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German Pages 264 [284] Year 1828
Lehrbuch der reinen
Und
angewandten Mathematik in
drei Bänden.
Dritter Band, welcher die statischen und mechanischen Wissenschaften enthält.
Bearbeitet von
v. D. L. L. Lehmus, Lehrer der Mathematik an der Artillerie, und Ingenieur, Schule in Berkin.
Mit. vier Figu r en tafeln.
Berlin, 1827. Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.
Inhalt des dritten Bandes
Seite Ibis 6 Äl.lA*i»eine Grundbegriffe. S.l.biS13. Erster Abschnitt. Die Statik. §. 14. — 51 Erstes Kapitel. Bedingungen des Gleichge wichts, wenn die Richtungen sämmtlicher Kräfte parallel sind und in einer Ebene liegen. §. 15. bis 26. .....
—
7-50
—
7 — 18
Zweites Kapitel. Bedingungen des Gleich gewichts für Kräfte, deren Richtungen par allel, aber in verschiedenen Ebenen liegen. -18 — 23 §.27.- 28 Drittes Kapitel. Bedingungen des Gleiche gewichts für Kräfte, deren Richtungen nicht parallel sind, aber alle in einer Ebene liegen. §.29.-40...........................................
-24 — 37
Viertes Kapitel. Bedingungen des Gleich gewichts, wenn die Richtungen der Kräfte nicht durchaus in einer Ebene liegen, und nicht alle untereinander parallel sind. §. 41. —43. — 58 — 42
Fünftes Kapitel. Dom Prinzip der virtuel len Geschwindigkeiten. §. 44. — 51. .
— 42 — 50
IV
Zweiter Abschnitt. Die Geostatik. §. 52. — 192. . . . Seite 51 hi- 169 Erstes Kapitel. bis 83. ♦ •
Vom Schwerpunct. $♦ 52. . # • ♦ —
Irpeiteö Kapitel. §. 84. — 102
Die Guldim'sche Regel.
Drittes Kapitel. $. 103. — 116
Dom materiellen Hebel.
—
72 — 85
—
85 — 94
Viertes Kapitel. Von der Stabilität und der Stärke der Widerlager. $.117. — 123. — Fünftes Kapitel. Von denNebenhindernissen der Reibung und Steifheit der Seile. §. 124. bis 134 — Sechstes Kapitel. Von der schiefen Ebene, dem Keil und der Schraube. §.135. —145. — J. Don der schiefen Ebene. §.135. —139. — II. Vom Keil. §. 140. — 142. . . — III. Don der Schraube. $• 143. — 145. — Siebentes Kapitel. Von den Seil-Maschi nen, der festen Rolle, der losen Rolle, den Rollenzügen und den Flaschenzügen. §. 146. bis 159. — I. Don den Seil-Maschinen. §.147.-151. — JI. Don der festen und losen Rolle.' §. 152. bis 156 — III. Don den Rollen- und Flaschenzügen. §.157. bis 159 — Achtes Kapitel. Vom Rad an der Welle, dem ineinander greifenden Räderwerks der Schraube ohne Ende, dem Pferdegöpel, der Tretscheibe und dem Laufpad, der Krastbestimmung bei Aufziehung der Brückenklappen und der Theo rie der Fuhrwerke. §. 160. — 177. . —
I.
51 — 71
95 — 106
106 — 119
120 120 123 125
— — — —
128 123 125 128
129 — 138 129 — 133 133 — 135 135 — 138
139 — 155
Dow Rad an der Welle, dem ineinander greifenden Räderwerk und der Schraube ohne Ende. §. 160. - 166. . . —
139 - 147
V II.
Dom Pferdegöpel, der Tretscheibö und dem Laufrad. §. 167. — 169. . . Sette 148 bis 150
III. Kraftbestimmungen bet Aufziehen von Brük, kenklappen. §. 170. — 172. . . —• 150 — 152 IV. Theorie der Fuhrwerke. §. 173. —177. — 152 — 155 Neuntes Kapitel. Von der Festigkeit der Materialien. $. 178. — 192. . . — 155 — 169
I. Don der absoluten Festigkeit. §.180.-181. — 157 — 159 II. Don der relativen Festigkeit. §.182.-189. — 159 — 166 III. Von der rückwirkenden Festigkeit. §. 190. bis 192. . . . . . . — 166 — 169
Dritter Abschnitt. .
—
170 — 198
Erstes Kapitel. Dom Normaldruck tropf bar flüssiger Materien auf begrenzende feste Wände. §. 193. —399. . —
170 — 181
Dle Hydrostatik.
§. 193. — 207. .
Zweites Kapitel. Dom Gleichgewicht deWaffers mit festen Körpern. §.200.-207. — 181 — 198 Vierter Abschnitt.
Die Mechanik.
§. 208. — 221.
.
.
—
199 — 206
Erstes Kapitel. Don der gleichförmigen Be wegung. §. 208. — 210. . . . — 199 — 200 Zweites Kapitel. Von der gleichförmig be schleunigten Bewegung. §. 211. — 217. — 200 — 205 Dr ittes Kapitel. Von der gleichförmig ver, zögerten Bewegung. §. 218,- 221. . — 205 — 206 Fünfter
Die Geomechanik.
Abschnitt.
§. 222. — 254. .
Erstes Kapitel. Vom freien Fall. bis 226
.
—207 — 233
§. 222.
—
207 — 210
Zweites Kapitel. Von den geworfenen Kör pern. §. 227. — 230, . . — 211 — 213
VI Drittes Kapitel. Bestimmung der Beschkum'gung. §. 231. — 242. . • . Seite 214 bis 227 Viertes Kapitel. Vom Stoß. §. 243. —248. — 227 — 230 Fünftes Kapitel. Von der Fliehkraft. §.249. bis 251 — 230 — 232 Sechstes Kapitel. bis 254
Dom Pendel
§. 252. —
232 — 233
—
234 — 253
Erstes Kapitel. Waffermengen»Bestimmun gen. §. 255. — 272 —
234 — 244
Sechster Abschnitt.
Die Hydrodynamik.
§. 255. — 299.
.
Zweites Kapitel. Von der Verengung des QuerprosilS eines Fluges und vom Rückstau. §. 273. — 274 — 245 — 247 Drittes Kapitel. Von der Zeitbestimmung -ei Ausleerung und Füllung prismatischer Körper. §. 275. — 278. ♦ — 247 - 249 Viertes KapiLel. Von der Kraft des be wegten Wassers, dem Stromquadranten und den ober- und unterschlächtigen Rädern. §.279. —
249 — 254
Fünftes Kapitel. Dom Heber und den Pumpen. §. 289. — 299. . . . —
254 — 258
bis 288
Allgemeine
§. 1.
Verklärungen.
Grundbegriffe.
Aendert ein Punct seinen Ort,
so ist er in Bewegung; ändert er ihn nicht, geht er nicht aus einem Ort in einen andern, so ist er in Ruhe.
Bewegung eines Punctes in Beziehung auf einen andern
ruhenden, heißt abfoluteBewegung; in Beziehung auf einen andern ebenfalls bewegten, heißt sie relativ.
Jede Bewegung heißt gleichförmig, wenn der bewegte Punct in gleichen aufeinander folgenden Zeiten gleich große Wege durchläuft; ungleichförmig, wenn dieß nicht der
Fall ist; beschleunigt, wenn die Wege in den folgen den Zeit-Einheiten immer größer, verzögert, wenn sie
immer kleiner werden.
Die Vergleichung gleichzeitiger Wege
zweier gleichförmig bewegten Puncte heißt Geschwindig-
keit; die Secunde ist die üblichste Zeit - Einheit, und wenn
also gesagt wird: ein Punct der sich gleichförmig bewegt, hat die Geschwindigkeit c, so heißt dies: er durchläuft in jeder Secunde einen Weg — c.
Bei ungleichförmiger Be
wegung verstehe man unter Geschwindigkeit in irgend einen Punct a der Bahn des bewegten Punktes, den Weg,
welchen derselbe in der folgenden Secunde durchlaufen
würde, wenn er seine im Ort a statt findende Bewegung Lehmur Lehrbuch. III. Bd,
A
2 eine Secunde lang gleichförmig fortsetzte.
Absolute und
relative Geschwindigkeit unterscheiden sich eben so
wie absolute unb relative Bewegung. §. 2.
Erklärungen.
Unter Beharrungsver
mögen (auch Trägheit genannt) versteht man das jedem
Körper inne wohnende Bestreben, in dem Zustand zu ver
bleiben, in welchem er sich befindet, es sei Zustand der Ruhe oder der Bewegung.
Jedes Vermögen, einen Be-
harrungszustand zu ändern, heißt Kraft.
Eine Kraft heißt
absolut, wenn ihre Einwirkung auf einen Körper unab
hängig davon ist, ob derselbe sich in Ruhe oder in Bewe
gung befindet; relativ, wenn sie davon abhängig ist; unveränderlich absolut, wenn sie in jedem Ort des Raums
dieselbe Wirkung
hervorbringt;
veränderlich
absolut, wenn dieß nicht der Fall ist.
§. 3,
Erklärung.
Die Wirkung ruhender Körper
auf einander, von welchen der eine den andern verhindert Bewegung a nz u fa n g e n, heißt D pu ck.
Verhindert aber
der eine den andern seine schon begonnene Bewe gung mit derselben Geschwindigkeit fortzusetzen, so wird die Einwirkung Stoß genannt.
Die Vergleichung
eines Drucks mit einem andern nach einer angenommenen Einheit heißt Gewicht; die Vergleichung eines Stoßes
mit einem andern nach einer angenommenen Einheit heißt
Bewegungsvermögen.
Das Bestreben jedes Körpers,
sich dem Mittelpunct unserer Erde zu nähern, rührt von
einer veränderlichen absoluten Kraft her, welche die Schwere
heiHt; die Richtung, nach welcher sie wirkt, heißt lo threcht oder Lertical.
§. 4.
Erklärung.
Unter Masse eines Körpers
verstehe man die Menge seiner Materie (nicht den Cubic-
3 Inhalt oder das Volumen); unter Dichtigkeit das Ver hältniß der Massen zweier Körper von gleichem Volumen; unter specifischem oder eigenthümlichem Gewicht
das Verhältniß der Gewichte zweier Körper von gleichem Volumen, die Schwere als die Ursache betrachtet. Das Gewicht des deftillirten Regenwasser- ist die ge wählte Einheit; wird daher das specifische Gewicht der Ma terie eines Körpers durch ß ausgedrückt, so heißt dies r der
Körper wiegt Mal so viel als ein gleiches Volumen destillirten Regenwassers.
Hat daher dieser Körper das Vo
lumen V m Cubicfußen, und wiegt ein Cubkcfuß destillkrten Regenwaffers y Pfund (im Mittel ist y = 66), so ist
das Gewicht des Körpers =; Vßy Pfunde.
Haben zweiKörper, bei gleichem Volumen, verschiedene
Massen, so müssen in dem, der mehr Masse hat, die Theile dichter aneinander liegen, und also ist das Verhältniß
derMassen zugleich das der Dichtigkeiten; zu gleich setzt aber auch der, der mehr Materie hat, auch mehr ma terielle Theile den Einwirkungen der Schwere aus, und folglich ist das Verhältniß der Massen bei gleichemVo-
lumen zugleich das Verhältniß der specifischen
Gewi-chte.
Sind daher ß,
8 die specifischen Gewichte
von zwei Körpern, so verhalten sich auch ihre Massen und ihre Dichtigkeiten — ß: 8.
§. 5.
Erklärung.
Unter einem festen System
von Puncten verstehe man eine Verbindung von Punc ten so untereinander zusammenhängend, daß ihre gegensei
tige Lage durchaus unverrückbar ist, wenn auch die ganze
Verbindung ihren Ort ändert.
Zn diesem Sinne sind die
Ausdrücke: feste Linie, feste Ebene, fester Körper
zu nehmen. A 2
4
§. 6.
Erklärung.
Jede Kraft, welche auf ein fe
stes System von Puncten wirkt, äußert das Bestreben, dieses System in ihrer Nichtungslinie fortzubewegen, also dem in unendlicher Entfernung liegenden Endpunkt dieser
Richtungslinie näher zu bringen, und dieser Endpunkt soll das Ziel der Kraft heißen.
So ist z. B. für die
Schwere der Mittelpunct unserer Erde das Ziel.
Bon
Kräften, deren Richtungen untereinander parallel sind, kann
man also
sagen:
sie
streben
alle zu demselben
Ziel; oder, im Fall sie theilweise einander entgegcnwir-
ken: sie streben zu entgegengesetzten Zielen. §. 7.
Grundsatz.
Wenn eine Kraft oder mehrere
Kräfte ein festes System von Puncten zu irgend einem Ziele zu bringen streben, und irgend ein Umstand verhin dert diese Bewegung, aber nicht jede, so erfolgt unter
allen möglichen Bewegungen diejenige, bei welcher das Sy stem in einem und demselben Zeitraum sich dem Ziel der
thätigen Kräfte am meisten nähert. §. 8.
Erklärung.
Wenn Kräfte auf ein festes
System wirken, und dasselbe bleibt demohnerachtet in eben
demselben Zustand der Ruhe oder Bewegung, in welchem
es sich befand, ehe diese Kräfte einwirkten, so sagt man f diese Kräfte stehen untereinander gewicht.
im Gleich
Ist das System in Ruhe und bleibt in Ruhe,
so hat man ein Gleichgewicht für den Ruhestand; ist es in Bewegung und bleibt in derselben Bewegung, so hat man ein Gleichgewicht während der Be
wegung. §. 9. Erklärung.
Wirken Kräfte auf ein festes
System so, daß dasselbe ihrem Bestreben gemäß eine dre
hende Bewegung annimmt oder annehmen kann, so heißt
5 die gerade Linie, um welche das System sich dreht, oder
drehen könnte, die Drehachse; für jede Kraft, deren Rich
tungslinie nicht mit der Drehachse parallel läuft, heißt fer ner die gerade Linie, welche zugleich auf ihrer Richtung
und auf der Drehachse normal ist, der Hebelsarm die ser Kraft (§. 136. II. Bd.), und das Product aus der ab
soluten Zahl, welche die Größe dieser Kraft ausdrückt, in die absolute Zahl, welche die Länge ihres Hebelarms an-
giebt, heißt das statische Moment oder auch schlecht
hin
das Moment dieser Kraft.
Jedes System
aber, welches Kräfte drehend zu bewegen streben oder auch wirklich drehend bewegen, wird ein Hebel genannt.
§.10.
Erklärung.
Wirken Kräfte auf ein festes
System, und man denkt sich dieses System nach irgend einer Richtung fortgehend, oder um irgend eine Achse dre
hend bewegt, die Angriffspuncte der Kräfte, so wie das
Ziel jeder einzelnen aber unveränderlich, so wird für jede
Kraft das Product aus der abstrakten Zahl, welche ihre Größe angiebt, in die abstracte Zahl, welche die Annähe
rung ihres Angriffspunkts an ihr Ziel ausdrückt,
das
mechanische Moment dieser Kraft in Beziehung auf
die gedachte Bewegung genannt. §.11.
Erklärung.
Wirken zwei oder mehre Kräfte
auf einen festen Punct oder auf ein festes System, ohne
untereinander im Gleichgewicht zu sein, so heißt diejenige Kraft, welche, wenn sie allein auf diesen Punct oder auf
dieses System wirkte und ganz dasselbe leistete, die mittlere Kraft jener Kräfte,
und diese werden die
Seitenkräfte gcnannt.
§.12. Erklärung.
Unterciner tropfbar-flüs
sigen Materie verstehe man eine solche, deren Theile
6 einen so geringen Zusammenhang untereinander haben, daß
die Materie, ohne von festen Wänden begrenzt zu sein, keine bestimmte Form annimmt, und welche zugleich die Eigenschaft hat, daß keine angebrachte Kraft eine Zusam
menpressung oder Ausdehnung derselben bewirken kann.
§. 13.
Erklärung.
Die Statik ist die Lehre
von den Bedingungen, welche statt finden müssen, wenn
zwei oder mehre auf ein festes System von Puncten wir
kende Kräfte untereinander Gleichgewicht erhalten sollen. Die -Anwendung der Gesetze der Statik auf das Gleich
gewicht fester Körper untereinander heißt Geostatik, und
auf das Gleichgewicht
tropfbar-flüsstger Materien unter
fich und mit festen Körpern Hydrostatik.
Die Mechanik lehrt die Größe der Aenderungen des Zustandes der Ruhe oder der Bewegung, so wie die aus
diesen Aenderungen entspringenden Wirkungen, bestimmen, welche entstehen, wenn ein Punct oder ein System von
Puncten von Kräften ergriffen wird, welche nicht im Gleichgewicht find.
Ihre Anwendung
auf feste Körper
heißt Geomechanik, auf tropfbar-flüssige: dynamik oder Hydraulik.
Hydro
Erster
D i e §. 14.
Abschnitt.
Statik.
«vöenn Kräfte auf ein festes System von Punc
ten wirken, so sind in Hinsicht der Lage ihrer Richtungs linien nur vier Fälle zu unterscheiden.
1)
Die Richtungslinien
aller
thätigen Kräfte sind
parallel, und liegen in einer und derselben Ebene.
2)
Die Richtungslinien asier
thätigen Kräfte sind
parallel, liegen aber in verschiedenen Ebenen. 3) Die Richtungen der thätigen Kräfte sind nicht alle
unter einander parallel, liegen aber alle in einer Ebene.
4) Die Richtungslinien liegen in verschiedenen Ebe nen, und sind nicht alle unter einander parallel.
Hienach theilt sich das Lehrgebäude der Statik in vier
Kapitel. Des ersten Abschnitts
Kapitel.
erstes
Bedingungen
Richtungen
Gleichgewichts,
wenn
sämmtlicher Kräfte parallel
und §.15.
des
die
sind,
in einer Ebene liegen.
Grundsatz.
Wird eine feste gerade Linie
von 2 gleichen, nach der Richtung dieser Linie aber entge-
8 gesetzt, thätigen Kräften angegriffen, so sind diese Kräfte
unter einander im Gleichgewicht.
§.16.
Lehrsatz.
Wirkt eine Kraft nach der Rich
tung einer geraden festen Linie, so ist es gleichgültig, wel cher Punct derselben als Angriffspunct angesehen wird.
Beweis.
Für jeden Angriffspunct in der geraden
Nichtungslinie ist nach §. 15. dieselbe Gegenkraft erfor derlich, um das Gleichgewicht herzuftellen, und daher ist
es einerlei, in welchem Punct ihrer Richtung die Kraft als angreifend betrachtet wird. §. 17.
Lehrsatz.
Bilden 3 Puncte a, b, c ein
festes System, und liegen diese Puncte in einer geraden
Linke so, daß ab = bc ist, so findet Gleichgewicht statt, wenn in a und c gleiche Kräfte P, P zu einerlei Ziel (also nach parallelen Richtungen), etwa nach Richtungslinien,
die auf ac normal-sind, in b aber zum entgegengesetzten
Ziel eine Kraft =2.P wirkt. Beweis.
1) Das System kann sich keinem der bei
den entgegengesetzten Zielen nähern, weil zu jedem dasselbe Bestreben statt findet, es, kann also keine fortgehende oder
geradlinigte Bewegung erfolgen. 2) Drehende Bewegung um jede Achse, die nicht durch
b geht, würde zugleich daS System einem der Ziele nä
hern, woraus nach 1. hervorgeht, daß eine solche Drehung
nicht erfolgen kann. 3) Drehende Bewegung um eine Achse durch b wird
deshalb nicht statt finden, weil derselbe Grund sowohl für
drehende Bewegung nach der einen als nach der ihr ent
gegengesetzten Richtung vorhanden ist. §. 18. Z u sa tz.
Aus dem vorigen §. und §. 15. folgt,
daß (ine Kraft 2P in b zu demselben Ziel thätig, zu wel-
9 chem P in a und P in c wirken, die mittlere Kraft zu
diesen beiden ist, so daß also unter allen Umständen diese Kraft 2P in b dasselbe leisten wird, was die beiden P, P in a und c zu demselben Ziel thätig leisten würden.
19.
Zusatz.
Denkt man sich n gleiche Kräfte
in gleichweit von einander abstehenden Puncten einer festen
geraden Linie, zu einerlei Ziel thätig angebracht, so ist ihre
mittlere Kraft, gleich der Summe dieser Kräfte, zu dem selben Ziel thätig gedacht, und die Richtung derselben geht durch die Mitte der ergriffenen festen Linie.
§. 20. Aufgabe.
Eine feste gerade Linie ab, wird
in ihren Endpunkten a, b von den Kräften P, Q zu ei nerlei Ziel thätig, etwa nach den Richtungslinien normal
auf ab, ergriffen.
Man soll die Größe M und den Ort
der mittleren Kraft angeben. Auflösung.
Man wähle die Kraft-Einheit in Ge
danken so, daß jede der beiden Kräfte, in dieser Kraft - Ein heit ausgedrückt, als eine ganze und zwar gerade Zahl er
scheint.
Es sei w die Kraft-Einheit (etwa 1 Pfund oder
Pfd., oder | Loth u. s. w.), n und m positive ganze Zahlen, und P=2n.w; Q=2m.w; nun denke man sich
ab in n4-m gleiche Theile getheilt;
es sei ac (Fig. 1.)
=n, cb=m solcher Theile, von welchen jeder die Länge
e haben mag, verlängere ab zu beiden Seiten, und denke
sich ad = ac und bf = bc gemacht, so daß also da = ac —LS und bo —bk— WS; also dc=2ne und cf=2me
wird.
Stellt man sich nun in der Mitte jedes Theils der
Linie dc eine Kraft w zum Ziel von P thätig vor, so ist
(nach §. 19.) P = 2nw die mittlere Kraft zu diesen 2n gleichen parallelen Kräften, von welchen jede =w ist, und
man kann sich also P aus « weggenommen, und dafür
10 diese 2n gleichen Kräfte in sämmtlichen Mittelpuncten von dc »ertheilt angebracht denken, ohne baß dadurch eine Aen derung in der stattflndenden Wirkung erfolgen wird. Eben
so kann man sich Q aus b weggenommen und dafür in der Mitte jedes der 2 m gleichen Theile von c bis f eine
Kraft w zu dem Ziel von Q angebracht vorstellen.
Man
hat somit jetzt auf der ganzen Linie df lauter gleiche Kräfte
unter gleichen Abständen zu einerlei Ziel, also parallel thä
tig, und die mittlere Kraft derselben, welche also zugleich auch die mittlere Kraft M der ursprünglichen Kräfte P, Q
ist, ist folglich =2nw + 2mw=P+Q, und ihr Ort liegt
in der Mitte von df in g (§.19.).
Da nun aber dg
ssr^ — 2ne— °=ne4-me; und dass ne ist, fo bleibt
ags=dg—da — me, und also bg = ne; folglich ag:bg =m:n.
Aus Q—2mw und P=2nw folgt aber auch
Q:Ps= m:n; und somit aus beiden Proportionen Q:P = ag: bg, woraus auch [Q + P ober] M: P — ab : bg
und M: Q ss ab : ag folgt, so daß also bgssp^j agssQ^ ist, wodurch
sich der Ort g der mittleren Kraft M = P + Q bequem
bestimmt.
tz. 21. Lehrsatz.
Wirken in einer festen Ebene zwei
parallel thätige Kräfte P, Q, deren Richtungen ab, cd, in dieser Ebene liegen, so ist in Beziehung auf jede, diese
Ebene normal durchschneidende Achse, um welche diese Ebene,
den Bestrebungen beider Kräfte gemäß, sich drehen könnte, das statische Moment der mittleren Kraft M zu P und Q,
gleich der algebraischen Summe der Momente der SeitenKräfte P und Q.
11 Beweis.
Ist k der Punct, in welchen die gedachte
Drehachse die feste Ebene durchschneidet, und man fällt
aus k die Normale krt auf die parallelen Richtungen ab, cd (Fig. 2.), so ist (nach §. 20.) die durch g mit ab
und cd parallele Linie hn, die Richtung der mittleren Kraft M zu P und Q, wenn
oder, daP-f-y
= M ist (§. 20.), wenn rg = 2^p ist.
Es ist aber rg
— kg — kr und rt = kt — kr;
und substituirt man
diese Werthe in rg — -5^1, so entsteht kg — kr —
'pk^.~Qk; und hieraus
kg.P4-kgQ — kr.P—kr.Qsskt.Q—kr.Q; oder
kg.(P + Q) ss kr.P + kt.Qj oder auch, M für P -s- y geschrieben, M.kg — P.kr + Q.kt;
woraus nach §. 9. die Wahrheit der Behauptung erhellet. §. 22. Zusatz.
Denkt man sich in g nach der Rich
tung nh eine Kraft =MI==P + Q angebracht, so ist diese
mit der in g nach der Richtung hn thätigen eben so gro ßen Kraft M=P+ Q im Gleichgewicht (§. 15.).
Letztere
ist aber die mittlere der Heiden P und Q nach den Rich
tungen ab und cd wirkenden Kräfte,
wenn für jeden
Punct k in dieser Ebene ül.kg—P.kr-f-H.ki ist, d.h. M = P + Q nach der Richtung h n thätig, bringt unter
allen Umständen dieselbe Wirkung hervor, welche P und Q, nach ab und cd thätig, hervorbringen würden.
ES
muß also, da M1 nach nh mit M nach hn Gleichgewicht erhalten würde, und M nach hn so viel leistet, wie P nach ab und Q nach cd, auch nothwendig M1 nach nh
12 thätig, mit P nach ab und Q nach cd wirkend, Gleichge wicht erhalten, wenn M1 = P + Q und MT.kg = P.kr + Q.kt ist. Stellt man sich nun die Kraft P weggenom
men vor, und bringt dafür, um sie zu ersetzen, in irgend
einen Punct ihrer Richtung, etwa in r, eine feste Drehachse an, die nur drehende Bewegung der festen Ebene um diese Achse gestattet, so erfolgt diese Drehung nicht.
Es geht
aber die Gleichung DP.kg = P.kr + Q.kt, wenn man sich die Drehachse statt durch k, jetzt durch r denkt, in die Mr.rgs=Q.rt über, und folglich äußern also zwei
Kräfte, M1 und Q, welche eine feste Ebene nach
entgegengesetzten Richtungen zu drehen stre,
ben, gleiches Bestreben zur Drehung, d. h. sie bringen keine Drehung hervor, wenn ihre Mo
mente in Beziehung auf diese Drehachse ein Das Moment einer Kraft
ander gleich sind.
ist also die Vergleichungszahl der Größe ih res Bestrebens, daö feste System, auf welches
sie wirkt, um die Achse zu drehen, auf welche
sich das Moment bezieht.
§.23.
Zusatz.
Ist also eine feste Ebene um ir
gend eine sie normal durchschneidende Achse drehbar, so
kann man, statt einer am HebelSarm a auf diese Drehung wirkenden Kraft A, eine andere Kraft am HebelSarm b anaA bringen, und sie wird dasselbe leisten, wenn sie — -j- ge nommen wird.
Dieß Geschäft heißt das Rcduci-
ren einer Kraft auf einen andern Hebelsarm.
§.24. Aufgabe.
Für mehre nach parallelen Rich
tungen in einer festen Ebene thätige Kräfte A, B, X, D u. s. w. die Größe M und den Ort ihrer mittleren Kraft zu bestimmen.
13 Auflösung.
AuS einem willkührlichen Punct der
festen Ebene denke man sich eine Normale durch die Rich
tungen sämmtlicher Kräfte, und verstehe unter a, b, c, d u. s. w. m; die Hebelsarme der Kräfte A, B, C, D u. s. w. M in Beziehung auf die, die Ebene in dem willkühr, lichen Punct normal durchschneidende Achse. Bezeichnet nun
A1 die mittlere Kraft zu A und B und a* ihren Hebels arm, so ist nach §. 20. und 21.
1)
Ax
= A + B und
2) Axax --- AafBb.
Ferner, wenn Bx die mittlere Kraft zu A1 und C und bx ihren Hebelsarm ausdrückt, 3)
Bx
=AI+Cunb
4) Bxbx = AIax + Cc; dann, unter Cx die mittlere Kraft zu Bx und D und un
ter c1 ihren Hebelsarm verstanden,
5)
Cx
= Bx + D,
6) Cl.cx= Bxbx+Dd;
U. s. w. Substituirt man nun die Werthe immer aus den vor
hergehenden Gleichungen in die folgenden beiden, so er hält man:
Bx = A4-B + C unb Bxbxc=Aa + Bb+Cc; denn C1 = A4-B4-C und Cxcx = Aa + Bb + Cc-frDd;
u. s. f.; endlich, die Richtung von M parallel mit allen
übrigen gedacht, M = A+B+C4-D u. s. w. und Mm = Aa+Bb+Cc-f-....
Aus der Gleichung M = A4-B + C4-D u. f. w.
bestimmt sich aber die Größe, und aus dem Quotienten
beider m —
" ergiebt sich der Ort der
verlangten mittleren Kraft; und es ist also
14 1)
die
mittlere Kraft gleich
schen Summe
der algebrai
der gegebenen Kräfte und
ihre Richtung parallel mit ihnen;
2)
ihr Hebelsarm
gleich
der algebraischen
Summe der Momente dieser Kräfte, divi-
dirt
durch
die
algebraische
Summe der
Kräfte selbst. Ergiebt sich in besondern Fällen, die Summe A4-B
+ C + -... gleich Null, so ist auch M = 0; erhält man aber Aa + Bb + .... gleich Null, so ist auch m = 0, d. h. die Richtung der mittleren Kraft geht durch den willkührlich angenommenen Punct.
§.25. Aufgabe.
Mehrere Kräfte A, B, C u. s. w.
wirken nach parallelen Richtungslinicn, welche alle in einer
Ebene liegen; man soll die Bedingungen des Gleichgewichts dieser Kräfte untereinander durch Gleichungen ausdrücken. Auflösung.
Man denke sich in dieser Ebene einen
willkührlich gewählten Punct, durch diesen normal auf die Ebene eine Achse und verstehe unter a, b, c u. s. w. die
HebelSärme der Kräfte A, B, C u. s. w. in Beziehung auf
diese Achse; bezeichne die mittlere Kraft dieser thätigen Kräfte durch M und ihren Hebelsarm, in Beziehung auf
die gewählte Achse durch m, so ist nach §. 24. A + B + C 4-.... --- LI und
Aa + Bb + Cc+....... ............ A 4. B + C +........ ~ m’ welche letzte Gleichung auch durch Aa 4- Bb + Cc + .... — M m
auözudrücken ist.
Wenn nun die Kräfte A, B, C u. s. w.
untereinander Gleichgewicht erhalten, also Nichts leisten, so ist ihre mittlere Kraft M gleich Null, und schreibt man
15 daher 0 fürM in obige beiden Gleichungen, so erhält man die verlangten Bedingungsgleichungen
I. A + B + C + ----- 0, II. Aa + Bb + Cc+....... ----- 0. §. 26.
Zusatz.
Die Bedingungsgleichungen deS
.Gleichgewichts für Kräfte, deren Richtungslinie parallel und
in einer Ebene liegen, sind also:
I. Die algebraische Summe sämmtlicher Kräfte muß =0 sein, damit keine fortgehende Bewegung erfolgt.
II.
Die algebraische Summe
ihrer Mo
mente in Beziehung auf jede die Ebene nor mal durchschneidende Achse
muß gleich Null
sein, damit keine drehende Bewegung erfol gen kann (§. 22.).
Diese beiden Gesetze drücken den ganzen Inhalt dieses Kapitels aus. Beispiele.
1) In einer festen Ebene (Fig.3.) wir
ken nach den parallelen Richtungslinien ab, cd, «k die Kräfte A----6; B — 5; C = 9; die Entfernung der Rich
tungslinien von A und B sei ---2; die zwischen B und C — 4; die Größe x der noch anzubringenden parallel in
derselben Ebene zu demselben Ziel thätigen Kraft und ihren Ort der Bedingung gcm lß zu bestimmen, daß Gleichge
wicht erfolgt.
Ist p ein beliebiger Punct in dieser Ebene; die gerade Linie pgrt normal aus p durch die Richtungen der Kräfte
gelegt, also gr = 2 und rt==4, und ist p so gewählt,
daß pq=3 ist, so wird, wenn y die gesuchte Entfernung
von p bis zur Richtung von x (von der linken zur rech ten Hand gemessen) bezeichnet,'Gleichgewicht statt finden.
16 wtnn A + B|C + i = O und auch
A.pq + B.pr + C.pt-J-x.y -- 0 ist. Substituirt man die Zahlenwerthe, so erhält man r
6 + 5 + 9 + x=:0unb 6.34-5.54-9.9 4-x.y — 0;
und aus diesen beiden Gleichungen folgt:
x — — 20 und y — 6|. Macht man daher pw=6f; zieht durch w mit den Rich
tungen der 3 gegebenen Kräfte die Parallele gh, und läßt nach der Richtung hg (nicht gh) die Kraft 20 wirken, so
erhält sie mit denen 6, 5, 9, nach der ihr entgegengesetzten Richtung
thätig,
Gleichgewicht.
Hätte man nicht den
Punct p, sondern den q als Punct der Momente gewählt,
so wäre die 2te Gleichung 6.04-6.24-9.6—20.qw == 0 und hieraus qw = 3|;
welches denselben Punct w giebt. Hätte man den Punct r gewählt,
so wäre in Be
ziehung auf ihn das Bestreben zur Drehung von A um ihn, dem Bestreben von C zur Drehung um ihn entgegen gesetzt, also die 2te Gleichung —6.2 4- 9.4—20.rw=0,
und hieraus rw=lf) wodurch sich ebenfalls derselbe Punct w «giebt, u. f. w.
2) Zn einer festen Ebene wirken nach parallelen Rich
tungslinien die Kräfte A = 5;
B = —6;
6 — 3;
D=—4; der Abstand zwischen den Richtungen von A
und B sei =2; von B zu C = 7; von C ju D = l.
Wie groß muß noch eine anzubringende Kraft x zum Ziel
von A und C thätig sein, und in welcher Entfernung y von der Richtung der Kraft A muß sie wirken, damit
Gleichgewicht statt findet?
Die
17 Dke Bedingungö - Gleichungen sind:
5 —64-3 —4 + x = 0 unb
5.0—6.24-3.9—4.104-x.y = 0. Auö ihnen erhält man x = 2 und y = 12 f. so erhielte man x=—10 und y= 9f.
Wärev— 8,
Wärev--—12, so erhielte man x--10
und
y=10f.
Wärev--—so erhielte man x——und y=—3
u.
s.
w.
3) Parallel thätige gleiche Kräfte A wirken in einer
Ebene zu demselben Ziel, unter denen nach einer arithme tischen-Progression wachsenden Abständen a, a4-d; a4-2d
u. s. w.; ihre Anzahl ist =n; man soll Größe und Ort
der mittleren Kraft DI bestimmen. Es ist M = n. A und ihre Entfernung m vom An fangspunct
_ A.0 + A.a + A(a+d) + A(a+2d)+ .... +A[a+(n—2)d] _ m ' > oder m --- ^(n ~1)+ad