder besser: die Entwicklung seines Denkens, zutreffend erfassen zu können, soll seine schriftliche Hinterlassenschaft vollständig ediert werden. Die Bemühung eines evangelischen Predigers, des ehemaligen Augustiners Link, um die postume Veröffentlichung der Abhandlung Vom rechten glauben kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Staupitz’ Resignation auf das Vikarsamt, sein Übertritt in den Benediktinerorden, sein Rückzug an den Hof des – in der katholischen Reform und im Kampf gegen die Lutheraner zunehmend glücklos tätigen – Kardinals Lang ihn eines Kreises, in dem er hätte fortleben können, gründlich beraubt hat. So nachdrücklich seine persönliche und literarische Wirkung auf die Zeitgenossen35 gewesen war – die Wittenberger36, die Nürnberger, die Salzburger, die Augustiner37 –, so nachhaltig behinderten das Auseinanderfallen seines Ordens 32
KOLDE, Congregation, Brief Nr. 22 (446 f.), entsprechend WA.Br Nr. 726 (III 263) (dazu Revisionsnachträge XIII 64); N.B. eine Übersetzung bei Wetzel 1998 (in diesem Sammelband S. 273–274). 33 PANZER Nr. 2900, WOLF, SuL 14 Nr. 6. 34 Ein zweiter Druck desselben Jahres verzichtet auf diese Bemerkung. Spätere Ausgaben lassen den ganzen zweiten Teil weg. Vgl. WOLF, SuL 14 Nr. 6. 35 Vgl. die Widmung an JvS von Ioannes Altenstaig, Vocabularius theologiae, Hagenau 1517. Vgl. – die NACHFOLGUNG betreffend – ENDRISS, Nachfolgung (1978), 94. 106. 36 Karlstadt bezeugt (1517, in der Vorrede seiner Erläuterung zu Augustins De spiritu et litera), wie eine Schrift JvS’ – vermutlich De exsecutione – zur Wende in seiner theologischen Anschauung führte: KÄHLER 2*–8* und 5, Z. 15–21. N.B. Dazu „Edition ...“, in diesem Sammelband S. 312. 37 Zu Caspar Güttels, des späteren Reformators der Grafschaft Mansfeld. von ihm selbst
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in Deutschland und die Ausbildung zweier unversöhnlicher Religionsparteien Staupitz’ Nachwirkung. Als einer, der den Weg der lutherischen Reformation nicht bis zum Ende gegangen war, erschien er den Protestanten als überholt, ja den meisten – wenn auch nicht Melanchthon38 – als abtrünnig. Demgegenüber ist der Nürnberger Freund Scheurl mit seinen altgläubigen Neigungen in dieser – von seinen Genossen in der Staupitz-Gesellschaft der Reformation zugeführten – Stadt schon bald isoliert gewesen. In Salzburg übergab Abt Martin von St. Peter 1584 seines Vorgängers Johanns IV. Nachlaß an Büchern und Briefen dem Scheiterhaufen39, 25 Jahre nach der ersten römischen Indizierung (1559)39a. Bezeichnenderweise sind es Außenseiter beider Konfessionen – wie schon Sebastian Franck40 – gewesen, die sich um Staupitz’ Erbe gekümmert, und es sind die deutschen, die ’mystischen’ Schriften, deren sie sich angenommen ha ben: Der adelige Laientheologe Schwenckfeld (1547), nach ihm sein Anhänger, der mystische Liederdichter Daniel Sudermann (1594), gaben VON DER LIEB GOTTES heraus, der schließlich zum Katholizismus übertretende Christoph Besold wirkte mit an einer Ausgabe des Sterbetrostbüchleins VON DER NACHFOLGUNG zusammen mit Gebeten und Texten der heiligen Birgitta, des Thomas von Aquin, Meister Eckharts und Taulers (1627)41. Der Autor des ’wahren Christentums’, Johann Arnd, ließ (erstmals 1605) VON DER LIEB GOTTES und VOM RECHTEN GLAUBEN gemeinsam mit zwei weiteren ’alten geistreichen Büchlein’ drucken, der ’Theologia deutsch’ und betonter Abhängigkeit von Staupitz siehe seine Schrift Von Adams wercken und gottes genaden (Leipzig 1518), A III r/v; vgl. KOLDE, Congregation 310–312. 38 Vgl. CLEMEN 785, Z. 54–59; N.B. MBW 64 (Regest Bd. 1, 1977; Text MBW.T1, 1991, S. 147 f.). 39 Vgl. – sehr knapp – Karl FOLTZ, Geschichte der Salzburger Bibliotheken, Wien 1877, 25: am informativsten noch immer Joseph MEZGER, Historia Salisburgensis, hoc est Vitae episcoporum et archiepiscoporum Salisburgensium necnon abbatum monasterii S. Petri, Salzburg 1692, 537 f., 659 f.; ebf. knapp WIDMANN III 49 mit Anm. 2. 39a Von KOLDE 352 sehr ungenau wiedergegeben ist MEZGER 538: „Editus erat id temporis recens Catalogus librorum prohibitorum, in quo anathematis rei fiebant retentores quoque librorum haereticorum“. Damit kann weder der römische Index von 1559, noch der sogenannte tridentinische von 1564 (vgl. PAULUS 345 f) gemeint sein, sondern nur der von Nuntius Feliciano Ninguarda 1582 in München veröffentlichte (siehe Franz Heinrich REUSCH, Der Index der verbotenen Bücher I, Bonn 1883, 472 ff). Eine Strafandrohung für die ’retentores’ enthält allerdings schon der Index von 1559 (ebd. 262). – Die heute in St. Peter befindlichen Codices mit Staupitz Predigt(nachschrift)en (s. Anm. 15 und 27) sind erst nachträglich dorthin gekommen. Die jetzt in München aufbewahrte Handschrift der Tübinger Predigten hat der katholische Reformer und Teilnehmer des Konzils von Trient Wolfgang Sedelius (Seidel) – in Salzburg, vielleicht aber auch im Münchner Augustinerkloster – an sich genommen und dadurch vor der Verbrennung bewahrt (N.B. s. nunmehr JvS 1, 1987, S. 3). 40 Siehe seine Paradoxa (Ulm 1534), deren Nr. 36 der LIEB GOTTES entnommen ist, siehe Heinrich Zieglers neuhochdeutsche Übertragung, Jena 1909, 72: Staupitz ist ferner im Kommentar zu Nr. 220–226 mit derselben Schrift zweimal zitiert (259. 260). 41 Vgl. ENDRISS, Nachfolgung (1978), 107.
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der ’Nachfolge Christi’ des Thomas von Kempen. Die Verbindung jener beiden Staupitz-Schriften erlebte im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts über 30 Ausgaben – davon zwei in lateinischer Übersetzung (1624 und 1706) –, meist in einem Bande mit anderen ’erbaulichen’ Schriften. Zu den genannten kommen später – echte und unechte – Werke Taulers, aber auch des Schwenckfelders Valentin Krautwald. Die Einzelausgaben treten daneben zurück; nach dem derzeitigen Stand der Nachforschungen sind – außer den Erstdrucken und den Neuauflagen zu Lebzeiten des Autors – zu verzeichnen: VON DER NACHFOLGUNG drei (1618–1630); VON DER LIEB GOTTES immerhin noch sieben (1547–1703), darunter je eine in französischer (1667) und in englischer Sprache (1692); VOM RECHTEN GLAUBEN drei (1525–1551). Von Bedeutung für das Fortleben des mystischen Theologen im Pietismus war auch seine Darstellung in der weit verbreiteten ’Unparteiischen Kirchen- und Ketzerhistorie’ von Gottfried Arnold (1699), sowie die Tatsache, daß mehrere der genannten Sammelausgaben (unter dem Titel ’Taulers Predigten’, erstmals 1681) mit einer Vorrede Philipp Jacob Speners erschienen sind42. Noch im 19. Jahrhundert werden die beiden letzten Werke zum Zwecke der Erbauung mehrmals in Druck gegeben, einmal sogar ins Dänische übertragen43. Eher dieser Wirkungs- als der Editionsgeschichte zuzurechnen sind noch Friedrich Wilhelm Traugott SCHOEPFFs nicht immer richtig sprachlich modernisierte Veröffentlichungen (1862 und 1864) aller drei deutschen Staupitz-Bücher in seiner ’Aurora’44. Indes steht, wie der Reihentitel anzeigt, dieses Unternehmen bereits im Zusammenhang einer Erforschung der „Vorreformatoren“; auch setzen seine lateinischen Einleitungen den wissenschaftlich gebildeten Leser voraus. Schon vor dieser Spätblüte des Nachlebens und aus ganz anderen Motiven hatte die wissenschaftliche Beschäftigung mit Johann von Staupitz eingesetzt: Sie stand, seit Carl Ludwig Willibald GRIMM (1837) dessen Verdienste um die Reformation zum Thema seiner Untersuchung erhob45, biographisch und theologiegeschichtlich im Banne der Lutherforschung, ja erschien weitgehend als deren Nebenprodukt46. Aber auch editorisch wird nun nachvollzogen, daß die Forschung Staupitz als 42
Eine Geschichte der Nachwirkung JvS’ ist noch nicht geschrieben. Über die verschiedenen Drucke der NACHFOLGUNG vgl. ENDRISS, Nachfolgung (1978), 106 f. – Auf die hohe Zahl von Staupitzdrucken hatte, allerdings ohne nähere Angaben, als einziger der Bibliothekar KELLER 393 hingewiesen. 43 1843 VON DER LIEB GOTTES (Berlin), 1862 beide Schriften (S. G. Liesching, Stuttgart); die dänische Übersetzung beider Schriften von 1873 folgt noch immer Arnd! 44 Aurora sive Bibliotheca selecta ex scriptis eorum, qui ante Lutherum ecclesiae studuerunt restituendae, tom. 6. 8. 45 Ein Vorläufer in dieser Thematik war Johann Heinrich STUSS, Programma de Joannis Staupitii [...] meritis in religionem evangelicam [...], Gotha 1732. Weitere Literatur vor GRIMM, die hier übergangen werden kann, verzeichnen KOLDE und ULLMANN. 46 Zum theologiegeschichtlichen Forschungsstand vgl. STEINMETZ, MD 16–22. 152–154 (doch siehe unten Anm. 50 f., 53), sowie noch WOLF, SuL 1–6 Anm.; N.B. ZUMKELLER, HL (1994), S. 191 ff., HAMM, TRE 32 (2000), S. 123 f., ARG 92 (2001), S. 25–31.
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reformationsgeschichtliche Quelle für Luther liest und nicht mehr wie die ’Stillen im Lande’ als Antidotum gegen die lutherische Orthodoxie. Die erste, dem LutherHerausgeber KNAAKE zu verdankende Edition (1867) enthält nicht nur den Kanon der deutschen Bücher, die allein Staupitz’ „eigene“ langfristige Wirkungsgeschichte ausmachen, sondern auch das seit 350 Jahren nicht mehr veröffentlichte theologische Hauptwerk DE EXSECUTIONE, allerdings in der deutschen Übersetzung von Christoph Scheurl. Ein vorgesehener zweiter Band konnte freilich wegen der geringen Nachfrage nicht mehr erscheinen. Das Corpus der zur Verfügung stehenden Werke wurde also noch für 60 Jahre überwiegend von den deutschsprachigen gebildet, die KNAAKE selbst47, KOLDE48 und AUMÜLLER49 lediglich um eine Reihe von Predigtnachschriften vermehrten. So kann es – bei der Interdependenz von Editions- und Forschungsgeschichte – nicht verwundern, daß auch der nunmehr unter dem Aspekt des Luther-Anregers gesehene Staupitz noch vornehmlich, wie von der pietistischen Tradition, als Mystiker begriffen wurde. Je nach der eigenen Vorliebe beziehungsweise Kenntnis nahm man ihn mehr oder weniger einseitig – als Schüler Bernhards oder Gersons (ZELLER, DIECKHOFF)50, der Deutschen Mystik (KELLER)51 oder der Devotio moderna (BÖHMER)52 in Anspruch – ohne einen konkreten Nachweis auch nur zu versuchen – oder betonte seine Selbständigkeit (GRIMM)53. Bahnbrechend, insbesondere durch die Einbeziehung der Ordensgeschichte, wirkte das als Gesamtdarstellung bis heute nicht ersetzte Werk KOLDEs (1879)54. Aber weder hierdurch, noch durch die dogmengeschichtlichen Platzanweisungen ZELLERs (1879) und DIECKHOFFs (1887)55 wurde die an einen anachronistisch konfessionellen Maßstab gebundene Fragestellung mit ihrem unangemessenen Herauspräparieren des 47
NÜRNBERGER PREDIGT- UND LEHRSTÜCKE 1517; KNAAKE 15–42. SALZBURGER ADVENTSPREDIGT OHNE JAHR, vgl. oben Anm. 27; KOLDE 452–456. 49 7 von 23 SALZBURGER FASTENPREDIGTEN 1523, vgl. oben Anm. 27; AUMÜLLER 1881, 51–60, 1890, 113–132. 50 Siehe ZELLER 62–64, DIECKHOFF 170 f. Der zweite wird in STEINMETZ’ Forschungsüberblick MD 16, 152 f. hierzu nicht genannt. ULLMANN 257, der laut STEINMETZ, MD 16 Anm. 5 „emphasized rather his“ (d. h. Staupitz’) „similarity to Bernhard and Gerson“, rechnet ihn lediglich der praktischen Mystik generell zu; und S. 269: „Seine Denkart war pauliniseh-augustinisch, aber in mystischer Form“. 51 Siehe KELLER 75 f., allerdings mit deutlichem Vorbehalt (vgl. STEINMETZ, MD 152 Anm. 11). GEUDER, den laut STEINMETZ, MD 16 Anm. 3 „especially Chapter 5“ als hierhergehörig erweist, spricht lediglich S. 49 – generell – von Staupitz’ mystischer Theologie und zieht Tauler in puncto Gegensatz zur Scholastik – zum Vergleich heran. 52 Siehe Heinrich BÖHMER, Der junge Luther, Stuttgart 61971 (= 41951, mit einem Nachwort von Heinrich Bornkamm), 92 (ggb. der 1. Auflage 1925 nicht verändert). 53 Siehe GRIMM 90–91; STEINMETZ’ Angabe „pp 111–115“ (MD 16 Anm. 7) ist unrichtig. 54 Es ergänzt auch die von GRIMM begonnene Edition von Staupitz-Briefen. 55 Beide stützen sich bereits sehr stark auf DE EXSECUTIONE; darüber hinaus ist DIECKHOFF bemüht, die Wandlungen augustinischer Theologie durch die Hochscholastik zu Staupitz hin zu verfolgen. 48
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„Evangelischen“ bei „Luthers Vater und Schüler“56 überwunden. Demgegenüber ist der Protest zweier Nichtlutheraner ohne Nachhall: der Versuch von Nikolaus PAULUS (1891), eine nachtridentinisch-katholische Gegenrechnung aufzumachen und Staupitz ebenfalls zu nostrifizieren, sowie das Unternehmen des täuferisch gesinnten KELLER (1888), ihn zum heimlichen Waldenser zu stilisieren. Ein neues Interesse, allerdings auch nicht um seiner selbst willen, findet Staupitz im Rahmen der Luther-Biographie durch die – parteiische – Behandlung seiner Rolle im Observanzstreit (GRISAR, BÖHMER, A. V. MÜLLER, SCHEEL, JEDIN)57. Vollends in Obhut nimmt die Lutherforschung die Staupitzforschung durch ein Standardwerk beider Bereiche: Ernst WOLF, Staupitz und Luther (1927), das wesentlich auf den von BUCHWALD und WOLF (1927) edierten, bis dahin ungenutzten TÜBINGER PREDIGTEN beruht. Die „Bedeutung“ nicht nur des Seelsorgers, als welcher Staupitz in keiner Luther-Biographie fehlt, sondern auch des Theologen „für Luthers theologischen Werdegang“ wird unabweisbar dargetan58. Aus dem frühesten und umfassendsten Staupitz-Werk arbeitet Wolf einen scholastischen Theologen heraus – wobei er allerdings dessen Abhängigkeit von dem Thomas-Schüler Ägidius von Rom, als dem maßgeblichen Ordenstheologen, offensichtlich überschätzt – und widerlegt den Vorwurf der theologischen Halbbildung, den DENIFLE und GRISAR gegen Staupitz und Luther erhoben haben59. Zwar stellt er zurecht fest, daß die Schriften der reifen Zeit dem aus dem Frühwerk gewonnenen theologiegeschichtlichen Befund nicht widersprechen. Eine Erklärung aber für den auffälligen Wechsel der Sprache, nicht so sehr den vom Lateinischen zum Deutschen – er ergibt sich aus dem Wechsel der Adressaten – als vielmehr den von der doctrina zur experientia, kann Wolf in seiner stiefmütterlichen Behandlung von Staupitz’ Mystik nicht geben. Daß diese Frage offen bleibt und andere, wie etwa die nach der Bedeutung des Augustinismus und der Exegese, überhaupt nicht gestellt werden, ist nicht nur ein Defizit in der Untersuchung der Staupitz-LutherBeziehung, sondern vor allem eines in der Untersuchung von Staupitz selber60. Wichtige Dokumente zur Unionspolitik des Generalvikars stellte WEIJENBORG 1957 der Forschung zur Verfügung. Seine Auswertung indes gründet in Vorstellungen von der Struktur des Ordens und der kirchlichen Verwaltungspraxis, die der 56
So noch im Titel des Buches von JEREMIAS (1926). Die Literatur zu dieser Frage ist jüngst – wie es scheint mit der einen Ausnahme von LAU, Pe`re Reinoud (s. unten mit Anm. 61) vollständig – zusammengestellt worden von ECKERMANN, Neue Dokumente (1977), Anm. 1 und 2; N.B. s. auch Anm. 61. 58 Gedrängter und leichter lesbar WOLF, Anfänge. 59 DENIFLE 2I, 607, Anm. 1: „Der Theologaster und Hofmann Staupitz war eben in der Theologie nicht gründlicher unterrichtet als Luther“, vgl. ebd. 602 mit Anm. 4, 522 ff., 866 ff.; Hartmann GRISAR, Luther 3I, Freiburg 1924, 102. 60 Schon Erich SEEBERG hat in seiner Rezension bemerkt, „die bloße, aber umfassende Herausarbeitung der Theologie des Staupitz würde förderlicher gewesen sein“ als die „Zuspitzung der Probleme auf Luther“: Historische Zeitschrift 141 (1930), 364–367. – Zum Desiderat Exegese vgl. WOLF, Anfänge, Anm. 99 gegenüber WOLF, SuL 22. 57
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Zeit allgemein, sowie in einem Begriff von Observanz, der einem Teil der Zeitgenossen fremd waren. Als alleiniges Kriterium der Bewertung erscheint ein formal aufgefaßter Gehorsam61. Seit WOLF hat die Luther-Literatur – der auch WEIJENBORG zuzurechnen ist – zwar naturgemäß Staupitz mehr oder weniger ausführlich berücksichtigt, jedoch die Staupitz-Forschung nicht vorangetrieben. Hingegen hat die kritisch an Alphons Viktor MÜLLER anknüpfende Augustinismus-Forschung sowie die sich damit überschneidende, im deutschen Sprachraum besonders von Adolar ZUMKELLER intensivierte Augustiner-Forschung zu neuen Einsichten vor allem in die Quellen des Augustiner-Theologen Staupitz geführt. In ihrer Beziehung zu allen wichtigen Strömungen des Spätmittelalters hat, angeregt durch Heiko A. OBERMAN62, David C. STEINMETZ 1968 seine Theologie dargestellt, und zwar sowohl vollständig als auch in ihrer Eigenart. Das Vorgehen nach Loci vermag jedoch nicht, eine Entwicklung in Staupitz’ Denken auszumachen. Auch bringt es diese – doxographische – Methode mit sich, daß an den Kanzelredner und Meister des geistlichen Lebens manche Fragen der Art gestellt werden, die er selbst dem Schulbetrieb überlassen sehen wollte63. Mit Recht wird Wolfs These korrigiert, wonach Staupitz’ Einfluß auf seinen Schüler Luther ganz wesentlich in einer Milderung der gabrielistischen Auffassung vom „Willkür“-Gott durch die thomistischen Züge des allweisen Hausvaters bestehe64; weniger überzeugend ist der Versuch, den Lehrer nun umgekehrt statt in eine „thomistisch-ägidianische“ Lehrrichtung in eine „skotistisch-nominalistische“ einzuordnen. Das augustinische Gepräge seiner Theologie hat STEINMETZ inzwischen (1973)65 weniger auf den spätmittelalterlichen Schulaugustinismus als auf Augustin selber zurückgeführt. OBERMAN betonte in seinem programmatischen Aufsatz über den „Augustinre´veil“ (1975)66 die Bedeu61
Vgl. die weiterführende Kritik von LAU, Pe`re Reinoud 87 ff. und die WEIJENBORGs Einseitigkeiten zurechtrückende Darstellung von KUNZELMANN V (1974), 453–466. – N.B. Eine neue Sicht auf den Observanz-Streit und Luthers Romreise eröffnen nunmehr die Arbeiten, die Hans SCHNEIDER, Marburg, zwischen 2004 und 2011 vorgelegt hat. 62 Grundlegend OBERMAN The harvest of medieval theology. Gabriel Biel and late medieval nominalism, Cambridge/Mass 1963 (dt.: Spätmittelalter und Reformation I, Zürich 1965), wo Staupitz allerdings nur ganz am Rande erscheint; einen eigenen Abschnitt widmet ihm OBERMAN in: Forerunners (1967) (138–140). 63 Scholis hoc remittendum melius fore existimo, Tübinger Predigten 12,1,1 (Ed. B/W, 1927, S. 102, Z. 36 f; N.B. TüPr 12, Z. 109 f: JvS 1, 1987, S. 218). 64 WOLF, Anfänge 54. 78 f. – N.B. David C. STEINMETZ fand in ARG, Beih. 10 (1981), Nr. 9, diese ganze bibliographie raisonne´e sei in einer Edition deplaziert; auch Oberman sah dies so. In diesem Sammelband ist unsere Studie klar – und wie schon 1979 in JvS 2 gemeint – nicht Bestandteil einer Edition. Zur jedenfalls inhaltlichen Rechtfertigung der hier im zugehörigen Text formulierten partiell kritischen Charakterisierung seiner MD (nach Anm. 64) sei der Leser auf den Beitrag „Staupitz Augustinianus“ (in diesem Sammelband S. 223–265, bei und mit Anm. 49) hingewiesen. 65 STEINMETZ, Another look (1973), 257. 66 OBERMAN, Tuus sum (1975), 357.
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tung der Amerbach-Edition als Ausdruck eines neu erwachenden Interesses an Augustin, Ausgangspunkt einer Diskussion in der akademischen Welt, die in ihrer Konsequenz Gregor von Rimini alsbald neue Aktualität verliehen hat67. Staupitz verteidige nicht nur Augustin gegen pelagianisierende Verharmlosung – wobei er, nach begründeter Vermutung, speziell auf Eck zielt –, sondern vollziehe, gar in einer so zentralen Frage wie der nach der Heilsgewißheit, einen Schritt über Augustin und die Augustin-Rezeption des 14. Jahrhunderts hinaus68. Das Fazit der Forschungsgeschichte, die nur kurz skizziert werden konnte, soll in die hier vorzustellende Gesamtausgabe eingehen, die gerade auch dadurch ihrerseits Instrument künftiger Forschung sein kann.
67
OBERMAN, Werden und Wertung (1977), 118 ff., bes. 130 ff. in Weiterführung des eben genannten Aufsatzes. 68 OBERMAN, Tuus sum 367 f., 393 bzw. Werden und Wertung 100 f. und 117.
Von der Ordensreform zur Reformation: Johann von Staupitz* Von Lothar Graf zu Dohna** Für Hermann Heimpel
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Staupitz wird in der Geschichtsschreibung allgemein weder zu den großen Ordensreformern noch gar zu den Reformatoren gerechnet. Er ist indes eine Schlüsselfigur für den Übergang von der traditionellen Ordensreform – und damit von der mittelalterlichen Reformauffassung überhaupt – zu einer Reform der Theologie und damit zur Reformation. Verlangt also das Thema „Ordensreform und Reformation“ von der Sache her eine Auseinandersetzung mit Staupitz, so gilt auch das Umgekehrte: man kann diese historische Gestalt nicht wirklich verstehen, wenn man jenen Bezugsrahmen – wie oft geschehen – außer Acht läßt. Wenn ich heute versuche, diesen Zusammenhang zu skizzieren, so gebe ich Ihnen sozusagen einen Werkstattbericht. Werkstatt in einem doppelten Sinne: einmal weil diese Überlegungen aus der gemeinsamen Arbeit an der Staupitz-Gesamtausgabe1 erwachsen sind, weil der Ertrag vieler Gespräche mit den Tübinger * N.B. Vortrag: 1981 in Berlin im Rahmen der Tagung „Observanz- und Reformbewegungen im spätmittelalterlichen Ordensleben III“, 30. Sept. – 2. Okt., und 1988 am 25. Okt. in Rom (internationale Akademie der Augustiner im Generalat S. Monica). Druck: Ordensstudien VI. Reformbemühungen und Observanzbestrebungen im spätmittelalterlichen Ordenswesen, hg. v. Kaspar Elm (Berliner Historische Studien 14), Berlin 1989(!), S. 571–584. Die dortigen Seitenzahlen werden hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen ist identisch. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. Neu eingefügt ist lediglich Anm. 18a. In den Literaturangaben werden Kurztitel verwendet; s. Literaturverzeichnis in diesem Sammelband. Zur Beachtung, die diese Studie bei anderen Autoren fand, siehe Anm. 58. ** Vorbemerkung zur Druckfassung: Dieses Referat wurde durch Anmerkungen und einzelne Zusätze zur Verdeutlichung der (in Berlin) auf 30 Minuten begrenzten mündlichen Fassung ergänzt. Form und Inhalt des Vortrages wurden beibehalten. Auf später erschienene Literatur wird nur ausnahmsweise hingewiesen, so auf das bedeutsame Luther-Buch von Heiko A. Oberman (wie Anm. 15), durch das meine Auffassung in mancherlei Hinsicht bestätigt erscheint. Auch die Ergebnisse zweier eigener weiterführender Aufsätze (wie Anm. 5) sind nicht eingearbeitet worden. So bleibt der Text im wesentlichen so, wie er 1981 in Berlin vorgetragen wurde, wie ihn auch mein verehrter Lehrer Hermann Heimpel hörte, dem ich diesen Beitrag als Zeichen meiner Dankbarkeit zum 85. Geburtstag widme. 1 Johann von Staupitz, Sämtliche Schriften, hg. v. Lothar Graf zu Dohna und Richard Wetzel. Erschienen sind JvS 2 (1979), N.B. JvS 1 (1987) und JvS 5 (2001). Zu Staupitz’ Leben und Wirken sei generell verwiesen auf den N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, das Literaturverzeichnis in JvS 2, S. 61–66, N.B. und das Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur in diesem Sammelband. Weitere Literatur in Augustiniana 26 (1976) N.B. mit Fortsetzungen (wie Anm. 3a zum eben genannten Beitrag), bei Gindele 1977, N.B. und bei Markwald / Posset (1995).
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Coeditoren in sie eingegangen ist2. Zum anderen will ich von einer Untersuchung im Vollzug berichten, die noch keineswegs abgeschlossen ist, sondern als Nebenprodukt einer noch nicht vollendeten Edition einstweilen den Charakter eines Halbzeugs hat. So hoffe ich auf Gewinn aus der bevorstehenden Diskussion. I. Johann von Staupitz, Generalvikar der deutschen „reformierten“, also observanten Kongregation der Augustiner-Eremiten – Luthers Vorgesetzter, Seelsorger, theologischer Anreger und Freund – war auf dem Gebiet der Ordensreform – im engeren, im herkömmlichen Sinne des Wortes – nicht erfolgreich; seine weitausgreifenden Pläne zur Reorganisation der Observanz sind gescheitert. Auch hat er nicht etwa Schriften zur Reform verfaßt, er hat sie lediglich tätig geübt. Dem Verständnis der Reformbestrebungen Staupitz’ stand in der älteren Forschung ebenso wie dem Verständnis der Eigenart seiner Theologie das jeweilige konfessionelle Vorurteil im Wege. Die beiderseitige Inanspruchnahme Staupitz’ ist hierbei historisch ebenso unberechtigt wie die jeweilige Distanzierung, welche die in dieser Umbruchszeit mögliche „evangelische Katholizität“3 des konservativen Reformers mit der Elle eines nachtridentinischen Katholizismus oder einer ausgeformten lutherischen Doktrin mißt4. Man hat den Wa n d e l in Johann von Staupitz’ Auffassung von Reform nicht wahrgenommen und den Zusamenhang mit seiner T h e o l o g i e 5 nicht gesehen. Die Protestanten sahen in seiner Ordensreform zwar ein frommes Bekämpfen kirchlicher Mißstände, konnten jedoch in einer Stärkung des Mönchtums nichts erkennen, was die Reformation vorbereitete. Darin waren sie einer katholischen Sichtweise näher als sie glaubten, für die nur eine Art von Reform in Betracht kam: die Wiederherstellung der Vollkommenheit des Ordens. Natürlich ist diese Art – der Grundbedeutung des Wortes Re-formatio gemäß – auch die im Mittelalter allgemein geübte gewesen6. Indes gibt es auch Anzeichen eines Wandels in 2
Dank abzustatten ist vor allem Dr. Richard Wetzel und den übrigen Mit-Editoren, namentlich Dr. Wolfgang Günter, sowie besonders dem Anreger dieser Ausgabe und des Sonderforschungsbereichs „Spätmittelalter und Reformation“ in Tübingen, Professor Dr. Heiko A. Oberman. – Ebenfalls danke ich Professor Dr. Kaspar Elm und den Teilnehmern der Berliner Tagung für mancherlei Anregung, insbesondere Professor Dr. Dieter Mertens für einen wichtigen Hinweis. 3 Oberman, „Zum Geleit“, in: JvS 2, V−X, hier IX. 4 Vgl. N.B. in diesem Sammelband S. 134 f. 5 Zur Theologie Staupitz’ siehe jetzt Dohna / Wetzel, Die Reue Christi. Zum theologischen Ort der Buße bei Johann von Staupitz (1983) (N.B. in diesem Sammelband S. 151–175), sowie (knapper) Dohna, Staupitz und Luther. Kontinuität und Umbruch in den Anfängen der Reformation (1985) (N.B. ebd. S. 176–189, bes. 182 ff.). – Zu beachten bleiben Ernst Wolf, SuL (1927; Nachdruck 1971), sowie David C. Steinmetz, MD (1968). 6 Vgl. Gerhart Ladner, Die mittelalterliche Reformidee und ihr Verhältnis zur Idee der Renaissance. Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 60
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den Methoden, Versuche der Einbeziehung von veränderten Umständen und zum Teil auch eine Hinwendung zu verstärkter Innerlichkeit, worauf unlängst Kaspar Elm hingewiesen hat7. So wie nach den Reformkonzilien die Enttäuschung über die ausgebliebene Reform der Kirche insgesamt allmählich zu einer Abwendung vom Gedanken einer institutionellen Reform geführt hat, scheint parallel dazu auch die Einsicht gewachsen zu sein, daß man Konsequenzen ziehen müsse aus der Erfahrung von der Unbeständigkeit so vieler Klosterreformen8. In diesem Zusammenhang ist auch der Reformer Staupitz zu sehen, der allerdings in seiner ganz persönlichen Reform-Auffassung und seinen eigenständigen Maßnahmen mehr ist als ein bloßer Repräsentant einer auch sonst feststellbaren Tendenz. Bereits ein Jahr nach seiner Wahl zum Generalvikar erließ er besondere Konstitutionen für die deutsche Observanz und ließ sie 1504 drucken als ,Constitutiones fratrum Eremitarum sancti Augustini ... pro reformatione Alemanniae’. Eine Auswertung dieser Quelle ist allerdings schwierig, weil weder der persönliche Anteil Staupitz’ an dieser Satzung auszumachen noch die Möglichkeit einer Vorlage, auf der diese bearbeitete Neufassung der Regensburger Konstitutionen von 1290 beruht, auszuschließen ist9. Es erscheint mir allerdings in jedem Falle beachtenswert, daß in der Präambel – und hier spricht doch wohl Staupitz selber – der Ausdruck „zurückkehren zum vormaligen Zustand“ nicht etwa die Reform umschreibt, sondern im negativen Sinne von „Rückfällen“ gebraucht und der (1952) 31–59. Vgl. auch Dohna, Reformatio Sigismundi (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte 4), Göttingen 1960, 59 f., 63 ff. Für den Augstinereremiten-Orden ist die Äußerung seines Generalpriors Aegidius von Viterbo aus dem Jahre 1508 bezeichnend: Sumus die noctuque in labore reformandi, nihilque aliud agimus ... nisi ut ... collapsa nostra res publica faciem recuperet antiquae maiestatis... . Zitiert nach Martin, Registers of Giles of Viterbo (1962), 157. 7 Kaspar Elm, Verfall und Erneuerung des Ordenswesens im Spätmittelalter. Forschungen und Forschungsaufgaben, in: Untersuchungen zu Kloster und Stift (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 68 = Studien zur Germania Sacra 14), Göttingen 1980, 188–238, hier 233. 8 Mit Recht bemerkt Elm (wie Anm. 7), 201, daß die „Theorie vom fast gesetzmäßigen Abschwung religiöser Frömmigkeit“, wie sie die Bonaventura (doch wohl zu Recht) zugeschriebenen ,Determinationes quaestionum circa regulam fratrum minorum’ (I, 19; in: Opera omnia 8, Quaracchi 1898, S. 349 f.) formulieren, nur bedingt als „Erklärungsmodell“ verwendbar ist. Zu beachten bleibt, daß es Bonaventura gerade auch um die daraus zu ziehende Konsequenz ging. Er folgert, daß man im Ringen nicht nachlassen dürfe, um immer wieder die Harmonie zwischen dem gegenwärtigen Zustand und dem Geiste der Gründung herzustellen. 9 Die Edition der ,Constitutiones’ von Wolfgang Günter N.B. ist in JvS 5 (2001) erschienen. Zu den Vorlagen siehe jetzt seine Einleitung, S. 125–131. Winfried Hümpfner, Äußere Geschichte der Augustiner-Eremiten in Deutschland, in: St. Augustin 430 – 1930, hg. v. d. Deutschen Provinz der Augustiner-Eremiten, Würzburg 1930, 159, beurteilt die ,Constitutiones’: „Man muß sie als eine wertvolle Arbeit bezeichnen, wie sie für den ganzen Orden längst wünschenswert gewesen wäre.“
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„Standfestigkeit der Reform“ entgegengesetzt wird10. Über bloße Einzelreformen hinaus ging es Staupitz um die Vergrößerung des Einflusses der Observanz im Gesamtorden11. Zunächst (1505) schloß er eine Union der deutschen (ursprünglich „sächsischen“)12 mit der lombardischen observanten Kongregation, die auch vom Papste bestätigt wurde. Staupitz versuchte nämlich, die Reformpläne mit wechselnder Unterstützung durchzusetzen. Als der Ordensgeneral sich um der Einheit des Ordens willen gegen die Privilegierung der Observanz stellte, nahm der deutsche Generalvikar die Hilfe des Papstes in Anspruch. Als dann der neue Generalminister Aegidius von Viterbo die Einheit gerade mit der Observanz erreichen wollte, verbündete sich Staupitz mit ihm. Und nun – nach dem Scheitern der Einigung mit den Lombarden – verwirklichte er ein ganz ungewöhnlich erscheinendes Konzept: er vereinigte mit Hilfe des reformerischen Ordensgenerals13 und des Kardinal-Legaten Carvajal die deutsche Observantenkongregation mit der nichtreformierten sächsischen Provinz14. Diese Maßnahme liegt nun gar nicht auf der Linie einer herkömmlichen, an der Strenge der Satzungen orientierten Reform. Aus diesem Grunde urteilt der franziskanische Historiker Reinhold Weijenborg, es Nach der Erwähnung der Privilegien und Exemtionen der Observanten (fratres sub regulari vita degentes) heißt es: Constat autem rem quamlibet non omnino mutatam facile redire in statum pristinum. Idcirco nominati priores generales sufficienter providere volentes stabilitati reformationis nonnullas constitutiones iustas ... fratribus de observantia tradiderunt, Constitutiones, N.B. Decretum promulgationis, Z. 19–24 (JvS 5, S. 147). 11 Hier kann nicht die ganze Diskussion um die „Innere(n) Bewegungen unter den deutschen Augustinern und Luthers Romreise“ – so der Titel des am Anfang stehenden Aufsatzes von Kolde (1878) – aufgenommen werden. Noch unentbehrlich bleibt Kolde, Congregation (1879). Zusammenfassend jetzt: Kunzelmann V (1974). – Während die neuere deutschsprachige Literatur zum Teil durch den einseitig auf die deutsche Kongregation – oder gar auf die Person Luthers – gerichteten Blick beeinträchtigt wird, bietet Francis X. Martin, Augustinian Order (1967) aus der überlegenen Kenntnis des gesamten Ordens einen ausgezeichneten Überblick über die Reformbestrebungen dieser Zeit. 12 Die reformierten Konvente der deutschen Augustiner erscheinen im Laufe der Zeit unter wechselnden Bezeichnungen als „Union“, als „Vicarianer“, als „privilegierte Observanz“ (auch mit dem Zusatz „der Provinzen in Baiern, am Rhein und in Sachsen“, so 1476, oder per Alemanniam, so 1485) und schließlich als Kongregation, meist mit dem Zusatz „deutsche“ oder „in Deutschland“. Für die ausgebildete Kongregation der Zeit Staupitz’ sollte die aus der älteren Periode übernommene Bezeichnung als „sächsische“ – als weder quellengemäß noch sachentsprechend – nicht mehr verwendet werden. Wenn dies bei Kunzelmann geschieht, so ist das eine Folge des Einteilungsprinzips nach Provinzen, das auch sonst manche Zusammenhänge auseinanderreißt. 13 Zur Reformgesinnung des Aegidius vgl. John W. O’Malley, Giles of Viterbo on Church and Reform. A Study in Renaissance Thought (SMRT 5), Leiden 1968. Vgl. auch Heinrich Böhmer, Romfahrt (1914), 36 ff. 14 Die Bulle Carvajals vom 15. Dezember 1507 ist abgedruckt bei Böhmer, Romfahrt (1914), 161–166. Einzelne Textverbesserungen bei Weijenborg, Dokumente (1957), 158 ff. 10
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sei Staupitz lediglich um die Macht gegangen, der er die Erneuerung des Ordens geopfert habe15. Weijenborg übersieht dabei, daß diese Union Teil eines umfassenden Plans des Generals Aegidius war, der in Spanien eine vergleichbare Maßnahme gegen anfänglichen Widerstand erfolgreich durchführte16. Alle Historiker, die diesen Streitfall behandeln, übersehen, daß die angeblich so anstößige Realunion von Kongregation und Provinz oder auch die Personalunion von Vikariat und Provinzialat als künftige Möglichkeit schon von Papst Eugen IV. in der ersten, die Kongregation konstituierenden Bulle (1437) in Aussicht genommen war17. Inzwischen hatte sich die Kongregation allerdings in einer damals nicht vorauszusehenden Weise verselbständigt. So kam der Widerstand gegen diese Lösung tatsächlich nicht von den Konventualen, so sehr sie fürchten mußten, in der Vereinigung mit den Observanten eine einflußlose Minderheit zu bilden. Der Widerstand kam von dem strengsten Flügel der Observanten, dem die hohen Maßstäbe observanter Disziplin, wie sie nur einer Elite möglich ist, durch die Ausweitung der Union gefährdet schienen18. Daneben stand indes auch die Befürchtung, durch 15
Weijenborg, Dokumente (1957), 147–202. Kritisch dazu: Lau, Pe`re Reinoud (1960), 64–122. Vgl. auch den N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 135 f. Die Historiker des Augustiner-Ordens setzen sich mit Weijenborg nicht ausdrücklich auseinander, übernehmen jedoch seine einseitige Beurteilung von Staupitz nicht. Weijenborg, Luther et les cinquante et un augustiniens d’Erfurt. D’apre`s une lettre d’indulgences ine´dite du 18 avril 1508, in: RHE 55 (1960), 819–875, kann hier außer Betracht bleiben. Den besten Einblick in die sachlichen und persönlichen Probleme und eine überlegene Beurteilung aus historischer Sicht bietet neuerdings Oberman, Luther (1982), bes. 140–155, der sich von der „Neigung zu moralisierendem Urteil“ distanziert (149). 16 Siehe Martin, Augustinian Order (1967), bes. 97 f., 99 f., 103. 17 Item, ut fratribus ipsis de Observantia Provinciae Saxoniae concedant, quod, eorum Vicario cedente vel decedente etc., alium Vicarium eligere possint, qui, concorditer electus, Vicarius censeatur etc., donec et quousque omnia eiusdem Ordinis in dicta Provincia loca existentia fuerint sub huiusmodi observantia reformata. Item quod ipse Vicarius et singuli fratres de observantia dictae Provinciae eorum Priori generali dumtaxat, et nemini alteri sint subiecti, nisi forte Priorem Provincialem eiusdem Provinciae Saxoniae dictam ohservantiam subire contigerit. Bulle vom 5. November 1437, Arch. Vat. – Reg. Later. 352, fol. 274, nach Kunzelmann V 398, Anm. 1995. Vgl. die entsprechenden Ausführungen in der Bulle des Legaten, Erfurt 27. Januar 1438, nach Nicolaus Besler, Mare Magnum des OESA, Hs. der Leipziger Stadtbibliothek Cod. CCXIV, fol. 153 ff., zitiert von Kolde, Congregation (1879), 82 f. und Kunzelmann V (1974), 400 f. 18 Daß es sich bei der Opposition gegen Staupitz um eine Minderheit i n n e r h a l b der Kongregation handelte, wird bei Eckermann (1977), 281–296, schon im Titel „Neue Dokumente zur Auseinandersetzung zwischen Johann von Staupitz und der sächsischen Reformkongregation“ nicht hinreichend deutlich, wie auch dort (295), wo er vom „Selbstverständnis d e r Kongregation“ (Hervorhebung von mir) spricht. So verdienstvoll die Entdeckung der Appellation der sieben Konvente (Himmelpforten, Erfurt, Nürnberg, Kulmbach, Nordhausen, Sangerhausen und Sternberg) ist, so fehlt doch eine Interpretation, die deren einseitigen Standpunkt einer abwägenden Kritik unterzieht. Unter der
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die Unterstellung unter einen Provinzial – den der General ernennen und sogar absetzen konnte – den vom Papst verliehenen unabhängigen Status zu verlieren. Dieser rechtliche Aspekt war es vornehmlich, der den Nürnberger Magistrat bestimmte, den Protest der „sieben renitenten Klöster“ zu unterstützen. Als deren Repräsentant, oder jedenfalls im Namen des Erfurter Konvents, reiste Luther N.B. nach Heinrich BÖHMERs Darstellung nach Rom. Dies galt, bis Hans SCHNEIDER diese allgemein akzeptierte These in mehreren Aufsätzen widerlegt hat18a. II. Offenbar ging es Staupitz nicht nur um eine Beendigung der ständigen Auseinandersetzungen zwischen Kongregation und Provinz, die seiner friedlichen Natur zuwider waren19. Es schien ihm letztlich besser zu sein, daß der Geist einer gemäßigten Reform auch bei den Konventualen Eingang finde, als daß durch zu strenge Forderungen die schwächeren Glieder den Willen zu einem der Regel gemäßen Ordensleben überhaupt verlieren würden20. Aus seinen Äußerungen spricht viel Erfahrung, auch selbstkritische: „Ich habe Gott tausendmal gelobt, ich wollte fromm werden ... ich will Gott nicht mehr belügen“21. Sicher, dieser seelsorgerliche Trost für den fanatischen Observanten und Skrupulanten Luther ist vom Anlaß her vielleicht etwas überspitzt. Doch war es ihm ernst damit, sich und andere davor zu bewahren, Unerfüllbares zu geloben und so Gott zu belügen, sein Vertrauen auf die eigenen Kräfte zu setzen statt auf Gottes Gnade. Hier wird deutlich, wie stark die Auffassung von Ordensreform bei Staupitz von seiner Theologie geprägt wird, die sich auf augustinischer Grundlage zu einer biblisch, vor allem paulinisch begründeten christozentrischen Gnadentheologie entwickelt. Wir haben gelernt, nicht undifferenziert von Augustinismus zu sprechen. Auch einem Johann von Paltz ist Augustin nicht unbekannt; er zieht nur ganz andere Konsequenzen. Man kann Paltz sogar neben Staupitz als Vertreter einer „Frömmigkeitstheologie“ bezeichnen22, dem es in anderer Weise auch um die Betonung der Gnade geht, nur daß er sie stärker an die institutionelle Kirche und die Sakramente bindet, wobei er – sehr im Gegensatz zu Staupitz – den A b l a ß propaverwerteten Literatur werden Martin, Augustinian Order (wie Anm. 11) und Lau, Pe`re Reinoud (wie Anm. 15) vermißt. 18a N.B. Näheres siehe im Beitrag „Forschungsgeschichte seit 1979“ in diesem Sammelband S. 283–330, hier 321. Weitere Eingriffe in den hier wiederabgedruckten Text, um andere Spuren der früheren communis opinio nachträglich zu entfernen, unterlasse ich. 19 Vgl. den Brief des Generals Aegidius an JvS vom 26. Juni 1510, besonders: Vidimusque . .. et animum promptissimum tuum ad ea omnia peragenda, quae paci omnium ac quieti conducere viderentur. Weijenborg, Dokumente (1957), 155, Dokument IV, Absatz 3. 20 Vgl. die Artikel der Konvokation von Neustadt an der Orla (8. September 1510), ebd. 154 f., Dokument II. 21 Dies dürfte der Kern des mehrfach abweichend überlieferten Wortes sein. WA, 33, 431; 40/II, 92, 4–6. 24–26; Tischreden 2, Nr. 2797 a. 22 Berndt Hamm, Frömmigkeitstheologie (1982).
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giert als besonderen Ausdruck der Gnade23. Über die allgemeine Frage einer durchgehenden Augustin-Tradition im Augustinereremiten-Orden und über deren verschiedene Beantwortung brauche ich im Hinblick auf Staupitz’ Augustinismus nichts weiter zu sagen, zumal wir in Pater Zumkeller einen besonderen Kenner der Augustiner-Schule unter uns haben24. Aber auch wenn man an der Bedeutung der „via Gregorii“25 nicht vorbeisehen will – der Schule Gregors von Rimini also, welche die antipelagianischen Lehren des Kirchenvaters ernstnahm –, muß man doch feststellen, daß Staupitz ad fontes, zu Augustin selber, vorgedrungen ist, dessen Werke gerade von Amerbach herausgegeben wurden26. Zur Beurteilung von Staupitz’ Reformauffassung ist entscheidend, daß er die Rechtfertigung allein durch die Gnade aufgrund der Verdienste Christi betont, darzu unsere werk nichts tun noch tun mögen (= können)27. Dabei geht es ihm auch um eine ’Reform’ irreführender scholastischer Termini. Die gratio gratum faciens mache nicht, wie die Schule sagt, daß der Mensch Gott gefalle, denn Gott liebt uns von jeher kraft der gratia praedestinationis, die gratia gratum faciens bewirke vielmehr, daß Gott dem Menschen gefalle28. In einer solchen Theologie29 ist kein Platz für das Sammeln von Verdiensten, wie sie durch ein vorbildliches monastisches Leben erworben werden können. Daß daneben auch die guten Werke zu ihrem Recht kommen, ist bei der Gesinnung Staupitz’ selbstverständlich, aber sie sind erst eine Folge der Rechtfertigung. Vorher sind sie ihrem Wesen nach unmöglich; doch auch danach bleiben sie der Endlichkeit verhaftet, im Gegensatz zu den einzig verdienstlichen Werken Christi30. In seiner Sterbetrostschrift ,Von der nachfolgung des willigen Sterbens Christi’ schreibt er (1515): Es wer besser, der mensch stürbe, eh er wüste, was guter menschen werck weren, dan das er einig (= irgendein) vortrawen in seine guten werck setzete unnd uff seine gerechtickeit 23
Vgl. ebd. S. 90 f. und öfter. Zum Ablass bei Staupitz siehe Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517, Nr. 1, Z. 100–112 (N.B. in der Zählung des von Berndt Hamm für JvS vorbereiteten, in unveröffentlichtem Stehsatz vorliegenden Texts; vorerst noch Knaake (1867), 18, Z. 9–20. Siehe ferner Staupitz, De exsecutione §§ 194–195 (JvS 2, S. 254). 24 Siehe Adolar Zumkeller, Die Augustinerschule des Mittelalters, Analecta Augustiniana 27 (1964) 167–262. Vgl. dazu Hamm, Frömmigkeitstheologie 304 ff. Vgl. Pater Zumkellers N.B. Beitrag zur Tagung 1981 (wie Anm. *): Die Beteiligung der Mendikanten an der Arbeit der Reformkonzilien von Konstanz und Basel, in: Ordensstudien VI (wie ebd.), 459–468; nicht mehr berücksichtigen konnte ich seinen Beitrag zur Tagung 1988 (wie ebd.): Johannes von Staupitz und die klösterliche Reformbewegung, in: Analecta Augustiniana 52 (1989), 29–49, in dem eine Reform der Theologie auch keine Rolle spielt. 25 In Nachfolge von Oberman – besonders: Headwaters – ausführlich Manfred Schulze, ’Via Gregorii’ (1981). 26 Vgl. N.B. den Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 137; sowie JvS 2, 37 f. – Vgl. ferner Oberman, Tuus sum 357. 27 De exsecutione § 33 (JvS 2, 110–112). 28 De exsecutione §§ 36, 40 (JvS 2, 114–116, 122–124). 29 Zur Theologie Staupitz’ vgl. jetzt die in Anm. 5 genannte Literatur. 30 De exsecutione §§ 45, 46, 50, sowie 38/Abs. 2, 51 (JvS 2, 130–132, 136–138; 120, 138.
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etzwas bawete31. Es kommt dem die Barmherzigkeit Gottes hervorhebenden Theologen auf die Werke der Gottes- und der Nächstenliebe an. Nur was die Kirche erbaut, nicht was der Eigenerbauung dient – gar eine Vision – läßt er gelten32. Wo es um der Ehre Gottes oder um der Rettung der Brüder willen erforderlich wäre, müßte der vollkommene Christ auch auf sein eigenes Heil verzichten33. In Konsequenz dieser Theologie der gelassenheit34, des Sich-ganz-verlassens auf Gott, verliert die fromme Bemühung um Selbstheiligung ihre Berechtigung und kann nicht mehr Grund und Ziel des mönchischen Lebens sein. Er lehnt die „Verkünder eigener Heiligkeit“35 ab, zumal wenn sie nach frommen Gaben haschen. Es ist bekannt, welchen Eindruck der Seelsorger Staupitz auf Luther machte und welche Bedeutung die theologischen Einsichten des Älteren für den Jüngeren gewannen36. So ist es auch nicht verwunderlich, daß der Ordensobere den radikalobservanten Erfurter Mönch im ordenspolitischen Streit auf seine Seite herüberzog. Weijenborg sieht in der Abkehr von der klassischen Observanz einen Verfall des Rechtsdenkens, eine Untergrabung jeder Autorität, die letztlich den Aufstand gegen die katholische Kirche zur Folge hatte37. Jedenfalls ist es gerade die Tatsache, daß Luther dem rigorosen Observantismus mit ganzer Seele verhaftet war, die ihn dann als Reformator zu einer so rigorosen Verdammung des Mönchtums führte. Er verdammte damit seine eigene Gläubigkeit an eine semi-pelagianisch verstandene „Möncherei“. Staupitz hingegen war die Erfüllung monastischer Askese niemals Selbstzweck gewesen, er hatte niemals gemeint, er könne durch sie „einen gnädigen Gott gewinnen“. Gerade deshalb kann Staupitz noch am 1. April 1524, im Jahre seines Todes, den ihm im Evangelium verbundenen Freund Luther bitten, er möge die äußeren mit dem Glauben vereinbaren Dinge wie das Mönchsgewand und die Gelübde nicht verwerfen, nicht um ihres Mißbrauchs willen die Sache selbst verurteilen38. III. Trotz dem Übertritt Luthers auf die ordenspolitische Linie seines Generalvikars war der Unionsversuch nicht mehr zu retten, der Widerstand der (1511) an den 31
Nachfolgung, Kap. 14, Knaake 86, 13–15. De exsecutione §§ 164, 166, 167 (JvS 2, 228–232). 33 De exsecutione §§ 174, 252, 255, 256 (JvS 2, 238, 298–300, 302). 34 Dieser Begriff erscheint in den deutschsprachigen Schriften von Staupitz als Entsprechung der eben behandelten resignatio; so besonders in der ,Nachfolgung’ (s. oben mit Anm. 31), Kap. 12 (Knaake 80 f.). – Vgl. Endriß, Nachfolgung (1978). 35 Wie Anm. 32. 36 Den Versuch einer Neubewertung gegenüber Wolf, SuL (1927) unternimmt D. C. Steinmetz, LuS (1980). 37 Weijenborg, Dokumente (1957), 201 f., sowie 179 f., 188, 199. 38 WA Briefe 3, 263 f. N.B. Zu diesem letzten Brief Staupitz’ siehe den Beitrag „Beständiger als Frauenliebe“ in diesem Sammelband S. 266–282, bes. 273 f. und 279–282. 32
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Papst appellierenden sieben oppositionellen Klöster39 sowie der Reichsstadt Nürnberg nicht zu überwinden. Staupitz verzichtete 1512 auf das Amt des Provinzials, blieb aber nach der turnusmäßigen Wahl Oberer der Kongregation (bis 1520). Zugleich verzichtete er auf die institutionelle Ordensreform. Umso intensiver bemühte er sich weiter um eine Reform, die an den eigentlichen Aufgaben eines monastischen, zumal mendikantischen Priestertums orientiert war: der Seelsorge sowie der Predigt, und zwar sowohl für die Ordensbrüder wie für die Laien. Dazu gehört auch die Vorbereitung auf diese Aufgaben: das Studium. Und zwar besonders auch das Studium außerhalb der Ordensstudien, an den Universitäten, wodurch die Wirkung auf Studenten aus dem Weltklerus verstärkt wurde. Er selber war ja im Auftrag Friedrichs des Weisen (seit 1502) als Gründungsdekan und einer der vier „Reformatoren“ maßgebend am Aufbau der Universität Wittenberg beteiligt gewesen. Zusammenarbeit mit der weltlichen Obrigkeit, Wirkung in die Welt hinein gehörte zur Förderung des „gemeinen Nutzens“, wie er ihn auch als Aufgabe des Ordensmannes sah. Er bejahte die Tendenz seiner Zeit, daß sich der Landesherr wie die Stadtobrigkeit auch um das geistliche Wohl der Landeskinder oder der Stadtbürger kümmerte40, einschließlich der obrigkeitlichen Aktivitäten in der Kloster- und Kirchenreform. Für Staupitz war Reform nicht zuletzt Suche nach Alternativen in einer sich wandelnden Zeit; nicht Rückkehr zu hergebrachten Formeln und Einrichtungen, sondern Erneuerung des Ordenslebens sowie Erneuerung der Theologie im Geist und in der Wahrheit – im Geiste Christi und in der Wahrheit des Evangeliums41. Sein Bestreben war auf die Erneuerung der ganzen Kirche, der Christenheit gerichtet42, der gegenüber dem Orden nur eine dienende Funktion zukam. Man fühlt sich an Gerson – einen seiner Lieblingsautoren – erinnert, der die Orden als religiones factitiae kennzeichnet, die nur Weg und Instrument seien, um zur wahren religio christiana zu gelangen43. In der unverblümten Sprache der ,Reformatio Sigismundi’ lautet das: sye sein alwegen parciales et non generales44. 39
Die Appellation von Nordhausen machte erst Eckermann, Dokumente (1977) (wie Anm. 18) bekannt. Aus ihr geht hervor, daß sich die Sieben als (Rumpf-)Kongregation verstanden und Simon Kayser als Vikar anstelle von Staupitz gewählt hatten. 40 Siehe den deutschen Widmungsbrief zu De exsecutione, JvS 2, 73, 75 (zu Staupitz als Verfasser: 26 f.). Vgl. auch gemeine wolfart im Titel der deutschen Fassung, ebd. 71 mit Anm. 7, sowie Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517, Nr. 7, Z. 24 f. (N.B. in der Zählung von Hamm [wie Anm. 23]; vorerst noch Knaake 27, Z. 30 f. 41 Vgl. die undatierte Salzburger Adventspredigt, Cod. St. Peter b II 11, fol. 236–246, wo Staupitz fol. 239r / 239v Io 4 (24) zitiert. Siehe Kolde, Congregation 452–456, bes. 453. – Vgl. WA Tischreden 6, Nr. 6537: daß wir ja die Wahrheit des Evangelii nicht verlieren (Staupitz). 42 Oberman, Luther (1982), 149, formuliert die Alternative, um die es 1510 ging: „Dient die Observanz dem Vollkommenheitsstreben der Ordensleute, die ... Inseln des Gehorsams bilden in einer hoffnungslos verweltlichten Kirche? Oder sind die Klöster Kraftzentren für die Reform der ganzen Kirche ... ?“ 43 Jean Gerson, Oeuvres comple`tes (ed. P[ale´mon] Glorieux), Bd. 10 (anonym); Paris/Tournai 1973, 70–72: ,Contra conclusiones Matthaei Graben’.
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Man könnte den Wandel in Staupitz’ Reformtätigkeit und -gesinnung als Interiorisierung der Reform verstehen. Er hatte ein feines Ohr für das, was eine sich wandelnde Gesellschaft, was besonders auch ein zunehmend bildungsbewußtes Bürgertum von der Kirche erwartete und erwarten durfte, welcher christlichen Wahrheit die Menschen seiner Zeit bedurften. Deswegen behandelte er auch theologische Fragen auf hohem Niveau in deutscher Sprache45. Doch war es ihm nicht allein um das Predigen zu tun; er wollte „das Evangelium leben“46. Es ging ihm nicht zuletzt um die Glaubwürdigkeit der Kirche und des Ordens. Die Erfahrung lehre, wo nichtreformierte Klöster seien, sei auch das Volk weniger fromm; wie auch ein reformierter Mönch immer ein besserer Prediger sei47. Wie ernst es ihm mit der Glaubwürdigkeit war, zeigt sich an seiner Stellungnahme zu einem besonders heiklen Problem, bei dem er scheinbar die Interessen des eigenen Ordens opfert: in seinem frühen Gutachten, der ,Decisio quaestionis de audientia missae’ (1500) gestand er dem Pfarrklerus zu, daß die Gemeinde an Sonntagen die Messe in ihrer Pfarrkirche hören müsse und nicht in einem Kloster. In einer Gegenschrift verteidigte dann der Franziskaner Schatzgeyer das Interesse der Mendikanten48. Wir wissen aus neueren Untersuchungen, daß die Flut der Meßstiftungen, Anniversarien und anderer Betätigungen einer noch mittelalterlich ’handgreiflichen’ Frömmigkeit bereits v o r der Reformation zurückging, während etwa Stiftungen für Predigtpfründen an ihre Stelle traten49. Dem entspricht Staupitz’ Tendenz. Bisher konnte man nur negativ feststellen, daß in Staupitz’ Schriften und Predigten wie in seinen Reformmaßnahmen kein Interesse an kirchlichen Bräuchen und Riten sichtbar wird, ja, daß sogar Liturgie und Messe im Hintergrund bleiben50. Daß dies Fehlen nicht zufällig ist, läßt sich neuerdings genauer belegen, und 44
Reformation Kaiser Siegmunds, hg. v. Heinrich Koller (MGH, Staatsschriften 6), Stuttgart 1964, 98, 4–5. 45 Es fällt auf, daß die für die Öffentlichkeit bestimmte theologische Produktion erst nach dem Verzicht auf die institutionelle Ordensreform einsetzt. Von den nur nachschriftlich festgehaltenen Salzburger Predigten von 1512 abgesehen – vgl. dazu Dohna / Wetzel, Die Reue Christi –, setzt eine Reihe deutscher Schriften 1515 mit der ,Nachfolgung’ ein. Vgl. N.B. den Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 127 f., sowie oben bei und mit Anm. 31 u. 34. 46 So in seinem letzten Brief an Luther (wie Anm. 38) : ... evangelium ... tandem vivamus. 47 Tübinger Predigten 20,1,1: TüPr 20, Z. 66 ff. (JvS 1, S. 319), anknüpfend an einen Satz aus den Sprüchen Salomos: Justus in principio est accusator sui, Prov. 18, 17. 48 Siehe N.B. den Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 126 f. N.B. De audientia missae ist durch Günter ediert in JvS 5 (2001), S. (11) 24–41; zu Schatzgeyer ebd. 11 f. 49 Vgl. z. B. Albrecht Endriß, Die religiös-kirchlichen Verhältnisse in der Reichsstadt Wimpfen vor der Reformation, Stuttgart 1967; Bernd Moeller, Frömmigkeit in Deutschland um 1500, ARG 56 (1965), 22. 50 Besonders auffällig ist es, daß in seiner Sterbetrostschrift ,Von der Nachfolgung’ die Sterbesakramente überhaupt nicht erwähnt werden. Siehe oben mit Anm. 31. Vgl. Endriß, Nachfolgung (1978), 134–137.
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zwar als Folge der Edition des Gutachtens im Prozeß gegen den Augustiner Stephan Agricola. Zunächst vorweg: das bisher sogenannte zweite Gutachten ist erstens kein Gutachten und zweitens nicht von Staupitz. So entfällt die Grundlage für die Behauptung, Staupitz – nunmehr Abt von St. Peter in Salzburg – habe Luthers Anhänger als Ketzer bezeichnet51. Die Bedeutung dieser Prozeßschrift wie der Akten des betreffenden Inquisitionsverfahrens überhaupt – allesamt in diesem Jahrhundert nicht mehr benutzt – liegt vielmehr darin, daß sie das echte StaupitzGutachten von 1523, die ,Consultatio super confessione Stephani Agricola’, erst voll verstehbar macht52. Wenn Staupitz nämlich darin pauschal sagt, die Antworten des Inkulpaten zu Artikel 1 bis 17 seien der Substanz nach zu akzeptieren, so können wir die Bedeutung dieser Stellungnahme erst ermessen, wenn wir den Inhalt der Artikel, die mitsamt ihren Antworten verloren sind, rekonstruiert haben. Nachdem dies gelungen ist, können wir feststellen, daß Staupitz gegen eine erstaunlich weitgehende Kritik seines ehemaligen Ordensbruders an den Riten und Consuetudines der Kirche, z. B. an Seelgeräten, sowie gegen den Vorwurf, die Messe werde für Geld verkauft, keine wesentlichen Einwände hat. IV.
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Vielleicht stellt sich manchem nunmehr die Frage: wie weit kann man auf Denken und Handeln Staupitz’ noch den Begriff Reform anwenden? Man kann den Begriff verschieden fassen, er ist auch immer verschieden verwendet worden. Als Historiker habe ich aber zu beachten, was kompetente Z e i t g e n o s s e n als Reform, wen sie als Reformer angesehen haben. Staupitz war als Reformer allgemein anerkannt, in seinem Orden, bei den weltlichen und geistlichen Obrigkeiten, bei den stark ergriffenen Hörern seiner Predigten – bei den Humanisten, Patriziern und Künstlern der Sodalitas Staupitiana – sogar bei anderen Orden. So wurde er als Reformer und Pacificator zu einem Franziskanerkapitel nach Berlin gerufen53. Und dann habe ich die W i r k u n g zur Kenntnis zu nehmen. Damit kehre ich abschließend zum Ausgangspunkt zurück: Ordensreform und Reformation. Unbestritten hat Johann von Staupitz nach dem Verzicht auf institutionelle Reform doch durch seine spirituale Reformgesinnung die Angehörigen seiner Kongregation geprägt. Es waren Augustiner-Eremiten, vor allem aus der Observanz, welche dann die Reformation trugen und verbreiteten. Dies wird meist mit der Formel verbunden: es waren Luthers Ordensbrüder. Es scheint indes fraglich, inwieweit die Tatsache, daß – der keineswegs allen und vielen erst seit kurzem bekannte – Luther ein Ordensbruder war, in jedem Fall den Entschluß eines Augustiners, sich der ReZur Entstehung dieses wissenschaftlichen Irrtums siehe N.B. den Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 130 f. 52 Der entsprechend kommentierte Text der ,Consultatio’ N.B. ist jetzt von Dohna ediert in JvS 5 (2001); aktualisierte Reproduktion in diesem Sammelband S. 36–46. 53 Im Jahre 1511. Siehe Kolde, Congregation (1879), 253 f. 51
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formation zuzuwenden, entscheidend bestimmt hat. Als Erklärung für dies Phänomen, das ja eine längere innere Vorbereitung der dann für die Reformation Gewonnenen voraussetzt, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, daß die reformierten Augustiner in Deutschland annähernd zwei Jahrzehnte lang unter dem Einfluß der Ordensreform und der Reformtheologie ihres Generalvikars Johann von Staupitz standen. Ja, Staupitz selber hatte noch dafür gesorgt, daß Luther, sein Nachfolger in der Wittenberger Professur, auf dem Kapitel zu Heidelberg im April 1518 seine angefochtene Theologie entfalten konnte. Und, wie wir erst seit kurzem wissen, hat er auch nach seinem Rücktritt vom Ordensamt trotz manchen Vorbehalten die Lehre Luthers nicht öffentlich zurückgewiesen oder gar deren Anhänger für Häretiker erklärt54. Vielmehr konnte Stephan Agricola dank der nachsichtigen Stellungnahme Staupitz’ sein Gefängnis verlassen und als reformatorischer Prediger an verschiedene Orte, unter anderem nach Augsburg gehen. So konnte die reformatorische Bewegung vielen Augustinern als legitime Fortsetzung der Reformbestrebungen ihres langjährigen Ordensoberen erscheinen55. Worauf aber beruhte diese Wirkung? Bei Staupitz ist die Reform der Theologie mit der des christlichen Lebens eng verbunden; die eine bezieht aus der anderen ihr Recht und ihre Kraft. Aus dem Scheitern der institutionellen Reform erwächst die Erkenntnis, daß die universelle Erneuerung die individuelle voraussetzt. Nur die Selbsterkenntnis als Sünder kann zur Erneuerung des Christen aus dem Geist des Evangeliums führen, jenseits jeder gesetzlichen Erfüllung der Ordens- wie auch der Christenpflichten. Die Reform der Predigt und der Seelsorge dient dem Glauben, dem völligen Vertrauen auf den barmherzigen Gott, der den Sünder rechtfertigt, nicht den Gerechten. Sie befreit von der Selbstbezogenheit und verweist auf Christus und seine Wunden. So macht sie den Christen mündiger, die Vermittlung durch Priester und Anstaltskirche verliert an Notwendigkeit. Das ist Reform, die eine wesentliche, weil qualitative, Wendung zur Reformation hin darstellt. Es kommt dabei nicht so sehr auf Einzelheiten der Lehre an als auf die Gesamttendenz, auf die richtunggebenden Akzente. Es wäre unhistorisch, Siehe oben mit Anm. 51 u. 52. – N.B. Das einfache „nach Augsburg“, das im nächsten Satz ursprünglich hier stand, war missverstehbar; Näheres siehe in der Gesamt-Einleitung zum Beitrag „Das Häresieverfahren ...“ bei und mit Anm. 111–113 (in diesem Sammelband S. 17). 55 Der Augustiner F. X. Martin (wie Anm. 11) knüpft ähnliche Erwägungen an die intensiven Reformbemühungen im Augustinereremiten-Orden, die er allerdings hauptsächlich als Verdienst des Ordensgenerals Aegidius von Viterbo sieht. Soweit Martin, Augustinian Order (1967), 103 f. Für die deutschen Augustiner war indes Staupitz die prägende Persönlichkeit, zumal er die Wendung zur Reform der Theologie vollzogen hat und als Freund und Lehrer Luthers sichtbar in Erscheinung trat, im Gegensatz zu dem fernen General mit seiner platonisierenden Renaissance-Theologie und seiner Ablehnung Luthers. Treffend sagt Martin abschließend: „The fact that an appreciable number of Augustinians took the side of the Protestant reformers has hitherto been interpreted by Catholic historians as a proof of the decadence of the Augustinian order. In this oecumenical age the problem may be now seen in a different light.“ 54
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Staupitz’ Bedeutung für die sich vorbereitende reformatorische Bewegung deswegen zu unterschätzen, weil seine Theologie nicht die gleichen Doktrinen ausgebildet hat, wie es Luther auf dem Höhepunkt seines Wirkens tat. Wohl niemand aus Staupitz’ Generation ist bis zu diesem reformatorischen Durchbruch gelangt. Aber es wäre ebenso unhistorisch, Staupitz, weil er keinen ausdrücklichen Bruch mit der Kirche seiner Zeit und ihrer Lehre vollzogen hat, weil er die Reform innerhalb der Kirche wollte – wie ja lange Zeit Luther auch – einfach in die Schar der Zeugen einer unangefochtenen Katholizität einzureihen, wo er dann leicht als eines der schwächeren Glieder erscheinen könnte. Es ist kein Zufall, daß gerade Außenseiter beider Konfessionen, die weniger an einer Abgrenzung der Lehre interessiert waren als an den Fragen des christlichen Lebens, daß die ’Stillen im Lande’, Mystiker und Erweckte das Erbe Staupitz’ bewahrten und seine „geistreichen Büchlein“ in immer neuen Auflagen bis ins 19. Jahrhundert verbreiteten56. Staupitz selbst aber bleibt den Mitlebenden ein Mahner, den Nachlebenden ein Zeuge für jene „unvollendete Reformation, welche ohne Zerschlagung der Einheit die Erneuerung von einer biblisch-augustinischen Reform an Haupt und Gliedern erwartete“57. 58
Vgl. N.B. den Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 132 f. 57 Oberman, „Zum Geleit“ (wie Anm. 3), IX. 58 N.B. Beachtung fand diese Studie bei Posset, FR (2003), 117 mit Anm. 228. 56
Die Reue Christi. Zum theologischen Ort der Buße bei Johann von Staupitz* Von Lothar Graf zu Dohna und Richard Wetzel** Das Jubiläum der Erzabtei St. Peter zu Salzburg, mitsamt der Ausstellung1 aus diesem Anlaß, hat Johann von Staupitz, Abt von 1522 bis zu seinem Tode 1524, besondere Beachtung zuteil werden lassen. Der wichtige Festschriftbeitrag von Johann Sallaberger2 hat die Bedeutung Salzburgs für Staupitz’ Biographie3 neu zeigen können. Die Erschließung bisher unbekannter Quellen führt dabei zu qualitativen Korrekturen an dem bisherigen Bild. Neu bestimmt werden konnten vor allem Grund und Zeitpunkt seines ersten Kommens. Verdeutlicht werden konnte, daß er nach seinem Amtsverzicht als Generalvikar der reformierten AugustinerEremiten nicht von Kardinal Matthäus Lang gerufen wurde, sondern sich an einen Ort langjährigen Wirkens zurückzog, wo er wohlgelitten war, nicht zuletzt in St. Peter. Auch für die Überlieferung der literarischen Hinterlassenschaft Staupitz’ kommt Salzburg – mit den dort bewahrten Handschriften4 – besondere Bedeutung zu. Allerdings hat die bisherige Forschung weder für einen genü genden Zugang zu diesen Texten gesorgt5, noch die Auswertung über gelegentliche Ansätze hinaus * N.B. Erstdruck: SM 94 (1983), S. 457–482. Die dortigen Seitenzahlen werden hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen ist identisch (die überlangen Anm. 40 und 50 sind lediglich aufgeteilt). Ihr Inhalt ist bei Bedarf aktualisiert. In den Literaturangaben werden Kurztitel verwendet; s. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur. – Beachtung fand diese Studie bisher nur bei wenigen Autoren; Näheres siehe Anm. 142. ** Diese Studie ist Ausdruck des Dankes für die Hilfe, die den Herausgebern und Mitarbeitern bei der Edition von Johann von Staupitz’ Sämtlichen Schriften in der Erzabtei St. Peter und ihrer Bibliothek zuteil wird. 1 Sallaberger, Katalog 1982, S. 91–97 und Nr. 304–326. 2 Sallaberger, SM 1982, S. 218–269, N.B. fortgesetzt SM 1992, S. 87–188. 3 Zu seiner Biographie allgemein vgl. N.B. den Beitrag „Johann von Staupitz – Leben, Werke, Wirkung und Forschungsgeschichte (bis 1978)“, in diesem Sbd. S. 125–137, bes. 125–132. 4 Einen Überblick über die in den Codices von St. Peter und Nonnberg enthaltenen PredigtZyklen siehe N.B. im selben Beitrag (wie Anm. 3), Anm. 15 u. 27 (in diesem Sammelband S. 127 f. und 129 f.). 1982 erschien Hayer, Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. – N.B. Zu neuesten Neufunden bisher unbekannter oder jedenfalls nicht Staupitz zugeordneter Texte durch Gerold Hayer s. Anm. 283 des Beitrags „Edition und Forschung seit 1979“ in diesem Sbd. S. 330. 5 Von 71 ganz oder teilweise erhaltenen Predigten und zwei Gruppen von Predigtstücken aus insgesamt elf Salzburger Zyklen waren lange lediglich zwei + fünf und eine einzelne Predigt gedruckt. Vgl. im Abschnitt „Editionsstand“ in JvS 2 (wie Anm. 3), S. 15–16. N.B. Inzwischen als Vorabdruck vorliegend: (Zwölf) Salzburger Predigten 1512, hg. v. Wolfram Schneider-Lastin, 1990; ferner (sechs) Salzburger Predigten 1520 in engl. Übersetzung durch Rudolf Markwald, A Mystic’s Passion, 1990.
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gefördert6. So konnte der Eindruck entstehen, als wären diese von St. Peterer Nonnen in unbeholfenem Deutsch nachgeschriebenen Predigten eine wenig ergiebige Quelle für seine Theologie. Würde eine solche Einschätzung nicht einmal den späten Predigt-Zyklen aus den Jahren 1518 bis 1523 gerecht, so würde sie umso mehr die besondere Stellung der Fastenpredigten von 1512 verkennen. Sind sie doch geeignet, den nicht ohne Grund beklagten Quellenmangel7 für die Jahre des entscheidenden Einflusses auf Luther wenigstens teilweise zu beheben. Ohne sie würde die Lücke, die zwischen dem Frühwerk der Tübinger Predigten und den Schriften der reifen Zeit8 klafft, von 1497/98 bis 1515 reichen. Nahezu alle Schriften des Augustiner-Theologen sind aus Predigten hervorgegangen. Doch im Unterschied zu den für den Druck bearbeiteten, aber auch zu den als Buchpredigten konzipierten akademischen Tübinger Predigten, sowie den auswählend redigierten Nürnberger Predigtstücken (1517), wird im Zyklus von 1512 greifbar, wie Staupitz wirklich vor dem Volk – in diesem Falle in der Salzburger Stadtpfarrkirche – gepredigt hat9. Ungeachtet der volkstümlichen Sprache mit ihren das Gefühl der Hörer weckenden Anreden und Einwürfen sind die Passionspredigten von 1512 überraschend theologisch. Dies hat freilich auch dazu beigetragen, daß sie von den Nonnen unvolkömenlich geschriben sind aus krankhait (= Schwachheit) der sinn und gedächtnüß10, wodurch das Verständnis häufig er6
Die Predigten von 1523 hat schon Theodor Kolde, Congregation (1879) nach ihrem wesentlichen Inhalt und auf Staupitz’ Salzburger Phase bezogen vorgestellt (S. 335–344). Seiner Auffassung widersprach Nikolaus Paulus, Staupitz (1891) (S. 309–346). Ernst Wolf, SuL (1927) hat erstmals alle Salzburger Handschriften verzeichnet, jedoch nur anhangsweise eine Reihe von Exzerpten (mit besonderem Nachdruck auf 1512) abgedruckt, ohne sie eigentlich auszuwerten (S. 275–284). Am weitestgehenden verwendet David C. Steinmetz, MD (1968) Zitate aus den Salzburger Texten, wobei sie – der von ihm gewählten Methode entsprechend – nicht in ihrem Zusammenhang behandelt werden. 7 So Reinhard Schwarz, Bußtheologie (1968), S. 150 mit Anm. 2. Die Predigten von 1512 sind ihm durch Wolf, SuL bekannt. Er schreibt ihnen einen „geringeren Quellenwert“ zu als den Nürnberger Predigtnachschriften (s. u. Abschn. II) – vermutlich wegen der Demutsformel der Schreiberin (siehe das Folgende mit Anm. 10) – und benutzt sie demzufolge nicht. 8 Zu Staupitz’ Lebzeiten oder postum im Druck erschienen: 1515 Von der nachfolgung des willigen Sterbens Christi; 1517 De exsecutione aeternae praedestinationis, gleichzeitig: die Verdeutschung dieser Schrift von Christoph Scheurl; 1518 Von der lieb gottes; 1525 (postum) Von dem heiligen rechten christlichen glauben. 9 Im wesentlichen ungekürzt sind außer den Predigten von 1512 nur noch die von 1523, die jedoch nicht vor dem Volk, sondern in der Krankenstube und im Refektorium für die Petersfrauen gehalten wurden. 10 So im Kolophon der schreiberin, Cod. St. Peter b V 8, fol. 58v. – Für die Salzburger Predigten 1512 und 1520 benutzen wir den von Wolfram Schneider-Lastin für Staupitz, Sämtliche Schriften vorbereiteten Text, von dem N.B. die Salzburger Predigten 1512 separat gedruckt (vgl. Anm. 5), die von 1520 in einem unveröffentlichten Stehsatz vorliegen. Eine nähere Charakterisierung der Salzburger Predigten 1512 N.B. bietet seine Einleitung im Separatdruck, S. 3–15.
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schwert wird. Nach den notwendigen Einzel- und Zusammenhangsinterpretationen ergibt sich indessen das imponierende Bild einer christologisch begründeten Gnadentheologie. Darin konzentriert sich das Leiden des Gottmenschen in zwei Brennpunkten, Golgotha und Ölberg, den Orten der Satisfaktion und der Reue Christi. I. Gleich zu Beginn der S a l z b u r g e r F a s t e n p r e d i g t e n v o n 1 5 1 2 stellt Staupitz Christus in die Mitte, wobei er dessen Erlösungstat in den beiden Bildern vor Augen führt: Christus als Sieger über den Tod und als leidender Gottesknecht. In beiderlei Gestalt Grund, die Zuhörer zur Freude aufzurufen. Kain mensch wird recht enpfänklich der süessichait in der betrachtung (des Leidens Christi), es sei dann, das er durch den l e i b Christi gee und in (= ihn) ganz und wol beschau, und köm darnach zu der s e l , und weiter durch die sel gee und köm zu der g o t h a i t (= göttlichen Natur)11. Diesem dreigliedrigen Meditationsschema liegt die christologische Doktrin der hypostatischen Union zugrunde, die der Prediger im folgenden seinen Hörern in strenger Formelhaftigkeit zumutet12. Das erstaunt umso mehr, als Staupitz in seinem theologischen Hauptwerk ,De exsecutione aeternae praedestinationis’ über den Umgang mit dieser Doktrin sagt: admirantur theologi unionem hypostaticam divinae naturae cum humana, immortalitatis cum morte, impassibilitatis cum dolore. Ego admiror coniunctionem summae misericordiae cum summa miseria13. Damit wird natürlich nicht das christologische Dogma infrage gestellt, es wird vielmehr die bloße ontologische Spekulation dem soteriologischen Kerygma unmißverständlich nachgeordnet14. So ist auch in den Salzburger Predigten 1512 die Unterscheidung dreier Wesenheiten in der gottmenschlichen Person nicht Selbst11
Salzburger Predigten 1512 (hinfort: SbPr 1512), 1, 18–21 (= fol. 2v). Da diese, für das Verständnis des Meditationsschemas (vgl. Wolfs Formulierung unten in Anm. 21) grundlegende, Stelle in Wolfs Exzerpten (vgl. Anm. 6) fehlt, konnte das Schema als Ganzes Steinmetz, MD entgehen. Zwei kürzere Teilstücke (Wolf, SuL 279, Abs. 3, Z. 6–14, 14–18) aus diesem Text erscheinen außerhalb ihres Zusammenhangs bei Steinmetz, MD, S. 165 in Anm. 6 und S. 141 in Anm. 4. 12 Die götlich perschon (= Person) hat drei natur – ainen leib, ain leben (= eine Seele) und ain gothait –, die veraint hat leib und sel mitainander und gibt ain frölich wesen (= seliges Sein, im Sinne eines frui deo), und ist doch nur ain perschon. SbPr 1512, 1, 21–24. Das auffällige drei natur ist die Wiedergabe von tres essentiae, so Ludolf von Sachsen, Vita Christi 1, 5, 25 (I 43a, ed. Louis-Marie Rigollot, Paris 1878), zur Stelle zitiert von Schneider-Lastin (wie Anm. 5). Von drei natur in diesem Sinne spricht Staupitz auch in SbPr 1523, Cod. St. Peter b II 11, Pr. 3, fol. 27r. 13 De exsecutione § 64. Text nach unserer Edition in: JvS 2, S. 150/151. 14 Dementsprechend fährt der Text fort: Admiror, inquam, et gratias ago, quia inde venit salus peccatori, inde processit gloria maxima salvatoris; inde deus suavis nobis factus est, inde peccator deo acceptus. Die Nähe zum Anfang von SbPr 1512 mit dessen Betonung von Barmherzigkeit (1,15), Dankbarkeit (1,11), Süßigkeit (1,12. 18), Heil (1,13) und Seligkeit (1,16 f.) ist deutlich.
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zweck, sondern dient dem Verständnis der inneren Vorgänge des Leidens Christi und damit der recht geordneten Meditation. Diese beginnt mit dem Betrachten der Marter des heiligen Leibes, wobei der Begriff der Betrachtung im engeren Sinne hier auf diesen ersten Schritt beschränkt bleibt. Er führt zum M i t l e i d e n im Herzen15. Hierbei soll der Mensch nicht stehenbleiben, sondern hindurchgehen zur Seele Christi. In ihr gewahrt er den vollkommenen Gehorsam und betet um die Gabe der N a c h f o l g e 16. Auch hier wird er aufgerufen nicht stillzustehen, vielmehr durch das Leiden der Seele hindurchzudringen und zu schauen, ,was die Göttlichkeit dazu tue’. So findet er als Quelle für das Leiden des Leibes und den Gehorsam der Seele die Barmherzigkeit Gottes. In dessen Liebe und Gnade erkennt er die eigene Feindschaft (nach Rm 5, 8–10) gegen Gott und die Unmöglichkeit, dies alles zu verdienen: Da fleust es heraus, da ist nichts dann parmherzikait. So ist es unmöglich, daß der Mensch das Leiden Christi recht betrachtet, ohne mehr F r e u d e als Trauer zu haben. Mitleiden ist im leib, nachfolgen ist in der sel, freid in der gothait17. Es wäre voreilig, in diesem Aufriß einseitig ein Aufstiegsschema zu sehen. Schon das Bild von der Nuß18, in welcher der Kern der Süßigkeit verborgen liegt, weist auf ein Durchdringen von außen nach innen19. Vor allem aber er folgt auf der – im Bilde des Aufstiegs gesprochen – höchsten Stufe die Rückwendung zur Selbsterkenntnis des Menschen als Sünder und Feind Gottes. Somit wird als Frucht20 des Leidens, als wesentliche Wirkung der Betrachtung, die Reue sichtbar. Es handelt sich also nicht um ein unumkehrbares Aufsteigen, das die Sphäre des Leibes und die der Seele – und damit die geschichtliche Realität sowohl des Leidens Christi wie die der unvollkommenen Nachfolge des Christen – hinter sich lassen könnte, etwa „mit dem Ziel eines Eingehens in die Gottheit“21. Unmittelbar 15
Vgl. SbPr 1512, 1, 24–35 (= fol. 2v–3r). Vgl. SbPr 1512, 1, 35–41 (= fol. 3r). 17 Vgl. SbPr 1512, 1, 42–49. 55–57. 64 (= fol. 3r–3v). 18 So ausdrücklich schon Tübinger Predigten 11,1,3 (Ed. B/W, 1927, S. 92, Z. 25–27; N.B. inzwischen vorliegend in JvS 1 (1987), hier TüPr 11, Z. 403–405: JvS 1, S. 200). 19 Das ausser gesicht oder pild des leiden, das zaigt dir an das leiden Christi, die betrachtung der sel macht dirs fruchtper, in der gothait ligt der keren der süessikait verporgen. Es ist teuf (= tief) ... im prunn der parmherzikait. SbPr 1512, 1, 71–74 (= fol. 3v/4r). Vgl. SbPr 1512, 6, 160–162 (= fol. 28v/29r): so fint ir im leib pitrikait (= Bitterkeit) des leiden, in der sel ligt die hert schal: den väterlichen willen volpringen, in der gothait den kern der süessikait und erparmung. 20 Vgl.: Siech, ... was nutz und frucht dir aus dem leiden kümbt. SbPr 1512, 1, 54 f. 21 Wenn Wolf, SuL, S. 278, unter dem Stichwort Staupitz als Mystiker von einer „Anleitung zu dreistufiger“ [!] „Meditation mit dem Ziel des Eingehens in die Gottheit“ spricht, so trifft er den Sinn der gemeinten Quellenstelle nicht. Sie lautet in ihrem Kontext: Smeckst du es alain, als (= wie) es aus dem leichnam (= Leib) hie ist, so ist es ain pitter ding: siechstu es aber an, als es aus der sel hie ist, so iss (= ist es) lustig (= angenehm); aber geestu ein in di gothait, so iss das allersüessist ding. SbPr 1512, 1, 58–61 (= fol. 3v). Wolfs Wiedergabe von gothait = göttlicher Natur (Christi) durch „Gottheit“ ist irrefüh16
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nach dem Höhepunkt der Betrachtung, der Versenkung in die Göttlichkeit Christi, kann Staupitz erneut zum nachfolgen aufrufen: Er hat geliten, das wir auch leiden, er hat gestritten, das wir auch streiten 22. Auch die Reue des Menschen ist, wie in der übernächsten Predigt ausgeführt wird, Nachfolge: Christi Reue ist Vorbild und Ermöglichung der Menschenreue. In der dritten Predigt führt Staupitz seine Hörer zum Ölberg. Zunächst fällt auf, wie stark er, noch vor der Betrachtung der eigentlichen Gethsemani-Szene, die Bedeutung des Geschehens an diesem Ort und in dieser Nacht betont, es geradezu als Parallele, wenn nicht gar als Überbietung des Golgotha-Geschehens darstellt. So heißt es zum Willen Christi, sich selbst den Tod aufzubürden: der (= dieser) tod ist herter dann der tod am kreuz23. Die Aufforderung an Abraham, zur Opferung des Isaac auf den perg zu gehen, wird vorbedeutend auf den Weg zum Ölberg bezogen; ja es wird sogar, um der typologischen Entsprechung willen, dem Isaac zugeschrieben, das er sich willichlich selbs für das opfer dargab24. Auch das traditionell dem Kreuz zugeordnete Bild der Kelter25 findet sich hier im Ölberg-Kontext. Christus wird angeredet: du wild die press (= Kelter) alain tretten (vgl. Is 63,3), so hert und streng, das pluet mues aus dir prest werden26, womit der Blutschweiß (nach Lc 22, 44) gemeint ist. Die Vor stellung von der Kelter ist durch die Etymologie Gethsemani = (Öl-)Kelter vermittelt27. Hugo Cardinalis gibt die Auslegung: villa Gessemani est poenitentia. Interpretatur enim torcular, quia sicut torculari compressis vinaciis vinum exprimitur, sic in poenitentia ... vinum compunctionis28. Es ist deutlich: die Kelter – von Christus sowohl getreten als auch auf ihn gelegt – ist eine Chiffre für die Reue Christi. Ihn läßt Staupitz sprechen: Ich hab aller welt sundt in mich gezogen und für ir aller wee, reu und truebnüß wil ich in dieser nacht püessen und bereuen alles, das all menschen tan haben ... , ja, und obs (= wenn es) müglich wär, all menschen, die auf erd ir sünd nit bereuen29. rend. Eingeen ist mit „eingehen“ mißverständlich wiedergegeben; es ist hier synonym zu sich einsenken und zu den anderen Vokabeln der Betrachtung. Seine scheinbar textnahe Formel kann kaum anders als im Sinne einer pantheistisch aufzufassenden unio mystica verstanden werden. 22 SbPr 1512, 1, 62 f. 23 Vgl. SbPr 1512, 3, 15 f. (= fol. 10v). 24 Vgl. SbPr 1512, 3, 30–38 (= fol. 11r–11v). 25 So Staupitz selbst SbPr 1523 (wie Anm. 12), Pr. 10, fol. 85v–88v, wobei das Kreuz als Kelterbaum erscheint (87r). 26 SbPr 1512, 3, 43 f.; vgl. 4, 58 f.: Auf dich alain ist die press gelegt. 27 Staupitz macht gern allegorischen Gebrauch von solchen Etymologien, z. B. in dieser Predigt (3, 19 f.): Der flus Cedron haist ain unutzer smerzen (Hugo Cardinalis (wie Anm. 28) zu Io 18, 1: tribulatio), darüber pistu gangen; oder SbPr 1523, 3, fol. 29r: Bethlehem = Brothaus. Die Etymologie auch von Gethsemani dürfte ihm also geläufig gewesen sein. 28 Hugo Cardinalis, Postilla, moraliter zu Mt 26, 36 (Köln 1621), zur Stelle zitiert von Schneider-Lastin (wie Anm. 5).
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Wenn hier von wee, reu und truebnüß der Menschen gesprochen wird, könnte man die Frage stellen, ob Reue überhaupt terminologisch gemeint sei; denn der Bedeutungsumfang des frühneuhochdeutschen reu würde auch ein Verständnis mehr im Sinne des zugefügten als des empfundenen Schmerzes erlauben30. Indes läßt der Zusammenhang keinen anderen als den spezifisch theologischen Sinn des Wortes zu. Wenn es im letzten Satzglied darum geht, die Taten aller der Menschen einzubeziehen, die ihre Sünde nicht bereuen, so kann im ersten Satzglied nur von den Menschen die Rede sein, die über ihre Sünden Reue empfinden. Die Verbindung von reu mit wee und truebnüß entspricht einem auch sonst bei Staupitz zu beobachtenden Sprachgebrauch, der den Schmerz-Charakter der Reue im Gegensatz zu einem bloßen Ungeschehen-machen-wollen betont31. Die Reue Christi – das ist nunmehr evident – ist Reue im strengen Sinne des Wortes. Christus, zweiter Adam und Gottesknecht32, hat die Sünde der ganzen Welt (vgl. 1 Io 2, 2) auf sich geladen und will in dieser Nacht für die Reue und den Schmerz aller Menschen ,büßen’ und damit ,bereuen’ alles, was alle Menschen getan haben33. Diese stellvertretende Reue umfaßt vir tuell sogar die Sünden der nicht bereuenden Menschen, denen sie faktisch allerdings nicht zugute kommt. (Beispiel hierfür ist Judas, dem der reuige Petrus gegenübergestellt wird34). Staupitz läßt Christus fortfahren: So wil ich alain auf dise nacht also leiden, das ich nit alain der gerechtikait genueg wil tain (= tun), sunder auch der parmherzikait genueg tue. Der Prediger setzt hinzu: Das leiden, das die parmherzikait warcht (= bewirkte), ist tausentmal grösser gewesen dann das leiden, das die gerechtikait warcht. Wann (= Denn) nach der SbPr 1512, 3, 59–62 (= fol. 12r). Die Interjektion O mein got, wie geet es dir! ist hier der Übersichtlichkeit wegen weggelassen. 30 Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch 8, 831 ff. 31 So in Nr. 1 der unten in Abschn. II behandelten Nürnberger Predigt- und Lehrstücke: bei Anm. 75. 32 Auf Rm 5,12 ff. und Is 53, 6 wird angespielt: SbPr 1512, 3, 54–56. 33 Vgl. Thomas von Aquin, der vom dolor Christi, immerhin indirekt auch von seiner contritio spricht: doluit ... pro peccatis omnium aliorum. Qui dolor in Christo excessit omnem dolorem cuiuslibet contriti. ... quia ex maiori sapientia et caritate processit, ex quibus dolor contritionis augetur. Summa theologiae III q. 46, art. 6, ad 4. 34 SbPr 1512, 4, 96–99 (= fol. 17r): Ich siech ainen klainen unterschait in der sünd zwischen Petrus und Judas: Paid heten si swarlich (= schwer) gesündt, ainer verlaugent, der ander verkauft, dann (= außer) das Petrus widerkert zum herrn mit reu und Judas pelaib in seinen sünten und verzagt (hier = verzweifelte). Aber der herr hat in dem allen unser hail gewürcht, er hat wellen verraten und verlaugent werden; darumb hat ers verhengt (= zugelassen). Alle geschehne ding sol man zum pesten kern. Darumb wolt ich auch Judas sein sach geren und wol in das pest kern, hiet er sich bekert und nit verzagt. SbPr 1512, 4, 127. 129–132 (= fol. 17v/18r) nennt Christus Judas Freundt: Küm, ich wil dich noch (= dennoch) gern zu ainem freundt haben. O Judas, ... Hietstu ... reu, er näm dich noch auf, wann (= denn) er nent dich freunt. 29
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gerechtikait, so war genueg gewesen das leiden, das der herr an dem minsten gelid erliten hat. Ain ainig leiden der parmherzikait ist grosser dann alle leiden der pein oder marter35. Will man nicht die Gegenüberstellung von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in Verbindung mit Genugtuung aus dem besonderen Reue-Christi-Zusammenhang lösen und als Beitrag zur nach-anselmischen Diskussion der Rahmenvorstellung der Erlösung überhaupt auffassen36, muß man den Unterschied der beiden Arten des Leidens aus dem Kontext herausarbeiten. Das eine Leiden tut der Gerechtigkeit genüge, es bewirkt Gerechtigkeit bzw. – was in der Denkfigur der Zweckursache gleichbedeutend ist – wird von ihr bewirkt. Da es, auch ,am geringsten Gliede’ geschehen, genügend wäre, ist es als leibliches Leiden zu verstehen, weshalb es auch als ,Pein oder Marter’ bezeichnet wird. Demgegenüber meint das ,Leiden der Barmherzigkeit’ offenbar ein inneres, das sich einmal in den Überbietungsformeln, zum anderen in dem Nachdruck auf dem ,heute nacht’ konkret als das Leiden am Ölberg erweist. Dies bestätigen auch die folgenden Sätze. Christus spricht: Mein himlischer vater hat mich vil herter peinigt dann die Juden. Alle hellische pein oder leiden37 haben heint (= heute nacht) mein herz töd (= getötet) also. Der Prediger fährt fort: O frei dich, das pluet truckt alle parmherzikait heraus. ... O wie gar ain unaussprechliche pueß ist das, da sich der allerliebste got von im (= sich) selbs hat geschiden. Da Jesus alain ist gewesen und wolt würchen das hail aller menschen, das erfadert (= erforderte), das sich got von im (= sich) selbs schied und gab seinen leib in pein, sein sel in trauren, da der ganz mensch zu got solt werden38. Das höchste Leiden, ,unaussprechliche Buße’, ereignet sich in dem Augenblick, ,da’ sich der Gottmensch ,von sich selbst’ – oder: ,der göttliche Geist sich von der Seele’39 – ,geschieden hat’. Dieser Akt des ,Ausgehens von allem, was menschlich 35
SbPr 1512, 3, 62–69. Hiermit erst setzen (von der Angabe des Themas abgesehen) die Exzerpte der dritten Predigt bei Wolf ein. Das Fehlende ist infolgedessen auch bei Steinmetz nicht behandelt. 36 So Steinmetz, MD 142 mit Anm. 1. 37 Vgl. Ps 17,6. Zur Erklärung vgl. SbPr 1520, Pr. 1, Cod. St. Peter b V 8, fol. 84r: Das hat auch muessen sein, das er in die hellischen leiden käm, ... Nun ist das götlich urtail ... , das ain iede todsündt sol mit ewiger verdampnüß gestraft werden. Hat dann dein freuntlicher Jesus all unßer todsünd auf sich genomen, so hat er auch di hellisch pein muessen leiden; ... oder wir waren (= wären) sunst nit volkömenlich erlöst. 38 SbPr 1512, 3, 71–79 (= fol. 12v). – Mit pluet ist der Blutschweiß gemeint. Abweichend von der klar lesbaren Handschrift, vielleicht als Korrekturversuch des nicht korrekturbedürftigen Textes, Wolf 280: O frey dich des pluet, truck ... heraus. Von Steinmetz, MD 143, Anm. 3, übernommen. Die Auffassung der bei Anm. 38 zitierten Stelle durch Steinmetz (MD 143 mit Anm. 3) ist unhaltbar: „Gott“ (als Vater verstanden) habe sich von „ihm“ (nicht als reflexiv erkannt und daher auf den Sohn bezogen) geschieden, und zwar am Kreuz. 39 SbPr 1512, 3, 119 f. (= fol. 13v) bezogen auf den Trost des Engels in Gethsemani: Da
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an ihm ist’40 40a, der Akt der Preisgabe also des ,Leibes in die Pein’ und der ,Seele in die Trauer’, ist nicht nur Vollzug des Leidens Christi, sondern zugleich dessen Ermöglichung: ,erfordert’ ist er nicht nur im Sinn heilsgeschichtlicher necessitas41, sondern auch ontologisch, weil in ihm die Leidensfähigkeit des Gott-Menschen überhaupt erst hergestellt wird. Soteriologisch bedeutsam ist für Staupitz besonders die Leidensfähigkeit der Seele. Erst jetzt läßt sich voll erkennen, daß der Ausspruch Christi, den Staupitz, der Erzählung vorgreifend, der dritten Predigt vorangestellt hat, der Leitgedanke derselben ist: Mein sel ist betriebt pis inn (= in den) tod42. Den ,Tod’ nimmt er dabei ganz ernst, weshalb er sagen kann: der (= dieser) tod ist herter dann der tod am kreuz. Der himlisch vater hat dir das herz abgestochen43. Am Kreuz wurde der Leib getötet: Scheidung der Seele vom Leib; am Ölberg erleidet die Seele den Tod: Da schied sich der götlich geist von der allerheiligisten sel mit ganzer verwilligung zu sterben44. So kann von Christus gesagt werden, daß er in dieser nacht im garten gestorben ist45. Dieser freiwillige Tod der Seele Christi ist das genaue Gegenstück zum mutwilligen Seelentod des Sünders, wie ihn Staupitz bei Augustin gelehrt fand46. schied sich der götlich geist von der allerheiligisten sel. Ähnlich schon in der „Vorrede“ (ein Satz daraus bei Wolf, SuL 280), ebd. 3, 4–6. 8–10: Kain grössers leiden ist, als da sich Christus von im (= sich) selbs geschaiden hat. ... da sich der geist Christi von der sel schied. 40 SbPr 1512, 3, 79–81: Spricht der herr: Heut an dem tag wil ich auch ausgeen von allem dem, das menschlich an mir ist. Während Staupitz mit diesem Ausdruck den Akzent auf die menschliche Natur im Unterschied zur göttlichen legt, bezieht er die „Scheidung“, sofern er terminologisch von ihr redet, auf Geist und Seele. 40a Außer diesem Begriffspaar erscheinen bei dem Reden unter ontologischem Aspekt auch andere termini der scholastischen Behandlung der Leidensfähigkeit wie essentia und potentiae animae sowie die Formel permittere agere et pati propria (vgl. Thomas v. Aquin, Summa theologiae III, q. 46, art. 6–8): mein herr, ... du (hast) die kreft der sel und all sinn ... dem vater übergeben. Antwurt: Nichts in der natur laß ich begern noch würchen des iren. SbPr 1512, 3, 81–84. Vgl. SbPr ohne Jahr, Cod. Nonnberg 23 E 16, fol. 3r: Di drei kreft der sel: willen, verstäntnus und gedächtnus, ... zuegeaigent dem geist; bei Steinmetz, MD 61 Anm. 2. – Daß der Wechsel des Ausdrucks einem Wechsel des Aspekts entspricht, zeigt besonders deutlich SbPr 1512, 12, 71–73. 84–100 (= fol. 52v/53r, 53r–53v): Nach ausführlichem und korrektem Referat der scholastischen Verteilung von fruitio und passio auf obere und untere Seelenkräfte geht Staupitz, zum theologischen Aspekt wechselnd, unvermittelt auf das Begriffspaar menschait und gothait über. 41 Vgl. De exsecutione § 22, dort belegt mit Lc 24, 44. 46. 42 Mt 26, 38; Mc 14, 34: SbPr 1512, 3, 2 (= fol. 10v). 43 SbPr 1512, 3, 16 f. (= fol. 10v/11r); vgl. oben mit Anm. 23. 44 SbPr 1512, 3, 119 f. (= fol. 13v); vgl. oben Anm. 39. 45 SbPr 1512, 3, 143 (= fol. 14r). 46 Vgl. Augustinus, De civitate dei 13, 2 und 12 (CChr 48, 385 f. 394 f.) in Nachfolgung (wie Anm. 8), Kap. 2 (Knaake, 1867, S. 53, Z. 20 ff.). Der antithetische Parallelismus wird besonders schön sichtbar in SbPr 1523, 19, fol. 176r, anschließend an die in Anm.
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Das Geschehen in Gethsemani wird auch folgendermaßen ausgedrückt: armer sünder! Wie hat sich der vater dein erparmt, das er seinen sun verlassen hat. Auch der sun hat sich selbs verlassen, umb deinen willen (= deinetwillen) ist der prunn der parmherzikait ausgegossen47. Diese Gelassenheit48 – Verlassensein und Sichselbstverlassen zugleich – erlaubt es Staupitz, Jesu Ausruf am Kreuz: Mein got, mein got, warumb hastu mich verlassen? (Mt 27, 46; Mc 15, 34) auf den Ölberg zurückzubeziehen49. Diese überraschende Deutung findet sich am klarsten in den Salzburger Predigten von 1520 ausgesprochen: Die (= diese) verlassung klagt er am kreiz, sagt: O mein got, mein got, wie (= wieso) hastu mich so gar (= ganz) verlassen? Dann (= denn) am kreuz was (= war) er nit verlassen, er rett (= redete) aber von der verlassung, die er let (= litt) am ölperg50 50a. Auch das Zusammenfallen von Verlassenheit und Reue Christi ist im PredigtZyklus von 1520 besonders deutlich. Am Kreuz vergewissert sich Christus rückblickend der Vollständigkeit und Vollkommenheit seines Leidens, ob sein herzenlaid grösser wär dann alles herzenlaid, vergangen, gegenwürtig und künftig: Ja, ain söliche reu und herzenlaid, das ich pin gewesen als (= so) gar (= ganz) ver114 und Anm. 117 zitierten Passagen: So di sel in todsunt felt, so muess si also (= dergestalt) sterben, das si sich vom geist gotes schaidt, und wirt ain zertrennung zwischen in (= ihnen), und so sich der geist gots von unserm geist schait, so ist er schon tod vor got, als wol als der leib todt ist, so di sel von im schait, ... . 47 SbPr 1512, 4, 62–64 (= fol. 16r). 48 Vgl. darumb wil ich gelassen sein und ganz gelassenlich. SbPr 1512, 3, 89. 92 (= fol. 12v). Zur Einzigartigkeit der Gelassenheit Christi (wobei Mt 27, 46 nicht auf den Ölberg zurückbezogen wird) vgl. das klassische Kapitel 12 in Nachfolgung (Knaake 80 f.). 49 Christus spricht: O himlischer vater, wie kan ich das herz verlassen, das all tugent in im (= sich) hat! Der Prediger fährt fort: Es mues sein, ... zu dem mues es (und zwar: jetzt) kömen, das du (dann) an dem kreuz muest schreien: ... . SbPr 1512, 3, 85–88 (= fol. 12v). 50 SbPr 1520 (wie Anm. 37), Pr. 1, fol. 84v. Vgl. fol. 84r: Christus sagt am ölperg zu seinen jungern ... : Mein sel is petriebt pis inn (= in den) tod, ja pis in den ewing tod. Da soltu nit versten, das er main den zeitlichen tod oder marter, dann derselb ist im da ain kindspil gewesen, aber er redt von dem tödlichen leiden. Dann da hat sich di gothait (= göttliche Natur) vor der menschait (= menschlichen Natur) so gar (= ganz) verporgen und ir nit peistant getan, als wär er nit gots sun, und ist so gar verlassen gewesen, das er auch di hell hat offen gesechen und am nachsten pei der verzweiflung ist gewesen, ja so nachent, wann er nur ainen grad (= Schritt) darein ferer (= weiter) kömen wär, so wars nit anders gewesen, dann sein menschait hiet (= hätte) verzweifelt und wär in die hell kümen (nach Ps 93, 17). 50a Diese Überbietung des Kreuzes durch das Ölberg-Leiden wirft auch Licht auf die oben in Anm. 40a zitierte Stelle aus SbPr 1512, 3 über die kreft der sel. Wenn Staupitz Christus am Ölberg von ihnen sagen läßt: Nichts in der natur laß ich ... würchen des iren, so negiert er damit, daß die scholastische Lehre vom Fortbestehen der fruitio während des Leidens (vgl. Thomas, wie Anm. 40a, art. 8, sed. co. und corp.) auch für die Verlassenheit am Ölberg gilt. – Weitere Traditionsbelege in Anm. 20 zu SbPr 1512, 12.
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lassen von got und aller creatur und geleich als (= gleichsam) wartund des urtail der ewigen verdamnüß; und hat sich di gothait (= göttliche Natur) als gar vor mir verporgen gehabt, als wär ich nit der sun gots. Da hab ich genuegsamlich pereut aller menschen sündt. Der Mensch spricht: O mein got, woltestu nit mein sündt pereut haben und aller menschen sündt, vergangen, gegenwürtig und künftig ... , wo wär mein reu? Wan (= Denn) ain iede volkömene reu fodert plueting swais, todsnot und den lesten grad (= Schritt), das ains nit mer vor im (= sich) hat dann den trit in die ewig verdamnüß (nach Ps 93, 17) und die verzweiflung. O mein got, wie ain klaine reu ist es umb mich (= bei mir), das ich ain missfallen umb mein sündt hab und traur darüber. So mir ainer ainen gülden ställ (= stähle), ich traurt leicht mer darumb dann umb mein sündt. Hietst (= Hättest) dus nit ausgericht, ach got, wo wolt ich hin! Christus antwortet: Nain, nain, fleuch nuer zu meinem herzenlaid und zeuchs in dich, so ist die sündt schon volkömen pereut51. Der theologische Sinn der Konzentrierung der Leidensbetrachtung auf den Ölberg als den Ort der Reue Christi wird nunmehr auch in seiner Bedeutung für den Menschen offenbar. Unfähig zu vollkommener Reue, wie sie allein dem Gottmenschen möglich war und von ihm in Blutschweiß und Todesnot ,ausgerichtet’ worden ist, bleibt dem Menschen nur, zu Christi Reue und Herzeleid Zuflucht zu nehmen und diese ,in sich zu ziehen’: so ist die Sünde schon ,vollkommen bereut’. Die Aneignung seiner Reue, zu der Christus hier mit den Worten zeuchs in dich auffordert, erscheint 1512 in das Bild von der Ehe Christi und der Seele52 gefaßt und findet – umgekehrt entsprechend – Ausdruck in der Bitte der Braut: Zeuch mich nach dir!53 Der Aufforderung im Text von 1520, seine Zuflucht zu Christi Reue zu nehmen, entspricht 1512 der Aufruf an die Seele: Mach dich aushin (= geh hinaus) inn (= in den) garten zu im, wann (= denn) er ist ganz alain!54 Der Garten von Gethsemani ist zugleich der Garten des Hohenliedes55. Der Seele, die Christus nicht ,hier’ sucht, wird gesagt: Lass dir laid sein, das du den vater also (= so sehr) belaidigt hast, so findestu in56. Wenn hier die eigene, von der Liebe zu Gott ausgehende57 Reue des Menschen als selbstverständlicher Bestandteil der Zuflucht zur Reue Christi gesehen wird, so darf das nicht als Leistung verstanden 51
SbPr 1520, 6, fol. 96v–97r. Die Vorstellung (nach Eph. 5, 23 ff.) vom matrimonium Christi et christiani hat in De exsecutione eine zentrale Bedeutung (Kap. 9). Es vermittelt die nostreitas der merita Christi. 53 Cant 1, 3: SbPr 1512, 3, 140 f. (= fol. 14r). 54 SbPr 1512, 3, 122 f. (= fol. 13v). 55 Vgl. Cant 5, 1: Veni in hortum meum ... , sponsa. 56 SbPr 1512, 3, 121 f. (= fol. 13v). Vgl. die ausdrückliche Frage der Seele mit den Worten von Cant 5, 6. 8: ebd. 3, 46 f. (= fol. 11v). 57 Siehe unten vor Anm. 76, bei Anm. 115 und nach Anm. 122. 52
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werden: die Seele bleibt eine gemaine, ellende, arme, haillose praut, die keinen ,Heller’ mit in die Ehe bringt, die erst der Bräutigam zirt58 und reich macht in allen güetern59. Der Ausklang der Ölberg-Predigt weist darauf hin, daß das Nachfolgen mit dem Gehen in den Garten Gethsemani, mit der reuenden Aneignung der Reue Christi, nicht zuende ist. Nachdem der Braut zugesprochen wurde, daß der – am Ölberg geschehene – Tod ihres Herrn ihr das Leben gebe60, betet sie in den Worten des Hohenliedes: Zeuch mich nach dir, in deinen wollüsten (= Freuden, Wonnen) wirt ich laufen61 und nit ruen. Der Prediger fährt fort: Dann lust dich nit in die sünd (= gelüstet dich nicht nach der Sünde), sunder alain hastu allen lust und freid in im, der in dieser nacht im garten ge storben ist, das er unsere herz vom tod erweckt. Das verleich uns got. Amen62. Das ,Laufen’ – von Staupitz durch das zugefügte ,nicht ruhen’ unterstrichen – ist das Nachfolgen im ganzen Leben des Gerechtfertigten, im Einklang mit der traditionellen Auslegung des Canticum-Verses63. An die doppelte Nachfolge – im ,Leiden’ und im ,Streiten’ – des Betrachtungsaufrisses64 sei erinnert. Nimandt understee sich, gottes fußstapfen nachzufolgen, Christus hab ime dann zuvor sein leiden suße gemacht, wird Staupitz dann in dem Nürnberger Lehrstück Von der nachfolg Christi mahnen65. Diese ,christliche Beschlußrede’ gilt, ebenso wie für das christliche Leben als Ganzes, auch für die Reue. Die Nachfolge, auch wenn sie nur ,von fern’ geschieht, unterscheidet Petrus von Judas. Beide haben schwer gesündigt durch Verleugnung und Verrat66. Judas hat durchaus die Voraussetzungen zur Reue: er hat Abscheu vor seiner Sünde, er bekennt sie und er leistet Restitution. Hätte er, wünscht der Prediger, doch getan wie Petrus, der Christus ,von ferne nachfolgt’ und ,zu dem Leiden geht’, so daß er Barmherzigkeit findet, indem er vom gütigen Jesus angesehen wird. Judas hingegen ,geht vom Leiden weg’, so findet er Gerechtigkeit und verzweifelt67. 58
Vgl. Is 61,10. SbPr 1512, 3, 126–130. 60 Vgl. SbPr 1512, 3, 135–138. 61 Cant 1, 3. Das abweichende wollüsten statt etwa ,Wohlgerüchen’ ist vermutlich beabsichtigte Abwandlung. – Unmittelbar vorher ist Cant 2, 6 zitiert. 62 SbPr 1512, 3, 140–144 (= fol. 14r). 63 Nikolaus von Lyra, Postilla super totam bibliam, zur Stelle: ,curremus’ – te per viam iustitiae sequendo. – Dionysius Cartusianus, Enarrationes, z. St.: viam mandatorum tuorum curremus, igne amoris succensae (Opera omnia 7, Monstrolii 1898, 301, col. I C); vgl.: actus ... fidei, spei et caritatis (ebd. 315, col I D – II A). 64 Siehe oben mit Anm. 22. 65 Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517 (siehe Anm. 71), Nr. 8, 11 f. (= Knaake 28, 30 f.). 66 Siehe oben Anm. 34. 67 Vgl. SbPr 1520, 3 (= fol. 87v) sowie Pr. 2 (= fol. 86r). 59
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Es kann in diesem Aufsatz nicht auf das Gewicht eingegangen werden, das Staupitz den anderen Stationen des Leidens zumißt, vor allem dem Kreuz, dem zweiten Brennpunkt der Ellipse. Es sollte hier nur nachdrücklich auf die besondere Bedeutsamkeit des Ölbergs hingewiesen werden, wie sie der spätmittelalterlichen Theologie offenbar in höherem Maße bewußt war, als es die heutige Behandlung dieses fast vergessenen Themas – lediglich im Rahmen der Kunstgeschichte und der religiösen Volkskunde – erkennen läßt68. Staupitz hatte übrigens, wenn er von der Kanzel der Stadtpfarrkirche sprach, zu seiner Linken Konrad Laibs 1447 datiertes Fresko eines Christus am Ölberg mit dem Spruchband Lam 1, 12. Für Staupitz jedenfalls dürfte der Gesichtspunkt entscheidend gewesen sein, daß die ,Nachfolgung des willigen Sterbens Christi’69 für den Menschen nur einmal, und zwar am Ende seines Lebens, möglich ist. Die Nachfolge des Leidens am Ölberg, kann und soll das gesamte Leben des Christen begleiten: die Reue Christi kann und soll in dem nachfolgenden Menschen eine in Glauben, Hoffnung und Liebe gründende Reue bewirken. Der Gedanke der Nachfolge sollte dabei der von Staupitz stets mit großem Ernst zurückgewiesenen Vorstellung entgegenwirken, als könne die Gnade verdient werden: Ach, mochtestu (= könntest du) mit deinen werchen genad umb (= von) got verdienen, so war Christus umbsunst für uns gestorben70. II. Vom Menschen ausgehend behandelt Staupitz die Reue nur in den N ü r n b e r g e r P r e d i g t - u n d L e h r s t ü c k e n v o n 1 5 1 7 , dort freilich grundlegend71. Dies geschieht besonders im ersten, Von ainer waren rechten reu überschriebenen Stück, das ein – jedenfalls für eine Aufzeichnung in deutscher Sprache – recht systematisches Gepräge aufweist. Dieser, wohl auch von Lazarus Spengler, dem die Nachschrift verdankt wird, mitverursachte Charakter72 ist sicher ein Grund, daß sich die Forschung vor allem dieser Quelle angenommen hat73. Der wahrhafte Reuer, sagt Staupitz, muß wissen, daß es dreierlei Reue gibt74. Die erste Reue – Art, nicht etwa Stufe – besteht darin, daß der Mensch seine 68
Vgl. etwa die Artikel Ölberg, Gethsemane, Not Gottes, Kelter in LThK2. So der Titel von Staupitz’ Sterbetrostschrift; siehe Anm. 8. 70 SbPr 1523, 21, fol. 201r. 71 Für die Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517 (hinfort: NbPr 1517) benutzen wir den von Berndt Hamm für Staupitz, Sämtliche Schriften vorbereiteten Text, N.B. der in einem nicht veröffentlichten Stehsatz vorliegt; den Zitaten folgt deshalb jeweils die Stellenangabe nach Knaake. 72 Hinsichtlich Spenglers Einfluß auf Auswahl und Formulierung vgl. N.B. Hamm, FrTh, S. 234 Anm. 98. 73 Kolde, Congregation, S. 273 f. setzt die NbPr 1517 fälschlich in die Zeit vor De exsecutione; für die folgende Interpretation kann er außer acht bleiben. Auf Wolf, SuL, bes. S. 230 ff., Schwarz, Bußtheologie, S. 152 ff., und Steinmetz, MD, bes. S. 100 ff., wird im einzelnen einzugehen sein. Hinzu kommt (1982) Hamm, FrTh, bes. 238 ff. 74 Vgl. NbPr 1517, 1, 11 f. (= Knaake 15, 38 f.). 69
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Missetat deshalb bereut, weil ihm schmerzlich zu Bewußtsein kommt, daß ihm daraus Schaden erwächst, Unruhe des Gewissens, Schande, Verlust ewiger Belohnung, Verdammnis. Diese Galgenreue ist nutzlos und unfruchtbar. Das liegt weniger daran, daß sie in der Furcht vor verdienter Strafe gründet, als daran, daß sie weder von Gott ausgeht noch sich auf Gott und auf die Liebe zu seiner Ehre richtet, sondern ausschließlich der Eigenliebe und der Selbstsucht entspringt und verhaftet bleibt75. Die zweite Reue besteht darin, daß der Mensch über seine Sünde deshalb Schmerz empfindet, weil er erkennt, daß er durch sie Gott, seinen Schöpfer, beleidigt und erzürnt und dessen Gebote übertreten hat. Diese Reue ist unvollkommen (nit vollig), obwohl sie in der rechten Ordnung – auf Gott gerichtet – und aus dem rechten Grund – in die Liebe zu Gott ,gepflanzt’ (vgl. Eph 3, 17) – geschieht. Das liegt daran, daß sie als Werk des Menschen dessen wesenhafter Endlichkeit verhaftet bleibt: Dann (= denn) so gros kann des menschen nit reu sein, ... das sie ain ainige (= eine einzige) begangne todtsundt ablesch76. Der dritte ,Schmerz oder Reue’ ist derjenige, den Christus, als Unschuldiger (1 Pt 2, 22) und selber ohne Sünde, für unsere Schuld am Ölberg gehabt hat, als er vor bitterer Angst, Schmerz und Trauer blutigen Schweiß geschwitzt hat. Diese Reue ... ist zur Abwaschung all unserer Missetat genügend, ja so vollkommen, daß – wenn es möglich wäre – tausend Welten ihrer Sünden entledigt würden77. Von diesem Schmerz heißt es eher beiläufig, daß er Christi Leiden vorangegangen ist, wie beim Menschen die Reue des Herzens der Beichte des Mundes vorangehen soll78. Wir haben mit Absicht die beiden Anläufe zur Verklammerung der zweiten mit der dritten, der wahren Reue des Menschen mit der Reue Christi, zunächst ausgespart, um die Struktur der distinctio deutlicher hervortreten zu lassen. Sie entspricht völlig derjenigen, die Staupitz wenige Monate zuvor in ,De exsecutione’ generell für die opera in ihrem Wert vor Gott, ihrem merita-Aspekt also, entworfen hatte. Dort hatte er im Kapitel De magnificatione (Rm 8, 30c)79, ausgehend von dem Axiom deus non praemiat nisi s u a opera, dreierlei opera oder operationes dei unterschieden80.
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Vgl. NbPr 1517, 1, 13–25 (= Knaake 16,1–12). Vgl. NbPr 1517, 1, 26–32. 34 f. (= Knaake 16, 13–19. 21). 77 Vgl. NbPr 1517, 1, 40–44. 46–50. (= Knaake 16, 26–30. 31–35). 78 Vgl. NbPr 1517, 1, 44–46. (= Knaake 16, 30 f.). – N.B. Statt ,Christi Leiden’ ist wahrscheinlich ,Christi Beichten’ zu lesen; siehe De exsecutione § 74, bes. ... per propriam c o n f e s s i o n e m : Deus, inquit, deus meus, quare me dereliquisti? Longe a salute mea v e r b a d e l i c t o r u m m e o r u m (Ps 21, 2); vgl. Wetzel 1991 (in diesen Sammelband nicht aufgenommen), S. 377 (49) Anm. 29. 79 Die mittelalterliche Vulgata liest magni- statt glorificavit; siehe De exsecutione § 37 mit Anm. 3. 80 De exsecutione § 38. 76
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Die erste Art von Werken Gottes sind die opera naturam sequentia: das Brennen im Feuer, das Brüllen im Löwen, aber auch das Denken, Wollen und Handeln im Menschen. Diese Werke Gottes sind ontologisch seine Werke aufgrund seines concursus generalis; sie haben mit dem ewigen Lohn überhaupt nichts zu schaffen, sie geschehen außerhalb des Glaubens, der in der Liebe wirksam ist (Gal 5, 6), sie verdienen nicht die Bezeichnung ,gut’81. Die zweite Art von Werken Gottes in uns sind die Werke eben dieses ,formierten’ Glaubens, der in der Liebe wirksam ist und lebendig. Diese Werke Gottes sind soteriologisch seine Werke aufgrund der Rechtfertigung, in welcher dem Menschen Gegenliebe82 eingeflößt, in ihm Feuer vom göttlichen Feuer entzündet wird. Obwohl die opera hunc ignem sequentia von Christus ausgehen und auf Christus ausgerichtet sind, obwohl sie in einem ,spezielleren’ Sinn Christi Werk sind, sind sie doch formaliter im Menschen und damit wesenhaft endlich: Deshalb kann durch sie ein Anrecht auf ewigen Lohn nicht begründet werden83. Die dritte Art von Werken Gottes sind formaliter in Christus, es sind personhaft seine Werke: die Taten und Leiden, die er vollbracht oder erlitten hat um unseres Heiles willen, Werke eines unendlichen Subjektes, das zugleich Gott und Mensch ist. Sie allein begründen de condigno einen Rechtsanspruch (ius, iustitia) auf das ewige Leben84. Die Gegensatzpaare amor in nos – amor dei, amor commodi – amor iustitiae85 aus dem Kapitel De operibus iustificati machen die Strukturparallelität des ReueSchemas mit dem Werke/Wert-Schema vollends deutlich86. Als inhaltliche Entsprechungen seien besonders hervorgehoben Eigenliebe und Selbstsucht: Galgenreue; Gottesliebe, Ausgehen von Gott und Ausgerichtetsein auf ihn: wahre Reue; Endlichkeit auch der ,guten’ Werke des Gerechtfertigten: Unvollkommenheit auch der wahren Reue; Einzigkeit des Verdienstes Christi: Einzigkeit der stellvertretenden Reue Christi. Wenn es einer weiteren Bestätigung unserer Einordnung der wahren Reue unter die – wesenhaft unvollkommenen, weil endlichen – opera iustificati noch bedarf, dann bietet Staupitz sie selber, wenn er sagt: Habet enim (iustificatus) caritatem quae est otii impatiens, sed, per gratiam collata, introducit in cor Christum (vgl. Eph 3, 17) et in Christo oboedientiam, c o n t r i t i o n e m et iustitiam87. 81
Vgl. De exsecutione §§ 39. 42. ,Gut’ ist hier natürlich im Sinn des augustinischen bene esse zu verstehen, siehe De exsecutione § 2 mit Anm. 12, sowie Anm. 59 zu § 42 und Anm. 64 zu § 50. 82 De exsecutione § 36: haec est gratia gratum faciens: non hominem deo ... – quia hoc ipsa electio fecit –, sed solum deum facit placere et gratum esse homini per caritatem; wieder aufgenommen in §§ 40. 131. 152. 83 Vgl. De exsecutione §§ 40. 43. 84 Vgl. De exsecutione §§ 41. 44. 85 Vgl. De exsecutione § 46. 86 Einen versteckten Hinweis darauf bringt schon Wolf, SuL, S. 231, ohne daraus Nutzen zu ziehen (vgl. unten bei Anm. 102); knapp, aber zutreffend Hamm, FrTh, S. 242. 87 De exsecutione § 45.
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Wir kommen zurück auf die beiden Anläufe Staupitz’ zur Verklammerung der zweiten mit der dritten Art der Reue, d. h. der wahren und trotzdem unvollkommenen Reue des Menschen, mit der Reue Christi. Das e i n e Mal wird von der zweiten auf die dritte Art vorausgegriffen, zunächst in negativer Formulierung: Dann (= denn) so gros kann des menschen nit reu sein, wo sie nit in die nachfolgenden dritten (= folgende und damit dritte) als die allervolkomensten genugsamen reu geordent wirdet, das sie ain ainige (= einzige) begangne todsundt ablesch88. Unmittelbar anschließend heißt es, positiv formuliert: Wiewol auch (= wenn auch) solche des menschen bereuung geschickt (= geeignet) ist, lebendig frucht (vgl. Mt 3, 8; Lc 3, 8) zu bringen, wirdet sie doch durch den nachfolgenden schmerzen, reu und traurigkait unseres seligmachers allererst (= überhaupt erst) angezündet und lebendig gemacht und dan zu abtilgung unser sonden mer dann genungsam89. Die Reue des Menschen verdankt also nicht nur ihren Ursprung (ange zündet und lebendig gemacht), sondern auch ihre Wirksamkeit (genungsam gemacht) der Reue Christi. Das a n d e r e Mal wird von der dritten auf die zweite Art zurückgeschaut, wobei zu beachten ist, daß hier der Reue Christi auch grammatikalisch die Rolle des Subjekts zukommt: Dieser schmerz und bereuung Christi, wo wir unser reu darein ergrunden (= gründen), ist zur abwaschung aller unser missetat genungsam90. Beide Anläufe, sowohl die Verklammerung der zweiten mit der dritten, als auch die der dritten mit der zweiten Reue, ergeben als klare Aussage, daß des Menschen Reue nur zusammen mit der Reue Christi ,genugsam’ ist. Weniger klar wird, daß ,angezündet und lebendig gemacht werden’ einerseits und ,geordnet werden’ und ,gründen’ andererseits zwei verschiedene Weisen der Beziehung der Reue Christi zur Reue des Menschen bezeichnen, wenn die am opera/merita-Schema bewährte distinctio nicht außer Kraft gesetzt werden soll: Einerseits bewirkt die Reue Christi unsere Reue als opus Christi specialius, aber formaliter in nobis; andererseits bleibt sie ein opus Christi personale und formaliter in Christo. Was ,dann’ die Genugsamkeit der durch Christi Reue ,angezündeten und lebendig gemachten’ Menschenreue zustande bringt, ist nichts anderes, als was allen unseren opera finita den Wert von merita infiniti praemii verleiht: Quia a deo exeunt et in deum vadunt, placent altissimo et acceptantur gratiose ad meritum91. ,Genugsam’ vor Gott – zu abwaschung der sunden und erfolgung (= Erlangung) gotlicher parmherzigkait92 – ist die Menschenreue, weil Gott sie als genugsam gelten läßt. Diese 88
NbPr 1517, 1, 32–35 (= Knaake 16, 19–21); vgl. oben bei Anm. 76. NbPr 1517, 1, 35–39 (= Knaake 16, 21–25). 90 NbPr 1517, 1, 46–47 (= Knaake 16, 31–33); vgl. oben bei Anm. 77. 91 De exsecutione §§ 50 kombiniert mit 52, vgl. § 43: Si deus se pro talibus dare d e c r e v i t , g r a t i a est. 92 NbPr 1517, 1, 31 f. vgl. 1, 127 f. (= Knaake 16, 18 bzw. 18, 33 f.). 89
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Genugsamkeit bleibt angewiesen – so möchten wir das ,Geordnetwerden’ wiedergeben – auf einen Grund, der außerhalb ihrer selbst liegt: In propri(is) merit(is) Christi ... fundamus collocamusque firmam spem seu certe fundatam cognoscimus ... ; ipsa sola sufficiunt ... ; in eisdem solvuntur culpae, relaxantur ac remittuntur poenae93. Wir dürfen die ,sichere Hoffnung’ der Genugsamkeit unserer Reue auf die Reue Christi ,gründen’, weil, wie alle propria merita Christi nobis ita donata sunt, ut nostra sint (nach Rm 8, 32)94, so auch seine Reue uns übereignet worden ist.
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Das, wie wir meinen legitimerweise, aus ,De exsecutione’ in das Nürnberger Predigtstück übertragene Interpretament acceptari einerseits und donari andererseits expliziert die nicht leicht durchschaubare Formulierung des ersten Verklammerungsanlaufs auf eine Weise, die durch die Fortsetzung des Nürnberger Stückes selber bestätigt wird. In der conclusio, mit der Staupitz sein Schema von den drei Arten der Reue beschließt, rekapituliert und präzisiert er zunächst die bereits bekannten Merkmale der wahren Reue als Liebes-Schmerz darüber, Gott, unseren Seligmacher und Bräutigam, das höchste und beste Gut, beleidigt und erzürnt zu haben. Auch die Abgren zung gegenüber der Galgenreue kehrt wieder95. Wichtiger ist, wie er abschließend den Gedanken der Verklammerung mit der Reue Christi formuliert: Er fordert ,uns’ nämlich zum Gebet96 auf, Gott flehentlich und demütig zu ersuchen und anzurufen, er wolle unserer Reue Unvollkommenheit mit seiner Reue und schmerzlichen Traurigkeit erfüllen; und knüpft daran die Versicherung, daß uns bei einer solchen Gründung die göttliche Mitwirkung und Barmherzigkeit ohne Zweifel nicht fehlen werde97. Es ist unschwer zu erkennen, daß das „menschliche Ungenügen in Staupitz’ Augen eben nicht „aufgehoben“ wird, „die contritio ihren Mangel“ eben nicht „verliert“, vielmehr in „der ihr eigenen Fruchtbarkeit“ durchaus angewiesen bleibt auf einen außerhalb ihrer selbst liegenden Grund98. Unverständlich ist ferner die Meinung, „die christologische Komponente“ bleibe „in einem gewissen Zwielicht“. Man wird auch schwerlich bei der Behauptung bleiben können, daß zwar die Reue „eingefügt“ werde „in das Leiden Christi, damit in Christus (richtiger wäre: von Christus) die mangelnde verdienstliche Vollkommenheit ergänzt werde“, „dazu jedoch von Staupitz nicht der Glaube in Anspruch genommen“ werde; „denn der Glaube“ sei „nur die Anerkennung der Heilswahrheiten“99; schwerlich, erscheint doch unter den Früchten (vgl. Lc 3,8; Mt 3,8) dieser wahrhaften, fruchtbaren Reue – neben einem ruhigen Gewissen, dem Süßwerden unserer bitteren Tränen (aus Lc 22, 62) bis zur Freude, und der Nächstenliebe100 – ausdrücklich der Glaube: 93
De exsecutione § 51 zweite Hälfte. Ebd. erste Hälfte. 95 Vgl. NbPr 1517, 1, 51–58. 58–60 (= Knaake 16, 36 – 17, 3. 17, 3–5). 96 Vgl. oben bei Anm. 60. 97 Vgl. NbPr 1517, 1, 60–62. 63–65 (= Knaake 17, 5–8. 9–11). 98 Gegen Schwarz, Bußtheologie, S. 153. 154. 99 Gegen Schwarz 157. Eingeklammertes von uns zugesetzt. 100 Vgl. NbPr 1517, 1, 65–70 (= Knaake 17, 11–16). 94
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Dann (= denn) diese warhafte, geordente und in das leiden Christi ergrundte (= gegründete) reu macht den menschen in seinem gemute so rugsam (= ruhig), das er ganz nit zweifelt an vergebung und nachlasung seiner sonden, sonder bleibt in ainem christenlichen gemute und dem starken, unzweifenlichen (= nicht zweifelnden) glouben, das er durch ain solche rechtgteordente reu und die mitwurkung des pluts Christi vergebung seiner begangen missetat erlangt hab101. Damit sind die grundlegenden Aussagen des ersten Nürnberger Predigt-Stückes abgeschritten. Mit dem Stichwort Früchte wird bereits übergeleitet zur zweiten, mehr praxisorientierten Hälfte dieses Textes. Wenn Staupitz es also für notwendig erachtet hat, seinen praxisrelevanten Äußerungen eine solche christologisch zentrierte Grundlegung voranzustellen, ist eine gewisse Verwunderung angesichts der bisherigen wissenschaftlichen Behandlung dieses Textes am Platz. Seine Interpreten wissen mit der Reue Christi wenig anzufangen. Das hindert sie daran, das Reue-Schema auch nur korrekt zu referieren. Wolf konstruiert daraus verwirrenderweise „drei S t u f e n der (menschlichen) Reue, wobei er die ,Reue Christi’ als Gen. obj. faßt und als „an Christus entstandene Reue“ psychologisiert102. Laut Schwarz „kennt Staupitz“ entgegen dessen eigener unübersehbarer grundlegender distinctio von dreierlei Reue „analog der Unterscheidung von attritio und contritio“ „ z w e i Arten der Reue, die unfruchtbare und die fruchtbare Reue“; darin wird im Kontrast zu unserer eigenen Darstellung die Tendenz deutlich, die dritte Art der Reue, die Reue Christi, zu einer Hilfskonstruktion der Reue des Menschen zu entwerten103. Bei Steinmetz ist im Text von der Reue Christi und vom Ölberg gar überhaupt nicht die Rede104.
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NbPr 1517, 1, 70–76 (= Knaake 17, 16–22). Vgl. Wolf, SuL, S. 231 und 233. Eingeklammertes von uns. Zur Psychologisierung vgl. etwa: „Der Unterschied zwischen der zweiten und der dritten Stufe ... besteht offenbar darin, daß die Liebe zu Gott, aus der die Reue erfolgt, sich auf Gott in der Gestalt des leidenden Christus richtet, an dem die offensa dei besonders eindrucksvoll wird“ (231). Wolfs Gegenbegriff zu „psychologisch“ ist „hyperphysisch“: „Wieweit hier allerdings es sich um ein wirklich p s y c h o l o g i s c h e s Verständnis handelt, ... ist ebensowenig ... zu entscheiden wie die Frage nach dem Verhältnis dieser Vorstellung zu der stets beibehaltenen von einer h y p e r p h y s i s c h e n , umschaffenden Gnadenwirkung. Staupitzens Begriff der gratia gratum faciens“ (vgl. oben Anm. 82) „ist allerdings geeignet, ein mehr persönlich gedachtes Gottesverhältnis der frommen Seele, des Erwählten zu beschreiben“ (S. 233). Sperrungen von uns. 103 Vgl. Schwarz, Bußtheologie, S. 152. Der einschlägige Staupitz-Text ist zwar in den Anm. 11 und 12 zu S. 153 wenigstens vollständig zitiert, aber, auf eben diese beiden Anmerkungen verteilt, auseinandergerissen und in seiner zweiten Hälfte an eine Aussage über die Reue des Menschen angehängt. 104 Vgl. Steinmetz, MD, S. 100 ff. In Anm. 1 zu S. 101 ist der Staupitz-Text bis zur Unverständlichkeit verstümmelt. Steinmetz spricht, diesen Text vor Augen, nur ganz allgemein – und in solcher Allgemeinheit fraglos richtig – von den „meritorious sufferings of Christ“ und vom Kreuz; die Besonderheit des Textes ist unseres Erachtens damit nicht getroffen. 102
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Mit der Aufzählung der Früchte der wahren Reue wird zur zweiten Hälfte des ersten Nürnberger Predigtstückes übergeleitet, in der Staupitz direkt auf Fragen eingeht, welche die spätmittelalterliche Seelsorgepraxis und die mit ihr in einer komplizierten Ursache-Wirkungs-Geschichte verwobene Theologie des Bußsakraments dominieren. Dort erscheint folgende Zusicherung: Wenn ein Christ in dieser Reue unversehens stürbe, ohne noch die Sakramente empfangen zu haben, würde er nicht nur der Hölle entfliehen, sondern sich auch der Fegfeuerstrafen völlig entledigen105. Als Staupitz zuvor die wesenhafte, prinzipielle Unvollkommenheit der Menschenreue gegenüber der allervollkommensten Reue Christi aufzeigte und beider gegenseitiges Verhältnis als ein solches bleibender Angewiesenheit einerseits und unzweifelhafter Verläßlichkeit andererseits bestimmte, hatte er von den drei – in ,De exsecutione’ klar unterschiedenen – Aspekten der Sünde: offensa dei, macula (culpae) und reatus (poenae)106, durchweg die ersten beiden im Blick. Jetzt, da er nach jenen grundlegenden Aussagen erneut zu einer Betrachtung der Genugsamkeit der Menschenreue ansetzt, geht es nicht mehr um offensa und culpa, erfolgung gotlicher parmherzigkait und abwaschung der sunden107, sondern um die p o e n a : Wie aber dieselbig reu zu abtilgung angezaigter peen (= in Rede stehender Strafe) genungsam beschenen soll, das zeigt Paulus den Römern108 klerlich an, dergestalt, das der mensch ainen so grossen herzlichen schmerzen über seine sunde furneme, so grossen wollust (nach Apc 18, 7) als (= wie) er in ubung derselben missetat gehabt hat109. Erst bei diesem prinzipiell menschenmöglichen, ,wiewohl beschwerlichen’ Herzensschmerz macht Staupitz ohne Bedenken Gebrauch von der scholastischen Formel des facere quod in se est, wenn er sagt: Wiewohl es sehr schwierig ist, zu einer so hohen Reue zu gelangen, will uns doch der allmächtige Gott wie ein barmherziger Vater, sofern wir durch eine geordnete Reue hierin unser Vermögen tun und uns der mitwirkenden und erfüllenden Kraft des Blutes Christi unterwerfen, a b e r m a l s Geduld erweisen und uns nicht im Stich lassen, sondern unser Bürge und selber Helfer sein, dergestalt daß, was uns trotz der uns möglichen und von uns daran gesetzten Bemühung fehlt, zu Lasten unseres Erlösers und Bürgen gehe und von ihm ersetzt werde. Denn Gott straft allemal geringer, als wir es verdient hätten110. 105
Vgl. NbPr 1517, 1, 76–80 (= Knaake 17, 23–26). Vgl. De exsecutione §§ 82 f. 107 Siehe Anm. 92. 108 Gemeint ist des Paulus Äußerung in seiner Verteidigungsrede vor der römischen Obrigkeit, Herodes Agrippa und Porcius Festus, seine Predigttätigkeit betreffend, Act 26, 20: adnuntiabam, ut poenitentiam agerent ... digna poenitentiae opera facientes; die vermeintliche Präzisierung des Textes durch den Schreiber in ainer (= der) epistel zu ... ist sinnlos. 109 NbPr 1517, 1, 81–85 (= Knaake 17, 26–30). 110 Vgl. NbPr 1517, 1, 85–92. 96–100 (= Knaake 17, 30–37. 18, 4–8). 106
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Die Hoffnung, die durch manche Leute im Volke geweckt wird, man könne durch Beichte und Erwerb eines Ablasses Sündenvergebung erlangen, ist falsch. Nicht der sprichwörtliche Klang des Guldens in der Geldkiste verhilft zur Sündenvergebung, sondern ain recht bereut herz. Umgekehrt erlangt jedoch rechte Reue Sündenvergebung auch ohne Ablaß; wie schließlich der Wortlaut der Ablaßbullen selbst bestätigt, gilt er doch für die vere contriti et confessi111. Die Verläßlichkeit der merita Christi gerade in der Grenz- und Ausnahmesituation des unversehenen Todes sollte indes nicht über die Wichtigkeit der propria satisfactio hinwegsehen lassen, wo der Mensch die Chance dazu hat. Die unmißverständlichen Worte von ,De exsecutione’ über die Manifestation der dilectio iustitiae (nach Ps 44, 8) in der Bereitschaft zum Ertragen der poenae peccatorum sollten nicht unberücksichtigt bleiben112. III. Wie eine wahrhafte, auf Christus hin geordnete Reue beschaffen ist, läßt sich am klarsten an lebendigen Beispielen ablesen, wie Staupitz sie anhand der Berichte in den Evangelien wiederholt vorführt, besonders eindringlich in den F a s t e n p r e d i g t e n v o n 1 5 2 3 als Abt von St. Peter. Gleich zweimal, der Perikopenordnung entsprechend, erscheint ,die Büßerin’ Maria Magdalena. Das liegt daran, daß Staupitz sie – wie die ganze Tradition seit Gregor dem Großen – mit Maria von Bethanien, der Schwester der Martha und des Lazarus, sowie mit der namenlosen Sünderin aus Lucas 7 identifiziert. Die Legende mag ihm insonderheit vertraut gewesen sein, weil sie auf Fresken des 13. Jahrhunderts in der Kirche von St. Peter dargestellt war. Bei der Auslegung des Evangeliums von der Auferweckung des Lazarus deutet Staupitz den Fußfall der bethanischen Maria vor Jesus als Reue113. Sie weint und beklagt ihre Sünde, gelangt zu Abscheu davor und Haß gegen sich selbst. Die Worte ,wärest du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben’, werden – da Lazarus ein ,Gleichnis’ der Seele ist – auf den ,Tod der Seele’ Marias bezogen114, 111
Vgl. NbPr 1517, 1, 101–116 (= Knaake 18, 9–23). Siehe De exsecutione §§ 181. 190 ff., bes. § 195: commendabilior et utilior est liberatio a peccatis (= poenis peccatorum) per propriam satisfactionem quam per indulgentiam. – Diese Gedanken, denen Staupitz dort immerhin ein ganzes Kapitel widmet, bleiben in der unseres Erachtens zu sehr auf NbPr 1517, Nr. 1 beschränkten Darstellung durch Hamm, FrTh, bes. S. 240 mit Anm. 127, außer Betracht. So könnte sie dahin mißverstanden werden, als ließe die – in der Tat das Ganze der Buße mit Leben erfüllende – Reue überhaupt keinen Platz für Genugtuung. 113 Io 11, 32 f. (Io 11, 1–45 ist das Evangelium am Freitag nach dem 4. Fastensonntag); SbPr 1523, 19, fol. 183r–184r. 114 Die Kernstellen der Paraphrase im Wortlaut: Wärstu dagewesen, mein prueder wär nit gestorben. Das ist: Hetestu das regiment über mein sel und leib in dein henten gehabt, so wär dein geist nit von meim geist geschaiden. ... pewaint all mitainander ain todt der sel. Ebd. fol. 183r–183v. – Als oft (= oft wenn) in der heiligen geschrift von ainem todt 112
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über den dann auch Jesus weint und betrübt ist. Die Tränen, die Christus für uns vergießt, können nicht ohne Belohnung durch den Vater bleiben, so daß er ,uns’ (nämlich die Seele) vom Tode erwecken kann, Christus führt di pueswärtig (= der Buße gewärtige) sel mit sich auf den Ölberg. Da switzt er vor reu umb ir sünt pluetfarben swais und geust in (= gießt ihn) in si ... , daß sie von der heißen Liebe weich wie Wachs wird115. Dann führt er sie an alle Stätten seines Leidens bis an das Kreuz. So macht er sie ganz rein zur gezierten Braut116. Die Auferweckung der an den Sünden gestorbenen Seele117, wie sie sich aus lere und verstant der Lazarus-Perikope ergibt, die Rechtfertigung des Erwählten also, erfolgt durch dessen Selbsterkenntnis als Sünder und durch die Einsicht, daß das Sündersein auf der Trennung vom Geist Christi beruht, der allein der Seele Leben geben kann. Während dieser Vorgang bei Maria seinen Ausdruck vornehmlich in der Reue findet, der Christus mit seiner Reue zu Hilfe kommt, manifestiert er sich bei Martha im Glauben. Von Sünden ist in der Begegnung Marthas mit Christus ebensowenig ausdrücklich die Rede wie von Reue. Das ist auch nicht notwendig. A l l e Heiligen sind gefallen118 und alle Erwählten fallen täglich, aber sie fallen nicht zum Tod (nach Io 11, 4), Christus kommt zu ihnen und macht sie wieder lebendig119. Als (= wie) er es dan der gueten Martha hat klar gesagt: Dein prueder, das ist: dein sel, wirt wider ersten (= erstehen), glaub nur! ... Das ist doch ain klarer text, das got nit mer von uns wil haben zu unserr säligkait dan allain den glauben. Das mügen (= können), süllen und müessen wir im geben, das ander als (= alles) wil und muess er selbe tuen und uns erkücken (= lebendig machen). Allain glaub du im, das (= was) er dir versprochen hab, das well er dir halten! Setz all dein hofnung und vertraun allain ganz in in (= ihn). ... – Ja, sagstu, ja, ich pin aber pös und vol sünten. ... – Ja, tilus telus (etwa = papperlapapp120), wärstu frum (= rechtschaffen, gerecht) so dörft noch möcht (= könnte) dich got nit rechtfertigen. ... Erkenstu dich fur ain sunder, so ist auch got (hier = Christus) dir zu trost kömen121.
geschriben ist, so ist es vil klarer verstanden, wann man es vom todt der sell nimbt als vom todt des leibs. Ebd. fol. 175v (Forts. in Anm. 117). – Vgl. gleichnüs, ebd. fol. 176v. 115 Zu Ps 147, 18 und 21, 15 sowie Cant 5, 6 und ihrer Deutung auf die Reue siehe De exsecutione §§ 148 f. mit den Anmerkungen. 116 Vgl. oben bei Anm. 58. 117 Anschließend an die zweite in Anm. 114 zitierte Stelle heißt es (ebd. fol. 175v–176r): Dan (= denn) got ist an dem leipleichen todt nit vil gelegen, aber an der sel todt ist im gross gelegen und so gross, das er sein ainigen (= einzigen) lieben sun hernider in di welt und ans kreuz hat geschickt, das er im di sel wider erkück (= lebendig mache), die in sünten gestorben ist (Forts. in Anm. 46). 118 Mit der einzigen Ausnahme der allerheiligsten Muttergottes, die Gott aus besonderer Gnade bewahrt hat; ebd. fol. 179r sowie 178v und 181r/181v. 119 SbPr 1523, 19, fol. 181v. 120 Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch s. v. Dillendellen. 121 SbPr 1523, 19, fol. 181v–182v.
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In der Martha-Handlung steht also der Glaube, sogar eine sola fides-Aussage im Mittelpunkt, wie es der Bericht des Johannes-Evangeliums ja nahelegt (bes. Io 11, 25–27). Der Zusammenhang, insbesondere die anschließende Anwendung mit ihrer Anrede an den Hörer, zeigt indes, daß es sich um den gleichen Vorgang handelt wie in dem auf die Reue ausgerichteten Maria-Abschnitt der Lazarus-Predigt. Der gleiche Vorgang, die Rechtfertigung, kann auch unter den Aspekt der Liebe gestellt werden: In einer eigenen Predigt über Maria Magdalena wird sie den Nonnen von St. Peter als die Sünderin vorgestellt, die Jesus im Hause eines Pharisäers die Füße salbte122. Sie ’fiel ihm zu Füßen’ und goß die heißen Zähren der Liebe aus, die Christus so sehr ins Herz brannten, daß er sich nicht zurückhalten konnte, er mußte seine Gnade in sie fließen lassen. Da kam ihr die rechte Reue, die aus der inbrünstigen Liebe fließt, da mußten alle ihre Glieder Gott dienen. Und weiter heißt es: Denn wenn seine Liebe zuvor zu uns kommt, so gibt er uns, daß auch wir ihn von Herzen lieb haben. Da kamen die Tränen der Maria Magdalena her; Gott hatte sie lieb, als sie noch am höchsten sündigte, ja ehe sie geboren war. Es kamen ihr die Tränen ,viel mehr der Liebe als der Reue’. So sagte Christus auch nicht: sie hat viel Reue, sondern: sie hat viel Liebe gehabt. Denn sobald Christus mit der Liebe ins Herz tritt, so sind die Sünden schon vergeben. Während Staupitz mehrfach betont, daß die Reue aus der Liebe fließt – in der Schrift Von der lieb gottes nennt er neben Maria Magdalena noch die ,Bußen’ des Paulus und des Petrus123 – legt er am Ende der Predigt über die Lazarus-Perikope noch einmal den Nachdruck darauf, daß die Reue dem Glauben entspringt, wie das Beispiel des bekehrten Schächers zeigt:124 warlich ain alter sünder und ain junger püesser! Christus wußte, daß dieser auch einer von denen war, die ihm der Vater zu erlösen gegeben hatte, und gab im den gelauben. Alspald im der gelauben kam, da muest er von stunt (= sofort) gerainigt werden, und fieng an und rechtfertigt got und gab ain urtail über sich selbs. Nach dem Tadel der Unbußfertigkeit seines Gesellen wandte er sich an den ,Herrn’ mit der Bitte um Aufnahme in sein Reich. Der het den gelauben, hoffnug und lieb spatt in das werch pracht (= ins Werk gesetzt; zur Wirkung gebracht), ja, er het erst (= erst dann) reu und setzt sein vertrauen ganz in den, der da (etwa = in ihn, als er) neben im hieng; der litt im (= für ihn). Die Zusage des Paradieses verbindet Christus mit einem über den biblischen Bericht hinausgehenden Satz: gelaub nur di zeit (= jetzt) fest in mich. Wenn der Abt von St. Peter die Rechtfertigung des reuigen Sünders auf den frei geschenkten Glauben zurückführt125, so liegt darin kein Widerspruch dazu, daß er in ihr die Wirkung von fides, spes u n d caritas erblickt. 122
Lc 7, 36–50 (das Evangelium am Donnerstag nach dem Passionssonntag); SbPr 1523, 21, fol. 203r/203v, 209v–210r. 123 Lieb gottes, Kap. 15 (Knaake 107, 24–27). Staupitz nennt diese Bußen vollkommene Werke im höchsten Grad der Liebe, und zwar der von Gott frei geschenkten Liebe. – Zur Buße Petri siehe oben mit Anm. 66. 124 Siehe SbPr 1523, 19, fol. 185v–186v, nach Lc 23, 40–43. 125 Acht Jahre zuvor behandelte Staupitz den Schächer, ohne auf den Glauben abzuheben: Nachfolgung (wie Anm. 8), Kap. 9 (Knaake 70, 30 – 71, 16).
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Die hier vollzogene Einbindung des Glaubens in die paulinische Trias126 läßt die enge Wechselbeziehung dieser von Gott geschenkten Tugenden deutlich werden, die sich bei Staupitz auch gegenseitig vertreten können. Ihr Zusammenwirken und ihr Wirken als Wirken des dreieinigen Gottes kann er wie folgt beschreiben: So du dan127 die h o f n u n g hast, so ist dan nämleich das feur, von dem du erkuckt (= lebendig gemacht) solt werden, nit ferr, dan so du in in (= ihn, d.h. Christus) ainig (= allein) g e l a u b s t und dich alles gueten zu im ver siechst, so kan es nit fällen (= fehlen), du muest in (= ihn) über alle ding l i e b haben. Und so dir alles, was er würkt und tuet, von herzen last wolgefallen, so dan dasselb wolgefallen kümbt, so würcht nämlich der himlisch vater durch das wart (= Wort), das ist: sein sun, di götleich weishait; und (durch) inprünstig lieb, das ist dan der heilig geist, der want (= wohnt) und peleibt alzeit in uns128. IV. Mit der Reue Christi haben wir einen ebenso originellen wie gründlicher Interpretation bedürftigen Gedanken vorzustellen versucht, der sich als Schlüsselbegriff der Buß- und Rechtfertigungs-Auffassung in der Theologie Johann von Staupitz’ erweist. Dieser Gedanke prägt bereits die am Anfang seiner reifen Periode stehenden Salzburger Predigten von 1512; er spielt auch in den letzten erhaltenen Predigten des Abts von St. Peter, denen von 1523, noch eine wichtige Rolle. Die Kontinuität seines theologischen Denkens läßt sich auch anhand dieses „Leitmotivs“ aufweisen. Diese Kontinuität ist in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Einmal läßt sie wenig Spielraum für die Vorstellung, Staupitz habe Entscheidendes von Luther übernommen129. Zum andern trägt sie dazu bei, die Meinung zu widerlegen, der Salzburger Prediger und Abt habe eine Abkehr von seiner früheren theologischen Haltung vollzogen. Diese Erkenntnis steht im Einklang mit einem anderen Ergebnis unserer Edition: das sogenannte „zweite Gutachten“ aus dem Häresie-Verfahren gegen Stephan Agricola (1523) ist entgegen der herrschenden Meinung nicht von Staupitz verfaßt. Damit ist der Kronzeuge für seine angebliche Kehrtwendung zum rigiden Ketzerverfolger ausgeschieden. Das echte Gutachten des Abts von St. Peter gibt sich nunmehr – nach einer annähernden Rekonstruktion der Articuli der Inquisitoren und der Responsiones des Inkulpaten – als Zeuge der Stetigkeit seiner Auffassungen zu erkennen130. Vgl. SbPr 1523, 15, fol. 139v: Verleustu (= verlierst du) den titel (saligmacher), wer wil gelauben, hofnung und lieb zu dir haben? 127 Das dan knüpft an die oben mit Anm. 121 zitierte Stelle an, insbesondere an die Notwendigkeit, sich selbst als Sünder zu erkennen. 128 SbPr 1523, 19, fol. 182v–183r. 129 Vgl. etwa Alfred Jeremias (1926). 130 Die ,Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae’ N.B. erschien in JvS 5 (2001), S. (59) 91–102. Eine gesonderte Abhandlung über den Agricola-Prozeß mit Edition der Akten (einschließlich des sogenannten „zweiten Gutachtens“) N.B. und einer 126
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Es geht darum, die Besonderheit der Theologie des Johann von Staupitz zu erfassen, Inhalt und Gehalt seiner überlieferten Äußerungen zu verstehen. Unhistorisch ist es demgegenüber, auf diese Zeugnisse der noch im Fluß befindlichen theologischen Bewegung bereits die später verfestigten Alternativbegriffe „katholisch“ oder „lutherisch“ anzuwenden. So gelangte der Versuch der beiden großen Konfessionen, Staupitz jeweils zu den Ihren zu rechnen, zu wenig überzeugenden Ergebnissen131. Man wird die unterschied lichen Ansätze zur Reform132 christlichen Glaubens und Lebens ernstnehmen müssen und nicht den besonders grundsätzlichen, in seiner Konsequenz grundstürzenden Ansatz Luthers, der sich dann durchgesetzt hat, vom Ergebnis her rückschauend, isoliert betrachten. Staupitz und Luther antworten auf die gleichen, die Menschen des Spätmittelalters bedrängenden Fragen, die im Suchen nach dem sicheren Weg zum ewigen Heil ihr übergreifendes Motiv hatten. Auch Staupitz wollte die Theologie von ihrer biblischen Grundlegung her reformieren133. Im Mittelpunkt stand hierbei für ihn die paulinische, augustinisch vermittelte Lehre von der Gnade Gottes. Wohl ausgeprägter als bei Luther war bei ihm der Versuch, zugleich den alten Streit der Schulen zu überwinden. Neben diesem – trotz spürbarem Generationenunterschied – parallelen Streben beider Reformer fanden auch wechselseitige Anregungen statt sowie Wirkungen nach einer Seite hin. Zur Abhängigkeit von Staupitz in seiner Auffassung vom Wesen der Buße hat sich der Jüngere 1518 in den Resolutiones ausdrücklich bekannt: wahre Buße beginne mit der Liebe zur Gerechtigkeit und zu Gott; dies sei der Ursprung der Buße, nicht ihr Ziel und ihre Vollendung134. In seiner Konzeption der Buße setzte Staupitz an den beiden Elementen an, bei denen es im Spätmittelalter – in eigentümlicher Wechselwirkung von Praxis und Lehre – zu einer Fehlentwicklung gekommen war: bei der R e u e wie auch bei der G e n u g t u u n g 135. Die Reue war in der Scholastik, mit zunehmender Bindung der aktualisierten Reproduktion der Edition der ,Consultatio’ selbst steht in diesem Sammelband S. 36–46. 131 Vgl. den N.B. Beitrag „Johann von Staupitz – Leben, Werke, Wirkung und Forschungsgeschichte (bis 1978)“ in diesem Sammelband, S. 125–137, bes. 134 f. 132 Vgl. Dohna, Ordensreform (1981). N.B. 1989 (!) erschienen, jetzt in diesem Sammelband S. 138–150). 133 Vgl. hierzu den Abschnitt „Die Quellen“ in der Einleitung zu: De exsecutione, in: JvS 2, bes. S. 35–37. 134 WA 1, 525: ... te velut e coelo sonantem excepimus, quod poenitentia vera non est, nisi quae ab amore iustitiae et dei incipit, et hoc esse potius principium poenitentiae, quod illis finis et consummatio censetur. – N.B. Hierüber Wetzel 1986 (in diesem Sammelband S. 193). 135 Umgekehrt sieht sich Staupitz kaum je veranlaßt, die Beichte auch nur zu erwähnen (N.B. siehe jedoch oben Anm. 78). So weist er gelegentlich darauf hin, daß die Beichte – als Selbsterniedrigung – zu der von ihm vertretenen Auffassung von Reue nicht im Gegensatz steht, vielmehr deren Konsequenz ist: Aus sölicher reu, di aus der lieb gots (= zu Gott) entspringt, mag (= kann) sich darnach der mensch nit enthalten (= zurückhalten); er lauft
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Gnadenmitteilung an das Sakrament, von einer Frucht zur Voraussetzung der rechtfertigenden Gnade geworden. So bestand entweder die Gefahr – wie bei den die Dispositionsfunktion betonenden Skotisten –, daß die als genügend angesehene attritio oder Furchtreue eine echte Bußgesinnung entbehrlich machte. Oder es kam zu der moralistischen Folgerung – wie bei den die contritio fordernden, das Dispositionsschema jedoch nicht aufgebenden Nominalisten –, die Herzensreue als eine dem Menschen aus seiner Natur mögliche Leistung aufzufassen. Staupitz’ an den Evangelien und an Paulus orientierte Auffassung von Buße und Reue – die demgemäß sowohl vom Gefüge von Disposition und Verdienst als auch von einer sakramentalen Vermittlung absieht – vermeidet die Scylla eines attritionistisch bedingten Laxismus ebenso wie die Charybdis eines auf das menschliche Vermögen und den Verdienstgedanken bauenden Contritionismus. Beide Gefährdungen sieht er auch bei der satisfactio gegeben. So warnt er vor der bequemen Lösung des Ablasses als billiger Abgeltung136 gleichermaßen wie vor der Bewertung genugtuender Werke als verdienstlicher Leistung. Die guten Werke sind ebenso wie die Reue Früchte des Glaubens und der Liebe, von Gott gewirkt137. Das Heil des Menschen ist nicht vom eigenen Tun abhängig, sondern vom Handeln des dreieinigen Gottes. Als Wirken des Heilands nimmt Staupitz auch die Reue Christi ganz ernst, neben der die passive Seite des Leidens und Sterbens des Gottmenschen eher zurücktritt. Die Reue des Menschen kann daher immer nur Abbild der Reue Christi sein, um derentwillen sie von Gott aus Gnade angenommen wird. So fügt sich der zunächst ungewöhnlich anmutende Gedanke der Reue Christi bruchlos in die Grundstruktur der staupitzschen Theologie ein: er denkt von Gott her, nicht – im Sinne eines „Aufstiegs“ – vom Menschen138. Die aus der Sackgasse der widersprüchlichen spätscholastischen Bußlehre und -praxis mit ihrer fortschreitenden Verrechtlichung herausführende Reue-Theologie Johann von Staupitz’ hat freilich keine Nachfolge gefunden. Die von Luther postulierte Alleinwirksamkeit des Glaubens hat sie nicht nur im evangelischen Bereich obsolet werden lassen. Die auf Luther reagierende tridentinische Festschreibung zugespitzter antireformatorischer Sätze hat sie auch um ihre sonst mögliche Wirkung in der katholischen Kirche gebracht139. Erst heute setzt bei katholischen Theologen eine Rückbesinnung auf alternative Auffassungen der Buße ein140. zum priester und peicht, damit er nur veracht wert, und got ainig (= einzig, allein) geliebt, gelobt und geert. SbPr 1523, 15, fol. 143r. 136 Vgl. NbPr 1517, 1, 100–115 (= Knaake 18, 9–23); vgl. oben bei Anm. 111 und 112. 137 Vgl. De exsecutione §§ 37 ff., 45 ff.; vgl. oben bei Anm. 82 und 83. 138 Dieses Denken „von oben her“ ist noch ausgeprägter als bei Luther, der – gemäß seinem Ausgangspunkt von der spätmittelalterlichen Frage „wie erlange ich einen gnädigen Gott?“ – stärker auf die eigene Existenz bezogene Theologie treibt, erkennbar auch in seiner Auffassung von der Heilsgewißheit. Bei Staupitz übernimmt diese Funktion die Vorstellung von Christus als debitor salutis und von den als notwendige Folge der ersten frei geschenkten Gnade – necessitate consequentiae – dem Erwählten zuteil werdenden Gnadengaben. De exsecutione § 22. 139 Zur Wirkung Staupitz’, bes. auf mystisch und pietistisch gesinnte Kreise, wie auch auf den zum Katholizismus konvertierenden Christoph Besold, siehe den N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 132 f.
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Die Ausbildung exklusiver konfessioneller Standpunkte hat nicht nur einem Fortwirken, sondern auch dem Verstehen der Theologie Staupitz’ im Wege gestanden. Allzu oft hat man von einem vorgegebenen Fragenkatalog aus nach der „Lehre“ dieses wenig lehrhaften Predigers und auf Verinnerlichung bedachten Seelsorgers gefragt. Für den biblischen Theologen, der um eine die Scholastik hinter sich lassende Alternative bemüht war, mußte sich ein an scholastischen loci orientierendes Erhebungsformular ebenso als Prokrustesbett erweisen, wie eines, das sich am Maßstab des ausgebildeten lutherischen Lehrgebäudes ausrichtete. So war hier von den Texten auszugehen. Sie geben Zeugnis von einer auf Christus konzentrierten Erneuerung der Theologie, welche die Denkformen des Mittelalters „aufhob“, ohne die Gemeinschaft aller Christen in der Kirche – in der Gemeinde der Sünder, die zugleich Christi Braut ist141 – in Frage zu stellen.142
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Vgl. Herbert Vorgrimler, Buße und Krankensalbung (= Handbuch der Dogmengeschichte IV, 3) 1978. 141 Vgl. De exsecutione §§ 69, 56, 53. 142 N.B. Zustimmende Beachtung fand diese Studie bei Hamm, Reformatorische Rechtfertigungslehre (1986), S. 8 mit Anm. 22, und Hamm, Von der Gottesliebe zum Glauben Luthers (1998), S. 34–38. – Wriedt, GuE (1991) sieht in ihr nur den Versuch, „getragen von den methodischen Implikationen des Tübinger SFBs ’Spätmittelalter und Reformation’, anhand des Reue-Motivs eine kontinuierliche Linie ... von Staupitz zu Luther nachzuweisen“ (S. 21), was dem Anfang von Abschn. IV klar widerspricht. Den zentralen Quellentext, die Todesangst Christi am Ölberg (SbPr 1512, 3), erwähnt Wriedt nicht. Korrekt ist dann Wriedt, Staupitz und Augustin (1993), S. 237 bei und mit Anm. 71. – Mit Vorsicht von Rezeption sprechen kann man bei Zumkeller, Heilslehre (1994), S. 169–172, in dessen Referat sich freilich die „drei verschiedenen Arten der Reue“ offenbar lediglich „durch die Motivation unterscheiden“ (S. 170) und folgerichtig die Unterschiede zu Schwarz (Anm. 1107) und Steinmetz (Anm. 1108) – in diesem Beitrag bei und mit Anm. 98, 99 u. 102–104 – bis zur Unkenntlichkeit verwischt werden. Seine Kritik (S. 169 f.) an Anm. 135 ändert nichts an dem Befund: dass Staupitz – speziell – die Beichte selten erwähnt. – Zustimmend und korrekt ist die Rezeption bei Markus Matthias, Die Anfänge ... von Karlstadt (2001), S. 97 mit Anm. 34 f. und bei Posset, FR (2003), bes. S. 213 f. 257 f. 267. 309.
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Staupitz und Luther. Kontinuität und Umbruch in den Anfängen der Reformation* Von Lothar Graf zu Dohna1 Dem Fachbereich Religionswissenschaft der Universität Frankfurt a.M. als Zeichen des Dankes Vor nunmehr 500 Jahren, im Jahre 1483, trat ein junger Sachse in die Welt; J o h a n n v o n S t a u p i t z wurde in der Universität Köln immatrikuliert, die erste Erwähnung des damals mindestens vierzehn-Jährigen aus adeligem Hause. Kein besonders wichtiges Datum, aber immerhin ein historisch gut beglaubigtes. Nicht in gleichzeitigen Quellen überliefert ist ein anderes Datum, die Geburt M a r t i n L u t h e r s , die vermutlich im gleichen Jahre stattgefunden hat. Er selber hat 1484 für sein Geburtsjahr gehalten; aber ein solches Datum war für ihn wie für seine Zeitgenossen unwichtig, ohne historischen Belang. Wenn ich jetzt über ein Luther-Thema spreche, dann, weil es mir um die Sache geht, für die Luther steht, um die bis heute fortwirkende geschichtliche Realität ,Reformation’. So soll es auch nicht um Personen gehen, wenn ich in diesem Vortrag von „Staupitz und Luther“ spreche. Ich stelle den Namen von Staupitz, den der historisch minder wichtigen Persönlichkeit, bewußt voran, nicht nur weil er der ältere ist. Vielmehr kann ich wohl eine Kenntnis Luthers soweit voraussetzen, daß ich über ihn, den Mann von weltgeschichtlicher Bedeutung, weit weniger zu sagen brauche als über den Lehrer, der hauptsächlich um seines Schülers willen unser Interesse verdient. Vor allem bin ich in der Lage, über Staupitz einiges * N.B. Erstdruck: Pastoraltheologie 74 (1985), S. 452–465. Die dortigen Seitenzahlen werden hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen ist identisch. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. Neu eingefügt sind lediglich Anm. 9a, 21a und 30a. In den Literaturangaben werden Kurztitel verwendet, Zur Beachtung, die diese Studie bei anderen Autoren fand, siehe Anm. 33. 1 Dieser Vortrag wurde in einer ausführlicheren Fassung auf einer Tagung des religionspädagogischen Instituts und des „Konvents“ in Loccum (am 19.8.1983) gehalten, in der vorliegenden Gestalt dann in der vom Institut für Theologie und Sozialethik und vom Institut für Geschichte der Technischen Hochschule Darmstadt veranstalteten Ringvorlesung zum Lutherjahr (am 15.11.1983) N.B. (Druck in: Werden und Wirkung der Reformation. Ringvorlesung ... im WS 83/84, hg. v. L. Graf zu Dohna und Reinhold Mokrosch, [Wissenschaft und Technik 29], Darmstadt 1986, S. 95–116), sowie in englischer Sprache an der New York State University Buffalo (N.Y.) und an der Tennessee State University Knoxville (Tn.) N.B. (Druck unter dem Titel „Staupitz and Luther. Continuity and Breakthrough in the Beginning of Reformation“ in: Via Augustini [1991], S. 116–129). Ich danke auch hier den Einladenden und den Teilnehmern der stets anregenden Diskussionen. – Die Vortragsform wurde beibehalten und nur durch wenige Hinweise auf Quellen und wichtigste (Staupitz-)Literatur ergänzt.
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auszusagen, was noch unbekannt ist, da ich unmittelbar aus der Werkstatt der Forschung berichten kann2. Diese Überlegungen sind aus der Arbeit an der kritischen Staupitz-Gesamtausgabe3 erwachsen; so ist der Ertrag vieler Gespräche mit den Tübinger Mit-Editoren in sie eingegangen4. Im allgemeinen wird Johann von Staupitz nur im Rahmen von Luthers Lebenslauf behandelt. Er tritt in ganz bestimmten Stationen dieses Lebens auf: als Vorgesetzter – nämlich als Generalvikar der deutschen Kongregation der AugustinerEremiten –, als Seelsorger und Mentor des jungen Mönchs, den er in seinen Anfechtungen tröstete und den er zur Laufbahn des theologischen Lehrers bestimmte. Es geht mir aber nicht um Biographie, – weder um die Luthers noch um die von Staupitz5. So will auch der Untertitel dieses Referats andeuten, daß es um zentrale Fragen der Reformation gehen soll. Um es etwas zugespitzt vorweg zu sagen: ich möchte an einem Beispiel zu zeigen versuchen, daß man Reformationsgeschichte nicht als Luther-Biographie schreiben kann. Sicher, es ist eine Binsenweisheit, daß man eine historische Gestalt nicht isoliert von ihrer Umwelt, nicht ohne Einbeziehung der Vorgeschichte darzustellen vermag. Oft genug aber ist die Reformation – vor dem Hintergrund einer in Mißständen erstarrten Kirche und einer verfallenden, dabei recht pauschal charakterisierten Scholastik – als die Tat des einzigen Mannes Luther, als der einmalige, im Studierzimmer Ereignis werdende geistige Durchbruch zu einer neuen Zeit beschrieben worden. Ich will nun nicht auf alle die äußeren Voraussetzungen eingehen, deren Kenntnis erst die Reformation verständlich macht, unter denen die lange vernachlässigten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren eine wichtige Rolle, aber keineswegs die einzige spielen. Ich frage nur: war es denn so selbstverständlich, daß Luthers theologische Erkenntnis ein solches Echo fand und eine so weitgreifende und umstürzende Bewegung auslöste, der ein solcher Erfolg beschieden war? Wäre nicht eine andere Entwicklung vorstellbar? Oder anders gefragt: Wenn ein Luther mit seiner Theologie hundert Jahre früher auf dem Konzil von Konstanz, das zum Zwecke der Kirchenreform einberufen war, aufgetreten wäre, hätte man ihn nicht wie Jan Hus verbrannt? Oder nach dem Insbesondere stütze ich mich in diesem Vortrag auf Dohna / Wetzel, Die Reue Christi (N.B. in diesem Sammelband S. 151–175). Auf dort angeführte Quellen und Literatur wird hier nicht in jedem Falle verwiesen. 3 Johann von Staupitz, Sämtliche Schriften, hg. v. Lothar Graf zu Dohna und Richard Wetzel (JvS). Bisher erschienen sind JvS 2 (1979), N.B. JvS 1 (1987) und JvS 5 (2001). 4 Mein Dank gilt besonders Richard Wetzel, Wolfram Schneider-Lastin und Berndt Hamm – den aktuellen –, Albrecht Endriß und Wolfgang Günter – den ehemaligen Mit-Editoren –, nicht zuletzt aber dem Initiator des Sonderforschungsbereichs „Spätmittelalter und Reformation“ in Tübingen, Heiko Augustinus Oberman. In wechselseitiger Anregung und kritischer Diskussion konnten wir alle unsere jeweiligen Erkenntnisse verfeinern. 5 Zur Biographie Staupitz’ vgl. den Überblick im N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 125–132. 2
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Konzil von Basel? Hätte man ihn vielleicht wie den Reformer Nikolaus von Cues kaltgestellt, indem man ihn auf die Reise schickte, die Klöster zu reformieren? Der Boden muß doch ganz anders vorbereitet gewesen sein, der dann den Samen der Botschaft Luthers aufnahm, so daß er reiche Frucht brachte. Es sahen viele Christen in ihr offenbar „die ersehnte Reformation“, wie Heiko Oberman sie genannt hat6. Das eigentlich religiöse Anliegen Luthers sollte sich dann allerdings bald als „die unerwartete Reformation“ herausstellen. I.
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Nun, die Voraussetzungen der seit langem „ersehnten Reformation“, einer Reform der Institution Kirche ,an Haupt und Gliedern’, brauche ich Ihnen nicht näher zu erläutern. Stichworte mögen genügen: Enttäuschung über das Scheitern der Reformkonzilien, Zunahme der Verweltlichung und der Geldschneiderei der Kirche, Humanismus und erwachendes Nationalbewußtsein. Indes, auch zur „unerwarteten Reformation“ gab es Ansätze. Die Erkenntnis, daß die Reform der Institutionen weder ausreichend noch durchführbar war, verband sich bei manchen Reformgesinnten mit dem Ungenügen an einer zu sehr philosophisch orientierten Theologie und einer zu sehr an Äußerlichkeiten haftenden Religionspraxis mit ihrem zu laxer Moral führenden egoistischen und opportunistischen Heilsstreben. Es entwickelte sich eine neue praktisch-seelsorgerlich orientierte ,Frömmigkeitstheologie’7. Während einer ihrer Vertreter, Johann von Paltz, aus dem Bestreben, die Gnade Gottes populär zu machen, dazu gelangt, den Ablaß zu propagieren, wird sein Ordensbruder Staupitz zum Vordenker und Wegbereiter der „unerwarteten Reformation“. Auch Staupitz bemühte sich zunächst um die Reform des Ordens, also: Reform der Institution. Doch zeigt sich schon hierbei ein Wandel in der Reformauffassung. Dies ist von der bisherigen Forschung nicht gesehen worden8. Die Protestanten übernahmen die katholische Sichtweise, für die nur e i n e Art von Reform in Betracht kam: Wiederherstellung der Vollkommenheit des Ordens, gemäß der Grundbedeutung des Wortes Re-formatio, also: Observanz der Regel. Demgegenüber will Staupitz nicht den Rückzug einer die Selbstheiligung erstrebenden Elite aus der ,Welt’ in die Klausur. Er möchte, daß die Mönche durch Predigt und Seelsorge i n die Welt wirken und so das Kloster zu einer Keimzelle für die Reform der Christenheit machen. Im Zusammenhang damit verwirklichte Staupitz ein ungewöhnlich erscheinendes Konzept: die Vereinigung der beiden Flügel des Ordens, der nichtreformierten Oberman, Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel (1982). Diesem wichtigen Buch, das der Bedeutung von Staupitz mehr gerecht wird als jede bisherige Luther-Biographie, verdankt dieser Vortrag mehr als die zitierte verständnisfördernde Formulierung, während der oben (in Anm. 2) genannte, 1982 geschriebene Staupitz-Aufsatz Obermans LutherBuch noch nicht berücksichtigen konnte. 7 Hamm, Frömmigkeitstheologie (1982). 8 Hierzu und zum Folgenden vgl. Dohna, Ordensreform. Als Vortrag 1981 in Berlin gehalten, N.B. 1989 in Ordensstudien VI gedruckt, in diesem Sammelband S. 138–150. 6
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(sächsischen) Provinz der Augustiner-Eremiten mit der deutschen Kongregation der strengen Observanz unter seiner gemeinsamen Leitung. Hiergegen, obwohl es ein Sieg der Reform war, protestierten sieben ,renitente Klöster’ der Observanz, denen Reinheit wichtiger war als Einheit9. N.B. Nicht – wie seit Heinrich BÖHMER, Luthers Romfahrt (1914) allgemein angenommen – als Wortführer des renitenten Klosters Erfurt reiste Luther nach Rom. Diese These hat Hans SCHNEIDER in mehreren Aufsätzen widerlegt9a. Der Generalvikar Staupitz sah in der nur äußerlich angewandten Strenge der Ordensregel keinen Selbstzweck. Aus seinen Äußerungen spricht viel Erfahrung, auch selbstkritische. Er sah, daß es unmöglich ist, aus eigener Kraft fromm zu werden. Zu Luther sagte er: „Ich habe Gott tausendmal gelobt, ich wollte fromm werden ... ich will Gott nicht mehr belügen“10. Sicher, dieser seelsorgerliche Trost für den fanatischen Asketen und unter übertriebenem Sündenbewußtsein leidenden Luther ist aus diesem Anlaß vielleicht etwas überspitzt. Doch war es dem Seelsorger ernst damit, sich und andere davor zu bewahren, sein Vertrauen auf die eigenen Kräfte zu setzen statt auf Gottes Gnade. Hier wird deutlich, wie stark die Auffassung von Ordensreform bei Staupitz von seiner Theologie geprägt wird, die sich von Augustin ausgehend zu einer biblisch begründeten, vor allem auf Paulus fußenden Gnadentheologie entwickelt. Es ist bekannt, welchen Eindruck der Seelsorger Staupitz auf Luther machte und welche Bedeutung die theologischen Einsichten des Älteren für den Jüngeren gewannen11. So ist es auch nicht verwunderlich, daß der Ordensobere den radikalobservanten Erfurter Mönch im ordenspolitischen Streit auf seine Seite herüberzog. Der Franziskaner Weijenborg sieht in dieser Abkehr Luthers von der klassischen Observanz einen Ungehorsam, der folgerichtig später zum Abfall von der katholischen Kirche führen wird12. Umgekehrt ist es – meines Erachtens – gerade die Tatsache, daß Luther dem rigorosen Observantismus mit ganzer Seele verhaftet war, die ihn dann als Reformator zu einer so rigorosen Verdammung des Mönchtums führte. Er verdammte damit seine eigene Gläubigkeit an eine als „sicherer Weg zum Heil“ (Paltz) verstandene „Möncherei“. Staupitz hingegen war die Erfüllung mönchischer Askese niemals Selbstzweck gewesen, er hatte niemals gemeint, er könne durch sie „einen gnädigen Gott gewinnen“. Gerade deshalb kann Das Begriffspaar „Reinheit“-„Einheit“ nach Oberman, Luther. N.B. Näheres siehe im Beitrag „Edition und Forschung seit 1979“ in diesem Sammelband S. 283–330, hier 321. Weitere Eingriffe in den hier wiederabgedruckten Text, um andere Spuren der früheren communis opinio nachträglich zu entfernen, unterlasse ich. 10 So versuche ich das durch Luther bei verschiedenen Anlässen je verschieden überlieferte Staupitz-Wort wiederzugeben. WA 33, 431 (= Scheel, Entwicklung (21929), 66, Z. 28–31); WA 40/II, 92, 4–6. 24–26 (= Scheel 76, 17f. 34f.); WA TR II, Nr. 2797a (= Scheel 101, 26–29). 11 Wolf, SuL (1927). Stärker als schon Wolf um Luthers Originalität besorgt: Steinmetz, LuS (1980). 12 Weijenborg, Dokumente (1957). Dazu Lau (1960). 9
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Staupitz noch 1524, im Jahre seines Todes, Luther als seinen Freund bitten, er möge die äußeren, mit dem Glauben vereinbaren Dinge wie das Mönchsgewand und die Gelübde nicht verwerfen, nicht um ihres Mißbrauchs willen die Sache selbst verurteilen.13 In diesem seinem letzten Briefe an Luther bekennt Staupitz nicht nur, daß sein Glaube an Christus und das Evangelium unverändert bestehe, sondern auch, daß er zuvor der Vorläufer der evangelischen Lehre gewesen sei (olim praecursor exstiti sanctae evangelicae doctrinae). Genau dasselbe sagt auch Luther selber: „Staupicius hat die Lehre (doctrinam) angefangen.“14 Es ist nun eigentümlich, daß diese klare Aussage Luthers in der Lutherforschung im allgemeinen nicht wirklich ernstgenommen wird15. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Äußerungen Luthers, die das Gleiche oder Ähnliches besagen. So bezeugt er 1532: „Von Erasmus habe ich nichts (Ex Erasmo nihil habeo). Ich hab all mein ding von Doctor Staupiz; der hatt mir occasionem geben (Veranlassung gegeben).“16 Luther führt also Wesentliches in seiner evangelischen Lehre auf Staupitz zurück, und zwar nicht nur auf den Seelsorger, sondern deutlich auch auf den Theologen Staupitz, sonst würde er ihn nicht Erasmus gegenüberstellen, nicht ausdrücklich von der doctrina sprechen. Auch auf der Seite der Luthergegner hat man den Sachverhalt offenbar ebenso gesehen: Der gut informierte Nuntius Aleander berichtet nach dem Wormser Reichstag, Staupitz, Luthers Lehrer, habe als erster begonnen, gegen die allgemeine Lehre der Theologen seine Zunge zu üben, wenn auch nicht mit so gro ßem Geist wie Luther17. Bevorzugt zitiert werden meist die 13
Brief vom 1. IV. 1524, WA Br III, 263 f. WA TR I, Nr. 526 (Frühjahr 1533). 15 Man kann jedenfalls dagegen nicht andere Äußerungen Luthers, die am s p ä t e r e n Verhalten Staupitz’ Kritik üben, ausspielen. Zwei Sätze aus Briefen an Link mit Urteilen über einen „unverständlichen“ Brief und eine „laue“, aber doch „druckwürdige“ Schrift Staupitz’ (19. III. 1522 und 7. II. 1525: WA Br II, 632 und III, 437) stellen kein Gegengewicht („must be balanced against ...“) dar, wie Steinmetz, LuS (1980), S. 3, meint. Solche durch die veränderte Situation bedingten Unmutsäußerungen, besonders aus den Jahren 1521 bis 1523, widersprechen nicht der Beurteilung von Staupitz’ L e h r e in ihrer Bedeutung für die Anfänge der reformatorischen Theologie. So kann Luther am 17. IX. 1523 „seinem Vater und Lehrer“ in ein und demselben Brief – seinem letzten an Staupitz – herbe Kritik zumuten und dankbar bekennen: „durch dich hat zuerst das Licht des Evangeliums aus der Finsternis in unseren Herzen zu leuchten angefangen“ (vgl. 2 Cor 4, 6). (WA Br III, 155–156). 16 WA TR I, Nr. 173. (Febr. oder März 1532). 17 Aleander schreibt über den Salzburger Fürst-Erzbischof Matthäus Kardinal Lang, dessen in Worms anwesende Hofleute (familiares) alle Lutheraner seien, jedenfalls aber Hasser der Römischen Kirche: „Illud certissimum est, eum (scil. Lang) domi fovere Stapitium ord. erem., Lutheri praeceptorem, qui primus contra communem theologorum scholam exercere linguam cepit, quamvis non tanto, quanto Lutherus spiritu.“ Paul Kalkoff, Aleander gegen Luther. Studien zu ungedruckten Aktenstücken aus Aleanders Nachlaß, Leipzig / New York 1908, S. 138. N.B. Posset, Front-Runner (2003), 24 bei Anm. 44 (s. auch unten Anm. 33) gibt ’spiritu’ mit ’courage’ wieder. 14
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Zeugnisse für den seelsorgerlichen Rat und Trost, den Staupitz Luther in entscheidenden Stunden gegeben hat, wobei zu beachten bleibt, daß sie ebenfalls Zeugnisse für die dahinterstehende Theologie sind. So zitiert Luther selber ein ihn tröstendes Staupitz-Wort, das die Lehre des Meisters und des Schülers ausdrücklich als „ u n s e r e Lehre“ zusammenfaßt: „Am Anfang meiner Streitsache sagte Staupitz: dies tröstet mich, daß diese unsere Lehre von der Gnade die ganze Ehre und alles Gott allein gibt und nichts den Menschen.“ So im Erstdruck des Kommentars zum Galaterbrief (1535)18. Es ist nun auffällig, daß in den späteren (jedenfalls nicht von Luther besorgten) Drucken (ab 1538) die Stelle völlig verändert ist; jetzt heißt es: „die Lehre, die du predigst“. Hier wird die früh einsetzende Tendenz zu einem Luther-Kult sichtbar, die Luther von den geschichtlichen Bedingungen seiner Existenz abhebt und ihm allein die Ehre zu geben bestrebt ist; eine Tendenz, an welcher der Reformator selber nicht beteiligt ist. Noch ein Jahr vor seinem Tode schreibt er: „Doctor Staupitz, welchen ich rhümen mus (wo ich nicht ein verdampter, undanckbar Bepstlicher Esel sein wil), das er erstlich mein Vater ynn dieser lere gewest ist und (mich) ynn Christo geborn hat.“19 Sollen wir nun Luther nicht ernstnehmen? Es waren sicherlich nicht nur „undankbare päpstliche Esel“, die diesen Befund verdrängt haben. Es ist auch nicht nur die literarische Gattung der Biographie, die dazu führt, den ,Helden’ so sehr zu verabsolutieren, daß er alles nur seiner eigenen Kraft verdanken, keine Einflüsse auf sein Denken erfahren haben darf. Einerseits stellt man Luther einer schwarz in schwarz gemalten Kirche und einer verkommenen scholastischen Theologie gegenüber (was unserem heutigen Erkenntnisstand nicht mehr entspricht), andererseits sieht man in dem Reformator ein Instrument Gottes, einen unmittelbar vom Heiligen Geist Inspirierten, einen höchst unevangelischen ,heiligen’ Luther. Es kommt hinzu, daß Staupitz durch seine Stellung auf der Wende zweier Zeitalter keine nachhaltige Nachwirkung hatte20. Den Katholiken war er zu luthernah, die sich zur Konfession ausbildenden Protestanten sahen in ihm einen vorzeitig aus dem Kampf Ausgeschiedenen, bestenfalls einen Vorläufer, der es nicht mehr zu dem ausgebildeten lutherischen Lehrbegriff gebracht hat. Diejenigen unter den Erben der Reformation, denen die doktrinal erstarrende lutherische Orthodoxie zu wenig Anweisung für das christliche Leben bot, die ,Stillen im Lande’, die Mystiker und Pietisten sind es, die das Erbe Staupitz’ bewahrten und pflegten und die seine „geist-reichen Büchlein“ bis weit ins 19. Jahrhundert hinein immer wieder auflegten, ja, ins Englische und Französische übersetzten. Die Ausbildung exklusiver konfessioneller Standpunkte hat nicht nur einem Fortwirken, sondern auch dem Verstehen der Theologie Staupitz’ im Wege gestanden. Allzu oft hat man von einem vorgegebenen Fragenkatalog aus nach der ,Lehre’ dieses wenig lehrhaften Predigers und auf Verinnerlichung bedachten SeelWA 40/I, 131, 21–25 (= Scheel 62, 10–14). WA Br XI, 63. 20 Hierzu und zum Folgenden vgl. den N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 131–133, 18 19
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sorgers gefragt. Für den biblischen Theologen, der um eine die Scholastik hinter sich lassende Alternative bemüht war, mußte sich ein an scholastischen Lehrformeln orientierendes Erhebungsformular ebenso als Prokrustesbett erweisen, wie eines, das sich am Maßstab des ausgebildeten lutherischen Lehrgebäudes ausrichtete. II.
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Eine den Theologen Staupitz in seiner geschichtlichen Eigenart wirklich ernstnehmende Forschung muß also von seinen eigenen Texten ausgehen. Leider ist es in einem Vortrag nicht möglich, die Theologie Johann von Staupitz’ aus seinen eigenen Schriften – die übrigens zu einem guten Teil ungedruckt sind – unmittelbar zu entwickeln. Ich will versuchen, ihre wichtigsten Elemente kurz, und doch verständlich zusammenzufassen21. In seiner Theologie geht Staupitz nicht vom Menschen aus, sondern von Gott, nicht vom Geschöpf, sondern vom Schöpfer. So steht am Anfang nicht die Frage des Menschen: „wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ – die Frage des spätmittelalterlichen Menschen, von der auch Luther ausgegangen war. Es geht gar nicht darum, daß der Mensch irgend etwas tun kann, daß er durch irgendeine Leistung sich die Gnade verdienen muß. Gottes Liebe geht allem voraus, der Erschaffung, der Erwählung, der Erlösung und der Rechtfertigung des Menschen. So lehnt Staupitz nicht nur die Verdienst- und Tugendlehre der Scholastik ab, er ,reformiert’ auch ihre Begriffssprache. Den Begriff der ,angenehmmachenden Gnade’ (der gratia gratumfaciens) etwa stellt er vom Kopf auf die Füße: diese Gnade macht nicht – wie die Schule sagt –, daß der Mensch Gott gefalle – denn Gott liebt den Menschen schon von jeher –, sondern daß Gott dem Menschen gefalle, was ohne Gnade nicht möglich ist. Folgerichtig geht Staupitz über Augustin hinaus zu den in der Bibel – besonders in den Evangelien und bei Paulus – bezeugten Verheißungen Gottes selbst zurück. In den Schriften seiner reifen Zeit, seit 1512, werden keine ,Autoritä ten’ mehr zitiert, nur noch die Bibel. Er setzt die Heilige Schrift wieder ein als Grundlage der Theologie, aber auch als Maßstab für die Bewertung der kirchlichen Praxis. Das führt zu einer Ausschaltung der Vermittlerfunktion der Kirche und der Priester, zu einer Relativierung der Gnadenmittel, der Sakramente. Er betont die Alleinwirksamkeit Christi, der uns Glauben, Hoffnung und Liebe schenkt: keine menschliche Leistung, keine guten Werke können die Rechtfertigung verdienen. Sie geschieht durch den Glauben, den Gott dem Sünder allein aus Gnade schenkt. Den Begriff ,Glaube’ faßt er nicht eng als ein ,Fürwahrhalten’ der christlichen Lehre. Glaube i n Christus (nicht: ,an’ Christus) ist das unbedingte Vertrauen zu Gott und zu dem uns rechtfertigenden Christus, wie es ohne die reuige Selbsterkenntnis als Sünder nicht möglich ist. So kann Staupitz auch von der Rechtfertigung ,sola fide’ (allein durch den Glauben) spre21
Zum folgenden verweise ich generell auf „Die Reue Christi“ (in diesem Sammelband S. 151–175), wo auch die Quellen im einzelnen zitiert werden.
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chen, doch bevorzugt er Aussagen, die ein isolierendes Verständnis des Glaubens ausschließen, etwa: „der Glaube, der durch die Liebe tätig ist“ (Gal 5, 6), und besonders die Einbindung in die ebenfalls paulinische Trias: Glaube, Hoffnung, Liebe (1 Cor 13, 13). Die Werke des Menschen bleiben immer ,endliche’ (finita), die zur Begründung einer Gerechtigkeit u n - endlichen Verdiensts nicht tauglich sind, also auch nicht zu unendlicher Belohnung. Endlich sind auch d i e Werke, die der lebendige Glaube bewirkt, die also Werke Christi genannt werden können. So kommen die guten Werke bei Staupitz nicht zu kurz: sie sind F r ü c h t e des Glaubens und dementsprechend der Verherrlichung zugeordnet, die nach Rom 8, 30 der Rechtfertigung notwendig folgt. Hier wirkt in Wahrheit Christus in uns. Dabei bleibt der Mensch seiner Sünden bewußt, denn es ist die gefährlichste Anfechtung des Teufels, wenn er in Gestalt eines Engels versucht, den Menschen dazu zu verführen, auf seine eigene Gerechtigkeit zu vertrauen. Ist es doch die Gerechtigkeit Christi – des Bräutigams –, die der sündigen Seele – der Braut – durch die Ehe zuteil wird21a. Klagt doch der Gerechte zu allererst sich selber an und rechtfertigt damit Gott. Die Bedeutung der Werke für das christliche Leben bleibt also gewahrt, nachdem Staupitz sie aus dem Rechtfertigungsgeschehen ausgeschieden und somit das ganze Schema einer notwendigen Vorbereitung, einer ,Disposition’, aufgegeben hat, wie sie die spätmittelaiterliche Bußlehre und Bußpraxis kennzeichnet. Staupitz sieht die Buße nicht als formalen Akt, der – aus Reue, Beichte und Genugtuung bestehend – der Rechtfertigung vorauszugehen hat. Buße ist für ihn Nachfolge Christi, genauer der ,Reue Christi’. Das Auffinden und die Interpretation dieses bisher unbekannten, überraschenden, ja zunächst befremdenden Gedankens ist ein Ergebnis unserer Edition der bisher unveröffentlichten Salzburger Predigten von 151222. Ihre Bedeu tung liegt in der Tatsache, daß Staupitz bereits in der Passionszeit 1512 – also ehe Luther biblischer Professor in Wittenberg wurde – die wesentlichen Elemente seiner reformatorischen Theologie vorträgt, und zwar N.B. Das Bild der Ehe zwischen Christus und der Kirche (nach Eph 5, 22–33, bes. ’sacramentum’ – in der Bedeutung von Mysterium – in V. 32), und damit (nach uralter Auslegungstradition) auch zwischen Christus und jeder einzelnen gläubigen Seele, erlaubt Staupitz die Beschreibung des Geschehens der Rechtfertigung – eines eher paulinischaugustinischen Themas – in der Sprache der Brautmystik des Canticums; siehe De exsecutione, Kap. 9, 10 und 11. – Dank Luther wissen wir, dass Staupitz seinen Brüdern die Lektüre Taulers empfohlen hat. Einen Widerspruch zu seiner in den Tübinger Predigten gezeigten Vorliebe für die mystische Theologie Gersons scheint er nicht empfunden zu haben. Die dort (TüPr 3,2,1, Z. 204–206) klar markierte Grenze, wie der Mensch mit Gott ’unus spiritus’ (1 Cor 6, 17) werden kann, sah er offb. auch bei Tauler gewahrt: durch die Angleichung des Willens, nicht durch Einheit des Wesens (’per voluntatis conformationem, non substantiae identitate’ (JvS 1 [1987], S. 71 f. mit Anm. 69; vgl. JvS 2 [1979], Anm. 6 zu § 54 in Kap. 9); vgl. unsere Zurückweisung Wolfs im Beitrag „Reue Christi“ (in diesem Sammelband S. 154 Anm. 21). 22 N.B. Seit 1990 als Vorabdruck von JvS 3 vorliegend: Salzburger Predigten 1512, hg. v. Wolfram SCHNEIDER-LASTIN. 21a
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wirklich vor dem Volke in der Pfarrkirche und in deutscher Sprache. Das Leiden Christi hat seinen ersten Höhepunkt am Ölberg, hier hat er sich zum Gehorsam gegenüber Gott Vater durchgerungen, hier hat er in das Sterben eingewilligt, hier hat er alle Sünden aller Menschen auf sich genommen und vollkommen bereut, indem er blutigen Schweiß schwitzte, hier erlitt er den Tod – nicht des Leibes, sondern der Seele, nämlich die Verlassenheit von Gott. Hierdurch hat er dem Menschen ein Vorbild der Schmerzensreue, der wahren Reue gegeben. Eine solche Reue kann der Mensch aus eigener Kraft nicht leisten, aber er kann und soll Christus nachfolgen, indem er tiefen Schmerz über seine Sünden empfindet und sich Gottes Gnade gläubig überliefert. In der Aneignung der Reue Christi wird dem Menschen vollkommene Reue und somit die Erlösung zuteil. Dem Leiden Christi – gipfelnd in der Reue des Gottmenschen – kann und soll der Mensch nachfolgen, ohne zu ruhen. Dem Tode des L e i b e s Christi, dem Kreuz, kann der Mensch nur einmal, nur im Angesicht des eigenen Todes nachfolgen. Das ganze Leben der Gläubigen soll Buße sein, wird Luther dann in der ersten seiner 95 Ablaßthesen sagen. Mit der Reue Christi habe ich einen ebenso originellen wie gründlicher Interpretation bedürftigen Gedanken vorzustellen versucht, der sich als Schlüsselbegriff der Buß- und Rechtfertigungs-Auffassung in der Theologie Johann von Staupitz’ erweist. Dieser Gedanke prägt bereits die am Anfang seiner reifen Periode stehenden Salzburger Predigten von 1512; er spielt auch in den letzten erhaltenen Predigten des Abts von St. Peter in Salzburg, den ebenfalls ungedruckten von 1523, noch eine wichtige Rolle. Übrigens enthalten auch die längst bekannten Nürnberger Predigten vom Frühjahr 1517 ein hiermit im Einklang stehendes Stück über die Buße. Nur wurde es bisher ständig g e g e n den Wortlaut interpretiert, um es im Sinne der Scholastik auffassen zu können. Die Kontinuität seines theologischen Denkens, wie sie sich auch anhand dieses ,Leitmotivs’ bei Staupitz aufweisen läßt, ist in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Einmal läßt sie wenig Spielraum für die Vorstellung, Staupitz habe Entscheidendes von Luther übernommen. Zum anderen trägt sie dazu bei, die Meinung zu widerlegen, der Salzburger Prediger und Abt habe eine Abkehr von seiner früheren theologischen Haltung vollzogen. Diese Erkenntnis steht im Einklang mit einem anderen Ergebnis unserer Edition: das sogenannte „zweite Gutachten“ aus dem Haeresie-Verfahren gegen Stephan Agricola (1523) ist entgegen der herrschenden Meinung nicht von Staupitz verfaßt. Damit ist der Kronzeuge für seine angebliche Kehrtwendung zum rigiden Ketzerverfolger ausgeschieden. Das e c h t e Gutachten von Staupitz war bisher kaum verständlich. Erst nach einem Aktenfund im Archiv, der eine annähernde Rekonstruktion der nicht über lieferten Fragen der Inquisitoren und der Antworten des Beschuldigten ermöglicht, erweist sich diese Staupitzschrift als Zeuge der Stetigkeit seiner Auffassung23. 23
Meine Edition der „Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae“ N.B. ist in JvS 5 (2001) erschienen; die aktualisierte Reproduktion s. in diesem Sammelband S. 36–46.
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Es geht darum, die Besonderheit der Theologie des Johann von Staupitz zu erfassen, Inhalt und Gehalt seiner überlieferten Äußerungen zu verstehen24. Unhistorisch ist es demgegenüber, auf diese Zeugnisse der noch im Fluß befindlichen theologischen Bewegung bereits die später verfestigten Alternativbegriffe ,katholisch’ oder ,lutherisch’ anzuwenden. So gelangte der Versuch der konfessionellen Theologen, Staupitz jeweils zum Anhänger der eigenen Konfession zu stempeln, zu wenig überzeugenden Ergebnissen. Man wird die unterschiedlichen Ansätze zur Reform christlichen Glaubens und Lebens ernst nehmen müssen und nicht den besonders grundsätzlichen, in seiner Konsequenz grundstürzenden Ansatz Luthers, der sich dann durchgesetzt hat, vom Ergebnis her rückschauend, isoliert betrachten. Staupitz und Luther antworten auf die gleichen, die Menschen des Spätmittelalters bedrängenden Fragen, die im Suchen nach dem sicheren Weg zum ewigen Heil ihr übergreifendes Motiv hatten. Auch Staupitz wollte die Theologie von ihrer biblischen Grundlegung her reformieren. Im Mittelpunkt stand hierbei für ihn die paulinische, augustinisch vermittelte Lehre von der Gnade Gottes. Wohl ausgeprägter als bei Luther war bei ihm der Versuch, zugleich den alten Streit der Schulen zu überwinden. Neben diesem – trotz spürbarem Generationenunterschied – parallelen Streben beider Reformer fanden auch wechselseitige Anregungen statt sowie Wirkungen nach e i n e r Seite hin25. Zu seiner Abhängigkeit von Staupitz in der Auffassung vom Wesen der Buße hat sich der Jüngere 1518 im Begleitschreiben zu den Resolutiones der 95 Ablaßthesen ausdrücklich bekannt: wahre Buße beginne mit der Liebe zur Gerechtigkeit und zu Gott; dies sei der Ursprung der Buße, nicht ihr Ziel und ihre Vollendung26. In seiner Konzeption der Buße setzte Staupitz an d e n beiden Elementen an, bei denen es im Spätmittelalter – in eigentümlicher Wechselwirkung von Praxis und Lehre – zu einer Fehlentwicklung gekommen war: bei der Reue (contritio) wie auch bei der Genugtuung (satisfactio). Er vermeidet die doppelte Gefahr der spätscholastischen Lehre von der Reue als Vor aussetzung der rechtfertigenden Gnade: die e i n e , die Anforderung an die Reue soweit herabzumindern, daß eine wahre Bußgesinnung entbehrlich wurde (so die Skotisten), a n d e r e r s e i t s die Gefahr, die das Festhalten an der echten Herzensreue mit sich brachte, daß diese nämlich als eine dem Menschen aus seiner Natur mögliche Leistung angesehen werden mußte (so die Occamisten). Beide Gefährdungen sieht Staupitz auch bei der Genugtuung gegeben. Entsprechend warnt er vor der bequemen Lösung des Ablasses 24
Diese Absicht versteht sich als komplementär zu dem Unterfangen von Steinmetz, die einzelnen Lehrstücke (loci) in den Kontext der scholastischen Theologie einzuordnen: Steinmetz, MD (1968). 25 Auf Texte Luthers, die deutlich von Staupitz abhängig sind, konnte Wetzel unlängst in seinem Vortrag „Staupitz und Luther“ (am 11.10.1983 in Tübingen) hinweisen (N.B. gedruckt 1986; in diesem Sammelband S. 190–203, hier 201–203). 26 WA 1, 525, 4–14 (= Scheel 9,28 – 10,3). N.B. Ausführliche Paraphrase bei Wetzel, SuL (wie Anm. 25), im Text nach Anm. 8 (in diesem Sammelband S. 193).
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als billiger Abgeltung gleichermaßen, wie vor der Bewertung genugtuender Werke als verdienstlicher Leistung. So führt die staupitzsche Reue-Theologie, die von dem Gefüge von Disposition und Leistung wie auch von einer sakramentalen Vermittlung absieht, ebenso aus der Sackgasse der spätscholastischen ,Verrechtlichung’ heraus und zum Evangelium zurück wie dann die Ablaß- und Bußlehre Luthers. Jetzt verstehen wir den lebhaften Widerhall der Staupitz-Predigten in Salzburg und München, die Begeisterung der Hörer in Nürnberg, die in Staupitz den Reformator der Theologie sahen27. Seine Predigten wurden seit 1512 mitgeschrieben, man bat darum, daß er sie im Druck erscheinen lasse, wie es 1515, im Januar 1517 und 1518 gleich in mehreren Auflagen geschah. Sogar seinen ,Tischreden’ wurde ein solches Gewicht beigemessen, daß man sie 1517 aufzeichnete, wie man es erst 14 Jahre später bei Luther begann. Als die Mitglieder der Nürnberger „Staupitz-Gesellschaft“ dann hörten, daß in Wittenberg ein Schüler ihres Meisters namens Luther lehre, begann man auch mit ihm eine Korrespondenz. Und als dieser Schüler lateinisch seine 95 Thesen zum Ablaß verfaßte, übersetzte sie der Patrizier Kaspar Nützel ins Deutsche, wodurch erst ihre ungeheure Verbreitung und Wirkung in Gang gesetzt wurde. Es ist mir in diesem Rahmen nicht möglich, Luthers Entwicklung zum Reformator von Stufe zu Stufe nachzuzeichnen. Wir müssen uns jedenfalls vor der Neigung mancher Luther-Betrachter hüten, die – ja bekannte – Lehre Luthers dort, wo ihre ersten Spuren sichtbar werden, als schon im Ganzen ausgebildet, oder jedenfalls im Entwurf angelegt anzunehmen. In Wirklichkeit vollzieht sich diese Entwicklung allmählich, wenn auch in Schüben. Oft werden Konsequenzen einer Entdeckung erst später gezo gen. Man kann nun feststellen, daß Luther die „drei reformatonschen Fundamente“ (wie sie Oberman genannt hat) im Frühjahr 1518 zusammenfügt28: 1. Die unverdiente Gnade (sola gratia) 2. Die klare Schrift (sola scriptura) 3. Gott verlangt keine Vorleistungen (keinen bestimmten Grad an Zerknirschung), sondern den Glauben allein, und zwar den Glauben als Vertrauen (sola fide). Wenn dies die drei reformatorischen Fundamente sind – und ich bin überzeugt, sie sind es – dann ist die Theologie Johann von Staupitz’ reformatorisch. Die wichtigste Quelle ist: Scheurl’s Briefbuch, Bd. 2 (1872; Ndr. 1962), bes. S. 1, 4 f., 6, 8 f, 35 f., 42, 60 f. Zu beachten ist der programmatische Vorspruch „Christi theologiam restaurare“ des Briefes vom 3.XI.1517 (35), der das Bestreben der Augustinerfamilie und Staupitz’ sowie die Stimmung in Nürnberg kennzeichnet und jedenfalls nicht nur auf den Briefempfänger Luther zu beziehen ist. Die Ausdrücke, mit denen Staupitz als Prediger von „noch nie Gehörtem“ (1) über alle Zeitgenossen als „verus theologus“ herausgehoben wird – „Pauli lingua“, „evangelii praeco“, „omnis ... hunc colit, adorat“ (1) –, kehren dann Ende 1518 und 1519 wieder, um nunmehr die Rolle Luthers als Reformator zu bezeichnen (60, 62, 90). Darüber hinaus wird Staupitz von den Nürnbergern – in geradezu messiasgleicher Weise – gerühmt, als sei er der, „qui salvum faciet populum Israhel“ (4 f.). 28 Oberman (wie Anm. 6), 204. 27
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Luther hatte also recht: Staupicius hat die doctrinam angefangen. Luther hatte die Größe, die Verdienste seines Lehrers anzuerkennen. Wollen wir kleinlicher sein? Man kann jetzt eine sehr beachtliche Reihe von einzelnen Abhängigkeiten Luthers von Staupitz nachweisen29. Das ist hier weder möglich noch nötig. Es kommt mir auf die großen Linien an. III. Zum Abschluß bleibt nur noch die Frage nach Staupitz’ Bedeutung für die Reformation als geschichtliches Ereignis. Sein unmittelbarer Einfluß auf Luther als Theologe und Seelsorger steht voran. Daneben ist sein Einfluß auf andere Theologen wichtig30. Karlstadt gibt 1517 selber Zeugnis, wie eine Schrift von Staupitz zur entscheidenden Wende in seiner theologischen Anschauung führte. Auch Melanchthon bezeugt seine Verehrung durch eine Widmung. Seine starke Abhängigkeit von Staupitz bekennt Caspar Güttel, der Reformator der Grafschaft Mansfeld. Überhaupt waren es die Augustiner-Eremiten, welche dann die Reformation trugen und verbreiteten. Man sagt meist: die Ordensbrüder Luthers. Aber die reformierten Augustiner standen seit 1503 unter dem Einfluß der Ordensreform und Reformtheologie ihres Generalvikars Staupitz. Dieser hatte also wesentlichen Anteil daran, daß die Ordensbrüder zu ,Kadern der Reformation’ wurden, hatte er doch Luther zum Distriktsvikar gemacht wie auch zu seinem Nachfolger auf der Wittenberger Professur. Gerade in der kritischen Zeit war Staupitz’ direkte Unterstützung für Luther entscheidend. Der Generalvikar verschaffte ihm 1518 mit der Heidelberger Disputation ein Forum für seine Botschaft30a. Wenig später beglei tete er seinen Schüler nach Augsburg zum Verhör Cajetans und nahm Einfluß auf Kurfürst Friedrich den Weisen. Und auch in seinen späten Salzburger Jahren hat er nicht – was, wie erwähnt, bisher herrschende Meinung war – die Lehre Luthers zurückgewiesen oder gar für häretisch erklärt. Nachhaltig war auch sein Einfluß auf die Öffentlichkeit, die durch den großen Erfolg seiner Predigten und Schriften auf Luthers Vorstoß ganz anders vorbereitet war, als es ohne ihn der Fall gewesen wäre. Hier sind besonders die gebildeten Laien zu nennen, die Pirckheimer und Dürer, aber auch die breite Hörerschaft. Die Tatsache, daß Luthers zunächst akademische Verlautbarung ein so gewaltiges Echo fand, dürfte für den Erfolg der Reformation entscheidend gewesen sein. Ich halte fest: schon Staupitz brachte Wesentliches von dem, was man die „unerwartete Reformation“ genannt hat. So war Luthers „unerwartete Reformation“ doch nicht ganz ohne Vorbereitung. Das andere, die seit langem gewünschten 29
Wie Anm. 25. Zum Folgenden siehe den N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 131 f. 30a N.B. Dazu SCHEIBLE (1983); siehe den Beitrag „Edition und Forschung seit 1979“ bei Anm. 57, in diesem Sammelband S. 292. 30
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Reformen der Geistlichkeit, der Papstkirche, also die „ersehnte Reformation“ brachte Staupitz gerade nicht. Und damit kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt für unsere zweite abschließende Frage: Warum kam nun Luthers Reformation zum Zuge? Warum verschlang die zweite große Woge die erste Welle des staupitzschen Ansatzes zur Reformation? Luther war in vielem mittelalterlicher als Staupitz, darum konnte er die noch überwiegend mittelalterlich denkenden und empfindenden Zeitgenossen besser ansprechen. Luther sagt selber, er sei ein Papist gewesen31. Er nahm den Papst auch weiterhin wichtig; er sah in ihm den Antichrist – eine höchst mittelalterliche Vorstellung! Bei Staupitz spielt der Papst überhaupt keine Rolle. Im Glauben gibt es nur Christus und die Christen. Allen Klerikalismus hatte Staupitz hinter sich gelassen. Aber wo blieb da das ,Feindbild’, ohne das eine Revolution die Massen kaum gewinnen kann? Auch der Teufel gehört dazu, wie Oberman eindrücklich gezeigt hat. Sodann: Luther hatte den Ablaß angegriffen, einen besonders auffälligen Auswuchs, dessen Anprangerung besonders populär war (auch wegen des verbreiteten Anti-Rom-Syndroms). Luther, jedenfalls der öffentlich auftretende Luther, stieß über die Bekämpfung eines Mißbrauchs zu theologischen Tiefen vor. Staupitz wollte die Theologie in ihrer Tiefe reformieren; die Mißbräuche, auch eine nicht mehr zeitgemäße Form der in babylonischer Gefangenschaft vegetierenden Kirche würden dann von selbst verschwinden. Wie wenig wichtig ihm die Messe und andere Pfeiler der Anstaltskirche waren, wissen wir erst seit kurzem durch das Salzburger Gutachten32. Schließlich: Durch den Gegenstand von Luthers Kritik, den Ablaß, war die Frage nach der päpstlichen Autorität, obwohl von Luther nicht gestellt, entscheidend berührt. Daher die grundsätzliche Reaktion der papalistischen Theologen; daher kam Luther schnell in die Rolle, sich verteidigen zu müssen, polemisch zu werden, die päpstliche Autorität nun selber in Frage zu stellen. So wurde eine Reformation innerhalb der damaligen Kirche unmöglich. Mit seiner Theologie, gerade auch mit dem Eigensten seiner Theologie allein wäre Luther weder so stark bei der Renaissance-Kirche angeeckt, noch hätte er auch so breite Zustimmung gefunden. Die Frage, ob eine erfolgreiche Staupitzsche Reformation denkbar wäre, die der Einheit vielleicht den Vorrang vor der Reinheit gelassen hätte, kann der Historiker nicht beantworten. Aufgabe des Historikers ist es, darauf hinzuweisen, daß das tatsächlich Geschehene nicht immer das einzig mögliche Ergebnis in der Wirkungsvielfalt geschichtlicher Faktoren ist. 31 32
WA 40/I, 134,3–7 (= Scheel 62,17–22) und öfter. Siehe oben mit Anm. 23. N.B. Zum Einspruch von Zumkeller, Heilslehre (1994), S. 153 Anm. 976 gegen den letzten Satz ist zu präsisieren: Die Kritik Agricolas, die Staupitz akzeptiert, richtet sich gegen die weit verbreitete missbräuchliche Messpraxis; siehe auch Dohna, Das Häresieverfahren, Einl. zu Text A 2. Consultatio, Anm. 27 (in diesem Sammelband S. 33).
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Die historische Alternative, die nicht zum Zuge gekommen ist, wird leicht vergessen. Nicht der liberale La Fayette prägt unsere Vorstellung von der Französischen Revolution, sondern der radikale Danton. – Es gab eine Reform-Bewegung (die des 11. Jahrhunderts), die tatsächlich die Kirche von innen eroberte, indem sie sogar den Papstthron besetzen konnte; deshalb erscheint sie uns heute weniger revolutionär als sie es war. Rückwärts schauend neigt man leicht zu dem voreiligen Urteil, daß die nicht zum Erfolge gekommenen Strömungen auch gar nicht die Möglichkeit gehabt hätten, sich durchzusetzen. Hier soll nun keineswegs etwa Staupitz gegen Luther ausgespielt werden, so wie allzuoft Luther gegen Staupitz ausgespielt worden ist. Es heißt vielmehr Luther ernstzunehmen, gerade auch Luthers eigene Aussagen ernstzunehmen, wenn man in Staupitz eine Schlüsselfigur der Reformation in den entscheidenden Jahren der Vorbereitung und des Durchbruchs erkennt. Diese Erkenntnis ändert nichts daran, daß Luther d e r Reformator ist, der Urheber und Durchsetzer dieses weltgeschichtlichen Ereignisses, das wir die Reformation nennen; aber diese Erkenntnis hilft uns zu verstehen, w i e Luther zum Reformator geworden ist und w a r u m sich die Reformation in so erstaunlichem Maße durchgesetzt hat. Diese Erkenntnis von der Rolle Johann von Staupitz’ gibt den Blick frei auf einen historischeren Luther und damit auf einen menschlicheren Luther.33
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Beachtung fand diese Studie bei Schulze, Hiob-Prediger (1990), S. 67 mit Anm. 34, bei Wriedt, GuE (1991), S. 22 und (in engl. Fassung) bei Saak (2002), S. 641 A. 168. Voll rezipiert wurde sie von Posset, FR (2003), S. 23 mit Anm. 41 u. 42 (s. auch oben Anm. 17), bes. aber (in engl. Fassung) 358 f. mit Anm. 62 u. 67.
Staupitz und Luther* ** Von Richard Wetzel In seinem letzten Brief an Luther schreibt Staupitz am 1. April 1524 (WA.Br. 3, Nr. 726) neun Monate vor seinem Tod, er, Luther, sei ihm lieb ’›super amorem mulierum‹’. Diese von Mönch zu Mönch ein wenig überraschenden Worte sind diejenigen Davids über Jonathan (2 Rg 1, 26). David und Jonathan aber bilden das biblische Freundespaar schlechthin. Der Freundesdienst, den Staupitz Luther geleistet hat, besteht nach des Letzteren mehrfach belegtem Bekenntnis in nichts Geringerem als darin, ihm aus der Verzweiflung herausgeholfen zu haben, in die ihn seine selbstzerstörerische Frage nach der eigenen Erwähltheit zu stürzen drohte: ’Inn disen gedancken oder anfechtungen (hab) ich etwa’ (= etwan, einstmals) ’auch drinnen gestecket, und wo mihr D. Staupitz, oder viel mehr Gott durch Doctor Staupitz, nicht heraus geholffen hette, so were ich darin ersoffen undt langst in der helle.’ (Luther an Graf Albrecht von Mansfeld, 23. Febr. 1542 = Scheel Nr. 461). Ich vermute, daß auch hinter dieser so urkräftig deutsch klingenden Formulierung Sprache und Erfahrungswelt der Psalmen steckt: etwa Ps 15,10 (›non derelinques animam meam in inferno‹), Ps 29,4 (›domine, eduxisti ab inferno animam meam‹), Ps 85,13 (›eruisti animam meam ex inferno inferiori‹), oder, besonders, Ps 93,17 (›Nisi quia dominus adiuvit me, paulo minus habitasset * N.B. Erstdruck (und Vorlage für den Wiederabdruck) in: Martin Luther. Probleme seiner Zeit, hg. v. Volker Press u. Dieter Stievermann (Spätmittelalter u. Frühe Neuzeit. Tübinger Beiträge zur Geschichtsforschung, Bd. 16), Stuttgart 1986, S. 75–87; der Stil des ursprünglich im Rahmen eines gleichnamigen Kolloquiums des Sonderforschungsbereichs 8 „Spätmittelalter und Reformation“ vom 10. bis 13. Okt. 1983 in Tübingen gehaltenen Vortrags wurde für den Druck beibehalten. Die dortigen Seitenzahlen werden hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen setzt zugunsten ihrer Übereinstimmung dort und hier mit 3 ein. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. Zwischen Vortrag und Druck erschien Dohna, Staupitz und Luther. Kontinuität und Umbruch in den Anfängen der Reformation (1985), in vorliegendem Sammelband S. 176–189. ** N.B. Ein zweiter Druck erschien 1991 in: Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte und Religiöse Volkskunde 58 (1991), 369–395 = Ebernburghefte 25, 41–67. Er gibt die (durch einen Exkurs über die Reue Christi erweiterte) Fassung wieder, die Wetzel als 57. reformationsgeschichtlichen Ebernburg-Vortrag am 5. Mai 1991 unter dem Titel ,Staupitz und Luther. Annäherung an eine Vorläufer-Figur’ vorgetragen hat: sie ist für die Veröffentlichung abermals erweitert um die Bibliographie raisonne´e der seit JvS 2 (1979) erschienenen Literatur und eine Zeittafel, verkürzt um die Synopse am Schluss. – Dort S. 381 (53), Z. 3 lies „Stadtpfarrkirche“ statt „Pfarrkirche der Dompfarrei“; S. 383 (55), Z. 5 lies „Mt 26,38“ statt „Mt 27,38“; S. 394 f. (66 f.) lies „1524 Dez. 28 Tod in Salzburg“ statt „ ... in Bad Reichenhall“. Zur Beachtung, die der Text – sei es in der Fassung von 1986, sei es in der von 1991 – fand, siehe Anm. 26.
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in inferno anima mea‹), vielleicht auch Ps 123,4 f (›forsitan aqua absorbuisset nos. Torrentem pertransivit anima nostra; forsitan pertransisset anima nostra aquam intolerabilem‹). Die ’desperatio’ hält auch Staupitz, situationsgemäß freilich nicht auf Luthers Person bezogen, für die ’maxima ›tribulatio‹ (Rm 8,35)’ derjenigen Seele, ’quae innititur quaestioni de sui electione’; so in seiner aus Nürnberger Adventspredigten 1516 hervorgegangenen Schrift ’De exsecutione aeternae praedestinationis’, Nürnberg 1517, § 238. (Im folgenden abgekürzt: ’De exsecutione’3.) Die Besonderheit des Verhältnisses Staupitz-Luther dürfte allein schon mit diesen beiden Äußerungen – Staupitz’ über ihre Freundschaft, Luthers über den erfahrenen Freundesdienst – hinreichend belegt sein. Daß es sich hierbei um leicht dahingesagte bibelhumanistische Artigkeiten handeln könnte, dagegen spricht in beiden Fällen der Zeitpunkt: 1524 bzw. 1542. Unterscheidet man einmal an diesem besonderen Verhältnis – der gelebten Vergangenheit nicht ganz sachgerecht – die aktenkundigen Berührungspunkte in beider Biographie von den weniger offenkundigen Berührungspunkten in ihrer Theologie, so hat es nie einen Zweifel gegeben, daß Staupitz der entscheidende Förderer in Luthers Curriculum gewesen ist: 1512 durch die Ermutigung, ja Gehorsamsverpflichtung zur Doktorpromotion in Wittenberg, April 1518 durch die Ermöglichung des ordens- und, wie erst neuestens durch Heinz Scheible ans Licht gebracht, auch universitätsoffiziellen Auftretens in der Heidelberger Disputation. Schon im Oktober 1518 indes, beim Verhör Luthers durch Cajetan nach Abschluß des Augsburger Reichstags, des letzten unter Kaiser Maximilian, ist Luther dann so sehr zur Figur im großen politischen Spiel zwischen Papst, Kaiser und fürstlicher Opposition geworden, daß Staupitz nur noch vermittelnd, abschwächend, beschwichtigend, ausweichend in Erscheinung tritt oder, besser, in den Hintergrund gedrängt wird. Er hat diese Rolle, die ihm den Ehrennamen ’pacificator’ eintrug4, zuvor (im Streit zwischen Martin Pollich aus Mellrichstadt, genannt Mellerstadt, und Konrad Koch von Buchen, genannt Wimpina, 1501–1504, oder zwischen rivalisierenden Franziskanergruppen auf deren Berliner Provinzialkapitel 1511) und auch hinterher noch (im Rechtgläubigkeitsprozeß gegen Stephan Agricola in Salzburg 1523 oder im sogenannten lateinischen Krieg zwischen Fürst-Erzbischof Matthäus Kardinal Lang und der Stadt Salzburg 1523) mit größerem Erfolg gespielt als eben damals in Augsburg zwischen Luther und Cajetan, ganz zu schweigen von der Art und Weise, wie er seiner Begabung, „Wunden zu heilen“ (Oberman5), in dem für Luther so folgenreichen Observanzstreit zwischen unionswilligen und renitenten Klöstern seiner eigenen Kongregation, Erfurt voran und Nürnberg, 1507–1512 bewiesen hatte. (Es sei die Frage immerhin aufgeworfen, ob Staupitz nicht auch bei den acta Augustana erfolgreicher hätte vermitteln können, wenn in Rom noch der ihm vertraute Aegidius von Viterbo als Ordensgeneral der Augustinereremiten amtiert hätte statt Gabriels von Venedig, der die ganz in do3
JvS 2 (1979). Vgl. Oberman, „Geleit“ zu JvS: JvS 2, S. VII Anm. 4. 5 Oberman, Luther (1982), S. 151. 4
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minikanischen Händen liegende kuriale Offensive sogar noch mit ordensdisziplinarischen Maßnahmen unterstützt hat.)5a Anders als in der Karriere Luthers ist Staupitz’ Rolle in dessen theologischer Entwicklung nicht so leicht augenfällig zu machen. Daß Staupitz Luther auch hierin entscheidende Anstöße gegeben hat, wird von beiden mit aller nur wünschenswerten Klarheit bezeugt. Noch zu Lebzeiten Staupitz’ sagt Luther: ’tui non decet esse immemores et ingratos per quem coepit evangelii ›lux de tenebris splendescere in cordibus nostris‹ (2 Cor 4,6)’, so am 17. Sept. 1523 in seinem letzten Brief an Staupitz (Scheel Nr. 74), der zu Luthers Mißfallen seit August 1522 Abt von St. Peter zu Salzburg ist. Entsprechend bekennt Staupitz in seiner ’post longum silentium’ darauf erteilten Antwort vom 1. April 1524, aus der ich eingangs das schöne Freundschaftszeugnis zitiert habe: ’olim praecursor fui’, und unterzeichnet sich gar mit ’discipulus’. Abgesehen von einem ungnädigen Imprimatur6 für Staupitz’ posthume Schrift ’Vom wahren rechten christlichen glauben’, Nürnberg 1525, ist dann auf Jahre hinaus keine Luther-Äußerung über Staupitz mehr bekannt. Erst in den dreißiger Jahren sind, gleichmäßig auf Tischreden, Briefe und Vorlesungen verstreut – als habe Luther jetzt die innere Unbefangenheit hierfür erlangt, – zahlreiche Rückblicke auf Staupitz’ theologische Anstöße zu finden. Doch aus all diesen Rückblicken nach Staupitz’ Tod erfährt man wenig mehr, als eben daß er die ’doctrinam angefangen’ (WA. Tischreden I, Nr. 526; Frühjahr 1533 = Scheel Nr. 274), daß er ’erstlich mein vater in dieser lere gewesen ist’ (Brief an Kurfürst Johann Friedrich, 27. März 1545 = Scheel Nr. 512). Es ist schon viel, wenn noch hinzugesetzt wird: ’und (mich) in Christo geborn hat’ (ebd: Nr. 512), oder wenn die ’doctrina’ eine Präzisierung erfährt wie diese: ’haec doctrina nostra gratiae totam gloriam et omnia soli deo tribuit, hominibus nihil. Deo autem – id quod luce clarius est – nimium gloriae, bonitatis etc attribui non potest.’ (Kommentar zu Gal 1,12, 17. Juli 1531, WA 40/1, 131 = Scheel Nr. 161: S. 62, 14–16). Vollends der inhaltlichen Füllung bedürftig erscheint jenes berühmte Wort: ’ex Erasmo nihil habeo. Ich hab all mein ding von Doctor Staupiz; der hatt mir occasionem geben’ (WA.TR. I, Nr. 173; Febr. oder März 1532 = Scheel Nr. 216). Wenn ich im Bisherigen mehrfach von theologischen Anstößen sprach, dachte ich an dies von Luther benutzte Wort ’occasio’. Das Daß, die Tatsache des Einflusses von Staupitz auf Luther auch in Lchrfragen, steht also außer Zweifel, doch – simpel gefragt – was hat denn nun Luther von Staupitz? Die Antwort kann Luthers emphatischem Dictum zum Trotz selbstverständlich nicht heißen: alles. – Derlei alles oder nichts-Aussagen mögen im N.B. Zur späteren Stellung des Aegidius gegen Luther s. Posset, FR (2003), S. 18 bei und mit Anm. 33, sowie 269. – Zur Neubewertung des Observanz-Streits 1507–1512 und Neudatierung von Luthers Romfahrt ins Spätjahr 1511 durch Hans Schneider s. den Beitrag „Edition ...“ bei Anm. 232 (in diesem Sammelband S. 321). 6 Luther an Wenzeslaus Link, 7. Febr. 1925. WA.Br. 3, Nr. 827: ’Remitto Staupitium: frigidulus est, sicut semper fuit, et parum vehemens. Fac quod libet, indignus non est luce et publico libellus, cum tot monstra quotidie prodeant et vendantur.’ (437, 8–10). 5a
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Verhältnis des Menschen zu Gott ihren Platz haben, im Verhältnis von Menschen untereinander sind sie nach den Regeln der Rhetorik als Form uneigentlicher Rede zu werten. Solcher Überschwang wäre indes allein schon durch die Mitteilung zweier theologischer Wahrheiten gerechtfertigt, deren Erkenntnis Luther ausdrücklich und ausnahmsweise ausführlich auf Staupitz zurückführt. Die hörbare und zum Mitgehörtwerden bestimmte Übertreibung des ’ex Erasmo nihil’-Dictums ist, wie sich zeigen läßt, ja auch hinsichtlich des Erasmus nicht korrekt; das sollte indes nicht dazu verleiten, nun dementsprechend Staupitz’ Beitrag zu Luthers Theologie möglichst herunterzuspielen, wie dies aus Sorge um Luthers Originalität oft geschehen ist, zuletzt in David C. Steinmetz’ Luther and Staupitz7. Die beiden ausführlichen Berufungen Luthers auf eine ’doctrina’ Staupitz’ betreffen zum einen die Prädestination, zum andern die Buße. Ich beginne mit der zweiten, wobei daran erinnert sei, daß das Wort ’poenitentia’, ungleich unserem ’Buße’, Substantiv auch zu ’poenitere’ ist: also etwas bezeichnet, das einen ergreift (’poenitet me’), nicht nur etwas, das man leistet. Oder: von den traditionellen drei ’partes8 poenitentiae’, ’contritio cordis’, ’confessio oris’ und ’satisfactio operis’, deckt ’poenitentia’ zwei Teile (Reue und Genugtuung), ’Buße’ nur einen. ’Ich erinnere mich’, sagt Luther in seinem Brief an Staupitz vom 30. Mai 1518 (Scheel Nr. 18), in dem er ihn bittet, seine ’Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute’, d. h. die Erläuterungen zu seinen aufsehenerregenden Ablaßthesen vom Vorabend des Allerheiligenfestes 1517, an den Papst weiterzuleiten, ’ich erinnere mich’, sagt er dort – ich übersetze –, ’daß bei einem der höchst erfreulichen, heilsamen Gespräche mit dir, durch die mich der Herr Jesus wunderbar zu trösten pflegt, irgendwann einmal die Sprache auf dies Wort poenitentia kam. Ich, erfüllt von Jammer über (die Qualen) vieler Gewissen und jene Folterknechte, die mit einer Unzahl von Vorschriften, unerträglichen obendrein, die rechte Art zu beichten lehren – wie sie behaupten –, ich vernahm dich, als käme deine Stimme vom Himmel; wahre poenitentia, sagtest du, gebe es nur unter der Bedingung, daß sie mit der Liebe zur Gerechtigkeit und zu Gott anfängt, und so sei dasjenige eher der Anfang der poenitentia, was jenen als Ziel und Vollendung gilt. – Poenitentia vera non est, nisi quae ab amore iustitiae et dei incipit, et hoc esse potius principium poenitentiae, quod illis finis et consummatio censetur.’ – Der interpretierende Nachsatz, in dem der Dispositionsgedanke vom Kopf auf die Füße gestellt wird, könnte, aber muß nicht eine von Luther gezogene Konsequenz sein; es gibt bei Staupitz solche pointiert dialektische Richtigstellungen der zwar herrschenden, aber verkehrten Theologie. Folgt man dem Referat Luthers über jenes Gespräch weiter, dann ist sowohl der Kernsatz als auch der explizierende Nachsatz Staupitz’ Rede: ’Dies dein Wort’, fährt Luther fort, ’blieb in mir haften wie der ›spitze Pfeil des Starken‹ (Ps 119,4).’ (Scheel Nr. 18 S. 9,28 – 10,4). 7 8
Steinmetz, LaS (1980). Vgl. Staupitz, Tübinger Predigten 11,1,3, Z. 504 ff., gezählt nach der von Wetzel bearbeiteten Ausgabe N.B. JvS 1, 1987 erschienen, S. 204; entspricht Staupitz, Tübinger Predigten, hg. v. Buchwald / Wolf (1927), S. 94, Z. 35 ff.
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Sucht man für die hier Staupitz zugesprochene Lehre nach einem Anhalts punkt in dessen eigenen Schriften aus derselben Zeit, dann stößt man auf eine meines Wissens bislang nie beachtete Stelle in der bereits genannten Schrift ’De exsecutione’. Nachdem dort in einem ’De iustificatione peccatoris’ überschriebenen Kapitel (Kap. 6, § 33) Rechtfertigung beschrieben worden ist als ein Die-Augengeöffnet-bekommen für die Erkenntnis des wahren, d. h. barmherzigen, Gottes durch den Glauben und ein Entflammtwerden des Herzens zur Gegenliebe einem Gott gegenüber, welcher der gefallenen Natur nur zum Schrecken gereicht hatte – ’per gratiam dei iterum aperiuntur oculi eius, ut verum deum cognoscat per fidem, inflammatur cor eius, ut deus sibi placeat; ... siquidem natura(e) destituta(e) ... et deus ipse formidini est’; nachdem also Rechtfertigung dergestalt beschrieben worden ist als ein Verstand und Wille, Intellekt und Affekt (’nosse’ und ’velle’) betreffendes Widerfahrnis aus reiner Gnade und aus Christi Verdiensten, ohne daß unsere Werke etwas dazu beitragen könnten – ’mera gratia ... et ex Christi meritis, ... operibus nostris ad hoc nihil facientibus neque facere potentibus’ –, heißt es im Kapitel ’De operibus iustificati’ (Kap. 8, § 45): ’iustificatus diligit et pro dilectione diligit: deum super omnia, proximum secundum legem. Habet enim caritatem quae ... per gratiam collata introducit in cor Christum et in Christo oboedientiam, contritionem et iustitiam.’ Hier erscheint also die Reue, das Herzstück der ’poenitentia’, als eine Form der Gegenliebe, ausfließend aus den Verdiensten Christi. Die Aufführung der ’contritio’ zwischen ’oboedientia’ und ’iustitia’ setzt voraus, daß Staupitz nicht nur von einer ’contritio’ des Christen, sondern auch von einer ’contritio’ Christi selber sprechen können müßte. Er tut dies tatsächlich: Unter die ’merita Christi’ oder die ’actiones et passiones personales domini nostri Iesu Christi’, ’De exsecutione’, Kap. 7 (De magnificatione electorum, § 41) oder auch die ’vulnera Christi’ (§ 44) zählt Staupitz auch die Reue Christi am Ölberg. Sie erscheint als solche – ansonsten ebenso unvermittelt wie der weiter überhaupt nicht erläuterte Begriff der ’contritio’ in ’De exsecutione’ § 45 – im ersten der ’Nürnberger Predigt- und Lehrstücke’ (Aufzeichnungen Lazarus Spenglers aus Fastenpredigten 1517) und hat den Interpreten dieses Stückes, Ernst Wolf und Reinhard Schwarz, erhebliche Schwierigkeiten bereitet, die Graf Dohna und ich durch Rückgriff auf die Salzburger Predigten 1512 auszuräumen versucht haben9. Hier möchte ich nur auf eine Luther-Stelle im Text der ’Resolutiones’ selbst 9
Die Reue Christi. Zum theologischen Ort der Buße bei Johann von Staupitz (1983), S. 457–482 (N.B. in diesem Sammelband S. 151–175). – Anders als die ’Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517’, die J. K. F. Knaake schon in seiner sich sonst auf die in Frühdrucken vorliegenden deutschen Staupitz-Schriften beschränkenden Ausgabe (1867) aus einer Handschrift des Scheurl-Archivs ediert hatte (S. 13 ff.), sind die ’Salzburger Predigten 1512’ bisher nur auszugsweise in einem Anhang zu Wolf, SuL (1927), S. 275 ff., zugänglich gewesen. Uns stand der durch Wolfram. Schneider-Lastin für Staupitz, Schriften, bearbeitete Text zur Verfügung (N.B. vorgezogener Separatdruck: Johann von Staupitz, Salzburger Predigten 1512, hg. v. Wolfram Schneider-Lastin, Diss. phil. Tübingen 1990).
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aufmerksam machen, auf die ich ohne Martin Brecht10 nicht gestoßen wäre: in der sehr langen Conclusio 58 heißt es von Christi Verdienst, unter causa 5, warum Luther nicht bereit ist, dieses als ’thesaurus indulgentiarum’ anzunehmen: ’Nulli datur gratia contritionis, quin simul ei dentur merita Christi ... . Nam per contritionem homo redit in gratiam, sicut filius prodigus cum Christo patre suo qui dicit: ›Omnia mea tua sunt‹ (Lc 15, 31), et Isaiae 9 (,6) ›Parvulus natus est nobis et filius datus est nobis‹. (Ad) Romanos 8 (,32): ›Quomodo non omnia cum illo nobis donavit?‹.’ (WA 1, 612, 27–33). Merken wir uns die Schriftbelege Is 9 und Rm 8 (vgl. unten Anm. 24). Ich kehre zurück zum Begleitbrief zu den ’Resolutiones’, dessen Fortsetzung durch die herangezogenen Staupitz-Texte fast mühelos verständlich wird. Nachdem Staupitz’ Wort – ’poenitentia vera non est nisi quae ab amore iustitiae et dei incipit’11 – wie ein Pfeil in ihm haften geblieben sei, habe er es mit anderen Schriftstellen, die etwas über ’poenitentia’ lehren, zu vergleichen angefangen und – ich übersetze wieder –: ’Siehe, welch höchst erfreuliches Spiel, die Worte spielten von überallher mit, paßten genau zu dieser Sentenz und drängten sich freudig zu ihr, so, daß, während früher kaum ein Wort in der Schrift für mich bitterer war als eben das Wort poenitentia (obwohl ich eifrig sogar vor Gott mich verstellte und eine erfundene und gezwungene Liebe herauszupressen versuchte), mir jetzt nichts süßer und angenehmer klingt als poenitentia. So werden nämlich die Gebote Gottes süß, wenn man versteht, daß sie nicht bloß in den Büchern, sondern in den Wunden unseres allersüßesten Erlösers zu lesen sind.’ (Weiter Scheel Nr. 18 S. 10, 5–12). – Ich habe diesen Passus aus dem Brief an Staupitz mit Absicht so ausführlich zitiert, weil Luther, was keineswegs meine Erkenntnis ist, von der Entdeckung der richtigen Bedeutung des Wortes ’poenitentia’ hier 1518 bis in Einzelheiten hinein genau so spricht, wie er dies 1545 im großen Rückblick im Vorwort zur Ausgabe seiner lateinischen Werke hinsichtlich der Entdeckung der richtigen Bedeutung der ›iustitia dei‹ (Rm 1,17) tun wird, deren Datierung der Lutherforschung so viel Kopfzerbrechen macht. Die Etymologie des griechischen ’metanoia’ habe ihn sodann gelehrt, fährt Luther 1518 fort, daß ’poenitentia’ eine nachträgliche Besinnung und, ange sichts des erlittenen Schadens und offenkundigen Irrtums, eine Einsieht in das eigene Böse (’resipiscentia et, post acceptum damnum et cognitum errorem, intelligentia sui mali’) sei, was ohne Wandlung des Affekts und der Liebe unmöglich ist (’quod sine mutatione affectus et amoris fieri est impossible’); ja daß ’poenitentia’ nicht nur eine solche ’mutatio mentis12 et affectus’, bedeute, sondern auch die Weise 10
Martin Luther. Sein Weg zur Reformation. 1483–1521. Stuttgart 1981, S. 218. Vgl. Staupitz, De exsecutione, wieder aus Kap. 8 (De operibus iustificati), § 50: Converto ... me ad ea quae operamur in Christo, per gratiam innovati, quae incipiunt ab amore dei ... . – Zum ’amor iustitiae’ in ausdrücklichem ’poenitentia’-Zusammenhang vgl. Kap. 20, §§ 189 ff. 12 Vgl. Staupitz (wie Anm. 11 Anfang): Tunc redditur mens deo et incipit opus esse bonum ... . 11
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solcher Veränderung (’modum mutandi’), nämlich Gottes Gnade atme (’id est gratiam dei spirare’). Denn diesen ’transitus mentis’, die allerwahreste Buße, präfiguriert im Passa, habe Christus in Wirklichkeit ausgerichtet. Die Beschäftigung mit diesen Gedanken habe ihn zur Vermutung geführt, jene hätten Unrecht, die den Werken der Buße so viel Bedeutung zumaßen, daß sie uns von der ’poenitentia’ fast nichts übrigließen als kalte Satisfaktionsleistungen und diese unendlich mühselige Beichte; offenbar verleitet durch das lateinische Wort, denn Buße tun klinge mehr nach Tat als nach Affektwandel und gebe das griechische ’metanoein’ völlig unzureichend wieder. (Weiter Scheel Nr. 18 S. 10, 13–35). – Wieviel immer von dieser Erkenntnis Luther Staupitz verdankt – und ich denke, ein Punkt-für-PunktVergleich mit dem vorhin erwähnten Stück aus den ’Nürnberger Predigt- und Lehrstücken 1517’ könnte zeigen, daß es nicht wenig ist13 –, die Absicherung durch das griechische ’metanoia’ ist ohne Erasmus’ griechisches NT nicht denkbar. ’Ex Erasmo nihil’?
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Ich komme zur zweiten ’doctrina’, für die sich Luther ausdrücklich auf Staupitz beruft; sie betrifft die Prädestination. In einem sehr späten Tischredenzeugnis (WA.TR. V, Nr. 5658; 18. Febr. 1542 = Scheel Nr. 456) bettet Luther den eingangs erwähnten, ihm von Staupitz erwiesenen Freundesdienst in einen breiten lehrhaften Zusammenhang ein, der trotz unverkennbarer Merkmale lutherischer Aneignung die Stoßrichtung erkennen läßt, in die Staupitz’ Lehre geht. Heilsgewißhcit – ich paraphrasiere – ist nicht dadurch zu gewinnen, daß man versucht, den unerforschlichen Ratschluß Gottes zu erkunden (’perscrutari sententiam tibi investigabilem’), den geheimen Willen Gottes unter Absehung des geoffenbarten Wortes zu erfragen (’inquirere arcanam dei voluntatem sine revelato verbo’). Gott wäre doch der allergrößte Tor, wenn er uns seinen Sohn geschenkt hätte und die Schriften und die Propheten und doch wollte, daß wir unsicher seien und an unserem Heil zweifeln (’ut essemus incerti et de salute nostra dubitaremus’). Der wahrhaftige Gott gibt seine Verheißungen doch nicht zum Zwecke der Täuschung. Der vom Zweifel diktierte Gedanke: wenn es Gottes Wille ist, werde ich gerettet, stürzt furchtsame Herzen in Verzweiflung, harte in Verachtung. ’Auch ich bin dermaleinst durch Staupitz von diesem Gedanken befreit worden, sonst brennte ich längst in der Hölle.’ (’Ego etiam semel liberatus sum ab hac cogitatione a Staupitio, alio quin iam diu flagrarem in inferno’.) Die für uns sehr notwendige ’doctrina’, die Luther damals von Staupitz empfangen haben will, besagt in seiner eigenen Begrifflichkeit, daß zu unterscheiden sei zwischen Offenbarkeit (’notitia’) und Entzogenheit (’abiectio’) der Gottheit, zwischen dem geoffenbarten Gott und seinem nicht geoffenbarten Willen, von dem es kein Wissen gibt, der uns nichts angeht: ’Quae supra nos, nihil ad nos’. Der Teufel macht aus jener ’abiectio’ ein ’obiectum – impenetrabile’. Ich soll ja gar nicht wissen, ob ich zum Heil vorherbestimmt bin oder nicht (’Non debeo scire, an sim praedestinatus ad salutem’), wenn das am Wort Gottes vorbei versucht wird (’sine verbo dei’). Weil die Vernunft gerade so 13
Vgl. unsere Paraphrase in: Die Reue Christi, N.B. in diesem Sammelband S. 162 ff.
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Gott ausforschen will, findet sie ihn nicht. ’Wir sollens nit wißen, und wen wir uns darüber zureißen solten.’ (Scheel Nr. 456 S. 164, 13–34). Mir scheint, hier klingt doch deutlich jenes für Luther so schwierige Eccle-Wort 9,1 an: ›nescit homo, utrum amore an odio dei dignus sit‹, und zugleich eine Deutung, die – wie sich gleich noch deutlicher zeigen wird – doch nur besagen kann, daß wir zwar nicht wissen, ja nicht wissen sollen, sondern glauben. Der richtige Zugang zur Prädestination ist also nicht das spekulative Hinaufsteigen der Weisheit des Fleisches, sondern das gläubige Anheben von unten. Luther läßt Gott folgendermaßen sprechen: ’Ich will dir sonst’ (= anders, d. h. anders als in der von der Vernunft oder Weisheit des Fleisches gewünschten Weise) ’dein praedestination offenbaren. Ich will ex non revelato deo revelatus werden. Incarnabo filium ... , das du sehest, an sis praedestinatus ... . Relinquas cogitationes tuas sine verbo meo ... . ›Hic est filius meus dilectus, hunc audite‹ (Mt 17,5), respicite in eius mortem, crucem, passionem, sehet in an der muter brüsten und an dem creutzs hangen ... . Wiltu der desperation vel odii entlauffen, so las dein speculiren ... . Deus enim non venit de coelo, ut te de praedestinatione incertum faceret aut faciat te contemnere sacramenta. Haec ideo instituit, ut te certissimum faceret et eiciat istas cogitationes ex animo tuo.’ (Weiter Scheel Nr. 456 S. 165, 1–14). Ich muß hier, damit der Wortlaut Luthers nicht verhallt, bis ich zum eigentlichen Staupitz-Wort des Tischreden-Zeugnisses gelangt bin, wiederum aus ’De exsecutione’ (Kap. 23, § 238 f), also einer Staupitz-Predigt aus dem Advent 1516, einen verblüffend ähnlich lautenden Text einblenden, den ich eingangs ebenfalls schon kurz gestreift hatte: ’Ideo habet’, nämlich wer Christus hat, der für ihn ›eintritt‹ (Rm 8,34), ’... spem vivam. Et quamvis non possit homo sua inquisitione certitudinem habere, ›an dei odio amoreve dignus sit‹ (Eccle 9), potest tamen per infallibilia signa ad hoc instituta certam facere spem et eiicere desperationem, quae maxima tribulatio animae est quae innititur quaestioni de sui electione, per baptismum’. Die Ähnlichkeit wird noch deutlicher, wenn in der Fortsetzung des Tischredenzeugnisses Luther berichtet, was er einer armen Frau, die sich über derlei Quälereien des Teufels beklagte, gesagt hat: ’Liebes weib, du bist doch getauft; glaubstu und heltest für ein warheit, das (= was) man predigt? Ja, antwortet sie, ich hab daran kein zweifei, es sei war, ich kan es aber nit glauben. Ibi dicebam: Hoc ipsum est credere, habere ista pro certis ac indubitatis. Deus se ita tibi manifestavit. Si hoc credis, tunc es in numero suorum electorum. Halt das festiclich und für gewiß, und wen du revelatum annimmbst, wirt er dir den absconditum mitpringen. ›Qui me videt, videt et patrem meum‹ (Io 14,9).’ (Weiter Scheel Nr. 456 S. 165, 21–29). Und hier Luthers Staupitz-Zeugnis: ’Sic et me consolatus est Staupitius contra has diaboli vexationes: Was wiltu mit dein gedancken umbgeen? Accipe vulnera Christi et intuere sanguinem profluentem, sanctissimam carnem pro peccatis nostris, pro meis, tuis et omnium hominum, et: ›Oves meae vocem meam audiunt‹ (Io 10,27).’ (Weiter Scheel Nr. 456 S. 166, 4–8). Nur einen Paragraph vor dem zuletzt aus Staupitz selber (’De exsecutione’, Kap. 23) zitierten Passus heißt es: ’Qui
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perfecte in Christum credit, cuius ›de manu nemo rapere potest‹ (Io 10,28) ... habet Christum, ergo quidquid saluti necessarium est’ (§ 237). Mir ist dabei durchaus nicht der Satz Luthers aus demselben Tischredenzeugnis entgangen – ich übersetze –: ’Du darfst nicht zulassen, daß man dir das Jesuskind entreißt. Wenn du es nur mit wahrem Affekt des Herzens, mit wahrem Vertrauen (vero affectu cordis, vera fiducia) umfaßt hältst, dann weißt du auch gewiß (et certo scis), daß du zum Heil vorherbestimmt bist.’ (Weiter Scheel Nr. 456 S. 165, 17–19). Er hebt meines Erachtens jenes schon zitierte ’Non debeo scire ... . Wir sollens nit wißen’ keineswegs auf, weil es sich gar nicht in beiden Fällen um dasselbe Wissen der ’ratio’ in Gegensatz zur ’fides’ handelt. Ebensowenig wird die aus ’De exsecutione’ vorgeführte Heilsgewißheit durch eine Äußerung wie die aus den ’Salzburger Predigten 1523’ Lügen gestraft, die genau dies zu tun scheint. Es heißt dort in Predigt 114: ’Wiewol wir all darnach achten und all darumb arbeiten, damit wir westen, ob wir in das gotleich puech warn geschriben. Aber es ist ain verlorene arbeit. Es sol auch nit sein, dann für wen war uns der glauben und di hoffnung? So wir des gewis warn, so war der glauben vergebens und die hoffnung eitel. Hoffen und glauben süllen wir das all, das wir von got erwelt sein durch Christum, unseren herrn. Aber die gewissheit kümbt erst, wann sel und leib ist von ainander schaiden.’ Auch hier bei Staupitz 1523 meint ’Wissen’ und ’Gewißheit’ doch nicht in beiden Fällen dasselbe. Auch bei ihm ist das uns versagte Wissen das Wissen der ratio, die verheißene Gewißheit aber die Gewißheit des Schauens15. Zwei Lehren also will Luther Staupitz verdanken. Erstens: Bei der Buße, bei der Bekehrung des Sünders, tritt Gott nicht erst durch Gnadeneingießung auf den Plan, wenn der Mensch seine Höchstleistung in Gestalt einer Liebesreue aus eigener Kraft erbracht hat (amor dei super omnia ex puris naturalibus), sondern Gott ist mit seiner von Christus verdienten rechtfertigenden Gnade dem Menschen immer einen Schritt voraus. 14
Ich zitiere nach dem ebenfalls von W. Schneider-Lastin für Staupitz, Schriften, vorbereiteten Text (N.B. ungedruckter Stehsatz). Von den 23 Predigten sind bisher nur sieben gedruckt: Aumüller, Die ungedruckten Staupitz-Predigten in Salzburg (1881 u. 1890). 15 Ich sehe mich also durch die vorgelegten Texte veranlaßt, Staupitz und (den fertigen) Luther – oder Luther und Staupitz – in der Frage der Heilsgewißheit näher zusammenzurücken als . Steinmetz, MD (1968), S. 124: “The picture which Staupitz paints (is) strikingly similar to the portrait of Luther prior to his discovery of the Reformation doctrine of certitude ... .“; auch näher als Oberman, Werden und Wertung (1977), der bei seinem Versuch, am zentralen Beispiel der Heilsgewißheit Staupitz’ Platz zwischen Augustin und Luther zu bestimmen, zu dem Ergebnis kommt (S. 112/113): „So bleibt es dabei, daß, so sehr Staupitz das befreiende Evangelium von der bedingungslos geschenkten Barmherzigkeit ... und vom christlichen Glauben als Vertrauen auf das Werk Christi ... verkündet, er dennoch außerstande ist, die anthropologische Knechtschaft der frommen Selbstanalyse zu durchbrechen. Erst wenn ... das Suchen nach den signa praedestinationis als teuflische Anfechtung verstanden wird, kann der Verweis auf die misericordia Dei zur vollen Geltung kommen.“
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Zweitens: Prädestination, unvordenkliche und schlechthin voraussetzungslose, freie Selbstverpflichtung Gottes auf das Heil des Sünders ist für uns ausschließlich verbürgt durch Christus als ’debitor salutis’16 und ’salvator’17. Sie läßt sich durch keinerlei merita praevisa oder demerita weder hinterfragen noch in Frage stellen. Staupitz hat sich diese seine Positionen in Prädestinations- und Gnadenlehre, hält man sich an das, was sich quellenkritisch wirklich nachweisen läßt, und streng quellenkritisch läßt sich nur sein Frühwerk, die ’Tübinger Predigten’ (um 1497/98), untersuchen, hauptsächlich in Anlehnung an Petrus Lombardus, Aegidius Romanus und Johannes Gerson, je einen Vertreter der Früh-, Hoch- und Spätscholastik, erarbeitet. Dies festgestellt zu haben, ist Ernst Wolfs bleibendes Verdienst. Allerdings hat er Gersons Anteil weit unterschätzt. Was meines Erachtens schwerer wiegt als dies, ist Wolfs bewußtes völliges Absehen von Augustin, den Staupitz in den ’Tübinger Predigten’ doch eigentlich unübergehbar als ’doctor meus’ proklamiert18. Augustin als Hauptautorität für Staupitz, für welchen Lombardus, Aegidius und sogar Gerson oftmals nur das Sprungbrett zu Augustin direkt bilden, wird selbst von Steinmetz, der ausdrücklich Wolfs Bild zu korrigieren angetreten ist, nicht in der diesem Zweck gewidmeten Untersuchung „Misericordia dei“ ernsthaft ins Auge gefaßt, sondern erst in einer Art nachträglicher Retractatio. Welche Hilfestellung für Staupitz in den Jahren sei nes Kontaktes mit Luther der spätmittelalterliche Augustinismus eines Gregor von Rimini als Umweg zu Augustin gespielt haben könnte, ist eine kontroverse Frage, in welcher eine quellenkritische Evidenz – auch nur annähernd an jene aus den ’Tübinger Predigten’ für Lombardus, Aegidius und Gerson erbringbare – nicht möglich ist19. So nachweislich wichtig für Staupitz bei der Gewinnung seiner eigenen Position in Prädestinations- und Gnadenlehre Lombardus, Aegidius und Gerson sind – Aegidius gelegentlich als Korrektiv zu dem bisweilen pelagianisierenden Gerson –, so unwichtig sind sie für Luther beim Ausbau dieser mit Staupitz geteilten Position gegen die herrschende spätscholastische Theologie Gabriel Biels. Er setzt nicht eine Scholastik gegen eine andere, sondern tritt ein in den Kampf der Befreiung der Theologie von der Philosophie überhaupt, dem Hauptfehler aller Scholastik. Obwohl Luther, anders als Karlstadt, nie Staupitz als denjenigen bezeichnet, der ihm den wichtigsten Bundesgenossen in diesem Sturmangriff, nämlich Augustin, zugeführt habe, muß es doch so gewesen sein. Ich möchte nach diesem notwendigerweise allgemein gehaltenen Exkurs in die Traditionsgeschichte zum Schluß noch einmal konkreter und textbezogener werden. Bei den vorhin verglichenen Texten handelt es sich – mit Ausnahme eines 16
Siehe De exsecutione, Kap. 4 (De praedestinatione sanctorum), § 22. Siehe De exsecutione, Kap. 10 (De correspondentia summae misericordiae cum summa miseria), § 64. § 67. 18 So Tübinger Predigten 7,1,1, Z. 94; entspricht Buchwald / Wolf (wie Anm. 8), S. 46, Z. 22/23. 19 Vgl. den N.B. Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137, hier 125–137. 17
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einzigen (oben nach Anm. 10) – auf Seiten Luthers um ausdrückliche Zeugnisse für Staupitz’ Rolle in seiner theologischen Entwicklung. Auf weitgehende Übereinstimmung Luthers mit Staupitz stößt man natürlich auch bei Texten, in denen für eine Berufung auf Staupitz gar kein Anlaß bestand. Dies gilt zunächst für die Thesenreihen aus Luthers Kampfjahren, wenn man davon absieht, daß das ’poenitentia’-Zeugnis ja gerade deren wichtigste, die ’Resolutiones’, begleitet. Staupitz selbst ist, wohl auch den literarischen Gattungen entsprechend, in denen er sich artikuliert, selten polemisch. Man kann das Verhältnis natürlich auch umkehren: Er war gewiß auch seinem Naturell nach eher irenisch und hat dementsprechend seine Mission nicht in der ’rixosa theologia’ gesehen, sondern in der ’aedificatio proximi’. Immerhin findet sich, um wenigstens ein Beispiel zu nennen, These 39 der ’Disputatio contra scholasticam theologiam’ 1517: ’Non sumus domini actuum nostrorum a principio usque ad finem, sed servi’ (WA 1, 226, 6 f.), in ’De exsecutione’, Kap. 8 (De operibus iustificati), § 52, vorgebildet: ’Cum autem iustificatio gratia est, non natura, acceptatio operum in gratia ad meritum gratia, et Christi merita nostra sunt facta gratia, merito universa vita christiani gratiae tribuitur, et in ipso deletur quod naturae rationali concedunt, puta dominium operum a principio usque in finem; siquidem operis christiani principium est praedestinatio, medium iustificatio, finis glorificatio seu magnificatio, quae gratiae sunt effectus, non naturae.’ Ich habe im Kommentar hierzu in unserer Ausgabe von ’De exsecutione’ Polemik gegen Ecks ’Chrysopassus’ ver mutet, der seinerseits Alexander von Hales zitiert20. Das ist nicht ausgeschlossen, da Oberman für eine andere der wenigen polemischen Stellen der Schrift Kritik an Eck als sehr plausibel dartun kann21. Die Polemik kann sich aber auch einfach gegen Aristoteles’ Eth. Nic. 3,8 (1114 b 32) richten, wo es heißt: ’Operationum quidem enim a principio usque ad finem domini sumus.’ In größerer Zahl ließen sich aus den Erbauungs- und Reformschriften und den Vorlesungen jener Zeit Beispiele für Übereinstimmung zwischen Luther und Staupitz in zentralen Gedanken der Spiritualität beibringen, so etwa die ’resignatio ad infernum’, bei Staupitz in der Schrift ’Von der nachfolgung des willigen Sterbens Christi’, Leipzig 1515, Kap. 1222; bei Luther in der Römerbriefvorlesung 1515–1516 im Scholion zu Rm 9,3 (WA 56, 388. 391–393. 400, 1–12), und wieder bei Staupitz, ’De exsecutione’ (Kap. 19. §§ 172–174 und Kap. 24, §§ 251 bis 257). Hier dürfte die Übereinstimmung weniger dem Einfluß des einen auf den andern zuzuschreiben sein als Tauler, den Luther allerdings durch Staupitz kennengelernt hat. Ich möchte nur noch auf einen, allerdings immens wichtigen Gedanken Luthers eingehen, für den er sich nicht auf Staupitz beruft, den aber Staupitz voll ausgebildet, ebenfalls in ’De exsecutione’, Kap. 9–11, früher als Luther vorgetragen hat. Er ist bekannt unter dem Namen des ’fröhlichen Wechsels’, einer Formulierung 20
Siehe Anm. 88 zu De exsecutione § 52. Siehe Anm. 23 zu De exsecutione § 28. 22 Siehe Knaake, S. 80 f. 21
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aus der deutschen Fassung von ’De libertate christiana’ 1520 (WA 7, 25,34). Auch bei Luther erscheint er allerdings schon vorher, in nuce in den ’Sieben Bußpsalmen’ 1517 (WA 1, 219, 30–32), in voller Ausformung im ’Sermo de duplici iustitia’ 1518 (erst 1519 gedruckt) (WA 2, 145 ff.). Auch der Gedanke des fröhlichen Wechsels ist älter als Staupitz und Luther, als ’admirabile commercium’ der Liturgie gehört er zum Urgestein, als Tausch der Naturen von Gott und Mensch, Leben und Tod kommt er bei Augustin vor, als ’contractus’ bei Bernhard von Clairvaux, als ’coniunctio miseriae cum misericordia’ – genau wie bei Staupitz, ’De exsecutione’, Kap. 10 – in den pseudo-augustinischen Meditationes23. Doch die Fassung des Gedankens, wie sie in Luthers ’Sermo de duplici iustitia’ vorliegt, hat fast Satz für Satz ihre Entsprechung bei Staupitz, nicht nur hinsichtlich des frei formulierten Textes, sondern auch und gerade in der „orchestration scripturaire“, um einen treffenden Ausdruck aus Anne-Marie La Bonnardie`res „La Bible de Saint Augustin“ für die halb meditativ, halb argumentativ eingesetzten Schriftstellen zu gebrauchen24. Für Martin Brecht formuliert ein Text wie dieser den Durchbruch der reformatorischen Erkenntnis der wahren Bedeutung der ›iustitia dei‹ (Rm 1,17), insofern er die dunkle, schwere, allein auf Destruktion des Menschen in seiner Selbstherrlichkeit, auf accusatio sui, desperatio sui, annihilatio sui ausgerichtete Demutstheologie durch die helle, befreiende Botschaft der geschenkten Gerechtigkeit Christi ergänzt und überbietet25. Ist also Staupitz auch schon reformatorisch? Oder stellt dieser Gedanke nicht den Durchbruch der reformatorischen Erkenntnis dar, zumal wenn zum Reformatorischen konstitutiv hinzugehört, daß es in der damals schon bald sogenannten Papst-Kirche keinen Platz mehr findet? Warum sind die beiden Männer, die eine so frohe Botschaft gemeinsam haben und weitersagen, so verschiedene Wege gegangen? Darauf, ob essentieller- oder kontingenterweise, wird es auch in Zukunft zwei Antworten geben. De duplici iustitia (WA 2) 145, Z. 10–12 Z. 14 f. Z. 16 Z. 16–18 Z. 18 f. Z. 19–21 Z. 26 Z. 28 (Is 9) 23
De exsecutione § 36,1 §§ 71 77; § 34,1–4 § 44,10 f. § 239,3 f. § 240,4 f.; § 62; § 56,3 4 7 § 57,5 f. § 76,1/2; § 57,4 § 61 § 76,2; § 54; § 65,4; § 59,4 f.;
Die Belege siehe Anm. 5 zu De exsecutione § 64 und Anm. 11 zu § 55. Die meistenteils aus Joh. v. Fe´camp (11. Jh.) stammende Schrift wurde in der in PL 40 vorliegenden Gestalt bereits im 15. Jh. gedruckt. 24 Siehe die Synopse von Luthers ’Sermo de duplici iustitia’ und Staupitz, ’De exsecutione’ am Schluss dieses Vortrags. 25 Wie Anm. 10, S. 221 ff.
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202 Z. 30 f. (Rm 8) Z. 32 Z. 32/146, Z. 1 146, Z. 2 (ven(it)) Z. 5 (ministrat) Z. 5 Z. 6 f. Z. 12 Z. 13 (infinita) Z. 13 (omnia peccata) Z. 13 (absorbens) Z. 16 Z. 18 Z. 21 Z. 22. 24 Z. 26 Z. 27 f. Z. 30 (trahente) Z. 30 ff. Z. 36 f. Z. 37/38 Z. 38 147, Z. 2 Z. 4–6 Z. 7 (fructus) Z. 7 (sequela) Z. 11 (opera hominum) Z. 11 f. Z. 13 (laborat) Z. 13 (Adam) Z. 13 (odit se) Z. 14 (diligit proximum) Z. 14 (non quaerit etc) Z. 17 Z. 19 (imitatur) Z. 19 (conformis etc) Z. 20–22 Z. 24–26 Z. 27 f. Z. 29 (matrimonium) Z. 29 (consummatum) Z. 29 f.
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§ 61,3–6, auch § 26,5–7 und § 237,6–8; § 51,3 § 52,3 § 53,1; § 33,6–8; 146,1 mit § 31,5 f. § 32,2; § 78,5 § 79,1, auch § 27,4; § 27,4–6; § 84,2 f.; § 2,7–9; § 33,1 und 5; § 41,4 (§ 44,2) § 79,4 § 82,4/5 § 104,2; § 81,2 § 83,4/5; § 104,5; § 78,1 § 82,2 ff. § 83,2; § 36,11 § 33,2 f.; § 71,2 samt Anm. 3; §§ 32 f.; § 38,7 f.; § 45,6 und 13; § 25; § 45,7 ff.; § 40,1–3 § 169,2 und 3–5; § 207,3 f.; § 45,1 f. 14 § 46,7; § 127,4; § 36,12; § 38,2–6; § 40,13; § 40,14 15; § 34,3 f.; § 37,6 § 171,3; § 45,8 9 10; § 127,6; § 45,4 f.; § 50,3 f.; § 173,4 und 7/8; § 45,11 f.; § 20,3 § 29,3 § 46,5 § 153,2 f. § 173,2 § 207,6 f.; § 45,7 § 90,7 f. § 91,1 f. 5 f. § 207,4 f. § 208,1 f.; § 32,2 § 48,3 f. § 49,2 f. § 171,1 f. §§ 178 ff. bes. § 178,2 f. § 180,3 f. § 181,1–3; § 56,2 ff.; § 53,4/5 § 54,2 (§ 55,1) § 58,1; § 56,1; § 59,1–2;
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Z. 31 Z. 32 148, Z. 7 Z. 8 Z. 11 Z. 12 Z. 18 f.
26
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§ 69,2 f.; §§ 218,6 ff. bes. § 220,5–7 §§ 251 ff. bes. § 252,4 (§ 255,2) (§ 256,1); 148,3 mit § 74,2; § 64,5 samt Anm. 8 § 69,3; § 69,2; § 227,2; § 45,10; § 71 ff. § 78 ff.26
N.B. Auf Ablehnung stieß diese Studie bei Wriedt, GuE (1991), der darin nur einen Versuch Wetzels sieht, „nachzuweisen, wie [...] Luther durch Staupitz beeinflusst wurde“ (S. 22). Die beiden ausdrücklichen Bekenntnisse Luthers, dass er eine ’doctrina’ keinem andern als Staupitz verdanke – das eine die Buße betreffend, das andere die Prädestination –, erwähnt Wriedt überhaupt nicht, ganz so, als wären nicht eben diese Selbstzeugnisse der Grund solchen Tuns. Bei dem „paradigmatischen Aufweis von Parallelen zwischen Luther und Staupitz“ gegen Ende und am Schluss der Studie vermisst Wriedt „die methodologische Legitimation des Verfahrens“. Korrekt ist die Rezeption bei Hamm, Von der Gottesliebe zum Glauben Luthers (1998), S. 34 f., Leppin, „Omnem vitam fidelium penitentiam esse voluit“ (2002), bes. S. 9, Posset, FR (2003), S. 176 bei und mit Anm. 160 und bes. S. 372 f., Martin Brecht, Luthers neues Verständnis der Buße und die reformatorische Entdeckung, in: ZThK 100 (2004), S. 281–291, bes. 282–284, Leppin, Luther (2006), S. 78 mit Anm. 80 (S. 366), Hamm, Wie mystisch (2007), S. 240 f. mit Anm. 12 und S. 261 mit Anm. 73 f., und Leppin, „Ich hab all mein ding von Doctor Staupitz“ (2007), S. 69 mit Anm. 73 = Transformationen (2015), S. 252 f. mit Anm. 74.
Staupitz antibarbarus. Beobachtungen zur Rezeption heidnischer Antike in seinen Tübinger Predigten* Von Richard Wetzel
Erasmus an Johann Lang, Löwen 17. Okt. 1518: ’Staupitium vere magnum adamo, sycophantas istos iam olim negligo.’**
1 Am 14. November 1516 schreibt Johannn von Staupitz aus Nürnberg – wo er die Adventspredigten halten wird, aus denen am 19. Januar die deutsche und am 6. Februar die lateinische Fassung von ’De exsecutione aeternae praedestinationis’ gedruckt hervorgehen – an den Prior des Erfurter Augustinereremiten-Klosters, den Humanisten Johann Lang: ’Est nobis hic patronus vir Graeca Latinaque lingua eruditissimus et multarum rerum peritus, virtute praeclarus et huius inclytae urbis patricius Dominus Willebaldus Byrckhamer, cuius forte vocabulum tibi antehac innotuit. Illi scribas Graece et Latine, quo tandem Augustinianam nostram congregationem absolvat omnimoda barbarie.’1 Es ist also Staupitz’ Wunsch, daß die seit 1503 von ihm geleitete Kongregation sich den humanistischen Bildungs-(reform)-Bestrebungen gegenüber aufgeschlossen zeigen möge. Dieser Wunsch ist ebenso wenig mißverständlich wie – im Jahre 1516 – ungewöhnlich.
* N.B. Erstdruck (und Vorlage für den Wiederabdruck): Reformatio et reformationes. FS für Lothar Graf zu Dohna zum 65. Geburtstag, hg. v. Andreas Mehl und Wolfgang Christian Schneider, Darmstadt 1989, S. 107–130 (Anmerkungen ab S. 125). Die dortigen Seitenzahlen werden, soweit sie den Text betreffen, hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen ist identisch. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. Anm. 11a, 26a und 29a sind neu eingefügt. Zur Beachtung, die diese Studie gefunden hat, siehe Anm. 43. ** N.B. Siehe 2.4 bei und mit Anm. 25. Das Zitat war im Erstdruck noch nicht als Motto vorangestellt. Zur Begründung vgl. Anm. 26a. 1 Kolde, Congregation (1879), Briefanhang, 439 f., Nr. 8, Z. 17 ff. – Zum letzten Satz sind einige textkritische Anmerkungen nötig, ’quo’ vor ’tandem’ steht eindeutig so in der einzigen Abschrift, Gotha Forschungsbibliothek. Cod. chart. A 399, f. 224v–225r. Kolde las ’qui’, wofür auch er offenbar lieber ’quo’ gehabt hätte. Statt ’Augustinianam’ bietet A 399 – ähnlich wie schon in der Adresse ’Augustiano’ statt ’Augustiniano’ steht – das sinnlose ’Augustnanam’, was Kolde zu ’Augustanam’ verschlimmbesserte. Das eindeutige ’omni moda’ verlas er zu ’omni modo’. Statt ’barbarie’ schreibt A 399 vielleicht in der Tat ’barbaria’, was Kolde ja nicht zu belassen brauchte. – Herrn Direktor Dr. Helmut Claus danke ich für die Einsicht in die Handschrift.
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2.1 Über entsprechende die Kongregation betreffende Aktivitäten des Generalvikars Staupitz ist nichts bekannt. Staupitz, dem Mitbegründer der Universität Wittenberg (1502) – der ersten, zu deren Ausstattung von vornherein ein ’poetischer’ Lehrstuhl gehörte –, und Martin Polich von Mellerstadt widmet Johannes Crispus (Krause) aus Freistadt seine Ausgabe der lateinischen Grammatik des Johannes Sulpitius Verulanus, die unter dem Titel ’Posterior editio Sulpitiana in partes tris divisa quae complectuntur: Prima Examen puerorum ...’, o.O.u.J. zwischen 1504 und 1507 in Wittenberg gedruckt worden sein soll.2 Dort heißt es von Mellerstadt und Staupitz: „ ... da von Tag zu Tag eure teure Sorgfalt mehr hervorleuchtet, durch die ihr die zarte Jugend so schnell wie möglich aus dem Schmutze zu den wahren Perlen weiterzuführen euch bemüht, zumal darin, daß ihr bestimmt habt, daß an unserer hochberühmten, nun festgepflanzten Wittenberger Academie die Grammatik des Sulpitius mit den Gedichten und den Verfeinerungen des J. Badius Ascensius ordentlich gelesen werden soll, damit fürderhin nicht mehr die fleißigen Studenten ein schwächliches Fundament legen wie an dreihundert Jahre in den Teilen des Alexander Gallus, einmal wegen der gänzlich barbarischen Fassung der Verse und dann außerdem wegen der anmaßenden Unwissenheit der Erklärer, wie wir alle, wehe, mit großem Kummer und Schaden erfahren haben.“3 Mag die Staupitz hier bescheinigte Geneigtheit gegenüber humanistischem Bemühen auch nicht unbedingt wörtlich zu nehmen sein, eine eindeutige personalpolitische Entsprechung jedenfalls findet sie anläßlich einer 1506 in doppelter Mission für Kongregation und Universität unternommenen Reise nach Rom: In Bologna, wo die Kurie unter Julius II. sich gerade aufhält, wirbt Staupitz den jungen, humanistisch gebildeten Juristen Christoph Scheurl für Wittenberg (1507–1512), ein Jahrzehnt vor Melanchthons Ankunft daselbst (1518). 2.2 Was Staupitz’ persönliche Schriftstellerei angeht, die erst nach Aufgabe seines Wittenberger Lehrstuhls mit der Schrift ’Von der nachfolgung des willigen Sterbens Christi’ in deutscher Sprache – Druck Leipzig, Melchior Lotter, 15154 –, richtig einsetzt, so erscheint sie in schlichtestem Gewand, verglichen mit dem Beiwerk in humanistischem Geschmack, mit dem andere sich schmücken, gerade auch scholastische Bücher: Johann Eck, ’Chrysopassus ... praedestinationis’, Augsburg, Joh. Miller, 15145, der Beigaben enthält von Hieronymus de Croaria, 2
Gustav Bauch, Wittenberg und die Scholastik, Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 18 (1897), 309. 3 Zitiert nach Bauch (wie Anm. 2), 309 f., auf den alle Neueren – Maria Grossmann, Humanism (1975), 53, Helmar Junghans, Der junge Luther und die Humanisten, Weimar 1984, 58, James H. Overfield, Humanism and Scolasticism in Late Medieval Germany, Princeton 1984, 214 – zurückgreifen, ohne ein Exemplar dieses Druckes nachzuweisen (den lat. Wortlaut des Zitats samt dem Nachweis eines Exemplars siehe am Schluss der Studie). – N.B. Die Merkverse des Alexander de Villa Dei hat auch Staupitz selbst noch im Alter im Kopf; s. jetzt Dohna, Häresieverfahren, Text A 2 (Staupitz, Consultatio), Z. 41 mit Anm. 30 (in diesem Sammelband S. 41). 4 Panzer, Annalen, Bd. 2 (1805), Nr. 809.
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Urbanus Rhegius, Kaspar Schatzgeyer, Heinrich Bebel und Eck selbst5a oder Andreas Bodenstein von Karlstadt, ’Distinctiones Thomistarum ... ’, Wittenberg, Joh. Grunenberg, 15076, mit Beigaben von Richard Sbrulius und Karlstadt selbst6a. Mit Ausnahme von ’De exsecutione’ (1517)7 – und, natürlich, jenem frühen Gutachten in der seit alters zwischen Welt- und Bettelordens-Klerus strittigen Frage ’De audientia missae in parochiali ecclesia dominicis et festivis diebus’, Tübingen, Joh. Otmar, 15008 – schrieb Staupitz deutsch, auch dies eine humanistische Tendenz, aber zugleich ein Grund, auf derlei Zutaten zu verzichten? Immerhin findet sich in Scheurls deutscher Übersetzung von ’De exsecutione’, ’Von der entlichen volziehung ewiger fürsehung’, das knappe lateinische Schlußwort des Druckers Friedrich Peypus an den Leser (nach § 257 S. 305) – das zweifellos Scheurl stilisiert hat, der auch das Nachwort zur lateinischen Ausgabe in Form eines Briefs an die Augustiner beiträgt (S. 305–309).9 Überdies ist Staupitz’ Schriftstellerei das mehr beiläufige Ergebnis seiner Predigttätigkeit in deutscher Sprache, die unabhängig dokumentiert ist durch Nachschriften aus über einem Jahrzehnt (1512, 1517 und 1518–1523).10 Er pflegte keine der typisch humanistischen Gattungen, zumindest nicht um ihrer selbst willen. Jedenfalls kann man die Widmungsbriefe an hochgestellte Personen11 (Gräfin Agnes von Mansfeld; Hieronymus Ebner, Zweiter Losunger in Nürnberg; Herzogin Kunigunde von Bayern) in seinen gedruckten Schriften hierfür geltend machen. Die umfangreichen (von ihm selbst?) ins Deutsche übersetzten Augustin-Zitate in den ersten Kapiteln der ’Nachfolgung’ gehören in den Bereich dessen, was ich weiter unten (4 und 5) geborgte Eloquenz nenne.11a 5
Johannes Metzler S.J., Tres orationes funebres ... . Verzeichnis seiner Schriften (Corp. Cath. 16), Münster / Westf. 1930, Nr. 4. 5a VD 16, Bd. 5, E 305, 6 Ernst Freys und Hermann Barge, Verzeichnis der gedruckten Schriften ... , Zentralblatt für Bibliothekswesen 21 (1904), Nr. 2. 6a VD 16, Bd. 3, B 6150. 7 JvS 2 (1979), ersterschienener zweiter Band der Staupitz-Gesamtausgabe. Staupitz’ Text hinfort zitiert (’De exsec.’ mit) ’§’, die Zutaten Scheurls und der Bearbeiter des Bandes als ’JvS 2, S.’. 8 Steiff, Buchdruck (1881). Nr. 9. 9 Am Schluß von dessen drittletztem Absatz lies – mit Weijenborg – nach ’Paternitates’: ’vestras’. – Vgl. Reinoud Weijenborg OFM, Rezension von JvS 2, in: RHE 1981, 394–399. W. listet S. 398 leider echte Fehler der Edition wie dies fehlende ’vestras’ mit eigenen Konjekturen vermischt auf, siehe hier Anm. 16. 10 Außer JvS 2, S. 6 Anm. 15, S. 7 Anm. 21 f. und S. 8 Anm. 27 (N.B. in diesem Sammelband S. 127 Anm. 15, S. 128 Anm. 21 f. und S. 129 Anm. 27) siehe Dohna / Wetzel, Die Reue Christi (1983) (N.B. in diesem Sammelband S. 151–175, hier 151 f.) (über die Salzburger Predigt-Nachschriften). 11 Zum Typus vgl. Karl Schottenloher, Die Widmungsvorrede ... (Reformationsgeschichtl. Studien und Texte 76/77), Münster / Westf. 1953, 185 ff., der Staupitz freilich nicht erwähnt.
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2.3 Bekanntschaft Staupitz’ mit Werken humanistischer Zeitgenossen? Sie zwingend nachzuweisen ist nicht möglich. Hier einige Indizien: Die Schlußbemerkung zu ’De exsecutione’ Kap. 3 (De defectu laudis creaturae12), daß die vier Buchstaben des Tetragramms nur durch den Messiasnamen einen Sinn bekommen (§ 13), könnte Reuchlins ’De verbo mirifico’ (Basel 1494) als Quelle haben, wo die vier nichtssagenden Radikale IHVH durch Einfügung von S zu IHSUH und damit verständlich werden.13 Die Bezifferung der in die Zeit zwischen Sintflut und Herrschaftsantritt Nimrods fallenden ’Tage Noas’ auf 130 Jahre, ihre Identifizierung mit dem Goldenen Zeitalter ’in antiquioribus historiis’ und die Gleichsetzung von Nimrod mit Saturn (De exsecutione §§ 200 f. in Kap. 21: De lingua christiana) finden sich zu Beginn des 15. Buchs der ’Commentaria’ des Giovanni Nanni (Annius) von Viterbo zum 4. Buch des von ihm gefälschten Berosus.14 Die Kenntnis Nannis könnte durch den Staupitz persönlich bekannten Ordensgeneral Aegidius von Viterbo vermittelt worden sein, der selbst Humanist und Orientalist war und dessen Rede vor dem 4. Lateran-Konzil 1512 Staupitz in Wittenberg drucken ließ: ’Oratio Prima Synodi sive concilii Lateranensis ... habita in aede Lateranensi Quinto Nonas Maias 1512. Impressa Wittenburgii per Ioannem Gronenbergk Apud Augustinianos’15. Mögen diese beiden Beispiele unsichere Belege für das Interesse an zweifelhaften Altertümern sein, die Weigerung, unkritisch die Autorität Augustins für das zumindest mißverständliche Dictum ’Si non es praedestinatus, fac praedestineris’ (§ 2816 in De exsecutione Kap. 5: De temporali vocatione) vereinnahmen zu lassen, ist ohne Zweifel Ausdruck eines geschärften Bewußtseins für die Notwendigkeit verläßlicher Quellen. 2.4 Daß man Staupitz in Humanistenkreisen zumindest nicht unter Deutschlands Dunkelmänner zählte, beweist Melanchthons ganz aus freien Stücken erfolgte Zueignung (MBW Nr. 6417) eines rechten Produkts humanistischer Arbeit, seiner lateinischen Übersetzung von Gregor von Nazianz’ ’Sermo in secunda Encenia quae verna quoque dicuntur’, Erfurt, Matthäus Maler, 1519 (VD 16, Bd. 8 G 3093). Wenn er Staupitz nicht – wie in einem anderen Fall Spalatin18 – aufforN.B. Die Formulierung des lateinischen Widmungsbriefs zu ’De exsecutione’ überlässt Staupitz dem Freund Scheurl; s. JvS 2 (1979), S. 26–29. 12 Die Kapitelüberschriften in De exsecutione stammen von Staupitz selber. 13 Faks. Stuttgart-Bad Cannstatt 1964, 90 ff.; vgl. JvS 2, Anm. III.22, 88. 14 Antiquitatum variarum volumina XVII. Paris 1515, fol. 117r; vgl. JvS 2, Anm. XXI. 21, 258. 15 Maria Grossmann, Wittenberger Drucke (1971), Nr. 76. 16 Weijenborg (wie Anm. 9) möchte statt ’dictum illud vulgare quod Augustino nostro ascribunt, in sensu quem facit minime defendi po(test)’ lesen: ’... in sensu quo iacet ...’. 17 (Regesten-) Bd. 1 (1977), S. 64 N.B. mit Text MBW.T1 (1991), S. 147 f. 18 M. an Sp., Wittenberg, (14. Sept. 1518) = MBW Nr. 21 (Regesten-) Bd. 1 (1977), S. 49 N.B. mit Text MBW.T1 (1991), S. 69–71). 11a
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dert, die Übersetzung zu prüfen, heißt das doch wohl: er weiß, daß Staupitz zwar selbst nicht Griechisch kann, aber in solchen Arbeiten Sinn sieht. Melanchthon steht mit seiner Hochschätzung nicht allein. Daß Scheurl Staupitz überschwenglich feiert – an Martin Luther, 2. Jan. 151719: ,alii Pauli discipulum immo linguam, alii evangelii praeconem et verum theologum cognominant’ – nimmt angesichts der Förderung, die er früher von ihm erfahren hat20, und des Gewinns an öffentlicher Geltung, die er selbst aus dem Auftreten des Freundes als Advents- und Fastenprediger in Nürnberg 1516 auf 1517 zieht, nicht weiter wunder. Mehr Beweiswert hat die Aufmerksamkeit, mit der Lazarus Spengler sich Staupitz’ Gedanken hörend und schreibend aneignet. Dem Bildungsideal und der pastoralen Erwartung dieses über das Studium der lateinischen Moralphilosophie zum „Laientheologen“ gewordenen Ratsschreibers hat Staupitz – bis Luther diesen Platz einnahm – genau entsprochen.21 Pirckheimer selber sodann, das anerkannte Haupt des Nürnberger Humanismus, dürfte Staupitz’ eingangs zitierte Ermunterung an die Adresse des jüngeren Ordensbruders Johann Lang, mit ihm in Briefwechsel zu treten, vorab gutgeheißen haben, das heißt auch: Staupitz muß bei Pirckheimer eine Achtung genossen haben, die ihm erlaubte, derartige Gelehrten-Freundschaften zu stiften. Hierfür brauchte er in dessen Augen natürlich kein durch Wort und Schrift, womöglich literarische Fehden, ausgewiesener Freund der bonae litterae zu sein, aber ein gewisses gegenseitiges Verständnis setzt Staupitz’ Bezeichnung Pirckheimers als ’patronus’ voraus. Es stammt aus den Jahren jenes Streites um die Vereinigung von Kongregation und sächsisch-thüringischer Provinz (1506–1512)22, in dem Pirckheimer im Auftrag des Rates Staupitz Nürnbergs entschiedenen Widerstand gegen den Plan erläuterte (P. an St., o. D. (1510/1511)23. In Pirckheimers ’Epistola apologetica’ für Johann Reuchlin, Nürnberg, Friedrich Peypus, 2. Okt. 1517 findet sich eine stattliche Liste von Theologen, denen er 19
Christoph Scheurl’s Briefbuch, hg. von Franz von Soden und Joachim Karl Friedrich Knaake, Potsdam 1867, Bd. 2, S. 1 f., Nr. 114. 20 Sie ist u.a. Gegenstand seines oben (2.2) erwähnten Briefs an die Augustiner. 21 Berndt Hamm hat in der Einleitung zu seiner (N.B. im ungedruckten Stehsatz vorliegenden) Neu-Edition von Staupitz’ Nürnberger Predigt- und Lehrstücken 1517 Spenglers Verhältnis zu Staupitz eingehend untersucht; N.B. ersatzweise siehe Hamm, Lazarus Spenglers und Martin Luthers Theologie, in: Martin Luther. Probleme seiner Zeit (1986), S. 124–136, bes. 130 f., sowie Hamm, Reichsstädtischer Humanismus in Nürnberg (1989), S. 165–175, und z. T. deckungsgleich – Hamm, Humanistische Ethik ... in Nürnberg (1989), S. 126–147. 22 Zur Sache zuletzt Günter, Staupitz (1988), 14–20. Erinnert sei hier an Obermans überzeugende Darstellung dieses Konflikts zwischen Einheit des Ordens und Reinheit der Reform als Vorspiel zur Reformation: Luther (1982), bes. S. 143. – N.B. Eine neue Sicht auf den Observanz-Streit und Luthers Romreise eröffnen nunmehr die Arbeiten, die Hans SCHNEIDER, Marburg, zwischen 2004 und 2011 vorgelegt hat. 23 Willibald Pirckheimers Briefwechsel, 2. Bd., hg. von Emil Reicke, München 1956, 55–60, Nr. 187.
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Bildung bescheinigt. Sie ist zu lang, um ganz hier eingerückt zu werden, aber sie enthält sowohl Staupitz als auch Lang, außerdem die Augustiner Linck, Luther, Volbrecht u. a. Interessant ist darüber hinaus, welche Namen hier – noch – einträchtig neben- und durcheinander stehen: Kardinal Matthäus Lang, Neuenahr, Adelmann, Erasmus, Eck, Phrygio, Oekolampad, Aesticampian, Cochlaeus, Murner, Wimpfeling, Pellikan, Emser, Mutian, Spalatin, Venatorius.24 Zuguterletzt ein Wort des princeps bonarum litterarum: Erasmus an Johann Lang, Löwen 17. Okt. 1518: ’Staupitium vere magnum adamo, sycophantas istos iam olim negligo’25. 2.5 Es läßt sich in diesem Zusammenhang nicht vermeiden, die ’Sodalitas Staupitiana’ zu erwähnen. Vielleicht ist sie nie mehr gewesen als ein Wunschgebilde Scheurls, dem einzig wir die Wortschöpfung selbst und die Namen ihrer „Mitglieder“ verdanken. Fundamentum in re und historisch echt sind einige gesellig-besinnliche Zusammenkünfte führender Nürnberger im Augustinerkloster zur Zeit von Staupitz’ beiden Aufenthalten Advent 1516 und Fasten 1517 – Spenglers Aufzeichnungen aus den Gesprächen ’über Tisch’ bezeugen dies – und sicher auch ein paarmal darüber hinaus; nach dem 2. November 1518 ist davon nicht mehr die Rede. Das Fehlen von Pirckheimers Namen in Scheurls Namens- und Grußlisten, mag es zunächst Zufall sein, für den Fortgang der Ereignisse ist es ein Omen: Nachdem Pirckheimer Scheurl in eine Ecke mit Johann Eck, dem selbsternannten Zensor von Staupitz’ jungem Mann Luther, gestellt hatte, war die Eintracht eines solchen convivium zerstört.26 3.1 Was sich über Staupitz und den Humanismus sagen läßt, ist also nicht viel26a. Die antibarbarisch pointierte Äußerung im Brief an Lang, so wenig ungewöhnlich 24
Willehad Paul Eckert und Christoph von Imhoff, Willibald Pirckheimer, Dürers Freund im Spiegel seines Lebens, seiner Werke und seiner Umwelt, Köln 1971, 258; N.B. Pirckheimer-BW, Bd. 3, bearb. v. Helga Scheible, München 1989, S. 146–172 Nr. 464, hier Z. 562 f. 25 Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami ... per P[ercy] S[tafford] Allen, Bd. 3, Oxford 1906, Bd. 3, 408 Nr. 872. 26 Zu unseren Literaturangaben in JvS 2 (1979), 23 f., Anm. 4 ist jetzt hinzuzufügen Heinrich Lutz, Die Sodalitäten im oberdeutschen Humanismus des späten 15. und frühen 16. Jh.s (Mitteilungen der DFG-Kommission für Humanismusforschung 12), Weinheim 1984, 57 f. – Andre´ Se´guenny, Hans Denk et ses disciples; XVIIIe Colloque international de Tours (1975) (Humanistische Bibliothek, Abhandlungen Bd. 38), o. O. 1979, 441 ff., nimmt ohne jede Kautel dieses prekäre Gebilde zum Ausgangspunkt für einen Kongreßbeitrag zum Thema ’L’Humanisme Allemand’ und fällt damit sogar noch hinter Ludwig Keller, Staupitz und die Anfänge der Reformation, Leipzig 1888, zurück, seine – einzige – 1967 als Reprint erschienene Quelle. – N.B. Hinzu kommen die in Anm. 21 bereits genannten Arbeiten von Berndt Hamm. 26a N.B. Statt „nicht viel“, was zu sehr unter dem Eindruck der Kurzlebigkeit der ’Sodalitas Staupitiana’ formuliert sein mag, müsste es mindestens „nicht allzu viel“, dürfte es vielleicht sogar „ziemlich viel“ heißen. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass mit Scheurl, Pirckheimer, Melanchthon und Erasmus vier prominente Befürworter seiner Zugehörigkeit existieren.
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sie für ihre Zeit ist, bei Staupitz ist sie anscheinend singulär. Umso überraschender und, soweit ich sehe, bisher von niemandem eines Hinweises für wert befunden, ist der 20 Jahre früher niedergeschriebene Schlußsatz in Staupitz’ Widmungsbrief seiner Tübinger Predigten27 an Johann Brüheim. Nach dem Gebet zu Gott als dem ’cuius declaratio sermonum illuminat et intellectum dat parvulis’ (Ps 118, 130), ’aperit os mutorum et linguas infantium facit disertas’ (Sap 10, 21)28, und im Vertrauen darauf, daß Gott sich nicht vergeblich bitten läßt, will er sich an die ihm gestellte Aufgabe wagen, ’quamvis defectuose, quamvis inculte, quamvis barbarice’ (W. 26). Die hiermit ausgedrückte Selbstbescheidung, der man als Leser des Lateins so manches von Staupitz selbst formulierten Stücks der ’Tübinger Predigten’ nicht allzu heftig widersprechen wird, ist nicht bloß so dahin gesagt, sondern offensichtlich im Ganzen des Widmungsbriefs fest verankert: Neben der ’scientia’, deren man auf dem Gebiet der Theologie, ’quae scientiarum culmen tenet’ (W. 10), natürlich ganz besonders bedarf, wird in immer neuen Wendungen (’verba gerere’ 12, ’verba sententiasque suis locis statuere’ 15, ’oratio’ 16, ’loqui’ 16 f., ’dicere’ 18, ’lingua’ 20) die ’eloquentia’ als Aufgabe beschworen. ’Scientia atque eloquentia’ (W. 11) sind nun aber gerade als Paar – ’συ ν τε δυ’ εÆ ρχο μενοι mit Homer (Ilias 10, 224) sagt Melanchthon über Dialektik und Rhetorik29 – Inbegriff des Bildungsanspruchs der Rhetorik, wie ihn der Humanismus wiederentdeckt hat (was nicht ausschließt, daß man in der Scholastik ebenfalls davon sprach: TüPr 10, 279 f, aus Aegidius Romanus’ ’De regimine principum’, das dieser als Prinzenerzieher für Philipp den Schönen von Frankreich verfaßt hatte). Zieht man hierzu, was Staupitz als die Vorzüge Augustins preist: Gedankentiefe (’intellectu profundissimus’), Redegewandheit (’sermone lepidus’) und Schriftvertrautheit (’allegatione authenticus’) (TüPr 7, 95 f.), dann ist unschwer das gleiche Paar Wissen und Rede wiederzuerkennen, vermehrt um diejenige Größe, die beim Theologen beides maßgebend bestimmt, die Schrift.29a Wenn die Verbindung von ’scientia’ und ’eloquentia’ nicht ein praktisch folgenloser geistreicher Einfall oder gar literarisches Diebesgut ist, eben recht für eine schwungvolle Vorrede – ’Quid enim de ea quae scientiarum tenet culmen 27
JvS 1 (1987). – Staupitz’ Text hinfort zitiert ’TüPr’, wenn nicht überhaupt nur mit (Sermo)ziffer und Zeile. ’W.’ = Widmungsbrief; ’P.’ = Prolog. Die Zutaten des Bearbeiters zitiert als ’JvS 1, S.’. 28 Ein überraschend humanistischer Gebrauch dieses Schriftworts bei Luther an Eobanus Hessus, 29. März 1523: WA.Br. 3, 50, Z. 30 Nr. 596. 29 M. an Bernhard Maurus. Vorrede zu De rhetorica libri tres. Wittenberg, Joh. Grunenberg, 1519 = MBW 40 (Regesten-) Bd. 1 (1977), S. 55 f. N.B. mit Text MBW T1 (1991), S. 99–103, hier Z. 58). 29a N.B. Zumkeller, Heilslehre (1994), 26 setzt „allgemein anerkannte Autorität“ für ’allegatione authenticus’ ein; Posset, Pater et Doctor (1994), S. 513 mit Anm. 2 und S. 527 mit Anm. 139, sowie Front-Runner (2003), S. 57 zitiert jeweils nur das erste der drei Prädikate.
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tantillus ego, donorum naturae, scientiae atque eloquentiae omnino expers, verba gerere praesumo, cum doctores ecclesiae praefulgidos omnes suas constet libasse vires in sacrae scripturae laudem?’ (W. 10–13) – und alsbald vergessen, dann muß sich im Buch selber die Bemühung darum beobachten lassen, wenn schon vielleicht nicht das Gelingen. Denn von diesem scheint Staupitz irgendwann selber nicht mehr überzeugt gewesen zu sein, sonst hätte er die Arbeit nicht unvollendet liegen lassen. 3.2 Ein Versuch zur Interpretation oder auch nur Darstellung des – unvollendeten – Ganzen der Tübinger Predigten als Werk der erbaulichen Theologie („Frömmigkeitstheologie“, Berndt Hamm), ist nicht unternommen worden. Zwar kann niemand Staupitz’ deutlich bekundete Absicht überlesen, ’aliquam partem sacrae theologiae in aedificationem ecclesiae sanctae interpretari’ (W. 6 f.), auch nicht die wenig später folgende Präzisierung, daß er dies in Predigten tun wolle, ’neque enim scholastice disputando, sed de ambone ad vulgum praedicando praesentem statui discutere materiam’ (P. 16–18)30. Doch dann bemächtigt sich des Lesers rasch der Eindruck, der durch die penible Wiederholung eines – angeblich ’facilioris cognitionis memoriaeque’ (P. 14) wegen gewählten – rigiden Schemas der Gliederung eines jeden Sermo in drei ’articuli’ zu je drei ’puncti’ bzw. ’principia’ bzw. ’effectus’ eher verstärkt als gemildert wird, als würde der Iob-Text heillos zerpflückt in kleine und kleinste Lemmata und als käme der Autor vom Hundertsten ins Tausendste und verlöre sich in einem Wust von Gelehrsamkeit. Nur allzu verständlich ist daher die Versuchung, nach der unvermeidlichen einmaligen Durcharbeitung hinfort Zuflucht zu nehmen zu dem dabei erstellten Zettelkasten und sich mit dessen implizitem Fragebogen als Ersatz-Struktur zu begnügen. An dem geschilderten Eindruck des bei aller Künstlichkeit Amorphen und der Versuchung zur Flucht davor ist die Ausgabe von Georg Buchwald und Ernst Wolf (Leipzig 1927) nicht unschuldig, die den Zustand des Manuskripts, unfertig wie es ist (keine Sermo-Überschriften außer den nackten Zahlen, keine Tabula sermonum), einfach reproduziert, ohne wenigstens durch Register den Zugang zu erleichtern. Ernst Wolfs „knappe Übersicht über Themen und Texte“, die „den ganzen Aufbau der Hioberklärung“ „verdeutlicht“, steht nicht in seiner Einleitung zur Edition, sondern in ’Staupitz und Luther’ (1927), 18–21 im Kleingedruckten der „Voraussetzungen“. Wolfs vorrangiges und etwas voreiliges Interesse galt der „Theologie des Johannes von Staupitz“ in ihrer „Bedeutung für Luthers theologischen Werdegang“. Auch David C. Steinmetz stellt erst in ’Luther and Staupitz’ (1980), 44 ff. den Aufbau einiger Einzelpredigten dar (Sermones 1, 2, 6 und 11), ohne den Zyklus als Ganzes zu betrachten. Sein ’Misericordia Dei’ (1968) hatte „the theology of Johannes von Staupitz in its late medieval setting“ untersucht. Sowohl Wolfs ’Staupitz und Luther’ als auch Steinmetz’ ’Misericordia Dei’ behandeln die 30
TüPr 12, 109 f. erinnert sich Staupitz dieses Vorsatzes, wenn er zu einer Lehrdifferenz zwischen Thomas und Aegidius bemerkt: ’scholis hoc remittendum melius fore existimo’.
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Tübinger Predigten so, als hätte Staupitz doch ’scholastice disputando’ geschrieben, so sehr sie auch divergieren in der Bewertung des Einflusses der hauptsächlichen scholastischen Schulrichtungen auf Staupitz – und in der Bewertung dieser Schulrichtungen selbst.
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3.3 Des Theologen Staupitz offenbar selbstgewählte (’post multam deliberationem coniectis oculis in Iob’, W. 7 f.) Vorgabe ist das biblische Buch Iob als Zeugnis der Person Hiob – Person im zweifachen Sinn dieses Wortes: Individuum und Rolle, hier der Rolle des um Gottes willen angefochtenen Jedermann (’neque enim de Iob ut de singulari persona singula dicere intendo ... , sed magis volo de eo loqui, ut personam cuiuslibet temptati gerit quem propter deum temptatio arripuit’ 14, 190–193). Seiner scientia stellt sich die Aufgabe, die gedankliche Struktur des Buches Iob freizulegen und eine dem aktuellen Zweck der ’aedificatio ecclesiae’, d. h. der Kirche a u c h in ihren zeitgenössischen Beunruhigungen (’praesentes inquietudines’ 19, 39), dienliche neue Struktur zu entwerfen, die die ursprüngliche abbildet. Die Schwierigkeit des Iob-Textes für Staupitz’ aktuelle Aufgabe – und sein zeitloser Reiz jenseits derselben – liegt im Ungleichgewicht seiner beiden Komponenten: hier die archaisch karge Rahmenhandlung, Wort für Wort bedeutungschwere Parabel, dort die Streitgespräche Hiobs mit den Freunden über deren verborgenen Sinn, orientalisch weitschweifige Beredsamkeit. Das genus litterarium, das Staupitz für geeignet hält, diesen Text ’in nostram aedificationem, consolationem, spem’ (Rm 15, 2. 4 in TüPr 1, 7 und 14, 42–44) sprechen zu lassen, ist ein Zyklus thematischer Lesepredigten, ein Collectorium super Iob weit eher als ein Hiob-Kommentar. Staupitz muß das gedankliche Gerüst, das artificium (vgl. ’ars’ W. 14) des Buches Iob und seine Abbildung längst ausgeformt im Kopf gehabt haben, als er – kaum zufällig – etwa in der Mitte des erhaltenen Predigt-Werkes und – wie wir da erst erfahren – zu Beginn der dritten von insgesamt vier geplanten Partes – und damit des 15. von 33 ganz und einem 34. noch zum größeren Teil ausgeführten Sermonen nebst einer Predigtskizze – die Rede darauf lenkt. 3.4 Angekommen bei Iob 1, 9, Satans erstem Einwand gegen Gottes Lob über Hiob (’Non est similis Iob in terra’ Iob 1, 8 in TüPr 14, 185–188), gibt Staupitz folgende Analyse des Buches Iob: ’Im folgenden’, sagt er, ’ist einzugehen auf die Gegenwehr, mit der der Teufel versucht, Gottes Behauptung (propositum) zu entkräften. Er tut dies zum einen selber (per se), zum anderen durch Organe (per sua membra); auch führt er diese Auseinandersetzung (disputatio) auf dreierlei Weise: erstens – prinzipiell – mit Vernunftgründen (ratione), zweitens – tätlich31 – durch die augenfällige Probe aufs Exempel (visibili exemplo), drittens ’inductione’ (15, 9–13). ’Inductio’ wird nur noch ein einziges Mal wiederaufgenommen: Mit eindeutigem Rückbezug auf Sermo 15 heißt es zu Beginn von Sermo 33 anläßlich von Iob 2,9, der Aufforderung zur Blasphemie durch Hiobs Frau: ’Da Satan sich bei allen 31
TüPr 18, 36: ’factis argumentari incipit’.
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drei Arten, Gottes Urteil zunichte zu machen – ratione, exemplo visibili et inductione –, geschlagen geben muß, will er jetzt die äußeren Leiden mit den Anfechtungen des Innersten verbinden (iungere exteriores passiones temptationibus cordis)32 und setzt dazu als erlesenstes Werkzeug unter seinen Zöglingen Hiobs Frau ein’ (33, 23–27). Satan selber muß damit also schon gescheitert sein. Wenige Zeilen zuvor hatte Staupitz mit Gregor dem Großen äußere ’tribulationes’ (33,7) (’damna rerum, orbitas filiorum, putredo vulnerum’) (9 f.) von ’persuasiones’ (7) als ’subtilia temptandi argumenta’ (14) unterschieden. Beim Gebrauch des Wortes ’inductio’ liegt also offenbar der technische Sinn von ’inductio’ als Argumentationstyp vor: Induktion33. Als solcher ist er der Scholastik ebenso geläufig wie dem Humanismus34. ’Mit der zuletztgenannten Taktik (modus)’, so fährt Staupitz in Sermo 15 fort, ’agiert der Teufel zunächst selber, sorgt aber sodann auch dafür, daß sie von seinen Zöglingen äußerst raffiniert eingesetzt wird. Dem persönlich argumentierenden Teufel ent gegnet Gott selber, den Jüngern des Teufels antwortet er durch seinen Jünger Hiob, zuletzt ergeht das abschließende Urteil durch den über alles barmherzigen Herrn’ (15, 13–17). 3.5 So weit also das Herausschälen des artificium des Buches Iob durch Staupitz, für das ich in der eingesehenen exegetischen Literatur (außer Glossa und Lyra: Albertus Magnus, (Ps)-Thomas von Aquin, Hugo Cardinalis und Dionysius dem Kartäuser) kein Vorbild gefunden habe. Auf jeden Fall eine Leistung seiner eigenen scientia ist der daraus (’Unde’ 15, 18) entwickelte Plan, die biblische Vorlage, das Buch Iob samt seinem Ungleichgewicht zwischen Rahmen und Wechselreden, auf einen Zyklus aus vier großen Themen-Komplexen abzubilden, die sich wiederum in eine Fülle von thematischen Predigten gliedern, für die der Iob32
Zu erwarten wäre 33, 26 eher: ’iungere exterioribus passionibus temptationes cordis’. Die Gegenwehr des Teufels modo inductionis beginnt also schon in Sermo 28, nicht in 29, wie ich irreführenderweise im Inhaltsverzeichnis, JvS 1, IX geschrieben habe. Natürlich gibt es neben dem Terminus technicus inductio auch das ’inducere in temptationem’ der letzten Vaterunser-Bitte: Verführung, Einflüsterung, vgl. Mt 6, 13 in TüPr 30, 40–46; und der Sache nach ist davon in 29 auch sehr wohl die Rede. – Ich hatte damals die Trias ratio(cinatio) = Syllogismus, exemplum = Beispiel und inductio = Induktion zwar erkannt, aber nicht ernstgenommen, weil Staupitz der Dreizahl zuliebe 1) das Enthymem (ein unvollständiger Syllogismus, in dem entweder der Ober- oder der Untersatz, die dem Schluß zugrundeliegen, wegbleiben) beiseite läßt und 2) die Reihenfolge inductio – exemplum umkehrt, der Ordnung der Parabel folgend: Zwischen den beiden Disputationen des Teufels mit Gott anläßlich von Iob 1, 8 und 2, 3 steht sein Versuch, an Hiob ein Exempel zu statuieren. 34 Vgl. Bonaventura bei Johannes Altenstaig, Vocabularius Theologiae. Hagenau, Thomas Anshelm. 1517 (VD 16, Bd. 1, A 1992), sub voce. – Auct. Arist. 36, 15 (322): Inductio est processus a particularibus ad universalia (Topica, A 12 105a, 13–14). – Melanchthon, Compendiarı´a dialectices ratio. Wittenberg, Melchior Lotter d. J., 1520 (Vorrede = MBW 78 (Regesten-) Bd. 1 (1977), S. 70): D1b: ’Sunt autem formae argumentorum quatuor, syllogismus, enthymema, inductio, exemplum’. F1b/F2a: ’De inductione: ... e singularibus universale colligitur’. 33
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Text oft nur das Stichwort liefert. Die vier Hauptteile (’partes’ 15, 18) dieses, nunmehr Staupitz’ eigenen, Buchs (’hunc librum’ 18) handeln – e r s t e n s (TüPr 1–10) – von Hiob Jedermanns Wohlergehen (’de fortuna’ 15, 19) bei vollkommener innerer Verfassung (’dispositio mentis’ 6, 4)35 (= TüPr 1–5) und unangefochtenem (’pacis tempore’ 11, 5. 124. 220) Gebrauch der äußeren Güter irdischer Glückseligkeit (’bonorum terrenae felicitatis usus’ 6, 100. 103) (= TüPr 6–10) – z w e i t e n s (TüPr 11–14) – vom providentiellen Sinn der äußeren und inneren Anfechtung (’de temptationis et adversitatis consideratione’ 15, 19 f.) – d r i t t e n s (TüPr 15 bis Schluß) – vom Geprüftwerden und Bestehen (’de temptationis atque passionis et belli exercitatione et conflictu’ 15, 20 f.) in äußerer (bes. TüPr 18) und innerer (bes. TüPr 27, TüPr 29 ff.) Anfechtung – und v i e r t e n s (fehlend) – vom Triumph über sie (’de triumpho’ 15, 21). Oder: Ante, de, in, post temptatione bzw. temptationem.
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4 In den einleitenden Partien zu meiner Edition habe ich den hier in 3.4–3.5 vorgeführten Text (Übersicht über das Buch Iob und Entwurf für das eigene Buch) dazu benutzt, nachzuprüfen, wie viel von dem Geplanten Staupitz ausgeführt hat, und danach abzuschätzen, wieviel tatsächlich fehlt. Der Versuch einer Antwort auf diese Frage nach der (Un)vollständigkeit des Ganzen war nur auf dem Umweg über den „Aufbau des Zyklus“ möglich (JvS 1, 11–14). Die hier gestellte Frage lautet, ob und wie Staupitz in diesem Zyklus die von ihm selbst progammatisch geforderte Verbindung von scientia und eloquentia verwirklicht hat. Dort zog ich (13 f.) aus der Disproportion der auf die einzelnen Partes entfallenden Zahl von Sermonen – 10:4:20+x:y – und der Tatsache, daß Staupitz, hätte er wirklich eine „Hioberklärung“ (Wolf) beabsichtigt, mit Sermo 34 und der Skizze zu Sermo 35 (Lemma Iob 2, ll–13) noch immer am Anfang seines Vorhabens stünde, den Schluß, daß er nie die Absicht gehabt haben dürfte, die Partien lehrhafter Poesie, die im biblischen Buch Iob die Hauptsache sind (Iob 3, 1 – 42, 6) in der gleichen „langsamen Gründlichkeit“ (Wolf) zu behandeln wie die Rahmenerzählung. Hier, wo etwas freier zu spekulieren erlaubt sei, gebe ich zu bedenken: Könnte es sein, daß Staupitz das Ungleichgewicht zwischen der Kurzgeschichte des Rahmens und den Wechselreden des lehrhaften Streitgesprächs gleichsam umgelegt hat auf den Einzelsermo und in voller Absicht ein modernes Gegenstück dazu schaffen wollte in Gestalt des Ungleichgewichts zwischen den (meisten seiner) Lemmata und deren „Erklärung“ in kleineren oder größeren, mit langen Zitaten aus der Fülle der abendländischen Tradition befrachteten Einzeltraktaten, die eher die ihn selbst bewegenden Themen in Iob hinein- als diesen aus-legen? Freilich hätte er dadurch ungewollt eine Verständnisschwierigkeit für uns noch Modernere mitgeschaffen! Hat Staupitz nicht möglicherweise aus der Not des in seiner Widmung an Brüheim beklagten Mangels an eloquentia die Tugend gemacht, die sa35
Leider war mir bei der Zusammenstellung der weit verstreuten Gliederungs-Hinweise Staupitz’ für das Inhaltsverzeichnis dieser nicht aufgefallen.
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pientiale Rhetorik des Buches Iob durch reichliche Anleihen bei der patristischen und scholastischen Rhetorik zu ersetzen? Diese meine These von der geborgten eloquentia, wie ich sie einmal nennen möchte, hätte zwar den Nachteil, nicht unserem Originalitätspostulat an einen Autor zu entsprechen, stünde aber nicht im Widerspruch zu den Regeln seiner eigenen Zeit. Vielleicht aber habe auch nur ich meine Not mit dem Gedanken, Staupitz könnte beim Übergang vom prosaischen zum poetischen Teil des Buches Iob einfach nicht weitergewußt und kapituliert haben. 5.1 Bei wem hat Staupitz nun aber seine eloquentia geborgt? Nach Abzug von 34 vom Bearbeiter zu Kommentierungszwecken herangezogenen Autoren hebt sich aus der verbleibenden stattlichen Zahl von 43 Namen zwischen A wie Aegidius Romanus und W wie Wilhelm von Auvergne, die das Register der Autoritäten und Quellen aufweist, folgender Kanon heraus: Ambrosius, Hieronymus, Augustin, Gregor der Große, Boethius, Gratian, Petrus Lombardus, Bonaventura, Thomas von Aquin, Aegidius, Thomas von Straßburg und Gerson. Die Aneignung dieser bald mehr durch eloquentia, bald mehr durch auctoritas hervorragenden Autoren ist Staupitz so gut gelungen, daß zu den bisher, hauptsächlich durch Ernst Wolf, nachgewiesenen ca. 3000 Zeilen fremder Beredsamkeit noch einmal über die Hälfte hinzukommen, dies bei einer Gesamtzahl von 12000 Zeilen Tübinger PredigtenText, von denen man wiederum gegen 400 Zeilen abrechnen darf, die auf die wiederkehrenden Formeln der Überschriften und Zwischenbemerkungen zu Beginn des Artikels entfallen. Schon bei diesem guten Dutzend Autoren sind extreme Unterschiede hinsichtlich der Häufigkeit, der Ausführlichkeit und der Wichtigkeit der bei ihnen vorgenommenen Anleihen zu notieren, die Rückschlüsse auf die ihnen von Staupitz zugebilligte Kompetenz erlauben. 5.2 Erst recht gilt dies alles für diejenigen Autoren, die Staupitz auf dem Rücken dieser Autoritäten übernimmt: die übrigen Kirchenväter, alle Philosophen, die wenigen Frühscholastiker, die römischen Moralisten, Dichter und Historiker. Je nach dem literarischen Charakter der Autorität erscheinen diese Autoren aus zweiter Hand referiert oder zitiert. Ausführliche Referate über Platon und Origenes verdanken wir Augustin, knappe doxographische Angaben über die Pythagoräer und Proklus dem Aegidius Romanus. Bei den Zitaten reicht die Skala von einzelnen Denker-Sentenzen und Dichter-Versen bis zu mehrseitigen Auszügen. Weitaus die meisten der zu Dutzenden zählenden Sentenzen, Definitionen und Distinktionen entfallen auf Aristoteles und sind durch die Scholastiker vermittelt, während sich die Handvoll Dichter-Worte aus Terenz und Vergil einer-, Persius und Juvenal andererseits auf Augustin und Gerson als Tradenten verteilen. Von Gerson stammt auch das einzige große Bernhard-Zitat. Staupitz läßt sich die argumentative Kraft oder den dekorativen Reiz, den solche Säulen oder auch bloß Mosaiksteinchen mitbringen, nicht entgehen. Manchmal entgeht ihm jedoch diese Intention bei einem seiner Gewährsmänner. Vergil jedenfalls hat er nicht auswendig gekonnt, sonst hätte er TüPr 33, 92 – ’metuunt
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cupiuntque, dolent gaudentque’ (Aen. 6, 733) – oder 34, 272 f. – ’sanguine nobis hanc patriam peperere suo’ (Aen. 11, 24 f.) – sicher auf ihn hingewiesen.
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5.3 Dieser rasche Überblick über Autoritäten und Autoren läßt sich solide untermauern durch die Quellenstatistik. Sie ist unentbehrlich als Korrektiv zum unmittelbaren Eindruck, dem die Gewichte leicht anders verteilt erscheinen, als es sich in Zahlen und Zeilen dann darstellt. Gerade diese Objektivität birgt jedoch Gefahren für die historisch richtige Interpretation. Wolf, der die Quellenstatistik als Instrument in die Staupitz-Forschung eingeführt hat, ist hierfür ein gutes, warnendes Beispiel. Zwar konnte er nicht umhin, den ausgiebigen Gebrauch von Augustin, Gregor dem Großen und Boethius festzustellen, wertete ihn jedoch als unerheblich für die Bestimmung der Schulzugehörigkeit ab, statt umgekehrt vom Befund her eben diese Frage selber in Frage zu stellen. Um zu konstatieren, daß Staupitz keinen Scotus, keinen Occam und keinen Gregor von Rimini zitiert, bedarf es keiner Statistik. Wohl aber sagt es etwas aus, daß er neben Thomas von Aquin mehrfach auch Bonaventura zitiert; und wohl ist die überwältigende Fülle von Aegidius-Zitaten signifikant – wenn sie nicht einfach deswegen, weil Aegidius Schüler von Thomas von Aquin war, auf das Konto Thomismus gebucht werden (hier liegt das Körnchen Wahrheit in Steinmetz’ Kritik an Wolf). Aegidius hat für Staupitz die Rolle des Wegbereiters – zurück – zu Augustin gehabt, die für Luther Gregor von Rimini gehabt haben könnte. Auch eine quellenkritische Feststellung wie meine eigene (JvS 1, S. 16 f.), daß Staupitz’ Kenntnis von Livius und Sallust, auch von Terenz, Cicero und Vergil durch Augustins ’De civitate dei’ vermittelt und die Zitate aus Valerius Maximus, Florus, Laktanz und Orosius aus dem Kommentar des Thomas Waleys (Valois) zu eben diesem De civitate regelrecht abgeschrieben sind – mitsamt den Druckfehlern seiner Vorlage36, ohne die das vielleicht nie bemerkt worden wäre –, so korrekt und nicht nur geeignet, sondern zwingend erforderlich sie ist, damit kein falsches Bild seiner Belesenheit entsteht, bliebe es dabei, böte sie ein falsches Bild seines Interesses und seiner Absicht. Diese zu spüren, ist gerade der unmittelbare, allererste Lektüre-Eindruck besser geeignet – falls er der Nachprüfung standhält. 6.1 Dieser erste Eindruck hieß: auffallende Präsenz der Antike, der Teufel als advocatus seiner selbst bedient sich römischer Exempla als Argumentationshilfe! Ich sage bewußt: A n t i k e . Denn ich meine damit nicht den längst getauften Aristoteles, dessen Allgegenwart eben nicht weiter auffällt. Er spricht, und das hat ihn ja auch der theologisch dominierten mittelalterlichen Wissenschaft zur Rezeption empfohlen, über den gleichen von Gott geschaffenen Kosmos einschließlich des besonders hervorgehobenen Menschen, nur eben auf natürliche Weise. Ich meine mit Antike auch nicht die christlichen Klassiker Augustin und Gregor. Der Blick auf die Antike, den die Tübinger Predigten freigeben, ist ganz anderer Art, gewissermaßen der in eine Renaissance-Galerie. Das Namensregister zeigt Aeneas 36
Siehe bes. TüPr 28, Z. 165 ff. u. den textkritischen Apparat dazu (JvS 1, S. 410 f.), N.B. sowie Anm. 19 (JvS 1, S. 407 f.). Siehe auch Anm. 38.
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neben Abel, Abner, Abraham und Adam; Amphitryo neben Agabus und Andreas; Berecynthia – ein Beiname der kleinasiatischen Göttermutter Cybele – neben Bartholomäus; Junius Brutus neben der Märtyrerin Blandina; Caesar neben Cain; Camillus, Catilina und Cato Uticensis neben Chaldaei und Cherubim; Collatinus und Curtius neben Christus; Danae neben David; Judith neben Jupiter (dessen Knabe Ganymed erscheint nur umschrieben: 34, 220) usw. 6.2 Sieht man sich die zugehörigen Stellen an, so stößt man auf Nester im Ganzen des Predigtzyklus, wo sich diese – weit überwiegend römischen, und hier wiederum weniger literarischen als historischen – Namen häufen. Es sind neben zwei kleineren Nestern drei Sermone: E r s t e n s : 8 (De37 honore, fama, potestate eorumque vilitate, fallacitate, indignitate). Lemma ist Iob 1, 3 ’Erat vir ille magnus ... .’ Der Sermo gehört in die zweite Fünfergruppe von Pars 1. Z w e i t e n s : 28 (De veritate aequanimitatis patientiaeque Iob in iactura universae substantiae et nece filiorum visa, sive de oppositione diaboli qua nititur exemplis Romanae antiquitatis probare, Iob neque honorem dei procurasse nec virtuose egisse nec proximum aedificasse ...). Lemma ist Iob 2, 4 ’Cui respondens Satan ait: Pellem pro pelle et cuncta quae habet homo dabit pro anima sua’. Der Sermo gehört innerhalb von Pars 3 jener – von Staupitz nicht genau abgegrenzten – Reihe an, in der sich der Teufel selber mit der Taktik der inductio versucht. D r i t t e n s : 34 (De correctione fraterna, de irrationalitate peccandi contra verum deum cui opponuntur falsi Romanorum dii, de consolationibus veri dei in tribulatione). Lemma ist Iob 2, 10 ’Qui ait ad illam: Quasi una de stultis mulieribus locuta es. Si bona suscepimus de manu domini, mala quare non sustineamus?’ Der Sermo gehört derselben Reihe von Pars 3 an; in ihm bricht das Werk unvermittelt ab. Steht in Sermo 8 mehr das Ganze des römischen Staats als moralische Anstalt im Vordergrund, so sind es in Sermo 28 mehr einzelne Helden und ihre Tugend, in Sermo 34 die römischen Götter. 6.2.1 Die res publica des alten Rom wird in Sermo 8 in einem langen AugustinZitat als ein ädifikatorisches Modell eingeführt (127 ff.), dessen gottgewollter Erfolg in der Geschichte eine zeitlos gültige Lehre (129) enthüllt: die Überwindung niedriger Beweggründe (’luxuria’, ’avaritia’ 139 f.) durch höhere Ziele, in augustinisch-staupitianischer Perspektive: weniger niedrige (’causa honoris, laudis, gloria’, ’pro isto uno vitio, id est amore laudis’ 142 ff.). Ermutigung für uns, deren Lohn von dem ihrigen ’tantum dist(a)t, quantum distat coelum a terra’ (152 f.). Das Argument – man könnte es als argumentum a fortiori praemio bezeichnen – ist von Augustin gebildet und wird von Staupitz lediglich übernommen: Gott selbst (34, 266) ist jetzt der Tugend Lohn (2, 141), nicht mehr eine gloria, die weiter nichts ist als ein ’iudicium hominum bene de hominibus opinantium’ (8, 99 f.). Staupitz konnte seine Aufgabe nicht darin sehen, Augustin zu kritisieren. 37
Die hier und im folgenden benutzten Überschriften sind meinem Inhaltsverzeichnis, JvS 1, V−X entnommen. Den Kapitel-Überschriften in den von Staupitz selbst veröffentlichten Schriften nachgebildet, bieten sie, über die bloße Numerierung hinaus, analytische Kurzinformationen, die soweit irgend möglich Staupitz’ eigene Formulierung aufgreifen.
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Nicht nur führt dieser, subtil ins biblische Lohn-Motiv versteckt, einen Eudämonismus als Maßstab in einen ethisch-politischen Kontext ein, dessen Prämiierungssystem er doch sehr gut kennt und treffend paradox zu charakterisieren versteht: ’Quo minus pet(i)t (quis) gloriam, eo magis illam sequ(i)tur’ (109 f.). Sondern laus, honor, gloria, als ’testimonium’ oder ’signum’ (85) – und eben nicht als ’praemium’ – ’virtutis’ von Haus aus, von Aristoteles’ politischer Phänomenologie her, ein durchaus brauchbares Existential, werden durch Augustins polemischapologetische Abqualifizierung zum vitium gewissermaßen vergällt – als wäre die ’laudum immensa cupido’ (28, 72) nicht die umstrittene Ausnahme! Das ganze Argument wird dadurch für Staupitz’ These: ’Honor malos ad virtutem invitat, bonos conservat, perfectos renovat, omnes aedificat’ (125 f.), weniger geschärft als verborgen. Der – gewiß – defiziente Modus rein innerweltlicher, vorletzter Prämiierung wird mit deren Perversion vermengt. Doch trotz Augustins Destruktivität verbleibt dem Sermo 8 insgesamt mehr politischer Realitätsgehalt als dem durch des Ps-Dionysios Areopagita Hierarchien überhöhten Staats-Sermo 21.
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6.2.2 Fungiert in Sermo 8 das alte Rom als Ganzes – wenigstens in Staupitz’ Intention – immerhin als Basis für ein argumentum a fortiori, die exemplarischen Taten, Leiden, Opfer einzelner Helden dienen nurmehr als Folie für ein vielfach variiertes argumentum e contrario. Das ist zunächst am Schluß von Sermo 27 (De ... adversitate carnis ad spiritum, ... de bona sufferentia adversitatis, quae quidem non est frustra) zu beobachten. In Augustins Satz, ’was ist es schon für eine Großtat, für das ewige, himmlische Vaterland’ eine kurze Pein auszuhalten (221), ver glichen mit dem Selbstopfer des ’optimus’ Curtius (222 ff.) oder dem Martyrium des Regulus (229 ff.) – ein argumentum a fortiori honore im einen, eins a fortiori fide im anderen Fall –, setzt Staupitz für ’poena’ die ’poenalis discordia carnis et spiritus’ infolge der Erbsünde (189 f.) ein und rahmt das Ganze von der einen Seite durch den Hinweis auf ’jene Menschen, die ohne Heil-Hoffnung dasselbe leiden wie wir in sicherer Erwartung ewiger Seligkeit’ (218–220), und von der anderen Seite durch die Identifizierung dieses ’sine spe salutis’ mit dem ’frustra’ seines Lemmas Iob 2, 3c (243 ff.). Ein solches ’Umsonst’ neben vielen zuversichtlichen Aussagen über die eigene Möglichkeit, Verdienste anzusammeln (166–201. 204 ff.), wäre schwer erträglich ohne den generellen Vorbehalt: ’Es gibt Menschen, die, wenn sie angefochten sind, an Verdienst und Lohn denken, um das Auferlegte leichter zu ertragen. Verwerflich ist das nicht, aber sicherer handelt derjenige, der die Verfügung über sein Verdienst ganz Gott überläßt ... .’ (26, 299 ff.). Was hier am Schluß von Sermo 27 in den Dienst einer recht gezwungen wirkenden Analogie von außen und innen – hier Fleisch wider Geist, dort Karthager gegen Römer – gestellt ist, wird in Sermo 28 wesentlich geschickter und zutreffender direkt zum Thema gemacht. 6.2.3 Nachdem Satan Gottes positives Urteil über Hiob (Iob 1, 8) in Sermo 15 schon einmal ganz im Stil einer Disputation mit Gegenargumenten prinzipieller
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Art (’ratione’) zu erschüttern versucht hatte, stellt er hier in Sermo 28, dem durch Iob 2, 3 bekräftigten Urteil Gottes widersprechend, die Gelassenheit Hiobs beim Tod seiner Kinder auf eine Stufe mit der Fühllosigkeit, mit der Iunius Brutus seine Söhne (64 ff.) und Manlius Torquatus seinen Sohn verurteilten und exekutieren ließen (73 ff.) oder Marcus Pulvillus während einer Opferhandlung die Nachricht vom Tod seiner Kinder ertrug (91 ff.). Ebensowenig, so Satans argumentum ab eodem (59 f.), wie sie damit Gott ehrten (95 f.), so wenig tue dies Hiob. Gottes Antwort steht explizit in der Schrift, zwar nicht im Buch Iob, wohl aber in Hbr 11: ’Impossibile est sine fide placere deo’ (103 f.). Dies wird zweimal unterstrichen: ’... qualitercumque actum .. non .. ex fide .. nec acceptabile’ (113 f.) und ’... quamvis magna et admiratione digna extra fidem facta aeterna praemiatione privantur’ (115 f.). Satan war von der fal schen Voraussetzung ausgegangen (’maior’ 63. 104–106), Hiob und die genannten Römer hätten dasselbe getan, dabei war doch das Motiv ihres Tuns grundverschieden: hier fides, dort gloriae cupido. Daß ferner Hiobs Gefaßtheit bei der Nachricht vom Verlust seiner Kinder nicht seiner Tugend entspringe, sondern der Furcht vor noch Schlimmerem für sich selber (136 f.), also ein natürlicher Abwehrreflex sei (121 f.), dieser Verdächtigung setzt Gott Hiobs Auferstehungsglauben entgegen und die Hoffnung (153 f.), die er daraus für die Kinder schöpft. Warum endlich, wenn bei Cato Uticensis und Lucretia – wie sich aus Augustin beweisen lasse – nicht einmal die Hingabe des eigenen Lebens erbauliche Wirkung hatte (160 ff.), Hiobs Hinnahme des Verlustes von fremdem Leben ohne jeden Protest (182 ff.) erbaulich wirken solle, diese Verdrehung stellt Gott wie folgt richtig: Lucretia und Cato ertrugen nicht einmal das eigene Leid (’impatiens’ 178, ’impatientia’ 189), Hiob in seiner Liebe macht umgekehrt das fremde Leid seiner Kinder zu seinem eigenen, wie dies der caritas eben eigentümlich ist (197). Was aber von den fide vollbrachten Taten gilt, daß nämlich selbst noch die allergeringsten (’minima’ 116) ihren Ewigkeits-Wert haben, gilt auch von spes und caritas. 6.2.4 Daß schließlich auch die römischen Götter in den Tübinger Predigten nicht fehlen, scheint kaum anders zu erklären, als daß sie eine – ich bin versucht zu sagen prächtige – Negativ-Folie (34, 169–171) abgeben zu dem wahren Gott, dem Geber alles Guten (171 ff. mit Iac 1, 17; 244–247), dem zu fluchen Hiobs Frau diesen aufgefordert hatte (’Benedic deo et morere!’ Iob 2, 9, im Lemma zu Sermo 33). Hiobs correctio fraterna an ihr besteht im Aufweis des Widersinns einer solchen Sünde (’irrationabilitas’ 34, 159). Die römischen Götter haben nicht nur keine Gebote für ein gutes Leben (187 f.) gegeben, sondern im Gegenteil die schändlichsten kultischen Umtriebe – ’quae sunt sacrilegia, si illa erant sacra’ (202) – verlangt. Sie haben, der Göttervater voran, das allerschlechteste Beispiel gegeben (210 ff.). Sie straften nicht die Laster (229). Trotzdem duldeten die Römer so wenig wie andere Völker eine Lästerung ihrer – solcher! – Götter (205 f.). Der Sermo und zugleich der ganze Predigt-Zyklus bricht ab inmitten eines weiteren argumentum e contrario: der Trostlosigkeit römischer Gerechter wie Lucius Tarquinius Collatinus, Gatte der unglücklichen Lucretia (307 ff.), oder Marcus Ca-
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millus, Besieger der Rivalin Veji (315 ff.). Wenn schon sie ihre tribulatio klaglos ertragen haben, um wieviel mehr wir .. (323 ff.). Staupitz’ – bezeichnenderweise sogar dem Teufel in den Mund gelegte – Anknüpfung an die Antike ist so sehr durch den Widerspruch geprägt, daß dieser nichts Verheißungsvolles verbleibt, was einer Typologie analog der alttestamentlich-neutestamentlichen, wie etwa gerade der zwischen dem Heiden Iob und dem Heiland Christus, reichen könnte; sie ist in Wahrheit Abstoßung. 7 Das gesamte Material für die vorgeführte, mehr oder weniger geschickte, rhetorische Montage antiken Glanzes und Elends stammt aus Augustins De civitate und dem diesem Werk erstmals 148938, dann 1505 und noch 1506 im 7. Band39 der großen 11-bändigen Augustin-Edition des Basler Humanisten Johann Amerbach und seines Kreises beigedruckten Kommentar des Thomas Valois OP (Wallensis, Waleys, gest. kurz nach 1349) und des Nikolaus Triveth OP (Trevet, gest. nach 1334).40 Es ist dieser im weitesten Sinne ’politische’41 zwar weder der umfangreichste noch der wichtigste Bereich von Staupitz’ Augustin-Rezeption42, aber es ist der bemerkenswerteste, insofern als sie sich hier am reinsten als direkte, nicht durch seine scholastischen Autoritäten vermittelte oder auch nur angeregte fassen läßt. Wenn ich recht sehe, geht hier einzig Aegidius Romanus und auch er nur ein einziges Mal voran: In einem TüPr 8, 291 ff. zitierten Abschnitt aus ’De regimine 38
Gesamtkatalog der Wiegendrucke 3 (1928), Nr. 2887 S. 92. – Was Oberman, Werden und Wertung (1977), 90 f. (= Tuus sum [1975], 357), über den durch die Amerbach-Ausgabe eröffneten neuen Zugang zu Augustin sagt, gilt nicht erst für den Staupitz von De exsecutione (1517), sondern schon für den der Tübinger Predigten (um 1497/98), die Oberman a.a.O. nicht weiter berücksichtigt. N.B. Dass Staupitz De civitate samt dem Kommentar von Thomas Waleys schon 20 Jahre früher in der Einzel-Ausgabe Basel 1489 benutzte und nicht erst in der Gesamt-Ausgabe 1504–1506, geht also selbst aus den Äußerungen derjenigen Autoren nicht klar hervor, die prinzipiell auf die Zäsur hinweisen, die Amerbach für die Augustin-Rezeption bedeutet: außer Oberman auch Hamm, Reichsstädtischer Humanismus (1989), S. 170 mit Anm. 117 (= Humanistische Ethik (1989), S. 138 mit Anm. 296); bei Hamm, Frömmigkeitstheologie (1982), 320 f. ist der Hinweis darauf, dass es die Einzel-Ausgabe Basel 1489 überhaupt gab, sehr versteckt in Anm. 115. Klar hingegen ist Posset, Front-Runner (2003), S. 60 mit Anm. 79. 39 VD 16, Bd. 1, A 4147. 40 Beryl Smalley, English Friars and Antiquity in the Early 14th Century, Oxford 1960, 88 ff. 41 Grundlegendes – wiederum aus Augustin – außer in den bereits behandelten oder wenigstens erwähnten Sermonen findet sich zum Thema Herrschaft von Menschen über Menschen in einem Sermo, in dem man es nicht ohne weiteres vermuten würde: 24 (De negligentia voluntatis seu affectus, sive de devotione ...), wo 33 ff., bes. 51 ff. ’de domini dei dominio regnante de humanis dominis et malis et bonis’ gehandelt wird und – nicht unerwartet – Rm 13 erscheint. 42 Über Staupitz’ Augustin-Rezeption N.B. siehe den Beitrag „Staupitz Augustinianus“ in diesem Sammelband S.223–265.
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principum’ referiert Aegidius eben jenes exemplum des Torquatus aus Augustins De civitate 5, 18, von dem Staupitz selbst in 28, 73 ff., allerdings unter Verwendung der Augustin-Dublette Civ 1, 23, Gebrauch macht. Dem Lombarden, den beiden Thomas von Aquin und von Straßburg und Gerson verdankt Staupitz hier nicht den kleinsten Fingerzeig. Und mit der Größe der antiken Größen übernimmt Staupitz von Augustin auch ihre (Herab)würdigung. Was könnte der Grund sein für diese offenkundig absichtsvolle Präsenz römischer Antike und ihre dank Augustins polemischem Talent so wirkungsvolle Präsentation? Ich kenne ihn nicht und möchte auch in erster Linie bloß aufmerksam machen auf ein m. E. zu Unrecht ignoriertes Phänomen, ohne eine Erklärung dafür parat zu haben. Doch täusche ich mich völlig in dem Gefühl, daß diese ganze römische Welt, ’quamvis admiratione digna’ (28, 115), – sehr anders heidnisch als die aristotelische Nur-Natur – geradezu als Gegen-Welt empfunden wird, der gegenüber Selbstvergewisserung und Distanz nottut – darf man die Aktualisierung so weit treiben, hinzuzufügen – statt Nachahmung wie im Rom Alexanders VI.? Dieser Mann ist Stellvertreter Christi zu der Zeit, da Staupitz in seinem Sermo 19 (De abusu potestatis spiritualis sive de sacerdotum, praecipue praelatorum, inordinata et scandalosa vita eademque corrigenda per praedicatores) nicht nur die zeitgenössischen ’convivia superiorum et inferiorum, sacerdotum et laicorum, sacerdotum et meretricum’ (45 ff.) beklagt, sondern auch das ’vitium monstruosum’ (161), einen ’iniustum lupum rapacem in (dei) servitio constitutum vicesque gerentem Christi’ (153 f.). So könnte gerade die durch Augustin vermittelte und gerichtete Antike es sein, die am klarsten die Erfüllung des antibarbarischen Programmpunkts aus dem Widmungsbrief an Brüheim zeigt. Der antibarbarische Staupitz der Tübinger Predigten verwirft nicht schon um der wünschenswerten Reinheit des Lateins willen die Scholastik in Bausch und Bogen, sondern bedient sich ungeniert ihrer Klassiker neben den Klassikern der christlichen Antike. Von einer Renaissance Roms, wie sie sich unter seinen Augen abspielt, verspricht er sich für die Reform der Kirche nichts.43 43
N.B. Beachtung fand diese Studie bei Wriedt, GuE (1991), 24. Zwei zentrale Erkenntnisse greift er indes nicht auf: Falls man (wie er) überhaupt von einer „klassischen Bildung“ Staupitz’ sprechen will (was die Studie nicht tut), dann stammt diese fast ganz aus zweiter Hand und fast ganz aus einer einzigen Quelle (s. oben bei und mit Anm. 38). Und die Antike, sprich Staat, Helden und Götter Roms interessieren nur als Negativ-Folie. Wo, außerdem, soll in der Studie die Frage nach „Staupitz’ Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kreis des Humanismus“ gestellt worden sein? – Zur Beachtung bei Wriedt, Gründungsmitglied (1995) siehe den Beitrag „Edition und Forschung seit 1979“ bei Anm. 153, in diesem Sammelband S. 307. – Schulze, Hiob-Prediger (1990), 64, widmet der Studie in einem Satz Applaus. – Zumkeller, Heilslehre (1994), 28 f. referiert sie auf gut einer Seite korrekt. – Posset, Front-Runner (2003), beruft sich mehrfach (17 Anm. 31, 58, 78, 124, 163), und mit Ausnahme von S. 58 korrekt, auf die Studie; dort verschweigt nämlich auch er – anders als Markwald / Posset (1995), S. 83 – die rein abstoßende Rolle, die Staupitz der Antike zuweist.
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Dank einem Fingerzeig Helmut Claus’ erwies sich die Breslauer Universitätsbibliothek als Eigentümerin eines Exemplars der Posterior Editio Sulpitiana. Signatur 461026. (N.B. VD 16 ZV 24376 kennt jetzt auch ein Ex. der UB Leipzig). Aus einer Breslauer Mikrofilmaufnahme der Vorrede an Staupitz und Martin Polich von Mellerstadt zitiere ich den Wortlaut des oben vor Anm. 3 nach Bauch gebrachten Stücks: ’... in dies plus vestra exacta relucet diligentia, qua teneram iuventutem quam ocissime e limo ad veras gemmas perducere laboratis. Precipue in eo quod in celeberrima nostra Albiorensi achademia iampridem firmiter plantata Grammaticen Sulpitianam cum carminibus et lima Ascensiana ordinarie legi instituistis, ne posthac imbecille studiosos alumnos fundamentum ponere contingat, sicuti ad tria fere secula in Alexandri Galli partibus – tum propter plane barbaram metrorum editionem, tum ob interpretum desuper arrogantem inscitiam – nos omnes, proh dolor, cum gravi dispensio et iactura edocti sumus’. – Über N.B. Drucker, Druckort und Jahr sagt VD 16: “[Leipzig: Wolfgang Stöckel um 1506]“. – Der komplette Text dieses Widmungsbriefes wird erstmals in Staupitz, Schriften Bd. 6 (Briefe und Zeugnisse), ediert werden.
Staupitz Augustinianus. Eine Bestandsaufnahme der Rezeption Augustins in seinen Tübinger Predigten* Von Richard Wetzel 1 Staupitz’ überaus großzügige Benutzung Augustins für seine Tübinger Predigten (um 1497/8)1 ist derart augenfällig und überdies von ihm selbst mit aller nur wünschbaren Deutlichkeit bekannt und begründet, daß es überflüssig scheint, davon eigens zu handeln. Das suo loco eher beiläufig formulierte Eingeständnis – ’De verbo ad verbum magis placet Aurelii sancti Augustini uti verbis quam propria speculatione, nec iniuste, quia pater et doctor meus est, immo et sanctae ecclesiae, intellectu profundissimus, sermone lepidus atque allegatione authenticus’ TüPr 7, 92–962 – beschreibt und rechtfertigt eine Praxis, die durchgängig geübt wird. Daß und wie, wird im Folgenden zu zeigen sein. 1.1 Der Grund dafür, daß dies nicht überflüssig ist, weil bisher allenfalls bruchstückhaft geschehen, liegt nicht bei Staupitz, sondern bei den Staupitz-Forschern. Mit einer Achtlosigkeit, die der Erklärung bedarf, sind sie an dem Wegweiser, den Staupitz selber am bequemen Weg direkt zu Augustin aufgestellt hatte, vorbeigeeilt und haben sich auf den dornigen Pfad der Suche nach Spuren eines möglichen Einflusses des spätmittelalterlichen Augustinismus begeben, namentlich nach solchen von Gregors von Rimini sogenannter schola Augustiniana moderna3. Die Erklärung hierfür ist darin zu suchen, daß die neuere wissenschaftliche Beschäftigung mit Staupitz4 – denn erst sie hatte, durch Georg Buchwalds und Ernst Wolfs * N.B. Erstveröffentlichung im deutschen Original. In Englisch: Staupitz Augustinianus. An account of the reception of Augustine in his Tübingen Sermons, gedruckt in: Via Augustini (1991), 72–115. Die dortigen Seitenzahlen werden hier – mit übersetzungsbedingter Ungenauigkeit – in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen ist identisch. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. Zur Beachtung, die diese Studie gefunden hat, siehe Anm. 144, auch Anm. 13 und 18. 1 JvS 1 (1987). – Staupitz’ Text hinfort zitiert nach Sermo und – Sermo-bezogenen – Zeilen als ’TüPr’ mit oder allein durch arabische/r (Sermo-) Ziffer und Zeile, ’W.’ = Widmungsbrief und ’P.’ = Prolog; die Zutaten des Bearbeiters hinfort zitiert als ’Anm.’ mit römischer (Sermo-) Ziffer und ’(JvS 1,) S. ’. – Die nach Seiten und – Seiten-bezogenen – Zeilen angeordnete Edition von Buchwald / Wolf (wie Anm. 5) ist dort am Rand mitgeführt. 2 Staupitz’ Charakterisierung der eigenen Arbeitsweise steht vielleicht doch nicht ganz zufällig in Sermo 7, vgl. unten 6.1.1. 3 Den Begriff eingeführt und mit Inhalt gefüllt hat der mit diesem Beitrag zu Ehrende, Damasus Trapp OESA, ’Augustinian Theology of the 14th Century. Notes on Editions, Marginalia, Opinions and Book-Lore’: Augustiniana 6 (1956), 147–265. 4 Ausgelöst durch N. Paulus, Johann von Staupitz (1891), auch wenn dieser (S. 310 mit Anm. 5) auf den bis dahin unerkannt in der Bayerischen Staatsbibliothek liegenden Codex clm 18760 lediglich hingewiesen hatte.
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Ausgabe (1927)5, die Tübinger Predigten zur Verfügung –, im Ansatz, Ernst Wolfs ’Staupitz und Luther’ (1927)6, ein Nebenprodukt der Luther-Forschung ist und daß sie auch in David C. Steinmetz’ durch Heiko A. Oberman angeregter Antithese, ’Misericordia Dei’ (1968), dieser ursprünglich auf Luther gemünzten Fragestellung verhaftet bleibt. Nicht weniger, nur eben anders, als Steinmetz dies für die ältere Forschung beklagt7. Es ist hier nicht der Ort, die Geschichte der Frage nach der Kontinuität zwischen einem im Augustiner-Eremiten-Orden möglicherweise besonders gepflegten Augustinismus und dem evidenten frühreformatorischen Augustinismus nachzuzeichnen, zumal dies mehrfach geschehen ist8. Hier genügt es, von den beiden Forschern, die diese Frage im Hinblick auf Staupitz zunächst als scheinbar lohnend wieder aufgenommen hatten, Steinmetz (1968)9 und Oberman selbst (1974)10, je einen Satz zu bringen, in dem sich, in der einen und in der andern Weise, ein Sinneswandel manifestiert. Steinmetz (1973 = 1980): „The strongest Augustinian opinions which Staupitz cites are these of Augustine himself“11. Oberman (1975 = 1977): „Ihre Augustinkenntnisse brauchte die nun antretende Generation nicht mehr auf diese nunmehr als Umweg empfundene Weise zu sammeln, nachdem die Amerbachedition zu kaufen war“12.13 5
Staupitz, Tübinger Predigten, hg. v. Buchwald / Wolf (1927. Reprint 1971). Hinfort zitiert ’BW’ mit Seite(n) und Zeile(n). 6 Wolf, SuL (1927. Reprint 1971). 7 Steinmetz, MD 22. 8 Dies geschah 1968, 1973 und 1980 durch Steinmetz und 1981 durch Schulze: Durch Steinmetz schon in MD (1968), 30–33, dann in ’Luther and the Late Medieval Augustinians. Another Look’: Concordia Theological Monthley 44 (1973), 245–260 (hinfort zitiert ’AL’), hier 248–254, zuletzt in LaS (1980), 6–27. – Manfred Schulze hat hierzu einen sorgfältigen Forschungsbericht vorgelegt: ’„Via Gregorii“ in Forschung und Quellen’, in: Gregor von Rimini. Werk und Wirkung bis zur Reformation (1981), 1–126. 9 Wenn auch schon bei der Formulierung seiner These, MD 30. 33 f., sehr vorsichtig und noch zurückhaltender S. 131: „... without conscious dependence upon Gregory of Rimini“. 10 ’Headwaters of the Reformation. Initia Lutheri – Initia Reformationis’, in: Luther and the Dawn of the Modern Era (1974), 40–88, bes. S. 73 (commercium admirabile; Augustinus Favaroni) und S. 77 (gratia gratum faciens, non deo hominem, sed homini deum; Jordan von Sachsen). 11 AL 256 = LaS 27. Ferner, auf den Quellenbefund der Tübinger Predigten jedenfalls völlig zutreffend (vgl. Anm. 18): „Staupitz appears to be more a representative of the older Augustinian school“ (Aegid, Thomas von Straßburg) „than of the school of Gregory of Rimini“, AL 257 = LaS 28. 12 Tuus sum (1975), 358 = Werden und Wertung der Reformation (1977), 91. 13 Oberman meint dort – er behandelt De exsecutione (1517) (wie Anm. 15), Nachfolgung (1515) (wie Anm. 37) und einige Stellen aus den Salzburger Predigten 1512 (vgl. Anm. 136) – die 1504–1506 erschienene 11-bändige Ausgabe (VD 16, A 4147). Daß Staupitz die schon 1489 bei Amerbach erschienene Edition von Augustins De civitate (GKW Nr. 2887) bereits in den Tübinger Predigten ausgeschrieben hat, bewies erst die
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1.2 Von der in diesen beiden Sätzen ausgedrückten Erkenntnis haben die Tübinger Predigten selber bisher wenig profitiert14, doch sind von dem durch sie markierten Forschungsstand aus im – ersterschienenen – 2. Band der Staupitz-Gesamtausgabe, der Edition von De exsecutione aeternae praedestinationis, 1517 (1979)15 sowohl die einschlägigen Bemerkungen über die Forschungsgeschichte16, als auch die Konsequenzen für die Darstellung der Quellen in den Anmerkungen des Kommentars konzipiert17.18 textkritische Detailarbeit an Sermo 28, siehe JvS 1 (1987), Anm. XXVIII 19. 30 und den textkrit. App. zu TüPr 28, 164 ff.: S. 407 f. 410. Vgl. meinen Staupitz antibarbarus (1989), Punkt 5.3 mit Anm. 36: S. 119, und Punkt 7 mit Anm. 38 f.: S. 124 (N.B. in diesem Sammelband S. 216 bzw. 220). Ohne Erwähnung der Amerbach-Ausgabe und ohne Beleg überhaupt behauptet Steinmetz, LaS 28 (noch nicht in AL): „... he reads“ Augustine „in the best texts which are available to him“. N.B. Wriedt schreibt noch 1991 (GuE 216), also vier Jahre nach Erscheinen der NeuEdition der Tübinger Predigten (JvS 1 [1987]), „daß er“, Staupitz, „wohl auch auf die Amerbachsche Ausgabe zurückgriff“, sei „hinlänglich bekannt“. Demgegenüber ist zu betonen: Staupitz hat nicht nur „wohl“, sondern wirklich die Amerbach-Ausgabe, und zwar von Beginn ihres Erscheinens an, benützt, und genau dies war ganz und gar nicht „hinlänglich bekannt“, auch nicht im Projektbereich Oberman des Tübinger SFB 8. Sonst hätte es überhaupt keiner Debatte darüber bedurft, „auf welche Weise Staupitz Augustin rezipiert hat“ (ebd.), nämlich in erster Linie direkt, aber naturgemäß auch nicht als selber unbeschriebenes Blatt. Anders – und richtig – Wriedt, Staupitz und Augustin (1993), S. 232 bei und mit Anm. 21, der dann aber doch S. 246 den vorhin zitierten Satz aus GuE 216 wiederholt, nun lediglich ohne das Wörtchen „wohl“ und ohne die mittlerweile wohl auch von ihm als obsolet empfundene Empfehlung des Milleloquiums. 14 Steinmetz’ Charakterisierung von Staupitz’ „direct reliance on Augustine“, gar „obvious from the very beginning“, so LaS 28 (so noch nicht in AL), bleibt leider hinsichtlich der Tübinger Predigten ganz allgemein. „His sermons breathe the theological atmosphere of the Augustinian homiletical literature“, AL 257 = LaS 28, dieser richtige Satz wird im Kapitel „Hermeneutic and Old Testament Interpretation“ LaS 35–50, nicht nur nicht, wie eigentlich zu erwarten, durch Interpretation von Einzelbeispielen bewiesen, sondern, bes. S. 42 und 48, eher vernichtend widerlegt (hier unten in Anm. 74) und auch S. 49 lediglich abgewandelt. Der Satz „It is the Augustinian exegesis of the Old Testament which is the door for Staupitz into the New Testament, but especially into the writings of St. Paul“, AL 260 (ohne Entsprechung in LaS), erfährt LaS 49 mit Anm. 74 und 75 allenfalls eine Andeutung von Illustration („interesting interplay“). Die Beispiele, die er AL 257 f. = LaS 28–30 anführt, stammen – durch die Auseinandersetzung mit Obermans Headwaters bedingt – aus De exsecutione. Dazu Schulze (wie Anm. 8), 124–126. In Obermans ’Tuus sum’ bzw. ’Werden und Wertung’ kommen die Tübinger Predigten in einer einzigen Fußnote vor: S. 372 = 105, je Anm. 90. 15 JvS 2 (1979). Staupitz’ Text hinfort zitiert als (’De exsec.’ mit) ’§ ’, die Zutaten Scheurls und der Bearbeiter als ’(JvS 2,) S. ’. 16 JvS 2 (1979), „Einführung ...“ S. 15 mit Anm. 65 f. (N.B. entspricht im Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 136 mit Anm. 65 f.), und JvS 2, „Einleitung“ S. 34 mit Anm. 65–68.
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2 Was ist bei der, wie angedeutet, anderweitig interessierten Auswertung von Staupitz’ Tübinger Predigten durch die maßgeblichen Monographien von Wolf und Steinmetz dann doch – gewissermaßen per accidens – für die Kenntnis seiner Augustin-Rezeption abgefallen? Es lohnt sich, es hier einmal zusammenzustellen, auch wenn – oder besser: gerade weil – die Aufmerksamkeit, die Staupitz dort dem Kirchenvater hat zuteil werden lassen, damit längst nicht adäquat geschildert wird. 2.1 Wolf glaubte zwar, „Augustin“ ebenso „wie den Lombarden, als für eine Schulzugehörigkeit nicht bezeichnend, vorläufig zurückstellen zu dürfen“19, notiert dann aber doch im Verlauf seiner – auf die „Anschauungen Staupitzens von Gnade und Prädestination“ und „das fromme Leben nach Staupitz“20 eingegrenzten – Untersuchung gleichmäßig die allfälligen Rückgriffe auf Augustin21, um abschlie17
JvS 2 (1979), „Einleitung“ S. 20 f. und 37 f. Umso weniger verstehe ich Markus Wriedt, ’Via Guilelmi-Via Gregorii. Zur Frage einer Augustinerschule im Gefolge Gregors von Rimini unter besonderer Berücksichtigung Johannes von Staupitz’, in: Deutschland und Europa in der Neuzeit. FS für Karl Otmar Freiherr von Aretin zum 65. Geburtstag, hg. v. Ralph Melville, Claus Scharf, Martin Vogt und Ulrich Wengenroth, Wiesbaden 1988, 111–131 (N.B. davon S. 124–131 nahezu unverändert wieder in Wriedt, GuE (1991), S. 217–224). Wriedt schreibt dem traditionsgeschichtlichen Kommentar zu De exsecutione, der doch von dem in diesen beiden Sätzen Obermans und Steinmetz’ formulierten Fazit ausgeht und nicht einfach „genetisch“ verstanden werden will – so wörtlich JvS 2 (1979), S. 38 –, dennoch die Intention zu, in Staupitz’ De exsecutione an einer ganzen Reihe von Stellen Gregor von Rimini „zitiert“ zu „sehen“ (Wriedt 124 f. bzw. 217). Wriedt tut dies, obgleich er demselben Kommentar zu denselben Stellen genau die Belege entnehmen kann und – allerdings ohne dies deutlich genug zu sagen – auch entnimmt, die eine solche Abhängigkeit ’aufheben’ in einer Reihe von Zeugen, die Staupitz – in den Tübinger Predigten – wirklich zitiert: Aegid von Rom, Thomas von Straßburg, Autoritäten der älteren Augustinerschule, eben n i c h t Gregor von Rimini et sequaces. Die Abkürzung „Zit(iert)“ wird im ganzen JvS 2 wohlbedacht nur verwendet, wenn Staupitz selbst formell oder nachweislich zitiert, was er nur in den Tübinger Predigten und – in weit geringerem Ausmaß – in der Nachfolgung, später fast überhaupt nicht mehr tut. Für De exsecutione vgl. die JvS 2, S. 37 mit Anm. 91 f. zusammengestellten Fälle. Die von Wriedt kritisierten Verweise sind durch „Vgl“ oder gar „Vgl zB“ eingeleitet und geben dadurch zu erkennen, daß sie keine Übernahme, schon gar keine „zweifelsfrei nachweisbare“ kennzeichnen sollen. „Der Problemhorizont von Staupitz“ – wir sagten Traditionshorizont – sollte dadurch in der Tat „verständlicher“ werden – nicht weniger, aber auch nicht mehr. N.B. In Staupitz und Augustin (1993), S. 230 Anm. 10 schränkt Wriedt seine Kritik zunächst ein, rechtfertigt sie dann aber doch, noch grundsätzlicher. „Originalität“, „Eigenständigkeit“, „Ausprägung“, „Kontur“ hätten offenbar die Auswahlkriterien für die Einträge in den taditionsgeschichtlichen Kommentar zu De exsecutione sein sollen. 19 Wolf, SuL 27. 20 Wolf, SuL 36 ff. bzw. 87 ff. 21 Im einzelnen notiere ich Wolfs Verweise von Staupitz auf Augustin im Folgenden Punkt für Punkt parallel mit denen Steinmetz’. 18
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ßend zu konzedieren, „daß seine maßgebenden Anschauungen“ neben Aegid „auch unmittelbar auf Augustin zurückweisen“22. Die Rezeption als solche ist für Wolf kein Thema, das Interesse Staupitz’ an Augustin liegt nicht im Bereich von Wolfs Interesse an Staupitz. 2.2 Im Unterschied zu dieser konsequent beiläufigen Behandlung Augustins durch Wolf hat Steinmetz in seinem – auch Gotteslehre, Christologie und Mariologie einbeziehenden – ’Misericordia Dei’ einige Einsichten und gültige Prägungen Augustins, die für den Staupitz der Tübinger Predigten grundlegend wichtig sind, – z.T. betont – herausgestellt. Kriterien für die getroffene Auswahl selbst und die ihrer Belegstellen werden indes nicht erkennbar.23 Das augustinische uti – frui24. Bei Wolf unerwähnt, wird seine Rezeption durch Staupitz von Steinmetz aus den Tübinger Predigten mit TüPr 6, 101 f. belegt25, als offenbar von Staupitz selbst formulierter Satz ein gutes Indiz für wirkliche, aber nicht notwendig für unmittelbare Aneignung. Bestätigen läßt sich dies durch die Hinzunahme von TüPr 15, 88–90 (= Greg. d. Gr.), auch TüPr 5, 63 ff. (mit Lomb.) und TüPr 18, 291 ff. (mit Lomb.)26. Für die Übernahme der augustinischen Definition von Sünde als Perversion dieses Beziehungsgefüges27 bleibt Steinmetz einen Beleg aus Staupitz überhaupt schuldig. Die Lücke läßt sich aufs beste schließen: ’Tota perversitas hominis sumitur ex eo quod male utitur et male fruitur. Diligenter ideo agendum est, ne 22
Wolf, SuL 122. Während Wolf zu jedem Punkt zunächst die Tübinger Predigten befragt, dann die jüngeren Staupitz-Schriften, bringt Steinmetz seine Belege in MD promiscue aus allen Staupitz-Werken (vgl. die Rechtfertigung dieses seines Verfahrens MD 34); leitend ist dabei eindeutig De exsecutione. Auf Augustin als nachweisliche Quelle zurückführen läßt sich ein Gedanke bei Staupitz jedoch streng genommen nur, wenn er ihn – direkt oder indirekt – zitiert, vgl. oben Anm. 18. Aus den Tübinger Predigten, die darüber Auskunft geben könnten, bietet Steinmetz die Belege dennoch sehr oft als bloße Stellenangabe und als deutliches Anhängsel, fast immer ohne Hinweis darauf, was Staupitz’ Formulierung, was Zitat ist. Wolf und Steinmetz zitieren die Tübinger Predigten – wie wir selbst noch in den Anmerkungen zu De exsecutione – nach Seite(n) und Zeile(n) der Buchwald / Wolfschen Ausgabe; hier sind ihre Stellenangaben auf meine Edition umgestellt – von den wenigen Zweifelsfällen abgesehen, wo es sich empfiehlt, beide Zählungen parallel zu bringen, weil die Identifizierung des Gemeinten nicht eindeutig möglich ist. 24 Steinmetz, MD 35–38. Die Augustinbelege dort stammen allesamt aus De doctrina christiana, das Staupitz selbst nur ein einziges Mal, und zudem via Lomb., zitiert: TüPr 18, 289 f. mit Anm. 37 f.: JvS 1, S. 300. 25 Steinmetz, MD 37 mit Anm. 6. Auch hier dürfte Lombardus der Vermittler sein, siehe Anm. VI 24: JvS 1, S. 104. 26 Vgl. zur Sache auch TüPr 7, 161. Ein Gebrauch ohne ausdrücklichen Gegensatz liegt TüPr 16, 99. 105 vor. 27 Steinmetz, MD 36. 23
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utamur deo et fruamur bono creato’ TüPr 25, 59 f. (zweite Hälfte des ersten Satzes aus Aug., via Aegid)28. Damit wird gleichzeitig auch die Aneignung des Grundgedankens unterstrichen (58). Confessio laudis. Von Wolf nur in Verbindung mit der confessio peccati gestreift29, ist der augustinische Gedanke der confessio laudis als Zweckursache für die Erschaffung des Menschen durch Steinmetz’ Belege aus TüPr 18, 291 (= Aug., via Lomb.) und TüPr 30, 71 (Lomb., aus Aug.)30 hinreichend in den Tübinger Predigten verankert. Mali causa non efficiens sed deficiens. Nicht bei Wolf. Von Steinmetz wird Augustin zwar als Erfinder der in TüPr 5, 41 f., vgl. TüPr 11, 206, vorkommenden Formel namhaft gemacht, wirkt aber angeblich nur via Aegid nach31. In Wirklichkeit läßt Staupitz sehr wohl Augustin zu Wort kommen: TüPr 5, 86 f. und 90–107 (= Aug.). Die Stelle ist sogar ein gutes Beispiel, wie Staupitz sich manchmal von seinem Tradenten, hier Aegid, zur Quelle führen läßt und direkt und ausführlich aus ihr schöpft. Die augustinische Definition ’malum non est nisi boni privatio’ läßt sich besser als aus TüPr 5, 181 (Ps.-Dionysius und Damascenus, via Aegid)32 aus TüPr 31, 77 f. belegen (Aug., via Aegid). Die augustinische Definition der Sünde ’peccatum adeo est voluntarium, quod, si non est voluntarium, non est peccatum’, TüPr 25, 44 f., steht nicht in De diversis quaestionibus, wie Steinmetz behauptet, sondern in De vera religione (via Aegid), und für die Umschreibung ihrer „parasite existence“ durch die Quasi-Definition ’peccatum nihil est’, TüPr 23, 58, gibt er überhaupt keinen Beleg aus Augustin33. 2.3 Steinmetz brauchte es in ’Misericordia Dei’ nicht als seine Aufgabe zu betrachten, zu jedem Punkt, an dem naturgemäß Augustin erwähnt werden muß, minutiös den Grad von Staupitz’ direkter oder indirekter Verpflichtung an ihn zu bestimmen (auch wenn der Wert der Tübinger Predigten für die Wissenschaft gerade darin besteht, daß ihre Auskunftsbereitschaft bezüglich ihrer Quellen dies erlaubt). Sein Thema war ja Staupitz’ Theologie „in its late medieval setting“. Bei einigen auf Augustin zurückzuführenden Grundbegriffen tut er es aber – eher locker, wie ich gezeigt habe –, sogar o h n e daß überall ein ausdrücklicher Rückgriff durch Staupitz vorliegt, bei anderen ebenso wichtigen Vorstellungen hingegen unterläßt er es, wie bei derjenigen von der rectitudo durch conformatio voluntatis34 28
Vgl. Anm. XXV 11–13: JvS 1, S. 377. Wolf hat dort auch Buchwalds sinnwidrige Ergänzung von ’male’ nach ’ne’ (bei Anm. 12) nicht zurückgewiesen. 29 Wolf, SuL 166 Anm. 1, unter Hinweis auf TüPr 2, 216 f. (= Aug.). 30 Steinmetz, MD 58 f., bes. 59 Anm. 3, 58 Anm. 4. Vgl. auch 34 mit Anm. 2. 31 Steinmetz, MD 47 mit Anm. 5. 32 Steinmetz, MD 47 mit Anm. 6. 33 Steinmetz, MD 67 mit Anm. 1 und 5. Für die erste Stelle war in BW 199, 16–19 freilich Aegidius als Quelle noch nicht erkannt, der De vera religione zitiert; vgl. Anm. XXV 6 und 7: JvS 1, S. 376. Für die zweite vgl. Anm. XXIII 11: S. 350. 34 Wolf erwähnt SuL 73 Anm. 1 am Schluß und 90 mit Anm. 1 f. Augustins Beispiel, Chris-
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oder derjenigen vom Unterschied zwischen timor filialis und timor servilis35, o b w o h l Staupitz explizit auf Augustin zurückgreift. Über dem verständlichen und legitimen Interesse des Staupitz-Forschers an den spätmittelalterlichen Nuancen in dessen Theologie wird so das ursprünglichere Interesse des Autors Staupitz, diese seine Theologie beim bestmöglichen Lehrer – ’doctor meus, immo et ecclesiae’ – zu lernen und – ’in aedificationem ecclesiae’ – lehrend weiterzugeben, unproportional vernachlässigt. Ja, da der direkte Rückgriff auf Augustin bei Staupitz mit dem Augustinus receptus (via Lombardus, Aegid oder andere) verschmilzt und so ein quasi humanistisches Neuheitserlebnis im Umgang mit einer alten Autorität entsteht, gilt es, nicht nur den fernen, in fast alle Fragen der mittelalterlichen Theologie irgendwie involvierten, fertigen Augustin wahrzunehmen, sondern auch den nahen, neuen. Zugespitzt: Ohne Berücksichtigung von Staupitz’ eigener Augustin-Rezeption bleibt auch die Beschreibung seiner Theologie in its late medieval setting unvollständig, da jene – 1497/8 – ein Teil von dieser ist. Dies sich zu Lasten des Autors vordrängende Interesse des Forschers zeigt sich besonders deutlich, meine ich, bei der Diskussion der bonitas dei. Bonitas, bonus Adj. und Subst., boni, bonum, bona, bene, sind die in den Tübinger Predigten am häufigsten vorkommenden Vokabeln36. Bonitas ist die göttliche Eigenschaft schlechthin37. Für die Lehre von Gott als summum bonum38, „doctrine of God tus in Gethsemane, TüPr 3, 23 ff. (= EnarrPs 32), wenigstens überhaupt, wenn auch knapp, vgl. hierzu schon De exec. Anm. IX 4 und 6: JvS 2, S. 142 f. Wolf 91 mit Anm. 5 ist auch TüPr 3, 238 ff. (= EnarrPs 31) erwähnt. Aus Steinmetz’ Belegen MD 156 Anm. 3, nämlich TüPr 3, 41–52 (davon 41–48 = Aug. EnarrPs 32), TüPr 3, 142 f. und – mir unklar warum – BW 15, 29–31 = TüPr 3, 173–175 (vielleicht ist 170 ff. gemeint?) wird Augustin, der doch schon ab TüPr 3, 23 ff. formell zitiert wird, als Quelle des Gedankens nicht deutlich. TüPr 3, 202–206 parallelisiert Steinmetz mit einer Stelle aus Gerson, an der sich der von Staupitz betonte Gegensatz von ’voluntatis conformatio’ und ’substantiae identitas’ n i c h t wiederfindet – im Unterschied zu Stellen aus Bernhard von Clairvaux etwa oder Jordan von Sachsen, siehe Anm. III 69: JvS 1, S. 72, wozu sich sicher auch ein treffenderer Beleg aus Gerson gesellen ließe. Die Belege BW 196, 14–22 = TüPr 24, 264–272 und BW 196, 38 – 197, 6 = TüPr 24, 290–300 waren von BW noch nicht als Gerson-Zitate identifiziert, siehe Anm. XXIV 76. 81: JvS 1, S. 371 f. Gersons Berufung auf Augustins tiefenpsychologische Verarbeitung seines kindlichen Apfeldiebstahl-Erlebnisses als ’imitatio qua(e)dam omnipotentiae et libertatis divinae’, TüPr 24, 272–281 mit Anm. 74, bleibt bei Steinmetz unberücksichtigt. 35 Während Wolf, SuL 111 Anm. 1 (auf S. 112) und 112 mit Anm. 1 TüPr 4, 23 ff. korrekt, wenn auch zu knapp referiert, zu knapp insofern er Staupitz’ eigenen Anteil bei der Augustin-Anleihe gegenüber dem des Lombarden nicht präzisiert, erwähnt Steinmetz, MD 38 weder die Tübinger Predigten noch Augustin. 36 JvS 1, Sachwortregister 537a–541a. 37 Gott ist ’omnis boni bonum’ TüPr 1, 101 (= Aegid, aus Aug.), ’bonitas per essentiam’ TüPr 2, 34 f. (= Aegid, aus Proclus), ’solus bonus’ TüPr 3, 79, ’ipsum bonum summum’ TüPr 4, 85, ’summe bonus’ TüPr 12, 91 (aus Aug.). Das Geschaffene ist gut ’per parti-
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within the framework established by Augustine“, so Steinmetz39, können aus den Tübinger Predigten zahlreiche Belege beigebracht werden40, darunter auch einer, der das Kriterium der direkten Anleihe bei Augustin erfüllt: TüPr 12, 395 (= Aug.). Steinmetz’ einziger Beleg aus den Tübinger Predigten, TüPr 6, 25 (= Aug.)41, erfüllt äußerlich zwar ebenfalls dieses Kriterium, gehört aber in eine Gruppe, in der nicht direkt das ’summum bonum ipsum’ (= deus), so besonders TüPr 4, 85, sondern das summum bonum auf der Skala der ’fines bonorum et malorum’ (TüPr 6, 33), also in der Bedeutung des höchsten Lebenszwecks, gemeint ist42. In dem mit „Relation of Intellect and Will: Problem of Divine Bonitas“ überschriebenen Abschnitt zur Gotteslehre43 fehlt dann, soweit ich sehe, jeglicher Hinweis auf Augustin, der die bonitas dei beträfe44. In einer gedrängten Fußnote45 allerdings betont Steinmetz gegen Wolfs Verkürzung der bonitas dei auf die ontologische Gutheit zurecht46, daß Staupitz’ Gebrauch von bonitas dei / divina als cipationem’ TüPr 2, 33 (= Aegid, aus Proclus) und TüPr 5, 53 (= Aegid), insofern es i s t , und n u r insofern es ist, d. h. nicht auch insofern es will und handelt: ’inquantum sumus, boni sumus’ TüPr 18, 290 (= Aug., via Lomb.) gegenüber 273 ’bene esse’. (Diese mithilfe von ’inquantum’ differenzierende und einschränkende Aussageform nennt Staupitz in De exscecutione § 88 ’reduplicatio’). Das bene-esse ist ein Extrageschenk an das Geschöpf: ’quod sumus et boni sumus, a deo est’ TüPr 1, 3, ’nec esse nec bene esse a creatura’ TüPr 18, 273. Worin es besteht, sagt die Schrift ’Von der Nachfolgung des willigen sterbens Christi’. Leipzig, Melchior Lotter, 1515, Kap. 1: ’... nicht allain s e i , sunder r e c h t sei (mit Eccle 7, 30), einen guten willen hab, von welchem man allaine recht ist’ (Knaake 52, Z. 17 f.), Vgl. Steinmetz, MD 68 mit Anm. 7 und 71/72; dazu unten bei und mit Anm. 48. 38 Steinmetz, MD 35–38. 39 Steinmetz, MD 36. 40 Zusätzlich zu den in Anm. 37 bereits genannten auch TüPr 4, 269, TüPr 13, 267. 359. 375, TüPr 24, 210 f., TüPr 30, 363 f. – Steinmetz belegt die Formel summum bonum MD 36 Anm. 4 aus Staupitz’ ’Lieb gottes’. Die an Anselms bekannte Definition anklingende Fassung des Gedankens aus De exsec. § 3, MD 36 f. mit 37 Anm. 1, hat auch bei Augustin selbst ihre – Staupitz wenigstens zum Teil sogar nachweislich bekannten – Vorbilder, vgl. De exsec. Anm. I 16: JvS 2, S. 79, wo dem Beleg De civitate 22, 30 (CChr 48, 863, Z. 27) hinzuzufügen wäre: Kontext zitiert in Nachf. cap. 10 (Knaake 74, Z. 33 ff.). – Selbst Steinmetz’ nicht recht einleuchtender Umweg über Anselm läßt sich aus den Tübinger Predigten einigermaßen rechtfertigen, siehe TüPr 12, 477 f. 41 Steinmetz, MD 37 Anm. 4. 42 TüPr 4, 263, TüPr 6, 29. 35 ff. 65. 94, wohl auch TüPr 15, 138. 43 Steinmetz, MD 44–50. 44 Die oben notierte Formel mali causa non efficiens betrifft das Böse und TüPr 3, 215–217 (= Aug.), MD 47 Anm. 3, betrifft die Unfehlbarkeit des göttlichen Willens. 45 Steinmetz, MD 48 Anm. 1 zu Wolf, SuL 80 und 121. 46 Ich sehe allerdings eher schon Wolf, SuL 73 Anm. 3 auf S. 74, Z. 12 f., den Gegensatz solcher Gutheit zur misericordia betont als SuL 80 und 121, wo sie „wirklich persönlich verstandener Liebe“ entgegengesetzt wird – ein, wenn man so will, „normalscholasti-
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Beweggrund für restauratio und reparatio die Nachbarschaft von bonitas zu misericordia zeige. Sieht man sich seine Belege genauer an, dann läßt sich hierfür leicht der augustinische Hintergrund explizit machen: TüPr 12, 179. 299–304, bes. 302–304 (= Aug.), TüPr 12, 328–333 und TüPr 12, 353–369, bes. 368 f. (aus Aug.)47. Umgekehrt kann misericordia ihrerseits als ’misericordia duplex’ (TüPr 16, 92 ff. 96 ff. = Aug.) ebenfalls beide Bereiche, augustinisch gesprochen das esse und das bene esse48, umfassen, wie ja auch der amor des sponsus TüPr 7, 165 ff. (= Aug.) die Geliebte – Kirche oder Seele – mit der linken und mit der rechten Hand (aus Cant. 2, 6) beschenkt. Von diesem Befund her ergibt sich keineswegs zwingend die Fokussierung des Abschnitts „Problem of Divine Bonitas“ auf die Frage, ob Staupitz den Willen Gottes thomistisch oder skotistisch aufgefaßt habe, sie erscheint vielmehr weit hergeholt49. scher“, nicht spezifisch thomistischer Mangel. Wolf hat in meinen Augen den Einschlag persönlicher Religiosität, den Augustin all seiner Metaphysik zum Trotz der Theologie – nicht nur – Staupitz’ wieder zuführt, nicht berücksichtigt. 47 Vgl. Anm. XII 93. 113: JvS 1, S. 226. 228. 48 Steinmetz gebraucht das Begriffspaar, das zum augustinischen Urgestein gehört, MD 59 ohne jedweden Beleg, 68 und 71/72 ohne Bezug auf Augustin und ohne Rekurs auf die Tübiger Predigten (vgl. oben Anm. 37). Zu Wolf, SuL 73 Anm. 3 darf ich auf JvS 2, Anm. I 12: S. 78 verweisen. Ich konnte schon damals Wolfs Versuch nicht zustimmen, einen Teil der bene-esse-Aussagen dem Bereich des ontologischen Gut-Seins – inquantum sumus, boni sumus (vgl. Anm. 37) – zuzuweisen. Man müßte dann auch Augustin diese Unklarheit vorwerfen. Daß auch gratia beide Bereiche umfaßt, notiert Steinmetz. MD 60 mit Anm. 1. Zu misericordia in Analogie zu Schöpfung als Wohltat vgl. TüPr 23, 279–282 bei Steinmetz, MD 58 Anm. 3. 49 Und sie bliebe dies, selbst wenn die Antwort, die Steinmetz darauf gibt, richtig wäre. Der mehrfach, programmatisch MD 27 mit Anm. 1, argumentativ S. 49 Anm. 3, als Beleg für Staupitz’ skotistisch-nominalistische Auffassung vom Willen Gottes gebrachte Satz ’Sola divina voluntas est regula sui actus, quia non ordinatur ad superiorem finem’, TüPr 3, 16 f., ist aber – erstens – ein von Staupitz formell gekennzeichnetes Zitat aus Thomas von Aquin: TüPr 3, 15 f. Und er spricht – zweitens – nicht vom Verhältnis zwischen dem Willen und dem Intellekt Gottes, sondern vom Unterschied zwischen dem Willen Gottes und dem Willen des Menschen: ’Sed homo non est deus’, fährt Staupitz TüPr 3, 17 f. fort. Die Behauptung wird auch dadurch nicht richtiger, daß sie implizit oder explizit ständig wiederholt wird: MD 30, 48 Anm. 1, 51 Anm. 1, 56 und 156 Anm. 1; LaS 10 unten fehlt sie, 28 mit Anm. 100 ist sie wohl mitgemeint. Der einzige sonst noch, isoliert betrachtet, ernsthaft für diese Auffassung sprechende Beleg ’Neque enim tibi placent hominum facta, quia bona sunt, sed potius ideo sunt bona, quia tibi placent’, TüPr 15, 202 f., bei Steinmetz, MD 27 Anm. 1 50 Anm. 1 und 95 Anm. 3, meint, wie der von Steinmetz, MD 95 Anm. 3 in Parallele gesetzte Passus TüPr 23, 188 ff. (= Gerson) – siehe Anm. XV 36: JvS 1, S. 270, und Anm. XXXIII 36: JvS 1, S. 355 – m.E. zeigt, dasselbe Verhältnis zwischen Schöpfer und Geschöpf und nicht
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Das augustinische Verständnis von bonitas dei bei Staupitz zeigt sich noch klarer, wenn man bonitas dei als Schöpfungsgrund hinzunimmt. Doch von TüPr 13, 44–50 (= Aug., unter Berufung auf Platon), 172 (= Aug.), 184–187 (= Aug., kritisch gegen Origenes) und 195–198 (= Aug.) wird in ’Misericordia Dei’ nur die erste Stelle – flüchtig – genannt, Augustin nicht erwähnt50. 2.4 Ich breche die Nachlese an dieser zufälligen Stelle ab. Steinmetz hat in ’Misericordia Dei’ ebensowenig wie Wolf in ’Staupitz und Luther’ den Rang, den Staupitz selber in seinen Tübinger Predigten Augustin einräumt, angemessen gewürdigt. Zu solcher Angemessenheit gehört es meines Erachtens, daß der Forscher sich auf das Interesse des von ihm untersuchten Autors einläßt, sei dieses nach unserem modernen Geschmack oder nicht. Eine Äußerung wie die 1980 in ’Luther and Staupitz’ getane zeigt wenig Bereitschaft hierzu: „Quotations from theological authorities buttress his exegetical points just as illustrations from life or pious tales from the ever-present collections of exempla might support the far simplier homily of a village parson“51. Diese Auskunft über die Rolle der Autoritäten, voran Augustin, befriedigt – mich – nicht, zumal sich das Problem durch den quantitativen Zuwachs an Fremd- gegenüber dem Eigengut (vgl. unten Punkt 3) noch verschärft. Denn Autoritäten werden ja nicht einfach aufgehäuft oder aneinander gereiht – eine Ausnahme wie TüPr 25, 165–192 unter der Zwischenüberschrift ’rememoratio alieni exempli’ bestätigt die Regel –, vielmehr läßt ihnen Staupitz bewußt den Vortritt: ’Magis placet ... uti quam propriis speculationibus’. Und er sagt auch, warum: ’Intellectu profundissimus, sermone lepidus, allegatione authenticus’. Die Autoritäten geben dem Ganzen Glanz und Substanz. Auch Steinmetz stellt das, freilich bemängelnd, fest: „The power of these tracts“ (vgl. unten 4.1.1) „derives from the ideas they propose and the authorities they cite. In form they are unreeine innergöttliche Relation zwischen Wille und Willensnorm. (Vgl. die sozusagen passivische Version des Gedankens in TüPr 18, 264–266: ’Si igitur iusta deo placere scimus, pati autem nulla nisi quae domino placuerunt possumus, iusta sunt cuncta quae patimur ...’ (= Greg.) die ähnlich paradox erscheinenden Umkehrungen TüPr 11, 185–188 und 188–190 (je Aug., via Lomb. bzw. Aegid), unten 6.3.4). Was schließlich TüPr 3, 187–189 (= Aug. via Lomb.), bei Steinmetz, MD 27 Anm. 1 und 49 Anm. 4 auf S. 50, überhaupt in diesem Zusammenhang soll, ist mir unerfindich. Hier werden doch ’prima causa’ und Sekundärursachen einander gegenübergestellt. Erstaunlich: Obwohl MD 95 Anm. 3 ab Z. 6 das Stück TüPr 23, 188–193 und MD 73 Anm. 1 das Stück TüPr 23, 206–211 zitiert werden, freilich in anderem Zusammenhang, spielen bei der Diskussion des Verhältnisses von Vernunft und Willen Gottes – Stichwort ’recta ratio’ (MD 49) – TüPr 23, 190 f. (’divina ratio et voluntas’), 207 (’recta ratio’), 210 (’rectissima iuris ratio’) keine Rolle; erst recht nicht 239 f. (’sit pro ratione voluntas’) und 245 (’ratio .. iustitiae’). 50 Steinmetz, MD 58 Anm. 2 lies „Cf. Hiob ... 13.117.23–8“ statt „... 12. ...“. Sonst erscheinen dort – mit Ausnahme von TüPr 23, 179–182 (siehe oben in Anm. 48) – die Tübinger Predigten nicht. Wolf erwähnt SuL 80 mit Anm. 3 Augustin nicht ausdrücklich. 51 Steinmetz, LaS 48.
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markable“.52 Er gerät damit in die Nähe eines älteren Staupitz-Forschers, der in den Tübinger Predigten eine bloße Materialsammlung erkennen wollte.53 Vor allem aber: Steinmetz’ Gleichsetzung des nachweislich in der Editio princeps benutzten Augustin mit den „ever-present collections of exempla“ verfehlt doch wohl gründlich den rezeptionsgeschichtlichen Kairos. Einziger Fall konkreter Behandlung eines augustinischen Erbstücks: In dem „Hermeneutic and Old Testament Interpretation“ überschriebenen zweiten Kapitel führt Steinmetz unter den beiden über Gregor den Großen von Augustin überkommenen hermeneutischen Werkzeugen, die Staupitz benutzt, das caput-corpusmembra-Schema an54, belegt es für Augustin aus De doctrina christiana55 und behauptet, es sei unmöglich zu sagen, ob er es direkt von Augustin oder indirekt von Gregor oder durch die mittelalterliche exegetische Tradition kennengelernt habe. Biographisch mag das stimmen, aber die Tübinger Predigten erlauben doch eine präzisere Aussage. Steinmetz’ Belege rechtfertigen zwar solche Vagheit: TüPr 30, 316–318, TüPr 31, 241–244 (= Greg.), 244–258 (247–257 = Ps.-Aug.56) und TüPr 32, 83 ff. Aber schon die dritte dieser Stellen weist auf direkte Rezeption: Sie ist gerahmt von je einem Satz aus Augustins Enarratio in Ps 2157, den Leidenspsalm, wo der Subjektswechsel vom caput zum corpus gleich anläßlich von Vers 2 festgestellt wird58. Enarratio 90, s. 2 wird mit einer kleinen Gebrauchsanweisung für dieses Auslegungs-Muster überhaupt eingeleitet59, aus der gleichen Enarratio stammen in Sermo 11 die Zitate TüPr 11, 561–575 und 611–621. Enarratio 127, 3 belegt den Gedanken mit Eph 5, 30 in Verbindung mit 1 Cor 12, 2760, der ganze Sermo 4 folgt den Abschnitten 7, 8 und 9 der gleichen Enarratio. Das alles braucht Staupitz natürlich nicht gelesen zu haben. Es bleiben aber noch TüPr 3, 32–34 (= Aug.), was er aus Augustin abgeschrieben hat, und TüPr 11, 450, wo Staupitz Augustins Wort ’caput’ sogar durch ’Iesum Christum’ verdeutlicht61. TüPr 11, 600 (= Bonav.) sei nur der Vollständigkeit halber mit aufgeführt. 52
Steinmetz, LaS 50. Ich habe mit meiner These von der bewußt geborgten Eloquenz den Versuch unternommen, aus der Not, die der moderne Leser mit solcher Art Kompositionskunst haben mag, eine Tugend des Autors Staupitz zu machen. Siehe Staupitz antibarbarus (1989), Punkt 4: S. 117 Absätze 2 und 3 (N.B. in diesem Sammelband S. 214). 54 Steinmetz, LaS 42 mit Anm. 35. 55 Siehe auch oben Anm. 24. 56 Bei BW 241, 26–34 noch nicht als Zitat aus den ps.-aug. Meditationes identifiziert, siehe Anm. XXXI 61: JvS 1, S. 447. 57 Der zweite Satz, TüPr 32, 90–93 ist freilich bei BW 243, 31–34 noch nicht identifiziert, siehe Anm. XXXII 31: JvS 1, S. 451. 58 EnarrPs 21, e. 2, 3 (CChr 38, 123, 6 f. 15–24). 59 EnarrPs 90, s. 2, 1 (CChr 39, 1265 f., 13 ff. bes. 31 ff., ganz bes. 63 ff.). 60 EnarrPs 127, 3 (CChr 40, 1869, 3–12, bes. 9 f.), vgl. 127, 7 (1871, 1–3). 61 Kurz bevor Staupitz mit seinem Zitat aus EnarrPs 55, 9 einsetzt (TüPr 11, 443 = CChr 39, 684, 23), heißt es bei Augustin, EnarrPs 55, 8: ’Non dedignetur ergo corpus quod praecessit in capite, ut corpus haereat capiti’ (683, 15 f.). 53
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* 3 Die Einleitung zu meiner Edition der Tübinger Predigten hatte sich entsprechend der literarischen Gattung auf die Modifizierung des formalen, statistischen Befundes zu beschränken: Einem gewaltigen Zuwachs zitierten Textes gegenüber Staupitz’ Eigengut war das Schrumpfen der Vielfalt auf einige wenige aus erster Hand benutzte Titel gegenüberzustellen62. Hier nun möchte ich, anknüpfend an meinen Aufsatz ’Staupitz antibarbarus’63, ausführlicher zeigen, welche Inhalte Staupitz bei Augustin wo, gegebenenfalls durch wessen Vermittlung, findet und holt und wo er sie, gegebenenfalls in welcher Rahmung, in seinem eigenen Predigtzyklus neu plaziert. Die dort 3.5 herausgearbeitete Grob-Gliederung der Tübinger Predigten in vier Hauptteile (’partes’ TüPr 15, 18 ff.) – e r s t e n s ’Ante temptationem’ (TüPr 15, 34) (Sermones 1–10) von Hiob Jedermanns64 Wohlergehen (’de fortuna’ TüPr 15, 19) dank vollkommener innerer Verfassung (’dispositio mentis’ TüPr 6, 4) (= Sermones 1–5) und unangefochtenem (’pacis tempore’ TüPr 11, 5) Gebrauch der äußeren Güter irdischer Glückseligkeit (’bonorum terrenae felicitatis usu’ TüPr 6, 100. 103) (= Sermones 6–10), z w e i t e n s ’De temptatione’ (Sermones 11–14) vom providentiellen Sinn der äußeren und inneren Anfechtung (’de temptationis et adversitatis consideratione’ TüPr 15, 19 f.) d r i t t e n s ’In temptatione’ (TüPr 15, 34) (Sermones 15 bis Schluß) vom Geprüftwerden und Bestehen in eben diesen (’de temptationis atque passionis et belli exercitatione et conflictu’ TüPr 15, 20 f.) und v i e r t e n s ’Post temptationem’ (fehlend) vom Triumph über sie (’de triumpho’ 15, 21) –
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wird im Folgenden über die innerhalb der Hauptteile faßbaren Predigt-Gruppen bis auf die Ebene der Einzelsermones herab ausdifferenziert, damit der Leser allererst erfährt, was in den Tübinger Predigten – schlicht – drinsteht65, und die Struktur des 62
JvS 1, S. 14 ff. Der Zuwachs aus Augustins Enarrationes in Psalmos ist dort S. 17 Anm. 72, der aus De civitate in Anm. 71 zusammengestellt. Hier weise ich von Fall zu Fall darauf hin, ob ein Stück ’neu’ ist. 63 Staupitz antibarbarus, 3.2–3.5: N.B. in diesem Sammelband S. 211–214. 64 ’Neque enim de Iob ut de singulari persona singula dicere intendo ... , sed magis volo de eo loqui, ut personam cuiuslibet temptati gerit quem propter deum temptatio arripuit’ TüPr 14, 190–193. – Ich unterscheide – hoffentlich konsequent – zwischen Hiob, der Gestalt, und Iob, dem biblischen Buch. 65 Der einzige Versuch, dies zu tun, ist der von Alfred Jeremias (1926), und er ist so völlig mißglückt, daß ich seine indirekte Empfehlung in ’Wegbereiter der Reformation’, hg. v. Gustav Adolf Benrath, Bremen 1967 und – unverändert – wieder Wuppertal 1988, je S. 133, nicht recht verstehe. Der Auszug aus TüPr 11, 361 ff., a.a.O. 133–135 ist allerdings neu übersetzt.
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Predigt-Zyklus als eines wohlüberlegten – obschon vielleicht nicht gleichermaßen wohlgelungenen – Ganzen (scientia) deutlich wird. Ehe sodann fast Predigt für Predigt die Anleihen bei Augustin vermerkt werden, und damit der Anteil an gedanklicher Tiefe, Überzeugungskraft, Einprägsamkeit und sprachlicher Eleganz (eloquentia), der dabei vor allem Augustin zukommt, ist noch eine Zwischenbilanz über Häufigkeit, Ausführlichkeit und Kompetenz der übrigen patristischen Autoritäten zu ziehen66. Dieses dreifache Ergebnis läßt sich nicht erzielen, ohne das Predigt-Lesebuch mehrfach durchzublättern. An den Leser ergeht die Einladung hierzu. 4.1 Die Zusammenfassung der ersten fünf Sermones von Pars 1 – 1: De67 misericordia dei in perfectione68 .. Iob .. viri .. gentilis ostensa; 2: De simplicitate cordis sive de eius evacuatione a plica curiositatis, falsitatis, dolositatis; 3: De rectitudine cordis sive de conformatione voluntatis humanae cum divina; 4: De timore dei servili, initiali, filiali ... ; 5: De malo, de mali causa ... , cognitione ... , fuga ... – in TüPr 6, 4–8 läßt keinen Zweifel: Hiob (TüPr 1, 33), diese Ausnahme unter den Georg Buchwald, Zwei Erziehungspredigten Johanns von Staupitz, Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 1918, 291–294, hinsichtlich der Quellen- und anderen Einleitungsfragen vorkritisch, bringt eine Paraphrase von Sermo 10 und einem Teil des Sermo 22. Dazu Wolf, SuL 26 mit Anm. 3. Oberman, Duplex misericordia (1989) skizziert Sermones 16 f., um auf ihrem Hintergrund den Gedanken der alle menschliche Fassungs- und erst recht Leistungskraft übersteigenden göttlichen Barmherzigkeit angesichts eines ’lupu(s) rapa(x) ... vices geren(s) Christi’, TüPr 19, 147 ff., verständlich zu machen. Vgl. Wetzel, Staupitz antibarbarus, Punkt 7 (in diesem Sammelband S. 221, Abs. 3). Auf diese ekklesiologisch zentrale Stelle der TüPr hat bereits Hamm, FrTh (1982), 329 Anm. 161 hingewiesen. Zumkeller, Reformbewegung (1989) benutzt mit TüPr 11, 694 ff. (über die ’sancta rusticitas’) und Sermo 20 (De ... zelo praedicatorum) Texte, die bisher in der Staupitz-Literatur nur sehr versteckt benutzt worden sind, vgl. Wolf, SuL 155 Anm. 1, Steinmetz, MD 180 Anm. 2. 66 Auf Ps.-Dionysius Areopagita darf ich verzichten, obwohl er TüPr 21, 113 als Gewährsmann für die Zusammensetzung der zweiten Engelhierarchie genannt wird. Wirklich zitiert wird er nur indirekt, siehe JvS 1, S. 15 Anm. 63 (auf S. 16). – Auf die scholastischen Autoritäten kann ich in diesem Rahmen nicht mehr als beiläufig eingehen, vgl. immerhin unten Punkt 7. 67 Die hier und im folgenden benutzten Überschriften sind meinem Inhaltsverzeichnis, JvS 1, S. V−X entnommen. Den Kapitel-Überschriften in den von Staupitz selbst veröffentlichten Schriften nachgebildet, stellen sie den Versuch dar, über die bloße Numerierung hinaus analytische Kurzinformationen zu bieten, die soweit irgend möglich Staupitz’ eigene Formulierung aufgreifen. Für den handlicheren Gebrauch werden sie hier auf das jeweils Wichtige verkürzt. JvS 1, S. VIII, Z. 3 statt ’tribus’ lies ’quatuor’. Zu S. IX, Absatz ’Sermo 29’, Z. 5 ff. vgl. Staupitz antibarbarus, Anm. 33 (N.B. in diesem Sammelband S. 213). 68 Vgl. – wie Anm. 77 – Augustin, EnarrPs 55, 20 (CChr 39, 692, 14).
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Heiden69 – und was sind wir (1, 33 f.) ursprünglich anderes?70 – verdankt seine Grundtugenden simplicitas, rectitudo, timor dei und fuga mali (oder innocentia) einzig Gottes Barmherzigkeit (’donis dei gratuitis’). Die zweiten fünf Predigten – 6: De matrimonio ... ; 7: De divitiis ... ; 8: De honore ... ; 9: De conviviis ... David, Assver(i), Christ(i) ... ; 10: De parentum provisione erga liberos ... – bieten eine Grundlegung der Laien-Ethik71: ’quomodo bonis terrenae felicitatis uti liceat’ (TüPr 6, 100. 103). Hiob unterscheidet sich äußerlich durch nichts von seiner weltlichen Umgebung. Er lebt als verheirateter72, kinderreicher, begüterter, mächtiger und geachteter Mann, mit allen Glücksgütern gesegnet in der Welt ’sub deo’ (TüPr 15, 84, TüPr 33, 174). Außer Ehe, Besitz, gesellschaftlicher Stellung und Erziehung wird auch das Fest oder Gelage in einer eigenen Predigt behandelt: vorzüglicher Ort der Zurschaustellung von Macht, der Entstehung von Streit und Verrat, aber auch der Versöhnung.
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4.1.1 Im Widmungsschreiben an Johannes Brüheim bezeichnet Staupitz seinen Auftrag als ’aliquam partem sacrae scripturae in aedificationem ecclesiae interpretari’ (TüPr W. 6 f.). Erwartet man, veranlaßt durch das Wort ’interpretari’ einen „Hiob-Kommentar“ (Wolf), dann kann man wie Wolf es dabei bewenden lassen, die Tübinger Predigten mit leichter Verwunderung zur Kenntnis nehmen73, oder sich wie Steinmetz in ’Luther and Staupitz’ zu dem herablassenden Urteil verführen lassen, Staupitz habe den Iob-Text ebenso bedenkenlos zerstückelt wie breitgetreten74. 69
Vgl. Steinmetz, LaS 43, Absatz 3. Deshalb braucht sich Staupitz auch nicht weiter um Hiobs ’genealogia’ (TüPr P. 11) zu kümmern. 71 Vgl. Steinmetz, LaS 44, Absatz 1. 72 Vgl. Gregor den Großen, Moralia 1, 14 (20) (CChr 34, 34–37 und, besonders, 43–47): ’Quid per Iob nisi bonorum coniugatorum vita signatur; qui de rebus mundi quas possident dum pia opera faciunt quasi per terrae viam ad caelestem patriam tendunt?’ 73 Wolf, SuL 21: „ ... daß für Staupitz der Sermon offenbar die geeignete Form zur Entwicklung seiner theologischen Ansichten bildet.“ 74 LaS 42: „He ruthlessly atomizes the text he has chosen by focusing on a word or phrase and allowing a fragment of the text to serve as a motto for an essay which, speaking charitably, is only tangentially related to the passage under discussion. For example, Staupitz uses the text, ’And there were born ...’, as an occasion for preaching on the nature of Christian marriage – a worthy subject, no doubt, but hardly a concern uppermost in the mind of the author of Job.“ Ebd. 48: „... the leisurely pace at which Staupitz strolls through the book of Job. He preaches no less than five sermons on Iob 1:1, two on 1:3, and two on 1:7. Obviously no commentaries can hope to provide enough grist for a mill which turns with such monumental deliberation.“ Die späteren, deutschen, Predigten ab Salzburg 1512 und das ja auch aus solchen hervorgegangene ,De exsecutione’ erhalten ebd. 43 bessere Zensuren. Trotzdem werden die Tübinger Predigten – als Staupitz frühestes exegetisches Werk über einen atl. Text – zum 70
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Staupitz sagt weiter, ’post multam deliberationem’ (W. 7 f.) sei er auf Hiob verfallen, von dem er – plausiblerweise, bei dem erklärten Zweck, etwas ’in aedificationem ecclesiae’ (W. 6 f.) zu tun – nicht nur, sogar nicht einmal in erster Linie, als dem Individuum Hiob, sondern als der ’persona cuiuslibet temptati’ sprechen wolle, als wie von Unsereins, als wie von Jedermann. Daß wir das erst einiges später gesagt kriegen (TüPr 14, 190–193)75, bedeutet nicht notwendig, daß es Staupitz da erst eingefallen ist. Welcher Denk- oder Lektüre-Anstoß während dieser ’multa deliberatio’ ihm wohl den Heiden und Laien Hiob als Modell – er selber sagt ’speculum’ (TüPr P. 21, TüPr 11, 11 (= Greg. d. Gr.) – erscheinen ließ? Wesensmerkmal des ’rectus corde’ (aus ›rectus‹ Iob 1, 1 und ›recti corde‹ Ps 31, 11, Ps 32, 1) (TüPr 3, 240) ist, daß er Gott nicht nur ’in gaudiis’, sondern auch ’in tribulatione (aus Rm 5, 3)’ preist: TüPr 3, 239 f. (= Aug.). Für Augustin ist Hiob der Archetyp des ’rectus corde’, und das Hiob-Wort und Motto der Tübinger Predigten ’Dominus dedit, dominus abstulit ...’ (= Iob 1, 21)76 ist in seinen Enarrationes in Psalmos eine Art Kehrreim: TüPr 3, 246 ist so eine Stelle77. Mit anderen Worten: Die homiletische Aktualisierung der Hiob-Gestalt durch Augustin hat meines Erachtens Staupitz’ Stoff-Wahl mitbestimmt. Die ’gaudia’ oder – mit Staupitz’ Ausdruck aus der zentralen Gliederung TüPr 15, 19 (oben Punkt 3) – die ’fortuna’ wird in der knappen Exposition der biblischen Parabel, Iob 1, 1, in die Aufzählung von Kindern, Besitz, ... auseinandergelegt. Jedes Wort dort nützt Staupitz als Gelegenheit zu einem ethischen Miniaturtraktat. Nur, meine ich, findet er solche Gelegenheit nicht, sondern sucht sie.78 Vergleich mit Luthers Dictata super Psalterium – die nun wirklich diesem Genus angehören – herangezogen. Steinmetz meint S. 38 selbst, sie seien „not absolutely comparable“. Angeregt von der bilderreichen Sprache obiger Zitate, wage ich zu sagen, die Tübinger Predigten und Luthers Dictata sind etwa so vergleichbar wie Birnen und Äpfel. Erstens sind die Tübinger Predigten kein Kommentar, sondern ein Predigtzyklus. Auf die „unsatisfactory homiletical habits“ (ebd. 43) verwendet Steinmetz denn auch einen unverhältnismäßig großen Teil des Kapitels, vier von 13 Seiten, – gänzlich ohne Entsprechung bei Luther. Zweitens handeln die Tübinger Predigten nur zu einem geringen Teil von dem atl. Text Iob. Was daran Iob-Exegese ist, ist fast restlos Gregor dem Großen entnommen. 75 Siehe Anm. 64. 76 Zu Staupitz’ Motto vgl. Seinmetz, LaS 39 f. 77 Das Stück selbst, EnarrPs 31, e. 2, 26 (CChr 38, 243, 1–5) kann Staupitz gerade deshalb beim Zitieren überspringen; die Unterbrechung des Zitats in TüPr 3, 246 fällt natürlich nur bei genauem Hinsehen überhaupt auf: JvS 1, S. 73 f. mit Anm. 87. Den in Anm. III 27: JvS 1, S. 67, zusammengetragenen Belegen für Iob 1, 21-Zitate Augustins, teils in solchen Enarrationes, die Staupitz benutzt hat (siehe die Übersicht unten 6.1), teils außerhalb, sind als der ersten Fallgruppe zugehörig hinzuzufügen: EnarrPs 21, e. 2, 5 (CChr 38, 124, 17 ff.), EnarrPs 37, 24 (CChr 38, 398, 9–11), EnarrPs 55, 19 f. (CChr 39, 691, 19 – 693, 49, bes. 691 f., 27–29 und 693, 34–36; nicht im Stellenregister CChr 40!) und EnarrPs 90, s. 1, 2 (CChr 39, 1255/6, 16). 78 Dies zu Steinmetz, LaS 42 (hier in Anm. 74), LaS 50 oben und ähnlich öfter.
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Es stimmt zwar, daß ein jeder solcher „essay ... is only tangentially related to the ... text“ und daß das „hardly ... in the mind of the author of Job“ ist, aber Aufgabe eines Interpreten ist es, dies zu erklären, nicht, es auf Kosten des Autors zu belächeln. Einen Sinn machen diese kleinen Einzeltraktate, für die der Iob-Text bloß das Stichwort liefert, nur als Bausteine eines größeren Ganzen, in dem die knappe Parabel – anders, gewiß, als in dem biblischen Buch Iob, aber dort ja auch – die Last wortreicher Betrachtungen und Diskussionen tragen muß. Theodizee ist hier wie dort das alles beherrschende Thema. Staupitz hat es dank seinem rigiden homiletischen Drei-mal-drei-Punkte-Schema, mit dem ’punctus’ ’honor dei’ jeweils an der Spitze, vielleicht sogar fester in der literal-historischen Schicht des Parabel-Textes und – im Spiegel – in unserer heilsgeschichtlichen Situation, der postparadiesischen, beschädigten Schöpfung, verankert als die Teilnehmer des poetischen Streitgesprächs, die sich in Hiobs – und unseren – Augen beträchtliche Digressionen ins Unverbindliche leisten. 4.2 Die vier Sermones der Pars 2 – 11: De .. tribulationibus sub specie aeternae dei sapientiae, providentiae, praedestinationis consideratis ... ; 12: De vocatione ad poenitentiam, neque angelis bonis in bono confirmatis, neque diabolo angelisque eius in malo obstinatis, sed soli homini et ad bonum et ad malum vertibili congrua ... ; 13: De diaboli via hominem intellectu, voluntate, operatione in circuitu captivum ducere conantis ... ; 14: De adiutorio domini erga servum dei ... – zeigen über die Unzuverlässigkeit alles Glücks in mundo hinaus die Vorläufigkeit alles Leidens ’in hoc mundo’ (TüPr 11, 396), ja dessen Charakter als Zeichen und Verweis auf eine künftige Welt unverlierbarer Glückseligkeit (407), zu der hin der Mensch unterwegs (’in via’ 12, 320. 348) ist, im Unterschied sowohl zum bereits am Ziel (’in termino’ 12, 643) befindlichen Engel als auch zum endgültig (645) in das Kreisen um sich selbst entgleisten Dämon. Der Kreis (’circuitus’) erscheint als Chiffre für diabolische Ziellosigkeit, Selbst- und Weltverfallenheit.
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4.2.1 Diesem ehrgeizigen Itinerar vom Himmel durch die Welt zur Hölle liefert wieder der Iob-Text die Stichworte und wieder Augustin die Schlüssel-Texte, zusätzlich zu den Enarrationes in Psalmos nun vermehrt De civitate. Es ist ein Hauptversäumnis aller bisherigen Staupitz-Interpretation, daß sie die für uns vollendete Tatsache der Entmythologisierung der Angelo- und Dämonologie ganz offensichtlich als zureichenden Grund betrachtet, das Thema aus der Stellung, die es bei Staupitz hat, an den Rand zu drängen, wenn überhaupt zu beachten. Staupitz treibt eine theologische Anthropologie, in der der Mensch, an der Grenze zum Tier angesiedelt (TüPr 6, 409 ff., TüPr 7, 185 ff.), nur einen Bruchteil der vernünftigen Kreatur darstellt (TüPr 13, 200), nur einen marginalen Spielraum zu seiner Verfügung hat und in dem großen Drama der Entscheidung der Geschöpfe für oder gegen ihren Schöpfer nur eine Nachhut darstellt. Die Engel- wie die Dämonenwelt
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sind paradigmatische Extremfälle verwirklichter und verwirkter Geschöpflichkeit. In diesem gemeingeschöpfliehen Kontext stehen wichtige Aussagen über Freiheit und Gnade, seine Symmetrie wirkt stärker systembildend als irgendwelche Schulweisheit im Hintergrund. 4.3 Die Pars 3 mit den restlichen 20 Sermones ist schwieriger zu gliedern. Sermo 15 (De virtute et gratia ...) steht zentral allein: eine Disputation zwischen dem Teufel und Gott über die These, ’Iob donis gratuitis praeditum, gratia gratum faciente ornatum, meritis auctum non vere dici posse virtuosum’, Hiob verdiene also Gottes Lob nicht. Es folgen verschiedene Gruppen von Sermonen, die sich alle mit der ’potestas’ (16), ’(im)potentia’ (17), ’licentia’ oder ’libertas’ (19–22) und schließlich der ’opportunitas temptandi’ (23–25) – aktiv – des Teufels selbst oder – passiv – seiner Opfer befassen, während Sermo 18 Hiobs ’animi aequitas’ beim Verlust von Habe und Kindern unter Satans Schlägen zeigt – ’deo semper inamisso’ (vgl. TüPr 18, 277. 294 f.). Die vier Sermones ’de libertate quam suscipit diabolus ex negligentia praelatorum, sacerdotum, praedicatorum, principum, parentum’ handeln von den skandalösen Mißständen im Klerus, angefangen von den Priestern bis hinauf zum ’vices gerens Christi’ und der Berufung der Bettelorden zur ’correctio’ (19), vom falschen, in Schisma und Häresie geratenden Eifer bei solcher ’correctio’ (20), vom Mißbrauch der weltlichen Gewalt (21) und von verfehlter Erziehung (22). Die drei Sermones ’de opportunitate quam diabolus sumit ex indispositione temptandorum’ handeln von falscher ’consideratio sui et operum suorum’ (23), von mangelnder Gottesfurcht gegenüber der Gottes Herrsein konkret repräsentierenden Obrigkeit (24) und von der Sünde, besonders der mit der Zunge vollbrachten (25). Für die restlichen neun Sermones von Pars 3 fehlen solche Gliederungshilfen. Sermo 26 (De angel(orum) cognitione ... ; de confusione diaboli, (de) possessione coeli ...) nimmt eine Sonderstellung ein: Ähnlich der in Sermo 14 erfolgten Zusammenfassung und Rekapitulation einzelner Elemente der Sermones 1–5 aufgrund der Textgleichheit von Iob 1, 8 mit Iob 1, 1, veranlaßt die weitgehende Textgleichheit von Iob 2, l–3b mit Iob 1, 6–8 eine kleine Variation des großen Engel-Teufel-Mensch-Triptychons der Sermones 11–13. Die Engelthemen scientia / cognitio, gaudium und missio / adiutorium werden bereichert; die Vergeblichkeit der Bemühung des Teufels um die Erde, d.h. den aus dem Staub der Erde gebildeten Menschen, mythisch gesprochen ’esca diaboli’ (TüPr 26, 218), wird unterstrichen; der Mensch wird als Himmelsbürger und Hoffnungsträger über Adam gestellt (223 f.). Als Gemeinsamkeit der dann folgenden sieben Sermones läßt sich eine weitere Verlagerung des Schauplatzes der Auseinandersetzung mit dem Teufel nach innen ausmachen. (Erwähnenswert ist die Unterstützung, die Staupitz dabei – in bisher nicht erkanntem Ausmaß79 – durch Gerson erfährt. Vielleicht ist auch er, so wie 79
TüPr 27, 32 ff. mit Anm. XXVII 5. 10. 16. 19. 25: JvS 1, S. 396 f.; vgl. JvS 1, S. 18 mit Anm. 79 und Register 517a.
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oben (4.1.1) für Augustins Enarrationes in Psalmos behauptet, durch sein Centilogium de impulsibus bereits in der Phase der ’longa deliberatio’ wirksam.) So handelt Sermo 27 (De ... adversitate carnis ad spiritum Iob innata ...), vom agonalen, ja meritorischen Sinn der Erbstrafe. So reinigt Sermo 28 (De veritate aequanimitatis patientiaeque in iactura universae substantiae et nece filiorum visa ...) in einer Sermo 15 vergleichbaren Disputation zwischen dem Teufel und Gott Hiob vom Verdacht eigennütziger Motive80. So handelt Sermo 29 (De ulteriore potestate seu licentia temptandi diabolo concessa ...) von Hiob Jedermanns Überlassung an den Teufel zum Zweck der spiritualis afflictio und Sermo 30 (De vita naturae, gratiae, virtutis, quod non sint in manu diaboli ...) von den innersten Grenzen, an die die Macht des Teufels stößt: Leben, Gnade und Freiheit. Sermo 31 (De peccati egressione e corde, ordine, collectione ...), Sermo 32 (De poena et passione, de peccato cordis, consuetudinis, corruptionis ...) und Sermo 33 (De compassione nociva ... , de passionibus seu affectibus secundum deum rectis) schließlich handeln von Ursprung und Arten der Sünde, der willigen, ja freudigen Hinnahme von Strafe, dem Verhältnis der Sünde zu den Leidenschaften, dem Sinn und den Grenzen der Askese und den Affekten als Bestandteil der condition humaine, die mit uns zu teilen der menschgewordene Gottessohn nicht verschmäht hat. In Sermo 34 (De correptione fraterna, de irrationalitate (blasphemiae) ...) brechen die Tübinger Predigten unvermittelt ab. *
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5.1 Von den Kirchenvätern kommt H i e r o n y m u s – mitsamt einigen pseudohieronymianischen Stimmen – auffallend selten zu Wort, meist sententiös knapp, aber immerhin in fast einem Drittel der Sermones, jedoch ohne irgendwo über die Untereinheit hinaus, in der er zitiert wird, einen Sermo als ganzen zu prägen. Seine Kompetenz liegt für Staupitz klar auf den Gebieten Askese (’Pallebant ora ieiuniis et mens aestuabat desiderio ...’ TüPr 6, 461–464; ’Venter mero aestuans ...’ TüPr 10, 420 f. = TüPr 19, 82 f.; letzteres via Gratian; ’Nimia corporis debilitas ...’ TüPr 32, 215–218), Disziplin von Ordensleuten (’O summa libertas ...’ TüPr 3, 203 f.; ’Vox praelati ...’ TüPr 3, 264–266) und Klerus allgemein (’Non tenera vestis ...’ TüPr 19, 199 f.; via Gerson), Umgang mit der heiligen Schrift (’Ciceronianus ...’ und ’Vitiosissimum dicendi genus ... ad voluntatem suam sacram scripturam trahere ...’ TüPr 31, 155 f. und 157–164) und Verhältnis von Gelehrsamkeit und Sittlichkeit (’Sancta rusticitas ...’ TüPr 11, 700–702 = TüPr 19, 113–115). Einige dieser geflügelten Worte ließen sich nicht wörtlich identifizieren81. 5.2 Noch seltener, dafür ein paar mal ausführlich zum jeweiligen Thema spricht – eine pseudo-ambrosianische Stelle über das irdische Pilgerdasein des Menschen 80 81
Siehe Staupitz antibarbarus 6.2.3 (N.B. in diesem Sammelband S. 218 f.). Vgl. Anm. III 89: JvS 1, S. 74; Anm. XXXII 59: S. 455.
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(TüPr 12, 335–346) eingeschlossen – A m b r o s i u s , nämlich nur in drei Sermones: 7 (De divitiis ...) über die Vernunftbindung beim Genuß materieller Güter, deren eigentlicher Herr nicht zu vergessen ist (TüPr 7, 182–199), gipfelnd in einem drastischen Bild: ’Nulla discretio inter cadavera .., nisi forte quod gravius foetent .. divitum’, und über den unbeschränkten Mitbesitz auch der Besitzlosen an Himmel und Erde, Elementen und Sternen und so einfachen Genüssen wie dem Schlaf, den den Reichen oft gerade der Reichtum raubt (TüPr 7, 272–289); 13 (De diaboli via ... in circuitu ...) über die erzieherische Rolle der Schädlinge in der gefallenen Schöpfung (TüPr 13, 219–242) und 25 (De ... peccato cordis oris operis ...) über die Tugend der Schweigsamkeit (TüPr 25, 145–150). 5.3 Eine Sonderstellung nimmt B o e t h i u s ein. Aus zweiter Hand mit einem scholastisch vermittelten Dictum über die Grenzen von Roms Ruhm (TüPr 8, 309 f., via Aegid) und einem – in diesem Fall wird man sagen dürfen – frühhumanistisch vermittelten Gedicht zum Thema Selbstbescheidung (TüPr 23, 118–125, via Gerson) vertreten, wird er direkt einzig in Sermo 7 (De divitiis ...), und da gleich über mehrere Seiten im paränetischen Teil zitiert: TüPr 7, 340 ff. über die Unbeständigkeit der ’fortuna’ und TüPr 7, 425 ff. über die Güter, die auch ihren Besitzer nicht gut machen (424), Geld, Juwelen, Ländereien, Garderobe, Dienerschaft. Die Heranziehung des Boethius zu diesem Thema könnte durch Thomas von Aquin angeregt sein82. 5.4 Von G r e g o r dem Großen werden in erster Linie die Moralia benutzt, und zwar nur in drei Sermones n i c h t : 6 (De matrimonio ...), 8 (De honore ...) und 24 (De ... domini dei dominio ...). Soweit Staupitz überhaupt den Iob-Text auslegt, tut er dies, indem er einfach Gregor übernimmt, so gut wie nie ohne dies korrekt zu vermerken83. Aus der Deutung einer jeden Stelle nach allen drei Schriftsinnen, die Gregor bereitstellt, dem historischen (Hiob meinenden), dem allegorischen (Christus oder die Kirche meinenden) und dem moralischen (uns meinenden), nimmt Staupitz in 24 Sermones den historischen, davon in neun nur ihn; in 15 Sermones den allegorischen, davon in zwei nur ihn; in 12 Sermones den moralischen, davon in zwei nur ihn; in nur fünf Sermones – 1 (De misericordia dei in ... Iob vir(o) .. gentil(i) ostensa), 11 (De .. tribulationibus .. sub specie aeternae dei scientiae ...), 17 (De diaboli potentia ... qua non potest, nisi .. deus permittat ...), 31 (De peccati egressione ...) und 32 (De poena et passione ...) – alle drei Sinne, wobei von einer analogen Verteilung auf die drei articuli eines jeden Sermo keine Rede sein kann84.
82
Siehe Anm. VII 113: JvS 1, S. 136. Splitterzitate, bei denen Gregors Name fehlt: TüPr 1, 90 f., TüPr 10, 527, TüPr 17, 56 f., in ohnehin Gregor-gesättigter Umgebung: TüPr 18, 159 f., 214–218, 225–229, 317–321; bemerkenswert nur TüPr 26, 194–197 und, besonders, TüPr 33, 41–68. 84 Vgl. Steinmetz, LaS 41. 83
[91]
242
[92]
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Am dichtesten ist seine Gregor-Anlehnung in Sermo 18 (De animi aequitate qua amissio rerum ... ferenda sit), den er TüPr 19, 35 f. als ’litteraliter’ konzipiert bezeichnet und der bis auf eine Anspielung in TüPr 18, 82 f. auch nur aus Gregors historischer Deutung schöpft. Dann folgen – doch mit Abstand – Sermo 23 (De ... consideratione sui et operum ...), der ausschließlich die moralische Deutung benutzt, und die vorhin genannten Sermones mit Stücken aus allen drei Deutungen. Eine über die glossierende oder paraphrasierende Funktion hinausgehende architektonische Bedeutung Gregors sehe ich in zwei Fällen: Die antithetische Parallelisierung der Frage Gottes an Satan ›Unde venis‹ Iob 1, 7 mit Gottes Ruf ›Adam‹ u n d Frage ›Ubi es‹ Gn 3, 9 gegenüber dem Menschen (TüPr 12, 23–32 in Staupitz’, 33–44 in Gregors Formulierung) ist, erweitert um das argumentum e silentio, Gottes Schweigen gegenüber den Engeln, der Keim für das große EngelMensch-Teufel-Triptychon, dessen Mittelbild Sermo 12 (De vocatione ad poenitentiam, neque angelis ...) darstellt, als dessen Flügel Sermones 11 (De ... missione angelorum ...) und 13 (De via diaboli ... in circuitu ...) gelten können. Die Anregung zu der Predigtfolge Sermones 19–22 ’ad mysticum sensum’ (TüPr 19, 36 f.) geht von Gregors Deutung von ›frater primogenitus‹ Iob 1, 13 auf die ’praelati’ (TüPr 19, 25), ›coelum‹ Iob 1, 16 auf die ’praedicat(ores)’ (TüPr 20, 12. 17) und ›Chaldaei‹ Iob 1, 17 auf die ’principes’ (TüPr 21, 14. 24 f.) aus. Auf ihn kann sich Staupitz auch für den Gedanken besonderer ’licenti(a)’ (TüPr 19, 26) des Teufels in diesen Bereichen stützen. Noch in Sermo 22 (De negligentia parentum ...), zu dem Gregor keine Handreichung bietet, weiß Staupitz sich seiner zu bedienen: TüPr 22, 177: ’... haec acceptio magis ... deservit’. Ebensowenig wie Staupitz im Iob-Text jemals vorgreift85, so wenig tut er dies bei Gregor, mit einer Ausnahme: TüPr 2, 108–111; zwei andere Fälle, TüPr 10, 337 f. = 19, 352 f. (’Cuius vita despicitur, restat, ut eius doctrina contemnatur’) erweisen sich als geflügeltes Wort, das auch in den Constitutiones vom Jahr 1504 erscheint86. Andere derartige Sentenzen kommen aus anderen Werken Gregors: eine Briefstelle in TüPr 19, 128–130 (’Bonorum auctori adhaerere non possumus, nisi ...’, via Gratian), eine Stelle aus dem Ezechiel-Kommentar in TüPr 20, 109 f. (’Nullum deo acceptius sacrificium quam zelus animarum’, via Gerson) und einige Stellen aus dem Evangelien-Kommentar: in TüPr 9, 60–63 (’Cum augentur dona, rationes etiam crescunt donorum’ – auch in De exsecutione § 787) und 148 f. (’Terrena substantia aeternae felicitati comparata pondus, non subsidium’), TüPr 19, 225 f. (’Sic opus fiat in publico, ut intentio maneat in occulto’, via Gerson) und TüPr 20, 62 f. (’Qui caritatem non habet, praedicationis officium suscipere nullatenus debet’). 85
Selbst deutliche Iob-Zitate oder -Anspielungen aus späteren Kapiteln wie Iob 7, 1 in TüPr 12, 347, Iob 28, 28 in TüPr 24, 132 (= Aug.), Iob 36, 15 in TüPr 33, 190/1 und Iob 42, 10 in TüPr 15, 310 sind stillschweigend. 86 Constitutiones, Cap. 36, Z. 48 f. Der Text lag mir als Probelichtsatz vor; N.B. er ist nunmehr ediert von Wolfgang Günter in JvS 5 (2001), S. 103–360, hier 265. 87 Siehe Anm. II 22: JvS 2, S. 82 f.
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* 6 A u g u s t i n ist, wie nach seiner bereits zitierten Charakterisierung – ’pater et doctor meus, immo et sanctae ecclesiae, intellectu profundissimus, sermone lepidus atque allegatione authenticus’ TüPr 7, 94–96 – nicht anders zu erwarten, nahezu allgegenwärtig. Von ihm stammen die meisten, die ausführlichsten, die wichtigsten und schönsten Abschnitte der Tübinger Predigten, aber auch die am wenigsten erträglichen. Staupitz hat mit sicherem Gespür für die so einprägsamen augustinischen Formeln (von uti – frui, causa efficiens – deficiens, esse – bene esse war schon die Rede) und Wortspiele (sartago – Carthago), Bilder (cor rectum – distortum, timor castae – adulterae) und Allegorien (das Kamel Christus, Christi Schlaf im Seesturm, die Linke und die Rechte des Geliebten, der gespannte Bogen des drohenden Gerichts), auch Szenen (Christus in Gethsemane), zu fast jedem Thema einen wenn nicht grundlegenden, so zumindest illustrativen Text88 gefunden. Er überging weder die ’facetissima urbanitas’ in TüPr 13, 320, noch Sarkasmen wie ’vita quieta’ – ’nequitia secura’ TüPr 34, 278, ’misericordes nostri’ TüPr 12, 247 f., oder Geschmack- oder Gedankenlosigkeiten wie TüPr 6, 418–425 und 516–518 (vgl. je unten). Die vor wenigen Zeilen aufgestellte Behauptung von der Allgegenwärtigkeit Augustins gilt für Pars 1 (’de fortuna’) ohne Einschränkung, sowohl für die erste Fünfergruppe (’de perfecta mentis dispositione’) als auch für die zweite (’de bonorum terrenae felicitatis usu’). Sie gilt bei Pars 2 (’de temptationis ... consideratione’) für die drei ersten Sermones dieser Vierergruppe, während in 14 (’De adiutorio domini ...’) Augustin fehlt. In Pars 3 fehlt Augustin in vier Sermones sogar völlig (15, 20, 22, 30), ist in einem Sermo (23) mit einem einzigen Satz vertreten und in sechs weiteren Sermones nur mit einzelnen Sätzen aus zweiter Hand (17, 18, 19, 21, 25, 31). Nur für neun Sermones und damit knapp die Hälfte von Pars 3 ergibt sich also das gleiche Erscheinungsbild wie in Pars 1. Dieser Befund ist indes, betrachtet man die Themen der Sermones, wahrhaft erstaunlich nur bei zwei: 15 (De virtute et gratia ... sive: libertatem arbitrii non cogi) und 23 (De consideratione sui et operum suorum, ... de proprii meriti vilificatione). Im letzten wird denn auch, als Gerson ein bißchen pelagianisiert89 (TüPr 23, 284 ff.), – via Lombardus und Aegid – Augustin 88
Bei der nun folgenden Musterung unberücksichtigt bleiben in der Regel Stellen, die zwar, was den ausgedrückten Gedanken betrifft, aus Augustin zu belegen sind, die aber – von mir – nicht auf einen bestimmten Text festgelegt werden konnten, z.B. die Harmonie von Geist und Fleisch in der ’iustitia originalis’ TüPr 3, 144–146 und 146 f. mit Anm. III 45 f.: JvS 1, S. 69, oder die ’numeri rerum’ TüPr 12, 415 mit Anm. XII 128: S. 230. Oder Bildworte wie ’amaritudo medicinae’ oder ’testae’ TüPr 11, 402 ff. mit Anm. XI 96 und 98: S. 200. Oder ein geflügeltes Wort wie ’cui servire regnare est’ TüPr 24, 115 mit Anm. XXIV 36: S. 365. 89 Steinmetz macht MD 54 mit Anm. 1 darauf aufmerksam, daß Staupitz einen Satz wie ’Nolo tamen negare quin anima possit ex sua vita naturali bene moraliter agere et, faci-
[93]
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mit einem klaren Votum zuhilfe geholt: ’Quid est meritum hominis ante gratiam, cum omne bonum meritum nostrum non in nobis faciat nisi gratia?’ TüPr 23, 320 f.
[94]
6.1 Für die E n a r r a t i o n e s in Psalmos ist die Benutzung der Amerbach-Edition, die wie diejenige von De civitate 1489 erschienen ist (GKW 2909), mangels Leitfehlern, wie sie in TüPr 28, 164 ff.90 zu finden sind, vorerst nicht eindeutig nachzuweisen91. Bereits bei der Editionsarbeit hatte ich den Druck eingesehen, ihn aber, als er mich bei TüPr 3, 255 im Stich ließ und auch in TüPr 3, 23 ff. nicht durchgängig den Text bot, den wir bei Staupitz lesen, wieder beiseite gelegt – zu unrecht. Die genaue Kollation92 zeigt, daß die konsequente Heranziehung dieses alten endo quod in se est, se ad vitam gratiae disponere’ mit Bedacht auslasse. Er würde m.E. nur in anderen Worten wiederholen, was Staupitz TüPr 23, 284 ff. Gerson unzensiert hat sagen lassen. Daß „Staupitz rejects this idea“, kann ich hier nicht erkennen. Dagegen wird De exsecutione § 19 in der Tat in Steinmetz’ Sinn zu interpretieren sein. 90 Siehe oben Anm. 13. 91 Die nachfolgend mitgeteilten Beobachtungen machte ich am Exemplar der UB Heidelberg, Inc. Q 1095 1/X Quart. Ein wichtiges Indiz f ü r die Benutzung des Drucks ist die Marginalie ’alia littera ›confringes‹’ zu Augustins Lemma ›deduces‹ Ps 55, 8, also ein Hinweis auf die Vulgata-Lesart im Unterschied zu Augustins Vetus latina. Bei Staupitz erscheint der Hinweis vice versa wieder: TüPr 11, 467 f. Ziemlich sicher n i c h t benutzt hat Staupitz den außer Basel, Joh. Amerbach, 1489, zeitlich einzig noch infrage kommenden Druck GKW Nr. 2908 „[Niederlande oder Niederrhein, Drucker von Augustinus, Explanatio psalmorum (Copinger Nr. 741), um 1485 (?)]“, von dem ich das Exemplar in Darmstadt, Hessische Landesbibliothek, Inc. IV, 265, einsehen konnte. Das ganze Kolon ’quia a deo ea petunt’, TüPr 16, 113, fehlt dort. Und zu ›deduces‹ Ps 55, 8 Vet. steht kein Hinweis auf die Vulgata am Rand. 92 Kollationstabelle zu TüPr 3, 23–48 (= EnarrPs 32 e 2, s 1, 2): Z. TüPr [Niederl. 1485?] Basel 1489 CChr 26 autem autem autem enim quo quo quo quod 27 conveniant conveniant conveniant conveniat 28 praeponunt proponunt proponunt praeponunt 32 quam quam quam qua 36 recto recto recto rectum qui quod qui quod qui quod ut quidquid in illa in illa in illa in illo 37 eum illum illum illum 38 possit possit possit posset 39 male mali mali mali 44f illum supra, illum supra, illum supra, illum supra te, te infra te infra illum te infra illum te infra illum Die Umstellungen ’dispar esse’ Z. 40 und ’eius voluntati’ Z. 46 f. lasse ich unberücksichtigt. Verglichen habe ich den Druck Basel 1489 im Bereich auch aller übrigen in der Übersicht oben zusammengetragenen Enarrationes-Zitate in den Tübinger Predigten. Auch clm
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Drucks – gleichgültig ob ihn Staupitz in der Hand hatte oder nicht – bei der Textkonstituierung nützlich gewesen wäre93. Der Druck bestätigt im ganzen doch eine große Zahl von Lesungen im Text von Staupitz’ Zitaten aus den Enarrationes in Psalmos als überliefert94. Hier eine Übersicht über Staupitz’ Entlehnungen, in der – ab Spalte 30 – auch ablesbar ist, in welchem articulus und punctus bzw. principium oder effectus sie plaziert, und – durch ein + in Spalte 150 –, wenn sie an Zahl, wenngleich nicht an Gewicht, zu immerhin fast einem Drittel, von mir neu erkannt sind:
18760 (wie Anm. 4) habe ich in den entsprechenden Bereichen noch einmal überprüft. Ein Nebenergebnis dieser erneuten genauen Durchsicht ist hier zu notieren, damit ich prior accusator mei iustus sei: In TüPr 1, 38 ist genau genommen das Zitat zwischen ’Utique’ und ’si’, in 40 zwischen ’sit’ und ’punire’ sowie zwischen ’pertinuit’ und ’iustificare’ zu unterbrechen; in TüPr 3, 24 ist ’suum’ aus dem Zitat auszunehmen, in 45 ist es zwischen ’te infra’ und ’illum creatorem’, sowie in 255 zwischen ’erit.’ und ’Vis’ zu unterbrechen; in TüPr 4, 41 ist ’forte’ aus dem Zitat auszunehmen; in TüPr 5, 283 ist es zwischen ’sequitur’ und ’affectus’ zu unterbrechen; in TüPr 7, 103 ist ’abundas’ (statt ’ardes’ Aug.) aus dem Zitat aus- und in 159 ’enim’ in das Zitat hereinzunehmen, in 173 ist es zwischen ’praeponetur’ und ’ut’ zu unterbrechen, in 174 ist ’ergo’ auszunehmen, in 312 ist ’superbia’ als Zitat zu kennzeichnen; in TüPr 11, 563 ist ’suas’ auszunehmen; in TüPr 32, 130 ist ’ergo’ auszunehmen. 93 Wie dies bei den Zitaten aus Gerson bereits der Fall gewesen ist, da die Texte in Glorieux’ Rezension als Nebenüberlieferung im Sinn meiner Einleitung, JvS 1, S. 14 und 27, nur mit größtem Vorbehalt zu benutzen sind. Vgl. den textkritischen Apparat von JvS 1 auf den Seiten 57, 74, 163, 309, 320–322, 352, 355 f., 365, 396 f., 413, 475. 94 Bestätigt werden zu den bereits aus der Kollationstabelle in Anm. 92 hervorgehenden Lesarten zusätzlich folgende: In TüPr 3, 242 ’quisque’, in 251 ’impiis’ und ’filiis’, in 252 ’Ne’, das also in das Zitat hereinzunehmen ist, und 253 ’cogites’; in TüPr 4, 38 ’accedat’, in 42 ’moritur’; in TüPr 7, 107 ’praenuntiaret’, 123 ’sinu’, 126 ’et’, in 162 ’affluant’, also hereinzunehmen, in 177 ’in’, also hereinzunehmen, in 403 ’invenitis’, in 403 f. ’superabundantem divitiis’, also als Zitat zu kennzeichnen; in TüPr 11, 420 ’erit’, also hereinzunehmen, in 436 ’patiuntur’, in 437 ’tribulationem’, also hereinzunehmen, in 464 ’abscondat’ und ’intrent tribulae’, in 471 ’omnes’, also hereinzunehmen, in 500 ’cadit’, in 561 ’Qui’, in 615 ’perierant’; in TüPr 16, 104 ’quo’, in 112 ’ergo’ und in 113 ’ea’, alle drei also hereinzunehmen, in 118 das erste der drei ’colunt’. Bestätigt wird auch das Fehlen von ’eos’ in TüPr 11, 413, das ich meinte mit CChr bei der Textkonstituierung einfügen zu müssen, und von ’vel’ (vor ’lingua’) in 491, so daß dort das Zitat nicht unterbrochen gehört. Von den hier aufgeführten Stellen habe ich in dem Druck [Niederl. 1485?] n i c h t überprüft: die beiden in TüPr 4 und die beiden letzten in TüPr 11. Durch den Druck Basel 1489 n i c h t gestützt fand ich lediglich TüPr 3, 251 ’-iis’ und ’-iis’, TüPr 7, 177 ’in’ und TüPr 11, 500 ’cadit’. Zu TüPr 16, 113 siehe oben Anm. 91.
[95]
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246 TüPr 1,
1,1
Zeile(n) 29–31. 36–41
EnarrPs = 62, 12
2,
3,2
216 f.
= 94, 4
3,
1,1
23–48 88–103 238–256
= 32, e. 2 s. 1, 2 = 31, e. 2, 25 = 31, e. 2, 25 f.
2,3 4,
1,1
37–50 m.U. 59–63 100–130 m.U.
= 127, 7 = 127, 9 = 127, 8
5,
2,3
281–285
= 118, s. 8, 4
7,
1,1 1,2
96–135 156–178 201–208 291–307 310–313 315–326 327 f. 397–406
= 51, 14 = 143, 18 = 85, 3 = 125, 13. 12 = 136, 13 = 48, s. 1, 9 = 136, 13 = 85, 2 f.
2,1 2,2 3,1 11,
1,3
2,1 2,3
[96]
409–427 433–476 m.U. 488–501 513–517 561–575 611–621 642–644
+ + + + +
+
= = = = = = =
59, 55, 55, 55, 90, 90, 17,
6 4 . 9. 11. 13 10 14 s. 2, 9 s. 2, 11 31
16,
1,1
72–80 96–122
= 125, 14 = 35, 7. 8
32,
1,1
54–56 85–87 90–93 130–146
= = = =
1,2
+
37, 21, 21, 50,
24 e. 1, 16 e. 2, 16 19.
Auf seine Art, das heißt durchaus nicht immer mit Namensnennung, zitiert demnach Staupitz 20 verschiedene Enarrationes in Stücken von zwischen zwei und 60 Zeilen, in neun seiner Sermones, in sehr unterschiedlicher Dichte also. Sehen wir uns zunächst die drei am stärksten Augustin verpflichteten Sermones an: 6.1.1 Sermo 7 (De divitiis ...). Nach langen grundlegenden Passagen aus De civitate über die – zu Strafe und Bewährung eingeschränkte – Verfügungsgewalt des gefallenen Menschen gegenüber den natürlichen Reichtümern der Schöpfung
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zitiert Sermo 7 zum Thema des – gemäß einer Distinktion Thomas’ von Aquin – künstlichen Reichtums und seines verantwortungsvollen Gebrauchs 84 (von 503) Zeilen aus sechs (zwei mehr als bisher erkannt) verschiedenen Enarrationes in acht (vier mehr) Stücken95 zwischen fünf und 39 Zeilen, ein Echo der großen Zahl von Fällen, in denen Augustin selbst das Thema unter den verschiedensten Blickwinkeln behandelt: Kommen Reiche überhaupt in den Himmel? (7, 110) Im Gespräch mit dem reichen Jüngling (104 ff.) verurteilt Christus nicht das Geld, sondern die Gier, von der reich und arm gleichermaßen besessen sein kann (116). Die alte Frage Qui dives salvetur? wird mit der Vision des armen Lazarus im Schoß des voreinst reichen Abraham beantwortet (119 ff.). Die Reichen sollen reich an guten Werken (1 Tim 6, 17) (130) sein, dann ist das Kamel Christus mit der Last der Passion auch für sie durchs Nadelöhr gegangen (132 ff.). Die Gaben der Rechten und der Linken (146 f.), mit denen der Bräutigam Christus seine Geliebte beschenkt, dürfen nicht in ihrem Rang verwechselt werden, die der Ewigkeit vorbehaltene Sehnsucht (’›cor‹’ Ps 61, 11 = ’desiderium’) darf sich nicht an die Notdurft des Alltags verlieren (156 ff.). Des Reichtums wegen braucht man um das Heil nicht zu bangen, wohl aber der Überheblichkeit wegen, zu der dieser fast zwangsläufig verführt (201 ff. 310–313). Manchmal kann auch ein Armer einem Reichen helfen, mit Tat (293 ff.), mit Rat (301), und sogar Bettler können sich gegenseitig helfen (302 ff.). Die Schätze im Himmel sind die sicherste Geldanlage (323 ff.). Der Arme (Ps 85, 1), den Gott erhört, ist der Demütige, sei er äußerlich arm oder reich (397 ff.). Die Fundorte der Stellen sind bis auf eine ad vocem ’divitiae’ und diese eine ad vocem ’elemosyna’ der ’Principalium sententiarum in Explanationem libri Psalmorum ... comprehensarum summaria ordinataque annotatio’ der Amerbach-Edition von 1489 zu entnehmen. Gleichgültig, ob bei der Entstehung des Sermo dieses oder ein vergleichbares Hilfsmittel benutzt wurde96, Sermo 7 zeigt die AugustinZitate aus den Enarrationes ziemlich gleichmäßig über die durch das Dreimal-dreiPunkte-Schema – und dessen gelegentliche Erweiterung – vorgezeichneten Felder verteilt, wobei in der zweiten Trias Ambrosius mit eingesetzt wird, während die dritte überwiegend Boethius vorbehalten ist. Dieser Typ von Sammlung und Wiederverteilung der Zitate ist in diesem Sermo besonders rein ausgebildet. Bis auf die besonders einprägsame Allegorie von der 95
Stücke im anspruchsvollen Plauderton, wie TüPr 7, 328–330, ’Ne cogites perpetuare divitias quas deus corruptibiles creavit ...’ ist man versucht, auch bei Augustin zu suchen. 96 Aus der sonst sehr genauen Zusammenfassung der Geschichte der Amerbach-Ausgabe bei Hamm, FrTh (1982), 320 Anm. 115, könnte man schließen, daß der Druck 1489 noch ohne Tabula erschienen sei und erst der aus dem Jahr 1497 (GKW 2911; Heidelberg UB, Q 1095 1/12 Quart) eine solche enthalte. 1489 hat eine Tabula (im Heidelberger Exemplar zu Beginn des Bandes), die den einzelnen Buchstaben dreimal, für jede Quinquagene gesondert, durchläuft – wie übrigens auch die Tabula in GKW 2908 (wie Anm. 91), die als Vorlage gedient zu haben scheint –, während 1497 die Sacheinträge zu je einer vox aus allen 150 Psalmen zusammenfaßt.
[97]
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Rechten und der Linken des Bräutigams (TüPr 7, 165 ff.), deren begriffliche Abstraktion deshalb wohl auch zusätzlich, als üblicher biblischer Sprachgebrauch etikettiert, vorangestellt wird (TüPr 7, 145–147), dienen die Zitate, gezielt eingebaut, aber herauslösbar, der Illustration.
[98]
6.1.2 Sermo 11 (De temptationibus tribulationibusque sub specie aeternae dei scientiae, providentiae, praedestinationis consideratis ...). Nach einer über die Hälfte des Sermo einnehmenden, mit Aegid, Thomas von Aquin und Bonaventura argumentierenden Annäherung an das Thema praedestinatio-vocatio-iustificatio zitiert Sermo 11 – nicht eingerechnet ein namenloses und bisher unerkanntes 2-Zeilen-Zitat (EnarrPs 17) – 100 von 763 Zeilen, 16 aus der bisher unerkannten Enarratio 59, 60 in mehreren kleinen Portionen aus Enarratio 55 und 24 in zwei Stücken aus Enarratio 9097. Gemessen an der gegenüber ’divitiae’ eher noch größeren Zahl von Fällen, in denen laut Tabula Augustin von ’temptatio’ und ’tribulatio’ spricht, ist hier also eine Konzentration auf einige wenige – offenbar zentrale – Sequenzen von Aussagen getroffen, die sich auch im Triaden-Schema auf wenige Felder konzentrieren: im Fall der Zitate aus Enarratio 59 und 55 auf eines (1,3), im Fall derer aus Enarratio 90 auf zwei (2,1 und 3). Auf alle drei Enarrationes wird in der Tabula unter ’temptari’ oder ’tribulari’ verwiesen. Staupitz verwendet sie nicht nur als Illustration von etwas, was er zur Interpretation von Rm 8, 30 ausreichend bereits in einfachen Worten gesagt hat, sondern er treibt damit auch die eigene Gedankenentwicklung voran, weil die hier aus Augustin entliehenen Stücke ad vocem ’tribulatio’ dort ebenfalls in Rm 8 ihr inneres und, durch seine redaktionelle Nachhilfe, auch ihr äußeres Ziel erreichen. Es lassen sich deshalb davon auch nicht wie bei Sermo 7 einfach kleine abstracts herauslösen und hier aneinanderreihen. Praedestinatio ad conformitatem ›imaginis filii‹ (mit Rm 8, 29) (364) ist in erster Linie und für alle (379) – Gläubigen – praedestinatio zur imitatio, ja communicatio passionum Christi (mit 1 Pt 2, 21 und 4, 13) (374 ff.). Wie Christus, so sein ’›discipulus‹’ (mit Lc 14, 27) (383), wie das Haupt (’caput’ 449 = Aug.)98, so wir, lautet die ’regula’ (366). Leidlosigkeit ’in hoc mundo’ (388. 396) droht ewige Pein an. ’Verissimum signum itaque praedestinationis et immediatum est conformitas passionis Christi’ (397–399), gemeint ist das christförmige, nicht das widerwillige, ungläubige, womöglich überdies verdiente Leiden (395 f.). Und die ’›passiones huius temporis‹’ wiegen nicht schwer im Verhältnis zur künftigen ’›gloria‹’ (Rm 8, 18) (406–408). Soweit Staupitz. Nun Augustins Enarratio 59: Für das Haus des Herrn beginnt das Gericht schon jetzt (1 Pt 4, 17) (409). Dies ursprünglich den Märtyrern (410) – als den ausge97 98
Zum Hiob-Bezug der Enarrationes 55 und 90 siehe Anm. 77. Kurz bevor Staupitz mit seinem Zitat aus EnarrPs 55, 9 einsetzt (TüPr 11, 443), heißt es bei Augustin, EnarrPs 55, 8: ’Non est discipulus maior magistro suo, non est servus maior domino suo’ (Mt 10, 24, kombiniert mit Io 13, 16) (CChr 39, 683, 19 f.), und davor steht der oben Anm. 61 angeführte Satz.
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zeichneten Leidens-Genossen Christi – zum Trost gesagte Wort gilt auch überhaupt: Die ’tribulationes’ ›huius temporis‹ (aus Rm 8, 18, Zusatz von Staupitz) (425) sind ein Zeichen (’›significationem dedisti‹’ Ps 59, 6) (424) für die Gläubigen, daß sie durch ihre zeitliche Prüfung (’exercitatio’) (425) der vollen Wucht des drohenden Gerichts entgehen (’›ut fugiant a facie arcus‹’ Ps 59, 6) (424 f.), d.h. der ewigen Verdammnis, die die Ungläubigen erwartet (426) . Das Augustin-Zitat verstärkt den in ’›gaudete‹’ (1 Pt 4, 13) im Staupitz-Text (376) schon anklingenden Trost (405. 408) durch die tröstliche Wendung, die es dem an sich eher bedrohlichen 1 Pt 4, 17 mit Hilfe von Ps 59, 6 abgewinnt. Staupitz’ und Augustins Gedankenreihen treffen sich in ’signum’ (398) und ’›significatio‹’ (424) ein erstes Mal, in Rm 8, 18 endgültig (406–408 und 425). Bei der Beschreibung der exsecutio praedestinationis – diese Eintragung aus De exsecutione ist durch Zeile 479 gedeckt – in vocatio (429 ff.) und iustificatio (481 ff.) rückt Staupitz in seinen eigenen Text geschickt erst (433 ff.) eine Folge vier kürzerer Stücke aus Enarratio 55, dann (488 ff.) zwei, ein längeres (488–501) und ein kürzeres (513–517) ein: Staupitz: Niemand glaube, die Berufung (mit Rm 8, 30) zum Glauben sei ohne tribulatio (430 f.). Augustin: Meine nicht, in Christus fromm leben zu können, ohne daß dir Verfolgung widerfährt (Paraphrase von ›tribulavit‹ Ps 55, 2 f. durch 2 Tim 3, 12). Hauptsächlich durch falsche Brüder (2 Cor 11, 26) (441 ff.), die ungehindert Zugang haben (zu Ps 55, 7) (444), wie es dem Haupt, Christus (449 f.)99, erging durch Judas und die Juden, die ihm freilich den Himmel nicht rauben konnten (457). In der Kelter (zu ›conculcavit‹ Ps 55, 2 f.) (439) und auf dem Dreschplatz (zu ›tribulavit‹ Ps 55, 2 f.) (464) zeigt sich zur Erbauung des Nächsten (449), ob sich Wein aus der Traube pressen läßt (439 f. 448), was Spreu (464) und was Weizen (465) ist100. Es sind letztlich gar nicht die Menschen (›caro‹ Ps 55, 5) (446 f.) am Werk, Gott ist es (447), der sein Volk im Zorn zieht – ’irasceris et deducis (aus Ps 55, 8 Vet.), saevis et salvas, terres et vocas (aus Rm 8, 30)’ (469) –, alles mit tribulationes erfüllt, damit alle ihre Zuflucht zu ihm nehmen, weg von Vergnügen und Sicherheit, ’tribulationibus territi et fide impleti’ (476). In diesem reformatorisch klingenden Satz treffen sich Staupitz und Augustin wieder. Berührt hatten sie sich durch ’›vocavit‹’ (429/30) und ’vocas’ (469) sowie durch ’fide’ (430 und 476). Mit dem skizzierten Verfahren ahmt Staupitz bewußt oder unbewußt die Methode der Enarrationes gegenüber ihrem Grundtext nach und wendet sie auf diese selbst an: Augustin verspinnt wie Fäden die Verse der Psalmtexte Ps 59, Ps 55, mit längeren oder kürzeren neutestamentlichen Fäden, 1 Pt 4, 17, Rm 8, 30, 2 Tim 3, 12, 2 Cor 11, 26, (Rm 8, 18). Sie alle decken sich ein Stück weit in wörtlich oder sinngemäß Gemeinsamem oder Gegensätzlichem – und anderen rhetorischen loci – 99 100
Vgl. oben 2.4 Ende. Der Inhalt des an dieser Stelle (TüPr 11, 464 f.) sehr verknappten Zitats wird zweifelsfrei verdeutlicht durch TüPr 29, 61 f.: ’Sub eadem tribula stipulae comminuuntur, frumenta purgantur’.
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und sind dadurch verbindbar. Dies Gemeinsame heißt hier bald ’tribulationes’, ’conculcationes’, bald ’passiones’, ’persecutiones’, ’pericula’. Den daraus entstandenen biblisch-augustinischen Gedankenstrang verflicht Staupitz durch die Zugabe seiner eigenen, direkteren, weniger kunstvollen Paraphrase der zum Teil selbigen neutestamentlichen Textstücke – 1 Pt 4, 13, Rm 8, 29–30 – mit Hilfe anderer – 1 Pt 2, 21, 1 Pt 5, 8. 9, Mt 16, 24, Mt 10, 38, Lc 14, 27, Mt 11, 28 – unter Gleichsetzung von ’passio’ und ’crux’, ’tribulari’ und ’cruciari’, ’tribulari’ und ’laborare’ zu einer Art Zopf. Obwohl man ohne große Mühe die Staupitz-Stücke allein auch als fortlaufenden Text lesen kann, sind sie mit denen aus Augustin doch richtig verflochten und nicht nur abwechselnd aneinander geknüpft. Bleibt der iustificatio-Abschnitt. Staupitz: Rechtfertigung erlangen wir durch die Sakramente, in denen die Kraft des Leidens Christi wirksam wird, Taufe und Buße. Der Buße bedürfen wir wegen der auch nach der Taufe unvermeidbaren Sünden (482–487). Augustin, richtiger Staupitz durch ihn, beschreibt dann (488 ff.), und zwar weiterhin durch Enarratio 55, die Nachstellungen des Teufels, denen niemand entgeht. Wer sündigt nicht irgendwann doch durch ein falsches Wort (mit Jac 3, 2)? Selbst der Gerechte fällt ja siebenmal (Prv 24, 16), aber er erhebt sich wieder – und hier führt Staupitz den Augustin-Text, der den Gedanken zwar vorbereitet, aber nicht ausspricht, vollends ans Ziel, s e i n Ziel – durch die Buße (mit Ps 55, 9) (501–503). Die Berechtigung zu dieser kleinen Überbrückung liefert das zweite Augustinzitat des iustificatio-Abschnitts nach (513–517), in dem es heißt: ’Inveni te misericordem in repromittendo (aus Ps 55, 9), veracem in reddendo’, inhaltlich gefüllt mit der Beichte des Paulus 1 Tim 1, 13. Dazwischen (504–513) spricht Staupitz von den drei sogenannten Teilen des Bußsakraments, ’contritio, confessio, satisfactio’. In der contritio als ’dolor cordis’ (505. 522) wird der Wert der tribulatio für die iustificatio empfunden und die tribulatio selbst willig angenommen (521–523). Das erste der beiden Augustinzitate aus Enarratio 90 im paränetischen Teil von Sermo 11 ist rein glossierend. TüPr 11, 561–575 erklärt ’›leo‹’ und ’›draco‹’ aus Ps 90, 13, dem wichtigsten biblischen Zeugnis für Existenz und Auftrag von Schutzengeln, durch ’›leo‹’ in 1 Pt 5, 8 und durch ’›serpens‹’ in 2 Cor 11, 3 als das gewalttätige und das hinterhältige Gesicht eines und desselben ’›diabolus‹’. ’Castitas’ (aus 2 Cor) ist ebensowenig wie die Armut (aus Ps 85, 1) oben in Sermo 7 leiblich zu verstehen, sondern wie Armut dort als Demut, so Keuschheit hier als Glaubenstreue und -gehorsam (572. 574). Das andere Zitat, TüPr 11, 611–621, illustriert zunächst das von Staupitz direkt herangezogene explizite Schriftzeugnis für Gottes Nähe zum Angefochtenen (’›tribulato corde‹’ Ps 33, 9) (610 f.) durch die allegorische Deutung des schlafenden Christus (Mt 8) auf den schlafenden Glauben, die Augustin zu ’›cum ipso sum in tribulatione‹’ (Ps 90, 15) bereitstellt. Dann ist wieder das oben beschriebene Verfahren des Weiterspinnens eines biblisch-augustinischen Strangs zu verfolgen: Das Psalmwort ›eripiam‹ (Ps 90, 15), von Augustin durch ’nec deseruit’ (620) aufgenommen und durch die drei Jünglinge im Feuerofen ’corporaliter’ und die Mak-
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kabäer ’spiritualiter’ historisch bezeugt, nimmt Staupitz seinerseits auf durch die rhetorischen Fragen in Rm 8, 31–37 (622–631, bes. ’›tribulatio‹, ›pericula‹, ›persecutio‹’) und – rückwärts verbunden durch ’›Quis nos separabit ...‹’ (627), vorwärts durch ’›qui dilexit nos‹’ (631) – die Gnaden- und Geist-Zusage in Rm 5, 8–10. Diese in den Tübinger Predigten längste neutestamentliche Sequenz wird nach dem gleichen Muster abgeschlossen durch Ps 17, 30 f. und die aus Augustin stammende, aber ohne Namensnennung eingeflochtene Glosse dazu (641–644). 6.1.3 Sermo 4 (De servili, filiali seu casto deque differentiis ...) zitiert 57, zusammen mit den 5 durch Lombardus vermittelten Zeilen TüPr 4, 27–32 sogar über 60, von insgesamt 325 Zeilen aus Enarratio 127. Ein auf der gebenden Seite in sich geschlossener Zusammenhang wird mit leichter Umgruppierung auf der nehmenden Seite wieder in einem Feld untergebracht. Es ist dies die in jeder Hinsicht einheitlichste Übernahme. Unvergeßlich Augustins Gleichnis (100–105): Zwei Frauen, eine treu, eine ehebrecherisch, beide fürchten sie ihren Mann. ’Casta timet ne discedat’, ’adultera ne veniat’. Die beiden symbolisieren unsere Lage in Erwartung der Wiederkunft des himmlischen Bräutigams (110 ff.). Die Durchführung des Gleichnisses – ein eigener Beitrag Staupitz’ dazu ist das Zitat aus Prv 7, 19 f. – durch Heranziehung von Is 53 und Mt 25 ist zu schön, als daß sie verdiente, hier verstümmelt wiedergegeben zu werden. Interessant ist Staupitz’ Geständnis, er habe bei früheren Predigten ’de timore dei’ (51), doch wohl in Kenntnis der Distinktionen des Lombardus und Bonaventuras, die er auch jetzt vorausschickt (23 ff. bzw. 15 ff.) und deren eine die andere und die beide eine augustinische (27–32) voraussetzen, trotzdem den springenden Punkt nicht klar erkannt gehabt. Jetzt erscheint er ihm bestimmbar (53–55) in der Testfrage an das eigene Herz: Würdest du sündigen wollen, wenn du straffrei ausgingest? (55 ff.). Das Ja entlarvt den timor servilis. Diese Testfrage entnimmt Staupitz ebenfalls Augustin (59–63), und sie scheint ihm erst bei der zusammenhängenden Lektüre von Enarratio 127 aufgefallen zu sein101. In der Dublette zu diesem Gleichnis, die in Tractatus in 1 Ioannis epistolam, der Vorlage für Lombardus, steht102, findet sich kein vergleichbarer Satz. 6.1.4 Von den übrigen Sermones kommt nur noch Sermo 3 mit 58 Zeilen (von 308) in drei Stücken aus zwei Enarrationes an Dichte und thematischer Einheitlichkeit der Augustinzitate dem Sermo 4 gleich. Sermo 3 (De rectitudine cordis sive de conformatione voluntatis humanae cum divina in Christi exemplo visa) behandelt eine für Augustin und Staupitz gleichermaßen zentrale Vorstellung103. Das in TüPr 3, 23–48 nacherzählte Beispiel der Einwilligung des Sohnes in den Willen des Vaters, die Christus, das Haupt104, am Ölberg (mit Mt 26, 39 parr) 101
Vgl. A. Jeremias (wie Anm. 65), S. 94. Tract 1 Io, cap. 8, 6 f. (PL 35, 2049 f.) mit 9 Mitte (2051 f., mit Is 53). 103 Vgl. oben 2.3 mit Anm. 34. 104 Vgl. oben 2.4 gegen Ende. 102
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gegeben hat – ’Quorum una est divinitas, non potest dispar esse voluntas’ (40) – lehrt uns, nach welcher ’regula’ (30) wir den himmelweiten Abstand von Schöpfer und Geschöpf (’creator’ – ’creatura’) (45)105 überwinden sollen106: ’Quomodo disiunctus es a deo, qui iam hoc vis quod deus?’ (48). Die beiden anderen Augustinzitate erweitern den Grundgedanken rectus homo conformis voluntati divinae107 zum einen, in TüPr 3, 88–103, durch das von Augustin auch sonst gern gebrauchte Gegenbild vom ’cor distortum’ oder ’pravum’ als einem Holzstück, das sich nicht ins Parkett fügen will, d.h. dem Menschen, der die alten Fragen der Theodizee (’doctrina philosophorum’) (90) stellt: Gibt es überhaupt einen Gott? Und wenn, kümmert er sich um den Lauf der Welt? Warum muß ich leiden, andere aber nicht, die schlechter sind? Ein Vorspiel für die Tischrede (TüPr 9, 223) in TüPr 9, 199 ff., bes. 218–220. 223–232 (= Aug. Civ, vgl. unten) und die Lehre von der ’duplex misericordia’ in TüPr 16, 96 ff., bes. 114–118 (= Aug. EnarrPs, vgl. unten). Zum andern erhellt die Vater-Sohn-Variante (TüPr 3, 238–256, bes. 251 ff.108, mit Hbr 12, 5–7) durch die Assoziation Sohn-Erbe –’Ne109 te sine flagello speres futurum, nisi forte cogites exheredari’ (252 f.) – blitzartig die Perspektive auf die Nützlichkeit’ (197. 236), ja Notwendigkeit110 von ’temptatio’ bzw. ’tribulatio’ hier und jetzt ’in hoc mundo’ als Alternative zum ’aeternaliter cruciari’, wie sie Sermo 11111 beherrscht, in Sermo 16 ebenfalls erscheint: TüPr 16, 127. 221. Der Satz ’nec diabolus tibi aliquid facit, nisi ille permittat qui desuper habet potestatem aut ad poenam, aut ad disciplinam, ad poenam impiis, ad disciplinam filiis’ (TüP 3, 249 f.) schlägt einerseits das Thema der Sermones 16, 17, 19, Grund und Grenzen des göttlichen Gewährenlassens gegenüber dem Teufel, und anderseits des Sermo 24 an, Gottes Herrsein und -bleiben in aller Herrschaft von Menschen über Menschen. 6.1.5 Es folgt in Bezug auf Zahl, Ausführlichkeit und Dichte der Augustinzitate aus den Enarrationes eine Gruppe von Sermones, die durch nur e i n längeres, 105
Vgl. ’Homo non est deus’ TüPr 3, 17 f., vgl. TüPr 5, 49 ff. Vor allem aber vgl. Augustin, EnarrPs 32, e. 2, s. 1, 2: ’Quantum enim deus distat ab homine, tantum voluntas dei a voluntate hominis’ (CChr 248, 12 f.), von Staupitz vor ’Unde gerens’ TüPr 3, 30 ausgelassen. 106 ’Per voluntatis conformationem, non substantiae identitate’ TüPr 3, 205 f. 107 Aegid wird in TüPr 3, 53 ff. nicht als der Erfinder des Gedankens, sondern als Lieferant von Argumenten für dessen Verbindlichkeit eingeführt, dies gegen Wolfs allmähliche Verschiebung des Akzents vom zweiten (S. 90) aufs erste (S. 95, S. 98 am Schluß der langen Anm. 5 von S. 92, und S. XI). – Daß auch TüPr 24, 318–328 ursprünglich Aegid angehören, ist Wolf entgangen. 108 Zum Hiob-Bezug siehe wieder Anm. 77. 109 Vgl. Anm. 94. 110 ’Temptari oportet’ TüPr 11, 535, ’temptari debere’ TüPr 14, 54. 111 ’›Non est servus maior domino‹’ (Io 13, 6) (TüPr 3, 303) wird dort durch ’caput’ einerseits, ’discipulus’ anderseits (vgl. oben bei und mit Anm. 98) wiederaufgenommen.
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eindeutig direkt und zur Sache ausgewähltes Textstück gekennzeichnet sind. Sermo 1 (De misericordia dei in perfectione virtutum Iob viri utique gentilis ostensa) spricht in TüPr 1, 36–41 über die völlige Grundlosigkeit der Barmherzigkeit Gottes, der, wenn bei uns überhaupt eine Voraussetzung für sein Handeln, dann für seine strafende Gerechtigkeit fände; die Voraussetzung für seine lohnende Gerechtigkeit muß er erst einmal schaffen: ’Invenit in nobis delicta quae donaret, sed non invenit iustitiam quam coronaret. Utique si punire vellet inventa delicta, non esset iniustus; cum ergo iustum sit punire peccatorem, ad misericordiam pertinuit iustificare ipsum’. In dem flankierenden oder vielleicht auch hinführenden kleineren Stück TüPr 1, 29–31 zeigt sich ein Gebrauch mehr glossierender Art, aus dem, wenn man ihn löst vom Schrifttext (Ps 62, 4), eine Sentenz entstehen kann: ’Dono tuo te laudo, per misericordiam tuam te laudo’. Auch Sermo 16 und Sermo 32 haben je ein längeres und ein bzw. mehrere kürzere Zitate aufzuweisen. Sermo 16 (De potestate seu licentia temptandi ...) lehrt in TüPr 16, 96–122 mit der grundlegenden Unterscheidung einer ’duplex misericordia’ den erzieherischen Sinn des Entzugs diesseitiger Fürsorge und bietet in TüPr 16, 72–80 einen Aphorismus über eine ’misericordia crudelis’, die, wie eine grausame ärztliche Kunst ihre Kranken, so ihre ’miseros’ braucht. Sermo 32 (De poena et passione, de peccato ...) spricht in allen Zitaten glossierend, in TüPr 32, 130–146, dem längeren Text, über die ›sanies‹ (Iob 2, 8), in den kürzeren, die beide auch isoliert stehen könnten, TüPr 32, 54 f. über unseren verkehrten Schmerz – ’Dolemus de flagello, non de causa’ –, 85–87 und 90–93 (bisher unerkannt) über die Tugend – ’Testa fit igne firmior’. 6.1.6 Sowohl bei solchen Glossen wie bei solchen Sentenzen liegt die Vermutung nahe, daß Staupitz sie aus zweiter Hand hat, so ist ’Dolemus de flagello ...’ vielleicht durch Gerson vermittelt112. Bei einer Glosse zu Ps 118, 20 in Sermo 5 (De malo ... eiusque fuga), TüPr 5, 281–285: ’... Praevolat intellectus, et tarde sequitur et aliquando non sequitur affectus. ...’, ist ziemlich sicher der Lombarde der Vermittler113. Dem sententiösen Typus zugehörig sind die Zitate in Sermo 2 (De simplicitate ...), TüPr 2, 216 f.: ’Tanto amplius laudabitur medicus, quanto plus desperabit aegrotus’, und Sermo 34 (De correctione fraterna ...), TüPr 34, 126: ’Corripiat iustus in misericordia’, eindeutig vermittelt durch Thomas von Aquin114 (ohne Titel, aus EnarrPs 140; nicht in die Übersicht aufgenommen). Das einzige Enarrationes-Zitat aus zweiter Hand, das, vergleichbar dem in TüPr 4, 27–32, mitsamt seinem Rahmen übernommen ist, steht in Sermo 6 (De matrimonio ...), TüPr 6, 489–495, innerhalb eines Lombardus-Zitats und ist deshalb nicht in die Übersicht aufgenommen. Sein Inhalt: Enthaltsamkeit darf nicht um den Preis der Unzucht eines Ehepartners geübt werden (EnarrPs 149, 15). 112
Siehe Anm. XXXII 10 und 12: JvS 1, S. 449. Siehe Anm. V 99: JvS 1, S. 98. 114 Siehe Anm. XXXIV 29: JvS 1, S. 475. Das einzige Mal, daß Thomas in dieser Funktion erscheint. 113
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Eine im Geist Augustins gebildete Sentenz ist ’Non est misericordia nisi miserorum’ TüPr 12, 368 f.115. Auch die Bitte ’ure, seca’ in einem Gebet TüPr 16, 220 nimmt eine in den Enarrationes häufige Vorstellung vom Tun des göttlichen Arztes auf116. 6.2 Eine Übersicht über Staupitz’ Benutzung von Augustins D e c i v i t a t e läßt sich trotz der fast erdrückenden Zahl und Ausführlichkeit der Zitate leichter gewinnen als die eben versuchte über diejenige der Enarrationes in Psalmos, auch ohne tabellarische Hilfe.
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6.2.1 Von den 22 Büchern werden zwölf in 16 Sermones zitiert, und hierbei sind extreme Unterschiede zu beobachten: Sermo 10 (De parentum provisione ...) zitiert mitten hinein in seitenlange Anleihen bei Aegids Aristoteles-gesättigtem De regimine principum aus De civitate 2, 7 das abschreckende Beispiel von Terenz’ unkeuschem Jüngling, der sich auf Jupiter beruft (TüPr 10, 392–404). Demgegenüber übernimmt die in meinem Aufsatz ’Staupitz antibarbarus’ vorgestelle Gruppe im weitesten Sinn ’politischer’ Sermones117 – 8 (De honore, fama, potestate ...), 28 (De ... oppositione diaboli qua nititur exemplis Romanae antiquitatis probare, Iob neque honorem dei procurasse nec virtuose egisse nec proximum aedificasse ...) und 34 (De .... falsi(s) Romanorum dii(s) ...) – direkt ganze Seiten118 aus Augustins ideologiekritischer Entzauberung der römischen Frühzeit (Bücher 1–5). Es ist dies ein Komplex in Augustins monumentalem Werk, von dem der Leser am wenigsten erwartet, daß Staupitz sich dafür interessiert haben könnte – wie immer man dies aktuelle Interesse deutet. Sucht man nach Anknüpfungspunkten hierfür unter Staupitz’ Autoritäten, dann reicht weder Boethius, der in TüPr 8, 309 f. sagt: ’Nec Romani populi fama transivit Caucasum montem’ (via Aegid), noch Gregors des Großen zwischen den Zeilen von TüPr 18, 134–136 stehende Kritik der stoischen Unempfindsamkeit. Deutlich genug ist nur Augustin, wenn er von ’falsissima beatitudo’ und ’quanto superbior tanto mendacior virtus’ spricht: TüPr 6, 87–89, vgl. TüPr 28, 192–194. Vor allem ist aber Hiob der leidensbereite (’dolens’ TüPr 1, 90/1; aus Greg.) Antiheld schon im ersten Buch De civitate, aus dem Staupitz in Sermo 29 (De ulteriore potestate seu licentia temptandi diabolo concessa ... spirituali afflictione ...) TüPr 29, 58–68 und – vor allem, weil namentlich auf Hiob bezogen – 95–99 zitiert119: ’Manet dissimilitudo passorum in similitudine passionum ... sub uno igne 115
Siehe Anm. XII 113: JvS 1, S. 228, und oben 2.3 bei und mit Anm. 47. Siehe Anm. XVI 44: JvS 1, S. 282. 117 Staupitz antibarbarus 6.1–6.2.4 und 7. (N.B. in diesem Sammelband S. 216–221). Auf eine Einzelauflistung der Zitate darf ich hier verzichten. 118 Allein bei dieser Gruppe erweisen sich neu als Anleihen bei De civitate: TüPr 8, 143–147. 147–158, TüPr 33, 197–199, TüPr 34, 233–244. 268–278. 307–323. 119 TüPr 29, 95–99 neu als Zitat aus De civitate erkannt, vgl. Anm. XXIX 18 und 25: JvS 1, S. 418 f. ’Rutilat’ auch TüPr 11, 8 und TüPr 27, 114. 116
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aurum rutilat et palea fumat ... . Amisit Iob ... omnia quae habebat. Numquid fidem?’ (Die im dortigen Zusammenhang zitierte Regel ’Ne credatur semper factum cum mentis voluntate quod fieri fortasse sine carnis aliqua voluptate non potuit’, TüPr 29, 104–106, gibt sich als Direktzitat, erweckt indes den Eindruck, durch Gerson vermittelt zu sein120). Von Aeneas, der sich doch wahrlich eignen würde, weiß er nur zu sagen, daß er sich mit dem Ehebruch seiner Mutter Venus brüste (TüPr 34, 225). Keine anima naturaliter christiana also. 6.2.2 Der andere große Komplex sind die augustinischen Bücher 10–12 und 13–14 über Schöpfung und Fall der Engel und des Menschen, einschließlich des 21. Buchs über die Ewigkeit der Hölle, die Staupitz – weniger überraschend – ausschreibt für den eigenen, aus einem gregorischen Keim (TüPr 12, 33–43) großartig entwickelten Entwurf einer vergleichenden Darstellung der Möglichkeiten der Geschöpfe, ihren Ursprung zu bewahren, zu verlassen und doch wiederzufinden oder aber endgültig zu verlieren, den er in Sermo 12 (De vocatione ad poenitentiam ...) und Sermo 13 (De diaboli via ... in circuitu ...) vorlegt. In Sermo 12 sind dies TüPr 12, 247–294, mit kleinen Unterbrechungen, über die Ewigkeit der Höllenstrafe; TüPr 12, 302–304 über Gottes wissende Frage an Adam Gn 3, 9; TüPr 12, 379–406 über das ’non ›adhaerere‹ v(elle)’ (aus Ps 72, 28, Leitmotiv in Buch 10) der vornehmsten Kreatur und die selbstgefällige (397) Preisgabe ihres Friedens mit sich selbst: TüPr 12, 410–413121; TüPr 12, 420–467, das längste zusammenhängende Augustinzitat überhaupt, über die rätselhafte Grundlosigkeit ihres ’defectus’ (425), ihrer ’mala voluntas’ (429) oder ’perversio’ (465 f.). Diesem ausgiebigen direkten Gebrauch der Bücher 21, 13 und 12 steht ein einziger Satz über die verlorene ’beatitudo innocentiae’ in TüPr 12, 538–540* (aus Buch 11) gegenüber, der durch Aegid vermittelt ist122. Der Passus TüPr 12, 666–690, über das menschliche Todeslos – ’Numquam igitur in vita homo est, ex quo in isto corpore moriente potius quam vivente ...’ (688–690) (aus Buch 13) – ist wieder direkt entliehen. In Sermo 13 sind dies TüPr 13, 44–50 über die dreifache Frage, wer, wodurch, warum die Schöpfung geschaffen habe, deren drittes Glied mit Platon beantwortet wird: ’... ut a bono deo bona opera fierent’ (aus Buch 11); TüPr 13, 81–108 die Auslegung von Eccle 1, 9–11 im Widerspruch zu Platons Lehre von der ewigen Wiederkehr (aus Buch 12); TüPr 13, 111–140 über Christus als Weg – zurück – zu Gott (126. 131) und Ausweg aus dem circulus vitiosus einer ungläubigen Weltbetrachtung; TüPr 13, 159–179 über den Irrtum der Manichäer, die die Schöpfung als ein Gemisch von Gut und Böse betrachten, zu dem sich ein hilfloser Demiurg 120
Vgl. Anm XXIX 20 f. 26: JvS 1, S. 419. In diesem Bereich neu als Zitate aus De civitate erkannt: TüPr 12, 385–392. 393. 394–406. 410–413. 122 Ein * hinter der Stellenangabe bei einem Augustinzitat bedeutet, daß der Kontext, in den es eingebettet ist, in meiner Edition neu einem Tradenten wie Lomb., Aegid oder Gerson zugewiesen werden konnte. 121
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gezwungen sah; TüPr 13, 180–205 über Origenes’ Irrtum, den Fall mit der Schöpfung in eins zu setzen (wieder je aus Buch 11). 6.2.3 Aus den augustinischen Büchern über Schöpfung und Fall erscheinen große Stücke auch als Grundsteine in den Sermones 7 (De divitiis ...) und 26 (De angel(orum) cognitione diurna et vespertina, ...) einerseits und 5 (De mal(i) causa ...), 6 (De matrimonio ...), 26 (De ... possessione coeli ...), 27 (De ... peccato originali ...) und 33 (De ... passionibus seu affectibus secundum deum rectis) anderseits. Die Geschöpfe niedrigeren Ranges sind unbeschadet des ’decus universi’ (TüPr 7, 48) dem Menschen nicht nur zum Nutzen (TüPr 7, 32. 62 ff.) unterstellt, sondern sind auch zu seiner ’humilitatis exercitatio’ und ’elationis attritio’ (7, 45) bestellt. Der Aspekt des Strafvollzugs am Sein in Leib und Welt ist deutlich ausgesprochen (’iusto supplicio’ TüPr 7, 30). Ebenso wenig wie die unter ihm stehende Kreatur beherrscht der Mensch sein eigenes Fleisch, dessen Widerspenstigkeit gegenüber dem Geist er als Strafe (’reciproca poena’) für des Geistes Ungehorsam gegenüber Gott zu spüren bekommt (TüPr 6, 314–316, TüPr 27, 85 f.). TüPr 6, 164–179 beweist die Gültigkeit des Segens ›Crescite et multiplicamini‹ Gn 1, 28 auch für die Ehe im Paradies; TüPr 6, 181–193 verteidigt die Zeugung eines ’sanctorum numerus ... complendae illi .. beatissimae civitati’ ohne ’pudenda libido’; TüPr 6, 308–316 schildert die Entstehung des Schamgefühls bei den Ureltern123 und TüPr 6, 316–338 seinen bürgerlichen und häuslichen Schonraum; TüPr 6, 401 referiert via Aegid Augustins Vorstellung von einem paradiesischen Gebrauch der Genitalien ’ad voluntatis nutum’; TüPr 6, 418–425 kolportiert die Anekdote, wonach die Kyniker etwas mit ihres Stifters Diogenes hündischem Verkehr mit seiner Frau auf offener Straße zu tun haben sollen (alle aus Buch 14). Die Entlehnung in TüPr 5, 90–107 – ’mali causa non efficiens sed deficiens’ – wurde schon oben vor und mit Anm. 31 notiert, ihr hinzuzufügen ist TüPr 5, 133–147 über das Wesen von ’defectus’ und ’privatio’: ’Deficitur non ad mala sed male ... (133 f.). ... Qui perverse amat cuiuslibet naturam bonam ... ipse fit in bono malus et miser ...’ (145 f.) (beide aus Buch 12). In Sermo 26 ist außer TüPr 26, 44–63, über ’cognitio diurna’ und ’vespertina’ der Engel, TüPr 26, 213–227 zu nennen, über das ’praemium perseverantiae’: die ’omni molestia caren(s) societa(s) angelorum in participatione summi dei’ (aus Buch 11). In Sermo 27 sind außer TüPr 27, 79–95 (’reciproca poena’, vgl. oben) zu nennen: TüPr 27, 128–138 über unsere ’in illo uno’ (aus Rm 5, 12), Adam, ’seminali(ter)’ (132) ’velut radice’ (136) auf Tod und Verdammnis angelegte Natur; TüPr 27, 177–186 und 194–203 über ihren agonal-meritorischen Wert124: ’Gratia salvatoris in usus iustitiae poena peccati (aus Rm 6, 23. 20) conversa est’ (194 f.) (alle aus Buch 13). 123 124
In diesem Bereich neu De civitate zuzuweisen: TüPr 6, 308–316. TüPr 27, 177–186 neu De civitate zuzuweisen, und zwar als Selbstreferat von De baptismo parvulorum, vgl. Anm. XXVII 68: JvS 1, S. 401.
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In Sermo 33 ist TüPr 33, 89–135125 zu nennen, über die Affekte. 6.2.4 Aus Buch 19 holt sich Staupitz die beklemmende Litanei der ’miseriae huius vitae’ (TüPr 6, 24–97)126 für den Vergleich der Lebensformen, die gemeinsame Einleitung zu den fünf Sermones über das irdische Glück (6–10), und für Sermo 24 (De ... domini dei dominio regnante de humanis dominis et malis et bonis ...) die Einreihung der ’condicio servitutis’ unter die Sündenstrafen und die Legitimierung und zugleich Relativierung aller Herrschaft von Menschen über Menschen durch das Herrsein Gottes in TüPr 24, 36–119127. Daß Buch 19 von der ’pax’ handelt, setzt TüPr 3, 168 f. als bekannt voraus, Definitionen ihrer verschiedenen Bereiche erscheinen in TüPr 28, 280–285128. Ein Splitter aus Buch 22 ist das ’praemium virtutis’ TüPr 2, 141. 6.2.5 Bereits dieser knappe Überblick zeigt das große Gewicht von De civitate (das fast zwanzig Jahre später in der Schrift Von der nachfolgung des willigen Sterbens Christi noch einmal voll zur Geltung kommt129, nur daß gegenüber dem anthropologischen der kosmologische Aspekt stark zurücktritt). Die Stücke aus den Enarrationes, überwiegend in Partes 1 und 2 eingesetzt, wirken mehr wie bunte Tupfer im Gemälde, wie Zierrat am Gebäude, diejenigen aus De civitate, überwiegend in den Partes 2 und 3, tragen mehr zu den großen Linien, mehr zu Struktur und Architektur bei. Die Funktion der einen ist mehr paränetisch, die der andern mehr doktrinal. Dort steht die Existenz, hier die gesamte Heilsgeschichte im Vordergrund. Dort ist mehr die Erde, hier mehr Himmel und Hölle im Blick. De civitate ist eine Apologie, die über ihren unmittelbaren Anlaß, den Christengott und die Christen gegen den Vorwurf, sie seien schuld am gegenwärtigen politischen Unglück, zu verteidigen – eine Spur in TüPr 34, 276–278130 –, weit 125
Neu TüPr 33, 117–120. 120–122. 122–135. Neu TüPr 6, 90–97. 127 Neu TüPr 24, 44–50. 110–114. 117–119. 128 Neu TüPr 28, 294. 129 Die ersten fünf Kapitel dort – 1 (Von dem herkommen zeitlichs sterbens), 2 (Von der vorwurkung dreifaltigen todtes), 3 (Von dem angeerbten schaden des ersten ungehorsams), 4 (Von dem tode des leiblichen todes) und 5 (Von dem angeerbten nutz des neugebornen in Christo) – lehnen sich eng an De civitate 13 an, und zwar sehr viel ausführlicher, als die wenigen Marginalien zunächst andeuten. Sonst wird ausdrücklich nur noch auf De civitate 22, 22 hingewiesen, aus dem in Kap. 3 (Knaake S. 57, Z. 9 ff.) in Stücken von bis zu neun Zeilen ein – dem in Sermo 6 der Tübinger Predigten aus De civitate 19 entliehenen vergleichbarer – Katalog von Übeln und Mühen übersetzt wird. Die nachweisbaren Anleihen bei den Büchern 12 und 14 bleiben stillschweigend. 130 Augustins Ausfall gegen solche Ankläger, es gehe ihnen ja gar nicht um eine ’quieta vita’, sondern vielmehr um ihre gewohnte ’secura nequitia’ – aus dem Munde eines Provinzialrömers verständliche Kritik an Roms imperialistischer pax –, hat in TüPr 3, 307 f. eine ganz ins Religiöse gewendete Entsprechung: ’Maledicti sunt pedes ambulantes in deliciis sub capite spinis coronato’. 126
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hinauswächst und zur Rechtfertigung Gottes gerät: Gott ist der Herr der Geschichte (TüPr 9, 199–220) nicht weniger als aller anderen Geschehnisse in der Welt, die seine Schöpfung ist. Und er ist der gute Schöpfer einer guten Schöpfung. Für die Schäden im – übrigens – weitaus kleineren Teil der Schöpfung (TüPr 13, 199–201) trifft die Geschöpfe allein alle Schuld. Weniger den zum Zweck der reparatio ruinae angelorum (TüPr 30, 56; vgl. TüPr 11, 603 = Bonav.) ins Paradies gesetzten, erst leicht- und schließlich bußfertigen Adam (TüPr 12, 214 ff. 298 f. = Aegid. und Lomb., z.T. aus Aug.), als den glänzend begabten Lucifer (TüPr 27, 111; vgl TüPr 4, 225 = Gerson). Und woher stammt das Böse, das malum culpae (TüPr 1, 121)? Es ist nichts (TüPr 23, 58), es hat keine Wurzeln, es hat sich im guten Sein eingenistet und führt dort seine Schmarotzerexistenz (TüPr 12, 420 ff., TüPr 5, 90 ff., TüPr 23, 58). N i c h t allein die Geschöpfe trifft das malum poenae: ’›Quae non rapui, tunc exsolvebam‹’ (Ps 68, 5) (TüPr 26, 206), den ’unicus sine peccato’ (TüPr 3, 255 f.) trifft die Strafe. Leisten wir also willig den uns möglichen Beitrag dazu: TüPr 27, 190 ff., bes. 197 ff. 204 ff. 6.3 In diesen Versuch einer Charakteristik der wichtigsten von Staupitz aus De civitate übernommenen Gedanken haben sich unwillkürlich auch Elemente eingeschlichen, die Staupitz anderen Schriften Augustins entnimmt.
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6.3.1 Aus den C o n f e s s i o n e s stammen die beiden längsten erzählenden Zitate in den Tübinger Predigten, TüPr 6, 353–383 über die schwierige Ehe der Eltern Monnica und Patricius, und TüPr 13, 376–398 über seine selbstverliebten Liebeleien im Hexenkessel (’sartago’ 377) Karthago. Ein kürzeres erzählendes Stück, TüPr 10, 482–499 über die eigene leichte Verführbarkeit (’seductilis eram’ 499), verrät deutlich, daß es über Stichwortassoziation (’iuvenes ductiles’ 472) in die sonst – bis auf das schon erwähnte schlechte Beispiel Terenz’ aus De civitate – durchweg aus Aegid abgeschriebenen Erziehungsrezepte gelangt ist. Auf die gleiche Weise dürfte der befreite Ausruf des Befriedeten (mit Ps 4, 9) in TüPr 9, 164–167 seinen Platz gefunden haben. Die Erzählung vom Apfeldiebstahl aus Vermessenheit (vgl. Anm. 34 Schluß), TüPr 24, 275–277, wird durch Gerson referiert, wie auch das Augustinwort über Catilinas grundlose Bosheit (’gratuito malum fuisse’ 279). Als geflügeltes Wort gebraucht Staupitz in TüPr 5, 203 f. und TüPr 23, 252–254 ’Taceat laudes tuas qui miserationes tuas non considerat’ – in Sermo 23 (De ... divini iudicii rectificatione ...) ist es übrigens das einzige Augustinzitat –, als Sentenz ’Sumenda sunt alimenta tamquam medicamenta’ in TüPr 7, 459. Die schönsten und kühnsten Formulierungen, die Staupitz aus den Confessiones bringt, sind seltsamerweise Zitate in Aegidzitaten: ’Est inquietum cor ...’ in TüPr 29, 50 f.*, ’Pondus meum amor meus; eo feror, quocumque feror’ in TüPr 12, 580 f. – es dient da Aegid als Kern für seine Argumentation, warum Satan in seiner Selbstliebe gefangen bleibt –, und ’Duo fecisti, domine, unum prope te, aliud prope nihil’ in TüPr 5, 55–57, wieder aufgenommen in TüPr 12, 85 und TüPr 27, 111. Ein herrenloses Confessiones-Zitat ist ’(Habemus) palatum non sanum et
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aegros oculos’ in TüPr 29, 189 f., gemeint: wenn wir in Gottes Gericht nicht die strafende Vaterhand erkennen. In neun Sermones vorkommend, sind die Zitate aus den Confessiones ziemlich weit gestreut, sie konzentrieren sich jedoch deutlich auf das Erziehungsthema. 6.3.2 D e G e n e s i a d l i t t e r a m . Die Zitate aus dieser Schrift konzentrieren sich einerseits auf Sermo 6 (De matrimonio eiusque bonis et de virtutis generativae usu in actu ...), wo sie, kurze wörtliche Stücke oder sinngemäße Referate, immer eingebettet in Aegid-Texte, bald, TüPr 6, 194–199*, den hohen Rang einer Paradieses-Gesellschaft von Unsterblichen, bald, TüPr 6, 401–404*, die dort geltende Unterordnung der Zeugungskraft unter das ’dictamen rationis’ im Gegensatz zu deren jetziger Überwältigung durch die Lust, bald, TüPr 6, 410–415*, den Unterschied zwischen Mensch und Tier im Grad ihrer Freiheit gegenüber den Gegenständen ihrer Begierde belegen, letzteres auch in TüPr 25, 53 f., im Zusammenhang mit der Willentlichkeit als Wesensmerkmal von Sünde. Sie konzentrieren sich andererseits auf Sermo 12 (De vocatione ad poenitentiam, neque ... diabolo angelisque eius in malo obstinatis, sed soli homini ... congrua ...), wo sie, eingebettet in Lombardus, TüPr 12, 54–66, beweisen, daß der Teufel nicht böse geschaffen, sondern als Engel gut geschaffen, alsbald gefallen ist; ferner, eingebettet in Aegid, TüPr 12, 182/3. 189 f. 190–193* und 202–209*, die Selbsttäuschung Adams über den Ernst des göttlichen Verbots und seiner Folgen, sowie seine gutmütige Nachgiebigkeit gegenüber Eva, dem Schatz (’deliciae’ 193) plausibel machen sollen; schließlich, TüPr 12, 536–538*, Aegid zur Unterscheidung von ’beatitudo innocentiae’ und ’beatitudo excellentiae’ verhelfen, deren eine der Teufel verloren, deren andere er behalten hat. Eine kniffligere Harmonisierung zweier Augustinzitate, genauer eines solchen aus De Genesi ad litteram und eines pseudo-augustinischen aus De dogmatibus ecclesiasticis, in der Frage, inwieweit Dämonen unsere Gedanken zu erkennen vermögen und inwiefern nicht, hat Aegid in TüPr 17, 139 ff. zu bewältigen131. Axiomatisch verwendet wird der Satz ’Nisi deus operaretur interius ... , exstincta esset omnis operatio ...’ in TüPr 12, 633–635* in einem Beweisgang Aegids für Satans dauernden Ausschluß von jeglichem ’impulsus divinus ad gratiam’ und in TüPr 30, 280 in einem ähnlichen, an Aegid angelehnten, für Satans Ohnmacht gegenüber solchem göttlichen Einfluß auf den ’numerus electorum’ (281*). Sonst kommt außerhalb der Sermones 6 und 12 aus De Genesi ad litteram nur noch ein ähnlich axiomatischer Satz in Sermo 3, 20 f. vor: ’Homo sibi deo praesente illuminatur, absente autem continuo tenebratur’, der sich als Direktzitat gibt, dies aber kaum sein dürfte. 6.3.3 Aus dem E n c h i r i d i o n stammen zwei ziemlich gleich große Gruppen von Zitaten, die einen offenbar direkt, die andern vermittelt, einmal sogar durch zwei 131
Vgl. Wolf, SuL 26 mit Anm. 4.
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Hände gegangen. Zur ersten Gruppe gehören die Definitionen ’Hominis sapientia pietas’ (aus Iob 28, 28) in TüPr 24, 132 f. und ’Pietas dei cultus est’ in 135 f., denen sich als inhaltliche Bestimmung ’(deus) fide, spe et caritate colendu(s)’, TüPr 2, 26 f., anschließen läßt. Ebenfalls in Sermo 2 (De simplicitate cordis a plica curiositatis ...), TüPr 2, 52–67, steht das leicht obskurantistisch besetzbare Programm ’Non est rimanda rerum natura, quem ad modum ab eis quos physicos Graeci vocant ... . Satis est christiano, rerum creatarum causas ... non nisi bonitatem intelligere creatoris ...’132, einziges Augustinzitat in diesem stark durch Gerson geprägten Sermo. Ein letztes mit einiger Sicherheit direkt entliehenes Zitat, TüPr 1, 55–58, eröffnet durch seine inhaltliche Zugehörigkeit die Gruppe der indirekten, die allesamt brillante Variationen über die Macht formulieren, die stets das Böse will und durch die oder über die hinweg Gott stets das Gute schafft, kurz über Gottes Allmacht in Wirken oder Zulassung: TüPr 1, 119 f. (via Lomb. oder Aegid), TüPr 3, 216–225 (in Wirklichkeit erst 221–225, via Lomb.), 233–235 (via Lomb.) und TüPr 24, 245–251* (via Aegid). Eine Glosse in TüPr 21, 246–249 zur Bedeutung von ›lignum, foenum et stipula‹ (1 Cor 3, 12) erkennt Staupitz nicht als Zitat aus dem Enchiridion und gibt den Lombarden als Gewährsmann an. Eine Sentenz findet sich im Kleriker-Spiegel in TüPr 19, 119–121: ’Qui emendat verbere ... , misericordiam praestat’ (via Gratian). Den so wichtigen Gedanken, Leib und Seele des Menschen seien ’propter dei laudem et finaliter pro supplenda ruina angelici casus’ geschaffen, TüPr 30, 54–57, darf man wohl ebenfalls auf das Enchiridion zurückführen (via Lomb.)133. 6.3.4 Völlig uneinheitlich präsentiert sich Bezug zu und Berufung auf D e t r i n i t a t e . Direkte Zitate vermag ich nur drei festzustellen, auffälligerweise alle aus Buch 13: In TüPr 13, 314–333 eine Anekdote als scherzhaften Beleg dafür, daß die Menschen gegenseitig ihre geheimsten Gedanken kennen. In TüPr 10, 177–192 die These, daß die Erfüllung verwerflicher Wünsche nicht glücklicher, sondern noch unglücklicher macht. Und in TüPr 26, 202–210 den Gedanken, daß der Teufel seinen rechtmäßig erworbenen Besitztitel an uns verliert, wenn wir an den glauben, den er ohne alle Schuld getötet hat (mit Ps 68, 5 ’›Quae non rapui, tunc exsolvebam‹’). Bei einem Verweis in TüPr 22, 78 f. vermag ich keinen Bezug auf das explizit angegebene Buch 15 zu erkennen. Der Gedanke ist: Wer rechtzeitig um Beseitigung alles dessen betet, was sich hinderlich zwischen ihn und Gott stellt, verliert nichts, wenn sich dann die Bitte erfüllt, sondern wird beschenkt (22, 70 ff.). Alle übrigen, ohnehin nicht sehr zahlreichen Zitate aus De trinitate sind durch Lombardus oder Aegid vermittelt: Durch Lombardus in TüPr 3, 182–189 das Axiom ’Non nisi dei voluntas causa est prima sanitatis, aegritudinis ...’; durch 132
Das ganze Stück liest sich wie eine Persiflage von Plinius, vgl. Melanchthon an Johannes Heß, 27. April 1520: ’Animantium, gemmarum, herbarum, elementorum, fulminum ac ventorum naturas Plinius suppeditat ...’ (CR 1, 156; MBW Nr. 84.3 N.B. (Regesten-) Bd. 1 (1977), S. 72 mit Text MBW.T1 (1991), S. 192, hier Z. 25–27). 133 Vgl. Anm. XXX 16: JvS 1, S. 426.
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Aegid TüPr 11, 185–188 das Axiom ’Non haec quae creata sunt ideo sciuntur a deo, quia facta sunt, sed potius ...’ und 188–190, ähnlich, ’Universas creaturas suas ... non quia sunt, ideo novit, sed ideo sunt, quia novit’, ferner TüPr 12, 553 f.* die These, daß der Teufel, wenn er je die Wahrheit sagt, dies in Täuschungsabsicht tue, sodann TüPr 17, 95–97*, als Kern einer Argumentation betreffs der Art und Weise, wie die Dämonen unsere Gedanken lesen, die Lehre von einer ’species (intelligibils)’, schließlich TüPr 25, 59 f. die schon oben (bei Anm. 28) behandelte Definition von Sünde als Verkehrung von uti und frui. 6.3.5 Es sind nun noch die übriggebliebenen Stücklein in Körbe zu sammeln, nämlich knapp 30 auf 20 weitere echte und unechte Augustin-Schriften (die drei bzw. – mit einem pseudo-augustinischen – vier darunter befindlichen Briefe einzeln gezählt) sich verteilende Zitate, wohl fast alle aus zweiter oder dritter Hand, wenn auch nicht durchweg erkennbar. Einige Stellen wurden schon gestreift, so das verdeckte Zitat in TüPr 31, 247–257 aus den pseudo-augustinischen Meditationes (oben bei und mit Anm. 56) und der aegidianische Selbsteinwand TüPr 17, 144 aus De dogmatibus ecclesiasticis (oben bei Anm. 131). Andere bereichern mittlerweile vertraute Themen, wie TüPr 7, 20 das des Gotteslobs durch die ganze Schöpfung (ps.-aug. Sermo 315); TüPr 12, 500* das der Selbstversessenheit Satans: ’Ille angelus magis frui voluit sua potestate quam dei’ (De vera religione, via Aegid); TüPr 13, 280–309 das der duplex misericordia und 13, 360–372 das des ’consolationem huius mundi pro sempiterna contemn(ere)’ (je ps.-aug. Soliloquia). Es befinden sich aber darunter auch so wichtige Definitionen und Distinktionen wie in TüPr 11, 275 f. 278 f. die Unterscheidung der Momente ’dispositio’ und ’gubernatio’ am ’providentia’-Begriff (aus De diversis quaestionibus LXXXIII, via Aegid); in TüPr 4, 147–154 die Unterscheidung von bona magna – media – minima: ’Virtutes quibus recte vivitur magna bona sunt, ... corpor(a) ... minima, potentiae vero sine quibus recte vivi non potest media ...’ (Selbstzitat aus De libero arbitrio in den Retractationes, via Lomb., via Bonav.), deren Conclusio ’Virtutibus nemo male utitur’ auch in TüPr 34, 174–176 steht; in TüPr 18, 289 f. die Formel für die onto-axiologische Differenz134: ’Boni sumus, inquantum sumus’ (De doctrina christiana135, via Lomb.); in TüPr 5, 26–34 die Zensur des pythagoräischen Irrtums, neben zehn guten Seinsprinzipien auch zehn schlechte zu postulieren (aus Contra Epistulam fundamenti, via Aegid); in TüPr 31, 77 f.* die Definition: ’Malum nihil aliud (est) quam carentia vel modi vel speciei vel ordinis’ (De natura boni, via Aegid); in TüPr 25, 43–45* die Definition: ’Peccatum adeo voluntarium, quod, si non est voluntarium, non est peccatum’ (ohne Titel, aus De vera religione, via Aegid), eines der wenigen Zitate, die noch in den Salzburger Predigten wiederkehren136; in TüPr 23, 58 die Quasi-Definition: ’Peccatum nihil est’ (ohne Nen134
Vgl. oben Anm. 37 und 48. Vgl. oben Anm. 24. 136 Vgl. Salzburger Predigten 1518, Pr. 3 Schluß (Salzburg St. Peter, Cod. b V 8, fol. 65r). 135
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nung Augustins, aus den Tractatus in Ioannem; die beiden letzten vgl. je oben bei und mit Anm. 33); in TüPr 23, 320 f. die schon oben (Punkt 6 am Schluß) erwähnte Definition: ’Quid est meritum hominis ante gratiam ... ?’ (Epistola 194 ad Sixtum presbyterum, via Lomb., via Aegid) und TüPr 32, 250–259* die Bestimmung des Wirkungsgrades der Konkupiszenz im Gnadenstand: ’Per gratiam hoc agitur, ut vetus homo crucifigatur et corpus peccati destruatur (aus Rm 6, 6), non tamen ita, ut in ipsa vivente carne concupiscentia respersa et innata repente absumatur et non sit, sed ne obsit’ (De peccatorum meritis, via Lomb.). Das Selbstreferat aus derselben Schrift in De civitate ist oben (bei und mit Anm. 124) verzeichnet. Zwei weniger wichtige Definitionen darf ich mit in diesen Korb stopfen: TüPr 14, 153 f. ’Proprium est servorum timere’ (ohne Titel, aus den Tractatus in Ioannem) und TüPr 8, 320* ’Gloria clara cum laude notitia’ (ohne Nennung Augustins, aus Contra Maximinum, via Aegid). Nicht verschwiegen sei schließlich die geradezu ärgerlich leichthändige Verwendung der auctoritas TüPr 6, 516–518 ’Lepra coloris vitium est, non valetudinis vel integritatis sensuum atque membrorum’ (mit der unbedenklich von Thomas von Straßburg übernommenen nicht gerade präzisen Stellenangabe ’in quadam Homilia super Lucam’, wohl Sermo 176137). Alle übrigen zehn Zitate dieses weit gestreuten Rests betreffen den Bereich der Disziplin, eines davon stammt aus De moribus ecclesiae, TüPr 32, 181–187: ’Quod ad corpus medicina, ad animam disciplina’; eines aus De libero arbitrio, TüPr 32, 164 f.: ’Non est in potestate nostra, quibus visis tangamur’; vier entfallen auf die Regula Augustini: TüPr 8, 176: ’Honorate in vobis deum invicem’, 332: ’Magis amari quam timeri ...’, TüPr 21, 102: ’Communia propriis anteponere ...’ und TüPr 34, 131 f.*: ’Ne nimia servetur humilitas, ubi nulla est quae frangi timeatur regendi autoritas’, dies letzte vermittelt durch Gerson, der auch bei den folgenden drei der Tradent ist: bei TüPr 19, 215–217*: ’Bonam conscientiam deo, proximis vero famam bonam debe(mus)’, bei 192–194*: ’Pretiosa vestis non decet hanc confessionem ...’ (je aus den Sermones) und bei dem wichtigen Grundsatz des wahren ’zelus’, TüPr 20, 100 f.*: ’Qui scandala quae videt in ecclesia tollere vult, si potest, si non potest, tolerat et gemit’ (aus den Tractatus in Ioannem, via Glossa zu Io 2, 17), aufgrund dessen Alfred Jeremias in Unkenntnis der Traditionskatene Staupitz als seinem vermeintlichen Erfinder Quietismus vorgeworfen hat138. Aus den pseudo-augustinischen Sermones ad fratres in eremo stammen das stillschweigende Zitat TüPr 25, 189–192 und das offene 207–214, je über den Wert des Schweigens. * 7 Obwohl ich mir bewußt bin, mit dieser Art Listenwissenschaft die Geduld des Lesers schon arg strapaziert zu haben, und dies ganze Musterungsgeschäft von Der Text lag mir in der Bearbeitung durch Wolfram Schneider-Lastin als ungedruckter Stehsatz vor. 137 Vgl. Anm. VI 140: JvS 1, S. 120. 138 A. Jeremias (wie Anm. 65), 88 f.
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dem lauter werdenden Selbstvorwurf begleitet fühlte, lediglich das Register der „Autoritäten und Quellen“ zu paraphrasieren, bleibt noch ein Schritt auf dem einmal eingeschlagenen Weg einer Bestandsaufnahme zu tun: eine wenigstens umrißhafte Charakterisierung und Würdigung der Tradenten. Am wenigsten zu Staupitz’ Augustin-Zitaten-Sammlung trägt Gratian bei (den sich Staupitz ja auch nur in Sermo 19 für seinen Klerikerspiegel nutzbar macht): TüPr 19, 119–121. Auf ihn folgt Thomas von Aquin, auch er mit nur e i n e m Dictum: TüPr 34, 126. (Thomas selbst kommt in den Tübinger Predigten viel seltener und weit peripherer vor, als man nach der Kritik Steinmetz’ an Wolf vermuten würde.) Bonaventura steuert eine klärende Weiterbildung der augustinisch-lombardischen Distinktion timor servilis-filialis bei: ’... timoris intueri tria: poenam .., ut fugiat; offensionem, ut illam caveat; maiestatem summam, ut illi .. exhib(eat) reverentiam’ TüPr 4, 14–18. Ähnlich Thomas von Straßburg: Im Rahmen der grundsätzlich positiven Bewertung der Ehe in Sermo 6 (De ... actu matrimoniali non solum licito, sed etiam bono atque meritorio) konfrontiert er Augustins paradiesische ’bona matrimonii: fides, proles, sacramentum’ (283 f.), durch Parallelisierung mit der aristotelischen Trias, ’bonum honestum, bonum utile, bonum delectabile’ (289–292), besonders krass mit ihren außerparadiesisch real existierenden Verfallsformen: ’Nunc vero honestas fidei verecundia permiscetur, utilitas prolis damno et indissolubilitas laboribus et taedio’ (305–307), statt Entzücken Scham und Begehrlichkeit, statt Segen Schäden an Gesundheit und Vermögen, statt Unzertrennlichkeit Überdruß und sogar Ekel (TüPr 6, 308 ff. 316 ff. 339 ff. 345 ff.) – einer der düsteren Glanzpunkte der Tübinger Predigten. Thomas von Straßburg liefert Staupitz die Stichworte zu einer Reihe direkter Anleihen, besonders TüPr 6, 318 ff. Einen Sprung größer wird die Zahl der Augustinzitate aus der Hand Gersons, mehrere davon im scandalum-Kontext der Sermones 19 und 20 (siehe 6.3.5 letzter Absatz). Mit riesigem Abstand folgt dann der Lombarde, bei dessen AugustinKenntnis und -Treue man sich über die schlechte Note nur wundern kann, die ihm Melanchthon139 erteilt. Er ist aus den Sermones 1, 3, 4, 5, 6, 11, 12 nicht wegzudenken und vermittelt auch in 18, 23 und 32 wichtige Aussagen. Besonders in Sermo 4 veranlaßt er Staupitz zu umfangreicher direkter Rezeption (siehe 6.1.3, bes. bei und mit Anm. 102). An der Spitze steht Aegid, der (selbst nur in 11 Sermones n i c h t vertreten) in 12 von den übrigen 23 Sermones auch als Augustin-Tradent fungiert, sei es, daß er Staupitz zur eigenen Rezeption hinführt140, sei es, daß er ihn mit Stellen aus Au139
Vgl. Melanchthon (wie Anm. 132): ’Ego in obeliscis sententiarum ostendam, quibus locis in natura hominis hallucinati sint magisterculi ...’ (CR 1, 157 N.B. bzw. MBW.T1, Nr. 84, Z. 30 f. und Z. 70–72: S. 192. 195); vgl. Melchior Lotter an den Leser [Verf. Melanchthon]. Vorrede zu: Epistola Pauli ad Romanos D. Erasmo interprete. Wittenberg, [Melchior Lotter,] 1520: ’... Longobardi ... equidem sedulitatem probarem, nisi a divinis literis magna ex parte Christianas mentes commentariis suis avocass(e)t’ (CR 1, 276; MBW 94a N.B. (Regesten-) Bd. 9 (1998), S. 75 mit Text MBW.T1, S. 211 f.).
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gustins entlegeneren Schriften versorgt, nicht bloß auctoritates des Augustinus receptus, sondern gerade auch Hauptgedanken wie die über Urstand und erste Sünde aus De Genesi ad litteram (siehe 6.3.2). Aegid erscheint in dieser Augustin zugewandten Doppelrolle der Wegweisung und der Handreichung objektiv häufiger und, wie ich nach allem, was hier vorgeführt wurde, auch nicht ganz und gar subjektiv glaube sagen zu dürfen, wichtiger denn als Thomas-von-Aquin-Schüler und -Konkurrent. Für den Staupitz der Tübinger Predigten jedenfalls erfüllt er nicht schlecht die anderswo vielleicht zu recht vermißte141 Funktion einer bewußten Pflege des augustinischen Erbes innerhalb des Augustinerordens. Dabei ist er, anders als Lombardus, nie Vermittler, wenn Staupitz aus den Enarrationes in Psalmos zitiert, und fällt im Bereich der in meinem ’Staupitz antibarbarus’ bei den Sermones 8, 28 und 34 beobachteten Rezeption heidnischer Antike fast ganz aus142, während umgekehrt Staupitz ihm zwar auf das durch De regimine principum bearbeitete Gebiet folgt (Sermo 10), aber von dem durch De ecclesiastica potestate beanspruchten die Finger läßt.
* Auch wenn viele Wege ihn zu Augustin führten, den größten Anteil an seiner Augustin-Kenntnis verdankt Staupitz zweifellos sich selbst. Welcher Augustin ist das nun? Dank der intensiven Benutzung der Enarrationes besteht der Eindruck formal-stilistischer Prägung durch „the augustinian homiletical literature“ zurecht. Dank der nicht weniger intensiven Benutzung von De civitate, dessen Bücher 13 und 14 zu Beginn der Auseinandersetzung mit den Pelagianern entstanden sind, ist inhaltlich-dogmatisch die Urstand- und Erbsündlehre in voller Ausbildung präsent, was den Reformationsfreund über das Fehlen der eigentlich antipelagianischen Schriften – mit Ausnahme von De peccatorum meritis (siehe 6.3.5 Absatz 3 Schluß) – hinwegtrösten mag. Die Prädestinationslehre ist mit dem ’numerus sanctorum’ bzw. ’electorum’ (TüPr 6, 187/8, vgl. TüPr 30, 281) im Keim vorhanden. Es wäre indes verwunderlich, wenn Staupitz, der eifrige Nutzer der ersten Amerbach-Bände, nach Erscheinen der späteren sein Studium aufgegeben hätte. Sein
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Obwohl Aegids Zitate oft sehr ausführlich sind, begnügt sich Staupitz nicht damit und wählt selber größere Stücke aus: Vgl. TüPr 5, 90 ff. mit Anm. V 31: JvS 1, S. 91, TüPr 6, 164 ff. 181 ff mit Anm. VI 42. 48: S. 106–108, TüPr 24, 59–75 mit Anm. XXIV 26: JvS 1, S. 363, deshalb vielleicht auch TüPr 24, 36 ff. 44 ff. 81 ff. mit Anm. XXIV 31: S. 362, 364, und TüPr 29, 58–68 mit Anm. XXIX 17: JvS 1, S. 418. 141 Vgl. Hamm, FrTh 303 ff. 142 Vgl. Staupitz antibarbarus, Punkt 7 (N.B. in diesem Sammelband S. 220 f.).
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Büchlein De exsecutione aeternae praedestinationis und das biographische Zeugnis Karlstadts143 lassen dies als unwahrscheinlich erscheinen.144
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Kähler, Karlstadt und Augustin (1952), S. 5, Z. 15–21. N.B. Beachtung fand diese Studie (in engl. Übersetzung) bei Wriedt, Staupitz und Augustin (1993), S. 229–232, Zumkeller, Heilslehre (1994), S. 24–28, und Posset, FR (2003), S. 50–60, bes. S. 50 bei und mit Anm. 35 und S. 60 bei und mit Anm. 79. Allerdings hat jeder von ihnen, der eine weniger, der andere mehr zu bemängeln: Posset vermisst (S. 60 Anm. 80) die Berücksichtigung des Milleloquiums „as a possible (indeed likely) source for Staupitz“, eine bei der Evidenz direkter Augustin-Lektüre m. E. überflüsssige Anregung. Zumkeller streut (S. 26 bei und mit Anm. 114) Bedenken gegen die hohe Zahl von „rund 400“ Verweisen auf Augustin in den Sachanmerkungen zu JvS 2 (1979) in seinen sonst korrekten Bericht. Seine Kritik (S. 214 Anm. 1412) an S. 80 Anm. 49 ist m. E. unzutreffend. Wriedt fasst (S. 230 f.) das Ergebnis von Staupitz’ Arbeitsweise ,Magis placet Augustini uti verbis [...]’, offenbar enttäuscht, aber zutreffend, zusammen: „Dabei ist freilich die Übernahme des augustinischen Gedankengutes thematisch so weit gestreut, daß sich ein bestimmter Einfluß, etwa der antipelagianischen Gnadenlehre [... ], auf einzelne Schwerpunkte der theologischen Arbeit von Staupitz nicht mit letzter Sicherheit behaupten lassen“, m. a. W.: breit, aber unspezifisch. Dann aber (S. 232): „Über die Motivation der Augustinlektüre [...] läßt sich gegenwärtig nur spekulieren“, als folgte bei Staupitz auf das ,Magis placet [...]’, das Wriedt nur wenige Zeilen zuvor plene zitiert hat, nicht explizit genug die Begründung ,quia intellectu profundissimus, sermone lepidus [...]’, klarer Ausdruck eines das theologische begleitenden humanistischen Interessses (s. dazu meinen Beitrag „Staupitz antibarbarus“ 3.1, in diesem Sammelband S. 209–211). Von den in Überfülle übernommenen augustinischen Themen, Gedanken, Formeln, Floskeln, Bildern, Definitionen und Distinktionen selbst erfährt der Leser bei Wriedt (S. 231) fast nichts. Wriedts Kenntnis dieser Studie erweist sich als folgenlos, wenn er (S. 244–247) aus GuE (1991) die S. 214–217 wieder abdruckt, darin (S. 246), unverändert, den nur als Ablehnung verstehbaren Satz „Weit über 400mal sehen die Herausgeber des Libellus“ De exsecutione (JvS 2 [1979]) „Augustinsequenzen im Hintergrund der Formulierungen von Staupitz angedeutet“. Als hätten diese „weit über 400 Mal“ (in den Sachanmerkungen zu JvS 2) nicht ihr Fundamentum in re in eben der „thematisch weit gestreuten Übernahme augustinischen Gedankengutes“ (in JvS 1 im Text). Zu kritisieren wäre, wenn schon, dann weniger, dass sie zahlreich, als dass sie zu unspezifisch sind. Wenn Wriedt schließlich (S. 256) schreibt „Der sächsische Generalvikar zitiert nicht mehr und nicht außergewöhnlicher als ein großer Teil der spätmittelalterlichen, insbesondere auch der scholastischen Theologen“, scheint er die Tübinger Predigten vollends aus den Augen verloren zu haben.
,Meine Liebe zu Dir ist beständiger als Frauenliebe’. Johann von Staupitz († 1524) und Martin Luther* Von Richard Wetzel Freundschaft und Reformation Eine der bewegendsten Erfahrungen meines berufsbedingt alltäglichen Umgangs mit der Reformationsgeschichte ist die Beobachtung, wie viele Freundschaften die Reformation zerstört oder auf eine harte Probe gestellt hat oder gar nicht erst hat zustande kommen lassen. Ein Beispiel für jede Fallgruppe möge genügen. Christoph Scheurl war einst von Staupitz in Bologna für eine Wittenberger JuraProfessur angeworben worden, aber bald als Ratskonsulent in seine Nürnberger Heimat zurückgekehrt. Als Sprecher der dortigen Freunde von Staupitz, der Sodalitas Staupitiana, sowie Übersetzer und Herausgeber seiner Nürnberger Adventspredigten 1516 – unter dem Titel ’Von der entlichen volziehung ewiger fürsehung’. 15171 – richtete er in Humanistenart einen Freundschaftsantrag an Luther (WAB Nr. 32). Dieser antwortete eher entmutigend (WAB Nr. 33). Scheurl wurde dann das erste Opfer des Streits, in welchen der ihm ebenfalls befreundete Johannes Eck Luther hineinzog (WAB Nr. 36 u. ö.; MBW2 Nr. 56, Nr. 80). * N.B. Erstdruck (und Vorlage für den Wiederabdruck): Luther und seine Freunde. „damit ich nicht allein wäre“. Wittenberger Sonntagsvorlesungen, Hg.: Evangelisches Predigerseminar, Lutherstadt Wittenberg, Peter Freybe, Wittenberg 1998, S. 105–124 (Anmerkungen ab S. 122). Der Vortragsstil ist beibehalten. Die in der Überschrift des Erstdrucks gewählte Namensform ’Johannes’ ist hier durch das in der Staupitz-Gesamtausgabe durchgängig gebrauchte ’Johann’ ersetzt, der Wortlaut an einigen Stellen stillschweigend verdeutlicht. Die dortigen Seitenzahlen werden, soweit sie den Text betreffen, hier in ’[...]’ mitgeführt. Die Zählung der Anmerkungen ist identisch. Der Inhalt der Anmerkungen ist bei Bedarf aktualisiert. In den Literaturangaben werden Kurztitel verwendet. Zur Beachtung, die diese Studie gefunden hat, siehe Anm. 27. 1 JvS 2 (1979). – Außer dem lat. und dt. Text von De exsecutione und der speziellen Einleitung der Bearbeiter hierzu (Zitierweise wie im Beitrag „Staupitz antibarbarus“, Anm. 7) siehe den Beitrag „JvS – Leben, Werke usw.“ in diesem Sammelband S. 125–137). Für die Staupitz-Literatur bis 1978, voran Kolde, Congregation (1879). sei ein für allemal auf unsere bibliographie raisonne´e in JvS 2 (N.B. in diesem Sammelband S. 133–137) und das Literaturverzeichnis in JvS 2, S. 61 ff. verwiesen. Aus der seither erschienenen Literatur seien hier zunächst nur Kurzbiographien und biographische Skizzen innerhalb größerer Darstellungen genannt: Sallaberger, Abt Johann von Staupitz (1982); Günter, Johann von Staupitz (1988); Zumkeller, Reformbewegung (1989) (wie Anm. 11); Wriedt, GuE (1991), S. 12–14; Zumkeller, Heilslehre (1994), S. 2–7; Wriedt. Gründungsmitglied (1995). 2 Melanchthons Briefwechsel N.B. wird mit der lfd. Nr. zitiert, die für Regest und Text eines jeden Briefs gleichermaßen gilt; die Z(eilen)-Angaben beziehen sich dann auf den Text; auf Band- und Seiten-Angaben aus Bd. 1 (1977) und MBW.T1 (1991) und T2 (1995) wird verzichtet.
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Die Freundschaft zwischen Willibald Pirckheimer und Johannes Oekolampad ging in einer von Pirckheimer zuletzt wüst und würdelos geführten FlugschriftenKontroverse über das Abendmahl zugrunde.2a Die beim Studium in Tübingen über gemeinsamer Hesiod-Lektüre geschlossene Freundschaft Johannes Oekolampads mit Melanchthon wurde wohl nur durch des ersteren Tod vor dem endgültigen Bruch bewahrt. Dabei hatte alle gelehrte Welt in Melanchthons Brief von der Leipziger Disputation (MBW 59) lesen können, der Geist Christi als Stifter ihrer Freundschaft setze die von Aristoteles aufgestellte Grundregel – Wohltat um Wohltat – außer Kraft (ebd. Z. 17 ff.). Das hochgemute Motto, mit dem man der Wahrheit den Vorrang vor der Freundschaft einräumte, dem Glauben den Vortritt vor der Liebe, lautet: ,usque ad aras’, was man übersetzen kann: bis an die Altarstufen, oder: bei der Religion hört die Freundschaft auf. Es steht in des Erasmus monumentaler Sammlung geflügelter Worte (Adagia 3, 2, 10) und wird von Melanchthon diesem gegenüber zur Abgrenzung verwendet (MBW 332.5, Z. 46 f.). Ich sehe mich deshalb gern durch das Rahmenthema Freundschaft dazu veranlaßt, das Verhältnis von Staupitz zu Luther – ein Dauerthema – unter diesem speziellen Blickwinkel zu betrachten. Dies soll kein Rückschritt zu jenen Anfängen werden, da man Reformationsgeschichte als Biographie Luthers entwarf und seine Zeitgenossen in Lutherfreund und -feind einteilte. Es gilt vielmehr, die immense Weitung der Perspektive bewußt zu halten, die in ordens- und territorialgeschichtlicher Hinsicht mit Theodor Kolde, in Hinsicht auf Luthers theologischen Werdegang mit Ernst Wolf begonnen hat. Historiker aus dem Augustinerorden wie Adolar Zumkeller haben ohne Berührungsangst gegenüber dem abtrünnigen Ordensbruder von einst, Reformationsgeschichtler wie Heiko A. Oberman haben ohne Angst um Luthers Originalität diese Bemühungen fortgesetzt. In den letzten Jahren wurde eine neue Stufe struktureller und komparatistischer Betrachtung erreicht3. Der Orden Luther mag, wie Adolar Zumkeller mit Erfurter Ortskenntnis einmal hintersinnig bemerkt hat, in seiner Seelennot ins nächst beste Kloster geeilt sein.3a Die GesellN.B. Willibald Pirckheimer, De vera Christi carne et vero eius sanguine ad Ioan. Oecolampadium responsio. Nürnberg, Joh. Petreius, [Anf.] 1526 (Hans Joachim Köhler, Bibliogr. 1/3, Nr. 3761; ders. u. a., Flugschr., Fiche 1510–1511 Nr. 3968) jetzt ediert in: Willibald Pirckheimers Biefwechsel, Bd. 6, bearb. u. hg. v. Helga Scheible, München 2004, S. 80–85 Nr. 996 und (als Anhang) S. 435–502. 3 Manfred Schulze, Fürsten und Reformation (1991). – Ralph Weinbrenner, Klosterreform (1996). – Mehr als im einzelnen belegt, ist alles im folgenden Gesagte einem bereits 1981 gehaltenen, aber erst 1989 publizierten Vortrag verpflichtet: Dohna, Ordensreform (N.B. in diesem Sammelband S. 138–150). 3a N.B. Dazu Christoph Burger, Der Augustinereremit Martin Luther in Kloster und Uni2a
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schaft, in die er dort geriet, war die eines der Urklöster der päpstlich privilegierten Kongregation der Augustiner-Eremiten für die Reform Deutschlands (fratrum Eremitarum sancti Augustini ad Apostolicorum privilegiorum formam pro reformatione Alemanniae congregatio). Ohne dieses Kloster (Erfurt), ohne die spezielle Organisation, der es angehörte (einer Reform-Kongregation) und ohne den Mann, der dieser während all der Klosterjahre Luthers vorstand (Staupitz), wäre aus dem Jura-Studenten Luther nicht der Reformator geworden. Dies gilt im Sinne von Anknüpfung, dies gilt im Sinne von Widerspruch. Eremiten waren die Brüder dieses Bettelordens längst nicht mehr, sie lebten vielmehr als Prediger und Seelsorger in der Stadt. Aufgaben, die Pfarrer und Bischöfe höchst lückenhaft wahrnahmen. Was die übrigen Elemente jenes langen Namens der Kongregation betrifft, so trugen die Brüder ihn zu recht: Sie waren r e f o r m i e r t , man sagt auch observant, d. h. auf Einhaltung ihrer Regel bedacht, vor allem im Hinblick auf das Gemeinschaftsleben und die persönliche Besitzlosigkeit4. Dieser seit den großen Reformkonzilien von Konstanz und Basel zu Beginn des 15. Jh.s erneuerten Selbstverpflichtung kam die Mehrzahl der Klöster oder Konvente ihrer und anderer Ordensfamilien nur widerwillig nach. Im Gesamtorden rangen die Observanten mit den Konventualen um die Besetzung der Spitze – das Amt des Generalpriors oder auch Generals mit Sitz in Rom –; bei der päpstlichen Kurie rivalisierten sie um ihre Rechte. In ihren ordenseigenen Studienhäusern und auf Lehrstühlen an alten und neuen Universitäten pflegten beide Flügel neben den bekannteren mittelalterlichen Theologen-Schulen des Thomismus, Skotismus, Occamismus in einer eigenen Augustiner-Schule speziell das Erbe A u g u s t i n s , der denn auch der Patron der neu gegründeten Universität Wittenberg wurde. Dem aufkommenden Humanismus standen sie aufgeschlossen gegenüber; seine Hochschätzung der Antike schloß ihren Ordensvater ja ein. Bleibt, die päpstlichen Privilegien zu erklären. Sie betreffen das Oberhaupt des Verbandes. Die deutsche Kongregation besaß – wie ihre Pendants in anderen Ländern, vor allem in der Lombardei und in Mittelitalien (Illicetum, Lecceto) – das päpstlich verbriefte Recht, dieses ihr Oberhaupt selbst wählen zu dürfen. Der Gewählte war dann allein kraft solcher Wahl vom Papst als Vikar des Generalpriors anerkannt. In dessen Rechte trat er im Geltungsbereich der Kongregation ein. Das Oberhaupt der Kongregation war also Vikar des Generalpriors und hieß Generalvikar. (So, ,Generalvikar’, und nicht ,Augustinerprior’, müßte es auch Staupitz auf der großen weißen Tafel heißen, die erfreulicherweise neuerdings an versität bis zum Jahre 1512, in: Burger, Tradition und Neubeginn. Martin Luther in seinen frühen Jahren (SMHR 79), Tübingen 2014, S. 8–28, hier 18 und 19. 4 Eine hierfür höchst ergiebige Fallstudie ist Dieter Stievermann. Der Augustinermönch Dr. Conrad Holzinger – Kaplan, Rat und Kanzler des Grafen bzw. Herzogs Eberhard d. J. von Württemberg am Ende des 15. Jahrhunderts, in: Mittel und Wege früher Verfassungspolitik (SMFNZ 9), Stuttgart 1979, S. 356–405. Staupitz, der als Tübinger Prior persönlich befaßt war (ebd. 361. 392), hat bei seiner Äußerung über die ’proprietarii’ in den Tübinger Predigten (TüPr 20, 70–80) möglicherweise diesen Mann im Auge.
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der Straßenseite des Predigerseminars angebracht ist, in dem wir zur Sonntagsvorlesung zusammengekommen sind). Reformwillige Konvente durften – Reinheit geht vor Einheit5 – ihren angestammten Provinzialverband verlassen und sich der Kongregation anschließen. Die Erfinder des Modells hofften, daß auf diesem Weg die in der Kongregation organisierte reformwillige Minorität früher oder später eine ganze Provinz nach der andern überwältigen werde. Daß sie sich damit selbst überflüssig machen würde, unter diesem interimistischen Vorbehalt stand die Privilegierung ausdrücklich. Eine derartige rechtliche Sonderstellung – Exemtion (Ausnahme) genannt – befreite zwar die so Begünstigten, in unserem Fall die Reformer, von der lähmenden Trägheit von Personen oder Strukturen, sie hatte aber ihren Preis. Sie trieb die ohnehin schon bestehende Zersplitterung der Zuständigkeiten weiter: Waren die monastischen Verbände jedweder Couleur allesamt von je her exemt gegenüber den – in ihrem Zuschnitt oft nicht mehr den demographischen, geschweige denn den politischen Gegebenheiten entsprechenden – Pfarreien und Diözesen unter der Leitung des Weltklerus, so waren nun die Klöster der Kongregation wiederum exemt gegenüber den Provinzen. Dies gilt nicht nur von den Augustinern, sondern auch von Franziskanern und Dominikanern, die sich den Luxus einer solcher Reformbewegung in ihren Reihen ebenfalls leisteten. Die Versuche der Wiederbelebung älterer ordensgestützter Reformbewegungen wie die der Zisterzienser in der uns hier interessierenden Zeit seien nur am Rand erwähnt. Für die Gläubigen an der Basis der Kirchenpyramide bedeutete dieses wohlorganisierte Chaos Vielfalt und Wahlfreiheit, Überangebot neben Vernachlässigung, mehr außerordentliche als ordentliche Seelsorge. Die päpstliche Kurie hatte das Modell der Reform eines passiven Ganzen durch Reform eines aktiven Teils – Reinheit vor Einheit um der Einheit willen – von Anfang an durch Privilegierung des aktiven Teils gefördert. Ihr brachte das Modell – gleichgültig ob die Reform des Ganzen vorankam oder nicht – als Instrument des Divide et impera weiteren Machtzuwachs, ähnlich dem aus der Rivalität zwischen Weltklerus und Orden. Sie denken sicher längst: Was hat das alles mit der Freundschaft von Staupitz und Luther zu tun? Muß man das hierfür wirklich alles so genau wissen? Ist es für das persönliche Verhältnis heider Männer so wichtig, ob Staupitz Prior war oder eben Inhaber jenes kompliziert konstruierten Amtes eines von päpstlicher Autorität getragenen Vikars des Generalpriors in Rom, aber bloß für Deutschland? Im institutionellen Gestrüpp der Abhängigkeit ihrer Lebenswelt von wechselnd besetzten Instanzen im fernen Rom sind sich Staupitz und Luther zunächst als Gegner in die Quere und später in der Erfahrung des gemeinsamen Scheiterns näher gekommen5a, nicht nur auf den kühlen Fluren des Erfurter Konvents oder unterm Birnbaum im Garten hier nebenan. Das ferne Rom war im Konfliktfall fraglos zustän5
Reinheit – Einheit in Anlehnung an Oberman, Luther (1982), S. 140. Siehe Anm. 6a.
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dig, als kompetent erwies es sich nicht. Doch ich habe den Ereignissen vorgegriffen. Andreas Proles Staupitz’ Vorgänger als Generalvikar der deutschen Kongregation war Andreas Proles (* 1429, † 1503. GV 1460–1467. 1473–1503). Er war es hauptsächlich, der die skizzierten Rahmenbedingungen für den Erfolg der Observanz in seinem Bereich nutzte. In den mit kurzer Unterbrechung fast vierzig Jahren seiner Amtszeit gewann er zu den fünf oder sieben Urkonventen (darunter Erfurt) fünf- bzw. dreiundzwanzig weitere Konvente für die Reform. Entscheidend hierfür war die tatkräftige Unterstützung durch den Landesherrn, Landgraf Wilhelm III., den Tapferen, von Thüringen († 1482), einen Großonkel Friedrichs des Weisen. Er praktizierte landesweit und gegenüber allen Bettelorden gleichermaßen ein ius reformandi, ein Initiativrecht auf Reform, das er nicht besaß; als Vorwand diente ihm die Schutzpflicht gegenüber reformwilligen Konventen. Welcher Konvent reformwillig war, bestimmte freilich der Fürst. Proles war, so Manfred Schulze (wie Anm. 3) pointiert, Wilhelms „Landesbeauftragter für die Klosterreform der Augustiner“ (94). Notfalls handelte Proles mit Wilhelms Rückendeckung auch gegen den Widerstand der Ordensleitung in Rom. Dies verschaffte ihm einen Ehrenplatz unter den testes veritatis (Zeugen der Wahrheit) des Flacius Illyricus (1520–1575). Die Mehrzahl der von Proles hinzugewonnenen Konvente lag in der daneben weiterbestehenden sächsischen Provinz, einige lagen aber auch in der schwäbischrheinischen, z. B. Tübingen, wenige in der altbayerisch-österreichischen, darunter aber so wichtige wie München und Nürnberg.
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Wie die Privilegierung der Kongregation durch die päpstliche Kurie hatte auch dieses Zusammenspiel von landesherrlicher Reform und Klosterreform – eine Verfassungsreform auf dem Verwaltungsweg – ihren Preis. Die Kehr seite des Erfolgs sollte sich bald zeigen. Was hatten die Klöster zu erwarten, wenn der Landesherr in den stellvertretenden guten Werken regeltreuer Mönche keinen Sinn mehr sehen und die beste Reform der Klöster in ihrer Aufhebung sehen würde? Wilhelm selbst starb in der Kutte des heiligen Franz und ließ sich im Weimarer Franziskanerkloster bestatten. Dieses Kloster setzte der Aufhebung durch seine Enkel den hartnäckigsten Widerstand entgegen. Staupitz, besonders als Generalvikar Staupitz trat 1503 die Nachfolge des Proles an. Nach dem Studium der propädeutischen Fächer der philosophischen Fakultät oder – wie man damals sagte – der Artes in Leipzig und Köln und wieder in Leipzig hatte der junge Adlige ca. 1490 nach alter Überlieferung in München die Ordensgelübde bei den reformierten Augustiner-Eremiten abgelegt. Über die Motive wissen wir nichts. Ebensowenig darüber, in welchem Studienhaus er sein Theologiestudium so weit vorangebracht hatte, daß er 1497 in Tübingen als Lektor seines Ordens immatrikuliert werden
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konnte. Literarisch trat er im Jahr 1500, vielleicht im Zusammenhang mit seiner Promotion zum Doktor der Theologie, mit einer kleinen Schrift hervor, die den Titel trägt: ,Entscheidung der Frage, ob an Sonn- und Feiertagen die Messe in der Pfarrkirche zu hören sei (Decisio quaestionis de audientia missae in parochiali ecclesia dominicis et festivis diebus)’. Erstaunlich souverän gegenüber den Sonderinteressen seines – wie eines jeden – Ordens, plädiert er darin für die Erfüllung der Sonntagspflicht in der Pfarrkirche. Was wir heute weit darüber hinaus über die Gedankenwelt, in der er sich damals bewegte, aus den Tübinger Predigten 1497/986 herauslesen können, blieb bis vor siebzig Jahren in deren Münchener Handschrift verborgen. Ordenspolitisch trat Staupitz zunächst in des Proles Fußstapfen institutioneller Reform. Er ließ 1504 die noch von diesem vorbereitete neue Satzung der Kongregation verabschieden und – ein absolutes Novum in der Ordensgeschichte überhaupt – drucken. Zwei strategische Pläne scheiterten: Erstens der 1505 unternommene Versuch einer Privilegien-Kommunikation mit der Lombardischen Kongregation. Zum eigenen Privileg der freien Vikarswahl hinzu hätte sie noch das Privileg eingebracht, einen eigenen Prokurator bei der päpstlichen Kurie und damit direkten Zugang zu dieser zu erhalten. Dieser Plan scheiterte am Einspruch des damaligen Generalpriors, des Konventualen Augustinus von Interamna († 1506). Zweitens der von dessen observantem Nachfolger, dem Humanisten Aegidius von Viterbo († 1532), geförderte Plan der Verschmelzung der deutschen reformierten Kongregation mit dem Rest der nicht reformierten sächsischen Provinz. Geschehen sollte dies zunächst nur durch Vereinigung der beiden Führungsämter – Vikariat und Provinzialat – in einer Personalunion bei Staupitz. Dieser Plan scheiterte am Widerstand der observanten Urklöster, darunter Erfurt. Als deren Abgesandter reiste Luther 1510 nach Rom, um dort ihren Einspruch gegen Staupitz vorzubringen. N.B. So hatte man seit Heinrich BÖHMER, Luthers Romfahrt (1914) allgemein angenommen; diese These hat Hans SCHNEIDER in mehreren Aufsätzen widerlegt6a. Ein vom Generalprior Aegidius von Viterbo daraufhin vorgeschlagener Kompromiß sah vor, daß der künftige gemeinsame Obere für Kongregation und Provinz – Staupitz –, in seiner Eigenschaft als Provinzial durch den Generalprior ernannt werden solle. So blieb das Wahlrecht der Observanten ungeschmälert. Die Zustimmung, die Luther im Juli 1511 in Jena zu diesem Kompromiß gab, wurde von den Alt-observanten in Erfurt nicht mitgetragen. Sie vergraulten Luther damit endgültig nach Wittenberg. 6
JvS 1 (1987). Tübinger Predigten hinfort zit.: TüPr. – Bisher ausführlichste Analyse des Aufbaus und Inhalts bei Wetzel, Staupitz Augustinianus, engl. (1991), S. 83–89 (N.B. dt. in diesem Sammelband S. 234–240). 6a N.B. Näheres zu Neudatierung und -deutung von Luthers Romfahrt siehe im Beitrag „Forschungsgeschichte seit 1979“ in diesem Sammelband S. 283–330, hier 321. Weitere Eingriffe in den hier wiederabgedruckten Text, um andere Spuren der früheren communis opinio nachträglich zu entfernen, unterlasse ich.
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Staupitz gab den ganzen Plan auf, zumal auch der Rat der Stadt Nürnberg dagegen opponierte, und widmete die zweiten drei Dreijahresperioden seiner langen Amtszeit der Visitation und der Predigt. Jene führte ihn bis in die Niederlande, diese nach Nürnberg, München und Salzburg. Aus den Zyklen dort gehaltener Advents- und Fasten- bzw. Passions-Predigten gingen fast alle seine gedruckten Schriften hervor. Daß er nach diesen politischen Verwicklungen, in denen er sogar vor dem Einsatz des Zwangsmittels der Exkommunikation nicht zurückschreckte – die Nürnberger sperrten ihren Augustinern nur das Trinkwasser –, ein gutes Verhältnis zu Luther und ein gutes Verhältnis zu den führenden Männern Nürnbergs gewann, beweist seine Fähigkeit zur Versöhnung. Daß das Scheitern bei weiten Sprüngen institutioneller Reform ihn nicht resignieren ließ, beweist seine Gelassenheit. Observanz war nicht Selbstzweck.
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Staupitz und Luther Die Freundschaft zwischen Staupitz und Luther gilt als gesichert. Aufgrund welcher Quellen? Luthers klare Selbstzeugnisse über den Einfluß von Staupitz auf seine T h e o l o g i e kann man im Prinzip an den Schriften der beiden jederzeit auf ihre Richtigkeit hin überprüfen. Luther nennt als Stücke, in denen er von Staupitz Entscheidendes gelernt habe, Buße und Prädestination7. Daß dieser Einfluß trotzdem in Teilen der Literatur noch immer strittig ist, sei nicht verschwiegen. Anders liegen die Dinge bei der uns hier beschäftigenden Frage nach dem persönlichen Verhältnis, gar der F r e u n d s c h a f t . Hier kommt dem persönlichen Zeugnis alles entscheidender Wert zu. Die Wahrheit eines solchen Zeugnisses kann man nicht überprüfen, lediglich seine Glaubwürdigkeit und Plausibilität. Für die Freundschaft zwischen Staupitz und Luther sprechen die – freilich subjektiv gefärbten – Rückblicke Luthers in seinen Tischreden. Unter ihnen sei nur e i n Freundesdienst hervogehoben, den Luther von Staupitz empfangen haben will: Staupitz habe ihm aus der Verzweiflung herausgeholfen, in die ihn die Frage, ob er erwählt sei, zu stürzen drohte8. Dazu kommen die Fakten der Förderung des Jüngeren durch den Älteren, des einfachen Mönchs durch den hohen Ordensoberen: Zulassung zu Studium und Priesterweihe (1507), erste Berufung nach Wittenberg (1508) zu Vorlesungen über Ethik, Ermunterung zu Promotion und Nachfolge auf der Professur ,in biblia’ (1512), Vorschlag zur Wahl als Distriktsvikar (1515), Zulassung zur Disputation auf dem Triennalkapitel der Kongregation zu Heidelberg (1518), Annahme des Begleitschreibens zu den Resolutiones – d. h. den Er7
Ausführlich Wetzel, Staupitz und Luther. Annäherung an eine Vorläufer-Figur (1991) (N.B. wie Anm. ** zum Beitrag „Staupitz und Luther“ in diesem Sammelband, S. 190). N.B. In der urspünglichen Fassung und unter dem urspünglichen Titel steht der erstmals 1983 vorgetragene Text in diesem Sammelband S. 190–203. 8 Wetzel, Annäherung (1991) (wie Anm. 7), S. 370 (42); N.B. entspricht in diesem Sammelband S. 190.
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läuterungen der aufsehenerregenden 95 Ablaßthesen vom 31. Okt./1. Nov. 1517 –, die Luther im gleichen Jahr 1518 an den Papst schickte. Aber diese Schritte der Förderung könnten auch klarer Beobachtung und amtlichem Pflichtgefühl entspringen. Hier muß nicht notwendig persönliche Neigung im Spiel sein. Eher vorauszusetzen ist eine solche Neigung bei der Hilfsbereitschaft, mit der Staupitz aus Salzburg nach Augsburg herbeieilte, um Luther gegenüber dem päpstlichen Legaten auf dem Reichstag 1518, Kardinal Cajetan, beizustehen (12.–14. Okt.). Aber auch das könnte ja noch um der Begrenzung des Schadens willen geschehen sein, den die causa Lutheri (der römische Prozeß gegen Luther) anzurichten drohte. Doch erlauben hier erstmals briefliche Zeugnisse die Entscheidung: Wenn nicht der hinsichtlich der Datierung umstrittene Brief von Staupitz an Luther mit der Aufforderung, zu ihm nach Salzburg zu kommen und mit ihm zu leben und zu sterben (14. Sept. oder 14. Dez. 1518: WAB Nr. 119), dann der Brief von Staupitz an Kf. Friedrich den Weisen vom 15. Okt. 1518 (Kolde Nr. 16) über den enttäuschenden Verlauf des Verhörs und das Gerücht, ihrer beider Verhaftung sei geplant. Umgekehrt könnten all diese Fakten eine zeitweilige Entfremdung oder gar einen endgültigen Bruch nicht ausschließen, wenn wir nicht jenes einzigartige ausdrückliche Zeugnis in Gestalt von Staupitz’ letztem Brief an Luther vom 1. April 1524 besäßen (Kolde Nr. 22; WAB Nr. 726: Bd. 3, 263 f.; das Wort ,Freund’ in Z. 1 und Z. 30, aber auch Z. 37).
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Ich erlaube mir, ihn Ihnen vorzuübersetzen (dt. auch bei Walch, 2. Aufl., Bd. 21a, Nr. 723): Staupitz’ letzter Brief an Luther Herrn Martinus Luther, seinem größten Freund und Diener Christi, Dein Bruder und Schüler Johannes, Diener Christi. Jesus. Gruß und sich selbst. Du schreibst so oft, bester Martin, und überziehst meine Standhaftigkeit mit Verdacht. Dazu sage ich: Mein Glauben an Christus und das Evangelium ist unbeschädigt und beharrlich; freilich bedarf ich der Fürbitte, daß Christus meinem Unglauben aufhelfe und ich das Menschliche verabscheue: in meiner Anhänglichkeit an die Kirche bin ich lau. Zu dir habe ich die allerbeständigste Liebe, beständiger als Frauenliebe, immerwährend und unzerstörbar. Nur, sieh es mir nach, wenn ich ob der Langsamkeit meines Geistes manchmal nicht begreife, was du meinst, und deshalb mit Stillschweigen darüber hinweggehe. Ihr verdammt vieles, wie mir scheint, ganz und gar Äußerliche, das mit dem Glauben und der Gerechtigkeit nichts zu tun hat, wertneutral ist und, im Glauben an unsern Herrn Jesus Christus getan, das Gewissen nicht im mindesten beschwert. Warum also sollen die Herzen der Einfältigen in Verwirrung geraten? Und was hat die Gewänder der Ordensleute Deiner Nase so verhaßt gemacht, wo doch die meisten [das ihrige] in heiligem Glauben an Christus tragen? Mißbrauch kommt, leider, in so gut wie allen menschlichen Einrichtungen vor, und nur wenige richten alles
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nach dem Richtscheit des Glaubens aus; nichtsdestoweniger gibt es sie. Deshalb darf man nicht wegen des Übelstandes in einzelnen Fällen eine Sache im Wesen verwerfen. Landaus landein werft ihr alle Gelübde ab, auf ganz wenige [Gründe], vielleicht nur einen gestützt. Ich überschütte dich deshalb mit Bitten, liebster Freund, denke an die Kleinen und versetze nicht die ängstlichen Gewissen in Unruhe. Was wertneutral ist und mit einem aufrichtigen Glauben zusammen bestehen kann, verdamme, bitte, nicht. In den Dingen, die zum Glauben im Widerspruch stehen, schreie, laß nicht ab! Wir verdanken Dir viel, Martin; Du hast uns vom Futter für die Schweine am Trog auf die Weiden des Lebens zurückgeführt, zu den Worten des Heils. Der Herr Jesus verleihe das Wachstum, daß wir das Evangelium. das wir jetzt mit den Ohren vernehmen, das viele im Munde führen, endlich leben; denn ich sehe unzählige das Evangelium zur Freiheit des Fleisches mißbrauchen. Doch der Geist weht, wo er will. Euch schulden wir Dank, weil ihr gepflanzt habt und gegossen, und lassen Gott die Ehre, dem allein wir die Macht zutrauen, zu Kindern Gottes zu machen. Ich habe genug geschrieben. Wäre es mir doch vergönnt, auch nur eine Stunde mit Dir zu sprechen und Dir die Geheimnisse des Herzens zu eröffnen. Ich empfehle Dir, mein Bruder, den Überbringer dieses Briefs, einen Schüler von Dir. Bewerkstellige es mit Eifer und Geschick, daß er gute Frucht bringe und der Wittenberger Universität zur Ehre gereiche. Mögen meine unwürdigen Bitten etwas ausrichten, bin ich doch einst als Vorläufer der heiligen evangelischen Lehre auf den Plan getreten und habe die babylonische Gefangenschaft gehaßt, wie ich dies auch jetzt noch tue. Lebe wohl und bestelle ein solches Lebewohl auch Philipp [Melanchthon], Amsdorf, Dr. Hieronymus [Schurff] mit den übrigen besten Freunden. Gegeben zu Salzburg am ersten April 1524.
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Tübinger Predigten Läßt sich zum besseren Verständnis dieses Briefs etwas aus den fast 30 Jahre früher niedergeschriebenen Tübinger Predigten gewinnen? Was sagen sie über Frauenliebe und Freundschaft, Mönchtum und Reform? Können sie die Spannung plausibler machen, die diesen Brief prägt: das Nebeneinander von Liebe und Kritik, Glauben und Gelübden, Haß auf die babylonische Gefangenschaft der Kirche und Verharren in ihr? Zu einer solchen Zusammenschau des ersten und des letzten der uns bekann ten Staupitz-Texte ermutigt mich das Vorgehen von Heiko A. Oberman und Adolar Zumkeller. Der eine hat in zwei einander ergänzenden Aufsätzen daraus Themen behandelt, die klar aus deren Titeln hervorgehen: „Captivitas Babylonica. Die Kirchenkritik des Johann von Staupitz“9 und „Duplex misericordia: Der Teufel und die Kirche in der Theologie des jungen Johann von Staupitz“10, der andere in einem Aufsatz „Johannes von Staupitz und die klösterliche Reformbewegung“11. 9
Oberman, Captivitas Babylonica (1989), in: Festschrift Dohna (1989). Oberman, Duplex misericordia (1989), in: Festschrift für Martin Anton Schmidt (1989). 11 Zumkeller, Reformbewegung (1989), in: Analecta Augustiniana 52 (1989), 29–49. 10
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Jeder der beiden hat aus den kurz zuvor neu edierten Tübinger Predigten das herausgehoben, was ihm besonders am Herzen liegt. Ich für mein Teil werde mich auf den als Freundschaftsversicherung von Mönch zu Mönch überraschenden Satz ,Meine Liebe zu Dir ist beständiger als Frauenliebe’ konzentrieren. Die Tübinger Predigten zeigen wie kein anderes Werk die ganze Gedankenwelt von Staupitz und lassen klar erkennen, in welche Tradition er sich stellt: es ist dies vor allem Augustin12. Ich würde Ihnen die Tübinger Predigten gern etwas ausführlicher vorstellen, weil sie noch immer recht stiefmütterlich behandelt werden. Hier nur soviel: Als Thema hat Staupitz Hiob gewählt, den um Gottes willen angefochtenen Jedermann. Er beschränkt sich dabei auf die Rahmenerzählung des biblischen Buchs, die eigentliche Parabel. In ihr spiegeln sich dank meist allegorischer Auslegung nicht nur die zeitlosen Anfechtungen des Menschen, sondern auch die beunruhigenden Zeiterscheinungen: Pflichtvergessenheit der Prälaten, der Priester, der Prediger, der Fürsten und der Eltern. Einzelne Predigten handeln deshalb von den skandalösen Mißständen im Klerus, angefangen mit den Priestern bis hinauf zu den ,Statthaltern Christi’, und vom Auftrag der Bettelorden zur ,Kritik (correctio)’ (TüPr 19), vom falschen Eifer bei solcher ,correctio’ (TüPr 20), der in Schisma und Häresie endet, vom Mißbrauch weltlicher Gewalt (TüPr 21) und von verfehlter Erziehung (TüPr 22). Der Predigt-Zyklus ist ein wohlüberlegtes, obschon unvollendetes Ganzes. Er schildert im ersten Teil in zehn von insgesamt 34 ausgeführten Sermonen Hiob Jedermanns Wohlergehen dank vollkommener innerer Verfassung und unangefochtenem Gebrauch der äußeren Güter irdischer Glückseligkeit. Er handelt im zweiten Teil in vier Sermonen vom providentiellen Sinn der äußeren und inneren Anfechtung, im dritten Teil in den übrigen 20 Sermonen vom Geprüftwerden und Bestehen in eben diesen äußeren und inneren Anfechtungen. Im vierten, fehlenden Teil sollte vom Triumph über diese die Rede sein. Daß Staupitz selbst das Ganze nicht für geglückt hielt, belegt die aus Melanchthons Vorlesungen stammende Anekdote13 über einen Augsburger Vikar (,vicarius quidam Augustanus’) – statt dessen es natürlich ,Augustinianus’ heißen muß –, einen berühmten Mann von Adel, der Luther sehr liebte und der in Tübingen Doktor der Theologie geworden war. Der habe das Buch Iob ausgelegt, aber bei Kapitel 10 und 11 – in Wirklichkeit Kap. 2, Vers 11 – angekommen, den Eindruck gewonnen, Hiob müsse unter diesen Auslegungen mehr leiden als unter seinen Geschwüren, und habe deshalb damit aufgehört. Was ergeben nun die Tübinger Predigten für das bessere Verständnis des letzten Briefs von Staupitz an Luther?
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Wetzel, Staupitz Augustinianus, engl. (1991), S. 72–115 (N.B. deutsch in diesem Sammelband S. 223–265). Wriedt, Staupitz und Augustin (1993). 13 Anekdote: JvS 1 (1987). S. 3 f. Anm. 3.
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Freundschaft Die Freundschaft führt Staupitz in Sermo 16 – dem ersten von verschiedenen Sermonen oder Gruppen von Sermonen, die sich alle mit der Ermächtigung des Teufels zur Versuchung befassen (TüPr 16, TüPr 17, TüPr 19–22 und TüPr 23–25) – unter den Gaben auf, die Gott gemäß seiner Schöpfergüte gleichermaßen Guten und Bösen, Gerechten wie Ungerechten zuteil werden läßt. Mit Augustin sagt er: ,Wer hat nicht teil an dieser Seite der Barmherzigkeit Gottes, sich derart vom Vieh zu unterscheiden, daß er als vernunftbegabtes Lebewesen Gott erkennen, ferner das Licht dieser Welt genießen kann, ihre Luft, Regen, Früchte, Jahreszeiten, irdische Tröstungen wie Gesundheit des Leibes, Zuneigung von Freunden, Wohlfahrt des Hauswesens?’ (TüPr 16, Z. 103–107). In Sermo 30 – Vom Leben der Natur, der Gnade und der Tugend, daß sie nicht in der Hand des Teufels sind, also von den innersten Grenzen, an die die Macht des Teufels stößt – zieht Staupitz als Anweisung zur ,amoris rectificatio’, recht und schlecht übersetzt: richtigen Einstellung der Liebe, die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe durch Unterscheidung eines ,amor amicitiae’ und eines ,amor caritatis’: Er sagt: ,Aristoteles stellt im 9. Buch der Ethik die Frage, ob es gut sei, um der Tugend willen viele zu lieben, und zeigt, daß im Hinblick auf das Miteinanderleben, im Hinblick auf Trauer und Freude’ – die Freunde mit einander teilen – ,und im Hinblick auf die tägliche Erfahrung dies nicht gut, ja wegen des Übermaßes, das die Liebe verlangt (per excellentiam amoris), gar nicht möglich ist. Wir sagen dasselbe wie Aristoteles: Es ist nicht gut, viele in ihrer Vielzahl zu persönlichen Freunden zu nehmen. Damit vereinbar ist jedoch, nicht nur viele, sondern alle zur liebevollen Freundschaft (amicitiam caritativam) in Gott und um Gottes willen anzunehmen; denn so werden all jene vielen auf eine Einheit zurückgeführt. Fragt man nämlich, ob du von vielen geliebt werden willst, dann antwortest du: Ja; und dringt man weiter in dich, was du vom Liebenden zu erhalten wünschst, antwortest du: Daß er mir Gu tes will. Forscht man darüber hinaus nach Qualität und Quantität dieses Guten, sagst du: Ich will, daß er das höchste Gute für mich will. Was du davon hast, merkst du sofort; denn wenn er für mich das Höchste will aus rechtem Willen, aus Liebe (ex caritate), wie ich das ersehne, dann hat er die Liebe (caritatem) samt dem heiligen Geist, der in ihr wohnt, und er gibt mir, was er hat; auch hat er deshalb nicht weniger, weil er mir gab, sondern empfängt sogar selbst mehr: Wer diese Liebe (amorem caritatis) empfängt, wird dazu verstrickt, wieder zu lieben. So geschieht es, daß wir nichts Verschiedenes, sondern dasselbe von allen zu empfangen ersehnen, wenn wir mit vielen in Liebe (amore) verbunden zu sein wünschen; bleibt doch auch in der Vielheit die Einheit. Denn obgleich da viele sind, die geben, ist es doch eines und dasselbe, was gegeben wird und um dessetwillen ich mich dem Gebenden zuwende’ (TüPr 30, Z. 352–372). Frauenliebe Für den Augustin-Schüler Staupitz wurde der Mensch geschaffen, um die Lücke
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zu schließen, die der Sturz der Engel gerissen hatte (,reparatio ruinae angelorum’ TüPr 11, Z. 603). Die Paradiesesehe mit dem Gebot ,Wachset und mehret euch’ hatte den Sinn, die Menschen auf eine bestimmte Zahl (,certus numerus’) anwachsen zu lassen. Das erste Menschenpaar und seine Nachkommen hätten den Tod als schreckenlosen Eintritt in die Unsterblichkeit erfahren (TüPr 6, Z. 198 ff.). Für den Ungehorsam des Geistes gegen Gott, in den Adam, ungleich weniger rebellisch als Luzifer, eher in törichter Nachgiebigkeit gegenüber seinem Schatz (,deliciae’ TüPr 12, Z. 193) hineingestolpert ist (TüPr 12, Z. 180 ff.) – und im Keim (,seminaliter’ TüPr 27, Z. 130) wir alle in ihm –, erleidet der gefallene Mensch als Strafe den Ungehorsam des Fleisches gegen den Geist (Gal 5, 17) am eigenen Leib: die Konkupiszenz, die Begehrlichkeit oder böse Lust (TüPr 27, Z. 82 ff.). Das ist der ,amor concupiscentiae’. Die Zeugung folgt nicht mehr dem Wink der Vernunft (,ad dictamen rationis’ TüPr 6, Z. 399 ff.), sondern der Tyrannei des Triebes. Und an die Stelle des ,certus numerus’ tritt der ,numerus sanctorum’ (TüPr 6, Z. 183. 187), die Zahl der Erwählten. All das wird teils direkt, teils über die Sentenzen des Petrus Lombardus († 1160), teils über die Sentenzenkommentare der Augustiner-Theologen Aegidius Romanus († 1316) und Thomas von Straßburg († 1357) aus Augustin zitiert. Nur der Gegenbegriff zu den ,certi’, die ,ceteri’, salopp gesagt der Abfall dieser Nachzucht, fehlt. Im Rahmen der unter solchen Prämissen möglichen grundsätzlich positiven Bewertung der Ehe in Sermo 6 – Vom ehelichen Akt, daß er nicht nur erlaubt, sondern auch gut und sogar verdienstlich ist – kontrastiert Staupitz mit Thomas von Straßburg Augustins paradiesische ,Güter der Ehe: Treue (fides), Nachkommenschaft (proles), Unauflöslichkeit (sacramentum)’ durch Parallelisierung mit der aristotelischen Trias des Guten als ,Wert (bonum honestum), als Nutzen (bonum utile) und als Lust (bonum delectabile)’ besonders krass mit ihren nachparadiesisch real existierenden Verfallsformen: In Entzücken und Ehrbarkeit drängt sich Scham und Begehrlichkeit, Kindersegen wird erkauft mit Schäden an Gesundheit und Besitz, die Unzertrennlichkeit wird vergällt durch Mühsale und Überdruß (,Nunc vero honestas fidei verecundia permiscetur, utilitas prolis damno et indissolubilitas laboribus et taedio’) (TüPr 6, Z. 305–307). Trotzdem nennt Staupitz die Ehe an der gleichen Stelle mit Aristoteles eine ,naturgegebene Freundschaft (amicitia naturalis)’ (302). Frauenliebe und Freundschaft Eine Abwägung von Frauenliebe und Freundschaft findet sich in derselben Predigt: ,Laut Aristoteles ist etwas vollkommen, wenn es Seinesgleichen zeugen kann. Da also bei den ersten Eltern die Natur vollkommen war, waren sie in zwei Geschlechter unterschieden, eine Unterscheidung, die zu keiner anderen Art von Hilfe (Gen 2, 18) vorgenommen scheint als um der Nachkommenschaft willen. Wir können drei ,Arten von Hilfe unterscheiden: die erste Art, die Hilfe bei der Zeu-
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gung, gehört allein der Frau; die zweite Art, die Hilfe bei der Arbeit, war im Urstand nicht notwendig und würde ohnehin angemessener durch einen Mann geleistet; die dritte Art von Hilfe, die des Trostes und des Gesprächs’, ,wer wollte leugnen, daß auch sie durch ein männliches Wesen geleistet, ja besser geleistet werden kann? Männer, die ohne die Absicht auf den Zeugungsakt in der Liebe zu Gott mit einander (in dilectione et caritate) vereinigt sind, empfinden nicht weniger Lust aus dem Gespräch miteinander als Mann und Frau’ bei der Zeugung (TüPr 6, Z. 137 ff.). Auf ein solches Gespräch mit Staupitz beruft sich Luther zu Beginn seiner Vorrede zu den Resolutiones (WA 1, 525–527)14. Hiermit sind wir dem wohl am nächsten, was Staupitz gemeint haben könnte, als er Luther schrieb: ,Meine Liebe zu Dir ist beständiger als Frauenliebe (Super amorem mulierum)’. Zurück zum letzten Brief So viel zu dem von Mönch zu Mönch zunächst doch überraschenden Satz ,In te constantissimus mihi amor est, etiam supra amorem mulierum’. Oder sollte Staupitz alles, was er in den Tübinger Predigten über Freundschaft und Frauenliebe gesagt hat, längst vergessen haben? Dann wäre unser Ausflug umsonst gewesen. Sollte er nur noch an den schlichten Sinn des Wortes gedacht haben, den es an seinem biblischen Ursprungsort hat? Das würde die Sache freilich nicht einfacher machen. Steht es doch in Davids Klage über den toten Freund Jonathan (2 Sam 1, 26). Will Staupitz denn die Totenklage über Luther anstimmen? Den Verlust des Freundes beklagen? Es liegt zweifellos ein Hauch von Tragik, etwas eigentümlich Letztwilliges über diesem Brief. Staupitz setzt sich über die Bestimmungen der Bannbulle und des Wormser Edikts hinweg, wenn er Luther überhaupt schreibt. Er versichert Luther, der am 17. Sept. 1523 mit theologisch aufgeladenen Begriffen (,grati et placiti’, ,angenehm und wohlgefällig’ WAB Nr. 659: Bd. 3, S. 155, Z. 6) das Herausfallen aus Staupitz’ Gnade beklagt, seiner unerschütterlichen Liebe. Und Luthers Feststellung, durch Staupitz habe ,das Licht des Evangeliums aus der Finsternis zu leuchten angefangen’ (ebd. Z. 7 f.; 2 Kor 4, 6), bestätigt er, indem er sich selbst als ,Vorläufer der evangelischen Lehre’ bezeichnet. Staupitz verteidigt sich nicht gegen die seine Person betreffenden Vorwürfe Luthers, Abt von St. Peter in Salzburg geworden zu sein, sich ihm und den Wittenberger Freunden entfremdet (,alienum a nobis’ ebd. Z. 11) und dem ,Ungeheuer’, Fürsterzbischof Kardinal Matthäus Lang, übereignet zu haben (,monstro ... proprius factus’ ebd. Z. 12)15. Wetzel, Annäherung (1991) (wie Anm. 7), S. 374 (46); N.B. entspricht in diesem Sammelband S. 193. 15 Staupitz hielt sich schon seit mindestens Fasten 1512 mehrfach, nach Übergabe seiner Professur an Luther im Okt. 1512 sogar überwiegend in Salzburg auf, wo der Münchener Konvent eine Terminei besaß. Mit dem Fürsterzbischof Leonhard von Keutschach (+1519) verband ihn eine langjährige Freundschaft (so schon Dohna / Wetzel. JvS 2 14
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Was Staupitz geradezu beschwörend verteidigt, ist die Lebensform des Mönchtums. In der Kritik an Hochmut und Selbstgerechtigkeit des harten Kerns der altobservanten Opposition hatten sich er und Luther nicht nur politisch, sondern auch theologisch geeinigt. Was Luther 1519 in seinem Galater-Kommentar (WA 2, 436 ff.) schrieb, z. B. zu Gal 3, 28 (530, Z. 1 ff.) oder zu Gal 5, 22 (593, Z. 35 ff.), sagte auch Staupitz. In seinen Nürnberger Tischreden gebraucht er ein schönes Bild: Die Mönche tragen zwar das ,Hofkleid Christi’, aber wie bei den Fürsten genießen nicht selten ,Räte von Haus’ das größere Vertrauen (Knaake 42 f; 33)16. Luther hatte noch 1519 im ’Sermon von dem Sakrament der Taufe’ die Mönchsgelübde als geeignetes Mittel zur Erfüllung des Taufgelübdes betrachtet (WA 2, 736, 12 ff.)17. Luther hatte noch im Sommer 1521 in seinen Wartburg-Briefen an Melanchthon (MBW 157.1. Z. 2 ff; MBW 158.1–2, Z. 2 ff. 56 ff.; MBW 165, Z. 3 ff.) dessen und Karl stadts Gleichsetzung der freiwilligen Keuschheit der Mönche mit dem Zwangs-Zölibat der Priester zurückgewiesen und den glücklichen Mönch Bernhard von Clairvaux als gelebten Beweis dafür gepriesen, daß die christliche Freiheit die Entscheidung f ü r die Gelübde ebenso erlaube wie g e g e n sie. Ich glaube nicht, daß Heiko A. Oberman recht hat, wenn er meint, Staupitz sei „im fernen Salzburg“18 über die Ereignisse der Wittenberger Bewegung, die im Haus hier nebenan, dem von ihm mitgegründeten Augustinerkloster, im letzten Viertel des Jahres 1521 in Abwesenheit des gebannten Luther ihren Anfang nahm, nicht richtig informiert gewesen und laste sie deshalb jetzt noch Luther an. Diese Wirren sind im April 1524 längst passe´.
(1979), S. 6 und 7 in Aufnahme der damals z. T. völlig neuen Erkenntnisse Sallabergers. Nach seinem vorzeitigen Verzicht auf das Amt des Generalvikars am 28. Aug. 1520 kehrte Staupitz nun endgültig nach Salzburg zurück. Wer neu dorthin kam, war Matthäus Lang, und zwar erst 1522 (N.B. zu präzisieren: „endgültig erst 1522“). Staupitz war weder sein Hof-, noch sein Domprediger. Wenn Prediger, dann Prädikant in der Pfarrkirche der Dompfarrei (N.B. lies „Stadtpfarrkirche“ statt „Pfarrkirche der Dompfarrei“), jetzt Kirche der Franziskaner. Diese Sachverhalte werden in fast allen Kurzbiographien und biographischen Skizzen (wie Anm. 1) außer Sallaberger und Zumkeller – z. T. bis zur Verfälschung – verkürzt. Daß sich Staupitz auch in seinem theologischen Urteil nicht fremdbestimmen ließ, beweist sein Gutachten über den Lutheraner Stephan Agricola. Auch darüber ist in JvS 2 (1979), S. 8 das Nötige und Richtige gesagt: ausführlicher Dohna, Ordensreform (1981, gedruckt 1989), 582 (N.B. in diesem Sammelband S. 148); zuletzt hierzu Dohna, Staupitz und Luther, engl. in: Via Augustini (1991), S. 116–129, hier 124 f. (N.B. entspricht in diesem Sammelband S. 184). 16 Bei Zumkeller, Reformbewegung (1989) (wie Anm. 11), S. 34 f.; dazu Weinbrenner, Klosterreform (1996) (wie Anm. 3), S. 239. 17 Bernhard Lohse. Mönchtum und Reformation. Luthers Auseinandersetzung mit dem Mönchsideal des Mittelalters. Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 12, Göttingen 1963, S. 332–335. – Bernhard Lohse, Luthers Theologie, Göttingen 1995, S. 154. 18 Oberman, Geleit zu JvS 2 (1979), S. IX und Duplex misericordia (1989), S. 234 f.
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Vielmehr sieht Staupitz m. E. Luther selbst auf dem besten Weg, das Mönchtum als Lebensform überhaupt zu zerstören. Denn, gleichgültig, ob ihm Luthers ,Invocavit-Predigten’ vom März 1522 (WA 10/3, S. 1 ff.) „unbekannt geblieben sind“ (Oberman) oder nicht, Luther hat in diesen Predigten zwar die Übereilung und mangelnde Rücksicht auf die Schwachen getadelt, mit der seine Freunde unter Führung des Rivalen Andreas Karlstadt bei der Anordnung der Kommunion unter beiderlei Gestalt zu Werke gegangen seien, und erst recht beim Versuch einer Abtuung der Bilder. Aber Luther hat in diesen Predigten seine eigene damals – im November 1521 noch auf der Wartburg – entstandene, für den Hochmeister des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, der weltlich und Herzog werden wollte, bestimmte Schrift über die Mönchsgelübde (’De votis monasticis iudicium’), keineswegs widerrufen. Und in diesem Buch (WA 8, 573–669) wird ein unüberbrückbarer Gegensatz der Gelübde zur heiligen Schrift, zum Glauben, zur christlichen Freiheit, zu den Geboten und zur Vernunft statuiert. Heilige wie Bernhard, heißt es jetzt, seien nicht d a n k , sondern t r o t z ihrem Leben im Mönchtum selig geworden, durch ein Wunder. Daß Luther auch in dieser Schrift (WA 8, 604, Z. 9 ff.) „ein Mönchtum im Sinne eines weltlichen Berufs gelten läßt“19, geht in seiner hinreißenden Polemik20 völlig unter: „Faktisch hat [..] Luthers Schrift wesentlich dazu beigetragen, daß das Mönchtum auf dem Boden der Reformation ein Ende fand“. Das sagt der Historiker Bernhard Lohse. Das befürchtete, denke ich, Staupitz, der zusehen mußte, wie ,landaus landein’ die Ordensbrüder Luthers ,alle Gelübde abwarfen’. Die Ordensbrüder Luthers, sagt man, richtiger wäre: die ganze junge Generation der von Staupitz fast zwanzig Jahre geführten Kongregation21. Denn Luther ließ sich zwar vom Rat eine neue Kutte spendieren, aber es wird nichts berichtet von Anstalten, ernst zu machen mit einer freien Lebensgemeinschaft ohne Gelübdezwang, ohne Messen gegen Geld und ohne Bettel, wie sie in den Beschlüssen des außerordentlichen Kongregationskapitels um Epiphanie 1522 in Wittenberg unter Leitung von Staupitz’ Nachfol ger Wenzeslaus Link vorgesehen war22. Ich bin sicher, daß Stau19
Lohse, Theologie (1995) (wie Anm. 17), S. 161. Dt. durch Otto Scheel: Luthers Werke, hg. von Buchwald. Kawerau, Köstlin. Rade. Schneider u. a. Ergänzungsband 1, Berlin 1905, S. 209–376; der vorhin im Text genannten Stelle in WA 8 entspricht S. 260 f. 21 Vgl. Dohna, Ordensreform (1981, gedruckt 1989), 583 (N.B. in diesem Sammelband S. 148 f.). – ,Vota passim omnia abiicitis’ (WAB Nr. 726, Bd. 3, S. 263, Z. 18) heißt weder „Die Gelübde verwerft Ihr allmählich alle“ (Kolde). noch „Überall verwerft Ihr alle Gelübde“ (Walch), es läßt sich auch nicht mit „Videmini mihi damnare ... “ (Z. 10 f.) zusammenfassen zu „Verdammung von Adiaphora und des Mönchtums in Bausch und Bogen“ (Clemen in seinem Kopfregest a.a.O. S. 263). Zu unterscheiden ist m. E. zwischen ’verwerfen’ (’damnare’; Z. 11, vgl. Z. 21) und ’abwerfen’, ’wegwerfen’ (’abiicere’ Z. 18); das eine geschieht in Gedanken und Worten, das andere im Handeln. 22 Text: Nikolaus Müller, Die Wittenberger Bewegung 1521 und 1522, 2. Aufl. Leipzig 1911, S. 147–149 Nr. 67. Mit dem unzutreffenden Datum „Oktober 1521“ aus Corpus Reformatorum 1 (1834). 456–458, zitiert von Bernhard Lohse, Die Kritik am Mönchtum 20
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pitz in seinem letzten Brief Luthers ’De votis monasticis’ kennt; dafür spricht die Aufnahme von Begriffen wie ,Glaube’ und ,Gerechtigkeit’. Aber er findet die Schrift nicht überzeugend. Kannte er auch die ’Invocavit-Predigten’, dann wäre seine Frage umso plausibler: ,Warum also sollen die Herzen der Einfältigen in Verwirrung geraten?’ Warum unterbleibt hier die Schonung der Schwachen? Staupitz benutzt als Hauptargument den Grundsatz ,abusus non tollit usum’ wie hier schon in den Tübinger Predigten: In Sermo 20 – Vom falschen Eifer bei der Kritik (,correctio’) an den Mißständen, der in Schisma und Häresie endet – sagt er mit Johannes Gerson: ,Wir haben nicht wenige Häretiker erlebt, die ihr falscher Eifer, die Ärgernisse im Haus des Herrn zu beseitigen, dazu verleitet hat, ohne Augenmaß bald gegen dies, bald gegen jenes zu predigen. Daher die Häresien wider den Primat der Kirche Roms, daß das Heil ohne ihn zu erlangen sei: wider die Regeltreue der Ordensleute, daß sie gegen die Freiheit des Gesetzes Christi verstoße. Da die Lebensweise mißfiel, mißriet die Lehrweise (dum displicuerunt mores, suborti sunt errores); wurde der Stand verworfen, wenn sich Mißstand an ihm zeigte (damnatus est status, quando in eo cernebatur abusus); so verfährt ein törichter Arzt, der, während er die Krankheit zu vertreiben versucht, den befallenen Leib zerstört’ (TüPr 20, Z. 91–98). Und er schließt mit Augustin: ,Wahrer Eifer will die Ärgernisse, die er im Haus des Herrn sieht, beseitigen (tollere), wenn er kann; wenn er es nicht kann, wird er sie mit Seufzen dulden (tolerare)’ (99–10l)23. Gerson, einer der führenden Konziliaristen auf dem Konzil von Konstanz, hatte Hus und Wyclif im Sinn, als er das schrieb. Staupitz konnte, als er Gersons Text als Zitat in seine Tübinger Predigten übernahm, nicht ahnen, daß er einst seinem Lieblingsschüler das gleiche Argument würde entgegenhalten müssen. Bei allem Haß auf die babylonische Gefangenschaft hatte Staupitz drei Jahre zuvor ,nicht Luthers Konsequenz der Absage an das Papsttum gezogen’24. Den Grund offenbart er in einem Gebet in Sermo 19 der Tübinger Predigten: ,Diejenigen die Dich so lieben, daß sie Deinetwegen sogar dem grausam wütenden Wolf, dem zu Deinem Dienst berufenen Stellvertreter Deines Christus, ihren Respekt nicht vorenthalten, die lieben doch über alle Maßen, da sie auch den härtesten Feind, den Trabanten des Teufels, Deinetwegen ehren’ (TüPr 19, Z. 152–156; in Anlehnung an Oberman). Jetzt ist Staupitz nicht bereit, „Luthers reformatorischen Angriff“ „auf das letzte große römische Bollwerk“25 zu billigen oder – weniger pathetisch – das Kind bei Luther und Melanchthon, in: Luther und Melanchthon. Referate und Berichte des Zweiten Internationalen Kongresses für Lutherforschung Münster 8.–13. August 1960, hg. von Vilmos Vajta, Göttingen 1961, S. 129–145. hier 152 Anm. 80; wiederabgedruckt in: B. Lohse. Evangelium in der Geschichte. Studien zu Luther und der Reformation. Zum 60. Geburtstag des Autors hg. von Leif Grane, Bernd Moeller und Otto Hermann Pesch, Göttingen 1988, S. 80–96, hier 93. 23 Zumkeller, Reformbewegung (1989) (wie Anm. 11), S. 47. Eine kleine Bosheit steckt darin, daß die Stelle hier und nicht schon bei Anm. 11 gebracht wird. 24 Oberman, Captivitas Babylonica (1989) (wie Anm. 9), S. 103. 25 Lohse, Mönchtum und Reformation (1963) (wie Anm. 17), S. 5.
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mit dem Bad auszu schütten. Das Mönchtum ist für ihn eine menschliche Einrichtung, die Gelübde sind ,Adiaphora’, Mitteldinge, wertneutral – wie dann in der Apologie des Augsburger Bekenntnisses (Bekenntnisschriften S. 384, Z. 21 ff.)26. Die Freundschaft zwischen Staupitz und Luther ist durch die Reformation auf mehr als eine harte Probe gestellt worden.27
26 27
Lohse, Kritik am Mönchtum (1961) (wie Anm. 22), S. 95 mit Anm. 105. Beachtung fand diese Studie bei Posset, FR (2003), 327. 361.
Edition und Forschung* seit 19791 Von Richard Wetzel und Lothar Graf zu Dohna JvS 2: De exsecutione, 1979 Als erster Titel dieses Berichts ist JvS 2 (1979) zu nennen. Als ersterschienener Band der Staupitz-Gesamtausgabe beginnt er nach einem programmatischen G e l e i t von Heiko A. OBERMAN mit einer E i n f ü h r u n g der Bearbeiter DOHNA und WETZEL, die sowohl allgemein in die Staupitz-Forschung einführt als auch selbst zu ihr beiträgt.2 Vor allem enthält der Band die kritische und kommentierte E d i t i o n des Libellus de exsecutione aeternae praedestinationis in Parallelsatz mit dessen frühneuhochdeutscher Übersetzung durch Christoph Scheurl, Ein nutzbarliches büchlein von der entlichen volziehung ewiger fürsehung3, mit einer Einleitung zu beiden Fassungen. Die Schrift De exsecutione, allgemein als Hauptwerk des reifen Staupitz anerkannt, aber seit dem Erstdruck von 1517 nicht wieder gedruckt, wird abweichend von der historischen Reihenfolge in den ersterschienenen Band vorgezogen.4 Die zahlreichen Rezensionen befassen sich mit Ausnahme derjenigen von Rosemarie AULINGER5 nicht mit der E i n l e i t u n g zur Edition, obwohl gerade auch in * Originalbeitrag. 1 Chronologisch gelistet auch bei Richard WETZEL, Art. Staupitz, in: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 2 (2013). Sp. 964–980, hier 977–980. Bibliographien: Rudolf K. MARKWALD und Franz POSSET, 125 years of Staupitz research (since 1867). An annoted bibliography of studies on Johannes von Staupitz (c. 1468–1524) (Sixteenth century bibliography 31), Saint Louis 1995, die Louis J. REITH, SCJ 28 (1997), S. 220 f. zu unrecht als „maddeningly confused format“ abqualifiziert. Die einschlägigen Fortsetzungen von Albe´ric de MEIJER O.S.A., Bibliographie historique de l’Ordre de Saint Augustin, erstmals in: Augustiniana 26 (1976), siehe im Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur. 2 Die einzelnen Abschnitte lauten „Der Autor in seinen Werken“, „Von der Wirkungsgeschichte zur Forschungsgeschichte“, „Editionsstand“ und „Plan der Gesamtausgabe“, wovon die ersten drei zusammengefasst als erster Beitrag zu diesem Sammelband wieder aufgenommen werden (S. 125–137). Die Wirkungsgeschichte ist dort erstmals zusammengestellt; der Informant von Leppin, ,Die fremde Reformation‘ (2016), S. 211 f. mit Anm. 6, hätte darauf zurückgreifen können. 3 Die Johann Karl Friedrich KNAAKE schon 1867 (unkritisch) ediert hatte. 4 Die 20 Jahre früher entstandenen Tübinger Predigten lagen überdies in einer Ausgabe von 1927 vor. 5 AULINGER, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 89 (1981), S. 156–158, die als einzige die Zuordnung der Widmungsbriefe an Staupitz bzw. Scheurl als Problem benennt (S. 158). Fehlerhaft ist ihre Angabe, Staupitz sei „1518 Abt“ geworden, der damaligen Lage unangemessen eine Wortwahl wie „unklare Haltung zur Reformation“.
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ihr Beiträge zur Forschung enthalten sind, so zur Verfasserschaft der Widmungsbriefe, zum Wert der Scheurl’schen Übersetzung, vor allem aber zu der für die Schrift De exsecutione als Ganzes konstitutiven Bedeutung biblisch verankerter Grundgedanken der mystischen Tradition6, die von der neueren Forschung bestätigt wird.7 Zur Te x t k o n s t i t u i e r u n g haben sich von den Rezensenten in nennenswerter Weise nur AUGUSTIJN (s. unten) und WEIJENBORG (s. unten) überhaupt geäußert. Beiden geht die Normalisierung zu weit, doch während Augustijn die gegenseitige Emendation des lateinischen durch den deutschen Text und umgekehrt billigt (S. 134), tadelt Weijenborg den entstandenen Mischtext aufs heftigste (S. 397)8. Die um der Förderung der Forschung willen vorweggenommene Edition von De exsecutione hat aber auch irreversible Nachteile für den k o m m e n t i e r e n d e n A p p a r a t und seine Bewertung. Einmal den, dass Staupitz’ frühestes Werk, die Tübinger Predigten, noch nach der (unbefriedigenden) Ausgabe von 1927 durch Buchwald / Wolf zitiert werden. Der viel größere Nachteil besteht darin, dass der dichte Text von De exsecutione (im Originaldruck 22 Bl. + 34 Bl. Übersetzung) überfrachtet zu werden scheint durch eine Fülle von Anmerkungen, die oft wiederum durch den Rückgriff auf die hinsichtlich ihrer Quellen auskunftfreudigeren Tübinger Predigten beglaubigt werden9. Am deutlichsten formuliert einen solchen Eindruck fragwürdiger Fülle A(lbericus) K(arel) de MEIJER OSA10. Doch der moderne Benutzer, für den der kommentierende Apparat verfasst ist11, wüsste ohne die Tübinger Predigten nicht, welche Texte Staupitz im (Hinter)kopf hatte, als er De exsecutione niederschrieb. Er hatte knapp zwanzig Jahre zuvor seine Autoritäten seitenweise eigenhändig mit Federkiel und Tinte exzerpiert.12 Und die Autorität des schon damals führenden Autors Augustin ist inzwischen eher noch gestiegen. Mit nur leise kritischem Ct 2 in § 44 (foramina petrae = vulnera Christi); Eph 5 in §§ 53 ff. (matrimonium Christi et christiani); §§ 107 ff., bes. §§ 112 ff., ganz bes. §§ 116 ff. mit Ct 6 (praegustus salutis); vgl. bes. Einl. S. 30 bei und mit Anm. 48 und S. 32 bei und mit Anm. 56. 7 HAMM, ,Wie mystisch war der Glaube Luthers?‘ (2007), bes. S. 255–261. Wieder abgedruckt in: HAMM, Der frühe Luther (2010), S. 200–250. 8 Von Weijenborgs zahlreichen eigenen Vorschlägen zur Verbesserung der Texte oder zur Rücknahme von Änderungen durch die Bearbeiter (S. 398–399) sind mindestens zwei in unsere Corrigenda (in diesem Sammelband S. XXVII) aufzunehmen. – Auch vermisst Weijenborg (S. 397) eine Auswertung der dank einer Bibliothekenumfrage nachweisbaren Drucke auf Provenienz, Besitzvermerke, Benutzerspuren u. a. 9 Siehe JvS 2, Einf. S. 20 f.; Einl. S. 37 f. 10 De MEIJER, in: Augustiniana 33 (1983), S. 383 f.: „[...] seeing the amount of cross-references in the notes, one would wonder greatly wether all these comparable quotations were running through Staupitz’ mind [...], when he was writing his Libellus.“ 11 Siehe JvS 2, Einf. S. 20. 21; Einl. S. 46 f. 12 Ein schönes Beispiel dafür, dass und wie ein Autor, der inzwischen seine Autorität eingebüßt hat, wie Aristoteles (Eth. Nic. 3,8 1114b 32), doch noch präsent ist, s. De exsec. § 52 bei und mit Anm. 87 f. samt der Bemerkung unten in Anm. 215. 6
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Unterton urteilt J(ürgen) M(IETHKE): „Die Edition bringt nach Prinzipien (die knapp und einleuchtend begründet werden) [...] eine fast überreiche Fülle von Nachweisen, Testimonien, Sachanmerkungen und Hinweisen auf den Forschungsstand.“13 Positiv votiert auch C(ornelis) AUGUSTIJN14. Uneingeschränkt zustimmend äußert sich Reinoud WEIJENBORG OFM in seiner sehr ausführlichen, sonst eher hyperkritischen Rezension15. Während die bisher zitierten Rezensenten – außer Weijenborg in kurzen Voten – von den Quellen im allgemeinen sprechen, erkennt Wolfgang ROCHLER ausdrücklich den Rückgriff auf die Tübinger Predigten an16. Gewinn und Grenzen des gewählten Vorgehens hat besonders einlässlich Helmar JUNGHANS abgewogen17 18. 13
MIETHKE, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 61 (1981), S. 458 f., hier 459. 14 AUGUSTIJN, in: Nederlands Archief voor Kerkgeschiedenis 62 (1982), S. 133 f., hier 134: „[...] de aantekeningen [...] zijn zeer vollendig en geven een goede indruk van de theologische eruditie van Staupitz.“ 15 WEIJENBORG, in: Revue d’Histoire Eccle´siastique 76 (1981), S. 394–400, hier 398: „L’apparat destine´ a` la ve´rification des sources, aux paralle`les et au commentaire est admirable. Par son aspect e´rudit, opportun et concis il facilite conside´rablement la compre´hension des textes. Ce n’est que rarement que cet apparat de´c¸oit.“ 16 ROCHLER, in: ThLZ 105 (1980), Sp. 694–698, hier 696: „Besonders hilfreich [...] ist der [...] ,kommentierende Apparat‘. Seine Bearbeiter mußten dabei berücksichtigen, daß sich Staupitz nicht explizit mit der Tradition auseinandersetzt und bis auf die zweimalige Zitierung Augustins (92 § 17; 104 § 28) nie andere Autoritäten erwähnt [...]. Daher bieten sich als gesicherte Grundlage nur die Tübinger Hiob-Predigten von 1497/98 mit ihren zahlreichen Zitierungen an.“. – S. 697 f. schlägt Rochler fast eine ganze eng bedruckte Spalte Quellen- und Literaturangaben zusätzlich vor, die z. T. in die Corrigenda (S. XXVII dieses Sammelbandes) aufgenommen werden. 17 JUNGHANS, in: LJ 48 (1981), S. 158–160, hier 159 f.: „Besonders wertvoll sind die Querverweise auf die anderen Texte, die in der Gesamtausgabe noch erscheinen sollen. [...] [Die Hrsg.] haben die Autoren herangezogen, die von Staupitz in seinen Tübinger Predigten genannt [...] hat. Die exegetische Tradition wird herangezogen. Bei Augustin wird, m. E. sachgemäß, das Selbststudium [...] in Erwägung gezogen und darum besonders auf »De civitate dei« und die »Enarrationes in Psalmos« verwiesen. Der Augustinismusforschung wird Rechnung getragen, indem auf Gregor von Rimini und einige andere Augustinereremiten verwiesen wird, allerdings ohne große Ausbeute. Hervorstechend aber ist die Überzeugung der Hrsg., daß der entscheidende und als einziger gesicherte Autor für die mystische Tradition Gerson ist. Entsprechend dieser breiten Palette sind die Anmerkungen zahl- und zum Teil umfangreich.“ 18 JUNGHANS (Forts.): „Trotzdem muß die Frage aufgeworfen werden, ob das Ergebnis in jeder Hinsicht befriedigt.“ [Als Beispiel für eine Anmerkung, die „zu viel oder zu wenig“ „enthält“, dient Anm. 70 zu § 50.] [...] „Wer [..] die Theologie eines Mannes genetisch verfolgt, darf auch Erwägungen über die mündliche Überlieferung anstellen. [...] So entsteht der Eindruck, daß einerseits zu viel Quellennachweise geboten werden, da sie nicht spezifisch genug sein können, und andererseits welche fehlen, da nicht alle Anstöße der bisherigen Forschung aufgenommen wurden“ [erwähnt werden: Scriptoris, Biel, Scotus, Ockham, Bradwardine]. „Wenn diese Ausgabe weiterhin in dieser Breite den möglichen
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Die Bearbeiter waren zwar entgegen Junghans’ Anfrage sehr wohl bestrebt, für den kommentierenden Apparat tendenziell „alle Autoren“ heranzuziehen, „die die Forschung als Quellen für Staupitz’ Theologie trotz seiner Verschwiegenheit ins Gespräch gebracht [...] hat“ (JvS 2, Einl. S. 37), ohne selbst „ein genetisches Urteil“ (Einl. S. 38) fällen zu wollen. Trotz ihrer Versicherung, der kommentierende Apparat sei „als objektive Verstehenshilfe, nicht als vorweggenommene Interpretation gemeint“ (Einf. S. 21), haben sie aber vielleicht manchmal so formuliert, dass sie assertorisch missverstehbar sind, wo sie dem Leser durchaus die Wahl lassen wollten; den „momentanen Vorstellungen“ haben sie dabei jedoch bewusst keinen Vorrang eingeräumt. Offenkundig leicht macht sich Robert STUPPERICH sein Urteil19. Dabei wird der „Charakter der Schrift“ (gemeint ist De exsecutione) in JvS 2, Einl. S. 35 gerade in Unterscheidung zu den Tübinger Predigten entfaltet – so „bedenklich“, wie Stupperich meint, kann die Methode also nicht sein.20 Der „Einfluss der Augustinischen Ordenstheologie“ – wird er nun (mit Stupperich) „zu stark betont“, oder ist (mit Junghans) „die Ausbeute“ eher „gering“? Die „Ähnlichkeit mit den Schriften der Devotio moderna“ – ihr ist noch kein Staupitz-Forscher vor JvS 2 so bis ins Detail nachgegangen21. Und – warum wohl „erinnert“ Staupitz’ „Schrift“ „im Ausdruck“, also bis in die Formulierung hinein, an Luther? Ein Gutteil der in den Rezensionen vorgetragenen Kritik am kommentierenden Apparat zu De exsecutione – bald: Überfülle überhaupt, bald: zu viel Augustinerschule, bald: zu wenig Augustinerschule, bald: leider keine Devotio moderna, bald: leider kein Luther, wozu in der Forschungsliteratur noch andere Monita hinzutreten: viel zu viel Augustin ganz generell22, überhaupt De spiritu et littera23, Traditionshintergrund benennen will, muß sie darauf achten, daß die momentanen Vorstellungen“ [davon], „mit welchen Strömungen Staupitz verbunden war, nicht ungebührlich die Auswahl bestimmen.“ 19 STUPPERICH, in: Theologische Revue 77 (1981), S. 225 f., hier 226: „Um den Charakter der Schrift zu bestimmen, werden die zeitlich viel früheren Tübinger Predigten herangezogen, was methodisch bedenklich erscheint. Auch wird der Einfluss der Augustinischen Ordenstheologie zu stark betont. [...] [Es] fällt die Ähnlichkeit mit den Schriften der Devotio moderna nicht minder auf. [...] Im Ausdruck erinnert seine“ [d.h. Staupitz’] „Schrift stellenweise auch an Luthers 1. Psalmenauslegung ... : das Erschrecken vor Gott ([S.] 112), die Nähe Gottes, der ihn rechtfertigt, der Wechsel von Sünde und Gerechtigkeit (156), die magnificatio dei (159) u. ä.“ 20 Heiko A. OBERMAN, Vorwort zu JvS 1 (1987), S. 1 f., sieht den Wert der Rekonstruktion der „geistigen ,Bibliothek’“, die Staupitz bei der Niederschrift der frühen Tübinger Predigten zur Hand hatte, u. a. darin, dass sie davor bewahrt, die späteren Schriften, in unserem Fall also De exsecutione, „mit einem frei assoziierten Traditionsapparat ,wissenschaftlich’ (zu) vergewaltig(en)“. 21 Vgl. das Verzeichnis der Quellen, Autoritäten und Zeugnisse s. v. Theologia deutsch und Thomas von Kempen; vgl. Einl. S. 38. 22 WRIEDT, GuE (1991), S. 216: „Weit über 400 Mal“, übernommen in Wriedt, Staupitz und Augustin (1993), S. 245; siehe dazu die nachträgliche Bemerkung (Anm. 144) (2017) zum
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zuviel Gerson24, zu wenig Bernhard von Clairvaux25, überhaupt zu wenig Mystik26, überhaupt Gregor von Rimini27 –, wäre gar nicht erst laut geworden, hätten die Tübinger Predigten schon neu ediert und erschlossen vorgelegen – oder hätten die Bedenkenträger wenigstens JvS 2, Einl. S. 37 f. die „knapp und einleuchtend begründeten Prinzipien“ (MIETHKE, s. oben bei Anm. 13) gelesen. Das Resultat an diesen messend, kennen die Bearbeiter selbst am besten seine Mängel.28 Ernster zu nehmen als diese zum Teil widersprüchliche Pauschalkritik sind konkrete Monita wie das von Adolar ZUMKELLER (s. unten bei Anm. 138 ff.) zur voreiligen Festlegung der „gelehrten Herausgeber“ in der Frage nach Adams Urstandsgnade29. Oder das Monitum von Franz POSSET (s. unten bei Anm. 191 ff.) zu einer zentralen Textstelle und ihrer Kommentierung: In Front-Runner (2003), S. 173 bedauert er, dass zu De exsec. § 44, Z. 4 (mit Anm. 66) (ius ad regnum aeternum)30 Bernhard als Quelle nicht in Betracht gezogen wird31 32. Freilich sind Beitrag ,Staupitz Augustinianus‘ von Wetzel in diesem Sammelband S. 264 f. Bernhard LOHSE, Wittenberger Augustinismus (1990), S. 92–97. Mit dem Satz (S. 92 f.), „die kritische Ausgabe [...] führ(e) [...] insofern leicht in die Irre, als [...] Hunderte von Bezugnahmen auf Augustin vorliegen sollen, wie es die ,Quellen und Autoritäten’ suggerieren“, suggeriert Lohse selbst einen Anspruch, den die Bearbeiter gar nicht erheben. Sein Urteil (S. 96) nach Musterung von vier Beispielen, „Staupitz trag(e) zwar Gedanken vor, die den zentralen Themen von [...] De Spir. et Litt. nahestehen oder auch entsprechen“, beschreibt paradoxerweise ziemlich genau ihre Erwartung, mehr, nämlich „eine direkte Heranziehung [...] nach(zu)weisen“, war ja auch gar nicht ihre Absicht gewesen. 24 WRIEDT, GuE (1991), S. 205 Anm. 115: „[...] 63 Bezüge [...], eine Zahl, die freilich nach einer genaueren Prüfung erheblich reduziert werden muss.“ 25 Wriedt, GuE (1991), S. 207 Anm. 132: „Legt man dem Nachweis der Verwendung von Bernhard-Schriften ein ähnliches Prinzip wie denen Augustins zugrunde, so steht zu erwarten, daß seine Zitierhäufigkeit ähnlich hoch liegen dürfte.“ 26 WRIEDT, ebd.: „[...] dieser Aspekt [...] ein wenig zu kurz kommt.“ Gleichzeitig bringt Wriedt es fertig, nicht nur die abundante Verwendung von Gerson-Schriften in den Tübinger Predigten zu ignorieren, sondern überhaupt Gerson im Zusammenhang mit der Mystik – außer in einer dürren Aufzählung von Gelehrtenmeinungen (S. 210 bei Anm. 161) – nicht zu erwähnen. 27 WRIEDT, GuE (1991), S. 217–220, nahezu unverändert übernommen aus Wriedt, Augustinerschule (1988), S. 124–131. Siehe dazu den Beitrag ,Staupitz Augustinianus‘ von Wetzel in diesem Sammelband S. 226 Anm. 18. 28 Die Nichteinbeziehung Luthers gehört nicht dazu; sie ist Absicht. Aber dass in der Einleitung zu De exsecutione nichts dazu gesagt wird, ist ein Versäumnis. Eine Vorstellung vom Zuwachspotential an Parallelen vermittelt die Stellensynopse von nur einer Schrift Luthers, seinem Sermo de duplici iustitia, und Staupitz, De exsecutione am Schluss des Beitrags ,Staupitz und Luther‘ von Wetzel in diesem Sammelband S. 201–203. 29 ZUMKELLER, HL (1994), S. 31 Anm. 147 gegen Anm. 3 zu De exsec. § 29 (JvS 2, S. 106). 30 Vgl. § 52, Z. 2 (iure matrimonii), § 62, Z. 1 (ius ad coelum), § 252, Z. 7 (ius .. ad coelum). 31 POSSET, FR, S. 173: „Unfortunately the new citical edition [...] does not consider Bernard as a source for Staupitz’ expression ’right to heaven’ (ius ad coelum) which is found in the Bernard story of The Golden Legend, but not in a genuine text of Bernard. The story 23
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die von Posset als Summe von „Bernard’s Christo-centric spirituality“ und „Bernardine thinking“ zitierten Sätze, übrigens die einzige theologische Aussage der Bernhard-Vita der Legenda aurea überhaupt, in erster Linie solche von deren Kompilator, dem Dominikaner Iacobus de Voragine, oder seiner Quelle.33 Forschungsbeiträge von 1979 bis 1987 Nach diesem Blick in die Rezensionen von JvS 2 sind Forschungsbeiträge in Büchern und Aufsätzen zu betrachten, die in der Zeit von 1979 bis 1987 erschienen sind. Nur kurz zu erwähnen ist Dieter STIEVERMANN34, der urkundlich belegen kann, wie Staupitz als Tübinger Prior am Montag nach Dreikönig 1499 den Empfang der fahrenden Habe, u. a. vieler Bücher, des kurz vor 10. Juni 1498 dem Bischof von Konstanz zu ewiger Haft übergebenen Reformverweigerers Dr. Conrad Holzinger OESA bestätigt. David C. STEINMETZ findet in der umfänglichen Einleitung zu ,Luther and Staupitz‘ (LaS) (1980)35, seiner zweiten Staupitz-Monographie nach MD (1968), keine Notwendigkeit für die Annahme eines wie immer gearteten Augustinismus zwischen Augustin selbst und Staupitz, der über den des Aegidius Romanus hinausginge. Im Hauptteil arbeitet er auf vier Feldern wesentliche Unterschiede zwischen Luther und Staupitz heraus: „Hermeneutic and Old Testament Interpretation“, „Humility and Justification“, „The Mind of Paul“ und „Religious Ecstasy“36. Doch ist er dabei zumindest um den Eindruck bemüht, von Staupitz’ Einfluss auf Luther nicht nur das Seelsorgerliche übrig zu lassen37. very succinctly summarizes Bernard’s Christo-centric spirituality:“ POSSET (Forts.) [Folgt Zitat aus der Legenda aurea nach der Übersetzung durch W. G. Ryan, Princeton NJ, 1993, Bd. 2, S. 102 f.; hier ersetzt durch die Entsprechung in Legenda Aurea (ed. Maggioni) (21998), Cap. CXVI, 115: S. 819] Fateor, non sum dignus ego, nec propriis possum meritis obtinere regnum coelorum. Caeterum duplici iure illud obtinens dominus meus, hereditate scilicet patris et merito passionis, altero ipse contentus alterum mihi donat; ex cuius dono iure illud mihi vindicans non confundor. „Such Bernardine thinking formed a considerable part of the matrix of Staupitz’s sermons.“ 33 Widersprüchlich urteilt Posset (S. 197 f., bes. Anm. 245) über Seuses Erbe bei Staupitz. 34 STIEVERMANN, Der Augustinermönch Dr. Conrad Holzinger. Kaplan, Rat und Kanzler des Grafen bzw. Herzogs Eberhard des Jüngeren von Württemberg am Ende des 15. Jh.s, in: Mittel und Wege früher Verfassungspolitik (SMFNZ 9), 1979, S. 356–405, hier 392 mit Anm. 171; Bücherliste S. 392–395. 35 STEINMETZ, Luther and Staupitz. An essay in the intellectual origins of the protestant reformation (Duke Monographs in Medieval and Renaissance Studies 4), Duke, North Carolina 1980. 36 Vorformen für „Hermeneutic ...“ und „.. Ecstasy“ liegen vor in ARG 70 (1979), S. 24–58, bzw. SCJ 11 (1980), S. 23–37. 37 STEINMETZ, LaS (1980), S. 8: „I would not want to leave the impression [...].“ und S. 30 „... there is a very real danger in all this talk of schools and traditions of losing the particular historic circumstances of their first meeting. They did not meet in the classroom or library, but in the chapel, the refectory, and in the confessional. [...].“ – Wir haben 32
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Werner GOEZ widmet in ,Luthers „Ein Sermon von der Bereitung zum Sterben“ und die mittelalterliche ars moriendi‘ (1981)38 Staupitz’ Nachfolgung einige Seiten. Gar nur gestreift wird Staupitz bei Manfred SCHULZE, ,Via Gregorii‘ (1981). Für ihn ist es Staupitz, der den für den Wittenberger Augustinismus „entscheidenden Umschwung in der Haltung Karlstadts veranlaßt hat, nicht der angeblich ehrgeizig beneidete jüngere Kollege Luther“39. Martin BRECHT schreibt im ersten Band seiner Luther-Biographie (1981) programmatisch40: „In der folgenden Darstellung wird Staupitz immer wieder begegnen, denn er war Luthers Ordensoberer, der mehrfach entscheidend in dessen Lebensgang eingegriffen und dessen Karriere als Theologe und Ordensmann geradezu aufgebaut hat. Außerdem war er verschiedentlich Luthers Seelsorger. Überdies haben zwischen Staupitz und Luther mindestens zeitweise beachtliche theologische Gemeinsamkeiten bestanden“. Brecht arbeitet dieses Programm mit Beharrlichkeit ab. Den Durchbruch von Luthers reformatorischer Erkenntnis – dass Gottes Gerechtigkeit Rm 1, 17 seine in Christus offenbar gewordene Barmherzigkeit ist – definiert und datiert Brecht in einer Zusammenschau von drei Texten Luthers, 1. den Resolutiones zu den Thesen über den Ablass41, 2. seinem großen Selbstzeugnis von 1545 über die Entdeckung der iustitia dei und 3. dem Sermo de duplici iustitia, den Luther am 28. März, dem Palmsonntag 1518 gehalten hat42. Bemerkenswert ist Brechts Nachsatz zu dieser Zusammenschau; seine erste Hälfte lautet: „Ganz isoliert brauchte sich Luther mit seiner neuen Erkenntnis nicht zu fühlen. [...] Staupitz hatte in seiner Anfang 1517 erschienenen Schrift über die Vollziehung der ewigen Vorsehung“ – gemeint ist De exsecutione in deutscher Übersetzung – „ [...] Gedanken geäußert, die mit denen Luthers nahezu übereinstimmten“43. Man würde aufgrund dieses eher vagen Hinweises nicht vermuten, Steinmetz’ Interesse an der Wahrung von Luthers Originalität und Selbständigkeit früher mehrfach (vielleicht zu ausschließlich?) betont; siehe Dohna, Staupitz und Luther (1985) und Wetzel, Staupitz und Luther (1986), in diesem Sammelband S. 179 mit Anm. 11 bzw. 193 mit Anm. 7. 38 GOEZ, ... , in: LJ 48 (1981), S. 97–114, hier 107 f. 39 SCHULZE, Via Gregorii (1981) über Staupitz S. 109–126, hier 116. S. 119 Anm. 76 ein Versuch, das epistolium Staupitz’, auf das sich Karlstadt hierfür beruft, in De exsecutione § 13 wiederzufinden. 40 BRECHT, Martin Luther. Sein Weg zur Reformation. 1483–1521, Stuttgart 1981. 21983, S. 62. 41 Auffälligerweise ohne zunächst Luthers an Staupitz gerichteten Begleitbrief zu denselben vom 30. Mai 1518 eigens zu erwähnen; dies geschieht erst in einem Nachsatz S. 224. Auch äußert er sich hier nicht zum Verhältnis der Selbstzeugnisse in 1. und 2. 42 BRECHT, S. 217–218. 219–222. 222–223. 43 BRECHT, S. 223/224. Aus seiner Tätigkeit als Gutachter der DFG mit den Arbeiten des SFBs vertraut, zitiert Brecht in Anm. 24 (S. 483) bereits nach JvS 2 (1979), jedoch ohne
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dass die entscheidenden Zeilen „d(er) neue(n) Konzeption“ Luthers, die, so Brecht zuvor, „in dem Sermon von der doppelten Gerechtigkeit“ „völlig klar und eindeutig (vor)liegt“, Wort für Wort ihre Entsprechung bei Staupitz haben44. Und: Erst jetzt, in der zweiten Hälfte seines Nachsatzes, erwähnt Brecht den Begleitbrief vom 30. Mai 1518: „Von daher wird auch noch einmal verständlich, warum Luther in seinem Einleitungsbrief zu den Resolutiones so stark hervorgehoben hat, was er Staupitz für sein Verständnis der Buße verdankte“. Zu Staupitz’ Haltung gegenüber Luther in den späten Salzburger Jahren bemerkt Brecht aufgrund der ohne Antwort bleibenden Briefe Luthers: „Unter dem kirchlichen Druck endete die für Luther so wertvolle Weggemeinschaft [...] schmerzlich“45. Staupitz’ letzten Brief an Luther vom 1. April 1524 nennt er – im zweiten Band (1986) – nach ausführlicher Paraphrase ein „Dokument der Gemeinsamkeit über die Geschiedenheit hinweg“46. Die Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae, das Gutachten des Abtes Staupitz im Verfahren gegen den Luther-Sympathisanten Agricola, ignoriert er47. Berndt HAMM, Frömmigkeitstheologie (FrTh) (1982) hat den – vor allem in seiner adjektivischen Form – etwas sperrigen, aber anregenden Begriff Frömmigkeitstheologie, den sein Buch im Titel führt und unter den sich so unterschiedliche, in manchem sogar gegensätzliche Gestalten wie Staupitz und Paltz fassen lassen, in der Forschung etabliert48. Auf Staupitz, dem er sich hier anlässlich der Arbeit an der Neu-Edition der Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517 von diesen her nähert, kommt Hamm in mehreren Beiträgen zur Luther-Forschung, wie zu einer Referenzgröße, immer wieder zurück (s. unten bei Anm. 63, 158, 159, 160, 245, 248). Heiko A. OBERMAN, ,Luther, Mensch zwischen Gott und Teufel‘ (1982)49, wirkt neben Brechts monumentaler Biographie wie ein großer Essay, in dem es besonders um die Entfaltung der Titel-Aussage geht. So liegt es weder in seiner Absicht, Luthers Leben in toto nachzuerzählen, noch seine sämtlichen Berührungspunkte einzelne Stellen zu nennen. Überhaupt kommt er ohne ein einziges Originalzitat aus Staupitz aus. 44 Brechts summarischen Hinweis vertieft Wetzel, Staupitz und Luther (1986), durch eine detaillierte tabellarische Synopse von Luthers Sermo de duplici iustitia und Staupitz’ De exsecutione, in diesem Sammelband S. 201–203. 45 BRECHT, S. 408. 46 BRECHT, Martin Luther. Zweiter Band. Ordnung und Abgrenzung der Reformation. 1521–1532, Stuttgart 1986, S. 101. 47 Samt der in JvS 2 (1979), S. 8 f. mit Anm. 29–31 erstmals vorgetragenen Richtigstellung eines immer wieder weitergereichten Forschungsirrtums; s. hierzu den Beitrag ,Das Häresieverfahren‘ von Dohna, in diesem Sammelband S. 1 mit Anm. 3. 48 HAMM, FrTh (1982) über Staupitz S. 234–245. Über das ungleiche Paar neuestens HAMM, Ablass und Reformation (2016), S. 228–230. 49 OBERMAN, ... zwischen Gott und Teufel, Berlin 1982. Taschenbuchausgaben München 1986 und 1991.
Forschungsbeiträge von 1979 bis 1987
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mit Staupitz in Leben und Lehre zu behandeln50. Hinsichtlich Datierung und Zweckbestimmung von Luthers Romfahrt folgt er zwar der damaligen, von Heinrich BOEHMER 1914 etablierten Communis opinio, doch handelt er die rahmende ordensgeschichtliche Episode nicht wie ein lästiges Thema, das keinen Erkenntnisgewinn verspricht, pflichtschuldigst ab. Vielmehr dringt er, vorurteilsfrei wie niemand vor ihm, in das Strukturproblem – das Dilemma Reinheit oder Einheit – ein, das dem Observanzstreit zugrunde liegt und bezieht das Interesse der politischen Instanzen in das Kräftedreieck mit ein, sodass sich das Ganze plötzlich in seiner Relevanz zeigt: als eine Art Vorspiel der Reformation (S. 148–154). Ungewöhnlich ist ein Zweites: Kein Lutherbuch-Autor außer ihm bis heute würdigt, und das Jahre vor Erscheinen ihrer Neuedition, die Tübinger Predigten, sei es auch hauptsächlich, um mit einer Anekdote über ihre Nicht-Vollendung Staupitz’ selbstkritischen Humor zu illustrieren (S. 192)51. Sein Urteil (S. 195): „Der Generalvikar und Doktorvater hat [..] mehr geleistet, als Luthers Prädestinationsanfechtungen zu ›mildern‹ – er hat, wie Luther kundgibt, ihm ›ausgeholfen‹“, d. h. herausgeholfen, „und zwar dadurch, daß er grundsätzliche, biblische, und damit unumstößliche Antworten zu geben wußte. Darin hat Johannes von Staupitz Luthers Theologie bleibend geprägt“. Ohne Zusammenhang mit dem Tübinger Projekt einer Staupitz-Gesamtausgabe erscheinen 1982 im Jahr bzw. aus Anlass des 1400jährigen Bestehens der Erzabtei St. Peter in Salzburg die Beschreibung der dort bewahrten deutschen Handschriften von Gerold HAYER52 und, für den Katalog der Salzburger Landes-Ausstellung und die Festschrift des Benediktiner-Ordens, die erste Gruppe der grundlegenden Arbeiten von Johann SALLABERGER, die ein verblüffend einfaches Fundament liefern für Staupitz’ Neigung zum „fernen“ Salzburg53: nämlich die Existenz einer städtischen Prädikanten-Stiftung und die Existenz einer Terminei der Münchener Augustiner in der Stadt ohne Mendikantenklöster54. Als Nachzügler zu der genannten Festschrift im folgenden Jahr publiziert, erscheint als Interpretations-Frucht der von Wolfram SCHNEIDER-LASTIN erstmals vollständig edierten Salzburger Predigten 151255 von L. GRAF ZU DOHNA und 50
So geht er zwar auf ihre erste Begegnung ein (S. 145), auf ihre Tauler-Rezeption (S. 191), auf Unterschiede (S. 194 f.), z. B. beim ’fröhlichen Wechsel’ (S. 195 f.), auf das Gespräch über wahre Buße (S. 202); fast gar nicht geht er auf die Phase der Entfremdung ein (S. 198 ’Exkommunikation’). 51 Staupitz hat die – lateinischen! – Tübinger Predigten mit Sicherheit n i c h t „in der Stiftskirche“ gehalten, sondern, wenn sie nicht reine Lesepredigten sind (s. JvS 1, S. 8 f. mit Anm. 31), in der – im Tübinger Stift umgebaut erhaltenen – Kirche der Augustiner. 52 HAYER, Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg (1982). Zu Staupitz S. 162–165 (b II 11), S. 263–267 (b V 8, 1–6) und S. 267 (b V 8, 7). 53 Vom „fernen Salzburg“ spricht Oberman noch 1989; siehe den Beitrag ,Beständiger als Frauenliebe‘ von Wetzel, in diesem Sammelband S. 279 mit Anm. 18. 54 SALLABERGER, Katalog 1982, S. 91–98 mit Nr. 304–326; SALLABERGER, SM 1982, S. 218–269. 55 Salzburger Predigten 1512, gedruckt vorliegend allerdings erst seit 1990; vgl. unten.
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Edition und Forschung seit 1979
R. WETZEL der Aufsatz ,Die Reue Christi‘56. Gemeint ist mit diesem heute ungebräuchlichen Begriff die Bereuung der Sünden aller Menschen durch Christus am Ölberg, auf die allein sich der Mensch in seiner grundsätzlich unzureichenden Reue verlassen kann. Zur Herausarbeitung einzelner Bestandteile der Vorstellung und ihrer Kontinuität im Ganzen von Staupitz’ Werk werden De exsecutione, die Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517, die Salzburger Predigten 1520 und die Salzburger Predigten 1523 herangezogen. Heinz SCHEIBLE kann 198357 den urkundlichen Beweis dafür erbringen, dass die Heidelberger Disputation nicht nur ein ordensinternes, sondern ein universitätsöffentliches Ereignis war. Martin BRECHT setzt in einem Aufsatz von 198458 bei jenem Brief, in dem Staupitz Luther nach Salzburg einlädt, um mit ihm zu leben und zu sterben, das überlieferte Datum, Salzburg, 14. September 151859, wieder in sein Recht ein. Er ändert aber nichts an der unzutreffenden Identifizierung des princeps, der mit der Einladung einverstanden sei. Als solchen kann Staupitz in Salzburg nur Fürst-Ebf. Leonhard von Keutschach (†Mai 1519) gemeint haben, nicht aber Kurfürst Friedrich den Weisen von Sachsen60. Albe´ric de MEIJER ediert 1984 zunächst den zweiten Band der Regesten des Aegidius von Viterbo als Ordensgeneral61, 1988 den ersten62, 1984 mit einem einzigen Bezug auf Staupitz (Nr. 412 S. 132), 1988 dann mit besonders zahlreichen Bezügen, den Streit um den Plan einer Union der Reform-Kongregation mit der thüringisch-sächsischen Provinz, die sog. Contentio Staupitii, betreffend. Berndt HAMM eröffnet 1986 mit ,Was ist reformatorische Rechtfertigungslehre?‘63 eine Reihe grundlegender Fragen zur Luther-Forschung mit Staupitz als Referenz-Größe für „die mittelalterlich-katholische Lehre“. 56
DOHNA / WETZEL, Die Reue Christi (1983), in diesem Sammelband S. 151–175. SCHEIBLE, Die Universität Heidelberg und Luthers Disputation, Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 131 (1983) S. 309–329, hier 321 f.; auch in: Melanchthon und die Reformation. Forschungsbeiträge, hg. v. Gerhard May und Rolf Decot (VIEG Beih. 41), 1996, S. 371–391, hier 383 f.; bei Posset, FR (2003), S. 230 Anm. 88 als eine noch ganz frische Presse-Nachricht. 58 BRECHT, Datierung, Textgrundlage und Interpretation einiger Briefe Luthers von 1517–1522, in: Lutheriana. Zum 500, Geburtstag Martin Luthers von den Mitarbeitern der Weimarer Ausgabe, hg. v. Gerhard Hammer und Karl-Heinz zur Mühlen (AWA 5), Köln und Wien 1984, S. 377–391, hier 378. 59 Saltzburgae, die Exaltationis sanctissimae crucis, anno M.D.XVIII. 60 So Clemen in WAB 1, S. 218 f. Nr. 119. Auch Johann SALLABERGER 1989 (s. unten bei Anm. 86) erkennt im princeps nicht Leonhard von Keutschach. 61 Aegidii Viterbiensis O.S.A. Registrum generalatus, [pars 2.] 1514–1518, quod edendum curavit Albericus de Meijer (Fontes historiae ordinis Sancti Augustini: Prima series, Registra priorum generalium 18), Rom 1984. 62 Aegidii Viterbiensis O.S.A. Resgestae generalatus, [pars] I. 1506–1514, quas edendas curavit Albericus de Meijer (Fontes ... , Prima series ... 17), Rom 1988. 63 HAMM, Was ist reformatorische Rechtfertigungslehre?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 83 (1986), S. 1–37. Der mit Anm. 23 belegte Gedanke steht bei Staupitz selbst: De 57
JvS 1: Tübinger Predigten, 1987
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Richard WETZEL, ,Staupitz und Luther‘ (1986)64, zeigt anhand von zwei ausdrücklichen Selbstzeugnissen Luthers, dass er eine ’doctrina’ niemand anders als Staupitz verdanke – einem frühen (dem Begleitbrief zu den Resolutiones vom 30. Mai 1518), die Buße betreffend, und einem späten (einem Tischredenzeugnis vom 18. Febr. 1542), die Prädestination betreffend –, Staupitz’ Einfluss auf Luther, listet sodann eine Reihe aus der Tradition geerbter Gemeinsamkeiten auf und schließt mit einer Stellensynopse von Luthers Sermo de duplici iustitia und Staupitz’ De exsecutione. 1991 aktualisiert WETZEL den Beitrag von 198665. Ilse GUENTER erlaubt sich 1987 in Contemporaries of Erasmus 3 (1987)66 gleich mehrere Ungenauigkeiten67. Markus WRIEDT analysiert 1987 in ,Ist der „Libellus auro praestantior ...“ eine Lutherschrift?‘68 Staupitz’ Nachfolgung, angeregt durch Martin BRECHT, der in der Einleitung zu seiner Edition der anonymen Schrift69 einige Berührungen derselben mit Staupitz’ Nachfolgung und anderen Lehrpunkten der Wittenberger Theologie notiert hatte. JvS 1: Tübinger Predigten, 1987 1987 erschien endlich JvS 1 mit den Tübinger Predigten, ed. WETZEL. Während Albe´ric de MEIJER OSA ausgiebig den schleppenden Fortschritt der Gesamtausgabe beklagt70, stellt Eckehart STÖVE fest: „Die hervorragende editorische Leistung entschädigt reichlich dafür, daß der Band so lange auf sich warten ließ.“71 Helmar JUNGHANS urteilt: „Ein beeindruckendes Beispiel dafür, welche exsecutione § 38, Z. 9 f. (JvS 2, S. 120/121 mit Anm. 14): Colligunt sapientes [...] deum non praemiare nisi sua opera. 64 WETZEL, Staupitz und Luther (1986) (in diesem Sammelband S. 190–203). 65 WETZEL, Staupitz und Luther. Annäherung an eine Vorläufer-Figur (1991). – Näheres zur Aktualisierung siehe in diesem Sammelband S. 190 Anm. **; hier sei nur darauf hingewiesen, dass die Stellensynopse von Luthers Sermo de duplici iustitia und Staupitz’ De exsecutione am Schluss des Beitrags von 1986 in der Aktualisierung von 1991 ersetzt ist durch Parallelen zwischen dem Begleitbrief zu den Resolutiones und Sätzen aus diesen selbst: siehe Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte 58 (1991), S. 369–395, hier S. 374 f. mit Anm. 19–21, S. 380 mit Anm. 37 f., S. 384 Anm. 50 f. u. 54. 66 GUENTER, Art. Staupitz, in: Contemporaries of Erasmus 3 (1987), S. 282 f. 67 GUENTER, S. 283: „ ... in 1520[!] ... he accepted the invitation of Cardinal Matthäus Lang[!] to go[!] to Salzburg as preacher and councillor. ... In 1521[!] Lang obtained his transfer from the Austin friars to the Benedictine order ... “. 68 WRIEDT, Ist der „Libellus auro praestantior de animi praeparatione in extremo laborantis, deque praedestinatione et tentatione fidei“ eine Lutherschrift?, in: LJ 54 (1987), S. 48–83, hier 67–71. 69 BRECHT, Der „Libellus auro praestantior ...“. Eine unerkannte frühe Predigt Luthers?, in: AWA 5 (1984), S. 333–350, bes. 337–339. 70 De MEIJER, in: Augustiniana 38 (1988), S. 257 f., hier 257. 71 STÖVE, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 69 (1989), S. 467 f. Er fährt fort: „[...] Die [..] Edition behebt nicht nur [die] Ungereimtheiten
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Erkenntnisfortschritte eine gute Quellenedition bringen kann.“72 73 Demgegenüber nimmt Alister MCGRATH das Faktum der radikalen Reduzierung von Staupitz’ Quellen auf ein Dutzend direkt benutzter Autoren, die alle übrigen gewissermaßen auf ihrem Rücken tragen, überhaupt nicht zur Kenntnis und missversteht deshalb auch die Rolle von Thomas Waleys74. Stellvertretend für die von allen Rezensenten ausgesprochene besondere Anerkennung des Sachwortregisters und zugleich abschließend sei Franz POSSET zitiert75, bedenkenswert skeptisch im Hinblick auf die Rezeptionschancen76. und ergänzt [die] Lückenhaftigkeit [der Ausgabe von Buchwald und Wolf]; mit größter Sorgfalt wurde versucht, den Text auf seine Quellen hin durchsichtig zu machen, indem nicht nur die expliziten Zitate zuverlässig nachgewiesen [...] wurden. Bereits die Einleitung ist eine Visitenkarte für die Treffsicherheit des Ganzen. Nur eine Marginalie des darin erzielten Erkenntnisfortschritts sei erwähnt: die Auffassung der Predigten als literarische Gattung statt als Ergebnis der Kanzelpraxis beseitigt mit einem Schlag müßige und unergiebige Spekulationen.[ ...]“. 72 JUNGHANS, in: LJ 1990, S. 306 f. Er fährt fort: „Wichtiger“ [als die mit Verwunderung konstatierte schullateinische Orthographie] „[...] ist die Sorgfalt, mit der die Quellen aufgespürt werden. [...]. Der Hrsg. hat sogar festgehalten, ob Zitate dem Original entnommen oder durch andere Werke vermittelt wurden.“ 73 JUNGHANS (Forts.): „Dadurch verringert sich einerseits die Zahl der Werke, von denen anzunehmen ist, daß Staupitz sie gelesen hat, andererseits wird dabei ein selbständiges, von keiner scholastischen Strömung getragenes Studium einiger Schriften des Augustinus deutlich, das an die Kirchenväterstudien der Bibelhumanisten erinnert. [...] So verdreifachte sich das aus [...] Aegidius Romanus (1243/47–1316) nachgewiesene Material [...]. Von Johann Gerson (1363–1429) arbeitete Staupitz u. a. ohne jeden Hinweis zwei kleinere Schriften fast vollständig ein, so daß diesem [...] nun die zweite Stelle unter den [...] Autoritäten eingeräunt werden muß. [...] Alle diese Entdeckungen zusammen gewähren neue Einblicke in die theologische Entwicklung des späteren Ordensvorgesetzten Luthers [...]. Entsprechende Bemühungen werden von dem vorzüglich untergliederten Sachregister wesentlich gefördert werden.“ 74 MCGRATH, in: Journal of Theological Studies NS. 39 (1988), S. 629–631: „Wetzel’s readings are generally to be preferred [to Buchwald / Wolf’s] [...]. [...]. The new edition will [..] allow a cautious re-evaluation of Staupitz’ reception of, and the role in the transmission of, Augustinianism in later Middle Ages, and may thus indirectly throw light upon the question of Luther’s theological formation. Wetzel’s meticulous source-critical investigations leads to significant, yet not decisive, modifications of Buchwald and Wolf’s analysis of Staupitz’ sources. It is shown, for example, that Staupitz draws upon Giles of Rome to a considerably greater extent that has hitherto been supposed [...]. [...] Staupitz [..] an essentially conservative thinker. [...] where Staupitz draws upon recent writers, such as Thomas Waley’s [sic] commentary on de civitate Dei (Basel, 1489), it is for historical clarification of Augustine’s meaning [...].“ Er scheint freilich Thomas Waleys (†1349), offenbar verleitet durch das Jahr des Amerbach-Drucks, als „recent writer“ zu betrachten. 75 POSSET, in: Sixteenth Century Journal 19 (1988), S. 275 f.: „In typical German thoroughness, about 150 pages in the latter part of the edition are dedicated to the index which is divided into four sections: index of personal names [...], biblical references [...], a most
Forschungsbeiträge von 1987 bis 1990
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Forschungsbeiträge von 1987 bis 1990 Dem sehr positiven, aber schwachen Echo, das JvS 1 in den Rezensionen fand, entspricht die geringe Zahl von Forschungsbeiträgen in Aufsätzen aus der kurzen Zeit von 1987 bis 1990, die sich mit den Tübinger Predigten befassen und die mehrheitlich von Mitgliedern des Editoren-Teams stammen. Phillip N. BEBB beschreibt 198877 die Sodalitas Staupitziana als Teil des humanistisch gebildeten Nürnberger Establishments, das die Reformation eingeführt hat, und stellt die These Bernd Moellers infrage, der Reformation hätten sich eher die Jüngeren unter den Humanisten zugewandt. Die spätere Abwendung Scheurls und Pirckheimers bleibt außerhalb des gesteckten Zeitrahmens 1516–1521. Wolfgang GÜNTER, ,Johann von Staupitz‘ (1988), berichtet trotz der von der Reihe ,Katholische Theologen der Reformationszeit‘ verlangten Knappheit ergiebig über den „Lebenslauf“78, den „Ordenspolitiker“. den „Theologen“ und den „Vorgesetzten, Vater und Lehrer Martin Luthers“. Günter erwähnt zwar die Tübinger Predigten mehrfach, macht sich jedoch die quellenkritische Evidenz, die ihnen aus der Neu-Edition erwachsen ist, nicht ausdrücklich zunutze. Lothar GRAF ZU DOHNA, ,Ordensreform‘ ([1981] 1989)79, führt es auf einen Wandel in Staupitz’ Intention von Reform – von der Reform der Institution zur Reform der Theologie (weg vom Verdienst) – zurück, dass der ordenspolitisch Gescheiterte spirituell eine Generation von Augustinern prägte, aus denen sich die Kader der Reformation rekrutieren konnten. Dabei entdeckt Dohna dieselbe Sensibilität für die Glaubwürdigkeit von Kirche und Orden, wie sie aus Staupitz’ letztem Brief an Luther vom 1. April 1524 spricht (in dem er die Lebensform des elaborate and extraordinarily informative index of Staupitz’ sources and authorities, and an index of Sachwörter in Auswahl listing all the Latin key notions [...]. What the scholarly world has received here is a model of tremendous research efforts and most meticulous labors [...].“ 76 POSSET, ebd.: „The most valuable critical edition of Staupitz’ early sermons is waiting now to be “exploited“ by the scholarly world insofar as the researcher is willing and capable of handling the Latin sources in the context of a critical apparatus given in German and with the editor’s most helpful but incredibly macaronic introduction. With this text edition we possess a rare and precious source for the disclosure of the Augustinian, monastic spirituality which not only nurtured the Wittenberg Reformers [...].“ 77 BEBB, Humanism and Reformation. The Nürnberg Sodalitas Revisited, in: The Process of Change in Early Modern Europe. Essays in Honour of Miriam Usher Chrisman, eds. Phillip N. Bebb and Sherrin Marshall, Athens, Ohio: Ohio University Press, 1988, S. 59–79. Der Text weicht nur minimal von einer masch. Vorform aus dem Jahr 1975 ab, die sich in den Akten des SBF 8 befindet. In Anm. 7 sind einige neuere Titel hinzugefügt. 78 GÜNTER (1988), S. 14: statt „und mit dem dortigen Kardinal-Erzbischof Matthäus Lang war er befreundet. Letzterer sorgte ...“ müsste es heißen „und mit dem dortigen FürstErzbischof Leonhard von Keutschach († 1519) war er befreundet. Dessen Nachfolger, Kardinal-Erzbischof Matthäus Lang, sorgte ...“ 79 DOHNA, Von der Ordensreform zur Reformation, in diesem Sammelband S. 138–150; zum verspäteten Druck s. ebd. Anm. *.
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Mönchtums als Adiaphoron verteidigt), schon in den Tübinger Predigten, in denen der Optimismus institutioneller Reform noch ebenso ungebrochen ist wie die Überzeugung von der Verdienstlichkeit von Menschenwerken. Für seine 1989 zuerst als Beitrag zur Festschrift Dohna erschienene Studie ,Reichsstädtischer Humanismus in Nürnberg‘80 mit einer Musterung des Personenkreises, aus dem sich 1516 /17 die Sodalitas Staupitziana zusammenfand und aus dem dann die deutsche Übersetzung von Luthers Ablassthesen in die Welt ging, kann Berndt HAMM die Tübinger Predigten, gleichgültig in welcher Edition, ohne Verlust bei Seite lassen. Eine Ausnahme bildet der Widmungsbrief81. Dass auch die Bewunderung für Hieronymus durch die für Augustin82 bei Staupitz selbst schon in den Tübinger Predigten abgelöst ist, wird nicht erwähnt. In den einander ergänzenden Festschriftbeiträgen ,Captivitas Babylonica. Die Kirchenkritik des Johann von Staupitz‘ (1989)83 und ,Duplex misericordia. Der Teufel und die Kirche in der Theologie des jungen Johann von Staupitz‘ (1989)84 überrascht Heiko A. OBERMAN die Staupitz-Forschergemeinde aus den Tübinger Predigten mit einer bisher aus Staupitz’ Feder nicht bekannten Kritik an der Kirche bis in ihre Spitze: der vicarius Christi ein Wolf, größtmögliche Anfechtung der Liebe zur Kirche. Die Darstellung der dort ebenfalls beschworenen Gefahr, im Eifer der Kritik den Primat des Papstes überhaupt zu leugnen, überlässt der evangelische Professor Oberman dem katholischen Ordensmann ZUMKELLER85. Johann SALLABERGER identifiziert 198986 den princeps in jenem Brief vom 14. September 1518, in dem Staupitz Luther nach Salzburg einlädt, mit WAB (wie Anm. 60) als Kurfürst Friedrich, schildert dann aber doch die zahlreichen Kränkungen durch Rom, die Fürst-Ebf. Leonhard von Keutschach Grund genug gegeben hätten, Roms Vorgehen in der Causa Lutheri zu behindern. Erst für Posset (2003) ist dann „more likely“ Leonhard von Keutschach der princeps. 80
HAMM, Reichsstädtischer Humanismus in Nürnberg (1989), Langfassung unter dem Titel ,Humanistische Ethik ... in Nürnberg‘ (1989); der Abschnitt „Neue Aspekte bei Staupitz“ steht S. 168–172 bzw. 133–142. 81 Diesen zieht HAMM S. 169 mit Anm. 112 (S. 190) bzw. S. 137 Anm. 291 heran. 82 Zu diesem Wechsel des Vorbildes s. HAMM, S. 167 ff. bes. 170, bzw. 131 ff., bes. 138 Mitte. 83 OBERMAN, Captivitas Babylonica, in: FS. Dohna (1989). 84 OBERMAN, Duplex misericordia, in: FS für Martin Anton Schmidt (1989). 85 ZUMKELLER, Reformbewegung (1989), S. 46 f. 86 SALLABERGER, Die Einladung Luthers nach Salzburg im Herbst 1518, in: Uni trinoque domino: Karl Berg. Bischof im Dienste der Einheit. Festgabe Erzbischof Karl Berg zum 80. Geburtstag, hg. v. H. Paarhammer und F. M. Schmölz, Thaur [bei Innsbruck] / Tirol (1989), S. 445–467. – Ohne ein Voraus-Exemplar seines noch nicht veröffentlichten Aufsatzes ,Ispiratori e sostenitori di Lutero. Dal maestro Johann von Staupitz ai circoli di Norimberga e Augusta‘, das Franz Posset vor der Tagung ,Staupitz, Luther und Salzburg 1517–1524’ am 5. und 6. Mai 2017 Richard Wetzel zukommen ließ, wäre uns der Sallaberger-Beitrag von 1989 entgangen; der Hinweis darauf steht bei Posset, Ispiratori, Anm. 27 – und schon bei Posset, Front-Runner (2003), S. 235 mit Anm. 107.
Forschungsbeiträge von 1990 bis 2001, 1. Hälfte
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Richard WETZEL benennt in ,Staupitz antibarbarus. Beobachtungen zur Rezeption heidnischer Antike in seinen Tübinger Predigten‘ (1989)87 erstmals die im Widmungsbrief der Tübinger Predigten an Johannes Brüheim formulierte bibelhumanistische Programmatik und wählt ein nicht weniger überraschendes, aber weniger existentielles Thema aus dieser frisch erschlossenen Quelle: Staat, Helden, Tugenden, Götter Roms; sie werden freilich als abstoßende Exempla eingeführt, nicht als Vorbilder. Salzburger Predigten 1512, 199088 Die einzige uns bekannt gewordene Rezension ist die von Thomas WILHELMI89, der sich darauf beschränkt, „die konzise Einleitung“ als „wichtige(n) Beitrag zur Biographie“ zu bezeichnen. Das ließe sich präzisieren: In ihr werden die neuen Erkenntnisse Johann Sallabergers (1982; s. oben) über die Existenz einer Salzburger Terminei der Münchner Augustiner erstmals genutzt und das bisher eher vage Wissen über Zweck und Praxis einer Stiftsprädikatur (Stiftung einer Predigerstelle) an der Salzburger Stadtkirche vertieft, beides zur Erhellung der Lebensumstände Staupitz’ in der Stadt im allgemeinen und für die Predigtsituation im besonderen (die Petersfrauen auf der Empore als Zuhörer). Die Stiftungsurkunde vom 12. März 1399 wurde vom Bearbeiter Wolfram Schneider-Lastin im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv aufgefunden. Adolar ZUMKELLER (s. unten bei Anm. 138 ff.) hat die Edition nicht nur en passant als „vorbildlich“ und als „gediegene Arbeit“ bezeichnet, sondern ausgiebig von ihr Gebrauch gemacht90. Forschungsbeiträge von 1990 bis 2001, 1. Hälfte Monique FOKET skizziert in ,Luther et Staupitz (1)‘ (1990)91 ganz aus zweiter Hand Staupitz’ Einfluss auf Luther und seine Grenzen. Rudolf K. MARKWALD kann 1990 seine kommentierte englische Übersetzung der Salzburger Predigten 1520 im Druck erscheinen lassen.92 Er und Franz Posset 87
WETZEL, Staupitz antibarbarus, in: FS Dohna, in diesem Sammelband S. 204–222. Die Edition der Salzburger Predigten 1512 durch Wolfram Schneider-Lastin erschien zwar als Dissertationsdruck in Tübingen erst 1990, war aber bereits 1984 als philosophische Dissertation angenommen worden. Dohna / Wetzel haben, schon während die Edition noch in Arbeit war, für ihren Aufsatz „Die Reue Christi“ (1983) (s. oben) aus ihr geschöpft. 89 WILHELMI, in: LJ 60 (1993), S. 139. 90 ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. VII bzw. S. 10 Anm. 22, „Stellenverzeichnis“ S. 237. 91 FOKET, ... , in: La Foi et le Temps 20 (1990), S. 69–83. Sie fußt im Wesentlichen auf Henri STROHL, Luther jusqu’ en 1520, in: E´tudes d’Histoire et de Philosophie religieuse 55 (1962). WOLF, SuL (1927), JEREMIAS (1926) und STEINMETZ, LaS (1980) nennt sie ausdrücklich als für sie nicht zugänglich, STEINMETZ, MD (1968) erwähnt sie überhaupt nicht, dito JvS 2 (1979) und JvS 1 (1987). 92 MARKWALD, A Mystic’s Passion (1990). – Eine Begründung dafür, dass er als Textvor88
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waren lange Zeit die einzigen Forscher, die nach Entdeckung der – überraschend scholastischen – Tübinger Predigten vorrangig die ältere Sicht auf Staupitz als einen Repräsentanten der mystischen Theologie weiter gepflegt haben. Franz POSSET eröffnet die Liste seiner Funde bernhardinischer Spuren bei Staupitz mit ,St. Bernard’s influence on two reformers‘ (1990)93. In seinem Festschriftbeitrag für Oberman, ,Der Hiob-Prediger‘ (1990), stellt Manfred SCHULZE94 aus den Tübinger Predigten Staupitz als Reformer, Sittenlehrer, ’Aegidianer’, Prior und Seelsorger vor. In der Disputation des Sermo 15 zwischen Gott und Satan über Gnade und Willensfreiheit bedient sich Satan, so die These von Schulze, der strikt antipelagianischen Argumente, die man von Gregor von Rimini kennt, ohne dessen Namen zu nennen. Staupitz hätte dann von den Tübinger Predigten zu De exsecutione95 einen ähnlich entscheidenden Umschwung zum Wittenberger Augustinismus hin vollzogen wie, und zwar bekanntlich auf seine Anregung hin, Karlstadt. Wie dem auch sei, offensichtlich treibt die Frage schon den ’Aegidianer’ Staupitz um. Bernhard LOHSE referiert in seinem Beitrag zur selben Festschrift für Oberman, ,Wittenberger Augustinismus‘ (1990)96, Karlstadts an Staupitz gerichteten Widmungsbrief zum Kommentar zu Augustins De spiritu et littera (S. 90–92) und prüft dann (S. 92–97) in einer Art verspäteter Rezension der Edition von De exsecutione in JvS 2 (1979) die Stichhaltigkeit der Verweise der Bearbeiter auf Aug. De spir. et litt. im kommentierenden Apparat97. Die in der damals bereits erschienenen NeuEdition der Tübinger Predigten in JvS 1 (1987) sichtbar gemachte breite AugustinRezeption98 bleibt unberücksichtigt. lage Cod. Nonnberg. 23 D 4 gewählt hat und nicht Cod. St. Peter, b V 8, gibt Markwald S. 26 nicht. Auf Orientierungshilfen wie die Mitführung der fol.-Zählung der Textvorlage oder Kolumnentitel zur Unterscheidung der einzelnen Kapitel und von Text und Kommentar innerhalb derselben verzichtet er. – Das textkritische Schwanken zwischen haut und hant S. 102, Z. 6 v.u., S. 120 Anm. 55, S. 133, S. 144 Anm.36, S. 147 Anm. 42, S. 166 Anm. 28, S. 179, S. 182 entscheidet Posset, FR (2003), S. 257 Anm. 27 sinnvoll zugunsten von haut. Seine Entscheidung bestätigt ein Blick in die Karfreitags-Liturgie: Dort ist Lam 3, 1–9 die 3. Lesung der 3. Nokturn; V. 4 lautet: Vetustam fecit pellem meam et carnem meam ... . 93 POSSET, St. Bernard’s influence on two reformers: Johann von Staupitz and Martin Luther, in: Cistercian Studies 25 (1990) S. 175–187, hier 177–182. 94 SCHULZE, Hiob-Prediger (1990), bes. S. 72–77. 95 De exsec. § 16: Si autem illud naturae concedis et non aliud quam ab Adam accepisti, [...] semimortuum tantum [habes] hominem, debilem, vulneratum et impotentem etiam ad opera naturae possiblia, mit Staupitz’ Marginalie Lc 10. – Das Sachwortregister verzeichnet ’semimortuus’, ’debilis’, ’vulneratus’ und ’impotens’ unter ’infirmus’. 96 LOHSE, Wittenberger Augustinismus (1990), S. 89–109. 97 S. oben Anm. 23. 98 Doxographisch eher unspezifisch, aber Ausdruck eines das theologische begleitenden humanistischen Interessses; vgl. die nachträgliche Bemerkung (Anm. 144) (2017) zum Beitrag ,Staupitz Augustinianus‘ von Wetzel in diesem Sammelband S. 264 f.
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Das Jahr 1990 schließt mit dem enzyklopädischen Staupitz-Artikel von Adolar ZUMKELLER im Dictionnaire de spiritualite´99. In den Dokumenten zur Causa Lutheri100 erscheint 1991 neu ediert der Brief des Ordensgenerals Gabriel della Volta an Staupitz, 15. März 1520. Manfred SCHULZE ordnet in seiner Habilitationschrift ,Fürsten und Reformation‘ (1991)101 die beiden ordenspolitischen Initiativen Staupitz’, den Versuch einer Privilegienkommunikation mit der lombardischen Kongregation (1505) und den Versuch einer Union der Reformkongregation mit der thüringisch-sächsischen Provinz (1507–1512), in das Kontinuum wettinisch landesherrlicher Klosterreform ein. Mit ,Staupitz Augustinianus‘ (1991), seinem Beitrag zur Festschrift für Damasus Trapp, setzt Richard WETZEL102 die quellenkritisch basierte Untersuchung der Tübinger Predigten fort. Der Befund: Augustin ist omnipräsent, die Mehrzahl der Zitate zu einer kaum überschaubaren Vielfalt von Themen ist in humanistischer Unmittelbarkeit ad fontes vor allem aus De civitate und den Enarrationes in Psalmos entnommen, und, wenn überhaupt scholastisch vermittelt, dann durch Petrus Lombardus und Aegidius Romanus. Gerade die Vielfalt der Themen kann einen speziell dogmengeschichtlich interessierten modernen Leser wie Markus Wriedt zu dem Urteil veranlassen, Staupitz’ Augustin-Rezeption sei unspezifisch (s. unten bei und mit Anm. 117). Markus WRIEDT legt nach Vorabdruck eines Teils in der Festschrift Aretin103 seine Dissertation als Monographie unter dem Titel ,Gnade und Erwählung. Eine Untersuchung zu Johann von Staupitz und Martin Luther‘ 1991 im Druck vor104. Auf eine „Biographische Skizze“105 und einen „Forschungsüberblick“106 folgt in zwei 99
ZUMKELLER, Art. Staupitz, in: Dictionnaire de spiritualite´ 14 (1990), Sp. 1184–1196. Dokumente zur Causa Lutheri (1517–1521), hg. v. Peter FABISCH und Erwin ISERLOH, Nr. 9.3: 2. Teil (Vom Augsburger Reichstag 1518 bis zum Wormser Edikt 1521) (Corpus Catholicorum 42), Münster 1991, S. (29) 33–36; S. 36 Faks. des Briefanfangs. 101 SCHULZE, Fürsten und Reformation. Geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der Reformation (1991), bes. S. 164–179. 102 WETZEL, Staupitz Augustinianus (1991); im deutschen Original erstmals in diesem Sammelband S. 223–265. 103 WRIEDT, Augustinerschule, in: FS Aretin (1988). 104 WRIEDT, Gnade u. Erwählung. ... . Diss. theol. Hamburg 1989/90; VIEG, Abt. Rel.gesch. 141), Mainz 1991. 105 WRIEDT, GuE, S. 12–14. – Dass „(Staupitz) auf Einladung des Bischofs Mathäus Lang 1520 nach Salzburg (geht)“ (S. 14), ist aus der Luft gegriffen; „den [!] Dispens für einen Ordenswechsel“ „erteilt Rom“ nicht „am 26. April 1521“ (ebd.), sondern 1522 (Kolde, S. 333), nachdem das außerordentliche Kapitel um Epiphanie 1522 in Wittenberg unter Leitung von Staupitz’ Nachfolger Wenzeslaus Link praktisch die Selbstauflösung der Reformkongregation beschlossen hatte. – Kritisch zu Wriedts biographischer Skizze auch Dohna, Häresie-Verfahren, Anm. 3 (in diesem Sammelband S. 1). 106 WRIEDT, GuE, S. 15–27. Kritisch dazu Dohna / Wetzel, Die Reue Christi, Anm. 142 (in 100
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Teilen die Untersuchung von Staupitz’ Theologie („Gnaden- und Erwählungslehre“, „Conformitas“) und als dritter Teil die „Umgestaltung der Tradition für die Seelsorge“. Wriedt verspricht einen Vergleich zwischen der Prädestinationslehre Staupitz’ im Kontext seiner Gnadenlehre auf Grundlage von De exsecutione107 und der Prädestinationslehre Luthers auf Grundlage der Auslegung von Rm 9–11 in dessen Römerbriefvorlesung108, beschränkt seine Untersuchung dann aber „aus Gründen des Umfangs [...] und der Arbeitsökonomie“109 auf Staupitz.110 Seiner EingangsFrage nach Staupitz’ Rolle in Luthers Werdegang gilt das Interesse gleichwohl auch nach dieser einschneidenden Kürzung. Was in der Hauptsache die Untersuchung bestimmt, ist „die Suche nach den tragenden Motiven“ von Staupitz’ „seelsorgerlich fruchtbarer Theologie“.111 In den beiden ersten der drei Teile begleitet der Leser den Autor Wriedt bei einer aufmerksamen Re-Lektüre112 nicht nur einiger besonders vielversprechender Kapitel, sondern des vollständigen Libellus de exsecutione – in dem, „wie Lichtstrahlen durch eine Linse gebündelt, [...] die zentralen Topoi der klassischen Dogmatik von der Gotteslehre bis hin zur Eschatologie“ „erscheinen“113 – mit zahlreichen, nicht selten überraschenden Seiten- und Ausblicken auf den jungen Luther.
diesem Sammelband S. 175); Wetzel, SuL, Anm. 26 (ebd. S. 203); Wetzel, Staupitz antibarbarus, Anm. 43 (ebd. S. 221). 107 Dass im Gegensatz zu Luthers Vorlesungsmanuskript „die [Staupitz] Predigten [...] in mehrfacher Überarbeitung von dritter Hand überliefert (sind)“ (so Wriedt, GuE, S. 229), trifft nicht zu, nicht einmal bei Scheurls Rückübersetzung; der lateinische Text ging aus Staupitz’ Feder in die Druckerei. 108 WRIEDT, GuE, S. 5. 7 f. – Aus Rm 9 wird in De exsecutione von Staupitz selbst, also mit Marginalie, nur V. 3 (in und zu § 256) und V. 16 (in und zu § 141) zitiert; Rm 9, 18 steht, nur in Worten, lediglich im Titelholzschnitt, 109 WRIEDT, GuE, S. 11 Anm. 49; vgl. 213 Anm. 2. 110 Luthers Römerbriefvorlesung widmet er nur die S. 233–245. 111 WRIEDT, GuE, S. 26. – Wie leicht derlei Motivforschung den Boden unter den Füßen verlieren kann, zeigt Wriedt, GuE, S. 69 f. Dort betont er, ausgehend von De exsec. § 45, Z. 5 f. (carita(s) [...] per gratiam collata): „Staupitz [...] vermeidet den Ausdruck »infundere«, welcher in seelsorgerlicher Hinsicht den Gedanken [...] impliziert, nach dem die Ausgießung letztlich einen irreversiblen Gnadenstand schafft, [...].“; Wriedt hat offenbar infunditur caritas (De exsec. § 40, Z. 2) übersehen. 112 Bei der freilich textnahe Fehler diesseits jeglichen Interpretationsspielraums nicht ausbleiben. Ein Beispiel möge genügen: Entgegen Wriedt, GuE, S. 102–105 bedeutet electio in De exsec. §§ 170–177 durchgängig, nicht erst ab § 171, Wahlfreiheit des menschlichen Willens. Und „Die Gegner“ (aliqui), nicht „der Lehre von der Prädestination“, sondern der Predigt darüber (praedestinatio praedicata) vor dem Volk, befürchten als deren „verheerende Folgen [..] in seelsorgerlicher Hinsicht“ nicht die häretische „Lehre von der Allversöhnung“, sondern sittliche Nachlässigkeit (otia) und törichtes Gottvertrauen (stulta confidentia in deum). 113 WRIEDT, GuE, S. 29.
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Als Grund für die „neuerliche Beschäftigung mit der Theologie Johannes von Staupitz“ nennt Wriedt kategorisch „ d i e methodische und sachliche Unzulänglichkeit d e r bisherigen Forschung“114 und formuliert damit einen kaum einlösbar hohen Anspruch. Die Beschränkung innerhalb von Staupitz’ Schriften auf De exsecutione als Quelle, wesentlich bedingt durch den ursprünglichen Plan eines Vergleichs Luthers mit Staupitz, wird nämlich weder im Forschungsüberblick, noch in der neuen Studie selbst durchgehalten. Die moderne Staupitz-Forschung hat nun einmal mit der Entdeckung der Tübinger Predigten ihren Anfang genommen, und jedes von Ernst Wolf (1927), David C. Steinmetz (1968) oder anderen Forschern nach ihnen übernommene Urteil impliziert ihre mehr oder weniger gründliche Vertrautheit mit dieser Quelle. Obwohl Wriedt mit fortschreitender Untersuchung zunehmend die Tübinger Predigten – und andere Staupitz-Werke – mit heranzieht, wird eine methodische Rechtfertigung hierfür oder eine Erklärung der Kriterien für diese pragmatische Erweiterung der Quellenbasis nicht nachgeliefert. Vor allem aber hat Wriedts Beschränkung auf De exsecutione als Quelle für Staupitz’ seelsorgerliche Theologie den Schatz seelsorgerlich relevanter, teils sogar explizit pastoraler Aussagen in den Tübinger Predigten ungehoben gelassen.115 Ist die Beschränkung auf De exsecutione als Quelle für die „neuerliche Beschäftigung mit der Theologie Johannes von Staupitz“ noch aus dem ursprünglichen Vergleichs-Plan erklärlich, so ist es methodisch und sachlich völlig unverständlich, dass in der ersten Hälfte des dritten Teils für das Kapitel „Staupitz und das Erbe der »Via antiqua«“ nicht Staupitz’ wichtigster scholastischer Gewährsmann Aegidius Romanus gewählt wird, sondern Thomas von Aquin, und dann nicht etwa die von Staupitz faktisch rezipierte Autorität, der Thomas der Tübinger Predigten, sondern ein aus der Sekundärliteratur gewonnener Thomas.116 Entsprechendes gilt – a fortiori – von Augustin117 und – mutatis mutandis – von Gerson118. 114
WRIEDT, GuE, S. 26. Sperrungen von uns. – Wriedt spart vor allem nicht mit Kritik an der Edition von De exsecutione in JvS 2 (1979) (s. oben bei und mit Anm. 22, 24, 25, 26 und 27). – Zurecht wird von ihm (bes. S. 154 Anm. 12 zu § 122) der Hinweis auf Mc 16, 17 zum Wort signum / signa jeweils im Apparat zu §§ 113. 122. 133 moniert. Zwar wollten die Bearbeiter lediglich auf die von Staupitz gebrauchten Synonyme für ’Zeichen’ aufmerksam machen und nicht „verschiedentlich behaupten“, mit den dort beschriebenen signa amoris Christi sei dieselbe Art von Zeichen gemeint wie mit den ab §§ 196 ff. (auch schon § 162) beschriebenen signa rectae fidei, scil. Christiani. Aber das unvermeidliche Missverständnis ist Grund genug, die Hinweise in JvS 2, S. 190 Anm. 33, 198 Anm. 2, 206 Anm. 2 (nicht 228 Anm. 3) zu tilgen. 115 Siehe hingegen Schulze, Hiob-Prediger (1990), bes. S. 63 ff. 116 WRIEDT, GuE, S. 190–197. Zur Begründung schreibt Wriedt, ebd. S. 191 Anm. 22: „In gleicher Weise wäre auch ein Vergleich mit dem Ordenstheologen der Augustinereremiten, Aegidius Romanus, denkbar gewesen. Allerdings [kann] hier [...] auf einschlägige Sekundärliteratur nicht in der gwünschten Weise zurückgegriffen werden.“ 117 WRIEDT, GuE, S. 211–217. Auch hier spielt der in den Tübinger Predigten allgegenwärtige, von Staupitz angeeignete Augustin keine Rolle. Wriedt S. 217: „Staupitz (zeigt) eine über das augustinische Sentiment seiner Zeit hinausgehende Nähe zu Augustin. Gleich-
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Wenn Wriedt auf Grund seiner unberechtigten Annahme einer angeblichen Tendenz des Tübinger SFBs meint, die Autoren des kommentierenden Apparats zu De exsecutione wollten Gregor von Rimini als wichtige Quelle herausarbeiten und er müsse dem widersprechen119, rennt er offene Türen ein.120 Die einzigen beiden Formulierungen, bei denen mit einem gewissen Nachdruck auf Gregor hingewiesen wird, sind hominem [...] impotentem etiam ad opera naturae possibilia121 und natura destituta nec nosse habet, nec velle, nec facere bonum122. Hier hat sich Staupitz – Gregor hin oder her – die in Tübinger Predigten 15, Z. 176 f. Satan in den Mund gelegte anonyme Meinung dedisti sibi (= ei) velle, nosse et posse voll zu eigen gemacht, während er dort mit dieser These noch eine regelrechte Disputation über Freiheit und Gnade eröffnet, die er Z. 223 ff. mit Aegidius’ Hilfe beschließt: Totum ergo est dei efficienter et totum liberi arbitrii consentienter; totum dei principaliter, totum arbitrii liberi instrumentaliter, totum dei [...], totum hominis [...].123 Was schließlich das Verhältnis von Staupitz und Luther angeht (zweite Hälfte des dritten Teils), stehen Wriedts zahlreiche bis dahin eingestreute Beobachtungen von Offenheit Staupitz’ für Luther und Nähe Luthers zu Staupitz124 in einem seltsamen Kontrast zu seinem apodiktischen Fazit, dass „Luther eigenständig aufgrund seiner Bibelstudien zu neuen Einsichten gelangt, die er dann bei bestimmten Vertretern der theologischen Tradition wiederfindet“125, und: „An dem Problem der Letztbegründung lehramtlicher Autorität scheiden sich dann die Geister.“126
wohl lässt sich eine spezifische, vor allem aber auch reflektierte Übernahme Augustins im Libellus nicht nachweisen.“ Wörtlich so auch Wriedt, Staupitz und Augustin (1993), S. 247. Kritisch dazu die nachträgliche Bemerkung (Anm. 144) (2017) zum Beitrag ,Staupitz Augustinianus‘ von Wetzel in diesem Sammelband S. 264 f. 118 Die Umgestaltung der theologischen Tradition der Mystik behandelt Wriedt, GuE, S. 206–210 ohne Gerson. 119 Die von Wriedt in seinen Anm. 188–219 ausgebreiteten Quellenbelege zu GuE, S. 217–220 stammen nahezu ausschließlich aus dem kommentierenden Apparat zu De exsecutione und sind, mit einiger Mühe, an ihren Ursprungsort zurückzuverfolgen; bei den Quellenbelegen in seinen Anm. 217–219 (aus JvS 2, S. 234 Anm. 40 zu De exsec. § 169) fehlt ein jeglicher Hinweis auf ihre Herkunft. 120 Insofern nämlich, als die Autoren des kommentierenden Apparats von keinem der dort von Wriedt kritisierten zwanzig Verweise auf Gregor behaupten, dass Staupitz etwas aus Gregor „übernimmt“, „zitiert“, für etwas auf ihn „zurückgreift“ oder er gar in ihren Augen „zwingend der Traditor“ für etwas sein soll, 121 JvS 2, S. 92 Anm. 17 zu De exsec. § 16, Z. 4. 122 JvS 2, S. 113 Anm. 52 zu De exsec. § 33, Z. 9 f. 123 Ausführlicher Schulze, Hiob-Prediger (1990), bes. S. 72–77, vgl. oben bei Anm. 94 f.; Zumkeller, Heilslehre (1994), S. 216. 124 Resümiert bei Wriedt, GuE, S. 246. 125 Wriedt, GuE, S. 248. 126 WRIEDT, GuE, S. 249.
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In ,Staupitz und Luther. Zur Bedeutung der seelsorgerlichen Theologie Johanns von Staupitz für den jungen Luther‘ (1991)127, wo WRIEDT wörtlich Abschnitte aus GuE wiederholt, fällt möglicherweise eher auf als dort, dass er das Adjektiv ’seelsorgerlich’ nicht abwertend verstanden wissen will, sondern emphatisch: er beansprucht dafür das Psalmisten-Bild der sagitta potentis acuta, mit dem Luther in seinem Begleitbrief zu den Resolutiones vom 30. Mai 1518 ausdrückt, wie er das Staupitz-Wort über die rechte Buße empfand. In seinem Tagungsbeitrag ,Staupitz und Augustin. Zur Kirchenväterrezeption am Vorabend der Reformation‘ (1993), in den er abermals ganze Abschnitte aus GuE übernimmt, gibt WRIEDT128 einen unvermeidlichen Bericht über Wetzel, ,Staupitz antibarbarus‘ und ,Staupitz Augustinianus‘, bietet dann einen von ihm selbst erarbeiteten Überblick über die Augustin-Zitate in den übrigen zugänglichen Staupitz-Schriften, der nicht besonders ergiebig ausfällt129, und bleibt im übrigen bei seinem Urteil, Staupitz’ Augustin-Rezeption sei unspezifisch, das er bereits in GuE gefällt hat. In ,Friar, Reformer and Renaissance Scholar. Life and Work of Giles of Viterbo 1469–1532‘ erscheint 1992 von Francis X. MARTIN O.S.A. als Chap. 5 „Prior General and Reformer“ wiederabgedruckt sein Beitrag ,The Augustinian Order on the Eve of the Reformation‘ aus dem Jahr 1967130. Sein schöner Satz, „It is tempting to speculate what might have happened if Luther, at another great crisis in his life, in 1517, had been handled by some papal agent as understanding and persuasive as Giles“131, setzt voraus, dass Aegidius es war, der Luther in Rom zu Staupitz’ Unionsplan bekehrt hat. Diese Auffassung von Martin ist allerdings durch Hans Schneiders erst später erfolgte Revision von Luthers Romfahrt (s. unten bei Anm. 232) hinfällig geworden. Johann SALLABERGER legt 1992 unter dem Titel ,Johann von Staupitz, Abt von St. Peter (1522–1524) und die Salzburger Mendikantentermineien‘132 den zweiten Teil seiner 1982 angefangenen grundlegenden Untersuchung vor, mit dem Ergebnis, dass Staupitz, der in dem Jahrzeht zuvor mehrfach anstelle des Stiftspredigers 127
WRIEDT, Staupitz und Luther. ... , in: Luther als Seelsorger, Veröffentlichungen der Luther-Akademie e. V. Ratzeburg, Bd. 18, hg. v. J. Heubach, Erlangen 1991, S. 67–95; über Staupitz bes. S. 70–78 und 91–95. 128 WRIEDT, Staupitz und Augustin. ... , in: Auctoritas Patrum. Contributions on the reception of the church fathers in the 15th and 16th century, hg. v. Leif Grane, Alfred Schindler, Markus Wriedt (VIEG, Beih. 37), 1993, S. 227–257. 129 Wriedt, Staupitz und Augustin, S. 256: „Der sächsische Generalvikar zitiert nicht mehr und nicht außergewöhnlicher als ein großer Teil der spätmittelalterlichen, insbesondere auch der scholastischen Theologen.“ 130 Friar, ... , with a Foreword by John W. O’Malley, S.J., ed. by John O. Rotelle, O.S.A. (The Augustinian Series, vol. 18), Villanova PA, USA: Augustinian Press, 1992, S. 93 ff. (entspricht 1967, S. 75 ff., ab „4. Giles as Reformer“), bes. 112–116. 131 1992, S. 114 unten (entspricht 1967, S. 102 oben). 132 SALLABERGER SM 1992, in: SMGB 103 (1992), S. 87–188, bes. 153–175.
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die Fastenpredigten gehalten hatte, „1521/22 vielleicht für kurze Zeit“ selbst Stiftsprediger gewesen ist133. Franz POSSET setzt die Liste seiner Funde von Spuren mystischer, besonders bernhardinischer Theologie bei Staupitz fort mit ,The sweetness of God‘ (1993)134 und ,Pater et Doctor meus‘ (1994)135 und veröffentlicht Die offen peicht (1995)136. Remigius BÄUMER schreibt den Staupitz-Artikel im Marienlexikon (1994)137. 1994 veröffentlicht Adolar ZUMKELLER mit ,Johannes von Staupitz und seine christliche Heilslehre‘138, nach Wriedt (1991) die zweite Staupitz-Monographie im Berichtszeitraum 1990–2001. Seine sachlich souveräne und transparente, stilistisch schnörkellose Darstellung wird von der neueren Literatur so gut wie nicht beachtet139. Zumkeller verspricht und liefert „eine umfassende Darstellung“ von Staupitz’ „theologischer und spiritueller Lehre unter Zugrundelegung seiner ganzen schriftlichen Hinterlassenschaft, wie sie im deutschen Sprachraum bis heute noch nicht geschrieben wurde“140, und bedauert, den Abschluß der Gesamtausgabe aus Altersgründen nicht abwarten zu können. Er schafft das deutsche Gegenstück zu Steinmetz’ ,Misericordia Dei‘ (1968). Wie bei Wriedt, GuE (1991) (s. oben) steht am Anfang ein – allerdings ungleich substantiellerer – Abriss über Leben und Werke. Bei der dann folgenden Darstellung von Staupitz’ Theologie setzt Zumkeller interessanterweise mit der menschlichen miseria ein, ehe er mit der Gotteslehre, dem üblichen Einsatz, beginnt, die traditionellen Loci abzuarbeiten (auch sonst weniger beachtete wie Engellehre und Mariologie). Anders als bei Wriedt ist für Zumkeller der Seiten- und Ausblick auf Luther nicht konstitutiv, wohl aber wie bei jenem die Erkenntnis, dass Staupitz „keine systematische Theologie vortragen, sondern christliche Heilslehre bieten wollte, die ganz auf das Leben der Gläubigen ausgerichtet war“. „Selbst in seinen ,Tübinger Predigten‘“, stellt Zumkeller fest, „die mit 133
SALLABERGER SM 1992, S. 166 ff., bes. 169–171. POSSET, The sweetness of God, in: The American Benedictine review 43 (1993), S. 143–178, hier 155–168. 135 POSSET, Pater et Doctor meus (1994), S. 513–543, hier 526–528 mit 541–543 (Anm. 130–154). S. 527 nach Anm. 146 vermisst Posset im Register von JvS 2 das wichtige Wort ’suavis’ – zu unrecht; siehe JvS 2 (1979), Sp. 364a, Sp. 442b, sowie in JvS 1 (1987) in Sp. 562a. 136 POSSET, Communal Penance Services in the Context of Sixteenth-Century Reform Efforts, in: Worship 69 (1995), S. 334–345, hier 337–339. – Staupitz’ Verfasserschaft wird stillschweigend vorausgesetzt. 137 BÄUMER, Art. Staupitz, in: Marienlexikon 6 (1994), 274 f. 138 ZUMKELLER, Heilslehre (1994). 139 Heinz Schilling, Rebell (2012) (s. unten) führt in seinem Literaturverzeichnis immerhin Zumkellers Artikel im Dictionnaire de Spiritualite´ auf. 140 ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. VII. – Von Zumkeller an Einzelheiten geübte Kritik wird zurückgewiesen durch Dohna, Consultatio, Einl., JvS 5 (2001), S. 78 Anm. 88 = Das Häresieverfahren, Text A 2. Consultatio, Einl., Anm. 27 (in diesem Sammelband S. 33), und Dohna / Wetzel, Die Reue Christi, Anm. 142 (in diesem Sammelband S. 175). 134
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ihren reichen Zitaten aus den Kirchenvätern und den Theologen der Vorzeit noch am stärksten einen akademischen Eindruck hinterlassen, erklärt [Staupitz] ausdrücklich, er wolle nicht ,scholastice disputando, sed de ambone ad vulgum praedicando ... discutere materiam‘.“141 Der Darstellung von Staupitz’ Heilslehre als Antwort auf die menschlichen miseria folgt eine theologiegeschichtliche „Einordnung“. Aus Staupitz’ „ganzer schriftlicher Hinterlassenschaft“ in all ihrer Disparatheit hinsichtlich Aufbereitung und Erschließung – von den Tübinger Predigten in JvS 1 (1987) bis zu den Salzburger Predigten 1523 in handschriftlicher Fassung, die er zuvor alle kurz charakterisiert142 – versammelt Zumkeller alle Äußerungen Staupitz’ zu den einzelnen Themen der Heilslehre unter Angabe nicht nur der Stelle in der jeweils zitierten Staupitz-Schrift, sondern gegebenfalls auch der wiederum von Staupitz zitierten Autorität. Zur Begründung sagt er: „Wenn sich [..] auch für den Hauptteil des schriftlichen Nachlasses [..] die Frage nach den Quellen nicht endgültig klären läßt, so geben doch die nunmehr in einer vorbildlichen Edition vorliegenden ,Tübinger Predigten‘ eine gute Vorstellung von der geistigen Welt, mit der er sich während des Tübinger Aufenthalts beschäftigte und die zweifellos auch auf seine späteren Schriften und Predigten nicht ohne Einfluss blieb.“143 144 Was das Verhältnis Staupitz und Luther angeht, so sieht Zumkeller „Staupitz theologisch durchaus auf dem Boden der traditionellen Lehre (stehend)“, „doch gewisse Akzente verschärft“: „das Geschenk der geschaffenen Gnade zwar nicht geleugnet, aber nahezu verschwunden“, „die Mitwirkung des Menschen verdunkelt“, die „Sündhaftigkeit des Menschen“, die „Mängel der menschlichen Werke [...] betont“, eine „Verschärfung [...], die nicht zum wenigsten in seiner Orientierung an Augustinus begründet ist“. Aber: „Eine Vorwegnahme der neuen Theologie Luthers ist bei ihm [..] nicht festzustellen“.145 141
ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. 1. – Das bestätigt die oben (bei Anm. 115) gemachte kritische Bemerkung über den von Wriedt ungehoben gelassenen Schatz seelsorgerlich relevanter Aussagen in den Tübinger Predigten. 142 ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. 8–15. 143 ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. 25. – Zumkeller übernimmt S. 24–29 in seinem Kapitel „Ziel und Quellen seines Denkens“ im Prinzip die Ergebnisse der in JvS 1 (1987), S. 14–20 für die Tübinger Predigten von Wetzel als deren Bearbeiter vorgetragenen, sowie in ,Staupitz antibarbarus‘ (1989; s. oben bei Anm. 87) und ,Staupitz Augustinianus‘ (1991; s. oben bei Anm. 102) vertieften Quellenanalyse. 144 Die von Zumkeller S. 26 Anm. 114 referierten Bedenken, die Bernhard Lohse (s. oben Anm. 23 und bei Anm. 96) gegen die Hinweise der Bearbeiter von De exsecutione auf Augustin, De spir. et litt. in JvS 2 (1979) vorbringt, ignorieren die dort S. 37 für die Quellennachweise – anscheinend nicht deutlich genug – ausgesprochene Generalkautel: „Sichere Ausgangsgröße und Garant zuverlässiger Funde“, scil. in De exsecutione, „sind diejenigen Sach- und Sprach-Parallelen der Tübinger Predigten, die ihrerseits Zitate [...] sind“. – S. auch die nachträgliche Bemerkung (Anm. 144) (2017) zum Beitrag ,Staupitz Augustinianus‘ von Wetzel, in diesem Sammelband S. 264 f. 145 ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. 229 f.
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Zur Erschließung seines Buchs hat Zumkeller diesem nicht nur ein Personenverzeichnis und ein Sachregister beigegeben, sondern auch – nicht hoch genug zu schätzen – ein „Verzeichnis erwähnter Stellen aus Staupitz’ Schriften und Predigten“.146 ZUMKELLER schreibt 1996 noch den kurzen Staupitz-Artikel im Lexikon des Mittelalters147. Wie kein anderer von allen, die in diesem Forschungsüberblick zu nennen sind, hat er sich seit ,Lehrer des geistlichen Lebens‘ (1956) mit Staupitz beschäftigt (,Ungenügen der menschlichen Werke‘, 1959; ,Manuskripte‘, 1966). Forschungsbeiträge von 1990 bis 2001, 2. Hälfte: ca. 1995 ff. Zunächst zu nennen ist Bernhard LOHSE, der in ,Luthers Theologie in ihrer historischen Entwicklung und in ihrem systematischen Zusammenhang‘ (1995)148 unter den „für Luther bedeutsamen Traditionen“ neben dem Ockhamismus, Augustin, dem Humanismus, der Mystik und Bernhard Staupitz einen eigenen (dritten) Platz einräumt. Durch ihn „wurde vor allem der Einfluss Augustins auf Luther verstärkt. Eine im Kern reformatorische Theologie lässt sich bei Staupitz jedoch nicht beobachten, obwohl Luther später zuweilen betont hat, dass er die Wiederentdeckung des Evangeliums von Staupitz habe“149. In ,Martin Luther. Eine Einführung in sein Leben und Werk‘ (1997)150 schreibt Bernhard LOHSE: „Der [...] kluge Seelsorger Staupitz vermochte Luther in seinen Anfechtungen eine gewisse Hilfe zu geben; aber die Furcht vor der richtenden göttlichen Majestät konnte er exegetisch und theologisch nicht überwinden. [...] um eine an der Bibel und an Augustin orientierte, seelsorgerlich ausgerichtete Theologie bemüht, [...] eine Alternative zu einer scholastischen“151. Franz POSSET stellt 1995 den Salzburger Passionsprediger Staupitz von 1512151a für seinen amerikanischen Leser in den größeren Zusammenhang von Predigt- und Prädikantenwesen in Deutschland am Vorabend der Reformation und übersetzt längere Passagen aus Pr 1 und Pr 5 aus der Edition von SbPr 1512 durch Wolfram SCHNEIDER-LASTIN (1982, gedruckt 1990). 146
ZUMKELLER, Heilslehre (1994), S. 231–245. ZUMKELLER, Art. Staupitz, in: Lexikon des Mittelalters 8 (1996), Sp. 79. 148 LOHSE, Luthers Theologie ... , Göttingen [1995], S. 37. 149 Unter den von LOHSE, Luthers Theologie, S. 37 Anm. 33 aufgeführten Selbstzeugnissen vermisst man Luthers an Staupitz gerichteten Begleitbrief zu den Resolutiones vom 30. Mai 1518. 150 LOHSE, Einführung ... , München 3[1997] (erstmals 1981), S. 43. 151 Unter den von LOHSE, Einführung, S. 44 f. und 144 f. aufgeführten Schriften vermisst man sowohl den Begleitbrief vom 30. Mai 1518 als auch den Sermo de duplici iustitia (28. März, Palmsonntag 1518). 151a POSSET, Preaching the Passion of Christ on the Eve of the Reformation, in: Concordia Theological Quarterly 59 (1995), S. 279–300. SCHNEIDER-LASTINs Quellenangaben zu SbPr 1512, Pr 1, Z. 21–24 in Anm. 12 bereichert er (in Anm. 23, S. 299) bes. um Bernhard und Heinrich von Friemar. 147
Forschungsbeiträge von 1990 bis 2001, 2. Hälfte: ca. 1995 ff.
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Ferner zu nennen ist Markus WRIEDT, ,Johann von Staupitz als Gründungsmitglied der Wittenberger Universität‘ (1995)152. Staupitz’ Mitwirkung bei der Einführung der Posterior editio Sulpitiana, eines Lateinlehrbuchs, das humanistischen Ansprüchen genügen soll, bleibt unerwähnt153. S. 179–182 steht eine Liste des Start-Personals mit Biogrammen; darunter Dr. Ambrosius Volland, von dem jedoch nicht gesagt wird, dass er 20 Jahre später in Salzburg Seite an Seite mit Staupitz den Fall Agricola zu lösen haben würde. Ralph WEINBRENNER, ,Klosterreform im 15. Jh. zwischen Ideal und Praxis‘ (1996)154, behandelt Paltz und Staupitz im Ausblick seines hauptsächlich dem Andreas Proles gewidmeten Buchs. In ausdrücklichem Widerspruch zu Zumkeller, Reformbewegung (1989) sieht Weinbrenner bei Staupitz einen grundsätzlichen Wandel in seiner Bewertung des Mönchtums von den Tübinger Predigten über die Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517 bis zu seinem letzten Brief an Luther vom 1. April 1524, von der Hochschätzung der Observanz zur Einschätzung des Mönchtums als Adiaphoron. Gleichwohl erkennt er in Staupitz’ PrädestinationsPredigt Parallelen zur monastischen Heilsvergewisserung. Johann SALLABERGER beschließt seine 1982 begonnenen grundlegenden Arbeiten zu Staupitz in Salzburg mit der Biographie ,Kardinal Matthäus Lang‘ (1997)155, in der er beiläufig durch ein bisher unbekanntes Schreiben Staupitz’ vom 3. März 1514 erstmals dessen Intervention zugunsten des bayerischen Kandidaten für die Sukzession FEbf. Leonhards, des Hz.s Ernst, belegen kann (S. 114 f.). Im ersten von zwei Kapiteln, die Sallaberger dann direkt Staupitz widmet (S. 260–264 und 269–278), kann er dessen Verpflichtungsurkunde als fürsterzbischöflicher Rat (11. März 1522) präsentieren, im zweiten aus mehreren Schreiben aus bayrischen Archiv-Beständen belegen (bes. S. 271 Anm. 19, S. 272 Anm. 24, S. 273 Anm. 26), welche diplomatischen Anstrengungen Salzburg im Fall Agricola – vergeblich – unternommen hat. Das Protokoll der entscheidenden Ratssitzung des 19. Febr. 1524 in Anwesenheit des FEbf.s156, in der beschlossen wurde, Agricola nicht von Mühldorf nach Salzburg zu holen, um ihm da den Prozess zu machen, hat Sallaberger freilich nicht erneut geprüft.
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WRIEDT, Staupitz als Gründungsmitglied ... , in: 700 Jahre Wittenberg. Stadt, Universität, Reformation, hg. v. Stefan Oehmig, Weimar 1995, S. 173–186. 153 Und zwar obwohl Wriedt S. 182 in Anm. 42 (zu S. 181) Wetzels ,Staupitz antibarbarus‘ zitiert, wo dieses Buch vorgestellt, erstmals ein Exemplar nachgewiesen und der lateinische Text der Vorrede zitiert wird (in diesem Sammelband S. 205 mit Anm. 2 u. 3, und S. 222). – Dass Wetzel sich für seinen „Zweifel“ „an der Existenz der Sodalitas Staupitziana“ (so Wriedt – zugespitzt – über ,Staupitz antibarbarus‘, Punkt 2.5, in diesem Sammelband S. 209) auf eine Veröffentlichung von L. Remling über Bruderschaften in Franken (1986) berufe, ist aus der Luft gegriffen. 154 WEINBRENNER, Klosterreform (1996); über Staupitz S. 236–247. 155 SALLABERGER 1997. 156 S. oben Dohna, Häresie-Verfahren, Text B 11, in diesem Sammelband S. 105–109.
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Hans SCHNEIDER beweist 1997157, dass das Breve Leos X. an Gabriele della Volta vom 3. Febr. 1518 – in dem der Papst den noch zaudernden Generalprior zur Amtsübernahme drängt und ihm als vordringlichste Aufgabe zuweist, Luthers nova dogmata im Keim zu ersticken – eine Fälschung des Pietro Bembo ist, des vormaligen Sekretärs Leos und Herausgebers seiner Briefe (Venedig 1535). Das Breve verliert damit seinen Platz als authentischer Beleg einer frühen ersten Maßnahme der Kurie gegen Luther, die die Ordensleitung unter Umgehung von Staupitz in Dienst nimmt. Auf diesen ersten Platz rückt jetzt der fast ein halbes Jahr spätere Brief des Gabriele della Volta an Provinzial Gerhard Hecker vom 25. Aug. 1518. Durch seine Fälschung drückt Bembo ex post klar aus, was seiner Meinung nach der Papst wann wem hätte schreiben sollen. Berndt HAMM bietet mit dem Aufsatz ,Von der Gottesliebe des Mittelalters zum Glauben Luthers‘ (1998)158 „ein Stück theologischer Mikrohistorie mit weltgeschichtlichen Konsequenzen“: In ausdrücklicher Rezeption der ,Reue Christi‘ von Dohna / Wetzel wird Nähe und Distanz von Staupitz und Luther in der zentralen Frage der ausreichenden Buße überzeugend dargestellt. ,Warum wurde für Luther der Glaube zum Zentralbegriff des christlichen Lebens?‘ fragt Berndt HAMM (1998)159 in einem Tagungsbeitrg. Hamm nutzt hier Staupitz’ Tübinger Predigten als Hauptquelle für den spätmittelalterlichen Glaubensbegriff. Es folgen, ebenfalls von Berndt HAMM, als Beitrag zur Festschrift Oberman, ein Vergleich von Savonarola, Staupitz und Geiler von Kaisersberg (2000)160 und als Frucht über lange Jahre gewachsener Vertrautheit seine in ihrem Genus litterarium unübertrefflichen Staupitz-Artikel in TRE 32 (2000)161 – Langfassung in ARG 92 (2001)162 – und in RGG4 (2001)163. 157
SCHNEIDER, Die Echtheitsfrage des Breve Leos X. vom 3. Februar 1518 an Gabriele della Volta. Ein Beitrag zum Lutherprozeß, in: Archiv für Diplomatik 43 (1997), S. 455–488. Das Breve war in den Dokumenten zur Causa Lutheri (1517–1521) (s. oben bei und mit Anm. 100) erst 1991 als Nr. 9.1, S. 17–21 neu ediert worden. – Für den Schneider-Beitrag gilt das in Anm. 86 in anderem Zusammenhang Gesagte: Ohne den dort präzisierten Hinweis von Posset, Ispiratori, Anm. 21 wäre er uns entgangen. 158 HAMM, Von der Gottesliebe ... – ein Beitrag zur Bußgeschichte, in: LJ 65 (1998), S. 19–44, hier 34–39. Wieder abgedruckt in: HAMM, Der frühe Luther (2010), S. 1–24. 159 HAMM, Warum wurde für Luther ... (1998), in: Die frühe Reformation in Deutschland als Umbruch. Wissenschaftliches Symposion des Vereins für Reformationsgeschichte 1996, mit Stephen E. Buckwalter hg. v. Bernd Moeller (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Bd. 199), Gütersloh 1998, S. 103–127; über Staupitz bes. S. 103–113. Wieder abgedruckt in: Hamm, Der frühe Luther (2010), S. 65–89. 160 HAMM, Between severity and mercy. Three models of pre-reformation urban reform preaching: Savonarola – Staupitz – Geiler, in: Continuity and Change. The Harvest of Late Medieval and Reformation History. Essays Presented to Heiko A. Oberman on his 70th Birthday, ed. by Robert J. Bast and Andrew C. Gow, Leiden u. a. 2000, S. 321–358, hier 336–343. 161 HAMM, Art. Staupitz, in: TRE 32 (2000), S. 119–127. – Clemens Forschungsirrtum (s. Anm. 175) könnte damit e radice geheilt sein; s. jedoch BOGENKOTTER (2003) (bei Anm. 190).
Forschungsbeiträge von 1990 bis 2001, 2. Hälfte: ca. 1995 ff.
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Richard WETZEL befragt in ,„Meine Liebe zu Dir ist beständiger als Frauenliebe“‘ (1998)164 Staupitz’ letzten Brief an Luther vom 1. April 1524 auf dem Hintergrund von Aussagen der Tübinger Predigten nach der Freundschaft zwischen den beiden – trotz Staupitz’ unverhohlener Missbilligung von Luthers grundstürzender Kritik am Mönchtum. Wilhelm Ernst WINTERHAGER, ,Martin Luther und das Amt des Provinzialvikars‘ (1999)165 klärt, auch im Vergleich mit den anderen Bettelorden, nicht nur Begriff und Funktion dieses Amtes mit Hilfe der Constitutiones166, sondern erhellt damit auch ein Stück Ordensgeschichte und Biographie sowohl Luthers als Staupitz’; ihr Eislebener Gespräch nach der Fronleichnamsprozession wird von 1515 auf 1516 umdatiert167. Ebenfalls 1999 räumt WINTERHAGER in ,Ablasskritik als Indikator historischen Wandels vor 1517‘168 Staupitz den ihm gebührenden Platz ein. Einen Essay entsprechend den Vorgaben des Verlags legt Lothar GRAF ZU DOHNA im Metzler-Lexikon christlicher Denker (2000)169 vor. Kurze Lexikonartikel aus dieser Zeit gibt es von David C. STEINMETZ in der Oxford Encyclopedia of Reformation (1996)170, Charles TEISSEYRE in Catholicisme (1996)171, Ingrid BIGLER-MARSCHALL im Deutschen Literatur-Lexikon3 (1999)172 und Markus WRIEDT in LThK3 (2000)173. 162
HAMM, Johann von Staupitz (ca. 1468–1524) – spätmittelalterlicher Reformer u. ’Vater’ der Reformation, ARG 92 (2001) S. 6–42. 163 HAMM, Art. Staupitz, in: RGG4 4 (2001), Sp. 536–539. 164 WETZEL, „Beständiger als Frauenliebe“ (1998). 165 WINTERHAGER, Provinzialvikar (1999). 166 Eine Edition des Constitutiones ist für WINTERHAGER, S. 717 Anm. 31 noch Desiderat, wie auch Günter, JvS 5, S. 247 f. Anm. 87 die Arbeit von WINTERHAGER noch nicht kennt. 167 WINTERHAGER, ebd. S. 737. – Von LEPPIN, Luther (2006), S. 74 mit Anm. 47 rezipiert. 168 WINTERHAGER, Ablasskritik ... . Ein Beitrag zu Voraussetzungen und Einordnung der Reformation, in: ARG 90 (1999), S. 6–71, hier 42 f. mit Anm. 106 u. 110. 169 DOHNA, Art. Staupitz, in: Metzler-Lexikon christlicher Denker (2000), hg. v. Markus Vinzent u. a., Stuttgart Weimar 2000, S. 649 f. Eine Auswahl daraus als Taschenbuchausgabe unter dem Obertitel ’Theologen’, 2004. 170 STEINMETZ, Art. Staupitz, in: Oxford Encyclopedia of Reformation, Bd. 4, New York und Oxford: Oxford University Press, 1996, S. 109–111. – Statt „(1460/69–1525)“ am Anfang lies „(...–1524)“, bei „Primary sources“ tilge „Reprint“ und vor „1987“ ergänze „1979“. Mehr als nur vereinfachend ist der Satz „In 1520 Staupitz resigned [...] in order to accept an invitation from Cardinal Lang to become a preacher and adviser at his court in Salzburg“ (S. 110). 171 TEISSEYRE, Art. Staupitz, in: Catholicisme 14 (1995), Sp. 436 f. Auf ZUMKELLER, Dictionnaire de spiritualite´ 14 (1990) (s. oben) fußend. 172 BIGLER-MARSCHALL, Art. Staupitz, in: Deutsches Literatur-Lexikon3, Bd. 19 (1999), Sp. 251–253. Die wenigen Zeilen zur Vita sind fehlerhaft: „1500 Dr. theol. in München[!]“, „1520 Domprediger[!] in Salzburg“, „1521[!] Dispens f. d. Ordenswechsel“; statt „Leisning“ lies „–nig“. 173 WRIEDT, Art. Staupitz, in: LThK3 (2000), Bd. 9, Sp. 940 f.
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JvS 5 (Gutachten und Satzungen), 2001 JvS 5 enthält – nach einem Vorwort von Heiko A. OBERMAN und einem Geleit von Kaspar ELM – die beiden von Staupitz verfassten Schriften Decisio quaestionis de audientia missae in parochiali ecclesia dominicis et festivis diebus (1500) und Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae (1523) sowie die von ihm herausgegebenen Constitutiones OESA pro reformatione Alemanniae (1504). Helmar JUNGHANS charakterisiert174 Problemstellung und Lösung der Decisio nur knapp, ausführlicher die Aufgabe und den Tenor der Consultatio, zu der er abschließend die Korrektur von Clemens Forschungsirrtum vermerkt175. Dass erst die Wiederauffindung der verschollen geglaubten Agricola-Akten durch den Bearbeiter Dohna die erneute Prüfung der einzelnen Stücke ermöglicht hat, erwähnt Junghans nicht. Zu den Constitutiones hebt er als „Vorzug dieser Edition“ hervor, „daß sie die Konstitutionen von 1504 in diesen weitgespannten Rahmen“ der „von Italien ausgehenden Reformbewegung“ „stellt und im Apparat Unterschiede zu den drei Konstitutionen vermerkt, die nach Überzeugung des Bearbeiters Günter“ bei der Abfassung „herangezogen wurden“, nämlich die – damals noch nicht gedruckten – Regensburger Konstitutionen des Gesamtordens von 1290 und die jeweils bis heute nur handschriflich erhaltenen Konstitutionen der lombardischen Kongregation und derjenigen von Lecceto. David C. STEINMETZ beschreibt176 – unter einer missglückten Titelaufnahme – alle drei Texte knapp, aber hinreichend informativ, erwähnt bei der Decisio auch die Gegenposition Kaspar Schatzgeyers – nicht allerdings die päpstliche Bulle, die diese Gegenposition bestätigt –, und fasst Staupitz’ Urteil über Agricola in der Consultatio zusammen177. Bemerkenswert ist, dass er in seinen einleitenden Sätzen über das Verhältnis von Staupitz und Luther spricht178, obwohl die in JvS 5 edier174
JUNGHANS, in: LJ 69 (2002), S. 141 f. „Besondere Beachtung verdient, daß ein 1906 von Otto Clemen [...] Staupitz zugewiesenes »Gutachten« – wodurch diesem »Züge eines harschen Ketzerverfolgers verliehen« wurden (61) – sich als eine von diesem unabhängige Prozeßschrift erwies. Daher eröffnet [...] Dohna [...] seine Einleitung mit dem Kapitel »Korrektur des Staupitz-Bildes«.“ – S. hierzu den Beitrag ,Das Häresieverfahren‘ von Dohna, in diesem Sammelband S. 1 mit Anm. 3. 176 STEINMETZ, in: Sixteenth Century Journal 36 (2005), S. 872 f. 177 [Bei allem Entgegenkommen gegenüber Stephan Kastenbauer OSA, gen. Agricola,] „nevertheless, he [d. h. Staupitz] felt obliged to remark that Kastenpauer’s theology was often confused and exaggerated, that his exegesis was wanting in several regards, and that his attitude was marked by an unjustified hubris that overlooked the Pauline injunction that theological discourse should edify the church and not tear it down.“ 178 „Johann von Staupitz [...] counseled Luther through a particularly difficult period of spiritual and theological development. Luther later spoke generously of Staupitz’s advice and even credited him as the originator of Reformation theology, an honor that Staupitz himself did not feel particularly inclined to accept. Heiko Oberman argued that Staupitz ought not to be forced to live continously in the shadow of Luther. In Oberman’s view, 175
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ten Texte dazu keinen Anlass bieten – außer dass vielleicht „the Constitutiones [..] makes fascinating reading for anyone interested in the practise that formed the young Luther“ (S. 873). Auch Markus WRIEDT eröffnet seine Rezension179 trotzdem damit, das seiner Meinung nach „schier unausrottbare Vor-Urteil“ zurückzuweisen, „wonach St[aupitz] als Vorläufer der Wittenberger Reformation gesehen“180 wird. Dazu habe allerdings „der spätere Reformator selbst Anlass gegeben“ (S. 670), obwohl doch Staupitz „zu keiner Zeit einen Bruch mit der abendländisch-römischen Kirche auch nur in Erwägung gezogen“ habe (S. 671). Die Hälfte seiner Besprechung genügt Wriedt dann, alle drei allesamt in JvS 5 erstmals kritisch edierten Texte abzufertigen. Die Consultatio betreffend, spricht er von „ein(em) Verhör“ Agricolas „durch seinen ehemaligen Mitbruder“ Staupitz, nunmehr Abt von St. Peter in Salzburg, und lässt den Leser im Unklaren darüber, dass eine solche Begegnung weder in Salzburg („am Inn[!]“) stattfand, noch in der Salzburgischen Enklave Mühldorf (wirklich am Inn), wo Agricola während seiner gesamten Haftzeit blieb. Und was soll des Rezensenten bedenkenschweres Raunen über den traditionsgeschichtlichen Apparat des Bearbeiters Wolfgang Günter zu den Constitutiones: „ob tatsächlich alle Bezüge erkannt sind oder nicht doch in einer bestimmten Hinsicht gesucht – und gefunden! – wurde“? Von keinem der drei Rezensenten – JUNGHANS, STEINMETZ und WRIEDT – erfährt der Leser, dass Staupitz in der Decisio als Argumentationshilfe 90 Zeilen des insgesamt nur 355 Zeilen langen Gutachtens samt dessen kanonistischen Quellen ohne jeglichen Hinweis aus einem damals nur der Tübinger theologischen Fakultät und einigen Vertrauensleuten zugänglichen Text von Gabriel Biel entnimmt, der erst 1501 gedruckt in dessen Collectorium zu lesen war. Ein formal wie inhaltlich bemerkenswerter Quellen-Fund des Bearbeiters Günter. Hans SCHNEIDER (s. unten) hat die, wie er 2011 sagt, „von Wolfgang Günter vortrefflich eingeleitete und kommentierte Edition der Konstitutionen“181 bereits 2004 benutzt182.
Staupitz was theologically interesting in his own right, not least as an example of the reception of [...] St. Augustine [...].“ 179 WRIEDT, in: ThLZ 132 (2007)(!), Sp. 670–672. 180 Auf die Edition von De exsecutione im Jahr 1979 zurückblickend, versetzt Wriedt (S. 670), der ein ganzes Buch darüber geschrieben hat, „die“ – wie er meint – „nachträglich ins Lateinische übersetzte Predigtreihe“ aus dem Advent 1516 in die „Fastenzeit des Jahres 1517“. 181 SCHNEIDER, Luthers Reise (2011) (wie Anm. 232), S. 35. 182 SCHNEIDER, Intervention (2004) (wie Anm. 232), S. 297 verbessert mit Günter, JvS 5, S. 148 Anm. 18 dessen fehlerhaftes Tagesdatum (ebd. S. 131 bei und mit Anm. 94) für die Konvokation zur Schlussredaktion der Constitutiones von „27.“ zu „28. April 1504“.
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Forschungsbeiträge von 2001 bis heute, 1. Hälfte In den zahlreichen Beiträgen zur Staupitz-Forschung seit Erscheinen von JvS 5 spielt dieser Band so gut wie keine Rolle. Dies gilt auch von Beiträgen, in denen er eine Rolle spielen sollte. Markus MATTHIAS, ,Die Anfänge ... von Karlstadt‘ (2001)183 geht von Karlstadts eigenem Bekenntnis zu Staupitz als „dem Mann“ aus, „dem er seine reformatorische Wende letztlich zu verdanken hat“ (S. 94). Er unternimmt nicht – wie SCHULZE, Via Gregorii (1981) (s. oben bei Anm. 39) – einen Versuch, das unbekannte epistolium Staupitz’, auf das sich Karlstadt hierfür beruft, zu identifizieren. Er sucht auch nicht – wie Schulze (Kähler folgend) – direkt nach einer bestimmten Stelle (in De exsecutione), sondern sucht auf einem Umweg über den Inhalt in verschiedenen Staupitz-Texten (zusätzlich aus Nachfolgung und Lieb Gottes) nach Entsprechungen für die in Karlstadts Bekenntnis dominierenden Begriffe dulcedo Christi und praegustus (S. 96–99). Und: er unterbreitet als Vorschlag für den von Karlstadt verschwiegenen Schlüsselsatz aus Augustin (De continentia) den handschriftlichen Eintrag in sein persönliches Tauler-Exemplar: Ubi non ego, ibi foelicior (S. 101–106), der – in Variation – dann doch auch in De exsec. § 5 steht: Tanto felicior quisque est, quo fuerit a se ipso absolutior. David C. STEINMETZ geht 2001 noch einmal der Frage ,Luther and Staupitz‘184 nach, nicht material, sondern methodologisch. Er problematisiert den Begriff ’Vorläufer’ (den Staupitz in seinem letzten Brief an Luther vom 1. April 1524 zwar selbst benutzt, der aber seit Carl Ullmann, 1842, auf andere „Reformatoren vor der Reformation“ übertragen wird) und fügt den beiden negativen Prinzipien, die er früher für die Bestimmung des Verhältnisses zweier Autoren zueinander formuliert hat – Ähnlichkeit ist nicht gleichbedeutend mit Einfluss; Einfluss ist nicht gleichbedeutend mit Übereinstimmung – als drittes, positives, den Kontext hinzu. Ulrich KÖPF stellt 2002185 klar, dass Luthers und, vorher, Staupitz’ Lehrstuhl für die Heilige Schrift dasselbe bedeutet wie Lehrstuhl für Theologie. Volker LEPPIN erinnert 2002186 an Luthers Zeugnis (im Brief an Staupitz vom 31. März 1518) über seine Rolle als Vermittler von Tauler und der Theologia 183
MATTHIAS, Die Anfänge der reformatorischen Theologie des Andreas Bodenstein von Karlstadt, in: Querdenker der Reformation. Andreas Bodenstein von Karlstadt und seine frühe Wirkung, hg. v. Ulrich Bubenheimer und Stefan Oehmig, Würzburg 2001, S. 87–109. 184 STEINMETZ, ... . The unresolved problem of the forerunner, in: Ad fontes Lutheri. Toward the recovery of the real Luther. Essays in honour of Kenneth Hagen’s 65th birthday, hg. v. Timothy Maschke, Franz Posset und Joan Skocir, Milwaukee WI: Marquette University Press, 2001, S. 270–280. 185 KÖPF, Martin Luthers theologischer Lehrstuhl, in: Die Theologische Fakultät Wittenberg 1502–1602. Beiträge zur 500. Wiederkehr des Geburtsjahres der Leucorea, hg. v. Irene Dingel und Günther Wartenberg. Redaktion Michael Beyer, Leipzig 2002, S. 71–86, hier 80–83. 186 LEPPIN, „Omnem vitam fidelium penitentiam esse voluit“. Zur Aufnahme mystischer Tra-
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deutsch und befragt das Staupitz-Wort über die poenitentia vera in Luthers Begleitbrief vom 30. Mai 1518 zu den Resolutiones nach dessen Verhältnis zum großen Selbstzeugnis von 1545 über die Entdeckung der iustitia dei. Dieselben Zeugnisse kombiniert LEPPIN 2005187. Eric L. SAAK, ,High way to heaven‘ (2002)188 erhebt – was man in dieser voluminösen Untersuchung vor allem Jordans von Quedlinburg (oder von Sachsen) nicht erwarten würde – die Entfremdung zwischen Luther und Staupitz seit 1520 aus ihrem (eher einseitigen) Briefwechsel in sorgfältiger Interpretation bis in scheinbare Kleinigkeiten hinein wie die wohlüberlegten Anreden; besondere Berücksichtigung erfährt dabei die Gelübde-Frage. Markus WRIEDT variiert 2002 sein Thema von 1995 unter dem Titel ,Die Anfänge der Theologischen Fakultät Wittenberg 1502–1528‘189 unter Konzentration auf die theologische Fakultät. Der Staupitz-Artikel von T. S. BOGENKOTTER in New Catholic Encyclopedia2 (2003)190 behauptet abschließend: „Staupitz did not share Luther’s heterodox views, and he even called for their condemnation as heresy“ und verhilft damit an prominenter Stelle indirekt Clemens Forschungsirrtum zu neuer Dauer. Franz POSSET, ,The Front-Runner of the Catholic Reformation. The Life and Works of Johann von Staupitz‘ (2003)191 ist im Unterschied zu Wriedt, GuE (1991) und Zumkeller, Heilslehre (1994) nicht in erster Linie eine Darstellung von Staupitz’ Theologie, sondern eine Biographie192, die erste seit Kolde, Congregation ditionen in Luthers erster Ablaßthese, ARG 93 (2002), S. 7–25; auch in: LEPPIN, Transformationen (2015), S. 261–277. Leppin greift ausdrücklich den Beitrag ,Staupitz und Luther‘ (1986) von Wetzel auf, Wiederabdruck in diesem Sammelband S. 190–203, bes. 195. – Zur Diskussion darüber zwischen Leppin und Brecht siehe die nachträgliche Bemerkung (Anm. 26) (2017) zum Wiederabdruck in diesem Sammelband S. 203. 187 LEPPIN, B.I.5 Mystik, in: Luther Handbuch, hg. v. Albrecht Beutel, Tübingen 2005, S. 57–61, hier 59 f. 188 SAAK, ... . The Augustinian platform between reform and reformation, 1292–1524 (SMRT 89), Leiden u. a. 2002, bes. S. 641–662. 189 WRIEDT, Anfänge, in: Die Theologische Fakultät Wittenberg 1502–1602 (wie Anm. 185), S. 11–37. 190 BOGENKOTTER, Art. Staupitz. in: NCE 132 (2003), Bd. 13, S. 501 f., wortgleich mit NCE 13 (1967), S. 682 f., nennt als Literatur nur Jeremias 1926 und Wriedt, GuE (1991), durch den er seinen damaligen Hinweis auf LThK und RGG ersetzt. Für die amerikanischen Leser läge Steinmetz, MD (1968) näher. – Zu Clemen siehe Anm. 175. 191 POSSET, Front-Runner (2003). – S. XIX Portrait in St. Peter in Salzburg (laut frdl. Auskunft von Mag. Dr. Gerald Hirtner aktuell in den Kunstsammlungen der Erzabtei, Inv. Nr. M 863); S. XX Titelblatt der Lieb gottes; S. XXI Profess als Benediktiner, 1. Aug. 1522 (Faks.); S. XXII Epitaph in der Marienkapelle von St. Peter. Profess und Epitaph zeigen Staupitz’ Wappen (natürlich nicht ein Post- [so Posset, S. 32], sondern ein Jagdhorn; ein Fehler schon bei Jeremias [1926]); S. 282 Wortlaut der Offen peicht (1523?) (s. Anm. 136). – Erschlossen wird das Buch nur durch ein Personen-Register.
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(1879) und die erste überhaupt in englischer Sprache. Besondere Beachtung erfahren darin das familiär-persönliche, universitäre und monastische Personengeflecht (vor allem die Generation von Augustinern193, die er geprägt hat, allen voran natürlich Luther) und die Wirkungsstätten, besonders Tübingen, Wittenberg194, Nürnberg und Salzburg. Ähnlich wie bei Kolde werden die Schriften und Predigten in resümierter Form eingeflochten, mit – berechtigterweise – zunehmender Ausführlichkeit bei den Salzburger Zyklen, die ja nicht vollständig gedruckt vorliegen. Während Posset auch noch die sperrigsten Zeugnisse der Überlieferung195 und, unterstützt durch die ,Annoted bibliography‘ (1995) (siehe Anm. 1), die entlegensten Äußerungen der Literatur über Staupitz verarbeitet196, wird seine materialreiche und doch gut lesbare Darstellung von der Forschung kaum beachtet197. Die überwiegend kritischen Bemerkungen der folgenden Seiten wollen deshalb als Empfehlung aufgrund umsichtiger Rezeption, nicht als Besserwisserei verstanden sein. Ein Resümee der Tübinger Predigten – keine leichte Aufgabe bei 440 Druckseiten –, das zugleich eine Vorstellung vom Aufbau des Zyklus, von seinen Themen und von der Hierarchie seiner Quellen vermittelt, gelingt Posset nur unvollkommen. Zur Begründung: Im Abschnitt „Sermonizer on the priority of God’s mercy (1497–98)“ (S. 43–66) rückt er zwar, e r s t e n s , als Vorschau auf die zu 192
Die Überschrift des fünften der acht Kapitel des Buchs, „’Standing up for the Evangelical Trouth’ (1520)“, nimmt bewusst Luthers „famously declaimed ’Here I stand’“ vorweg (Posset, S. 251, wo in Anm. 10 im Verweis auf Markwald „p. 56“ statt „p. 55“ zu lesen ist, sowie S. 276), zu unbekümmert um dessen Zuspitzung von fremder Hand (dazu z. B. Schilling, Rebell, 2012, S. 223). 193 Konrad Treger (S. 21 f.) war zwar (nicht-reformierter) Augustiner, jedoch (gegen Posset, S. 68) nicht in Tübingen; siehe Jucker / Wetzel (2015), S. 745–749, hier 746; ein Fehler schon bei Kolde (1869). Johannes Altenstaig war (gg. Posset, S. 181) nicht Augustiner. – Auf Beziehungen zu Staupitz achtet Posset auch in ,Unser Martin. Martin Luther aus der Sicht katholischer Sympatisanten‘ (RST 161), Münster 2015. 194 S. 88 f. macht POSSET auf ein nur scheinbar nebensächliches Detail aufmerksam, die Einrichtung der ersten Druckerpresse am Ort „upon Staupitz’s initiative (or at least with his approval)“ apud Augustinianos. 195 Z.B. eine undatierte Tischrede Luthers mit einem anscheinend abschätzigen Urteil Staupitz’ über die Lehre von der unbefleckten Empfängnis, bzw. über das Mönchsgezänk darüber, die es zu harmonisieren gilt mit anderen, eindeutig positiven Äußerungen (S. 224–227 und 356). – Die Tischreden-Zeugnisse über das Verhältnis Staupitz und Luther durchmustert Posset in einem eigenen Abschnitt „In memoriam Johann von Staupitz by Martin Luther“ (S. 350–363). 196 WINTERHAGER, Provinzialvikar (1999) (s. oben bei Anm. 165) wird noch nicht beachtet. 197 Ausnahmen sind Thomas Kaufmann, Der Anfang der Reformation. Studien zur Kontextualität der Theologie, Publizistik und Inszenierung Luthers und der reformatorischen Bewegung (SMHR 67), Tübingen 2012, S. 172 Anm. 34, und Volker Leppin, „Solus Christus“ (2015), S. 285 Anm. 47. Schilling, Rebell (2012) nennt ihn flüchtig S. 646 in Anm. 43 und unter der Literatur S. 696. In Heidelberg besitzt nur die nicht-öffentliche Melanchthon-Forschungsstelle der Akademie der Wissenschaften ein Exemplar.
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erwartende Fülle der Themen, offensichtlich in Anlehnung an JvS 1, S. V−X, eine Liste der vom Bearbeiter stammenden Überschriften aller 34 Predigten in seinen Text ein (S. 44 f.), lässt jedoch die dortigen erläuternden Zusätze und gliedernden Zwischentexte weg, in die Staupitz’ eigene Hinweise zum Aufbau des (unvollendeten) Zyklus als eines Ganzen eingearbeitet sind.198 Z w e i t e n s rezipiert Posset (S. 45–65) zwar viele Details der Quellenanalyse in JvS 1 (1987), S. 14–20199, jedoch ohne vor aller Einzeldiskussion den entscheidenden Fortschritt von der trügerischen Quellenfülle in der Statistik bei WOLF, SuL (1927), 23 f. zu der ernüchternden Erkenntnis hin zu markieren: Dass – sogar trotz einem erneuten gewaltigen Zuwachs an bisher unerkannten Zitaten – die Zahl der eindeutig direkt benutzten Autoritäten radikal zusammenschmilzt: auf ein Dutzend200. Und dass wiederum weniger als deren Hälfte alle übrigen Autoren transportiert201. Beides erfährt man spät (S. 62 und 65), und die Abwechslung im Ausdruck zwischen „Staupitz’s favourite authors“ und „direct use“ verwischt die scharfe Grenze, die bei den allermeisten Zitaten sehr wohl zwischen Fang und Beifang zu ziehen ist202. D r i t t e n s trifft Posset zunächst (S. 45 ff.) eine – angesichts der Fülle, die sich in der Liste der Überschriften ankündigt – kleine Auswahl an Themen, nämlich Barmherzigkeit und Gnade (S. 45–48), Reform (S. 48 f.), Anfechtung (S. 49 f.) und, ihm offensichtlich besonders wichtig, „,sweetness of God‘“ (S. 51–54)203, die 198
Statt dessen legt Posset S. 44 sogar die falsche Spur: „In all this he understood the figure of Job as a ’figure of Christ’ (figura Christi)“, also typologisch im Sinn von Präfiguration. Erst S. 48/49 sagt er – richtig, und eher beiläufig – „he presented Job as a model of [...] every Christian“ ; als Beleg wäre TüPr 14, Z. 190–194 zu zitieren (so JvS 1, S. VI; Terminus hierfür ist persona). – coniectis oculis TüPr, Widmung, Z. 8 heißt entgegen Posset, S. 43 f. mit Anm. 21 nicht „with closed eyes“, sondern ’nachdem mein Blick ... gefallen war’, stellt also auch keine „instruction for practising meditation“ dar. 199 Vertieft in „Staupitz antibarbarus“ (1989; s. oben bei Anm. 87) und „Staupitz Augustinianus“ (1991; s. oben bei Anm. 102). – Dass Staupitz bei aller Sympathie für den Humanismus im Gegensatz zum Heiden Job (Iob gentilis TüPr 1, Z. 20. 41. 45) der heidnischen Antike keinerlei Vorbildlichkeit beimisst, wird bei Posset (S. 58) nicht deutlich; vgl. die nachträgliche Bemerkung Anm. 43 (2017) zum Beitrag ,Staupitz antibarbarus‘ von Wetzel in diesem Sammelband S. 221. 200 Augustin, Boe¨thius, Gregor der Große, Gratian, Petrus Lombardus, Thomas von Aquin, Aegidius Romanus, Thomas von Straßburg, Thomas Waleys und Gerson; mit je einem langen Zitat auch Bernhard und Bonaventura. 201 Dass TüPr 22, Z. 27 f., offb. von Gerson angeregt, auf die Bernhard-Vita der Legenda aurea anspielt, ist in JvS 1, S. 338 vom Bearbeiter Wetzel nicht erkannt. Ed. Maggioni (21998), CXVI, 9 (S. 811) lautet die Stelle: [...] quamdiu sub manu eius erant, [...] nutriebat [...] eos, quasi continuo ad eremum transmittendos. Bernhards Name aus TüPr 22, Z. 27 und 31 fehlt im Namens-Register von JvS 1. 202 Wie Posset (S. 62) Nikolaus von Lyra (den Staupitz selbst nur TüPr 19, Z. 356 nennt) und vor allem den Epitomator Florus (überhaupt nur einmal via Waleys) bei den Autoritäten eingruppieren kann, ist rätselhaft. 203 Dass dulcedo und suavitas in TüPr gegenüber bonitas und misericordia deutlich zurücktreten, dessen ist sich Posset offenbar bewusst, siehe S. 46, Z. 6 v. u. und S. 48 mit
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er referiert und auf ihre Quellen bezieht. Hier platziert Posset auch Einsprengsel wie die – an die Tübinger Predigten von außen herangetragene – Frage nach dem Einfluss von Gregor von Rimini (S. 47) auf Staupitz204 oder die äußerst knappe Charakterisierung von Staupitz’ scholastischer Hauptquelle Aegidius Romanus (S. 48)205. In einem zweiten Durchgang durch Quellen und Themen, in dem nunmehr die Quellen im Vordergrund stehen (S. 50 ff.), erschwert Posset den Überblick über beides zusätzlich dadurch, dass er einer marginalen Rarität wie Geoffrey von Vinsauf eine volle Seite widmet (S. 62 f.)206 oder dass er Origenes in den Rang einer Quelle erhebt (S. 64), übrigens ohne zu sagen, als Quelle wofür207. Aus der bloßen Erwähnung des griechischen Titels Peri archon in lateinischer Transkription in diesem Fall und dem ähnlich geschachtelten Fall des Gnothi sauton Juvenals in einem Gerson-Zitat208 zu schließen, dass Staupitz „wanted to look like a learned humanist who was familiar with the sacred language“ (S. 64), ist überinterpretiert209. Die beiden griechischen Brocken – mehr gibt es nicht – sind einfach mitabgeschriebener Zitatbestandteil. Anm. 31. Auch stellt er ausdrücklich fest, dass „the passages on the ’sweetness of God’ are usually found within [...] a context where he referred explicitly to Augustine’s writings.“ (S. 51). 204 Posset hat wohl recht, wenn er meint: „There is no reason to postulate that in developing his theology Staupitz would have had to be familiar with Gregory of Rimini“ (S. 47), Zumkeller, HL, S. 137 Anm. 882 hält es aber mit Schulze (s. oben bei Anm. 94) für denkbar, dass er in den Tübinger Predigten ein Argument Gregors noch dem Teufel in den Mund gelegt und abgelehnt hat. 205 Bemerkenswert geradeheraus ist Possets Antwort auf die Frage (S. 16), wie wohl Staupitz’ Sentenzen-Vorlesung aussah: „If he followed the Order’s constitutions, he would have studied the books of Egidio da Roma on the Sentences. That he actually did this is evident from the numerous traces and long quotations from the first two books of Egidio’s work which are to be found in Staupitz’s Tübingen sermons.“ (S. 40). – Im Hinblick auf die Wichtigkeit, die Duns Scotus für Staupitz gehabt haben soll, ersetzt Posset solche literarische Evidenz durch die (gut überlieferte) Nachricht, als Tübinger Prior habe Staupitz seinen ganzen Konvent zu Paulus Scriptoris OFM in dessen Scotus-Vorlesung geschickt (S. 41 u. ö., bes. noch einmal S. 269). 206 Von dem Staupitz, wahrscheinlich aber ein vom Bearbeiter Wetzel nicht entdeckter Gewährsmann, ganze drei Zeilen zitiert: TüPr 7, Z. 370–372. 207 Origenes wird zwar lediglich in einem Augustin-Zitat und als Autor von Peri archon erwähnt, aber damit doch – wichtiger – als Urheber der dort vertretenen – und von Staupitz mit Augustin abgelehnten – Gleichsetzung von Schöpfung und Fall (TüPr 13 [nicht 22], Z. 187–193, aus Augustin, De civitate 11, 23). Eine zweite Erwähnung des Origenes durch Augustin (aus De civitate 21, 17), TüPr 12, Z. 253–255, wo seine Leugnung ewiger Höllenstrafe für den Teufel zurückgewiesen wird, nennt Posset nicht. 208 Juvenal, Saturae 11, 27 in Gerson, Sermo de quattuor domibus in TüPr 23, Z. 108 (JvS 1, S. 352 f. mit Anm. 22 und 27). 209 Eine sachlich ähnliche Überinterpretation findet sich S. 164 bei und mit Anm. 112 für den Ausdruck humanissimus praesul in Scheurls an die Augustiner gerichtetem Nachwort zu De exsecutione Z. 14 f. (JvS 2, S. 306). In seiner Epistula ad Staupitium benützt Scheurl
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Durch derlei Digressionen, denen obendrein mehrere Seiten (60–62) mit zeitgenössischen Druckerzeugnissen beigemischt werden, von denen in einem Atemzug versichert wird, dass Staupitz sie natürlich nicht gelesen zu haben braucht (S. 62), hat Posset – bei vielen wertvollen Einzelbemerkungen210 – von den Tübinger Predigten kein übersichtliches Bild der Quellen gezeichnet, obwohl er weiß: „Only in these early sermons did he really reveal his sources by name and book.“ (S. 62). Und schon gar nicht von der Fülle der Themen. Beim Resümee der Decisio (1500) im Abschnitt „Concern for pastoral care“ (S. 66–69) benützt Posset noch nicht die Edition durch Wolfgang Günter in JvS 5 (2001). Entsprechendes gilt von den Constitutiones (1506) im Abschnitt „Reformator of the Order of St. Augustine and of the University of Wittenberg“ (S. 69–79)211. Beim Resümee von De exsecutione aeternae praedestinationis im Abschnitt „Preaching at Nuremberg on God being sweet for us (Advent 1516) [...]“ (S. 162–186), benützt Posset die lateinisch-deutsche Parallel-Edition in JvS 2 (1979)212. Während er die knappe – zu knappe? – Information über die Entstehung der beiden Fassungen (JvS 2, S. 25/26) durch umständliche Überlegungen ersetzt (S. 165–167)213, in denen selbst Alfred Jeremias’ abwegige Idee Platz findet, Staupitz könnte lateinisch gepredigt haben, erwähnt er den Rollentausch zwischen Staupitz und Scheurl bei der Abfassung der Widmungsbriefe (JvS 2, S. 26–29) mit keiner Silbe. synonym praeses und praesul (ed. Werminghoff [wie Anm. 252], S. 212 u. 227). – Im Hinblick auf Staupitz’ Lehrstuhl wird S. 75 zwischen „sacred scripture“ und „theology“ ein signifikanter Unterschied gemacht, S. 85 wird ein solcher – zurecht – generell negiert. 210 Sein Wunsch S. 56 mit Anm. 70, den Quellen-Belegen zu TüPr 3, Z. 205 f. (JvS 1, S. 71 f. mit Anm. 69) doch Heinrich von Friemar hinzuzufügen, lässt freilich den weiterführenden Hinweis auf De exsec. § 54 (JvS 2, S. 142 Anm. 4 [nicht 6]) außer acht. Dort wird De adventu Verbi in mentem, pars 2, princ. 1, Z. 217–228 (mit 1 Cor 6, 17) mit angeführt; Heinrich von Friemar sagt (bes. Z. 224–227): Quae quidem unitas non intellegitur secundum identitatem realis exsistentiae, ut quidam erronee posuerunt, sed secundum quandam conformitatis et transformationis similitudinem (ed. Zumkeller, 1975, S. 42). 211 Possets Angaben zur Berücksichtigung von JvS 5 sind nicht ausgeglichen: S. 201 Anm. 1 bezeichnet er die Constitutiones als bis 2001 noch nicht erschienen. S. 88 Anm. 136 wird JvS 5 genannt, aber ohne Angabe der dort gemeinten Constitutiones-Stelle und unter Angabe der Herausgeber-Namen statt des Bearbeiter-Namens Wolfgang Günter. S. 314 Anm. 109 wird die Edition der Consultatio durch Lothar Graf zu Dohna in JvS 5 doch noch erwähnt. 212 Und zitiert die Schrift bald nur nach deren Seiten, bald zusätzlich nach der originalen Paragraphen-Zählung, die viel genauere Stellenangaben ermöglicht. 213 Von den Erscheinungsdaten, 19. Jan. 1517 für den lateinischen, 6. Febr. für den deutschen Text, sagt Posset S. 165 Anm. 117: „These dates are derived from original printings found in the Salzburg archives“; sie stehen natürlich in jedem Exemplar der Drucke, jeweils am Schluss des Explicits (JvS 2, S. 304 und 305).
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In der sorgfältigen Beschreibung des Titelholzschnitts (S. 167), den der Drucker Friedrich Peypus identisch sowohl für den lateinischen als auch für den deutschen Druck verwendet hat, irritiert die Aussage, „This Pauline verse“ – gemeint ist der Vers Rm 9, 18, der in lateinischen Worten in den Spruchbändern steht – „was Staupitz’s preaching theme for Advent of 1516“. Die Aussage ist unzutreffend214, sie wird von Posset in der Folge auch nicht mehr beachtet. Staupitz’ Schluss- und Schlüssel-Satz in § 52, [...] merito universa vita christiani gratiae tribuitur, et in ipso deletur quod naturae rationali concedunt, puta dominium operum a principio usque in finem [...], ist gleichzeitig eine Zusammenfassung der Kap. IV−VIII und eine Zurückweisung des aristotelischen Axioms Nos sumus domini nostrarum operationum a principio usque ad finem215. Der Satz erscheint bei Posset (S. 176) zweimal, nur einmal davon richtig216. Wichtiger als dies Monitum ist indes die Feststellung (gegen Posset, S. 176. 302): Angesichts der zahlreichen Berufungen auf die Autorität des Philosophen (und die seines Kommentators Averroes) in den Tübinger Predigten217 kann nicht die Rede davon sein, dass der hier in De exsecutione § 52 offenkundige Anti-Aristotelismus bei Staupitz schon in Tübingen vorhanden gewesen wäre. Für Posset war schon beim Resümee der Tübinger Predigten die „,sweetness of God‘“ sehr wichtig (s. oben bei Anm. 203). Hier, in seinem Resümee von De exsecutione, stellt er mit Staupitz’ Auslegung von Cant 6, 7 f. in §§ 110–121 aus Kap. XV (De praegustu salutis), dem längsten Zitat in seinem Buch (S. 170–172), einen Text218 in den Mittelpunkt seiner Darstellung, in dem zwar „sweet“ und „sweetness“ (für dulcis und dulcedo) reichlich vorkommen, der aber nach Staupitz’ eigenem Bekunden n i c h t von den Dingen handelt, die ad salutem sunt necessaria et necessario credenda, sondern von subjektiven Erfahrungen pro ulteriori nostra consolatione (§ 107). Die zu den ad salutem necessaria et necesZur Rolle von Rm 9 in De exsecutione siehe Anm. 108. Aristoteles, Eth. Nic. 3,8 (1114b 32); Auctoritates Aristotelis 12, 54 (ed. Hamesse, S. 236, Z. 75). – Die urspüngliche, umständliche und doch unbefriedigende Erklärung des Axioms in JvS 2, S. 140 mit Anm. 87 und 88 ist, wie Posset, S. 176 Anm. 159 u. 160 korrekt referiert, von Wetzel in ,Staupitz und Luther‘ (1986) (in diesem Sammelband S. 200 bei Anm. 20 u. 21) ersetzt. 216 Richtig übersetzt in der Einschaltung bei Anm. 156 aus Oberman, Forerunners: „,And thus t h e c l a i m for man, namely, that he is the master over his works from beginning to the end is destroyed‘“ [Sperrung von D/W]; sodann frei, aber falsch paraphrasiert im Text bei Anm. 159: „that our ’rational nature’ is out of order, defunct, ’deleted’“. Doch ist nicht unsere Natur vernichtet, sondern der in ihrem Namen erhobene Anspruch ist nichtig. 217 Siehe JvS 1, Register der Autoritäten und Quellen S. 510 f. und 515. 218 Dessen Bezeichnung als „mystical contemplation“ (S. 172) oder einfach „contemplation“ (S. 173), vor allem der Ausdruck „climax“ (S. 172), leistet dem Missverständnis Vorschub, bei den adulescentulae, concubinae, reginae und der una columba handele es sich um Stufen eines mystischen Aufstiegs. König Salomons Gefolge bildet vielmehr die geringere oder größere Christus-Nähe distinkter Schichten gläubiger Seelen innerhalb der Kirche ab – und die Einzigartigkeit der Mutter Maria. 214 215
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sario credenda zählende heilsgeschichtlich objektive dulcedo der „sweet condescension of divine mercy for the redemption of the human misery“ wird von Posset nur gestreift (S. 170)219, ebenso deren Echo in den Umschreibungen der – von Staupitz bekanntlich neu gedeuteten – gratia gratum faciens (S. 173 mit Anm. 141)220. Insofern berechtigt gerade dieser Text aus Kap. XV Posset nur bedingt221, De exsecutione aeternae praedestinationis als Ganzes unter dem Zwischentitel „Preaching [...] on God being sweet for us [...]“ zu resümieren.222 Beim Resümee der nur 100 Zeilen langen Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae (1523) (S. 314 f.) im Abschnitt „The evangelical abbot saves an evangelical friar“ (S. 312–319) benützt Posset noch nicht deren Edition durch Lothar Graf zu Dohna in JvS 5 (2001)223, sondern den 10 Zeilen-Auszug von Nikolaus PAULUS (1891) aus dem Anfang des fehlerhaften Textes von Corbinian GÄRTNER (1812). In Possets Übersetzung (S. 314 f.) sind dann die von Staupitz bemängelten temeritates, wie ,Dummodo contra pietatem non sint’ oder ,evangelio non adversante’ (Consultatio, Z. 3 f.: JvS 5, S. 93 f.) nicht mehr zu erkennen als das, was sie sind: Wörtliche Zitate kritischer Äußerungen Agricolas. Von dem, was Agricola im einzelnen kritisiert hat – und was weitestgehend aus anderen ProzessSchriften rekonstruiert werden kann – lässt Posset sich nicht aufhalten auf dem Weg zu dem voreiligen Fazit, „All in all, Staupitz [...] cleverly avoided an evaluation which could have led to the charge of doctrinal heresy“ (S. 315). Im Endeffekt stimmt das, aber auf dem Weg dorthin liegt sogar der dicke Brocken eines klaren Häresie-Vorwurfs (Consultatio, Z. 15–18: JvS 5, S. 95 f.). Posset verharmlost über Paulus hinaus den Fall und seine Lösung und mindert den Wert seiner Darstellung durch weitere Versäumnisse224, Ungereimtheiten225 oder Mutmaßungen226, die sich in diesem Abschnitt auffällig häufen. dulcis salvator (§ 67, Z. 1), dulcissime Iesu (§ 75, Z. 1). gratus (§ 36, Z. 8. 10, § 40, Z. 6), daneben suavis (§ 64, Z. 7), placitus (§ 130, Z. 5), wieder gratus (§ 130, Z. 5, § 131, Z. 2, § 152, Z. 4). – dulcis und decora § 44, Z. 13 ist – entgegen Posset, S. 173 Anm. 142 – nicht von der sponsa über den sponsus gesprochen, sondern umgekehrt. 221 Nämlich unter dem Vorbehalt, dass Staupitz’ Unterscheidung zwischen Gott als debitor und Gott als dator (§ 161) bewusst bleibt; siehe Steinmetz, Luther and Staupitz (1980), S. 131–135, bes. 132/133 und 134. 222 Mit §§ 53–57 aus Kap. IX (De matrimonio Christi et christiani) stünde ein Text aus dem Bereich der ad salutem necessaria et necessario credenda zur Verfügung, gleichsam die Basis von Staupitz’ mystischer Theologie, auf den Staupitz in § 112 sich selbst zurückbezieht (Posset, S. 171, Z. 1). – Angemessener hätte Posset De exsecutione (dessen Spitzensatz in Kap. X § 64 lautet: Admirantur theologi unionem hypostaticam [... .] Ego admiror coniunctionem summae misericordiae cum summa miseria [... .]) ohnehin unter dem Zwischentitel „Preaching on God’s mercy“ resümiert, wenn er diesen Zwischentitel ähnlich nicht schon für die Tübinger Predigten vergeben gehabt hätte, für die wiederum „Preaching on God’s goodness“ genügt hätte. 223 Ihre Erwähnung S. 314 in Anm. 109 sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Edition samt Einleitung und Kommentar offenbar nicht mehr eingarbeitet werden konnte. 224 Ein Versäumnis ist, dass Dr. Ambrosius Volland zwar mit den Lebensstationen Tübingen, 219 220
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Kaum vorzuwerfen ist Posset, dass er bei Staupitz’ Sterbeort (S. 334 Anm. 184) den irrigen Angaben von Keller (1888) und Wetzel, Vorläufer-Figur (1991) folgt, noch nicht Hamm, ARG 92 (2001)227, der seine Angabe – Salzburg – auf die einzige zeitgenössische Quelle stützt, die wir haben, die „(im Salzburger Kloster St. Peter entstandene) Chronik des Paters Leonhard Tornator“; sie ist so genau, nicht nur den Tag, sondern auch die Stunde von Staupitz’ Tod zu nennen, und hätte den Ort, wenn es denn ein anderer gewesen wäre als St. Peter in Salzburg, bestimmt zu allererst genannt. Was Staupitz’ Einfluss auf Luther angeht, schreibt Posset (S. 351) eher versteckt (in Anm. 42) den bemerkenswerten Satz: „Staupitz’s influence on Luther must have continued well into his later years. This aspect tends to be forgotten by Luther’s biographers, who generally create the impression that Staupitz’s influence was confined to the early years of Luther’s monastic life“, und (S. 352): „Luther’s table talks contain numerous [..] reminiscences of Staupitz’s sayings, which can only mean that long after Staupitz had died he continued to have a significant effect on Luther’s thinking.“ Posset äußert dies im Zusammenhang mit Luthers Bemühungen um Gesetz und Evangelium.228 In seinem Schluss-Kapitel konstatiert Posset: „The closeness of Staupitz’s and Luther’s theological positions is evident“ (S. 371)229, aber auch: „one may neverWittenberg und Salzburg erwähnt wird (S. 76 f.), aber nicht erwähnt wird, dass er es war, der in der entscheidenden Sitzung des fürsterzbischöflichen Rats am 19. Febr. 1524 in Anwesenheit des FEbf.s Matthäus Lang und Abwesenheit des Abtes Staupitz das Votum abgab, die vorliegenden Äußerungen des Beschuldigten reichten für eine Verurteilung zum Tod als Ketzer nicht aus; womit Hauthaler (1896), S. 344 f. außer Acht bleibt; siehe jetzt Dohna, Häresieverfahren, Text B 11 (in diesem Sammelband S. 105–110). Ein anderes Versäumnis ist, dass Ecks Anschwärzung des FEbf.s in Rom wegen Säumigkeit im Fall Agricola unerwähnt und damit ARC 1 (1959), Nr. 30, (7,) 3, S. 140 (mit Anm. 68) außer Acht bleibt; siehe jetzt Dohna, ebd., Text B 10, Anm. zu Z. 25 (S. 104). 225 Eine Ungereimtheit ist die Behauptung, dass „Staupitz did not attend the conference of the Salzburg archdeacons at Mühldorf on 23 April, when Agricola’s case was discussed. He was unable to do so because [... of a ...] treatment of blood-letting.“ (S. 314, Z. 1 ff.); wobei gleich mehrere Dinge verwechselt werden; zu den Details siehe jetzt Dohna, wie vorhin, Texte B 3 bis B 5 (S. 88–94). Eine weitere Ungereimtheit ist die Behauptung, Agricola sei nach seiner Freilassung gleich ins Karmeliterkloster Augsburg gegangen (S. 118); wobei Simon, Agricola (1961) S. 168–174, hier 171 außer Acht bleibt. 226 Eine Mutmaßung ist die Überlegung, bei den Damen, die als Fürsprecherinnen für Agricola eingetreten sind, wie – quellenmäßig belegt – Anna von Österreich, könnte man auch an Argula von Grumbach am Hof in München denken (Posset 316). Eine Mutmaßung ohne jeden Rückhalt in den Quellen ist auch die Überlegung eines heimlichen Besuchs von Staupitz in Mühldorf (S. 319). 227 HAMM, ARG 92 (2001), S. 15 Anm. 27. 228 Siehe dazu den Originalbeitrag von Dohna, Gesetz und Evangelium in Staupitz’ frühreformatorischer Theologie (2017), in diesem Sammelband S. 331–334. 229 Im Anschluss an Wetzel, Staupitz und Luther (1986) (in diesem Sammelband S. 190–203); referiert S. 372 f., zitiert S, 373 Anm. 19.
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theless state [...] that he remained within the wider framework of the teachings of ’the old Church’“ (S. 374)230. In seinen Augen waren es „the opponents of Staupitz und Luther“, die „turned central theological issues into debates on ecclesiastical authority.“ (S. 375). Forschungsbeiträge von 2001 bis heute, 2. Hälfte: ca. 2004 ff. Hans SCHNEIDER hat unabhängig von den Arbeiten an der Staupitz-Gesamtausgabe in einer Reihe von Aufsätzen zwischen 2004231 und 2011232, deren wichtigster den Titel ,Contentio Staupitii‘ (2007) trägt, die zwar unbefriedigende, aber zählebige und folgenreiche, von Heinrich BOEHMER 1914 etablierte Opinio communis zur Romfahrt Luthers verabschiedet und deren Vorgeschichte, Sinn und Zeitpunkt überzeugend neu dargestellt: Luther brach nicht im Herbst 1510, sondern 1511 auf, nicht von Erfurt, sondern von Wittenberg aus, nicht im Auftrag der Opposition gegen Staupitz’ Union der reformierten Kongregation mit der thüringisch-sächsischen Provinz, sondern als Begleiter von Staupitz’ Abgesandtem (Johann von Mecheln) an den Generalprior und entschiedenen Förderer der Union, Aegidius von Viterbo. Luthers zweimaliger Wechsel des Orts von Erfurt nach Wittenberg in den Jahren 1508–1511 bedeutet keinen Wechsel der Position in der Unionssache. Und die Frage – in der Staupitz- und Luther-Biographie und Ordensgeschichte aufs engste verflochten sind –, die Frage, wie Staupitz 1512 ausgerechnet einem Gegner seiner Politik die Nachfolge auf seinem Lehrstuhl anvertraut haben sollte (Reise, S. 31–33), sie stellt sich nicht mehr. Schneider kann sich bei seiner Rekonstruktion neben den längst (also etwa schon KOLDE) bekannten und den von WEIJENBORG und ECKERMANN in den 1950er und 70er Jahren beigebrachten Dokumenten auch auf bisher völlig unbekannte Quellen stützen233 234. 230
Im Anschluss an Hamm, Reichsstädtischer Humanismus in Nürnberg (1989) und späteren Beiträgen bis ARG 92 (2001) und Zumkeller, HL (1994); zitiert S. 374 Anm. 21. 231 Vorbereitend SCHNEIDER, Ein Franke in Rom. Römische Wanderungen des Nürnberger Augustinereremiten Nikolaus Besler im Jahr 1507, in: Prüft alles, und das Gute behaltet. Festschrift für Hans-Martin Barth zum 65. Geburtstag, Frankfurt am Main 2004, S. 239–270. 232 SCHNEIDER, Eine hessische Intervention in Rom für Johannes von Staupitz und die deutschen Augustinerobservanten (1506), in: ZKG 115 (2004), S. 295–317; – SCHNEIDER, Contentio Staupitii. Der „Staupitz-Streit“ in der Observanz der deutschen Augustinereremiten 1507–1512, in: ZKG 118 (2007), S. 1–44 (weitgehend in ,Luthers Reise‘ [wie folgt], S. 38–96 übernommen); – SCHNEIDER, Neue Quellen zum Konflikt in der deutschen Reformkongregation der Augustinereremiten zu Beginn des 16. Jahrhunderts, in: Analecta Augustiniana 71 (2008), S. 7–37; – SCHNEIDER, Martin Luthers Reise nach Rom – neu datiert und neu gedeutet, in: Studien zur Wissenschafts- und zur Religionsgeschichte, hg. von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 2011 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Neue Folge 10), S. 1–157, bes. 38–92 u. 145–150. 233 In ,Intervention‘ (2004) ediert: S. 315–317 Landgraf Wilhelm II. an Papst Julius II,
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2007 ediert SCHNEIDER ,Staupitz’ Ausschreiben zum Kapitel der deutschen Augustinerkongregation in Heidelberg 1518‘235, in dessen Rahmen, aber in den Räumen der Artistenfakultät (s. oben SCHEIBLE bei Anm. 57), die Heidelberger Disputation stattfand. Staupitz erließ es am 16. Dez. 1517 aus München. Die Luther-Biographie von Volker LEPPIN (2006)236 ist einzig in der Art, wie sie Staupitz’ Einfluss – des „souveränen Ordensmanagers, der zugleich von einer zutiefst innerlichen Frömmigkeit und Theologie geprägt ist“ (S. 61) – auf Luthers Leben (als Mönch) und Lehre (als junger Professor) gleichermaßen ernstnimmt237. Und zwar behauptet sie nicht nur pauschal diesen Einfluss, sondern spürt dem „Ineinander von Staupitz, Mystik, Augustin und Paulus“ – als den „Einflüssen, die sich nach und nach in [Luthers] Entwicklung verifizieren lassen und die begleitet werden von einer Auseinandersetzung mit der scholastischen Theologie [...], wie er sie kennengelernt hat“ (S. 100) – detailliert nach238. Während Leppin sich in der 1. Aufl. (2006) noch bemüht, der Schwierigkeiten Herr zu werden, die sich bei Annahme einer Romfahrt Luthers 1510/11 und im Auftrag der Unionsgegner für 18. Okt. 1506, Konzept und Reinkonzept; – in: ,Neue Quellen‘ (2008) ediert: S. 25 f. Nr. 1 Die Prioren der Konvente Himmelpforten, Kulmbach, Erfurt und Sternberg an Prior und Kapitulare des Konvents Sangerhausen, Erfurt 5. April 1510; S. 26 f. Nr. 2 Generalprior Aegidius von Viterbo an die sieben renitenten Konvente, Rom 17. Jan. 1511. 234 Forts.: S. 27 Nr. 3 Rundschreiben des Vikars Simon Kaiser an die Konvente in Nordhausen, Himmelpforten und Sangerhausen, Erfurt 28. Nov. 1511 Ausfertigung für Sangerhausen, enthaltend Nr. 3a–3e: S. 27 f. Nr. 3a Prior Johannes Rücker an den Vikar Simon Kaiser, Nürnberg 13. Nov. 1511; S. 28 f. Nr. 3b Wortlaut des Nürnberger Schiedsvorschlags (28. Okt. 1511); S. 29 f. Nr. 3c Musterform mit der modifizierten Erklärung der Erfurter Väter; S. 30 f. Nr. 3d Musterform zur Anforderung eines Notariatsinstruments; S. 31 f. Nr. 3e Vikar Simon Kaiser an N. N., Prior in Nordhausen, Erfurt 28. Nov. 1511; S. 32–34 Nr. 4 Erklärung von Prior und Konvent Sangerhausen, Sangerhausen 13. Dez. 1511; S. 34 f. Nr. 5 Johann von Staupitz an Prior und Kapitulare des Konvents Sangerhausen, München 27. Jan. 1512: S. 35 f. Nr. 6 Vikar Simon Kaiser an den Konvent in Sangerhausen, Nordhausen 17. März 1512; S. 36 f. Nr. 7 Der Magdeburger Erzbischof Ernst von Sachsen an den Kölner Erzbischof Philipp [von Daun-Oberstein], Halle 21. März 1512. 235 SCHNEIDER, ... , in: Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte 74 (2007), S. 361–372 (= Ebernburghefte 41 (2007), S. 65–76. Text S. 370 f. (74 f.), Übers. S. 371 f. (75 f.). 236 LEPPIN, Martin Luther (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance, hg. v. Peter Herde), Darmstadt 2006. – S. 57, Z. 4 lies „Provinzial“ statt „Ordensgeneral“. 237 Zu den neueren Luther-Büchern von SCHILLING, Rebell (2012); SCHWARZ, Luther4 (2014); KÖPF, Reformator (2015); REINHARDT, Ketzer (2016); ROPER, Mensch (2016) s. unten. 238 Siehe bes. LEPPIN, Luther (2006), S. 80 bei u. mit Anm. 65, 99 bei u. mit Anm. 125, 163 f. bei u. mit Anm. 195 und 254 f. bei Anm. 129. – Umsomehr fällt auf, dass Leppin Staupitz’ Tübinger Predigten ganz beiseite lässt, in denen sich zeigt, wie Staupitz selbst Mystik (Gerson!), Augustin (soweit schon im Druck greifbar, im Original!, nicht aus Florilegien), Paulus und die Scholastik (nicht Biel, sondern Aegidius Romanus) zusammen- und als Bibliothek-im-Kopf mit nach Wittenberg bringt.
Forschungsbeiträge von 2001 bis heute, 2. Hälfte: ca. 2004 ff.
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die Bestimmung des persönlichen Verhältnisses zwischen Luther und Staupitz ergeben239, „erscheinen“ ihm in der 2. Aufl. (2015)240 „jüngere Forschungen“ – gemeint ist Schneider, Reise (2011) –, also 1511/12 im Auftrag von Staupitz, „wahrscheinlicher“. Im Beitrag ,„Ich hab all mein ding von Doctor Staupitz“. Johannes von Staupitz als Geistlicher Begleiter in Luthers reformatorischer Entwicklung‘ (2007)241 folgt Volker LEPPIN (S. 62–63) zwar noch der vor-Schneider’schen Communis opinio über Luthers Stellung zu Staupitz’ Unionsplänen und seine Romfahrt. Einmal mehr zeigt er dann anhand von Staupitz’ Trost in Luthers Prädestinationsanfechtungen (S. 67) und seinem Wort über die rechte Buße in Luthers Begleitbrief zu den Resolutiones vom 30. Mai 1518 (und dessen Verhältnis zum großen Selbstzeugnis von 1545) (S. 68–70), wie „die geistliche Begleitung durch Staupitz [..] zum Schlüssel wurde zur Entwicklung einer reformatorischen Theologie.“ Das Fazit: „Vor diesem Hintergrund ist es auch der Sache nach sicher nicht zu viel gesagt, wenn Luther [im Frühjahr 1533] erklärt, Staupitz habe die Lehre angefangen. Dieser Satz stimmt biographisch und er stimmt theologisch.“ (S. 70)242. Der Trennung der beiden nach 1518, der Leppin in seiner Luther-Biographie weniger Aufmerksamkeit schenken kann, widmet er hier einen eigenen Abschnitt (S. 70–74). Volker LEPPIN, ,„Solus Christus“. Zur Genese einer reformatorischen Exklusivpartikel aus der spätmittelalterlichen Passionsfrömmigkeit‘ (2015)243 übernimmt Wolfram Schneider-Lastins Einordnung, dass die Salzburger Predigten 1512 „die empfindliche Quellenlücke zwischen den lateinischen Tübinger Predigten von 1497/98 und der 1515 veröffentlichten Schrift ,Von der nachfolgung des willigen Sterbens Christi’ verkleinern“ (S. 286). Für ihn sind „die Predigten [...] besonders markant für [...] die greifbare Konzentration auf Christus“ (S. 285). Die suo loco besprochenen Beiträge von Volker Leppin sind in dem Sammelband ,Transformationen‘ (2015) wiederabgedruckt244. 239
LEPPIN, Luther (2006), S. 57. 60 f. 67 u. 72/73. LEPPIN, Luther, nunmehr mit dem Untertitel ,Vom Mönch zum Feind des Papstes‘, Darmstadt 2015, S. 24 f. mit Anm. 42. – S. 24, Z. 1 von unten lies „Generalvikar“ statt „Ordensgeneral“; S. 31, Abs. 2, Z. 3 dito. 241 LEPPIN, „Ich hab all mein ding ... “, in: Wenn die Seele zu atmen beginnt ... . Geistliche Begleitung in evangelischer Perspektive, hg. v. Dorothea Greiner, Erich Noventa, Klaus Raschzok und Albrecht Schödl, Leipzig 2007, S. 60–80. – Statt „Ordensgeneral“ S. 62, Z. 10/11 lies „Provinzial“; statt „rem-“ S. 76 (in Anm. 51 zu S. 66) lies „temporis“, statt „Carmen“ ebd. lies „Carne“, statt „iucin-“ S. 78 (in Anm. 73 zu S. 69) lies „iucundissimum“. – Mit denselben Fehlern (und zusätzlichen) wieder abgedruckt in: LEPPIN, Transformationen (2015), S. 241–259. 242 Eigens hingewiesen sei auf LEPPIN, „Ich hab all mein ding“ (2007), S. 79 (in Anm. 78 zu S. 70), wo er weitere Gemeinsamkeiten in Einzellehren wie in der des theologischen Gebrauchs des Gesetzes und in der des Deus absconditus nennt. 243 LEPPIN, ,„Solus Christus“ ... , in: LEPPIN, Transformationen (2015), S. 279–301. – Statt ’würd-’ S. 286, Z. 6 lies ’willigen’. 240
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Berndt HAMM greift in seinem klärenden Aufsatz ,Wie mystisch war der Glaube Luthers?‘ (2007)245 die Vorarbeiten auf, die in der Einleitung zu Staupitz’ De exsecutione (1979) und von Wetzel, ,Staupitz und Luther‘ (1986) erbracht worden sind246. Dies geschieht in zwei Abschnitten mit den Zwischentiteln „9. Staupitz’ Ehemystik der Inkarnation und des seligen Tauschs“ (S. 255–259) und „10. Staupitz und Luther: Heilsbegründende Basis-Mystik für alle Christen“ (S. 259–261). Sehr hilfreich ist seine Unterscheidung der „Basismystik“ Eph 5, 30–32 von der „elitären Mystik“ des Canticums247. In ,Naher Zorn und nahe Gnade‘ (2008) interpretiert Berndt HAMM248 Luthers Begleitbrief zu den Resolutiones vom 30. Mai 1518. Mehrere der suo loco chronologisch besprochenen oder auch nur erwähnten Beiträge von Berndt Hamm sind in dem Sammelband ’Der frühe Luther’ (2010) wiederabgedruckt249. Das Lebensbild von Gerhard MARKERT (2008)250 ist unbrauchbar251. Solide Information über Staupitz’ Leben und Werke findet man im Verfasserlexikon Deutscher Humanismus 1480–1520 (2013) im Staupitz-Artikel von Richard WETZEL252 und 244
Wiederabdrucke in Volker LEPPIN, Transformationen. Studien zu den Wandlungsprozessen in Theologie und Frömmigkeit zwischen Spätmittelalter und Reformation (SMHR 86), Tübingen 2015: S. 241–259 Kap. 14 „Ich hab all mein ding ... “; zuvor 2007 (s. o.); S. 261–277 Kap. 15 „Omnem vitam fidelium ... “; zuvor 2002 (s. o.). 245 HAMM, Wie mystisch ... (2007), S. 237–287, bes. 255–261. Wieder abgedruckt in: HAMM, Der frühe Luther (2010), S. 200–250. 246 HAMM, Wie mystisch ... (2007), S. 256–258 Anm. 54, 59 und 62, S. 260 f. Anm. 70 und 73 f. 247 HAMM, Wie mystisch ... (2007), S. 261 Anm. 72. 248 HAMM, Naher Zorn ... , in: Reformation und Mönchtum. Aspekte eines Verhältnisses über Luther hinaus, hg. v. Athina Lexutt, Volker Mantey und Volkmar Ortmann (SMHR 43), Tübingen 2008, S. 103–143, hier 131–1367. Wieder abgedruckt in: HAMM, Der frühe Luther (2010), S. 25–64. 249 Wiederabdrucke in Berndt HAMM, Der frühe Luther. Etappen reformatorischer Neuorientierung, Tübingen 2010: 1. S. 1–24 Von der Gottesliebe des Mittelalters zum Glauben Luthers – ein Beitrag zur Bußgeschichte, zuvor 1998 (s.o.); 2. S. 25–64 Naher Zorn und nahe Gnade. Luthers frühe Klosterjahre als Beginn seiner reformatorischen Neuorientierung, zuvor 2008 (s.o.); 3. S. 65–89 Warum wurde für Luther der Glaube zum Zentralbegriff des christlichen Lebens?, zuvor 1998 (s.o.); 4. S. 200–250 Wie mystisch war der Glaube Luthers, zuvor 2007 (s.o.). 250 MARKERT, Menschen um Luther. Eine Geschichte der Reformation in Lebensbildern, Ostfildern 2008, S. 61–63. 251 MARKERT kommt am Ort ohne Quellen und Literatur aus, im allgemeinen Literaturverzeichnis ohne auch nur einen Staupitz-Titel. Zur Kostprobe: S. 62: „ [...] sieben der Konvente [...] widersetzten sich seinem Unionsplan und sandten im November 1510 zwei Mönche nach Rom – einer davon war Luther. Staupitz musste seinen Plan aufgeben“. S. 63: „im Oktober 1519(!) [...] begleitete(!) [er] Luther nach Augsburg“ – wozu, wird nicht gesagt. 252 WETZEL, Art. Staupitz, in: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, hg. v.
Forschungsbeiträge von 2001 bis heute, 2. Hälfte: ca. 2004 ff.
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komprimierteste Auskunft über seine Theologie im Luther-Lexikon (2014) bei Berndt HAMM253. Christoph BURGER untersucht 2014 Staupitz’ Begriff des Glaubens als Tugend254 in den Tübinger Predigten und den Salzburger Predigten 1512. Thomas KAUFMANN nennt in seiner ,Geschichte der Reformation’ (2009)255 Staupitz den „wichtigsten Lehrer Luthers“256 und führt dies in einem kurzen Portrait näher aus wie folgt257: „Staupitz’ konsequente Abkehr vom Sprach- und Denkstil der Scholastik stellt eine Parallelerscheinung zum Humanismus dar; in der kombinatorischen Umgangsweise mit den unterschiedlichsten religiösen und theologischen Traditionsbeständen – biblischer, mystischer, patristischer, monastischer, auch scholastischer Provenienz, die er von seiner theologischen Fokussierung auf den Heilsweg des Menschen her sichtete und konsultierte – repräsentiert Staupitz einen theologischen Stil, der als unmittelbares Vorbild Luthers zu gelten hat. In seiner fortschreitenden Konzentration auf die Bibel als maßgeblichen Quell und Orientierungsmaßstab der Theologie empfand sich Luther auch als Schüler und Erbe Staupitz’ ... “. Luthers Begleitbrief zu den Resolutiones vom 30. Mai 1518 behandelt Kaufmann gesondert258. Die Luther-Bücher, die im Hinblick auf den 500. Jahrestag des Anfangs der Reformation neu geschrieben259 oder erneut aufgelegt worden sind, beschränken sich nahezu ausnahmslos auf die biographischen, allenfalls seelsorgerlichen Berührungspunkte Luthers mit Staupitz. Die Staupitz-Gesamtausgabe und die auf ihr Franz Josef Worstbrock, Bd. 2, Berlin 2013, Sp. 964–980. – Unter Punkt II.18 vermisst man Christoph Scheurl, Epistula ad Staupitium / Epistel von polliceischer [= politischer] ordnung, Nürnberg 15. Dez. 1517; ersatzweise s. Matthias DALL’ASTA, Art. Scheurl, ebd. Sp. 859 f.; lat. Text: Albert Werminghoff, Conrad Celtis und sein Buch über Nürnberg, Freiburg i. Br. 1921, S. 212–227. 253 HAMM, Art. Staupitz, in: Das Luther-Lexikon, hg. v. Volker Leppin, Gury SchneiderLudorff. Unter Mitarb. v. Ingo Klitzsch, Regensburg 2014, S. 659–661. 254 BURGER, ’Fides’ in Sermons an Tracts of the Augustinian Hermits Johannes von Staupitz and Johannes von Paltz, in: Fides Virtus. The Virtue of Faith from the Twelfth to the Early Sixteenth Century, ed. by Marco Forlivesi, Riccardo Quinto, Silvana Vecchio in association with Gionata Liboni and Caterina Tarlazzi (Archa Verbi, Subsidia, vol. 12), Münster 2014, S. 483–492. 255 KAUFMANN, Geschichte der Reformation, Darmstadt 2009. Luthers Romfahrt datiert er (S. 138) ins „Spätjahr 1511“. – In seinem schmalen Bändchen ’Martin Luther’, München 2006, datiert er sie (S. 36) noch mit der Opinio communis (auf 1510). 256 KAUFMANN, Geschichte ... , S. 130 (auch S. 824 im zugehörigen Biogramm). 257 KAUFMANN, Geschichte ... , S. 135–138, hier S. 136. 258 KAUFMANN, Geschichte ... , S. 220–222. 259 Außer Betracht bleiben – als ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder gar in erklärtem Widerspruch zur herrschenden Wissenschaft geschrieben – Joachim KÖHLER, Luther! Biographie eines Befreiten, Leipzig [2016], und Willi WINKLER, Luther. Ein deutscher Rebell, Berlin 2016. Köhler kennt aus der gesamten Staupitz-Literatur nur Ludwig Keller (1888), J.K.F. Knaake (1867) und Alfred Jeremias (1926), Winkler nicht einmal diese.
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fußende Literatur ignorieren sie fast ganz. Dies gilt für die beiden schmalen, auf ihre Hauptfigur konzentrierten Taschenbücher von Reinhard SCHWARZ (2014)260 und Ulrich KÖPF (2015)261. In dem souveränen und für die, wie man früher gern sagte, gebildeten Laien gut lesbaren Buch des Historikers Heinz SCHILLING (2012)262 fällt dieses Defizit weniger ins Gewicht. Deswegen sei näher – auch kritisch – darauf eingegangen263. In einem gedrängten Portrait264 benennt Schilling die beiden wichtigsten Punkte von Staupitz’ theologischem Einfluss auf Luther: Christus als Schmerzensmann, nicht Richter, und Theologie als Bibelstudium. Dafür dass er die Contentio Staupitii und Luthers Romfahrt noch in den Koordinaten Boehmers beschreibt265, entschuldigt er sich. Den Durchbruch von Luthers reformatorischer Erkenntnis definiert und datiert Schilling im Anschluss an Brecht (1981) (s. oben bei Anm. 40 ff.)266 in einer Zusammenschau der „zwei Schlüsseltexte“, genauer drei Texte Luthers, 1. dem Sermo de duplici iustitia, den Luther am 28. März 1518 gehalten hat, 2. seinem Begleitbrief an Staupitz vom 30. Mai 1518 zu den Resolutiones der Ablass-Thesen, 260
SCHWARZ, Luther4, Göttingen 2014, § 8 S. 31–34 nur als Seelsorger, Romfahrt noch nach Boehmer. – In seinem weit umfänglicheren systematisch-theologischen ,Martin Luther – Lehrer der christlichen Religion‘, Tübingen 2015, behauptet Reinhard SCHWARZ S. 207 Anm. 52, der einzigen Erwähnung Staupitz’, 1 Cor 1, 30 spiele bei diesem keine Rolle; ein Blick in De exsec. §§ 71 ff. (JvS 2, S. 156) beweist das Gegenteil: 1 Cor 1 wird nicht nur von den Bearbeitern im Sachkommentar angeführt, sondern steht auch unter den von Staupitz selbst in den Marginalien genannten Stellen. 261 KÖPF, Martin Luther. Der Reformator und sein Werk, Stuttgart 2015. Staupitz in erster Linie Förderer und Seelsorger. Zur Romfahrt Luthers sind (S. 30–34 mit 247) die von Schneider 2011 abschließend veröffentlichten Erkenntnisse eingearbeitet. 262 SCHILLING, Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs. Eine Biographie, München 2012. – Der auch typographisch anspruchsvolle Band unterscheidet oft nicht zwischen i (s mit langem Schaft) und f. 263 Von der Staupitz-Gesamtausgabe erscheint einzig JvS 5 (2001) (S. 646 in Anm. 46 zu S. 97 und unter den Quellen S. 681), mit einem Zitat aus den Constitutiones; JvS 2 (1979) und JvS 1 (1987) fehlen auch im Quellenverzeichnis; ebenso fehlen, im Literaturzeichnis, zumindest Zumkeller, HL (1994) und Hamm, Art. Staupitz, in: TRE 32 (2000) und / oder dessen Langfassung in ARG 92 (2001); Günter 1988 und die in diesem Sammelband wiederabgedruckten Beiträge von Dohna und Wetzel genügen möglicherweise nicht den S. 681 formulierten Auswahlkriterien. 264 SCHILLING, S. 93–99. – S. 84, Abs. 1, Z. 6 f. von unten ist nach „Aleander [...]“ der Zusatz „der den Reformator 1520 in Augsburg verhören sollte“ unzutreffend: es war Kardinal Cajetan, der Luther in Augsburg verhörte, und zwar 1518; das Richtige steht S. 174, Z. 3 f. von unten und S. 181, Z. 8 f. von unten. – S. 87 Mitte lies (mit S. 94 bei Anm. 43) „Staupitz, der Generalvikar [der Kongregation] der reformierten Augustinereremiten in Deutschland“ statt „Staupitz, der Generalvikar der deutschen Ordensprovinz“. – S. 95, Z. 7 f. lies „Ab 1522 ...“ statt „Ab 1521...“. 265 SCHILLING, S. 101 ff. 266 SCHILLING, S. 150–152. Brecht zitiert er S. 152 bei Anm. 19 (S. 649).
Forschungsbeiträge von 2001 bis heute, 2. Hälfte: ca. 2004 ff.
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ohne dessen Datum zu nennen, und 3. seinem großen Selbstzeugnis von 1545. Der Frage nach dem Verhältnis der beiden Selbstzeugnisse 1518 und 1545 überspielt Schilling durch die Formel „(der) mit dem neuen Bußverständnis eng verschwisterte(n) Erkenntnis über das Wesen der göttlichen Gerechtigkeit“, mit der er vom zweiten auf den dritten Text überleitet. Der bei Brecht zwar nachgeschobene, aber unübersehbare Verweis auf „nahezu übereinstimmende Gedanken“ in Staupitz’ De exsecutione (gepredigt im Advent 1516, gedruckt Anf. 1517) und Luthers Sermo De duplici iustitia (1518) verblasst bei Schilling zu ortlosen „Hinweise(n) von Staupitz“267. Staupitz’ Haltung gegenüber Luther in den späten Salzburger Jahren bezeichnet er, ohne im einzelnen auf die unbeantworteten Briefe Luthers und den letzten von Staupitz einzugehen, als „distanzierte Sympathie“268. Die Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae, Staupitz’ Gutachten im Agricola-Verfahren, ignoriert er269. Aus Volker REINHARDT, Luther, der Ketzer (2016)270, zieht man für Staupitz keinen Gewinn. Das Buch der feministischen Sozialhistorikerin Lyndal ROPER (2016)271, das, schon der Originalsprache Englisch wegen, bestimmt keine Jubiläums-Eintagsfliege bleiben wird, zeigt formal eine gewisse Eigenwilligkeit insofern, als sie für De exsecutione den Titel Ein nutzbarliches büchlein und für die Lieb gottes den Titel Ein seligs newes Jar verwendet, und darin, dass sie Zitate oder Paraphrasen daraus ohne erkennbaren Grund bald aus den Originaldrucken (nach VD 16), bald aus Knaake (1867) und JvS 2 (1979) entnimmt272, die beide auch im Quellenverzeichnis stehen. Im Quellenverzeichnis steht zwar auch JvS 1 (1987), die darin edierten Tübinger Predigten werden aber überhaupt nicht zitiert. Einer Übersetzung aus den Constitutiones liegt der Originaldruck zugrunde, JvS 5 (2001), worin sie ediert sind, fehlt auch im Quellenverzeichnis. Zur Eigenwilligkeit im Formalen kommt Willkür bei Auswahl und Gewichtung der Inhalte. Ein erster Komplex umfasst Luthers Romfahrt (in alter Deutung, 267
SCHILLING, S. 151, Z. 6 f. von unten. SCHILLING, S. 95. 269 Obwohl er JvS 5 (2001), wo es – eröffnet durch eine „Korrektur des Staupitz-Bildes“ – von Dohna ediert ist, kennt (vgl. Anm. 263). 270 REINHARDT, ... . Rom und die Reformation, München [2016]. – Schneider, ,Luthers Reise ...‘ (2011) (s. oben) steht zwar im Literaturverzeichnis, hat aber für Reinhardts Darstellung von Luthers Romfahrt keine Konsequenz: es ist (S. 28) der Erfurter Konvent, der Luther nach Rom schickt (ohne Jahresangabe), Luther ist (S. 30) „im Namen der strengen Observanz“ dort und hat (S. 35) „Meinungsverschiedenheiten“ mit Staupitz „in Sachen Ordensreform“. 271 ROPER, Der Mensch Martin Luther. Die Biographie. Aus dem Engl. von Holger Fock und Sabine Müller, Frankfurt am Main 2016; engl. Martin Luther. Renegade and prophet, London: Penguin 2016. 272 ROPER, Kap. 3 Anm. 60 u. 65 ggb. Anm. 64 (je S. 563), bzw. Anm. 69 (ebd.). 268
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S. 86–90) und ein Portrait von Staupitz (S. 93 ff.). Neben Überflüssigem (wie der Ernennung Scotus’ zu dessen „Lieblingsphilosophen“, S. 94, wieder S. 472)273 und Unumgänglichem (wie dem Begleitschreiben zu den Resolutiones, S. 97) werden als erwähnenswerte Inhalte von Staupitz’ Predigt und Schriftstellerei herausgestellt: die Süße Gottes (S. 98)274 und die „mystische Kontemplation“ mit dem Ziel der „Auflösung der Individualität“ (S. 98)275, sein angeblicher „Antisemitismus“ (S. 98)276 und sein rhetorischer „Erotismus“ (S. 100)277 bei gleichzeitiger Frauenscheu oder gar -feindlichkeit (S. 99–101)278. Der zweite Komplex schildert die Entfremdung (S. 193–199)279. Ausgerechnet Staupitz’ letzter Brief an Luther fehlt hier280. Sein anrührendes Zitat aus Davids Klage über Jonathan (2 Sam 1, 26) erfährt der Leser Ropers, der es nicht aus besser unterrichtender Quelle kennt, nicht. Das Agricola-Verfahren und die Consultatio bleiben bei Roper unerwähnt. Sonst käme sie wohl auch kaum zu dem Schluss (S. 196/197): „Luther betrachtete Staupitz’ Entscheidung als Verrat, doch man kann schwerlich darüber hinwegsehen, dass für einen Mann wie Staupitz, der das gute und geordnete Leben liebte, der sich von der Äbtissin des Frauenchiemseer Klosters Ursula Pfeffinger den besten Fisch zur Seite legen und sich von seinem Freund Christoph Scheurl Orangen schenken ließ, der Rückzug in ein 273
Ein Tribut an Posset; s. oben Anm. 205, 2. Hälfte. Auch dies ein Tribut an Posset; s. oben Anm. 203 u. 218–222. 275 Ein Blick in die Tübinger Predigten oder De exsecutione erweist dies als falsch. Nähere Angaben dazu s. oben Anm. 210. 276 Zu unrecht wischt Roper einen (durch Posset sachgemäß weitergereichten) Hinweis von Schneider-Lastin (als dem Bearbeiter der Salzburger Predigten 1512) beiseite, der besagt, dass es sich bei der angeprangerten Bezeichnung der Juden als hunde in SbPr 5, Z. 48 (S-L 58 Anm. 16) und SbPr 6, Z. 97 (S-L 69 Anm. 39) um ein Zitat handle. Handelt es sich doch nicht um irgendein Zitat aus irgendeinem Psalm, sondern um V. 17 aus dem Leidenspsalm Ps 22 (21 Vg.), also um synoptisches Traditionsgut. 277 Auch hier wäre, statt das den heutigen Leser Befremdende zu unterstreichen, erst einmal das bloß fremd Gewordene zu erklären, in diesem Fall die biblische Verankerung dieser Erotik im mysterium matrimonii Christi et ecclesiae sive Christiani (aus Eph 5 und Os 2 wie in De exsec. § 53 bzw. § 58), sowie die Tatsache, dass das Hohelied im Kanon steht. – Zum Sinn von ’Nacktheit’, den Roper S. 99 mit Anm. 64 (S. 563) unter Hinweis auf JvS 2, S. 193 [gemeint ist § 115, Z. 9 f. des dt. Texts] völlig verfehlt („in dem alle Keuschheit preisgegeben ist“), hätte sie wenige Seiten später (JvS 2, S. 196 Anm. 73 zu De exsec. § 120) das Nötige finden können. 278 Zum Wert der Frau hätten Roper ausführliche Aussagen in den Tübinger Predigten, bes. Sermo 6, zur Verfügung gestanden, dazuhin die Erschließung ihrer Quellen durch Wetzel, Staupitz Augustinianus (1991), in diesem Sammelband S. 223–265, bes. 6.2.3 (S. 256), 6.3.1 (S. 258), 6.3.2 (S. 259), 7. (S. 263), und – als Extrakt – Wetzel, Beständiger als Frauenliebe (1998), in diesem Sammelband S. 266–281, bes. 276–278. 279 Roper behandelt in diesem Zusammenhang (S. 195) eine scharfsinnige Gelehrtenvermutung als Tatsache, nach der Staupitz zwei Druck-Exemplare von Luthers Gal-Kommentar zurückgewiesen habe (WAB 1, 515 Anm. 1 zu Luther an Staupitz, 3. Okt. 1519 Nr. 202). 280 Er wird nur (S. 358) bei Luthers Heirat kurz erwähnt. 274
Editionsstand
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bequemes Leben als Abt in Salzburg ganz und gar seinem Charakter entsprach.“ Weniger klischeehaft S. 197: „Beide Männer hatten einander idealisiert, und nun waren beide bitter enttäuscht.“ Mit ,Amtsverzicht und Ordenswechsel‘ (2016) schenkt Hans SCHNEIDER281 der Forschung ein weiteres Stück aus den Quellen erarbeiteter, verlässlicher StaupitzBiographie, das keiner Empfehlung bedarf. Wir schließen den Überblick über die Staupitz-Edition und -Forschung seit 1979 mit einem Blick in die mit einem ersten Doppelband angetretene ,Kritische Gesamtausgabe der Schriften und Briefe Andreas Bodensteins von Karlstadt‘282. In ihr erhält das Epistolium von Staupitz an Karlstadt (s. oben bei u. in Anm. 39 und bei Anm. 183) eine eigene Nr. (48) als verschollener Brief283. Im Rahmen seines Kommentars zu Augustins De spiritu et littera ist Karlstadts Widmungsbrief an Staupitz samt seiner Meditation über Staupitz’ Devise Tuus sum, salvum me fac kritisch ediert284. Editionsstand Von den seinerzeit geplanten sechs, mit Gesamtregister sieben Bänden der Staupitz-Gesamtausgabe sind – mit jeweils großem zeitlichem Abstand (1979, 1987, 2001) – die zwei Bände Lateinische Schriften und der Band Gutachten und Satzungen erschienen, von den beiden für die deutschen Schriften vorgesehenen Bänden nur, als Vorab-Veröffentlichung zu Bd. 3, die zwölf Salzburger Predigten 1512 (1990) (s. jeweils oben). Die übrigen deutschen Texte liegen seit der Auf281
SCHNEIDER, Johannes von Staupitz’ ... , in: Augustiniana 66 (2016), S. 185–231. Darin ediert: S. 219 f. Nr. 1. Staupitz an Lang: Ausschreiben für die Convocatio in Kulmbach, Salzburg, 11. März 1520; S. 220–222 Nr. 2. Generalprior Gabriele della Volta an Staupitz, Rom, 15. März 1520; S. 222 f. Nr. 3. Luther an Spalatin über die Eisleber Beschlüsse, 1. Sept. 1520 (Auszug); S. 223 f. Nr. 4. Staupitz an Linck, Salzburg, 4. Jan. 1521; S. 224 Nr. 5. Luther an Staupitz, 9. Febr. 1521 (Auszug); S. 224 f. Nr. 6. Constitutiones fratrum Eremitarum sancti Augustini (Auszug); S. 225 f. Nr. 7. Staupitz’ Gehorsamsverpflichtung gegenüber dem Salzburger Erzbischof Kardinal Lang, Salzburg, 11. März 1522; S. 226 Nr. 8. Supplik des Salzburger Erzbischofs Kardinal Lang (Röm. Regest, 26. Apr. 1522); S. 227 f. Nr. 9. Littera über die bewilligte Supplik des Salzburger Erzbischofs Kardinal Lang, Rom, 26. Apr. 1522; S. 228 f. Nr. 10. Zweite Supplik des Salzburger Erzbischofs Kardinal Lang (Röm. Regest, 14. Juni 1522); S. 229 f. Nr. 11. Littera über die bewilligte Supplik in erweiterter Form, Rom, 14. Juni 1522; S. 231 Nr. 12. Staupitz’ Profess als Benediktiner, 1. Aug. 1522; S. 231 Nr. 13. Luther an Staupitz, Wittenberg, vor 26. Dez. 1522 (Auszug). 282 Hg. v. Thomas KAUFMANN (QFRG 90, 1–2), Gütersloh 2017. 283 Teilbd. I/1 (1507–1517), S. 431 f., bearb. v. Alejandro ZORZIN. 284 Teilbd. I/2 (1517–1518), Nr. 64 ,Pro Divinae gratiae defensione‘, S. 537–559, hier 551–553, eingleitet von Thomas KAUFMANN, Stefania SALVADORI und Ulrich BUBENHEIMER, bearb, S. 560–564, hier 562, Z. 28 ff. mit Anm. 23, und S. 564–568, bes. 564, Z. 3 ff.
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Edition und Forschung seit 1979
lösung des SFBs (1984) unverändert in den verschiedensten Stadien der Erfassung und Bearbeitung vor. Die kommentierte englische Übersetzung der Salzburger Predigten 1520 (1990) durch Rudolf MARKWALD (s. oben bei Anm. 92) kann eine Edition ebenso wenig ersetzen wie die (Teil)Ausgabe der Salzburger Predigten 1523 durch Heinrich Aumüller (1881, 1890). Für die in Frühdrucken erschienenen Schriften (Nachfolgung 1515, Lieb gottes 1518, Vom rechten glauben 1525) bleibt der Staupitz-Leser auf J.K.F. Knaake (1867) angewiesen, ausgenommen Christoph Scheurls Übersetzung Von der entlichen volziehung 1517, die 1979 in JvS 2 mitediert worden ist. Bei den für Band 6 vorgesehenen Briefen und Zeugnissen, deren Grundstock schon Kolde (1879) gelegt hat, macht der Materialzuwachs, vor allem durch die Arbeiten von Johann SALLABERGER 1982, 1992, 1997 und Hans SCHNEIDER 2004–2016 (s. jeweils oben), eine neue Zusammenschau282 besonders wünschenswert. Die Veröffentlichung deutscher Texte, zuvörderst der zum Teil weit gediehenen Salzburger Predigten283, ist geplant.
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Eine vorläufige, bereits wieder überholte Zusammenstellung von Stücken, die seit 1979 dazugekommen sind, s. WETZEL, Art. Staupitz, in: Verfasserlexikon, Bd. 2 (2013), Sp. 976 f. (in II, 18). 283 Von Neufunden bisher unbekannter oder jedenfalls nicht Staupitz zugeordneter Texte konnte Gerold HAYER auf der Tagung ,Staupitz, Luther und Salzburg 1517–1524’ am 5. und 6. Mai 2017 in Salzburg berichten.
Gesetz und Evangelium in Staupitz’ frühreformatorischer Theologie* Von Lothar Graf zu Dohna In seiner spezifischen Unterscheidung von Gesetz und Evangelium wird allgemein eine grundlegende reformatorische Erkenntnis Luthers, ein Leitbegriff seiner Theologie, gesehen1. Die in der Alten Kirche verbreitete Auffassung der parallelen Bedeutung von ’Gesetz Moses’ und ’Gesetz Christi’ lehnte Luther grundsätzlich ab. Sah er darin doch einen Ausdruck der aus der altjüdischen Religion übernommenen ’Gesetzlichkeit’ der römisch-katholischen Kirche seiner Zeit. In dieser Auffassung erblickte er eine Bestätigung des Systems von ’Werkgerechtigkeit’ und der ausschließlich priesterlichen Vermittlung des Heils. Das Gesetz Moses könne der Mensch nicht erfüllen. Es bleibe indes verbindlich, damit der Mensch sich als Sünder erkenne und sich ganz der Gnade Gottes anvertraue. Die Frage, ob dieses wichtige ’discrimen legis et evangelii’2 schon in der Theologie von Johann von Staupitz eine Rolle spielt, wird indes eher selten gestellt. Und die Autoren, die sie stellen (Posset, Zumkeller und Steinmetz, s. unten), machen eine neue Untersuchung darüber nicht überflüssig. Dabei ist in der Tat diese Unterscheidung – wenn auch nicht in Luthers endgültiger Formulierung – bereits bei Staupitz eine grundlegende Erkenntnis. Staupitz spricht sie in seiner theologischen Hauptschrift De exsecutione aeternae praedestinationis (im Advent 1516 gepredigt, 1517 im Januar gedruckt) klar aus (Kap. XVI und in § 144 von Kap. XVII) und erklärt den Glauben daran für heilsnotwendig (§ 145). Es handelt sich um eine Erkenntnnis des reifen Staupitz, die sich nahtlos in seine frühreformatorische Theologie einfügt3. * Originalbeitrag. Anlass für diesen Kurzbeitrag ist eine Anfrage von Edmund Weber, Frankfurt am Main / Mörfelden, dem ich für diese Anregung herzlich danke. So sei ihm dieser kurze Text in freundschaftlicher Kollegialität zugeeignet. In gleicher Weise danke ich Richard Wetzel für bewährte, mitunter kritische Unterstützung. Nicht zuletzt sage ich meiner Frau besonderen Dank für ihre, wie immer, unverzichtbare Hilfe. 1 Die Bedeutung dieser grundlegenden Erkenntnis für Luther wie auch den gesamten Protestantismus arbeitet – auch in ihrer aktuellen Tragweite – Edmund Weber heraus, in: Discrimen inter legem et evangelium. Vergegenwärtigung der Sache protestantischer Theologie (THEION. Jahrbuch für Religionskultur III, 1994, S. 111–122). Einen besonderen Akzent setzt schon 1990 in seiner auch auf moderne Fragestellungen eingehenden Studie Hermann Götz Göckeritz, Das Gesetz in der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, in: Festschrift Jörg Baur (= Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie 32, 1990), S. 181–194. 2 Vgl. z, B. Luther, Predigt am 21. Dez. 1519 (in die Thomae): WA 9, 436–439, bes. 437, Z. 7–39, ganz bes. Z. 31–39. Während es im Zusatz, doch wohl Joh. Polianders, zur Überschrift (S. 436 unten) Novae et veteris legis seu Evangelii et veteris testamenti differentiam heißt, wird S. 437, Z. 7 f. (von Luther selbst) die Formel legis et Evangelii discrimen gebraucht.
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Gesetz und Evangelium
Eine interessante Formulierung findet sich schon in den frühen Tübinger Predigten (1497/98): libertas legis Christi. Es darf aber bezweifelt werden, dass diese Äußerung in eine solche Richtung geht. Dort ist in Sermo 20, Z. 94 f. (mit Anm. 35) davon die Rede, dass gewisse Häretiker im Übereifer die libertas legis Christi gegen die observantia religiosorum ins Feld führen, wobei Staupitz Gerson folgt. Im Hintergrund stehen Formulierungen von Paulus: das Gesetz Christi (1 Cor 9, 21 und Gal 6, 2) sowie die Freiheit der Kinder Gottes (Rm 8, 21). Staupitz gibt dem genannten Kapitel XVI die Überschrift De alleviatione oneris legis, was Christoph Scheurl mit Von der erleichterung der bürden des gesetz übersetzt. Man könnte auch statt von der (teilweisen) Erleichterung von einer (vollständigen) ’Leichtmachung’ sprechen. So beginnt auch das Kapitel: Ein besonders starkes Zeichen der Liebe Christi sei es, dass er die Last des Gesetzes leicht macht und dessen Joch süß4. Denn jedes Gesetz ist hart, schwer und für die Natur nicht zu ertragen (§ 122). Der Advents-Prediger von 1516 weiß, wie die kirchliche Lehre ganz selbstverständlich im Denken seiner Hörer – das gebildete Nürnberg – und seiner Leser – die lateinlesende Fachwelt – verankert ist. So nimmt er diese in die Entfaltung seiner Auffassung Schritt für Schritt mit hinein. Er nimmt auch uns mit. Nachdem er darauf hingewiesen hat, dass jedes Gesetz seinem Wesen nach hart ist (§ 122), zeigt er die Bandbreite des Begriffs ’Gesetz’ auf, indem er die verschiedenen Arten (species) des Gesetzes aufzählt (§ 123 ff.): das Gesetz der Natur, das Gesetz Moses und das Gesetz Christi. Das erste Gesetz ist hart, das zweite härter, das dritte am härtesten. Vom Gesetz Moses hat schon Petrus im Apostelkonzil (Act 15, 7 ff.) gesagt, es sei „ein Joch, das weder wir noch unsere Väter tragen konnten“, wobei er besonders auf die vielen Zeremonial- und Judizialgesetze im Alten Testament hingewiesen hat. „Das Gesetz Christi ist nach dem Buchstaben (ad litteram) das härteste“ (§ 126 ff.). Hier liegt der paulinische Gedanke vom Buchstaben, der tötet, und dem Geist, der lebendig macht (2 Cor 3, 6 f., vgl. Rm 2, 29) zugrunde. Es liegt nahe – wenn ich den Gedankengang der Adventspredigt einmal kurz unterbreche –, hier nach Staupitz’ eigenem Verständnis der ’lex Christi’ zu fragen. Es dürfte auch in diesem Fall an Paulus orientiert gewesen sein, also an dem von ihm mehrfach zitierten Galaterbrief, wo das Gesetz Christi als Gebot der Nächstenliebe aufgefasst ist (Gal 6,2 und Kontext). Im Gedankengang fortfahrend erklärt Staupitz, worin „das Gesetz Christi“ im b u c h s t ä b l i c h e n Sinne besteht: Zu den Alten ist gesagt, du sollst nicht töten. Ich aber sage euch, wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig (usw., nach Mt 5, 21 f. u. ö.). Dann aber 3
Vgl. Dohna, Staupitz und Luther (1985), in diesem Sammelband S. 176–189, hier 179 mit Anm. 10. Generell zu Staupitz’ reifer Theologie schon Dohna / Wetzel, Reue Christi (1983), in diesem Sammelband S. 173 f. 4 Scheurl, der die mündliche (deutsche) Predigt gehört hat, gibt suave (Vg.) mit süß wieder. Die zitierte Stelle Mt 11, 30 lautet in der späteren Übersetzung von Luther: „mein Joch ist sanfft.“
Gesetz und Evangelium
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führt er als Gegenbegriff den G e i s t ein: Im mystischen Bild des Bräutigams aus dem Hohenlied (Cant 5 als Entfaltung von Eph 5, 29) flößt Christus der Braut – in üblicher Deutung die Kirche oder die Seele – den Geist seiner Liebe ein und entzündet so ihren Geist (§ 128). „So geht die Furcht über in Liebe und die Last Christi wird die allerleichteste und das Joch das allersüßeste“ (§ 130). Es folgt die bemerkenswerte Umkehrung einer scholastischen Lehre: „Die ’angenehm machende Gnade’ (gratia gratum faciens) ist nicht diejenige, durch die wir Gott wohlgefallen“ – das ist schon durch die ewige Erwählung erfolgt –, „sondern die, durch welche Gott uns wohlgefällt“ (§ 131). Nun kann die Überschrift des Kapitels XVI den Eindruck erwecken, das Thema ’Gesetz’ sei nur in ihm behandelt. Es ist jedoch gerade in Kapitel XVII („Von der Süße der Anrede Christi an den Christen“) die entscheidende Aussage enthalten. Mit Sätzen aus dem Anfang des Johannes-Evangeliums heißt es in § 144: „Das Wort hat alles gemacht, von dessen Fülle wir alle empfangen haben: das Gesetz von Mose gegeben, aber von Christus ist uns geworden die Gnade und die Wahrheit, und Gnade um Gnade (gratia pro gratia)“ (Io 1,3, 14c, 16b, 17, 16a). Der folgende § 145 leitet von der Gnade zum Glauben über: Dieses zu glauben ist heilsnotwendig (Ista credere est de necessitate salutis). Kann man die heilsgeschichtliche Bedeutung von ’Evangelium’ besser wiedergeben als mit „Gnade und Wahrheit“, also mit den Worten des Johannes-Evangeliums? Kann man die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium und die Notwendigkeit der Predigt beider besser ausdrücken als es Staupitz tut in den Worten des Evangeliums? Wie wichtig Staupitz der Gedanke war, geht daraus hervor, dass er auch später noch, besonders in Kap. 6 der Lieb gottes (1518), das Thema in einer Weise behandelt, welche die im Folgenden vorzustellende pointierte Tischrede kommentieren könnte. Das braucht indes hier, wo es um die früheste nachweisbare Erkenntnis geht, nicht ausgeführt zu werden. Formelhaft knapp erscheint der Gedanke noch in der Consultatio super confessione fratris Stephani Agricolae vom Frühjahr 1523: lex est necessaria ad evangelium5. Luther bezeugt Staupitz seine Dankbarkeit speziell für diese Erkenntnis in einer Tischrede aus dem Herbst 1532, auf die Franz Posset aufmerksam gemacht hat6. Luther berichtet dort: „Staupitz hat über den freien Willen Folgendes gesagt:“ Es sei den Menschen unmöglich, das Gesetz zu erfüllen7. Es sei ein großer Berg, den Consultatio, Z. 70 f., in diesem Sammelband S. 45. WA TR 2, Nr. 2797a (S. 665,28 – 666,11) sowie ähnlich Nr. 2797b: beide aus der Sammlung Konrad Cordatus. Siehe Posset, Front-Runner (2003), S. 351 bei und mit Anm. 42 (vgl. den Beitrag „Edition ... “ in diesem Sammelband S. 320). Der TR-Text ist im Folgenden gekürzt; die lateinischen Text-Bestandteile sind übersetzt, die frühneuhochdeutschen normalisiert. 7 Diese Aussage steht bei Posset nur in seiner englischen Übersetzung der Tischrede, nicht im originalen lateinisch-deutschen Wortlaut Luthers, den er in Anm. 42 – gekürzt – gleichfalls zitiert. 5 6
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Gesetz und Evangelium
man trotz größter Bemühung nicht übersteigen könne. „So verhält sich die Sache mit dem Gesetz“: Es führe die Menschen entweder dazu, sich etwas (Unerreichbares) vorzunehmen oder zu verzweifeln. „Damit sie aber in rechter Weise und zu (ihrem) Heil verzweifeln, predigen wir das Gesetz und danach auch den Glauben.“ Aus dieser Tischrede kann man schließen, Luther verdanke den Gedanken ’Gesetz und Evangelium’ Staupitz. Der Wechsel von der dritten Person Einzahl im Perfekt – „Staupitz hat gesagt“ – zur ersten Person Mehrzahl im Präsens – „deshalb predigen wir“ – bezeichnet den Wechsel vom Staupitz-Referat zur Konsequenz, die Luther und seine Wittenberger Freunde daraus ziehen. Außer dieser kurzen Erwähnung des Themas, die Posset ihm widmet8, geht von den Staupitz-Forschern der Augustiner Adolar Zumkeller auf ’Gesetz und Evangelium’ ausdrücklich ein9. Sein Fazit S. 143: „Es sind Gedanken, die stark an Augustins Schrift De spiritu et littera erinnern. Doch geht Staupitz über den Kirchenvater hinaus mit der Feststellung, dass auch das Neue Testament zum tötenden Buchstaben werden könne ... .“ Hinzuweisen ist noch auf einen weiteren Staupitz-Forscher, der sich mit ’Gesetz und Evangelium’ ausführlich beschäftigt, David C. Steinmetz10. Er legt seiner Darstellung von Gesetz und Evangelium bei Staupitz nicht De exsecutione, also dessen Adventspredigt von 1516, zugrunde – das sicherste Zeugnis für die Frage der „Priorität“ gegenüber Luther –, aus dem er Kap. XVI, ohne Kap. XVII, nur kurz streift (S. 178). Statt dessen dienen dem amerikanischen Theologen Staupitz’ spätere Schriften: Lieb gottes (1518) und dessen letzte Salzburger Predigten von 1523 als Grundlage. Im Unterschied zu Posset blendet er dabei Luther gänzlich aus. Johann von Staupitz hat also schon im Advent 1516 – beinahe ein Jahr vor Luthers 95 Thesen und noch länger vor der eingangs erwähnten Predigt in die Thomae 1519 und den reformatorischen Schriften – die grundsätzliche Unterscheidung von Gesetz und Evangelium vollzogen. Für die Übermittlung dieser reformatorischen Erkenntnis blieb Luther seinem Lehrer – pater et doctor meus – noch lange nach dessen Tod außerordentlich dankbar. Quod erat demonstrandum.
8
Posset, Front-Runner, S. 304 kann beiseite bleiben. Zumkeller, Heilslehre (1994), S. 139–144, referiert Kapitel XVI aus De exsecutione, § 144 aus Kapitel XVII erwähnt er nicht. Er unterbricht dann diesen Bericht durch Ausführungen über Glauben und Werke in den aus Staupitz’ letzten Lebensjahren stammenden Salzburger Predigten 1523 und der erst nach dessen Tod erschienen, in ihrem Quellenwert umstrittenen Schrift Von dem heiligen rechten christlichen glauben. Danach kehrt er zu ’Gesetz und Evangelium’ zurück, indem er ausführlich Staupitz’ wichtige, von Luther hoch geschätzte und seiner Mutter geschenkte Schrift Von der lieb gottes (1518) auswertet (bes. Kap. 6). 10 Steinmetz, Misericordia Dei. The theology of Johannes von Staupitz in its medieval setting, Leiden 1968, S. 171–178. 9
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen1 ARC
Acta Reformationis Catholicae ecclesiam Germaniae concernentia saeculi XVI, hg. v. Georg PFEILSCHIFTER, Bd. 1, Regensburg 1959 Antwort Artickel wider Doctor Steffan Castenpawer Eingeleg(t), auch was er darauf geantwort hat, ed. in: DOHNA, Häresieverfahren, Text C, in diesem Sammelband S. 111–122 AUCT. ARIST. Jacqueline HAMESSE, Les Auctoritates Aristotelis, un florile`ge me´die´val. E´tude historique et e´dition critique (Philosophes me´die´vaux 17), Louvain Paris 1974 AUGUSTIN AUG. BUCHWALD / WOLF und B/W Staupitz, Tübinger Predigten, hg. v. Georg BUCHWALD und Ernst WOLF (QFRG 8), Leipzig 1927 Constitutiones Staupitz, Constitutiones OESA pro reformatione Alemanniae, ed. in: JvS 5 (2001) Cons(ultatio) Staupitz, Consultatio super confessione Agricolae, ed. in: JvS 5 (2001) und in: DOHNA, Häresieverfahren, Text A 2, in diesem Sammelband S. (28) 36–46 Corpus Iuris Canonici CORP. IUR. CAN. DAT (im textkritischen Apparat bei Text A 2) siehe DATTERER DATT. (im textkritischen Apparat bei Text A 1 und öfter) siehe DATTERER DATTERER Franz Paul DATTERER, Des Cardinals und Erzbischofs von Salzburg Matthäus Lang Verhalten zur Reformation, Diss. phil. Erlangen 1890; darin (Beilagen, S. I−LXXIV): (unbefriedigender und lückenhafter) Abdruck von ANTWORT (XXXII−XXXXII), REPLICA (XXXXVII−L), SUPPLICATIO (L−LV) und anderen Akten Decisio Staupitz, Decisio quaestionis de audientia missae, ed. in: JvS 5 (2001) DECR. GRAT. DECRETUM GRATIANI, im Corpus Iuris Canonici De exsec. Staupitz, Libellus de exsecutione aeternae praedestinationis, ed. in: JvS 2 (1979) Enchiridion symbolorum, definitionum et declarationum de rebus DENZ. fidei et morum, ... ed. Henricus DENZINGER, ... Adolfus Schönmetzer SJ, Barcinone Friburgi ... 341967 DIONYS. CART. DIONYSIUS CARTUSIANUS (Dionysius der Kartäuser) DURANTI(S) siehe WILHELM DURANDUS EXTRA Liber Extra (Decretales Gregorii papae IX), im Corpus Iuris Canonici Corpus Iuris Canonici, ed. Aemilius FRIEDBERG, Leipzig 1879; NachFRIED(BERG) druck Graz 1959 1
Die ausführlichen Quellenverzeichnisse in JvS 2 (1979), S. 54–60, JvS 1 (1987), S. 30–39, JvS 5 (2001), S. 5–8. 83–86 und 109–114, und bei SCHNEIDER-LASTIN (1990), S. VIIIXII, soll dieses Verzeichnis nicht ersetzen. Zum Nebeneinander von Abkürzungen ohne und solchen mit Punkt siehe Anm. 1 im Verzeichnis der Abkürzungen.
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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen
(im textkritischen Apparat bei Text A 2) siehe GÄRTNER im Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Biblia latina cum glossa ordinaria Walafridi Strabonis aliorumque et GLOSSA interlineari Anselmi Laudunensis, I-IV [Straßburg: Adolf Rusch für Anton Koberger, kurz nach 23.IX.1481] (Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Leipzig 1925 ff., Nr. 4282) GREG. (d. Gr.) GREGOR DER GROSSE HUGO CARD. HUGO CARDINALIS (Hugo von St. Cher), Postilla Interrogatoria Interrogatoria contra fratrem Stephanum Kastenpawr, ed. in: DOHNA, Häresieverfahren, Text A 4, in diesem Sammelband S. 52–57 JvS Johann von Staupitz JvS usw. Johann von Staupitz, Sämtliche Schriften, hg. v. Lothar Graf zu DOHNA und Richard WETZEL (SuR. Texte und Untersuchungen, hg. v. Heiko A. Oberman) JvS 1 ... , Bd. 1 Lateinische Schriften I: Vorwort von Heiko A. OBERMAN. Johann von Staupitz, Tübinger Predigten, bearb. v. Richard WETZEL (SuR 13), Berlin 1987 (!) JvS 2 ... , Bd. 2 Lateinische Schriften II: Geleit von Heiko A. OBERMAN. Johann von Staupitz, De exsecutione aeternae praedestinationis mit der Übertragung von Christoph Scheurl ,Ein nutzbarliches büchlein von der entlichen volziehung ewiger fürsehung’, bearb. v. Lothar Graf zu DOHNA, Richard WETZEL und Albrecht ENDRISS (SuR 14), Berlin 1979 (!) JvS 5 ... , Bd. 5 Gutachten und Satzungen: Vorwort von Heiko A. OBERMAN. Geleit von Kaspar ELM. Johann von Staupitz, Decisio quaestionis de audientia missae, bearb. v. Wolfgang GÜNTER. Consultatio super confessione Agricolae, bearb. v. Lothar Graf zu DOHNA. Constitutiones OESA pro reformatione Alemanniae, bearb. v. Wolfgang GÜNTER (SuR 17), Berlin 2001 KNAAKE Johann von Staupitzens sämmtliche Werke. I. Deutsche Schriften, hg. v. J[oachim] K[arl] F[riedrich] KNAAKE, Potsdam 1867; darin: NbPr 1517, NbTR 1516/17, Nachfolgung, Lieb gottes, Vom rechten glauben, Von der entlichen volziehung Briefe des Johann von Staupitz und KOLDE, Nr. oder KOLDE, Staupitz-Briefe, Nr. einige andere Aktenstücke in: KOLDE, Congregation (1879) (siehe Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur) Lieb gottes Staupitz, Ain säligs neues jar von der lieb gottes, ed. in: KNAAKE (1867) LOMB. PETRUS LOMBARDUS LYRA NICOLAUS VON LYRA, Super toto corpore bibliae cum suis additionibus Nachf(olgung) Staupitz, Ein büchlein von der nachfolgung des willigen sterbens Christi, ed. in: KNAAKE (1867) NbPr 1517 Staupitz, Nürnberger Predigt- und Lehrstücke 1517, ed. in: KNAAKE (1867) GÄR
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen
337
NbTR 1516/17 Staupitz, Nürnberger Tischreden 1516/17, ed. in: KNAAKE (1867) Replica Replica procuratoris fiscalis adversus fratrem Stephanum, ed. in: DOHNA, Häresieverfahren, Text A 3, in diesem Sammelband S. 47–51 SbPr 1512 Staupitz, Salzburger Predigten 1512, ed. in: SCHNEIDER-LASTIN Supplicatio Stephan Agricola, Supplicatio an FEbf. Lang, ed. in: DOHNA, Häresieverfahren, Text A 1, in diesem Sammelband S. 21–27 Johann von Staupitz, Salzburger Predigten 1512. Eine textkriSCHNEIDER-LASTIN tische Edition von Wolfram SCHNEIDER-LASTIN, Diss. phil. Tübingen 1990 (vorgezogener Separatdruck) Thomas von Aquin, Summa theologiae THOMAS TüPr Staupitz, Tübinger Predigten, ed. in: BUCHWALD / WOLF (1927) und JvS 1 (1987) Vet. Vetus Latina Vom rechten glauben Staupitz, Von dem heiligen, rechten, christlichen glauben, ed. in: KNAAKE (1867) Vulg. oder Vg. Vulgata WALTHER Hans WALTHER, Proverbia Sententiaeque Latinitatis Medii Aevi Karl Friedrich Wilhelm WANDER, Deutsches Sprichwörterlexikon WANDER Rationale divinorum officiorum WILH(ELM) DURANDUS
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur ANGERER (1980)
Anton ANGERER, Die Augustiner-Eremiten in Nordtirol unter besonderer Berücksichtigung des Klosters Rattenberg, Diss. theol. Innsbruck 1980
AUGUSTINE, THE HARVEST AND THEOLOGY (1990) oder Festschrift Oberman 1990 Augustine, the Harvest and Theology (1300–1650). Essays Dedicated to Heiko Augustinus Oberman, ed. Kenneth Hagen, Leiden 1990 AUMÜLLER 1881
Heinrich AUMÜLLER, Die ungedruckten Staupitz-Predigten in Salzburg, in: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Oesterreich 2 (1881), S. 49–60
AUMÜLLER 1890
Heinrich AUMÜLLER, Predigten von Staupitz in Salzburg, in: Jahrbuch (wie vorhin) 11 (1890), S. 113–132
BAUER
Karl BAUER, Die Wittenberger Universitätstheologie und die Anfänge der Deutschen Reformation, Tübingen 1928
BAYR (1990)
Hans BAYR, Die Personal- und Familienpolitik des Erzbischofs Matthäus Lang von Wellenburg (1519–1540) im Erzstift Salzburg unter Einbeziehung des Zeitraums 1495–1519, Teil I und II. Diss. Salzburg 1990
BÖHMER, Der junge Luther (1925) Heinrich BÖHMER, Der junge Luther, Stuttgart 61971 (= 41951, mit einem Nachwort von Heinrich Bornkamm). 1. Aufl. 1925 BOEHMER, Romfahrt (1914) Heinrich BOEHMER, Luthers Romfahrt, Leipzig 1914 BRIQUET
Charles-Moı¨se BRIQUET, Les filigranes, 4 Bde., Amsterdam 31968 (The New Briquet)
CAUSA LUTHERI
CAUSA LUTHERI (CCath 41–42), hg. u. kommentiert v. Peter Fabisch u. Erwin Iserloh, Bd. 1 (1988)
CLEMEN 1906
Otto CLEMEN, Art. Staupitz, in: RE3, Bd. 18 (1906), S. 781–786 mit 24 (1913), S. 528
DENIFLE
Heinrich DENIFLE OP, Luther und Luthertum in der ersten Entwicklung. Quellenmäßig dargestellt, 2I/1 Mainz 1904, 2I/2 (ergänzt und hg. v. Albert Maria WEISS OP), Mainz 1906, II (bearb. v. Albert Maria WEISS OP), Mainz 1909. Ergänzungen I: Quellenbelege. Die abendländischen Schriftausleger bis Luther. Iustitia Dei (Rm 1, 17) und Iustificatio, Mainz 1905. Ergänzungen II: Lutherpsychologie als Schlüssel zur Lutherlegende. Denifles Untersuchungen kritisch nachgeprüft von Albert Maria WEISS OP, Mainz 21906
DIECKHOFF
August Wilhelm DIECKHOFF, Die Theologie des Johannes von Staupitz, in: Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben 8 (1887), S. 169–180. 232–244
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
339
DOHNA / WETZEL 1979 oder Einführung (1979) Lothar Graf zu DOHNA und Richard WETZEL, Einführung in die Staupitz-Gesamtausgabe, JvS 2 (1979) (Bibliographie raisonne´e 3–15; Staupitz-Literatur 61–63) DOHNA / WETZEL 1983 oder Reue Christi (1983) Lothar Graf zu DOHNA und Richard WETZEL, Die Reue Christi. Zum theologischen Ort der Buße bei Johann von Staupitz, SM 94 (1983), S. 457–482 DOHNA 1985/1991 oder Staupitz und Luther (1985/1991) Lothar Graf zu DOHNA, Staupitz und Luther. Kontinuität und Umbruch, Pastoraltheologie 74 (1985), S. 452–465; englisch in: VIA AUGUSTINI, S. 116–129 DOHNA 1989 oder Ordensreform (1989) Lothar Graf zu DOHNA, Von der Ordensreform zur Reformation: Johann von Staupitz, in: Reformbemühungen und Observanzbestrebungen im spätmittelalterlichen Ordenswesen (Ordensstudien VI), hg. v. Kaspar Elm (Berliner Historische Studien 14), Berlin 1989, S. 571–584 DWB
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm GRIMM, 16 in 32 Bdn., Leipzig 1854–1954 (1960) mit Quellenverzeichnis (1971); Nachdrucke u. a. München 1984
ECKERMANN, Neue Dokumente (1977) Willigis ECKERMANN OSA, Neue Dokumente zur Auseinandersetzung zwischen Johann von Staupitz und der sächsischen Reformkongregation, in: Analecta Augustiniana 40 (1977), S. 279–296 ENDRISS (1978) oder Nachfolgung (1978) Albrecht ENDRISS, Nachfolgung des willigen Sterbens Christi, in: Kontinuität und Umbruch (SMFNZ 2), hg. v. Josef Nolte. Hella Tompert und Christof Windhorst, Stuttgart 1978 Festschrift Dohna
siehe REFORMATIO ET REFORMATIONES
Festschrift Oberman 1990
siehe AUGUSTINE, THE HARVEST AND THEOLOGY (1990)
Festschrift Trapp siehe VIA AUGUSTINI GÄRTNER Corbinian GÄRTNER, Salzburgische gelehrte Unterhaltungen, Heft 2 Nr. 4, Salzburg 1812; darin: (fehlerhafter) Abdruck der CONSULTATIO (67–72; Einleitung: S. VI f.) Antonius Daniel GEUDER, Vita Johannis Staupitii, Diss. theol. GöttinGEUDER gen 1837 Egon GINDELE, Bibliographie zur Geschichte und Theologie des GINDELE (1977) Augustiner-Eremitenordens bis zum Beginn der Reformation (SuR 1), Berlin New York 1977 GRIMM (1837) Karl Ludwig Willibald GRIMM, De Joanne Staupitio eiusque in sacrorum christianorum instaurationem meritis, (Illgens) Zeitschrift für die historische Theologie 7 N.F. 1 (1837), S. 58–126
340 GRIMM, DWB GRISAR
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
siehe DWB Hartmann GRISAR SJ, Luther, 3 Bde., Freiburg 31 (1924), 32 (1924), 1 3 (1912)
GROSSMANN, Wittenberger Drucke (1971) Maria GROSSMANN, Wittenberger Drucke 1502 bis 1517. Ein bibliographischer Beitrag zur Geschichte des Humanismus in Deutschland, Wien-Bad Bocklet 1971 GÜNTER (1988) oder Staupitz (1988) oder Johann von Staupitz (1988) Wolfgang GÜNTER, Johann von Staupitz (ca. 1468–1524), in: Katholische Theologen der Reformationszeit 5 (KLK 48), Münster 1988, S. 11–31 HAMM, ARG (2001) Berndt HAMM, Art. Staupitz, in: ARG 92 (2001), S. 6–42; Kurzfassung siehe TRE 32 (2000) HAMM, Frömmigkeitstheologie (1982) oder FrTh (1982) Berndt HAMM, Frömmigkeitstheologie am Anfang des 16. Jh.s (Beiträge zur historischen Theologie 65), Tübingen 1982 HAMM, Humanistische Ethik (1989) Berndt HAMM, Humanistische Ethik und reichsstädtische Ehrbarkeit in Nürnberg, in: MVGN 76 (1989), S. 65–147. Langfasssung von ’Reichsstädtischer Humanismus’ HAMM, Naher Zorn (2008) Berndt HAMM, Naher Zorn und nahe Gnade. Luthers frühe Klosterjahre als Beginn seiner reformatorischen Neuorientierung, in: Reformation und Mönchtum. Aspekte eines Verhältnisses über Luther hinaus, hg. v. Athina Lexutt, Volker Mantey und Volkmar Ortmann (SMHR 43), Tübingen 2008, S. 103–143; auch in: HAMM, Der frühe Luther (2010) HAMM, Rechtfertigungslehre (1986) Berndt HAMM, Was ist reformatorische Rechtfertigungslehre?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 83 (1986), S. 1–37 HAMM, Reichsstädtischer Humanismus (1989) Berndt HAMM, Reichsstädtischer Humanismus in Nürnberg, in: REFORMATIO ET REFORMATIONES (1989), S. 131–193. Kurzfassung von ’Humanistische Ethik’ HAMM, TRE 2000 Berndt HAMM, Art. Staupitz, in: TRE 32 (2000), S. 119–127; Langfassung siehe ARG 92 (2001) HAMM, Wie mystisch (2007) Berndt HAMM, Wie mystisch war der Glaube Luthers?, in: Berndt Hamm und Volker Leppin (Hgg.), Gottes Nähe unmittelbar erfahren (SuR NR 36), Tübingen 2007, S. 237–287; auch in: HAMM, Der frühe Luther (2010)
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
341
HAUTH. siehe HAUTHALER HAUTHALER (1895) und (1896) Willibald HAUTHALER, Cardinal Matthäus Lang und die religiössoziale Bewegung seiner Zeit (1517–1540). Zumeist nach Salzburger Archivalien I, in: MGSL 35 (1895), S. 149–201; bes. II.: Vom Religionsmandat des 22. Juli 1523 bis ... (Oktober 1524), in: MGSL 36 (1896), S. 317–402 HAYER (1982)
Gerold HAYER, Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg (Denkschriften der österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse 154), Wien 1982
JEDIN
Hubert JEDIN, Geschichte des Konzils von Trient. Bd. 1 Der Kampf um das Konzil, Freiburg 21951
JEREMIAS (1926)
Alfred JEREMIAS, Johannes von Staupitz, Luthers Vater und Schüler. Sein Leben, sein Verhältnis zu Luther und eine Auswahl aus seinen Schriften (Quellen. Lebensbücherei christlicher Zeugnisse aller Jahrhunderte 3–4), Sannerz-Leipzig 1926
JUCKER / WETZEL (2015) Michael JUCKER und Richard WETZEL, Bio-bibliographisches Verzeichnis der Teilnehmer der Badener Disputation ... , in: Die Badener Disputation von 1526. Kommentierte Edition des Protokolls, Hg. v. Alfred Schindler † und Wolfram Schneider-Lastin, unter Mitarbeit von Ruth Jörg, Detlef Roth und R.W. Mit einer historischen Einleitung von Martin H. Jung, Zürick 2015, S. 643–752 Joseph Andreas JUNGMANN, Missarum sollemnia, Wien 51962 JUNGMANN KÄHLER Ernst KÄHLER, Karlstadt und Augustin. Der Kommentar des Andreas Bodenstein von Karlstadt zu Augustins Schrift De spiritu et littera (Hallische Monographien 19), Halle 1952 KELLER (1888) Ludwig KELLER, Staupitz und die Anfänge der Reformation, Leipzig 1888 Hans-Joachim KÖHLER, Bibliographie der Flugschriften des 16. JahrKÖHLER hunderts, Bd. 1,1 ff., Tübingen 1991 ff. KOLDE, Agricola Th(eodor) KOLDE, Art. Agricola, in: RE3, Bd. 1 (1896), S. 253–255 KOLDE, Congregation (1879) Th(eodor) KOLDE, Die deutsche Augustiner-Congregation und Johann von Staupitz. Ein Beitrag zur Ordens- und Reformationsgeschichte nach meistens ungedruckten Quellen, Gotha 1879; darin: Beilagen V: Die Briefe des Johann von Staupitz und einige andere Aktenstücke, S. 435–456 KUNZELMANN Adalbero KUNZELMANN, Geschichte der deutschen Augustiner-Eremiten, I – VII (Cassiciacum 26, 1–7), Würzburg 1969–1976 LA BONNARDIE` RE Anne-Marie LA BONNARDIE` RE, Biblia Augustiniana, 7 Bde., Paris 1960–1975 LAU, Pe`re Reinoud (1960) Franz LAU, Pe`re Reinoud und Luther. Bemerkungen zu Reinhold Weijenborgs Lutherstudien, LJ 27 (1960), S. 64–107
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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
LEPPIN, „Ich hab all mein ding von Doctor Staupitz“ (2007) Volker LEPPIN, “Ich hab all mein ding von Doctor Staupitz“. Johannes von Staupitz als Geistlicher Begleiter in Luthers reformatorischer Entwicklung, in: Wenn die Seele zu atmen beginnt ... . Geistliche Begleitung in evangelischer Perspektive, hg. v. Dorothea Greiner, Erich Noventa, Klaus Raschzok und Albrecht Schödl, Leipzig 2007, S. 60–80 LEPPIN, Luther (2006) Volker LEPPIN, Martin Luther, Darmstadt 2006, 22010 LEPPIN, „Omnem vitam fidelium penitentiam esse voluit“ Volker LEPPIN, „Omnem vitam fidelium penitentiam esse voluit“. Zur Aufnahme mystischer Traditionen in Luthers erster Ablaßthese, in: ARG 93 (2002), S. 7–25 LINDNER
Pirmin LINDNER OSB, Professbuch der Benediktiner-Abtei St. Peter in Salzburg (1419–1856), in: MGSL 46 (1906), S. 241–247
LOHSE, Wittenberger Augustinismus (1990) Bernhard LOHSE, Zum Wittenberger Augustinismus. Augustins Schrift „De spiritu et littera“ in der Auslegung bei Staupitz, Luther und Karlstadt, in: AUGUSTINE, THE HARVEST AND THEOLOGY (1990), S. 89–109 MARKWALD, A Mystic’s Passion (1990) Rudolf K. MARKWALD, A Mystic’s Passion. The Spirituality of Johannes von Staupitz in his 1520 Lenten Sermons, Translation and Commentary (Renaissance and Baroque Studies and Texts, Vol. 3), Peter Lang: New York 1990 MARKWALD / POSSET (1995) Rudolf K. MARKWALD / Franz POSSET, 125 Years of Staupitz Research (Since 1867). An Annotated Bibliography of Studies on Johannes von Staupitz (Sixteenth Century Bibliography 31), Saint Louis 1995 MARTIN, Augustinian Order (1967) Francis Xavier. MARTIN, The Augustinian Order on the Eve of the Reformation, in: Miscellanea historiae ecclesiasticae 2 (Bibliothe`que de la Revue d’histoire eccle´siastique 44), Löwen 1967, S. 71–104; als Chapter 5 auch in: Friar, Reformer, and Renaissance Scholar. Life and Work of Giles of Viterbo 1469–1532, by Francis X. Martin, O.S.A., with a Foreword by John W. O’Malley, S.J., edited by John E. Rotelle, O.S.A. (The Augustinian Series 18), Villanova, PA: Augustinian Press, 1992, S. 93–118 MARTIN, Registers of Giles of Viterbo (1962) Francis Xavier MARTIN, The registers of Giles of Viterbo. A source on the reform before the Reformation, 1506–1518, in: Augustiniana 12 (1962), S. 142–160 de MEIJER (1976) Albe´ric de MEIJER O.S.A., Bibliographie Historique de l’Ordre de Saint Augustin 1945–1975, in: Augustiniana (Löwen) 26 (1976),
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
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S. 39–340, hier Nr. 1773–1781 S. 203 f. Fortsetzungen, z. T. mit Martijn SCHRAMA O.S.A. und dem Zusatz „avec des comple´ments des anne´es ante´rieures“, für 1970–1975 in Aug (L) 28 (’78), S. 448–516, hier Nr. 3109 S. 488; für 1975–1980 in Aug (L) 31 (’81), S. 5–159, hier Nr. 3862–3866 S. 91 f.; für 1980–1984 in Aug (L) 35 (’85), S. 5–192, hier Nr. 4845–4848 S. 103; für 1985–1989 in Aug (L) 39 (’89), S. 189–392, hier Nr. 6129–6135 S. 291; für 1989–1993 in Aug (L) 43 (’93), S. 171–407, hier Nr. 7546–7555 S. 289 f.; für 1993–1996 in Aug (L) 47 (’97), S. 5–243, hier Nr. 9040–9048 S. 133; für 1996–2000 in Aug (L) 51 (’01), Nr. 10941–10945 S. 174 f.; für 2001–2004 in Aug (L) 55 (’05), 3 und 25–238 (246), hier Nr. 12321–12327 S. 136 MIRBT / ALAND
Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus, 6. Aufl. v. Kurt Aland, Bd. 1, Tübingen 1967
MOELLER, Inquisition (1992) Bernd MOELLER, Inquisition und Martyrium in Flugschriften der frühen Reformation in Deutschland, in: SEIDEL-MENCHI, Ketzerverfolgung MOELLER, Sterbekunst (1999) Bernd MOELLER, Sterbekunst in der Reformation. Der „köstliche, gute, notwendige Sermon vom Sterben“ des Augustiner-Eremiten Stefan Kastenbauer, in: Vita Religiosa im Mittelalter. FS für Kaspar Elm, hg, v. Franz J. Felten und Nikolas Jaspert, Berlin 1999, S. 739–765; auch in: Luther-Rezeption (2001), S. 244–269 A. V. MÜLLER
A(lphons) V(ictor) MÜLLER, Luthers theologische Quellen, Gießen 1912
OBERMAN, Captivitas Babylonica (1989) Heiko A. OBERMAN, Captivitas Babylonica. Die Kirchenkritik des Johann von Staupitz, in: REFORMATIO ET REFORMATIONES (1989), S. 97–106 OBERMAN, Duplex misericordia (1989) Heiko A. OBERMAN, Duplex misericordia. Der Teufel und die Kirche in der Theologie des jungen Johann von Staupitz, in: FS für Martin Anton Schmidt (Theologische Zeitschrift 45), 1989, S. 231–243 OBERMAN, Forerunners (1967) Heiko A. OBERMAN, Forerunners of the reformation. The shape of late medieval thought illustrated by key documents. Translations by Paul L. NYHUS, London 1967, S. 138–140. 175–203 OBERMAN, Luther (1982) Heiko A. OBERMAN, Luther. Mensch zwischen Gott und Teufel, Berlin 1982. Taschenbuch-Ausgaben München 1986 und 1991 OBERMAN, Tuus sum (1975) Heiko A. OBERMAN, Tuus sum, salvum me fac. Augustinre´veil zwischen Renaissance und Reformation, in: Scientia Augustiniana. Studien über Augustin, den Augustinismus und den Augustinerorden. FS
344
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Adolar Zumkeller zum 60. Geburtstag, hg. v. Cornelius Petrus Mayer und Willigis Eckermann, Würzburg 1975, S. 350–394 OBERMAN, Werden und Wertung (1977) Heiko A., OBERMAN, Werden und Wertung der Reformation, Tübingen 1977 OBERMAN, Zum Geleit (1979) Heiko A., OBERMAN, Zum Geleit. Ziel der Staupitz-Gesamtausgabe, in: JvS 2 (1979), S. V-X. ORTNER (1981)
Franz ORTNER, Reformation, katholische Reform und Gegenreformation im Erzstift Salzburg, Salzburg 1981
PANZER I usw.
Georg Wolfgang PANZER, Annales typographici ab artis inventae origine an annum 1500 und Annales typographici ab anno 1501 ad annum 1536 continuati, I-XI, Norimbergae 1793–1803
PANZER Nr. usw.
Georg Wolfgang PANZER, Annalen der älteren deutschen Literatur, I−II, Nürnberg 1788. 1805
N. PAULUS (1891) oder Gutachten Nikolaus PAULUS, Ein Gutachten von Staupitz aus dem Jahre 1523, in: Historisches Jahrbuch (im Auftrag der Görres-Gesellschaft) 12 (1891), S. 773–777 PAARHAMMER (1977) Hans PAARHAMMER, Rechtsprechung und Verwaltung des Salzburger Offizialates (1300–1569), Diss. theol. Salzburg (Dissertationen der Universität Salzburg, Bd. 8), Wien 1977 PFEILSCHIFTER
siehe ARC im Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen
POSSET, Front-Runner (2003) oder FR (2003) oder nur 2003 Franz POSSET, The Front-Runner of the Catholic Reformation. The Life and Works of Johann von Staupitz (St. Andrews studies in Reformation history), Ashgate Publishing Ltd.: Aldershot / Hants, England, 2003 POSSET, Pater et doctor meus (1994) Franz POSSET, Pater et doctor meus est, immo sanctae ecclesiae, intellectu profundissimus, in: Collectanea Augustiniana. Augustine – Mystic and Mystagogue, ed. Frederick Van Fleteren, Joseph C. Schnaubelt OSA, Joseph Reino, New York: Peter Lang, 1994, S. 513–543 REFORMATIO ET REFORMATIONES (1989) Reformatio et reformationes. FS für Lothar Graf zu Dohna, hg. v. Andreas Mehl und Wolfgang Christian Schneider (THD-Schriftenreihe Wiss. u. Technik 47), Darmstadt 1989 SALLABERGER 1978 Johann SALLABERGER, Johann von Staupitz, Luthers Vorgesetzter und Freund, und seine Beziehung zu Salzburg, in: Augustiniana 28 (1978), S. 108–154
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
345
SALLABERGER, Katalog 1982 oder Abt Johann von Staupitz (1982) Johann SALLABERGER, Abt Johann von Staupitz (1522–1524), Luthers einstiger Freund und Vorgesetzter, in: Das älteste Kloster im deutschen Sprachraum. St. Peter in Salzburg. [Katalog der] 3. Landesausstellung, 15. Mai – 26. Oktober 1982, Salzburg 1982, 21982, S. 91–98 (Text) mit 321–329 (Beschreibung der Exponate Nr. 304–327) SALLABERGER SM 1982 Johann SALLABERGER, Johann von Staupitz, die Stiftsprediger und die Mendikanten-Termineien in Salzburg, in: SM 93 (1982), S. 218–269 SALLABERGER SM 1992 Johann SALLABERGER, Johann von Staupitz, Abt von St. Peter (1522–1524), und die Salzburger Mendikantentermineien, in: SM 103 (1992), S. 87–188 SALLABERGER 1997 Johann SALLABERGER, Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg (1468–1540). Staatsmann und Kirchenfürst im Zeitalter von Renaissance, Reformation und Bauernkriegen, Salzburg 1997 SCHEEL (1929) oder Entwicklung (1929) Otto SCHEEL, Dokumente zu Luthers Entwicklung, Bis 1519, Tübingen 21929 SCHNEIDER-LASTIN, Einleitung zu SbPr 1512 siehe Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellen SCHULZE, Hiob-Prediger (1990) Manfred SCHULZE, Der Hiob-Prediger Johannes von Staupitz auf der Kanzel der Tübinger Augustinerkirche, in: AUGUSTINE, THE HARVEST AND THEOLOGY (1990), S. 60–88 SCHULZE, Fürsten und Reformation (1991) Manfred SCHULZE, Fürsten und Reformation. Geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der Reformation (SuR NR 2), Tübingen 1991 Schwäb. Wb.
Schwäbisches Wörterbuch, ... bearb. von Hermann Fischer, Tübingen 1904 ff.
SEIDEL-MENCHI, Ketzerverfolgung Ketzerverfolgung im 16. und frühen 17. Jahrhundert, hg. v. Silvana SEIDEL-MENCHI (Wolfenbütteler Forschungen 51), Wiesbaden 1992 SIMON (1961)
Matthias SIMON, Zur Lebensgeschichte des Stephan Agricola und zur Person des Agricola Boius, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 30 (1961), S. 168–174
STEIFF (1881)
Karl STEIFF, Der erste Buchdruck in Tübingen, Tübingen 1881
STEINMETZ, Another look (1973) David C. STEINMETZ, Luther and the late medieval Augustinians. Another look, in: C(oncordia) T(heological) M(onthly) 44 (1973), S. 245–260
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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
STEINMETZ, MD (1968) David C. STEINMETZ, Misericordia Dei. The theology of Johannes von Staupitz in its late medieval setting (SMRT 4), Leiden 1968 STEINMETZ, Luther and Staupitz oder LaS (1980) David C. STEINMETZ, Luther and Staupitz. An Essay in the Intellectual Origins of the Protestant Reformation, Durham NC 1980 TRUSEN (1988) Winfried TRUSEN, Der Prozeß gegen Meister Eckhart. Vorgeschichte, Verlauf und Folgen (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft. Neue Folge 54), Paderborn 1988 ULLMANN
Carl ULLMANN, Reformatoren vor der Reformation I-II, Hamburg 1841–1842
Via Augustini. Augustine in the Later Middle Ages, RenaisVIA AUGUSTINI (1991) sance and Reformation. Essays in Honor of Damasus Trapp O.S.A., ed. by Heiko A. Oberman and Frank A. James III (SMRT 48), Leiden 1991 Reinhold WEIJENBORG, Neuentdeckte Dokumente im ZusamWEIJENBORG (1957) menhang mit Luthers Romreise, in: Antonianum 32 (1957), S. 147–202 WEINBRENNER, Klosterreform (1996) Ralph WEINBRENNER, Klosterreform im 15. Jahrhundert zwischen Ideal und Praxis. Der Augustinereremit Andreas Proles (1429–1503) und die privilegierte Observanz (SuR NR 7). Tübingen 1996 WETZEL, Staupitz antibarbarus (1989) den vollen Titel dieser Studie sowie Ort und Zeit ihres Erstdrucks siehe in diesem Sammelband S. 204 zu Beginn ihres Wiederabdrucks WETZEL, Staupitz Augustinianus (1991) den vollen Titel dieser Studie ... siehe in diesem Sammelband S. 223 zu Beginn ihres Wiederabdrucks WETZEL 1986 oder Staupitz und Luther (1986) oder SuL (1986) den vollen Titel dieser Studie ... siehe in diesem Sammelband S. 190 in Anm.* zu Beginn ihres Wiederabdrucks WETZEL 1991 oder Annäherung an eine Vorläufer-Figur (1991) den vollen Titel dieser Studie ... siehe in diesem Sammelband S. 190 in Anm.** WETZEL 1998 oder Beständiger als Frauenliebe (1998) den vollen Titel dieser Studie ... siehe in diesem Sammelband S. 266 zu Beginn ihres Wiederabdrucks WETZEL 2013 oder VL 2013 Richard WETZEL, Art. Staupitz, in: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 2, Berlin 2013, Sp. 964–980 Hans WIDMANN, Geschichte Salzburgs, Bd. 3 (von 1519–1805), WIDMANN Gotha 1914 WINTERHAGER, Provinzialvikar (1999) Wilhelm Ernst WINTERHAGER, Martin Luther und das Amt des Pro-
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
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vinzialvikars in der Reformkongregation der deutschen AugustinerEremiten, in: Vita Religiosa im MA. FS für Kaspar Elm, hg. v. Franz J. Felten und Nikolas Jaspert unter Mitarbeit von Stephanie Haarländer (Ordensstudien 13), Berlin 1999, S. 707–738 WOLF, Anfänge (1929) Ernst WOLF, Johannes von Staupitz und die theologischen Anfänge Luthers, LJ 11 (1929), S. 43–86 WOLF, Staupitz und Luther (1927) oder SuL (1927) Ernst WOLF, Staupitz und Luther. Ein Beitrag zur Theologie des Johannes von Staupitz und deren Bedeutung für Luthers theologischen Werdegang (QFRG 9), Leipzig 1927 WRIEDT, Augustinerschule (1988) Markus WRIEDT, Via Guilelmi-Via Gregorii. Zur Frage einer Augustinerschule im Gefolge Gregors von Rimini unter besonderer Berücksichtigung Johannes von Staupitz, in: Deutschland und Europa in der Neuzeit. FS für Karl Otmar Freiherr von Aretin zum 65. Geburtstag, hg. v. Ralph Melville, Claus Scharf, Martin Vogt und Ulrich Wengenroth, Wiesbaden 1988 WRIEDT 1991 oder Gnade und Erwählung (1991) oder GuE Wriedt, Markus, Gnade und Erwählung. Eine Untersuchung zu Johann von Staupitz und Martin Luther (VIEG Abteilung Religionsgeschichte 141), Mainz 1991 WRIEDT, Staupitz und Augustin (1993) oder SuA Markus WRIEDT, Staupitz und Augustin. Zur Kirchenväterrezeption am Vorabend der Reformation, in: Auctoritas Patrum. Contributions on the Reception of the Church Fathers in the 15th and 16th Century, ed. Leif Grane, Alfred Schindler, Markus Wriedt (VIEG, Beiheft 37), Mainz 1993, S. 227–257 ZELLER
Paul ZELLER, Staupitz. Seine religiös-dogmatischen Anschauungen und dogmengeschichtliche Stellung, in: Theologische Studien und Kritiken 52 (1879), S. 7–65
ZUMKELLER 1994 oder Heilslehre (1994) oder HL (1994) oder HL ZUMKELLER, Adolar OSA, Johannes von Staupitz und seine christliche Heilslehre (Cassiciacum 45), Würzburg 1994 ZUMKELLER, Reformbewegung (1989) Adolar ZUMKELLER OSA, Johannes von Staupitz und die klösterliche Reformbewegung, in: Analecta Augustiniana 52 (1989), S. 29–49
,
Corrigenda in JvS 2, JvS 1 und JvS 51 Corrigenda in JvS 2 S. 99, § 23, Z. 3 lies (mit KNAAKE) strafe er statt nur strafe; er ist Äquivalent für potius. – Hinweis WEIJENBORG (wie im Beitrag „Edition ... “ in diesem Sammelband S. 285, Anm. 15), S. 398. S. 140 ist von den beiden Anm. 87 und 88 zu § 52, Z. 4 f. Anm. 87 zu tilgen und Anm. 88, nunmehr auf den ganzen Satz naturae rationali(s) ... dominium operum a principio usque ad finem bezogen, zu formulieren wie folgt: Aristoteles, Eth. Nic. 3,8 (1114b 32); Auct. Arist. Eth. (54): ed. Hamesse S. 236, Z. 75. – Vgl. den Beitrag „Edition ... “, in diesem Sammelband S. 318 Anm. 215. S. 190 sind in Anm. 33 zu § 113, Z. 3, S. 198 in Anm. 2 zu § 122, Z. 1, S. 206 in Anm. 2 zu § 133, Z. 1 (nicht S. 228 in Anm. 3 zu § 162, Z. 1) die Verweise der Edd. auf Mc 16,17 zu tilgen. – Hinweis WRIEDT (bes. GuE, S. 154 Anm. 12). Vgl. den Beitrag „Edition ... “, in diesem Sammelband S. 301 Anm. 114. S. 254 ist zu § 195, Z. 4 (auget meritum) hinzuzusetzen: Vgl. TüPr 15, Z. 242 ff. (Ed. Wetzel, S. 272; entspr. B/W S. 135, Z. 28 ff.). – Hinweis ROCHLER (wie im Beitrag „Edition ... “ in diesem Sammelband S. 285, Anm. 16), S. 698. S. 308 ist nach paternitates in der letzten Z. von Abs. 2 vestras einzufügen; Hinweis WEIJENBORG (wie vorhin). Von S. 357 sind die Einträge HERAKLIT und HOMER aus den „Zeugnissen zur Entstehung ... “ in den „Anhang ... “ S. 356 zu versetzen. Corrigenda in JvS 1 S. VIII, Z. 3 lies quatuor statt tribus Zu S. IX, Absatz, beginnend mit ’Sermo 29’, Z. 5 ff. vgl. den Beitrag „Staupitz antibarbarus“, Anm. 33 (in diesem Sammelband S. 213). S. 487 fehlen im Register der Namen sowohl Bernhardus (TüPr 22, Z. 27. 31) als auch Franciscus (TüPr 11, Z. 695 f.). Corrigenda in JvS 5 S. 96 ist in Anm. 14 als Quelle für den (pseudo-)augustinischen Sermo in cathedra Petri nicht MORIN 343–345 anzugeben, sondern – wie zu Supplicatio (Text A 1), Z. 122 – PsAugustin, Sermo 190 (In cathedra S. Petri 1), 2 (PL 39, Sp. 2101); Sermo 191 (In cathedra S. Petri 2), 2 f. (PL 39, Sp. 2101 f.). Der in Anm. 14 alt anschließende Text „erwähnt“ bis „Auffassung“ ist hinfällig. – Vgl. Text A 2, in diesem Sammelband S. 39 Anm. 14.
1
Verzeichnet werden nur Corrigenda am edierten Text und / oder an davon unmittelbar betroffenen Sprach- und / oder Sach-Anm. und Register-Einträgen.
Corrigenda in JvS 2, JvS 1 und JvS 5
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S. 97, Z. 40 lies animarum statt animantium; Anm. 28 entfällt. – Vgl. Text A 2, in diesem Sammelband S. 41. S. 97, Z. 41 lies (mit GÄRTNER) indeclinabili statt in declinabili: Anm. 30 ist entsprechend neu formuliert. – Vgl. Text A 2, in diesem Sammelband S. 41.
Register der Bibelstellen ’A.’ und ’A.’ mit Ziffer bedeutet ’Anmerkung’, ’Mg.’ ’Marginalie’ (eines in diesem Sammelband edierten Texts), ’S.’ mit Ziffer ’Seite’ (in diesem Sammelband), ’Z.’ und ’Z.’ mit Ziffer ’Zeile’ (eines in diesem Sammelband edierten Texts), ’m.’ ’mit’, ’mf.’ ’mehrfach’.
Genesis (Gn) 1,28 –– S. 256 3,9 –– S. 242 · 255 4,4 –– S. 40 4,4 –– S. 41 (A. 27) 23,2 ff. –– S. 42 (A. 36) 50,10 –– S. 42 (A. 37) Leviticus (Lv) 11,2 –– S. 41 11,46 f. –– S. 41
2, 3c 2, 8 2, 9 2, ll–13 3, l – 42,6 7,1 28,28 36,15 42,10
–– S. 218 –– S. 253 –– S. 212 · 219 –– S. 214 –– S. 214 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 242
(App. I zu Z. 40) (App. I zu Z. 40)
Psalmi (Ps) –– S. 23 (Z. 55) 4,9 –– S. 258 Deuteronomium (Dt, Deut) 15,10 –– S. 190 24,19 –– S. 77 (A. zu Z. 3) 17,6 –– S. 157 (A. 37) 17,30 f. –– S. 251 2 Regum (2 Rg, 2 Sam) 21 –– S. 233 1, 26 –– S. 278 21,15 –– S. 170 (in A. 115) 3, 31 –– S. 42 (A. 37) 26,12 –– S. 22 (Z. 33) 3, 31–34 –– S. 42 (A. 36) 29,4 –– S. 190 31,11 –– S. 237 3 Regum (3 Rg) 32,1 –– S. 43 (in A. 38) · 237 13, 29 ff. –– S. 42 (A. 36) 33,9 –– S. 250 44,8 –– S. 169 Tobias (Tb) –– S. 23 (A. 36) · 43 (A. 38) 50,17–21 –– S. 40 (in A. 24) 14, 16 (Vg.) –– S. 43 (in A. 30) 55 –– S. 249 55,2 f. –– S. 249 Iob –– S. 212 · 213 · 275 55,5 –– S. 249 1, 1 –– S. 237 · 239 55,7 –– S. 249 1, 3 –– S. 217 55,8 (Vet. lat.) –– S. 244 (in A. 91) · 249 1, 6–8 –– S. 239 55,9 –– S. 250 1, 7 –– S. 242 59 –– S. 249 1, 8 –– S. 212 · 213 (in A. 33) · 218 · 59,6 –– S. 249 239 61,11 –– S. 247 1, 9 –– S. 212 62,4 –– S. 253 1, 13 –– S. 242 68,5 –– S. 258 · 260 1, 16 –– S. 242 72,28 –– S. 255 1, 17 –– S. 242 85,1 –– S. 247 · 250 1, 21 –– S. 237 85,13 –– S. 190 2, 1–3b –– S. 239 90,13 –– S. 250 2, 3 –– S. 219 90,15 –– S. 250
Register der Bibelstellen
352 93,17 118,20 118,130 119,4 123,4 f. 147,15 147,18
–– S. 159 (in A. 50) · 160 · 190 Isaias (Is) –– S. 253 9 –– S. 210 · 29,13 53 –– S. 193 –– S. 191 53,6 61,10 –– S. 122 (Z. 307) –– S. 170 (in A. 115) 63,3
Proverbia (Prv) 1,7 –– S. 45 (in 7,19 f. –– S. 251 9,10 –– S. 45 (in 10,9 –– S. 40 (in 15,33 –– S. 45 (in 16,5b –– S. 40 (in 16,7 –– S. 40 (in 24,16 –– S. 250 Ecclesiastes 1, 9–11 7,12–13a 7,13c 7,30 9,1
–– S. 201 –– S. 116 –– S. 251 –– S. 156 –– S. 161 –– S. 155
(A. zu Z. 147) (A. 32) (A. 58)
Lamentationes (Lam) –– S. 21 A. 51)
(Z. 62)
A. 51)
1,12 3,1–9
–– S. 162 –– S. 298
(V.)
· 23
(in A. 92)
A. 23)
Ezechiel (Ez) 33,31 –– S. 116 34,1 ff. –– S. 116
A. 51) A. 17) A. 17)
(Eccle) –– S. 255 –– S. 45 (Z. 77–78 m. A.. –– S. 45 (A. 55) –– S. 230 (in A. 37) –– S. 197
56)
(A. zu Z. 147) (A. zu Z. 147)
Oseas (Os) 2 –– S. 328
(A. 277)
Zacharias (Zach) wo? –– S. 116
(A. zu Z. 147)
1 Machabaeorum (1 Mcc) 1,26 –– S. 42 (Mg. zu
Z. 46 u. 49 m. A.
Canticum Canticorum (Ct, Cant) –– S. 23 33) (Z. 62) · 183 (A. 21a) · 324 · 328 (A. 277) 1,3 –– S. 160 (A. 53) · 161 (A. 61) 2 Machabaeorum (2 Mcc) 2 –– S. 284 (in A. 6) 12,42–46 –– S. 42 (in A. 33) 2,6 –– S. 161 (A. 61) 12,46 –– S. 42 (in A. 33) 5 –– S. 333 5,1 –– S. 160 (A. 55) Matthaeus (Mt) –– S. 23 (Z. 50) · 25 (Z. 96) 5,6 –– S. 160 (A. 56) · 170 (A. 115) 3,8 –– S. 165 · 166 5,8 –– S. 160 (A. 56) 3,10 –– S. 122 (Z. 316) 6 –– S. 284 (in A. 6) 5,7 –– S. 27 (A. zu Z. 155) · 59 6,7 f. –– S. 318 (A. 24) 5,17 –– S. 41 (A. 52) Sapientia (Sap) 5,21 f. –– S. 332 1,6b –– S. 38 (A. 9) 5,23 f. –– S. 30 (in A. 11) · 41 (A. 26. 10,21 –– S. 210 27) · 48 (in A. 32) 8 –– S. 250 Ecclesiasticus (Eccli) 10,10 –– S. 26 (A. zu Z. 142 f.) · 117 1,16a –– S. 44 (A. 47) (A. zu Z. 162) 25,16 –– S. 45 (A. 53) 10,23 –– S. 121 (A. zu Z. 294) 35,1 ff. –– S. 40 (in A. 24) 10,24 –– S. 248 (in A. 98) 35,8–10 –– S. 40 (in A. 24) 10,38 –– S. 250 11,28 –– S. 250 11,30 –– S. 332 (in A. 4)
Register der Bibelstellen
16,18a 16,19b 16,24 17,5 18, 15–18 23,2–3 23,13 24,7 25 25,40 25,45 26,27 26,28
–– S. 56 (A. zu Z. 133) 15,34 –– S. 159 –– S. 56 (A. zu Z. 134 f.) 16,10 –– S. 42 (in A. 35) –– S. 250 16,15 –– S. 122 (A. zu Z. 323) –– S. 197 –– S. 25 (A. zu Z. 104 f.bis) · 116 Iohannes (Io) –– S. 23 (Z. 50. 55) · 25 (Z. (in A. 139bis) 95 f.) · 119 (Z. 232) –– S. 25 (A. zu Z. 104 f.) 1,3. 14c. 16b. 17. 16a –– S. 333 –– S. 116 (A. zu Z. 146) 4,24 –– S. 146 (A. 41) –– S. 122 (A. zu Z. 325) 8,31 –– S. 116 (A. zu Z. 146) –– S. 251 8,37 –– S. 120 (A. zu Z. 249bis) –– S. 22 (A. zu Z. 37) 8,41 –– S. 116 (A. zu Z. 146) –– S. 22 (A. zu Z. 37) 8,44 –– S. 116 (A. zu Z. 146) · 120 (A. –– S. 117 (A. zu Z. 152) zu Z. 249 u. 249bis) –– S. 55 (A. zu Z. 109) · 56 (A. zu 10,1 –– S. 25 (A. zu Z. 109) · 112 Z. 125)
26,38 26,39 26,55 27,46
353
(A. zu Z. 38)
–– S. 158 (A. 42) –– S. 251 –– S. 27 (A. zu Z. 158) –– S. 159 (m. A. 48)
10 10,8
–– S. 112 –– S. 112
(A. zu Z. 38) (A. zu Z. 38)
· 120
(A.
zu Z. 249)
10,27 10,28 11,1–45 11,4 11,25–27 11,32 f. 13,6 13,16 14,6 14,9 21,15c 21,16c 21,17c
Lucas (Lc) 1,78 3,8 5,10 6,35 7,36–50 12,42 12,47 14,27 15,31 17,22 17,24 17,27 18,8 22,20
–– S. 197 –– S. 198 –– S. 169 (A. 113) –– S. 170 (A. 118) –– S. 171 –– S. 169 (A. 113) –– S. 252 (in A. 111) –– S. 248 (in A. 98) –– S. 62 (A. zu Z. 65) –– S. 197 –– S. 56 (A. zu Z. 136ter) –– S. 56 (A. zu Z. 136ter) –– S. 56 (A. zu Z. 136bis)
–– S. 22 (A. zu Z. 13) –– S. 165 · 166 –– S. 56 (A. zu Z. 137) –– S. 112 (A. zu Z. 22) –– S. 171 (A. 122) –– S. 46 (A. 58) –– S. 122 (A. zu Z. 324 f.) –– S. 248 · 250 –– S. 195 –– S. 122 (A. zu Z. 325) –– S. 122 (A. zu Z. 325) –– S. 122 (A. zu Z. 326) Acta (Act) –– S. 113 (Z. 57) · 119 (Z. 232) –– S. 122 (A. zu Z. 323 f.) 8,2 –– S. 42 (in A. 36) –– S. 55 (A. zu Z. 109) · 56 (A. zu 15,7 ff. –– S. 332 Z. 125) 17,31 –– S. 38 (A. 10) 22,32 –– S. 56 (A. zu Z. 136) 23,12 ff. –– S. 120 (A. 270) 22,44 –– S. 155 23,26–31 –– S. 120 (A. 270) 22,62 –– S. 166 26, 20 –– S. 168 (A. 108) 23,40–43 –– S. 171 (in A. 124) 24,44 –– S. 158 (in A. 41) Paulinen –– S. 23 (Z. 51. 55. 60) · 24 (Z. 82) · 24,46 –– S. 158 (in A. 41) 25 (Z. 95) · 119 (Z. 231)
Marcus (Mc) 7,6 –– S. 116 (A. zu Z. 146) 14,24 –– S. 55 (A. zu Z. 109) · 56 zu Z. 125)
14,34
–– S. 158
(A. 42)
(A.
Ad Romanos (Rm) 1,17 –– S. 195 · 201 · 289 1,18–32 –– S. 24 (A. zu Z. 82) 1,31–32 –– S. 24 (A. zu Z. 82) 2,29 –– S. 332
Register der Bibelstellen
354 5,3 5,8–10 5,12 5,12 ff. 6,6 6,20 6,23 8 8,15 8,18 8,21 8,29 8,29–30 8,30 8,30c 8,31–37 8,32 8,35 9 9,3 9,16 9,18 9–11 10,17 12,1 12,3 13 13,1–7 13,12 f. 14,1 ff. 14,1–3 14,23
–– S. 237 –– S. 154 · 251 –– S. 256 –– S. 156 (A. 32) –– S. 262 –– S. 256 –– S. 256 –– S. 202 –– S. 44 (A. zu Z. 45) –– S. 248 · 249 –– S. 332 –– S. 248 –– S. 250 –– S. 183 · 249 (mf.) –– S. 163 –– S. 251 –– S. 166 –– S. 191 –– S. 318 (in A. 214) –– S. 300 (in A. 108) –– S. 300 (in A. 108) –– S. 300 (in A. 108) · 318 –– S. 300 –– S. 117 (A. zu Z. 165) –– S. 40 (A. zu Z. 15 u. 20) –– S. 43 (A. zu Z. 41) –– S. 220 (in A. 41) –– S. 112 (A. zu Z. 23 f.) –– S. 24 (A. zu Z. 82) –– S. 40 (A. zu Z. 22) –– S. 112 (A. zu Z. 28–30) –– S. 40 (A. zu Z. 17)
1 ad Corinthios (1 Cor) 1 –– S. 326 (in A. 260) 1,30 –– S. 326 (in A. 260) 3,12 –– S. 260 4,1–2 –– S. 46 (A. 58) 4,4–5 –– S. 43 (Mg. zu Z. 51) 5,5 –– S. 22 (A. zu Z. 18) 6,17 –– S. 183 (in A. 21a) · 317 (in A. 210)
8,9 9,14 9,18 9, 21 9,24–26 10,31
–– S. 112 (A. zu Z. 28–30) –– S. 26 (A. zu Z. 128) –– S. 25 (A. zu Z. 107) –– S. 332 –– S. 122 (A. zu Z. 306) –– S. 40 (A. 24)
11,25
–– S. 55
(A. zu Z. 109)
· 56
(A.
zu Z. 125)
12,27 13,12 13,13 14,3 14,6 16,22
–– S. 233 –– S. 53 (A. zu Z. 36) –– S. 183 –– S. 24 (in A. 33) · 46 (Mg. Z. 94 u. 97) · 54 (A. zu Z. 75) –– S. 46 (Mg. zu Z. 93) –– S. 24 (A. zu Z. 85)
zu
2 ad Corinthios (2 Cor) 3,6 –– S. 45 (A. 50) 3,6 f. –– S. 332 4,6 –– S. 180 (in A. 15) · 192 8,7 ff. –– S. 46 (A. 59) 9,1 ff. –– S. 46 (A. 59) 10,8 –– S. 46 (A. 62) 11,3 –– S. 32 (in A. 23) · 250 11,3 f. –– S. 40 (A. 23) 11,4 –– S. 46 (A. 64) 11,13 –– S. 24 (A. zu Z. 84 f.) 11,26 –– S. 249 13,10 –– S. 46 (A. 62) Ad Galatas 2,16 3,24 3,21 5,6 5,19–21 6,2
(Gal) –– S. 40 (A. 21) –– S. 45 (A. 49) –– S. 45 (A. 52) –– S. 164 · 183 –– S. 24 (A. zu Z. –– S. 332 (mf.)
82)
Ad Ephesios (Eph) 1,4 f. –– S. 122 (A. zu Z. 326) 2,8 –– S. 40 (A. 17) 2,10 –– S. 40 (A. 17) 3,17 –– S. 163 · 164 5 –– S. 284 (in A. 6) · 328 277)
5,3–9 5,22–33 5,29 5,30 5,30–32 5,32 6,17
–– S. 24 (A. zu Z. 82) –– S. 183 (in A. 21a) –– S. 333 –– S. 233 –– S. 324 –– S. 183 (in A. 21a) –– S. 25 (A. zu Z. 101)
Ad Philippenses (Phil) 2,21 –– S. 24 (A.
zu Z. 82)
(in A.
Register der Bibelstellen
3,2 3,19 4,4
355
–– S. 24 (A. zu Z. 84ter u. 84quater) · Iacobi (Iac) –– S. 23 (Z. 51) · 119 (Z. 231) 112 (A. zu Z. 38) 1,17 –– S. 219 –– S. 24 (A. zu Z. 84 u. 84bis) –– S. 43 (in A. 38) Petrusbriefe –– S. 23 (Z. 50) · 24 (Z. 82 ) · 25 (Z. 95)
Ad Colossenses (Col) 3,12 –– S. 122 (A. zu Z. 326) 3,17 –– S. 40 (A. zu Z. 19 u. 24) 1 ad Timotheum (1 Tim) (A. zu Z. 134)
6,17
–– S. 247
2 ad Timotheum (2 Tim) 2,25 –– S. 46 (A. 61) 3,12 –– S. 249 3,13 –– S. 24 (A. zu Z. 4,1 –– S. 38 (A. 10)
85)
Ad Titum (Tit) 1,7–9 –– S. 116 (A. zu Z. 3,10 f. –– S. 30 (in A. 9)
134)
1 Petri (1 Pt, 1 Petr) –– S. 12 (Z. 50) · 119 (Z. 231)
1,7 2,21 2,22 3,15 4,3–4 4,13 4,17 5,8 5,9
–– S. 40 (A. 24) –– S. 250 –– S. 163 –– S. 52 (A. zu Z. –– S. 24 (A. zu Z. –– S. 249 · 250 –– S. 248 · 249 –– S. 250 –– S. 250
13) 82)
2 Petri (2 Pt, 2 Petr) –– S. 119 (Z. 2,10 –– S. 41 (A. 29) 4,9–22 –– S. 24 (A. zu Z. 82)
231)
1 Ioannis (1 Io) –– S. 23 (Z. 63 m. A.) Ad Hebraeos (Hbr) 2,18 –– S. 112 (A. zu Z. 38) 4,13 –– S. 23 (A. zu Z. 42) 3,11 –– S. 119 (A. zu Z. 245 f.) 10,38 –– S. 41 (in A. 27) 11,4 –– S. 41 (A. 27) Apocalypsis (Apc) –– S. 23 (Z. 61) 11,4a –– S. 40 (A. 18) 18,7 –– S. 168 11,4b –– S. 40 (Mg. zu Z. 21, in A. 17) 19,7a –– S. 43 (in A. 29) 11,5 f. –– S. 40 (A. 17) 11,6 –– S. 41 (A. 27) · 42 (A. 34) 11,6a –– S. 40 (Mg. zu Z. 19, A. 18) · 41 (in A. 27) 12,5–7 –– S. 252
Historisches Register Umfasst die Namen von biblischen, mythologischen und historischen Personen, Personengruppen und Orten, sowie die Titel von Quellen-Schriften und Stellen aus Quellen-Schriften. Auf Einschränkungen bei der Anzahl der Belege bei manchen Lemmata wird suo loco aufmerksam gemacht. Zu den im Register der Bibelstellen erklärten Abkürzungen in den Referenzen kommen hinzu: ’Spr.A’ ’Sprach-Anm.’, ’T.’ ’Titel’ (eines in diesem Sammelband edierten Texts) und ’V.’ ’Vorspann’ (dito).
Abel –– S. 217 Abensberg –– S. 4 → Aventinum Abner –– S. 42 (in A. 35) · 217 Abraham –– S. 155 · 217 · 247 Adam –– S. 156 · 217 · 202 · 239 · 242 · 255 · 256 · 258 · 259 · 277 · 287 (m. A. 29) · 298 (in A. 95) Adelmann –– S. 209
–––, Regesten –– S. 4
(in A. 17)
· 292
(mf.)
Aeneas –– S. 217 · 255 Aesticampian –– S. 209 Agabus –– S. 217 Agnes von Mansfeld –– S. 128 · 206 Agricola Boius → Agricola, Stephan –––, Wie der warhafftig Gottes dienst [...] möcht [...] auffgericht werden, [Leipzig oder Eilenburg, 1525] –– S. 4 (in A. 15)
Aegidius Romanus – ohne die beiläufigen Hinweise vom Typ ’= Aegid’, oder ’via Aegid’. – Agricola, Johannes, gen. Islebius –– S. 4 –– S. 199 (mf.) · 211 (in A. 30) · 215 (mf.) · (in A. 14) · 130 (m. A. 28) 216 · 220 f. · 224 (in A. 11) · 226 (in A. 18) · 228 (in A. 33) · 277 · 288 · 294 (in A. 73 Agricola, Stephan / Kastenpauer / frater / brueder / doctor Stephanus / Steffan / u. 74) · 299 · 301 (m. A. 116) · 302 · 315 (in reus / Monachus de Rattenberg / Münch / A. 200) · 316 · 322 (in A. 238) Munch / Munnich / Münnich / captivus –––, Schriften in Muldorf –––, De ecclesiastica potestate –– S. 264 –– S. 1–18 passim · 21–27 passim –––, De regimine principum –– S. 210 · (= Text A 1) · 28–35 passim · 30 (in A. 9) 230 · 264 · 36–46 passim (= Text A 2) 47–51 pas–––, Sentenzen –– S. 316 (in A. 205) sim (= Text A 3) · 52–57 passim (= Text A 4) · 52 (T., V., Z. 1, Spr.A. zu Z. 9) · 53 (Z. Aegidius von Viterbo –– S. 140 (in A. 6) · 14) · 54 (App. I zu Z. 74) · 55 (App. I zu Z. 141 (m. A. 13) · 142 · 143 (in A. 19) · 149 (in 102) · 57 (App. I zu Z. 162) · 58 (T., Z. 5 m. A.) A. 55) · 191 (m. A. 5a) · 207 · 271 (mf.) · · 60 (V., Z. 4. 11. 13. 16) · 61 (Z. 23) · 63 (Z. 303 (m. A. 130 u. 131) · 321 102. 108) · 64 (Z. 119. 122. 124. 130. 131. 133. –––, Briefe und Schriften 137) · 66 (Z. 3. 13. 24) · 68 (V., Z. 13. 16. 18. ––– an Staupitz, 26. Juni 1510 –– S. 143 20. 23) · 69 (Z. 25. 26. 29. 34. 35) · 70 (Z. 54, (A. 19) in A. zu Z. 54 f. u. 55) · 71 (Z. 2 m. A.) · 72 (Z. ––– an die sieben renitenten Konvente, 23 u. in A. zu Z. 26) · 73 (= Text A 10) (V.) · Rom 17. Jan. 1511 –– S. 322 (in A. 232 u. 74 (V., Z. 5. 6. 9. 18) · 75 (Z. 22. 28. 47. 49. 234) 52 f.) · 75 f. (Z. 52 f.) · 81 (V., mf.) · 84 (Z. 27 –––, Oratio Prima Synodi sive concilii m. A.) · 86 (V., mf., Z. 2) · 87 (Z. 6. 9–14) · 88 Lateranensis ... 1512 –– S. 207 (V., mf.) · 89 f. (Z. 8–9. 13–17 m. A. zu Z. 10 u.
Historisches Register
358
· 91 (V.) · 92 (Z. 14–16 m. A. zu Z. 14) · 93 Z. 252 ff. –– S. 16 (m. A. 100) · 49 · 95 (V., mf.) · 96 f. (Z. 1–22. (A. 70 f.) 30–34) · 98 (V., mf.) · 99 (Z. 15–22 m. A. zu Z. Z. 261 –– S. 31 (A. 16) 19) · 100 (V., mf., Z. 5. 6) · 101 (V., Z. 8–9) · Z. 273 –– S. 47 (Z. 3, in A. 8) 103 (V., mf.) · 104 (Z. 4–32 m. A. zu Z. 17 u. Z. 292 f. –– S. 9 (A. 47) 25) · 105 (V., mf.) · 106–109 (Z. 2–90 passim) Z. 293 –– S. 16 (in A. 96) · 130 (m. A. 28) · 148 · 149 · 172 · 184 · Z. 321 –– S. 10 (A. 53) 188 (in A. 32) · 191 · 279 (in A. 15) · 290 · –––, Revers und Urfehde, als Ganzes 307 (mf.) · 310 (mf., in A. 177) · 311 (mf.) · –– S. 15 (mf., m. A. 39) · 16 (in A. 94 u. 102) · 319 (mf.) · 320 (in A. 224. 225. 226) · 327 · 63 (Z. 107 m. A.) · 69 (Z. 38 m. A.) · 71 (Z. 11 328 m. A., Z. 14 f. m. A.) · 78–80 (= Text A 13) –––, Revers und Urfehde, nach Zeilen Agricola, Briefe Z. 11 –– S. 96 (in A. zu Z. 11 f.) ––– an Hirschauer, [6.] Mai 1524. ErkläZ. 14 –– S. 83 (in Spr.A. zu Z. rung –– S. 75 (in A. zu Z. 45) · 77 (= Text A 13 f.) 12) Z. 16 f. –– S. 108 (in A. zu Z. 66) Z. 1 ff. –– S. 16 (m. A. 99) Z. 43–45 –– S. 121 (in A. zu Z. 297) Z. 6 –– S. 78 (A. zu Z. 4) –––, Supplicatio, als Ganzes –– S. 7 (m. A. Z. 6 f. –– S. 71 (A. zu Z. 7) 37 u. 38) · 21–27 (= Text A 1) · 32 · 35 (in Z. 7 –– S. 71 (A. zu Z. 2) A. 38) · 39 (in A. 14) · 47 (Z. 8 m. A.) · 53 (Z. ––– an Kanzler, 6. Mai 1524, fehlender 14) Brief –– S. 75 (in A. zu Z. 44) –––, Supplicatio, nach Zeilen ––– an Lang siehe Supplicatio Z. 9 –– S. 79 (in A. zu Z. 11) Agricola, Schriften Z. 11 ff. –– S. 61 (in A. zu Z. 36) –––, Ain [...] Sermon vom Sterben –– S. 13 Z. 23 –– S. 79 (A. zu Z. 19) (m. A. 77) · 95 f. Z. 40 –– S. 122 (A. zu Z. –––, Antwort, als Ganzes –– S. 10 (m. A. 52, 310–312) Z. 46 –– S. 113 (App. I zu Z. 43) mf.) · 11 (m. A. 57 u. 61) · 12 (mf., in A. 64) · 13 Z. 52, 61 –– S. 113 (Spr.A. zu Z. 56) · 32 (mf.) · 73 (V.) · 95 f. (V., mf.) · 96 f. (Z. 2 Z. 61 f. –– S. 43 (in A. 38) m. A. zu Z. 2. 13. 24) · 111–122 (= Text C) Z. 64. 66 –– S. 113 (Spr.A. zu Z. 56) –––, Antwort, nach Stellen – wobei die auf Z. 69 –– S. 79 (A. zu Z. 19) S. 36–46 in den Anm. zur Consultatio Z. 73 f. –– S. 113 (App. I zu Z. 43) sowie auf S. 52–57 in den Anm. zu den Z. 81 f. –– S. 62 (A. zu Z. 64 f.) Interrogatoria angehäuften Stellen hier Z. 88 –– S. 30 (in A. 9) · 122 (A. n i c h t einzeln gelistet werden – 12)
(V., mf., Z. 4–6)
Z. Z. Z. Z. Z. Z.
69 89 97 157 159 171 ff.
–– S. 25 –– S. 11 –– S. 79 –– S. 32 –– S. 49 –– S. 16
(Spr.A. zu Z. 103) (A. 61) (in A. zu Z. 11) (A. 25) (A. 60) (m. A. 100)
(A. 21)
Z. Z. Z. Z. Z.
173 f. –– S. 49 (A. 43 f.) 194 f. –– S. 50 (A. 78) 208 –– S. 16 (in A. 96) 217 f. 221 f. –– S. 32 (A. 25) 248 –– S. 16 (in A. 96)
· 32
zu Z. 320)
Z. 116 Z. 117 Z. 122 Z. 156 f.
–– S. 117 (A. zu Z. 154 f.) · 118 (in A. zu Z. 193 f.) –– S. 117 (Spr.A. zu Z. 154) –– S. 39 (in A. 14, mf.) –– S. 115 (A. zu Z. 99 f.)
Agricola, Stephan, jun. –– S. 2 (in A. 4) Albertus Magnus zu Iob –– S. 213 Albrecht von Brandenburg, Hochmeister –– S. 280 Aleander –– S. 180 (m. A. 17) · 326 (in A. 264) Alemannia –– S. 127 · 140 · 141 (in A. 12) ·
Historisches Register
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268 · 310 187 · 191 · 273 · 324 (in A. 251) · 326 (in Alexander de Villa Dei, Doctrinale –– S. 41 A. 264) (in A. 30) · 205 (m. A. 3) · 222 (in A. 43) Augustinus – ohne die zahlreichen beiAlexander von Hales –– S. 200 läufigen Hinweise vom Typ ’= Aug.’ oder Alexander VI. –– S. 221 ’aus Aug.’ – –– S. 21 (V.) · 23 (Z. 56) · 25 Altenstaig –– S. 314 (in A. 193) (Z. 96) · 48 (Z. 33 m. A. zu Z. 32 u. 33) · 54 –––, Vocabularius –– S. 213 (Z. 82 m. A.) · 62 (Z. 64) · 116 (Z. 125. 132) · –––, Vocabularius, Widmung an JvS 117 (Z. 155 m. A. zu Z. 154 f.) · 126 · 134 (in –– S. 131 (in A. 35) A. 50 u. 55) · 136 · 137 · 143 · 144 (mf.) · 150 · 164 (in A. 81) · 173 · 179 · 182 · 183 Ambrosius –– S. 25 (Z. 96) · 113 (Z. 58) · 116 (in A. 21a) · 185 · 199 (mf.) · 201 · 206 · (Z. 125) · 215 · 241 · 247 210 · 215 (mf.) · 216 (mf.) · 217 (mf.) · 218 Ps-Ambrosius –– S. 240 f. (mf.) · 219 · 220 (in A. 41) · 221 (mf.) · 223 · Amphitryo –– S. 217 224 (mf.) · 226–232 (m. A. 23 [S. 227] u. 24 Amsdorf –– S. 274 [S. 227]) · 229 (in A. 34) · 230 f. (in A. 46 u. Andreas –– S. 217 48) · 232–233 (mf.) · 234 · 235 · 237 · Angelologie siehe Engel 243–265 (m. A. 88 [S. 243]) · 251 · 251 f. · Anna, Hl., Mutter Mariens –– S. 119 264 f. (A. 144) · 268 · 275 · 276 · 277 (mf.) Anna, Ehz.in von Österreich –– S. 5 (in A. · 281 · 284 · 285 (in A. 16 u. 17) · 286 · 287 19) · 6 (m. A. 27) · 59 (A. zu Z. 39) · 79 (A. zu (in A. 25) · 288 · 294 (in A. 73) · 296 · 298 Z. 16) · 103 f. (V., Z. 9) · 105 (V.) · 108 (in (mf., m. A. 98) · 299 · 301 (m. A. 117) · 303 A. zu Z. 66) · 109 (Z. 89 m. A.) · 320 (m. A. 129) · 305 · 306 (mf.) · 311 (in A. 178) Annius von Viterbo siehe Nanni, Giovanni · 312 · 315 (in A. 200) · 316 (in A. 203 u. Anselm –– S. 230 (in A. 40, mf.) 207) · 322 (m. A. 238) · 334 †Anthenisten† –– S. 116 (Z. 131) –––, Amerbach-Ausgabe –– S. 137 · 144 · Antichrist / Widerchristen –– S. 112 (Z. 38) 220 · 224 f. (m. A. 13, in A. 14) · 244 f. · · 188 247 (m. A. 96) Apologie des Augsburger Bekenntnisses siehe Melanchthon Augustinus, Schriften allg. –– S. 23 (Z. 57) Apostel siehe Acta, Rm, 1 Cor usw. im Re- –––, Schriften im einzelnen, einschließgister der Bibelstellen → Zwölfboten lich der Briefe Argula von Grumbach –– S. 320 (in A. 226) –––, Confessiones –– S. 258–259 –––, Contra Epistolam fundamenti Aristoteles –– S. 215 · 216 · 218 · 254 · –– S. 261 267 · 276 (mf.) · 277 (mf.) –––, Contra Maximinum –– S. 262 –––, Eth. Nic. 3,8 –– S. 200 · 284 (in A. 12) · –––, De catechizandis rudibus, c. 9 (13) 318 (A. 215) · 348 –– S. 21 (A. zu Z. 6) · 24 (Z. 89 f.) → Auctoritates Aristotelis –––, De civitate dei allg. –– S. 216 · 220 · 234 (m. A. 62) · 238 · 244 · 254–258 (mf.) · Arnd, Johann –– S. 132 · 133 (in A. 43) 257 f. (m. A. 130) Arnold, Gottfried –– S. 133 –––, De civitate dei nach Büchern / Stellen Assverus –– S. 236 1 –– S. 254 Auctoritates Aristotelis –– S. 213 (in A. 34) · 1, 23 –– S. 221 318 (in A. 215) · 348 1–5 –– S. 254 Augsburg –– S. 13 (in A. 77) · 17 · 82 (V.) · 2, 7 –– S. 254 104 (in A. zu Z. 24) · 149 (m. A. 54) · 275 · 5, 18 –– S. 221 320 (in A. 225) 10–12 –– S. 255 –––, Reichstag 1518 –– S. 3 (in A. 9) · 129 · 11 –– S. 255 f. (mf.) · 256
360
Historisches Register
11, 23 –– S. 316 (in A. 207) 55, 8. 9 –– S. 233 (in A. 61) · 248 12 –– S. 255 · 256 (in A. 98) 13 –– S. 255 f. · 256 55, 19 f. –– S. 237 (in A. 77) 13, 2 und 12 –– S. 158 (A. 46) 55, 20 –– S. 235 (A. 68) 13–14 –– S. 255 59, 6 –– S. 248 f. (mf.) 14 –– S. 256 (mf.) 77, 40 –– S. 121 (A. zu Z. 287) 14,13 –– S. 41 (in A. 29) 90, s. 1, 2 –– S. 237 (in A. 77) 19 –– S. 257 90, s. 2, 1 –– S. 233 (m. A. 59) · 21 –– S. 255 250 f. (mf.) 21, 17 –– S. 316 (in A. 207) 127, 3 –– S. 233 (m. A. 60) 22 –– S. 257 127, 7 –– S. 233 (m. A. 60) ––– -Kommentar –– S. 216 · 220 127, 8. 9 –– S. 233 · 251 (mf.) –––, De continentia –– S. 312 140 –– S. 253 –––, De cura pro mortuis gerenda 1 (3) u. 149, 15 –– S. 253 18 (22) –– S. 39 (in A. 14) · 42 (in A. 33) wo? –– S. 26 (A. zu Z. 121) –––, De diversis quaestionibus LXXXIII –––, Enchiridion 29 –– S. 39 (in A. 14) · –– S. 261 259 f. –––, De doctrina christiana allg. –– S. 24 –––, Epistulae (Z. 89) · 227 (m. A. 24) · 233 · 261 23 (98), 9 –– S. 26 (A. zu Z. 139) –––, De doctrina christiana 2,8 f. (12–14) 64 (22), 1 (2–6) –– S. 26 (A. zu Z. 122) · –– S. 42 (in A. 33) 39 (in A. 14) · 117 (A. zu Z. –––, De Genesi ad litteram –– S. 259 174 f.) –––, De libero arbitrio –– S. 261 · 262 118 (54), 1–3 (1–4) –– S. 26 (A. zu Z. –––, De moribus ecclesiae –– S. 262 138) –––, De natura boni –– S. 261 119 (55), 19 (35) –– S. 25 (A. zu Z. 116) · –––, De peccatorum meritis –– S. 262 118 (A. zu Z. 193 f.) –––, De spiritu et littera –– S. 131 (in A. 36) 169, 1 (2) –– S. 120 (A. zu Z. 250) · 286 (m. A. 23) · 298 · 305 (in A. 144) 194 ad Sixtum presbyterum –– S. 262 –––, De trinitate –– S. 260–261 –––, De utilitate credendi –– S. 30 (in A. 9) –––, In Io tract. nach Stellen 1, 13 –– S. 262 –––, De vera religione –– S. 261 (mf.) 10, 9 –– S. 262 –––, Enarrationes in Psalmos allg. –– S. 234 (m. A. 62) · 237 · 238 · 243–254 26,10–27,6 –– S. 26 (A. zu Z. 137) (mf.) –––, In 1 Io tract., 8, 6 f. –– S. 251 –––, Enarrationes in Psalmos nach Stellen –––, Quinquaginta homiliae –– S. 24 (A. zu – wobei die Einträge in der Tabelle auf Z. 91) S. 246 hier nicht wiederholt werden – –––, Regula –– S. 262 17 –– S. 248 –––, Retractationes –– S. 261 21, e. 2, 3 –– S. 233 (m. A. 58) –––, Sermones 21, e. 2, 5 –– S. 237 (in A. 77) –––, 82,5 –– S. 41 (in A. 27) 31 –– S. 228 f. (in A. 34) –––, 176 –– S. 262 31, e. 2, 26 –– S. 237 (in A. 77) 32 –– S. 228 f. (in A. 34, mf.) –––, 295, 2 (2) –– S. 25 (A. zu Z. 104 f.bis) · 32, e. 2, s. 1, 2 –– S. 244 (A. 92) · 251 f. 116 (A. zu Z. 139) (m. A. 105) –––, 355,1 –– S. 262 37, 24 –– S. 237 (in A. 77) –––, 356,13 –– S. 262 51, 4 –– S. 25 (A. zu Z. 104 f.) · –––, wo? –– S. 26 (A. zu Z. 131) · 116 (Z. 139 25 (A. zu Z. 121) 55, 2 f. –– S. 248 f. (mf.) · 250 m. A.)
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Augustinus zugeschriebenes, von JvS ihm abgesprochenes Dictum –– S. 41 (in A. 27) · 207 (m. A. 16) Ps-Augustinus, De dogmatibus ecclesiasticis –– S. 259 · 261 –––, Meditationes –– S. 261 –––, Sermo 190, 2 –– S. 26 (A. zu Z. 122) 39 (in A. 14) · 348 –––, Sermo 191, 2 f. –– S. 26 (A. zu Z. 122) · 39 (in A. 14) · 348 –––, Sermo 315 –– S. 261 –––, Sermones ad fratres in eremo –– S. 262 –––, Soliloquia –– S. 261 Augustinus Favaroni –– S. 224 (in A. 10) Augustinus von Interamna –– S. 271 Aventinum –– S. 4 (m. A. 15) → Abensberg „Awer“ –– S. 89 Baiern / Bayern / Bairn / Beiern / bayerisch / beyrisch / Bavaria / Peiern Bayern, Herzöge von –– S. 81 (V., mf.) · 84 (Z. 29 m. A.) · 85 (Z. 42 u. 45) · 88 (V.) · 90 (Z. 12) · 95 (V.) · 97 (Z. 30) · 98 (V.) · 99 (Z. 21) · 100 (V., Z. 7) · 101 (V., Z. 7) · 103 (V., mf.) · 104 (Z. 5. 16. 17, in A. zu Z. 18 f.) · 105 (V., mf.) · 107 (Z. 26. 31, in A. zu Z. 33) · 108 (Z. 45. 50. 54) · 109 (Z. 71. 73. 84) → Ernst → Kunigunde → Ludwig X. → Wilhelm IV. Bayern-Herzöge, Mandat, 5. März 1522 –– S. 85 (Z. 42 m. A.) Bavaria, Kirchenprovinz –– S. 83 (in A. 5) → Salzburg, Kirchenprovinz Bayern, Land –– S. 35 Baiern, Provinz OESA –– S. 141 (in A. 12)
nach Stellen Z. 3 f. Z. 3–5 Z. 7 Z. 8 Z. 11 Z. 27
361 –– S. 6 (in A. 26) –– S. 75 (in A. zu Z. 36) –– S. 71 (in A. zu Z. 2) –– S. 79 (Spr.A. zu Z. 14) –– S. 78 (V.) –– S. 108 (in A. zu Z. 47)
Banichner, Hans –– S. 106 · 108
(Z. 50
m. A.)
Bartholomäus –– S. 217 Basel –– S. 5 · 144 (in A. 24) · 178 · 268 Bebel, Heinrich –– S. 206 Bembo –– S. 308 (mf.) Berecynthia –– S. 217 Bernhard von Clairvaux –– S. 24 (Z. 80) · 134 (m. A. 50) · 201 · 215 · 229 (in A. 34) · 279 · 280 · 287 (m. A. 25) · 287 f. (m. A. 31 u. 32) · 298 · 304 · 306 · 306 (in A. 151a) · 315 (in A. 200 u. 201) · 348 –––, In dominica VI post pentecosten, sermo 2,5 –– S. 117 (in A. zu Z. 164) Berosus, Antiquitates –– S. 207 Bertold, Bf. von Chiemsee siehe Pürstinger Besler, Nikolaus –– S. 142 (in A. 17) · 321 (in A. 231)
Besold, Christoph –– S. 132 · 175
(in A.
139)
Biberg –– S. 65 (Z. 146 m. A.) Biel, Gabriel –– S. 136 · 199 · 285 (in A. 18) · 311 · 322 (in A. 238) Birgitta, Hl., von Schweden –– S. 132 Blandina –– S. 217 Bodenstein, Andreas, gen. Karlstadt siehe Karlstadt Boe¨thius –– S. 215 · 216 · 241 · 247 · 254 · Baldung, Dr. Hieronymus Pius / Kanzler 315 (in A. 200) –– S. 6 (mf., m. A. 26) · 60 (V.) · 68 (V.) · 71 Bologna –– S. 5 · 205 · 266 (V., in A. zu Z. 7) · 73 (V.) · 74 (V., Z. 1) · 77 (V.) · 78 (V.) · 95 (V., mf.) · 103 (V.) · 105 Bonaventura –– S. 140 (in A. 8) · 213 (in A. 34) · 215 · 216 · 248 · 251 · 263 · 315 (in (V.)
Baldung, Briefe – Briefe an B. siehe Hirschauer – [–––] an Hirschauer, nach [7. Jan. 1524], als Ganzes –– S. 71–72 (= Text A 9) [–––] an Hirschauer, nach [7. Jan. 1524],
A. 200)
–––, Determinationes quaestionum circa regulam [...] –– S. 140 (in A. 8) Bradwardine –– S. 285 (in A. Brixen –– S. 83 (in A. zu Z. 8)
18)
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Brüheim, Johannes –– S. 210 · 214 · 221 · 236 · 297 Brüssel –– S. 13 Brutus –– S. 217 · 219 Bullen vom 5. Nov. 1437 u. 27. Jan. 1438 –– S. 142 (in A. 17) Burghausen –– S. 90 (in A. zu Z. 12) · 95 (V.) · 97 (Z. 31 m. A.) · 105 (V.) · 108 (Z. 39 m. A., in Z. 42) · 109 (Z. 81)
194 (mf., in A. 9) · 195 (mf., in A. 11) · 196 · 197 (mf.) · 198 (mf., in A. 15) · 199 · 200 · 201 · 217 · 220 · 221 (mf.) · 227 · 228 f. (in A. 34) · 233 · 235 (in A. 65) · 236 · 239 · 241 · 243 (mf.) · 247 (mf.) · 248 (mf.) · 249 (mf.) · 250 · 251 (mf.) · 255 · 257 (in A. 129) · 267 · 273 (mf.) · 275 · 279 · 281 (mf.) · 284 (in A. 6) · 288 (in A. 31) · 289 · 292 (m. A. 56) · 296 · 301 (in A. 114) · 306 (in A. 115a) · 312 · 315 (in A. 198) · 318 (in A. 218) · 319 (in A. 222) · 323 (m. A. 243) · 326 · 328 (in A. 277) · 331 · 332 (mf.) · 333 (mf.)
Caesar –– S. 217 Cain –– S. 217 Christianus / Christ / crist / Christiani / Cajetan –– S. 129 · 187 · 191 (mf.) · 273 · Christen / cristen / Christifideles / cristi326 (in A. 264) fideles / Christenheit / Christentum Camillus –– S. 217 · 219 f. –– S. 16 · 24 (Z. 75) · 25 (Z. 120) · 32 · 39 Campeggio, Lorenzo / Legat –– S. 72 (in A. (Z. 17) · 40 (Z. 19. 25) · 42 (Z. 44) · 48 (Z. 13. zu Z. 27 u. 28) · 101 (V.) · 105 (V.) · 108 30 f. 35. 41) · 49 (Z. 67) · 50 (Z. 83. 84. 98) · (Z. 47 m. A.) 109 (Z. 67) 51 (Z. 101. 103) · 53 (Z. 20. 22) · 57 (Z. 166) · Carthago –– S. 243 → Karthager 78 (Z. 6) · 80 (Z. 34. 35. 37) · 111 (Z. 4) · 112 Carvajal –– S. 127 · 141 (m. A. 14) (Z. 17) · 132 · 145 · 146 (mf.) · 149 (mf.) · Catilina –– S. 217 · 258 154 · 160 (in A. 52) · 162 · 167 · 167 · 168 Cato –– S. 217 · 219 · 175 · 178 (mf.) · 188 · 194 · 200 · 236 (in Caucasus –– S. 254 A. 74) · 255 · 257 · 260 · 263 (in A. 139) · Chaldaei –– S. 217 · 242 284 (in A. 6) · 301 (in A. 114) · 315 (in A. Cherubim –– S. 217 198) · 318 · 319 (in A. 222) · 324 · 328 (in A. 277) · 333 Chiemsee, Bf. von siehe Pürstinger Chiemsee, Bistum –– S. 3 · 83 (in A. 8) Cicero / Ciceronianus –– S. 216 · 240 Chiemsee, Kloster Frauenchiemsee Clemens VII –– S. 72 (in A. zu Z. 26) · 103 –– S. 328 (V.) · 104 (A. zu Z. 18 f.) · 107 (A. zu Z. 33) Christus / Cristus / christologisch / -logie / Cochlaeus –– S. 209 -zentrisch / -centric – siehe primär Mt, Collatinus –– S. 217 · 219 → Tarquinius Mc, Lc, Io im Register der Bibelstellen Concilium Florentinum –– S. 42 (in A. 33) → Jesus – Concilium Lateranense siehe Lateran –– S. 21 (Z. 2. 4) 22 (Z. 19. 37) 23 (Z. 24) · Concilium Romanum –– S. 42 (in A. 33) 24 (Z. 81. 83) 26 (Z. 136) · 27 (Z. 151. 159) 31 (m. A. 17) · 32 · 40 (Z. 25. 28) · 42 (Z. 48, Crispus (Krause), Johannes, an Staupitz in A. 35) · 44 (in A. 44) · 45 (Z. 68. 72 m. Mg. und Martin Polich von Mellerstadt [in App. II], Z. 73. 79. 81) · 48 (in A. zu Z. 32) · –– S. 205 · 222 50 (Z. 71. 80. 87. 88. 92. 94) · 53 (Z. 42) · 54 Curtius –– S. 217 · 218 (Z. 49 f., mf.) · 55 (Z. 105) · 56 (Z. 117. 121) · Cybele –– S. 217 61 (Z. 34) · 62 (Z. 64. 66) · 77 (Z. 11) · 112 Cyprian –– S. 23 (A. zu Z. 46) (Z. 35. 36) · 114 (Spr.A. zu Z. 86) · 115 (Z. 110) · 129 (in A. 27) · 133 · 143 · 144 (mf.) · Damascenus –– S. 228 146 · 149 · 151–175 (passim) · 180 · 181 · Dämonen / Dämonologie –– S. 238 · 259 · 182 (mf.) · 183 (mf., in A. 21a) · 184 (mf.) · 261 → Engel / Angelologie → Lucifer 186 (in A. 27) · 188 · 190 (in A. **) · 192 · → Satan → Teufel
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Danae –– S. 217 David –– S. 42 (in 278 · 328
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Eilenburg –– S. 4 (in A. 15) · 190 · 217 · 236 · Eisleben –– S. 18 · 309 · 329 (in A. 281) Emser –– S. 209 Engel / Angelologie / Schutzengel / Deutsche Reformkongregation OESA Engelsturz (ruina angelorum, angelicus –– S. 126 · 127 · 139 · 141 (mf., m. A. 11 u. casus) –– S. 157 (in A. 39) · 183 · 235 (in A. 12) · 142 (mf., in A. 18) · 143 · 146 (m. A. 66) · 238 (mf.) · 239 (mf.) · 242 (mf.) · 250 · 39) · 148 · 177 · 178 f. · 204 · 205 (mf.) · 255 · 256 (mf.) · 258 · 259 (mf.) · 260 · 208 · 268 f. (mf.) · 270 (mf.) · 271 (mf.) · 261 · 277 · 304 → Dämonen / Dämo272 · 280 · 292 · 299 (m. A. 105) · 321 nologie → Lucifer → Satan → Teufel (m. A. 232) · 322 · 326 (in A. 264) Englmar / Englmayr, Dr. Eberhard –– S. 8 Dietenberger, Catholische Bibell –– S. 62 (m. A. 44) · 9 (in A. 51) · 10 (in A. 52) · 12 (Spr.A. zu Z. 76 f.) (m. A. 68) · 33 (in A. 28) · 52 (V., mf.) · 81 f. Diogenes –– S. 256 (V., mf.) · 83 (Z. 14 m. A.) · 88 f. (V., mf.) · 89 Ps-Dionysius Areopagita –– S. 218 · 228 · (Mg. [in App. II] zu Z. 8) · 91 (V.) · 92 (Z. 15 235 (in A. 66) m. A.) · 93 (V., Z. 5 m. A., in A. zu Z. 10) · 95 Dionysius Cartusianus (V.) · 98 (in A. zu Z. 6) · 100 (V., Mg. zu Z. 6 zu Iob –– S. 213 [in App. I]) · 103 (V., mf.) · 104 (Z. 29) · 106 zu Cant 1,3 –– S. 161 (A. 63) (V.) · 113 (Z. 63) · 116 (Z. 126) · 121 (Z. 272. zu 1 Pt 1,7 –– S. 40 (in A. 24) 277) –––, Schriften Doctor Steffan (Kastenpauer) siehe Agri[Dr. Ägidius Rem und Dr. Eberhard Englcola, Stephan mar], Interrogatoria siehe Interrogatoria Doctor Steffan (Urban) siehe Urban, Dr. Steffan Erasmus –– S. 180 (mf.) · 193 · 196 · 204 · Dürer –– S. 187 209 (mf., m. A. 26) · 267 –––, Epistola Pauli ad Romanos –– S. 263 Eberhard der Jüngere, Gf. von bzw. Hz. (in A. 139) in Württemberg –– S. 288 (in A. 34) Erfurt –– S. 127 (m. A. 12) · 142 (in A. 18) · Ebinger, Wolfgang, Landschreiber 143 · 145 · 179 (mf.) · 191 · 204 · 267 · –– S. 99 (A. zu Z. 10) 268 · 269 · 270 · 271 (mf.) · 321 · 322 (in Ebner, Hieronymus –– S. 206 A. 233. 234) · 327 (in A. 270) Eck, Dr. Johannes –– S. 72 (in A. zu Z. 28) · Ernst, Hz. v. Bayern –– S. 87 (in A. zu Z. 21) 103 (V., in A, zu Z. 1 f.) · 104 (Z. 24) · 105 · 307 (V.) · 107 (in A. zu Z. 33) · 137 · 200 (mf.) · Ernst von Sachsen, EBf. v. Magdeburg 206 · 209 · 209 · 266 –– S. 329 (in A. 281) –––, Chrysopassus –– S. 200 · 205 Eugen IV. –– S. 142 (m. A. 17) –––, Denkschrift II –– S. 72 (in A. zu Z. 26) · Eva –– S. 259 104 (in A. zu Z. 25) –––, Zusammenfassende Denkschrift Fabri, Dr. Johannes, ehzl. Rat, ehem. GV –– S. 85 (in A. zu Z. 41) von Konstanz –– S. 84 (in A. zu Z. 25) A. 35)
Ehinger, Ulrich –– S. 8 (m. A. 45) · 9 (in A. Ferdinand, Ehz. von Österreich –– S. 5 50) · 84 (in A. zu Z. 22) · 93 (V., mf., Z. 10 (mf., m. A. 19) · 6 (m. A. 28) · 7 · 8 · 59 (A. zu m. A.) · 98 (in A. zu Z. 6) · 114 (A. zu Z. 89) Z. 39) · 78 (Z. 7) · 81 (V.) · 83 (A. zu Z. 8bis) [–––], Replica siehe Replica 84 (in A. zu Z. 25) · 88–90 (V., Z. 9 m. A., Z. 17 f. mit Spr.A.) · 103 (in A. zu Z. 1 f.) · 103 f. (V., Z. 6)
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–––, Generalmandat, Nürnberg 12. Febr. Gregor der Große –– S. 169 · 213 · 215 · 1523 ––– S. 79 (in A. zu Z. 11) · 83 (A. zu 216 · 216 · 227 · 232 (in A. 49) · 233 (mf.) · Z. 8ter) · 85 (A. zu Z. 42 f.) 237 (m. A. 74) · 241–242 (mf.) · 254 · 312 –––, Mandat, Neustadt 12. März 1523 (in A. 200) –– S. 85 (A. zu Z. 42 f.) –––, Briefe und Schriften –––, Briefe –– S. 242 Festus, Porcius –– S. 168 (in A. 108) –––, Dialogi 4, 55 –– S. 55 (in A. 82) Flacius Illyricus –– S. 270 –––, Epistula 122 –– S. 41 (in A. 27) Florus –– S. 216 · 315 (in A. 202) –––, Evangelien-Kommentar –– S. 242 Franciscus –– S. 348 –––, Ezechiel-Kommentar –– S. 242 Franck, Sebastian –– S. 132 (m. A. 40) –––, Moralia allg. –– S. 241 (m. A. 83) Freising –– S. 83 (in A. zu Z. 5 u. 8) –––, Moralia 1, 14 –– S. 236 (A. 72) Friedrich, Kf. von Sachsen, gen. der Weise Gregor von Nazianz, Sermo in secunda –– S. 126 · 127 (in A. 13) · 146 · 187 · 270 Encenia –– S. 207 · 273 · 292 · 296 – Briefe an Kf. F. siehe Gregor von Rimini –– S. 137 · 144 · 199 · Staupitz – 216 · 223 · 224 (in A. 9 u. 11) · 226 (in A. 18, mf.) · 285 (in A. 17) · 287 · 298 · 302 Gabriele (della Volta) / Gabriel von Vene(mf., m. A. 120) · 316 (mf., m. A. 204) dig –– S. 191 · 299 · 308 (m. A. 157) Gregor IX., Dekretalen siehe Liber Extra ––– an Gerhard Hecker, 25. Aug. 1518 Grunenberg / apud Augustinianos –– S. 308 –– S. 127 · 314 (in A. 194) ––– an Staupitz, 15. März 1520 –– S. 329 Gurk –– S. 83 (in A. 8) (in A. 281) Güttel, Caspar –– S. 131 f. (in A. 37) · 187 Ganymed –– S. 217 Geiler von Kaisersberg –– S. 308 Hadrian VI –– S. 72 (in A. zu Z. 26) · 85 (in A. Geoffrey von Vinsauf –– S. 316 zu Z. 41) · 86 (V., in A. zu Z. 2) · 103 (in A. zu Gerson –– S. 44 (in A. 43) · 134 (m. A. 50) · Z. 1 f.) · 104 (A. zu Z. 18 f.) · 107 (A. zu Z. 146 (m. A. 43) · 183 (in A. 21a) · 199 (mf.) · 33) 215 · 221 · 229 (in A. 34, mf.) · 231 (in A. Hall –– S. 5 · 27 (Z. 158) · 54 (Z. 60) · 64 (Z. 49) · 239 (m. A. 79) · 240 · 241 · 242 (mf.) · 125) 243 · 244 (in A. 89) · 245 (in A. 93) · 253 · Hebraei –– S. 42 (in A. 33) 255 · 255 (in A. 122) · 258 · 258 · 260 · Hecker, Gerhard –– S. 308 262 · 263 · 281 (mf.) · 285 (in A. 17) · 287 Heidelberger Disputation –– S. 129 · 149 · (m. A. 26) · 294 (in A. 73) · 301 f. (m. A. 118) 187 · 191 · 272 · 292 (m. A. 57) · 322 · 315 (in A. 200 u. 201) · 316 (m. A. 208) · Heinrich von Friemar –– S. 306 (in A. 151a) 322 (in A. 238) · 332 · 317 (in A. 210) Herakit –– S. 348 Glossa –– S. 213 Herodes Agrippa –– S. 168 (in A. 108) zu Iob –– S. 213 zu Io 2,17 zu Rm 12,1
–– S. 262 –– S. 40 (in
Hieronymus / Iero- –– S. 24 (Z. 80) · 25 (Z. 96) · 113 (Z. 58) · 116 (Z. 125. 147) · 215 · 240 · 296 Gold, Hans, von Lampoding –– S. 82 (V.) · 99 (A. zu Z. 10) · 109 (App. I zu Z. 74, A. zu –––, Prolog zu Mcc –– S. 42 (in A. 33) Z. 74)
A. 20)
Hieronymus de Croaria –– S. 205 Golgotha –– S. 153 · 155 Himmelpforten –– S. 142 (in A. 18) · 322 (in Graeci, Graeca lingua –– S. 204 · 260 A. 233. 234) Gratian –– S. 38 (A. 7) · 83 (A. 13 f.) · 215 · 240 · 242 · 260 · 263 · 315 (in A. 200) Hiob – siehe primär Iob im Register der
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Bibelstellen – –– S. 212 (mf.) · 213 (mf., in Hugo Cardinalis –– S. 213 A. 33) · 214 · 219 (mf.) · 234 (m. A. 64) · zu Iob –– S. 213 235 · 236 (in A. 70) · 236 · 237 (mf., in A. zu 2 Mcc 12,42b–46 77) · 238 · 239 (mf.) · 240 (mf.) · 241 · –– S. 42 (in A. 33) 254 f. (mf.) · 275 zu Io 18,1 –– S. 155 (in A. 27) Hirnhaim –– S. 89 (V.) zu Mt 26,36 –– S. 155 (m. A. 28) Hirschauer / Hirsauer, Ruprecht –– S. 58 (Z. 8. 9. 12) · 60–64 (Z. 6. 10. 23. 25. 97. 99. 105. 108. 110. 111. 117 f. 141. 144) · 74 (V.) · 75 (V., mf.) · 108 (Z. 39 m. A.) –––, Briefe – Briefe an H. siehe Agricola, Baldung, Lang, Pleyer – –––, an Lang, 8. Dezember 1523, fehlender Brief –– S. 66 (Z. 2 m. A.) [––– an Lang, Mitte Dezember 1523]. als ganzer –– S. 66–67 (= Text A 7) [––– an Lang, Mitte Dezember 1523], nach Stellen Z. 20 –– S. 75 (in A. zu Z. 27) Z. 25 –– S. 79 (in A. zu Z. 11) Z. 13 ff. –– S. 70 (in A. zu Z. 57)
Hus, Jan –– S. 177 · 281 Iacobus de Voragine, Legenda aurea –– S. 287 f. (m. A. 31 u. 32) · 315 (in A. 201) Illicetum siehe Lecceto Ingolstadt, theol. Fak. –– S. 57 (Z. 168 m. A.) Innsbruck –– S. 5 · 17 · 27 (Z. 157) · 64 (Z. 125) · 80 (Z. 39) · 82 (V.) · 86 (V.) · 89 (in A. zu Z. 6) · 91 (T., V.) · 93 (T.)
Interrogatoria (Text A 4), als Ganzes –– S. 1 (in A. 51) · 12 (m. A. 67) · 13 (m. A. 71) · 29 · 32 · 33 · 35 (in A. 38) · 36 (V.) · 36–46 (= Text A 2) in den Anm. 1–64 passim · 47 (in A. zu Z. 8) · 52–57 (= Text A 4) · 99 (in A. zu Z. 18) –––, nach Stellen – wobei die auf S. 36–46 ––– an Lang, 3. Januar 1524, als ganzer in den Anm. zur Consultatio angehäuften –– S. 15 (m. A. 90) · 64 (Z. 118 m. A.) · Stellen hier n i c h t einzeln gelistet wer68–70 (= Text A 8) · 71 (Z. 2 m. A.) ––– an Lang, 3. Januar 1524, nach Stellen den – Z. 1–13 –– S. 12 (A. 69) Z. 7–11 –– S. 58 (A. zu Z. 4) Z. 8 –– S. 63 (A. zu Z. 82) Z. 13–24 –– S. 58 (A. zu Z. 6) Z. 14–175 –– S. 12 (A. 70) Z. 25 ff. –– S. 74 (A. zu Z. 8) Z. 38. 43. 49 –– S. 78 (V.) Z. 62. 64 –– S. 12 (in A. 70) Z. 43–45 –– S. 16 (A. 93) Z. 84–88 –– S. 31 (in A. 17) Z. 85 –– S. 118 (in Spr.A. zu Z. ––– an Dr. Baldung, 6. Mai 1524, als gan207) zer –– S. 71 (in A. zu Z. 14 f.) · 74–76 Z. 86 f. –– S. 74 (A. zu Z. 11–13) (= Text A 11) · 77 (V.) · 78 (V.) Z. 102. 107 f. –– S. 32 (in A. 20) ––– an Dr. Baldung, 6. Mai 1524, nach Z. 117 –– S. 74 (A. zu Z. 14 f.) Stellen Z. 5 –– S. 6 (m. A. 26) Z. 117 f. –– S. 31 (in A. 17) Z. 11–13 –– S. 77 (A. zu Z. 2–4) Z. 131 –– S. 121 (in A. zu Z. 218) Z. 11–17 –– S. 16 (m. A. 98) Iohannes Baptista –– S. 24 (Z. 81) Z. 12 –– S. 77 (A. zu Z. 6) Isaac –– S. 155 Z. 13 –– S. 31 (in A. 15) Isen / Ysen –– S. 58 (m. A. zu Z. 4 u. 4bis) · 60 Z. 34 –– S. 79 (in A. zu Z. 11) Z. 44 f. –– S. 77 (V.) (Z. 9 u. 21) · 65 (Z. 144) · 68 (Z. 7 m. A.) Z. 58 f. –– S. 15 (m. A. 90) Jesus – allein stehend; siehe primär Mt, Hof –– S. 18 Mc, Lc, Io im Register der Bibelstellen Holzinger, Conrad –– S. 268 (A. 4) · 288 → Christus – –– S. 157 (m. A. 37) · 161 · (m. A. 34) Homer –– S. 210 · 348 169 · 170 · 171 · 193 · 198 · 273 · 274 ·
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319 (in A. 219) Johann Friedrich, Kf. von Sachsen –– S. 192 Johannes Sulpitius Verulanus siehe Sulpitius Verulanus Jordan von Sachsen –– S. 224 (in A. 10) · 229 (in A. 34) · 313 Judas –– S. 156 (m. A. 34, mf.) · 161 (mf.) · 249 Juden –– S. 120 (Z. 270) · 157 · 249 · 328 (in A. 276)
Judith –– S. 217 Julius II. –– S. 119 (in A. zu Z. 240 f.) · 205 – Briefe an J. siehe Wilhelm II., Lgf. von Thüringen – Jupiter –– S. 217 · 254
Konstanz –– S. 144 (in A. 24) · 177 · 268 · 281 Krause, Johannes siehe Crispus Krautwald, Valentin –– S. 133 Kulmbach –– S. 142 (in A. 17) · 322 (in A. 233 u. 234) · 329 (in A. 281) Kunigunde von Bayern –– S. 128 · 206 Kyniker –– S. 256 Laib, Konrad –– S. 162 Laktanz –– S. 216 Lamberg, Balthasar von –– S. 82 (V.) · 84 (in A. 25) · 88 f. (V.) · 93 (V., Z. 7 f.) · 103 (V.) · 104 (Z. 26 m. A.) · 105 f. (V., mf.) · 107 (Z. 32 m. A.)
Lamberg, Ambrosius von –– S. 84 (in A. 25) · 104 (Z. 26 m. A.) · 105 (V., mf.) · 107 (Z. 32 m. A.)
Kaiser / Kayser, Simon –– S. 146 (in A. 39) Landshut –– S. 65 (Z. 148) ––– an die Konvente in Nordhausen, Him- Lang, Johannes, OESA –– S. 127 (in A. 13) melpforten und Sangerhausen, Erfurt · 204 · 208 · 209 (mf.) 28. Nov. 1511 –– S. 322 (in A. 234) Lang, Matthäus, FEbf. v. Salzburg / carKarl V., Wormser Edikt, 8. Mai 1521 dinalis / Kardinal / reverendissimus –– S. 38 (in A. 8) · 52 (A. 6) · 57 (Z. 166) · dominus / genedigister Herr –– S. 2 112 (A. zu Z. 13) · 113 (A. zu Z. 46–48) · 278 (m. A. 5, mf.) · 3 (m. A. 9, mf.) · 5 (m. A. 19, mf.) · 7 (mf.) · 9 (mf.) · 10 (in A. 56, mf.) · 16 Karlstadt, Andreas Bodenstein, gen. · 17 (m. A. 108, mf.) · 21 (T., Z. 3) · 27 (Z. 148. –– S. 187 · 199 · 206 · 279 · 280 · 289 159. 161) · 51 (Z. 123) · 58 (T., Z. 1) · 59 (m. A. 39) · 298 (mf.) · 312 (mf.) (Z. 20, in A. zu Z. 39) · 60 (T., Z. 1) · 66 (T., in –––, an Staupitz, Widm.br. zum Komm. A. zu Z. 6 f.) · 67 (Z. 26) · 68 (T.) · 72 (in A. zu Aug.s De spiritu et litera –– S. 264 zu Z. 28) · 79 (Z. 9 f.) · 81 f. (V., mf.) · 82–85 (m. A. 143) · 329 (m. A. 284) –– Briefe an K. (in A. zu Z. 7. 25. 26. 44 f.) · 86 (T., V.) · 87 (in siehe Staupitz –– A. zu Z. 21) · 88 (V.) · 91 (V., mf.) · 93 (V., in –––, Distinctiones Thomistarum –– S. 206 A. zu Z. 2 u. 10) · 101 (V., Z. 1) · 104 (in A. zu Z. 25) · 105 (V., mf.) · 106 (Z. 2. 8. 14) · 107 Karthager –– S. 218 → Carthago (Z. 35) · 108 (Z. 41) · 109 (Z. 70 f. 72. 73. 77 f. Kastenpauer, Stephan siehe Agricola, 81) · 112 (Z. 15 m. A.) · 121 (Z. 290 f.) · 129 Stephan (in A. 26) · 130 (mf.) · 131 · 151 · 180 (in A. Keutschach siehe Leonhard von Keut17) · 191 · 209 · 278 f. (m. A. 15) · 293 (in schach A. 67) · 295 (in A. 78) · 299 (in A. 105) · 307 Khüenburg, Rudolf von, ehem. Dompropst · 309 (in A. 170) · 320 (in A. 224) –– S. 91 (V., Z. 6 m. A.) · 105 f. (V., mf.) · 107 (Z. 20 m. A.) Lang, Briefe – Briefe an L. siehe Kitzbühel –– S. 101 (V.) · 102 (Z. 12) Hirschauer, Rem, Ribeisen – Koch, Konrad, von Buchen, genannt ––– an Hirschauer, nach 8. Dezember Wimpina siehe Wimpina 1523, fehlender Brief –– S. 66 Köln –– S. 57 (Z. 167 f. m. A.) · 125 · 176 · ––– an Rem, 28. April 1523, fehlender 270 → Philipp, Ebf. von Köln Brief –– S. 93
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––– an Ribeisen (in Nürnberg), [ca. 10. März 1524] –– S. 93 (in A. zu Z.
10)
Lang, Schriften –––, Diözesanverordnung über die Reform der klerikalen Disziplin, [Ende] März 1522 –– S. 38 (in A. 8) · 112 (Z. 15 m. A.) · 113 (A. zu Z. 56) –––, Mandatum contra Lutheranos, 22. Juli 1523 –– S. 85 (Z. 41 m. A.) · 87 (Z. 23 m. A.) –––, Supplik –– S. 329 (in A. 281) –––, Zweite Supplik –– S. 329 (in A. 281) Lateran 4. Lateran-Konzil (1215) –– S. 207 –––, cap. 21 –– S. 56 (in A. zu Z. 131) · 121
[Latini,] Latina lingua –– S. 204 Lavant –– S. 83 Lazarus, der Bruder von Maria und Martha –– S. 169 · 170 · 171 Lazarus, der arme –– S. 247 Lecceto –– S. 268 · 310 Leipzig –– S. 125 · 270 Leipziger Disputation –– S. 267 Leo X. / Pontifex Maximus –– S. 119 (in A. zu Z. 240 f.)
––– an Gabriele della Volta, 3. Febr. 1518 [unecht] –– S. 308 (m. A. 157) –––, Bannandrohungsbulle ›Exsurge Domine‹, 15. Juni 1520 –– S. 52 (A. 6) · 57 (A. 165) · 112 (A. zu Z. 13) · 113 (A. zu Z. 46–48)
–––, Bannbulle ›Decet Romanum Pontificem‹, 3. Jan. 1521 –– S. 38 (in A. 8) · 52 (A. zu Z. 6) · 57 (A. zu Z. 166) · 112 (A. zu Z. 13) · 278 Leonhard (von Keutschach), FEbf. von Salzburg –– S. 3 (mf.) · 129 (m. A. 25) · 130 · 292 (m. A. 60) · 295 (in A. 78) · 296 · 307 Leonhard Tornator siehe Tornator Liber Extra, lib. 3, tit. 41, cap. 6 –– S. 43 (in A. 39)
–––, lib. 5, tit. 38, cap. 12 –– S. 56 zu Z. 131)
Liechtenstein-Castelcorno, Christoph Philipp von –– S. 23 Linck / Link, Wenzeslaus –– S. 127 (in A. 13) · 131 (mf.) · 209 – Briefe an L. siehe Staupitz – Livius –– S. 216 Lombardische observante Kongregation –– S. 141 · 268 · 271 · 299 · 310 Lombardus siehe Petrus Lombardus Lotter, Melchior –– S. 205 · 213 (in A. 34) · 230 (in A. 37) · 263 (in A. 139) ––– (Vf. Melanchthon) an den Leser, [Mai 1520] (MBW 94a) –– S. 263 (in A. 139) Löwen, theol. Fakultät –– S. 57
(in A. zu Z. 281)
5. Lateran-Konzil (3. Mai 1512 – 1. Dez. 1521) –– S. 119 (in A. zu Z. 240 f.)
(in A.
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(Z. 168
m. A.)
Lucifer –– S. 258 · 277 → Dämonen / Dämonologie → Engel / Angelologie → Satan → Teufel Lucretia –– S. 219 Ludolf von Sachsen –– S. 42 (in A. 35) · 153 (in A. 12) Ludwig X., Hz. von Bayern –– S. 84 · 87 (in A. zu Z. 21)
Ludwig, Kg. v. Ungarn –– S. 5 59 (A. zu Z. 39)
(in A. 19)
·
Luther, lutherisch 1 –– S. 1 · 3 · 4 (in A. 15) · 11 · 12 (in A. 64) · 17 · 30 (mf.) · 31 (in A. 16) · 32 · 33 (in A. 30, mf.) · 34 · 38 (in A. 8, mf.) · 46 (in A. 63) · 48 (Z. 11. 20, mf.) · 49 (Z. 46) · 50 (Z. 72) · 52 (Z. 5) · 57 (Z. 161. 162, mf.) · 81 (V., mf.) · 85 (Z. 41 m. A., in A. zu Z. 42 f.) · 112 (Z. 13) · 113 (Z. 51) · 114 (Z. 67) · 115 (Z. 116. 118. 119. 121) · 116 (Z. 129) · 119 (Z. 225) · 121 (Z. 274. 276) · 125 (in A. 3) · 127 (mf., m. A. 14) · 128 · 130 (mf.) · 131 (mf.) · 132 · 134 (mf.) · 135 (mf., in A. 59 u. 60) · 136 (in A. 61) · 136 · 139 · 141 (in A. 11) · 143 (mf.) · 145 (mf.) · 148 f. · 149 (m. A. 55) · 150 (mf.) · 152 · 172 · 173 (mf.) · 174 (in A. 138) · 174 · 175 (in A. 142) · 176–189 (passim) · 190–203 (passim) · 208 (m. A. 21 u. 22) · 209 (mf.) · 211 · 216 · 224 (mf., in A. 8 u. 10) · 237 (in A. 74, mf.) · 266–282 (passim) · 331–334 (passim)
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––– Romfahrt / Romreise –– S. 136 (in A. –––, Gal-Kommentar 1519 zu Gal 3,28 61) · 141 (in A. 11) · 179 · 208 (in A. 22) · (WA 2, 530, Z. 1 ff.) –– S. 279 271 (m. A. 6a) · 291 · 303 · 321 (m. A. 232) · –––, Gal-Kommentar 1519 zu Gal 5,22 323 (mf.) · 324 (in A. 251) · 325 (in A. 255) · (WA 2, 593, Z. 35 ff.) –– S. 279 326 (in A. 260. 261, mf.) · 327 (in A. 270) –––, Gal-Kommentar 1531, Druck 1535 (WA 40/1, 131, Z. 21–25) –– S. 181 Luther, Briefe – Briefe an L. siehe (m. A. 18) Scheurl, Staupitz – –––, Gal-Kommentar 1531, Druck 1535 ––– an Eobanus Hessus, 29. März 1523 (WA 40/1, 134, Z. 3–7. 18–25) –– S. 188 –– S. 210 (A. 28 ) (m. A. 31) ––– an Linck, 19. März 1522 –– S. 180 (in –––, Gal-Kommentar 1531, Drucke ab A. 15) 1538 –– S. 181 ––– an Linck, 7. Febr. 1525 –– S. 180 (in –––, Invocavit-Predigten –– S. 280 A. 15) · 192 (A. 6) –––, Predigt am 21. Dez. 1519 –– S. 331 ––– an Graf Albrecht von Mansfeld, (A. 2) · 334 23. Febr. 1542 –– S. 190 –––, Resolutiones disputationum de indul––– an Melanchthon, 1. Aug. 1521, gentiarum virtute –– S. 193 · 194 f. · 3. Aug. 1521 und 9. Sept. 1521 –– S. 279 200 ––– an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, concl. 2 –– S. 53 (in A. zu Z. 40) 27. März 1545 –– S. 181 (m. A. 19) · 192 concl. 58, causa 5 –– S. 195 ––– an Scheurl, 27. Jan. 1517 –– S. 266 –––, Rm-Vorlesung Scholion zu Rm 9,3 ––– an Spalatin, 8. Juni 1516 –– S. 3 –– S. 200 (A. 10) –––, Sermo de duplici iustitia ––– an Staupitz, 31. März 1518 –– S. 312 –– S. 201–203 · 287 (in A. 28) · 289 · 290 ––– an Staupitz, 30. Mai 1518 –– S. 118 · (in A. 44) · 293 (m. A. 65) · 306 (in A. 151) · 173 (m. A. 134) · 185 (m. A. 26) · 193 · 326 f. (in A. 44) 195–196 · 272 · 278 –––, Sermon von dem Sakrament der Taufe ––– an Staupitz, 27. Juni 1522 –– S. 3 –– S. 279 (A. 10) –––, Sieben Bußpsalmen –– S. 201 ––– an Staupitz, 17. Sept. 1523 –– S. 180 –––, 95 Thesen –– S. 186 · 193 · 334 (in A. 15) · 192 · 278 –––, Übersetzung der ,Determinatio theologice¸ facultatis Parigiensis [...]’ –– S. 57 Luther, Schriften –– S. 23 (Z. 52 f.) (in A. zu Z. 167) –––, An den christlichen Adel –– S. 53 (in A. zu Z. 45) · 54 (in A. zu Z. 46) · 114 (A. –––, Vorrede zur Ausgabe seiner lateinischen Werke 1545 –– S. 195 · 289 · 313 zu Z. 69) · 323 · 327 –––, Assertio omnium articulorum [...] –––, ,Wider das [...] Verdamniß der [...] damnatorum, art. 31 –– S. 53 (in A. zu Univergität zu Ingolgtadt ausgangen’ Z. 40) –– S. 57 (in A. zu Z. 168) –––, De abroganda missa –– S. 22 (Z. 24) · –––, Widerruf vom Fegfeuer –– S. 41 (in 23 (Z. 59 f.) A. 30) –––, De captivitate Babylonica –– S. 22 ––– zu Mt 11,30 –– S. 332 (in A. 4) (Z. 24) · 23 (Z. 59) ––– zu Tb 14,16 –– S. 41 (in A. 38) –––, De libertate christiana –– S. 201 –––, De votis monasticis –– S. 280 Luther, Tischreden –– S. 272 –––, Dictata super Psalterium –– S. 237 Nr. 173 –– S. 180 (m. A. 16) · 192 (in A. 74) Nr. 526 –– S. 180 (m. A. 14) · 192 –––, Disputatio contra scholasticam theoNr. 2797a. Nr. 2797b –– S. 332 (A. 4) Nr. 5658 –– S. 196–198 logiam, These 39 –– S. 200
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Von Luther überliefertes Staupitz-Dictum Melanchthon, Briefe WA 33, 431; WA 40/2, 92, 4–6. 24–26; ––– an Johannes Heß, 27. April 1520 WA TR 2, Nr. 2797a –– S. 143 (in A. 21) (MBW 84) –– S. 260 (in A. 132) · 263 Lutheraner, lutherisch 2 – lutherisch oder lutterisch in Verbindung mit adhaerentes, caussa, secta – irrung, leer, sach, sect, wesen – Anhänger, Doktrin, Lehrgebäude, Orthodoxie, Prädikanten, Theologen u. a. – –– S. 8 (m. A. 42) · 9 (in A. 46, mf.) · 10 (in A. 56, mf.) · 12 (in A. 66) · 17 (in A. 105 u. 109) · 17 · 17 f. · 51 (Z. 111) · 52 (Z. 5) · 81 (V., mf.) · 84 (Z. 23) · 85 (m. A. zu Z. 41 u. 42 f.) · 86 (V., Z. 1) · 88 f. (V., mf.) · 89 (Z. 5) · 95 (V.) · 97 (Z. 25 f.) · 98 (V.) · 99 (Z. 9) · 100 (V., Z. 8) · 101 (V., Z. 3) · 102 (Z. 12) · 104 (Z. 19) · 105 (V.) · 106 (Z. 10 u. 18) · 108 (Z. 47) · 112 (Z. 13 f., in A. zu Z. 15) · 131 · 139 · 148 · 148 f. · 149 · 173 · 175 · 180 (in A. 15) · 181 Lyra –– S. 213 · 315 (in A. 202) zu Iob –– S. 213 zu Cant 1,3 –– S. 161 (A.
63)
Mangk, Dr. Jacob –– S. 93 Manichaei / Manichäer –– S. 255 Mansfeld –– S. 131 (in A. 37) · 187 → Agnes von Mansfeld Marburg –– S. 18 Maria, Mutter Jesu –– S. 42 (in A. 35, mf.) · 170 (in A. 118) · 318 (in A. 218) Mariologie –– S. 227 · 304 Maria von Bethanien –– S. 169 (mf.) · 170
(in A. 139)
––– (für Melchior [Lotter]) an den Leser, [Mai 1520] (MBW 94a) –– S. 263 (in A. 139)
––– an Bernhard Maurus, Jan. 1519 (MBW 40) –– S. 210 (in A. 29) ––– an Johannes Memminger, [ca. 8. Juli 1524] (MBW 332) –– S. 267 ––– an Johannes Oekolampad, 21. Juli [1519] (MBW 59) –– S. 267 ––– an Spalatin, [14. Sept. 1518] (MBW 21) –– S. 207 (in A. 18) ––– an Staupitz, Aug. 1519 (MBW 64) –– S. 207 –––, Schriften –––, Apologie des Augsburger Bekenntnisses –– S. 282 –––, Compendiarı´a dialectices ratio –– S. 213 (in A. 34) –––, Vorlesungen –– S. 275 Mellerstadt, Martin Polich aus Mellerstadt, genannt –– S. 191 · 205 · 222 Messe am Allerheiligentag –– S. 43 (in
A.
38)
Messe für Verstorbene –– S. 43 Monnica –– S. 258 Moses –– S. 331
(in A. 38)
Mühldorf – Mönch in Mühldorf u. ä. siehe Agricola, Stephan – (mf.) –– S. 2 · 5 (m. A. 22) · 6 · 7 (mf., m. A. 38) · Maria Magdalena –– S. 169 · 171 9 (in A. 46) · 12 · 13 · 14 · 15 (mf.) · 21 (T., Maria, Kg.in von Ungarn –– S. 5 (in A. 19) · V., mf., Z. 1) · 29 · 31 · 58 (T., Z. 4, in A. zu 59 (in A. zu Z. 39) Z. 4) · 59 (Z. 44) · 60 (T., Z. 3) · 61 (in A. zu Marpeck, Pilgram –– S. 120 (in A. zu Z. Z. 36) · 64 (Z. 134) · 65 (in A. zu Z. 146. 150) · 268 f.) 66 (T., V.) · 68 (T., V.) · 69 (in A. zu Z. 53) · Martha –– S. 169 · 170 (mf.) · 171 70 (in A. zu Z. 55 u. 63) · 71 (T., V.) · 73 (V.) · Martin V., Bulla ›Inter cunctos‹ –– S. 42 74 (T., V.) · 76 (Z. 56 u. 60) · 77 (T.) · 78 (T.) (in A. 32) · 79 (in A. zu Z. 11) · 84 (in A. zu Z. 27) · 86 Martin, Abt von St. Peter –– S. 132 (V.) · 89 (in A. zu Z. 10) · 90 (in A. zu Z. 12) · Maximilian, Ks. –– S. 5 (in A. 19) · 59 (in A. 93 (V., Z. 4) · 95 (V., mf.) · 96 (Z. 4 u. 14) · zu Z. 39) · 191 97 (Z. 25) · 101 (V.) · 103 (V.) · 104 (Z. 27 Meister Eckhart –– S. 30 (in A. 9) · 132 u. 28) · 106 (Z. 7) · 107 (Z. 26, in A. zu Z. 30;
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370 Z. 34 f. u. 35)
320
· 108
(Z. 46. 53)
· 307 · 311 · Nützel, Kaspar –– S. 186
(in A. 225 u. 226)
Mühldorfer Konvent –– S. 8 · 81 (V., mf.) · 82 (Z. 2) · 83 (Z. 4, in A. zu Z. 5) ––– Reformmandat –– S. 82 (in A. zu Z. 4) · 101 (V., Z. 4 m. A.) · 113 (in A. zu Z. 56) ––– Rezess –– S. 6 (m. A. 28) · 79 (in A. zu Z. 11) · 82 (Z. 1, in A. zu Z. 4) · 83 (in A. zu Z. 5) · 84 (in A. zu Z. 27) · 84 (Z. 32 m. A.) · 85 (in A. zu Z. 41) · 87 (in A. zu Z. 12) · 101 (V., Z. 4 m. A., Z. 10 m. A.)
München / Münchner (Subst.) / Münchner (Adj.) –– S. 105 (V.) · 108 (Z. 40) · 126 · 128 · 129 (m. A. 25) · 132 (in A. 39a, mf.) · 186 · 270 (mf.) · 271 · 272 · 278 (in A. 15) · 292 · 309 (in A. 172) · 320 (in A. 226) · 322 Murner, Thomas –– S. 209 Mutian –– S. 209
Observanz siehe Deutsche Reformkongregation, Lombardische RK Oekolampad –– S. 209 · 267 Occam, Ockham –– S. 216 · 285 (in A. Occamisten / -ismus –– S. 185 · 268 Origenes –– S. 215 · 232 · 256 · 316
18)
(m. A.
207, mf.)
Orosius –– S. 216 Otmar, Johann –– S. 126
(m. A. 7)
· 206
(m. A. 8)
Paltz –– S. 143 · 178 · 179 · 290 · 307 · 325 (in A. 254)
†Pantho† –– S. 116 Paris, theol. Fakultät –– S. 57 (Z. 167 m. A.) Passau –– S. 83 (in A. zu Z. 5 u. 8) · 87 (in A. zu Z. 21)
Patricius –– S. 258 Nanni, Giovanni, von Viterbo –– S. 207 Paulus, Apostel – siehe primär Rm, 1 Cor –––, Commentaria –– S. 207 usw. im Register der Bibelstellen – –– S. 23 (Z. 55) · 25 (Z. 95. 108. 120) · 30 · Nikolaus von Cues –– S. 178 62 (Z. 64) · 119 (Z. 231) · 168 (m. A. 108) · Nimrod –– S. 207 171 · 174 · 179 · 182 · 322 (m. A. 238) · Noah –– S. 207 332 (mf.) [Nominalisten] / nominalistisch –– S. 231 Paulus Scriptoris siehe Scriptoris (in A. 49) Nordhausen –– S. 142 (in A. 18) · 146 (in A. Pelagianer / pelagianisierend / semi- / antipelagianisch –– S. 137 · 144 · 145 · 39) · 322 (in A. 234) 199 · 243 · 264 (mf.) Nürnberg / Nürnberger / Magistrat / SoPellikan –– S. 209 dalitas Staupitiana / Stadt –– S. 127 · Persius –– S. 215 128 · 131 · 143 · 146 · 186 (m. A. 27) · Petrus, Apostel – siehe primär 1 Pt und 204 · 206 · 208 (mf.) · 209 · 266 · 295 · 2 Pt im Register der Bibelstellen – 296 (m. A. 80) · 314 · 325 (in A. 252) · 332 –– S. 25 (Z. 95. 120) · 45 (in A. 54) · 53 (Z. 40) · 56 (Z. 133–141) · 119 (Z. 231) · 156 ––– OESA-Kloster –– S. 142 (in A. 18) · 191 · 270 · 272 · 322 (in A. 234) (m. A. 34) · 161 (mf.) · 171 (m. A. 123) · 332 Petrus Lombardus – ohne die zahlreichen Nürnberger Reichstage –– S. 7 · 60 (in A. zu beiläufigen Hinweise vom Typ ’= Lomb.’, Z. 19) · 72 (in A. zu Z. 27) · 81 (V., mf.) · 82 ’aus Lomb.’, ’mit Lomb.’ oder ’via (V.) · 83 (Z. 5 m. A., Z. 7 m. A. zu Z. 8, Z. 13 Lomb.’ – m. A. zu Z. 12 f.) · 84 (Z. 29 m. A.) · 85 (Z. 43 –– S. 199 (mf.) · 215 · 221 · 226 · 227 (in m. A.) · 98 (V., Z. 3 m. A., Z. 7 m. A.) A. 25) · 229 (in A. 35) · 229 · 243 · 251 (mf.) –––– Reichstags-Abschied, 9. Febr. 1523 · 253 (mf.) · 259 · 260 (mf.) · 263 (m. A. –– S. 85 (in A. zu Z. 43) 139) · 264 · 277 · 299 · 315 (in A. 200) –––– Rezess, [vor 12. Febr. 1523] –– S. 83 (in A. zu Z. 5. 12 f. 17) · 84 (in A. zu Peypus –– S. 206 · 209 · 318 Z. 29) · 98 (in A. zu Z. 3 u. 7) Pfeffinger, Ursula –– S. 328
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Philipp von Daun-Oberstein, Ebf. von Köln –– S. 322 (in A. 234) Phrygio –– S. 209 Pietenberger, Johann, (sog. neuer) Kammermeister –– S. 103 (V.) · 104 (Z. 28 m. A.) · 106 (V.) · 109 (Z. 76) Pirckheimer –– S. 187 · 204 · 208 (mf.) · 209 (mf., in A. 26a) · 267 · 295 –––, De vera Christi carne –– S. 267 (in
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Protokoll vom 23. April 1523 –– S. 8 (m. A. 42) · 11 · 88–90 (= Text B 3) · 91 (V.) · 92 (in A. 17) · 95 (V.) · 105 (V.) Z. 8 –– S. 96 (in A. zu Z. 6) A. zu Z. 10 –– S. 104 (in A. zu Z. 17) A. zu Z. 12 –– S. 97 (in A. zu Z. 31) · 104 (in A. zu Z. 17) Z. 14 f. –– S. 99 (in A. zu Z. 18) Z. 16 –– S. 96 (in A. zu Z. 15)
Protokoll vom 16. Aug. 1523 –– S. 11 (m. A. 58) · 12 · 71 · 95–97 (= Text B 6) · Pleyer, Hans –– S. 98 (V.) · 99 (Z. 22 m. A.) · 105 (V.) 100 (V., Mg. zu Z. 7 [in App. I]) · 106 (V.) · Z. 7 –– S. 84 (Spr.A. zu Z. 25 f.) 109 (Z. 81 m. A.) Z. 9–12. 20 –– S. 79 (Anm. zu Z. 11) ––– an Hirschauer, [nach 26. Aug. 1523], Z. 15 –– S. 99 (in A. zu Z. 16) fehlender Brief –– S. 99 (A. zu Z. 22) Z. 19–22 –– S. 12 (A. 65) Plinius –– S. 260 (in A. 132, mf.) Z. 31 –– S. 90 (in A. zu Z. 12) A. 2a)
Platon –– S. 215 · 232 · 255 (mf.) platonisierend –– S. 149 (in A. 55)
Protokoll vom 26. Aug. 1523 –– S. 12 · 96 (V.) · 98–99 (= Text B 7) Z. 16 –– S. 100 (in A. zu Z. 5) Poliander, Johannes –– S. 331 (A. 2) Z. 16–19 –– S. 12 (A. 66) Polich, Martin, aus Mellrichstadt, gen. Z. 18 –– S. 100 (in A. zu Z. 6) Mellerstadt siehe Mellerstadt Z. 23 –– S. 97 (in A. zu Z. 26) Proklus –– S. 215 Memoriale zum 26. Aug. 1523 –– S. 100 Pürstinger, Bertold, Bf. von Chiemsee (= Text B 8) –– S. 10 (in A. 56) · 14 · 15 · 17 · 30 · 62 Z. 5 f. –– S. 12 (A. 66) (Z. 77 m. A.) · 62 f. (Z. 80 f.) · 64 (Z. 128 f.) · Z. 6 –– S. 52 (V.) 82 (V., mf.) · 102 (Z. 15 f. m. A. zu Z. 12) · 103 (V., mf.) · 104 (Z. 16 m. A.) · 105 (V., Protokoll vom 7. Jan. 1524 –– S. 103–104 mf.) · 107 (Z. 17 m. A.) (= Text B 10) · 105 (V.) Pythagoräer –– S. 215 · 261 Z. 16 –– S. 106 (in A. zu Z. 17) Z. 18 f. mit A. zu Z. 18 f. Ratsprotokolle, allg. –– S. 2 · 7 (m. A. 32 u. –– S. 72 (in A. zu Z. 26) 33) · 18 · 29 · 61 (in A. zu Z. 46–49) Z. 24 mit A. zu Z. 25 –––, im einzelnen jeweils als Ganzes und –– S. 72 (in A. zu Z. 26) nach Stellen Protokoll vom 19. Febr. 1524 –– S. 2 · 15 Protokoll vom 16. März 1523 –– S. 7 (m. A. 92) · 105–109 (= Text B 11) · 307 (m. A. 40) · 21 (V.) · 81–85 (= Text B 1) · Z. 7 –– S. 17 (m. A. 107) 95 (V.) · 105 (V.) Z. 9–11 –– S. 17 (in A. 109) A. zu Z. 3 f. –– S. 101 (in A. zu Z. 4 u. A. zu Z. 5 A. zu Z. 8 Z. 14 Z. 25 f. Z. 27 A. zu Z. 29 A. zu Z. 41
10) Ratssitzung vom 16. Mai 1524 [Protokoll –– S. 98 (in A. zu Z. 3 u. 7) fehlt] –– S. 16 (m. A. 102) · 78 (V.) –– S. 103 (in A. zu Z. 1) Ratfeld –– S. 118 (Z. 181) –– S. 92 (in A. 15) –– S. 96 (in Spr.A. zu Z. 7) Rattenberg / Ratenberg / Ratenburg / Rotenberg / Rotemberg / Rottenburg –– S. 2 –– S. 92 (in A. 14) (in A. 5) · 5 (mf., in A. 22 u. 23) · 8 · 23 (Z. –– S. 87 (in A. 21) –– S. 112 (in A. zu Z. 13) 58) · 27 (Z. 157) · 31 · 32 (m. A. 21) · 33
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· 38 (in A. 8) · 48 (Z. 13) · 54 (A. A. zu Z. 23 –– S. 85 (in A. zu Z. 41) · · 58 (Z. 5) · 64 (Z. 125) · 78 (Z. 2) · 89 (A. zu Z. 5) · 99 (in A. zu 81 (V.) · S 84 (Z. 27) · 88 (V.) · 90 (Z. 14) · Z. 9) · 112 (in A. zu Z. 13) 113 (Z. 43) · 114 (Z. 80. 88) Rem (?), Gutachten für den Mühldorfer Rattenberger (Bürger) –– S. 104 (in A. zu Z. Konvent vom April 1522 –– S. 9 (in A. 25) · 115 (Z. 95) · 117 (Z. 171) (m. A. 34)
zu Z. 59)
46)
Reformatio Sigismundi –– S. 146 [Rem und Englmar], Interrogatoria siehe Regensburg –– S. 4 · 5 · 83 (in A. zu Z. 8) Interrogatoria Regensburger (OESA-)Konstitutionen von 1290 –– S. 140 · 310 Replica procuratoris fiscalis [= Ulrich Regensburger Konvent –– S. 72 (in A. 28) · Ehinger] [...], [vor 16. Aug. 1523], als 113 Ganzes –– S. 11 · 29 · 31 (in A. 13) · 32 · Regulus –– S. 218 33 · 36 (in A. 1) · 47–51 (= Text A 3) · 114 (App. I zu Z. 89 m. A.) Rem, Dr. Ägidius –– S. 8 (m. A. 44) · 9 (in A. –––, nach Stellen 51) · 10 · 11 (in A. 60) · 12 (mf., m. A. 66) · Z. 12 –– S. 33 (in A. 29) 13 (in A. 71) · 21 (V.) · 47 (V.) · 86 (V., mf.) · Z. 12 f. –– S. 79 (in A. zu Z. 19) 88 f. (V., mf.) · 91 (V., mf.) · 93 (V., mf.) · 95 Z. 14 –– S. 33 (in A. 29) (V., mf.) · 98 (V., mf.) · 100 (V., mf., Mg. zu Z. 40 –– S. 79 (in A. zu Z. 19) Z. 5. 6. 7. 9 [in App. I]) · 101 (V.) · 103 (V., Z. 44 –– S. 31 (in A. 13) · 39 (in mf.) · 104 (Z. 18 m. A. zu Z. 18 f.; Z. 24) · 106 A. 13)
(V.)
Rem, Briefe – Briefe an R. siehe Lang – ––– an Lang, 28. April 1523, als Ganzes –– S. 8 (in A. 42) · 91–92 (= Text B 4) ––– an Lang, 28. April 1523. nach Stellen Z. 14 –– S. 93 (A. zu Z. 5) ARC 1, Nr. 26, 98, Z. 27 f. [ohne Entsprechung in Text B 4] –– S. 87 (Spr.A. zu Z. 10) ––– an Lang, 29. April 1523, als Ganzes –– S. 8 (in A. 42 u. 44) · 47 (V.) · 52 (V., mf.) · 82 (V.) · 84 (in A. zu Z. 22) · 93–94 (= Text B 5) ––– an Lang, 29. April 1523, nach Stellen Z. 7 f. –– S. 107 (in A. 32) Z. 10 mit A. zu Z. 10 –– S. 9 (in A. 50) · 98 (A. zu Z. 6) · 114 (A. zu Z. 89) Rem, Schriften ––– Denkschrift, als Ganzes –– S. 8 (m. A. 46) · 86–87 (= Text B 2) ––– Denkschrift, nach Stellen Dat.begr. –– S. 89 (A. zu Z. 6) Z. 12 –– S. 66 (A. zu Z. 4) · 90 (A. zu Z. 16) · 96 (A. zu Z. 15)
Z. Z. Z. Z. Z.
45 54 55 58 58–60
Z. 62–64 Z. 71
–– S. 79 (in A. zu Z. 19) –– S. 43 (in A. 38) –– S. 42 (in A. 37) –– S. 55 (in A. zu Z. 102) –– S. 32 (in A. 20 u. 26) · 44 (in A. 43) –– S. 32 (in A. 26) –– S. 31 (in A. 16) · 44 (in
Z. Z. Z. Z. Z.
–– S. 33 (in A. 30) –– S. 33 (in A. 28) –– S. 44 (in A. 46) –– S. 45 (in A. 54) –– S. 63 · 79 (in A.
A. 44)
70–75 76–85 77 f. 86–95 93
zu Z.
19)
Z. Z. Z. Z.
103. 106 113 f. 118 f. 121 f.
–– S. 33 –– S. 11 –– S. 11 –– S. 11
(in A. 29) (m. A. 63) (m. A. 63) (m. A. 63)
Reuchlin –– S. 209 –––, De verbo mirifico –– S. 207 Rhein / rheinische Provinz OESA –– S. 141 (in A. 12) Ribeisen, Dr. Nikolaus –– S. 6 (m. A. 27) · 8 · 9 (in A. 47) · 14 f. (m. A. 84–86 u. 89) · 15 f.
Historisches Register
· 21 (V.) · 22 (Z. 12 –––, OESA –– S. 191 · 268 · 269 · 303 · · 31 (V., mf.) · 58 (V.) · 329 (in A. 281) → Romfahrt Luthers siehe 61 (in A. zu Z. 36) · 78 (V.) · 81 f. (V., mf.) Luther 88 f. (V.) · 89 (Z. 10 m. A.) · 93 (V., Z. 8, in –––, päpstliches / apostolisches / Kurie / A. zu Z. 10) · 98 (V.) · 106 (V., Z. 6) sedes / Stuhl –– S. 22 · 24 (Z. 93) · 25 (Z. 103) · 32 · 45 (in A. 54) · 68 (V., Z. 2) · 103 Ribeisen, Briefe (V.) · 104 (Z. 18 m. A.) · 106 (V.) · 114 (Z. ––– an Lang, 2. Jan. 1524, 1. Brief, als 69 m. Spr.A. u. A.) · 116 (in Spr.A. zu Z. 141) · Ganzes –– S. 58–59 (= Text A 5) · 58 (in 188 · 205 · 268 · 281 · 296 · 299 (in A. A. zu Z. 5) · 63 (in A. zu Z. 106 f.) · 69 (in A. 105) · 320 (in A. 224) · 321 (in A. 232) · 329 zu Z. 32) · 70 (in A. zu Z. 61) · 79 (in A. zu Z. (in A. 281) 17) · 106 (A. zu Z. 6) ––– der Renaissance –– S. 221 · 321 (in A. ––– an Lang, 2. Jan. 1524, 1. Brief, nach 231) Stellen Z. 11 ff. –– S. 74 (in A. zu Z. 8) Ruß, Wolfgang –– S. 12 (in A. 64) · 13 (in A. Z. 12. 25. 27 –– S. 79 (in A. zu Z. 11) 77) · 14 · 31 (in A. 16) · 95 (V., mf.) · 96 (V., Z. 30–37 –– S. 71 (in A. zu Z. 11) in A. zu Z. 2) · 97 (Z. 23 m. A.; Z. 32) · 98 (V.) Z. 32 f. –– S. 78 (V.) · 99 (Z. 23) · 100 (V., Z. 9) Z. 39 f. –– S. 6 (A. 27) · 79 (in A. zu Z. 16) · 108 (in A. zu Z. Sachsen, Land –– S. 17 → Ernst → Fried66) rich → Johann Friedrich ––– an Lang, 2. Jan. 1524, 2. Brief, als –––, Provinz OESA –– S. 127 · 141 (m. A. Ganzes –– S. 60–65 (= Text A 6) · 70 (in 12) · 143 · 179 · 208 · 270 · 271 · 292 · A. zu Z. 61) · 106 (A. zu Z. 6) 299 · 321 ––– an Lang, 2. Jan. 1524, 2. Brief, nach Sallust –– S. 216 Stellen Salomon – siehe primär Prv, Eccle – Z. 6 f. –– S. 70 (in A. zu Z. 54 f. u. –– S. 45 (Mg. zu Z. 73 [in App.II]) · 318 (in (m. A. 93)
· 16
373
(in A. 94)
u. 20; in A. zu Z. 12)
55)
Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
25 ff. –– S. 74 (in A. zu Z. 8) 26 –– S. 14 (A. 84) 31. 70. 123 –– S. 79 (in A. zu Z. 11) 39. 85. 94 –– S. 79 (in A. zu Z. 13) 76–79 –– S. 14 (A. 85) 81–83 –– S. 14 (A. 86) 94–98 –– S. 58 (A. zu Z. 5) 105–121 –– S. 69 (in A. zu Z. 53) 106–108 –– S. 58 (A. zu Z. 5) 107. 119. 124 –– S. 78 (V.) 110. 119–121 –– S. 16 (A. 93) 119–121 –– S. 71 (in A. zu Z. 11) 122–127 –– S. 71 (in A. zu Z. 11) 136 f. –– S. 78 (V.) 136 f. 138 –– S. 15 (A. 89)
A. 218)
Salzburg, allg. –– S. 3 ff. · 91 (Z. 6) · 129 ff. · 151 · 184 · 186 · 187 · 191 · 272 · 273 (mf.) · 279 · 290 · 291 · 292 (m. A. 59) · 293 (in A. 67) · 296 (m. A. 86) · 299 (in A. 105) · 307 (mf.) · 309 (in A. 170 u. 172) · 314 · 320 (in A. 224 u. 225) · 327 · 329 –––, Archidiakonat –– S. 98 (V.) –––, Archidiakonen-Konferenz –– S. 91 (V.) · 98 (V., Z. 4 m. A) · 320 (in A. 225) ––– als Aufbewahrungsort von StaupitzHss. –– S. 3 (m. A. 8) · 129 (m. A. 27) · 151 (m. A. 4) · 291 (m. A. 52) Cod. Nonnberg, 23 D 4 –– S. 298 (in A. 92)
Cod. St. Peter, b V 8 –– S. 298 (in A. 92) Rom, antikes / Römer –– S. 217–222 · 241 ––– als Ausgangsort eines Briefs –– S. 71 · 254 (V.) · 257 (in A. 130) · 297 (T.) · 91 f. (T., Z. 19) · 93 f. (T., Z. 26) · 274 · –––, christliches / ecclesia Romana / römi329 (in A. 281, mf.) sche Kirche –– S. 53 · 54 · 55 · 68 · 113 (in A. zu Z. 56) ––– als Bestimmungsort eines Briefs
374
Historisches Register
logie → Engel / Angelologie → Lucifer → Teufel Savonarola –– S. 308 (in A. 160) Sbrulius, Richard –– S. 206 zu Z. 1) Schaller, Martin, (sog. alter) Kammer––– als Entstehungsort eines Protokolls meister –– S. 82 (V.) · 88 f. (V., mf.) · 95 –– S. 81 (V., mf.) · 82 (Z. 1) · 95 (V.) · 98 (V.) · 103 f. (V., Z. 28 m. A.) · 105 (V.) · 109 (V., Z. 1) · 103 (V.) (Z. 69 m. A.) ––– als Entstehungsort einer Schrift Schatzgeyer, Kaspar –– S. 126 (m. A. 7) · –– S. 28 (T.) · 36 (T.) · 47 (T.) · 52 (T.) 147 (m. A. 48) · 206 · 310 –––, Fürst-Erzbischof siehe Lang, Matth. Schenkenstein, Hans Schenk, von –– S. 94 ––– als Gerichtsstand –– S. 2 (in A. 3 u. 4) · (Z. 24) · 106 (V.) · 107 (Z. 30 m. A.) 6 · 9 (mf.) · 12 · 17 (in A. 105) · 86 (V.) · 89 Scheurl, Christoph –– S. 128 (m. A. 21) · (in A. zu Z. 10) · 95 f. (V., mf.) · 96 (Z. 8. 9) · 132 · 134 · 152 · 194 (in A. 9) · 205 · 98 (V.) · 99 (Z. 21 f.) · 101 (V., Z. 9) · 103 206 f. (mf., m. A. 7 u. 11a) · 208 (m. A. 19) · (V., mf.) · 104 (Z. 10) · 105 (V., mf.) · 311 209 (m.f., m. A. 26a) · 225 (in A. 15) · 266 –––, Kirchenprovinz –– S. 15 · 81 (V.) · 98 (mf.) · 284 (m. A. 5) · 295 · 300 (in A. 107) · (V., mf., Z. 2) → Bavaria 316 (in A. 209) · 317 · 325 (in A. 252) · 328 –––, Konsistorial-Archiv –– S. 6 u. oft (im · 332 (in A. 4) Folgenden nicht einzeln verzeichnet) –––, Briefe, allg. –– S. 186 (in A. 27) –––, Nonnberg –– S. 3 (in A. 8) · 129 (in A. – Briefe an Sch. siehe Luther – 27) · 151 (in A. 4) ––– an die Augustiner, 5. Febr. 1517 –––, Petersfrauen –– S. 152 (in A. 8) –– S. 316 (in A. 209) –––, Rat, fürsterzbischöflicher (als ––– an Luther, 2. Jan. 1517 –– S. 208 · Gremium) –– S. 1 · 3 · 5 · 6 · 13 · 30 · 81 266 (V., mf.), u. oft · 100 (V., Z. 5) · 130 · 307 ––– an Melanchthon, 11. Mai 1519 –––, Ratsprotokolle (Protokolle der Sit(MBW 56) –– S. 266 zungen desselben) siehe Ratsprotokolle ––– an Melanchthon, 1. April 1520 –––, St. Peter, Abtei –– S. 2 (in A. 3) · 3 (MBW 80) –– S. 266 (m. A. 8) · 132 (m. A. 39a) · 151 · 192 · 278 · ––– an Staupitz, 15. Dez. 1517 –– S. 316 291 · 311 · 313 (in A. 191) · 320 (in A. 209) · 325 (in A. 252) → Staupitz Schoepff, Friedrich Wilhelm Traugott –––, Stadt –– S. 10 (in A. 56) –– S. 133 –––, Stadtpfarrkirche / Stiftsprädikatur –– S. 3 (m. A. 7) · 129 (in A. 26) · 152 · 190 Schurff, Dr. Hieronymus –– S. 274 Schwaz –– S. 5 · 27 (Z. 157 m. A. zu Z. 158) · (in A. **) · 297 · 303 f. 64 (Z. 125) ––– als Sterbeort von JvS –– S. 190 (in Schwenckfeld, Caspar –– S. 132 A. **) · 320 –––, Stift –– S. 5 (in A. 21) · 85 (Z. 41) · 87 (in Scotus –– S. 38 (in A. 6) · 216 · 285 (in A. 18) · 316 (in A. 205, mf.) · 328 A. 21) · 98 (V., Z. 3 f.) –––, Terminei OESA –– S. 3 (m. A. 7) · 129 Skotisten –– S. 174 · 185 skotistisch –– S. 231 (in A. 49) · 291 · 297 Skotismus –– S. 268 Sangerhausen –– S. 142 (in A. 18) · 322 (in Scriptoris, Paulus –– S. 285 (in A. 18) · 316
–– S. 60 (Z. 2) · 68 (Z. 2) · 74 (T., Z. 2) –––, Bistum / Diözese –– S. 16 · 98 (V., Z. 3) · 109 (Z. 90) · 113 (in A. 46–48) –––, Deputierten-Konferenz –– S. 103 (A.
A. 234)
(in A. 205)
Satan –– S. 212 (mf.) · 213 · 217 · 218 · 219 Seckau –– S. 83 (in A. 8) (mf.) · 239 · 242 · 258 · 259 (mf.) · 261 · Seidel (Sedelius), Wolfgang –– S. 132 298 (mf.) · 302 → Dämonen / DämonoA. 39a)
(in
Historisches Register
Simon Fidati von Cascia –– S. 5
375
· 43 (in A. 43) · 145 (m. A. 38) · 147 (in · 180 (m. A. 13) · 192 · 273–274 · Spalatin –– S. 127 (in A. 13) · 207 · 209 · 278 · 280 (in A. 21) 329 (in A. 281) – Briefe an Sp. siehe ––– an Kf. Friedrich von Sachsen, Luther, Melanchthon – 15. Okt. 1518 –– S. 273 Spangenberg, Cyriacus –– S. 2 (m. A. 4) · 4 ––– an Sangerhausen, 27. Jan. 1512 (in A. 18) –– S. 322 (in A. 234) Spener, Philipp Jakob –– S. 133 ––– Ausschreiben zum Kapitel der deutSpengler, Lazarus –– S. 128 (m. A. 21) · 162 schen Augustinerkongregation in Hei(m. A. 72) · 194 · 208 (m. A. 21) · 209 delberg 1518, München 16. Dez. 1517 Spitzgaist siehe Strauß, Jakob –– S. 322 (in A. 235) Staupitz / (Abt von) St. Peter – außerhalb Staupitz, Schriften des Beitrags „Das Häresie-Verfahren ...“ –––, Constitutiones –– S. 127 (m. A. 10) · (auf S. 1–122) sind Vorkommnisse von 140 f. (m. A. 9 u. 10) · 242 (in A. 86) · 271 · Staupitz / (Abt von) St. Peter hier nur 309 (m. A. 166) · 310 (mf.) · 311 (mf., m. A. dann gelistet, wenn sie nicht präzisiert 182) · 317 (m. A. 211) · 326 (in A. 264) · 327 sind durch ein Aktenstück oder eine/en · 329 (in A. 281) Brief(–) oder Schrift(stelle) – –– S. 1 (mf.) · 3 (mf., m. A. 6. 7 u. 9) · 4 · 6 –––, Consultatio, als Ganzes –– S. 1–2, (m. A. 29) · 9 (mf.) · 10 (mf.) · 11 (in A. 57 u. 6–7, 9–11, 15 · 28–35 · 35 (V.) · 36–46 59) · 13 (m. A. 71) · 14 · 15 · 17 · 28 (mf.) · (= Text A 2) (m. Mgg. zu Z. 16. 46. 73) · 52 29 (mf.) · 30 (mf.) · 31 (mf.) · 32 (mf.) · 33 (V.) · 77 (in A. zu Z. 5) · 105 (V.) · 130 (mf.) · (mf.) · 34 (mf.) · 35 · 62 (Z. 77, Mg. zu Z. 77 148 (m. A. 52) · 173 (in A. 130) · 184 (in A. [in App. I]) · 62 f. (Z. 80 f.) · 64 (Z. 129) · 82 23) · 188 · 290 · 310 (mf., m. A. 177) · 311 · (V., mf.) · 86 (V., mf.) · 87 (Mg. zu Z. 11 f. [in 317 (in A. 211) · 327 (m. A. 269) · 328 App. I]) · 91 (V.) · 92 (Z. 10) · 95 (V., mf.) · –––, Consultatio, im einzelnen – wobei die 103 (V., mf.) · 104 (Z. 16 m. A.) · 105 f. (V., auf S. 47–51 in den Anm. zur Replica anmf.) · 192 · 278 · 311 · 314 (in A. 193. 195) · gehäuften Stellen hier n i c h t einzeln ge316 (mf., m. A. 205) listet werden – –– S. 22 (in A. zu Z. 26) · 25 (in A. zu Z. 118) Staupitz, Akten · 47–51 (= Text A 3) (in den Anm. zu –––, Gehorsamsverpflichtung ggb. FEbf. Z. 5–112 passim) · 54 (in A. zu Z. 82) · 55 (in Matthäus Lang (11. März 1522) A. zu Z. 89) · 63 (in A. zu Z. 82) · 108 (in A. –– S. 307 · 329 (in A. 281) zu Z. 62) · 117 (in A. zu Z. 167) · 120 (in –––, Profess als Benediktiner, 1. Aug. Spr.A. zu Z. 261) · 188 (in A. 32) · 205 (in 1522 –– S. 313 (in A. 191) · 329 (in A. 281) A. 3) · 304 (in A. 140) · 319 (mf.) Staupitz, Briefe – Briefe an St. siehe –––, Decisio –– S. 33 (in A. 27) · 126 Gabriel della Volta, Johannes Crispus, (m. A. 6) · 147 (m. A. 48) · 271 · 310 (mf.) · Karlstadt, Luther, Melanchthon – 311 · 317 ––– an die Hzz. Wilhelm u. Ludwig von Bayern, 3. März 1514 –– S. 307 –––, De exsecutione, als Ganzes ––– an Karlstadt (Epistolium) –– S. 289 –– S. 128 (m. A. 18 u. 19) · 131 (in A. 36) · (in A. 39) · 312 (m. A. 183) · 329 (m. A. 283) 152 (in A. 8) · 162 (in A. 73) · 204 · 206 ––– an Linck, 4. Jan. 1521 –– S. 329 (in A. (m. A. 7) · 207 (in A. 12) · 220 (in A. 38) · 281) 224 (in A. 13) · 225 (in A. 14 u. 15) · 226 (in ––– an Luther, 14. Sept. [nicht 14. Dez.] A. 18, mf.) · 227 (in A. 23, mf.) · 236 (in A. 1518 –– S. 273 · 292 (m. A. 59) · 296 74) · 264 · 265 (m. A. 144) · 266 (in A. 1) · ––– an Luther, 1. April 1524 –– S. 40 (in A. 283–288 · 289 f. (m. A. 44) · 292 · 293 22)
A. 46)
Historisches Register
376
· 300–302 · 305 (in A. 144) · 311 · 312 · 317–319 · 324 · 327 (mf.) · 328 (in A. 275) –––, De exsecutione, im einzelnen – wobei die Belege in der Luther-StaupitzSynopse auf S. 201–203 hier nicht wiederholt werden – Titel –– S. 300 (in A. 108) Widm.briefe, allg. –– S. 283 (in A. 5) · 284 Dt. Widm.br. –– S. 146 (in A. 40) Lt. Widm.br. –– S. 207 (in A. 11a) §2 –– S. 164 (A. 81) §3 –– S. 230 (in A. 40) §7 –– S. 242 § 13 –– S. 289 (in A. 39) § 16 –– S. 298 (mf., m. A. 95) · 302 (in A. 121) § 19 –– S. 244 (in A. 89) § 22 –– S. 158 (A. 41) · 174 A. 138) · 199 (m. A. 16) § 28 –– S. 41 (in A. 27) · 200 (in A. 21) · 207 (m. A. 16) § 29 –– S. 287 (in A. 29) § 33 –– S. 144 (A. 27) · 194 · 302 (in A. 122) § 36 –– S. 144 (A. 28) · 164 (A. 82) · 319 (in A. 220) § 37 ff. –– S. 174 (A. 137) § 38 –– S. 163 (m. A. 80) · 292 f. (in A. 63) § 39 –– S. 164 (A. 81) § 40 –– S. 144 (A. 28) · 164 (A. 82) · 164 (A. 83) · 300 (in A. 111) · 319 (in A. 220) § 41 –– S. 164 (A. 84) · 194 § 42 –– S. 164 (A. 81) § 43 –– S. 164 (A. 83) · 165 (A. (m. A. 65)
165
(in A. 180)
u. 12)
91)
§ 44 § 45
§ 45 ff. § 46 § 50
–– S. 164 (A. 84) · 194 · 287 · 319 (in A. 220) –– S. 41 (in A. 29) · 144 (A. 30) · 164 (A. 87) · 194 · 300 (in A. 111) –– S. 174 (A. 137) –– S. 144 · 164 –– S. 40 (in A. 50) · 144 (A. 30) · 164 (in A. 81) ·
(A. 91)
· 195
(in A. 11
§ 51 § 52
–– S. 166 (A. 93 u. 94) –– S. 165 (A. 91) · 200 (m. A. 20) · 284 (in A. 12) · 287 (in A. 30) · 318 (m. A.
§ 53
–– S. 175
215 u. 216) (A. 141)
· 328
(in A. 277)
§ 53–57 –– S. 319 § 53–62 (= C. 9) –– S. 160
(in A. 222) (in A. 52)
· 183
(in A. 21a)
§ 53–77 (= C. 9–11) –– S. 200 § 54 –– S. 183 (in A. 21a) · 317 (in A. 210)
§ § § § §
55 –– S. 201 (in A. 23) 56 –– S. 175 (A. 141) 58 –– S. 328 (in A. 277) 62 –– S. 287 (in A. 30) 63–70 (= C. 10) –– S. 183 (in A. 21a) · 201 (m. A. 23)
§ 64
–– S. 153 (m. A. 13 u. 14) · 199 (m. A. 17) · 201 (in A. 23) · 319 (in A. 220) · 317
§ 67
–– S. 199
(in A. 222) (m. A. 17)
· 319
(in A. 219)
§ § § § § § § § § § § § § §
69 –– S. 175 (A. 141) 71 ff. –– S. 326 (in A. 260) 73–77 –– S. 183 (in A. 21a) 74 –– S. 163 (in A. 78) 75 –– S. 319 (in A. 219) 82 f. –– S. 168 (m. A. 106) 88 –– S. 230 (in A. 37) 107 –– S. 318 110–121 –– S. 318 (m. A. 218) 113 –– S. 301 (in A. 114) 115 –– S. 328 (in A. 277) 120 –– S. 328 (in A. 277) 122 –– S. 301 (in A. 114) · 332 122–132 (= C. 16) –– S. 331–333 · 334 (mf., m. A. 8)
§ 123 ff. § 126 ff.
–– S. 332 –– S. 332
Historisches Register
377
§ 128 § 130
–– S. 333 152 (A. 8) · 162 (m. A. 69) · 205 · 224 (in A. –– S. 45 (in A. 53) · 319 13) · 226 (in A. 18) · 289 · 293 · 312 · 329 (in A. 220) · 333 –––, Nachfolgung, im einzelnen § 131 –– S. 164 (A. 82) · 319 (in c. 1–5 –– S. 206 · 257 (m. A. A. 220) · 333 129) § 133 –– S. 301 (in A. 114) c. 1 –– S. 230 (in A. 37) § 141 –– S. 300 (in A. 108) c. 2 –– S. 158 (in A. 46) § 144 –– S. 331 · 333 · 334 (in c. 9 –– S. 171 (in A. 125) A. 8) c. 10 –– S. 230 (in A. 40) § 145 –– S. 331 · 333 c. 12 –– S. 145 (A. 34) · 159 (in § 148 f. –– S. 170 (in A. 115) A. 48) · 200 (m. A. 22) § 152 –– S. 164 (A. 82) · 319 (in c. 13 –– S. 40 (in A. 17) A. 220) c. 14 –– S. 145 (A. 31) § 162 –– S. 301 (in A. 114) –––, Nürnberger Adventspredigten 1516 § 164 –– S. 145 (in A. 32) siehe Staupitz, De exsecutione § 166 –– S. 145 (in A. 32) § 167 –– S. 145 (in A. 32) –––, Nürnberger Predigt- und Lehrstücke § 169 –– S. 302 (in A. 119) 1517, als Ganzes –– S. 128 · 134 (in A. § 170–177 –– S. 300 (in A. 112) 47) · 152 · 162–169 · 184 · 194 (in A. 9) · § 171 –– S. 300 (in A. 108) 208 (in A. 21) · 290 · 292 · 307 § 172–174 –– S. 200 –––, Nürnberger Predigt- und Lehrstücke § 174 –– S. 145 (in A. 33) 1517, im einzelnen § 181 –– S. 169 (m. A. 112) Nr. 1, Z. 100–112; Knaake 18, Z. 9–20 § 189 ff. –– S. 195 (in A. 11) –– S. 144 (in A. 23) · 194 · 196 § 190 ff. –– S. 169 (m. A. 112) Nr. 7, Z. 24 f.; Knaake 27, Z. 30 f. § 194–195 –– S. 144 (in A. 23) –– S. 146 (in A. 40) § 195 –– S. 169 (m. A. 112) Nr. 8, Z. 11 f.; Knaake 28, Z. 30 f. § 196 ff. –– S. 301 (in A. 114) –– S. 161 (m. A. 65) § 200 f. –– S. 207 –––, Salzburger Adventspredigt ohne Jahr § 237 –– S. 197 f. –– S. 134 (in A. 48) § 238 –– S. 191 –––, Salzburger Fastenpredigten ohne Jahr § 238 f. –– S. 197–198 –– S. 129 (in A. 27) · 158 (in A. 40a) § 251–257 –– S. 200 –––, Salzburger Predigten, allg. –– S. 4 § 252 –– S. 145 (in A. 33) · 287 (in A. 30) –––, Salzburger Predigten 1512, als Gan§ 255 –– S. 145 (in A. 33) zes –– S. 127 f. (m. A. 15) · 152 f. (in A. 5 § 256 –– S. 145 (in A. 33) · 300 u. 10) · 183 (in A. 22) · 184 · 194 (m. A. 9) · (in A. 108) 234 (in A. 13) · 291 (m. A. 55) · 297 (m. A. 88–90) · 323 · 329 –––, Lieb Gottes, als Ganzes –– S. 128 · –––, Salzburger Predigten 1512, im 132 (mf.) · 133 (m. A. 43) · 152 (A. 8) · 230 einzelnen (in A. 40) · 312 · 327 · 329 1 –– S. 153–155 passim –––, Lieb Gottes, im einzelnen (m. A. 11. 12. 15–17. 19–22) Titelblatt –– S. 313 (in A. 191) 3 –– S. 155–162 passim c. 6 –– S. 333 · 334 (in A. 9) (m. A. 23–27. 29–32. 35. c. 15 –– S. 171 (m. A. 123) 38–40a. 42–55. 48–49. 50a.
–––, Nachfolgung, als Ganzes –– S. 128 · 132 · 133 (m. A. 42) · 147 (in 45 u. A. 50) ·
53–54. 56. 59–60. 62)
4, Z. 58 f.
–– S. 155
(in A. 26)
Historisches Register
378 4, Z. 62–64 4, Z. 96–99 4, Z. 127 4, Z. 129–132 12, Z. 71–73 12, Z. 84–100
–– S. 159 –– S. 156 –– S. 156 –– S. 156 –– S. 158 –– S. 158
(in A. 47) (in A. 34) (in A. 34) (in A. 34) (in A. 40a) (in A. 40a)
–––, Salzburger Predigten 1518, Pr. 3 (Salzburg St. Peter, Cod. b V 8, fol. 65r) –– S. 261 (A. 136) –––, Salzburger Predigten 1520, als Ganzes –– S. 130 (in A. 27) · 292 · 297 · 329 –––, Salzburger Predigten 1520, im einzelnen 1 (Cod. St. Peter b V 8, fol. 84r) –– S. 157 (in A. 37) · 159 (in A. 50)
1 2 3 6
(fol. (fol. (fol. (fol.
84v) –– S. 159 (m. A. 50) 86r) –– S. 161 (A. 67) 87v) –– S. 161 (A. 67) 96v–97r) –– S. 160 (m. A. 51)
–––, Salzburger Predigten 1523, als Ganzes –– S. 4 · 129 (in A. 27) · 134 (in A. 49) · 169–172 · 184 · 292 · 305 · 329 –––, Salzburger Predigten 1523, im einzelnen 1 –– S. 198 3 (fol. 29r) –– S. 155 (in A. 27) 15 (fol. 139v) –– S. 172 (in A. 126) 19 –– S. 169–172 passim 21 (fol. 203r/203v, 209v–210r) –– S. 171 (m. A. 122) –––, Salzburger Predigt ohne Jahr, Cod. Nonnberg 23 E 16, fol. 3r –– S. 158 (in A. 40a) –––, Tübinger Predigten, allg. –– S. 126 (m. A. 5) · 132 (in A. 39a) · 135 · 152 (mf.) · 199 (mf.) · 204–222 · 223–265 · 271 (m. A. 6) · 274–278 · 283 (mf.) · 285 (m. A. 16 u. 17) · 286 (m. A. 20) · 287 (m. A. 26) · 291 (m. A. 51) · 293–294 · 295–297 (mf.) · 298 (mf.) · 299 · 301 (mf., in A. 117) · 304 f. (m. A. 141. 143. 144) · 307 · 308 · 309 · 314–317 (m. A. 203. 204. 205) · 318 · 322 (in A. 238) · 323 · 325 · 327 · 328 (in A. 275 u. 278)
–––, Tübinger Predigten, im einzelnen, jeweils als Ganzes und nach Stellen – wobei die Einträge in der Übersicht auf S. 246 und in den Anm. 92–94 auf S. 245 im Folgenden n i c h t wiederholt werden – Widm.br. Z. 6 f. Z. 7 f.
–– S. 296 (m. A. 81) · 297 –– S. 211 · 236 · 237 –– S. 212 · 237 · 315 (in A. 198)
Z. 10 u. ö. Z. 14 Prol. Z. 11 Z. 14. 16–18 Z. 21 TüPr 1 1–10 1–5 1 Z. 3 Z. 7 Z. 20 Z. 29–31 Z. 33 Z. 36–41 Z. 41. 45 Z. 90 f. Z. 101 Z. 121
–– S. 210 f. –– S. 212 –– S. 236 –– S. 211 –– S. 237
(in A. 70)
–– S. 214 · 234 –– S. 214 · 234 · 235 · 239 –– S. 211 –– S. 230 (in A. 37) –– S. 212 –– S. 315 (in A. 199) –– S. 253 –– S. 235 –– S. 253 –– S. 315 (in A. 199) –– S. 241 (in A. 83) · 254 –– S. 229 (in A. 37) –– S. 258
TüPr 2 2 Z. 33 Z. 34 f. Z. 108–111 Z. 141 Z. 216 f.
–– S. 211 –– S. 230 (in A. –– S. 229 (in A. –– S. 242 –– S. 217 257 –– S. 228 (in A.
TüPr 3 3 Z. 15 f. 16 f. Z. 17 f.
–– S. 251–252 –– S. 231 (in A. –– S. 231 (in A.
37) 37)
29)
· 253
49) 49)
· 252
(in A. 105)
Z. 20 Z. 20 f.
–– S. 252 –– S. 259
(in A. 105)
Historisches Register
Z. 23 ff. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
23–48 32–34 41–52 53 ff. 79 107 ff. 142 f. 144–146. 168 f. 173–175 187–189 202–206 203 f. 204–206 205 f.
Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
215–217 238 ff. 239 f. 240 246 255 255 f. 264–266 303 307
–– S. 229 (in A. 34, mf.) · 244 –– S. 244 (in A. 92) –– S. 233 –– S. 229 (in A. 34) –– S. 252 (in A. 107) –– S. 229 (in A. 37) –– S. 117 (in A. zu Z. 164) –– S. 229 (in A. 34) 146 f. –– S. 243 (in A. 88) –– S. 257 –– S. 229 (in A. 34) –– S. 232 (in A. 49) –– S. 229 (in A. 34) –– S. 240 –– S. 183 (in A. 21a) –– S. 252 (A. 106) · 317 (in A. 210)
TüPr 4 4 Z. Z. Z. Z. Z. Z.
23 ff. 27–32 85 225 263 269
TüPr 5 5 Z. 41 f. Z. 49 ff. Z. 53 Z. 55–57 Z. 63 ff. Z. 86 f. Z. 90 ff. Z. 90–107
–– S. 230 –– S. 229 –– S. 237 –– S. 237 –– S. 237 –– S. 244 –– S. 258 –– S. 240 –– S. 252 –– S. 257
(in A. 44) (in A. 34)
(m. A. 77)
(in A. 111) (in A. 130)
–– S. 44 (in A. 45) · 233 · 251 –– S. 229 (in A. 35) –– S. 253 –– S. 229 (in A. 37) · 230 –– S. 258 –– S. 230 (in A. 42) –– S. 230 (in A. 40) –– S. 256 –– S. 228 –– S. 252 –– S. 230 –– S. 258 –– S. 227 –– S. 228 –– S. 258 –– S. 228
(in A. 105) (in A. 37)
Z. 181 Z. 203 f. Z. 281–285 TüPr 6 6–10 6 Z. 4 Z. 4–8 Z. 24–97 Z. 25 Z. 29 Z. 33 Z. 35 ff. Z. 65 Z. 87–89 Z. 90–97 Z. 94 Z. 100 Z. 101 f. Z. 103 Z. 137 ff. Z. 183. 187 Z. 198 ff. Z. 302 Z. 305–307 Z. 308–316 Z. 353–383 Z. 399 ff. Z. 409 ff. Z. 418–425 Z. 461–464 Z. 489–495 Z. 516–518 TüPr 7 7 Z. 92–96 Z. 94 Z. 94–96 Z. 95 f. Z. 161 Z. 165 ff. Z. 182–199 Z. 185 ff. Z. 272–289 Z. 328–330
379 –– S. 228 –– S. 258 –– S. 253 –– S. 214 · 234 · 236 · 257 –– S. 211 · 256 · 259 · 277 · 328 (in A. 278) –– S. 214 · 234 –– S. 235 –– S. 257 –– S. 230 –– S. 230 (in A. 42) –– S. 230 –– S. 230 (in A. 42) –– S. 230 (in A. 42) –– S. 254 –– S. 257 (in A. 126) –– S. 230 (in A. 42) –– S. 214 · 234 · 236 –– S. 227 –– S. 214 · 234 · 236 –– S. 278 –– S. 277 –– S. 277 –– S. 277 –– S. 277 –– S. 256 (in A. 123) –– S. 258 –– S. 277 –– S. 238 –– S. 243 –– S. 240 –– S. 253 –– S. 243 –– S. 246–248 · 256 –– S. 223 –– S. 199 (in A. 18) –– S. 243 –– S. 210 –– S. 227 (in A. 26) –– S. 231 –– S. 241 –– S. 238 –– S. 241 –– S. 247 (in A. 95)
Historisches Register
380 Z. Z. Z. Z. Z.
340 ff. 370–372 424 425 ff. 459
TüPr 8 8 Z. 85 Z. 99 f. Z. 109 f. Z. 125 f. Z. 127 ff. Z. 129 Z. 139 f. Z. 142 ff. Z. 143–147 Z. 147–158 Z. 152 f. Z. 291 ff. Z. 309 f.
–– S. 241 –– S. 316 –– S. 241 –– S. 241 –– S. 258
(in A. 206)
–– S. 217 (mf.) · 254 –– S. 218 –– S. 217 –– S. 218 –– S. 218 –– S. 217 –– S. 217 –– S. 217 –– S. 217 –– S. 254 (in A. 118) –– S. 254 (in A. 118) –– S. 217 –– S. 220 –– S. 241 · 254
TüPr 9 Z. 60–63 Z. 164–167 Z. 199 ff. Z. 199–220 Z. 218–220 Z. 223 Z. 223–232
–– S. 242 –– S. 258 –– S. 252 –– S. 258 –– S. 252 –– S. 252 –– S. 252
TüPr 10 Z. 279 f, Z. 337 f. Z. 392–404 Z. 420 f. Z. 482–499 Z. 527
–– S. 210 –– S. 242 –– S. 254 –– S. 240 –– S. 258 –– S. 241
TüPr 11 11–14 11–13 11 Z. 5 Z. 8 Z. 11 Z. 124 Z. 185–188 Z. 188–190 Z. 206
–– S. 214 –– S. 239 –– S. 211 –– S. 214 –– S. 254 –– S. 237 –– S. 214 –– S. 231 –– S. 231 –– S. 228
Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
220 361 ff. 396 402 ff. 403–405 407 443
–– S. 214 –– S. 234 –– S. 238 –– S. 243 –– S. 154 –– S. 238 –– S. 233
(in A. 62) (in A. 88) (m. A. 18) (in A. 61)
· 248
(in A. 98)
Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
450 464 f. 467 f. 504 ff. 535 561–575 600 603 611–621 694 ff. 700–702
TüPr 12 12 Z. 23–32 Z. 33–44 Z. 85 Z. 91 Z. 109 f.
–– S. 233 –– S. 248 (in A. 100) –– S. 244 (in A. 91) –– S. 193 (in A. 8) –– S. 252 (in A. 110) –– S. 233 –– S. 233 –– S. 277 · 258 –– S. 233 –– S. 235 (in A. 65) –– S. 240 –– S. 255 · 259 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 258 –– S. 229 (in A. 37) –– S. 136 (m. A. 63) · 211 (in A. 30)
(in A. 83)
· · · ·
234 · 238 242 248–251 234
(in A. 119)
(in A. 49) (in A. 49)
Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
179 180 ff. 193 214 ff. 247 f. 253–255 298 f. 299–304 302–304 320 328–333 335–346 347 348 353–369 368 f. 385–392 393 394–406 395
–– S. 231 –– S. 277 –– S. 277 –– S. 258 –– S. 243 –– S. 316 (in A. 207) –– S. 258 –– S. 231 –– S. 231 –– S. 238 –– S. 231 –– S. 241 –– S. 242 (in A. 85) –– S. 238 –– S. 231 –– S. 231 · 254 –– S. 255 (in A. 121) –– S. 255 (in A. 121) –– S. 255 (in A. 121) –– S. 230
Historisches Register
Z. Z. Z. Z. Z. Z.
410–413 415 420 ff. 477 f. 580 f. 643. 645
TüPr 13 13 Z. 44–50 Z. 172 Z. 184–187 Z. 187–193 Z. 195–198 Z. 199–201 Z. 200 Z. 219–242 Z. 267 Z. 320 Z. 359. 375 Z. 376–398 TüPr 14 14 Z. 42–44 Z. 54 Z. 185–188 Z. 190–193 Z. 190–194 TüPr 15 15−Schluss 15 Z. 9–13 Z. 13–17 Z. 18 Z. 18 ff. Z. 19 Z. 19 f. Z. 20 f. Z. 21 Z. 34 Z. 84 Z. 88–90 Z. 138 Z. 176 f. Z. 202 f.
–– S. 255 –– S. 243 –– S. 258 –– S. 230 –– S. 258 –– S. 238
Z. 223 ff. Z. 310
(in A. 121) (in A. 88) (in A. 40)
–– S. 255 f. –– S. 232 –– S. 232 –– S. 232 –– S. 316 (in –– S. 232 –– S. 258 –– S. 238 –– S. 241 –– S. 230 (in –– S. 243 –– S. 230 (in –– S. 258
A. 207)
A. 40) A. 40)
–– S. 239 –– S. 212 –– S. 252 (in A. 110) –– S. 212 –– S. 212 · 234 (in A. · 237 –– S. 315 (in A. 198)
64)
–– S. 214 · 234 –– S. 212 · 218 · 239 · 240 –– S. 212 –– S. 213 –– S. 213 f. –– S. 234 –– S. 214 · 234 · 237 –– S. 214 · 234 –– S. 214 · 234 –– S. 214 · 234 –– S. 234 –– S. 236 –– S. 227 –– S. 230 (in A. 42) –– S. 302 –– S. 231 (in A. 49)
381 –– S. 302 –– S. 242
(in A. 85)
TüPr 16 16–18 16 Z. 72–80 Z. 92 ff. Z. 96 ff. Z. 96–122 Z. 99. 105 Z. 103–107 Z. 113 Z. 114–118 Z. 127 Z. 220 Z. 221
–– S. 239 –– S. 252 · 276 –– S. 253 –– S. 231 –– S. 231 · 252 –– S. 253 –– S. 227 (in A. 26) –– S. 276 –– S. 244 (in A. 91) –– S. 252 –– S. 252 –– S. 254 –– S. 252
TüPr 17 17 Z. 56 Z. 139 ff.
–– S. 252 · 276 –– S. 241 (in A. 83) –– S. 259
TüPr 18 18 Z. 36 Z. 82 f. Z. 134–136 Z. 159 f. Z. 214–218 Z. 225–229 Z. 264–266 Z. 273 Z. 277 Z. 289 f. Z. 290 Z. 291 Z. 291 ff. Z. 294 f. Z. 317–321
–– S. 214 –– S. 212 –– S. 242 –– S. 254 –– S. 241 –– S. 241 –– S. 241 –– S. 231 –– S. 230 –– S. 239 –– S. 227 –– S. 230 –– S. 228 –– S. 227 –– S. 239 –– S. 241
TüPr 19 19–22 19 Z. 25 Z. 26 Z. 35 f. Z. 36 f. Z. 39 Z. 45 ff.
–– S. 276 · 239 · 242 –– S. 221 · 252 · 275 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 212 –– S. 221
(A. 31)
(in A. 83) (in A. 83) (in A. 83) (in A. 49) (in A. 37) (in A. 24) (in A. 37)
(in A. 83)
Historisches Register
382 Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
82 f. 113–115 128–130 147 ff. 152–156 153 f. 171 ff. 199 f. 225 f. 352 f. 356
–– S. 240 –– S. 240 –– S. 242 –– S. 235 (in A. 65) –– S. 281 –– S. 221 –– S. 45 (in A. 54) –– S. 240 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 315 (in A. 202)
TüPr 20 20 Z. 12. 17 Z. 62 f. Z. 66 ff. Z. 70–80 Z. 91–98 Z. 94 f. Z. 96 ff. Z. 99–101 Z. 109 f. Z. 186 ff.
–– S. 275 · 281 –– S. 242 –– S. 242 –– S. 147 (m. A. 47) –– S. 268 (in A. 4) –– S. 281 –– S. 332 –– S. 43 (in A. 43) –– S. 281 –– S. 242 –– S. 40 (in A. 23)
TüPr 21 21 Z. 14. 24 f. Z. 113
–– S. 275 · 218 –– S. 242 –– S. 235 (in A. 66)
TüPr 22 22 –– S. 275 Z. 27. 27 f. 31 –– S. 315 Z. 177 –– S. 242 TüPr 23 23–25 Z. 58 Z. 108 Z. 118–125 Z. 188–193 Z. 188 ff. Z. 190 f. Z. 206–211 Z. 207. 210 Z. 239 f. 245 Z. 252–254 Z. 279–282 Z. 284 ff.
–– S. 276 · 239 –– S. 228 · 258 –– S. 316 (in A. 208) –– S. 241 –– S. 232 (in A. 49) –– S. 231 (in A. 49) –– S. 232 (in A. 49) –– S. 232 (in A. 49) –– S. 232 (in A. 49) –– S. 232 (in A. 49) –– S. 258 –– S. 231 (in A. 48) –– S. 243 (m. A. 89 [S. 244])
Z. 320 f.
(in A. 201)
–– S. 244
TüPr 24 24 Z. 36–119 Z. 44–50 Z. 110–114 Z. 115 Z. 117–119 Z. 132 Z. 210 f. Z. 264–272 Z. 272–281 Z. 275–277 Z. 279 Z. 290–300 Z. 318–328
–– S. 252 –– S. 257 –– S. 257 –– S. 257 –– S. 243 –– S. 257 –– S. 242 –– S. 230 –– S. 229 –– S. 229 –– S. 258 –– S. 258 –– S. 229 –– S. 252
TüPr 25 Z. 44 f. Z. 53 f. Z. 58. 59 f. Z. 145–150 Z. 165–192
–– S. 228 –– S. 259 –– S. 228 –– S. 241 –– S. 232
TüPr 26 26 Z. 194–197 Z. 206 Z. 218 Z. 223 f. Z. 299 ff.
–– S. 239 · 256 –– S. 241 (in A. 83) –– S. 258 –– S. 239 –– S. 239 –– S. 218
TüPr 27 27–34 27 Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
32 ff. 82 ff. 111 114 130 166–201 177–186 189 f. 190 ff. 197 ff. 204 ff. 218–220 222 ff. 229 ff. 243 ff.
(in A. 127) (in A. 127) (in A. 88) (in A. 127) (in A. 85) (in A. 40) (in A. 34) (in A. 34)
(in A. 34) (in A. 107)
–– S. 239 f. –– S. 214 –– S. 218 · 256 –– S. 239 (A. 79) –– S. 277 –– S. 258 · 258 –– S. 254 (in A. 119) –– S. 277 –– S. 218 –– S. 256 (in A. 124) –– S. 218 –– S. 258 –– S. 258 –– S. 218 · 258 –– S. 218 –– S. 218 –– S. 218 –– S. 218
Historisches Register
TüPr 28 28 Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
59 f. 63 64 ff. 72 73 ff. 91 ff. 95 f. 103 f. 104–106 113 f. 115 115 f. 116 121 f. 136 f. 153 f. 160 ff. 164 ff. 165 ff. 178 182 ff. 189 192–194 197 280–285 294
–– S. 213 (in A. 33) · 217 (mf.) · 218 · 254 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 218 –– S. 219 · 220 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 221 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 225 (in A. 13) · 244 –– S. 216 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 254 –– S. 219 –– S. 257 –– S. 257 (in A. 128)
TüPr 29 29 29 ff. Z. 50 f. Z. 58–68 Z. 61 f. Z. 95–99 Z. 104–106 Z. 189 f.
–– S. 213 –– S. 214 –– S. 258 –– S. 254 –– S. 249 –– S. 254 –– S. 255 –– S. 259
TüPr 30 30 Z. 40–46 Z. 56 Z. 71 Z. 280. 281 Z. 316–318 Z. 352–372 Z. 363 f.
–– S. 276 –– S. 213 –– S. 258 –– S. 228 –– S. 259 –– S. 233 –– S. 276 –– S. 230
(in A. 33)
(in A. 100) (m. A. 119)
(in A. 33)
(in A. 40)
383
TüPr 31 Z. 77 f. Z. 155 f. Z. 157–164 Z. 241–244 Z. 244–258
–– S. 228 –– S. 240 –– S. 240 –– S. 233 –– S. 233
TüPr 32 Z. 54 f. Z. 83 ff. Z. 85–87 Z. 90–93 Z. 130–146 Z. 215–218
–– S. 253 –– S. 233 –– S. 253 –– S. 233 –– S. 253 –– S. 240
TüPr 33 33 Z. 7 Z. 9 f. Z. 14 Z. 23–27 Z. 26 Z. 41–68 Z. 89–135 Z. 92 Z. 117–120 Z. 120–122 Z. 122–135 Z. 174 Z. 190 f. Z. 197–199
–– S. 214 –– S. 213 –– S. 213 –– S. 213 –– S. 213 –– S. 213 –– S. 241 –– S. 257 –– S. 215 –– S. 257 –– S. 257 –– S. 257 –– S. 236 –– S. 242 –– S. 254
TüPr 34 34 Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z. Z.
126 159 169–171 171 ff. 187 f. 202 205 f. 210 ff. 225 229 233–244 244–247 266 272 f.
(in A. 57)
· 253
(in A. 32) (in A. 83)
(in A. 125) (in A. 125) (in A. 125) (in A. 85) (in A. 118)
–– S. 212 · 214 · 217 · 254 –– S. 253 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 219 –– S. 255 –– S. 219 –– S. 254 –– S. 219 –– S. 217 –– S. 216
(in A. 118)
Historisches Register
384 Z. Z. Z. Z. Z. Z.
276–278 278 307 ff. 307–323 315 ff. 323 ff.
–– S. 257 –– S. 243 –– S. 219 –– S. 254 –– S. 220 –– S. 220
–––, Summa theologiae III, q. 46, art. 6–8 –– S. 158 (A. 40a) (in A. 118)
Ps-Thomas zu Iob –– S. 213 Thomas von Kempen –– S. 132 · 286 (in A. 21)
Thomas von Straßburg –– S. 215 · 221 · Staupitz, Tischreden, allg. –– S. 128 · 186 224 (in A. 11) · 226 (in A. 18) · 262 · 263 –––, Nürnberger Tischreden –– S. 279 (mf.) · 277 (mf.) · 315 (in A. 200) Staupitz, Vom [.. ,] rechten [, ..] glauben Thomas Waleys –– S. 216 · 220 (m. A. 38) · –– S. 131 · 132 · 133 · 152 (in A. 8) · 192 294 (m. A. 74) · 315 (in A. 200 u. 202) (m. A. 6) · 329 Thurn, Sigismund, von –– S. 106 (V.) · 107 Stephan Agricola siehe Agricola, Stephan Stephanus de Ratisbona –– S. 5 Sternberg –– S. 142 (in A. 18) · 322 (in A.
(Z. 37 m. A.)
Thurn, Vigileus, von, Marschall –– S. 88 (V.) · 89 (Mg. [in App. II] zu Z. 8 m. A.) · 106 (V.) · 109 (Z. 83 m. A.) 233) Tirol –– S. 5 (m. A. 21) · 10 (in A. 56) · 16 · 27 [Stoa] / stoisch –– S. 254 (in A. zu Z. 158) · 79 (Z. 30 m. App. I zu Z. Stöckel, Wolfgang –– S. 222 29 f.) · 86 (V.) · 88 (V.) · 89 (in A. zu Z. 6) · Strauß, Jakob, gen. Spitzgaist –– S. 31 (in 113 (in A. zu Z. 46–48) A. 16) · 54 Tornator, Leonhard –– S. 320 Sudermenn, Daniel –– S. 132 Torquatus –– S. 219 · 221 Sulpitius Verulanus, Johannes Trautmannsdorf, Andreas von, Domdekan –––, Posterior editio Sulpitiana –– S. 205 und Offizial/GV –– S. 82 · 84 (in A. 25) · · 22 · 307 88 f. (mf.) · 95 (V.) · 98 (in A. zu Z. 5) · 103 (V., mf.) · 104 (Z. 17 m. A.) · 106 (V.) Sulzbach –– S. 18 Treger, Konrad –– S. 314 (in A. 193) Trenbach, Bernhardin von –– S. 105 f. · Tauler –– S. 132 · 133 · 134 (in A. 51) · 183 108 · 109 (in A. 21a) · 200 · 291 (in A. 50) · 312 (mf.) Trient –– S. 132 (in A. 39a) –––, Predigt 2 –– S. 117 (in A. zu Z. 164) Tübingen –– S. 95 · 125 · 126 (m. A. 4) · 206 Tarquinius –– S. 219 · 267 · 268 (in A. 4) · 270 (mf.) · 270 · 291 Terenz –– S. 215 · 216 · 254 · 258 (in A. 51) · 305 (m. A. 143) · 311 · 314 (m. A. Teufel / diabolus angelique eius –– S. 31 193) · 318 (m. A. 217) · 319 (in A. 224) (m. A. 15) · 39 (m. A. 13) · 42 (in A. 31) · 49 (Z. 44) · 55 (Z. 84) · 183 · 188 · 196 · 197 · Urban, Dr. Steffan –– S. 82 (V.) · 106 (V.) · 212 · 213 (mf., m. A. 33, mf.) · 216 · 217 · 109 (Z. 79 m. A.) 220 · 238 · 239 (mf.) · 240 (mf.) Urbanus Rhegius –– S. 17 (m. A. 113) · 206 → Dämonen / Dämonologie → Engel / Angelologie → Lucifer → Satan Valerius Maximus –– S. 216 Theologia deutsch –– S. 132 · 286 (in A. 21) Veji –– S. 220 · 312 f. Venatorius –– S. 209 Venedig –– S. 5 · 308 Thomas von Aquin –– S. 132 · 215 · 216 · Venus –– S. 255 221 · 231 (in A. 49) · 241 · 247 · 248 · 253 · 263 · 264 · 301 · 315 (in A. 200) Vergil –– S. 215 (mf.) · 216 –––, Summa theologiae III q. 46, art. 6, –––, Aen. 6,733 –– S. 216 ad 4 –– S. 156 (A. 33) –––, Aen. 11,24 f. –– S. 216
Historisches Register
Volbrecht –– S. 209 Völkermarkt –– S. 22, (in A. 12) Volland, Dr. Ambrosius –– S. 15 (m. A. 92) · 95 (V.) · 103 (V., mf.) · 104 (Z. 30) · 105 (V., mf.) · 108 (Z. 52 m. A.) · 109 (Z. 75. 80) · 307 · 319 f. (in A. 224) Vom Stain, Marquard –– S. 103 (V., mf.) · 104 (Z. 24 m. A.) Von der Alm, Hans, Hauptmann –– S. 106 (V.) · 107 (Z. 23 mit A.; Z. 30)
385
–––, Rationale ... IV c 30 §§ 32–40 –– S. 40 (in A. 16) –––, Rationale ... VII c 35 §§ 20. 28 –– S. 43 (in A. 39)
Wimpfeling –– S. 209 Wimpina –– S. 191 Wittenberg – W. als Druckort oder Ausstellungsort eines Briefs nicht verzeichnet, wenn nicht als solcher eigens betont – –– S. 95 (V.) · 126 (m. A. 8) · 127 · 131 · Weidacher, Peter –– S. 58 (in A. zu Z. 6) · 60 146 · 149 · 183 · 186 · 187 · 191 · 205 (in A. zu Z. 5 f.) · 66 (Z. 20) · 68 (Z. 14. 16. 19. (mf.) · 206 · 207 (m. A. 15) · 266 (m. A. 1) · 22) 268 · 271 · 272 · 274 · 278 · 280 (m. A. Weimar –– S. 270 22) · 293 · 299 (in A. 105) · 307 (m. A. 152) · Wien –– S. 4 · 5 (m. A. 19) · 6 · 43 (in A. 38) · 311 · 312 (m. A. 185) · 313 (m. A. 189) · 314 84 (in A. zu Z. 25) (m. A. 194) · 317 · 320 (in A. 224) · 321 (mf.) Wilhelm IV., Hz. von Bayern –– S. 84 (A. · 322 (in A. 238) zu Z. 29) · 89 (in A. zu Z. 10) · 90 (in A. zu Z. Wittenberger Augustinismus –– S. 287 (in 12) A. 23) · 289 · 298 (mf., m. A. 96) Wilhelm II., Lgf. von Thüringen an Papst Wittenberger Bewegung / Unruhen / WirJulius II., 18. Okt. 1506 –– S. 321 f. (in ren –– S. 33 (in A. 30) · 279 A. 233) Wyclif –– S. 281 Wilhelm III. Lgf. von Thüringen –– S. 270 Zwölfboten – siehe primär Acta, Rm, Wilhelm von Auvergne –– S. 215 1 Cor usw. im Register der Bibelstellen Wilhelm Durandus, Rationale divinorum – –– S. 115 (Z. 110) → Apostel officiorum IV c 27 §§ 3–4 –– S. 40 (in A. 16)
Register der modernen Autoren Umfasst die Autoren seit 1837. Aufgenommen sind auch Personen, denen Dank oder Ehre zuteil wird. Auf Einschränkungen bei der Anzahl der Belege bei manchen Lemmata wird suo loco aufmerksam gemacht. Die im Register der Bibelstellen und im Historischen Register erklärten Abkürzungen in den Referenzen gelten auch hier. nur bedeutet ’T.’ hier ’Titel’ einer Studie (in diesem Sammelband). Aland, Kurt –– S. 112 (A. zu Z. 13) Brecht, Martin –– S. 126 (in A. 4) · 195 (m. A. Albrecht, D. –– S. 2 (in A. 5) 10) · 201 (m. A. 25) · 203 (in A. 26) · 289 f. Allen, P[ercy] S[tafford] –– S. 209 (in A. 25) (m. A. 40–47) · 292 (m. A. 58) · 293 (m. A. 69) Angerer, Anton –– S. 1 (in A. 3) · 21 (V.) · · 313 (in A. 186) · 326 (in A. 266) 118 (A. zu Z. 181) Briquet, Charles-Moı¨se –– S. 35 Augustijn, Cornelis –– S. 284 · 285 (m. A. Brunner, O. –– S. 41 (in A. 30) 14) Bubenheimer, Ulrich –– S. 21 (V.) · 51 (in Aulinger, Rosemarie –– S. 283 (m. A. 5) Spr.A. zu Z. 118) · 329 (in A. 284) Aumüller, Heinrich –– S. 129 (in A. 26. 27) · Buchwald, Georg –– S. 126 (in A. 5) · 135 · 134 (m. A. 49) · 198 (in A: 14) · 330 193 (in A. 8) (in dieser Funktion im Folgenden nicht mehr notiert) · 211 · 223 f. Barge, Hermann –– S. 206 (in A. 6) (m. A. 5) · 227 (in A. 23) · 228 (in A. 28) · Bauch, Gustav –– S. 205 (in A. 2 u. 3) · 222 235 (in A. 65) · 284 · 294 (in A. 71 u. 74) Buckwalter, Stephan E. –– S. 21 (V.) Bauer, Karl –– S. 126 (in A. 8) Bäumer, Remigius –– S. 304 (m. A. 137) Bundschuh, Benno von –– S. 107 (in Spr.A. Bayr, Hans –– S. 22 (in A. zu Z. 12) · 52 (V.) · zu Z. 23) 58 (V.) · 71 (V.) · 82 (V., mf.) · 89 (V., mf., in Burger, Christoph –– S. 267 (in A. 3a) · 325 A. zu Z. 8) · 91 (in A. zu Z. 6) · 93 (in A. zu Z. (m. A. 254) 10) · 94 (in A. zu Z. 12) · 95 (V.) · 99 (in A. zu Z. 10 u. 22) · 104 (in A. zu Z. 18 f.) · 106 Claus, Helmut –– S. 204 (in A. 1) · 222 (V., mf.) Clemen, Otto –– S. 1 · 13 (m. A. 72) · 41 (in Bebb, Phillip N. –– S. 295 (m. A. 77) A. 30) · 125 (in A. 3) · 130 (m. A. 30) · 132 Benrath, Gustav Adolf –– S. 234 (in A. 65) (in A. 38) · 280 (in A. 21) · 292 (A. 60) · 308 Bigler-Marschall, Ingrid –– S. 309 (m. A. (in A. 161) · 310 (in A. 175) · 313 (in A. 190) 172) Cristiani, Le´on –– S. 125 (in A. 3) Blauert, Andreas –– S. 80 (in A. zu Z. 43 f.) Dall’Asta, Matthias –– S. 325 (in A. 252) Bogenkotter, T. S. –– S. 308 (in A. 161) · Datterer, Franz Paul – ohne die Eintragun313 (m. A. 190) gen in den textkritischen Apparaten von Böhme, Fr. M. –– S. 84 (in A. zu Z. 34) Böhmer, Heinrich –– S. 134 (m. A. 52) · 135 A 1, A 3, B 1, B 3, B 4 und C – –– S. 6 f. · 21 (V.) · 47 (V.) · 82 (V., mf.) · · 141 (in A. 13. 14) · 143 (m. A. 18a) · 271 83 (in A. zu Z. 16) · 85 (in A. zu Z. 42 f.) · 87 (m. A. 6a) · 321 · 326 (m. A. 260. 265) (in A. zu Z. 23) · 89 (V., mf.) · 91 (V., mf.) · 93 Boockmann, Andrea –– S. 80 (in A. zu (V.) · 97 (in A. zu Z. 29) · 111 (V.) · 112 (in Z. 43 f.) A. zu Z. 15) · 113 (in A. zu Z. 56) Bosl, Karl –– S. 85 (in A. zu Z. 42) Denifle, Heinrich –– S. 135 (m. A. 59) Brandy, Hans Christian –– S. 116 (in App. I Dieckhoff, August Wilhelm –– S. 134 (mf., zu Z. 131)
m. A. 50. 55)
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Register der modernen Autoren
Dohna, Armgard Gräfin zu –– S. 6 · 331 (in
(A. 11) · 205 (in A. 3) · 207 (A. 15) Guenter, Ilse –– S. 293 (m. A. 66–67) Dohna, Lothar Graf zu –– S. 1 (m. A. 2. 3) · 3 Günter, Wolfgang –– S. 1 (in A. 3) · 3 (in A. 6) (m. A. 6. 8) · 4 (A. 12) · 33 (in A. 27) · 36 (V.) · 125 (in A. 3) · 126 (in A. 6) · 127 (m. A. 10) · 125 (T., in A.*) · 130 (m. A. 28) · 138 (T., in · 139 (in A. 2) · 140 (in A. 9) · 147 (in A. 48) · A. 1) · 139 (in A. 5. 6) · 147 (in A. 45) · 148 177 (in A. 4) · 208 (in A. 22) · 242 (in A. 86) · (in A. 52) · 151 (T.) · 173 (in A. 130. 132) · 295 (m. A. 78) · 310 f. · 311 (m. A. 181) · 176 f. (T., in A. 1–3) · 178 (in A. 8) · 184 (in 317 (m. A. 211) · 326 (in A. 263) A. 23) · 188 (in A. 32) · 190 (in A.*) · 194 (m. A. 9) · 206 (in A. 10) · 267 (in A. 3) · 278 Haider, Friedrich –– S. 120 (A. zu Z. 253) (in A. 15) · 283–288 · 283 (T.) · 291 f. Hamm, Berndt –– S. 1 (in A. 3, mf.) · 3 (in (m. A. 56) · 295 f. (m. A. 79) · 309 (m. A. 169) A. 6, mf.) · 125 (in A. 3) · 133 (in A. 46, mf.) · · 310 f. · 317 (in A. 211) · 320 (in A. 224. 143 (A. 22, in A. 23 u. 24) · 162 (in A. 71.72 u. 225. 228) · 332 (in A. 3) 73) · 164 (in A. 86) · 169 (in A. 112) · 175 (in A. 142, mf.) · 177 (in A. 4) · 178 (A. 7) · 203 Eckermann, Willigis –– S. 135 (in A. 57) · (in A. 26) · 208 (in A. 21, mf.) · 209 (in A. 26) 142 (in A. 18) · 146 (in A. 39) · 321 · 211 · 220 (in A. 38) · 235 (in A. 65) · 247 Eckert, Willehad Paul –– S. 209 (in A. 24) (in A. 96) · 264 (A. 141) · 283 (A. 7) · 290 Elm, Kaspar–– S. 139 (in A. 2) · 140 (m. A. 7. (m. A. 48) · 292 f. (m. A. 63) · 296 (m. A. 8) · 310 80–82) · 308 f. (m. A. 158–163) · 320 f. (m. A. Endriss, Albrecht –– S. 128 (m. A. 17) · 227. 230) · 324 (m. A. 245–249) · 325 (m. A. 131–133 (in A. 35. 41. 42) 253) · 326 (in A. 263) Erk, L –– S. 84 (in A. zu Z. 34) Hammann, Gustav –– S. 2 (in A. 5) Hauthaler, Willibald – ohne die EintraFabisch, Peter –– S. 299 (A. 100) gungen in den textkritischen Apparaten Foket, Monique –– S. 297 (m. A. 91) von A 1, A 3, B 1, B 3, B 4 und C – Foltz, Karl –– S. 131 (A. 39) –– S. 1 · 2 · 4 (in A. 14) · 5 (in A. 20) · 6 Freybe, Peter –– S. 266 (in A.*) (mf.) · 7 (in A. 31 u. 37) · 8 (in A. 44) · 9 (in A. Freys, Ernst –– S. 206 (in A. 6) 50) · 11 (in A. 58 u. 59) · 12 f. (m. A. 71) · 15 (in A. 92) · 16 (in A. 94) · 16 · 17 (in A. 109 Gärtner, Corbinian – ohne die Eintragunu. 112) · 21 (V., mf.) · 23 (in A. zu Z. 63) · 29 gen im textkritischen Apparat von Text (m. A. 5) · 31 (in A. 15 u. 16) · 35 · 36 (V.) · A 2 –– S. 36 (V., mf.) · 130 (in A. 28) · 319 47 (V., mf.) · 52 (V., mf.) · 54 (in A. zu Z. 60) · Geuder, Antonius Daniel –– S. 134 (A. 51) 58 (V.) · 60 (V.) · 66 (V.) · 68 (V., mf.) · 70 Gindele, Egon –– S. 125 (in A. 3a) · 138 (in (in A. zu Z. 55) · 71 (V., mf., in A. zu Z. 2 u. A. 1) 14 f.) · 74 (V., mf.) · 77 (V., mf., in A. zu Z. 8) · Glorieux, P[ale´mon] –– S. 146 (A. 43) · 245 78 (V., mf.) · 81 f. (V., mf.) · 86 (V., mf.) · (in A. 93) 88 f. (V., mf.) · 91 (V., mf., in A. zu Z. 6) · 93 Göckeritz, Hermann Götz –– S. 331 (in A. 1) (V., in A. zu Z. 10) · 95 f. (V., mf.) · 98 (V., Goez, Werner –– S. 289 (m. A. 38) mf., in A. zu Z. 6) · 100 (V., mf.) · 101 (V., Greinz, Christian –– S. 10 (in A. 56) mf.) · 103 (V.) · 106 (V.) Grimm, Jacob und Wilhelm –– S. 4 (in A. Hayer, Gerold –– S. 3 (in A. 8) · 130 (in A. 27) 14) · 31 (in A. 16) · 114 (in Spr.A. zu Z. 69) · · 151 (in A. 4, mf.) · 291 (m. A. 52) · 330 (in 156 (A. 30) · 170 (A. 120) A. 283) Grimm, Karl Ludwig Willibald –– S. 133 Heimpel, Hermann –– S. 138 (Widm., in A.**) (m. A. 45) · 134 (m. A. 53. 54) Helbling, Leo –– S. 84 (in A. zu Z. 25) Grisar, Hartmann –– S. 135 (m. A. 59) Hinschius, Paul –– S. 113 (A. zu Z. 49) Grossmann, Maria –– S. 126 (in A. 8) · 127 Hümpfner, Winfried –– S. 140 (in A. 9) A.*)
Register der modernen Autoren
Imhoff, Christoph von –– S. 209 Iserloh, Erwin –– S. 299 (A. 100)
(in A. 24)
Jedin, Hubert –– S. 135 Jeremias, Alfred –– S. 125 (in A. 3) · 129 (in A. 26) · 130 (in A. 31) · 135 (in A. 56) · 172 (A. 56) · 234 (in A. 65) · 251 (m. A. 101) · 262 (m. A. 138) · 297 (in A. 91) · 313 (in A. 190) · 325 (in A. 259) Jucker, Michael –– S. 314 (in A. 193) Junghans, Helmar –– S. 1 (in A. 3) · 205 (in A. 3) · 285 f. (m. A. 17. 18) · 294 (m. A. 72–73) · 310 (m. A. 174–175) · 311 Jungmann, Joseph Andreas –– S. 40 (in A. 16)
Kähler, Ernst –– S. 131 (in A. 36) · 264 (A. 143) · 312 Kaufmann, Thomas –– S. 314 (in A. 197) · 325 (m. A. 255–258) · 329 (in A. 282. 284) Kehrein, Joseph –– S. 61 (in Spr.A. zu Z. 29) · 75 (in Spr.A. zu Z. 30) Keller, Ludwig –– S. 133 (in A. 42) · 134 (m. A. 51) · 135 · 209 (in A. 26) · 320 · 325 (in A. 259)
389
· 299 (in A. 105) · 313 · 314 (m. A. · 321 · 330 Koller, Heinrich –– S. 147 (A. 44) Köpf, Ulrich –– S. 312 (m. A. 185) · 326 A. 21)
193)
(m. A. 261)
Körner, Ph. Max –– S. 84 (in A. zu Z. 34) Krauß, Irene –– S. 49 (in A. zu Z. 44) Kunzelmann, Adalbero –– S. 4 (in A. 14 u. 17) · 5 (in A. 21) · 125 (in A. 3) · 126 f. (in A. 4. 8 u. 9) · 136 (in A. 61) · 141 (in A. 11 u. 12) · 142 (in A. 17) La Bonnardie`re –– S. 201 Ladner, Gerhart –– S. 139 (A. 6) Lau, Franz –– S. 135 (in A. 57) · 136 (in A. 61) · 142 (in A. 15) · 143 (in A. 18) · 179 (in A. 12)
Leppin, Volker –– S. 203 (in A. 26) · 283 (in A. 2) · 309 (in A. 167) · 312 f. (m. A. 186. 187) · 314 (in A. 197) · 322–324 (m. A. 236. 238–244)
Liesching, G. –– S. 133 (A. 43) Lindner, Pirmin –– S. 129 (in A. 27) Lohse, Bernhard –– S. 279–282 (m. A. 17. 19. 22. 25. 26) · 286 (A. 23) · 298 (m. A. 96) · 306
Klassen, William –– S. 120 (in A. zu Z. 268 f.) (m. A. 148–151) Knaake, J[ohann] K[arl] F[riedrich] –– S. 128 (m. A. 21–24) · 134 (mf., m. A. 47) · Markert, Gerhard –– S. 324 (m. A. 250) 144 (in A. 23) · 145 (in A. 31) (in dieser Markwald, Rudolf K. –– S. 125 (in A. 3a) · 130 (in A. 27) · 138 (in A. 1) · 152 (in A. 5) · Funktion im Folgenden nicht mehr 221 (in A. 43) · 283 (in A. 1) · 297 f. (m. A. notiert) · 158 f. (in A. 46. 48) · 161 (in A. 92) · 314 (in A. 192) · 330 65) · 162 (in A. 71) (in dieser Funktion ... nicht mehr notiert) · 194 (in A. 9) · 200 (A. Martin, Francis X. –– S. 140 (in A. 6) · 141 (A. 11) · 142 (A. 16) · 143 (in A. 18) · 149 (in 22) · 208 (in A. 19) · 230 (in A. 37 u. 40) · A. 55) · 303 (m. A. 130. 131) 257 (in A. 129) · 283 (in A. 3) · 325 (in A. Matthias, Markus –– S. 175 (in A. 142) · 312 259) Köhler, Hans-Joachim –– S. 4 (in A. 15) · 13 (in A. 77) · 57 (in A. 168) · 267 (in A. 2a) Köhler, Joachim –– S. 325 (in A. 259) Köhler, Walther –– S. 130 (A. 31) Kohnle, Armin –– S. 107 (in A. zu Z. 33) Kolde, Theodor –– S. 4 (in A. 14) · 5 (in A. 21) · 40 (in A. 22) · 125 (in A. 3) · 131 (in A. 32) · 131 · 132 (in A. 37 u. 39a) · 133 (in A. 45) · 134 (m. A. 47. 48 u. 54) · 141 (in A. 11) · 142 (in A. 17) · 146 (in A. 41) · 148 (in A. 53) · 152 (in A. 6) · 162 (A. 73) · 204 (A. 1, mf.) · 266 (in A. 1) · 267 · 273 (mf.) · 280 (in
(m. A. 183)
McGrath, Alister –– S. 294 (m. A. 74) de Meijer, Albe´ric –– S. 4 (in A. 17) · 125 (in A. 3a) · 283 (in A. 1) · 284 (m. A. 10) · 292 (m. A. 61. 62) · 293 (m. A. 70) Mertens, Dieter –– S. 139 (in A. 2) Metzler, Johannes –– S. 206 (in A. 5) Mezger, Joseph –– S. 132 (A. 39a) Miethke, Jürgen –– S. 285 (m. A. 13) · 287 Mirbt, Carl –– S. 112 (A. zu Z. 13) Moeller, Bernd –– S. 4 (in A. 14) · S.14 (m. A. 80–84) · 112 (in A. zu Z. 15) · 147 (A. 49) · 295
390
Register der modernen Autoren
Müller, A[lfons] V[iktor] –– S. 135 Müller, Nikolaus –– S. 280 (A. 22) Oberman, Heiko Augustinus –– S. 17 (A. 110) · 136 f. (m. A. 62. 64. 66. 67 u. 68) · 138 (in A.**) · 139 (in A. 2 u. 3) · 142 (in A. 15) · 144 (in A. 25 u. 26) · 146 (in A. 42) · 150 (in A. 57) · 177 (in A. 4) · 178 (m. A. 6) · 179 (in A. 9) · 186 (m. A. 28) · 188 · 191 (m. A. 4 u. 5) · 198 (in A. 15) · 200 · 208 (in A. 22) · 220 (in A. 38, mf.) · 224 f. (mf., m. A. 10. 12. 13, mf., u. 14) · 226 (in A. 18) · 235 (in A. 65) · 267 · 274 (m. A. 9 u. 10) · 279 f. (m. A. 18) · 281 (m. A. 24) · 283 · 286 (m. A. 20) · 290 f. (m. A. 49–51 u. 53) · 296 (m. A. 83. 84) · 298 · 308 · 310 (in A. 178) · 318 (in A. 216) O’Malley, John W. –– S. 141 (A. 13) · 303
287 f. (m. A. 31–33) · 294 f. (m. A. 75–76) · 296 (in A. 86) · 298 (m. A. 92. 93) · 304 (m. A. 134–136) · 306 (m. A. 151a) · 313 (m. A. 188) · 313–321 (m. A. 191–230) · 328 (in A. 273. 274. 276) · 333 (in A. 6. 7) · 334 (in A. 8) Radey, Christian –– S. 84 (in A. zu Z. 25) Reicke, Emil –– S. 208 (in A. 23) Reinhardt, Volker –– S. 327 (m. A. 270) Reith, Louis J. –– S. 283 (in A. 1) Reusch, Franz Heinrich –– S. 132 (A. 39a) Rochler, Wolfgang –– S. 285 (m. A. 16) · 348 Roper, Lyndal –– S. 327–329 (m. A. 271–280)
Saak, Eric L. –– S. 313 (m. A. 188) Sallaberger, Johann –– S. 3 f. (A. 7. 8. 9. 11. 14. 15) · 5 (in A. 19. 22) · 8 (in A. 46) · 9 (in A. (in A. 130) 51) · 12 (in A. 66) · 15 (in A. 92) · 17 (in A. Ortner, Franz –– S. 17 (in A. 109) 105. 108. 109) · 22 (in A. zu Z. 12) · 22 (in A. Overfield, James H. –– S. 205 (in A. 3) zu Z. 65) · 47 (V.) · 52 (V.) · 58 (V.) · 71 (V.) Overmann, Alfred –– S. 127 (in A. 12) · 75 (in A. zu Z. 49) · 82 (V., mf.) · 83 (in A. zu Z. 5) · 86 (V.) · 89 (in A. zu Z. 10) · 90 (in Paarhammer, Hans –– S. 84 (in A. zu Z. 25) · A. zu Z. 12) · 91 (in A. zu Z. 6) · 93 (in A. zu 89 (V., in A. zu Z. 8) Z. 10) · 95 (V.) · 102 (in A. zu Z. 12) · 104 (in Panzer, Georg Wolfgang –– S. 125 (in A. 3a) A. zu Z. 18 f. u. 24) · 106 (V.) · 113 (in A. zu · 126 (A. 6) · 127 (A. 10) · 128 (A. 16. 18. 19. Z. 46–48) · 129 (in A. 25. 26) · 130 (in A. 30) · 23) · 131 (A. 33) · 205 (A. 4) 151 (m. A. 1 u. 2) · 266 (in A. 1) · 279 (in A. Paulus, Nikolaus –– S. 2 (in A. 5) · 30 (in A. 15, mf.) · 291 (m. A. 54) · 292 (in A. 60) · 296 11) · 30 (V.) · 126 (in A. 7) · 130 (in A. 28. (m. A. 86) · 303 f. (m. A. 132. 133) · 307 30) · 132 (in A. 39a) · 135 · 152 (in A. 6) · (m. A. 155) 223 (A. 46) · 319 (mf.) Salvadori, Stefania –– S. 329 (in A. 284) Pfeilschifter, Georg / ARC –– S. 2 · 7 (m. A. 34) · 8 (A. 41) · 9 (in A. 46) · 15 (in A. 92) · Scheel, Otto –– S. 135 · 179 (in A. 10) (in 72 (in A. zu Z. 26) · 79 (in A. zu Z. 11, mf.) · dieser Funktion im Folgenden nicht 81 f. (V., mf.) · 82 (in A. zu Z. 4, mf.) · 83 (in mehr notiert) · 190 (dito) · 280 (A. 20) A. zu Z. 5, mf., zu Z. 8. 16 u. 17) · 84 (in A. zu Scheible, Heinz / MBW –– S. 2 (in A. 5) · Z. 27 u. 32) · 85 (in A. zu Z. 41, mf.) · 86 (V.) · 187 (A. 30a) · 191 · 207 (in A. 18) (in dieser 87 (in Spr.A. zu Z. 10, A. zu Z. 12) · 89 (V.) · Funktion ... nicht mehr notiert) · 266 ((in 91 (V.) · 93 (in A. zu Z. 10) · 98 (V., in A. zu A. 2) · 292 (m. A. 57) · 322 Z. 4 u. 7) · 101 (in A. zu Z. 10) · 103 (V., in A. Scheible, Helga / PBW –– S. 209 (in A. 24) · zu Z. 1 u. 1 f.) · 104 (in A. zu Z. 25. 26. 28) · 267 ((in A. 2a) 105 (V.) · 107 (in A. zu Z. 33) Schilling, Heinz –– S. 304 (in A. 139) · 314 Posset, Franz –– S. 1 (in A. 3) · 3 (in A. 9) · 6 (in A. 192. 197) · 326 f. (m. A. 261–269) (A. 29) · 125 (in A. 3. 3a) · 138 (in A. 1) · 138 Schneider, Hans –– S. 136 (in A. 61) · 143 (in A. 58) · 175 (in A. 142) · 180 (in A. 17) · (m. A. 18a) · 179 (m. A. 9a) · 208 (in A. 22) · 189 (in A. 33) · 192 (in A. 5a) · 203 (in A. 26) 271 (m. A. 6a) · 303 · 308 (m. A. 157) · 311 · 210 (in A. 29a) · 220 (in A. 38) · 221 (in A. (m. A. 181. 182) · 321 f. (m. A. 231–235) · 326 43) · 265 (in A. 144, mf.) · 283 (in A. 1) · (in A. 261) · 329 (m. A. 281)
Register der modernen Autoren
Schneider-Lastin, Wolfram –– S. 3 (in A. 8, mf,) · 128 (in A. 15) · 152 (in A. 5 u. 10) · 153 (in A. 12) · 155 (in A. 28) · 177 (in A. 4) · 183 (in A. 22) · 194 (in A. 9) · 198 (in A. 14) · 262 (in A. 136) · 291 (m. A. 55) · 297 (m. A. 88) · 306 (m. A. 151a) · 328 (in A. 276) Schottenloher, Karl –– S. 206 (in A. 11) Schulze, Manfred –– S. 144 (in A. 25) · 189 (in A. 33) · 221 (in A. 43) · 224 (in A. 8) · 225 (in A. 14) · 267 (A. 3) · 270 · 289 (m. A. 39) · 298 (m. A. 94) · 299 (m. A. 101) · 301 (in A. 15) · 302 (in A. 123) · 312 · 316 (in A. 204) Schulze, Wilhelm August –– S. 130 (A. 31) Schwaab, Claudia –– S. 90 (in A. zu Z. 12) Schwarz, Reinhard –– S. 152 (A. 7) · 162 (in A. 73) · 166 (A. 98. 99) · 167 (m. A. 103) · 175 (in A. 142) · 194 · 326 (m. A. 260)
391
Steinmetz, Max –– S. 126 (in A. 8) Stievermann, Dieter –– S. 268 (A. 4) · 288 (m. A. 34)
Strohl, Henri –– S. 297 (in A. 91) Stöve, Eckehart –– S. 293 f. (m. A. 71) Stupperich, Robert –– S. 286 (m. A. 19) Stuss, Johann Heinrich –– S. 133 (A. 45) Teisseyre, Charles –– S. 309 (m. A. 171) Trapp, Damasus –– S. 233 (in A. 3) · 299 Trusen, Winfried –– S. 30 (in A. 9) Ullmann, Carl –– S. 133 A. 50) · 312
(in A. 45)
Vorgrimler, Herbert –– S. 175
· 134
(in
(A. 140)
Walther, Hans –– S. 41 (in A. 27) Seeberg, Erich –– S. 135 (A. 60) Wander, Karl Friedrich Wilhelm –– S. 44 Se´guenny, Andre´ –– S. 209 (in A. 26) (in A. 43) Simon, Matthias –– S. 2 (in A. 5) · 4 (in A. 14. Wax, Hermann –– S. 49 (in A. zu Z. 44) 15, mf.) · 17 (in A. 111. 112 u. 113) · 320 (in Weber, Edmund –– S. 331 (in A.* u. A. 1) A. 225) Weber, Hermann –– S. 51 (in Spr.A. zu Z. 118) Sipos, Stephanus –– S. 120 (A. zu Z. 265) Weijenborg, Reinhold –– S. 127 (in A. 11) · Smalley, Beryl –– S. 220 (in A. 40) 135 f. (m. A. 61) · 141 f. (m. A. 15, mf.) · 143 Smolinsky, Heribert –– S. 2 (in A. 5) (in A. 19) · 145 (m. A. 37) · 179 (m. A. 12) · Soden, Franz von –– S. 208 (in A. 19) 206 (in A. 9) · 207 (in A. 16) · 284 · 285 Spatzenegger, Hans –– S. 6 (m. A. 15) · 321 · 348 Weinbrenner, Ralph –– S. 267 (in A. 3) · 279 Stahleder, Helmuth –– S. 107 (in A. zu Z. 30) (in A. 16) · 307 (m. A. 154) Steiff, Karl –– S. 125 (in A. 3a) · 126 (in A. 6. Wetzel, Bernhard –– S. 49 (in A. zu Z. 44) 7) · 206 (A. 8) Wetzel, Richard –– S. 1 (in A. 2) · 3 (in A. 6 Steinmetz, David C. –– S. 1 (in A. 3) · 125 u. 8) · 4 (in A. 12) · 15 (in A. 91) · 125 (in A.* (in A. 3) · 128 (in A. 17) · 130 (in A. 28. 30) · u. 3) · 126 (in A. 5) · 131 (in A. 32) · 138 (in 133 (in A. 46) · 134 (in A. 50. 51. 53) · 136 A. 1 u. 2) · 139 (in A. 5) · 147 (in A. 45) · 151 (m. A. 64. 65) · 139 (in A. 5) · 145 (in A. 36) · (T.) · 163 (in A. 78) · 173 (in A. 134) · 177 (in 152 (in A. 6) · 153 (in A. 11, mf.) · 157 (in A. A. 2–4) · 185 (A. 25, in A. 26) · 190 (T., in A.* 35. 36. 38) · 158 (in A. 40a) · 162 (in A. 73) · A**) · 193 (in A. 8) · 203 (in A. 26) · 204 (T.) 167 (m. A. 104) · 175 (in A. 142) · 179 (in A. · 206 (in A. 10) · 223 (T.) · 235 (in A. 65) · 11) · 180 (in A. 15) · 185 (in A. 24) · 193 266 (T.) · 271 (in A. 6) · 272 (in A. 7 u. 8) · (m. A. 7) · 198 (in A. 15) · 199 · 211 (mf.) · 275 (A. 12) · 278 (A. 14, in A. 15) · 283 (T., 216 · 224 f. (mf., m. A. 7. 8. 9. 11. 13. 14) · m. A. 1) · 283–288 · 292 (m. A. 56) · 226 (in A. 18) · 227–233 (m. A. 21–61) · 293–294 · 293 (m. A. 64. 65) · 297 (m. A. 236 f. (mf., m. A. 69. 71. 74. 78) · 241 (A. 84) · 87) · 298 (in A. 98) · 299 (A. 102) · 309 243 (A. 89) · 263 · 288 f. (m. A. 35–37) · (m. A. 164) · 313 (in A. 186) · 315 (in A. 201) · 297 (in A. 91) · 309 (m. A. 170) · 310 f. 316 (in A. 206) · 320 (mf., m. A. 229) · 324 (m. A. 176–178) · 311 · 312 (m. A. 184) · 319 (m. A. 252) · 328 (in A. 278) · 330 (in A. 282) · (in A. 221) · 334 (m. A. 10) 331 (in A.*) · 332 (in A. 3)
392
Register der modernen Autoren
Widmann, Hans –– S. 129 (in A: 26) · 132 (in Wriedt, Markus –– S. 1 (in A. 3, mf.) · 175 (in A: 39) A. 142) · 189 (in A. 33) · 203 (in A. 26) · 221 Wilhelmi, Thomas –– S. 297 (m. A. 89) (in A. 43) · 225 (in A. 13, mf.) · 226 (in A. 18, Winkler, Willi –– S. 325 (in A. 259) mf.) · 265 (in A. 144, mf.) · 275 (in A. 12) · Winterhager, Wilhelm Ernst –– S. 309 286 f. (A. 22. 24. 25. 26. 27) · 293 (m. A. 68) · (m. A. 165–168) · 314 (in A. 196) 299–302 (m. A. 103–126) · 303 (m. A. Wolf, Ernst –– S. 125 (in A. 3, mf.) · 126 f. (in 127–129) · 307 (m. A. 152–153) · 309 (m. A. A. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10) · 127 f. (in A 12. 13. 14. 173) · 311 (mf., m. A. 179. 180) · 313 (in A. 15. 16. 18. 19. 21. 22. 23) · 129 (in A. 27) · 130 190) · 348 (in A. 30) · 131 (m. A. 33) · 133 (in A. 46) · 135 (mf., m. A. 58. 60) · 136 (mf., m. A. 64) · Zeller, Paul –– S. 134 139 (in A. 5) · 145 (in A. 36) · 152 (in A. 6. 7) Ziegler, Heinrich –– S. 132 (A. 40) · 153 (in A. 11, mf.) · 154 (in A. 21, mf.) · Zumkeller, Adolar –– S. 1 (in A. 3) · 33 (in A. 157 f. (in A. 35. 38 38) · 162 (in A. 73) · 164 27) · 125 (in A. 3, mf.) · 126 (in A. 7) · 127 (in (in A. 86) · 167 (m. A. 102, mf.) · 179 (A. 11, A. 12) · 133 (in A. 46) · 136 · 144 (in A. 24) · mf.) · 183 (in A. 21a) · 193 (in A. 8) · 194 175 (in A. 142) · 188 (in A. 32) · 210 (in A. (m. A. 9) · 199 (mf.) · 211 (mf.) · 214 (mf.) · 29a) · 221 (in A. 43) · 235 (in A. 65) · 265 (in 215 · 216 (mf.) · 223 (in A. 1) · 224 (mf., A. 144, mf.) · 266 (in A. 1, mf.) · 267 f. (mf., m. A. 5. 6) · 226–229 (mf., m. A. 19–23. 28–29. m. A. 3a) · 274 (m. A. 11) · 279 (in A. 15. 16) · 34–35) · 230 f. (m. A. 45. 46. 48) · 232 (m. A. 281 (in A. 23) · 287 (m. A. 29) · 296 (m. A. 50) · 235 (m. A. 65, mf.) · 236 (mf., m. A. 73) · 85) · 297 (m. A. 90) · 298 (m. A. 96) · 299 252 (in A. 107, mf.) · 259 (in A. 131) · 263 · (m. A. 99) · 304–306 (m. A. 138–146) · 306 284 · 297 (in A. 91) (m. A. 147) · 309 (in A. 171) · 316 (in A. 204) · Wrede, Adolf –– S. 85 (in A. zu Z. 42) 326 (in A. 263) · 334 (m. A. 9)